--» ^.-i'' t^- ii^ 'A ^^' u^ v/i.^^ ^%: 4 < <% -'^^ *^'> ■^ 'f ^ iTvii* vM <^ V \ ^ ,r'^ .■^■^'^ >K^^;- ^^■rlt: f-^', »!>, NV" - ;«^"**!*»' BERICHTE DER DEUTSCHEN BOTANISCHEN GESELLSCHAFT i GEGRÜNDET AM 17. SEPTEMBER 1882 BAND XV MIT 27 TAFELN UND 10 HOLZSCHNITTEN BERLIN GEBRÜDER BORNTR^GER 1897 Sitzuncr vom 29. Januar 1897. LfBRARV ^^^' VORK «otanical oarüen Sitzung vom 29. Januar 1897. Vorsitzender: Herr L. KnY. Als ordentliches Mitglied ist vorgeschlagen Herr: Rehder, A., früher Obergürtner am botanischen Garten in Göttingen, jetzt Redactionsmitglied von MÖLLER's Deutscher Gartenzeitung in Erfurt (durch KÖHNE und WiTTMACK). Zu ordentlichen Mitgliedern sind proclamirt die Herren: Scott, Dr. D. H., in Richmond, Surrey (Eogland), Koch, ür. Erwin, in Tübingen, Puriewitsch, Mag. Konstantin, aus Kiew, z. Z. in Berlin. Der Vorsitzende macht der Gesellschaft Mittheilung von dem Ab- leben des Mitgliedes Herrn Dr. Emil Taubert, welcher sich Sammlungszwecke halber nach Brasilien begeben hatte. Die Anwesenden ehrten das Andenken des in der Blüthe der Jahre Dahingeschiedenen durch Erheben von den Sitzen. CM Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. 0. V. DARBlSHreE: Mittheilungen. I. 0. Y. Darbishire: Ueber die Flechtentribus der Roccellei. Mit Tafel I. Eiugegangen am 31. December 1896. Nachdem vor Kurzem die Gattung Dendrogra'pha Darbish. inner- halb der Flechtentribus der Roccellei neu aufgestellt worden war, be- stand letztere nunmehr aus den folgenden Gattungen: Roccella DC, Combea de Not., Schizopelte Th. Fr., Dendrogi^apha Darbish. und Sa- genidiutn Stirton. Bei meinen fortgesetzten Untersuchungen an dem mir sehr reichlich zur Verfügung stehenden Roccelleen -Material stellte sich die Noth- wendigkeit heraus, noch weitere vier Gattungen aufzustellen. Dieser Umstand ist für das Yerständniss der ganzen Phylogenie der Roccellei von grosser Bedeutung, und zwar aus folgendem Grunde. REINKE hat zuerst die Zugehörigkeit der sonst meist in der Nähe von Ramalina Ach. stehenden Roccellei zu den GrapJiidacei erkannt und erörtert. Diese Ansicht wird jedoch von denjenigen Lichenologen, welche immer noch die Lichenen in Strauch-, Laub- und Krusten- flechten eintheilen wollen, ähnlich wie man vor langer Zeit die Blüthen- pflanzen als Bäume, Sträucher oder Kräuter unterschied, nicht getheilt werden. WaINIO legt neuerdings gegen diese Einreihung der Roccellei in die Grapliidacei einen stillen Protest ein, indem er sogar Dirina Fr. nun den G-raphidacei entnimmt, um diese Gattung nebst Roccella DC. in der grossen Ordnung der cyclocarpischen Lichenen zu haben. Um so wichtiger ist es, dass in den vier neuen Gattungen, über welche ich hier nur einen vorläufigen Bericht abstatte, auch vier für die Tribus der Roccellei neue Fruchttypen vorliegen, welche alle schon in den krustigen Graphidacei ihre Vorbilder besitzen. Bei den bis jetzt zur Gattung Roccella DC. gezählten Artbegriffen intricata Mtg., fragilissima Mtg. inedit. und gracillima Kr^hhw (= (im^cto Müll. -Arg.) , auf welche drei der vier neuen Gattungen begründet wurden, sind die Früchte kreisrund. Es fehlt ihnen also der gewöhnlich lirellenförmige Umriss des typischen Apotheciums der Graphidacei. Es war mir daher eine grosse Freude, in einer Art, die vermuthlich jRocc^^/a intricata Mtg. var. alectoroides Mtg. entspricht, eine wohl entwickelte strauchige Roccellee zu finden, welche eben diese typischen lirellen- förmigen Apothecien besass. Mit dem Auffinden dieser höchst Ueber die Flechtentribus der Eoccellei. 3 interessanten, schönen Flechte muss, meiner Meinung nach, jedes Be- denken, welches etwa noch gegen die Annahme einer Verwandtschaft der Roccellei mit den Graphidacei gehegt werden könnte, dahinschwinden. Im Bau des Apotheciums herrscht zwischen den Roccellei und den Graphidacei die grösste Uebereinstimmung. Auf eine längere Besprechung dieser Verwandtschaft will ich an dieser Stelle jedoch nicht eingehen. Es folgt nun eine üebersicht über die Roccellei und die dazu ge- hörigen Gattungen. Den letzteren habe ich eine kurze Diagnose bei- gefügt, um es bis zum Erscheinen der „Monographie der Roccellei^^ an der ich arbeite, möglich zu machen, wenigstens vorläufig, die ver- schiedenen Arten in den betreffenden Gattungen unterzubringen. Zu diesem Zwecke habe ich auch diejenigen Arten, die mir gut bekannt geworden sind, nebst einigen Synonymen mit aufgezählt. Formen und Varietäten habe ich vorläufig noch unberücksichtigt gelassen. Die Grapliidaceen-Tribus der Koccellei. Thallus aufrecht-strauchig, heteromer, mit Trentepohlia-Gonidieu, dem Substrat mittelst einer basalen Haftscheibe aufsitzend. Apothecien kreisrund oder lirellenförmig oder vieltheilig-gelappt; Hypothecium und Perithecium farblos oder kohlig-schwarz, mit oder ohne Gonidien enthaltendem Thallusgehäuse; Sporen S])indelförmig, zu 8, quergetheilt, 3- bis 7 zellig, farblos oder braun gefärbt; Paraphysen verzweigt, mit braunem Epithecium. Spermogonien einfache Hohlräume, mit garnicht oder nur einmal gabelig getheilten Sterigmata; Spermatien einzellig, stäbchen- förmig, bogig gekrümmt. , S orale kreisrund, selten. Schlüssel zu den Gattungen der Roccellei. I. Die Rindenfasern verlaufen senkrecht zur Thallusoberfläche: A. Sporen farblos: a) Hypothecium kohlig-schwarz ... 1. Roccella DC. b) Hypothecium hell: a) Unter dem Hypothecium keine Gonidien 2. Pentagenella Darbisb. ß) Unter dem Hypothecium Gonidien 3. Combea de Not. B. Sporen braun gefärbt 4. Schizopelte Th. Fr. II. Die Rindenfäden verlaufen parallel der Thallusoberfläche: A. Apothecien kreisrund: a) Hypothecium kohlig-schwarz: a) Apothecien mit rindenlosem Thallusgehäuse 5. BendrographaD arhish. 1* 4 0. V. Darbishire: ß) Apothecien ohne jedes Thallus- gehäuse 6. Roccellaria Darbish. b) Hypothecium hell 7. Dictyograyha Darbish. B. Apothecien lirellenförmig 8. Ingaderia Darbish. Bemerkung: Sorale habe ich bis jetzt nur bei Roccella DC. und Dendrographa Darbish. gefunden. Bei der ersten Gattung sind sie kreisrund und besitzen eioe mehr oder weniger flache Scheibe, bei der anderen sind sie köpfchenförmig mit stark hervorgewölbter Soralscheibe. Ganz sterile Pflanzen lassen sich nach diesem Schlüssel natürlich nicht bestimmen. Die Gattungen und Arten der Roccellei. I. Roccella DC, Tab. nostr., Fig. 3. Thallus mit deutlicher Rinde aus senkrecht zur Thallusoberfläche abstehenden Rindeufasern, Gonidien- schicht und Markgewebe; Apothecien seitlich, kreisrund, mit kohligem, meist mächtig entwickeltem Hypothecium und eben solchem, doch meist hellem Perithecium, mit oder seltener ohne Thallusgehäuse, unter dem Hypothecium keine Gonidien, Sporen farblos; Sorale kreisrund. Hierzu gehören folgende Arien: 1. Roccella phycopsis Ach. Syn. Roccella gracilis Bory. „ pygmaea DC. et Mtg. Vbrtg. Afrika, Europa. 2. Roccella Montagnei Bei. Syn. Roccella Babingtonii et Mtg. „ Belangerii Fee. Vbrtg. Amerika, Afrika, Australien, Asien. 3. Roccella fuciformis DC. Syn. Roccella fruticosa Laurer. Vbrtg. Afrika, Europa, Asien, Amerika. 4. Roccella tinctoria (L.) Ach. Syn. Roccella Boryi (Del.) Fee pr. p. „ fiaccida Bory. Vbrtg. Afrika, Europa, Australien, Amerika. 5. Roccella dichotoma Pers. Syn. Roccella tinctoria (L.) Ach. var. dichotoma Ach. Vbrtg.' Süd -Amerika. 6. Roccella portentosa Mtg. Syn. Roccella Boryi (Del.) Fee pr. p. „ loriformis Kunze. „ tinctoria (L.) Ach. var. portentosa Mtg. Vbrtg. Süd-Amerika. Ueber die Flechtcntribus der Roccellei. 5 7. Roccella Balfourii Müll -Arg. Vbrtg. Afrika. 8. Roccella canariensis Darbish., nov. sp. Syn. Roccella tinctoria Ach. f. valida Hampe. „ tinctoria (L.) Ach. bei MÜLL.-ARG-. Vbrtg. Afrika. 9. Roccella Gayana Mtg. Vbrtg. Süd-Amerika. 10. Roccella hypomecha Ach. Syn. Roccella tinctoria (L.) Ach. var. hypomecha Ach. Vbrtg. Afrika. 11. Roccella sinensis Nyl. Vbrtg. Asien. 12. Roccella decipiens Darbish., nov. sp. Syn. Roccella leucophaea Tuck., bei STIZENBERGER. Vbrtg. Amerika. II. Pentagenella Darbish., nov. gen., Tab. nostr., Fig. 6. Thallus mit deutlicher Kinde von senkrecht zur Thallusoberfläche abstehenden Rindenfasern, Gonidienschicht und Markgewebe; Apothecien seitlich, kreisrund, mit hellem Hypothecium und Perithecium, mit Thallus- gehäuse, keine Gonidien unter dem Hypothecium, Sporen farblos; Sorale fehlen. Hierzu eine Art: 13. Pentagenella fragillima Darbish. Syn. Roccella fragilissima Mtg. inedit. Vbrtg. Süd- Amerika. III. Combea de Not. Tab. nostr., Fig. 7. Thallus mit deutlicher Rinde von senkrecht zur Thallusoberiläche abstehenden Rindenfasern, Gonidienschicht und Markgewebe; Apothecien endständig, kreisrund, mit hellem Hypothecium und Perithecium, mit Thallusgehäuse, unter dem Hypothecium Gonidien, Sporen farblos; Sorale fehlen. Hierzu eine Art: 14. Combea moUusca de Not. Syn. Dufourea pruinosa Nees v. Esenbeck. Combea pruinosa de Not. Parmelia mollusca Ach. Dufourea mollusca Ach. Roccella mollusca Nyl. Vbrtg. Afrika. IV. Schizopelte Th. Fr., Tab. nostr., Fig. 1. Thallus mit deut- licher Rinde aus senkrecht zur Thallusoberfläche abstehenden Rinden- fasern, Gonidienschicht und Markgewebe; Apothecien endständig 6 0. V. Daebishiee: vielgestaltig, lappig-verzweigt, mit kohligem Hypothecium und Peri- thecium, mit Thallusgehäuse, keine Gonidien unter dem Hypothecium, Sporen braun gefärbt; S orale fehlen. Hierzu eine Art: 15. Schizopelte californica Th. Fr, Vbrtg. Amerika. V. Dendrographa Darbish., Tab. nostr., Fig. 4, Thallus mit deut- licher Rinde von parallel zur Thallusoberfläche verlaufenden Hyphen, Gonidienschicht und Markgewebe; Apothecien seitlich, kreisrund, mit kohligem Hypothecium und Peritheciura und einem rindenlosen Thallus- gehäuse, unter dem Hypothecium keine Gonidien, Sporen farblos; Sorale köpfchenförmig, mit stark hervorgewölbter Soralscheibe. Hierzu eine Art: 16. Dendrogra'pha leucophaea (Tuck.) Darbish. Syn. Roccella leucophaea Tuck. Ybrtg. Amerika. YL Roccellaria Darbish., nov. gen., Tab. nostr., Fig. 2. Thallus mit nicht sehr schart' abgegrenzter Rinde aus parallel zur Thallus- oberfläche verlaufenden Hyphen und Alarkgewebe, in welchem die Gonidien zerstreut liegen, jedoch in der Nähe der Rinde am dichtesten; Apothecien seitlich, kreisrund, mit kohligem Hypothecium und Peri- thecium, ohne Thallusgehäuse, unter dem Hypothecium meist nur einige Gonidien des Markes, Sporen farblos; Sorale fehlen. Hierzu eine Art: 17. Roccellaria intricata (Mtg.) Darbish. Syn. Roccella intricata Mtg. „ mollis Hampe. Vbrtg. Süd- Amerika. VH. Dictyographa Darbish., nov. gen., Tab. nostr., Fig. 8. Thallus flach, zum Theil sehr stark netzförmig durchlöchert, ohne scharf ab- gegrenzte Rinde, doch vereinigen sich die der Thallusachse parallel laufenden Hyphen zu festen Strängen, zwischen denen die Gonidien im lose gewebten Marke liegen; Apothecien seitlich, kreisrund, mit hellem Hypothecium und Perithecium, mit Thallusgehäuse, unter dem Hypothecium die im Marke liegenden Gonidien, Sporen braun gefärbt; Sorale fehlen. Hierzu eine Art: 18. Dictyographa gracillima (Krphbr.) Darbish. Syn. Roccella gracillima Krphbr. „ dissecta Müll.-Arg. „ onollis Hatupe f. ßlescens Hampe. Vbrtg. Süd-Amerika. VHI. Ingaderia Darbish., nov. gen., Tab. nostr., Fig. 5. Thallus mehr oder weniger stielrund, ohne scharf abgegrenzte Rinde, doch ver- einigen sich die der Thulluslängsachse parallel laufenden Hyphen zu festen Strängen, zwischen denen die Gonidien im lose gewebten Marke Ueber die Flechtentribus der Roccellei. 7 liegen; Apothecien seitlich, länglich-lirellenfürmig, einfach oder meistens verzweigt, mit kohligem Hypothecium und Perithecium, ohne Thallusgehäuse, oft gleich unter dem Hypothecium im Marke Gonidien, Sporen farblos; Sorale fehlen. Hierzu eine Art: 19. Ingadena pulcherrima Darbish., nov. sp. Syn. Roccella intricata Mtg. var. alectoroides Mtg.? Vbrtg. Süd-Amerika. Von den acht Gattungen habe ich noch die tolgenden lateinischen Diagnosen zusammengestellt: 1. Roccella DC, Tab. nostr. fig. o. Thallus fruticulosus, Strato corticali distincto, ex hyphis formato transversalibus conglutinatis, Strato gonidiali et strato medullari stuppeo. Apothecia lateralia, orbicularia, hypothecio valde fusconigro, perithecio decolorato aut rarius fusco- nigro, amphithecio thallino gonidiis instructo aut nullo, infra hypo- thecium gonidiis nullis, sporisdecoloribus. Soralia orbicularia. SpeciesTi. 2. Pentagenella Darbish., nov. gen., Tab. nostr. fig. 6. Thallus fruticulosus, Strato corticali distincto conglutinatis ex hyphis formato transversalibus strato gonidiali et Strato medullari stuppeo. Apothecia lateralia, orbicularia, hypothecio et perithecio decolorato, amphithecio thallino gonidia continente, infra hypothecium gonidiis nullis, sporis decoloribus. Soralia nulla. Species unica. 3. Combea de Not., Tab. nostr. ^g. 7. Thallus fruticulosus, Strato corticali distincto, ex hyphis formato transversalibus conglutinatis, Strato gonidiali et strato medullari stuppeo. Apothecia terminalia, orbicularia, hypothecio et perithecio decolorato, amphithecio thallino gonidia continente, intra hypothecium strato gonidiali instructa, sporis decoloribus. Soralia nulla. Species unica. 4. Schizopelte Th. Fr., Tab. nostr. fig. 1. Thallus fruticulosus, Strato corticali distincto, ex hyphis formato transversalibus conglutinatis, Strato gonidiali et strato medullari stuppeo. Apothecia terminalia, ambitu flexuoso et demum lobato, hypothecio et perithecio fusconigro, amphithecio thallino gonidia continente, infra hypothecium gonidia nulla, sporis fuscescentibus. Soralia nulla. Species unica. 5. Dendrographa Darbish., Tab. nostr. fig. 4. Thallus fruti- culosus, Strato corticali valde distincto, ex hyphis formato longi- tudinalibus conglutinatis, strato gonidiali et strato medullari stuppeo. Apothecia lateralia, orbicularia, hypothecio et perithecio fusconigro, amphithecio thallino decorticato gonidia continente, infra hypothecium gonidia nulla, sporis decoloribus. Soralia globosa. Species unica. 6. Roccellaria Darbish., nov. gen., Tab. nostr. fig. 2. Thallus fruticulosus, strato corticali non valde distincto ex hyphis formato 8 0. V. Darbishire: longitudinalibus conglutinatis, Strato meduUari gonidia continente infra corticem densissima. Apothecia lateralia, orbicularia, hypothecio et perithecio fusconigro, amphithecio thallino nullo, infra hypothecium gonidia pauca strati medullaris, sporis decoloribus. Soralia nulla. Species unica. 7. Dictyographa Darbish., nov. gen., Tab. nostr. fig. 8. Thallus fruticulosus, complanatus, reticulatus, strato corticali nullo distincto, sed ex axibus chondroideis, ex bypliis formatis longitudinalibus conglutinatis, constante, strato meduUari intra axes longitudinales stuppeo gonidia continente. Apothecia lateralia, orbicularia, hypothecio et perithecio decolorato, amphithecio thallino gonidia continente, sporis fuscescentibus^ Soralia nulla. Species unica. 8. Ingaderia Darbish., Tab. nostr. 6g. 5. Thallus fruticulosus, teretus, strato corticali nullo distincto, sed ex axibus chondroideis, ex hyphis formatis longitudinalibus conglutinatis, constante, strato meduUari intra axes longitudinales stuppeo, gonidia continente. Apothecia late- ralia, elongata, simplicia aut raruosa, hypothecio et perithecio fusco- nigro, amphithecio thallino nullo, infra hypothecium saepius gonidia pauca strati medullaris, sporis decoloribus. Soralia nulla. Species unica. Während die Arten von Roccella DG. in dem Aufbau des Apo- theciums zum Theil Dirina Fr., zum Theil auch anderen Graphidaceen ähneln, hat Dendrographa Darbish. eine Uebereinstimmung mit Platy- grapha peridea Nyl. aufzuweisen. Aeusserlich erinnert ScMzopelte californica Th. Fr, sehr an Platygrapha dilatata Nyl. , was schon ReINKE erwähnt. Combea möllusca de Not. und die neue Gattung Pentagenella Darbish. finden in gewissen Graphis - Arten mit farb- losen Hypothecien ihre Vorbilder. Dictyographa gracilUma (Krphbr.) Darbish. besitzt in seinem Apothecium eine gewissen ^r^Äom'a-Arten sehr ähnliche Fruchtbildung. Das Apothecium von Ingaderia pulcher- rima Darbish. zeigt im Querschnitt grosse Uebereinstimmung mit einer Opegrapha- Art, jedoch scheint dasselbe zum Theil zusammengesetzt zu sein, und gewisse Schnitte erzeugen ein Bild, das einem Schnitte durch die Frucht von Glyphis- Arten, entspricht. Endlich könnte man Roccellaria intricata (Mtg.) Darbish. auf eine Graphidacee zurückführen, die im Bau des Apotheciums etwa Pilocarpon leucohlepharum (Nyl.) Wainio entspricht. Bemerkenswerth ist der Umstand, dass alle Roccelleen, deren Rinde aus längslaufenden Hyphen besteht, aus Amerika stammen. Von diesen sind wiederum alle Gattungen, mit Ausnahme von Dendrographa Darbish., nur in Südamerika heimisch. Im Ganzen sind sechs Roccelleen- Gattungen nur in Amerika zu finden, darunter zehn Arten. In Anbetracht der grossen systematischen Bedeutung, welche G. Lindau dem Vorkommen von Haftscheiben beilegt, mittels derer lieber die Flechtentribus der Roccellei. 9 die Pilzhyphen der Flechte in die Gonidienwand eindringen, möchte ich hervorheben, dass dieselben, im Gegensatz zu dem, was bei den meisten Roccelleen der Fall ist, bei Roccella phi/copsis Ach. und Ingaderia pul- chernma Darbish. fehlen, indem die Algenzellen von den Fäden des Flechtenpilzes ebenso umfasst werden, wie bei den krustigen Graphidaceen. An der Hand dieser vorläufigen Bemerkungen wird hoffentlich jeder Lichenologe die Gattungen der Roccellei bestimmen können. Zwei Arten von Roccella DC. habe ich bis jetzt nur je einmal erwähnt gesehen und kann daher über sie nichts Näheres berichten. Es sind dies die Arten Roccella pusilla Mtg. und Roccella taeniata Mtg. Von einer anderen Art stand mir nur eine nicht ganz zulängliche Diagnose zur Verfügung. Ich denke hier an Roccella patellata Stirton, eine afrikanische Flechte, welche StIZENBERGER nicht anzuerkennen scheint, denn er führt sie in seiner Lichenaea at'ricana nicht auf. Stirton fügt der Diagnose seiner Art die Bemerkung bei, er könne sie weder bei Roccella Gaijana Mtg., noch bei Roccella intricata Mtg. unterbringen. Es sind diese Arten aber so verschiedene Typen, dass man aus dieser Bemerkung auch nicht ersehen kann, zu welcher Gattung patellata Stirton gehört. Leider konnte ich auch trotz mehr- facher Bitten vom Autor weder Material zur Ansicht, noch irgend eine Mittheiiung über die Art erlangen, so dass ich Roccella patellata Stirton nur anhangsweise erwähnen kann. Ebenso erfolglos blieben meine Bemühungen betreffs der neusee- ländischen Art Sagenidium molle desselben Autors. Ueber diese Gattung und Art, welche MÜLLER-ARG. neben Roccella DC. zu den Roccellei stellt, ist noch weniger in der Litteratur zu erfahren. MÜLLER- ARG, findet sie bei STIRTON „male descriptum^ und unterscheidet sie von Roccella DC. , weil letztere apothecia marginata, erstere aber apothecia immarginata besitzt. Ich führe Sagenidium molle Stirton hier auch nur der Vollständigkeit halber mit an. Eine im Herbar von KREMPELHUBER unter dem Namen Roccella corrugata liegende und von den canarischen Inseln stammende Flechte erwies sich bei genauerer mikroskopischer Untersuchung als ein steriles Exemplar von Chlorea Soleirolü Duf. Zum Schluss möchte ich noch hervorheben, dass die oben an- geführten Resultate fast alle an Originalmaterial erzielt wurden, da mir der grosse Vorzug zu Theil wurde, die Einsicht in mehrere der wich- tigsten Flechtenherbarien Europas zu erlangen. An dieser Stelle er- wähne ich nur, dass ich die Flechtensammlungen von KREMPELHUBER, MONTAGNE, MÜLLER- Arg OVIENSIS und STIZENBERGER in Bezug auf die Roccellei einsehen durfte. Den Herren, welche mir in liebens- würdigster Weise diese Einsicht ermöglichten, sage ich hier nur vor- läufig meinen besten Dank. Ich werde ihrer später noch besonders gedenken. 10 G. Karsten: Da mir natürlicherweise daran liegt möglichst viel Roccelleen- material zu untersuchen, so möchte ich an dieser Stelle noch bemerken, dass ich bereit bin, solches einzutauschen oder zu untersuchen und bezw. neu bestimmt an den Absender zurückzuschicken. Ich würde für jedes Stück dankbar sein. Bei genügendem Vorrath liesse sich vielleicht eine getrocknete Sammlung von Roccellei austheilen. Kiel, Botanisches Institut. Erkläi'ung- der Abbildungeu. Fig. 1. Schizopelte californiea Th. Fr., a) Oberflächenansicht des Apotheciums in natürlicher Grösse, b) Längsschnitt des Thallus und Randpartie eines Apotheciums. Vgr. 50. „ 2. RocceUaria intricata (Mtg.) Darbish,, Längsschnitt des Thallus mit einem. Apothecium. Die Einde des Thalhis besteht aus parallel zur Längsachse verlaufenden Fäden. Vgr. 50. „ 3. Roccella tinctoria (L.) Ach., Querschnitt des Thallus mit einem Apothecium. Vgr. 50. „ 4. Dendrographa kucophaea (Tuck.) Darbish., Querschnitt des Thallus mit einem Apothecium. Tn der Einde sieht man die Fäden, welche der Thalluslängsachse parallel laufen, quer geschnitten. Vgr. 50. „ 5. Ingaderia pulcherrima Darbish., a) ein Stück Thallus mit einem Apothecium in Oberllächenansicht. Vgr. 10. b) Querschnitt des Thallus mit einem Apothecium. Letzteres ist an einer schmalen, einfachen Stelle getroffen. Im Thallus sind die Stränge mit ihren längslaufenden Hyphen quer ge- troffen. Vgr. 100. „ 6. Pentaganclla fragüliina Darbish., Längsschnitt des Thallus mit einem Apo- thecium. Vgr. 50. „ 7. Combea inollusca de Not., Längsschnitt des Thallus mit einem endständigen Apothecium. Vgr. 50. „ 8. Dictyographa gracillima (Krphbr.) Darbish., Längsschnitt des Tliallus mit einem jüngeren Apothecium. Die meist nicht deutlich abgegrenzte Einde besteht aus längslaufenden Hj'phen. Vgr. 200. 2. G. Karsten: Notizen über einige mexikanische Pflanzen. Mit Tafel II. Eingegangen am 9. Januar 1897. 1. Podocarpus. Bei der grossen Bedeutung, die man von pflanzengeographischen Gesichtspunkten aus mit Recht der Verbreitung der Coniferen zumisst, hat es vielleicht einiges Interesse zu erwähnen, dass in mexikanischem Gebiet neuerdings ein ganz zweifelloser Podocarpus nachgewiesen werden konnte. Notizen über einige mexikanische Pflanzen. 11 In der Biologia centrali-amcricana^) findet sich kein Angehöriger dieses Genas für Mexiko erwähnt, obschon HeMSLEY die Erwartung äussert, es möchte noch ein solcher aufgefunden werden. Ueber die Oertlichkeit mag einiges vorausgeschickt sein. Der directe Weg von Jalapa nach Misautla fährt über den kleinen Ort Naoliuco. Von hier aus steigt man ziemlich erbeblich bis St. Juan Acatlan. Dicht hinter dieser Ortschaft ist der höchste Punkt des Weges mit etwa 1900 m erreicht, und man muss an der übel berüchtigten Cuesta de St. Juan ca. 1000 m fast senkrecht absteigen. Gerade auf dem Kamme finden sich vermischt mit Eichen niedrige Bäumchen eines Podocarpus, an denen s. Z. Früchte in allen Stadien vorhanden waren. Männliche Exemplare habe ich nicht gesehen. Vereinzelt gehen die Podocarpus-Bsiüme auch weiter abwärts bis fast nach Naolinco selbst. Ueber den Habitus der Bäume lässt sich wenig sagen, da der Wuchs in Folge des dem Winde exponirten Standpunktes, vielleicht auch wegen der Jugend der gefundenen Individuen, kaum der nor- male gewesen sein dürfte. Doch waren die Bäumchen bis unten ziem- lich dicht belaubt und kaum über 5 m hoch. Nach Vergleichung hiesiger und Berliner Herbarexemplare, die mir zu dem Zweck freundlichst übersandt waren, zeigte sich eine grosse üebereinstimmung mit Podocarpus salicifolia Klotzsch et Karsten. Es würde die Diagnose der Art, wie sie von PARLATOEE^) gegeben ist, sich vollkommen auf die mexikanischen Exemplare anwenden lassen. Nur ist es nothwendig die Zahlenangaben über Blatt- und Frucht- grösse zu verändern. Ich stelle hier zum Vergleiche die Zahlen neben einander: Länge Breite Länge Breite der Bätter der Früchte 8 — 12 (Vrt : 8 — 9 mm 7 — iiinm : 6 mnt : Poducarpus salicifolia. 7,5 — 11 cm : 10 — 11 »an 11— 12?/(m : 7 — S mm : mexikanische Form. Länge des Receptaculum 7 — 8 7nm. Länge des Fruchtstieles 15 — 16 7n»(. Da die Höhenangabe bei PaRLATORE 6000—7500 Fuss ist, während der mexikanische Standort noch unter 6000 Fuss bleibt, ist die breitere Form der Blätter vielleicht mit höherer Luftfeuchtigkeit des Standortes in Verbindung zu bringen. Ist doch der Kamm des öst- lichen Abfalles in Mexiko der Ort, wo andauernd die warmen, mit dem Wasser des Golfs beladenen Luftmassen mit der kälteren und sehr trockenen, über dem Hochplateau lagernden Luftschicht in un- 1) GoDMAN and Salvin, Biologia centrali-americana: Hemsley. Botany III, 185. 1883. 2) cfr. De Candolle, Prodromus 16. 2. Parlatore, Coniferae pag. 510, 12 G.Karsten: mittelbare Berührung treten; eine erhebliche Condensation des Wasser- dampfes muss natürlich die Folge sein. Sollte aber eine Abtrennung der mexikanischen Form später noth- wendie werden, so würde die neue Art in die nächste Nähe von P« salicifolia zu stellen sein. Zweifellos werden sich mit der Zeit noch weitere Orte auffinden lassen, welche die Podocarpus führenden Anden Columbiens mit dem Standorte des mexikanischen Hochlandes verknüpfen. War es doch immer schon sehr auffallend, dass eine Gattung, die ihren Weg bis Cuba gefunden und auf Jamaica noch grosse Waldbestände bildet^), auf dem Festlande selbst den Isthmus kaum sollte überschritten haben. ^) 2. Cereas geonietrizans Mart. Auf dem Wege von Tehuantepec nach Oaxaka zeigte sich in den höheren Lagen sehr häufig ein auffallender Cereus, der ausgesprochene Oandelaberform besass, kleinstachelig war und sich auf den ersten Blick von allen sonst gesehenen Formen durch die zahllosen und sehr kleinen weissen Blüthen unterscheidet, welche die aufstrebenden, dicken Aeste etwa von 7+ ^'^ ^om Scheitel an bis weit hinunter bedecken. Herr MATHSSON in Magdeburg hatte die Freundlichkeit, meine Ver- muthung, dass es sich um Cereus geometrizans Mart. handele, gütigst zu bestätigen. ^) Da es sich um eine wenig gekannte Pllanze handelt, schien eine kurze Besprechung unter Hinweis auf Fig. 1, Taf. H am Platze zu sein. Die Figur ist von Herrn J. FÜRST nach Alkohol-Material in natürlicher Grösse gezeichnet. Der Stamm war in den genauer untersuchten Exemplaren 5-rippig mit sehr seichten Einbuchtungen. Die Areolen schwarz-filzig mit kleinen geraden Stacheln. Die Blüthen und Früchte gehen vielfach in Mehr- zahl aus jeder Areole hervor. Die Blumenkrone ist aufgerichtet, regel- mässig, kurz röhrenförmig. Die relativ wenig zahlreichen (15-20) Blüthen- hüUblätter nehmen von aussen nach innen an Grösse zu. Die äussersten 2 — 3 stehen als kleine spitze Warzen auf dem Fruchtknoten, die innersten sind unter einander gleich lang, rein weiss und zurück- geschlagen. Die Staubfäden sind der Röhre angeheftet, aus der sie lang her- 1) cfr. Grisebaoh, Vegetation der Erde, II. Aufl., II. 310 u. 330. Engler- Prantl, Nat. Pflanzenfam. II. Coniferae. Geogr. Verbr. 58. 2) Nach Hemsley 1. c. IV., pag. 156, fiudet sich bisher nur ein schmalblätteriger Podocarpus nördlich der Landenge von Panama, nämlich in Costa Rica, also etwa 10 Breitengrade südlicher und zwar ebenfalls mit laichen zusammen und in einer Höhe von etwa 7000 Fuss. 3) cfr. Engler-Prantl 1. c. III. 6 a, Cactaceae, K. Schumann, pag. 178. Notizen über einige mexikanische Pflanzen. 13 vorragen. Der Griffel übertrifft die Staubfilden etwas an Länge und trägt eine meist 6 theilige Narbe. Die ßlumenkrone fällt nach dem Blühen ab und lässt eine breite Narbe auf dem Scheitel der Frucht. Die Beere ist grünlich roth und soll bei der Reife (nicht gesehen) schwarz werden.^) Die conservirten Früchte haben sich und dem Alkohol einen starken und sehr augenehmen Fruchtduft bewahrt, der sich keiner andern mir bekannten Frucht vergleichen lässt. Das Verbreitungsgebiet der Art ist scheiubar ein recht weites. Im Staate Oaxaka traf ich sie in grossen Beständen auch in der Nähe der Ruinen von Mitla, und nach gütiger Mittheilung des Herrn MATHSSON ist sie ihm auch in den nördlichen Staaten bei Catorze, Bocas und St. Louis, bei Zaccatecas und Guadalajara begegnet. 3. Okenia hypogaea Schi, et Chamisso.^) Auf dem sandigen Meeresufer bei Coatzocoalcos machte ich die erste' Bekanntschaft mit einer Pflanze, die mir vorerst ziemlich räthsel- haft blieb. Ein paar Tage darauf fand ich sie an der Mündung des Grijalva vor Frontera wieder und konnte sie etwas eingehender unter- suchen. Sie erwies sich später als die monotypische Nyctaginee Okenia hypogaea. Auf der Seeseite der flachen Sanddünen inmitten der Pescaprae- Formation^) fanden sich grössere Flecken des weithin kriechenden, eigenartigen Gewächses mit niederliegendem Stamm, von dem die Photographie Taf. II, Fig. 2 eine Vorstelluug giebt. Die gegenständigen Blätter sind ganzrandig, sehr ungleich gross, lang gestielt, von etwa ovaler Form, jedoch mit breiterer Basis und abgerundeter Spitze. Das Mesophyll ist zwischen den Seitennerven etwas aufgewölbt. Die ganzen Aeste, Blätter und Blüthenstiele, wie auch die ßlumen- krone selbst, sind von Drüsenbaaren über und über bedeckt. Die Haare bestehen aus einer längeren oder kürzeren Zellreihe und schliessen mit ovalen Köpfchen ab. In den Blattachseln stehen die Blüthenknospen einzeln. Die 3 kleinen Hochblätter sind von annähernd dreieckiger Gestalt, nach oben spitz zulaufend. Im unteren breiteren Drittel ihrer Länge sind sie einer kurzen, taillenförmigen Einschnürung des Blüthenstieles fast ohne Stiel angebeftet. Dicht anliegend decken sie hier mit ihrer eigenen zottig-drüsenhaarigen Oberfläche die einzige glatte, unbehaarte Stelle der Pflanze, die unmittelbar über der erwähnten Einschnürung liegt und den Fruchtknoten umschliesst. Vergl. Holzschnitt 1. 1) cfr. Schumann 1. c pag. 178. Anm. 2) cfr. Biolog. centrali-americana 1. c. III. 7. 3) cfr. SCHiMPER. Jndo-Malajische Strandflora. Jena 1891, pag. 77 ff. 14 G. Karsten: Das Anthokarp hat hier eine sehr dicke Cuticula und unter einer starkwandigen Epidermis einige Lagen von collenchymatisch verdickten Zellen. Wo der Schutz der überliegenden Hochblätter fehlt, tritt ober- halb an der Aussenseite der Bliithe der dichte Zottenpelz wieder auf. Die geöffnete Blumenkrone ist radförmig mit kurzer, trichteriger Röhre. Die Farbe lebender ßlüthen war hell violett. Die Zahl der Staubblätter sah ich meist zwischen 12 und 15 schwanken, Sie sind einem kurzen, geschlossenen Gewebering, der am oberen Rande unregelmässig ausgezackt ist und kaum die Höhe des Eichens überragt, auf der Aussenseite inserirt. Das dünnhäutige Fruchtblatt umschliesst eine grundständige, auf- rechte Samenanlage und gipfelt in einer schildförmigen, glatten Narbe. Das merkwürdige Aussehen wird aber hauptsächlich bedingt durch das Verhalten der Fruchtstiele. Unmittelbar nach dem Abblühen der Blüthe macht sich eine Abwärtskrümmung des Blüthenstieles bemerk- bar, an dem die schlaffe Blüthenhülle daran hängt. Unter starker Ver- längerung gräbt sich jeder Blüthenstiel in den lockeren Sandboden ein, und die jungen Zweigspitzen, deren Blüthen vor Kurzem abblühten, stehen dann wie auf schrägen Stelzwurzeln empor, cf. Photogr. Fig. 2. Das Wachsthum der Fruchtstiele hält recht lange an und bringt die Früchte bis über 1 Fuss tief in den Sand. Die anatomischen Veränderungen, welche inzwischen im Anthokarp vor sich gehen, nehmen einiges Interesse in Anspruch. Die erwähnten 3 Hochblätter sind, wie der Längsschnitt (Holz- schnitt 1) zeigt, mit ganz kurzem Fortsatz in der taillenförmigen Ein- schnürung des Blüthenstieles angeheftet. Sie müssen bei dem ersten Widerstand, den der in den Sand ein- dringende Blüthenstiel findet, vom Stiele abspreizen und abbrechen. Dann tritt die einzige glatte, drüsenlose Oberflächenpartie der Pflanze frei zu Tage. Der Theil des Anthokarpes, welcher jenseits dieser glatten Stelle liegt, besteht rings aus einer besonders dicken Gewebelage, die im Blüthenstadium nur gerade Raum zum Durchtritt der Stamina und des Griffels lässt. Hier stirbt gleich beim Welken der Blüthe ein schmaler hohl- kegelförmiger Gewebestreif (der im schief geführten Längsschnitt Holzschnitt 1 getroffen ist) ab und schneidet damit direct überm Fruchtknoten eine kegelförmige Spitze heraus. Holzschnitt 2. Die Wände des abgestorbenen Gewebestreifens quellen stark auf und bilden eine glasig durchscheinende Masse, die mit Jod und Ho SO^ rein blaue Färbung annimmt und die früheren Zellgrenzen und Inhalts- massen nur noch undeutlich erkennen lässt. Hier also tritt die Sonderung des bleibenden, die junge Frucht in der Spitze führenden Fruchtstieles von dem schnell vergehenden Reste des Anthokarpes auf. Notizen über einige mexikanische Pflanzen. 15 Auch Griffel und Stamina werden hier durchgeschnürt, die kleinen Lücken dazwischen durch die verquellende Cellulose völlig geschlossen. So ist ein ausserordentlich zweckdienlicher Apparat geschaffen, der beim Eindringen in den losen Sand möglichst wenig Widerstand bietet: eine Kegelspitze und eine rings glatte, feste Aussenmembran dahinter. Die Aehnlicbkeit mit einer Wurzelspitze ist in's Auge fallend. Fig. 1. Fig. 2. Fig. 1. Längsschnitt durch eine Blüthe von 0. fiypo;;aea. (Ehen nicht median), ein Hochblatt noch anhaftend die zwei übrigen abgefallen, etwa 7:1. Fig. 2. Medianer Längsschnitt durch eine in die Erde eindringende ältere Fruchtanlage, oben die wurzelhaubenartige Schutzkappe. Etwa 35 : 1. Bei der Reibung an den entgegenstehenden Erd- und Sand- partikelchen werden die Aussenreihen der verquollenen Zellen an der conischen Spitze verbraucht werden, genau so wie die Aussenreihen der Wurzelhaube. Während hier aber ein eigenes Theilungsgewebe stets neue Zellen der Wurzelhaube zuführt, genügt bei Okenia eine etwas weiter gehende Verquellung der nächst inneren Zellreihen, welche die Stelle der gerade verbrauchten einnehmen. So ist auch hier wieder zu constatiren, wie ganz verschiedene Organe durch die gleichen äusseren Verhältnisse, denen sie zu genügen haben, gezwungen werden, eine weitgehende äussere Aehnlichkeit anzunehmen. 16 Gr. Karsten: Es gelang mir nicht, Zwischenstadien von dem beschriebenen Zu- stande ab bis zur reifen Frucht aufzufinden. Die reife Frucht ist leicht gerippt^) auf der Aussenseite, die Fruchtschale hart und ver- holzt, die Samenschale häutig und sehr dünn. Etwa 20 mitgebrachte oder vorausgesandte reife Früchte sind in Jena und Leipzig ausgesäet und gut gediehen. Die Jenenser Pflanzen kamen auch völlig zur ßlüthenentwickelung. Die Hoffnung, die Lücken meines Materials daraus ergänzen zu können, erwies sich leider als eitel, da sie nach freundlicher Benachrichtigung des Herrn Professor Stahl keine Verdickung des Fruchtstieles erkennen Hessen. In der Cultur zeigten sich die Pflanzen als einjährig. An einem Theil der beobachteten Exemplare liess sich die Er- scheinung beobachten, dass die Blüthenknospen überhaupt nicht zur völligen Entwickelung gelangten, sondern geschlossen blieben und ohne mehr als etwa den 4. Theil der definitiven Grösse normaler Exemplare erreicht zu haben, in der beschriebenen Weise abgeschnürt wurden. Die in ganzer Länge auffallend stark geschwollenen Blüthenstiele zeigten jedoch in diesem Falle keinerlei Neigung sich zum „in die Erde Wachsen" zu bequemen, sie blieben gerade in die Luft gestreckt. Es dürfte hier ein Fall jener von ASA GRAY^.) für Selinocarpus und Acleisanthes beobachteten eigenartigen Kleistogamie vorliegen. Obgleich einzelne Antheren völlig ausgebildete Pollenkörner ent- hielten — andere zeigten diese dagegen in der Entwickelung zurück- geblieben — gelang es mir in den untersuchten Blüthen nicht, auf der noch sehr zarten Narbe haftende Pollenkörner zu findön. Natürlich soll daraus ein Beweis gegen die von HEYMERL in ENGLER-PRANTL 1. c. ausgesprochene Vermuthung über das Stattfinden der Selbstbestäubung nicht hergeleitet werden. Merkwürdig ist aber jedenfalls, dass diese eigenartige Form der Kleistogamie sich auch bei Okenia hypogaea findet, deren Standorte sich über mangelnden Insectenbesuch gewiss nicht be- klagen dürfen. Kiel, Januar 1897. Figuren-Erklärung'. Fig. 1. üereits geometrizans. Zwei blüthentragende Rippen; nat. Gr. „ 2. Photogr. Aufnahme von Okenia hypogaea, von oben genommen, etwa Vs nat. Gr. 1) cfr. BaiLLON. Histoire des plantes IV. Paris 1873, Nyctaginacees. pag. 19, „fructus basi calycis indurata suberosa, 10-costata, apice clausa vestitus" etc. 2) citirt nach Engler und Prantl, Nat. Pflanzenf, III, 1, Nyctaginaceae. Heymerl, pag. 18. H. Zukal: Notiz zu Myxobotrys variabilis Zuk. 17 3. H. Zukal: Notiz zu meiner Mittheiiung über Myxobotrys variabilis Zuk. im 9. Hefte des Jahrganges 1896. Eingegangen am 11. Januar 1897. In den letzten Jahren sind bekanntlich einige sehr ausführliche Monographien über die Myxomyceteu erschienen. Ich nenne nur A Monograph of the Myxogastres von G. MASSEE, London 1892, ferner A Monograph of the Mycetozoa von A. LiSTER, London 1894, endlich die Bearbeitung derselben Gruppe in den Natürlichen Pflanzenfamilien von Engler und PRANTL. Da ich in den genannten Werken keine Andeutung über einen Myxobotrys-'&hvWdhen Pilz fand, glaubte ich den- selben als eine neue Form ansprechen und beschreiben zu müssen. Vor einigen Tagen erhielt ich aber eine freundliche Mittheilung von SACCAEDO, in welcher ich aufmerksam gemacht werde, da<;s meine Myxobotrijs variabilis bereits im Jahre 1857 von BERKELEY^) beschrieben worden ist und zwar als Hyphomycet unter dem Namen Chondromyces crocatus B. et C. Das ist auch thatsächlich so, nur glaube ich, dass in den Formenkreis dieses exorbitant variablen Pilzes auch noch der Ch. auratiacus B. et C. und Ch. lichenicolus Thaxter gehören. Selbst- verständlich gebührt dem Chondromyces vor meiner Myxobotrys die Priorität. Die Gattung Chondromyces ist aber auch bereits entwickelungs- geschichtlich bearbeitet worden und zwar von THAXTER in dem amerikanischen Journal Botanical Gazette, 1892, Yol. 17, p. 389. (Thaxter, On the Myxobacteriaceae, a new order of Schizomycetes.) Thaxter macht aus dem Chondromyces nebst einigen anderen ver- wandten Formen eine neue Ordnung der Bacterien. So sonderbar dies auf den ersten Blick hin scheinen mag, so ist diese Auffassung doch einer ernsten Beachtung werth. THAXTER betrachtet nämlich das von ihm beschriebene Myxobotrys-Vhi^vQodäxwxi für eine Art Zoogloea oder für eine Bacteriencolonie; er hält die von mir als Mikrosomen angesprochenen, bacterienähnlichen Inhaltskörper für echte Bacterien, die Conidien (Sporen) für Bacteriencysten und ihre Träger für ^Gystophoren". THAXTER stützt diese Auffassung auf den Umstand, dass in gewissen Nährlösungen, auf Agar-Agar etc. die bacterien- ähnlichen Mikrosomen aus den Colonien und Cysten (Plasmodien und 1) Berkeley, Introduction to cryptogamic botany. London 1857 und Grevillea III. p G4. Ber. il. deutsch, bot. G eselisch. XV. O 18 H. ZuKAL,: Notiz zu Myxobotrys variabilis Zuk. Sporen) auswandern, sich dann theilen, bewegen, kurz sich wie echte, stäbchenförmige Bacterien verhalten. Ich kann diese Angaben nur vollinhaltlich bestätigen. Trotzdem muss ich an meiner Auffassung festhalten, dass der fragliche Organismus zu den Myxomyceten und nicht zu den Bacterien gehört, und zwar aus folgenden Gründen: 1. Zum Aufbau eines so complicirten Organismus, wie dies der Chondromyces ist, gehört eine gewisse, gestaltende Kraft. Eine solche wohnt aber, nach dem gegenwärtigen Standpunkt unseres Wissens, weder in den einzelnen Bacterien selbst, noch in dem sie einhüllenden Schleim, wohl aber in dem Hyaloplasma eines Myxomycetenplasmodiums. 2. Konnte ich mich von der Schleimnatur des Chondromyces-Flas- modiums weder durch die mikrochemischen Mittel, noch durch die Beobachtung des lebenden Organismus überzeugen. Das ganze Ver- halten der schleimigen Masse, sowie die Reaction deuten vielmehr auf Plasma und nicht auf Schleim. 3. Konnte ich auch in gewissen Entwickelungsstadien der Plas- modien unzweifelhafter Myxomyceten ganz dieselben, bacterienähnlichen Mikrosomen constatiren, wie bei Chondi'omyces. Diese bacterienähnlichen Stäbchen können unter bestimmten Culturbedingungen ebenfalls aus den Plasmodien auswandern, sich bewegen, theilen, kurz dasselbe Ver- halten zeigen, wie die Stäbchen von Chondromyces. Nach allem, was ich bisher gesehen, bin ich zu der Annahme geneigt, dass wahrscheinlich ursprünglich alle Myxomyceten in der Plasmödiumform einen Vermehrungsmodus besassen, der bisher übersehen worden ist, nämlich den durch bacterienähnliche Energiden. Bei einigen vollkommen zweifellosen Myxomyceten ist dieser Fort- pflanzungsmodus noch vorhanden, bei anderen deutet ein vorüber- gehender Entwickelungszustand der Plasmodiummikrosomen, in welchem diese die Form von Stäbchen oder Fäden bekommen, auf die ursprüng- lich vorhandene Fähigkeit der Propagation durch bacterienähnliche Energiden hin. Da der ganzen Frage, nach verschiedenen Richtungen hin, eine grosse Wichtigkeit innewohnt, so wird ihre Lösung sorgfältiger Unter- suchungen und vor allem zeitraubender Culturen bedürfen. Ich dürfte daher kaum vor einem Jahre in der Lage sein, eine erschöpfende Aus- kunft zu ertheilen. Wien, am 10. Jänner 1897. H. Harms: lieber die Blüthenverhältnisse der Gattung Garrya. 19 4. H. Harms: Ueber die Blüthenverhältnisse der Gattung Garrya. Eingegangen am 15. Januar 1897. Die Gattung Garrya wurde vcn LiNDLEY (im Bot. Reg. 20. t. 1686, Juli 1834) auf eine von DOUGLAS in Californien gesammelte Pflanze begründet; LiNDLEY stellte (in Veget. Kingd,, 295) eine Gruppe der Garryales auf, zu der er zwei Familien mit je einer Gattung, die Garrijaceae und die Helwingiaceae, rechnete. ENDLICHER reiht die Garryaceae den Antidesmeae an (Genera, n. 1 900). Bei BeNTHAM-HOOKER finden wir die Gattung unter den Cornaceae, ebenso bei BAILLON, der sie zum Typus einer besonderen Gruppe der Garryeae in dieser Familie macht. Ehe ich die verwandtschaftlichen Beziehungen der Gattung be- spreche, muss ich auf gewisse Charaktere der Blüthen hinweisen, die in den bisherigen Beschreibungen meist nicht richtig wiedergegeben -worden sind. Die Blüthen sind eingeschlechtlich. LINDLEY sagt, dass der c/* Blüthe 4 Kelchblätter („sepals") zukommen, der Kelch der $ Blüthe ist nach ihm „superior 2-toolhed". Bei BENTHAM- HOOKER werden die Blüthen ähnlich beschrieben. Der Kelch ist bei den cT Blüthen 4theilig, Blumenblätter fehlen, von den $ Blüthen wird gesagt, dass der Saum des Kelches aus 2 gegenständigen, sehr kurzen oder obsoleten Lappen bestehe. — Diese Beschreibungen sind, wenigstens für die cf Blüthen, nicht ganz zutreffend, jedenfalls gelten sie nicht für alle Arten. Bei der Untersuchung getrockneten Materials von G. elliptica Lindley fand ich, dass am Grunde der sogenannten vier Kelchblätter oder Kelchabschnitte der d* Blüthe noch ein schwacher Saum vorhanden ist, der in sehr kleine, mit jenen grossen als Kelch- gebilde geltenden Lappen abwechselnde Zähne ausgeht. Nur selten sind 4 Kelchzähne deutlich entwickelt, meist nur 3 oder häufiger nur 2 gegenüberliegende, diese aber waren an dem Material fast stets als allerdings nur kleine Läppchen bemerkbar. Vergleichen wir damit den Bau der $ Blüthe, so finden wir einen dicht behaarten Fruchtknoten von etwa eiförmiger Gestalt, der von ziemlich ansehnlichen Griffeln gekrönt wird. Mit den Griffeln wechseln ab 2 kleine, oberständige Läppchen. Gebilde, die in Form und Stellung den immerhin ver- hältnissmässig ansehnlichen sogenannten Kelchblättern der cT Blüthe zu vergleichen wären, sind nicht vorhanden. Bei anderen Arten konnte ich jene 2 Läppchen der $ Blüthe ebenso wie jene 2 bis 4 ^ähne der cT Blüthe nicht nachweisen. Es ist wohl kaum zu be- 2* 20 H. Harms: üeber die Blüthenverhältiiisse der Gattung (Jarrya. zweifeln, dass sich die eben genannten Gebilde der cf und $ Blüthen von Garrya elUptica einander entsprechen, und dass daher beide Theile als äussere Hülle oder Kelch zu betrachten sind, der hier stark reducirt ist; demgemäss müsste man die früher Kelch genannten, viel grösseren Lappen als Blumenblätter bezeichnen, solche kämen also nur dor cf ßlüthe zu und sind bei allen Arten von Garrya vorhanden. Die eben wiedergegebene Auffassung der Blülhenverhältnisse findet man, soweit die cT Blüthen in Betracht kommen, bereits bei BAILLON angedeutet (Hist. d. pl. VII, 82): Calyx (?) vix conspicuus, raro majusculus, brevissime 4-dendatus (vel 0). Petala (?) 4 .... Ausserdem muss ich bemerken, dass auch Herr Professor KOEHNE bereits in einer schriftlichen Mittheilung an Herrn Geh.- RathENGLER sagt, die J Blüthen von Garrya besässen, wie er soeben gefunden, nicht ein einfaches Perigou, sondern unter den 3 — 4, an der Spitze zusammenhängenden Blumenblättern einen winzigen, mehr oder weniger deutlich 3 — 4zähnigen Kelch. Für die $ Blüthen giebt BAILLON etwas anderes an; er fasst jene beiden Läppchen als „bracteolas 2 laterales plus minus alte receptaculo adnatas" auf; ein Perianth soll den 2 Blüthen fehlen. Es kommt vor, dass die Bracteen an dem Fruchtknoten etwas hinaufrücken, das konnte ich mehrfach beobachten, doch trat diese Erscheinung immer nur bei der Endblüthe eines Kätzchens auf, während jene Kelchzähne bei G. elliptica allen Blüthen ohne Unterschied in deren Stellung zukommen. Auf dem Yorhandensein dieser 2 Zähne beruht ja überhaupt die Angabe, dass der Fruchtknoten unterständig ist. Bei Formen, wo jene 2 Zähne fehlen, hätte man von vornherein, ohne G. elliptica zu kennen, über- haupt keinen Grund, den Fruchtknoten als unterständig anzusehen. Garrya besitzt einen sehr charakteristischen ßlüthenstand: hängende schmale Rispen von Kätzchenform. Die mit einander verwachsenen Bracteen stehen an den i langen Rispenachsen decussirt, und innerhalb dieser Bracteen sind die Blüthen gewöhnlich zu je dreien geordnet. Durch diese Kätzchen erinnert die Gattung an die Familien der so- genannten Amentaceen. Man hat besonders an Beziehungen zu den Cwylaceae und lagaceae gedacht, wofür ausser den Kätzchen der unter- ständige Fruchtknoten spricht. Doch weicht Garrya in mehreren wichtigen Punkten ab: zunächst durch doppelte BlüthenhüUe (wir werden wohl anzunehmen haben, dass bei Formen mit fehlendem Kelch dieser abortirt ist, wenn wir die Verhältnisse bei G. elliptica berück- sichtigen), dann durch die Frucht, an der sich die Hüllblätter in keiner Weise betheiligen, das reichliche Nährgewebe, die gegenständigen Blätter. Kätzchenartige Blüthenstände kommen auch bei anderen Familien vor; so bei gewissen Euphorhiaceae und Urticaceae; Garrya besitzt jedoch abweichend von diesen einen unterständigen Frucht- knoten, ganz abgesehen von allen anderen unterscheidenden Merkmalen. Man darf wohl überhaupt nicht zu viel Gewicht aut diese Form des Die Gattungen der Cornaceen. 21 Blüthenstandes legen: die Reibe der Amentaceeo, in sich schliessend sehr verschiedenartige Familien (Cupuliferae^ Salicaceae, Juglandaceae^ bisweilen auch sogar Casuarinaceae)^ ist jetzt mit Recht aufgelöst worJen (vergl, ENGLER, Syllabus). Von den übrigen Gattungen der Oornaceeu im Sinne von BeNTHAM-HOOKER ist die Gattung ver- schieden, hauptsächlich durch den mit zwei Samenanlagen versehenen Fruchtknoten und das Fehlen eines Discus, sie stimmt überein in der Befestigungsweise der Ovula in der Nähe der Spitze des Faches, in dem unterständigeu Fruchtknoten, im Vorhandensein von Nährgewebe. Die Cornaceengenera haben unter einander vermuthlich nur lockern Zusammenhang, unter ihnen ist Garrya vielleicht die durch ihre Merk- male zunächst hervorstechende Form, die man am ehesten geneigt wäre abzutrennen und zum Range einer eigenen Familie zu erheben. Welche Stellung sollte man dieser Familie zuweisen? Ich meine, dass sie ihren Platz schliesslich am besten in der Nähe der Cornaceae findet, mit denen sie immerhin mehr gemeinsam hat, als mit den anderen Gruppen, welche man in Rücksicht gezogen hat. Unter diesen Um- ständen halte ich es für unzweckmässig, eine eigene Familie zu be- gründen und ziehe es daher vor, Garrya bei den Cornaceen zu belassen, bei einer Familie, die (worüber man die nächste JNlittheilung vergleichen wolle) überhaupt recht heterogene Glieder umfasst. 5. H. Harms: Die Gattungen der Cornaceen. Eingegangen am 15. Januar 1897. BeNTHAM und HOOKER (Gen. pl. I, 947) vereinigen in der Familie der Cornaceae eine Reihe von Gattungen, denen in früheren zusammen- fassenden systematischen Werken eine andere Stellung zugewiesen worden war. Mastüv/a und Äucuba werden bereits von DE CANDOLLE (Prodr. IV, 271) dieser Ordnung zugesellt, welche KUNTH ursprünglich fils Gruppe der Caprifoliaceae (Nov. G. Amer. III, 480) unterschieden hatte. Endlicher (Gen. PI. 798) rechnet zu den Cornaceae im eigent- lichen Sinne nur die beiden Genera Benthamia und Cornus^ von denen in neuerer Zeit die erste wohl mit Recht nur als Section der zweiten angesehen wird. Aucuba und Decostea figuriren bei ENDLICHER als „Genera Corneis affinia", Curtisia, MasÜMa und Polyosma (von der 22 H. Harms: sehr fraglichen Votomita Aubl. mag ganz abgesehen werden) als ^Genera dubia" im Anschluss an die Cornaceae. Bei LiNDLEY (Veg. Kingd. 782) treffen wir unter den Cornaceae Benthamia, Cornus, Aucuha^ Decostea, Mastixia und Curtisia wieder; hinzugekommen sind: Pukateria Raoul (nach neueren Forschungen mit Decostea zu vereinigen), und Corokia Cunn., eine Gattung, welche ENDLICHER (1. c, n. 5751) unter die „genera Rhamneis affinia" einreiht. BENTHAM und HOOKER er- weiterten die Grenzen der Familie ganz wesentlich dadurch, dass sie die Gattungen Alangium und Marlea^ Garrya^ Nyssa, Toricellia dieser Familie zuwiesen. Alangium und Marlea werden von ENDLICHER als GHeder einer besonderen Ordnung der Älangieae (G. 1184) angesehen, welche ihren Platz zwischen Comhretaceae und Rhizophoraceae findet; Nyssa bildet bei diesem Autor (1. c, 327) eine Gruppe der Nyssaceae^ welche unter die „genera Santalaceis affinia" eingereiht wird. LiNDLEY (1. c, 719) vereinigt unter dem Namen Alangiaceae, die von ihm eben- falls in die Nähe der Comhretaceae gebracht werden, die Genera Alangium, Marlea, Nyssa und Mastixia. Garrya wird sowohl von Endlicher, welcher die Gattung (1. c, 288) den Antidesmeae anschliesst, als eigene Gruppe der Garryaceae unterschieden, wie von LiNDLEY, der unter der Bezeichnung Garryales (AUiance XXII, nach den QueryialeSj die Corylaceae xmAJuglandaceae umfassen) die beiden Familien Garryaceae und Helwingiaceae (mit Helwingia) vereint. Toricellia DG. (Prodr. IV. 257) wird von dem Autor der Gattung zu den Araliaceae gebracht und ebenso von ENDLICHER (1. c, n. 4557) und LiNDLEY (1. c. 781). BailLON (Hist. d. pl. VII, QQ) hat den Umfang der Familie wieder sehr beschränkt, er rechnet zu dieser nur die Gattungen Cornus^ Corokia, Aucuha, Helwingia (bei BeNTHAM-HüOKER unter den Araliaceae'), Griselinia, Toricellia, f Kaliphora', Garrya; letztere Gattung machte er zum Typus der Garryeae und stellt sie auf diese Weise den Corneae gegenüber. Da ich die Bearbeitung dieser Familie für die „Natürl. Pflanzen- familien" Yon ENGLER-PRANTL übernommen hatte, so musste ich der Frage näher treten, in wie weit man berechtigt ist, alle jene Gattungen, welche bei BENTHAM-HOOKER als Cornaceen gelten, zu einer Einheit zusammenzufassen. Betrachten wir die einzelnen Gattungen. Bei BENTHAM-HOOKER. werden sie hinter einander aufgezählt unter Verzichtleistung auf eine Gruppirung zu kleineren Verbänden. Es scheint mir, dass sich bei näherer Untersuchung in erster Linie die Gattungen Nyssa, Alangiuvif Garrya, Mastixia vor den übrigen herausheben. Garrya, schon durch die kätzchenartigen Blüthenstände so auffällig und dadurch an Amentaceen erinnernd, weicht von den übrigen Gattungen noch be- sonders durch den zwar einfächerigen, aber mit 2 die Mikropyle nach aussen kehrenden Samenanlagen versehenen Fruchtknoten ab; auch das. Die Gattungen der Cornaceen. 23 Fehlen eines Discus verdient bemerkt zu werden. Nyssa und Alangiuvi (hiermit vereinige ich, nach BAILLON und 0. KUNTZE, Rev. gen. I, 272 Narlea) gleichen zwar den übrigen Cornaceen durch das Vorhandensein nur eines Ovulums im Fruchtknotenfache, sie entfernen sich aber (wie auch die mit Nyssa sehr nahe verwandte und mit ihr vielleicht zu vereinigende Camptotheca Dcne.: Bull. Soc. Bot. France XX. 157, welche mir bisher nicht zugänglich war) von dem Typus der Familie, wenn einmal von einem solchen gesprochen werden darf, durch häufig auftretende oder bei einigen Arten vorkommende Pleiomerie der Staubblätter gegenüber den Blumenblättern. Mastiada besitzt ein anatomisches Merkmal, das Vorkommen von Secretgängen an der Mark- peripherie und im Gefässbündel des Blattes, welches der Gattung eine Sonderstellung einräumt und um dessenwillen man engere Beziehungen zu den Araliaceen vermuthen wollte^); ausserdem ist die Frucht charakterisirt durch eine eigenartig gebaute Fyrena; diese zeigt nämlich eine tiefe Längsfurche, von der ein lameilenartiger Fortsatz des Endo- karps in das Fruchtfach hineinragt. Das Vorhandensein von Secret- gängen hat einige Autoren verleitet, sehr merkwürdige Vermuthungen über die Verwandtschaft der Gattung zu äussern. VAN TIEGHEM (Annal. Scienc. Natur. VII. ser., 1. 1885, p. 27) und nach ihm BUECK (Annal, Jard. Bot. Buitenzorg VI, p. 154) denken an Beziehungen zu den Dipterocarpaceen ; die morphologischen Verhältnisse sind aber bei dieser Familie ganz andere als bei Mastixia, deren Verschiedenheit gegenüber den Dipterocarpaceen auch BRANDIS (Nat. Fflanzenfamilien III. 6, 253; man lese dort j^Mastivia"" anstatt „Martinia''^) gebührend hervoihebt. Ehe ich auf die Besprechung der übrigen Gattungen eingehe, muss ich auf Angaben BaILLON's über die Richtung der Mikropyle der Ovula bei diesen Formen hinweisen. Die Samenanlagen sind einzeln an der Spitze oder in der Nähe der Spitze des Faches befestigt. W^ir können unterscheiden zwischen solchen mit nach aussen gerichteter Mikropyle und ventraler (der Placentarseite, der trennenden Wand der Fächer zugekehrter) Raphe und solchen mit einwärts gerichteter Mikropyle uud dorsaler (der Aussenwand des Faches zugekehrter) Raphe. Ist nun nur ein Fruchtknotenfach vorhanden, so wird es schwer sein, die Richtung der Mikropyle anzugeben, da man oft nicht mit Sicherheit bestimmen kann, welche Seite des Faches als Placentarseite anzusehen ist; es lässt sich die Richtung der Mikropyle nur dann genau feststellen. 1) Sertorius (Bull. Herb. Boiss. 1. 1893, p. 557) nennt als Merkmale, die diese Gattung vor den übrigen Cornaceen auszeichnen, auch noch folgende: Reichlicher secundärer Hartbast; Gefässbündel des Blattnerven (Seitennerveu I. Ordnung) von geschlossenem Sklerenchymring umgeben; Blattspurstränge eine weite Strecke in der primären Rinde verlaufend, bevor sie mit einem anderen Bündel verschmelzen. 24 H. Harms: wenn die Befestigungsstelle der Samenanlage deutlich auf einer Seite liegt. BAILLON giebt nun für die mit l-fächerigem Fruphtknoten ver- sehenen Genera Folgendes an: Aucuba, Griselinia sollen haben dorsale Raphe, Nyssa und Masticia ventrale Raj)he. Für die Gattung Aucuha kann ich die Beobachtung BaILLON's nach der Untersuchung frischen Materials bestätigen, die Samenanlage ist in der That auf der einen Seite des Faches etwas unterhalb der Spitze desselben befestigt und wendet die Mikropyle nach der Flacentarseite, die Raphe nach aussen, wohin auch die papillöse Seite der Narbe gekehrt ist. Für die übrigen Gattungen will ich die Angaben BAILLON's nicht direct bezweifeln, wage aber für's Erste, ehe ich nicht reichlicheres geeignetes Material geprüft habe, nicht ein sicheres Urtheil abzugeben; ich glaube, dass nur die Untersuchung frischen Materials im Stande ist, die Frage nach der Stellung der Samenanlage zu lösen. Bei Alangium giebt es neben Arten mit l-fächerigeui Fruchtknoten auch solche mit 2-fächerigem {A. chinense [Lour.] Harms), und bei diesen fand ich die Mikropyle seitlich gerichtet, nach BaILLON ist sie erst nach aussen gekehrt, um sich sjjäter auf die Seite zu drehen. ■ Für MastLvia glaube ich ven- trale Raphe annehmen zu dürfen. Die übrigen Gattungen verhalten sich in dieser Hinsicht so: ventrale Raphe besitzen Curtisia und Davidia Baill. (bei BENTHAM-HOOKER noch nicht genannt); dorsale Haphe zeigen Cornus, Corokia, Toricellia und Hehoingia (von BENTHAM-HOOKER zu den Araliaceen gestellt); aus Mangel an geeignetem Material konnte ich das Verhältniss bei Kaliphora und Melanophißa Baill. (bei BENTHAM- HOOKER noch nicht erwähnt) nicht feststellen, ebenso fehlte es mir an $ Blüthen von Toricellia, um die Frage nach der Richtung des Eifchens zu entscheiden. , BAILLON hat die Neigung, den Cornaceen nur Formen mit ein- wärts gekehrter Mikropyle zuzurechnen. Bei Garrya ist die Mikropyle zwar auswärts, aber doch nach der Placenta gekehrt, so dass die Samenanlage dorsale Raphe besitzt. Mastixia stellt er wegen der nach aussen gerichteten Mikropyle zu den Ümhelliferae-Aralieae in die Nähe von Arthrophyllum, einer Gattung, die mit AL die Einfächerigkeit des Fruchtknoteus theilt. Nyssa und Verwandte (Camptotheca, Davidia) sowie Alangium werden von ihm den Combretaceen zugesellt. Dass Nyssa, Alangium, Mastixia Genera sind, über deren verwandtschaftliche Stellung sich streiten lässt, muss ohne Weiteres zugegeben werden. Wenn BAILLON Curtisia wegen der auswäits gekehrten Mikropyle (der Fruchtknoten ist 4-fächerig) zu den Ümhelliferae-Aralieae bringt, so wird man ihm darin kaum zustimmen können, da diese Gattung in allen anderen Merkmalen wenig in die durch die Bande vieler gemeinschaft- lichen Züge eng zusammengehaltenen Umbelliferen und Araliaceen passt. Es muss dagegen jenem Autor als Verdienst angerechnet werden, dass er Belwingia, die bei BeNTHAM-HOOKER unter den Araliaceen steht. Die Gattungen der Cornacoon. 25 aus diesen entfernt bat und unter die sogenannten echten Cornaceen mit einwärts gekehrter Mikropyle eingereiht hat, zu denen sie jedenfalls noch eher passt. — Nach dem eben Mitgetheilteu hebt sich Curtisia durch auswärts gerichtete Mikropyle von einer Reihe von Gattungen ab, bei denen sie nach innen gerichtet ist oder so gestellt sein soll. Sicher ist mir diese Stellung der Mikropyle nur bei Conius, Corokia, Aucuba, Helwingia, zweifelhaft für Toricellia, Kaliphora, Melanophylla^), Gnselinia. Der Verschiedenheiten giebt es unter diesen Gattungen noch genug. So ist T&ricellia eine in mehreren Punkten recht auffallende Pflanze, die daher auch sehr verschieden beurtheilt wurde. Als Sambucua von WALLICH vertheilt, erinnert sie wegen ihres markreichen Stammes und der Form der Blüthen etwas an Caprifoliaceen, von denen sie durch abwechselnde Blätter, getrennte, induplicat-valvate Blumenblätter abweicht. De CaNDOLLE und nach ihm andere (s. oben) brachten sie zu den Araliaceen ; der Blüthenstand, nach BaILLON auch die einwärts gekehrte Samenanlage, verleihen ihr einen den Araliaceen fremden Charakter. SEE3IANN weist noch auf einen Charakter hin, der zu dieser Familie nicht passt, nämlich den engen Zusammenhalt zwischen Kelch und Krone. Die breite Blattscheide würde dagegen für die Zu- gehörigkeit zu den Araliaceen, die ßlattform nicht gegen eine solche sprechen. Es giebt unter den Araliaceen eine durch den Blüthen- stand auffällige Form, Äralidium Miq., deren Zugehörigkeit zu dieser Familie noch manchem Zweifel begegnen könnte; die Richtung der Mikropyle bei dieser ist mir bisher unbekannt. Zu den Halorageae^ zu denen SEEMANN Toricellia (Rev. Nat. Ord. Heder. 67) stellen will, in die Nähe von Loudonia, scheint mir dieses „genus valde anomalum" (wie HOOKER sie nennt) gar nicht zu passen. — Auch HeUcingia hat von einer Familie zur andern wandern müssen. Es war weniger die merk- würdige Stellung der Blüthen auf der Blattfläche, als das Vorhandensein nur einer BlülhenhüUe, welche LiNDLEY und andere Kelch nannten, das zu verschiedenen Meinungen über die Verwandtschaft der Pflanze führte. Dieser sogenannte Kelch scheint mir nun besser als Blumen- krone bezeichnet zu werden, aus 3 bis 5. freien, klappig an einander schliessenden Blättern bestehend; so wurden die Blüthenverhältnisse auch von BeNTHAM-HOOKER aufgefasst, ein Kelch fehlt; es kommt ja bei Formen mit unterständigem Fruchtknoten recht oft vor, dass der Kelch einer starken Verkümmerung anheimfällt, ich erinnere nur an Nyssa^ wo er auf einen sehr schmalen Saum beschränkt ist, an Garrya^ an die Araliacee Meryta und ähnliche Fälle (auch Ruhiaceae können in dieser Hinsicht angeführt werden). Ueber die verschiedene Stellung, welche der Gattung Griselinia^ 1) Baker iu Journ. Linn. Soc. XXI, 352. 26 H. Harms: und der nach BaILLON mit ihr zu vereinigenden Decostea gegeben worden ist, vergleiche man TAUBERT in ENGL. Jahrb. XVI, 386. Man bringt die Gattung in die Nähe von Aucuba^ gemeinsam ist beiden, abgesehen von den für die Mehrzahl der Cornaceen geltenden Merkmalen eigentlich nur die Eingeschlechtlichkeit der Blüthen und die Einfächerigkeit des Fruchtknotens, Merkmale, welche auf eine längere Entwickelung hinzu- weisen scheinen, aber bei den sonst vorhandenen Verschiedenheiten in der Blattstellung, Nervatur der Blätter, Zahl der Blüthentheile, Form des Griffels eine wirkliche nähere Verwandtschaft zwischen beiden nicht gerade wahrscheinlich machen. Corokia scheint mir diejenige Gattung zu sein, welche Cornus wohl noch am nächsten kommt; die Unter- schiede sind hauptsächlich die bei Corokia stets abwechselnden, bei Cornus meist gegenständigen Blätter und das Vorhandensein einer kleinen Schuppe am Grunde der Blumenblätter bei Corokia. Auch Aucuha könnte vielleicht in näheren Beziehungen zu Cornus stehen, dafür Hessen sich anführen die gegenständigen Blätter, die rispigen ßlüthenstände, die 4-Zahl des Kelches, der Blumenkrone und der Staub- blätter. Von den zwei madagaskarischen Gattungen ist mir Kaliphora Hook, zu wenig, Melanophylla Baill. nur aus der Beschreibung bekannt; ich verzichte daher auf nähere Auseinandersetzungen über beide. Noch muss ich ganz kurz der Gattung Davidia Baillon (Adansonia X, 115) gedenken. Sehr merkwürdige Blüthenverhältnisse zeichnen diesen südchinesischen Baum aus. An einem kugeligen, in kleine Felder ge- theilten Köpfchen, das am Grunde von 2 weissen Involucralbracteen umgeben wird, bemerkt man zahlreiche, dicht gedrängt stehende Staub- blätter, etwas seitlich oberhalb der Mitte des Köpfchens ragt eine $ oder $Blüthe hervor, bestehend aus unterständigem, 6 — 10 fächerigen, in jedem Fache eine die Mikropyle nach aussen kehrende Samenanlage bergenden Fruchtknoten, oberständigem, schwach entwickelten Perianth und einem kugelförmigen, in strahlende Lappen getheilten Griffel. Dass jenes Köpfchen aus zahlreichen cT Einzelblüthen gebildet wird, lässt sich noch an der Felderung der Oberfläche desselben erkennen. Wie viele Staubblätter an der Bildung einer Blüthe theilnehmen, vermag ich jetzt nicht mit Gewissheit anzugeben. BAILLON stellt die Gattung in die Nähe von Ni/ssa, auch OlIVEJR (in HOOK. Je. pl. t. 1961) glaubt, dass sie in diese Gegend gehöre. Man könnte auch Beziehungen zu den Altingieae (Liquidambar und Altingid) vermuthen, weil bei diesen eine ähnliche Verschmelzung von Blüthen zu einem Stande vorkommt; diese Altingieae (jetzt zu den Hamamelidaceae gestellt, vergl. NiEDENZU in Natürl. Pflanzenfam. III, 2a) besitzen aber Balsamgänge und mehrere Ovula im Fruchtknotenfache, Merkmale, die der Gattung Davidia abgehen. Aus diesen Bemerkungen wird hervorgehen, dass die Gattungen der Cornaceen durch charakteristische Merkmale von einander geschieden Die Gattungen der Cornaceen. 27 sind und dass die verwandtschaftlichen Beziehungen vieler dieser Gattungen von verschiedenen Autoren recht verschieden beurtheilt worden sind. Soll man nun vielleicht die Familie in mehrere Ab- theilungen spalten und gewisse derselben anderen Familien zugesellen? BAILLON hat diesen Versuch unternommen, aber mit wenig Glück, wie mir scheint. Wenn er Garrya bei den Cornaceen lässt, so be- stimmte ihn dazu offenbar die dorsale Lage der Raphe dieser parietal befestigen Samenanlagen, deren Mikropyle nach aussen gerichtet ist. Dass die Nysseae und Alangieae wirklich mit den Combretaceen, zu denen sie BaILLON stellt, näher verwandt sind, leuchtet mir durchaus nicht ein. Auch BKANDIS (in Natürliche Pflanzenfamilien III. 7, 113) ist der Ansicht, dass sie zu der sonst überaus natürlichen Familie der Coinbretaceen nicht passen. Mastixia, von BAILLON zu den Umbelliferae-Aralieae gebracht, nähert sich freilich durch die Secretgänge den Araliaceen, nimmt sich aber doch in anderer Hin- sicht (besonders wegen der Frucht) unter den Araliaceen, die sonst so eng unter einander verknüpft sind, fremdartig genug aus. Das Gleiche gilt noch mehr für Cicrtisia, wie es auch für Hehcingia galt. Da ein näherer Anschluss an andere Familien für alle diese Gattungen der Cornaceen kaum nachzuweisen ist, so halte ich es schliesslich doch noch für das beste, sie in einer Familie beisammen zu lassen. Wir haben hier eine Reihe von Gattungen, die einander durch einige ge- meinsame Merkmale einfacher Verhältnisse (meist wenigfächerigeu, unterständigen Fruchtknoten, einfache Blätter, Nährgewebe, l, selten 2 Ovula im Fruchtknotenfach) ähnlich sind. Es fehlen im Allgemeinen solche Eigenthümlichkeiten, die auf ein intimeres Band der Formen unter einander schliessen liessen. Derartige Merkmale äussern sich oft in der Form gewisser Organe, in der vegetativen Region (Blattstellung, Nervatur). Der anatomische Bau zeigt, wie mir scheint, im Grossen und Ganzen nichts Eigenartiges, wie es so oft bei Formen enger Ver- wandtschaft der Fall ist, er ist geradezu als charakterlos zu bezeichnen^). Von sogenannten Üebergängen zviüschen den Gattungen kann mun überhaupt nicht sprechen. Man könnte nicht ohne Grund vermuthen, gestützt auf das Merkmal eines unteiständigen Fruchtknotens mit nur einer Samenanlage im Fache, dass diese Formen einen relativ langen Entwickelungsgang durchgemacht haben. Da die Gattungen scharf von einander getrennt sind und daneben die gemeinsamen Merkmale gerade darauf hindeuten, dass sie auf eine längere Entwickelung zurückblicken können, so hat die Annahme einige Wahrscheinlichkeit 1) Sertorius (in Bull. Herb. Boiss. I. p. 470 ff), der die Familie zuerst ein- gehend anatomisch untersucht hat, ist freilich der Meinung, dass der anatomische Bau die Zusammengehörigkeit der Genera bekräftige: die Merkmale, die er anführt. sind aber doch zu ■wenig besonderer Natui-. 28 H. Harms: Die Gattungen der Cornaceen. für sich, dass sie im Allgemeinen nur wenig Verwandtschaft mit einander besitzen und dass sie einander ähnlich gestaltete Endglieder differenter, uns unbekannter Entwickelungsreihen darstellen. Engei-e verwandtschaftliche Beziehungen mögen vielleicht noch am ehesten zwischen Cornus, Corokia^ Aucuba (?), Helwingia (?) vorhanden sein. Bezüglich der genaueren Merkmale der einzelnen Gattungen ver- weise ich auf meine demnächst erscheinende Bearbeitung in EXGLER- PßANTL. Eine Eintheilung der Familie in kleinere Gattungsgruppen ist nur schwer zu geben. Sollte sich die BAILLON'sche Beobachtung über die Lage der Mikropyle bei Toricellia und Griselinia bestätigen, so könnte man ganz gut die Genera Cornus, Corokia^ Toriaellia, Hel- wingia, Aucuba^ Griselinia als Cornoideae (charakterisirt durch dorsale Raphe) zusammenfassen. Ich werde das auch thun, weise aber aus- drücklich darauf hin, dass jenes Merkmal noch für gewisse Formen der wiederholten Bestätigung bedarf. Die übrigen Gattungen würden, Garrya ausgenommen, nach BAILLON ventrale Raphe besitzen. Garrya ist sehr gut als Vertreter einer eigenen Unterfamilie (Garnjoideae) durch Blüthenstand und 2 Samenanlagen im Fach zu charakterisiren. Nyssa (mit Camptotheca) und Alangium fallen auf durch das Vorkommen von Pleiomerie im Androeceura, da sie von einander gut geschieden sind (besonders in der Form der (iriffel), so kann jede als Vertreter einer besondeien Gruppe gelten {Nyssoideae, Alangioideae'). Davidia ist so eigenthümlich gestaltet, dass für sie dasselbe gilt (Dacidioideae'), Mastixia wird die Unterfamilie der Mastixioideae bilden, gekennzeichnet durch Secretgänge und eigenartige Fruchtbildung. Curtisia kann eben- falls zum Typus einer Untertamilie eihoben werden. Mau stellt die Familie der Cornaceen gewöhnlich in die unmittel- bare Nähe der Araliaceen und Umbelliferen und vereinigt diese drei Familien zu einer Reihe der Umbelliflorae (Doldenbläthige); vergl. W'ARMING, Handbuch d. syst. Bot. Deutsche Ausg. 1890, p. 360 und Engler, Sy Ilabus, grosse Ausgabe, p. 149. Gemeinsam ist allen drei Fatnilien Folgendes: Unterständiger Fruchtknoten, im Fache nur eine (selten zwei) Samenanlage, Kelch meist stark reducirt, Nährgewebe im Samen. Bei der Verschiedenartigkeit der Cornaceengenera unter ein- ander lässt sich von gemeinsamen verwandtschaftlichen Beziehungen der Familie als solcher nur schwer sprechen. Die Gattungen Mastixia und Toricellia kommen wenigstens in manchen Charakteren den von einander überhaupt nicht scharf abzutrennenden Araliaceen und Umbelliferen nahe. Cornus scheint mir viel eher Beziehungen zu haben zu den Caprifoliaceen. Bei den Araliaceen und Umbelliferen stehen die Blüthen in sogenannten echten Dolden oder Trauben, die Anordnung der Blüthen bei Cornus Sect. Thelycrania ist eine cymöse, ähnlich wie bei Sambucus, und zu den doldenähnlichen Ständen und Köpfchen anderer Sectionen von Cornus giebt es Uebergänge von jenen cyraosen ('. Steinbuinck: Schrumpfuiigs- und Quellungsvorgänge. 29 Rispen au-. Die Mikropyle ist auch bei den Caprifoliaceen^) nach innen gekehrt, wenn nur eine Samenanlage vorhanden ist; einen Unter- schied zwischen Cornus und den Caprifoliaceen macht eigentlich nur die Frei- oder Vereiutblätterigkeit der Krone. Was für Cornus gilt, hat zum Theil auch für andere Genera der Cornaceen Geltung'). Gattungen wie Nyssa, Alangium, Garrya entfernen sich wiederum recht weit von den Caprifoliaceen nicht nur, sondern auch von den Umbelli- feren-Araliaceen. Es tritt von Neuem der wenig einheiiliche Charakter der Cornaceen vor Augen. Man könnte daran denken, der Familie einen anderen Platz im Systeme anzuweisen; es dürfte sich aber wohl kaum eine Stelle aus- findig machen, die schliesslich geeigneter wäre als die am Ende der Archichlamydeae in der Nähe der Umbelliferen, wenn man überhaupt an der Gegenüberstellung von Archichlamydeen und Sympetalen festhält. 6. C. Steinbrinck: Zur Kritik von Bütschii's Anschauungen über die Schrumpfungs- und Quellungsvorgänge in der pflanz- lichen Zeilhaut. Eingegangen am Ki. Januar 1897. In dem letzten Hefte des 14. Bandes (1896) dieser Berichte (Seite 401 ff.) ist ein Verfahren erörtert worden, welches ermöglichen sollte, die Ansichten, die neuerdings von BÜTSCHLI im Gegensatz zu NÄGELI über die Ursache der Schrumpfungsvorgänge in der pflanzlichen Zellmembran entwickelt worden sind, einer experimentellen Prüfung zu unterziehen. Unter Verweisung auf den Gedankengang jener Mit- theilung sei hier nur kurz bemerkt, dass es sich bei der Yersuchs- anstellung darum handelt, zu coustatiren, ob der äussere Mundbesatz eines Mooskäpsclchens, z. B. eines Orthotrichum^ seine charakteristischen Schrumpfungsbewegungen in unvermindertem Grade auch dann aus- führt, wenn dasselbe der Austrocknung in einem geschlossenen Glas- behälter überlassen wird, in dem der Luftdruck auf ein möglichst geringes Mass herabgesetzt ist. Will man sich mit Verdünnung-^graden von etwa Vto Atmosphäre begnügen, so kann man zur Prüfung ein 1) Vergl. Baillon, Hist. des pl. VII, 360 (Sambucus) und 356 (Symphoricarpus). 2) Auch Schumann in Fl. Brasil. III. 3, 776 betont die Verwandtschaft zwischen Cornaceen und Caprifoliaceen. 50 C. Stkinbkixck: einfaches TORRICELLl'sches Rohr verwenden. Dieses wird mit Queck- silber gefüllt, durch anhaltendes Klopfen von Luftblasen möglichst befreit, und darauf in dasselbe das vorher in Alkohol und Wasser eingeweichte Käpselchen mittelst eines geraden Eisendrahtes eingeführt, an dessen plattgeschlagenem Ende es in einer feinen Oeffnung eingefügt ist. Nach dem Umkehren des Rohres kann man bequem beobachten, wie sich die Zähnchen in dem „TORRICELLl'schen Räume" in kurzer Zeit ebenso stark spreizen, wie in freier Luft. Bei einem derartigen Ver- suche stellte sich beispielsweise das Quecksilberniveau des Rohres auf 749 m?n ein, w^ährend der Barometerstand nach der Ablesung an einem Heberbarometer 759,5 7nm betrug. Mithin mass die Spannung im TOREICELLl'schen Räume noch 10,5 mm. Es geht nicht wohl an, die Tension des abgeschlossenen Raumes in einem gevröhnlichen TORRI- CELLl'schen Rohre erbeblich stärker herabzudrücken, da die Spannung des gesättigten VVasserdampfes bei Zimmertemperatur schon über 15 Tnm Quecksilber ausmacht und der luftverdünnte Raum nur klein ist. Somit liefert diese Versuchsanordnung noch kein genügend präcises und unangreifbares Resultat. Nach schriftlichen Mittheilungen des Herrn Dr. KOLKWITZ haben aber seine mit Hilfe der Luftpumpe ausgeführten Versuche, über die im laufenden Hefte dieser Berichte S. 106 berichtet ist, unzweifelhaft ergeben, dass selbst in der stärksten Luftleere, die er mit einer vor- züglich wirkenden neueren Quecksilberpumpe zu erzielen im Stande war, das Spreizen der Mooszähnchen prompt und kräftig eintritt. Nach diesem Ergebniss hat nun zunächst die Ansicht BÜTSCHLl's, dass die Schrumpfung der pflanzlichen Zellhaut durch den Luftdruck bewirkt werde, wohl als endgiltig widerlegt zu gelten. Der Versuch scheint mir aber noch ein weitergehendes positives Resultat zu liefern. Denn er lässt schwerlich eine andere Auffassung zu, als die von NÄGELI vertretene, dass die Volumabnahme bei dem Austrocknen vegetabilischer Membranen auf der elastischen Contraction ihrer festen Substanz beruhe — mag sich nun BÜTSCHLl's Annahme von ihrer Zusammensetzung aus Waben als richtig erweisen oder nicht. Denn welche Kraft könnte BÜTSCHLI wohl als Ursache einer von ihm an- genommenen Zerknitterung der Wabenwände beim Schrumpfen heran- ziehen, wenn der Luftdruck ausscheidet? Dass die Waben etwa allein in Folge von Hinfälligkeit und Schlaffheit ihrer Wände „in sich zu- sammensinken" sollten, weil diese den Halt verloren hätten, den ihnen vorher das Fällwasser der Wabenräume gewährte, erscheint doch aus- geschlossen. Dann müsste wohl ein geringer Zug genügen, um die trockenen Membranen wieder auf die Dimensionen der wasserdurch- tränkten zurückzuführen, was der Erfahrung durchaus widerspricht. Vielmehr ist BÜTSCHLI meines Erachtens genöthigt, selbst von den- jenigen Wabenwänden der äusseren Lamelle unseres Moosperistoms, die Schrunipfungs- uud Quellungsvorgäoge in der pflanzlichen Zellhaut. 3J in der Richtung der stärksten Contraction liegen, anzunehmen, dass sie in trockenem Zustande auf Zug in Anspruch genommen sind. Wie könnte es diese Lamelle gegenüber dem Widerstände der inneren sonst dahinbringen, dass sich die Richtung der Zähnchen beim Wasser- verlust um annähernd 180°, und dem entsprechend auch ihre Krümmung ändert? Der etwaige Einwand, dass es sich hier nur um geringe Zug- Kräfte handele, weil die Masse der Zähnchen nur unbedeutend sei, könnte nicht als stichhaltig gelten, da es hierbei nicht auf absolute, sondern auf relative Grössen ankommt, und die Masse der activen äusseren Lamelle von der der widerstehenden inneren nicht so sehr erheblich abweicht. Wird diese Schlussfolgerung aber zugegeben, so folgt aus ihr mit grosser Wahrscheinlichkeit, dass auch die Anschauungen unhaltbar sind, die sich BÜTSCHLI über die Volumvergrösserung bei der Imbibition (natürlichen Quellung) gebildet hat: die Volumzunahme kann nicht da- durch zu Stande kommen, dass das in die Wabenräume eindringende Wasser die Falten ihrer Wände, wie BÜTSCHLI annimmt, ohne er- hebliche Spannung derselben ausgleicht. BÜTSCHLI müsste meines Erachtens vielmehr die elastische Dehnung der Waben mit der Imbibition beginnen lassen. Einer solchen Abänderung der Hypothese würden sich aber neue Schwierigkeiten entgegenstellen. Welche enormen Dehnungen müssten die Wabenwände beispielsweise in den hygro- skopischen Organen erfahren, deren Länge durch die Imbibition um 80 — 100 pCt. zunimmt, wie dies bei einigen Antheren^) der Fall ist! W\äre da nicht zu erwarten, dass mit einer so weitgehenden Dimensions- änderung (Verschmälerung) in der einen Richtung eine entgegengesetzte Yerschmälerung in den transversalen Richtungen verbunden sein müsste? Bei den gewöhnlichen festen Körpern beläuft sich ja der Coefficient der Quercontraction auf ^ g — V« ^^^ Längsstreckung. Wie bekannt, ist aber bei der hygroskopischen Quellung (Imbibition) der pflanzlichen Membranen eine Verkürzung irgend einer Dimension noch nicht wahrgenommen worden. Hingegen hat BÜTSCHLI die Nothwendigkeit der Quercontraction seiner Waben bei einigermassen erheblicherer Spannung ihrer Wandungen selbst zugestanden und diese Erscheinung benutzt, um die Thatsache zu erklären, dass bei der Anwendung stärkerer Quellungsmittel bei den Pflanzen in der Streifenrichtung eine Verkürzung wirklich eintritt. Es scheint, als ob es gerade diese Eigen- thümlichkeit der pflanzlichen Zellhaut gewesen wäre, die ihn veranlasst hat, bei der einfachen Imbibition nur eine Ausglättung der Falten ohne nennenswerthe elastische Dehnung anzunehmen und diese erst dann be- ginnen zu lassen, wenn stärkere Quellungsmittel zur Anwendung kommen. Die durch diese Unterscheidung gezogene Schranke zwischen 1) z. B. Tulipa, Narcissus, Amaryllis, 32 C. Steinbrinck: der natürlichen Imbibition und der durch künstliche Mittel bewirkten „Ueberquellung" erscheint aber nach unseren Darlegungen hinfällig. Somit müsste BÜTSCHLI nach consequentem Schluss verfahren auch für die Imbibition das Vorkommen von Verkürzungen postuliren. Aller- dings bliebe ihm ein scheinbarer Ausweg in der Annahme, dass die Quercontraction bei den quellbaren Körpern durch die Einlagerung von Wassertheilchen zwischen die festen .Partikelchen der ausgereckten Wabenwände vermieden würde. Aus welcher Ursache soll aber dann der verkürzende Transversalzug plötzlich eintreten, wenn stärkere Quellungsmittel, die die Substanz angreifen, verwendet werden? Sollte man nicht eher vermuthen, dass die übermässig gedehnten Waben- wände, die rechtwinklig zu den Streifen gerichtet sind, hei der weiteren Erhöhung ihrer Spannung zerieissen, als dass sie auf einmal in den Stand gesetzt werden sollten, diejenigen Wände, die in der Streifenrichtung verlaufen und bis dahin der Dehnung nach BÜTSCHLI weit mehr widerstanden haben^) müssen, etwa einzuknicken oder zu verbiegen? Ohne Zuhilfenahme einer Anisotropie der festen Substanz nach der Streifenrichtung und ihren Normalen und einer Structur- änderung bei der „Ueberquellung'' dürfte dem Heidelberger Forscher die Erklärung der eigenartigen Quellungserscheinungen der Zellhaut überhaupt schwer gelingen. Wir kommen nun zur Untersuchung der Frage, welche Kraft es denn sein könnte, die dem Inhalt der Wabenräume einen so be- deutenden Druck auf deren Hülle verleihen soll. Auf Seite 34 seiner Abhandlung „Ueber den Bau quellbarcr Körper und die Bedingungen der Quellung" erklärt BÜTSCHLI seine volle Uebereinstimmung mit der Darlegung SCHWENDENER's ^), wonach die Hohlräume in den quelibaren Substanzen einen maximalen Durchmesser von 0,1 /* nicht überschreiten dürften, wenn in sie eindringendes Wasser in Folge der Molecular- anziehung zwischen festen und flüssigen Theilchen ein Auseinander- weichen und nicht eine Annäherung der Wandungen bewirken soll. Anscheinend hat sich BÜTSCHLI aber durch seine mikroskopischen Be- obachtungen genöthigt gesehen, den Lücken und Wabenräumen der quellbaren Körper im Minimum einen b — iO mal grösseren Durchmesser zuzuschreiben (s. Seite 35 der angezogenen Abhandlung).^) Die Grösse der Hohlräume verwehrt ihm somit, die bei der Capillarität wirksamen Molecularkräfte heranzuziehen, um die pralle Füllung der Waben unter Volumvergrösserung derselben zu erklären. Er musste zu der Hypothese seine Zuflucht nehmen, dass die Waben eine wasserlösliche Substanz enthalten, die beim Austrocknen der Zellwand in ihnen zurückbleibt, 1) Vgl. die Bemerkung über die muthmassliche Erklärung der ungleicheu Dimensionsänderungen der Zellhaut nach Bütschu auf S. 406 der vorigen Mittheilung. 2) Sitzungsber. der Königl. Pr. Ak. d. Wiss. zu Berlin 1886, Bd. XXXIV. S. 590. 3) Bei 0,1 jti Durchmesser würden sich die kleinen Räume der Wahrnehmung entziehen. ^ Schrnmpfungs- und Quollungsvorgänge in der pflanzlichen Zellhaut. 33 beim erneuten Zutritt des Wassers aber wieder gelöst wird und nun einen hohen osmotischen Druck in denselben hervorruft. Von einem solchen wasserlöslichen Bestandtheil der pflanzlichen Zellmembran, der doch in erheblicher Menge in einer jeden solchen enthalten sein müsste und der chemischen Analyse somit schwerlich entgangen sein würde, ist aber meines Wissens den Botanikern nichts bekannt. Wenn es sich also als richtig erweisen sollte, dass die vegetabilische Membran wirklich aus einem kammerigen Gerüst derberer Substanz aufgebaut ist (solche Kammern sind ja gelegentlich auch von anderer Seite beobachtet worden^), und dass ihre Quellung mehr oder weniger auf dem Eindringen von Wasser in jene Kammern beruht, so erscheint die Vorstellung weit annehmbarer, dass die Kammerräume im wasser- gesättigten Zustande der Zellhaut mit weicherer Substanz erfüllt seien, die nach NÄGELI's Hypothese kleinere Micelle enthält, als das festere Gerüst. In diesem Falle wäre die pralle Füllung der Hohlräume in Folge der Molecularanziehung verständlich, auch wenn deren Durch- messer das Mass von 0,1 a überschreiten. Ein ' solcher Bau würde einigermassen ^n die ursprüngliche Ansicht NÄGELI's von der Areolirung der Zellhaut durch den Wechsel festerer und weicher Substanz erinnern. Und vergleicht man die Tafeln, die NÄGELI seinen bezüglichen Ab- handlungen in den Sitzungsber. der Münch. Akademie vom Jahre 1864 beigegeben hat, mit BÜTSCHLfs Abbildungen im 3. Heft, Bd. V. der Verhandl. des Naturw. Medic. Vereins zu Heidelberg, so drängt sich die Vermuthung auf, ob nicht BÜTSCHLl's Wabcnbilder möglicher Weise zum Theil durch sich kreuzende Streifen- und Schichtenlinien hervor- gerufen seien. Namentlich lässt sich dieses Bedenken für den einzigen pflanzlichen Schnitt nicht abweisen, der von BÜTSCHLI nach einfacher Imbibition mit Wasser wiedergegeben ist (s. 1. c. Tafel VI, Fig. 15). Er bezieht sich auf eine Bastfaser van Nerium Oleander und stellt einen Quer- schnitt derselben dar. Gerade diese Querschnitte sind aber von KRABBE zur Entscheidung der Frage der Doppelstreifung mit besonders grosser Sorgfalt untersucht worden. Die Fig. 18 auf Tafel XIII von KRABBE's Abhandlung: „Ein Beitrag zur Kenntniss der Structur und des Wachs- thums vegetabilischer Zellhäute^^) gewährt fast dasselbe Bild wie die erwähnte Fig. 15 von BÜTSCHLI. Die Radiallinien des Querschnitts stellen aber nach KRABBE die Grenzen der quer durchschnittenen schraubigen Streifenbänder dar, die tangentialen sind Schichtlinien. — Im Uebrigen liegt es mir jedoch vollständig fern, mir ein weiteres Urtheil über diese anatomischen Fragen anzumassen. Meine Aus- führungen zielen im Wesentlichen nur auf eine Beleuchtung der physi- kalischen Grundlagen von BÜTSCHLrs Quellungstheorie ab. 1) Siehe z. B. Correns: „lieber die Querlamellirung der Bastzellmembranen". Berichte der Deutsch. Bot. Ges. 1893, pag. 415 f. 2) Pringsheim's Jahrb. Bd. XVIIL, Heft 3, 1887. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. g 34 F. Heydrich: 7. F. Heydrich: Corailinaceae, insbesondere Melobesieae. Mit Tafel III. Eingegangen am 21. Januar 1897. Wichtigste Litteratur. J. ARESCHOUG, Corallineae in J. G. AGARDH, Species, genei a et ordines Algarum. Lundiae 1 848 bis 1876. — BORNET et THÜRET, Etudes Phycologiques. Paris 1878. — ELLIS et Solander, The Natural History of many curious and uncommon Zoophytes. London 1786. — W. H. HARVEY, Nereis australis, 2 Th. 50 Taf. London 1846— 49. —E. HaUCK, Die Meeres- algen. Band 2. Leipzig 1883. — F. R. KJELLMAN, l'he Algae of the Arctic Sea. K. Svenska Vetenskap-Akademiens Handlingar, Bd. 20. No. 5. Stockholm 1993. — F. T. KÜTZING, Phycologia generalis, Leipzig 1845. Jd., Species Algarum Lipsiae 1849. — J. B. LamARCK, Histoire naturelle des animaux. Ed. 2, T. 2. Paris 1836. — J. V. LAMOUROUX, Histoire des Polyplers corall. flexibles, 19 T. Caen 1816. — PhILIPPI, Beweis, dass Nulliporen Pflanzen sind, Bd. 1. Berlin 1837 in WiEGM. Arch. für Naturgeschichte. — S. ROSANOFF, Recherches anatomiques sur les Melobesiees, Mem. de la Soc. imp. des Sciences nat. de Cherbourg. Tom. 12. 1866. — Graf zu SOLMS -Laubach, Die Corallitieenalgen des Golfes von Neapel, in Fauna und Flora des Golfes von Neapel, herausgegeben von der zoologischen Station zu Neapel, Leipzig 1881. — M. FOSLIE, The Norwegian Forms of Lithothamion in K. Norske Videnskabers Selskabs Skrifter 1894. Im Jahre 1894 erhielt ich Kalkalgen vom ßismarcks-Archipel, welche mich zu näheren systematischen Studien veranlassten. Ich be- schloss daher die ganze Corallinenreihe, wie sie SCHMITZ entworfen, hieraufhin einer Prüfung zu unterziehen. Die Litteratur ist sehr spärlich und meines Erachtens in Bezug auf Systematik sehr unvollständig; daher wandte ich mich an unseren jetzigen besten Kenner dieser Gruppe, Herrn M. FOSLIE,^) welcher in seiner Arbeit über Litlioihamnion pag. 160 die einschlägige Litteratur angiebt. Danach ist ARESCHOUG in J. AGARDH'S Species Algarum der ein- zige, der ein System der Corallinengruppe aufstellte, welches einiger- massen den Anforderungen entsprach. Dasselbe basirte auf dem wagerecht oder senkrecht wachsenden Thallus etc. Er trennte Hapalidium von 1) Dem ich auch hierdurch meinen verbindlichsten Dank auszudrücken Ge- legenheit nehme. Corallinaceae, insbesondere Melobesieae. 35 Melobesia, stellte Mastophora nach Lithothamnion, begrenzte letzteres aber ziemlich scharf als „Frons verticalis subtereti-tuberculosa 1. ramosa." PHILIPPI in „Beweis, dass die Nulliporen Pflanzen sind" stellte zuerst bekanntlich Lithophyllum und Lithothamnion auf, dabei von ähnlichen Gesichtspunkten wie ARESCHOUG geleitet. Etwas mehr Licht brachte die vortreffliche Arbeit von ROSANOPF, der die grösseren Melobesien, Melohesia lichenoides Aresch, zu Lithophylluvi stellte. Bezeichnend ist die Synonymaufstellung von Lithophyllum, decussatum Solms. ARESCHOUG nannte es Melobesia dectissata, HaUCK Lithothamnion 'purpureum. HaRVEY ging von dem ganz einfachen Staudpunkt aus, sämmtliche Melobesieae als Melobesia zu bezeichnen, daher Melobesia polymorpha Harv. oder Melobesia fasciculata Harv. Ob dies der richtige Standpunkt war, lasse ich dahingestellt, jedoch kann ich nicht unterlassen zu bemerken, dass die systematische Ein- theilung der Corallinen ohne Gelenke (und solche bilden die Gruppe der Melobesien) entweder gar nicht theilungsfähig' ist und mithin bei Melobesia stehen bleiben müsste, oder die Anordnung hat so zu ge- schehen, dass für jede abzugrenzende Art eine bestimmte Scheidewand geschafl^^en wird. Hierauf bezüglich sagt z. B. SOLMS pag. 25: „Von Melobesia unterscheidet sich der erwachsene Thallus von Lithophyllum dadurch, dass auch seine Dickenzunahme genau dieselben Verhältnisse wieder- holt wie bei Melobesia^'' und pag. 26 heisst es weiter: ^In beiden Gattungen (Melob. und Lithoph.) sind wiederum jugendliche Individuen nicht unterscheidbar etc." Wie weit die Ansicht von SOLMS über Lithophyllum geht, ist so recht aus dem Folgenden zu erkennen, indem er pag. 26 erwähnt: „Bei consequenter Anwendung des unterscheidenden Merkmals würden freilich hierfür (zu Lithoth.^ auch die meisten Litho- phyllen zu rechnen sein." Die neueren Arbeiten von K.JELLMAN, FARLOW, BATTERS und FOSLIE sind besonders über die Stellung des Lithophyllum keineswegs einig, denn der eine reiht einige Species von Lithophyllum unter Melobesia, der andere womöglich unter Lithothamnion. Meines Erachtens hat nun SOLMS wieder das Richtige getroffen, wenn er hierauf beziehend pag. 26 sagt: „Wenn schon zwischen Melobesia und Lithophyllum intime Beziehungen bestehen, so lassen sich diese Gattungen doch im entwickelten Zustande wenigstens an bestimmten Merkmalen erkennen," Und hierin liegt der ganze Schwer- punkt! Keine Gruppe der Meeresalgen ist so veränderungsfähig und doch in den Jugendformen so gleich, wie die Melobesien. Es ist ausser Zweifel, dass z. B. eine junge Keimscheibe von Lithothamnion fruticu- losum (Ktz.) Fosl. in ihrem ersten Stadium der Entwicklung einer Melobesia pustulata Lam. wie ein Ei dem andern gleicht. Schon aus diesem Grunde begrüsste ich die Corallineenaufstellung von Schmitz in Flora 1889 sympathisch, weil dieselbe in dem 3* 36 F. Heydrtch: oben angedeuteten Sinne einen Schritt weiter ging und Melohesia Thu- retii Born, als Choreonema abzweigte. Es ist nicht ersichtlich, ob SCHMITZ mit der Erwähnung von Melohesia farinosa Lam. die Hineinzieh ung von M. Corallinae und M. Cystosirae für dieses Genus bezweckte, ich möchte es fast bezweifeln; jedenfalls ist meines Erachtens eine schärfere Begrenzung hier nöthig, sonst käme man in die Lage die Eintheilung von Melohesia schlechthin als nur auf Pflanzen wachsend, Lithophyllum als nur auf Felsen, aber wenig festgewachsen, und Lithothamnion auf Felsen, aber fest gewachsen, zu begrenzen. Leider ist der Substrat-Unterschied nicht so genau zu theilen, da z. B. L. lichenoides sowohl auf Steinen als auch auf Pflanzen wächst und Lithoph. Patena ausschliesslich auf grösseren Algen, Wollte man die jüngsten Vorschläge weiter verfolgen, so käme man in die Lage Melohesia zu Lithothamnion zu zählen, damit wäre aber der alte Standpunkt von ARESCHOUG, KÜTZING oder HARVEY wieder erreicht, nur anstatt Melohesia nunmehr Lithothamnion gewählt zu haben. Grosse und sichere Unterschiede bietet, abgesehen von den Rhizoiden und secundären Sprossen, immerhin der lockere und festgewachsene Thallus. Eine Trennung z. B. zwischen Melohesia Corallinae und Lithothamnion Lenormandi oder tenue wäre nach jener Auffassung nicht angängig, da grössere Thallome der ersteren und kleine der letzteren kaum einen anderen Unterschied als den der Anheftung gestatten. Noch ein Haupttnoment kommt hinzu. Lithophyllum besitzt dorsi- ventrale Sprossen (in Bezug auf die Conceptakeln immer), es kommt also, gleichgültig ob der Thallus festgewachsen oder frei ist, ebenso auf das Secundärwachsthum an; ist dieses theilweise nur angewachsen, gleich, ob vertical oder horizontal, und die Basalschicht nicht coaxilär, so wird man solche Melobesien zu Lithophyllum zu zählen haben. Sollten, wie FOSLIE pag. 100 angiebt, von L. incrustans einzelne Exemplare Aehnlichkeit mit Lithophyllum crispatum Hauck besitzen, so entscheidet die Rbizoidenschicht. Zuletzt sei noch bemerkt, falls man bei den nicht gestielten Mastophora- Arten von der Biegsamkeit des Thallus absieht, dass keinGrund vorliegt dieses Genus bei Anwendung der oben citirten Consequenzen getrennt zu behandeln. Den Genus-Unterschied von Lithothamnion und Lithophyllum aber von den radiär geordneten Fruchtästen allein abhängig zu machen, würde sämmtliche kuchen förmige Lithothamnion nach Lithophyllum verschieben (wie Lithophyllum Lenormandi), oder wie ich Anfangs beabsichtigte, die Aufstellung eines neuen Genus, etwa Lithomorphum mit festgewachsenem und dorsiventralem Thallus, hervorrufen. Um jedoch all diesem zu entgehen, benutzte ich im Allgemeinen als Unterscheidungsmerkmal die Rhizoiden und den festgewachsenen Thallus, wodurch freilich eine geringe Verschiebung der Genusbegriffe Corallinaceae, insbesondere Melobesieae. 37 nöthig wurde, dabei von dem Grundsatz ausgehend, dass diejenigen Species mit 1 oder 2 Zelllagen zu Melobesia, die übrigen zu Lithophi/llum, Lithothamnion resp. Sporolühon zu reihen sind. Sämmtliche Basalscheiben der Meeresalgen sind mittelst einer Rhizoidenreihe au dem Substrat mehr oder weniger befestigt, so auch die Corallinen, indessen mit einiger Verschiedenheit. Choreonema besitzt keine eigentliche Scheibe, sondern die Rhizoiden dringen als einzelne Zellen in das Gewebe der Wirthspflanze ein. Die üebrigen besitzen eine Basalscheibe, deren Rhizoiden aber völlig verschieden sind. So besteht der ganze Thallus von Melohesia meist nur aus dieser einen Rhizoidenschicht. Nahe verwandt ist Mastophora, deren Rhizoiden meist viereckig sind, deren weitere Vege- tationsorgane aber sich aus mehreren Zelllagen über einander entwickeln. Dies letztere gilt auch von Lithophyllum ; die Rhizoiden sind meist länglich-gerade, dieThallussprosse wächst aber frei oder locker angeheftet. Etwas anders verhält es sich mit hithotliamnion. Dieses besitzt nur ge- bogene Rhizoiden, die Anfangs wenigstens immer festgewachsen sind. Die Thallussprossung ist meist senkrecht. Alle diese Genera haben einen festen, nicht biegsamen Charakter, die übrigen, Amphiroa^ Cheilosporum und Corallina, sind mit Gelenken versehen und bereits genügend begrenzt. Die ganze Corallinenreihe lässt sich daher in folgende allgemeine Merkmale zusammenfassen: I. Thallus stielrund oder zusammengedrückt, gegliedert oder ungeghedert, krustenartig, blattartig oder korallenähnlich, von ver- schiedener Structur; durch bedeutende Einlagerung von kohlensaurem Kalk steinartig hart und zerbrechlich. Fortpflanzungsorgane in Couceptacula, kleine Höhlungen bildende Behälter, welche unter der Oberfläche des Thallus mehr oder weniger eingesenkt sind oder äusserlich meist wärzchenähnliche oder fast eiförmige Anschwellunsren bilden. II. Vegetationsorgane. Die Corallinaceae sind ausschliesslich Bewohner des Meeres. Niemals treten sie in brackischem oder süssem Wasser auf, es sei denn, dass sie dorthin angeschwemmt wären, wie einzelne Melobesien auf Zostera, Posidonia oder Holz. Einige sind von geringer Grösse, kaum makroskopisch, wie Choreoneina Thuretii. Die Mehrzahl erreichen eine Grösse von 10 — 20 cm^ einige sogar bis zu ^j^ m. Sie kommen zumeist auf Zostera^ anderen Algen oder Steinen und dergleichen festeren Gegenständen vor, auch treten sie häufig als Epiphyten auf, wie Melohesia, die meisten aber sind Felsbewohner, wie Mastophora^ Lithophyllum, Lithothamnion, Ämphiroa, Cheilosporum und Corallina. Verschiedene können, sich loslösend oder durch äussere 38 F. Heydrich: Gewalt getrennt, längere Zeit tortfahren zu vegetircn und durch Zerfall der Sprosse sich vermehren. Einige könnte man sogar als Aegagropilen bezeichnen, da sie bald nach geringer Entwicklung vom Substrat sich loslösend als freie Knollen auf dem Meeresboden liegen; so die meisten Lithothamnien. Die felsbewohnenden Arten bilden bisweilen an der Flutgrenze bis Kilometer lange und Meter breite Lager, so gross, dass sie Gestalt- veränderungen der Felsen hervorzurufen im Stande sind, (Litho- thamnion). Das Haftorgan ist sehr ausgeprägt, und zwar bildet es häufig den ganzen Thallus. In einem Falle (bei Choreonema) besteht es aus wenigen kurzen Zellen, welche in das Innere der Tragpflanzen ein- dringen. Die grössere Anzahl zeigt ein solches ähnlich den übrigen Rhodophyceen. Eine Ausnahme macht Lithophyllum, welches nur geringe Haftstellen besitzt, während der übrige Theil sich frei oder locker über das Substrat wachsend entwickelt. Der Spross resp. das Lager zeigt in seiner Gliederung eine ziemlich grosse Mannigfaltigkeit. Von einer scheinbar einfachen Haft- scheibe ausgehend durch sanfte Uebergänge zu einer Höhe hinaufsteigend, die ausserordentliche Abwechselung aufweist; denn wohl in keiner Familie kommen so einfache und complicirte Formen vor, wie bei den Corallineen. Vielfach zeigt der Thallus gar keine Sprossung, sondern bildet nur einConceptakel (^Choreonema) oder besteht aus einer horizontalen einreihigen Zellfläche (Melohesia). Sobald dieselbe sich aber im verticalen Sinne verdickt, entsteht ein kuchenförmiges Lager {Litho- phyllum^ LithothamnioTi). Bei zwei Gattungen entsprossen einerseits der Basalscheibe dorsiventrale dichotome Zweige (Mastophora), andererseits aber dem kuchenförmigen Lager radiäre Sprossen mit dichotomer oder fiederiger Verzweigung (JLithothamnion). Die letzten drei Gattungen der Familie endlich besitzen nicht nur gegliederte, sondern stielrunde bis flache oder spitzige Sprossen mit Fühlhörnern ähnlichen Auswüchsen (Amphiroa^ Corallina), deren Gliederung in Kurz- oder Langtriebe eine grosse Verschiedenheit erreicht. HI. Anatomisches Verhalten. Der Spross ist nicht wie der der meisten Rhodophyceen in streng gesonderte Gewebearten getheilt; eine solche DifFerenzirung ist besonders bei den Melobesien nicht vor- handen, vielmehr wird hier nur eine einfache Zellfläche gebildet, welche sich im horizontalen Sinne und concentrisch vergrössert. Und doch könnte man dieses horizontale Lager wohl als Assimilationsgewebe auffassen. Es existirt bei Choreonema überhaupt nicht, bei Melobesia, wie erwähnt, nur im horizontalen Sinn, sobald aber eine verticale Theilung hinzukommt, wie bei Mastophora, Lithophyllum und Lithothamnion^ kann man recht wohl eine Difl'erenzirung in Assimilations-, Leitungs- Corallinaceac, insbesondere Melobesieae. 39 und Festigkeitsgewebe gelten lassen; bei den Corallineae ist dies jedenfalls in hervorragendem Masse der Fall. Die Gewebschichten der Melobesieae lassen sich in zwei verschiedene Gruppen zusammenfassen: I. Die Rhizoidenreihe mit der Basalschicht. IL Die Thallus-Schichtungen : a) Festigkeitsschicht b) Leitungsschicht c) Assimilationsschicht mit Deckzellschicht. a und b entsprechen der bisher sogenannten Innenschicht, c der peripherischen oder Rindenschicht. Die verschiedenen Schichtungen können hervorgerufen werden: L durch Jahres- Vegetation 2. durch Chromatophoren 3. durch verschiedene Zellgrössen und deren Richtungen 4. durch Hohlräume. Die Rhizoidenreihe von Alastophora, Lithophi/llum und Litho- thamnion besteht, wie oben angedeutet, aus einer Zellreihe viereckiger oder länglicher, ovaler Zellen. Die meisten sind gerade {Mastophora^ Lithophyllum) oder gebogen {Lithothavmion). Anfangs immer ohne Achse, später bilden bei Lithothamion 6 — 8 solcher Reihen zusammen die Basalschicht, welche nichts weiter als der erste, aber horizontale Spross ist; diese Schicht erscheint immer wie der Rand des Thallus coaxilär, d. h. sie besteht aus zonenartig gebogenen, in gleicher Höhe endigenden Zellreihen, die wiederum bogig in senkrechter Richtung zur Oberfläche die übrigen Schichten senden. Im Querschliflf stellt sich diese Schicht als um eine unbestimmte Cen- trale geordnete concentrische Ringtheile dar. Bei Mastophoi'a, Lithophyllum uud den zwei Unterabtheilungen von Lithothamnion, Leptolithon und Heteroptychon^ besteht die Rhizoiden- reihe nur aus einer Zellreihe, bei den drei übrigen Unterabtheilungen von Lithothamnion, bei Lithomorphutn^ HeteroUthon und Eu-Lithothamnion dagegen aus 6 — 8 coaxilär geordneten Zellreihen. 1. Die Schichtungen treten nicht immer so regelmässig auf, viel- mehr sind sie den mannigfachsten Abweichungen unterworfen, so vor allem durch Wiedereintritt der Jahresvegetation, wobei 10, 20 oder mehr Zellreihen auf einander folgen, bevor ein gewisser Abschluss erlangt wird. 2. Eine zweite Schichtung erfolgt durch Zelleinschlüsse. Manche Zellen enthalten entweder in der ganzen Zelle gleichmässig vertheilt oder mehr im oberen Theil Chromatophorenreste, Krystallisations- producte oder dergleichen, welche sich in einer oder mehreren parallelen 40 F. Heydrich: Zellreihen ablagern und so im Thallus gewisse Schichtungsverhältnisse hervorrufen. 3. Weitere Schichtungen werden durch verschiedene Zellgrössen veranlasst; dabei ist die Regel, dass grössere und kleinere Zellen in regelmässigen Reihen sich wiederholen; es entstehen aber auch Zellfolgen, deren Verhältnisse sich so gestalten, dass zwischen gleichmässigen horizontalen Zellreihen plötzlich eine Reihe auffallend grosser erscheint, die die ersteren um die zehnfache Grösse und Ausdehnung übertreöen. Eine von mir beobachtete Species zeigte ausserdem nicht horizontale, sondern vertical verschieden verlaufende Zellreihen. Fig. 3. Ldtliothamoiioyi Fosliei n. sp. Diese Zellgrössen sind besonders in den Tropen von einer so ausserordentlichen Mannigfaltigkeit, dass fast jede Species verschiedene Zellformen besitzt. 4. Bei der zuletzt erwähnten Art konnte die vierte und letzte Thallusschichtung beobachtet werden, welche in sogenannten Hohl- räumen besteht. Dieselben werden einerseits durch einen gewissen Abscbluss der Assimilationsschichten und andererseits durch Bildung einer neuen grosslumigen Zellschicht mit den sich wiederholenden übrigen Thallusschichten hervorgerufen. Der Thallus der Corallineae besteht aus denselben Gewebsschichten, wie die vorhergehende Gruppe der Melobesieae, nur wird hier das Festigkeitsgewebe von einer zuweilen ziemlich gesonderten Schicht kurzer bis sehr langgestreckter, dichoLom und parallel verwachsener Zellen gebildet, weiche häufig zonenartig in gleicher Höhe endigen und bogig nach aussen zur Oberfläche senkrechte, kurze, dichotome, kurzgliederige Fäden absondern, welche durch Tüpfel fest verbunden das Leitungs- gewebe, die sogenannte peripherische Schicht, bilden. Diese Rinden- schicht ist in regelmässigen Abständen unterbrochen, so dass nur das Festigkeitsgewebe als nicht verkalktes, in Folge dessen biegsames Gelenk im Centrum verbleibt. Vegetative Vermehrung findet bei den Melobesieae in aus- gedehntem Masse nicht nur durch Zerfall der Sprosse, sondern auch durch verschiedenartiges Wachsthum einzelner Stellen der basalen Scheibe statt. — Die Corallineae besitzen diese Vermehrung nicht. Fortpflanzungsorgane. Als solche sind die sogenannten Scaphidien oder Conceptakel zu betrachten. Ihre äussere Form ist sehr verschieden; meist bilden sie auf der Oberfläche des Thallus mehr oder weniger erhabene Wärzchen {Melobesiae, Amphiroa) oder sind theils flache (Cheüosporum), theils eiförmige Erhabenheiten auf oder unterhalb der Spitze kürzerer oder längerer Aestchen oder an unbestimmten Stellen der Sprossglieder sitzend mit mehr oder weniger vorgezogener Spitze (Corallina), aus den axilären Gliedern der obersten Gabelzweige entwickelt. Die geschlechtlichen Conceptakel sind diöciscb und bestehen Corallinaceae, insbesondere Melobesieae. 41 aus Cystokarpien und Antheridien. Die männlichen Conceptakel, die Antheridien, sind die kleinsten und enthalten in einer mit farblosem Plasma angefüllten Masse die bei der Reite sich entleerenden Sperma- tüzoiden, längliche helle einzellige Körperchen mit meist einer, selten zwei kurzen, häufig zugespitzten, zellenähnlichen Verlängerungen. Figur bei HaUCK, Die Meeresalgen, No. 115. a. b. c. Die Cystokarpien enthalten an ihrem Grunde die Auxiliarzellen, eine Reihe kleiner ovaler Zellen, welche zugleich Gliederzellen der Carpogonzellfäden sind, an deren Spitze das Trichogyn aufsitzt. Nach der Befruchtung sprossen aus der Copulationszelle viele Gonimoblaste in Form kurzer Sporenketten hervor. Die Mündung des Cystokarps wird von einer grösseren oder kleineren Anzahl haarförmiger Randzellen eingefasst, die gebogen und einzellig sind. Figur bei SOLMS, Corallinen. Medianer Längsschnitt von Corallina mediterranea. Die ungeschlechtlichen Conceptakel sind den vorhergehenden äusserlich fast gleich gestaltet, jedoch besitzen einige Arten rundliche oder längliche Höhlen mit siebartig durchlöcherten Decken, so dass jedem Porus je ein darunter befindliches Sporangium entspricht. Tetra- sporangieu zonenförinig, vier-, zwei- oder eintheilig. Nur bei einer Art (Melobesia cullithamnioides) sind keine Fortpflanzungsorgane nach- gewiesen. Nutzen: Corallina officinalis wurde früher mit anderen Algen in der Medicin als Carageenmoos gebraucht. Geographische V'erbreiiung. Die Familie hat Vertreter in allen Meeren. Ihren grössten Reichthum an Formen, besonders aus den Gattungen der Melobesieae, erreicht sie in den norwegischen Gewässern, dagegen sind in den indischen und australischen Meeren die Corallineae vorherrschend. Mastophora lebt ausschliesslich in tropischen Meeren. Verwandtschaftsverhältnisse. Durch die Darlegungen von SOLJIS ist es erwiesen, dass die Corallineen, wie SCHMITZ sehr richtig ausführt, zu der Gruppe der Ci'ypto7iemieae gehören, oder wie der letztere sich in seiner neuesten nachgelassenen Arbeit ausdrückt: Cryptonemiales. Jedenfalls sind Carpogonien und Auxiliarzellen einzeln im Thallus zerstreut, gleichgütig, ob mit langen Verbindungsfäden (Ooblastemfäden) {Grateloupia) oder mit kurzen (^Nemastoma oder Co- rallina oder Melobesia^. Die Einlagerung von Kalk oder die eiförmigen Cystokarpanlagen spielen hier keine Rolle. Die frühere systematische Verbindung von Corallina und Polijsiphonia basirte wohl nur auf der äusseren Aehnlichkeit der Cystokarpanlagen; die Melobesieae stehen schon äusserlich davon weit entfernt. Eintheilung der Familie. Aus den Ergebnissen der bisher ausgeführten Untersuchungen geht hervor, dass die Corallinaceae eine genetisch völlig zusammenhängende Reihe bilden, so dass hier der 42 F. Heydrich: dorsiventrale und radiäre Bau keine Rolle spielt. Die bisherige Ein- tlieilung wäre eine völlig genügende, wenn man danach die einzelnen Genera erkennen könnte; da dies nicht der Fall, möchte ich mir den Vorschlag erlauben, einfach mathematisch vorzugehen. Dies geschieht durch das Auseinanderhalten der Zellschichten und Zelllagen, sowie die Eingangs erwähnten Rhizoiden mit ihrer Anheftung. Lithophyllwn ist eigentlich nur durch die lockere Anheftung und den rein dorsiventralen Charakter von Lithothamnion zu trennen. Da die Gattungsbegriffe von Mastophora, Amphiroa, Cheilosporum und CoralUna genügend festgestellt, sind dieselben bei den nachfolgenden Erläuterungen nicht näher er- örtert. A. ThallusohneBasalscheibe, ohne besondere Rhizoidenschicht, Rhizoiden dringen zwischen das Gewebe der Wirthspflanze ein. I. Choreonema. B. Thallus mit Basalscheibe , mittelst Rhizoidenschicht angeheftet, Rhizoiden dringen nicht in das Gewebe der Wirthspflanze ein. a) Vegetative Entwickelung dorsiventral, nicht gegliedert. Con- ceptakel nach einer Richtung. 1. Thallus eine horizontale, nicht freie Scheibe, eine Zellschicht, eine Zelllage (oder die zweite gering entwickelt). II. Melohesia. 2. Thallus selten horizontal, meist verticale freie Sprossen, dorsiventral. Mehrere Zelllagen. Rhizoiden verschieden. III. Mastophora. 3. Thallus horizontal oder vertical, fast frei oder locker an- geheftet. Sprossen frei, dorsiventral, selten coaxilär. Mehrere Zelllagen. Meist grosse gerade Rhizoiden. IV. Lithophyllum. b) Vegetative Entwickelung dorsiventral oder radiär, nicht ge- gliedert. Conceptakel nach einer oder mehreren Richtungen. 1. Thallus anfangs horizontal, nicht frei. Sprossen vertical, radiär, frei. Mehrere Zelllagen. Rhizoiden klein, gebogen oder coaxilär. L Tetrasporangien in Conceptakeln ; rundliche, flache Wärzchen bildend. V. Lithothamnion. II. Tetrasporangien nicht in Conceptakeln; eine lange Schicht bildend. VI. Sp)orolithon. c) Vegetative Entwickelung gegliedert, radiär. 1. Conceptakeln rund um die Sprossglieder. VII. Amphiroa. Corallinaceae, insbesondere Melobesieae. 43 2. Conceptakeln auf beiden Seiten unterhalb der Spitze der Sprossglieder. VIII. Cheilosponim. 3. Conceptakeln endständig, ein Sprossglied einnehmend. IX. Corallina. Es ist nicht die Absicht dieser Zeilen, sämmtliche Corallinen auf- zuzählen, sondern nur die hauptsächlichsten Repräsentanten der ver- schiedenen Genera. I. Choreoiiema Schmitz. (= Endosiphonia Ard.) Thallus parasitisch auf Corallina, aus einem einfachen oder verzweigten Gliederfaden bestehend, welcher zwischen das Gewebe der Wirthspflanze eindringt und an der Oberfläche der- selben ein eiförmiges Conceptakel trägt. Eine Art, Ch. Thuretii (Born.) Schmitz, an Corallinen aus dem ^Mittelmeer (SOLMS), Nordsee (HOLMES), Rothes Meer, Neuseeland (Heydrich). II. Melobesia Lamouroux (incl. Bapalidiutn Kütz. und Lithocystis Harv.). Thallus epiphytisch auf grösseren Algen oder Zostera, krustenartig horizontal ausgebreitet, Anfangs rundlich, später zusammenfliessend, mit der Unterseite dem Substrat ganz angewachsen, am Rand oft wellig gelappt, röthlich oder weisslich; entweder aus einer Lage Zellen bestehend , welche strahlenförmig dichotom von einem Mittelpunkt ausgehen, oder zwei Lagen Zellen, deren untere aus grossen, vier- eckigen Zellen gebildet ist; die obere dagegen ist meist wenig entwickelt und besteht aus sehr kleinen Zellen; in der Nähe der Conceptakel aus mehreren Zellreihen. In zwei Fällen (i/. pustulata und insidiosa) besteht der Thallus aus einer oder an älteren Thallusstellen aus mehreren Zelllagen. Man findet bei diesen beiden Species Annäherungen an Lithophyllum , aber niemals weist der Thallus des letzteren Theile mit nur einer Zelllage auf. a) Thallus aus einer Lage Zellen. 1. Melobesia rosea Rosauoff. Recherch. Melobesiees p. 77. Hapalidium roseum Kütz. Phyc. gen. p. 385. — Id., Spec. Alg. p. 695. Kommt auf Bryopsis Balbisiana im adriijtischen Meere, auf Bor- netia secundiflora bei Cherbourg (ROSANOFF) vor. 2. Melobesia Novae Zeelandiae sp. nov. Thallus bildet einen feinen dunkelrosa Ueberzug auf Bryozoen, sowie zarten Algen, ist völlig kalkfi-ei und besitzt keine Rindenzellen. Zellen dicht fächerförmig, 4 /.i breit, 6 jii lang und völlig durch- 44 F. Heydrich: sichtig. In der Gegend der Conceptakel zweizeilig, jedoch be- deutend dickere Zellwandungen und nicht mehr von länglicher Form, sondern rundlich. Die Conceptakel selbst sind flache Wärzchen mit hoch erhobenen Randzellen der Mündung. Die Tetrasporen sowie die Carposporen sind genau unter den vegetativen Thalluszellen zu erkennen; die Ketten der letzteren stehen in einem kleinen Ring rund um die Fusionszelle. Am meisten kommt die Alge auf den durch- sichtigen, vielfach verzweigten Cladophora ähnlichen Bryozoen vor, jedoch ebenso auf anderen Algen, die bis 1 cm eine rosa Färbung annehmen; sie ist ausserordentlich verbreitet und kommt im Juni in der Bay of Island auf Neu-Seeland vor. b) Thallus aus einer grossen und einer Lage kleiner Zellen be- stehend. 4. Melobesia callithamuioides Falkbg. Algen des G. v. Neapel, p. 265. — SOLMS, Corall. p. 11. Taf. 1. Fig. 9. 12. 13. — HaUCK, Die Meeresalgen, p. 262. Wohl als die niedrigste Form der Corallineen aozuseheu, da der Thallus von zahlreichen Lücken unterbrochen wird. Die dichotome Zellverzweigung erscheint durch die Bildung von Grenzzeilen sehr unregelmässig. Mittelmeer (SOLMS, FALKENBERG), Adriatisches Meer (Hauck). 5. Melobesia fariuosa Lamonr. Hist. Polypiers corall. p. 315. Taf. 12. Fig. 3. — AKESCH. in J. AGARDH, Spec. Alg. II. p. 512. — ROSANOFF, Rech. Melob. p. 69, Taf. 2. Fig. 3—5. - SOLMS, Corall. p. 11. Taf. 1. Fig. 4. Taf. 3. Fig. 11. Mittelmeer, Atlantischer Ocean, Cap, Nord- und Ostsee, Rothes Meer, Australien, Indischer Ocean. 6. Melobesia Lejolisii Rosanoff. Recherch. Melobes. p. Q2. Taf. 1. Fig. 1—12. — SOLMS, Corall. p. 11. — Hauck, Meeresalg. p. 254. Auf Zostera in der Nordsee bis Spitzbergen, Baffinsbay, Mittelmeer, Adriatisches Meer. 7. Melobesia membrauacea (Bsp.) Lani. Corallina memhranacea Esper, Zooph. Taf. 12. Fig. 1 — 4. Melo- besia memhranacea Lamour. Polyp, flex. p. 315. ROSANOFF, Recherch. Melob. p. 66, Taf. 2. Fig. 13-16. Taf. 3. Fig. 1. SOLMS, CoraUinen- algen, p. 10. An Gelidmm etc. Nordsee, Ostsee, Mittelmeer, Adriatisches Meer, Cap. Corallinaceae, insbesondere Melobesieae. 45 8. Melobesia corticiforniis Kütz. Spec. Algarum p. 6^6. Id. Tab. Phyc. Bd. 19. Taf. 94. ROSANOFF, Reclierch. Melob. p. 76. Taf. 1. Fig. 14—16. SOLMS, Corallinenalgen, p. 11. Taf. 3. Fig. 25. An Cladophora etc. Nord- und Ostsee. Mittelmeer und Adriatisches Meer. 9. Melobesia coronata Rosanoff. Rech. Melobes. p. 64. Taf. 4. Fig. 9. Auf Pollexfemia pedicellata von Australien aus dem Herbar LENOR- MAND (Rosanoff). 10. Melobesia luacrocarpa Rosanoif. Rechercb. Melob. p. 74. Taf. 4. Fig. 1—8, 11—20. Auf Phyllophora rubens bei Cherbourg (ROSANOFF), Norwegische See (KJELLMAN). c) Jüngerer Thallus immer aus einer älteren, selten aus mehreren Lagen Zellen bestehend. 11. Melobesia pnstniata Lamoar. Polyp, flex. p. 315. Taf. 12. f. c ß. ROSANOFF, Rech. Melob. p. 72. Taf. 4. Fig. 2—8. SOLMS, Corallinenalg. p. 10. In der Nordsee, Adriatisches Meer, Mittelmeer, Grosser Ocean und Atlantischer Ocean auf anderen Algen. 12. Melobesia insidiosa (Solms) nov. nom. Lithophyllum insidiosum Solms in SOLMS, Corallinenalg. p. 15. Taf. 1. Fig. 2. 3. Taf. 2. Fig. 30. Solms sagt, es sei eine felsbewohnende Melobesia pustulata. Ich kenne die Pflanze nicht, muss sie aber nach dem Urtheil des Autors trotz ihres Wachsthums an Felsen zu Melobesia zählen, da der Thallus aus einer oder mehreren Lagen Zellen besteht. Auf Felsen im Golf von Neapel (SOLMS). III. Mastophora (Decaisne) Harvey. Thallus entweder mit einer kleinen Basalscheibe festgewachsen und dann sofort verticale Sprossen entsendend, oder sofort in dünne, hori- zontale, gebogene, freie Sprossen auswachsend. Sprossen flach oder unterhalb zurückgedreht, stielrund, oberhalb flach dichotom-fächerförmig. Inneres aus einer Lage grösserer, viereckiger oder fadenförmiger, schräg gestellter Rhizoiden und meist drei Reihen rundlicher Zellen bestehend. Die horizontalsprossigen Species besitzen einzelne sehr lange Rhizoiden» Conceptakel grosse halbkugelförmige Warzen auf der Oberfläche bildend. 46 F. Heydrich: 1. Mastophora Laiuouronxii Decaisne. Ann. d. scienc. natur. 1842. p. 126. — KÜTZ., Tab. Phyc. Bd. 8. Taf. 98. — Melohesia ßahellota Sond. in MOHL et SCHLECHT., Bot. Zeit. 1845, p. 55. — KÜTZ., Tab. Phyc. Bd. 8. Taf. 97. 2. Mastophora plana (Sond.) Harv. Melohesia plana Sond. in MOHL et SCHLECHT., Bot. Zeit. 1842. p. 55. — Mastophora plana Harv. Ner. austr. p. 108. — KÜTZ., Tab. Phyc. Bd. 8. Taf. 98. 3. Mastophora hypoleuca Harv. Ner. austr. p. 108. Taf. 41. — AEESCH. in J. AGARDH, Spec. Alg. II. p. 527. 4. Mastophora macrocarpa Mout. Voy. au Pol Sud p. 149. — KÜTZ., Tab. Phyc. Bd. 8. Taf. 100. 5. Mastophora pygmaea Heydr. Algfl. V. Ostasien p. 300 in „Hedwigia'^ 1894. Taf. 15. Fig. 16. lY. Lithophyllum. \ Thallus horizontale oder gebogene, dorsiventrale, flache, verkalkte Krusten bildend, die meist nur wenig festgewachsen sind; Sprossen ent- weder locker über einander gelagert oder einzelne Plättchen bildend, dorsiventral oder, wenn coaxilär, dann nur horizontal ausgebreitet. Rand frei oder sehr locker angeheftet. Inneres aus einer dichten Zellschicht bestehend, welche an ihrer Basis eine Reihe länglicher, grösserer, gerade oder schräg gestellter, kaum gebogener Rhizoiden enthält, die im Bogen verticale Zellreihen entsenden, welche meist von keiner, selten mehreren Schichten durchzogen werden. Zellen des freien Randes einestheils einseitig, anderntheils coaxilär geordnet. Conceptakel von gleicher Stellung und Structur wie bei Melohesia. Durch die Begrenzung des einseitigen (dorsiventralen) und freien Thalluswachsthums, besonders des Randes, werden freilich die Species LithophylluTn Lenormandi (Aresch.) Ros. und Lithophyllum cristatum Menegh. ausgeschlossen und zwar aus Gründen, die bei der betr. Species näher erörtert werden sollen. Ich glaube auch annehmen zu dürfen, dass PHILIPPI selbst bei Aufstellung des Genus Lithophyllum im Allgemeinen, wie der Name schon besagt, eine blattähnliche Pflanze, welche steinhart ist, zu bezeichnen wünschte. Hierzu gehört aber nicht nur ein freies oder theilweise nur angeheftetes Wachsthum, sondern auch eine meist dorsiventrale Vegetation. Dies ist meines Erachtens eine scharfe Be- grenzung, die keinen Zweifel zulässt. Würde man die Diagnose nach HAUCK, Die Meeresalgen, p. 267, weiter zu Grunde legen, so erscheint es mindestens zweifelhaft, ob nicht Lithothamnion dentatum (Ktz.) Corallinaceae, insbesondere Melobesieae. 47 Aresch. aus denselben Gründen wie Lithophyllum cristatum Menegh. zu Lithophyllum zu rechnen wäre; denn der einzige Unterschied zwischen beiden besteht in den grösseren Blättchen von Lithothamnion dentatwn (Ktz.) Aresch., der innere Bau ist bei beiden ganz gleich, d. h. der Querschnitt freistehender Blättchen ist ein vollständig radiärer, wenn auch von ovaler Form. Es wäre unbedingt systematisch einfacher Lithophyllum zu Litho- thamnion zu rechnen, aber es giebt meines Erachtens so viele Anhalts- punkte zur Begründung dieses Genus, dass eine Trennung aufrecht er- halten werden rauss. Diese hauptsächlichen Unterscheidungsmerkmale sind: Basalscheibe, Rhizoiden und secundäre Sprossen. Die Basalscheibe der Lithophyllen ist nur theilweise festgewachsen der Rand frei oder sehr locker angeheftet, die der Lithothamnien völlig festgewachsen, besonders der Rand. Die Rhizoiden der Lithophyllen sind gerade, kaum gebogen und niemals als getrennte Schicht vor- handen, die der Lithothamnien dagegen gebogen oder coaxilär meist als eine gesonderte Schicht. Die secundären Thallussprossen von Lithophyllum bleiben, wenn vertical, dorsiventral (in nur einem Falle radiär: L. Carpophylli, welches aber wegen seiner völlig frei wachsenden Basalsprossen nicht zu Lithothamnion gereiht werden kann), wenn horizontal selten coaxilär, niemals radiär; dagegen die von Lithotham- nion immer radiär (in einem Falle hohl, aber dann mit coaxilärer Basalschicht: L. Fosliei). ■ Eu-Lithophyllum. 1. Sprossen flach, Erhebungen hohl, nicht coaxilär. 1. Lithophyllum Corallinae (Cr.) noiu. nov. Melobesia Corallinae Crouan, Flor. Finest. pag. 150. pl. 20. gen. bis fig. 6 — n. — SOLMS-LaUBACH, Corallinenalgen, pag. 6. Taf. 2. Fig. 25; Taf. 3. Fig. 21—24. — HaüCK, Die Meeresalgen, pag. 266. Thallus bildet unregelmässig rundliche, schildförmige, meist 80 bis 400 ,u dicke Krusten von 1 — 5 mm im Durchmesser, welche bis auf den Rand sehr locker festgewachsen sind. Conceptakel tief eingesenkt, kleine Wärzchen von 150 — 200 /*. Tetrasporangien mit einer Oeffnung am Scheitel. Inneres aus einer Lage langer Rhizoiden und 12 — 15 Lagen länglicher, nach der Peripherie zu kürzerer Zellen bestehend. Die ein- zelneu Zellfäden sind nur am Grunde einmal dichotom verzweigt, häufig unverzweigt und ohne jede Schichtung. Besonders im Mittelmeer und Adriatischen Meer, Atlantischen Ocean, auf C&rallina ofßcinalis vertreten. 2. Lithophyllum Cystosirae (Hanck) noni. nov. Melobesia Cystosirae Hauck in HaUCK, Die Meeresalgen, pag. 266, Taf. 3. Fig. 1. 2. 6. 48 F. Heydrich: Thallus überzieht ganz locker und nicht sehr fest gewachsen meist ältere Cystosira-Stämme in Form von 300 — 600 ju dicken Krusten und 1 — 5 cm Durchmesser. Rand frei und wellig. Conceptakel zahlreich, fast halbkugelige Wärzchen von ^/^ mm bildend. Tetrasporangien mit einer OeflFnung am Scheitel. Inneres aus einer Lage schräg gestellter, kurzer Rhizoiden und einer breiten, kaum einmal dichotom getheilten Schicht kurzer Zellen bestehend. Der nächsten Species sehr ähnlich, jedoch an den kleineren Conceptakeln erkenntlich. Im Adriatischen Meer (HAUCK). 3. Lithophjllum lichenoides (Ellis et Sol.) Rosau. -| Millepora lichenoides Ellis et Solander, The Natural History of Zoophytes. — Melobesia lichenoides Aresch. in J. AGARDH, Spec. Alg. pag. 515. — Mastophora lichenoides Kütz., Spec. Alg. pag. 697. — Mastophora lichenoides Kütz., Tab. Phyc. 7. Bd. Taf. 99. — Litho- phyllum lichenoides Rosan. in ROSANOFF, Rech. Melob. pag. 91, Taf. 5, Fig. 1—6; Taf. 0, Fig. 4, Taf. 7, Fig. 1. Wie die vorigen, nur auf Steinen und grössere Conceptakel von 0,8 — 1,3 mm Durchmesser bildend. In der Nordsee. 4. Lithopbyllum expansnm Phil. Melobesia stictaeformis Aresch. in J. AGARDH, Spec. Alg. IL pag. 517. — Lithophyllum expansum Phil, in WIEG. Arch. pag. 389. — SOLMS, Corallinenalgen, pag. 13, Taf. 2, Fig. 31. — Lithophyllum expansum Hauck in HaUCK, Die Meeresalgen, pag. 269, Taf. 6, Fig. 1, Fig. 111. — Lithophyllum giganteum Zan. in ZANAEDINI, Sagg. p. 45. — Lithothamnion expansum Fosl. Lith. p. 7. 100. 13!. Der Thallus bildet den eigentlichen Typus eines Lithophyllum; horizontal ausgebreitete, 1 — 2 mm dicke, mehr nach der Mitte der Unterseite selten angewachsene, grosslappige, unebene Platten von 5 bis 30 cm bildend, selten schuppig über einander wachsend. Oberseite glatt, Unterseite concentrisch gestreift. Conceptakel wenig erhabene Wärzchen bildend, die mit Ausnahme des Randes stellenweise über den ganzen Thallus dicht vertheilt sind, in 1 — 4 Reihen über einander. Das Innere besteht aus einer Reihe grösserer, theilweise ziemlich langer Rhizoiden, welche schräg zur Peripherie perlschnurförmige Fäden ent- senden. Das Innere eines älteren Thallus wird von 2 — 6 Schichten grösserer Zellen durchzogen, welche fast die doppelte Grösse der übrigen und dickere Membranen besitzen. Durch sehr langsames (3 — 4 Stunden) Entkalken in verdünnter Salpetersäure kann man den Thallus schnitttahig, wie jede andere Alge machen, nur sind nicht zu dünne Schnittserien anzurathen. Die einzelnen, fast senkrechten Zell- reihen sind dann deutlich zu erkennen, jede Zelle mit 3 — 5 Tüpfeln. Die concentrischen Streifen der Unterseite bestehen aus bogig zusammen- Corallinaceae, insbesondere Melobesieae. 49 gedrängt stehenden längeren Rbizoiden, welche das Bestreben zeigen, den Thallus am Substrat festzuhalten; dieselben können bis zu kleinen Thallomen aus wachsen. Der Aufbau von L. expansum geschieht in der Weise, dass an- fänglich eine gewisse Partie Randzellen in dichotomer Anordnung nur nach der Peripherie zu, also nach oben in die Dicke wächst, dagegen die Khizoiden sich erst später entwickeln. Dies erklärt auch die dünnere Randzone von L. eu-pansum, die oberhalb auf gleichem Niveau mit der älteren Thallusfläche bleibt, während die zurückgebliebene ünter- fläche dagegen nicht so sehr entwickelt ist, wie die des älteren Thallus- theiles. Sobald diese Randzone aber ihre Ausbildung und gewisse Stärke erreicht hat, ist auch Schutz für die Rhizoiden da, welche, nun ver- dickend, aus der untersten Zellreihe des Thallusrandes hervorwachsen. 5. Lithuphylluiu a^ariciforme (L'all.) Uauck. Millepora agariciformü Pallas, Elenchus Zoophytorum, p. 263. — Melobesia aganciformis Aresch. in J. AGARDH, Spec. Alg. II, p. ül6. Unregelmässiger und gebogener wie die vorige. Muss meines Er- achtens wohl als eigene Species beibehalten werden. Mittelmeer und Nordsee. 6. Lithophyllum cri!^l)ataln Hanok. Lithophyllum ct^patum Hauck in: Die Meeresalgen, p. 270, Taf. 2, Fig. 3. — Lithothamnion onspatum Hauck, Beitr. 1878, p. 289, Taf. 3, Fig. 1—4. Noch kleiner wie die vorige, aber trotz der vielfach röhren- förmigen Sprossen dorsiventrale Entwickelung. Adriatisches Meer. 7. Litliopbyllum decussatuiu Solnis. Lithophyllum decussatum Solms, Corallinenalgen p. 14. — Melobesia decussata Aresch. in J. AGARDH, Spec. Alg. II, p. 517? — Lithothamnion purpureum Hauck, Beiträge 1878, p. 290; Die Meeresalgen, p. 270, Taf. 1, Fig. 7. Die Sprossen sind hier bedeutend mehr angeschmiegt, im Gegen- satz zu L. expansum, und bilden daher häufig runde Knollen, die am Meeresgrunde frei liegen. — Adriatisches Meer, Mittelmeer. Pterolithon. b) Thallussprosse coaxilär, fast radiär. üeber die Bezeichnung „fast radiär" sei mir folgende Erläuterung gestattet. Der Thallus von Lithophyllum Patena Rosanoff ist, so lange er auf der Fläche des Substrates wächst, völlig dorsiventral, und in dieser Entwickelungsphase sind auch die Conceptakel eingesenkt; so- bald aber der Thallus wagerecht weiter über das Substrat hinaus- Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. 4 50 F. Hevdrich: wächst, bildet er centrale Zellfäden, die nach beiden Peripherien (oben und unten) dichotome Zellreihen senden. Diese peripherischen Schichten sind aber völlig von einander verschieden. Diese ganze Gruppe steht Lithothamnion am nächsten. 8. Lithopliyllum Patena Bosauoff. Melohesia Patena Hook. fil. et Harv. in Nereis austr. p. 111, Taf. 40. — Lithopkyllum Patena Kosanoff, Melobes. p. 88, Taf. 5. Fig. 7, 15. Die junge Pflanze bildet ^|^ cm grosse rundliche Platten auf Geli- dium cartilagineum, sobald sie aber älter wird, haftet sie mit der Unter- seite sich rings um die Sprossen des Substrates, so dass häufig eine Art Tubus entsteht. Dieser Vorgang gehört aber nicht direct zum primären Thallus, sondern ist eine secundäre Bildung, ebenso wie weitere seitliche Sprossungen, an denen auf der Unterseite der anfäng- lichen flachen Platte neue Thallome sich bilden können. Dies erklärt auch das häufige Vorhandensein von Conceptakeln auf der Ober- und Unterseite. Das Innere des Thallus besteht aus einer Reihe sehr kurzer Rhizoiden, welche schräg nach der Oberfläche lange Zellreihen senden; nur in diesem Theile entwickeln sich die Conceptakel, welche mehr nach der Unterseite im Thallus liegen. Sobald aber die vegeta- tive Entwickelung frei und nicht mehr auf dem Substrat sprosst, theilen sich die sonst schräg nach der Oberfläche strebenden langen Zellreihen und bilden im Centrum des Thallus mehrere langgestreckte, parallele, dichotom verwachsene Fäden, die vollkommen der Innenschicht von Lithothamnion oder selbst Corallina entsprechen. Diese senden bogig nach aussen zur Ober- und Unterfläche fast senkrechte, dichotome, kurzgliederige Fäden, welche zusammen verwachsen die Rindenschicht bilden. Die Zellen der unteren Rindenschicbt sind aber fast von doppelter Grösse wie die der oberen und werden von einer geschlossenen Schicht fünf- bis sechseckiger Zellen, wie KJELLMAN und SOLMS von verschiedenen Lithothamnien angeben, begrenzt. Die Zellen der oberen Rindenschicht sind viel kleiner und besitzen eine geschlossene Schicht, die der unteren nicht. Gerade Lithophyllum Patena ist so recht geeignet, das Genus ab- zugrenzen. Wir haben hier den anfänglich völlig einseitig entwickelten freien Thallus, in späterem Verlauf zwar eine fast radiäre Zellanordnung, aber eine auf rein dorsiventraler vegetativer Entwickelung basirende Stellung der Conceptakel im Thallus. Würde nämlich, wie bei Lithothamion weiter unten genauer er- örtert werden soll, die oben erwähnte radiäre Zellenanordnung auch eine ähnliche Stellung der Conceptakel hervorrufen, dann würde man sich genöthigt sehen, Lithophyllum Patena zu Lithotharanion zu rechnen. Ich verweise noch an dieser Stelle auf die früher von mir aufgestellte Corallinaceae, insbesondere Melobesieae. 51 Melohesia Carpophylli, die in Folge der fast radiären Zellanordnung ihrer Sprossen auch radiär gestellte Conceptakel zeigt, gleichgiltig, ob der Querschnitt eine Ellipse oder ein Kreis ist, aber wegen freien Wachsthums der primären Thallussprosse und gerader Rhi- zoiden zu Ldthophijllum gezählt werden muss. 9. Lithophyllnm capense Rosanoff. Millepora fucor'wm Lam. in herb. Melohesia capensü Höh. in HOHEN- ACKER, Meeresalgen No. 236. — Lithophyllum capense Ros. in ROSA- NOFF, Melobesien, p. 86. Fig. 18. 15. a. b. Auf Gelidium cartilagineum vom Cap. 10. Lithophyllum amplevifroiis (Harv.) Kos. Melohesia amplexifrons Harv., Ner. austr. p. 110, — Lithophyllum -amplexifrons Ros., Melob. p. 75. Taf. 7. Fig. 2, 3. Vom Cap auf verschiedenen Gelidien. 11. Lithophyllum rhizumae sp. nov. Tab. nostra IH. Fig. 4. Thallus sehr zerbrechlich, bildet nach der Form des Substrates verschieden gestaltete, 120 — 160 /t dicke Krusten von 1 — 3 cm im Durch- messer; umschliesst mit der ganzen Unterfläche und dem Rande ganz lose das Substrat. Rand glatt, nach innen gebogen, aber nicht festgewachsen. Oberfläche höckerig uneben. Conceptakel 60 /* im Durchmesser, häufig zu Gruppen vereinigt, etwas zugespitzte, halbkugelige Wärzchen bildend. Farbe dunkelroth. Vorkommen: Auf den Rhizomen von Carpophyllum Phyllanthus au8 der Bay von Island auf Neu-Seeland. Beschreibung. Diese Species gehört in Bezug auf den Habitus eigentlich in die Gruppe der Eu-Lithophyllen, denn sie besitzt die grösste Annäherung an Lithoph. Cystosirae, steht jedoch durch die Structur der Gruppe Pterolithon und zwar L. Patena am nächsten. Der Thallus überzieht ganz locker in einer dünnen Kruste die Rhizome von •Carpophyllum Phyllanthus in ähnlicher Weise wie L. Cystosirae, nur mit dem Unterschiede des freibleibenden Randes, welches bei der ersteren nicht der Fall ist, wo er vielmehr einwärts gebogen das Substrat locker umklammert; daher wachsen die Blätter nie dachziegelig über einander, sondern bleiben glatt und überziehen in einer Lage das Substrat. Die Oberfläche ist entgegen der von L. Cystosirae mehr höckerig und uneben mit geringen kleinen Erhabenheiten. L. Patena besitzt meist flache runde Plättchen, ebenso L. amplexifrons. L. capense kommt nur auf Gelidium cartilagineum vor und besitzt kleinere Thallome. Sehr selten überzieht L. rhizomjae kleine Muscheln. 52 F. Heydrich: Structur des Thallus. Entgegen den eigentlichen Litbophylleit besitzt L. rhizomae sehr geringe Entwickelung aufrecht stehender Rhizoiden, nur ein kleiner Theii der Unterfläche haftet mittelst dieser am Substrat, die grössere Hälfte entwickelt coaxilär gebaute Sprossen. Die Schichtungsverhältnisse sind dabei auch von einer Modulations- erscheinung begleitet, die der Erwähnung verdient. Nachdem der Thallus die Centrale des coaxilären Systems vorbereitet hat, zeigt der Rand das Bestreben, stets in einer Krümmung das Substrat einzu- schliessen. Es entwickelt sich in der Nähe jener Krümmung auf der Oberfläche eine neue Vegetation mit grösseren basalen Zellen, die die nächste Schicht hervorbringen und gewissermassen die Rhizoiden bilden. Dies die Ursache der kleinen Verdickungen auf der Unterseite^ M^elche bei L. expansum concentrische Zellen hervorrufen. Die neue Schicht entwickelt Anfangs einseitige Zellreihen, um bald das coaxiläre System wieder eintreten zu lassen. Die unteren und mittleren Zellen sind 20 fi lang und 6 // breit, die der Oberflächenschicht rundlich und halten 4 /^ Durchmesser. Conceptakel. An dem vorhandenen Material konnte ich nur Cystokarpien erkennen. Dieselben bilden äusserlich kraterförmige Wärzchen von 600// Durchmesser und überragen um ca. 200/^ die Oberfläche. Ihre obere Oeffnung ist 55 ß breit. Innen sind dieselben 290 — 320 /t im Durchmesser und nur 110 — 140// hoch. Sporen 16 /< im Durchmesser. 12. Lithophyllum Carpophjlli Heydr. Melobesia Carpophylli Eeydr. In „Vier neue Florideen von Neu- seeland", Deutsch. Bot. Ges. Bd. XI, p. (78). Tab. nostra III. Fig. 5. Diese Alge bildet den Uebergang von Lithophyllum zu Lithothamnion. Der Thallus ist ^g — 2cw gross, kaum verkalkt, krustenartig wie L. Patena die Sprossen von Carpophyllum Maschalocarpus umschliessend. Anfangs- kreisrund, später wellig, mit 1 — 6 verticaleu Sprossen. Horizontale Sprossen weit über das Substrat frei hinauswachsend. Die senkrechten, fächerförmigen Sprossen erscheinen meist nur einzeln, ohne Zusammen- hang mit den übrigen auf der Oberfläche, erheben sich bis zu 5 mm und sind meist 1 — l^j^mm dick. Taf. HL Fig. 5. Das Innere dieser Sprossen besteht aus bogig über einander ge- lagerten Zellschichten, deren einzelne Zellen viereckig, 8// dick und bis 50/1 lang sind. Der Querschnitt ist völlig radiär, und gleicht ein solcher Flachspross ungemein dem von Lithothamnion dentatum Aresch., jedoch ist die vegetative Entwickelung, sowie die der Rhizoiden eine verschiedene, denn die letzteren bilden eine Reihe etwas schräg gestellter, kaum gebogener, langer Zellen. Die Conceptakeln liegen unter der Oberfläche des ganzen Thallus,. besonders der Sprossen, auf beiden Seiten. Coralliuaceae, insbesondere Melobesieae. 53 I. Tetrasporangien in Conceptakeln, wie die vorigen rundliche, flache Wärzchen bildend. V. Lithothamnion Phil. Thallus entweder krustenförmig, mit der ganzen Unterfläche dem t^ubstrat angewachsen oder nur Anfangs krustenförmig, aus der oberen Fläche Warzen- oder astformige Auswüchse treibend, welche später als korallenähnliche, ästige, steinige Knollen frei auf dem Meeresboden liegen; stark verkalkt. Inneres aus einer dichten Zellschicht bestehend, welche an ihrer Basis eine horizontale Schicht vielfach gebogener oder v = 14,829 d [xs^ als diejenige zweier Fäden also etwa 30 (5 ^ s. — Der Reibungswider- stand, den eine Pinnularia viridis von 153,21 [x Länge zu überwinden hat, erfordert aber eine Arbeitsleistung von 56285 d fxs (Orts- bewegung IV, S. 120). Die Fäden würden also, bei einer Ge- schwindigkeit von 10,5 fx in der Secunde, von den erforderlichen 56285 Arbeitseinheiten deren 30 übernehmen! — Sollten aber die beiden Fäden die ganze Arbeit leisten, so bedingte dies eine Ge- schwindigkeit 3 worin a = 56285 gesetzt wird; d. h. die Fäden würden mit einer Ge- schwindigkeit von 130 /^ in der Secunde hervorschiessen, also die 18,5 fache Geschwindigkeit der Zelle besitzen müssen, während die Rhapheströme nur die l,5fache Geschwindigkeit zu erreichen brauchen! Dabei wurde die dem Stoss entgegen gerichtete Reibung des Fadens nicht berücksichtigt und die sehr zweifelhafte Steifheit desselben vor- ausgesetzt. — Hiernach schlage ich die Fadenwirkung, alles in allem, gleich Null an, immer vorausgesetzt, dass die Fäden überhaupt vor- handen sind, was ich ausserdem bezweifle. Auch die Ausführungen LAUTERBORN's S. 125, 126, worin er den Vergleich des RUTHVEN'schen Reactionsschiffes mit dem Bewegungs- mechanismus der Diatomeen noch weiter ausdehnt, halte ich für unzu- Die Ortsbewegung der Bacillariaceen. V. 79 treffend. Der aus einer Röhre hervorschiessende Flüssigkeitsfaden ist e'\n völlig anderer Mechanismus, als der in einer offenen Rinne gleitende Strom, und meine Maschine, die LAUTERBORN übrigens auch auf S. 125 meinen Angaben gemäss annimmt, hat mit dem RUTHVEN'schen Reactionsschiffe nicht das Geringste gemein. Meine Untersuchungen über den Turgordruck jedoch hat er missverstanden, wenn er sie dafür anführt, dass dieser den Strom in der offenen Rhaphe „mit grosser Intensität nach einer bestimmten Richtung" ver- schiebt. Einmal ist die Intensität, wie vorher gezeigt, nur eine sehr geringe, und zweitens habe ich im Gegentheil ausdrücklich ausge- sprochen, dass der hohe Turgordruck, der das Plasma in die Rhaphe hineinpresst, durch den Widerstand molekularer Kräfte in diesem capillaren System aufgehoben wird, so dass die Bewegung des lebenden Plasmas, nach meiner Auffassung, eine active ist. Wenn aber LAÜTERBORN trotzdem daran festhalten will, dass der Strom in der offenen Rhaphe durch den Turgordruck verschoben wird, so kann er doch nicht gleichzeitig sein Hervortreten in Abrede stellen; der Strom muss nach der offenen Seite ausweichen, sobald er unter Druck steht! Besteht nun der Strom aus einer leblosen Substanz, Gallerte oder Schleim, wie LAUTERBORN behauptet, so ist sein Hervortreten aus der Rhaphe schon die natürliche Folge des zur Verschiebung der leblosen Substanz noth wendigen Druckes! Nachdem ich gezeigt, wie weit LAUTERBORN in seiner jüngsten Arbeit mit Bezug auf die mechanische Frage meinem Standpunkte sich genähert hat, gehe ich zu der zweiten Frage; „Plasma oder Gallerte" über. Eine Gallerthülle im Sinne BÜTSCHLI und LAUTERBORN's, d.h. eine ständige plastische Hülle oder Scheide, habe ich in meiner Arbeit Ortsbewegung I bestritten. Indessen überzeugte ich mich bald, dass die grossen Pinnularien, major, nohilis, viridis, während der Bewegung in der That einen lockeren gallertartigen Schleim absondern. Aber nicht erst meine 1896 erschienene Arbeit, Ortsbewegung HI, lieferte deh „Beweis, dass ich meine Ansichten über diesen Punkt erfreulicherweise bedeutend modificirt habe", wie LAUTERBORN p. 135 bemerkt. Dieser Nachweis LAUTERBORN's war nicht erforderlich, denn ich selbst habe sogleich nach seiner Entgegnung, Mai 1894, offen und loyal aus- gesprochen, in wie weit ich meine früher geäusserte Ansicht zu mo- dificiren habe. Ich sagte, Ortsbewegung II, p. 139: „Nach diesen Beobachtungen muss ich zugeben, dass die Schleim- bildung lebhaft sich bewegender Pinnularien, entsprechend der BÜTSCHLI- LAUTERBORN'schen Beobachtung in grösserem Umfange stattfindet, als ich annahm, dass dieselben einen lockeren Schleim abscheiden, der die 80 Otto Müller: Zelle vollständig einschliessen kann; sie thun dies aber nur während der Bewegung". Letzteres bestreitet LAÜTEEBORN; ich halte indess meine, Orts- bewegung II p. 138, eingehend beschriebenen Beobachtungen ihrem ganzen Umfange nach aufrecht. Die genannten grossen Pinnularien lassen zeitweise, insbesondere nach längerer Ruhe, keine Spur einer Schleim- oder Gallerthülle erkennen, ohne dadurch die Fähigkeit der Ortsbewegung zu verlieren. Dieser Umstand hatte mich dazu geführt, die Hülle anfänglich zu bestreiten. Zwingt man Hann solche gallertfreien Individuen durch Luftzufuhr und intensive Belichtung zur Bewegung, so erscheint, je länger je mehr, eine hyaline Schleim- oder Gallertschicht, zueist an den Polen als Kappen, später auch über anderen Theilen der Rhaphe, und endlich entsteht eine mehr oder weniger vollständige Hülle. Diese Beobachtungen sind durchaus gesichert, und ich habe solche Individuen auf Tafel III und IV meiner Arbeit, Orts- bewegung III, abgebildet. Auch P. HAUPTFLEISCH ^) und neuerdings H. Klebahn'') bestätigen, dass die Hülle keineswegs immer eine voll- ständige ist. Bei anderen als den genannten drei grossen Pinnularien und, nach KLEBAHN, bei Rhopalodia gibha, nach HAUPTFLEISCH auch bei einigen Nitzschien, nach LAUTERBORN hei Cymhella cuspidata, sind entsprechende Gallertbildungen bisher überhaupt nicht beobachtet worden. Ich habe sodann einen wesentlichen Irrthum LAUTERRORN's zu berichtigen. An verschiedenen Stellen, insbesondere aber p. 120, 121, bekämpft LAUTERBORN sehr energisch eine Ansicht als die meine, die ich niemals gehabt, niemals geäussert habe. Ich soll die als vorderer Körnchenstrom bezeichnete lockere hyaline Hüllschicht in ihrer ganzen Breitenausdehnung für Plasma erklärt haben. In diesem Irrthum befangen, bemerkt LAUTERBORN dann, MÜLLER beweist damit, „dass er sich selbst wohl nie die Mühe genommen hat, das strömende Plasma eines Rhizopoden zu betrachten und dass ihm auch die Litteratur über Protoplasma der letzten 30 Jahre ziemlich verschlossen geblieben ist". — Ich überlasse diesen „Beweis" LAUTERBORN's getrost der Beurtheilung meiner Leser, aber ich kann LAUTERBORN nicht den Vorwurf ersparen, dass er sich eine solche Kritik gestattet, obgleich er meine Arbeiten doch gelesen haben muss. Meine Arbeit Ortsbewegung II ist fast ausschliesslich dem Nachweise gewidmet, dass der bei den genannten grossen Pinnularien auttretende vordere Körnchenstrom aus zwei ScMchten besteht, einer in unmittelbarer Nähe der Rhaphe fliessenden klebrigen mit actueller Energie aus- 1) L c. p. 7. 2) Auxosporenbildung, I. Jahrb. f. wissensch. Botanik XXIX, p. 621. Die Ortsbewegung- der Bacillariaceen. V. 81 gestatteten Plasma-Schicht und einer zweiten, nicht oder weniger klebrigen Schleim- oder Gallert-Schicht. Ich führte p. 142 aus, „dass die mit actueller Energie ausgestattete Schicht des Stromes durch die Centralknotenöffnung zurückfliesst", während „der aus- geschiedene Schleim sich alsdann nach Maassgabe seiner Menge auf den Zellwandflächen vertheilt, die er zeitweise vollständig überziehen kann" und erklärte es für „"wahrscheinlich, dass die zurückfliessende Schicht des Stromes Protoplasma ist*'. Ich hob ferner p. 138 aus- drücklich hervor: „die Tuschekörnchen laufen im Abstände von der Zellwand an der Peripherie der Schleimschicht" und „die relativ sehr viel grösseren und schwereren Carminkörner dringen in die Schleimschicht ein . . . treten dann ihrerseits theilweise in unmittel- baren Contact mit der Rhaphe und gleiten daselbst fort". Mit welchem Rechte, frage ich, sagt da LAUTERBORN unter Hinweis auf diese Beobachtungen u. a. p. 120: „weiterhin auch der von MÜLLER beobachtete Umstand, dass nur kleine Tuschekörnchen am Rande des Stromes dahingleiten, grössere Tuschebrocken oder Carminkörner in die lockere hyaline Masse einsinken und dann in unmittelbarer Nähe der Rhaplie der Zellmitte zugeführt werden, lässt sich doch mit den Eigenschaften eines Plasmastromes nicht in Ein- klang bringen". — LAUTERBORN bespricht sogar p. 135 meine Structur- bilder dieser Schleim- oder Gallertschicht, Ortsbewegung III, Tab. III, Fig. 11 — 21 und dennoch verfiel er in den schweren Irrthum, dass ich diese hyaline Hüllschicht, die ich stets als Schleim- oder Gallertschicht bezeichnet und über deren Entstehung ich mich ebenso unzweideutig geäussert habe^), für Plasma halte. Hieran knüpft er dann seine lange, mit unerfreulichen persönlichen Seitenblicken aus- gestattete, abfällige Kritik. In Bezug auf die Plasmas»chicht bemerke ich noch, was ich als selbstverständlich nicht besonders erwähnt habe, dass dieselbe nur eine minimale Dicke besitzen, jedenfalls nicht dicker sein kann, als das capillare Lumen der Rhaphespalle, aus der sie hervortritt. Das geht auch schon aus dem wiederholt hervorgehobenen Umstände hervor, dass die an dieser Schicht haftenden gröberen Fremdkörper 1) Ich sagte Ortsbewegung III, p. 62: „Nach meinen Beobachtungen entsteht die Gallerte in Tröpfchenform: sie scheidet sich ab, sobald das Plasma mit dem Wasser in Berührung kommt, zunächst also, wenn es aus der Polspalte hervortritt; die Tröpfchen fliessen zusammen und bilden über dem Plasmastrom eine zu- sammenhängende Schicht (Fig. 13); so entsteht die Gallertkappe an den Polen. Scheidet nun der zufliessende und fortschreitende Plasmastrom immer neue Gallerte in Tropfen ab, die zusammenfliessen, so entsteht, bei lebhafter Bewegung, durch Abfliessen der Gallerte auf benachbarte Flächentheile, eine mehr oder weniger vollständige Hülle." Ber. d. deutsch, bot. GeseUsch. XV. tj 82 Otto Müller: in unmittelbarer Nähe der Rhaphe verschoben werden, also in keinem wahrnehmbaren Abstände über derselben. Die Gründe, welche mich veranlassen, den in der Rhaphe fliessenden und aus ihr hervortretenden, jedenfalls sehr dünnen Strom für Proto- plasma zu halten, habe ich an verschiedenen Stellen meiner Arbeiten ausgeführt. Besonderes Gewicht legte ich auf das Zurückfliessen dieses Stromes, oder, falls derselbe Gallerte ausgeschieden hat, der mit actueller Energie ausgestatteten Schicht desselben, mit der die gröberen Fremdkörper verschoben werden, und ich bemerkte, dass das Zurückfliessen von Schleim oder Gallerte von vornherein sehr unwahr- scheinlich ist. — Auch die complicirte und sinnreiche Ausgestaltung der Rhaphe deutet darauf hin, dass sie wesentlichere Bestandtheile des primordialen Zellleibes zu befördern bestimmt ist (Ortsbewegung II, S. 140). — Die Ausgleichung der Druckdifferenz zwischen Zellinnerem und Rhaphe in Folge deren Capillarität, ist ein nothwendiges Postulat, da anderen Falls der Inhalt herausgepresst würde (Durchbrechungen, S. 175). Wenn aber der Strom in der Rhaphe nicht durch einseitigen Druck verschoben wird, so muss lebende Substanz in der Rhaphe fliessen. — Endlich habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass auch festsitzende ^) oder im Fadenverbande lebende Bacillarien vielfach eine Rhaphe besitzen, dass also die Rhaphe nicht allein, vielleicht nicht einmal in erster Linie, die Ortsbewegung vermittelt, sondern noch eine andere wichtige Function ausüben muss, als welche ich die Athmung vermuthete. Auch in diesem Falle müsste lebendes Plasma mit dem umgebenden Medium in Wechselwirkung treten (Durchbrechungen, S. 178). Das sind freilich keine Beweise, aber es sind wohlerwogene Gründe, denen LAUTERBORN bisher keine gleichwerthigen oder gar besseren entgegengesetzt hat, welche für die Gallertnatur des in der Rhaphe fliessenden Stromes sprechen; denn, dass LAUTERBORN an der Substanz in der Kanalrhaphe der Surirellen keine wabige Structur er- kennen kann und die Thatsache, dass bei den Bacillarien gelegentlich auch Gallert- oder Schleimbildungen vorkommen und bei Desmidiaceen und Oscillarien Bewegungserscheinungen anderer Natur durch Gallert- abscheidung hervorgerufen werden, genügt keineswegs, um die LAUTER- BORN'sche Behauptung zu stützen. Das Zurückfliessen des Stromes wird von LAUTERBORN S. 122 bezweifelt; ich habe dasselbe meines Erachtens durch die, Orts- bewegung II, S. 142, erörterten Gründe erwiesen, abgesehen davon, dass es schon aus dem Bau der Rhaphe selbst nothwendig gefolgert 1) Die CoccoQeiJen z. B. haben eine Rhaphe auf der freien, mit dem Wasser in Berühi-ung stehenden Scliale; die Schale dagegen, mit der sie anderen Körpern aufsitzen, hat keine Rhaphe. Die Ortsbewegung der Bacillariaceen. V. 83 werden inuss. Der Einwand LAÜTERBORN's, dass der Strom, wenn ■er wirklich in das Innere zurücktreten sollte, schon vor der Central- knotenöffnung die Oberfläche der Zelle verlassen könnte, da die Rhaphe nach dem Zellinnern nicht abgeschlossen ist, wird durch den Augenschein widerlegt. Selbst wenn der Strom es könnte, so thut -er es doch nicht! Niemals werden die Körnchen an einen anderen Punkt geführt, als genau zur Centralknotenöffnung. Das gilt auch für diejenigen Bacillarien, und diese sind die grosse Mehrzahl, bei denen die Bildung einer Schleim- oder Gallertschicht nicht nachweisbar ist, bei denen die Körnchen nicht in einem, der Schleimschicht ent- sprechenden, Abstände von der Rhaphe, sondern unmittelbar an dieser, von der Plasmaschicht verschoben werden. Träte der Strom, bevor er die Centralknotenöffnung erreicht hat, in das Innere zurück, so müssten die Körnchen sich auch an dieser Stelle ansammeln. Die Beobachtung ergiebt aber ausnahmslos, dass die Körnchen bis zur Oeffnung selbst geführt werden, und erst durch den Eintritt des rückfliessenden Stromes in den Centralknotenkanal werden sie ab- gestreift und bilden das Wölkchen. Endlich aber stelle ich die Frage, was wird denn aus dem Strom bei diesen gallertfreien Bacillarien? LAUTERBORN bezweifelt S. 123 das Hervortreten aus der Rhaphe, aber er bezweifelt S. 122 auch das Zurückfliessen. Wohin kann der Strom dann fliessen, wie kann überhaupt noch ein Strom zu Stande kommen? Diese gallertfreien Bacillarien führen zu der Frage von der Sicht- barkeit des Stromes über. Ich habe gesagt, dass auch bei ihnen ein vorderer Körnchenstrom vorhanden ist, und ich füge hinzu, dass dieser Strom auch bei ihnen rechts und links von der Rhaphe in einer erheblichen Breite fliesst. Diese Thatsachen habe ich bei Stau- roneis Phoenicenteron , woselbst die Breite des Stromes 3,74 /i beträgt (Ortsbewegung IV, S. 121), sowie bei Navicula amhigua, in zahlreichen Fällen feststellen können. — Wenn man aber diese Bacillarien nicht in Tuscheemulsion, sondern einfach in Wasser untersucht, so ist, auch mit den besten Apochromaten, wie LAÜTERBORN S. 123 mit Recht bemerkt, nichts von dem Strome, weder innerhalb noch ausserhalb der Rhaphe zu sehen. Den Schluss aber, den er daraus zieht, dass ein Strom ausserhalb nicht vorhanden ist, während er ihn doch inner- halb gelten lässt, bestreite ich, denn welche andere Kraft setzt die Körnchen rechts und links ausserhalb der Rhaphe in Bewegung, wenn es nicht die Energie des hervortretenden Stromes thut? Die Unsichtbarkeit desselben aber ist, bei der minimalen Dünne desselben, durchaus begreiflich; eine sehr dünne und vielleicht hyaline Plasma- schicht, welche auf einer stark lichtbrechenden Oberfläche gleitet und auf die man in der Schalenlage rechtwinklig zur Fläche, in der Gürtelbandlage aber, bei tiefer Einstellung auf die Körpermitte, durch 84 Otto Müller: die Zerstreuungsbilder der darüber liegenden Längskante hindurch, blickt, kann sich der optischen Wahrnehmung wohl entziehen. Färbungen führen nicht zum Ziele, weil durch sie auch das Innenplasma und die Chrom atophoren gleichzeitig gefärbt werden. Was nun die Fäden betrifft, so habe ich einen zweiten wesent- lichen Irrthum LAUTEEBORN's zu berichtigen. LAUTERBORN fragt S. 135: „Und ist ein nicht materieller Faden überhaupt denkbar, der sich mit Sublimat in situ auf dem Objectträger fixiren lässt und dessen anhaftende Tuschekörnchen bei vorsichtigem Auswaschen nicht fortgeschwemmt werden? Wie kann ein nicht materieller Faden, ein blosser „Körnchenstreifen in demselben Sinne wie ein Rauchstreif durch die Bewegung der fortgleitenden Diatomee hin- und hergezerrt werden . . ." Wer diese Fragen liest, ohne den Wortlaut meiner Arbeit zu kennen, der muss in der That glauben, dass ich ein Unding behauptet hätte. Ich sagte aber Ortsbewegung III, S. 62: „Hier werden die Körnchen durch die anhängenden Gallert- theilchen, bezw. durch minimale Plasmatheilchen, sofern keine Gallerte gebildet wird, Fig. 24 und 2(3 rechte Seite, mit einander verklebt.. . Auf diese Weise muss aus den, durch den Körnchenstrom zugeführten Körnchen ein Faden abgeschoben werden . . . Ich halte es jetzt für sehr zweifelhaft, ob überhaupt ein materieller Faden, sei es aus Plasma, sei es aus Gallerte gebildet wird, an welchem die Körnchen ankleben . . ." Deutlicher als dies hier geschehen kann man nicht aussprechen, dass die Körnchen bei der Aneinanderreihung zu einem Faden durch zurückbleibende Gallert- oder Plasmatheilchen verklebt werden; ein solcher, aus aneinandergeklebten Körnchen bestehender Streifen aber, lässt sich selbstverständlich fixiren, hin und herzerren u. s. w. Um den physikalischen Vorgang bei der Fadenbildung zu veranschaulichen, habe ich dann noch weiter ausgeführt, dass sogar dann, wenn die Körnchen nicht verklebt würden, nothwendig ein aus Körnchen be- stehender Streifen gleich einem Rauchstreifen abgeschoben werden müsste. Den Unterschied zwischen einem lediglich aus verklebten Tuschekörnchen bestehenden Faden und einem materiellen Gallertfaden, an dem die Körnchen ankleben, hat LAÜTERBORN nicht erfasst. — Seine weitere Unterstellung, als habe ich von der Existenz eines „nicht materiellen Faden" gesprochen, muss ich nachdrücklich zurückweisen, das wäre ein Faden aus der vierten Dimension! Bei meinen Untersuchungen über die Gallertbildungen, Orts- bewegung III, S. 60, habe ich umfangreiche Versuche über Quellung und Färbung dieser Bildungen angestellt. Es gelang mir nicht nur Die Ortsbewegung der Bacillariaceen. V. 85 stärkere Schleim- oder Gallertschichten zur Quellung zu veranlassen und zu färben , sondern auch die zartesten Gallertbegrenzungen und ■die feinsten Fadenverzweigungen an dem jeweilig hinteren Pole der Pinnularien zur Wahrnehmung zu bringen, wie sie mitunter vorkommen und dann wahrscheinlich durch das Nachschleppen in die Schleimschicht geratheoer grösserer Fremdkörper ausgezogen werden. (Ortsbewegunglll, Fig. 17 und 18). Niemals aber habe ich die geringste Spur von jenen, am Centralknoten entspringenden, LAUTERBORN'schen Fäden wahr- nehmen können. Wären jene Fäden wirklich vorhanden, so müssten sie ebenso quellbar und färbbar sein wie die Gallerte, aus der sie stammen sollen und wie es die zarten Fadenbüschel an den Polen thatsächlich sind. So lange es daher nicht gelingt die LAUTERBORN'- schen Fäden im gewöhnlichen Wasser ohne Emulsion durch Quellung nachzuweisen und zu färben, muss ich deren Realität bezweifeln und jene allein in Tuscheemulsion erscheinenden Fäden für Körnchen- streifen halten, deren Bildung sich durch das Abstreifen über der Central- knotenüffnung befriedigend erklären lässt. Noch gegen andere Punkte der LAUTERBORN'schen Arbeit würde ich Einspruch erheben müssen, wenn der Raum dies zuliesse. Ich möchte aber diese Entgegnung nicht schliessen, ohne anzuerkennen, dass Lauteeborn im Recht ist, wenn er S. 133 sagt, dass er die Rhaphe der Surirellen früher beschrieben und abgebildet hat, als ich. Ob richtiger, wie er hinzufügt, ist fraglich, da er wahrscheinlich eine -andere Art beobachtet hat. Als ich die Rhaphe der Epithemien und von Nitzschia sigmoidea fand^), und auch die dem Kiele der Nitzschien vergleichbaren Flügel der Surirellen (SurireUa robusta und spiralis) untersuchte, war mir entfallen, dass LAUTERBORN bereits 3 Jahre früher den Spalt bei einer ungenannten Surii'ella aufgefunden hatte. Ich bedaure daher ihn nicht ausdrücklich genannt zu haben, aber ich bedaure ebenfalls, dass LAUTERBORN, nach der Form seines Monitums, dabei eine Absicht vermuthet. — Wenn er dagegen S. L34 auch die Bestätigung der FLÖGEL'schen Riefenkammern für sich in Anspruch nimmt und mir vorwirft, ihn auch hier übergangen zu haben, so be- findet er sich im Irrthum. Die von FlÖGEL aufgefundene Structar der Riefenkammern habe ich 1889, 4 Jahre früher als er, auf Grund -eingehender Untersuchungen bestätigt^); wenn ich mich darauf „be- schränkt habe, FLÖGEL beizupflichten", so that ich dies, weil die Rhaphe der Pinnularien der Gegenstand dieser Arbeit war und ich daher keine Veranlassung hatte, auf die anderweitigen Structurverhältnisse näher einzugehen; den subtilen Unterschied, den LAUTERBORN zwischen 1) Ortsbewegung III, S. 56; Rhopalodia S. 55 und tab. II, Fig. 22. 2) Durchbrechungen S. 169. 86 C. Steinbrinck: „beipflichten" und „bestätigen" macht, kann ich nicht als berechtigt anerkennen. Die vorstehend erörterten Fragen habe ich eingehender behandeln müssen, weil den Zoologen meine Arbeiten über die Ortsbewegung der Bacillariaceen kaum bekannt sein dürften. Das LAUTEKBORN'sche Werk dagegen, dessen vorwiegender Inhalt, die Kerntheilung der Diatomeen, sicherlich das grosseste Interesse verdient, hat den Yor- theil, unter der stolzen Flagge des Heidelberger Zoologischen Instituts zu segeln. In meinen Arbeiten über die Ortsbewegung sind nach und nach eine grössere Zahl von Einzelbeobachtungen und Schlussfolgerungen mitgetheilt worden. Neue Untersuchungen werden vielleicht manche derselben als irrig erweisen oder modificiren. Jede begründete Berichtigung, die einen tieferen Einblick in das Wesen der Orts- bewegung gewährt, wird willkommen sein. Immer aber wird billiger- weise vorausgesetzt werden müssen, dass, wer fremde Arbeiten mit vermeintlich überlegener Sachkenntniss aburtheilen will, sie zuvor nach Sinn und Wortlaut aufmerksam prüfe und dass dabei der Antheil nicht verkümmert werde, den andere an der Lösung solcher Fragen za beanspruchen haben. 9. C. Steinbrinck: Der Oeffnungs- und Schleudermechanismus des Farnsporangiums. Eingegangen am 24. Januar 1897. Die Bewegungen, durch welche die Ausstreuung der Sporen bei den Farnen bewerkstelligt wird, sind bekanntlich ziemlich verwickelt, und ihre mechanische Erklärung ist bisher noch nicht gelungen. Es liegt nicht im Plane dieser kurzen Mittheilung, auf die Controversen und Specialuntersuchungen über diesen Gegenstand näher einzugehen. Die folgenden Zeilen sollen sich vielmehr darauf beschränken, jene Vorgänge von einem neuen Gesichtspunkte aus zu beleuchten, der meines Erachtens zu einer physikalisch einwandfreien Deutung derselben führt und die bisher vorhandenen Schwierigkeiten ohne Zwang beseitigt. In meiner Abhandlung: „Grundzüge der Oeflhungsmechanik von Der Oeffnungs- und Schleudermechanismus des Farnsporangiums. 87 Blüthenstaub- und einigen Sporenbehältern"*) habe ich bereits auf die Bedenken hingewiesen, die der „Luftdruckhypothese", wie sie namentlich von SCHRODT entwickelt worden ist, entgegenstehen, konnte aber selbst damals eine bessere Erklärung nicht liefern. Nun sind aber inzwischen die Abhandlungen von DiXON und JOLY, sowie von ASKENASY über das Saftsteigen der Pflanzen erschienen, in welchen u. a. als neues, bisher noch gänzlich unbeachtetes Moment die Cohäsion der Wasserfäden in den Gefäss- und Tracheidenzügen eingeführt wird, um den Hub des Nahrungssaftes bis zu den Gipfeln hoher Bäume verständlich zu machen. Den Arbeiten der genannten drei Forscher verdanke ich nun die Anregung zu der Erwägung, ob nicht auch bei den Annuluszellen der Farne die „Luftdruckhypothese" durch Heranziehung der Cohäsion ihres Füllwassers, bezw. der plötzlichen Ueberwindung derselben durch die elastischen Widerstände der Membranen überflüssig gemacht werden könnte. Dies ist aber, wie im Nachfolgenden auseinandergesetzt werden soll, ohne Zweifel der Fall. Die Wände der einzelnen Zellen des Ringes haben bekanntlich ungleiche Dicke; die nach aussen gewendete Membran steht den Seitenwänden und der Innenwand an Mächtigkeit bedeutend nach. Das Oeffnen der reifen Kapsel wird nun, äusserlich betrachtet, dadurch bewirkt, dass die dünne Decke der einzelnen Ringzellen bei der Ver- dunstung ihres Füllwassers, der Abnahme der Flüssigkeit entsprechend, nach innen eingestülpt und der Gesammtcomplex dieser Zellen somit gestreckt wird. Nach den Versuchsergebnissen, die in den Mittheilungen der drei genannten Forscher niedergelegt sind, bietet sich für dieses Phänomen eine sehr einfache Erklärung dar: Würde die Deckmembran in ihrer ursprünglichen Lage beharren, so würde sich die ihr anhängende Wasserschicht von der übrigen Wassermenge des Zellraumes losreissen müssen. Dies wird aber durch die Cohäsion des Füllwassers verhindert. Die Membran wird erst freigegeben, wenn in dem den Zellraum erfüllenden Wasser der Riss eintritt.') Um nun die Vorgänge beim Aufspringen der Farnkapseln im Ein- zelnen zu erörtern, wählen wir als Beispiel ein Polypodiaceen-Sporangium und stellen uns vor, dasselbe werde, noch geschlossen, in wasserdurch- tränktem Zustande unter dem Mikroskop beobachtet. Beim Verdunsten des Wassers nimmt man drei wesentlich verschiedene auf einander folgende Erscheinungen wahr. L Vorgang: Das Oeffnen der Kapsel unter Einfaltung der Deckmembran, wobei sich der Ring erst streckt und dann auswärts krümmt. 1) Botanisch Jaarboek der Dodonaea, Gent 1895. S. 365. 2) Nach den bisherigen Erfahrungen ist die Cohäsion des Wassers geringer als seine Adhäsion an der Membran. 83 ^- Steinbrinck: Von dieser Formveränderung der Annuluszellen war oben schon die Rede. Sie vollzieht sich allmählich, indem sich die Membranfalte, die von aussen in den Zellraum hineinragt, mehr und mehr vertieft und an den Boden heranrückt. Die dicken Seitenpfeiler der Ring- zellen, die durch deren Radialwände gebildet werden, nähern gleich- zeitig ihre Aussenkanten einander bis zu deren gegenseitiger Be- rührung. Dabei bleibt die eingestülpte Decke stets in innigstem Contact mit der gekrümmten Oberfläciae des Füllwassers. Die Aus- wärtskrümmung des Ringes kann soweit gehen, dass seine freien Enden wiederum nahezu zusammenstossen, und der Ring eine der ursprüng- lichen entgegengesetzte Form darbietet, bei der seine Aussenseite von den Innen- (Boden-) Wänden der Elemente gebildet wird. üeber die Ursache dieser Erscheinungen brauchen wir kein weiteres Wort zu verlieren: die wachsende Einfaltung hängt mit dem steigenden Wasserverlust der Zellräume bei fortschreitender Verdunstung zusammen; die Zugkraft wird von der Cohäsion des Wassers geliefert, welches infolge des elastischen Widerstands der Deckmembran und besonders der dicken Innenwandung nicht unbeträchtlich gedehnt sein muss. Das Stadium der äussersten Rückwärtskrümmung bezeichnet nun die Grenze, bei welcher die Cohäsion des Füllwassers den elastischen W^iderständen vorübergehend noch das Gleichgewicht zu halten vermag. 2. Vorgang: Das Springen der Farnkapsel unter Rück- kehr des Ringes in eine der ursprünglichen nahestehende Form. Wird bei der fortschreitenden Verdunstung das Volum des Füll- I Wassers noch mehr verringert, sein Dehnungszustand mithin ein Weniges I über das Mass erhöht, das die Cohäsion zulässt, so tritt plötzlich an irgend einer Stelle der Riss desselben ein. Damit verschwindet der Zug, der bisher auf die Membran ausgeübt wurde, momentan. Die Seitenwände und die Decke schnellen sofort elastisch zurück. Der Wasserrest breitet sich vermöge der leichten Verschiebbarkeit seiner Theilchen ohne weiteren Widerstand an der Innenfläche des vergrösserten Raumes aus und sammelt sich vorzugsweise in den Ecken. In der freien Atmosphäre tritt in diesen Raum gleichzeitig Luft von aussen ein. War die W^asserabnahme in allen Zellen des Anuulus eine gleich- massige, so werden diese sämmllich in der geschilderten Weise gleichzeitig „springen". Dabei muss sich aber der ganze Ring mit einem Ruck und grosser Energie wieder einwärts krümmen. Es ist also verständlich, dass in diesem Falle das Sporangium durch das Auf- schlagen seines Ringes auf die Unterlage um mehrere Centimeter auf- und seitwärts geschleudert, und die demselben noch anhaftende Sporen- f Der Oeffimiigs- und Schleiulenneclianismus des Farnsporangiums. ^9 Blasse noch beträchtlich weiter ausgestreut werden kann. Bei ungleich- massiger Verdunstung tritt auch das Schnellen einzelner Zellcomplexe successive ein; somit kann dann das Sporangium mehrere Male auf und ab hüpfen. 3. Vorgang: Die Herstellung der endgiltigen Schrum- p'ungsform in Folge vollständiger Verdunstung des Wasser- gehaltes. In Folge des Schneliens ist der Zellraum im Vergleich zu dem vorhergehenden Zustande ganz beträchtlich vergrössert worden. Daher ist es wohl zu begreifen, dass die Verdunstung der Flüssigkeit in den soeben frei gewordenen Raum hinein eine lebhafte ist und auch die dünne Decke theils nach innen, theils nach aussen einen Theil ihres Imbibitionswassers abgiebt, ohne raschen Ersatz zu erhalten. So erklärt es sich, dass der Ring, wenn er nach dem Springen zur Ruhe gekommen ist, nicht mehr genau dieselbe Form zeigt, die er in dem geschlossenen Käpselschen besass, sondern mehr gestreckt (weniger gekrümmt) ist. Unter dem Mikroskop sieht mau diese Streckung in massigem Grade noch fortschreiten, wenn die letzte Wasserhaut der Wände verschwindet. Mit dieser Formänderung sind die Bewegungen des Ringes abgeschlossen, bis sich etwa seine Zellen bei Wasserzutritt unter Vertreibung der Binnenluft von Neuem füllen, und das Spiel des Mechanismus von der ursprünglichen Form des Ringes aus wiederum beginnt. Für die letzte geringfügige Streckung desselben, also für die Her- stellung seiner stationären Trockenform ist nun, wie in der früher citirten Abhandlung: „Grundzüge der Oeffnungsmechanik von Blüthen- staub- und einigen Sporenbehältern", Seite 350, auseinander gesetzt worden ist, die Structur der Zellwände ausschlaggebend. Dort ist nämlich gezeigt worden, dass die „Micellarreihen" der Seiten- und Tangentialwände in fortlaufendem Zuge derart streichen, dass sie auf jenen vom Boden zur Decke (radial nach aussen), auf diesen quer von einer Seitenwand zur anderen verlaufen. Diese Structur wird vermuthlich in erster Linie dadurch bedingt sein, dass die bezeichneten Wandungen während des Vorganges 1. bei der Biegung resp. Streckung hauptsächlich in den angegebenen Richtungen auf Zug in Anspruch genommen werden. Derselbe Wandaufbau bringt es ferner aber auch mit sich, dass das Gewölbe der Decke beim Austrocknen vorzugsweise in der Querrichtung des Ringes (senkrecht zu seiner Ebene) schrumpft und sich somit dem Boden, über dem es im Bogen ausgespannt ist, mit grosser Kraft zu nähern strebt. Dieser Annäherung widerstreben jedoch die Seitenwände, da ihre Höhe nicht entsprechend abnimmt. Das Resultat ist, dass sich die Oberkanten dieser letzteren ähnlich wie im Vorgange 1 wiederum auf einander zu bewegen, diesmal jedoch unter dem Zuge der verkürzten Decke, nicht 90 W. Zopf: unter dem des Wassers. Damit ist auch die letzte Streckung des Annulus in ihrem ursächlichen Zusammenhange klargestellt, und somit das ganze Spiel des Mechanismus widerspruchsfrei auf einfache physikalische Thatsachen zurückgeführt. Schlussbemerkung. Ein Vergleich zwischen den ersten Be- wegungen, die der Wasserverlust bei dem Farnsporangium hervorbringt, mit dem Schrumpfungs vorgange der meisten Antheren wird von Interesse sein. Die Auswärtskrümmung, die sich an den bezeichneten Organen voll- zieht, ist beide Male bedingt durch die ungleichen Biegungswider- stände, welche die nach aussen und die nach innen gelegenen Wand- partieen des dynamischen Zellcomplexes leisten. Der Widerstand der äusseren ist nämlich beträchtlich kleiner. Die Zugkraft wird aber in dem einen Falle, bei den Antheren, durch den Wasserverlust der Zell- wandung, bei dem Farnsporangium dagegen durch die Abnahme des Füllwassers der Zeliräume geliefert, durch dessen Molecular- anziehung zu den festen Theilchen der Zellwand und zwischen den eigenen Theilchen das Yolum des Zellraumes verringert wird. 10. W. Zopf: Ueber Nebensymbiose (Parasymbiose). Eingegangen am 25. Januar 1897. Bei meinen letztjährigen Studien über solche Pilze, welche Flechten bewohnen und gewöhnlich als „Flechtenparasiten" bezeichnet werden, fiel es mir auf, dass diese Ansiedler den Flechten gegenüber sich sehr ungleich verhalten. Während nämlich die einen derart auf die Wirthspflanze einwirken, dass die befallenen Theile mehr oder minder stark beschädigt bezw. getödtet werden, rufen andere solche Schädigungen nicht hervor, selbst dann nicht, wenn sie ausschliesslich endophytisch vegetiren. Die betreffende Flechte zeigt vielmehr ein eben so frisches und gesundes Aussehen, wie nicht befallene Exemplare, vegetirt und fructificirt auch augenscheinlich durchaus unbehindert weiter. Genauere mikroskopische Untersuchung lässt ebenfalls keinerlei Schädigung er- kennen. Insbesondere fällt es auf, dass die Algengruppen stets schön grün bleiben, auch wenn sie in unmittelbarster Nachbarschaft des Eindringlings liegen. In Anlehnung an solche Befunde lässt sich die Frage aufvverfen, ob nicht etwa der Eindringling in symbiotischen Beziehungen zu der Flechten-Alge steht. lieber Nebensymbiose (Parasymbiose). 91 Träfe dies zu, so läge der Fall vor, dass die Flechtenalge einsymbiotisches Verhältniss nicht bloss mit de'm Flechten pilz einginge, sondern auch noch mit einem zweiten, auf irgend einem Wege in den Flechtenkörper gelangten fremden Pilze. Die von mir gemachten Beobachtungen weisen in der That auf solche Beziehungen hin. Es wurde nämlich gefunden, dass die Hyphen gewisser „Flechten- parasiten** die ihnen erreichbaren Algen der Wirthsflechte förmlich umspinnen und einhüllen, und ferner, dass die umsponnenen Algen keinerlei Schädigung erkennen lassen, vielmehr normalen, schön grünen Inhalt behalten und theilungsfähig bleiben. Es waren drei arthoniaceenartige Pilze: Rhymbocarptcs 'punctiformis Zopf auf Rhizocaiyon geograyhicum^ sowie Conida punctella (Nyl.) und C. rubescens Arnold auf Diplotomma alboatrum, an denen ich meine nächsten Studien machte. Bezüglich der näheren Charakteristik dieser Arten kann ich auf eine in einiger Zeit in den Nova Acta Leop. er- scheinende, von Abbildungen begleitete Abhandlung verweisen. Wer von den Lesern sich einmal mit Flechtenparasiten beschäftigt hat, wird wissen, dass es meist ausserordentliche Schwierigkeiten macht, die Hyphen der Eindringlinge von den Hyphen der Wirthsflechte zu unterscheiden, und man wird daher fragen, wie ich denn eine solche Unterscheidung bewerkstelligte. Darauf ist zu antworten, dass sich betreffs des Rhymhocarpus und des Rhizocarpon die Schwierigkeiten auf chemischem Wege beseitigen liessen. Die Hyphen von Rhizocarpon geograp}iicum enthalten bekanntlich in ihren Membranen einen mit Jodlösung schön blau werdenden und hierdurch an das Isolichenin der Membranen von Cetraria islandica erinnernden Stoff; die Hyphen des Rhymbocarpus dagegen färben sich mit Jod nicht blau. Da es nun durch Jod sich nicht bläuende Hyphen waren, welche von den Apothecien des Rhymbocarpus ausgehend die Algen umsponnen hatten, so konnten diese Hyphen nur dem letzteren angehören. Bezüglich der Conida-Arten waren die Schwierigkeiten, die Hyphen des Eindringlings von denen des Diplotomma zu unterscheiden, schon auf rein optischem Wege zu überwinden. Die Algen gehen nämlich fast bis dicht unter die Schlauchschicht der Conida-Yrncht heran und sind in das Hypotheciumgewebe derselben in grosser Zahl eingeschlossen. Dies sind meine thatsächlichen, in der oben angeführten Abhandlung durch Zeichnungen veranschaulichten Beobachtungen. Was nun die Deutung derselben anbetrifft, so liegt in Anbetracht des Umstandes, dass die zahlreichen, von den Hyphen des Eindringlings umsponnenen Algenzellen den Eindruck voller Lebenskräftigkeit machen und darin den durch die Flechtenhyphen umsponnenen völlig gleichen, die Wahrscheinlichkeit vor, dass die Hyphen des Eindringlings zur Alge in einem symbiotischen Verhältniss stehen. 92 A. Rimbach: Man würde demnach solche Eindringlinge nicht als „Parasiten" aufzufassen haben, sondern als Pilze, welche mit Flechtenalgen eine Art von Consortium bilden. Ein solches Consortium würde den Consortien, die man heutzutage als „Flechten" bezeichnet, in biologischer Beziehung nahe stehen, morphologisch indessen nicht mit ihnen auf eine Stufe gestellt werden können, da es nicht als scharf begrenztes Rand- oder Spitzenwachsthum zeigendes Gebilde entgegen- tritt. Es würde sich also hier gewissermassen um eine niedere Form von Flechtenbildung handeln, die zugleich als eine Mittel- stufe zwischen Flechte und Pilz betrachtet werden könnte. Ich zweifle nicht, dass ebenso wie die Synthese ächter Flechten gelingt, so auch die Synthese solcher niederen Flechtenformen gelingen wird und bin mit diesbezüglichen Versuchen beschäftigt. Nach dem was ich an Rhymbocarpus und Conida beobachtete, ist es sehr wahrscheinlich, dass noch viele andere Flechtenparasiten, die ihren VVirthspflanzen augenscheinlich keinen Schaden zufügen, solche niederen Formen von Flechtenbildung darstellen und damit die ältere Auffassung der Lichenologen, die auch heute noch von NYLANDER vertreten wiid, aber freilich niemals eine besondere Begründung erfuhr — nämlich die Auffassung der Flechtenparasiten als „Flechten" — sich in gewissem Sinne als richtig erweisen dürfte. Kryptogamisches Laboratorium der Universität Halle a. S. 11. A. Rimbach: Ueber die Lebensweise der geophiien Pflanzen. Eingegangen am 26. Januar 1897. Yiele Landoflanzen vertheilen ihre Glieder in den von ihnen be- wohnten Medien derart, dass das Wurzelsystem im Boden, das Spross- eystem in der Luft sich ausbreitet und die Grenze zwischen Spross und Wurzel ungefähr mit der Erdoberfläche zusammenfällt. Solche Arten pflegen als typische Vertreter der Landpflanzen betrachtet zu werden. Von dem Verhalten derselben weichen aber zahlreiche Gewächse nach zwei entgegengesetzten Richtungen hin ab. Manche, wie viele Epi- phyten, stehen mit der Erde in gar keiner Verbindung; ihre V^^urzeln befinden sich, gleich den Sprossen, in der Luft und liegen dem Substrate bloss äusserlich an. Diese Pflanzen kann man als aerophile bezeichnen. Ueber die Lebensweise der geophileu Pflanzen. 9ä Das entgegengesetzte Extrem bilden solche, bei denen ausser den Wurzeln auch die Sprosse mehr oder weniger im Innern der Erde iegen, und welche deshalb mit ARESCHOUG^) geophile Pflanzen ge- nannt werden können. In den folgenden Zeilen sollen die geophilen Pflanzen als biologischer Typus besprochen und einige Beispiele für die innerhalb dieses Typus vorkommenden Verschiedenheiten der Lebensweise angeführt werden. Die geophilen Pflanzen haben bei extremer Ausbildung das Eigen- thümliche, dass von ihren Sprossen nur diejenigen Theile über die Bodenoberfläche treten, welche Luft und Licht zur Ausübung ihrer Functionen durchaus nöthig haben, nämlich die Assimilations- und Fortpflanzungsorgane, dass aber alles andere im Innern der Erde liegt, im Besondern die Reservestoffbebälter und die der Erneuerung des Individuums dienenden Bildungsgewebe. In ähnlicher Weise, wie es bei den Landpflanzen geschieht, weichen auch die Wasserpflanzen nach zwei entgegengesetzten Richtungen aus einander, indem manche derselben eine sehr innige Vereinigung mit der Erde eingehen, andere gar keine solche unterhalten. Die ersteren, welche mit Sprosstheilen im Boden der Gewässer wachsen, kann man mit den geophilen Landpflanzen, die letzteren, die frei schwimmenden Wasserpllanzen, mit den aerophilen Landpflanzen vergleichen. An der Grenze des Typus der geophilen Pflanzen stehen unter anderen solche, welche sich ganz an der Oberfläche des Bodens auf- halten, wie manche Kbizom tragende /m- Arten, A^pidistra, Asarum europaeum, Geuvi rivale. Typische Repräsentanten sind dagegen manche Scitamineen, Paris quaclrifolia, Aconitum Napellus, Valeriana officinalis^ Succisa pratensis, Plajitago 'major, welche in verhältnissmässig geringer Tiefe liegen, ferner Pteris aquilina, Bomarea Caldasiana, Allium ursinum, Gagea lutea, Lilium Martagon, Colchicum auctumnale, Arum inaculatum, Gymnadenia conopea, B/pipactis latifolia, welche alle sich in verhältniss- mässig bedeutender Tiefe befinden. Wenn bei derartigen das Extrem des Typus darstellenden Vertretern die Assimilations- und Fortpflanzungs- organe, wie es zeitweilig bei manchen geschieht, verschwinden, so ragen keine lebenden Theile der Pflanzen über die Bodenoberfläche empor. Recht aufl'allend werden die Eigenthümlichkeiten der geophilen Pflanzen bei solchen Yertretern dieses Typus, welche im Verhältniss zu ihrer Grösse in sehr bedeutender Bodentiefe leben und bei welchen daher die an die Oberfläche der Erde tretenden Organe einen weiten Weg zu machen haben, bis sie dieselbe erreichen. Das ist beispiels- weise der Fall bei der etwa 15 mm hohen Zwiebel von Gagea lutea. 1) F. W. G. Areschoug, Beiträge zur Biologie der geophilen Pflanzen. (Acta Reg. Soc. Phys. Lund. T. VI. Lund 1896.) 94 '^- RiMBAUH: welche in 10 cm Tiefe, bei der 2 cm dicken Knolle von Arum macu- latum, welche ebenso tief, und bei der etwa 4 cm hohen Knolle voq Colchicum auctumnale, welche in \b cm Tiefe mit ihrem Vegetations- punkte zu liegen kommt. Diese Pflanzen gelangen durch eigene Thätigkeit in die angeführte Tieflage und werden darin durch eine eigenthümliche Selbstregulirung erhalten/) Typische Vertreter der geophilen Pflanzen scheinen in allen Klimaten und in den meisten Vegetations-Formationen vorzukommen. Wenn sie auch in solchen Gegenden besonders reich vertreten sind, in welchen durch eine läugere, scharf ausgesprochene Trockenzeit oder durch die Winterkälte die Vegetation unterbrochen wird, so sind sie doch auch beispielsweise in mit gleichmässig feuchtwarmem Klima ausgestatteten Tropenregionen nicht selten. In den immer feuchten Wäldern auf dem Ostabhange der Anden am oberen Maranon sah ich sie vertreten durch die bis zu 10 cm Tiefe gehende Eucharis grandiflora, mehrere in ebenso grosser Tiefe wachsende Dichorisandra und andere Commelinaceen, durch zahlreiche KnoUen-Araceen und viele mit im Boden kriechenden Rhizomen ausgestattete Scitamineen. Innerhalb der Gruppe der geophilen Pflanzen herrscht eine grosse Mannigfaltigkeit der unterirdischen Lebensweise. Es soll hier bloss auf einige der vorkommenden Verschiedenheiten näher eingegangen werden, und zwar auf diejenigen, welche entstehen durch die Wachs- thumsrichtung der Grundaxe, durch die Dauer der einzelnen Ab- schnitte derselben und durch die Verwendung verschiedener Pflanzen- glieder als Reservestofibehälter. Viele geophile Pflanzen besitzen eine verticale, mit aufwärts führender Wachsthumsrichtung begabte Grundaxe. So Lilium Martagon^ Gladiolus com,mums, Oxalis lasiandra, Plantago major^ Gentiana cru~ data TaraxacuTn officinale. Das Emporwachsen des Stammes in die Luft wird bei diesen Pflanzen verhindert durch die Thätigkeit contractiler Wurzeln; diese ziehen den Stamm, seiner Wachsthumsrichtung ent- gegen, nach unten, schafl'en seinen Vegetationspunkt in eine gewisse Tiefe und erhalten ihn in derselben. Erleichtert oder ermöglicht wird dieses Resultat allgemein dadurch, dass die Grundaxe oben einen verhält- nissmässig sehr unbedeutenden Zuwachs erhält und in vielen Fällen unten schnell abstirbt, immer aber verhältnissmässig gedrungen bleibt. Innerhalb dieser Gruppe mit aufrechter Grundaxe macht sich ein Unterschied geltend, je nachdem die Hauptwurzel persistirt oder abstirbt, in welch letzterem Falle die ßewurzelung ausschliesslich durch Adventiv- 1) Vergl. A. EiMBACH, Zur Biologie der Pflanzen mit unterirdischem Spross. Diese Berichte, 1895, Bd. XIII, S. 141, und: Ueber die Tief läge unterirdisch aus- dauernder Pflanzen. Ebenda, 1896, Bd. XIV, S. 164. Ueber die Lebensweise der geophilen Pflanzen. 95 wurzeln geschieht. Ersteres kommt nur bei Dicotylen vor, und Bei- spiele dafür sind Plantago media^ Pimpinella Saxifraga und Äquüegia vulgaris. Den letzteren Fall vertreten von Monocotylen : Leucoium ver- num, Polyanthes tuberosa, Gladiolus communis, von Dicotylen: Ranun- culus bulbosus, Plantago major, Succisa pratensis. Systematisch sehr nahe stehende Arten verhalten sich in dieser Beziehung manchmal ganz verschieden. So bewegt sich Plantago viedia mit Hülfe der ausdauernden, contractilen Hauptwurzel abwärts, während seine aus dem Stamme entspringenden Adventivwurzeln nicht con- tractu sind. Plantago major hingegen giebt die Hauptwurzel bald auf und dringt durch die contractilen Adventivwurzeln in die Erde, wobei der Stamm von unten her abstirbt.^) Ein gleiches Verhältniss besteht zwischen den ziemlich nahe verwandten Taraxacum officinale und Leontodon auctumnale. Eine andere Gruppe, welche der eben besprochenen schroff gegen- übersteht, besitzt horizontal gerichtete und im Allgemeinen mit horizontaler Wachsthumsrichtung begabte Grundaxe. Dies trifft genau nur für die erwachsenen und in normaler Tieflage befindlichen Individuen zu. Unerwachsene oder nicht in normaler Tieflage befind- liche erwachsene Individuen haben eine von der horizontalen mehr oder weniger abweichende Richtung''). Fortbewegung durch contractile Wurzeln kommt bei den typischen Vertretern dieser Gruppe nicht vor. Es gehören hierher: Paris quadrifolia, Colchicum auctumnale, Tulipa silvestris, Gagea lutea, Piatanthera bifolia, Herminium Monorchie, Listera ovata, Aconitum Napellus, Anemone nemorosa^), Physalis Alkekengi. Alle diese Pflanzen dringen in die Erde durch mehr oder weniger steil, in manchen Fällen fast senkrecht gerichtetes VVachsthum ihrer Grund- achse. Etwas verändert wird die Sachlage durch das Auftreten con- tractiler Wurzeln, wie bei vielen Scitamineen, Polygonatum multifiorum, Asparagus officinalis, wo indessen die Wahl der Tieflage vorwiegend durch das Stammorgan erfolgt. Andererseits wächst bei Arum maculatum und Hermodactylus tuberosus das Stammorgan annähernd horizontal, seine stark contractilen Wurzeln befördern es aber in die Tiefe. Bekanntlich benutzt die Pflanze zur Niederlegung der Reserve- stoffe selten ihren ganzen Körper in gleicher Weise, sondern bevorzugt gewöhnlich einzelne Glieder desselben, indem sie entweder die Wurzeln oder den Spross, und in letzterem Falle wiederum in besonderer Weise den Stamm oder das Blatt zum Reservestoffbehälter wählt. 1) Eine dritte Modification bildet Plantago lanceolata, deren ausdauernde Hauptwiu-zel nur ganz unbedeutend contractu zu sein scheint (ich habe sie nicht untersucht) und deren Stamm oberirdisch bleibt. 2) Vergi, meine citirten Mittheilungen. 3) Anemone verhält sich in der frühesten Jugend vielleicht abweichend. 96 A. Eimbach: Geophile Pflanzen, bei welchen ausschliesslich der Axentheil der Sprosse als Reservestoff behälter dient, sind sehr häu6g. Stoffspeichernde, verticale, durch contractile Wurzeln fortbewegte Axen besitzen Gladiolus communis, Polianthes tuberosa, Ranunculus bulbosus, Plantago viajoi\ horizontal wachsende Axen ohne contractile Wurzeln haben Colchicum, auctum,nale, Paris quadrifolia, Physalis Alkekengi, Anemone nemorosa. Findet die Speicherung vorzugsweise in den Blättern des (gewöhn- lich gestauchten) unterirdischen Sprosses statt, so liegt das Gebilde vor, welches man als Zwiebel zu bezeichnen pflegt. Zwiebeln mit verticaler Axe und contractilen Wurzeln besitzen Lilium, Martagon^ Fritillaria Tneleagris, Allium, ursinum, Leucoium vernum, Oxalis lasiandra. Zwiebel mit horizontal wachsender Axe und nicht contractilen Wurzein haben Tulipa Gesneriana und andere Arten dieser Gattung, sowie unsere Gagea-Arien. Auch hier kann man die Beobachtung machen, dass systematisch sehr nahestehende Arten ein biologisch sehr verschiedenes Verhalten zeigen. So stehen sich Lilium und Tulipa, Allium und Gagea gegenüber. Speicherung in den Wurzeln bei aufrechtem Stamme findet statt bei Aquilegia vulgaris^ Heracleum Sphondyliunn, Atropa Belladonna, Taraxacum offlcinale; und zwar ist es hier die Hauptwurzel nebst ihren Verzweigungen, welche ausdauert und als Stoflbehälter dient. Speicherwurzeln an horizontalem Stamm haben Alstroemeria peregrina, Epipactis latifolia, Listera ovata, wo sie nicht contraciil, und Asparagus officinalis, Anthericum Liliago, Agapanthus umbellatus, wo sie wenig contractu sind. Innerhalb des Typus der geophilen Pflanzen macht sich ein Gegensatz geltend zwischen solchen Pflanzen, welche auf den einmal angelegten Theilen fortbauen und dieselben durch Zuwachs erweitern, und solchen, welche die älteren Bildungen ganz aufgeben und sie durch neue ersetzen. Den ersten Fall vertreten jene Arten, bei welchen Keimspross und Keimwurzel erhalten und weiter entwickelt werden, zum Beispiel Atropa, Phyteuma, Taraxacum; den zweiten jene Arten, bei welchen diese Gebilde der Zerstörung preisgegeben und an ihrer Stelle neue geschaffen werden, die später demselben Loose verfallen, wie es bei Lilium, Tulipa, Arum, Ranunculus, Aconitum geschieht. Ein nicht unwichtiger biologischer Unterschied tritt dabei auf zwischen den mit horizontal fortwachsender und den mit aufrechter Grundachse ausgestatteten Arten, indem die ersteren ihren Platz ver- ändern, die letzteren hingegen an demselben verharren. Einen in horizontaler Richtung erfolgenden Platzwechsel der Pflanzen nennen wir Wanderung. Unter den wandernden Pflanzen besteht wiederum ein Unterschied, je nachdem die älteren Theile der Grundaxe nach kürzerer oder längerer Zeit zu Grunde gehen. Sehr schnell sterben Ueber die Lebensweise der geopbilen Pflanzen, 97 dieselben ab bei Arum, Bermodactylus, Colchicum, TuUpa, Orchis, Gymnadenia, Piatanthera, Aconitum Napellus. Bei diesen allen ist stets nur das Product eines Yegelationscyklus in ausgebildetem Zu- stande vorhanden. Länger erhalten sich die älteren Theile bei Bomarea, Polygonatum, Äsparagus, Paris, Epipactis, Lister a, Canna und anderen Scitamineen, Anemone nemorosa und ranunculoides, Dentaria bulbifera. Bei manchen derselben sind über 20 lebende Jahrgänge in Verbindung mit einander. Was die Schnelligkeit des Wanderns betrifft, so rückt in einem Jahre Listera ovata 3 — b mm, Arum maculatum 1 — 'dem, PolygonatuTn multiflorum 3 — 5 cm, Paris quadrifolia 6 — 8 cm fort. Diese Pflanzen schreiten dabei im Ganzen geradlinig weiter. Manche Orchideen je- doch, wie Ophrys muscifera, Piatanthera bifolia und andere, bewegen sich, wie bereits IRMISCH beobachtete, in einem engen Kreise, so dass die Pflanze im dritten Jahre ungefähr wieder auf dieselbe Stelle zu stehen kommt, auf welcher sie sich im ersten befand. Die über die Erdoberfläche tretenden Theile erscheinen bei den wandernden Pflanzen also jedes Jahr (oder in jedem Vegetationscyklus) an einer anderen Stelle. Etwas eigenthümlich verhält sich in dieser Be- ziehung aber Colchicum auctum,nale. Hier bleiben die aus abgestorbenen Blättern entstandenen braunen, festen Hüllen, welche den unterirdischen Theil der Pflanze umschliessen, bis an die Erdoberfläche erhalten und zwingen die Blätter und Blüthen, denselben Weg nach oben zu nehmen, welchen die oberirdischen Organe früherer Jahrgänge bereits gemacht haben. Da nun aber der Stammtheil der Pflanze horizontal im Boden um einige Millimeter jährlich vorzurücken bestrebt ist, so kommt es, dass bei älteren Exemplaren die Knolle sich nicht senkrecht unter den oberhalb des Bodens sichtbaren Sprosstheilen befindet, sondern mehrere (5 — 7) Centimeter seitlich von denselben, und dass die über die Erd- oberfläche tretenden Theile der Pflanze im Boden eine S-förmige Krümmung machen. Hier ist auch der Ort, eine Gruppe von Pflanzen zu erwähnen, welche sich dadurch auszeichnen, dass sie Keimwurzel und Keimspross zwar weiter ausbauen, jedoch die ältesten Gewebe derselben in gesetz- mässiger Weise absterben lassen, durch welchen Vorgang dann die Axenorgane in mannigfacher Weise zerklüftet werden. Diese „zer- klüftenden" Pflanzen, welche besonders von JOST^) näher untersucht worden sind, nehmen, wie dieser Autor mit Recht hervorhebt, eine Mittelstellung ein zwischen jenen, welche die Hauptwurzel und die älteren Stammtheile erhalten und verdicken, und jenen, weiche sie auf- geben und durch neue ersetzen. Zu diesen zerklüftenden Pflanzen ge- 1) L. JoST, Die Zerklüftungen einiger Rhizome und Wurzeln, Bot. Zeit. 1890, Nr. 28-32. Ber. d. deutsch, bot. Gesellscb. XV. 7 98 A. Kimbach: Speicherung vorwiegend in: Stamm Blatt (Zwiebelbildung) Wurzel r tc' s 2-^ rn fl C( a ^ :Ö -v -5 OS o V3 a CO CO 03 ä CO es CS a o f 'S o -§ CS OD s "S o ^ CS o ;^ •pH -gj a a o 1 •pH -^ o 'Ti «8 1 a -k' o a X o ;-( u »a es O in ' a a o Polianthes tuberosa Plantago major Gladiolus communis Ranunculus bulbosus Lilium Martagon Leueoium vernum Äquilegia vulgaris Taraxacumofficinale Gentiana cruciata Salvia pratensis Tigridia pavonia Oxalis elegans Polygonatum multifloruin Ganna indica Paris quadrifolia Anemone nemorosa Arum maculatum Hermodactylus tuberosus Gircaea lutetiana Trientalis europaea Tulipa Gesneriana Gagea lutea Asparagus officinalis lAstera ovata Piatanthera bifolia Aconitum Napellus <0 ID X X es Cd Ti Tä a a a a ;-( ^ O C5 Ueber die Lebensweise der geophilen Pflauzeu. 99 hören unter anderen Gentiana oniciata, Corydalis nobilis und ochro- leuca, Aconitum Lycoctonum^ Salvia pratensis. In der nebenstehenden Tabelle sind Pdanzenarten zusammengestellt, welche sich systematisch meist ziemlich fern stehen, in Rücksicht auf die im Vorhergehenden besprochenen biologischen Eigenthümlichkeiten aber in sehr hohem Grade übereinstimmen. Durch Heranziehen weiterer Charaktere lässt sich natürlich die Bildung solcher biologischer Gruppen noch mehr ausdehnen. Durch je zwei der aufgeführten Pflanzen werden meistens eine grössere Menge ganz ähnlich organisirter Arten vertreten. Zu grosser biologischer Aehnlichkeit gelangen Gladiolus communis und Ranunculus bulbosus, weil beide einen vertical aufwärts wachsenden, knollenförmigen, mit Reservestoffen gefüllten Stamm besitzen, an welchem, in Folge baldigen Absterbens der älteren Theile, nur ein vollständig entwickeltes Jahresproduct vorhanden ist, und welcher durch periodisch gebildete, kurzlebige, contractile Wurzeln abwärts gezogen wird. Paris quadrifolia und Anemone nemorosa haben insofern ganz ähn- liche Lebensweise, als bei beiden die mit Reservestoffen gefüllte Grund- axe in horizontaler Richtung fortwächst, im Boden ziemlich rasch wandert, am hinteren Ende sehr spät abstirbt und deshalb viele Jahr- gänge umfasst, und nur fadenförmige, nicht contractile Wurzeln besitzt- A/nim maculatum und Hermodactylus tuberosus bilden ein ähnliches Paar. Der Stamm ist hier als lieservestoffbehälter ausgebildet, knollen- förmig, mit horizontaler Wachsthumsrichtung. Seine Sprossungen dauern im entwickelten Zustande nur eine Vegetationsperiode. Durch periodisch gebildete, kurzlebige, stark contractile Wurzeln wird der kurz bleibende Stamm in die Tiefe gezogen. Tiyridia pavonia und Oxalis eleyans besitzen beide eine vertical aufwärts wachsende Zwiebel, welche nur die entwickelten Producte eines Jahres umfasst und durch contractile Wurzeln, neben welchen ausserdem nichtcontractile existireu, abwärts bewegt wird. Bei Listera ovata und Asparayus officinalis ist übereinstimmend der Stamm in der Jugend absteigend, im Alter horizontal fortkriechend und enthält die Producte vieler Jahre. Die zahlreichen, nicht oder nur wenig contractilen, fleischigen Adventivwurzeln enthalten die Reserve- stoffe. Aquilegia vulgaris und Taraxacum officinale stimmen darin überein, dass Keimspross und Keimwurzel erhalten und erweitert werden und dass die Reservestoffe in der fleischigen, durch ihre Contraction den senkrecht wachsenden Stamm abwärts ziehenden Hauptwurzel und deren Verzweigungen niedergelegt werden. Die angeführten Beispiele zeigen, wie sich unter den geophilen Pflanzen auf Grund der Verschiedenheit in der Lebensweise biologische Gruppen bilden lassen. Diese biologischen Gruppen decken sich viel- 7* 100 J Schrodt: fach mit systematischen sehr wenig, weil einzelne biologische Eigen- thümlichkeiteu sporadisch in den letzteren auftreten. Ebenso setzen sich ja auch die biologischen Gruppen der Windepflanzen, Ranken- pflanzen, Stammsucculenten, Blattsucculenten und andere aus An- gehörigen sehr von einander abweichender systematischer Abtheilungen zusammen. 12. J. Schrodt: Die Bewegung der Farnsporangien, von neuen Gesichtspunkten aus betrachtet. Eingegangen am 28. Januar 1897. Für den Bewegungsmechanismus der Farnsporangien, insbesondere der der Polypodiaceen, sind bisher drei Erklärungsversuche gemacht worden, die ich als den PRANTL-LECLERC'schen, den SCHßODT'schen und den STEINBRINCK'schen bezeichnen möchte. Bevor ich an die- selben in ihren wesentlichsten Punkten erinnere, sei es mir gestattet, der Vollständigkeit halber jenen zur Ausstreuung der Sporen dienenden Vorgang selbst mit wenigen Worten zu schildern: Die reifen Sporangien bestehen bekanntlich aus einem sehr zart- wandigen, ellipsoidischen, kurz gestielten Säckchen, in welchem vom Stiele über den Scheitel hinweg und auf der anderen Seite wieder fast bis zum Stiele herunter der sogenannte Annulus verläuft, gebildet aus einer Reihe dickwandiger Zellen, die man passend mit senkrecht zu ihrer ebenen Oberfläche halbirten runden Pappschachteln verglichen hat. Die halbkreisförmigen Seitenwände und der bandförmige Boden, dem sie senkrecht aufsitzen, sind ausserordentlich verdickt, während die halbcylindrische Decke als ein feines Häutchen darüber gespannt ist. Diese Zellen sind zur Zeit der Reife mit Wasser gefüllt. Indem dieses bei trockener Luft in wenigen Secunden schwindet, streckt sich der Ring unter Zerreissung des Sporenbehälters gerade und krümmt sich vollständig zurück, bis seine Enden wieder fast zur Berührung kommen, so dass also die dünne Decke jetzt im Innern des Ringes, der Boden aussen liegt, wobei sich erstere tief in das Lumen einstülpt. Hat der Annulus diese Lage angenommen, so springt er plötzlich in die Anfangsstellung zurück und schleudert durch diesen kräftigen Ruck die im Sporangium enthaltenen Sporen theilweise heraus. Hierauf beob- achtet man eine abermalige Streckung, welche aber nur so weit geht. Bewegung der Famsporangien, vou neuen Gesichtspunkten aus betrachtet. 101 <3ass der Ring jetzt annähernd eine gerade Linie bildet. Werden die Sporangien durch Thau oder Regen befeuchtet, so schliessen sie sich auf's Neue, bei eintretender Trockenheit spielt sich der oben geschilderte Vorgang in derselben Weise ab und kann durch Befeuchten mit Wasser und Wasser entziehenden Mitteln beliebig oft mit denselben Sporangien wiederholt werden. Benutzt man dazu von ihrem Stiele abgerissene, welche man etwa auf einen Objectträger gelegt hat, so springen die- selben bis zu 1 cm und mehr in die Höhe in Folge des Widerstandes der Luft gegen die kappenförmige Reste des Sporensäckchens an den beiden Enden des Annulus. Da ich auf diese Bewegungserscheinungen öfters Bezug zu nehmen habe, so sei es zur Abkürzung gestattet, die Lage des geschlossenen Sporangiums als J-Stelluug, die Lage des zurück gekrümmten Sporan- giums als C-Stellung und die Lage des zur geraden Linie gestreckten trockenen Sporangiums als E-Stellung zu bezeichnen. Der Streit der Meinungen besteht nun hauptsächlich in der Er- klärung des Ueberganges aus der C- in die J-Stellung, wozu die An- nahme von Spannungsänderungen der Membranen in Folge von Wasser- verlust nicht ausreicht; denn wenn durch solchen das Sporangium in die C-Stellung gezwungen wird, so kann unmöglich bei Fortbestehen dieser Ursache der üebergang zur J-Stellung damit vereinbar sein. An dieser Schwierigkeit scheitert der (3.) STEINBRINCK'sche Erklärungs- versuch, wie der Autor auch selber zuzugeben scheint, indem er (S. 456) bemerkt, dass der Process schwerlich, „als ein Product der Austrocknung" angesprochen werden könne. Daher blieben bis jetzt nur die PRANTL-LECLERC'sche und meine Erklärung bestehen, deren grundsätzliche Verschiedenheit einerseits, deren Lücken und Mängel andererseits im Folgenden aus einander ge- setzt werden sollen. Der Grundgedanke, in welchem beide sich ver- einigen, ist die Inanspruchnahme des Luftdruckes beim Üebergang aus der C- in die J-Stellung. Während PeaNTL wahrscheinlich zu machen sucht, dass dieser Druck von derjenigen Luft herrührt, welche man im Innern der Annuluszellen als runde Blase in dem Augenblick auftreten sieht, in welchem die Deckmembran ihre tief in's Innere der Zellen hinabgehende Falte glättet und das Sporangium springt, habe ich die Ansicht vertreten, dass im Momente des Springens die atmosphärische Luft von aussen durch die dünne Deckmembran in das Innere der Zellen eindringt. Hiermit hängt nothwendig zu- sammen, dass bei PRANTL diese Membran absolut undurchlässig für Luft, bei meiner Auffassung das Gegentheil der Fall sein muss. W^elche Unterschiede im Einzelnen noch vorhanden sind, wird sich am un- gezwungensten ergeben, wenn ich die Hauptmomente des Dehiscenz- vorganges der Reihe nach durchgehe und die dabei auftretenden Fragen nach den Ursachen aufstelle bezw. zu beantworten versuche. 102 J. Schrodt: ' 1. Ich gehe von einem gerade gestreckten, also in der E-Stellung zur Ruhe gekommenen Sporangium aus, welches sich zwischen Object- träger und Deckglas befindet und von Wasser benetzt wird. Dasselbe geht in wenigen Secunden in die J-Stellung über; dabei sind in den Zellen (des Annulus) grosse Luftblasen vorhanden, die allmählich kleiner werden und endlich ganz schwinden. Hier nimmt PEANTL an, dass die Luftblasen ihrem Drucke und ihrer chemischen Zusammensetzung nach mit der Atmosphäre übereinstimmen und dass in den Zellen ein Wasser anziehender Stoff vorhanden sei, stark genug, um den Gegen- druck der durch den Wassereintritt zusammengepressten Luft zu über- winden; denn die Membran ist für Luft impermeabel, letztere löst sich ganz in dem eingedrungenen Wasser auf. Ich nehme an, dass beim trockenen Sporangium die halbcylindrische Deckmembran sich verkürzt, die Querwände (quer zur Längsrichtung des Annulus) einander nähert und den bandförmigen Boden gerade streckt. Bei Zutritt von Wasser wird die Spannung aufgehoben, die Lumina der Zellen vergrössern sich, und es entsteht eine schwache Luftverdünnung in ihnen, durch welche etwas Wasser in das Innere hineingesaugt wird; in demselben rundet sich die Luft zu einer Blase ab, deren Oberflächenspannung die noch vorhandene Luft nach den Orten geringeren Druckes, also durch die Membran nach aussen treibt. 2. Lässt man ein mit Wasser gefülltes Sporangium trocknen, so geht es aus der J- in die C-Stellung über, während sich die Querwände nähern und die halbcylindrische Decke tief ins Innere eingestülpt wird. Dazu bemerkt PEANTL ganz allgemein, dass dieser Uebergang, also auch das normale Oeffnen eines Farnsporangiums, „durch Verringe- rung des Binnenraumes**, durch eine „Volumverminderung der ganzen Zelle" zu Stande komme. Das ist offenbar keine Erklärung, sondern nur eine andere Art der Beschreibung, da ja bei der Volumenver- minderung die dünne Deckmembran ebenso gut nach aussen wie nach innen gepresst werden könnte. In der Deutung, welche ich dem Vor- gange gegeben habe, nahm ich, wie es mir scheint, mit Unrecht, den Luftdruck in Anspruch, der die Membran einfalten sollte. Das dürfte darum nicht annehmbar sein, weil in diesem ganzen zweiten Abschnitte des Mechanismus zwischen dem Wasser im Innern und der einge- stülpten Decke kein Luftraum vorhanden ist, also auch aussen kein üeberdruck sein kann. Wenn aber diese Vorstellung nicht haltbar ist, so giebt es meiner Ansicht nach nur ein Drittes, was zur Erklärung herangezogen werden kann, nämlich die Adhäsion der Decke am Wasser und die Cohäsion der Wassertheilchen unter einander. Beide Kräfte müssen stark genug sein, um die dünne Decke nach innen zu ziehen, wenn das Wasser aus dem Innern der Zellen verdunstet. Um von vorn herein Missverständnissen zu begegnen, bemerke ich ausdrücklich, dass ich mit dieser Erklärung keine neuen Thatsachen beigebracht zu Bewegung der Farnsporangien, von neuen Gesichtspunkton aus betrachtet. 103 haben glaube, derselben vielmehr nur eine hypothetische Bedeutung von einiger Wahrscheinlichkeit beilege und den Beweis dafür vorläufig schuldig bleibe. 3. Ein in der C-Stellung befindliches Sporangium springt plötzlich mit einem Ruck in die J-Stellung, die Querwände treten aus einander, die eingestülpte Decke spannt sich zwischen ihnen annähernd gerade (sie bleibt immer ein Wenig nach aussen concav) und in den Zellen befinden sich runde Luftblasen, in den Ecken der ersteren Wasser. Hierzu bemerkt PKANTL folgendes: In dem Momente, in welchem die Zellen sich auf ihr Volumen in der J-Stellung ausdehnen (PRANTL drückt sich anders aus: er sagt „bei einem gewissen geringen Druck wird die Luft gewöhnlich in allen Ringzellen gleichzeitig wieder frei" oder an anderer Stelle: „in Folge des Aufhörens des Druckes muss die durch diesen Druck absorbirte Luft wieder frei werden", wobei er offenbar den Druck im Auge hat, welchen das eingesogene Wasser auf die eingesperrte Luft ausübt) wird die im Wasser gelöste Luft plötzlich entbunden, prallt mit dem Drucke einer Atmosphäre gegen die Zellwände und treibt sie aus einander. Nach meiner Vorstellung dringt in dem Augenblicke, in welchem die Zellen ihr ursprüngliches Volumen wieder annehmen, in den luftleeren oder doch sehr verdünnten Raum durch den üeberdruck von aussen Luft ein, deren Druck, ver- bunden mit der elastischen Spannung des Bodens, die Wände aus einander treibt. Hierin liegt, wie schon Eingangs bemerkt, der grund- legende Gegensatz unserer Auffassungen, da in dem Schnellen das wichtigste Moment des ganzen Vorganges beruht, dessen Erklärung die meisten Schwierigkeiten verursacht. Ich hatte daher auch in meiner letzten Arbeit mein Hauptaugenmerk darauf gerichtet, diese Wirkung des Ueberdruckes von aussen nachzuweisen und dazu fol- gende Versuche angestellt: Ich liess feuchte Sporangien in den luft- leeren Raum einer Barometerröhre aufsteigen und beobachtete, dass sie wie an der Luft sprangen. Da jedoch das Vacuum nicht aus- gekocht worden war, so konnte angenommen werden, dass immer noch ein geringer Druck vorhanden war, zu dem noch der nicht unbeträcht- liche des Wasserdampfes aus den feuchten Sporangien zu addiren war, so dass man immerhin annehmen konnte, dass bei so ausserordentlich kleinen Objecten der Kraftvorrath ausreichte, das Springen der Sporangien zu bewirken. Es wurden deshalb die feuchten Sporangien in kleine viereckige Kammern eingeschlossen, letztere mittelst Bleiröhren an die Luftpumpe angeschraubt, bis auf 2 mm evacuirt und nun mittelst eines Hahnes die Kammer plötzlich dem Vacuum ausgesetzt. Auch jetzt war der Erfolg derselbe: die Sporangien sprangen. Doch war auch dieser Versuch aus den oben schon angegebenen Gründen nicht ein- wurfsfrei. Zu den 2 mm, Druck kam noch der, welcher von der Luft in der Kammer herröhrte, der darum nicht gering zu veranschlagen 104 J. Schrodt: war, weil das Verhältniss des Kammerraumes zu dem evacuirten nicht klein genug und der Druck des Wasserdampfes überdies noch zu- zuzählen war. Indessen musste man doch soviel zugeben, dass diese Versuche besser zur PRANTL'schen als zu meiner Auffassung passten, und wenn die Frage so gelegen hätte: entweder PranTL oder SCHRODT, so würden diese Versuche sehr zu meinen Ungunsten in's Gewicht ge- fallen sein. Zu einem solchen Entweder — Oder lag aber damals und wie ich glaube, liegt auch heute noch kein Anlass vor. Die Aufnahme der eingeschlossenen Luft in das eindringende Wasser und das ur- plötzliche Entbundenwerden derselben aus den vorhandenen Wasser- resten bieten der Auffassung so erhebliche Schwierigkeiten, dass mir die Erklärung von PRANTL unannehmbar erscheint, so lange diese Schwierigkeiten sich nicht beseitigen lassen. Das hat mich aber nicht vei'anlassen können, den Bedenken meinen Anschauungen gegenüber mich zu verschliessen. Die oben kurz angeführten Versuche mit dem luftverdünnten Raum sind mir immer bedenklich gewesen und würden längst von mir wiederholt worden sein, wenn mir geeignete Apparate zur völligen Ausschliessung des Luftdruckes zur Hand gewesen wären. Ich habe daher mit Freuden die Gelegenheit ergriffen, welche durch den von Dr. KOLKWITZ construirten und in diesem Hefte genauer be- schriebenen Apparat, sowie durch die Mittel der hiesigen landwirth- schafthchen Hochschule geboten wurde, um die Frage von Neuem zu prüfen. Es ergab sich bei drei Versuchen', welche mit grösster Sorgfalt angestellt wurden, dasselbe. Nachdem durch die Quecksilberpumpe die Luft aus einem über 2 Liter fassenden Glasgefäss bis auf so ge- ringe Mengen entfernt worden war, dass die im stark verdünnten Räume durch die Quecksilberröhre übergehenden Blasen nicht mehr als erbsengross erschienen , wurden eine Nadelspitze voll in Wasser ein- geweichte Sporangien mit diesem Räume in Verbindung gebracht, jedesmal mit demselben Erfolge: die Sporangien sprangen auch in einem fast luftleeren Räume. ^) Hiernach lässt sich die Deutung des Vorganges durch Eindringen der Luft von aussen nicht länger aufrecht erhalten. Da ich aber auch die von PRANTL gegebene nicht für anwendbar halte, so erlaube ich mir die nachfolgende dem Urtheile und der Prüfung der Fachgenossen vorzulegen als eine vorläufige Hy- pothese, mit deren Begründung ich noch beschäftigt bin. Benetzt man den gerade gestreckten Annulus mit Wasser, so wird die Contraction der dünnen Deckuiembran aufgehoben und die ver- dickte Bodenraembran sucht ihre ursprüngliche Gleichgewichtslage, die J-Stellung, anzunehmen, wobei das Lumen der Annuluszellen er- weitert, die in ihnen enthaltene Luft demnach verdünnt wird. Dadurch 1) Genaueres über die Grössen- und Druckverhältnisse in dem Apparate wolle man in der in diesem Hefte enthaltenen Arbeit von Kolkwitz nachlesen. Bewegung der Farnsporangien, von neuen Gesichtspunkten aus betrachtet. 105 entsteht eine Saugwirkung nach dem Zelhnnern, vermöge welcher dort etwas Wasser eindringt. Indem dasselbe sich zu einer Blase abrundet, entstehen capillare Spannungen, durch welche das in der Luftblase enthaltene Wasser zusammengepresst wird und intramolecular nach Orten geringeren Druckes, d. h. nach aussen wandert. Lässt man ein mit Wasser gefülltes Sporangium in der Luft trocknen, so verdunstet durch die Zellmembran das Wasser. Dem sinkeuden Niveau im Innern folgt durch Adhäsion der dünnen Deckmembran an das Wasser und durch Cohäsion der Wassermolecüle die dünne Decke so lange als möglich, d. i. in den meisten Fällen fast bis zur Berührung der Quer- wände in ihren höchsten Punkten. Geht nun die Verdunstung des Wassers weiter und vermag die dünne Decke dem sinkenden Niveau nicht mehr zu folgen, so reisst sie ab. Nun kommt die Elasticität der aus ihrer Gleichgewichtslage, der J- Stellung, in die C- Stellung ge- bogenen Bodenmembran zur Geltung, durch deren Wirkung das Spo- rangium in die J-Stellung zurückspringt. „Hierauf verdunstet der Rest des Wassers ohne Formveränderung des Annulus, wobei dasselbe durch zuströmende Luft ersetzt wird. Ist der Vorrath erschöpft, so wird die dünne Deckmembran trocken und verkürzt sich, wobei mit Hülfe der Pfeiler (der Querwände), welche als Hebel wirken, der dicke Boden gespannt und aus seiner Gleichgewichtslage gebracht wird.'"*) Mit dieser Volumverminderung der Annuluszellen erfolgt gleichzeitig ein entsprechendes Ausströmen der im Innern enthaltenen Luft durch die dünne Deckmembran, so dass im gestreckten, trocknen Sporangium der Boden von der Decke gespannt ist und im Innern der Annulus- zellen sich Luft von der Spannung und Zusammensetzung der Atmo- sphäre befindet. Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, den Herren Dr. Dr. BOERNSTEIN und KNY, Professoren an der landwirthschaftlichen Hochschule, zu danken für die Bereitwilligkeit, mit welcher sie mir alle Hülfsmittel ihres Institutes freundlichst zur Verfügung gestellt haben. Die auf die Frage bezügliche Litteratur ist, soweit ich sie kenne, in folgenden Arbeiten enthalten: 1. PKANTL: Tageblatt der 52. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. Baden-Baden. 1879. 2. SCHINZ : Untersuchungen über den Mechanismus des Aufspringens der Sporangien und Pollensäcke. Dissertation. Zürich, ZÜRCHER und FURRER. 1883. 3. SCHRODT: Das Farnsporangium und die Anthere. Flora. Regensburg. 1885. 1) Wörtlich aus der Flora 1885. 106 R. Kolkwitz: 4. LeCLERCDU SABLON: Recherches sur le dissemination des spores chez les cryptogames vasc. Ann. d. sc. nat. VII. ser., Tom. II, No. 1, 5. SCHRODT: Der mechanische Apparat zur Verbreitung der Farn- sporangien. Diese Berichte 1885, 10. 6. PrantL: Die Mechanik des Ringes am Farnsporangium. Diese Berichte 1886, 2. 7. SCHRODT: Neue Beiträge zur Mechanik der Farnsporangien. Flora. Regensburg 1887. 8. STEINBRINCK: Grundzüge der Oeffnungsmechanik von Blüthen- staub und einigen Sporenbehältern. Botanisch Jaarboek kruitkundig Genootschap Dodonaea te Gent. 1895, 7. 13. R. Kolk Witz: Ein Experiment mit Mooskapseln zur Prüfung der Bütschli'schen Schrumpfungstheorie. Mit 2 Figuren in Holzschnitt. Eingegangen am 28. Januar 1897. Meine durch Herrn Prof. STEINBRINCK im letzten Heft des 14. Bandes (1896) dieser Berichte in Aussicht gestellten Versuche seien im Folgenden mitgetheilt. Es handelte sich darum zu entscheiden, ob z. B. bei der Bewegung der Zähne des Aussenperistoms an der Kapsel von Ovthotrichum diapJianum der atmosphärische Luftdruck beiheiligt ist. Die Kapsel- zähne dieses Mooses bestehen bekanntlich nur aus Membran und nicht aus Zellen (wie etwa bei Polytrichum) und sind gross genug, um bei Lupenvergrösserung deutlich gesehen werden zu können. Geben diese hygroskopischen Häute ihr Wasser im luftleeren Raum ab, ohne dass ihre Bewegung dadurch beeinträchtigt wird, so kann naturgemäss, wie STEINBRINCK ausführte, der Luftdruck nicht die Ursache ihres Spreizens sein. Um diese Bedingung zu verwirklichen, setzte ich einen Raum von etwa 2 Liter Inhalt mit einem solchen von ca. 7* cc'^^ JQ Verbindung. Ein Glashahn (a in der Figur) gestattete, beide Räume gegen einander abzuschliessen, so däss der grosse mittels einer Quecksilberluftpumpe vollkommen evacuirt werden konnte, während der kleine unter nor- malem Druck verblieb. In diesem kleinen Raum nun befand sich ein Zur Prüfung der Bütschli'schen Schrumpfungstheorie. 107 feuchtes Mooskäpselchen, dessen Peristomzähne also zusammenneigend die Kapsel verschlossen. Sobald nun der Hahn geöffnet wurde, vertheilte sich der im kleinen Raum enthaltene 7* ^^^^ Luft sofort auf 2000 ccm, erlitt also eine Verdünnung um das 8000 fache, so dass der Druck von 760 ?w?w, auf r^^ mm = ca. 7io "^^ herabsank; es trat also im kleinen Raum ein momentanes, für unsere Zwecke so gut wie vollkommenes Aufheben des Luftdruckes ein. Das von den Membranen imbibirte Wasser be- gann dabei zu verdunsten und alsbald trat ein Spreizen der Zähnchen a Fig. 1. Fig. 2. ein. Es kann mithin der Luftdruck keine wesentliche Rolle bei der Schrumpfung spielen. Soweit das Princip der Versuchsanstellung; die näheren Einzel- heiten mögen aus den folgenden Zeilen ersehen werden. Der grosse Raum (vergl. die Figur) bestand aus zwei ziemlich dickwandigen, an einander geschmolzenen Litergefässen von zusammen 2122 ccm. Inhalt. Es hätte auch ebensogut ein einzelner grosser Be- hälter verwendet werden können; indessen war der Apparat^) in der irewählten Form viel handlicher. Durch einen dickwandigen, luftdichten, etwa fingerlangen Gummi- schlauch wurde dieser Glasbehälter zum Evacuiren mit einer Queck- 1) Derselbe ist von dem Luftpumpenfabrikanten Max Stuhl in Berlin her- gestellt worden. 108 R. Kolkwitz: silberluftpumpe in Verbindung gesetzt. Der Hahn b blieb geöffnet, a wurde verschlossen. Das Anschmelzen an die Pumpe, unter Vermeidung des Schlauches, verbot sich aus Rücksichten der für Apparat und Ex- perimentator erwachsenden Gefahren, da beim Platzen der Glasrohre durch Erschütterung grosse Massen von Quecksilber heftig herumgeworfen würden. Das Fetten der völlig luftdicht schliessenden Hähne und des Schlauches geschah mittels eines Gemisches von salzfreiem Schmalz und Wachs. Die Pumpe, welche trefflich functionirte, stellte mir Herr Prof. Dr. BÖENSTEIN, Director des physikalischen Institutes der Kgl. Land- wirthschaftlichen Hochschule zu Berlin, freundlichst zur Verfügung. Der Apparat gestattete so starke Verdünnungen, dass in ihm Röntgenstrahlen erzeugt werden konnten. Die an den Wänden des 2Z- Gefässes condensirte Luft wurde zuletzt durch Erwärmen mittels einer russenden Flamme gelockert. Nach etwa zweistündigem Pumpen passirten nur noch ganz kleine Bläschen das Quecksilberventil. Man kann also mit vollem Recht von einem Auspumpen bis auf's Vacuum sprechen. Das Reinigen des 2 Z-Raumes mit Alkohol oder gar Aether wurde vermieden, weil die Dämpfe dieser Substanzen nur sehr schwer aus der Luftpumpe wieder zu vertreiben sind. Der kleine Raum (vergl. die zweite Figur) mass sammt der Boh- rung des Hahnes a, deren Luft ja auch mit in Rechnung zu bringen war, 0,276 ccm = 276 cmm^ wie durch Auswägen mittels Quecksilber leicht festgestellt werden konnte. Seine Construction geht aus der Figur zur Genüge hervor. Es wurde eben einfach ein Glasmützchen als Verschlussstück aufgeschoben und unter Anwendung von Pumpen- ett luftdicht angedrückt. Nach einigen Vorversuchen erwies sich für das Präpariren und Einbringen des Käpselchens folgendes Verfahren als das zweckmässigste. Die Kapsel wurde zunächst quer durchschnitten, damit etwaiges Wasser oder Luft in ihrem Innern nicht durch die zusammenneigenden Peri- stomzähne zu entweichen brauchte und so die Beobachtung stören würde. Dieser obere Theil der Kapsel wurde mittels einer Spur Canadabalsam an der Spitze eines feinen Kupferdrahtes festgeklebt, welcher schlangenförmig gebogen mit einer Pincette auf den Grund des Glasmützchens gelegt wurde (vergl. die Figur). Nach dem An- kleben der Kapsel wurden die Zähne durch behutsames Untertauchen in Wasser befeuchtet. Nach dem Oeffnen des Hahnes a verdünnte sich die Luft des 2122 kleinen Raumes um das rr^^^ = 7688 fache, d. h. der Luftdruck betrug nur noch ca. 7io '^^- ^^ ^^^ Hahn b auch offen blieb, so vertheilte sich eigentlich die Luft auch noch auf den leeren Raum der Pumpe, welcher noch ca. iVg ^ betrug und z. Th. mit Phosphorsäureanhydrid, einer äusserst hygroskopischen Substanz, zum Aufsaugen der Wasser- Zur Prüfung der Bütschli'schen Schrumpfungstheorie. 109 dämpfe, gefüllt war. Ich will aber diesen Raum nicht einmal mit in Rechnung bringen und sogar annehmen, dass das aus dem kleinen Raum verdampfende Wasser gar nicht absorbirt worden sei. Diese Wassermenge betrug höchstens 0,4 cTnm (Inhalt der Kapselhälfte), was aber sicherlich zu hoch veranschlagt ist. Diese 0,4 cmm Wasser re- präsentiren bei Zimmertemperatur im Vacuum 0,023 l Dampf, welcher 2 122 sich noch um das -TTrjoo^ = 92 fache verdünnt. Folglich vermindert sich auch der Druck (17,4 mm für den gesättigten Wasserdampf) um das i 7 I 92 fache, beträgt also -~ = 7io '^^^• Das Spreizen der Peristomzähne fand also bei einem Gesammt- druck von 7io ~\~ Vio ^'^^'^ statt und begann etwa 10 Secunden nach Oeffnen des Hahnes a. Bei dieser Versuchsanstellung kann man zwar das Käpselchen mit der Lupe während des Versuches sehr schön beobachten, aber der Druck von '/j(, mm ist bei den guten Hilfsmitteln immer noch etwas gross. Um einen geringeren Druck zu erhalten, schlug ich deshalb noch folgendes Verfahren ein: Ein halbirtes, vollkommen trockenes Moos- käpselchen wurde zwischen feuchtes (nicht nasses) Fliesspapier gelegt. Dadurch neigten sich die Zähne zusammen; aus dem Fliesspapier herausgenommen, verharrten sie nur 10 bis 20 Secunden in dieser Stellung. Ein solches feuchtes Käpselchen wurde rasch auf den Boden des Glasmützchens geworfen, dieses aufgestülpt und der Hahn a sofort geöffnet. Bei diesem Versuch trat sogleich nach dem Oeffnen des Hahnes das Spreizen der Zähnchen ein. Der Druck betrug in diesem Falle höchstens 7io ^'^^• Ob der normale Luftdruck nicht vielleicht doch die Geschwindigkeit oder Ergiebigkeit der Zähnchen bewegung um ein Wenig beeinflusst, kann ich nicht angeben, da ich quantitative Messungen über die erhaltenen Ausschläge nicht angestellt habe. Soviel ist aber gewiss, dass dieser Eintluss nur minimal und unwesentlich sein könnte. Bei 120facher Vergrösserung vermochte ich nach Oeffnen des Hahnes 6, also erneutem Zuströmen der Luft und somit Erhöhung des Druckes eine Veränderung der Zähnchenstellung nicht wahrzunehmen. Gelegentlich wurden auch die beiden Literkugeln mit ca. 30 g Phosphorsäureauhydrid gefüllt und so dem Mooskäpselchen auch die letzten Wassermolecüle entrissen. Nach etwa 24 stündigem Verweilen des Käpselchens im leeren Raum von nun höchstens 7io ^"^ Druck hatte sich die spreizende Stellung der Zähnchen nicht sichtbar verändert. Wie nachträgliches Befeuchten zeigte, hatten die Zähnchen die Fähigkeit sich zu bewegen nicht verloren. Auch die im feuchten Zustande ebene Epidermis der Pelargonium- granne rollte sich bei meinen Versuchen im plötzlich luftleer gemachten Raum ebenso schraubig auf wie durch das Austrocknen bei gewöhn- 110 E. KoucwiTz: Prüfung der Bütschli'sclien Schrumpfimgstheorie, liebem Luftdruck. Indessen sind diese Versuche nicht so beweis- kräftig, weil es sich nicht um reine Membranen, sondern um Zellen handelt. Zum Schluss möchte ich erwähnen, dass es mir fern liegt, auf Grund dieser Versuche etwas gegen die Wabentheorie BÜTSCHLl's einwenden zu wollen. Nur die Ursachen der Schrumpfung waren Gegenstand der Untersuchung; und in diesem Punkte dürfte die NAEGELl'sche Theorie, welche die Erscheinung durch Molecularkräfte erklärt, noch heute das Richtige treffen. Pflanzenphysiologisches Institut der Universität und Botanisches Institut der Kgl. Landwirthschaftlichen Hochschule zu Berlin. Sitzung vom 26. Februar 1897. m Sitzung vom 26. Februar 1897. Vorsitzender: Herr L. Kny. Als ordentliches Mitglied ist vorgeschlagen Herr: Jones, Charles E., B. Sc, University College, Liverpool (England) (durch P. Magnus und E. Zachakias). Der Vorsitzende giebt der Gesellschaft Nachricht von dem am 12. Februar erfolgten Ableben ihres Mitgliedes Herrn Oberförster a. D. C. Straehler in Jauer. Zum ehrenden Andenken an den Dahingeschiedenen er- hoben sich die Anwesenden von ihren Sitzen. Mittheilungen. 14. F. G. Kohl: Die assimilatorische Energie der blauen und violetten Strahlen des Spektrums. Eingegangen am 4. Februar 1897. In meinem Vortrag auf der Lübecker Naturforscher- Versammlang 1895 sowohl, als in meiner Publication über die Mechanik der Spalt- öffnungsbewegung im Botanischen Beiblatt zur Leopoldina 1895 habe ich Versuche mitgetheilt, welche ich anstellte, um die Wirkung der verschiedenartigen Strahlen des Spektrums auf die Spaltöffnungen zu Ber. d, deutsch, bot. Gesellsch. XV. g 112 F. G. Kohl: bestimmen. Unter Anwendung des REINKE'scben Spektro}»hors gelang es mir nachzuweisen, dass die Bewegung der Schliesszellen in den verschiedenen Regionen des Spektrums eine total verschiedene Schnellig- keit zeigt. Die gelben, grünen, violetten und ultrarothen Strahlen können den Mechanismus der Schliesszellen überhaupt nicht in Be- wegung setzen. Die Strahlen im Roth zwischen B und C bewirkten die beginnende Oeffnung der Spaltöffnungen z. B. von Trianea bogo- tensis in 9 Minuten, die blauen Strahlen bei i^ in 7 Minuten; die Oeff- nung war vollendet im Roth in 17 Minuten, im Blau in 25 Minuten. Hiernach kann es keinem Zweifel unterliegen, dass die Strahlen um F auf die Schliesszellen wirken, und man wird annehmen dürfen, dass es sich dabei entweder handelt um eine unmittelbare Wirkung des Lichtes auf die Turgor steigernden Substanzen resp. deren Erzeuger, oder aber um eine mittelbare, durch die Strahlen absorbirenden Chromatophoren der Schliesszellen. Sind bei der Inscenirung der Oeffnung der Stomata die Chromatophoren im Spiele, so wird das blaue Licht bei F auch die Assimilation spaltöffnungsfreier grüner Pflanzenorgane in Gang setzen müssen, weshalb es mir von besonderem Interesse erschien, die assimilatorische Energie der blauen Strahlen zu constatiren. Die vorliegenden Angaben in der Litteratur weichen ziem- lich weit von einander ab. Ich greife nur einige der bekannteren heraus. Nach PFEFFER beträgt der Antheil der Assimilationsenergie der blauen und Indigo-Strahlen (leider ohne bestimmte Abgrenzung) 35,6 pCt. von der der gelben Strahlen und ist gleich derjenigen der rothen Strahlen. Die zum Zwecke der Elimination der Dispersion im Spektrum umgerechnete Zahlenreihe halte ich mit ReINKE für nicht brauchbar. Engelmann gelangt in seiner hochinteressanten Abhandlung „Farbe und Assimilation" (Bot. Ztg. 1883) zu folgenden relativen Werthen: Grüne Zellen. Sonnenlicht (Normalspektrum) a B^l^C C'i^D D D^j.,E E'/^b E^j^F F F'j^G G H 6,38 100 81,2 55,1 41.2 36,3 Gaslicht (Normalspektrum) 15,6 100 54,6 36,3 2.3,8 14,7 16 16,9 18,8 4,5 2,6 d. h. im Sonnenlicht- Normalspektrum erreicht die Assimilationsenergie eine Höhe von 86,1 pCt. bei F, von 80,9 pCt. bei F^j^G, von 47,2 pCt. bei G von der Maximalwirkung bei B^j/J. Im Gaslicht- Normal- spektrum ist die Betheiligung der blauen und violetten Strahlen an der Assimilation ungleich geringer und bewegt sich zwischen 16,9 bei F und 2,6 bei H. In seiner späteren Publication „Untersuchungen über die quantitativen Beziehungen zwischen Absorption des Lichtes und E%F F F^UG G 69,9 86,1 80,9 47,2 16 16,9 18,8 4,5 der Maxim al- wirkung bei A = 680. Assimilatoiische Energie der blaueu und violetten Strahlen des Spektrums. 113 Assimilation in Pflanzenzellen" (Bot. Ztg. 1^84) theilt ENGELMANN in Tabelle I folgende Zahlen für grüne Zellen mit: Assimilationsenergie der Strahlen }. = 522 39,3 pCt. 2 = 506 59,7 „ (bei F) l = 486 66,1 „ ;. = 468 59.3 „ (bei G) X = 431 45.9 „ Obgleich, wie man sieht, auch hier die Assirailationsgrösse in den genau bezeichneten Regionen der stark brechbaren Hälfte des Spek- trums hohe Werthe aufweist, so würde man aus dem Verlauf der Ab- sorptionscurve doch noch höhere erwartet haben; denn wie man aus der Tabelle I ebenfalls erkennt, steigt die Absorptionsgrösse von ^ = 558, wo das Grün beginnt, dauernd und rapid bis A = 431, also bis G, denn n, die Absorptionsgrösse, durchläuft folgende Zahlenreihe: ; = 718 23,7 680 81,2 622 52,6 589 47,5 558 (Beginn des Grün) 40,2 522 51,0 506 68,2 486 (F) 83,4 468 86,3 432 (ö) 90,7 Während demnach verglichen mit A (Assimilationsgrösse) sich 7i (Absorptionsgrösse) vom äussersten Roth bis in's Grün in allen Fällen im gleichen Sinne ändert wie A, so sinken die Werthe von A im stärker brechbaren Theile trotz anhaltend steigender Absorption. Wie bekannt, führt ENGELMANN diese Erscheinung auf das ziemlich schnell erfolgende Sinken der Energie des Sonnenlichtes in der blauen Hälfte des Spektrums zurück. Damit wäre das auffallende Sinken der Absorptions- curve hinter F trotz Steigerung der w-Curve versländlich gemacht. Bei F aber, also im Blau, durchschreitet die Assimilationscurve das bekannte zweite Maximum, und die Assimilationsenergie in dieser Region beträgt 86,1 pCt. von der im Roth B^/^C (ENGELMANN 1883) oder 66,1 pCt. (ENGELMANN 1884). Die Elevation der Curve ent- spricht den Zahlen 36,3, 69,9, 86,1 (1883) und 39,3, 59,7 und 66,1 (1884). Bekanntlich hat sich zwischen ENGELMANN's und ReINKE's Ver- suchsresultaten bezüglich dieses zweiten Maximums bei F eine eclatante Differenz gezeigt, insofern REINKE von eiuer zweiten Erhebung der Assimilationscurve überhaupt nichts bemerken konnte. Allein hierzu 114 F. G. Kohl: kommt noch, dass nach den KEINKE'sehen Tabellen den Strahlen im Blau und Violett überhaupt eine ungleich schwächere assimilations- erregende Kraft zukommt. Ich habe aus den REINKE'schen Versuchs- Protokollen folgende Werthe berechnet (Bot. Ztg. 1884): Es kommen den Strahlen X = 52 — 43 nach Versuch a) 1. 11,1 pCt. 2. 18,1 3. 26,4 4. 12,9 n ■)•) der Totalwirkung des weissen Sonnen- lichts zu. «) 7. 9,3 „ 8. 21,1 „ ß) 10. 6,5 „ a) 12. 11,3 „ 13. 5.8 „ 14. 6,2 „ 15. 5.8 „ ß) 17. 9,1 „ ;i = 50-40 Da 9,7 pCt. A = 52— 50 b 9,0 „ A = 52— 48 Vers. 25. 31,0 „ A = 52— 48 26. 16,6 „ A = 52— 48 27. 19,3 „ ,2 = 5373—45 U = 52— 46 der Totalwirkung des •weissen Sonnenlichts. des Maximalwerths im Roth { >l = 70— 65 A = 67— 68 ;i = 70-68 X = 70—66 l = 70—66 Die Zahlen bis zum Versuch ß) 11 bedeuten Procent der Total- wirkung des weissen Sonnenlichtes in jedem einzelneu Versuche, die Zahlen von Versuch Da bis Versuch 27 dagegen stellen Procent der Maximalzahl im Roth dar, erstere würden sich also erhöhen nach dem Verhältnisse, in welchem die rothen Strahlen zur Totalwirkang des Weiss in den einzelnen Versuchen stehen. Ich habe die Werthe für Roth im Verhältniss zum weissen Licht nach den Tabellen von ReINKE von 1 — 18 (excl. 5) berechnet. 1. 2. 3. 4. 6. 7. 75,7 pCt. 5y,5 „ 54,7 , 59,9 „ 32,7 „ 52,4 „ 8. 9. 10. 11. 12. 13. 48,2 pCt. 36,2 „ 54,5 „ 52, o „ 30,9 „ 47,0 „ 14. 15. 16. 17. 18. 50,0 pCt. 34,9 „ 39,7 „ 36,6 „ 53,3 5, Das ergiebt im Mittel: 48,1 pCt., d. h. die Wirkung des Roth beträgt 48,1 pCt. von der des weissen Sonnenlichtes, die Werthe von a) 1 bis ß) \S werden demnach ungefähr verdoppelt, also Assimilatorische Energie der blauen und violetten Strahlen des Spektrums. 115 a 1 = 23,0 pCt. 2 = 37,6 „ 3 = 54,9 „ 4 = 26,8 „ a 7 = 19,3 „ 8 = 43,8 „ 2979 /S 10 = 13,5 pCt. a 12 = 23,3 „ 13 = 12,0 „ 14=12,8 „ 15 = 12,0 „ ßn = 18,9 „ im Mittel ^,, = 24,8 pCt. von der Wirkung des Roth. Vergleicht man diese Zahl mit den von ENGELMANN für die Wirkung der Strahlen im Blau und Violett erhaltenen, so springt der himmelweite Cnterschied ohne Weiteres in die Augen. Wenn auch REINKE selbst bereits auf diese wesentliche Differenz aufmerksam machte hat und für die Erklärung derselben auf zwei Möglichkeiten hin- wies, nämlich erstens auf die, dass die betreffenden Strahlen vielleicht durch die Substanz seiner Prismen und seiner Collectorlinse geschwächt worden seien, oder zweitens auf die, dass Eigenthümlichkeiten der Ver- suchspflanze Störungen veranlasst hatten, welche den wahren Sach- verhalt nicht erkennen Hessen, so werde ich im Folgenden den Beweis erbringen, dass auch unter Anwendung seiner Versuchsanstellung die Strahlen um F und im benachbarten Violett eine weit grössere Activität verrathen, als in seinen Versuchen der Fall war. REINKE stellte zwar 1884 in Aussicht, diese Frage einem erneuten Studium zu unterziehen, da es bis jetzt jedoch nicht geschehen ist, wird er es mir nicht übel nehmen, wenn ich hier das von ihm reservirte Gebiet beschreite und bereits vor Jahren angestellte Versuche mit in diesem Jahre aus- geführten vereinige, um endlich diese Angelegenheit wieder zur Dis- cussion zu bringen, welche in vieler Beziehung von eminenter Be- deutung für die ganze Assimilationsphysiologie ist. Die Wahl der Methode war für mich nicht schwierig:. Die eu- diometrische war wegen der zu langen Dauer der Versuche bei An- wendung des objectiven Spektrums zunächst ausgeschlossen. Gegen die Bacterienmethode bin ich auf Grund der PRINGSHEIM'schen und meiner eigenen Erfahrungen misstrauisch geworden. PRINGSHEIM spricht bekanntlich gerade der successiven Methode ENGELMANN's, die für meine Zwecke allein in Betracht kommen konnte, aus näher an- gegebenen Gründen jeden Werth ab, und ich muss gestehen, dass meine Erfahrungen mit der Bacterienmethode, in welche ich mich wiederholt einzuarbeiten versuchte, mich nicht gerade zu weiterem Ge- brauch derselben ermuthigt haben. Auch das von mir gezüchtete Bacterium termo Cohn erwies sich als sehr variabel in seiner Em- pfindlichkeit gegen Sauerstoff, ein Umstand, welcher die Resultate nach einander angestellter Versuche zum Vergleich wenig tauglich macht. Ein zweiter, ebenfalls schwer zu beseitigender Nachtheil der Methode 116 F. G. Kohl: ist die Thatsache, dass die minimalsten Sauerstoffreize, welche für die Bewegung der Bacterien genügen, noch bei Lichtintensitäten hervor- gerufen werden, die schon die Grenzen berühren, bei welchen die deutliche Sichtbarkeit der Bacterien und ihrer Bewegung aufhört. Diese Schwierigkeit, die niedrigsten Lichtintensitäten, die für die Bac- terienbewegung nöthig sind, numerisch genau durch die Grösse der betreffenden Spaltweite, bei welcher die Bewegung eben noch gesehen wird, festzustellen, ist so gross, dass die erhaltenen Zahlen als zuver- lässig kaum betrachtet werden können. Ich sah mich daher zunächst genöthigt, zur Blasenzählmethode zu greifen, obgleich ich mir der Mängel derselben, wie ich weiter unten erläutern werde, aus eigener Erfahrung wohl bewusst war. Wenn ich trotzdem aus einer Sammlung früherer Notizen hier eine kleine Anzahl von Versuchen mittheile, so geschieht dies nur, um sie mit späteren, nach anderer Methode an- gestellten vergleichen zu können. Versuch I. Elodea. Hinter Kupferoxydammoniak (1 cm Schichtendicke) im Sonnenlicht: 1 Blase in (14). 10. 9. 9. 10. 8. 7. 8. 8. 8. 9. 8, im Mittel 8,5 Secunden. Im weissen Licht: 1 Blase in (8). 6. 6. 6. 6. 6. 6. 7. 6. 6. 7. 6. 7. 7. 6. 8. 8. 7, im Mittel 6,6 Secunden. Versuch I. Hinter Kupferoxydammoniak (1 cm Schichtendicke) im Sonnenlicht: 1 Blase in (24). U. 13. 13. 14. 15. 15. 14. 13. 13. 13, im Mittel 13,7 Secunden, Im weissen Licht: 1 Blase in (10). 8. 8. 8. 8. 8. 9. 8. 9. 8. 8, im Mittel 8,2 Secunden. Hieraus ergiebt sich das Verhältuiss der Assimilationsenergie von Blau : Weiss wie 9,0 : 13,5, oder der assimilatorische Effect des blauen Lichtes beträgt 66,6 pCt. von dem des gemischten weissen Sonnenlichts. Versuch il. Elodea. Schichtendicke der absorbirenden Lösung 1,5 cm. Es entwickeln sich im Mittel von 5 — 11 Zählungen: Hinter Kaliumbichromat 1 Blase in 33,6 Secunden, „ Kupferoxydammoniak 1 „ „ 43,0 „ Wasser 1 „ „ 24,7 Es entwickelten sich demnach in 100 Secunden: Hinter Kaliumbichromat 2,9 Blasen, „ Kupferoxydammoniak 2,3 „ „ Wasser 4,4 „ oder es verhalten sich die Assimilationsintensitäten in der rothen Hälfte, blauen Hälfte und im Weiss wie 65,8 : 5,22 : 100. Assimilatorische Energie der blauen und violetten Strahlen des Spektrums, 117 Versuch III. Elodea. Lichtquelle eine Skioptikonlampe von 30 N- Kerzen Lichtstärke. Temperatur 30° C. Im weissen Lichte: 1 Blatt in 16. 16. 16. 16. 17. 16. 16. 17. 16. 17. 16. 16. 16. 16. Secunden, im Mittel 16,2 Secunden. Hinter Kaliumbichromat: 1 Blatt in 29. 30. 31. 30. 31. 31. 33. 32. 32. 33. 32. 33. 34. 33. 32 Sceunden, im Mittel 31,7 Secunden. Das ergiebt für gleiche Zeiten ein Verhältniss der Assimilations- energie von 7,4 im Weiss zu 3,7 im Roth, also eine Energie im Roth von 50 pCt. derjenigen im Weiss. Versuch IV> Elodea. Lichtquelle dieselbe Skioptikonlampe. Temperatur .30° C. Im weissen Licht: 1 Blatt 28. 29. 21). 28. 29. 29. 29. 28. 29. 28. 29. 29 Secunden, im Mittel 28,6 Secunden. Hinter Kaliumbichromat: 1 Blatt in 60. 60. 72. 64. 66. 64. 63. 64. 66. 67. m. 64. 65 Secunden, im Mittel 64,7 Secunden. Woraus sich berechnet ein Antheil von 51,48 pCt. der Wirkung des Roth von der Gesammtwirkung im Weiss. Versuch V. Elodea. Lichtquelle obig«:" Skioptikonlampe. Temperatur 2;^°C. Im weissen Licht: 1 Blase in 12. 11. 11. 11. 11. 13. 10. 12. 10. 12. 11. 15. 11. 10. 13. 9. 8. 9. 10. 10. 9. 10. 10. 10. 10. 11. 10. 10 Secunden, im Mittel in 10,7 Secunden. Hinter Kaliumbichromat: 1 Blase in 29. 22. 25. 26. 31. 24. 21. 24. 21. 25. 20. 23. 24. 24. 23. 22. 24. 24. 23. 24. 22. 24. 22. 24. 23 Secunden, im Mittel in 24,6 Secunden. Im weissen Licht: 1 Blase in 8. 9. 8. 8. 8. 9. 9. 9. 9. 8. 9. 9 Secunden, im Mittel 8,6 Secunden. Die Mitwirkung des Roth beträgt hiernach 38,4 pCt. von der des Weiss. Die Temperatur war hier um 1^ G. niedriger. Versuch VI. Elodea. Im Schwefelkohlenstoff - Spektrum ohne Spektrophor. Zahl der Secunden zwischen je zwei Blasen im Mittel aus je 6 Zählungen: im Blau- Violett .... 160,0 „ Gelb 87,5 „ Roth 39,3 118 F. G. Kom: Auf 1000 Secunden kommen darnach im Blau- Violett . . 6,25 Blasen, also auf 24 im Gelb 11,40 „ „ „ 44 im Roth 25,40 „ „ „ 100 Versuch VII. Elodea-SipToss. Im rothen Theil des Spektrums: 1 Blase in 10. 10. 9. 9. 9. 16. 7. 11. 11. 13. 3. 3. 14. 9. 7. 8. 8. 5. 5. 7,5. 7,5. 5,5. 5,5. 5. 5. 8. 8. 10. 10. 8. 8. 8. 8. 8. 7,5. 7,5. 8,5. 8,5. 7,5. 7,5 Secunden, im Mittel 8,2 Secunden. Im blau-violetten Theile des Spektrums: 1 Blase in 10. 7. 5. 8. 7,5. 7,5. 7,5. 7,5. 9. 9. 13. 13. 8,5. 8,5. 10. 10. 5. 5. 8,5. 8,5. 7. 7. 7. 7. 5. 5. 9. 9. 8. 8. 7. 7 Secunden, im Mittel 7,9 Secunden. Im rein violetten Theile des Spektrums: 1 Blase in 5,5. 5,5. 5. 5. 5. 4. 4. 4,5. 4,5. 6. 6. 5,5. 6. 6. 5. 5. 5. 5. 4,5. 4,5. 5. 5. 4. 4. 4,5. 4. 5. 5. 5. 6. 5. 4,5. 5. 5 Secunden, im Mittel 5,0 Secunden. Es werden demnach in 100 Secunden entwickelt im Roth 12,0, im Blau 12,5, im Yiolött 20 Blasen; es verhalten sich die Wirkungen zu einander wie 50 : 52,4 : 83,2. Versuch VIII. Elodea-Spross. Im rothen Theil des Spektrums: 5 Blasen in 12. 12. 12. 10. 11. 11,5. 13. 11. 13. 16. 11. 12. 11. 11. 12. 13 Secunden, also 1 Blase in 2,4 Secunden. Im blauen Theil des Spektrums: 5 Blasen in 10. 9. 11. 15. 10. 10. 11. 12. 12. 16. 11. 10. 12. 14. 12. 11. 16. 11. 10. 10. 17. 13. 17 Secunden, also 1 Blase in 2,3 Secunden. Im violetten Theile des Spektrums: 5 Blasen in 11,5. 12,5. 8. 9. 13. 10,-5. 11. 13. 12. 15. 11. 11. 6,5. 7. 8. 9. 10. 8. 8. 12. 9. 10. 11,5. 10. 10. 11 Secunden, also 1 Blase in 2,0 Secunden. Hiernach werden in 100 Secunden entwickelt im Roth 41,6, im Blau 43,4, im Violett 50 Blasen; es verhalten sich darnach die Wirkungen zu einander wie 50 : 52,1 : 60,0. Da diese und ähnliche Zahlenreihen hier nicht angeführter Versuche trotz genauester Berücksichtigung aller Vorsichtsmassregeln unter ein- ander abweichende Resultate besonders in Bezug auf die Energie der violetten Strahlen aufwiesen, entschloss ich mich, die Methode der Blasenzählung nochmals auf ihre Brauchbarkeit zu prüfen. Bevor ich zu diesem Punkte übergehe, möchte ich die mitgetheilten Versuche noch einer kurzen Discussion unterwerfen. Assimilatorische Energie der blauen und violetten Strahlen des Spektrums. 119 In Versuch 1 stellte sich bei der spektroskopischen Untersuchung der 1 cm dicken Schicht der Kupferoxydammoniaklösung heraus, dass noch eine Spur Roth von derselben durchgelassen wurde; dadurch musste die Wirkung der blauen Hälfte des Spektrums zu hoch aus- fallen. Die von mir angewandte Kupferoxydammoniaklösung lässt bei 2 cvi Schichtendicke ausser Blau und Violett noch etwas Grün und eine minimale Spur Roth durch. Bei 2 cm Schichtendicke dagegen nur noch eine minimale Menge Grün neben Blau und Violett; bei 4,5 cm, Schichtendicke passirt nur noch Blau und das gesammte sicht- bare Violett die Lösung. Dies gilt sowohl für Gas- wie Sonnenlicht. Daher ist im Versuch II bei etwas dickerer Kupferoxydammoniak- schicht die Wirkung in der blauen Spektralhälfte bereits etwas herab- gesetzt, denn die rothe Hälfte verhielt sich zur blauen and zum Total- licht wie 65,8 : 52,2 : 100. Versuche III, IV und V beweisen, dass der Antheil der rothen Hälfte an der Totalwirkung des Lichtes einer Skioptikonlampe beträgt 38,40, resp. 50,00, resp. 51,48 pCt. In Versuch V wurde die Tem- peratur des W^assers absichtlich auf 23° C. gebracht, wodurch die Assimilation entschieden gesteigert wurde, sowohl im Roth als im Volllicht. Versuch VI. Trotz des Vorhandenseins der Dispersion, es wurde ohne Spektrophor gearbeitet, ist die Wirkung des ßlauviolett doch pCt. von der im Roth. Aeusserst interessant sind die beiden Versuche VII und VIII. In ihnen kam das Spektrophor zur Verwendung. Ueberraschend war die starke Wirkung im Violett. Es machte schon früher in einigen Ver- suchen auf mich den Eindruck, als ob die Blasen im Violett sich mit- unter geradezu überstürzten; jedenfalls habe ich häufig schon, ohne genaue Zählung anzustellen, ein besonders hastiges Entweichen der Sauerstoffbläscheu im violetten Lichte bemerkt und war dann um so erstaunter, mitunter wieder in derselben Region eine abnorm langsame Blasenentwickelung zu finden. Wollte man die Resultate der Versuche VII und VIII als richtig ansehen, so überträfe die Wirkung des Violett die des Blau um ein Beträchtliches, während Blau und Roth einander etwa gleich wären. Jedem, der sich mit der Blasenzählmethode viel beschäftigt hat, wird es aufgefallen sein, dass gelegentlich auch bei völliger Constanz der Lichtquelle das Tempo der Blasenentwickelung plötzlich sich ändert; ja es kommt sogar nicht selten vor, dass trotz fortgesetzter Belichtung der Blasenstrom ganz aussetzt, um bald wieder zu beginnen oder ganz auszubleiben, wenn man nicht durch Herstellung einer neuen Schnitt- fläche am Versuchsspross eingreift. Wechselt man Lichtintensität und Lichtart plötzlich, so wird man immer eine Unregelmässigkeit im Tempo des Blasenstromes bemerken, das Object muss sich gleichsam erst der 120 F. G. Kohl: neuen Lichtquelle anpassen (was übrigens mit Umlagerungen der Chloro- plasten in Zusammenhang stehen mag) und erst nach mehr oder minder langer Zeit kommt es wieder zu regelmässiger Blasenentwickelung. Häufig ist es leicht zu beobachten, dass die Blasengrösse auch am gleichen Object nicht dieselbe bleibt, und im Allgemeinen machte es mir den Eindruck, als ob die Blasen bei starker Sauerstoffproduction kleiner seien als bei schwacher; ich werde weiter unten den Erweis er- bringen, dass diese Vermuthung eine richtige war. Daraus folgt nun ohne Weiteres, dass bei allen Untersuchungen, welche unter Anwendung der „Blasenzählmethode" angestellt wurden, die Zahlen für die schwächer wirksamen Lichtarten zu niedrig ausfallen mussten. Um diesen Unannehmlichkeiten der alten Methode zu entgehen, bediene ich mich seit geraumer Zeit einer neuen, gleichsam einer mikroskopischen Blasenzählmethode, d. h. ich lasse von einem Elodea-B\ii[te , welches ich in bestimmter, unten näher beschriebener Weise vom Stengel abschneide, unter dem Mikroskop Blasen ent- wickeln. Indem ich gleichzeitig das Bild der Mikrometerscala in das Gesichtsfeld projicire, bin ich im Stande, den Durchmesser jeder sich entwickelnden Sauerstofiblase mit grosser Genauigkeit zu messen. Dabei ist entweder nur der stetig wachsende Durchmesser einer Blase zu be- stimmen, wenn letztere während der ganzen Yersuchszeit, welche ja in den meisten Fällen eine kurze ist, hängen bleibt, oder ich messe und zähle zugleich, wenn mehrere Blasen auf einander folgen. Schon dass an einem Versuchsobject je nach der Lichtwirkung etc. einmal kleinere Blasen auf einander folgen, ein anderes Mal eine einzige Blase lange Zeit hindurch verbleibt und sich vergrössert, ehe sie sich ablöst, beweist die Unzulänglichkeit der bisherigen Blasenzählmethode. Das unbe- waffnete Auge hält die sich ablösenden Blasen für volumengleich, was sie häufig durchaus nicht sind. Nach meiner Methode, welche ich die „volu- metrische Blasenzählmethode" nennen will, ist es ganz gleich- giltig, ob die Blasen kleiner oder grösser sind im Moment der Ab- lösung, sie werden gezählt und gemessen, so dass man alsdann sogar mit wenig Mühe das Volumen des jeweilig erzeugten Sauerstoffs be- rechnen kann. Ein weiterer Vorzug meiner Methode ist der, dass man stets dieselbe Blatttläche und diese stets mit senkrecht auffallenden Strahlen belichtet. Arbeitet man nach der alten Methode, so ist man nie im Klaren über die Belichtung, denn man mag den Elodea-iSpross Orientiren wie man will, immer werden grössere Blätter- und Stengel- theile sich im Schatten befinden, auch haben die Blätter des Versuchs- sprosses die verschiedenste Lage im Räume und werden von den ein- fallenden Strahlen in der verschiedensten Richtung getroffen. Alle diese und noch eine Reihe anderer Mängel sind bei meiner Methode be- seitigt. Sie bietet überhaupt nur eine Schwierigkeit, das ist die Her- richtung des Versuchsobjectes. Ich trenne ein Blatt vom Stengel, Assimilatorische Energie der blauen und violetten Strahlen des Spektrums. 121 indem ich den Schnitt mit scharfem Rasirmesser führe, wie in der Fig. 1 durch die punktirte Linie angedeutet ist und lege das abge- schnittene Blatt so auf den Boden eines mit wenig Wasser gefüllten Glasschälchens, wie in Fig. 2 dargestellt ist. Ein kleines Glasstück verhindert jede Lagenändcrung des Blattes. Die Intercellulargänge des -Efoc^^a-Blattes, in denen der Sauerstoff nach dem Stengel wandert, setzen in der Blattinsertionsgegend an der Achse parallel und nahe der Stengel -Epidermis verlaufend an. Das "Versuchsobject nimmt sich daher unter dem Mikroskop folgendermassen aus: (Fig. 3.) a h c d ist der mitabgeschnittene Stengelrest, B das Blatt mit den Intercellulargängen i % welche mit denen des Stengels i' i' in Com- munication stehen. Unmös^lich würde das Blasen-Zählen und -Messen sein, wenn im vorliegenden Falle etwa an allen acht Oeffnungen der Stengelintercellulargänge Bjasenentwickelung erfolgte Glücklicher Weise scheint dies nie einzutreten; ich habe immer nur aus einer Oeffnung, selten aus zwei, Blasen kommen sehen; die Intercellulargänge i' i' stehen also seitlich in Verbindung und der gesammte Assimilations- Sauerstoft' tritt vereint, hier etwa bei 6 aus. An diese Stelle bringt man nun das Bild der Mikrometerscala und kann dann mit grosser Genauigkeit den Durchmesser der Gasblase messen. Eine kleine Fehlerquelle liegt bei meiner Methode darin, dass die Sauerstoffblasen nicht genau Kugelgestalt haben, so lange sie noch nicht losgelöst sind, sondern mit einer konischen Verlängerung an der Austrittsöffnung ansitzen. Allein vergleichende Messungen haben mir gezeigt, dass der entstehende Fehler nur bei ganz kleinen Blasen in Betracht kommen kann. Solche aber braucht man nicht zur Messung zu benutzen, da man die Beobachtungszeit und damit die Blasengrösse ja beliebig steigern kann. Mit Hülfe dieser verbesserten Methode habe ich eine Reihe von Bestimmungen der Assimilationsenergie vorgenommen, von welchen ich nur ein paar hier anführen will; in extenso werde ich dieselben an 122 F. G. Kohl: anderem Orte mittheilen, wenn meine diesbezüglichen Untersuchungen, die ich wegen mangelnden Sonnenscheins unterbrochen habe, zum Ab- schluss gekommen sind. Versuch IX mit Elodea-Blatt unter Anwendung des Spektrophors. Versuchszeit: 5 Minuten. Durchmesser der Blase 1. 14,5, 2. 14,3, 3. 14,0, 4. 14,0, 5. 14,0 Theilstriche des Ocular-Mikrometers. Berechnet man hieraus die Volumina der Gasb)asen, so ergeben sich folgende Zahlen: 1. 12 270 Cubik-Einheiten 2. 12 249 „ 3. 11 394 4. 11 394 „ 5. 11394 welche man leicht in Cubikmikromillimeter umrechnen kann, da 1 Theil- strich der verwendeten Ocularmikrometer-Scala = 0,015 mm ist. Versuch X mit Elodea-Blait unter Anwendung des Spektrophors (Schwefelkohlenstoffprisma). Aus 24 Messungen, je vier im weissen Licht resp. in einer Spektral- region angestellt, erhielt ich folgende Mittelwerthe in Cubikeinheiten: weiss 73 920 roth 32 067 (- 2 = 620) gelb 9 203 (yl - 590 - 570) grün 14127 (2 = 565-510) blau 18 482 (A = 490 - 430) violett 7 238 (A = 430 - 395). Diese Zahlen berechtigen zu folgenden Schlüssen, sofern nicht fort- gesetzte Versuche andere Resultate ergeben; alle mir jetzt bereits vor- liegenden, hier noch nicht zum Abdruck gebrachten Messungen stehen mit obigen Befunden in hinreichendem Einklänge. 1. Der Antheil des Roth an der assimilatorischen Wirkung des Sonnenlichtes beträgt, wie ich bereits aus den REiNKE'schen Werthen berechnen konnte, etwa 50 pCt. von der Wirkung des unzerlegten Sonnenlichtes. (Versuch II nach der alten Blasenzählraethode ergab ein ähnliches Verhältniss, ebenso die Versuche III, IV und V.) 2. Nächst Roth ruft Blau (-1 == 490 - 430) die stärkste Assi- milationswirkung hervor; dieselbe bleibt nur wenig hinter der des Roth zurück. (Uebereinstimmung mit Versuch II nach der alten Methode; an- nähernde Uebereinstimmung mit Versuch VII und VIII. Auch aus Assimilatorische Energie der blauen und violetten Strahlen des Spektrums. 123 Engelmann' s Zahlen ergiebt sich eine Wirkung der blauen Strahlen von ungefähr 40 pCt. der Totalwirkung des weissen Lichtes. REINKE's Zahlen entsprachen dagegen ca. 12,4 pCt.) 3. Grün bis zur Linie h betheiligt sich sodann am meisten am Aasimilationsprocess, wenn auch die Menge des im grünen Licht ent- wickelten Sauerstoffs nur noch etwa halb so gross ist als die im Blau. (Also etwa 20 pCt. von der Wirkung im Weiss. Nach ENGEL- MANN etwa 19 pCt.) 4. Der gelben Region des Spektrums kommt nur ein relativ geringer Einfluss auf die Kohlensäure-Zersetzung zu, etwa 12 pCt. von der Wirkung des weissen Lichtes. (Annähernde Uebereinstimraung mit Versuch VL Abweichend von Engelmann, der eine Wirkung von 25 pCt. constatirte.) 5. Am schwächsten ist der assimilatorische Effect der violetten Strahlen. (Annähernde Uebereinstimmung mit dem Versuch VI, vollkommen, weichen dagegen Versuch VII und VIII ab. Die im Violett entwickelten Sauerstoffblasen müssen kleiner sein im Augenblick der Ablösung. Abweichend von ENGELMANN, der eine viel höhere Assirailationsenergie der violetten Strahlen fand.) Schon diese wenigen Beispiele genügen, um unter Anderem dar- zulegen, dass der Antheil der blauen Strahlen des weissen Lichtes an der Assimilationswirkung bisher auffallend unterschätzt worden ist und dass hierauf bezügliche Stellen wie die von SACHS (in seinen „Vor- lesungen", p. 367), von Hansen in seiner „Physiologie der Pflanzen" (p. 101), von NOLL im „Lehrbuch der Botanik für Hochschulen* (p. 167) etc. hinfällig werden. Dagegen erblicke ich in meinen Ver- suchen eine Bestätigung der Angaben ENGELMANN's über die zweite Erhebung der Assimilationscurve für grüne Zellen im Blau, welche aller Wahrscheinlichkeit nach etwa bei der Linie F culminirt. Das Fehlen dieses zweiten kleineren Maximums bei REINKE führe ich daher weniger auf etwaige Absorptionen der blauen Strahlen im Glas des Prismas und der Linsen zurück, als auf den oben aufgedeckten Mangel der von ihm gebrauchten Methode. Der reichliche Gehalt des Chlorophyllkornes an gelben und gelb- rothen Farbstoffen wie Xanthophyll, Carotin etc., welcher durch neuere Untersuchungen constatirt wurde, würde dann begreiflich werden, wird doch die Absorption der ganzen blauvioletten Hälfte des Spektrums durch sie bewirkt, so zwar, dass sich die einzelnen gelben Farbstoffe in dieser Absorptionswirkung geradezu gegenseitig ergänzen. Das Carotin absorbirt bekanntlich die Region zwischen F und £, das Blau, das Xanthophyll diejenige rechts von jE/, also das Violett. 124 Friedrich Czapek: Habe ich vorläufig hier in erster Linie die blauen Strahlen in's Auge gefasst wegen ibrer Beziehung zum Carotin, über welches ich Mittheilungen zu machen im Begriffe stehe, so wird eine weitere Auf- gabe sein, den assimilatorischen Effect des Violett noch eingehender zu untersuchen. Die bisher von ENGELMANN, REINKE und mir er- haltenen Resultate werden sich controlliren lassen durch den Ausfall von Culturversuchen grüner Pflanzen in den verschiedeuen Lichtarten unter sonst gleichen Verhältnissen. Die über diesen Punkt in der Litteratur verstreuten Angaben (BERT, HUNT, SACHS, KRAUS, MEYER, Weber, Morgen, MACANO etc.) weichen weit von einander ab; ich habe daher zunächst Algenculturen hinter farbigen, spektroskopisch ^enau definirten Schirmen aufgestellt und werde durch Trockengewichts- bestimmungen die Assimilationsfähigkeit der Algen in den einzelnen Regionen bestimmen. Der Erfolg dieser Versuche muss um so ge- sicherter erscheinen, als durch ReINKE (Die Abhängigkeit des Ergrünens von der Wellenlänge des Lichtes 1893, Sitzungsber. d. k. p. A. d. Wiss.) der Beweis erbracht wurde, dass alle leuchtenden Strahlen des Sonnenspektrums zwischen den FRAUNHOFER'schen Linien A und H das Ergrünen der Pflanzen, wenn auch natürlich in verschiedenem Masse, bewirken. Es werden also neu sich bildende Chlorophyllkörner ergrünen und an der Assimilationsarbeit sich betheiligen können. Für die Versuche im Violett (Strahlen rechts von H) wird freilich die assimilatorische Thätigkeit etwa neugebildeter Chloroplasten aus- geschlossen sein, da sie in dieser Spektralregion nicht zu ergrünen ver- mögen. Weitere Mittheilungen werde ich machen, wenn besseres Licht mir den Abschluss begonnener Versuchsreihen erlauben wird. Marburg, den 30. Januar 1897. 15. Friedrich Czapek: Zur Physiologie des Leptoms der Angiospermen. Eingegangen am 7. Februar 1897. Die Ergebnisse meiner Untersuchungen, über welche ich im Nach- folgenden kurz berichte (die ausführliche Mittheilung soll bald an anderer Stelle erscheinen), lassen sich im Allgemeinen dahin zusammen- fassen, dass die charakteristische Function des Leptoms der höheren Pflanzen in der Transportirung sowohl der stickstofffreien als auch der Zur Physiologie des Leptoms der Angiospermen. 125 stickstoflFljaltigen organischeu Baustoffe des Pflanzen körpers bestellt, dass dem Grundparenchym in krautigen Pflauzentbeilen und demLeptom- parenchym der Rinde holziger Theile die Hauptrolle für die Weiter- leitung der Kohlenhydrate oder Fette gewiss nicht zukommt, sondern dass dieses Geschäft von den Siebröhren und Cambiformzügen ebenso besorgt wird, wie dies für die stickstoffhaltigen Substanzen fast all- gemein angenommen wird. Im hochdifterenzirten Leptom der Angiospermen lassen sieh drei physiologisch- anatomisch charakterisirte Gewebesysteme unterscheiden: 1. Das Translocationssystera, bestehend aus den Siebröhren und den Zügen der Cambiforuizellen. 2. Das Absorptionssystem, bestehend in den Geleitzellen, deren Function es ist, die in den Siebröhren trans- portirten Substanzen aufzunehmen oder Baustoffe aus dem speichernden Gewebe aufzunehmen und dieselben an die Siebröhren abzugeben. 3. Das Sjieichersystem, dargestellt durch die längsverlaufenden Paren- chymzüge des Leptoms sowie die Leptommarkstrahlen, Elemente, welche die zugeführten Assimilate in sich als Reservevorräthe aufzustapeln haben. Wenn man nicht das mechanische System vorn Leptom abtrennen will, sondern dasselbe mit dem Leptom als „Phloem" zusammenfasst, so könnte man die mechanischen Elemente als 4. Gewebeform des Weich- bastes in die Aufzählung aufnehmen. Yielleicht würde sich dies sogar empfehlen, weil sich in anderen Gewebeformen des Pflanzenreiches, be- sonders im Holztheil, die mechanischen Elemente nicht ganz unge- zwungen als nicht dazu gehörige Gebilde auffassen lassen. Ueberdies ist ja „Hcrlz", „Weichbast", „Gefässbündel" doch nur ein rein topisch- descriptiver Begriff, der physiologisch kein charakterisirtes Ganzes bildet. Im Holztheil haben wir ebensogut mechanische und speichernd thätige Elemente wie im Phloem oder im parenchymatischen Gruud- gewebe krautiger Theile. I. Die translocatorisch tliätigen Elemente des Leptoms sind das eigentlich charakteristische Gewebe der Leptomstränge. Gerade so wie die Gefässe und Tracheiden des Hadroms den Wassertransport in den hochdifferenzirten Pflanzen füi' sich monopolisirt haben, obgleich eigentlich alle Zellen des Organismus bis zu einem gewissen Grade zu dieser Function befähigt wären, so besorgen auch die Siebröhren und neben ihnen die Cambiformzellen des Leptoms das Geschäft der Stoff- leituug zwischen den einzelnen Gliedern und Organen der Pflanze. Damit ist selbstverständlich nicht ausgeschlossen, dass eine Translocaiion organischer Baustoffe auf andere Weise vor sich gehen könne. Dass dem wirklich so ist, zeigt ja ein Blick auf die bekannte Erscheinung, dass mit dem Blutuugssafte des Holzes den wachsenden Zweigspitzen 126 Friedrich Czapek: der Bäume ganz enorme Quantitäten von Nährstoffen aus den Vor- rathskammern des Speicherparenchyms im holzigen Stamme zugeführt werden. Es sind auch thatsächlich die Lep tomstränge, welche bei der Wanderung der Kohlenhydrate aus der assimilatorisch thätigen Blatt- spreite durch den Blattstiel in den Stamm die ausschlaggebende Rolle spielen, und es kommt in dieser Hinsicht dem Grundparenchym keine functionelle Bedeutung zu. Der experimentelle Beweis hiefür lässt sich erbringen, wenn man von der Ueberlegung ausgeht, dass im Falle des Statt- findens einer regelmässigen oder ausnahmsweise vorkommenden Leitung der Kohlenhydrate im Grundparenchym, die Transportstrasse keine un- bedingt geradlinige sein muss, sondern ebenso gut eine querverlaufende, schräge oder krummlinige in Bezug auf die Längsachse des Blattstieles sein kann. Werden hingegen die Assimilate ausschliesslich innerhalb der Leptomstränge transportirt, so muss die Richtung der Leitung unbe- dingt eine geradlinig absteigende sein, und es muss möglich sein durch eine Durchtrennung bestimmter Leptomstränge innerhalb des Blatt- stieles die Entleerung der entsprechenden Spreitenantheile zu ver- hindern — vorausgesetzt, dass keine Anastomosen oder verschränkt laufende Leitböudel in den betreffenden Blattstielen sich vorfinden. Wenn man bei Vitis vinifera oder grossblätterigen Begonia- Avten die Continuität des Blattstiels in einer Querschnittshälfte durch Heraus- nahme einer dünnen Gewebslamelle unterbricht, so gelingt es nun in der That die Entleerung derjenigen Laminahälfte, welche an der operirten Seite liegt, hintanzuhalten, was sich leicht durch die SACHS'sche Jodprobe nachweisen lässt. Nach 12 — 24stündiger Verdunklung ist bei warmem Wetter aus strotzend mit Stärke erfüllten Blättern alle Stärke verschwunden, und nur an der resecirten Seite der operirten Blätter ist reichlicher Stärkegehalt der Lamina zu constatiren. Macht man den Versuch aber etwa mit Cucurbita-BVättern, so entleert sich trotz der Resection die ganze Lamina vollständig, weil eben bei dieser Pflanze Queranastomosen zwischen den Siebsträngen bestehen, welche die Ent- leerung der Lamina auch von der operirten Seite her vermitteln. Damit ist also gezeigt, dass sich der Strom der Kohlenhydrate aus den assimilirenden Organen in Stamm und Wurzel durch die Leptom- stränge bewegt, Dass es im Leptom wieder ausschliesslich die Siebröhren und Cambiformzellen sind, welche den Transport der zu befördernden Bau- stoffe besorgen, geht aus dem Ausfall geeigneter Ringelungsversuche hervor, Man kann wieder sagen: wenn es die genannten Elemente sind, die hierbei in Frage kommen, demnach ausgeprägt längsgestreckte, geradhnig verlaufende Elemente, so muss die einzig mögliche Art der Weiterleitung eine geradlinige sein. Ist für alle oder für einen Theil der Substanzen die Transportstrasse im Parenchym zu suchen, so muss Zur Physiologie des Leptoms der Angiospermen. 127 auch eine quere oder schräge Leitung möglich sein. Ich ringelte Weidenstecklinge derart, dass eine Rindenbrücke von mehreren Milli- metern Breite übrig blieb, welche beide Ringelwundränder verband. Diese Brücke war zweimal rechtwinklig umgebogen, so dass sie aus 3 Schenkeln bestand: einem verticalen absteigenden, einem seitlich daran anschliessenden horizontalen, und endlich einem zweiten verticalen, welcher in den unteren VVundrand einmündete. Das durch den Ringel- schnitt abgetrennte untere Stück des Stecklings war 2—3 cm lang. Die Erscheinungen, welche nun an solchen Zweigen auftraten, waren folgende: Der obere Wundrand entwickelte reichlich Callus und Wurzeln, ebenso spross aus dem oberen verticalen Brückenscbenkel an beiden seitlichen Rändern kräftiger Callus, besonders aber am unteren Rande sehr üppig, wo auch häufig ein dichtes Wurzelbüschel stand. Sobald nun die Rindenbrücke in den horizontalen Ast überging, nahm die Callusbildung ungemein rasch ab, so dass der Rand nach 3 mm Ver- lauf callusfrei war. Callusfrei oder callusarm war auch der untere verticale Schenkel der Brücke, wie der untere Ringelwundrand. Es verhielt sich also nur der obere verticale ßrückenschenkel so wie die Wundränder des grossen Stecklingsabschnittes. Der horizontale Ast und der untere verticale Schenkel gehörten ihrem Verhalten nach zum unteren kurzen Stück des Stecklings. Damit ist gezeigt, dass sich die Baustofi'e durch den horizontalen Ast der Rindenbrücke nicht hindurch- bewegen konnten, dass also eine Querieitung im Leptom so gut wie gar nicht stattfindet. Dass speciell. bezüglich der Kohlenhydrate ein solches Verhältniss obwaltet, lässt sich durch analoge Versuche zeigen, welche man au Aesten im Zusammenhang mit dem Strauch anstellt. So beobachtete ich an Zweigen von Syringa und Philadelphiis^ welche ich in der beschriebenen Weise an dem Strauche im Freien geringelt hatte, eine deutliche Anhäufung von Stärke oberhalb der winklig ge- brochenen Rindenbrücke, ein Zeichen, dass auch hier der horizontale Brückenast mittels Querleitung nicht passirt werden konnte. Es müssen also ausschliesslich die längsgestreckten Leptomelemente, die Siebröhren und Cambiformzellen mit der Leitung der zu trans- portirenden Baustofi'e betraut sein, und es werden sämmtliche Substanzen in der gleichen Weise iransportirt. Für die proteinartigen Stofi'e ist es derzeit wohl fast allgemein anerkannt gewesen, dass die Siebröhren bei deren Fortleitung ausschliesslich betheiligt sind. Bezüglich der Kohlenhydrate war hingegen die Ansicht bekanntlich die herrschende, dass dieselben in den stärkereichen Parenchymzügen geleitet werden. Dass dies nicht zutrefi"end ist, beweisen die oben angeführten Versuche. Ueberdies enthalten die Siebröhren nachweislich sehr häufig Stärke, Glucose oder Saccharose, was allerdings für sich allein genommen bezüglich des Stattfindens eines Transportes dieser Substanzen in den Elementen, in denen sie vorkommen, nichts beweist. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. Q 128 Friedrich Czapek: Es ist selbstverständlich, dass mit dem Nachweis des Transportes der organischen Baustoffe im Leptora innerhalb des Blattstieles und Stammes durchaus nichts über die Wege der Assimilate innerhalb der Lamina präjudicirt erscheint. Es ist sogar wahrscheinlich, dass die längs- gestreckten Parenchymelemente der Leitscheiden die Leptomstränge in ihrer Function sehr wesentlich unterstützen, wenn ich auch nicht mit SCHIMPER^) eine ausschliessliche Bethätigung der Leitscheiden bei dem Transport der Kohlenhydrate aus der assimilirenden Spreite annehmen kann. Im Blattstiele aber ist bereits die Leitungsfunction ausschliesslich auf die Leptomstränge übergegangen. Weitere von mir ausgeführte Ver- suche bezogen sich auf die Mechanik des Transportes der Baustoffe in den translocatorisch thätigen Elementen, und sie betreffen zunächst dieModali- täteu der Ableitung der Kohlenhydrate aus assimilirenden Laubblättern. Ich schloss 1 — 2 cm lange Strecken von Blattstielen (Cucurbita^ Vitis) in weite Glasröhren ein, in welche die zum Versuch verwendeten Substanzen hineingegeben wurden. Tödtet man eine derartige Blattstielstrecke ab, indem man durch den Apparat Dämpfe siedenden Wassers streichen lässt, so wird die Ableitung aus der Lamina gehemmt; die todten Elemente sind leitungsunfäbig. Analog wirkt Tödtung durch Chloroform. Aber auch, wenn man unter sorgfältiger Vermeidung tödtllch w^irksamer Schädigung die Blattstielstrecke mittels verdünnter wässeriger Chloro- formlösung narkotisirt, so hemmt man trotzdem bereits die Ableitung der Assimilate aus der Lamina. Narkotisirte Leptomelemente sind daher nicht mehr leitungstüchtig. Hingegen lässt sich sicherstellen, dass Plasmolysirung mittels Kalisalpeter oder Zuckerlösung die Fort- leitung nicht beeinträchtigt. Hieraus ergiebt sich, dass unabhängig von osmotisch erzeugten Druckkräften Translocation organischer Bau- stoffe stattfindet, dass also weder der in den Siebröhren herrschende osmotische Druck, noch die Druckwirkung der Nachbarelemente auf die Leitungsorgane ein unentbehrliches Agens für die translocatorische Thätigkeit der Siebelemente darstellt. Die Tödtungs- und Narkose- versuche weisen vielmehr darauf hin, dass der wirksame Factor bei den Translocationsvorgängen in der Thätigkeit des lebenden Proto- plasmas der leitenden Elemente zu suchen ist. De VrieS^) hatte be- kanntlich auf die Möglichkeit hingewiesen, dass der Protoplasma- strömung ausschlaggebende Bedeutung beim Stofftransport zukomme. Nun findet sich aber, wie mehrfach festgestellt worden ist^), gerade in 1) A. F. W. ScmMPER, Ueber Bildung und Wanderung der Kohlenhydrate in den Laubhlättern. Bot. Ztg., 1885, S. 737. 2) H. DE Vries, Ueber die Bedeutung der Circulation und der Rotation des Protoplasmas für den Stofftransport in der Pflanze. Bot. Ztg., Bd. 43, 1885, S. 1. 3) E. Strasburger, Ueber den Bau und die Verrichtungen der Leitungs- bahnen in den Pflanzen. Jena 1891, S. 285. W. Pfeffer, Studien zur Energetik der Pflanzen. Leipzig, 1892, S. 297. Zur Physiologie des Leptoms der Angiospermen. 129 den thätigen Siebröhren kein strömendes Protoplasma mehr. Ausserdem würden, falls wirklich ein mechanisches Fortführen der zu trans- portirenden Stoffe durch strömendes Protoplasma der hauptsächliche Bewegungsmodus bei der Stoffleitung wäre, Protoplasmaverbindungen zwischen den leitenden Elementen eine unentbehrliche Einrichtung sein. Solche Verbindungen kommen aber nur den Siebröhrengliedern der Angiospermen zu, und sie fehlen den Gymnospermen und Pteridophyten.^) Ausserdem sind bei den Angiospermen selbst Protoplasmaverbindungen zwischen Siebröhren und Geleitzellen, wie ich mich durch eingehende Untersuchungen überzeugte, ein geradezu als Ausnahme zu bezeichnendes Vorkommniss, so dass gerade zwischen transportirenden und absorbiren- den Zellen im Falle des Nothwendigseins von Plasmaverbindungen für den Stoffaustausch diese unentbehrliche Einrichtung fehlen würde. Es ist demnach nicht daran zu denken, dass mechanische Transport- vorgänge durch Bewegung von Plasmatheilchen von Ort zu Ort bei der Stoffleitung im Pflanzenkörper die Hauptrolle spielen. Dass aber auch eine rein physikalische, auch an anorganischen Systemen in derselben Weise vorkommende Diffusion der geleiteten Stoffe die Stoffbewegung unmöglich in ihrem vollen Umfang unter- halten könne, das beweisen unsere Tödtungs- und Narkoseversuche, und es befand sich DE VrIES in vollem Rechte, wenn er diese Er- klärung zurückwies. Die Thätigkeit des Protoplasmas bei der Stoff'leitung kann dem- nach nicht ausschliesslich in einer Regulation der Diffusionsvorgänge durch Variation der Permeabilität bestehen, sondern wir müssen für die Stoffleitungsvorgänge annehmen, dass hierbei einerseits eine active Auf- nahme der Substanzen durch das Protoplasma in Betracht kommt, andererseits eine active Abgabe der geleiteten Stoffe, worauf in der nächstfolgenden Zelle derselbe Vorgang sich wiederholt. Active Auf- nahme mit chemischer Bindung und active Abgabe mit Abspaltung der abzugebenden Stoffe aus der Substanz des Protoplasmas sind stets jene Vorgänge, welche den Stoffaustausch zwischen den Zellen des lebenden Organismus vermitteln.^) Wenn die Zellen des thierischen Organismus ihren Sauerstoffbedarf aus den Spaltungsproducten des Oxyhämoglobins der farbigen Blutzellen decken, oder die Leucocyten der Lymphbahnen des Verdauungstractes die von den Darmepithelien aufgenommenen Nahrungsstoffe zuge- führt erhalten und dieselben in die verschiedenen Organe weiter be- fördern, so betrifft dies principiell dieselben Vorgänge von Zelle zu Zelle, als wenn die leitenden Elemente der Pflanze activ die Assimilate 1) Vgl. die Arbeiten von Janczewski (Etudes compar. sur les tubes cribreiix. Cherbourg, 1881); Eussow (Sitzgber. der Dorpater Naturf.-Ges., 1882); Strasbukger (Leitungsbahnen, S. 71). 2) Vgl. W. Pfeffer, Studien zur Energetik, 1892, S. 296. 9* 130 Friedrich Czapek: den synthetisch thätigen Zellen der grünen Blätter entnehmen, oder die Saugorgane eines pflanzlichen Parasiten ihrem Wirth die Nahrung ent- ziehen. Assimilatorische und dissimilatorische Thätigkeit des Proto- plasmas spielt bei jedem Stoffaustausch zwischen lebenden Zellen mit/) Physiologisch-anatomisch sind die leitend thätigen Elemente des Leptoms charakterisirt durch eine Reihe von Einrichtungen, welche zur Erleichterung dieses Stoffaustausches dienlich sind. Es ist klar, dass Reihen von Zellen, bestehend aus wenigen langgestreckten Elementen, welche in den zwischengelegenen Berührungsflächen möglichst grosse Ausdehnung besitzen, am besten functioniren werden. Dieses Princip sehen wir auch bei den Siebröhren und Cambiformzellen erfüllt. Die Transportstrasse geht durch möglichst wenige und langgestreckte Proto- plasten mit grosser Oberfläche; die Querwände sind, um möglichst grosse Oberfläche zu erzielen, meist stark schräg gestellt und bieten dem angelagerten Protoplasma eine grosse Fläche, von welcher die ab- geschiedenen Substanzen in die nächste Zelle diffundiren können, um dort aufgenommen zu werden. Die höchste Vollkommenheit in Ein- richtung bieten die Siebröhren der Angiospermen, deren Gliederreihen einen continuirlichen Protoplasmakörper enthalten. Es dürften hier auch die Cambiformzellen bezüglich der leitenden Function gegenüber den Siebröhren aller Erwartung nach sehr in den Hintergrund treten. II. Das Absorptionssystem des Leptoms besteht in den Geleitzellen der Siebröhren. Hierfür spricht eine Reihe von bereits bekannten anatomischen Eigenthümlichkeiten dieser Elemente. Einerseits sind sie den Siebröhren eng angelagert, bieten gerade diesen gegenüber eine grosse Oberfläche; hierzu kommt noch die regelmässig zu beobachtende Bildung von grossen flachen Tüpfeln an der Trennungs- wand von Siebröhre und Geleitzelle. ^) Andererseits schliessen die Geleitzellen stets an Leptoraparenchymzüge, Markstrahlen an, ^) so dass geradeso für eine geeignete Verbindung mit dem Speichergewebe ge- sorgt ist, wie für einen möglichst engen Zusammenhang mit den zu- und ableitenden Elementen. Dass den Cambiformzellen derartige Zellen fehlen, möchte ich geradezu als Hinweis ansehen dafür, dass diese Elemente hinsichtlich Ausgiebigkeit der " leitenden Function den Siebröhren beträchtlich nachstehen müssen und dass die Cambiform- 1) E. Hering, Zur Theorie der Vorgänge in der lebendigen Substanz, Lotos, Bd. IX, 1888, Prag. 2) Zuerst gesehen bei Vitis vinifera von K. Wilhelm (Beiträge zur Kenntniss des Siebröhrenapparates dicotjder Pflanzen. Leipzig, 1880, S. 29). 3) H. Lecomte, Contribution ä l'etude du Liber des Angiospermes. Anual. des sc. nat., Ser. YII, Tom. X, 1889, p. 232. E. Strasburger, Leitungsbahnen. S. 223. Zur Physiologie des Leptoms der Angiospermen. 131 Zellen, dort, wo sie neben Siebröhren vorkommen, als Transportstrassen zweiten Ranges angesehen werden können. Man kann sich vorstellen, dass die stofifaufnehmende und stoff- abgebende Thätigkeit der Geleitzellen die gleiche ist, ob nun der Strom der organischen Baustoffe sich aus den Siebröhren zuleitend nach dem Speichergewebe des Leptoms bewegt, oder ob eine vorwiegende Ab- leitung aus dem Speichergewebe nach den Siebröhren zu stattfindet. Im ersten Falle wird auf der Siebröhrenseite der Geleitzellen eine leb- hafte Stoffaufnahme staltfinden, während auf der Seite des nährstoffarmen Speichergewebes die Stoffabgabe über die Aufnahme überwiegen muss. Im zweiten Falle ist es umgekehrt. Der sichtbare Effect, die Strömungs- richtung der transportirten Substanzen, ist eben die Differenz zwischen Stoffautnahme und Abgabe. Dieselbe kann positiv und negativ sein. III. Das Speichergewebe des Leptoms oder das Leptomparencliym. Im Gegensatz zu den aus mechanischen Gründen dickwandigen Speicherge\vebselementen des Holzes besitzt das Leptom in der Regel dünnwandige Parenchyrazellen mit un verholzter Wand. Die Protoplasten stehen durch zahlreiche Verbindungsfäden mit einander in continuirlichem Zusammenhang. Es ist bekannt, dass in den meisten Fällen die Leptotnparenchymzellen zahlreiche grosse Leucoplasten enthalten, welche reichlich Stärke produciren. Es bat dieses massenhafte Auftreten von Stärke im Leptomparenchym zur An- nahme geführt, dass die Kohlenhydrate in diesen Leptomelementen wandern. Abgesehen von den oben angeführten Gegengründen ist es ja a priori unstatthaft, aus dem reichlichen Voikoramen bestimmter Substanzen im Zellinhalt bestimmter Gewebselemente auf eine Trans- location dieser Substanzen in den betreffenden Elementen zu schliessen. Die Stärke im Leptomparenchym kann nur als aufgespeichertes Material gelten, welches von dem als ^'peichergewebe functionirenden Leptom- parenchym für künftigen Bedarf aufgestapelt wird. So bekannt das Vorkommen von Reservekohlenhydrat im Leptom- parenchym ist, so wenig scheint bis jetzt das durchaus nicht seltene reichliche Vorkommen von Reserveprotein im Speichergewebe des Leptoms beachtet worden zu sein. Bald sind es vor allem die Zellen der Leptommarkstrahlen, welche weniger Stärke und mehr Protein ent- halten (CJorniis sanguinea^ Corylus Avellana, Ribes rubrum)', bald ent- halten die Parenchymlängszüge reichlicher Reserveprotein (Alnus gluti- nosa, Populus tremula, Lycium barbarum, Humuhis Lupulus). Prasr, Botanisches Institut der k. k. deutschen techn. Hochschule. 132 H. H. Gran: 16, H. H. Gran: Bemerkungen über das Plankton des Arktischen Meeres. Eingegangen am 13. Februar 1897. Durch Professor N. WiLLE in Christiania -wurden mir einige Planktonproben zur Untersuchung Oberlassen, die für die Kenntniss der biologischen Verhältnisse im nördlichen Polarmeere eine besondere Bedeutung haben. Sie sind von einem norwegischen Capitän, HäNS JOACHIM HaSLUM, im Frühling und Sommer 1896 zwischen Island, Grönland und Jan Mayen gesammelt, die meisten Proben zwischen den Schollen des Treibeises- Es ist bekannt, dass gerade das Eismeer ungeheure Mengen von Planktondiatomeen enthalten kann, so dass das Wasser ganz braun erscheint; im Sommer scheint dieses Verhältniss die Regel zu sein, und da die meisten Expeditionen nur im Sommer gearbeitet haben, hat sich die Auffassung eingebürgert, dass das Polarmeer immer ein reiches Plankton von Thalassiosira-, Chaetoceras - Arien und anderen Diatomeen enthält. Als ich die Proben durchmusterte, fiel es mir sofort auf, dass von den ca. 20 Flaschen nur 2 einen reichlichen Inhalt hatten, während die übrigen nur durch einen blassen Niederschlag von organischen Salzen getrübt waren. Die zwei ersteren waren im Anfang Juli geschöpft, die eine den 1. Juli in 65° 50' n. Br., 30° w. L. von Greenw., die andere den 7. Juli in 66° n. Br., 3072° w. L.; auf den Etiketten hat HASLUM „braunes Wasser" notirt, während auf den Etiketten der leeren Flaschen „t^laues Wasser" steht. Die zwei besprochenen Proben enthalten folgende Plankton- diatomeen ^): 1. Juli 7. Juli Thalassiosira Nordensköldii Gl + „ gravida Gl r c „ hyalina (Grün.) Gran. . . . + ^^ Podosira glacialis Grün • • ^ Coscinodiscus polijchordus Gran *' „ oculis iridis Ehr r r 1) Die relative Häufigkeit wird durch cc (sehr zahlreich), c (zahlreich), + (recht häufig) und r (selten) bezeichnet. Bemerkungen über das Plankton des Arktischen Meeres. 133 1. JuU 7. Juli Landeria fragilis Gran + Rhizosolenia semispina Hensen r -j- „ styliformis Brightvv r „ alata ßrightw. v. truncata Grao. /• r Chaetoceras atlanticuvi Cl r „ boreale ßail r r „ decipiens Cl t t yy diadema (Ehr.) Gran r r debile Cl r -f- „ furceUatum Bail 4~ „ sociale Lander + „ Wighavii ßrightw -f- Eucampia groenlandica Cl r Fragilaria oceanica Cl -f" ^ „ cylindrus Gruo r Achnanthes taeniata Grün -}- r Navicula Vanhoefenii Gran -|- Ampkiprora hgperborea Grün r Nitzschia seriata Cl + + „ frigida Grün r Von diesen Ai'ten sind Coscinodiscus oculus iridis^ die Rhizosolenien, Chaetoceras atlanticum , boreale und decipiens holoplanktonische Diatomeen, welche wahrscheinlich niemals Dauersporen bilden und darum in geringer Menge als ßestandtheile des Planktons bleiben, auch wenn die äusseren Verbältnisse ungünstig sind. Ihre Verbreitung ist ausgedehnt, doch kommen sie im nördlichen Atlantischen Meere am reichlichsten vor. Die übrigen, die die Hauptmasse der Proben ausmachen, sind meroplanktonisch; bei den meisten sind die Dauersporen schon gefunden worden, und wenn sie auch vielleicht nicht bei allen existiren, werden die Algen doch wahrscheinlich in einer anderen Weise ihre Rubeperiode durchmachen; ihr plötzliches, massenhaftes Auftreten, ihre kurze, lebhafte Vegetation, und ihr plötzliches Verschwinden kann kaum in anderer Weise erklärt werden. Die Probe vom 7. Juli ist besonders durch das massenhafte Vor- kommen von Thalassiosira hyalina charakterisirt, ausserdem noch durch mehrere andere meroplanktonische Arten, besonders Fragilaria oceanica. Der Zellinhalt ist gut fixirt, und man sieht, wie fast alle Ketten sich in lebhafter Zeihheilung befinden. Die Zellwände sind durchgehends viel zarter als gewöhnlich, wie es oft mit dem Sommerplankton der Fall ist; damit scheint es auch im Zusammenhang zu stehen, dass in den orestreiften Formen die Schalenstructur besonders fein ist. So sind 134 H. H. Gran: die Punktreihen in Thalassiosira kyalina fast doppelt so fein als in der typischen, als Coscinodiscus kryophüus bekannten Form, und ebenso haben Thalassiosira gravida und Coscinodiscus polychordus eine viel feinere Structur als im Winter an den norwegischen Küsten. Den 1. Juli war das Plankton nicht so reichlich; die meroplank- tonischen Arten theilten sich noch nicht so lebhaft, wie einige Tage später; die Probe enthält aber von den holoplanktonischen Arten ver- hältnissmässig mehr und ausserdem eine nicht unerhebliche Menge von losgerissenen Küstenformen, centimeterlange Fäden von einer Chloro- phycee, Chaetomorpha oder ürospora, mit anhaftenden Licmcpliora- Colonien, Eine ähnliche Zusammensetzung wie in diesen Proben hat das Plankton des kleinen Karajakfjord in Westgrönland im Mai, wie es aus VANHÖFFEN's^) und meinen^) Untersuchungen hervorgeht. Ueber- wiegend sind auch hier die Fragilarien, Thalassiosira hyalina, Achnanthes taeniata\ dieselben Arten vegetiren nach ClEVE^) auch in der Baffins- bucht lebhaft im Plankton im Monat Mai. Im Karajakfjord kommen diese Diatomeen schon im März auf der Unterseite des Fjordeises in bedeutender Menge vor, erst im Mai aber im Plankton, und später verschwinden sie fast vollständig. Im Juli besteht das Plankton fast ausschliesslich aus Thalassiosira Nordensköldii. Aus Ostgrönland sind Planktonproben mit denselben Arten schon von OeSTRUP*) erwähnt; vom 13. bis zum 18. JuH 1891 schwammen zusammengeballte Massen von Fragilaria oceanica an der Meeresober- fläche in 75°n. ßr., ll°w.L., und den 23. Juli wurde in 73°l4'n. Br. 20° 30' w. L. die Oberfläche von einer dünnen Diatomeenschicht bedeckt, die unter anderen Arten Fragilaria oceanica, F. cylindrus, Thalassiosira hyalina enthielt. Diese charakteristische Planktonvegetation, die an der grönländischen Westküste im Mai in grosser Menge auftritt, findet sich also östlich von Grönland in 66° n. Br. erst Anfang Juli, in 73-75° n. Br. in der Mitte und in der letzten Hälfte desselben Monats. Im August wird das Fragilaria-^\a.\ikion auch hier durch Thalassiosira Nordensköldii ersetzt, diese Art zeigt aber nach brieflicher Mittheilung von OESTEüP nicht das massenhafte Auftreten wie in der Baffinsbucht und der Davis-Strasse. 1) Vanhöffen, E., Frühlingsleben in Nordgrönlaud. Verhandl. der Ges. für Erdkunde zu Berlin 1893 Vorläufige Mittheilung. 2) H. H. Gran, Bacillariaceen vom Kleinen Karajakfjord. Bibliotheca botanica 1897 (im Druck). 3) P. T. Cleve, Diatoms from Baffins Bay and Davis Street, collected by M. E. NiLSSON, 1836. Büiang til K. Sv. Vet.-Ak. Handl. B. 22, Afd. III, No. 4. 4) E. Oestrup, Marine Diatomeer fra Oestgrönland. 1895. Meddelelser om Grönland. XVIII. Bemerkungen über das Plankton des Arktische« Meeres. 135 Im Mai und Juni scheint das Plankton im westgrönländischen Meere, nach HASLUM's Material zu schliessen, sehr arm zu sein; die Proben sind zwar nur von der Oberfläche geschöpft, und die Möglichkeit ist noch vorhanden, dass die Diatomeen sich etwas unter der Ober- fläche befinden; so waren nach OeSTRUP den 19. Juli 1891 in 74° 14' n. Br. 16° w. L. an der Oberfläche keine Diatomeen, in einer Tiefe von wenigen Faden aber eine nicht unerhebliche Menge von Melosira hyperborea. Selbst in dem F'all, dass an der Oberfläche sich besonders salz- armes Wasser befand, hätten sich meines Erachtens in den Proben des Oberflächen Wassers Spuren von Plankton finden müssen, wenn letzteres in den tieferen Schichten reichlich gewesen wäre. HASLUM's Probe von der Oberfläche am 7. Juli zeigt andererseits die zahlreichen Diatomeenketten in so lebhaftem Wachsthum, dass für diese sehr gute Lebensbedingungen vorhanden gewesen sein müssen. Die Armuth des Frühlingsplanktons östlich von Grönland wird aber leicht verständlich, wenn man die dortigen Verhältnisse mit der- jenigen im Karajakfjord vergleicht. Hier ist eine regelmässige Reihen- folge der meroplauktonischen Arten durch VANHÖFFE^''s Untersuchungen bewiesen. In Ostgrönland ist ein ähnlicher Wechsel wahrscheinlich, da die Arten gemeinsam sind; nur ist die ganze Entwicklung wenigstens um einen Monat verzögert, was bei den klimatischen Verhältnissen auch nicht überraschen kann. Andererseits wird man sich auf den ersten Blick schwer erklären können, warum im offenen Meere plötzlich eine solche Menge von meroplanktonischen Diatomeen auftritt. Dass sich die Dauersporen aus einer Tiefe von mehreren hundert Metern an die Oberlläche heben, ist wenig wahrscheinlich. Wohl aber könnten die Sporen oder viel- leicht andere ruhende Zellen mit den Eisschollen von der unfernen grönländischen Küste herbeigeschwemmt worden sein. Diese Vermuthung wird dadurch bestätigt, dass sich in der Planktonprobe vom 1. Juli mehrere zweifellose Küstenformen finden, deren wohlerhaltener Zell- inhalt beweist, dass sie ganz intact an dem Fundort angekommen sind. Auch im Karajakfjord sammeln sich ja die Diatomeen zuerst an der Unterseite des Fjordeises, welches während des Schmelzens aus Fjorden in das offene Meer getrieben wird; erst dann treten sie im Plankton auf. Die auffällige Erscheinung, dass die Diatomeen im nördlichen Polarmeere so ungleichmässig vertheilt sein können, dass von einer „Schwarmbildung" die Rede sein kann, hat also nach meiner Ansicht ihre Erklärung darin, dass die speciell arktischen Planktondiatomeen alle meroplauktonisch sind. Wenn die Dauersporen oder sonstige Ruhezellen mit den Eisschollen oder vielleicht in anderer Weise günstigen Lebensbedingungen zugeführt werden, können sie sich in 136 Ernst Küster: kurzer Zeit massenliaft vermehren, verschwinden aber wieder aus dem Plankton, wenn die Verhältnisse ungünstig werden. Wenn die Lebensbedingungen ungünstig sind, wie es immer im Winter der Fall zu sein scheint, oder wenn in günstigen Verhältnissen keine entwickelungsfähigen Sporen vorhanden sind, ist die Planktonflora des Eismeeres sehr arm; in anderen Fällen aber kann die Flora so reich werden wie sonst nur in Küstenströmungen. Diese Verhältnisse scheinen mir eine neue Bestätigung dafür zu sein, dass eine Berücksichtigung der Saison Verhältnisse bei einer richtigen Verwendung der HENSEN'schen Zählungsmethode oder einer anderen cjuantitativen Methode durchaus nothwendig ist, und dass überhaupt bei allen Untersuchungen über die Organismen des Meeres nur eine continuirliche oder regelmässig wiederholte Beobachtung zu sicheren Resultaten führen kann. Leipzig, Februar 1897. 17. Ernst Küster: Ueber Kieselablagerungen im Pflanzenkörper. Eingegangen am 18. Februar 1897. In den ersten diesjährigen Nummern des Botanischen Central- blattes habe ich einen Aufsatz über die anatomischen Charaktere der Chrysobalaneen veröffentlicht und in ihm den Kieselablagerangen dieser Pflanzenfamilie besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Ich fand in ihr zwei verschiedene Modificationen von compacten Kieselablagerungen, die ich als ^Kieselkörper" und „Kieselfüllungen" unterschied und deren charakteristische Merkmale ich in anatomischer und ontogenetischer Hinsicht zu präcisiren vermochte. Meine fortgesetzten Untersuchungen über die Kieselablagerungen ergaben noch eine weitere Differenz, auf . die ich mit diesen Zeilen aufmerksam machen möchte. COHN schildert in seinem Aufsatz „Ueber Tabaschir" (Beitr. zur Biol. 1887) dem Leser eine lange Reihe von Eigenschaften dieses seltsamen Pfianzenproductes. Er durchtränkte unter anderem dasselbe mit Flüssigkeiten verschiedener Art und beschreibt das Resultat seiner Versuche, deren Zahl sich durch die V\^ahl anderer Flüssigkeiten noch hinreichend vermehren Hesse. Eine interessante, bisher noch nicht publicirte Beobachtung theilte mir Herr Prof. H. AMBKONN mit, der Ueber Kieselablagerungen im Pflanzenkörp^r. 13T mir gleichzeitig gestattete, sie zu veröffentlichen: Lässt man ein Tabaschirstückchen in einer violetten Jodlösung (z. B. in Chloroform oder Schwefelkohlenstoff) sich imbibireu, so wird dasselbe alsbald transparent und erhält dabei nicht eine violette Färbung, sondern die typische Farbe der braunen Jodlösungen. Untersucht man das Ab- sorptionsspectrum, so zeigt das mit Jodlösung imbibirte Stück Tabaschir sebr deutlich das Spectruni einer braunen Lösung, das von dem der violetten Lösung wesentlich abweicht. — Ich benutzte diese cha- rakteristische Eigenschaft des Tabaschirs, um durch sie über die Structur der Kieselablagerungen bei den Clirysobalaneen Näheres zu erfahren und eventuell ihre Analogie mit dem Tabaschir nachzuweisen. Die Prüfung der Kieselkörper, deren geeignetste — weil grösste — Sorte die Blätter der Lecostemon-ÄTten^) liefern, ergab zunächst ein negatives Resultat. Die Jodlösung verlieh ihnen nur den durch das Chloroform als Lösungsmedium bedingten röthlichen Glanz, den die Kieselkörper auch in Phenol, Benzol etc. annehmen. Ich habe a. a. O. auf ihn als diagnostisches Merkmal zur Prüfung auf Kieselablagerungen hingewiesen und habe diesen Notizen nur noch hinzuzufügen, dass der rothe Glanz sich lediglich durch den Brechungsunlerschied zwischen Object und Untersuchungsmedium erklären dürfte. Je grösser man den Unterschied der Brechungsindices werden lässt, desto deutlicher werden die Kieselkörpei . Ich untersuchte sie in Chloroform n 1,446 Olivenöl „ 1,468 Terpentinöl „ 1,476 Benzol „ 1,501 rectif. Nelkenöl „ 1,528 reinem (wasserfreien) Phenol . . „ 1,535 verharztem Nelkenöl „ 1,547 und Monobromnaphthalin ... „ 1,656 Der Vergleich verschiedener Präparate mit verschiedenen dieser Flüssigkeiten, deren Brechungsindices ich mit dem ABBE'schen Re- fractometer feststellte, liess die Abhängigkeit der Sichtbarkeit und Färbung des Objectes vom Brechungsindex deutlich genug erkennen. In Chloroform, dessen Brechungsvermögen dem der Kieselkörper nahe kommt, kann man diese nur bei engster Irisöffnung als schwach röthlich leuchtende Körper wahrnehmen, deren Umrisse undeutlich und ver- waschen aussehen. Bei den folgenden Flüssigkeiten werden die Kiesel- körper immer deutlicher, ihre Umrisse immer schärfer und der rothe Glanz immer ausgesprochener, — besonders bei den kleinen Exemplaren. 1) Proben von dieser seltenen Gattung verdanke ich der Güte des Herrn Dr. SOLEREDER. 138 Ernst Küster: Ueber Kieselablagerungen im Pflanzenkörper, Will man die bizarren Formen der Kieselkörper bei starker Ver- grösserung betrachten, so wird sich Monobromnaphthalin als Einschluss- medium am meisten empfehlen. Das Gesagte gilt allerdings nur bei Anwendung der gewöhnlichen Achromatsysteme; bei Benutzung der Apochromate verschwindet diese Färbung fast vollständig. Das Resultat der Prüfung mit Jodlösung, auf die ich nun zurück- komme, war also negativ. Die Körper erwiesen sich als imbibitions- unfähig, als absolut compact und dicht. Im Diamantenmörser lassen sich die Kieselkörper unschwer zertrümmern, die Untersuchung der Splitter ergab dasselbe Resultat, wie die der intacten Körper. Somit scheint auch die Möglichkeit einer compacten äusseren Schale und eines anders gebauten Inneren ausgeschlossen. Ganz aoders verhalten sich die Kieselfüllungen — die man am besten durch Glühen von Chrysobalaneenholz, z. B. von Moquilea, ge- winnt. Untersucht man das Glühresiduum in violetter Jodlösung, so werden die opaken Kieselfüllungen transparent und nehmen die Färbung der braunen Jodlösung an, verhalten sich also ebenso wie Tabaschir. Dasselbe gilt von den verkieselten Mem- branen. Auch andere Eigenschaften des Tabaschirs, z. B. die Speicherung von Farbstoffen, lassen sich mit Gentianaviolett, Methylenblau u. s. w. auch an den Kieselfüllungen mit Leichtigkeit nachweisen. Nur das cha- rakteristische Aufsteigen von Luftblasen beim Benetzen entzieht sich den Blicken des Beobachters. Die mikroskopischen Luftbläschen werden wohl zu schnell von der Untersuchungsflüssigkeit absorbirt, als dass sie der Beobachtung zugänglich sein können. Auch bei mikro- skopisch kleinen Tabaschirtrümmein, die sich durch Druck zwischen zwei Objectträgern leicht gewinnen lassen, habe ich vergeblich ent- weichende Lufibläschen zu beobachten versucht. Wir werden daher wegen ihres Ausbleibens an der Analogie zwischen Tabaschir und den Kieselfüllungen nicht zweifeln. Ich halte mich durch diese Beobachtungen zu der Schlussfolgerung für berechtigt, dass der Tabaschir keineswegs ein physiologisches Privilegium der Bambuseen ist, sondern auch in andern Pflanzenfamilien ein häufiges Excret ist — das Vorrecht der Massenproduction bleibt -den Bambuseen freilich unbenommen. C. CoRRENS : Ueber die Membran und die Bewegung der Oscillarien. ] 3i) 18. C. Correns: Ueber die Membran und die Bewegung der Oscillarien. (Vorläufige Mittheilung). Eingegangen am 19. Februar 1897. Die Mittheilung von K. KOLKWITZ über die Krümmungen bei den Oscillariaceen im Decemberheft dieser Berichte veranlasst mich, jetzt eine üebersicht der Ergebnisse meiner Untersuchungen über den Bau und die Bewegung der Oscillarien zu geben. Angefangen im Früh- jahr 1893 sind sie seitdem alljährlich im März und April weitergeführt worden. Ausführlicheres muss auf eine grössere Publication verschoben werden, die ich erst nach dem Abschluss meiner Untersuchungen über die vegetative Vermehrung der Laubmoose in Angriff nehmen kann. Dort soll dann auch die ausserordentlich umfangreiche Litteratur be- sprochen werden. Hier gehe ich nur auf die Punkte etwas ausführlicher ein, die inzwischen von KOLKWITZ behandelt wurden. Soweit nichts Anderes bemerkt ist, beziehen sich meine Angaben mindestens auf Oscillaria princeps. Das Material habe ich, seit 1893, hauptsächlich durch die Güte von Herrn P. RICHTER in Leipzig er- halten. A. Die Zellmembran. ]. Die Aussenwände der Zellen zeigen nach bestimmter Behand- lung eine Netzstructur; die Maschen sind in zwei sich kreuzenden, schräg ansteigenden Richtungen in zuweilen verzweigte Reihen geordnet. Die links ansteigenden Reihen bilden mit den Ansatzlinien der Quer- wände Winkel von 18 bis 25°, die rechts ansteigenden solche von 40 bis 33°, beide mit einander also einen Winkel von etwa 58°. — Die Structur ist vielleicht auf die äusseren Schichten der Membran beschränkt, wenigstens glaube ich nach innen zu noch zarte, structurlose Lamellen gesehen zu haben. Ganz klare Bilder erhielt ich nur bei Material, das nach einander mit Pepsin-Glycerin-Salzsäure, Chromsäure und 2procentiger Kalilauge behandelt und mit Carbolfuchsin gefärbt worden war. Eau de Javelle, Salzsäure allein etc. lieferten mir keine so deutlichen Bilder und ohne Vorbehandlung färbte sich die Membran homogen roth. — Bei weit geöffneter Irisblende sieht man ein rothes Netz auf farblosem Grunde (nicht rothe Punkte), schmälere oder breitere farblose Streifen laufen. 140 C. CORRENS: den Ansatzlinien der Scheidewände entlang. Ich fasse aus verschiedenen Gründen die hellen Maschen als Grübchen, Tüpfel auf und bringe sie vermuthungsweise mit der Gallertausscheidung in Verbindung. Dieselbe Structur hat offenbar auch KOLKWITZ beobachtet, er ■deutet sie aber (mit Reserve) als Wärzchensculptur. — An den frischen Membranen sah ich keine Andeutung der Maschen, vielleicht, weil ich die von KOLKWITZ empfohlene schiefe Beleuchtung nicht anwandte. 2. Membranstücke frischer, zerquetschter Fäden rollen sich, die Aussenfläche nach aussen, zu Locken ein. Dabei bilden die Ansatzlinien der Querwände Abschnitte von links unter 25 bis 35° ansteigenden Spiralen. Die äusseren Schichten der freien Zell wände sind also in der lebenden Zelle gegen die inneren, in ihrem Licht- brechungsvermögen nicht scharf abgesetzten Schichten positiv ge- spannt (stehen unter Druckspannung). Dabei steigt die Linie stärkster Druckspannung rechts geneigt unter einem Winkel von 25 bis 30° mit den Ansatzlinien der Querwände an. Auch Kolkwitz hat ein Einrollen der Membranstücke nach einer €twas abweichenden Behandlung der Fäden beobachtet. Nach seiner Abbildung (Taf. XXIV, Fig. 8") steigen die Ansatzlinien auch links, aber mit einer viel stärkeren Neigung (etwa 75°) an. Ausserdem lässt Kolkwitz, gestützt auf das Verhalten reeller Längsschnitte durch die Fäden, die Membran sich mit der Innenfläche nach aussen ein- rollen, wobei am intacten Faden die Linie stärkster Druckspannung in den inneren Schichten steil links ansteigen muss. Unsere Beobachtungen widersprechen sich wohl nur scheinbar. In der einen Richtung, die in rechts ansteigender Spirale unter 25 bis 35° zu den Ansatzlinien der Querwände geneigt ist, sind die äusseren Schichten der Membran positiv gegen die inneren gespannt, in der darauf senkrechten Richtung, die also links geneigt unter 65 bis 55° ansteigt, sind die äusseren Schichten negativ gegen die inneren ge- spannt. Von der Form des Membranstückes wird es abhängen, ob sich die eine oder die andere Spannung ausgleichen kann. KOLKWITZ hat (sehr schmale) Längsstreifen beobachtet, ich (breite) Querstreifen, der Grund hierfür muss in der Präparaiion liegen. Das eben angedeutete Verhalten zeigen z. B. auch die Epidermis- aussenwände der Blätter von Hyacinthus sehr deutlich: in der Längs- richtung sind die äusseren Schichten negativ, in der Querrichtung positiv gegen die inneren gespannt. 3. Eine Folge der positiven Spannung der Aussenschichten der Membran ist es, dass bei Abnahme des Turgors der Faden oft tiefe, längs verlaufende oder steil links geneigt ansteigende Einfaltungen zeigt, die wie Risse aussehen und auch als solche gedeutet worden sind. (Bei Oscillaria Frölichii var. fusca steigen sie steil rechts an). Ueber die Membran und die Bewegung der Oscillarien. 141 4. Die Membran zeigt keine merkliche Doppelbrechung. 5. Ein frei aufgehängter Faden dreht beim Austrocknen mit dem unteren Ende links und bildet . trocken oft eine etwas unregelmässige, gestreckte, rechts ansteigende Spirale. (Oscillaria fusca dreht rechts.) B. Die Bewegimgserscheinuugen. I. 1. Die Fäden aller untersuchten Oscillarien sind ausserordentlich biegsam und so gut wie völlig elastisch. 2. Der Zellinhalt zeigt in kürzeren Zeiträumen keine merklichen ümlagerungen seiner Bestandtheile (keine Plasmabewegung). Peri- pherisch gelagerte Inhaltskörper können deshalb als Marken für die Bewegung ganzer Fäden dienen. 3. Die Fäden aller untersuchten Oscillarien zeigen nur eine Be- wegung; Kriechen in der Richtung der Längsachse unter Drehung um die Längsachse. Ich sehe keinen Grund, mit KOLKWITZ ausserdem eine „rotirende Nutation" anzunehmen; trotz der gegentheiligen Behauptung war seinen gebogenen Fäden die Krümmung gewiss aufgenöthigt. V^ergleiche I. 10 11, 12, IL 1. 4. Drehen und Kriechen stehen in bestimmtem Abhängigkeits- verhältniss und lassen sich auch experimentell nicht trennen. 5. Eine seitliche Verschiebung des ganzen Fadens während des Kriechens lässt sich nicht nachweisen. 6. Die einen Oscillarien drehen links, die anderen rechts, den Faden aufsteigend gedacht. Für ein und dieselbe Species ist die Drehungsrichtung constant, z. B. für Oscillaria princeps von 3 Standorten (Tübingen, Dicke ca. 35 ju; Leipzig, Dicke ca. 50 /<; Oppeln, gesammelt von SCHMULA, Dicke ca. 35 /t) links, für Oscillaria Frölichii var. fusca von € Standorten und für die meisten anderen Formen rechts. > Bei den spiralig gewundenen Formen (Spirulinen und Spirulina- artigen Oscillarien) erfolgt die Drehung gleichsinnig mit der Spirale (also bei den rechts gewundenen Faden rechts ansteigend). 7. Während jeder Umdrehung legt der Faden denselben, nach den Individuen etwas variablen Weg zurück, kann aber dazu verschieden lange brauchen. Der Weg ist der Fadendicke annähernd proportional. Die einzige spiralig gewundene und lebhaft bewegliche Form, die ich darauf hin untersuchte, legte während einer Umdrehung einen Weg zurück, der gleich der Höhe einer Spiralwindung war. Ein Punkt auf der Oberfläche des vorwärts kriechenden Fadens wird also eine Spirale beschreiben, die bei den links drehenden links. 142 C. CORRENS: bei den rechts drehenden rechts ansteigt. Die Neigung dieser Spirale zur Fadenachse (aus den Massen für Höhe und Umfang berechnet) ist bei allen Arten eine ähnliche, aber auch für die einzelne Art nicht sehr constant und beträgt 22 bis 31°. 9. Die „Trichterbildung" an den Enden der kriechenden Fäden wird durch zwei zusammenwirkende Factoren bedingt: a) durch eine oft sehr geringe, aber fixirte Krümmung der Enden, b) durch den Widerstand des "Wassers. Der erste Factor (a) bleibt sich gleich, der zweite (b) wirkt ver- schieden, je nachdem es sich um das vorangehende oder das hintere Ende des Fadens handelt. Beim Vorderende wird er die durch a gegebene Krümmung verstärken, beim Hinterende verringern. So kommt der von KOLKWITZ beschriebene Wechsel der Trichter beim Wechsel der Bewegungsrichtung zu Stande. 10. Der Grad der fixirten Krümmung (die wohl nie genau in einer Ebene liegt, sondern ein Stück Spirale bildet) variirt bekanntlich nach den Arten und bei derselben Art (nach dem Alter des Faden- endes). Eine Krümmung zwischen den Enden, wie sie KOLKWITZ (in seinen Figuren 6 und 7 auf Tafel XXIV) abbildet, ist ein Kunstproduct. 11. Biegt man einen Faden zu einer Schleife und hält ihn so in geeigneter Weise fest, so dreht und kriecht er weiter, dabei treten immer andere, in einer links ansteigenden Spirale den Faden umlaufende Punkte in das Krümmungsmaximum. Ermöglicht wird das durch die sehr grosse Biegsamkeit und Elasticität des Fadens. Der Versuch ist die Vorlage für KOLKWITZ'ens rotirende Nutation. 12. Hält man einen kriechenden Faden so fest, dass die Enden freien Spielraum haben (mit einem quer über gelegten Papierschnitzel unter dem Deckglas), so sieht man an den Enden keine Bewegung mehr oder (besonders an längeren Fäden) sehr geringe rhythmische Torsionen: langsames Vorrücken unter Drehung und schnellere Rück- kehr. Direct über dem haltenden Papierstreif ist die Torsion null. (Die Dehnung betrug für eine freie Strecke von 5,5 mm Länge 20 /*, also V2255 ^^6 Drehung für eine freie Strecke von 3,5 mm etwa 16°, also ^22 ^6S ümfanges.) Nutationen habe ich an sehr zahlreichen derartigen Präparaten nie gesehen, obwohl ich gerade darauf von Anfang an achtete. Doch ge- lang mir, wie ich nicht verschweigen will, das Festlegen nur bei Oscillaria princeps und Oscillaria Frölichii var. fusca. Ueber die Membran und die Bewegung der Oscillarien. 143 II. 1. Die Fäden bewegen sich nur, wenn sie wenigstens eine Strecke weil einem festen Körper ankleben. Contaet genügt nicht. Das gilt auch für die untersuchten spiraligen Formen. Bringt man die Fäden in eine mit Wasser bedeckte Glasschale, so kann man leicht (durch Schwenken des Wassers) nachweisen, dass jeder kriechende Faden ein Stück weit an dem Glase festsitzt. Frei, rings vom Wasser umgeben und an der Grenze von Wasser und Luft bewegt sich der Faden nie activ. 2. Das festsitzende Stück kann kürzer sein als das fi-eie und mehr vorn oder mehr hinten am kriechenden Faden liegen. Soweit die „Trichterbildung" reicht, ist der Faden natürlich stets frei.. Wechselt der Trichter beim Umkehren des Fadens die Enden, so löst sich der Faden am neuen Vorderende los (Wirkung des Wasser- widerstandes) und klebt hinten fest. 3. Die Fäden kriechen (unter Drehung) auch allseitig umgeben von erstarrter, 1 7^ bis öprocentiger Gelatine. Dabei entstehen wassergefüllte, sichtbar bleibende Canäle, die gegen die Gelatine durch eine etwas stärker brechende Schicht allseitig abgegrenzt sind. Bei sehr alten Präparaten habe ich zuweilen die Grenze zwischen Gelatine und Canal als Scheide gesehen, sichtbar gemacht durch die ausserhalb und innerhalb wimmelnden Bacterien. 4. Erwärmt man vorsichtig, so verschwinden die Canäle in dem Augenblick, wo die Gelatine flüssig wird. War der Canal aber mit Indigowasser gefüllt, so bleiben die Körnchen als Strang bei einander. 5. Der Canal kann gerade oder gebogen sein (wenn der Faden beim Erstarren der Gelatine gebogen war), seine Länge kann die des Fadens um ein Mehrfaches übertreffen. Im feuchten Raum und unter Wasser kriechen die Fäden aus der Gelatine heraus. Im ersten Fall findet man (oft) eigenthümliche Kriechspuren auf der Gelatine. 6. Die Canäle sind durchschnittlich enger als die Fäden (z. B. um Vb)- Werden sie unter Wasser angeschnitten, so erweitern sie sich bis zur Breite des Fadens (und etwas darüber), wobei das Wasser ein- strömt. 7. Das Wasser, das die geschlossenen Canäle füllt, stammt (na- türlich) aus der Gelatine. Schneidet man hinter einem kriechenden Faden den Canal unter Indigowasser an, so strömen die Körnchen dem Faden nach, auch wenn die unter 6 geschilderte Wasserbewegung nicht mehr im Spiel sein kann. Die Enden der Canäle sind häufig blasig oder trichterförmig er- weitert, mit Ausstülpungen versehen, spiralig gewunden etc. Es würde Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. in 144 C. CORRENS: ZU weit führen, wollte ich hier diese merkwürdigen Bildungen beschreiben und ihre Entstehung erklären. 9. Je fester die Gelatine ist, desto mehr ist die Bewegung der Oscillarien gehemmt. — Bohrt der Faden in der Gelatine, so wird der Ganal verlängert, ein Theil der Verlängerung ist bleibend, ein Theil beruht auf Dehnung. Denn, kehrt der Faden um, so hebt sich das Ende des Canals nicht sofort vom Fadenende ab, ja wegen der Ad- häsion am Faden geht die negative Spannung der Canalwand am Canal- ende schliesslich in die positive über. Die Umkehr erfolgt gewöhnlich, wenn der Faden ein ungefähr gleich langes Stück gebohrt hat, wie bei der letzten gleich gerichteten Excursion. 10. Durch Bohren mit einem Glasfaden lassen sich keine bleibenden Canäle in der einmal erstarrten Gelatine bilden. Auch Anguillulinen hinterlassen keine Bahnen. III. 1. Körnchen (Erdkörnchen, Indigo- oder Carminbröckchen) bleiben an den Oscillarienfäden leicht haften und können fortbewegt werden. Sie haften auch am todten Faden und zuweilen, ohne dass sie die sichtbare Membran wirklich berühren. A. Versuche mit festgehaltenen Fäden (I. 12). 2. Die Bahn eines auf dem Faden haftenden Körnchens stellt un- gefähr die gleiche Spirallinie dar, die ein Punkt der Oberfläche des Fadens beim Vor- und Zurückkriechen beschreibt (steigt also bei Oscülaria princeps links, bei Oscülaria F7'ölichii var. fitsca rechts an). Die Neigung zur Fadenachse ist wohl meist etwas grösser. 3. Die Körnchen bewegen sich mit gleicher Geschwindigkeit über einzelne abgestorbene Zellen (Nekriden) hinweg. Vor längeren ab- gestorbenen Strecken stockt die Bewegung. 4. Es werden noch relativ sehr grosse Lasten fortbewegt (von Oscülaria princeps z. B. noch Kartofifelstärkekörner von 70 /t Länge und 50 ju Dicke). 5. Ungleich grosse, neben einander liegende Körnchen bewegen sich ungefähr gleich schnell (noch bei einem Volumverhältniss von 1 : 800). Wenn Differenzen in der Geschwindigkeit vorkommen (Lageänderung der Körnchen zu einander), hängen sie nicht von der Grösse der Körnchen ab. 6. Am nämlichen Faden können die Körnchen auf der einen Strecke sich bewegen, auf der anderen still liegen: active und inactive Zonen. Die activen können sich auf Kosten der inactiven vergrössern und umgekehrt. Ueber die Membran und die Bewegung der Oscillarien. 145 7. Die Körnchen sammeln sich zu ringförmigen Haufen von variabler Breite an, indem die vorangehenden stehen bleiben und von den nach- kommenden eingeholt werden. 8. Legen wir sich bewegende Fäden so fest, dass die vorangehen- den Enden frei bleiben, so können wir an diesen die Körnchen sich in verschiedener Weise bewegen sehen: a) Am ganzen freien Fadenstück gleichmässig rückwärts (rechts abwärts), so dass an der Spitze ein immer längeres Stück frei wird und sich am Grunde ein Ring ansammelt: eine active Zone; b) Zwei active Zonen: In der vorderen von der Spitze gleichmässig zurück und in der hinteren von der Basis gleichmässig vorwärts, der Ring bildet sich auf der indifferenten Linie oder Zone; c) Drei active Zonen: In der vordersten (a) rückwärts, in der mittleren (/5) vorwärts, in der hintersten (/) rückwärts; es ent- stehen zwei Ringe, zw^ischen a \iüd ß und über dem Grunde; etc. Wie sich der einzelne Faden verhält, hängt von seiner individuellen Beschaffenheit und von der Länge des freien Stückes ab, am häufigsten habe ich die Fälle a und b beobachtet. Die entgegengesetzte Bewegung in den einzelnen Zonen (also z. B. füre): in der obersten (a) vorwärts, in der mittleren (/)*) zurück, in der untersten (y) vorwärts, zwei Ringe, einer an der Spitze, einer zwischen ß und y, habe ich an Vorderenden nicht beobachtet. Sie liegt bei den Hinterenden festgelegter Fäden vor, wenn man, ohne den Faden umzudrehen, die Zone von diesem Ende aus rechnet. 9. Noch ehe alle Körnchen zu Ringen vereinigt sind oder nach der Vereinigung zu Ringen können die Ringe anfangen, sich (unter Drehung) vor oder rückwärts zu bewegen. Noch nicht augesammelte Körnchen können dem Ring voran, nach oder entgegen gehen. 10. Die Ringe machen auch Kehrt, sie werden am körnchenfreien Faden hin und her geschoben, zwei können sich zu einem vereinigen, indem einer den andern einholt oder beide sich gegen einander bewegen. 11. Die Richtung, in der sich die Indigokörnchen und die Ringe bewegen, kann also beim gleichen Faden zur selben Zeit auf verschiedenen Strecken und auf derselben Strecke zu verschiedener Zeit entgegen- gesetzt sein. 12. Bei breiten, festliegenden Ringen sieht man oft ein merk- würdiges Zucken: Ein langsames Zusammenziehen und schnelleres Ausdehnen in der Richtung der Fadenachse (mit einer minimalen Tor- sion) in rhythmischem Wechsel. 13. Auf den körnchenfrei gewordenen Strecken haften neue Körnchen, die wieder zu Ringen zusammengeschoben werden. Ich habe einen Faden am nämlichen Vormittag siebenmal mit Körnchen bedeckt und sah ihn sie siebenmal zusammenschieben. 10* 146 C. CoRRENS: B. Versuche mit kriechenden Fäden. 14. Die am Faden haftenden Indigotheilchen können: a) im Gesichtsfeld an derselben Stelle bleiben, während der Faden vorwärts kriecht, b) im Gesichtsfeld vorrücken, gleich schnell wie der Faden: der Faden nimmt die Körnchen mit, c) im Gesichtsfeld vorrücken, aber langsamer als der Faden: die Körnchen bleiben am Faden zurück, d) im Gesichtsfeld vorrücken, aber rascher als der Faden: die Körnchen eilen am Faden voraus, e) im Gesichtsfeld rückwärts gehen, langsamer oder rascher als der Faden in entgegengegesetzter Richtung vorrückt. 15. In Indigowasser kriechende Fäden lassen hinter sich Stränge zurück aus zäher, etwas elastischer, farbloser, im Lichtbrechungs- vermögen vom Wasser nicht wesentlich abweichender Substanz. Diese Stränge sind zuweilen direct hinter den Fäden noch als Scheiden zu erkennen, sonst coUabirt oder ausgezogen. Sie werden gewöhnlich nur durch die anhaftenden Indigotheilchen sichtbar, die hinter dem Faden zuweilen noch eine Strecke weit die spiralige Bewegung zeigen. 16. Beim Zurückgehen kriecht der Faden nie mehr in die alte Scheide (den Strang), windet sie aber zuweilen, in Folge der „Trichter- bewegung", in links ansteigender Spirale um sich, um sie wie andere anhaftende Fremdkörper weiter zu schaffen. Darauf beruht das unter solchen Verhältnissen oft beobachtete „Herumführen der Körnchen auf einem Spiralstreifen.'* Die angeführten Thatsachen erlauben folgende Schlüsse: 1. Der Faden scheidet farblose Gallerte aus, die ihn als sehr weiche Scheide umgiebt. 2. Ist der Faden activ und haftet die Gallertscheide irgendwo fest genug, so kann der Faden vorwärts kriechen, indem er die Scheide (schräg) zurückzustossen sucht. Wird der Faden festgehalten, so wird am freien Theil die Scheide zusammengeschoben (durch dieselben Kräfte, die im vorigen Fall den Faden vorwärts bewegen), in Folge der Weich- heit der Scheide. Das Gleiche muss der Fall sein, soweit der Faden frei und activ ist, die Scheide aber nirgends anhaftet. 3. Der Faden schwimmt nicht frei im Wasser, weil dieses der Scheide nicht den nöthigen Rückhalt bietet. Setzt man dem Wasser so viel Gelatine zu, dass eine zitternde Gallerte entsteht, so kriecht der Faden, weil die Scheide nun genügenden Widerstand findet. 4. Die Indigokörnchen haften an der Gallertscheide, sie bewegen sich nur deshalb, weil die Scheide bewegt wird. f). Da der Faden festhaftend mehr als seine Länge kriechend zurücklegen kann, muss in dem Masse, als hinten Scheide frei wird, vorn neue gebildet werden. Ueber die Membran und die Bewegung der Oscillarien. 147 6. Am Faden können active und inactive Zonen vertheilt sein (die Existenz der letzten folgt aus III, 6, 14 b). Die activen Zonen sind paar- weise antagonistisch, ihre Lauge kann ab- und zunehmen, auf gegen- seitige Kosten und auf Kosten der inactiven Zonen. Ob sie vorüber- gehend auch gleich Null werden können, wage ich nicht zu entscheiden. Im Allgemeinen dürften an einem kriechenden, kürzeren Faden nur zwei active Zonen zu unterscheiden sein: eine vordere, längere und eine hintere, kürzere. Würde der Faden festgehalten, so würde die vordere Zone die Scheide nach rückwärts stossen: sie bewegt den Faden, die hintere Zone die Scheide nach vorn schieben: sie ist (zur Zeit) wirkungslos. Allmählich vergrössert sich diese hintere Zone auf Kosten der vorderen (Umstimmung der Zellen), was endlich zur Umkehr und der Bewegung in entgegengesetzter Richtung führt. Die Richtung, in der sich der Faden bewegt, muss aber auch davon abhängen, welche active Zone den festklebenden Scheiden- abschnitt passirt, so dass durch Loslösung an der einen. Ankleben an der anderen Stelle der Faden zur Umkehr zu bringen sein müsste. Wie sich im Einzelnen das Verhalten der Indigopartikel und Ringe beim kriechenden und festgelegten Faden aus diesen Verhältnissen er- klärt, kann hier nicht näher erörtert werden. 7. Soweit die Scheide vom Faden verlassen worden ist, hat sie für die Bewegung des Fadens keine Bedeutung mehr. Die Fäden der „unbescheideten" Oscillarien kriechen also, indem sie sich in einem an Ort und Stelle bleibenden Scheidenstück bewegen, und die Frage nach der bewegenden Kraft muss so formulirt werden: Was bewegt den Faden in der Scheide? Das ist die nämliche Frage, die auch für die festbescheideten Formen {Phormidium etc.) gilt. Ver- schieden ist nur die Beschaffenheit der Scheide. Eine Beantwortung dieser Frage kann ich hier nicht versuchen, dazu sind noch weitere Versuche nöthig. Von den fünf bis jetzt aufgestellten Hypothesen: Bewegung durch Oilien, durch eine peripherische Plasma- schicht, durch Ausstossung von Wasser oder Gallerte und durch Con- tractionen, wird, meiner Meinung nach, keine allen Thatsachen gerecht, die drei ersten fallen wohl sicher weg. Daraus, dass ohne Gallertabsonderung keine Bewegung möglich ist, darf natürlich nicht geschlossen werden, die treibende Kraft liege in der Ausstossung der Gallerte. Eine Beschleunigung der Bewegung würde die Oscillarie zum Frei- schwimmen bringen; die treibende Kraft kann also hier dieselbe, nur schwächer, sein, wie bei anderen unter Drehung frei schwimmenden Organismen. Umgekehrt könnte auch eine Schwärmspore mit der qualitativ gleichen, quantitativ gesteigerten Kraftleistung der Oscülaria ohne ihre Wimpern doch in gewohnter Weise schwimmen. Darüber müssen weitere Untersuchungen Aufklärung bringen. 148 P- Magnus: IV. 1. Im Allgemeinen kriechen die dickeren Oscillarien schneller als die dünneren, bei gleicher, mittlerer Temperatur (ca. 20° C). Das Maximum fand ich für Oscillaria princeps mit 4 fi pro Secunde, für Oscülaria Froelichii var, fusca mit 2,5 /* pro Secunde, für verschiedene zartere Formen mit 1 bis 2 fx pro Secunde, für eine dünne Form aber auch 4 yfct pro Secunde. 2. Das Anstossen der Fadenspitze an einen festen Gegenstand bewirkt keine Umkehr, ebensowenig das Streichen mit einem Fapierschnitzel vorwärts oder rückwärts, oder das Biegen der freien Enden. 3. Bei gewissen dünnen Arten lässt sich die Umbildung der geraden Fäden in Spiralen beobachten. Die beiden Enden kriechen — unter Drehung in entgegengesetztem Sinne — gegen einander, während die Mitte sich abhebt. Zunächst entsteht eine Schlinge, dann eine Spiral- windung unter der Schlinge, dann noch eine u. s. f. bis der Faden einen Spiralzopf bildet. Das Verhalten wäre ein guter Beweis für die Existenz antagonistischer Zonen am selben Faden, wenn es nach dem früher Ausgeführten noch einen solchen brauchte. 19. P. Magnus: Ueber das Mycelium des Aecidium Mageilanicum Berk. Mit Tafel IV. Eingegangen am 26. Februar 1897. Vor 20 Jahren theilte ich in der Hedwigia 1876 mit, dass ich bei Potsdam das bisher nur von der Magellan Strasse bekannte Aecidium Mageilanicum Berk. aufgefunden hatte, und dass es in Deutschland und Ungarn weit verbreitet sei. Seitdem ist es noch an vielen Stand- orten in- und ausserhalb Europas gefunden worden. Es ist dadurch sehr ausgezeichnet, dass es Hexenbesen auf der Berberitze hervorbringt. Ich zog daher damals die Folgerung, dass ein perennirendes Mycel im Stamme der Triebe des Hexenbesens sein müsste, konnte dasselbe aber dort nicht nachweisen, sondern sah nur das Mycel in den Stielen der inficirten Blätter, und zwar bis zu deren Ausgangspunkte vom Stamme. Dieses Mycel beschrieb ich als ein intercellulares, das Haustorien in die benachbarten Zellen entsendet. Wenn auch spätere Forscher, wie nament- lich RATHAY („Untersuchungen über die Spermogonien der Rostpilze", Denkschriften der mathematisch - naturwissenschaftlichen Klasse der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien, Bd. XLVl, 1882, lieber das Mycelium des Aocidium Magellaniciim Berk. 149 S. 14), durch ihre Beobachtungen ebenfalls die Nothwendigkeit eines im Stamme perennirenden Mycels darlegten, so hat doch keiner dasselbe mikroskopisch nachgewiesen. Nur J. ERIKSSON beschreibt in einer soeben in COHN's Beiträgen zur Biologie der Pflanzen, Bd. VIII, Heft 1 erschienenen Arbeit über den Hexenbesenrost der Berberitze ein sehr eigenthümliches Mycel im Stamme der Triebe des Hexenbesens. Er sagt, dass er auff'and „an Längsschnitten von Stammgliedern zwischen kranken Blattrosetten im farblosen Cambiumgewebe, unmittelbar ausser- halb des Holzcylinders, deutliche Pilzstränge. Diese Stränge, welche mehr nackten Plasmabändern, als wahren wandumkleideten Fäden glichen, Hessen sich leicht an den darin befindlichen gelben Körnern erkennen und von Zelle zu Zelle verfolgen. Auffallend ist es, dass diese Pilzstränge im Innern der Zellen verlaufen. Dieses widerstreitet der allgemeinen Vorstellung, dass das Mycelium der parasitischen Pilze immer auf die Intercellularräume beschränkt sei, wenn man nur die Haustorien — wo solche vorkommen — ausnimmt, welche in das Lumen der Zelle hineingehen, um die Nahrung für den Pilz einzusaugen. Es scheint hier auch für ein intercellulares Mycelium kein Raum zu sein, da die Zellen des Cambiums ohne Zwischenräume dicht an einander schliessen. Erst im Zellengewebe der Blätter trifft man ein derartiges Mycelium, in sehr jungen Stadien entweder als vereinzelte gewundene Fäden, oder als pseudoparenchymatische Aggregate solcher Fäden". So Eriksson a. a. 0. Mir mussten diese Angaben sehr auffallen. Ich habe im Verlaufe meiner Uredineen-Untersuchungen, die zu einem grossen Theile wegen des zur Weiterführung der Untersuchungen fehlenden Materials noch nicht veröffentlicht sind, sehr viele Uredineen- mycelien untersucht und nie etwas ähnliches gefunden. Auch die in späteren Jahren gelegentlich beim Aecidium Magellanicum Berk. ge- sehenen Bilder stimmten mit den ERIKSSON'schen Beschreibungen und Abbildungen nicht überein. Ich untersuchte daher sofort in Spiritus conservirtes Material, das ich am 14. Mai auf der Pfaueninsel bei Potsdam gesammelt hatte. Die Untersuchung ergab dann auch, dass das stammbewohnende Mycel von Aecidium Magellanicum Berk. sich ganz anders verhält, als ERIKSSON angegeben, und in den wesentlichen Punkten mit dem der anderen Uredineen übereinstimmt. Ich begann mit der Untersuchung des Blattstiels, bei dem ich, wie schon erwähnt, ein intercellulares Mycel mit Haustorien angegeben hatte. Eriksson citirt meine Angabe der Haustorien ohne Wider- spruch, erwähnt aber selbst in seiner Beschreibung nicht Haustorien und bildet auch solche nicht ab. Wie ich 1. c. angegeben habe, ist ein intercellulares Mycel vorhanden, das den Wandungen der Parenchym- zellen ganz dicht anliegt (s. Fig. 1 bei m) und Haustorien in die Parenchymzellen hineinsendet. Diese Haustorien ragen mit 1 bis 3 Schläuchen frei in das Lumen der Parenchymzellen, indem das Haustorium 150 P- Magnus: entweder einfach bleibt, oder gleich nach seinem Eintritt in die Parenchymzelle in zwei bis drei Zweige auswächst. Die Zweige sind krampfaderig angeschwollen (s. Fig. 1). Das Mycel geht zuweilen bis an die Epidermis und sendet auch in die Epidermiszellen Haustorien. Eine recht bemerkenswerthe Erscheinung ist, dass häufig die Wände zwischen denen das Mycel verläuft, sich tief bräunen und das Mycel in denselben nebst den Haustorien abstirbt (s. Fig. 2). Ich untersuchte nun die holzigen Achsen der die inficirten Blatt- rosetten tragenden Kurztriebe des Hexenbesens und fand dort ebenfalls intercellulares Mycel mit Haustorien im Marke und im Rindenparenchym. In der -primären Rinde quellen die Zellwände der Parenchymzellen, zwischen denen das intercellulare Mycel einherkriecht, coUenchymatisch auf, so dass sie weit dicker erscheinen, als die Wände der vom Mycel nicht berührten Parenchymzellen. Solche Parenchymzellen, zwischen deren Wänden das Mycel ein herzieht, treten inselartig im Querschnitt auf und fallen schon durch die coUenchymatisch verdickten Wände im Gegensatz zu den Wänden der sie umgebenden Parenchymzellen auf (s. Fig. 3). Die Haustorien, die das Mycel in die Parenchymzellen sendet, sehen ganz anders aus, als die in den Parenchymzellen des Blattstieles oder der Blattspreite. Sie sind stets bald nach ihrem Eintritt von einem Punkte aus verzweigt, der nur selten etwas entfernt vom Eintritte liegt, wodurch dann das Haustorium gestielt erscheint (s. Fig. 6); die Zweige sind wiederum torulös angeschwollen, winden sich und verflechten sich aber dicht um und durch einander, so dass das ganze Haustorium als ein dichtes Knäuel mit zahlreichen vor- springenden Tuberkeln erscheint (s. Fig. 3 und 5 — 8), das im Lumen der Zelle liegt. Sie zeigen so viele Aehnlichkeit mit den Mycelien der endotrophischen Mykorrhiza. Auch im Stamme der Kurztriebe tritt häufig Bräuuung des älteren Mycels und der es umgebenden Wände ein, und solche pathologisch afficirten Zellgruppen werden häufig durch rings herum auftretende Korkbildung ausgeschieden (s. Fig. 4 und 5). Auch im Marke, namentlich an der Markscheide, tritt das Mycel häufig auf. Das Mark hat abwechselnde, horizontale, vielschichtige Lagen dünnwandiger Parenchymzellen und starkwandiger getüpfelter Parenchymzellen. Verläuft das Mycel zwischen den Wänden dünn- wandiger Mark Zellen, so quellen auch diese coUenchymatisch auf, und das Mycel sendet eben solche knäuelartige Haustorien in die benach- barten Parenchymzellen. Zwischen den Wänden der starkwandigen Parenchymzellen konnte ich aber keine Aufquellung der Wand bemerken. Die Haustorien treten hier häufig durch die Tüpfel in das Zelllumen ein (s. Fig. 6). Im Hauptstamme der Aeste des Hexenbesens, im Stamme der Langtriebe habe ich auch das Mycel in der Rinde und im Marke beobachtet. Im Marke bietet es genau dieselben Erscheinungen, wie lieber das Myceliain des Aecidium Magellanicuin Berk. 151 im Marke der Kurztriebe dar. In der Rinde sind meist die im primären Rindenparencliym verlaufenden Mycelzüge schon durch die geschilderten, ringsum verlaufenden Korkbildungen ausgeschieden worden. Hingegen treten häufig Mycelzüge im Weichbaste auf (s. Fig. 7 und 8). Auch hier quellen die Wände, zwischen denen das Mycel verläuft, etwas auf, und das Mycel entsendet auch häufig knäuelförmige Haustorien in die benachbarten Zellen. Auch hier tritt an älteren Stellen Bräunung der Mycelzüge und benachbarten Zellen ein, die auch später durch ringsum stattfindende Korkbildung meistens ausgeschieden werden. Im Cambium habe ich hingegen niemals Mycel bemerkt. Wir sehen also, dass im primären Rindenparenchvm, im Weich- baste und Marke des Stammes der Langtriebe und Kurztriebe der von Aecidiuvi Magellunicum Berk. hervorgebrachten Hexenbesen ein inter- cellulares Mycel verläuft, das zahlreiche knäuelförmige Haustorien in die von ihm berührten Zellen entsendet, ähnlich wie ich es 1876 1. c. aus dem Blattstiele beschrieben hatte. Wenn ERIKSSON, wie oben angeführt, 1. c. meint, dass das Myceliam der parasitischen Pilze, soweit bisher bekannt, immer, abgesehen von den Haustorien, auf die Intercellularräume beschränkt sei, so kann ich dem nicht ganz beistimmen. Schon 1842 hat C. NAEGELI in Linnaea, Vol. XVI, S. 279 — 281 gezeigt, dass seiner Schinzia celluUcola ein intercellulares Mycel zukommt, und ich habe das für die anderen mir bekannt gewordenen Glieder der auf den Typus der Schinzia celluUcola Naeg. beschränkten Gattung Schinzia bestätigt (siehe Ver- handlungen des botan. Vereins der Provinz Brandenburg, XX. Jahrg. 1878, Sitzungsberichte S. 53 sq. und Berichte der Deutschen Botan. Gesellsch. Bd. XI, 1888, S. 100 sq., sowie Abhandl. der Naturforsch. Gesellsch. in Nürnberg, Bd. X, 1892). Auch von der Gattung Pythium ist es bekannt, dass das Mycelium ihrer parasitischen Glieder intra- cellular wächst. Auch Ustilago Zeae (Beckm.) Ung., Cintractia Montagne'i (Tul.) Magn. und Cintractia Krugiana Magn. haben intracellulares Mycel. Von der Cintractia Caricis (Pers.) Magn. habe ich in den Abhandlungen des Botanischen Vereins, XXXVII. Jahrgang S. 78, kurz angegeben, dass ihr Mycel die Zellen der sklerenchymatischen Wandung des Fruchtknotens durchsetzt. Doch handelt es sich in letzterem Falle wohl nicht um eine intracellulare Ernährung der Mycelien. Hingegen möchte ich hier hervorheben, dass, während die Mycelien von Chaetocladium und Piptocephalis den Mucorineen, auf denen sie parasitiren, aussen aufsitzen, das Mycel von Cincinobolus in den Schläuchen der befallenen Erysijphe einherkriecht, d. h. intracellular parasitirt. Auf die intracellularen Mycelien der endotrophischen Mykor- rhiza wurde schon oben hingewiesen. Der Parasitismus vollzieht sich eben in sehr verschiedener Weise bei den verschiedenen parasitischen Pilzen. Vom Aecidium Magellanicum Berk, möchte ich noch bei dieser Gelegenheit hervorheben, dass die Ausbildung des Gewebes der be- 10** 152 P. Magnus: Ueber das Myceliura des Aecidium Magellanicum Berk. fallenen Blätter in zwei Punkten von den gesunden Blättern abweicht. Die Zellen des einschichtigen Pallisadenparenchyms unter der Oberseite werden meist kürzer als beim gesunden Blatte und die Bildung der weiten Intercellularräume zwischen dem Blattparenchym der Blatt- unterseite unterbleibt fast gänzlich; die Intercellularräume bleiben meist klein, die Zellen schliessen dichter an einander. Es mag dies damit zusammenhängen, dass die ganzen Blätter kleiner bleiben; aber es möchte auch mit der sehr reducirten Kohlensäureassimilation der inficirten Blätter zusammenhängen, in Folge deren sich keine Inter- cellularräume für die Regulirung des Gaswechsels auszubilden brauchen. Auch möchte ich schliesslich darauf hinweisen, dass, während bei Aecidium Magellanicum das Pallisadenparenchym der inficirten Blätter niedrig bleibt, beim Aecidium von Puccinia graminis Pers. (Aecidium Berberidis Gmel.) umgekehrt auf den inficirten pustelartig ausgewachsenen Blattflecken gerade das Pallisadenparenchym mächtig ausgewachsen ist und sich die Pallisadenzellen häufig in 2 — 3 über einander liegende theilen. Dieser verschiedene Einfluss der beiden so ähnlichen Parasiten verdient hervorgehoben zu werden; er könnte zusammenhängen mit dem Entwickelungszustande des Blattgewebes zur Zeit, wo das para- sitische Mycel in's Blatt eintritt. Die beigegebenen Figuren hat Herr Dr. PAUL ROESELER bei mir nach der Natur gezeichnet. Erklärnng der Abbildnngeu. Mycel des Aecidium Magellanicum Berk. in Berberis vulgaris. Fig. 1. Querschnitt des Blattstiels mit dem lebenden intercellularen Mycel und den Haustorien. Vergr. 765. „ 2. Parenchym aus dem Querschnitt des Blattstiels mit intercellularem Mycel, das sich bereits nebst den Wänden gebräunt hat. Vergr. 420. „ 3. Parenchym aus dem Querschnitt der primären Rinde des Kurztriebes. Die Wände, zwischen denen das intercellulare Mycel verläuft, sind coUenchymatisch angeschwollen, die Haustorien sind knäuelartig. Ver- grösserung 420. „ 4. Parenchym aus der primären Rinde des Stammquerschjiittes des Kurz- triebes; das Mycel und die Zellwandungen, zwischen denen es einherzieht, sind gebräunt; in den umgebenden Parenchymzellen wird die Korkbildung durch tangentiale Theilungen eingeleitet. Vergr. 420. „ 5. Querschnitt aus der primären Rinde des Kurztriebes. Die vom Mycel durchzogene und gebräunte Gewebepartie fast vollständig vom Korke eingeschlossen. Nur an der Stelle, wo das Mycel am jüngsten ist, ist der Korkcylinder noch nicht vollständig geschlossen. Vergr. 240. „ 6. Getüpfelte Markzellen des Kurztriebes mit intercellularem Mycel und Haustorien im Querschnitte. Vergr. 765. „ 7. Mycel im Längsschnitte des Weichbastes des Langtriebes des Hexenbesens. Vergr. 420. „ 8. Mycel im Längsschnitte des Weichbastes des Langtriebes des Hexenbesens. Vergr. 240. Sitzung vom 26. März 1897. 153 Sitzung vom 26. März 1897. Vorsitzender: Herr A. ENGLER. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: Hannig, Emil, stud. rer. nat. in Strassburg i.Els., Kalbsgasse 1 (durch Graf ZU SOLMS-LAUBACH und L. JOST), Marsson, Maximilian, Dr. phil. in Leipzig-Eutritzsch, Carolastr. 1 (durch W. Pfeffer und H. Ambronn), Giessler, Ludolf, Dr. phil., Assistent am botanischen Institut in Leipzig (durch W. Pfeffer und H. Ambronn). Zum ordentlichen Mitgliede ist proclamirt Herr: A. Rehder in Erfurt. Der Vorsitzende macht der Gesellschaft Mittheilung von dem Ab- leben des ausserordentlichen Mitgliedes Herrn Freschke in Lübbenau, sowie des ordentlichen Mitgliedes Herrn Prof. Dr. Schnetzler in Lausanne. Zum Andenken an die Verstorbenen erhoben sich die in der Sitzung anwesenden Mitglieder von den Plätzen. Ber. d. deutsch, bot. Gesellseh. XV. i\ 154 Alfred Burgerstein: Mittlieilungen. 20. Alfred Burgerstein: Ueber die Transpirationsgrösse von Pflanzen feuchter Tropengebiete. Eingegangen am 9. März 1897. Ueber die Transpirationsgrösse der Pflanzen in heiss -feuchten Tropengebieten sind verschiedene Ansichten verbreitet. Während G. HABERLANDT ^) , welcher sich gelegentlich seines Aufenthaltes (November 1891 bis Februar 1892) in Buitenzorg bemüht hatte, die Transpiraiionsverhältnisse mehrerer dort vorkommender Pflanzen zu ermitteln, zu dem Ergebniss kam, dass die Verdunstungs- grösse der vi'estjavanischen (speciell der von ihm untersuchten) Ge- v^ächse bedeutend geringer sei als die Wasserabgabe derjenigen Pflanzen, welche in unserem mitteleuropäischen Klima gedeihen, fand Stahl ^) auf Grund von Beobachtungen, die er gleichfalls in Buiten- zorg machte, dass die Transpiration in dem feucht-warmen Klima Javas keineswegs so gering zu schätzen sei, wie dies HABERLANDT gethan hat. Es hat ferner auch WlESNER^) einige Transpirationsversuche in Buitenzorg ausgeführt, da es für seine Studien über den Einfluss der Lichtintensität auf gewisse Vegetationsprocesse erforderlich war, sich über die Grösse der Wasserabgabe der Pflanzen in heiss -feuchten Tropengebieten Klarheit zu verschaffen. Prof. Wiesner hatte vor der Hand nicht die Absicht, die Ergebnisse dieser Transpirationsversuche zu publiciren, da er gegenwärtig mit anderweitigen Untersuchungen auf pflanzenphysiologischem Gebiete vollauf in Anspruch genommen ist. Da jedoch die Beobachtungen WiESNER's geeignet sind, manches zur Klärung der durch die kritischen Bemerkungen STAHL' s strittig 1) Anatomisch-physiologische Untersuchungen über das tropische Laubblatt. Sitzungsber. der Akad. der Wiss., Wien, Bd. 101, 1892. 2) Einige Versuche über Transpiration und Assimilation. Botan. Zeitung, 52, Jahrg., 1894. ^ 3) Vergl. J. WiESKER, Pflanzenphysiologische Mittheilungeu aus Buitenzorg. I— V Sitzungsber. der K. Akad. der Wiss., Wien 1894. — Ferner „Untersuchungen über das photochemische Klima von Wien, Cairo und Buitenzorg" von J. Wiesner (unter Mitwirkung von W. Figdoe, F. Krasser und L. Linsbauer). Denkschriften der K. Akad. der Wissensch., Wien, 64. Bd., 1896. Ueber die Transpirationsgrösse von Pflanzen feuchter Tropeugebiete, 155 gewordenen Frage über die Grösse und physiologische Bedeutung der Transpiration der im feuchten Tropenklima auftretenden Gewächse bei- zutragen, so hatte Prof. WiESNER auf mein Ersuchen hin die Güte, mir sein Beobachtungsmaterial zur Bearbeitung und Veröffentlichung zu überlassen. Dies soll in dem vorliegenden Aufsatze geschehen. Ich habe schon bemerkt, dass STAHL die von HABERLANDT aus seinen Versuchsresultaten gezogenen Schlüsse rücksichtlich der Trans- spirationsgrösse der Vegetation ßuitenzorgs, bezw. jener heiss-feuchter Tropengebiete überhaupt, in Zweifel gezogen hat. Wir müssen uns daher zunächst mit den HABERLA^sDT'schen Versuchen beschäftigen. Zur Ermittelung der Transpirationsgrösse bediente sich der genannte Forscher theils abgeschnittener, beblätterter Sprosse, theils abge- schnittener Blätter. Die unteren Enden der Versuchsobjecte tauchten mit der Schnittfläche in mit Wasser gefüllte Glascylinder, welche mit einem central durchbohrten Korke verschlossen wurden. Durch die Korkbohrung ging das untere Ende der Zweige bezw. der Blattstiele hindurch. Der Zwischenraum zwischen den Rändern des Bohrloches und des durchgesteckten Pflanzenlheiles war mit Baumwolle verstopft. Die Versuchsobjecte standen auf dem freien Platze vor dem Laboratorium des Buitenzorger Gartens unter einem allseits offenen Zelt, dessen mattes Glasdach mit Schlinggewächsen bekleidet war. Vor directer Insolation und vor ßenetzung durch Regen waren sie vollkommen geschützt. Die Transpirationsverluste wurden während zweier oder dreier Tage täglich zweimal (gewöhnlich um 7 a. M. und 3 p. Äl.) durch Wägung ermittelt. Aus den erhaltenen Gewichtsdifferenzen wurde die Transpirationsgrösse für einen Tag ("24 Stunden), ferner für eine Vor- mittagsstunde (stündlicher Durchschnitt für die Zeit von 7 a. M. bis 3 — 5 p. M.) und für eine Nachmittags-Nachtstunde (stündlicher Durch- schnitt für die Zeit von 3 — 5 p. m. bis 7 a. m.) berechnet und einheit- lich auf 1 qdcm Spreitenfläche sowie auch auf 1 g Blatt -Frischgewicht umgerechnet. Von den 17 Pflanzenarten, deren Transpiratiopsgrösse von HABER- LANDT ermittelt wurde, verloren pro Tag und 1 din^ Blattfläche neun Arten weniger als \g (0,29 — 0,89^), sechs zwischen 1 — 2 g (1,0 bis 1,86 g) und nur zwei transpirirten stärker, nämlich Phoenix spec. (2,60 g) und Acali/pha tricolor (3,25 ^). Pro Tag und 1 g Blattgewicht verloren elf Pflanzen weniger als 0,5 ;9', drei zwischen 0,5—1^ und nur Acalypha 1,79^^). HABERLANDT theilt weiter die von ihm nach gleicher Methode im Grazer Botanischen Garten ermittelte Transpirationsgrösse einiger ein- 1) Für zwei Pflanzen {Albizzia moluccana und Bactris speciosa) ist die Um- rechnung pro Gramm Blattgewicht nicht angegeben. 11* 156 Alfred Bukgerstein: heimischer Holzpflanzen mit: Aesculus Hippocastanum, Syringa vulgaris, Acer Pseudoplatanus , Corylus Avellana, Cornus sanguinea, Pirus com- munis. Zweige dieser Gewächse verloren (August, Temp. 21 — 31° C, rel. F. 49— 80pCt.) pro Tag und dm^ Blattfläche 1,37—5,97^ an Ge- wicht. Anschliessend reproducirt HaBERLANDT die von N. J.O. MÜLLER für verschiedene einheimische Holzarten berechneten Transpirations- werthe, die sich pro Tag und d7n^ BlattÜäche zwischen 2,42 — 7,96 g bewegen. Aus dem Vergleich der mitgetheilten Daten folgert HABERLANDT, dass die Transpiration der untersuchten Tropenpflanzen in dem feucht-warmen Klima von Buitenzorg bedeutend ge- ringer ist, als die Transpiration von Gewächsen, welche in unserem mitteleuropäischen Klima gedeihen". Nach seiner An- sicht ist die Transpiration der Pflanzen in unserem Klima mindestens 2 — 3 mal grösser als die der Vegetation im feucht- warmen Tropen- gebiete. Gegen die Versuchsanstellung HABERLANDT's könnte eingewendet werden, dass es besser gewesen wäre, mit ganzen, bewurzelten Pflanzen als mit abgeschnittenen Zweigen oder einzelnen Blättern zu experi- raentiren. Da indess HABERLANDT die Versuchszeit jedesmal auf zwei bis drei Tage reducirte, so fällt dieser Einwand — obgleich er be- rechtigt — nicht schwer in's Gewicht. Allein bei dieser Gelegenheit muss ich eine Meinung HABER- LANDT's corrigiren. Er sagt: „Bekanntlich transpiriren in Wasser ge- stellte Pflanzen und Pflanzentheile stärker als im Boden wurzelnde Pflanzen." Angenommen, dass dies richtig wäre, so müsste die fac- tische Wasserabgabe der untersuchten Buitenzorger Pflanzen noch ge- ringer sein als die von HABERLANDT durch Wägung und Rechnung gefundene Verdunstungsgrösse, da, wie eben bemerkt, HABERLANDT mit in Wasser gestellten Pflanzentheilen operirte. Soweit mir die Transpirationslitteratur bekannt ist, hat sich KRU- TITZKY^) dahin geäussert, dass sowohl die Wassereinsaugung (durch die Schnittfläche), als auch die Wasserabgabe abgeschnittener Blätter grösser ist, als die von Blättern, die im organischen Verbände mit der Pflanze stehen. Ebenso verdunstet nach KRUTITZKY jedes einzelne Blatt eines Zweiges am Zweige stehend weniger, als wenn es nach Abtrennung in einem besonderen Transpirationsapparat steht. Nun ist aber diese Ansicht von KRUTITZKY nicht richtig. Wahr ist vielmehr, dass sich die Verdunstungsgrösse eines abgeschnittenen und mit der Schnittfläche in Wasser stehenden Blattes — unter sonst gleichen Bedingungen — von Tag zu Tag vermindert^). 1) Vgl. meine „Materialien zu einer Monographie der Transpiration". LTh., S.65. 2) Dass sich die Wasseraufnahme durch die Schnittfläche lebender Zweige von Tag zu Tag vermindert, hat schon Hales beobachtet. 1. = 0,097 11. = 0,093 IL = 0,111 lieber die Transpirationsgrösse von Pflanzen feuchter Tropengebiete. 157 Zur Begründung führe ich folgende Beobachtungen an: WiESNER bestimmte die Transpirationsgrösse einer bewurzelten, in Wasser stehenden, gesunden Pflanze von Ficiis elastica. Der entsprechend adjustirte Apparat wurde (im pflanzenphysiologischen Institute der hiesigen Universität) durch mehrere Tage von 8 a. M. bis 8 p. M. stündlich gewogen. Es betrug nun bei einer Temperatur von 13 bis 15,4°C. und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 40 bis 53 pCt. die durchschnittlich stündliche Gewichtsabnahme in sechs auf einander folgenden Tagen (I — VI) in Gramm: IV. = 0,086 V. = 0,098 VL = 0,085 Dagegen gab ein abgeschnittenes und mit der Schnittfläche in Wasser stehendes Ficusblatt bei einer Temperatur von 18 — 21 ° C und einer relativen Feuchtigkeit von i)& — 74 pCt. in sechs auf einander folgenden Tagen (I — VI) durchschnittlich pro Stunde Gramm Wasser ab: I. = 0,039 IV. = 0,022 IL - 0,032 V. = 0,020 IIL = 0,025 YL = 0,019 Ich selbst habe ein paar Versuche mit Aucuha japonica gemacht. A) Bei einer gesunden Topfpflanze mit vier grösseren und zwei kleineren Blättern wurde der (aussen glasirte) Topf oberseits mit einer halbirten, central durchbohrten Glasplatte (mittelst Knetwachs) gedeckt, und ausserdem wurde der ganze Topf mit Stanniol gut umwickelt. Dieser Verschluss war zwar nicht wasserdicht, aber immerhin be- friedigend, da bei einem täglichen Gesammtgewichtsverlust (Topf und Pflanze) von 1500 — 2000 w^ der Gewichtsverlust des Topfes allein (wie nachträglich constatirt wurde) nur etwa 12 mg pro Tag betrug. Die Wägungen wurden täglich zu derselben Stunde vorgenommen. Die Pflanze stand im diffusen Tageslicht; die Temperatur bewegte sich (während des Tages) zwischen 14 — 18,8° C, die relative Feuchtigkeit zwischen 65— 80pCt. B) Nach sechs Tagen (am 1. Januar 1897) wurde der Stamm an der Basis abgeschnitten und mit dem unteren Theile in einen mit destillirtem W^asser gefüllten Glascylinder eingeführt. Die Wasser- oberfläche war mit einer Schicht Olivenöl gedeckt; die von Gel um- gebene Stengelpartie wvirde mit Stanniol umwickelt. Die Wägungen wurden täglich einmal bis zum 8. Januar vorgenommen. Tages- temperatur 14,8 — 18,5°C., relative Luftfeuchtigkeit 65— 74 pCt. Schwach diffuses Licht. C) Gleichzeitig mit Versuch A wurde die Transpiration eines einzelnen Blattes einer Aucuha bestimmt, welches mit dem Blattstiel in Wasser tauchte (Oelschichte etc.). 158 Alfred BuEGERSxzrs : D) Ein Aiumba-Blsiit (0 = 204 cm^) wurde imter denselben äusseren Bedingungen ohne Wasser frei aufgestellt. Die für 100 cm* Blattspreitenoberfläche berechnete Transpiiatiöns- grösse*) betrag für 24 Stunden in den auf einander folgenden Tagen: A) Bewurzelte Pflanze in sehr feuchtem Boden: 0,482, 0,520, 0,524"). 0.610, 0,585, 0,601 g. B) Dieselbe Pflanze ohne Wurzeln, mit dem unteren Stengeltheil in Wasser stehend: 518. 485, 290, 262, 115, 133, 114. 112 <7. C) Ein Blatt mit dem unteren Stielende in Wasser: 304. 215. 144. 65. 62. big. D) Ein Blatt ohne Wasserzufahr: 352. 118, 96. 94, 73, 61. 56^. Aus diesen Zahlen ergiebt sich, dass die Ansicht, dass abge- schnittene, im Wasser stehende beblätterte Sprosse oder Blätter melir transpiriren als im Boden wurzelnde Pflanzen, nicht richtig ist. Man sieht vielmehr, dass bei dem abgeschnittenen AucubaS^ross^e schon am dritten Tage, beim einzelnen Blatte schon am zweiten Tage eine ansehnliche Depression der Verdtmstung gegenüber der Wasserabgabe der (in sehr feuchtem Boden) eingewurzelten Pflanze eintrat. Der Vorwurf aber, welcher HaEEBLA>'DT gemacht werden muss, ist, dass er seine Versuchspflanzen nicht im Freien exponirte, dass dieselben niemals Ton der Sonne direct beschienen wurden, und dass daher die von ihm berechneten Zahlen eine richtige Yorstellung von den thatsächlichen Transpirationsverhältnissen im feucht-warmen Tropengebiete zu geben nicht im Stande sind. Der Ansicht HABEPLLA^^DT"s betreffs der geringen Wasserabgabe javanischer Gewächse ist bereits STABL entgegengetreten, indem er sagt»): aFöx die in Wäldern und sonstigen schattigen Orten wachsenden Ptlanzen. die der Einwirkuns: des directen Sonnenlicht* entzogen sind tind von fast gesättigter Atmosphäre umgeben sind, mag die HaBEE- LA2vDT'"sche Annahme zutreffend sein. Was dagegen die der Sonne ausgesetzten Tropenpflanzen betrifft, so lassen die oben mitgetheilten Erfahrungen (weite Üeffoung der Spaltöffnimgen bei Besonnung und grosser Luftfeuchtigkeit etc.) es mir wahrscheinlich erscheinen, dass ihre Verdunstungsgrösse -viel zu gering angeschlagen wird. Wenn auch z. B. in Buitenzorff die Sonne während der Regenzeit meist nur etwa 1) Fin Theil der .Transpirationsgrösse'^ kommt — namentlich bei abgeschnittenen Blättern — auf Eechnung der Atkmtmg. 2) Am dritten Tage wurde Wasser ragegossen. 3: 1. c. S. 122. Ueber die Transpirationsgrössc von Pflanzen feuchter Tropengebiete. 159 5 bis 6 Stunden die Pflanzen bescheint, so sind doch in dieser Zeit die Transpirationsbedingungen gerade wegen des Wasserdampfgehaltes der Luft und des Bodens äusserst günstig. Die von HaBERLANDT gefundenen relativ geringen Verdunstungsgrössen erklären sich meines Erachtens aus der Art seiner Versuchsanstellung." Wie gewaltig die Unterschiede in der Verdunstungsgrösse von Pflanzen in feucht-heissen Tropengebieten sein können, je nach der Lichtintensität, der die betreffenden Pflanzen ausgesetzt sind, davon geben die folgenden Beobachtungen WiESNER's eine Vorstellung. Ich führe zunächst zwei Versuchsreihen an, die WlESNER in Buitenzorg mit Reispflanzen ausführte. Die beiden Pflanzen (A, B) wurden mit den Wurzeln und der diesen anhaftenden Erde vorsichtig aus dem Boden gehoben Dann wurde der die Wurzeln einschliessende Erdballen in ein mit Wasser gefülltes Becherglas versenkt und die Wasseroberfläche mit einer Oelschicht gedeckt. Die Ermittelung der Transpiration geschah durch Wägungen des ganzen Apparates. Reispflanze A. Versuchszeit Temiipratur Relative Releuchtune') Transpiration Uhr a. M. lemperatur Feuchtigkeit ^eieucütung ) ^^^ g^^^^^^ 6,50— 7,50 22,0—22,5° 95-96 diffus 0,81 // 7,50-9,17 22,5-23,S° 89-95 {J? ^J"" ffü.'^.J 2,32 , 7,20-10,10 25,0-25,2° 82—94 So-6\ 7,45 „ 10,11—10,19 25,2—28,5° 73—72 S^—S^ 10,57 „ Keispflauze B. Versuchszeit Tpmn*»rafnr Relative Rnipuchtun? Transpiration Uhr lemperatur Feuchtigkeit Beleuchtung ^^^^ ^^^^^ 8,43- 9,00 26,2° 82 Sonne 15,35.y 9 — 9,15 27° 70 diffus 0,09 „ 9,18— 9,34 27,2° ? Sonne 8,91 , 9,39-10,10 27° 74 diffus 2,85 „ Eine weitere Versuchsreihe wurde an einem sonnigen Vormittage mit einem jüngeren (rothen) und einem älteren (grünen) Blatte von Amherstia nobilis durchgeführt. Die Blätter standen mit dem Stiel in mit Wasser gefüllten Glascylindern. Es betrug die Transpiration, be- rechnet pro Stunde und 100 ^m-Strecken, welche während der Entwickelung in der oben angegebenen Weise markirt worden waren, nach beendigter Verkürzung folgende Längen in Millimetern : 4, 4, 4V„ 4V„ 4V„ 4V„ 4V„ 4V„ 4V„ 47„ 47„ 47„ 5, 5, 5 Die Gesammtverkürzung dieser Wurzel betrug also 6 mm. Eine Abwärtsbewegung der Knolle durch den Zug dieser Wurzeln war au den betreffenden Pflanzen nicht wahrzunehmen. Wenn jedoch solche tief sitzende, erwachsene Pflanzen in ober- flächliche Lage versetzt werden — in der Natur kommt dieses auch häufig vor, an Abhängen durch Erdrutsch, Wegschwemmung der Erde durch Regen und dergleichen — so bilden dieselben nach einiger Zeit wieder stärker contractile Wurzeln, durch deren Zugwirkung sie eine 180 A. Rimbach: abwärts führende Richtung erhalten, und dringen, gleich den oben be- sprochenen jungen Exemplaren, wieder in den Boden ein (Fig. 7). An der Wurzel eines solchen Exemplares kann die Verkürzung bis zu 30 Tnm betragen. Ich beobachtete eine durch die Wurzeln allein herbei- geführte Abwärtsbewegung der Knolle um 15 mvi in einer Vegetations- periode. Wie bereits erwähnt, verhalten sich nicht alle Wurzeln eines -4rM??i-Exemplars in Bezug auf die Verkürzungsfähigkeit gleich. Die auf der Unterseite entstehenden sind am stärksten contractil, die von der Oberseite wenig bis gar nicht. Bei erwachsenen Exemplaren haben erstere 2 ww, letztere nur 1 mm Durchmesser. Eine erwachsene Pflanze bildet 30 bis 40 Wurzeln, von denen etwa die Hälfte stärker contractil ist. Alle W^urzeln bleiben unverzweigt. Wurzelhaare werden in feuchter Erde nicht erzeugt, entstehen jedoch in trockener Erde oder in feuchter Luft (in Hohlräumen des Bodens). Den contractilen Wurzeln kommt also beim Eindringen der Arum- Pflanzen in die Erde eine grosse Bedeutung zu, vielleicht sogar eine ausschlaggebende. Es ist mir nämlich noch zweifelhaft, ob die Knolle von selbst eine abwärts führende Wachsthumsrichtung einzuschlagen im Stande ist, oder ob sie nur einfach in der ihr gegebenen Richtung weiter wächst^). Die Verkürzung beginnt an starken Wurzeln 20 bis 25 mm hinter der Spitze. Das active Gewebe ist hier, wie bei allen ähnlich gebauten Monocotylenwurzeln, das Rindenparenchym, während, der centrale Ge- fässbündelstrang und der äusserste Theil der Rinde sich passiv ver- halten. Die activen Rindenzellen verkleinern ihren Längendurchmesser gegebenen Falles bis auf die Hälfte, vergrössern aber ihren Querdurch- messer in radialer und tangentialer Richtung. Dabei bewegen sie sich vom Centrum weg nach aussen, behalten aber den ursprünglich unge- fähr kreisförmigen Querschnittsumfang nicht bei, sondern dehnen sich in radialer Richtung mehr aus als in tangentialer, weil sie mit dem Gefässbündelstrange, der seinen Querdurchmesser nicht bedeutend ver- grössert, in Verbindung bleiben. Eine diesem Vorgange entsprechende Dickenzunahme der Wurzel findet aber nicht statt. Es tritt vielmehr die auch bei anderen Monocotylen häufige Erscheinung auf, dass die jeweilig äussersten, d. h. an die passive, äussere Rindenschicht an- grenzenden activen Rindenzellen in centripetal fortschreitender Folge collabiren und von den nachrückenden, inneren, noch straffen Zellen 1) Es hat den Anschein, als ob die erwachsene Knolle in normaler Tieflage transversal geotropisch sei, in geringerer Tiefe positiv, in grösserer negativ geo- tropisch werde; doch lassen meine diesbezüglichen Beobachtungen noch keine Be- hauptung zu. Ueber die Lebensweise des Arum maculatum. 181 tangential zusammengedrückt werden. Nach und nach häufen sich immer mehr solcher zusammengepresster Zellschichten zwischen der activen inneren und der passiven äusseren Rinde an (S auf Fig. 1 1 und 12). Von den etwa '20 activen Rindenzellen, welche ursprünglich im Radius der Wurzel liegen, bleibt nur der vierte Theil in turgescentem Zustande übrig (Fig. 11, 12, 14, 15). Als Folgen der Contraction treten auch an den passiven Wurzel- bestandtheilen Veränderungen ein. Alle Elemente des Centralstranges werden verkürzt; Verbiegungen erleidet der letztere nicht. Die Ringe der äussersten beim Beginne der Verkürzung angelegten Gcfässe rücken nach Massgabe der Verkürzung näher an einander. An den radialen Längswänden der Endodermis, welche anfangs geradlinig verlaufen, stellt sich eine allmählich sich steigernde Wellung des der Stelle des bekannten dunklen Punktes entsprechenden Längsstreifens ein (Fig. 16), und zwar kommen in den um 50 pCt. verkürzten Strecken etwa 400 Wellen auf das Millimeter. Der passive Theil der Rinde, bestehend aus der persistirenden Epidermis, der Exodermis (Hypodermis) und einer an diese letztere an- grenzenden Lage unverkorkten Parenchyms, legt sich, sobald die Ver- kürzung 20 pCt. erreicht, in Falten, indem er sich stellenweise von der . Schicht der zusammengedrückten Zellen abhebt (Fig. 9, 11, 12). Ehe dies geschieht, hat sich auch in den radialen Längswänden der Exo- dermis eine Wellung gebildet, die jener in der Endodermis ähnlich, aber schwächer und unregelmässiger ist^). In den nichtcontractilen Wurzeltheilen treten natürlich diese Er- scheinungen nicht auf. Das Vorhandensein und die Stärke der Ober- flächenfaltung, wie der Endodermiswellung können daher als Erkennungs- zeichen für die Stärke der stattgehabten Contraction dienen. Die Jahresperiode des Aruvi maculatum gestallet sich folgender- massen: Eine Zeit relativer Ruhe fällt etwa in den August (Fig. 6 und 8). Im September kommen die Wurzeln aus der Basis der Knospe. Sie wachsen ziemlich schnell (bei gewöhnlicher Temperatur bis 10 mm in 24 Stunden) und beginnen sofort sich zu verkürzen. Ihre Contraction und die dadurch herbeigeführte Abwärtsbewegung der Pflanze geht nur während des Herbstes (September bis November) vor sich. Die Knospe vergrössert sich während dessen, bleibt aber noch unter der Erde. Durch die nun eintretende Winterkälte wird die weitere Entwickelung äusserlich gehemmt. Im folgenden Frühjahr functioniren die Wurzeln nur noch als Ernährungs-, nicht mehr als 1) Vergl. hierüber meine Mittheilung; „Ueber die Ursache der Zellhautwellung in der Exodermis der Wurzeln." Diese Berichte 1893, Heft 8, S. 467. 182 A. Rimbach: Ueber die Lebensweise des Arum maculatum. Bewegungsorgane. Die Assimilationszeit der Blätter dauert von April bis Juli; die Blüthezeit fällt in den Mai und Juni, die Fruchtreife in den August und September. Nach dem Welken der Blätter, im Juli, sterben auch die Wurzeln ab. Die Ausbildung der neuen Knolle und das damit verbundene Vorrücken des Vegetationspunktes beginnt bereits im Herbste, geschieht aber der Hauptsache nach während der Ernährungs- thätigkeit der Blätter. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1—8. Verschiedene Zustände der Pflanze. V2 natürl. Gr. Die gestrichelte Horizontallinie bedeutet die Oberfläche der Erde. Während der Keimung. Das ruhende Kuöllclien nach der Keimung. Exemplar im zweiten .Jahre mit dem ersten Blatte. Junges, absteigendes Exemplar. Erwachsenes Exemplar in normaler Tiefiage. Im Mai. Dasselbe während der Fruchtzeit. Im August. Erwachsenes Exemplar in oberflächlicher Lage, absteigend. Im April. Dasselbe während der Ruhe. Im August. Fig. 9 — 10. Wurzeln erwachsener Exemplare von der Unterseite der Knolle. Natürl. Gr. Die Marken geben die Verkürzung der ursprünglichen 5 ?«m -Strecken an. Fig. 9. Von einem oberflächlich sitzenden Exemplar. „ 10. Von einem in normaler Tiefe befindlichen Exemplar. „ 11. Querschnitt des Basaltheiles einer stark verkürzten Wurzel von der Unter- seite einer erwachsenen hochsitzenden Pflanze. Vergr. 10. fi bis 18 /i. Sie haben eine ölartige Con- sistenz. Was ihre chemische Zusammensetzung betrifft, so geben sie nicht die Harzreaction mit Kupferacetat. Die Hauptsache ist ja natür- lich, die Frage zu entscheiden, ob wir es hier mit einem fetten oder ätherischen Oele zu thun haben. Allein dieses ist wohl äusserst schwer mikrochemisch zu entscheiden. Die meisten Reactionen sind beiden Oelarten gemeinsam. Die Reagentien, welche oft als Differential- reagentien angeführt werden, sind Alkohol und Essigsäure. Allein auch diese sind kaum stichhaltig. Denn trübt ein Pfropfen fetten Oeles ein bis zur Hälfte mit Alkohol gefülltes Reagensglas, so hat E. SCHULZ^) beobachtet, dass unter dem Deckglase auch fettes Oel beim längeren Durchziehen absoluten Alkohols mittels Filtrirpapier sich löst. Dass z. B. Ricinusöl sich in Alkohol leicht löst, ist ja bekannt. Wenn nun unsere Tropfen sich in Alkohol lösen, so sind wir niemals sicher, ob wir es mit einem ätherischen oder fetten Oel zu thun haben. Auch Essigsäure ist kein sicheres Reagens. So löst die 96 proc. Essigsäure sehr leicht Ricinusöl, so dass die Löslichkeit unserer Tropfen in Essig- säure uns ein sicheres Urtheil nicht gestattet. Eigenthümlich ist ferner das Verhalten .des Oeles zu den besten mikrochemischen Reagentien zur Unterscheidung des fetten und ätherischen Oeles, so vor allem zu wässeriger Chloralhydratlösung (A. MeYEK). Während z. B. das Oel von Ahies sibirica sich sehr leicht in derselben löst, tritt in den Blät- tern von Taxus baccata keine Lösung des Oeles ein. Während nun das Oel aus den Blättern von Abies sibirica durch Kochen der Schnitte vertrieben werden kann, gelingt es bei Taxus baccata nicht. Allein 1) E. Sqhulz, 1. c. S. 8. 200 S. Rywosch: In grünen Zellen vorkommendes Oel und Herbstfärbung. auch bei Taxus haccata konnte nicht nachgewiesen werden, dass wir es mit einem fetten Oel zu thun haben, denn die Verseifung (nach Molisch) gelang nicht und wurden keine Krystalle gefunden, sondern das Oel blieb unverändert. In Folge dieser Reactionen^) halte ich die Natur dieses Oeles für noch nicht ganz erklärt. Allein es für ein fettes Oel zu halten, kann ich mich nicht entschliessen. Da E. Schulz und Strasburger das Oel für einen Reserve- stoff hielten, so fiel die Auffassung eines fetten Oeles damit zusammen. Da ich es nicht für einen Reservestoff halte, so ist für mich die Auf- fassung eines fetten Oeles nicht zwingend. Ich glaube, wir thun am besten, wenn wir die Tropfen nur Oeltropfen nennen, analog den Oeltropfen in den Chromatophoren. Da man von den Oeltropfen der Chromatophoren nicht mit Be- stimmtheit sagen kann, ob sie aus fettem oder aus ätherischem Oele bestehen, da auch ferner dieselben nicht bei allen Pflanzen dieselben Reactionen geben, so ist eine Verwandtschaft unter diesen beiden Tropfen, von denen die einen im Chloroplasten, die anderen im Cytoplasma sich finden, nicht ausgeschlossen. Vielleicht stehen sie sogar in genetischer Beziehung, insofern als aus den Chromatophoren das Oel in das Cyto- plasma wandert. Vielleicht finden sich unter den Oeltropfen des Herbst- blattes auch die des zerstörten Chloroplasten. Kreutzburg (Gouvern. Witebsk, Russland), im März 1897. 1) Bei Anwendung der meisten Reagentien erscheinen die Tropfen meist punktirt, ein Beweis, dass die Tropfen nicht nur aus einer Substanz bestehen, sondern eine Mischung von Substanzen verschiedener Löslichkeit. Wenn die Tropfen sich lösen, so geht die Auflösung von den punktirten Stellen aus, wobei sie dann zu einem Hohlraum zusammentreten. Die punktirten Stellen sind aufgelöste Theile. Th. Curtius und J. Reinke: Flüchtige, reducirende Substanz. 201 25. Th. Curtius und J. Reinke: Die flüchtige, reducirende Substanz der grünen Pfianzentheile. (Vorläufige Mitlheilungen aus dem chemischen und dem botanischen Institut der Universität Kiel). Eingegangen am 26. März 1897. Vor 17 Jahren hat der eine von uns (R.) in einer gemeinsam mit L. KRÄTZSCHMAR ausgeführten Untersuchung festgestellt, dass in den chlorophyllhaltigen Pflanzen Substanzen von den Eigenschaften der Aldehyde in allgemeiner Verbreitung vorkommen, während sie den Pilzen fehlen. Die bezüglichen Beobachtungen wurden in nachstehenden Aufsätzen veröffentlicht: 1. J. Reinke : Der Process der Kohlenstoffassimilation im chloro- phyllhaltigen Protoplasma. Untersuchungen aus dem botanischen Laboratorium in Göttingen. Heft II, S. 185 ff. (1881). 2. J. Reinke und L. KRÄTZSCHMAR: Ueber das Vorkommen und die Verbreitung flüchtiger reducirender Substanzen im Pflanzen- reiche. Ebenda Heft III, S. 59 ff. (1883). 3. J. Reinke : Ueber aldehydartige Substanzen in chlorophyll- haltigen Pflanzentheilen. Berichte der Deutschen chemischen Gesellschaft, Jahrgang XIV, Heft 15 S. 2145 (1881). 4. J. Reinke : Die reducirenden Eigenschaften lebender Zellen- Ebenda Jahrgang XV, Heft 2, S. 107 ff. (1882). Den Anlass zu der Prüfung auf das Vorkommen von Aldehyden in grünen Blättern hatte die bekannte Theorie BAEYERS gegeben, wo- nach Formaldehyd das Reductionsproduct der Kohlensäure in den Pflanzen sein sollte. REINKE ging von dem Gedanken aus, dass, wenn auch — bei Annahme jener Hypothese — die entstehenden Molecüle Formaldehyd der grossen Mehrzahl nach zu Kohlehydrat würden condensirt werden, doch vielleicht ein Rest un verbunden oder zu Condensationsproducten von geringerem Moleculargewicht vereinigt durch Destillation sich werde nachweisen lassen. Bei Prüfung hierauf gelang die Entdeckung allgemein im Pflanzenreiche verbreiteter flüchtiger und zugleich reducirender Körper, in Bezug auf die es kaum einem Zweifel unterliegen konnte, dass sie zu den Aldehyden gehören. Dass in ihnen thatsächlich Formaldehyd nachgewiesen sei, ist von ReINKE nirgends behauptet worden und nur das Ergebniss missverständlicher Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. J4 202 Th. Cürtiüs und J. Reinke: Auffassung gewesen. (Man vergleiche darüber Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft 1882, S. 108). Reducirende Substanzen giebt es ja in den Säften der Pflanzen in Menge. Dass die in den oben citirten Aufsätzen nachgewiesenen Stoffe zur Gruppe der Aldehyde gehörten, wurde hauptsächlich daraus gefolgert, dass sie flüchtig waren, dass sie aus dem Brei zerkleinerter Blätter sowohl unmittelbar, als auch nach erfolgter Neutralisation^) sich abdestilliren Hessen. Sowohl wegen dieser Eigenschaften als auch wegen ihrer allgemeinen Verbreitung im Pflanzenreiche (mit Ausnahme der Pilze) mussten sie für die Erkenntniss des vegetabilischen Stoff- wechsels von grosser Bedeutung sein. Das allgemeine Vorkommen der in Rede stehenden Substanzen berechtigte zu dem Schlüsse, dass dieselben zu den unerlässlichen Stoffwechselproducten der chlorophyllhaltigen Gewebe gehören; aus ihrer Aldehydnatur Hess sich folgern, dass hier besonders reactions- fähige Körper der Pflanzenzelle vorlagen. Folgende Einzelheiten mögen aus den früheren Beobachtungen noch hervorgehoben sein. Trotz ihrer Uebereinstimmung in dem Verhalten gegen Silber- oxyd und FEHLING'sche Lösung hatte es nach dem Grade der Flüchtigkeit den Anschein, dass in verschiedenen Pflanzen etwas von einander abweichende Aldehyde gebildet würden. Bei der grossen Mehrzahl der untersuchten Gewächse verflüchtigte sich der gesammte Aldehyd mit den ersten Cubikcentimetern Wasser, die aus einem grösseren Kolben abdestillirt wurden; bei den Pappeln und Weiden hingegen erwiesen sich die letzten Theile des Destillats annähernd ebenso reich an Aldehyd als die ersten. Sonst zeigten die einzelnen Arten grosse Verschiedenheit in Bezug auf das in ihren Blättern ent- haltene Quantum an flüchtiger reducirender Substanz, dieselbe wechselt auch bei einer und derselben Art mit der Jahreszeit; immer ward aber aus einem grossen Haufen von Blättern eine nur sehr geringe Ausbeute erhalten. Zu den ergiebigsten Quellen der Substanz gehören der Weinstock, die Robinie, der Ahorn, die Esche, die Silberpappel. — Versuche, die darauf gerichtet waren, etwas über den Zusammen- hang zwischen diesen Stoffen und dem Chlorophyll, bezw. der Chloro- phyllfunction zu ermitteln, lieferten folgendes Ergebniss. Im Dunkeln erzogene und somit etiolirte Keimlinge von Dicotylen (Lupinus, Im- patiens, Phaseolus, Helianthus) enthielten keine Spur von Aldehyd; nachdem aber solche aldehydfreie Keimlinge von ImjJatiens eine Zeit lang an's Licht gestellt worden waren, reducirte ihr Destillat deutlich FEHLING'sche Lösung. Auch im Dunkeln gezogene Keimlinge von 1) Neutralisirt wurde deswegen, damit die im Pflanzenreich verbreitete Ameisen- säure nicht mit in das Destillat übergehen sollte. Die flüchtige, reducirende Substanz der grünen Pflanzentheile, 203 Coniferen, die ja bekanntlich ihr Chlorophyll im Dunkeln ausbilden, ergaben keine Anwesenheit von Aldehyd. Hieraus dürfte folgen, dass bei den untersuchten Pflanzen die Aldehyde nicht nur von der Chlorophyllbildung, sondern auch von der Lichtwirkung abhängig sind. Bewurzelte Sträucher von Symphoricarpus, Cornus, Lifftistrum, Lonicera und Ribes, deren Blätter reichlich Aldehyd enthielten, wurden 6 bis 10 Tage in's Dunkle gestellt; ihre Blätter ergaben dann kein reducirendes Destillat mehr, der Aldehyd war verschwunden. Die im Dunkeln aldehydleer gewordenen Sträucher von Symphoricarpus und Ligustrum — bei den Versuchs-Exemplaren der übrigen Arten waren nicht mehr genügend Blätter vorhanden — wurden wieder an's Licht gestellt, und nach einigen Tagen war wieder Aldehyd im Destillate der Blätter nachweisbar. Die flüchtige reducirende Substanz der Blätter war also durch den Aufenthalt der Pflanzen im Dunkeln zum Verschwinden gebracht, durch nachfolgende Belichtung von Neuem er- zeugt worden. — Die Hauptfrage niusste fortan sein: Welches ist die chemische Zusammensetzung der in Rede stehenden Körper. Erst nach Fest- stellung ihrer chemischen Natur konnten weitere Untersuchungen über ihre physiologische Bedeutung in der Pflanze Erfolg verheissen. Der chemischen Untersuchung erwächst eine Schwierigkeit daraus, dass man grosse Mengen von Pflanzenblättern verarbeiten muss, um die Substanz in einer für eine erschöpfende Untersuchung ausreichenden Menge zu gewinnen; auch fehlte es noch an jeder Methode zu ihrer reinlichen Abschneidung. Indessen war der Eine von uns (R.) in den Jahren 1883 und 1884 in Göttingen mit Vorbereitungen für die Dar- stellung der Substanz im Grossen beschäftigt, als diese Bemühungen durch seine Versetzung nach Kiel unterbrochen wurden, wo derselbe zunächst von ganz anderen Aufgaben in Anspruch genommen war. Später jedoch fasste er in Gemeinschaft mit TH. CURTIUS den Plan, die unterbrochene Arbeit wieder aufzunehmen, wobei dann CUßTIUS naturgemäss die chemische Feststellung der Substanz, ReINKE die Er- mittelung ihrer Bedeutung im Stoffwechsel der Pflanze zugefallen sein würde. Leider erfuhr auch diese erneute Untersuchung vor ihrem Abschluss durch die Berufung von CURTIUS nach Bonn eine abermalige Unterbrechung, so dass sich zur Zeit nicht absehen lässt, wann die bezüglichen Arbeiten wieder aufgenommen werden können. Indessen sind die von CURTIUS gewonnenen Resultate wenigstens für die Botanik von hohem Interesse, sie ermöglichen namentlich eine sichere Beweisführung, dass wirklich Aldehyde vorliegen, sie ermöglichen auch eine quantitativ genaue Abscheidung der Substanz aus den Destillaten, so dass die Mittheilung dieser Untersuchung gewiss all- gemein willkommen sein wird, auch wenn die chemische Bestimmung 14* 204 Th. Cuktius und J. Eeinke: wegen zu spärlichen Materials bislang nicht vollständig gelingen konnte. (Nachstehend folgen die von Th. CURTIUS gewonnenen Ergebnisse:) Die Blätter von Akazien, Pappeln, Silberpappeln, Ahorn, Eschen wurden in den Kreis der Untersuchung gezogen. Der durch Zer- kleinerung gewonnene Brei wurde frisch in verzinnter Destillirblase so lange mit Wasserdampf behandelt, bis keine, ammoniakalische Silber- lösung reducirende Substanz mehr überging. Man muss unter Um- ständen mehr als 8 Liter Condenswasser auffangen, bis dieser Punkt erreicht ist. Im Allgemeinen genügt es, S bis 4 Liter zu sammeln. Die zunächst übergehenden Wassermengen sind am reichsten an der gesuchten Substanz. Wenn man ein so erhaltenes ßlätterdestillat mit etwas weingeistigem Phenylhydrazin durchschüttelt, so entsteht nach einiger Zeit eine gelbe Trübung. Nach eintägigem Stehen setzt sich eine rothbraune, schmierige Substanz auch dann ab, wenn man weniger Phenylhydrazin zugesetzt hat, als zur vollständigen Fällung nöthig war. Aus dieser Schmiere ist kein krystallisirter Körper zu erhalten. Anders verhalten sich die Säurehydrazide R'CONHNHg gegen diese Blätterdestillate. Man löst diese Hydrazide iu beissem Alkohol und trägt diese Lösung unter schnellem Umschütteln in das gewöhnlich sehr verdünnte wässerige Destillat ein. Da auf etwa 2 Liter Destillat immer nur etwa 2 g Hydrazid in Anwendung kommen, scheidet sich das letztere, auch wenn es an und für sich in Wasser schwer löslich ist, aus einer ebenso grossen Wassermenge, welche keine reducirende Substanz enthält, auch nach tagelangem Stehen, wie ich mich wieder- holt überzeugt habe, nicht wieder aus. Am geeignetsten zur Fällung der reducirenden Stoffe aus den Blätterdestillaten erscheinen die Ni- trobenzbydrazide, vor allem das m-Nitrobenzhydrazid^) Benzhydrazid CgHgCONHNHg selbst giebt lösliche Condensations- producte, so dass man bei grossen Flüssigkeitsmengen wesentliche Ver- luste erhält. p-Nitrobenzhydrazid ist in heissem Alkohol zu schwer löslich, als dass man bequem damit operiren könnte. Praktisch wiegt man die erforderliche Menge Hydrazid in ein Reagensrohr, setzt so viel Alkohol zu, dass sich alles beim Kochen auflöst und trägt die heisse Flüssigkeit auf einmal in das wässerige Destillat unter sofortigem Um- schütteln ein. Nach Zusatz der Nitrobenzhydrazide trübt sich die anfangs ganz klare Lösung nach kurzer Zeit. Nach eintägigem Stehen ist das Con- densationsprodüct als flockiger, fast farbloser, mikrokrystalliner Nieder- 1) Jahrb. prakt. Chemie [2], 50, 283. Die flüchtige, reducirende Substanz der grünen Pflanzentheile. -205 schlag vollständig abgeschieden. Man filtrirt ab, wäscht mit Wasser aus und trocknet im Vacuumexsiccator. Aus dem Filtrat können durch Zusatz von Säurehydrazid weitere Mengen abgeschieden werden, falls bei der ersten Operation noch nicht genug Hydrazid zugesetzt wurde. Was die Menge des erhaltenen Products anbelangt, so schwankt dieselbe ganz ausserordentlich. Mehr wie 1 g Substanz konnte aus einem grossen Eimer Blätterbrei nach der erschöpfenden Destillation mit Wasserdampf niemals erhalten werden. Im Durchschnitt konnte man bei den Blättern der erwähnten Baumarten, die im Juli 1894 ge- sammelt waren, auf 0,45 g Condensationsproduct pro Eimer Blätterbrei rechnen. 22 Eituer ßlätterbrei derselben Pappel, welche im August desselben Jahres gesammelt waren, gaben dagegen bei erschöpfender Behandlung mit Wasserdarapf nur wenig mehr als 2 g Condensations- product mit m-Nitrobenzhydrazid. Die so erhaltenen Producte aus den verschiedenen Blättersorten sind, wie aus ihrem Schmelzpunkt hervorgeht, nicht immer einheit- licher Natur. Sie sind unlöslich in Wasser, sehr leicht löslich in kaltem, absoluten Alkohol; mitunter in letzterem allerdings nicht voll- ständig. Dagegen zeigen die Analysen sämmtlicher Rohproducte dieselbe Zusammensetzung. Nur der WasserstofiFgehalt scheint etwas zu schwanken. Die Zusammensetzung der Condensationsproducte mit TO-Nitrobenzhydrazid entspricht der Formel CjgHj^NgO^ auf Grund von zahlreichen Analysen, event. aber auch der Formel CigHjgNgO^. Da erfahrungsmässig die Säurehydrazide mit solcher Leichtigkeit in wässeriger Lösung nur Condensationsproducte mit Aldehyden, nicht aber mit Ketonen, wenigstens nicht mit solchen von höherem Kohlen- stoffgehalt geben, enthält die reducirende Substanz der Blätter so gut wie sicher eine Aldehydgruppe, und zwar eine, denn aus der em- pirischen Zusammensetzung geht mit zwingender Nothwendigkeit hervor, dass 1 Molecül Nitrobenzhydrazid mit 1 Molecül der reducirenden Blättersubstanz in Reaction getreten ist. Wir erhalten die Gleichung: C.H.NgO, + CeH^.O, ^ C,,H,,N3 0, +H,0 Nitrobenzhydrazid reduc. Substanz Condensationsproduct Das Condensationsproduct enthält also nur eine Aldehydgruppe, da nach allen Erfahrungen sonst 2 Molecüle Hydrazid mit 1 Molecül der reducirenden Substanz zusammengetreten wären. Die in den Blättern enthaltene, mit Wasserdämpfen flüchtige, mit Benzhydraziden zu schwer löslichen Verbindungen sich spontan condensirende Substanz ist, abgesehen davon, ob mehrere Isomere vorliegen, demnach ein Aldehyd von der Zusammensetzung C^Hj^O-CHO, vielleicht unter Umständen C^HgO • CHO. Letztere Frage hat bisher noch nicht be- friedigend entschieden werden können. 206 Th. Curtius und J. Eeinkr: 1. 0,35,^ Condensationsproduct aus 1 Eimer Akazienbrei (Juli 1894) mit im Ganzen 3 g Nitrobenzhydrazid gefällt, sinterte von 150° ab und schmolz bei 162 — 163°. Löste sich spielend in Alkohol und krystallisirte daraus in glänzenden Nädelchen, 2. 0,5 g Condensationsproduct aus 1 Eimer Eschenbrei (Juli 1894) mit 2,5 ^ Nitrobenzhydrazid erschöpfend gefällt, schmolz zwischen 158 — 159°, löste sich spielend in Alkohol und krystalli- sirte daraus in gelblichen Nadeln, welche zwischen 161 und 163°, ohne vorher zu sintern, schmolzen. 3. 0,6 g Condensationsproduct, erhalten im Juni 1893 aus 1 Eimer Pappel brei, sinterte bei 140°, war bei 154° grösstentheils, bei 170° vollständig geschmolzen. Leicht und vollständig löslich in Alkohol mit heller Farbe. 4. 0,4 _9' Condensationsproduct aus 1 Eimer Silberpappelbrei (Juli 1894) mit 2,5 g 7W-Nitrobenzhydrazid erschöpfend gefällt, sinterte schon gegen 100°. fing bei 125° an zu schmelzen und war bei 160° klar geschmolzen. Dies Product war zum Theil in Alkohol schwer löslich. 5. 0,7^ Condensationsproduct aus 1 Eimer Ahornbrei (Juli 1894) mit ^,5 ^ m- Nitrobenzhydrazid erschöpfend gefällt, war bei 160° noch fast unverändert, sinterte erst gegen 200° und war bei 221° geschmolzen. Ein solches Präparat vom Juni 1893 sinterte von 170° ab, war bei 200° theilweise, bei 210° ganz ge- schmolzen. Beide Präparate waren zum grössten Theil schwer löslich in Alkohol und lieferten nach dem völligen Auflösen der Substanz in warmem Alkohol beim Erkalten zu- nächst grosse gelbliche glänzende Krystallnadeln vom Schmelz- punkt 235—237°. Wie man sieht, unterscheiden sich die Producte aus Silberpappel-, namentlich aber aus Ahornblättern dadurch von den aus den übrigen Blättern erhaltenen Substanzen, dass in ihnen eine in Alkohol schwer lösliche Substanz enthalten ist, welche namentlich beim Ahorn einen beträchtlichen Theil des Rohproductes bildet. Aus diesen Condensationsproducten nun lassen sich die Aldehyde selbst mit Leichtigkeit durch Destillation mit verdünnter Schwefelsäure abscheiden. 4 g Condensationsproduct, aus Ahornblätterdestillat mit m-Nitrobenz- hydrazid gefällt, wurde mit verdünnter Schwefelsäure 1 : 6 übergössen und mit Wasserdampf destillirt. Die Substanz geht nur sehr allmählich in Lösung. Der Aldehyd geht in -gelblichen Oeltropfen über, welche zunächst auf dem wässerigen Destillat schwimmen, sich aber allmählich in der steigenden Menge des Condensationswassers wieder auflösen. Die flüchtige, reducirende Substanz der grünen Pflanzentheile. 207 Das wässerige Destillat wurde viermal mit Aether ausgeschüttelt, die ätherische Lösung über Chlorcalcium getrocknet und fractionirt. Er- halten 1,8 g Rohproduct, welches unter 20 mvi Druck 0,9 g bei 70° constant siedendes Destillat lieferte. Der Rest destillirte bis etwa 90" vollständig über; es hinterblieben sehr geringe Mengen eines festen Rückstandes. Dieses farblose Oel besitzt einen höchst eigen- thümlichen charakteristischen Geruch. ]. 0,32 g vom Siedepunkt 70 — 90° wurden in Wasser gelöst und mit m-Nitrobenzhydrazid von Neuem gefällt; erhalten wurden 0,45 g Condensationsproduct. 2. 0,4 g Destillat von constantem Siedepunkt 74° unter 20 mm Druck wurden mit Benzhydrazid Cg Hg • CO • NH NH^ ebenso gefällt; beide Prcducte wurden aus Alkohol um- krystallisirt. 1. Das Condensationsproduct mit m-Nitrobenzhydrazid wurde in möglichst wenig heissem Alkohol gelöst. Aus der erkalteten Flüssigkeit schieden sich 0,34 g glänzende gelbe Nädelchen aus, welche bei 235 — 237° schmolzen. Die zweimal ausgeführte Analyse ergab die Zusammensetzung CigH^^NgO^ In dem Filtrat von der in Alkohol schwer löslichen Substanz wurde durch Zusatz von Wasser ein Product ausgefällt, welches beim ümkrystallisiren aus Alkohol nochmals kleine Mengen der Substanz vom Schmelzpunkt 235 — 237° lieferte. Aus dem Filtrat wurde durch Fällen mit Wasser ein in kleinen, fast farb- losen Blättchen krystallisirtes Product vom Schmelzpunkt 154° ge- wonnen. Die Analyse ergab die Formel: C^gH^^NgO^. Die beiden, durch ihre Löslichkeit in Alkohol und durch ihren Schmelzpunkt scharf als verschieden charakteiisirten Substanzen zeigen demnach bis auf den Wasserstoffgehalt, welcher bei dem hochschmelzenden Körper zwei Atome Wasserstoff weniger aufweist, dieselbe Zusammensetzung. Ausgezeichnet stimmten z. B. auch die mehrfach ausgeführten Analysen des aus Pappelblättern gewonnenen Productes im rohen Zustande, wie auch aus Benzol umkrystallisirt, mit der Formel CjgHi^NgO^ überein. W^esentliche Abweichungen von letzterer wurden, ausser in Bezug auf den Wasserstoffgehalt, überhaupt nicht bemerkt. Das Condensationsproduct des bei 74° unter 20 mm Druck siedenden Ahornaldehydes mit Benzhydrazid, zeigte die dem Nitroderivat CigHj^NgO^ analoge Zusammensetzung Cj.HjgNgOg resp. CjgHjgNgOg und schmolz bei 154°. Es gilt also auch hier die Gleichung: C,H„0 . Ceo + CJTg . CONH • NH^ = C^^ • H^gN.O^ + H^O. Ahornaldehyd Benzhydrazid = Condensationsproduct. Sämmtliche so erhaltene Condensatiönsproducte sind in verdünnten Alkalien in der Kälte löslich und werden durch Essigsäure 208 Th. Curtius und J. Reinkb: unverändert wieder abgeschieden. In der Wärme werden sie durch Alisali dagegen leicht zersetzt. In verdünnten Säuren sind sie in der Kälte unlöslich. Beim Kochen damit werden sie in der beschriebenen Weise leicht in den Aldehyd und das Säurehydrazid resp. in Hydrazin- salz und freie Nitrobenzoesäure gespalten. Die alkoholische Lösung dieser Substanzen erleidet beim Erwärmen ziemlich rasch Zersetzung; es tritt der charakteristische Geruch der Aldehyde lebhaft auf beim Kochen, und die Lösung färbt sich dunkler. Man muss daher beim Umkrystallisiren aus Alkohohl äusserst vorsichtig verfahren. Vielleicht gehen die wasserstoffreicheren Verbindungen dabei in wasserstoffärmere über. Da sämmtliche Producte ebenfalls in Benzol, zum Theil auch in Aether in der Wärme löslich sind, kann man sie mit diesen indifferenten Mitteln vortheilhaft umkrystallisiren. Das Filtrat von den Condensatiousproducten enthält in starker Ver- dünnung überschüssiges Säurehydrazid und soviel Condensationsproduct, als in der grossen Menge Flüssigkeit gelöst geblieben ist. Versetzt man diese klare Lösung mit wenig Alkali, so färbt sie sich nach wenig Tagen dunkelgelb bis tief roth. Säuert man nunmehr mit Essig- säure oder SchM'efelsäure an, so fällt eine meist röthlich gelb gefärbte Substanz in nicht unbeträchtlichen Mengen nieder, während die Flüssig- keit wieder farblos wird. Macht man letztere von Neuem alkalisch und lässt sie einige Tage stehen, so kann durch Säuren wiederum eine ebensolche, wenn auch geringere Fällung erzielt werden. Man erhält auf diesem Wege ungefähr ebenso viel Substanz, als an Condensations- product in der wässerigen Lösung ohne Zusatz von Alkali zunächst er- halten wird. Diese bei Gegenwart von Alkali entstehenden Körper wurden anfangs nicht weiter untersucht. Nachdem aber durch die Untersuchungen über die Condensation von Zucker- mit Säurehydra- ziden, welche DAVIDIS auf Veranlassung des einen von uns (CURTIUS) im vorigen Jahre ausführte^), sich ergeben hatte, dass Hexosen bei Gegenwart von Alkali mit 4 Mol. Benzhydrazid sich zu sogenannten Benzosazonen condensiren, lag die Vermuthung nahe, dass in den Aldehyden, welche die Blätter liefern, ausser der Aldehydgruppe mindestens eine Carbinolgruppe vorhanden sein müsste, dass diese Verbindungen demnach wie der Traubenzucker als Aldehydalkohole aufzufassen seien. In der That hat sich diese Vermuthung bestätigt. Die Producte, welche durch Condensation der Blätteraldehyde in alkalischer Lösung mit Säurehydraziden entstehen, enthalten 2 Mol. Säurehydrazid auf 1 Mol. des Aldehydes C^HijO-CHO 1) B. d. d. ehem. Ges. XXIX, S. 2808. Die flüchtige, ividucircnde Substauz der grünen Pflanzcutheile. 209 resp. C^HgO'CHO, wie sich aus den Stickstoff bestimmungen leicht erkennen liess. Diese Körper, welche man als Osazone der flüchtigen reducirenden Bestandiheile der Pflanzen blätter bezeichnen muss, entstehen nach der Gleichung: C, H,3 0, + 2 C« H, (NO,) CO Ntl . iNH, = C,, H,„ N, O, 4- 2H3 0 + H, rcduc. Substanz 2 Mol. Nitrobenzhydrazid Osazon. Diese Osazone sind stets gelb bis roth gefärbt und zwar ganz un- löslich in Wasser; sie lösen sich ziemlich schwierig in heissem Al- kohol, sehr leicht in Alkalien mit rother Farbe und werden durch Zusatz von Essigsäure wieder unzersetzt abgeschieden. Sie zeigen bedeutend höhere Schmelzpunkte und nur geringes Krystallisationsvermögen. Man kann dieselben Substanzen auch dadurch erhalten, dass man die be- schriebenen farblosen, einfachen Condensationsproducte, welche nun- mehr als ßenzhydrazone zu bezeichnen sind, in viel Wasser suspen- dirt, mit einigen Tropfen Alkali in Lösung bringt und etwas Benz- hydrazid, resp. Nitrobenzhydrazid in alkoholischer Lösung hinzufügt. Die anfangs hellgelbe Flüssigkeit färbt sich beim Stehen nach einigen Tagen gelb-roth und scheidet nunmehr nach dem Ansäuern das ge- färbte Osazon aus, welches beim Kochen mit verdünnter Schwefelsäure nicht mehr die ursprüngliche reducirende Blättersubstanz liefert, wie solches auch zu erwarten war. In Bezug auf die nähere Constitution der Blätteraldehyde ergiebt sich nunmehr zwanglos der Schluss, dass denselben eine Zusammen- setzung im Sinne der Formeln ^« « l CH, . OH ' ""^^^ ^o « 1 CH, . OH zukommt. Eventuell könnte es sich hier allerdings auch um einen Ketoalkohol CgH^ I pu pTT handeln, obwohl dies nach der ausserordentlich leichten Condensation, welche die ursprünglichen reducirenden Substanzen in wässeriger Lösung mit Säurehydraziden später erleiden, wie oben schon angeführt wurde, unwahrscheinlich ist. Der Wasserstoffgehalt des Kernes ist sicher nicht höher zu be- messen als 8 Atome auf 6 Atome Kohlenstoff, manchmal wahrschein- lich um 2 Atome geringer; aber jedenfalls entspricht die Zusammen- setzung dieses Kernes nicht dem Radical (CgH^), worin die Anwesen- heit eines echten Benzolkernes zu vermuthen wäre. Immerhin halten wir es auf Grund des eigenthümlichen Wasserstoffgehaltes für nicht unwahrscheinlich, dass es sich hier um einen doppelt oder vier- fach hydrirten Benzolkern handelt, dass weitere Untersuchungen 210 Th. CuRTiüS und J. Eeinke: Flüchtige, reducirende Substanz. zeigen werden, dass die reducirende, flüchtige Substanz der grünen Blätter vielleicht als ein Aldehydalkohol des nicht vollständig hydrirten Benzolkerns aufgefasst werden kanu. Wir betrachten die sämmtlichen hier wiedergegebenen Versuche als vorläufige und behalten uns die weitere Bearbeitung dieser interessanten Reactionen, welche sich zwischen den reducirenden flüchtigen Substanzen der grünen Blätter und Hydrazinderivaten abspielen, bis auf Weiteres vor. Kiel, im März 1897. Sitzung vom 30. April 1897. 211 Sitzung vom 30. April 1897. Vorsitzender: Herr L. KNY. Zum ordentlichen Mitgliede ist proclamirt Herr: Charles Jones in Liverpool. Der Vorsitzende giebt der Gesellschaft Kunde von dem am 11. April erfolgten Ableben des durch seine hervorragenden Arbeiten von allen Fachgenossen hochgeschätzten Mitgliedes, des Herrn Prof. Dr. Edmund Russow, kaiserlich russischen wirklichen Staatsrathes, früheren Directors des bo- tanischen Gartens in Dorpat. Zum ehrenden Andenken an den Dahin- geschiedenen erhoben sich die Anwesenden von den Sitzen. Mittlieilungen. 26. F. Bucholtz: Zur Entwickelungsgeschichte der Tuberaceen. Mit Tafel VI. Eingegangen am 7. April 1897. _ In neuerer Zeit hat die Ansicht über die systematische Stellung der Tuberaceen einen häufigen Wechsel erfahren. Ursprünglich als Hypogaeen mit den Hymenogastreen vereint, wurden sie bald nach Auffindung der Asci, dieses für die Systematik so wichtigen Merkmals, von den Basidien führenden Hypogaeen getrennt und mit den angio- Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. J5 212 F. BUCHOLTZ: carpen Ascomyceten, den Perisporiaceen älterer Autoren, vereint. Doch auch diese Stellung konnte nicht lange beibehalten werden, als die Gruppe der Tuberaceen selbst in drei nicht mit einander verwandte Reihen zerlegt wurde ^). Von diesen letzteren drei Reihen, den Eutu- berineen, Balsamieen und den Elaphomycetineen, ist es die erste, welche Anschluss an die Helvellaceen durch die Gattung Genea einerseits und durch Sphaerosoma andererseits findet. Es war daher für die Eutu- berineen von Interesse und der Zweck dieser Arbeit eine Entwickelungs- geschichte irgend eines Vertreters dieser Reihe vorzunehmen. Bis auf eine Notiz von ED. FISCHER''') über ein Jugendstadium von Tuber ex- cavatum besitzen wir in der diesbezüglichen Litteratur keine Angaben, ob wir diesen Fruchtkörper gymnocarp nennen dürfen und in Bezug darauf für ihn einen Anschluss bei den Helvellaceen finden können. Für die einfacher gebauten Gattungen, Genea, Pachyphloeus, Stephensia, war eine solche Annahme auf d3n ersten Blick einleuchtend, weniger aber für die höher differenzirten Formen dieser Reihe, nämlich für die Gattung Tuber. Unter dieser ist es die Untergattung Aschion^ welche ungezwungenen Anschluss an Stephensia und Genea hat. Zu Aschion gehört auch oben erwähnte Art Tuber excavatum, welche ich auf Ver- anlassung des Herrn Prof. ED. FISCHER einer näheren Untersuchung unterzog. Die Charakteristik der Untergattung Aschion, zu welcher Tuber excavatum gehört, ist nach ED. FISCHER') folgende: Venae externae nach der Basis des Fruchtkörpers convergirend und dort ausmündend. Consistenz des Fruchtkörpers hart, hornartig oder holzig. Oberfläche glatt oder kleinhöckerig." — Neben andern weniger wichtigen Merk- malen besitzt T. excavatum die charakteristische Arteigenthümlichkeit einer basalen Grube und unterscheidet sich hierdurch von den nahe verwandten Arten T. exiguum Hesse, T. scruposum Hesse, T. ruf um Pico. — Ueber die Entstehung dieser basalen Grube resp. ihre Bedeutung in der Entwickelungsgeschichte des Pilzes herrschten bis jetzt ver- schiedene Ansichten. ViTTADINI*) hatte beobachtet, dass die venae externae von dieser Grube ausgehen, „e centro uteri in carnem radiatim dispersae". VVALLROTH"^) sagt: „compages durissima, saepius in- 1) Ich verweise hier auf die Arbeiten Ed. Pischer's, Tuberaceen, in Engler- Prantl, Natürl. Pflanzenfamilien, I. Th., 1. Abth. — Desgleichen in Rabenhorst's Kryptogamenflora , Bd. I. Pilze, Abth. V. — Und „Ueber den Parallelismus der Tuberaceen und Gastromyceten". Ber. der Deutsch. Bot. Ges. 1896, Bd. XIV. 2) Fischer, in Rabenhorst's Kryptogamenflora, I. Bd. Pilze, V. Abtheilung, S. 56, Anm. 3) Fischer, Rabenhorst's Kryptogamenflora 1. c. 4) Vittadini, Monographia Tuberacearum. Mediolani 1831, p. 49 et T. I, f. VII. 5) Wallroth, Flora crypt. Germanica. 1833, vol. II, p. 866. Zur Entwickelungsgeschichte der Tuberaceen. 213 volvendo coalescendove spatium vacuum cum tegmine externo conforme concludens s. redintegrans." Bei KLOTZSCH') und RABENHORST*) finden wir hierüber nichts Eingehenderes, auch bei TULASNE') nur „venis aeriferis in cavernula centrali apertis". Ebenso CORDA und Zobel*) „venae parenchyraaticae ex caverna centrali praecipue ex apicibus sinuum ejusdem oriundae, parum ramosae, parumque flexuosae substantiam fungi transcurrunt, et haud procul a peridio externo finiuntur. . . . Caverna centralis sinuosa, sinubus acutis lateribus con- vexis". Hesse**) giebt eine genaue Beschreibung der Fruchtkörper- entwickelung und spricht sich über die Entstehungsweise der basalen Grube folgendermassen aus: „Schon dann, wenn innerhalb der Gleba erst wenige Lakunen gebildet sind, und das Knöllchen etwa die Grösse eines Wickensamens erreicht hat, tritt am basalen Theil des letzteren, d. h. dort, wo das Knöllchen bezw. Stäubchen seinem im Waldhumus verbreiteten vergänglichen Mycel aufsitzt, eine anfänglich kleine, riss- ähnliche Vertiefung auf, die sich vergrössernd die Knolle wie aus- gehöhlt erscheinen lässt und welche Veranlassung geworden ist, der Holztrüffel den sehr glücklich gewählten Speciesnamen „eacavatum'* zu geben. Die Entstehung dieser basalen, nach dem Centrum der Knolle sich immer mehr und mehr erweiternden Spalte ist lediglich eine Folge ungleichen Wachsthums an der Oberfläche des bis dahin rundlichen oder ovalen KnöUchens. Die Stelle des Peridiums, wo später die Ver- tiefung bemerkt wird, wächst weniger stark als die ihr benachbarten Peridiumstellen. welche letztere sich gleichsam hervorwölben und so eine Vertiefung zwischen sich entstehen lassen, in der bald Rhizineo- bildung von Seiten der oberflächlichst gelegenen, die Vertiefung um- grenzenden Warzenzellen erfolgt, durch welche die Höhlung oder Ca- verne theil weise ausgefüllt wird. Diese Caverne kann später nicht bloss ein grösserer einfacher, sondern ein in mehrere kleinere und engere Höhlungen getheilter Raum sein, der seine Entstehung auch nur einem ungleich erfolgenden Wachsthum desjenigen Peridientheiles verdankt, welcher ihn umgrenzt." Aus diesen Worten HESSE's, sowie aus den beigefügten Abbildungen ist es nicht klar zu ersehen, ob der Fruchtkörper von T. excamtum anfangs gymnocarp sei. Die entgegen- gesetzte Ansicht dürfte eher anzunehmen sein. Nach ED. FISCHER®) ist der Fruchtkörper anfangs gymnocarp und „stellt eine nach unten 1) Klotzsch, Herb. viv. mycol. Nr. 151, fasc. II. 2) Rabenhorst, Kryptogamenflora. Ed. I, Bd. 1, 1844, S. 246. 3) TuLASNE, Fungi hypogaei. Paris 1851. 4) CoRDA, Icones fungorum. Pragae 1837—1854. Vol. I, p. 25 et T. VII, f. 298; Yol. VI, p. 75 et T. XX, f. 142. 5) Hesse, Deutschlands Hypogaeen. 1894, Bd. II. 6) Ed. Fischer in Rabenhcrst's Kryptogamen-Flora 1, c. Femer in Engler- Prantl. 1. c. 15* 214 F. BuCHOLTz: breit geöffnete Hohlkugel dar, von deren Innenseite Wülste (Trama- adern) entspringen, welche durch enge, nach unten offene Falten (später venae externae) getrennt sind. Durch dieses Jugendstadium wird auf's Deutlichste der ursprünglich gymnocarpe Charakter der Fruchtkörper dargethan". Ausser dem von FISCHER abgebildeten fanden sich unter dem von Dr, Hesse in der Umgegend von Marburg gesammelten Material noch jüngere Stadien, welche mir von Herrn Prof. Ed. FiSCHEE freundlichst zur Untersuchung überlassen wurden und welche es mir ermöglichten, die Entwickelung von Tuber excavatum genauer zu verfolgen. Dieses Material war in Alkohol conservirt. Zur Erleichterung des Schneidens dieser Objecte, die besonders in etwas älteren Stadien un- gemein hart waren, legte ich sie auf einige Zeit in ein Gemisch von Alkohol und Glycerin. Alle Exemplare, welche mir zu Gesicht kamen, liessen mehr oder weniger deutlich die basale Grube erkennen. Der Eingang zu der- selben ist oft eng, rundlich bis spaltförmig. Zuweilen jedoch ist er ziemlich gross und führt in eine geräumige Höhle. Gute Abbildungen finden wir bei TULASNE^) und HESSE''). Das jüngste Stadium mass ca. 1,5 mm im Durchmesser. Von aussen führte eine rundliche Oeffnung zur basalen Grube. Auf der Innenseite der Höhlung bemerkt man bei Flächenansicht sehr unregel- mässig verlaufende und sehr schwach vorspringende Runzeln. Ein dünner Yerticalschnitt zeigt unter dem Mikroskop Folgendes (Fig. 1): Die Runzeln sind quer durchschnitten und erscheinen als Yorsprünge in den Hohlraum. Zwischen denselben befinden sich Einbuchtungen. Von aussen ist der Fruchtkörper von einer pseudoparenchymatischen gebräunten Rindenschicht umgeben , welche einerseits unmerklich in das innere Hyphengeflecht übergeht, andererseits sich auch bis in die basale Grube erstreckt, über den Rand derselben hinüber greifend (Fig. 4). Hier geht das Pseudoparenchym seitlich unmerklich in die Schicht von palissadenartigen Hyphenenden über, welche die ganze Innenfläche, sowohl Einbuchtungen als Falten überziehen. Unter der Rindenschicht finden wir ein mehr oder weniger derselben parallel laufendes Hyphengeflecht, welches seine Enden, dicht an einander ge- drängt, senkrecht zur inneren Wandung des Hohlraumes sendet. Doch diese die Falissaden bildenden Hyphen endigen nicht alle in gleicher Höhe. Viele von ihnen ragen in die Höhlung vor und füllen, bei weiterer Entwickelung des Fruchtkörpers hervorwachsend, die Ein- buchtungen aus zwischen den hervorragenden Runzeln oder Wülsten, sowie auch schliesslich fast die ganze basale Grube (Fig. 1, 2^), 3, 4). 1) TOIiASNE 1. c. 2) Hesse 1. c. 3) Die Zeichnung ist nur theilweise ausgeführt, um die Uebersicht zu erleichtern. Zur Entwickelungsgeschichte der Tuberaceen. 215 Es besteht also eine Homologie zwischen den einzelnen Theilen der Rindenschicht einerseits und der Palissadenschicht andererseits, wie es Fig. 4 veranschaulicht. Die Palissaden setzen sich noch eine Strecke in die Rindenschicht fort, und ihre Endzellen — d. h. die, welche sich sonst in ein loses Flechtwerk verzweigen — scheinen dem grosszelligen Pseudoparenchym gleichzusetzen zu sein, welches die sogenannten Wärzchen bildet und häufig noch haarartige Fortsätze zeigt. Auch die regelmässige Anordnung dieser grossen Zellen zu senkrecht gegen die Oberfläche gerichteten Reihen, welche oft an den Uebergangsstellen der Rinde in die Palissadenschicht zu finden ist, legt ihre Bildungsweise aus Hyphenelementen klar, welche den Palissaden gleichwerthig sind. Zwischen der Palissadenschicht des Hohlraumes und der peripherischen Rindenschicht des ganzen Fruchtkörpers befindet sich das eigentliche Hyphengeflecht des Pilzkörpers. Es besteht aus ziemlich dünnen Hyphen, die vielfach verflochten, jedoch lückenlos an einander schliessend, einer- seits in die Rindenschicht, andererseits in die Palissadenschicht über- gehen. Am Grunde der Palissadenschicht sah man schon auf den jüngsten mir zu Gebote stehenden Querschnitten Zelllumina, die weit grösser waren und deshalb auch heller erschienen als die der um- liegenden Hyphen. Sie haben unregelmässige Gestalt, sind rundlich, doch auch oft länglich und verzweigt. Die Membran dieser Hyphen- zellen ist dünn, der Inhalt stark lichtbrechend. Sie liegen am Grunde der Palissaden und ragen oft zwischen dieselben hinein, wie es auch auf Fig. 4 angedeutet ist. Ihre Gruppirung wird deutlich auf einem ganzen Verticalschnitt bei schwächerer Vergrösserung (Fig. 1 und 2). Sie ziehen sich im ganzen Fruchtkörper unter der Palissadenschicht hin, den Vorsprüngen desselben folgend. In der Richtung zur Rinden- schicht ziehen sie nicht weiter als bis zur Hälfte des Abstandes zwischen der äusseren und inneren Peripherie des Fruchtkörpers (an Stellen, wo keine Vorsprünge vorhanden sind). Man hat den Eindruck, es seien Hyphenstränge, welche sich unter der Palissadenschicht hinziehend, deren Verlauf folgen. Und in der That, bei stärkerer Vergrösserung lässt sich feststellen, dass die grösseren Lumina von Querschnitten her- rühren, die durch sehr unregelmässig verlaufende, weitlumige und kurz- zellige Hyphen gegangen sind. Noch andere Hyphenelemenie kommen im Fruchtkörper vor, welche sich aber nicht ohne Färbemittel sehen lassen. Eine Chlorzinkjod- lösung erwies sich hierzu als geeignetstes Mittel, da sich zu gleicher Zeit auch andere Theile des Fruchtkörpers differenzirten. Es färbten sich nämlich die pseudoparenchymatische äussere Rindenschicht und die in die basale Grube hineinragenden Hyphen gelb, eine innere Rinden- sowie die Palissadenschicht gelb-röthlich. Zwischen diesen beiden war das Hyphengeflecht ebenfalls schwach gelblich gefärbt, die Enden und Anschwellungen der weitlumigen Hyphen bräunlich. Ausser- 216 F- BüCHOLTZ: dem aber differenzirten sich durch Blaufärbung mit Chlorzinkjod ge- wisse Hyphen, welche sich zwischen der inneren Rindenschicht und der Schicht weitlumiger Hyphen hinziehen. Sie durchbrechen jedoch häufig die Rindenschicht und reichen bis an die Oberfläche des Frucht- körpers. Auf ihre genauere Beschreibung und ihre wahrscheinliche Function soll unten nochmals zurückgekommen werden. Um die Terminologie der soeben besprochenen Schichten im jungen Frnchtkörper zu erleichtern, greife ich etwas im Entwickelungsgang desselben vor und nenne die peripherischen Schichten Peridie und unterscheide eine äussere und eine innere Peridie (P und P')^). Hervorgehoben soll hier werden, dass zwischen diesen beiden, sowie gegen die nach innen folgende Trama (jT»') ein allmählicher üeber- gang besteht. Die Trama ist hier einseitig, d. h. die weitlumigen oder ascogenen Hyphen {ÄK) ziehen sich längs der Trama auf der Innen- seite hin und verzweigen sich auf dieser der Palissaden- oder Para- physenschicht (Pph) zugekehrten Seite. Die Trama selbst setzt sich in die Vorsprünge fort. Die Fortsetzungen der Innenseite nennen wir Tramaadern oder venae internae (Vi), die Einbuchtungen zwischen denselben venae externae {Ve). Der Fruchtkörper ist hier also noch vollständig gymnocarp, und es ist wahrscheinlich, dass in den jüngsten Stadien die Höhlung eine ganz glatte Wandung besitzt, welche sich erst nachträglich mit Runzeln bedeckt. Verfolgen wir nun die einzelnen eben genannten Theile in ihrem Entwickelungsgang bis zur völligen Reife des Fruchtkörpers. Das mir zu Gebote stehende Material enthielt glücklicher Weise ziemlich lückenlos alle weiteren Stadien. Es wäre freilich höchst interessant gewesen, noch jüngere als oben beschriebene Stadien zu besitzen, um die Ent- stehung der hier schon differenzirten Schichten, der Palissaden-, asco- genen und Peridienschichten, sowie der sich durch Chlorzinkjod blau färbenden Hyphen bis auf das Mycel hin zu verfolgen. Doch dazu reichte leider das Material nicht. Der Fruchtkörper behält bei seiner weiteren Entwickelung im Wesentlichen die Form einer nach unten geöffneten Halb- oder Hohl- kugel bei. Die Wandung derselben wird nur viel dicker, denn die Wülste im Innern (Tramaadern im Querschnitt) verlängern und ver- zweigen sich und wachsen in den Hohlraum hinein (Fig. 2 und 3). Dem- entsprechend wird die Höhlung im Verhältniss zum gesammten Frucht- körper immer kleiner, auch wachsen die Hyphenenden der Paraphysen- schicht aus und fiillen die venae externae, sowie zum Theil den Hohl- raum aus. Da aber der Längsverlauf der Wülste sehr unregelmässig ist, so können selbstverständlich ein und dieselben Wülste im Quer- 1) Diese und folgende Bezeichnungen beziehen sich auf alle Abbildungen. Zur Entwickelungsgcschichte der Tuberaceen. 217 schnitt mehrmals getroffen werden, und wir finden daher scheinbar isolirte Höhlungen im Innern des Fruchtkörpergeflechts. (Vergl. auch die Fig. 203 in ENGLER-PRANTL 1. c). Von einer Neudifferenzirung solcher Höhlungen im Innern des Hyphengeflechts selbst ist hier nicht die Rede, da man deren Ausmündung in die basale Grube stets auf einigen hinter einander geführten Querschnitten verfolgen kann. Hori- zontal geführte Schnitte, wie sie HESSE abbildet^), lassen das Aus- münden der venae externae natürlich nicht erkennen, worauf schon Ed. Fischer hingewiesen hat^). Bei der Weiterentwickelung bleibt die Peridie im Wesentlichen unverändert. Sie nimmt an Ausdehnung zu und ebenso die Wärzchen an der Oberfläche (im Querschnitt dreieckige Vorsprünge). Die Wülste, welche sich durch Hineinwachsen der Runzeln in den Hohlraum gebildet haben, sind bilateral gebaut, d. h. von beiden Seiten werden sie längs der Paraphysenschicht von den venae externae be- grenzt. Zu beiden Seiten der Trama ziehen sich die Lager der asco- genen Hyphen hin, und die jungen Asci drängen sich zwischen die Paraphysen. In der Mitte der Trama resp. unter den ascogenen Hyphen bemerkt man nach Färbung mit Chlorzinkjodlösung die vorhin er- wähnten sich bläuenden Hy[)hen. Alle diese Theile setzen sich in die entsprechenden Theile der Fruchtkörperperipherie ohne Unterbrechung fort, wie es auf den Abbildungen zu ersehen ist. Eine eingehendere Besprechung verdienen die ascogenen und die sich bläuenden Hyphen. Erstere') lassen sich im Allgemeinen nicht auf längere Strecken hin verfolgen. Dieses rührt daher, dass sie sehr unregelmässig verzweigt und hin und her gewunden sind. Im Innern der Trama sieht man noch bisweilen diese Hyphen einen regel- mässigen Verlauf nehmen; verzweigen sie sich aber und treten sie zwischen die Paraphysen ein, so erblickt man auf Querschnitten nur Bruchstücke derselben, und man könnte an deren Zusammengehörigkeit zweifeln, wenn nicht ein Umstand bewiese, dass diese Bruchstücke ein einheitliches Hyphensystem bilden. Die Membran dieser Hyphen färbt sich nämlich durch Chlorzinkjodlösung röthlich-violett und hebt sich dadurch von dem umliegenden gelblichen Hyphengeflecht ab. Der In- halt dieser Hyphen ist stark lichtbrechend und die Membran verhält- nissmässig dünn. Die einzelnen Zellen sind anfänglich recht lang, je näher man aber zum Ende der Hyphen geht resp. zur Ascusanlage, 1) Hesse, Hypogaeen Deutschlands, II, t. XIX, f. 11. 2) Rabenhorst's Kryptogamenflora 1. c. 3) Diese Hyphen lassen sich sehi- gut unterscheiden bei: T. excavatum, T. melano- sporum, T. aestivum, T. rufum, T. mesentericum, T. uncinatum, T. hituminatum var. sphaerosporum, T. oligosporuin, T. brumale Vitt. und Balsamia vulgaris, am besten aber von den untersuchten Arten bei T. puberulum Berk. 218 F- BUCHOLTZ: um so häufiger treten die Scheidewände auf. Diese Zellen sind sehr unregelmässig. Nach Färbung mit Anilinfarben (Fuchsin, Methylgrün und anderen) sieht man hin und wieder in ihnen kleine Plasmamassen. Ich glaube nach Doppelfärbung mit Fuchsin und Methylgrün-Essigsäure auch Kerne gesehen zu haben. Doch sicher war ich nicht, weil das Material zu derartigen Untersuchungen zu schlecht fixirt war und sich daher leicht ein Versehen hätte einschleichen können. Die Endzellen sind immer keulig angeschwollen und reich an plasmatischem Inhalt, der sich durch Jod und andere Färbemittel deutlich tingirt. Es sind dies die jungen Asci. Dass letztere die Endzellen der ascogenen Hyphen oder deren Zweige sind, konnte durch den Zusammenhang derselben mit den durch Chlorzinkjodlösung sich röthlich färbenden Hyphen festgestellt werden. Es kam sogar mehrmals vor, dass Stiel- zellen der jungen Asci sich röthlich färbten. Der Durchmesser dieser Hyphen ist auch in den feinsten Verzweigungen zwischen den Ascus- anlagen mindestens 7 //. Die Endzellen oder die jungen Asci schwellen immer mehr an, sie werden birnförmig und haben eine dicke, stark lichtbrechende Membran. Um die Einzelheiten genauer untersuchen zu können, verwendete ich zur Maceration der einzelneu Theile Glycerin, dem etwas Jodtinctur und concentrirte Schwefelsäure hinzugesetzt war. Mit gutem Erfolge benutzte ich auch eine Pottasche- und Salmiaklösung. Auf diese Weise konnte man die jungen Asci isoliren und eingehend prüfen. Ihr Inhalt scheint mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt zu sein, welche nach Hinzusatz von Jod, Jodjodkali oder Ghiorzinkjod intensiv rothbraun gefärbt wird. Dieses Verhalten Jod gegenüber deutet auf Glycogen hin, wie es auch schon häufig bei anderen Ascomyceten beobachtet worden ist. Inmitten dieses glycogenhaltigen Zelh'aumes hat sich das Plasma zusammengeballt. Man sieht entweder einen oder mehrere solcher Ballen, die sich durch Farbstoffe, sowie durch Jod tingiren lassen. Es sind dies die jungen Ascussporen, welche in verschiedener Anzahl, meistens jedoch zu 4 oder 2 auftreten (Fig. 5). Erst später erscheint die Sculptur ihrer Membran. Diese bleibt in gefärbten Prä- paraten stets farblos, während der Inhalt der Spore die betreffende Färbung annimmt. Der bekannte birnförmige, gestielte Ascus von Tuber excacatum besitzt eine durch Chlorzinkjod sehr quellfähige Mem- bran, welche bei Anwendung dieses Färbemittels concentrisch geschichtet erscheint, wobei das Zelllumen fast bis zum Verschwinden klein wird und nur noch die Sporen umschliesst, wenn solche vorhanden sind (vergl. Fig. 6). Näher auf die Sporenentwickelung einzugehen er- laubte leider das Material nicht, da es besonders zu diesem Zweck hätte fixirt werden müssen. In schwachem Alkohol eingelegt, wie ich das Material vorfand, dürfte der Inhalt der Asci häufig entstellt sein. Die ascogenen Hyphen endigen am häufigsten derartig, wie es in Zur Entwickelungsgeschichte der Tuberaceen. 219 Fig. 5 wiedergegeben ist. Die Asci sitzen also frei auf den End- verzweigungen der Hyphen. Doch kommen allerdings Bildungen vor, wie Fig. 6 zeigt. Es lässt sich eine solche Bildung durch Umknickung einer Hyphe erklären, welche an dieser Biegungsstelle einen Ascus seitlich aussprossen lässt. Solche Abbildungen findet man nicht selten in der Litteratur über die Tuberaceen. Man vergleiche nur TüLASNE 1. c. T. XVII, f. Vg und V, für Tuber excavatum, T. XII, f. I^ und Ig für Genea sphaerica, auch die Bemerkung von DE BARY in „Morpho- logie der Pilze", 1884, S. 212, und andere. Die Ascusanlagen treten schon sehr frühzeitig auf und entwickeln sich erst allmählich zu reifen Sporenbehältern. Sobald die Sporen reif sind, verschwindet das Glycogen aus dem Ascus und die Membran verliert das Quellungsvermögen. Die Membran wird undeutlich und verschwindet zum Schluss ganz. Die jungen Asci, Anfangs am Grunde der Paraphyseuschicht gelegen, schieben sich allmählich in dieselbe hinein, die Paraphyseii bei Seite drängend. Zuletzt sind sie in dieser Schicht ganz unregelmässig gelagert, und es ist in solchem Stadium schon schwierig, auf dem Querschnitt die Grenzen der venae externae und der Tramaadern zu erkennen. Wir müssen auf die vorhin erwähnten, durch Chlorzinkjod blau werdenden Hyphen etwas genauer eingehen. Isolirte Hyphen, welche den Fruchtkörper durchziehen und sich chemisch und wohl auch physiologisch von den Hyphen des übrigen Pilzgeflechts unterscheiden, sind, soweit mir bekannt, bei den Ascomyceten resp. bei den Tube- raceen bisher noch nicht beo' f.htet worden.^) Diese blau werdenden Hyphen besitzen einen gan, merkwürdigen Bau und verhalten sich chemischen Reagentien gegenüber sehr abweichend von den übrigen. Die Zellen dieser Hyphen sind meist langgestreckt und gerade. Einen plasmatischen Inhalt zu constatiren, gelang mir nicht. Sehr eigen- thümlich ist die Membran gebaut. Dieselbe ist nicht besonders dick, doch ihr lagern Substanzen auf, die sich, wo es nur möglich ist, zwischen die Zellen der nächstliegenden Hyphen hineinzwängen. Ich bemerke ausdrücklich, dass dieser Befund sich nur auf Präparate stützt, welche durch Chlorzinkjod gefärbt waren, denn ungefärbt lassen sich diese Hyphen nicht mit Sicherheit von dem umliegenden Gewebe unter- scheiden. Es wurden auch andere Reagentien und Farbstoffe ange- wandt, doch meistens mit keinem irgendwie nennenswerthen Erfolge — so concentrirte Schwefelsäure, Aetzkali,^) Eisenchlorid, 1 pCt. Osmium- säure, Alkannatinctur, BlONDI-HEIDENHAIjS"sche 3-Farblösung, Safranin, 1) Ascogene Hyphen und homologe Gebilde sind hier natürlich nicht in- begriffen. » 2) Aetzkali löst die betreffende Substanz nicht. Nach 2—3 Stunden und Er- wärmung war die Reaction mit Chlorzinkjod sehr deutlich, höchstens anfangs violett, dann aber bald intensiv blau. 220 ^- BUCHOLTZ: Congoroth, Fluorescin, Methylenblau, Methylgrün-Essigsäure, Jodgrün, Fuchsin, Corallin (wasserlöslich) und Corallin in concentrirter Soda- lösung. ^) Dagegen färbten sich diese Hyphen ausser durch Chlorzink- jod auch mit Jodjodkali und Jod (alkoholische Lösung) intensiv blau. Chlorzinkjod erwies sich aber als das Beste und wurde auch hinfort immerfort angewandt, da nebenbei auch noch die anderen Theile des Fruchtkörpers, wie schon oben angeführt, difPerenzirt gefärbt wurden. Jodjodkali färbte ebenfalls gut, doch wurde das Gesammtbild undeutlich, weil ausserdem die glycogenreichen Partien des Fruchtkörpers intensiv braunroth wurden und so keinen klaren Einblick in die Structur ge- statteten. Eine alkoholische Jodlösung wirkte erst nach geraumer Zeit und meist schwächer.^) Betrachtet mau die Structur solcher gefärbten Membranen genauer bei stärkerer Vergrösserung, so überzeugt man sich leicht, dass es nicht die Membran allein ist, welche sich blau färbt, sondern dass dies haupt- sächlich der Membran aufgelagerte Substanzen sind. In der Längs- ansicht erscheint die Membran, oberflächlich gesehen, mit einer regel- mässigen Sculptur versehen zu sein, die wie Zacken und Vorsprünge, ja manchmal wie Ringe oder sogar wie Spiralen angeordnet sind. (Vergl. Fig. 10 und 11^). Doch dies beruht einfach darauf, dass diese Membranincrustationen — so will ich sie vorläufig nennen — sich haupt- sächlich da ansammeln, wo ihnen in den Zwischenräumen der anliegenden Hyphen Platz gegeben ist. Querschnitte durch eine solche Hyphe, die allenthalben anzutreffen sind, beweisen dies auf's Deutlichste. In Fig. 7 ist ein solcher abgebildet. Wir sehen das Zelllumen, dann um dieses herum eine nicht oder nur schwach gefärbte Membran, welche wiederum von einem Gürtel resp. Cylinder stark gefärbter Substanz umgeben ist. Diese Substanz erstreckt sich in die Zwischenräume der umliegenden Zellen. Je nachdem nun diese incrustirten Hyphen von anderen Hyphen schräg oder quer überlagert werden, hat man beim Betrachten derselben im Gewebe eine scheinbar verschiedene Wandsculptur. Die Verdickungen erscheinen entweder körnig, was hauptsächlich im Verlauf dieser Hyphen im peripherischen Pseudoparenchym zu beobachten ist, oder die Wände sind scheinbar mit Querringen versehen, falls die darüber oder die darunter liegenden Hyphen in der Querrichtung verlaufen, oder aber die Verdickungen erscheinen schräg, fast wie Spiralleisten. Diese Hyphen fand ich nun in allen Stadien des von mir unter- suchten, noch nicht ganz reifen Materials vor. Sobald aber die Sporen 1) Corallin färbt die venae externae garnicht oder schwach gelblich. 2) Nach kurzer Maceration (Schultze) wurden aus diesen Hyphen Tropfen ausgeschieden, welche sich mit Chlorzinkjod nunmehr röthlich färbten. Die Membran der Hyphen blieb farblos. 3) Die Figuren 10 und 11 gehören freilich zu Hymenogaster decorm, doch unter- scheiden sie sich nicht wesentlich von denen von Tuber excavatum. Zur Entwickelungsgeschichte der Tuberaceen. 221 in den Asci reif sind, d. h. sich völlig mit dem Exosporium utngeben haben, sind diese Hyphen scheinbar verschwunden. Doch diese Er- scheinung beruht lediglich darauf, dass sich die Hyphen mit den be- treffenden Reagentien nicht mehr färben lassen. Ich glaube sie an einem reifen Exemplar noch hin und wieder in einigen stark licht- brechenden langgestreckten Hyphen wiedererkannt zu haben. Doch da wir bis jetzt für sie nur die charakteristische Blaufärbung kennen,, so dürfte die Lage für sich allein noch nicht beweisend genug sein. Diese ist nämlich die folgende: Zwischen der inneren Peridie (P') und der ascogenen Hyphenschicht ziehen sich diese Hyphen unter der ganzen Frucbtkörperoberfläche hin. Gewöhnlich ist es ein ganzer Strang mehr oder weniger mit dem umliegenden Gewebe verflochtener Hyphen. Da man auf jedem beliebigen zur Peridie senkrechten Schnitt diese Hyphen, welche in demselben theils in Längsrichtung liegen, theils aber quer oder schräg durchschnitten sind, beobachten kann, so ist es anzunehmen, dass sie ein netzartiges Geflecht unter der ganzen Oberfläche bilden. Von da aus ziehen sie sich in die Tramaadern hinein, in der Mitte zwischen den beiderseits liegenden ascogenen Hyphen verlaufend. Den Tramaadern folgend, verzweigen sie sich immer mehr und mehr und werden dünner. Es gelang mir nicht ihre Endverzweigung mit Sicherheit aufzufinden, weil die Blaufärbung viel- fach so schwach wird, dass die Hyphen sich nur schwer vom um- liegenden Gewebe unterscheiden lassen. Ein Schnitt, wie er in Fig. 8^ abgebildet ist, dürfte jedoch diese Hyphen kurz vor ihrer Endverzwei- gung getrofi"en haben. Solche Schnitte konnte man nur im Innern des Fruchtkörpers nicht weit vom Grunde der basalen Grube erhalten. Hier sehen wir diese Hyphen vielfach verzweigt und unter einander verflochten. Die Zellmembran ist hier ziemlich gleichmässig blau ge- färbt, doch treten auch häufig stärker gefärbte Stellen auf. Scheide- wände lassen sich ebenfalls beobachten, und an diesen Stellen erscheinen die Hyphen oft etwas eingeschnürt. Sie scheinen sich zwischen die den Tramaadern zunächst liegenden Ascusanlagen hineinzuzwängen und diese theilweise zu umziehen. Ob die Hyphen hier endigen oder nicht, konnte ich, wie gesagt, der schwachen Färbung wegen nicht feststellen. So viel jedoch scheint gewiss, dass sie mit den ascogenen Hyphen nicht in unmittelbarer Verbindung stehen. Denn letztere sind viel weitlumiger und unregelmässiger gestaltet; sie haben einen Durch- messer von mindestens 7 ^, während die sich blaufärbenden Hyphen an Stellen des Gewebes, wie oben abgebildet, nicht mehr als 5 fx breit sind. Auch müssten letztere, wenn sie in die anderen übergehen sollten, zum Ende hin immer unregelmässiger gegliedert sein, was aber nicht der Fall ist. Es liegt hier also ein gesondertes Hyphensystem vor, welches den Fruchtkörper längs den Tramaadern und der Peridie durchzieht. Es fragt sich nun, wo nehmen diese Hyphen ihren ür- 222 F. BUCHOLTZ: Sprung? — Wo hängen sie oder hängen sie überhaupt nicht mit den übrigen Hyphen des Fruchtkörpers zusammen? — Betrachten wir einen jungen Fruchtkörper genau mit der Lupe, so sind häufig an seiner Oberfläche kleine Grübchen zu sehen. Trifft ein Querschnitt eine solche Grube, so sehen wir (Fig. 9), dass die sich bläuenden Hyphen sich bis an die Oberfläche des Peridiums hin- ziehen, das Fseudoparenchym durchsetzen und sich scheinbar in's Freie erstrecken. Häufig ragen noch Hyphenenden frei über das Peridium hinaus. Sie scheinen hier jedenfalls abgerissen zu sein, da die letzten sichtbaren Zellen keine Endzellen sind.^) Offenbar handelt es sich um Hypben, welche sich bis an das Mycel hineinerstrecken, oder besser ge- sagt, welche schon vor oder zur Zeit der Fruchtkörperanlage im Mycel vorhanden waren und eine bestimmte physiologische Verrichtung haben. Dass anfangs in dem Fseudoparenchym der Peridie die in Rede stehenden Hyphen vielfach gewunden und corallenartig verzweigt sind (Fig. 9), mag darin seinen Grund haben, dass bei Bildung des Pseudo- parenchyms durch gegenseitigen Druck die sich blaufärbenden Hyphen hin- und hergebogen werden, oder was weniger wahrscheinlich ist, dass diese Hyphen erst nachträglich sich durch das schon gebildete Fseudo- parenchym hindurchzwängen mussten. Falls es möglich wäre ein Mycelium von Tuber excavatum mit daransitzenden jungen Fruchtkörpern zu erlangen, so könnte man viel- leicht etwas Genaueres über den Verlauf dieser Hjphen im Mycel in Erfahrung bringen. Vor der Hand können wir nur einige Vermuthungen über die Beschaffenheit dieser sich blau färbenden incrustirenden Sub- stanz, sowie über die physiologische Bedeutung dieser Hyphen aus- sprechen. — Höchst wahrscheinlich haben wir es hier mit einer harz- oder gummiartigen Substanz, welche von diesen Hyphen ausgeschieden wird, zu thun, worauf das Verhalten gegen Jodlösungen hinweist. Dass es sich hier um Stärke oder Lichenin handelt, ist sehr unwahr- scheinlich, denn die vorgenommenen Reactionen lassen eine solche An- nahme nicht zu. Doch werden ja bekanntlich einige Harz- oder Gummi- arten durch Jodlösungen blaugefärbt. Auch gelang es mir — leider nur ein einziges Mal — diese Hyphen mit Corallin schön roth zu färben, ein Umstand, der auch schon auf die Gummi- oder Harznatur hindeutet. — Welche Bedeutung diesen Hyphen zukommt, lässt sich schwer genau bestimmen. Wie gezeigt, ist die harz- oder gummiartige Substanz ver- schwunden, sobald die Sporen in den Asci völlig ausgebildet sind. Dieser Umstand spricht dafür, dass das Vorkommen dieser Hyphen jedenfalls mit der Ernährung und Entwickelung der Asci zusammen- hängt. — 1) Nicht immer scheinen solche Grübchen vorhanden zu sein, in denen ganze Stränge solcher Hyphen endigen. Häufig und besonders bei jüngeren Stadien (Fig. 3) sind es nur einzelne Hyphen, die sich bis an die Peridienoberfläche erstrecken. — Zur Entwickelungsgeschichte der Tuberaceen. 223 Wir wissen zur Genüge, dass es bei den höheren Basidiomyceten isolirte Hyphensysteme giebt, welche irgend einem besonderen physio- logischen Zweck dienen. So durch die Arbeiten von FaYOD/) VAN BAIVIBECKE/) ISTVÄNFFY und JOHAN-OLSEN/) ISTVANFFY/) BOMMER.^) Ob wir es hier mit „hyphes vasculaires" im Sinne von YAN BaMBECKE zu thun haben ist fraglich. Keine der von VAN BAMBECKE angeführten Reactionen gelang mir bei diesen Hyphen von Tuber ex- cavatum. Ausserdem lässt sich in den „hyphes vasculaires" der Zell- inhalt färben und nicht nur die Membran. ISTVÄNFFY spricht auch von Harzhyphen der Basidiomyceten, doch geht er nicht genauer darauf ein, weil zur Untersuchung der Sachlage zu wenig Material vorlag. Die kurze Beschreibung (1. c.) aber genügt, um vermutheu zu lassen, wir hätten hier bei Tuber excavatuvi einen ähnlichen Fall vorliegen. Dies ist um so interessanter, da bei den Ascomyceten, resp. Tubera- ceen, soweit mir bekannt, bisher noch nichts derartiges bemerkt worden ist. Es war von Interesse nachzusehen, ob auch andere Hypogaeen solche Harzhyphen haben. Bei einigen andern von mir daraufhin untersuchten Tuberarten gelang es mir nicht irgend welche Hyphen blau zu färben. Dies erklärt sich wohl dadurch, dass unter diesen Exemplaren (Herbarmaterial) keine unreifen Stadien zu finden waren. Jüngeres Material lag hingegen von einigen basidientragenden Hypogaeen vor, so von Hysterangium clathroides Vitt., Rhizopogon rubescens TuL, Hymenogaster decorus TuL, Bovista nigrescens Pers. und Lycoperdon gemmatum Tul. Positive Resultate gab allein Hymenogaster decorus. Die Harzhyphen gehen hier vom Grunde des Fruchtkörpers aus (Fig. 9), an der Stelle, wo letzterer mit dem Mycelstrange in Verbindung steht. Von dort aus ziehen sich diese Hyphen längs der Peripherie in den Fruchlkörper und werden hin und wieder in den Tramaadern an- getroffen. Im Ganzen treten hier diese Hyphen meist spärlicher auf als bei T. excacatum, auch sind die Membranen nicht so stark incrustirt. Die Harzhyphen sind vielfach gewunden und verästelt und zeigen merkwürdige Anschwellungen, sowohl an ihren Enden (Fig. 13), als auch vor den Zellquerwänden (Fig. 12). A—djli ist der gewöhnliche 1) Fayod, Prodrome d'une historie nat. des Agaricinees. 2) VAN Bambecke, Eecherches siir les hyphes vasculaires des Eumycetes, I. Hyphes vasculaires des Agaricinees. Gand. 1892. Dodonaea. — VAN Bambecke, Hyphes vasculaires de Lentinus cockleatus Pers. Bruxelles. 1892. — Hyphes vasculaires des myceliums des Autobasidiomycetes. Bruxelles. 1894. 3) ISTVÄNFFY und Johan-Olsen, Milchsaftbehälter und verwandte Bildungen bei höheren Pilzen. Bot. Centralbl. 1887. XXIX. 4) ISTvÄNFFr, Etudes relatives ä l'anatomie physiologique des Champignons. Budapest. 1896. 5) BoMMEß, Sclerotes et cordons myceUens. Bruxelles. 1894. ^24 F. BUCHOLTZ: Durchmesser, doch je nach Verästelung und Entfernung von der Basis des Fruchtkörpers grösser oder kleiner. Manchmal verlieren die Hyphen die sich bläuende Incrustation vollständig und sind dann nicht mehr von dem umliegenden Hyphengeflecht zu unterscheiden. Fig. 10 zeigt alle Uebergänge von incrustirten bis zu farblosen Membranen. Es lässt sich hier natürlich nicht leugnen, es könnten sich die Hyphen aus den gewöhnlichen Fruchtkörperhyphen umgewandelt haben, doch ihre strahlige Anordnung von der Basis des Fruchtkörpers an lässt eher vermuthen, die Hyphen hätten ihren Ursprung entweder schon im Mycel oder wenigstens hart an der Basis. Mir stand leider vom Mycel nur ein altes Präparat zur Verfügung, in welchem ich durch Cblorzinkjod keine Blaufärbung irgend welcher Theile wahr- nehmen konnte. Die Incrustation der Membran ist an den Harzhypben verschieden vertheilt. Man vergleiche die Figuren 10 und 11, welche einer Erklärung wohl kaum bedürfen. — Ebenso wie bei Tuber excavatum werden diese Hyphen mit der völligen Reife des Fruchtkörpers un- sichtbar. — Wie es alle Reactionen übereinstimmend bewiesen, haben wir es hier mit völlig gleichen Hyphen zu thun, wie sie bei Tuher excavatum aufgefunden wurden, und für deren Bedeutung dasselbe gilt. — Bei der Suche nach diesen Hyphen stiess ich bei H. decorus noch auf andere Gebilde, welche es verdienen erwähnt zu werden. Es sind dies hauptsächlich in reifen Fruchtkörpern vorkommende bräunliche Hyphen, welche so ziemlich denselben Verlauf haben, wie die Harz- hypben. Es schien anfangs, es könnten diese Gebilde die alten Stadien letzterer sein. Doch konnte ich bei einem massig jungen Fruchtkörper das Vorkommen beider Hyphenarten neben einander, ohne jeglichen üebergang in einander, constatiren. Auch unterscheiden sich die braunen Hyphen im Habitus, sowie in ihrem Bau wesentlich von den anderen Hyphen. Sie erscheinen wie massive Glasstäbe, hin- und hergewunden, scheinbar ohne Inhalt, jedoch in Wirklichkeit ganz mit einer lichtbrechenden Substanz angefüllt (Fig. 13). Sie ziehen sich mitunter in lange spitze Enden aus, welche sich zwischen das Hyphen- geflecht am Grunde des Hymeniums schieben (Fig. 1'2). Vielfache ümknickung und Verschnörkeluog lassen sie ganz unregelmässig er- scheinen. Zuweilen lässt sich an diesen Hyphen ein körniger Inhalt wahrnehmen und zwar in Zellen, welche mit anderen typischen in Zusammenhang stehen. Ihre Breite ist ca. 4 ^. — Im untersuchten Mycel fanden sich ebenfalls zw^ei Hyphenarten. Dünne bilden die Hauptmasse und haben gelbliche Färbung; aus solchen besteht haupt- sächlich der Fruchtkörper. Ausserdem kommen noch stark gebräunte dickere Hyphen mit verdickten Membranen vor. Sie zeigen stark ge- wundene Gestalt, und es hat den Anschein, als ob sie mit oben- genannten braunen Hyphen des Fruchtkörpers identisch wären. Be- Zur Entwickelungsgeschichte der Tuberaceen. 225 weisen liess sich dies nicht, da mir kein diesbezügliches Material zu Gebote stand. Dem äusseren Eindruck nach, den ihre Verzweigung und das 'Verhalten dieser Hyphen gegen Reagentien bietet, haben wir ,es hier höchst wahrscheinlich mit Gebilden zu thun, die den „hyphes vas- culaires* VAN BäMBECKE's^) und anderer Autoren analog sind. Man vergleiche nur die den Untersuchungen VAN BAMBECKE's*) beigefügten Abbildungen, und die Aehnlichkeit ist in die Augen springend. Wir haben also bei Ilymenogaster decorus sowohl „hyphes vascu- laires", als auch isolirte Harz oder Gummi führende Elemente, wie sie bei Tuber excavatum aufgefunden wurden. Letzterer Umstand ist be- sonders auffallend, da Hymenogaster und Tuber {Aschion) an ganz ver- schiedenen Enden des Pilzsystems stehen und es gerade die Gattungen sind, welche Ed. EISCHER auf seiner vergleichenden Tabelle') einander, als parallel gegenüberstellt. In diesem Fall bezieht sich der von Ed. Fischer besprochene Parallelismus der Tuberaceen und Gastro- myceten nicht nur auf die äussere Form und die allgemeine Entwicke- lungsgeschichte, sondern er erstreckt sich sogar bis in die Details, auf den anatomischen Bau. In kurzen Worten ist das Resultat vorliegender Untersuchung folgendes: Die Untergattung Aschio7i, deren Vertreter Tuher excavatum ist, entsteht ursprünglich gymnocarp. Erst im Verlaufe der Entwicke- lung wird das Hymenium eingeschlossen. Dadurch ist nun der enge Anschluss von Äschion an die Tuberaceengattungen Stephensia, Pachy- phloeu^ und Genea bewiesen und die Verwandtschaft der Eutuberineen mit den ebenfalls gymnocarpen Helvellaceen höchst wahrscheinlich ge- macht. Wie es sich mit der natürlichen Gruppe Hydnotria, Cryptica, Eutuber verhält, konnte ich leider wegen des mir fehlenden Materials nicht untersuchen. Eine eingehende Verfolgung der Entwickelungs- geschichte dürfte noch für diese Gattungen wünschenswerth erscheinen. Ausserdem wurden im Fruchtkörper von Tuher excavatum isolirte Hyphensysteme (ascogene und Harzhyphen) gefunden, welche auf die hohe innere Differenzirung der Tuberaceen hinweisen und für die wir Analogien bei den höchst entwickelten Basidiomyceten , den Gastro- myceten, feststellen können. Bern, April 1897. 1) VAN Bambecke, 1. C. 2) Fischer, Ueber den Parallelismus der Tuberaceen und Gastromyceten. Ber. der Deutsch. Bot. Ges. 1896, S. 303. 226 W. ScHOSTAKO witsch: Erklärung der Abbildungen. Tuber excavatum Vitt. Fig. 1 — 9. Fig. 1. Jüngstes Stadium: P äussere Peridie, P' innere Peridie, Tr Trama, Pph Paraphysenschicht, Ah ascogene Hyphen, V. c. venae extemae, V. i. ve- nae internae. Vergr. 47. ,. 2. Etwas älteres Stadium: Das den Hohlraum ausfüllende Geflecht ist nur zur Hälfte gezeichnet. Vergr. 40. „ 3. Noch älteres Stadium mit einigen blau eingezeichneten Harzhyphen. Vergi-. 20. „ 4. üebergang der Palissadenschicht in die Rindenschicht. Bezeichnungen wie bei Fig. 1. Vergr. 190. ,, 5. Endverzweigung eine ascogene Hyphe mit jungen Asci. Vergr. 150. „ 6. Ascus als seitliche Aussprossung einer umgeknickten ascogenen Hyphe. Vergr. 230. „ 7. Ein Querschnitt durch eine gefärbte Harzhyphe. Vergr. ca. 1000. „ 8. Einige zwischen den jungen Asci verzweigte, sich blau färbende Hyphen. Vergr. 150. „ 9. Austritt der Harzgänge durch die Peridie. Vergr. 75. Hymenogaster decorus Tul. Fig. 10—13. Fig. 10 \md 11. Harzhyphen. Vergr. 750. „ 12. Verzweigte „hyphes vasculaires" in der Trama. Vergr. tOO. ,. 13. Isolirte „hyphes vasculaires". Vergr. 750. 27. W. Schostakowitsch: Mucor agglomeratus n. sp. Eine neue sibirische Mucorart. Mit Tafel VII. Eingegangen am 13. April 1897. Dieser Mucor wurde in verdorbener Milch gefunden. Da er einige Eigenthümlicbkeiten besonders in seiner Verzweigung aufweist und die- selben immer behält (in zahlreichen von mir angestellten Culturen), so glaube ich das Recht zu haben, diesen Pilz als eine neue vollständige Art zu betrachten. Ich schlage vor, diesen Schimmel als Mucor agglomeratus zu be- nennen. Mucor agglomeratus bildet auf Brod sehr dichte, schwach graue, 2 — 3 cm hohe Rasen. Die Sporangienträger stehen so nahe bei einander, dass man sie mit unbewaffnetem Auge nicht unterscheiden kann. Sie sind septirt, bis zuletzt aufrecht und reichlich verzweigt. Mucor agglomeratus n. sp. Eine neue sibirische Mucorart. 227 Man kann zwei Verzweigungsarten unterscheiden. Die erste, ge- wöhnliche Verzweigung besteht darin, dass die Zweige unmittelbar unter der Querwand des Hauptstammes entstehen. Die Zweige, welche dem Hauptstamme gleich dick sind, haben traubige Anordnung, verzweigen sich oft ihrerseits und erreichen ge- legentlich gleiche oder sogar grössere Länge als der Hauptstamm. Die zweite Art der Verzweigung unterscheidet sich hauptsächlich dadurch, dass die Zweige dabei büschelig an der Anschwellung des Stammes entstehen. (Fig. 2 , 3, 4, 5, 1, 10, 12, 14). Sie bleiben ge- wöhnlich sehr kurz (Fig. 5), sind reichlich septirt und mit kleinen Sporangien abgeschlossen. Zuweilen jedoch werden diese Zweige auch so lang und dick, wie die der ersten Art. (Fig. 13). Die Entwickelung dieser Verzweigung vollzieht sich folgendermassen. An einer Stelle des Sporangienträgers oder seines Zweiges entsteht eine Ausstülpung, welche ihr Wachsthum in der Länge bald einstellt. Auf der Oberfläche dieser Ausstülpung bilden sich kleine Höcker, welche zu Sporangienträgern auswachsen (Fig. 5, 6). Gleichzeitig mit der Bildung der Sporangienträger vergrössern sich die Ausstülpungen im Umfange. Je nach der Zahl der erzeugten Sporangienträger nimmt die Anschwellung verschiedene Form und Grösse an (Fig. ö, 6, 7, 10, 12, 14). Wie schon vorher gesagt ist, sind die Sporangienträger meist sehr kurz, so dass man beim ersten Blicke denken kann, dass die Sporangien unmittelbar auf dem Stamme sitzen (Fig. 2, 3, 4). Viel seltener kommt es vor, dass diese Sporangienträger lang und verzweigt sind. Die beschriebenen Knoten oder Anschwellungen erzeugen gewöhnlich viele Sporangienträger und entstehen in der Regel so nahe bei einander, dass der Stamm an dieser Stelle mit winzigen Sporangien buchstäblich bedeckt ist (Fig. 2, 3, 4). Der Hauptslamm und. alle Zweige sind immer mit einem kugelig'en Sporangium abgeschlossen. Die mit feinstacheliger, zertliesslicher Wand versehenen Sporangien, welche an den Hauptstämmen und den Zweigen der ersten Art sitzen, erreichen im Durchmesser 250 — 500 /x. Ihre Columella ist gross, durch- schnittlich 120 fjL lang und 100 /i breit, birn- oder verkehrteiförmig, mit farblosem (selten citronengelbem) Inhalte (Fig. 8, 9, 15). Nach dem Zerfliessen der Sporangienwand bleibt ein kleiner Basalkragen zurück. Die Sporangien, welche die Zweige der zweiten Art abschliessen, sind sehr variabel nach der Grösse. Die Länge ihrer Durchmesser schwankt zwischen 7 — 20/t. Die Sporangienwand ist fein incrustirt, nicht zerfliessiich, durchsichtig. Columella halbkugelig, knopfförmig und bei den kleinsten Sporangien ganz fehlend (Fig. 11, 14). Die Sporangien fallen sehr leicht von ihren Trägern ab. Die Ber. d. deutsch, bot, Gesellsch. XV. ^ß 228 Jakob Eriksson: Sporen der beiderlei Sporangien sind gleich gestaltet. Sie haben läng- liche, selten schwach gekrümmte Form und messen durchschnittlich 10,5 [M in der Länge und 7 ^ in der Breite. Die kleinsten Sporangien enthalten oft nur 2 bis 3 Sporen. Die Zygosporen habe ich bis jetzt nicht getroffen. Irkutsk. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1, 13. Schematische Darstellung der Verzweigungsarten. „ 2. Ein Stück des Stammes mit der Verzweigung der zweiten Art. Vergr. 250. „ 3, 4. Dasselbe stärker vergrössert. Vergr. 425. „ 5. Junge Sporangien auf den Zweigen zweiter Art. Vergr. 425. „ 6, 7, 10, 12, 14. Verschiedene Formen der Anschwellungen und Verzweigungen zweiter Art. Vergr. 425. „ 8, 9, 15. Columella der grossen Sporangien. Vergr. 425. „ 11. Columella der kleinen Sporangien. Vergr. 425. 28. Jakob Eriksson: Einige Bemerkungen über das Mycelium des Hexenbesenrostpilzes der Berberitze. Eingegangen am 14. April 1897, In einer soeben erschienenen Abhandlung habe ich die Resultate einiger Studien über die Entwickelungsgeschichte des Hexenbesenrost- pilzes der Berberitze {Puccinia Arrhenatheri Kleb.) veröffentlicht^), und habe daselbst auch die Frage von einem im Stamme des Strauches perennirenden Mycelium kürzlich behandelt. Ich erwähne dort, dass ich im Frühjahre 1892 an sehr jungen hexenbesenkranken Schösslingen zwischen den eben spriessenden Blattrosetten im Innern des Cambium- gewebes verlaufende Pilzstränge, die mehr nackten Plasmabändern, als wahren wandumkleideten Fäden gleichen, gefunden habe, und ich habe 1) J. Eriksson , Studien über den Hexenbesenrost der Berberitze (Fuccinia Arrhenatlieri Kleb.), Cohn's Beitr. zur Biol. der Pflanzen, Bd. 8, Heft 1, 1897. Ueber das Mycelium des Hexenbesenrostpilzes der Berberitze. 229 auch in einer der Abhandlung beigefügten Tafel solche Pilzstränge ab- gebildet*). Meinem hochverehrten Freunde, Prof. P. MAGNUS in Berlin, ist diese meine Angabe „sehr aufgefallen", und er hat es sich deshalb an- gelegen sein lassen, der Deutschen Botanischen Gesellschaft vor Kurzem eine specielle Mittheilung über das Mycelium des Berberitzenpilzes vorzulegen''). Er sagt, er habe im Verlaufe seiner Üredineen-Unter- suchungen, die zum grossen Theile noch nicht veröffentlicht seien, sehr viele Uredineenmycelien untersucht und nie etwas ähnliches gefunden. Nach Empfang meiner Abhandlung untersuchte er daher sofort in Spiritus conservirtes Material des Berberitzenpilzes, auf der Pfaueninsel bei Potsdam am 14. Mai gesammelt, und er fand dabei, dass das starambewohnende Mycel „sich anders verhalte", als ich angegeben habe, und „in den wesentlichen Punkten mit dem der anderen Ure- dineen übereinstimme". Ich möchte zuerst meine Freude darüber aussprechen, dass meine kurze Besprechung der Mycelienfrage die Wirkung hat haben können, den Herrn Prof. MAGNUS zu einer Veröffentlichung in derselben zu veranlassen. Man kann ganz sicher sein, dass ein so vielerfahrener Uredineenforscher, wie Prof. MAGNUS ist, ein sehr reiches und werth- voUes Material für die Beurtheilung der Mycelienfrage überhaupt be- sitzt, und ich kann nicht umhin die lebhafte Hoffnung auszudrücken, dass weitere Mittheilungen über die Frage folgen werden. Was die jetzt vorliegende Mittheilung betrifft, so muss ich indessen zu derselben einige Bemerkungen anknüpfen. MAGNUS sagt, er habe das Mark und das Rindenparenchym des Stammes der die inficirten Blattrosetten tragenden Kurztriebe, sowie diejenigen der Langtriebe untersucht und habe da ein intercellulares, Haustorien erzeugendes Mycelium gefunden. Daraus schliesst er, dass das Mycelium überhaupt „sich anders verhalte", als ich angegeben habe. Es ist jedoch wohl zu bemerken, dass ich nur von dem Cambiumgewebe gesprochen habe, während MAGNUS auf die Mark- und Rindengewehe das Hauptgewicht legt, wenigstens gründet er seine Kritik meiner Angabe wesentlich auf die Ergebnisse seiner Mark- und Rindenuntersuchungen. Zu einer solchen Kritik berechtigen diese seine Untersuchungen jedoch nicht. Sie beweisen für die Verhältnisse im Cambium nichts. Von dem Cambium spricht MAGNUS nur in folgenden Worten: „im Cambium habe ich hingegen niemals Mycel bemerkt". Dies würde 1) Ich benutze hier die Gelegenheit bedauernd kund zu machen, dass durch einen Fehler bei dem lithographischen Drucke an dem betreffenden Bilde (Taf. II, Bild 5) in den Pilzsträngen neben den gelben noch anders gefärbte Körner ein- gelegt worden sind. 2) P. Magnus, Ueber das Mycelium des Aecidium Magellanicum Berk. Ber. der Deutsch. Bot. Gesellscb , Bd. 15, Heft 2, 1897. 16* 230 Jakob Eriksson : Myceliura des Hexenbesenrostpilzes der Berberitze. also der eigentliche Beweis sein. Es ist hierbei aber wohl zu beachte», dass ich lebendes Material untersucht habe, MAGNUS aber Spiritus- material. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied. Ob auch andere Unterschiede vorgelegen haben, z. ß. in Bezug auf das Entwickelungs- stadium des Pilzes, weiss ich nicht, kann es mir aber wohl als möglich denken. Die Mittheilung von MAGNUS veranlasst mich aber noch zu folgender Bemerkung. Nach der bisherigen Kenntniss von dem frag- lichen Pilze müssen wir uns zwei verschiedene Quellen des Spermo- gonien und Aecidien erzeugenden Myceliums denken. Das Mycelium kann 1. aecidiengeboren, d. h. aus Infection mit keimenden Aecidien- sporen, entstanden sein. Eine solche Herkunft dürfte durch die in oben citirter Abhandlung referirten Versuche bewiesen sein. Die Incubations- dauer, oder mit anderen Worten die Dauer des im Innern der Wirths- pflanze latenten Myceliumlebens des Pilzes, ist drei- bis vierjährig. Wahrscheinlich kann aber das Mycelium auch 2. sporidiengeboren, d. h. durch Infection mit keimenden Teleutosporen entstanden sein. Eine solche Herkunft ist noch nicht experimentell bewiesen, und man kennt ja auch nichts über die etwaige Incubationsdauer. Es ist wohl möglich, aber ohne vorausgehende genaue Untersuchungen keineswegs sicher, dass ein aecidiengeborenes und ein sporidiengeborenes Mycelium sich ganz gleich verhalten. Ebenso ist es mit dem Pilz in seinem Uredo- und Teleutosporen- stadium auf Ävena elatior. Die Herkunft des sporenerzeugenden Myce- liums kann man sich hier als eine dreifache denken. Das Mycelium kann 1. aecidiengeboren sein. Dies ist experimental bewiesen, und die Incubationsdauer isi in der Regel zu 9 — 15 Tagen bestimmt. Das Mycelium könnte aber auch 2. uredogeboren, d. h. aus keimenden Uredosporen entstanden, sein. Dies ist höchst wahrscheinlich, aber noch nicht experimental bewiesen. Endlich kann man sich das Myce- lium als 3. sporidiengeboren denken. Dies ist möglich, aber nicht bewiesen. Man hat kein Recht die auf die drei verschiedenen Weisen entstandenen Mycelien ohne Weiteres gleichzustellen. Eine etwaige Verschiedenheit der verschieden entstandenen Mycelien lässt uns schon der oft grosse, bewiesene oder noch nur als nöthig vorausgesetzte Unterschied der Incubationsdauer in den einzelnen Fällen vermuthen. Zu grosser Behutsamkeit beim Schlussfolgern fordern je- doch, nach meiner Meinung wenigstens, noch mehr die merklichen Resultate auf, zu denen ich bei meinen Untersuchungen über das Leben der Getreiderostpilze im Inneren der Wirthspflanze gekommen bin und deren Hauptzüge ich vor Kurzem der Deutschen Botanischen Gesell- schaft mitgetheilt habe.^) Nach diesen Untersuchungen bricht z. B. ein 1) J. Eriksson, Der heutige Stand der Getreiderostfrage. Ber. der Deutsch. Bot. Ges., Bd. XV, Heft 3, S. 183 ff. W. Rothert: Zu Arthur Meyer's „Untersuchungen über die Stärkekömer". 231 Uredohäufchen des Gelbrostpilzes in einem Falle infolge einer äusseren üredoinfection nach etwa 10 Tagen aus, im anderen aber infolge eines inneren, Monate lang im Protoplasma der Wirthspflanze latent lebenden Krankheitsstoffes. Auch findet man in einem Falle die Mycelien sehr reich mit Haustorien versehen,^) während es in anderen mir wenigstens unmöglich gewesen ist, die geringste Spur von Haustorien zu ent- decken.^) Ich halte es also einer ganz besonderen Untersuchung wohl werth, die verschieden entstandenen Mycelien genau zu verfolgen. Erst dann bekommen wir eine richtige Kenntniss von dem Myceliumleben, dem unzweifelhaft wichtigsten Stadium, des Pilzes, und bis zu der Zeit, wo eine solche Untersuchung ausgeführt sein wird, müssen wir uns nur ja sehr davor in Acht nehmen, die Resultate alleinstehender Be- obachtungen zu verallgemeinern. 29. W. Rothert: Einige Bemerkungen zu Arthur Meyer's „Untersuchungen über die Stärkekörner". Eingegangen am 19. April 1897. Das Studium des genannten trefflichen und inhaltsreichen Werkes (welches mir erst kürzlich zugänglich geworden ist) veranlasst mich zu den folgenden Bemerkungen über einige Punkte, betreffs deren ich mich mit dem Verfasser nicht einverstanden erklären kann. 1. Die Lösungsquellung der „y5-Amylose". Die Verkleisterung der Stärkekörner in der Wärme, welche MeYER als „Lösungsquellung" bezeichnet, beruht nach ihm (S. 15 bis 19, 129 bis 131) darauf, dass die Trichite der „/?-Amylose" bei einer bestimmten Temperatur unter Wasseraufnahme zu amorphen Tröpfchen einer zäh- flüssigen, mit Wasser nicht mischbaren Lösung von Wasser in „Amy- lose" aufquellen; wie aus der ganzen Darstellung zweifellos hervorgeht, lässt Meyer dabei die „Amylose" selbst substantiell unverändert bleiben. So plausibel mir nun auch die von MeYER entwickelte Vorstellung im 1) J. Eriksson und Henning, Die Getreideroste, ihre Geschichte und Natur, sowie Massregeln gegen dieselben. Stockholm, 1896, Taf. lY, 45; X, 118a; XII, 134a. 2) J. Eriksson und Henning, a. a. 0., Taf. YIII, 94a-c. 232 W. Rothert: Ganzen erscheint, so halte ich doch die letztere Annahme für voll- kommen unmöglich. Zwar könnte wohl das Lösungsvermögen der „Amylose" für Wasser bei einer gewissen Temperatur bedeutend steigen, ohne dass sich die Amylose selbst veränderte. Alsdann müsste aber bei einem Sinken der Temperatur unter das zur Verkleisterung er- forderliche Minimum das nunmehr in der ,. Amylose" unlöslich werdende Wasser sich wieder ausscheiden (ebenso wie aus einer bei höherer Temperatur gesättigten Salzlösung das überschüssige Salz beim Erkalten sich ausscheidet), und die „Amylose" müsste den früheren Zustand wieder annehmen. Das ist nun bekanntlich nicht der Fall; aus MEYER's eigenen Angaben (S. 17) geht hervor, dass selbst beim Ab- kühlen auf - 10° die Tröpfchen der „amylosigen Wasserlösung" ihi-e zähflüssige Beschaffenheit beibehalten; sogar beim Austrocknen nimmt der Kleister bekanntlich die Eigenschaften unverkleisterter Stärke nicht wieder an. Daraus geht hervor, dass die „Amylose" bei der Tempe- ratur der Verkleisterung eine bleibende Veränderung erfährt, sie wird in eine andere, in weit höherem Grade quellungsfähige Substanz ver- wandelt; dieser Schluss ergiebt sich, wie mir scbeint, aus den That- sachen mit zwingender Nothwendigkeit. Was die Natur der statt- findenden Veränderung anbetrifft, so dürfte dieselbe am wahrschein- lichsten in einer hydrolytischen Spaltung der Molekel der y,/5-Amylose" in kleinere Molekeln gleicher Zusammensetzung bestehen; diese An- schauung steht derjenigen NÄGELI s recht nahe, welcher bei der Ver- kleisterung einen Zerfall des „Stärkemicells" in kleinere Micelle annahm. Eine weitere Spaltung in noch kleinere Molekeln dürfte möglicher Weise bei 138° erfolgen, bei welcher Temperatur sich der Kleister im Wasser klar löst (S. 14 — 15). MeYER glaubt zwar, dass auch hier die „j5-Amylose" unverändert in Lösung geht; doch scheint über die Eigenschaften der bei 138° in Lösung befindlichen Substanz, abgesehen von den wenigen durch MeYER selbst beigebrachten Daten, gar nichts bekannt zu sein, so dass man nicht darüber urtheilen kann, ob nicht eine tiefgreifende Spaltung der „Amylose" stattgefunden hat; jedenfalls mass diese Möglichkeit, die MEYER ganz ausser Acht lässt, im Auge behalten werden. Mit dem, was wir über die Einwirkung des Wassers bei gesteigerter Temperatur über manche Kohlenhydrate wissen, steht die Annahme einer successiven hydrolytischen Spaltung der „Amylose"- Molekel mit steigender Temperatur in gutem Einklang. Concentrirte Lösungen gewisser Salze (Chlorzink, Calciumnitrat etc.), sowie von Chloralhydrat bewirken die Verkleisterung der Stärke schon in der Kälte (S. 19 — 21). Es muss angenommen werden, dass diese Substanzen dieselbe oder eine ähnliche Umwandlung der ,./5-Amylose* hervorrufen wie gesteigerte Temperatur. Ein Analogen findet diese Erscheinung in der Einwirkung von Chlorzink und von massig con- centrirter Schwefelsäure auf Cellulose; in diesem Fall steht es für die Bemerkungen zu Arthur Meyer's „Untersuchungen über die Stärkekörner". 233 Schwefelsäure fest und ist für das Chlorzink wahrscheinlich, dass deren Wirkung auf einer Umwandlung der Cellulose in ein einfacheres, stärker quellbares Kohlenhydrat beruht. 2. „a-Amylose" und „/>-Amylose". Entgegen seiner früheren Behauptung constatirt MeYER jetzt, dass in den Stärkekörnern neben Amylodextrin zwei Stärkesubstanzen vor- handen sind, eine leichter angreifbare, welche die Hauptmasse bildet („/^-Amylose"), und eine resisientere. aus dei- die Speiclielskelette der Stärkekörner wesentlich bestehen („a-Amylose"). Damit ist die alte Anschauung über die Zusammensetzung der Slärkekörner aus Granu- löse und aus Stärkecellulose oder Amyloccllulose (NÄGELI) resp. Fari- nose (MOHL) wieder zu Recht gekommen (wenn auch mit einigen Correcturen) , und es läge am nächsten, die alten Namen Granulöse und Farinose (da Stärkecellulose und Amylocellulose eine factisch nicht bestehende Beziehung zur Cellulose vermuthen lassen) beizubehalten; Meyer's „a-Amylose" fällt mit Farinose der Hauptsache nach, seine „^-Amylose" mit Granulöse vollkommen zusammen. Die Wahl neuer Namen motivirt MeYER folgendermassen (S. 4): ^Den Namen Farinose könnte ich eher gebrauchen, tbue es jedoch deshalb nicht, weil ich in den Namen die nahen ßezieluingen ausdrücken möchte, welche zwischen den „Stärkesubstanzen" bestehen. Ich nenne deshalb den Körper a-Amylose." Die Ersetzung des Namens Granulöse durch „Amylose" wird nicht weiter motivirt. Nun ist aber die angeführte „nahe Beziehung" beider Substanzen nichts weiter als eine Vermutbung. „Ich vermuthe, dass dieser Unter- schied nur dadurch zu Stande kommt, dass die Amylose in wasser- freien, Wasser nur schwer lösenden, und in wasserhaltigen, Wasser leicht lösenden Krystallen in den Stärkekörnern vorhanden ist. ... Es lässt sich jedoch diese Vermuthung nicht weiter prüfen" (S. 2). Die Argumente, welche sich aus MEYER's Arbeit zu Gunsten seiner An- sicht entnehmen lassen, sind nur diese, dass auch die „a-Amylose" sich bei 138° im Wasser klar löst und dass die bei dieser Temperatur aus beiden Substanzen erhaltenen Lösungen identisch zu sein scheinen (S. 11—13). Dies lässt sich indess ebenso gut durch die mir wahrscheinlicher dünkende Annahme erklären, dass die „a-Amylose" ein Polymer der „^-Amylose" sei, welches sich ähnlich zu ihr verhält wie diese zum Amylodextrin; bei 138° könnten beide „Amyloseu" ein und dasselbe Spaltungsproduct liefern. Die hier ausgesprochene Annahme über das Verhältniss der beiden Stärkesubstanzen ist natürlich auch rein hypo- thetisch, hat aber nicht weniger Wahrscheinlichkeit als die von MEYER allein in Betracht gezogene Möglichkeit; mit dem V^erhalten beider 234 W. Eothert: Substanzen gegen lösende und Quellung bewirkende Agentien harmonirt sie gut, denn die Kohlenhydrate sind ja allgemein um so resistenter, je grösser ihr Molekel ist. Wie wenig begründet MEYER's Annahme selbst nach seiner eigenen Meinung ist, zeigen folgende Worte (S. U): „Vielleicht wird die Zu- kunft lehren, dass ^Ö-Araylose und a-Amylose nur wasserhaltige und wasserfreie Krystalle derselben Substanz sind." Auf solche Zukunfts- hoffnungen hin ist man aber nicht berechtigt, die „nahe Beziehung" zweier Substanzen in ihrer Benennung zum Ausdruck zu bringen. Die Namen sind übrigens auch insofern schlecht gewählt, als in der orga- nischen Chemie die Präfixe a und ß zur Bezeichnung ganz anderer Beziehungen zwischen zwei Substanzen gebräuchlich sind, als sie MEYEB in diesem Fall annimmt. In Anbetracht alles dessen scheint es mir angezeigt, die MEYER'sche Terminologie nicht zu acceptiren und seine „/?-Amylose" als Granulöse, seine „a-Amylose" als Farinose zu bezeichnen (was ich im Folgenden thun werde); der Name Amylose könnte eventuell für die durch Verkleisterung aus Granulöse entstehende Substanz beibehalten werden. 3. Die „Porenquellung" der Stärkekörner. Die Stärkekörner sind bekanntlich auch in kaltem Wasser quellungs- fähig; frisch aus der Pflanze entnommene Körner verkleinern ihren Durchmesser beim völligen Austrocknen, und ausgetrocknete Körner vergrössern ihren Durchmesser beim Befeuchten um ca. 10 bis 20 pCt. (S. 119). Meyer lässt diese „Porenbildung" ausschliesslich durch capillares Eindringen des Wassers in die Poren des Stärkekornes und hierdurch bedingtes Auseinanderdrängen der Trichite zu Stande kommen, ohne dass die Trichite selbst Wasser aufnehmen; er statuirt daraufhin einen tiefgreifenden Unterschied zwischen der „Porenquellung" und der bei der Verkleisterung stattfinden „Lösungsquellung". Diese Vorstellung MeYER's von der Porenquellung ist indessen ganz unhaltbar, oder wenigstens mit der von ihm entwickelten und sehr plausibel gemachten Vorstellung von der trichitischen Structur der Stärkekörner völlig unvereinbar. MEYER selbst betont ausdrücklich, dass die Trichite nicht frei und rings von Wasser umgeben sind, son- dern ein Verzweigungssystem bilden (S. 119), dass „die Trichite in der Längsrichtung direct zusammenhängen" (S. 133). Es sind somit im Stärkekorn ausschliesslich radial gerichtete Poren vorhanden, und durch Einlagerung von Wasser in solche kann offenbar eine Vergrösserung des Kornradius unmöglich zu Stande kommen; Schrumpfung und Quellung des ganzen Kornes in radialer Richtung ist offenbar nur möglich, wenn die Länge der Trichite selber sich ändert. Es ist also eine unabweisbare Forderung, dass die Granulose-Trichite Bemerkungen zu Arthur Meyer's „Untersuchungen über die Stärkekörner". 235 auch in der Kälte, unter Beibehaltung ihrer Krystallform , Wasser in sich auflösen und aufquellen; das capillare P]indringen des Wassers in die Poren kann nur eine Begleiterscheinung sein, welche mit der Quellung des Kornes nichts zu thun hat. Der Unterschied zwischen der gewöhnlichen Quellung und der Verkleisterung ist hiernach ein wesentlich anderer als MeYER annimmt; in beiden Fällen handelt es sich um Lösung von Wasser in der Stärkesubstanz selbst; während aber bei der Queilung in kaltem Wasser die unverändert bleibende Granulöse nur wenig Wasser löst und ihre feste Consistenz und krystal- linische Structur bewahrt, geht sie unter den Bedingungen der Ver- kleisterung in eine andere Substanz über, welche weit mehr Wasser löst und in gequollenem Zustande dimorphe zähflüssige Tröpfchen bildet; der Unterschied ist derselbe wie zwischen der Quellung der Cellulose in Wasser und in Schwefelsäure, Offenbar müssen hiernach auch die Ausdrücke „Porenquellung" und „Lösungsquellung" fallen gelassen werden. Eine ebensolche Quellung, wie Stärkekörner in kaltem Wasser, weisen auch einige unzweifelhafte Sphärokrystalle auf, nämlich diejenigen des Inulins und Amylodextrins (S. 108). Auch hier muss aus den gleichen Gründen nothwendig eine Quellbarkeit der Trichite selber an- genommen werden. MeYER scheint (ohne es freilich direct auszu- sprechen) die „Porenquellung" als eine allgemeine, durch die trichi- tische Structur bedingte Eigenschaft der Sphärokrystalle zu betrachten, oder er müsste es wenigstens consequenterweise thun. Es ist mir aber höchst zweifelhaft, ob beispielsweise die Sphärokrystalle des Calcium- phosphats und Calciunioxalats quellungsfähig sind, obgleich sie ja auch porös sind und das Wasser gewiss auch bei ihnen in die Poren capillar eindringt; sollten sie sich als nicht quellungsfähig erweisen (es schein-^n hierüber noch keine Angaben vorzuliegen), so wäre damit direct bewiesen, dass die Qaellungsfähigkeit der Sphärokrystalle von den Eigenschaften der Substanz ihrer Trichite und nicht von ihrer Porosität abhängt. Bei dieser Gelegenheit möchte ich eine allgemeine Bemerkung über die Natur des Quellungsvorganges aussprechen. Es ist üblich, die Quellung zu den Diffusionserscheinungen zu rechnen, und wiederholt ist in der Litteratur mehr oder weniger be- stimmt auf die Analogie hingewiesen worden, welche zwischen Quellung und Lösung besteht.^) Nachdem jedoch gegenwärtig der Begriff der Lösung durch das Bekanntwerden fester Lösung erweitert worden, ist, wie mir scheint, guter Grund vorhanden einen wesentlichen Schritt 1) Vergl. u. a. Reinke, Untersuchungen über die Quellung einiger vegeta- bilischer Substanzen (Hanstein's Botan. Abhandlungen, Bd. IV, 1879), S. 1, 123, 135. 236 W. Eothert: weiter zu gehen und die Queliung direct als einen Specialfall der Lösung aufzufassen. Quellung ist die Lösung einer Flüssigkeit in einem festen Körper, und quellungsfähige Körper sind solche feste Körper, welche die Fähigkeit haben, bestimmte Flüssig- keiten zu lösen (wobei sie, je nach der Menge der gelösten Flüssigkeit, fest bleiben oder einen dem flüssigen mehr oder weniger nahen Aggregat- zustand annehmen, ohne jedoch mit der Quellflüssigkeit mischbar zu werden). Soweit die vorliegenden, in vieler Beziehung noch sehr lücken- haften Daten zu schliessen erlauben, stimmen die Vorgänge der Quellung einerseits und der Lösung (im üblichen engeren Sinn des Wortes, d. i. der Lösung fester Körper in Flüssigkeiten) andererseits principiell vollkommen überein und weisen nur diejenigen allgemeinen Differenzen auf, die sich nothwendig aus dem in beiden Fällen ungleichen Aggregat- zustand des lösenden und des in Lösung gehenden Körpers ergeben. Die Uebereinstimmung zeigt sich in folgenden Punkten: Beide Vorgänge sind die Folge einer gegenseitigen Anziehung zwischen den Molekeln (oder Molekularverbänden) der zwei betheiligten Körper und bestehen in einer gleichmässigen Vertheilung der Molekeln des gelösten Körpers zwischen denen des Lösungsmittels. Die Einheit des Lösungsmittels vermag den sich lösenden Körper nur bis zu einer gewissen Grenze (der Sättigung) aufzunehmen, welche vor allem von der Natur beider betheiligten Körper abhängt. Von vereinzelten Ausnahmen abgesehen, nimmt das Volumen des Lösungsmittels in Folge der Aufnahme des sich lösenden Körpers zu (also auch die Flüssigkeiten „quellen auf", wenn sie einen festen Körper in sich lösen). Das Volumen der Lösung ist kleiner als die Summe der Volumina des Lösungsmittels und des gelösten Körpers vor der Lösung, der Lösungsvorgang ist also mit Contractiou verbunden. Bei dem Lösungsprocess wird Wärme frei (wenn auch im Fall der Lösung fester Körper in Flüssigkeiten der Wärmeverbrauch, vor- nehmlich in Folge der Ueberführung erstcrer in den flüssigen Aggregat- zustand, meist überwiegt, so dass die resultireude Wärmetönung meist negativ ist). 4. Die Töllige und constante Umhüllung eines jeden Stärkekorns durch die Substanz seines Chromatophors (S. 162—167). Es hat mir von jeher plausibel geschienen, dass jedes Stärkekorn an demjenigen Theil seines ümfanges, an welchem es durch Bildung neuer Schichten wächst, von Chromatophorensubstanz umhüllt sein muss, dass somit Bildung geschlossener Schichten nur solange möglich ist, als das Korn rings vom Chromatophor umgeben ist; die Angabe Bemerkungen zu Arthur Meyer's „Untersuchungen über die Stärk ekömer". 237 SCHIMPER's, dass vielfach Slärkekörner nicht in Chromatophoren» sondern nur auf denselben entstehen und wachsen, war ich geneigt durch das Uebersehen einer sie einhüllenden dünnen Schicht des Chroma- lophors zu erklären. Der oben angeführten These MEYERs, welche noch wesentlich weiter geht als meine Vermuthung, stand ich daher von vornherein sehr sympathisch gegenüber; um so mehr bedauere ich, dass dieselbe von ihm nur sehi- unzureichend bewiesen worden ist. Einen Beweis erbringt MEYEß nur tür wenige besonders günstige Fälle, welche sich sämmtlich auf Chloroi)lastenstärke beziehen, üeber Leucoplastenstärke sagt MEYER nur: „Was ich an Leucoplasten beob- achten konnte, stimmt mit dem an Chloroplasten Gefundenen überein'' (S. 1B5), und über Chromoplastenstärke führt er überhaupt nichts an. Nun ist es aber sehr wohl möglich, dass sich die verschiedenen Chroma- tophoren in dieser Hinsicht verschieden verhalten könnten, um so mehr, als sich die angeführte Angabe SCHIMPER's gerade auf Fälle von Leucoplasten- und Chromoplasten-Stärkekörner bezieht. Die Entscheidung, ob eine Hülle von Ohromotaphorensubstanz vorhanden ist oder nicht, ist freilich oft schwierig und in vielen Fällen unmöglich, nämlich dann, wenn die Dicke der Hülle in Folge excessiver Dehnung durch das wachsende Korn unter die Grenze mikroskopischer VVahrnehmbarkeit sinken würde, worauf sich MEYER auch beruft. Dies gilt indessen nur für grosse Stärkekörner und auch für diese nur von einem gewissen Entwickelungsstadium an. An noch jugendlichen Körnern hingegen resp. an solchen, welche überhaupt klein bleiben, dürfte die Entschei- dung gewiss möglich sein, und solange sie nicht geliefert wird, ist nicht einmal ein directer Walirscheinlichkeitsbeweis gegen die Angabe SCHIMPER's vorhanden. Als indirecter Wahrscheinlichkeitsbeweis zu Gunsten einer völligen und bleibenden Umhüllung kann es freilich an- erkannt werden, wenn Stärkekornreste bei wiederbeginnendem Wachs- thum von ringsum geschlossenen Schichten umlagert werden, Figuren, welche dieses Verhalten zeigen, sind auf den Tafeln des MEYERschen Werkes zahlreich zu finden. Daneben finden sich aber auch Ab- bildungen von ebensolchen Körnern, wo die neugebildeten SchichtSen- complexe nur einseitig entwickelt zu sein scheinen (Taf. II, 0, Taf. V, X, X', X"), resp. wo sie zweifellos nur local entwickelt sind (Taf. IX, Ha, Hb); solche Fälle können umgekehrt als Beweis gegen die All- gemeinheit der völligen Umhüllung der Körner mit Chromatophoren- substanz gelten. Wenn also MEYER es am Schluss des Abschnitts (S. 167) für „wahrscheinlich" erklärt, dass jedes Siärkekorn zeitlebens von der Masse des Chromatophors, sei derselbe ein Chloroplast, Leucoplast oder Chromoplast, völlig umschlossen wird", so geht er mit dieser Schlus&folgerung weit über die Grenze dessen hinaus, wozu das gegen- wärtig vorliegende Beobachtungsmaterial berechtigt. 238 W. Eothert: Zu Arthur Meyer's „Untersuchungen über die Stärkekörner ". 5. Der Ort der Diastaseproduction. Meyer kommt zu dem Schluss, dass. das Stroma des Chroma- tophors nicht bloss das Organ der Stärkebildung, sondern auch das- jenige der Diastaseproduction ist (S. 169-170). Gegen das Vorkommen der Diastase im Zellsaft führt er genügende Argumente an, gegen deren Bildung im Cytoplasma vermag er jedoch keinen stichhaliigen Grund beizubringen; nur die Thatsache, dass die Stärkekörner von Pellionia und Diefenbacliia während ihrer Lösung stets drehrund bleiben, soll „einigermaassen" dagegen sprechen; dies „einigermaassen" zeigt zur Genüge, wie schwach es mit diesem einzigen Argument be- stellt ist. Demgegenüber liegt ein von MeYER angeführter Versuch DEHNECKE's vor, welcher entschieden für die Anwesenheit von Diastase im Cytoplasma spricht. DEHNECKE Hess Pflanzen am Klinostaten rotiren, wobei ein Platzen der die Stärke umhüllenden Ghlorophyll- körner erfolgte; die so in's Cytoplasma gelangten Stärkekörner wurden in kurzer Zeit aufgelöst. MeYER wiederholte diesen Versuch, erzielte aber kein Platzen der Chromatophoren. Welche Nebenumstände die Differenz der beiderseitigen Versuchsresultate bedingt haben mögen, bleibt dahingestellt, jedenfalls ist aber klar, dass das negative Ergebniss Meyer's die Beweiskraft des DEHNECKE'schen Versuchs nicht in Frage zu stellen vermag; dies wäre offenbar nur dann der Fall, wenn MeYER ein Platzen der Chlorophyllkörner erzielt hätte, die im Cytoplasma liegenden Stärkekörner aber nicht aufgelöst worden wären. Zu Gunsten der Production der Diastase in den Chromatophoren führt Meyer nur an, dass bei Pellionia und Dieffenhachia eine Be- ziehung zwischen der Form der Chromatophorhülle und den Lösungs- erscheinungen des Stärkekoins bestehe; bei genauer Untersuchung soll es sich nämlich zeigen, ^dass ein Stärkekorn da besonders stark an- gegriffen wird, wo die Stromaschicht am dicksten ist" (S. 170). Aus den Stellen des Textes, wo diese Erscheinungen näher beschrieben werden (S. 284 — 285, 292 — 293), und aus den zugehörigen Figuren auf Taf. III uud V ersieht man jedoch, dass bevorzugte Lösung nicht nur an derjenigen Stelle des Stärkekorns stattzufinden pflegt, wo die Stromaschicht am dicksten ist, d. i. an dessen Basis, sondern auch da, wo sie am dünnsten ist, nämlich an der Spitze; das kann wohl als Beweis dienen, dass die Form der Chromatophorhülle von keinem wesentlichen Einfluss auf die Lösung des Stärkekorns ist. Im All- gemeinen erfolgt nach der MEYBR'schen Darstellung die Lösung der Stärkekörner in der Pflanze so, dass deren ganze Oberfläche in un- gefähr gleichem Grade angegriffen wird, abgesehen von durch die innere Inhomogeneität der Körner bedingten Abweichungen. Würde nun die lösende Diastase in der Substanz des Chromatophors producirt, so könnte bei excentrischen Körnern, wo die Chromatophorhülle eine K. PuRiEWiTSCH: Wabenstructur der pflanzlichen organisirten Körper. 239 local ausserordentlich verschiedene Dicke hat, die Lösung kaum in der angegebenen Weise verlaufen; vielmehr wäre zu erwarten, dass die Lösungsgrösse, ähnlich wie die Zuwachsgrösse, in Abhängigkeit von der Dicke der Chromatophorhülle local wesentlich verschieden ausfällt; ohne gerade ihr proportional zu sein, müsste doch mit der Dicke der Hülle die Lösungsgrösse deutlich steigen und fallen. Der Mangel einer solchen Beziehung scheint mir zu bezeugen, dass die Diastase nicht in der Substanz der Chromatophoren gebildet wird. Die Production der Diastase im Cytoplasma ist somit von MEYER nicht widerlegt, die Production derselben in den Chromatophoren nicht bewiesen und auch nicht einmal wahrscheinlich gemacht worden. Ich habe es für nicht ühertlüssig gehalten, diese kritischen Be- merkungen zu publiciren, weil das MEYER'sche Werk in Anbetracht seines ümfanges wohl nur von einem Theil der Botaniker im Original gelesen und von noch wenigeren studirt werden kann, weshalb viele nicht in der Lage sein dürften sich ein eigenes Urtheil über dessen Ergebnisse zu bilden. Es sei aber zum Schluss betont, dass meine Ausstellungen, die ja nur einen kleinen Theil der Ergebnisse MeYER's betreffen, den hervorragenden VVerth des ganzen Werkes keineswegs in Frage stellen sollen; dasselbe ist und bleibt, trotz einiger Mängel, ein „Standardwerk" in der Stärkefrage und nicht nur in dieser allein. Eazan (Russland). 30. K. PurJewitsch: Ueber die Wabenstructur der pflanz- lichen organischen Körper. Eingegangen am 22. April 1897. In seinem umfangreichen und streng wissenschaftlich gehaltenen Werke „Ceber die microscopischen Schäume und die Protoplasma- structur" stellt BÜTSCHLI eine neue Theorie der Protoplasmastructur für pflanzliche und thierische Zellen auf, welche sich auf seine aus- führlichen Untersuchungen über die Emulsionsbildung stützt. In ihren allgemeinen Grundzügen nimmt diese Theorie, wie bekannt, an, dass das Protoplasma eine wabige Structur aufweise, d. h. wie eine schäumende 240 K' Puriewitsch: Flüssigkeit aus zahllosen, sich unter einander kreuzenden Plasmazellen bestehe, welche die dadurch erzeugten Waben begrenzen. Diese letzteren enthalten aber keine Luft, wie das beim Schaum der FaJl ist, sondern eine Flüssigkeit, von deren Zusammensetzung und Eigenschaften BÜTSCHLI nichts Bestimmtes sagt. Diese Theorie, die sich principiell durch die Annahme geschlossener Räume von anderen bisher ausgesprochenen Ansichten über die Proto- plasmastructur unterscheidet, wurde sodann von BÜTSCHLI auf die innere Structur der pflanzlichen und thierischen organisirten Körper übertragen. In seinen drei Abhandlungen,^) die rasch nach einander erschienen sind, beschreibt BÜTSCHLI die Objecte, die nach seiner Ansicht die Wabenstructur ganz deutlich aufweisen, und bildet sie theilweise ab. Es sind folgende: die unter dem Einfluss verschiedener ßeagentien ge- ronnene Gelatine, getrockneter Stärkekleister, Körner der käuflichen Arrowrootstärke, dünne und flache Inulinsphären, ebensolche Cellulose- sphären, aufgequollene pflanzliche Fasern u. s. w. In der grösseren Arbeit, die im Jahre 1896 unter dem Titel „Ueber den Bau quellbarer Körper"^) erschienen ist, führt BÜTSCHLI experi- mentelle Untersuchungen über colloidale Körper (vorzugsweise über Gelatine) an, durch welche er seine Ansichten über die wabige Structur dieser Körper zu beweisen sucht. Die Arbeit enthält die Hauptgrund- lagen der ßÜTSCHLl'schen Theorie und giebt mir daher Veranlassung, dieselbe an dieser Stelle etwas näher zu besprechen. Die coUoidalen Körper sind nach BÜTSCHLI aus sehr kleinen, sogar bei den stärksten Vergrösserungen kaum sichtbaren Waben zusammen- gesetzt. Jede Wabe lässt sich mit einer Pflanzenzelle vergleichen und, wie in der letzteren der Pflanzenstofi" zu- oder abnehmen kann, wo- durch Turgorschwankungen bedingt werden, so diosmirt die Flüssigkeit, welche den Wabeninhalt bildet, durch die Wabenwände in das Lumen hinein und erzeugt einen mehr oder weniger bedeutenden Druck auf diese Wände. Daraus folgt, dass beim Quellen der coUoidalen Körper die Volumvergrösserung der einzelnen Waben für die Yolumvergrösse- rung der Körper die Hauptrolle spielt. Indessen lässt BÜTSCHLI auf S. 37 — 38 seiner Arbeit zu, dass einige Waben unter sich communiciren können, und auf S. 45 sagt er: „Es steht natürlich frei, eine Porosität der Wände anzunehmen, wobei aber zu beachten ist, dass selbst die 1) Ueber die künstliche Nachahmung der karyokinetischen Figur (1892) ; Ueber den feineren Bau der Stärkekörner (1893); Vorläufiger Bericht über fortgesetzte Untersuchungen an Gerinnungsschäumen, Sphärokrystallen und die Structur von Cellulose- und Chitinmembranen (1894). 2) Abhandlungen der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen , Bd. 40. Ueber die Wabenstructur der pflanzlichen organisirten Körper. 241 stärksten Vergrösserungen davon vorerst nichts zeigen. Man könnte sich sogar diese Porosität entstanden denken durch einen Aufbau der Wände aus feinsten Globuliten." Aus diesen Worten folgt, dass BÜTSCHLI die Waben nicht als Grundelemente ansieht, aus denen organisiite Körper aufgebaut sind; als solche Grundelemente nimmt er vielmehr die Globulite an. Ferner ist auf S. 47 zu lesen: „Dass osmotische Vorgänge bei der Quellung im Spiele sein dürften, lässt sich ferner daraus schliessen, dass sich die gequollenen Körper unter dem Einfluss osmotisch wirkender Flüssigkeiten entsprechend verhalten. In Salzlösungen oder Alkohol schrumpfen sie, wie zu erwarten, indem nun ein osmotisch wirksamer Stoff oder ein osmotischer Druck von aussen auf sie wirkt und daher ein Theil des Wassers die Wabenhohl- räunie verlässt. Gegen die hier vorgetragene Ansicht über die Mit- wirkung der Osmose bei dem Quell ungsvorgang Hesse sich einwenden, dass nach PfEFFER's Erfahrungen die colloiden Substanzen im Gegen- satz zu den früheren Angaben GRAHAM's nur eine geringe osmotische Kraft entwickeln, weshalb die sehr ansehnlichen Kraftleistungen, welche bei der Aufquellung auftreten, nicht auf die osmotische Wirkung solcher Substanzen zurückgeführt werden dürften. Ob sich dieser Einw^urf vielleicht dadurch bis zu einem gewissen Grade entkräften lässt, dass die PFEFFER'schen Untersuchungen sich auf die osmotische Wirkung bestimmter Membranen, in dem besonderen Fall der in Thonzellen er- zeugten Niederschlagsmembran von Ferrocyankupfer beziehen, während in unserem Fall weseDtiich andere Membranen vorliegen, scheint mir nicht unmöglich. Andererseits muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass nach meiner Ansicht auch bei der Quellung vor der osmotischen Wirkung noch eine andere Art der Aufnahme von Quell ungsflüssigkeit in's Spiel kommt, über deren Einfluss auf die Volumenverhältnisse schwierig etwas Bestimmtes zu sagen ist, die aber dennoch im Sinne einer Volumenvergrösserung wirken kann und daher möglicherweise zur Erklärung der so erheblichen Kräfte, welche bei beginnender Quellung auftraten, beitragen könnte." Auf diese Weise nimmt BÜTSCHLI ausser der Flüssigkeit, die in Wabenhohlräume eindringt und osmotisch wirkt, noch eine andere Art der Wasseraufnahme seitens der Wabe an. Daraus folgt, dass die Waben noch keine Grundelemente vorstellen, aus denen organisirte Körper sich aufbauen, und dass folglich die Wabenwände in einfachere Elemente zerlegbar sind. NÄGELI und dann REINKE haben durch ihre Untersuchungen ge- zeigt, dass beim Quellen der organisirten Körper ihre Volumvergrösse- rung sehr bedeutende Werthe erreicht, dabei jedoch in verschiedenen Richtungen sehr ungleich ist. So führt z. B. NÄGELI folgende Zahlen für Leinenfasern an:^) 1) Botanische Mittheilungen, Bd. II. 242 K. Püribwitsch: I II III IV V VI Länge in Wasser 85 78 73 71 51 53 „ „ Kupferoxydammoniak . . 42 47 33 55 45 33 Breite in Wasser 17 18 20 15 19 16 , Kupferoxydammoniak . . 86 89 121 47 93 61 Cylinderfläche in Wasser .... 4 541 4 413 4 589 3 347 3 045 2 665 ,, „ Kupferoxyd- ammoniak 11352 13147 12 549 8124 4 384 6 327 Querschnitt in Wasser 227 255 314 177 284 201 „ „ Kupferoxyd- ammoniak 5 811 6 224 11504 1736 6 796 2 924 Kubikinhalt in Wasser 19 295 19 890 22 922 12 567 14 484 10 653 „ „ Kupferoxyd- ammoniak 244 062 292 528 379 632 95 480 101 940 94 492 Auf diese Weise vergrössert sich die Breite der Fasern beim Quellen auf das 5 — 6-fache, der Querschnitt auf das 10 — 30-facbe und das Volumen auf das 8 — 15-fache. Daraus folgt, dass einzelne Waben beim Quellen ihr Yolum vergrössern oder ihre Gestalt ver- ändern. Die erste Voraussetzung verlangt eine sehr grosse Elasticität der Cellulose, die in Wirklichkeit kaum existirt. Was aber die zweite Voraussetzung betrifft, so nimmt BÜTSCHLI an, dass seine Waben nicht nur eine mehr oder weniger isodiametrische, sondern auch eine ver- längerte Form haben können. Aus Waben dieser letzteren Form sind Bastfasern und alle in die Länge ausgedehnten Zellen aufgebaut. Dabei aber giebt BÜTSCHLI eine schwer begreifliche Erklärung für die Er- scheinungen, welche beim starken Aufquellen der Fasern beobachtet werden, indem er die Waben dieser letzteren mit den Waben der Gelatine vergleicht. Beim Austrocknen der Gelatine schrumpfen die Wabenwände und bilden zahlreiche Falten, so dass das Wabenlumen fast vollkommen wieder verschwindet. Beim Aufquellen der Gelatine- streifen in Wasser nehmen die geschrumpften Wabenwände ihre frühere Gestalt wieder an, die Falten verschwinden, und dann beginnen die Wabenwände ihr eigenes Volum zu vergrössern. Soweit ich diese Dar- legung verstehe, betrachtet BÜTSCHLI die Ausdehnung der Wabenwände nicht als eine Folge der gesammten Vergrösserung des Wabenvolums, die vom Druck der in den W^aben enthaltenen Flüssigkeit abhängt, sondern als eine Folge der Aufquellung der Substanz der Wabenwände. Er sagt: „Erst, wenn dieser Zustand^) eingetreten ist, tritt eine Spannung in den Wänden auf, welche von Einfluss auf die weiteren Vorgänge sein wird" (S. 47), und dann auf S. 44: „Indem wir wieder zu der Erörterung unserer Ansicht über die Vorgänge bei der Quellung zurück- kehren, nehmen wir also an, dass das Gerüstwerk der quellbaren Sub- stanz bei der Einwirkung des Quellungsmittels einen Theil des letzteren 1) D. h. nachdem die Falten der Wabenwände verschwunden waren. üeber die Wabenstructur der pilanzlichen organisii-ten Körper. 243 aufnimmt und dadurch dehnbarer und biegsamer wird. Gleichzeitig wird diese Veränderung die ^^'abenwände wahrscheinlich auch ein wenig vergrössern und dazu beitragen, dass die Wabenhohlräume, welche wir uns in der trockenen Substanz ganz oder fast ganz ge- schlossen denken müssen, sich etwas öffnen und daher Quellungs- flü.'-isigkeit in die Hohlräume eindringt." Bei der Betrachtung der Quellung von colloidalen Körpern, deren Waben in die Länge ausgedehnt sind und beim Austrockneu zahlreiche Fallen an den verlängerten Wänden bilden, nimmt BÜTSCHLI an, dass unter dem Druck der Flüssigkeit, die in den Wabenhohlräumen ein- gedrungen ist, sich die Wabengestalt aus der länglichen in die iso- diametrische verändert, in Folge dessen die Bastfasern kürzer und breiter werden. Auf S. 49 sagt BÜTSCHLI: „Wenn nun solch' ein- getrockneter Körper, dessen geschrumpfte Waben beim Eintrocknen in einer Richtung länger geblieben sind, wieder aufquillt, so werden sich die Waben allmählich füllen und dabei ihre frühere Gestalt wieder an- zunehmen streben. Bei einer allseitig geschrumpften Wabe, wie sie oben gezeichnet ist (Fig. 4), wird dies natürlich nur geschehen können unter allseitiger Ausdehnung, d. h. unter Vergrösserung nach allen Dimensionen. Hat die Wabe jedoch bei der Eintrocknung eine ver- längerte Gestalt angenommen, wie sie in Fig. 5 gezeichnet ist, so wird die Ausdehnung naturgemäss vorwiegend nach den Schmalseiten vor sich gehen, so lange, bis die Wabenwände wieder prall geworden und eine Spannung in denselben eingetreten ist." — „Aus dieser Darlegung foljj;t also, dass queUbare eingetrocknete Körper, deren Waben nach einer Richtung länger sind wie nach den darauf senkrechten, beim Aufquellen zunächst in der ersten Richtung weniger oder nicht quellen werden, was natürlich von dem Unterschied der Dimensionen der ein- getrockneten Waben abhängig ist." • Da nach der BÜTSCHLl'schen Theorie die in Rede stehenden Körper statt aus Micellen aus Waben aufgebaut sind, so muss das Dickenwachsthum der pflanzlichen Zellmembranen an die Ausbildung dieser Waben geknüpft sein. In folgenden Worten spricht BÜTSCHLI seine Ansicht über den Bildungsprocess der Waben in colloidalen Körpern aus: „Eine besondere Betrachtung bedürfen noch diejenigen quellbaren Körper, welche sich in gequollenem Zustand beim Erwärmen verflüssigen, wie Gelatine, Agar und dergl. Nach unserer Vorstellung muss dies darauf beruhen, dass die wasserhaltige Substanz der Waben- wände bei einer gewissen Temperatur schmilzt und in dem geschmolzenen flüssigen Zustand mit Wasser vollständig mischbar ist. Auf diesem Wege entsteht bei höherer Temperatur eine völlig flüssige Lösung der Substanz. Wird diese wieder abgekühlt, so tritt bei einem gewissen Zeitpunkt wieder eine Entmischung ein: es sondern sich von einander zwei Lösungen, von welchen die eine aus viel Wasser und wenig Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. 17 244 K. Puriewitsch: Gelatine, die zweite aus viel Gelatine und wenig Wasser besteht. Die letztere erstarrt hierauf, während die erstere flüssig bleibt; auf diese Weise bildet sich das feste Gerüst aus, welches den flüssig gebliebenen Theil in seine Wabenräume einschliesst." (S. 43). Ich halte es nicht für nöthig, noch die letzte Arbeit von BÜTSCHLI „üeber die Herstellung von künstlichen Stärkekörnern oder von Sphäro- krystailen der Stärke"^) (1896) zu erwähnen, theils weil dieselbe fast keine Beziehung zur folgenden Darlegung hat, theils aber, weil sie schon von A. MEYER einer eingehenden Kritik unterworfen wurde. ^) Wenn man die Objecte, bei denen BÜTSCHLI seinen Wabenbau gefunden hat, zusammenstellt, so kann man leicht sehen, dass dieselben eine grosse Mannigfaltigkeit aufweisen. Es gehören dazu Häuteben von löslicher Stärke, CoUodium, ebenso von Harzen, Kieselsäure, Cellulose, ferner Sphärokrystalle von Inulin, Cellulose, Natriumphosphat, essig- saurem Bleioxyd, Calciumcarbonat, endlich Niederschläge von Salmiak; Plagioklaskrystalle aus Andesit, Phytovitellinkrystalle, Baum wollfasern, Bastfasern von Nerium Oleander, Stärkekörner von Arrowroot, Chitin- panzer von Astacus fluviatilis, Gelatine und Agar. Nach dem Aus- schluss von anorganischen Körpern und colloidalen thierischen Körpern bleiben Inulin, Stärke und Cellulose als pflanzliche Objecte übrig. Von diesen letzteren stellen Stärkekörner von Arrowroot, Baumwollfäsern, Fasern von Nerium Oleander, ebenso der Thallus von Laminaria echte natürliche Objecte vor; alle anderen dagegen sind nur künstliche Producte. Die von BÜTSCHLI beim Austrocknen der Lösungen von Inulin, Cellulose etc. erhaltenen Körper, welche er „flache Sphären" nennt, zeigen den von ihm beschriebenen Wabenbau am deutlichsten, wie ich mich selbst überzeugen konnte. Schon bei Anwendung eines ZEISS'schen Apochromats 4, Oc. 12 ist dieser Bau ganz deutlich zu sehen. Ebenso gut, oder vielleicht noch besser wurde diese Structur in den Sphären von Natriumphosphat beobacbtet. Die Gruppirung einzelner Waben ist genau so, wie BÜTSCHLI sie beschreibt. Im Centrum befindet sich eine Wabe, um welche sich gewöhnlich sechs andere Waben lagern, die erste Zone bildend. Dann folgt die zweite Zone solcher Waben u. s. w. Wenn man nach BÜTSCHLI die Inulinlösung, in welcher mehrere Deck- gläschen vertical gestellt sind, vorsichtig eindampft, so erzielt man auf diesen letzteren ein Häutchen, das aus zahllosen Inulinsphären besteht. In den inneren Theilen dieses Häutchens ist der Wabenbau dieser Sphären nicht deutlich, an den Rändern aber befinden sich einzelne Sphären, welche wabige Structur vortrefflich zeigen. Wenn man dann das Deckgläschen mit solchen Sphären vorsichtig zerbricht und bei 1) Verhandlungen des Naturhist.-Med. Vereins zu Heidelberg, N. F. Bd. V. 2) Bot. Ztg. 1896, II. Abth., S. 328. lieber die Wabenstructur der pflanzlichen organisirten Körper. 245 Starker Vergrösserung (ZeiSS's Apochromat 4, Oc. 18) den Bruchrand des Deckgläschens beobachtet, nachdem dasselbe] unter dem Objectiv mit dem Brachrand nach oben vertical gestellt worden war, so kann man leicht sehen, dass das Inulinhäutchen oder einzelne Sphären ganz flach sind und dass kein Wabenbau mehr zu erkennen ist. Die Dicke solcher Häutchen ist sehr klein. Ich habe keine directen Messungen gemacht, kann aber eine Vorstellung von ihrer Dicke geben, wenn ich dieselbe mit der Dicke des Deckgläschens vergleiche. Das letztere war 0,13 mw dick, die Häutchen waren etwa 30 — 40mal dünner, als das Deckgläschen ; daraus folgt, dass dieselben circa 0,0045 — 0,0037 mm dick waren. Die Vergrösserung war nicht stark genug, um die obere Grenze des Häutchens ganz deutlich zu sehen; sie bildete aber keine gerade Linie, wie das Deckgläschen. Bei höherer, sowie bei niedriger Einstellung des Mikroskops Hess sich keine solche Structur erkennen, wie bei der Betrachtung von oben. Ich bin daher mehr geneigt, diese Sphären als eine Anhäufung einzelner Inulinkörnchen (Globulite?), wie das BÜTSCHLI in einer von seinen Arbeiten (s. oben) annimmt, und nicht als Objecte mit wabiger Structur zu betrachten. Die Bildung solcher Sphären kann man durch die Annahme erklären, dass aus einem Tropfen der gesättigten Inulinlösung an verschiedenen Punkten der Glasoberfläche einzelne kleine Inulinkörnchen (Globulite?) ausgeschieden werden. Um jedes Körnchen gruppiren sich der molecularen An- ziehung zufolge andere eben solche Körnchen, welche die Gestalt von Kugelsegmenten besitzen. Durch diese Annahme lässt sich die bei der Betrachtung von oben hervortretende Structur ganz leicht erklären. Bei dem Austrocknen der Objecte, welche den Wabenbau zeigen, verdunstet die die Wabenhohlräume füllende Flüssigkeit und wird entweder durch Luft ersetzt, oder die Waben fallen mehr oder weniger stark zusammen und ihr Lumen verschwindet. Als eine Folge der letzteren Alternative tritt Volumverminderung der Waben und des ganzen Objectes ein. Da Sphärokrystalle des Inulins, wie bekannt, keine Quell ungsfähigkeit zeigen, so muss man den Eintritt der Luft in die Wabenhohlräume annehmen. Ich trocknete die Sphärokrystalle des Inulins, die sich in den Knollen von Dahlia variahilis nach 14-tägigem Liegen in absolutem Alkohol gebildet hatten, bei 105° während 72 Stunden aus. Die Sphärokrystalle erschienen jetzt unter dem Mikroskop in Luft ganz dunkel. Nachdem aber absoluter Alkohol zum Präparat hinzugefügt worden war, wurden die Sphärokrystalle fast momentan hell. Es ist nicht anzunehmen, dass Alkohol so schnell in die Waben eindringen würde, wenn dieselben wirklich ganz geschlossen wären. Die beobachtete Erscheinung zeigt vielmehr; dass die Inulin- sphäre aus einem Gerüst mit communicirenden Hohlräumen und nicht aus allseitig geschlossenen Kammern bestehen. Was aber die natürlichen pflanzlichen Körper betriff't, so wurden 17* 246 K. Pureewitsch: von mir die Stärkekörner von Arrovrroot, von der Kartoffel, von Weizen und Canna indica, dann Baum wollfasern, Bastfasern von Nerium Oleander und Steinzellen von Podocarpus salicifolia untersucht. Die Stärkekörner von Arrowroot zeigen in frischem Zustand keine Wabenstructur, auch nicht bei Anwendung der stärksten Vergrösserungen (ZEISS's Apochromate 2,5 und 3,0, Oc. 18) und nach 24-stündigem Liegen in Wasser. Bei schwachem Quellen, das durch die Erwärmung oder Einwirkung verschiedener Reagentien verursacht war, erscheinen jedoch in vielen Körnern mehr oder weniger deutliche BÜTSCHLl'sche Waben, welche ich aber nicht für wirklich existirende halte und zwar aus folgenden Gründen. Bei sehr aufmerksamer Beobachtung ist es leicht zu bemerken, dass die Schichtenlinien solcher ein wenig auf- gequollener Stärkekörner nicht glatt sind, sondern, wie das schon BÜTSCHLI gezeigt hat, etwas zickzackförmig erscheinen oder mit kleinen Knötchen versehen sind, die mit denen benachbarter Schichten nicht selten auf dem gleichen Radius liegen. Mir scheint es daher wahrscheinlicher, dass die Querwände der Waben nur Folge der optischen Wirkung sind, indem die Bilder der Knötchen zusammen- fliessen. In diesem Fall sind ausserdem die Linien, welche die Waben- wände vorstellen, nicht in ihrer ganzen Länge gleichmässig dick, sondern in ihrem mittleren Theil fast ganz unsichtbar. Der sehr starken Vergrösserung zu Folge kann dieses mikroskopische Bild keine klare und sichere Vorstellung des wirklichen Verhaltens geben. Die Stärkekörner der Kartoffel, die aus Knollen in frischem Zustand unter das Mikroskop gebracht worden waren, zeigten ebenso keine wabige Structur, und nur sehr wenige Körner liessen anscheinend hier und da diese Structur nach schwachem Aufquellen erkennen. Dasselbe gilt auch für die Stärkekörner von Canna indica] in den aufquellenden Körnern lässt sich eine scheinbar wabige Structur in jeder einzelnen Schicht nur sehr kurze Zeit vor ihrer vollen Zerstörung und sehr schwach beobachten. Ihrer Grösse und deutlichen Schichtung wegen bilden die Stärkekörner von Canna indica ein vortreffliches Object für die Unter- suchungen über die Wabenstructur. Die Körner aus jungen Rhizom- theilen zeigen ziemlich undeutliche Schichtung: in Körnern aus älteren Theilen des Rhizoms tritt dagegen die Schichtung sehr deutlich hervor. Nach BÜTSCHLI sollen diese letzteren Körner die Wabenstructur weit deutlicher zeigen; indessen konnte ich in denselben nur Spuren der wabigen Structur und auch dies nur in wenigen Exemplaren beobachten. In Stärkekörnern von Weizen konnte ich dagegen keine Waben- structurj weder in frischem, noch in gequollenem Zustand, beobachten. Die Baumwollfasern, welche in der mit Cellulose gesättigten Kupfer- oxydammoniaklösung oder in Kalilauge aufgequollen waren, zeigten keine solche Structur, wie sie ihnen BÜTSCHLI zuschreibt: beim Be- lieber die Wabenstructur der pflanzlichen organisirten Körper. 247 trachten der Oberfläche konnte ich nur zwei Systeme von Linien, die sich unter einander kreuzten, aber keine Spur von Waben erkennen. Ebenso gelang es mir nicht, Wabenstructur an dünnen Quer- und Längsschnitten der Bastfasern von Nerium Oleander und der Steinzellen von Poclocarpus salicifolia in ihrem natürlichen Zustand wahrzunehmen. Die Membranschichten hatten ganz glatte oder ein wenig gefranste Contouren, zeigten aber nirgends solche Knötchen, wie sie sich bei den Stärkekörnern von Arrowroot in den dichteren Schichten vorfinden. Die Zellmembranen von Podocarpus salicifolia zeigen sehr deutliche Schichtung, wobei jede Schicht dick genug ist, um die Waben zu be- merken, wenn sie wirklich existirten. Ich habe indessen nichts davon wahrgenommen. Auch veränderte sich das Bild nicht bei beginnendem Autquellen der Zellwände. In keiner vou seinen Arbeiten spricht BÜTSCHLI von einem für seine Theorie wichtigen Punkt, nämlich von dem optischen Verhalten seiner Objecte im polarisirten Licht. Wenn die pflanzlichen organisirten Körper wirklich aus Waben beständen, die eine Flüssigkeit enthalten, so müsste man erwarten, dass dieselben nach längerem Austrocknen, wenn die Waben bereits gefaltet sind, wesentlich abweichend reagiren. Das scheint indess nicht der Fall zu sein. Leider konnte ich genaue Untersuchungen darüber nicht ausführen und bemerke nur, dass die Stärkekörner von Arrowroot, welche bei 105° während 76 Stunden ge- trocknet waren, nach ihrer Wirkung auf das polari.^irte Licht sich von feuchten Körnern, die vorher zwei Tage in Wasser gelegen hatten, nicht merklich unterscheiden. Wenn ich meine Beobachtungen über die verschiedenen pflanzlichen Objecte und die Bemerkungen, welche im Anfang der vorliegenden Abhandlung angeführt sind, zusammenfasse, so muss ich gestehen, dass nach meiner Ansicht die BÜTSCHLl'sche Wabentheorie auf die innere Structur der genannten pflanzlichen Körper nicht übertragen werden kann, und dass sie zur Zeit keinesfalls geeignet ist, die Theorie von NÄGELI zu erschüttern. Die Beobachtungen, welche dieser Abhandlung zu Grunde liegen, sind im Botanischen Institut der Berliner Universität ausgeführt worden. Ich ergreife diesen Anlass, dem Director des Instituts, Herrn Geheimrath Professor Dr. S. SCHWENDENER, meinen innigsten Dank für seine Rath- schläge auszusprechen. 248 A. Eimbach: 31. A, Rimbach: Lebensverhältnisse des Allium ursinum. Mit Tafel VIII. Eingegangen am 24. April 1897. Gegenstand vorliegender Mittheilung sind einige von mir beob- achtete, bisher unberücksichtigt gebliebene Eigenthümlichkeiten aus dem Leben des Allium ursinum L.^) Die Samen des Allium, ursinum,^ welche im Juni oder Juli zur Reife und Aussaat kommen, keimen im März oder April an der Ober- fläche des Bodens. Der Vegetationspunkt der jungen Pflanze wird bei der Keimung durch abwärts gerichtete Streckung des Keimblattes um 3 — 4 mm in die Erde hinein geschoben. Hier wird das Pflänzchen durch die etwa 3 cm lang werdende Keimwurzel und einige bald nach dieser entstehende adventive Wurzeln befestigt (Fig. 1). Diese ersten, verhältnissmässig dünnen Wurzeln verkürzen sich nachträglich in ihren Basaltheilen um ein geringes Mass und ziehen dadurch die junge Pflanze ein wenig in die Erde hinein. Im Spätsommer, nachdem das Keimblatt, das auf dieses folgende Scheidenblatt und die Spreite des (einzigen) Laubblattes abgestorben sind, befindet sich die kleine, 5 bis 7 mm, hohe Zwiebel, welche ein einziges, aus der Scheide des Laub- blattes enstandenes Nährblatt besitzt, ein wenig unterhalb der Erdober- fläche. In der weiteren Entwickelung der Pflanze macht sich nun eine strenge Periodicität in der Bildung nicht nur der Blätter und Stengel- gebilde, sondern auch der Wurzeln geltend. In der Zeit vom September bis November nämlich bricht aus der Zwiebelachse in einer einfachen, ringförmigen Reihe eine Anzahl auf ihrer ganzen Länge gleichmässig dünnei, bis '/* ^^ Durchmesser haltender Wurzeln hervor (siehe Fig. 4). Dieselben haben ziemlich unbe- stimmte, häufig horizontale Richtung und bilden spärliche Seitenwurzeln 1., selten auch 2. Grades. Contraction zeigt sich an vielen derselben gar nicht, an anderen im Basaltheile in sehr geringem Grade. Während des Winters ruht die Wurzelbildung. Im April jedoch, wenn die Blätter über den Boden getreten sind und sich entfalten, treiben aus der Zwiebelachse, die Basis des alten Nährblattes durchbrechend, dicht oberhalb des Ringes der Wurzeln vom vorhergehenden Herbste, frische Wurzeln, ebenfalls in einem einfachen Ringe angeordnet, hervor (Fig. 2, 1) Bezüglich der morphologischen Verhältnisse siehe: Th. IrmisCh, Zur Morpho- logie der monocotyhschen Knollen- und Zwiebelgewächse. Berlin 1850. Lebensverhältuisse des Allium ursinum. 249 3, 7). Diese unterscheiden sich aber wesentlich von den Herbstwurzeln (vergl. Fig. 8 und 9). Aus etwas dünnerem Grunde schwellen sie bis zu 2 oder 27a '^^ Durchmesser an und werden erst im Spitzentheile wieder dünner. Ausserdem verkürzt sich der angeschwollene Basaltheil bald nach seiner Entstehung, und zwar in ähnlicher Weise, wie ich es für andere Monocotylen- Wurzeln beschrieben habe^). Die Verkürzung beträgt bei Allium ursinum höchstens 30 pCt. Sie ist also nicht so stark wie bei vielen anderen Monocotylen, an welchen ich Verkürzung bis zu 70 pCt. gemessen habe. An Wurzeln erwachsener Exemplare, wo die contractionsfähige Strecke eine Ausdehnung von 10 cm erreicht, kann die gesammte Verkürzung einer Wurzel an 10 m,m ausmachen. Die Dauer des Verkürzungs Vorganges überschreitet an einer Wurzel nicht drei Monate. Als Folge der Wurzelverkürzung sieht man auch hier die eigen- thümliche Wellung der Zellwände in der Endodermis und Exodermis (Fig. 10 und 11). In dem nichtcontractilen Spitzentheile und in den Seitenwurzeln, sowie in den nichtcontractilen Herbstwurzeln kommt eine solche Membran wellung nicht vor. Die Form Veränderung der bei der Verkürzung activen Rindenzellen ist nicht so bedeutend wie bei- spielsweise bei Arum oder Lilium. Eine Schicht collabirter Zellen, wie sie bei jenen auftritt, bildet sich hier nicht; auch tritt keine Runzelung der passiven Aussenrinde ein, wie das bei jenen der Fall ist*). Durch die Verkürzung der mit dem Spitzentheile in der Erde fest- haftenden Wurzeln wird auf die Zwiebel ein Zug ausgeübt. Diesem Zuge giebt die Zwiebel nach : So wird der Vegetationspunkt ihrer Grundachse weiter in die Erde hinabgezogen und schliesslich, trotz des aufwärts strebenden Wachsthums dieser Grundachse, in einer gewissen Tiefe erhalten. Bei den noch nicht erwachsenen , oberflächlich sitzenden Exem- plaren — es dauert nämlich eine Reihe von Jahren, bis die Pflanze ihre endgültige Grösse erlangt, bis sie erwachsen ist — sowie bei zwar erwachsenen, aber in geringer Tiefe befindlichen Zwiebeln richten sich die contractilen Wurzeln steil abwärts, wie es Fig. 2 der Tafel zeigt. Wegen dieses Umstandes arbeiten sich die verschiedenen rings aus einer Grundachse entspringenden Wurzeln wenig entgegen und ziehen den Zwiebelstamm jedes Jahr um eine Strecke abwärts, welche grösser ist als diejenige, um welche derselbe sich nach oben verlängert. Auf diese Weise rückt der Vegetationspunkt der immer in senkrechter Lage verharrenden Grundachse von der Erdoberfläche weg bis in eine Tiefe 1) A. RiMBACH, Ueber die Ursache der Zellhautwellung in der Endodermis der Wurzeln. Diese Berichte 1893, XI, S. 96. 2) Vergleiche meine Mittheilung: Ueber die Lebensweise des Arum maculatum. Diese Berichte 1897, Heft 3. 250 -A-. Eimbach: von 10 — 15 cm. In dieser Tiefe, welche indessen erst nach einer längeren Reihe von Jahren erreicht -wird, bleibt die mittlerweile er- wachsene Pflanze stehen. Das weitere Abwärtsrücken wird nämlich, abgesehen von einer (nicht sehr beträchtlichen) Verminderung der Ver- kürzungsstärke dadurch vermieden, dass in der angegebenen Tiefe die contractilen Wurzeln nicht mehr steil abwärts, sondern flach nach aussen wachsen (Fig. 3). In Folge hiervon üben sie eine viel geringere Wirkung auf die Grundachse aus und ziehen den Vegetationspunkt derselben nur noch um so viel jährlich abwärts, als derselbe durch den Längenzuwachs emporgehoben wird. Durch den Ausgleich beider Be- wegungen wird der thatsächliche Stillstand der Pflanze bedingt. Wenn ein in solchem Zustande befindliches Exemplar an die Oberfläche ver- setzt wird, so richien sich die neu entstehenden Wurzeln bald wieder abwärts und bringen die Pflanze allmählich in ihre normale Tieflage zurück. Der jährliche Längenzuwachs der Zwiebelachse beträgt 3 — 4 mm. Mindestens um so viel müssen also die Wurzeln den Vegetationspunkt der Pflanze jedes Jahr abwärts ziehen. An oberflächlich sitzenden, absteigenden Exemplaren starben die älteren Jahrgänge der Grundachse bald ab, so dass gewöhnlich nur ein solcher unterhalb der Zwiebel sich vorfindet. An tief sitzenden Exem- plaren dagegen bleiben sie häufig länger erhalten, so dass bis 6 Jahr- gänge umfassende und bis 2 cm lange Stammgebilde zu Stande kommen können (Fig. 5). An einer solchen Grundachse fand ich auch einmal die ungewöhnliche Erscheinung, dass auf einige noch erhaltene, in normaler Weise gestauchte Jahresabschnitte ein gestreckter, 3 cm, langer Achsentheil folgte, dessen oberes Ende die Zwiebel trug. Die Fig. 6 der Tafel stellt dieses Vorkommniss dar^). Ein diesem entsprechendes Gebilde ist von IRMISCH an Leuco'mm vernum aufgefunden und in Fig. 10, 11 und 12 der Tafel VII seiner „Morphologie der monoco- tylischen Knollen- und Zwiebelgewächse" abgebildet worden. Auch an anderen Pflanzen ist wohl schon Aehnliches gesehen worden. Ich ver- muthe, dass solche Streckungen von normaler Weise gestauchten ver- ticalen Achsen für die Pflanzen ein Mittel darstellen, um sich nach Verschüttung durch Erde aus abnorm grosser Tiefe wieder heraus zu arbeiten. An den Achsentheilen älterer Jahrgänge bleibt auch je eine Reihe Borsten stehen (Fig. 5 und 7). Diese werden durch Stränge gebräunten Sklerenchyms gebildet, welche die Gefässbündel im Scheidentheile des Nährblattes auf deren Innenseite begleiten und nach Auflösung dieses Blattes sich erhalten. 1) Ich habe damals versäumt, das Gebilde genauer zu untersuchen. Ein zweites habe ich nicht finden können. Meine Versuche, die Erscheinung künstlich hervor- zurufen, sind bis jetzt ohne Erfolg geblieben. Lebensverhältnisse des Allium ursinum. 251 Die Wurzeln, von denen die im Frühjahr gebildeten auch als Reservestoffbehälter benutzt zu werden scheinen, bleiben länger als ein Jahr, meistens 1 '/g Jahr am Leben. Die gegentheilige Angabe von IRMISCH^) habe ich nicht bestätigt gefunden. Es sind daher ge- wöhnlich drei über einander liegende Reihen von Wurzeln vorhanden, und zwar im Sommer zwei Reihen dicker und eine dazwischen liegende Reihe dünner, im Winter zwei Reihen dünner und eine dazwischen liegende dicker Wurzeln. Im Herbste treiben die bis dahin unver- zweigt gebliebenen dicken Wurzeln des letzten Frühlings ISeitenwurzeln. Ganz schart sind übrigens die Frühlings- und Herbstwurzeln nicht geschieden insofern, als auch bisweilen an starken Herbstwurzeln im Basaltheile Verkürzung bis zu 10 pCt. auftritt. Beiderlei Wurzeln erscheinen jährlich in der geringen Zahl von ca. 6 Stück. Sie werden bis 30 cm lang und können ziemlich reichliche VVurzelhaare bilden. Der jährliche Entwickelungsgang des Allium ursinum ist demnach folgender: Im Herbst kommen aus der Grundachse dünne, nicht contractile und aus den dicken, im vergangenen Frühling gebildeten Wurzelu dünne Seitenwurzeln hervor. Gleichzeitig beginnt die im Nährblatte eingeschlossene Knospe zu wachsen und ihre Blätter treten während des Winters allmählich aus jenem heraus. Im April kommen die Blätter über den Boden und entfalten sich schnell, wobei das alte Nährblatt ausgesogen wird und verschwindet. Zur selben Zeit brechen die contractilen Wurzeln hervor und ziehen die Pflanze abwärts. Das Blühen fällt in den Mai und Juni, die Fruchtreife in den Juni und Juli. Die Laubblätter, von denen das innerste seine Sc^ieide zum Reservestofibehälter umwandelt, functioniren bis zum August, wo sie verwelken. Im September beginnt dieser Kreislauf von Neuem. Erklärung: der Abbildongeu. Allium ursinum L. Fig. 1—4. Verschiedene Zustände der Pflanze. Natürl. Gr. — Die gestrichelte Horizontallinie bedeutet die Erdoberfläche. Der Deutlichkeit wegen sind nur die Wurzeln der dem Beschauer zugekehrten Seite der Pflanzen gezeichnet, und sind die Borsten der früheren Nährblätter weggelassen. Fig. 1. Keimpflanze. „ 2 und 3. Zustand im April. Die neuen contractilen Wurzeln sind im Hervor- wachsen begrifi'en. Unterhalb derselben sitzen die im letzten Herbst ent- standenen dünnen, und unterhalb der letzteren die dicken Wurzeln vom Frühlinge des Vorjahres. „ 2. Jugendliches, mehrjähriges Exemplar, absteigend. „ 3. Erwachsenes Exemplar in normaler Tieflage, stillstehend. 1) 1. c. S. 4. ^ , 252 M. Foslie: Fig. 4. Aelteres Exemplar im October. Die dünnen Wurzeln sind im Hervor- brechen begriffen. , 5 und 6. Zwiebeln tiefsitzender Exemplare. Im November. Natürl. Gr. Die Wurzeln sind entfernt. y, 5. Exemplar mit ungewöhnlich zahlreichen lebend erhaltenen Jahrgängen der Grundachse. „ 6. Exemplar mit theilweise gestreckter Grundachse. „ 7. Längschnitt durch den unteren Theil der Zwiebel. (April). Doppelte Grösse, a vorjährige, b diesjährige contractile Wurzel, c nicht contractüe Wurzel vom letzten Herbst, d sklerenchymatische Borste vom Nährblatte des Voijahres. „ 8 und 9. Querschnitte der Wurzeln. Vergr. 10. Fig. 8. Dicke contractile Frühlingswurzel. Fig. 9. Dünne, nicht contractile Herbstwurzel. , 10. Endodermis aus dem basalen Theile einer älteren contractilen Wurzel. Tangentialschnitt. Vergr. 200. „ 11. Exodermis (Hj-podermis) ebendaher. Vergr. 200. 32. M. Foslie: Einige Bemerkungen über Melobesieae. Eingegangen am 24. April 1897. In dieser Zeitschrift, I.Heft dieses Jahrganges, S. 34ff., giebt Herr F. HEYDRICH^) eine üebersicht insbesondere über die Melobesien und zugleich werden einige neue Arten aufgestellt, was mich zu einigen kurzen Bemerkungen veranlasst. Während Melohesia schon von Anfang an ziemlich scharf begrenzt gewesen, sind die Ansichten über die Grenze zwischen den von PHI- LIPPI in seiner bekannten Arbeit „Beweis, dass die Nulliporen Pflanzen sind" aufgestellten und auf äussere Charaktere begründeten Geschlechtern Ldthothamnion und Ldthophyllum bei den verschiedenen Verfassern sehr verschieden gewesen mit Rücksicht auf die Frage, welche Arten zu dem einen oder dem andern der genannten Geschlechter zu rechnen wären, wiewohl die meisten späteren Verfasser grösstentheils die Structur zu Grunde gelegt haben. Die Grenze ist also ziemlich un- bestimmt gewesen. Jedoch haben namentlich die eingehenden Unter- suchungen von ROSÄNOFF und SOLMS-LäUBACH über den Bau der Corallinaceae die Grundlage der späteren systematischen Ordnung ge- bildet. 1) F. Heydrich, Corallinaceae, insbesondere Melobesieae. Einige Bemerkungen über Melobesieae. 253 In einer Uebersicht über die Lilhothamnien Norwegens*) habe ich kürzlich nachgewiesen, dass, was die Structur betrifft, sich keine be- stimmte Grenze zwischen den beiden genannten Geschlechtern angeben lässt; ich habe daher Lithophyllum dem Lithothamnion untergeordnet als ein Untergeschlecht desselben, indem ich mich wesentlich auf das von SOLMS-LaUBäCH und anderen Verfassern Angeführte bezog. Zwar sind meine eigenen Untersuchungen über die Structur und Entwickelung dieser Algen nicht besonders eingehend gewesen, indem die erwähnte Uebersicht sich auf ein begrenztes Gebiet beschränkt und eigentlich nur als ein vorläufiger Versuch einer systematischen Gruppirung dieser wenig untersuchten und ziemlich schwierigen Formen anzusehen ist. Ich setze indessen meine Untersuchungen fort, welche jedoch noch lange nicht beendigt sind, indem ich sie auch auf exotische Formen aus- dehne, und werde daher auf die Gründe, die für oder wider eine solche Begrenzung sprechen dürften, hier nicht näher eingehen. In der genannten Arbeit sucht indessen HeYDRICH Lithophyllum als ein besonderes Geschlecht aufrecht zu halten, jedoch in einer von früheren Verfassern ziemlich abweichenden Begrenzung, die er „einfach mathematisch" benennt. Obgleich auch HEYDEICH bei der Begrenzung von Lithothavinion und Lithophyllum^ vielleicht in noch höherem Grade als frühere Ver- fasser, die Structur zu Grunde legt, nimmt er zugleich und zwar ziemlich wesentlich auf die äusseren Verhältnisse der Vegetationsorgane Rück- sicht, während dem Bau der Reproductionsorgane und den übrigen Verhältnissen derselben, insbesondere, was den Artbegriff' betrifft, keine besondere Bedeutung beigemessen wird Hierin aber liegt eigent- lich der Schwerpunkt! Ohne mich indessen hier auf die angeführten Bauverhältnisse und das in einzelnen Punkten interessante Resultat, wozu die Untersuchungen HEYDRICH's geführt haben, näher einlassen zu wollen, will ich doch bemerken, dass die Begrenzung dennoch keine so ganz einfache sein dürfte. So heisst es 1. c. S. 42: „Lithophyllu?7i ist eigentlich nur durch die lockere Anheftung und den rein dorsiventralen Charakter von Lithothamnion zu trennen." Vergleiche nachfolgende Uebersicht. Ver- gleicht man indessen z. B. die Gründe 1. c. S. 47, die ihn einerseits be- wogen haben, Melohesia Carpophylli Heydr. zu Lithophyllum, zu rechnen, mit denen, weshalb andererseits L. cristatum Menegh. zu Lithothamnion gezählt wird, so scheint schliesslich die lockere Anheftung am Substrate die hervorragendste Rolle zu spielen. Hiermit befinden wir uns aber auf einem unsichereren Boden als früher. Bei dem ersteren heisst es, ist „der Querschnitt völlig radiär, und gleicht ein solcher Flachspross 1) M. FosLiE, The Nonvegian Forms of Lithothamnion. Det kgl. norske Viden- skabers Selskabs Skrifter 1894. Trondhjem 1895. 254 M. Foslie: ungemein dem von Lithothamnion dentatum (Kiitz.) Aresch.", während es von den Rhizoiden heisst, dass sie „eine Reihe etwas schräg ge- stellter, kaum gebogener, langer Zellen" bilden. Vergleiche über die- selbe Art S. 50 — 51. Ferner heisst es, dass bei dem zu Litliothamnion gezählten L. cristatum Menegb. die Basalscheibe denselben Bau hat, der dem Lithophyllum typisch ist, wie auch hier die Thallussprossen von rein radiärem Bau sind. Diese Art ist aber fest an dem Substrat angeheftet! Vergleiche hierüber und über die Stellung der Conceptakel S. 36 und S. 50 — 51. Die hier von HeYDEICH selbst nachgewiesenen Uebergänge zwischen den beiden genannten Geschlechtern wären leicht zu suppliren. Ich will nur hinzufügen, dass ich L. Lenormandi (Aresch.) Fosl. mit theilweise verticalen Lamellen gesehen habe, wie diese Alge sich auch oft in späteren Altersstadien beinahe vollständig vom Sub- strate loslöst. Dazu kommt, dass nach den von HeYDEICH befolgten Frincipien L. investiens Fosl.^) und L, arcticum (Kjellm.) den Ueber- gang vervollständigen. Die Begrenzung der genannten Genera scheint daher meiner An- sicht nach keinen Schritt weitergeführt zu sein. Sei es, dass es syste- matisch einfacher wäre, Lithophyllum zu Lithothamnion zu reebnen, oder beide unter Melohesia zu zählen, so muss man zur Begründung des Geschlechtes festere Anhaltspunkte nachweisen können, ehe sich das eine oder das andere als ein selbständiges Geschlecht aufrecht halten Hesse. So lange aber diese nicht bestimmter als bisher nach- gewiesen sind, muss man berechtigt sein ein Gescblecht einzuziehen, das ursprünglich auf rein äussere Charaktere basirt ist, welche wiederum eine hervortretende, aber für sich allein nicht wissenschaftlich berechtigte Bedeutung erhalten haben. Anderseits muss ich mich mit HEYDRICH einig erklären, wenn er solche Anhaltspunkte erwünscht findet; in diesem Falle werden solche freilich in anderen Richtungen zu suchen sein. Unter den von HEYDRICH in der genannten Arbeit beschriebenen neuen Arten gehören meiner Ansicht nach mehrere zu schon früher bekannten; was speciell das von ihm aufgestellte neue Genus Sporo- lithon betrifft, so liegt hier unstreitig ein eichte?, Lithothamnion vor. Ich gehe davou aus, dass unter den mir seiuer Zeit zur Prüfung zugestellten Exemplaren Nr. 11 und 12^) von El Tor am Rothen Meere mit Äporo- lithon ptychoides resp. f. inollis und f. dura 1. c. S. QQ identisch sind, von 1) Sonderbarer Weise wird diese Art zu der Gruppe Lithomorphum gerechnet, die theilweise dui'ch „Erhebungen wellenförmig" charakterisirt wird, was in diesem Falle vom Substrat bedingt ist! Auf diese Gruppirung werde ich nicht näher ein- gehen, obgleich sie mehrmals zu Inconsequenzen geführt hat. Die von Kjellman nachgewiesene Differenz des Verdickungssystems kommt dagegen nicht iu Betracht. 2) Auch in Betreff der im Folgenden erwähnten Arten gehe ich von der Voraus- setzung aus, dass die in der Parenthese stehende Nummer derjenigen von den Arten Heydrich's entspricht, wozu sie von mir gerechnet worden ist. Einige Bemerkungen über Melobesieae. 255 denen ich ersteres als ein „L. polymorphum forma mollef*, letzteres als ein „Z/. polymo7'phumf^ erhielt. Die Aufstellung dieses Geschlechtes ist theils und vornehmlich auf die im Thallus gefundenen Organe, welche HeYDRICH mit Tetra- sporangien identificirt, theils und hauptsächlich, was die Art betrifft, auf die Structur basirt. „Das Innere ist so complicirt gebaut, wie wohl kaum ein anderes Lithoihamnio7i, ja wie überhaupt keine andere Meeres- alge.'' In einem der mir zugestellten fragmentarischen Exemplare habe ich solche Schichten gefunden wie die S. 68, Fig. 3 abgebildeten, denen ohne Zweifel entspricht, was er „Tetrasporangienschichten'' benennt. Ich will indessen bemerken , dass diese bei meinem Exemplar feiner und nicht so zahlreich sind wie die der citirten Figur. Gerade unter der Thallusoberfläche fand ich eine Schicht, von oben gesehen, bestehend • aus oder vielmehr durchbohrt von zahlreichen, dicht neben einander liegenden kleinen, nicht selten durch horizontal laufende Gänge mit einander verbundenen Gruben oder Kanälen, unter denen einige auf der Oberfläche der Alge ausmünden. Diese verticalen, schräg gestellten oder horizontalen kurzen Kanäle und Gruben erinnern in hohem Grade an die Worte HeyDRICH's l. c. S. 69: „Ueber jedem Tetrasporanglum befindet sich ein sehr enger Porus." Sie sind im Durchmesser 10 — 30/* und stehen oft so dicht an einander, dass der Abstand derselben zum Theil kleiner ist als der Diameter der Kanäle oder Gruben. Bei einem Längsschnitt fand ich tiefer unten im Thallus mehrere solche band- förmige Schichten, welche wahrscheinlich den Tetrasporangienschichten HeYDRICH's entsprechen. Diese hatten eine Breite von 80 — 100 fx\ einige derselben zeigten sich nicht aus an einander liegenden Körpern bestehend, wie aus Fig. 2 und 3 hervorzugehen scheint, sondern aus einer grösseren oder kleineren Anzahl kleiner Gruben, oder kurzer, nach verschiedenen Richtungen laufender Kanäle, ungefähr von dem- selben Durchmesser wie oben erwähnt. Auf der Oberfläche eines Zweiges von demselben Exemplar ist eine beinahe zirkeiförmige Partie, ca. 2 mm im Durchmesser, abgeschält in einer Tiefe von ca. 50/^. Der Boden dieser Partie zeigt eine grosse Anzahl dicht an einander liegender, nicht tiefer Löcher, von ungefähr ■ demselben Durchmesser wie bei den kleinsten der obigen; ebenso zeigen auch andere Zweige Spuren ähn- licher Abschälungeu, die später von einer darüber gewachsenen Schicht oder einer localen Neubildung gedeckt sind. Es scheint keinem Zweifel zu unterliegen, dass man hier keine von neuen Thallusschichten überwachsenen Tetrasporangienschichten vor sich hat. Wahrscheinlich sind es eine oder mehrere Arten bohrender Rhizo- poden oder dergleichen, die sich einmal über das andere von der Ober- fläche der Alge eine kurze Strecke hineingedrängt haben und von neuen Thallusschichten bedeckt worden sind. Desgleichen habe ich 256 M- Foslie: oftmals bei anderen Arten gesehen, namentlich bei L. incrustans (Phil.) Fosl. Bei dieser Alge habe ich theils gefunden, dass das kleine, bohrende Thier fast genau dieselben Kanäle hervorgebracht hat wie die Mündung der Sporangienconceptakel, bisweilen sogar grössere Hohl- räume gerade unter der Thallusoberfläche, wodurch das Ganze im Querschnitt eine überraschende Aehnlichkeit mit kleinen, leeren Con- ceptakeln erhalten hat; theils haben sich diese Organismen in ein wirkliches Conceptakel durch die Mündung desselben hineingedrängt, dessen Inhalt zerstört und sich dann durch einen horizontalen Gang zu einem andern, nahe liegenden Conceptakel weiter vorwärts gedrängt. Ohne Zweifel haben bei Sporolithon ptychoides ähnliche Organismen die oben erwähnten Kanäle und Gruben hervorgebracht und zugleich die Structur der Alge theilweise zerstört oder Aenderungen von der typischen verursacht, weshalb diese kürzeren oder längeren, oft un- regelmässig aultretenden Bänder mehr oder weniger von den übrigen ' Thallusschichten abweichen. Was ferner den von HEYDRICH 1. c. S. 68, Fig. 2 abgebildeten und als Tetrasporangium bezeichneten Körper betrifft, so ist auch dieser ohne Zweifel auf thierischen Ursprung zurückzuführen. Von solchen Körpern oder Hohlräumen, die von diesen Körpern hervorgebracht worden sind, habe ich freilich nur eine geringe Anzahl gesehen; sie haben indessen nichts mit den Reproductionsorganen der Art zu schaffen. Meiner Ansicht nach sind diese nämlich etwas gröbere, schräg gestellte, leere Gänge oder von Thieren hervorgebrachte Hohl- räume, von denen bei einem Schnitt, parallel mit der Längsachse des Zweiges, nur ein Theil zu sehen ist; theils sind es fremde Körper, z. B. andere Arten Rhizopoden, die sich an die Thallusoberfläche an- geheftet haben und von einer neuen Zuwachsschicht, ausnahmsweise von localen Neubildungen überwachsen sind. Aus mehreren Fällen geht ziemlich deutlich hervor, dass die Wände des „Tetrasporangium" von den Thieren gebildete Rindenraassen sind, wie sich auch die Körper allein, was Farbe und Inhalt betrifft, fremden Ursprungs zu sein zeigen. Ausnahmsweise habe ich sie in 2, 3 oder mehr Kammern getheilt ge- sehen. Die diese Organismen umfassende Structur variirt ziemlich stark und zeigt, dass diese in verschiedener Weise in die normale Ent- wickelung der Alge störend eingegriffen hat; andererseits scheinen doch mehrere der hier vorkommenden Zellen nicht zu der Alge zu gehören, sondern zu den erwähnten Organismen. Dagegen habe ich in einem der mir zugestellten Exemplare von Sporolithon ptychoides zwei dem Lithothamnion typische Sporangien- conceptakel gefunden, welche zu der Art gehören. Die Conceptakel sind nicht wohl entwickelt, wahrscheinlich jung und haben ein schwach concaves Dach, das ca. 250 /a im Durchmesser beträgt. Das Dach ist von ca. 20, jedoch ziemlich undeutlich hervortretenden Schleimkanälen Einige Bemerkungen über Melobesieae. 257 durchzogen. Vielleicht dürfte man es ziemlich gewagt finden, aus dem mir zu Gebote stehenden, unbedeutenden Material den Schluss zu ziehen, dass man hier das von HeYDRICH 1. c. S. 55 beschriebene Lithothamnion oblimans vor sich hat, von dessen Conceptakeln er sagt: „Sie bedecken die Kuppen der Zweige des Substrates (ßporolithon ptychoides) in dichten Gruppirungen, als wenn sie Organe des letzteren wären." Mit einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit glaube ich aber, dass dies wirklich der Fall ist, und dass L. oblimans nur eine neue Schicht über theils todte, theils ältere Theile von Sporoliihon ptychoides ist. Dasselbe ist auch bei einem anderen der sich in meinem Besitze befindenden Fragmente der Fall. Hier sind alle auf der Kruste vorkommenden (5) Auswüchse mehr oder weniger abgeschält und be- sonders die äusseren Schichten theilweise todt. Von dem sich in völlig vegetativem Zustande befindenden Theil der Alge ist eine neue Zu- wachsschicht ausgegangen, welche sich theils fast vollständig, theils nur theilweise über die abgeschälten oder zum Theil todten Auswüchse ausbreitet. Dass diese Zuwachsschicht im gegenwärtigen Falle zur Art gehört, unterliegt keinem Zweifel. Theils ähnliche, theils rein locale Neubildungen findet man oft bei gewissen Arten, namentlich bei solchen, die viel von Thieren angegrifi'en werden, oder wo die vegeta- tive Entwickelung der Pflanze aufhört oder gehemmt wird. Ich könnte eine grosse Anzahl solcher Beispiele anführen; diese Neubildungen weichen auch bisweilen in weit höherem Grade als hier von den neuen Zuwachsschichten eines normal entwickelten Individuums ab, dass man oft glauben könnte, eine eigene Art vor sich zu haben. Nicht selten sind diese als neue, junge Individuen zu betrachten, die sich an ältere oder todte Individuen derselben Art angeheftet haben. Auch beruht die von HeYDRICH erwähnte eigenthümliche Structur bei Sporolithon also zum Theil auf einer Verwechselung; theils rührt sie ohne Zweifel davon her, dass die Alge häufig von Thieren an- gegriffen wird. Uebrigens bin ich nicht im Stande gewesen, ein von ähnlichen Lithothamnien abweichendes Verhältniss zu finden. Bei einem von mir gemachten Längsschnitt habe ich zwischen den oben erwähnten Bändern einen ganz anderen regelmässigen und dem Litho- thamnion typischen Bau gefunden als den von HEYDRICH beschriebenen. Wegen des oft höchst eigenthümlichen Kampfes um die Existenz, der besonders bei den grösseren Lithothamnien zwischen Pflanze und Thier stattfindet, findet man bei mehreren Arten, dass nicht nur der äussere Bau der Vegetationsorgane, sondern auch theilweise die Structur derselben ziemlich oft einer nicht unbedeutenden Veränderung von der typischen unterworfen ist. Freilich auch zum Theil aus demselben Grunde gelangen die Reproductionsorgane bei vielen Individuen ent- weder gar nicht zur Entwickelung oder sehr selten und in geringer Anzahl, namentlich in den späteren Altersstadien der PHanze; ein um 258 M. Foslie: so bedeutenderes Material ist daher nothwendig, um das gegenseitige Terhältniss der einzelneu Formen erörtern zu können. Wird also Sporolithon ptychoides f. mollis zum Theil durch „Thallus poröser und leichter" charakterisirt, so rührt auch dies, wenigstens ziemlich wesentlich, von der erwähnten Ursache her, nach dem fragmentarischen Exemplare dieser Form, das ich gesehen habe, zu urtheilen^). Ein in dieser Hin- sicht illustrirendes Beispiel bietet besonders L. incrustans (Phil.) Fosl. Würde man hier ein ähnliches Princip befolgen und auf die Form, welche in mehreren Fällen theilweise vom Substrat bedingt ist, Rück- sicht nehmen, so könnte man gewiss ein Dutzend Arten oder Formen unterscheiden. Ich betrachte deshalb Sporolithon ptychoides als ein echtes Litho- thamnion. Eine Prüfung der Art würde auch vielleicht zu einem nega- tiven Resultate führen; da ich aber keine voll entwickelten Sporangien- conceptakel gesehen habe und deshalb zur Zeit nicht im Stande bin, bestimmte Gründe anführen zu können, lasse ich es bis auf Weiteres dahingestellt. Was sodann die Art betrifft, die 1. c. S. 64 L. Kaisern (Nr. 60) benannt wird, so kann ich auch hier nicht mit HeYDRICH einig sein. Sie ist meines Erachtens nur als eine besondere Form von L. crassutn anzusehen, die in der von ihm angegebenen Begrenzung theils ein typisches oder beinahe typisches L. crassum zu umfassen, theils fächer- förmigen Varietäten mehrerer anderen Arten zu entsprechen scheint, z. B. L. tophiforme f. alcicornis, L. flabellatum f. Rosenvingii^ L. coral- loides f. fahelligera und L. calcareum f. compressa (M'Calla) Fosl, mscr., ohne dass jedoch die Verzweigung so ausgeprägt scheint wie bei den drei erstgenannten. Ich habe andere Exemplare von L. Kaiserii aus dem Rothen Meere gesehen, die einen ziemlich ausgedehnten Basaltheil be- sassen, mit kurzen, von einem Theil desselben auslaufenden Zweigen; in ihrer Entwickelung stehen diese dem L. crassum sogar näher als denpn von HeYDEICH's Exemplaren, die ich gesehen habe. Diese sind junge Individuen. Dagegen besitze ich ein älteres Exemplar von dem- selben Orte, ca. 7 cw, im Durchmesser, das einen aut dem Boden freiliegenden, rundlichen Knollen gebildet hat, der auf der einen Seite L. crassum f. typica vollständig gleicht, mit strahlenförmig auslaufenden, dicht an einander stehenden, gleich hohen Zweigen, auf der anderen Seite mit bisweilen etwas zusammengedrückten, ziemlich breiten, sich elengeweihförmig nähernden Zweigen oder zum Theil etwas mehr ver- breiterten Spitzen als man sie bei f. typica findet, wodurch sich dies Exemplar L. Kaiserii etwas nähert. Dies Exemplar umfasst einen kleinen, härteren Gegenstand, ca. 1 cm im Durchmesser. Wenn von 1) Dies gleicht jedoch dem 1. c. t. III, fig. 15 als f. mollis abgebildeten Exem- plare nicht, sondern stimmt habituell nahe mit f. dura (.Nr. 12) überein. Einige Bemerkungen über Melobesieae. 259 HeYDRICH ausgesprochen wird, dass L. crassum sich immer von der Unterlage loslöst, so ist dies doch nicht der Fall. Ausser dem obigen habe ich Exemplare aus dem Mittelmeere von typischem L. crassum gesehen, die ca. 2 cm grosse, beinahe flache Steine völlig umfassen, mit einer ca. 0,5 mm, dicken, krustenförmigen Schicht und mit von dem erst angelegten Theile der Kruste auslaufenden, kurzen Zweigen, während von dem jüngsten Theile derselben nur vereinzelte, kurze Auswüchse in Entwickelung begriffen sind. Die äussere Form des L. crassum, beruht also grossentheils auf dem ursprünglichen Substrat. Betreffs der Conceptakel werde ich auch später Uebereinstimmung nachweisen. Wahrscheinlich sind es Cystocarpienconceptakel, von denen HEYDKICH spricht.^) Dass L. Marlothii Heydr. 1. c. S. 61 (Nr. 80) entweder als eine verkrüppelte Form von L. crassum anzusehen oder zu L. fasciculatum. (Lam.) zu rechnen ist, werde ich später darthun. Das Exemplar, welches ich besitze, habe ich nämlich noch nicht vollständig untersucht; auch kenne ich nicht vollständig das dem L. crassum, in mehreren Beziehungen sehr nahestehende L. fasciculatum. In Lith. S. 34 war ich der Meinung, dass dieses Lithothamnion ., über welches die ver- schiedensten Ansichten ausgesprochen worden sind, wesentlich zu L. crassum zu rechnen wäre. Nach dem bedeutenden Material, das ich später zur Untersuchung gehabt, muss ich es jetzt als eine be- sondere Art ansehen, obgleich ich augenblicklich die Grenzen derselben nicht bestimmt nachweisen kann, hauptsächlich, weil nur ein geringer Theil des erwähnten Materiales näher untersucht worden ist. Was endlich L. Fosliei Heydr. 1. c. S. 58 (Nr. 59) betrifft, so liegt hier ein echtes L. incrustans (Phil.) Fosl. vor, wovon ich mehrere Exemplare von einem anderen Orte im Rothen Meere gesehen habe, die sowohl Cystocarpien- als Antheridien-Conceptakel besassen; so scheint auch dieselbe Form gewöhnlich im Mittelmeere, woraus ich doch nur Exemplare mit Sporangien-Conceptakeln gesehen habe. Höchstens ist es als eine besondere Form erwähnter Art anzusehen, allerdings in hohem Grade vom Substrate bedingt. Wenn ich über die Art, welche 1. c, S. 63 L. Novae Zelandiae benannt wird, sagte, dass „Nr. 1 von der Bay of Island L. coralloides sehr ähnlich, wahrscheinlich aber eine andere Art" ist, so war diese Yermuthung aus einem rein geographischen Gesichtspunkte ausgesprochen; damals kannte ich nur äusserst wenige exotische Kalkalgen. Die drei Exemplare, die ich gesehen habe, bieten so grosse Aehnlichkeit mit L. coralloides f. au^tralis dar, dass man sie kaum nach dem Habitus wieder 1) Ich muss hier darauf aufmerksam machen, dass L. crassum, f. capitellata Fosl. unstreitig als eine besondere Art anzusehen und anders zu begrenzen ist als in Lith. S. 31. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. Jg 260 M- FoSLiE: Einige Bemerkungen über Melobesieae. finden könnte, wenn man sie mit einer grösseren Anzahl des letzteren zusammenmischte. Cfr. HeYDR. 1. c. t. III., Fig. 7 und FOSL. Lith. t. 16, Fig. 24 — 25. Dessen ungeachtet durfte die Art vielleicht eine neue sein. Wie schwer es oft fällt, sterile Lithotbamnien zu bestimmen und zu welchem Resultat dies führen kann, dafür bietet eben L. coralloides ein Beispiel; denn dass der Artbegriff grossentheils auf dem Bau und den übrigen Verhältnissen der Reproductionsorgane beruht, ist früher erörtert worden. Nachdem ich nämlich mehrere tausend Exemplare dieser Art, wie sie in Lith. S. 62 aufgefasst ist, untersucht habe, ist es mir gelungen, bei f. australis und f. norvegica Sporangien-Conceptakel zu finden; daraus geht hervor, dass die erstere und die mit dieser nahe verwandten Formen nicht zu derselben Formserie gehören wie f. norvegica in der von mir angegebenen Bedeutung, und die Möglich- keit ist also nicht ausgeschlossen, dass L. Novae Zelandiae andrerseits wirklich mit L coi'alloides f. australis identisch wäre. Es ist mir später gelungen, bei L. Novae Zelandiae Cystocarpien- oder Antheridien- Conceptakel zu finden, welche mit dem in New or crit. Lith. S. 8 erwähnten Conceptakel bei einem Exemplar aus Californien, von mir daselbst zu L. coralloides f. australis gezählt, sehr gut übereinstimmen. Ein anderes Beispiel mit Bezug auf sterile Formen bietet L. undnatum Fosl. Lith. S. 126, t. 19, Fig. 11 — 14; mit L. calcareum Harv. Phyc. Brit. t. 291 verglichen, dürfte es leicht als eine von letzterem weit verschiedene Art angesehen werden. Spätere Untersuchungen haben mich jedoch davon überzeugt, dass das wenig bekannte und verschieden aufgefasste L. calcareum eine besondere Art ist, wie auch, dass L. un- dnatum ohne Zweifel nur eine Form derselben ist, obgleich die Repro- ductionsorgane freilich nur theilweise bekannt sind. Was die rein krusten förmigen Arten betrifft, so wird man auch oft ein ähnliches Verhältniss finden wie bei den oben erwähnten; bei der Aufstellung neuer Arten dürfte daher ein Vergleich mit den früher theils unter Melobesia, theils unter Lithothamnion beschriebenen Arten als nothwendig anzusehen sein, würde aber freilich durch die in hohem Grade zerstreute Litteratur und die oft unvollständige Beschreibung erschwert werden. Ign. Urban: lieber einige Rubiaceen-Gattungen. 261 33. Ign. Urban. Ueber einige Rubiaceen-Gattungen. Mit Tafel IX. Eingegangen am 27. April 1897. Die nachfolgenden Beobachtungen wurden bei der Beschreibung einiger neuer westindischer Arten und der vergleichenden Untersuchung ihrer Verwandten gemacht. Exosteiiia L. Cl. Rieh, und Solenandra Hook. f. Die Gattung Solenandra wurde im Jahre 1876 von J. D. HOOKER^) aufgestellt. Ihr lag eine von dem Grafen FRANQUEVILLE aus dem Herbar RICHARD eingeschickte Cubensische Pflanze zu Grunde, der irrthünilicher Weise, wie HoOKER richtig erkannte, Früchte einer ganz anderen Rubiacee beigefügt waren. Ein mit der Diagnose sich völlig deckendes Exemplar gleicher Herkunft und mit derselben Beigabe ist auch in unserm Besitze. Der berühmte Verfasser der Genera plantarum übersah nun aber, dass diese Pflanze von A. RICHARD schon 1845 in RaMON de LA SAGRA's Historia de la isla de Cuba auf Tafel 48 als Exostema Valenzuelae abgebildet, im Texte jedoch mit dem von seinem Vater L. Cl. RICHARD bereits 1808 in HUMBOLDT und BONPLAND's Plant. Equin. beschriebenen E. parviflorum identificirt worden war. Das Original zu der letztgenannten Art war von L. Cl. RICHARD selbst auf den Antillen gesammelt, findet sich aber jetzt nicht mehr in dessen Herbar. Das Zurückgehen auf die Originalbeschreibung von Exostema parviflorum ergab nun das überraschende Resultat, dass auch die Gattung Solenandra mit Exostema vollständig zusammenfällt. Denn unmittelbar, nachdem L. Cl. RICHARD die Gattung Exostema in den Plant. Equin. I, p. 131 aufgestellt hat, bemerkt er, dass ihm 7 zu dieser Gattung ge- hörige Arten von den Antillen bekannt seien, unter welchen er E. parviflorum für neu halte. Da nur dieses beschrieben, die übrigen aber nicht einmal dem Namen nach aufgeführt werden, so ist es auch als Gattungstypus anzusehen. Es fragt sich nun aber, ob die zur Charakteristik der Gattung Solenandra von HOOKER benutzten Merkmale ausreichend sind, um die grossblüthigen Exostema- Arten von den kleinblüthigen**) echten 1) In HoOK. Ic. Plant, t. 1150 {Solenandra ixorioides). 2) In den Genera plant. II. p. 43 beschreibt Hookek die Blüthen irrthümUch als poUicares, während er in den Icon. pl. t. 1150 richtig von tubo Vs-poU-» limbo ^/4-poll. diametro spricht. 18* 262 Ign. Uäban: Exosteina-(j= Soknandra-^ Arten generiscli abzutrennen. Unter den letzteren hat in der That E. parviflorum^ wie HOOKER für Solenandra angiebt, Staubblätter, die unterwärts in eine Röhre verwachsen sind, und nur wenige (6 — 8) Eichen im Fache, gegenüber den grossblüthigen Arten mit freien Filamenten und zahlreichen Eichen. Auch ist bei jenem die Placenta nur sehr kurz, aus dem oberen Theile des Faches herabhängend, während sie hier bis zur Basis herabsteigt. Allein das wenigeiige kleinblüthige E. elegans hat freie Filamente, das nahe ver- wandte E. Wrightii freie oder unterwärts mehr oder weniger zusammen- hängende, kaum verwachsene Staubfäden, gerade wie das vieleiige E. subcordatum. Umgekehrt haben die mittelblüthigen E. Mexicanum bei unterwärts schwach verwachsenen Filamenten und spärlichen Eichen und E. spinosum bei nur an der Basis verwachsenen Staubfäden und ca. 15 Eichen eine bis zur Basis des Faches herabsteigende Placenta. Da nun der Habitus bei fast allen diesen Arten ganz derselbe ist, so erscheint eine generische Trennung nicht gerechtfertigt. Habituell weicht nur E. spinosum Kr. et Urb.^) durch die in Dornen auslaufenden Aeste und die kleinen Blätter von den übrigen Arten ab. Die 4-zähligen Blüthen sind ihm dagegen mit E. Wrightii gemeinsam, die Samen im Gegensatz zu GRISEBACH's Beschreibung im Cat. p. 126 und LAMBEET's Cinch, p. 38 (seminibus subemarginatis, während die Abbildung t. 13 die Samen in correcter Weise darstellt,) wie bei allen Exostema- Axien. geflügelt. Bondeletia Linn. Ein grosser Theil der Rondeletia- Arten ^ wenigstens alle, welche ich darauf hin untersuchte, erwiesen sich als heterostyl und zeigten in den beiden Blüthenformen eine recht erhebliche Differenzirung. In den dolichostylen Blüthen ist die Kronröhre nach der Spitze allmählich ver- breitert; die Antheren sind oft etwas länger, der Kronröhre tiefer inserirt und erreichen mit der Spitze die Mündung der Röhre nicht. Die Narbe ragt aus der Mündung hervor und ist kurz 2-lappig. Die Röhre der brachystylen Blüthen ist oberwärts etwas glockig erweitert; die etwas kürzeren Antheren sind höher inserirt, so dass ihre Spitze die Mündung erreicht oder aus derselben ein wenig hervorragt; der Grifiel ist bedeutend kürzer, im oberen Drittel oder bis zur Hälfte zweispaltig, die stigmatösen Lappen sind lineal und stehen von der Basis der Antheren beträchtlich ab. 1) = Cinchona spinosa Vavass. in Journ. de Phys. Oct. 1790, p. 243 t. 2 ex Lamb. Cinch. p. 38 t. 13. = Catesbaea Vavassorii Spr.! Syst. I (1825) fp. 416; DC. Prodr. IV 401 = Exostemma Vavassorii Grisb.! Flor. (1861) p. 323 et Cat. p. 126. — Cuba: Wright n. 2675, 3577; Haiti prope Port-au-Prince: Bertero n. 1027, PiCARDA n. 126, 520. lieber einige Rubiaceen-Grattungen. 263 Die von GRISEBACH*) bescbriebenen Ferdinandusa- ( Ferdinandea-) Arten : F. stellata, angustata und hrackycarpa wurden von WRIGHT und SAUVALLE^) zu der Gattung Rondeletia zurückgeführt. Da sie neuer- dings wiederum der Gattung Ferdinandusa (Trib. Cinchoneae) zuge- wiesen werden, so schien mir eine Nachprüfung nothwendig. Diese ergab, dass die genannten Arten wegen ihrer regelmässigen Krone, der ganzrandigen Kronenlappen, der gleich hoch dem Schlünde eingefügten, gleich langen und nicht hervortretenden Antheren, sowie wegen der zuerst fachtheilig aufspringenden Kapsel von Ferdinandusa abweichen und am besten bei Rondeletia verbleiben. Steyensia Poit. Die Gattung Stevensia wurde von POITEAU") im Jahre 1804 auf Grund einer von ihm im nördlichen Haiti bei Cap-Fran<;iais gesammelten Pflanze aufgestellt, sorgtältig beschrieben und vortrefflich abgebildet. Während die nachfolgenden Autoren, wie P. DE CaNDOLLE, GAERTNER, JUSSIEU, Endlicher die generische Dignität der Pflanze unangetastet liessen, erklärte GRISEBACH*) die Blüthen für monströs, vereinigte die Gattung mit Rondeletia, identificirto die Art mit einer gänzlich ver- schiedenen Pflanze von Cuba (WrigHT n. 1266) und stellte die Section Stevensia auf (Segments of the calyx-limb ovate or lanceolate, as long as or longer than the tube. Peduncles axillary . . . rarely 1-flowered), in welcher er ausser unserer Pflanze noch mehrere Jamaicensische Ron- deletia-krien vereinigte. Dieser Auffassung folgen auf GRISEBACH's Autorität hin auch die neueren Autoren. Allein weder Abbildung und Beschreibung, noch die Untersuchung des PoiTEAU'schen Originals bieten irgend welchen Anhaltspunkt zu der Annahme von monströs ausgebildeten Blüthen. Der Kelch ist dagegen von den verwandten Gattungen so abweichend, dass er einen ausgezeichneten generischen Charakter abgiebt. Während bei Rondeletia fünf freie, auf der Frucht gewöhnlich, persistirende Kelchzipfel vorhanden sind, zwischen welchen das stumpfe Alabastrum der Krone von Anfang an sichtbar ist, bildet der Kelch bei Stevensia eine eiförmig-oblonge, lang zugespitzte, die Krone völlig und fest einschliessende Hülle, die bei der Anthese in zwei bald gleiche, bald etwas ungleiche Hälften zerreisst und abfällt. Die Blüthen sind nicht blos 6- oder 7-zählig, sondern bisweilen auch 5-zählig und höchst wahrscheinlich heterostyl; in der einzigen mir zur Verfügung stehenden 5-zähligen Blüthe war der Griffel sehr kurz^), so 1) Cat. PI. Oub. p. 127. 2) Flora Cubana, p. 64. 3) In Ann. du Museum d'hist. nat. IV. (1804) p. 235—237, pl. 60. 4) Flor. Brit. West-Ind. (1861) p. 828. 5) Auch Endlicher, Gen. p, 557 scheint eine brachystyle Blüthe untersucht zu haben, was aus den Worten „Stylus inclusus" hervorgeht. 264 Ign. Urban: dass die Narbenspitze weit unter der Basis der Antheren endigte, während der von POITEAU gezeichnete und beschriebene Griffel von der Länge der Kronenröhre ist, die Narbe also wohl die Antheren überragt. Die „bractee caliciforme ä quatre divisions", welche sich nach deni Autor unmittelbar unter der Bliilhe vorfinden soll (DE CAN- DOLLE nennt sie bracteae 4 in involucellum subconcretae), besteht aus den beiden Vorblättern und den auch hier gut ausgebildeten, auf den Inter- vallen zwischen den Vorblättern abgehenden Nebenblättern. Ob auch in der Placentation noch Unterschiede gegenüber Rondeletia vorhanden sind, kann nur durch ein eingehendes Studium der zahlreichen Arten letzterer Gattung festgestellt werden. Die Charaktere von Stevensia sind nach meiner Untersuchung folgende (vergl. Fig. 1—9): Stevensia Poit. Calyx ante anthesin plane clausus, alabastrum petalorum includens, ovatus v. ovato-oblongus rostrato-acuminatus, sub anthesi plus minus profunde bifidus, lobis nunc aequalibus, nunc subinae- qualibus, intus dense strigosus, postremo deciduus. CoroUa in ^s — ^3 alt. in tubum cylindraceum superne vix ampliatum coalita, intus glabra, fauce nuda; lobi 5 — 7 in aestivatione arcte imbricati, apice rotuudati, carnosuli patentes. Stamina 5 — 7 fauci corollae inserta; filamenta perbrevia; antherae sub medio affixae, oblongo-lineares, basi emarginatae, apice obtusissimae, faucem corollae vix attingentes, tubo 4-plo breviores. Stylus in floribus brachystylis tubo corollae duplo brevior, crassiusculus glaber, usque infra medium bifidus, lobis crassiuscule linearibus apice truncatis circumcirca dorso medio excepto stigmatosis, in floribus doli- chostylis longitudine tubi, apice bilobus. Discus annularis sub pube parum conspicuus. Ovarium specie obovatum, revera parte supera tantum loculigera, infera crasse pedicelliformi, subcompressum, veriice breviter et dense hirsutum, biloculare; ovula numerosa placentae peltatae parieti medio crasse punctiformi-affixae multiseriatim inserta, massam orbicularem formantia. Capsula parva (3 — 5 mm diametro) globulosa, vertice convexo brevissime hirsuta, caeterum tomentosula, exocarpio crustaceo, endoearpio solubili subosseo, loculicide bivalvis, valvis bi- partitis. Semina multa placentae crassae semiglobosae parieti sub medio affixae insidentia ovato-oblonga, inaequilatera, interdum sub- rhombea, plana obsolete reticulata circumcirca alata. Embryo minutus; cotyledones ovali-oblongae; radicula cotyledonibus subaequilonga. — Frutex bimetralis, ramis teretibus, pube ad apicera ramorum et subtus ad folia brevissime tomentosula simplice, resina viscosa hinc illinc obvia. Folia opposita breviter petiolata crasse coriacea pollicaria. Stipulae breviter tubulosae, inter petiolos plus minus triangulari-productae, obtusae v. obtusissimae, persistentes. Flores albi odoruti, in axillis solitarii, pedunculus ratione valde crassus; prophylla 2 bracteiformia v. minute euphylloidea stipulis bene evolutis interpositis; pedicellus perbrevis in ovarium abiens. Species unica Haitiensis {St. buxifolia Poit.) lieber einige Eubiacoen-Gattungen. 265 Mazaea Kr. et Url). (n. g.). Am Schlüsse von Rondeletia beschreibt GRISEBACH*) in seinem Catal. Plant. Cub. drei mit Fragezeichen hierher gezogene Arten: R.phialanthoides, tinifolia und verbenacea, deren letztere bereits HOOKER") zum Typus einer neuen Gattung der Chiococceae, Ceratopyxis, erhob. Ueber die Zugehörigkeit der zweiten Art lässt sich zur Zeit nicht urtheilen, weil reife Früchte fehlen. Die Untersuchung von R. phia- lanthoides, die in allen Entwickelungsstadien vorlag, ergab, dass wir es hier ebenfalls mit einer neuen Gattung zu thun haben, welche sich Rondeletia zwar anschliesst, aber durch den (»berhalb des Ovariums tubulös fortgesetzten Kelch, welcher später circumsciss abfällt, die spärlichen Ovula, die oblong-linealische, sopticid aufspringende Kapsel und durch die Form der Samen unterscheidet und dem Director des botanischen Gartens in Habana, MANUEL GOMEZ DE LA MAZA, zu Ehren benannt werden soll (Fig. 10 — 21). Mazaea Kr. et Urb. Calycis tubus anguste oblongus; limbus supra ovarium productus inferne tubulosus, superne 4-lobus, lobis in aestivatione apertis ovatis obtusis, interdum inaequalibus, basi circum- sciss e deciduus. Corolla in ''/j alt. in tubum cylindraceum superne vix ampliatum coalita, intus glabra, fauce nuda incrassata; lobi 4 in aesti- vatione inflexi imbricati breviter ovati carnosuli, sub anthesi patentes v. recurvi. Stamina 4 fauci corollae inserta; filamenta perbrevia; antherae in 7s ^1^- dorso affixae, oblongo-lineares, ad basin parum attenuatae, apice obtusissimae, connectivo postice dilatato, inclusae, tubo 3-plo breviores. Stylus tubo corollae aequilongus fiiiformis glaber, apice brevissime bilobus, lobis intus stigmatosis. Discus annularis brevissime pilosus. Ovarium oblongum subcompressum costatum biloculare; ovula in quoque loculo pauca (4 — 6) verticalia linearia utrinque attenuata placentae oblongae parieti punctiformi- affixae peltatim ad medium inserta. Capsula oblongo-linearis vix centrimetralis, brevissime et adpresse pilosula, exocarpio tenui crustaceo, endocarpio vix solubili subosseo, primum septicide dehiscens, loculis posterius intus ad basin, dorso fere ad basin bipartitis. Semina pauca placentae crassae lanceo- lato-liueari insidentia, ad medium affixa, lanceolato-linearia, dorso con- vexiuscula, ventre longitrorsum subangulata, testa longitrorsum anguste lineolata utrinque subulato-producta; endospermium carnosum. Embryo linearis fere longitudine seminis ipsius; cotyledones lineares obtusae subplanae radiculae tereti aequilongae. — Frutex (?), ramis teretibus, inferne laxe ad apicem densissime foliigeris , junioribus minute pulverulento-pilosis. Folia opposita breviter petiolata coriacea vix polli- 1) p. 129. 2) Je. Plant, t. 1125 et in Benth. et Hook. Gen. II p. 105. 266 löN. Urban: caria. Stipulae interpetiolares trianguläres acutae sericeae persistentes. Flores in axillis solitarii; pedunculus brevis compressus; prophylla 2 minute euphylloidea, stipulis carenlia; pedicellus perbrevis sensim in ovarium dilatatus. Species unica Cubensis: M. phialanthoides Kr. et Urb. (Rondeletiaf phialanthoides Grisb.). Obs. Rondeletia^ cui generi cl. GRISEBACHplantam nostrani cum dubio adscripsit, calyce tubo globuloso v. raro obovafo v. obovato- oblonge, supra ovarium non producto, lobis persistentibus v. raro singulatim deciduis, ovulis numerosis, capsulis loculicide bivalvibus, seminibus irregularibus v. cubicis v. compressis, Bathysa calycis tubo obovoideo, corollae fauce villosa, staminibus ori coroUae insertis, filamentis exsertis, ovulis numerosis, seminibus irregulariter compressis v. angulatis, panniculis brachiatis terminalibus recedunt. Baudia, Catesbaea, Scolosantlius. Die Arten der auf den Antillen endemischen Gattungen Catesbaea und Scolosanthiis, sowie die kleinblättrigen westindischen Randien haben unter sich eine so grosse habituelle Aehnlichkeit, dass -man sich nicht wundern darf, wenn man die Species dieser drei Genera öfters unter einander gemischt findet. Aus dem gleichen Grunde herrscht auch in der Litteratur eine beträchtliche Gonfusion. Dessen ungeachtet lassen sich die genannten drei Gattungen auch ohne ßlüthen an der Hand vegetativer Merkmale leicht erkennen. Was zunächst Randia betrifft, so besitzen die westindischen Arten gegenüber den beiden anderen Gattungen einen erheblich abweichenden morphologischen Aufbau. Die Nebenblätter, welche nur an jüngeren Zweigenden gut beobachtet werden können, sind zwischen den Blattstielen dreieckig zugespitzt und führen seitlich Taschen, in welchen die Basen der Blattstiele stecken. Es macht fast den Eindruck, als ob je 2 tutenförmig in einander steckende Stipeln vorhanden wären, eine intrapetiolare höhere und eine extrapetiolare niedrigere, welche auf der Vorder- und Hinterseite (zwischen den Blattstielen) zu den dreieckigen Nebenblattlappen völlig mit einander verwachsen und nur an den Flanken durch die Blatt- stiele selbst getrennt sind. Von den auf einander folgenden Blatt- paaren der Langzweige tragen nur je das I., IV., VH. (oder noch weniger) entweder Seitenzweige oder Dornen, unter welchen unter- ständige Beiknospen gänzlich fehlen, in ihren Achseln. Die übrigen Blattpaare führen Kurzzvveige mit Blattbüscheln; das unterste steht durch sehr auffällige Stauchung des voraufgehenden Internodiums gewöhnlich nur wenig über den Dornen bezw. Seitenzweigen, natürlich aber mit diesen decussirt. — Bei Catesbaea sind die Stipeln vorn und hinten (zwischen den Blattstielen) ebenfalls dreieckig vorgezogen, lieber einige Eubiaceen-Gattungen. 267 theilen sich aber bald durch einen Längsriss in ihre 2 Hälften; inner- halb der Blattstiele sind sie sehr kurz tubulös mit einander verbunden. Wo nicht Seitenzweige gebildet werden, tragen alle Blattachseln ein- fache kahle Dornen. Unter diesen finden sich unterständige Beiknospen, an denen die Blüthen hervortreten. — Bei Scolosanthus (Fig. 22— 2B) ist der morphologische Aufbau ein ähnlicher wie bei Cateshaea. Die Stipeln sind aber zwischen den Blattstielen gewöhnlich gestutzt und bilden einen sehr kurzen intrapetiolaren Tubus, der bald aufreisst und abfällt. Die Dornen sind, im Gegensatze zu den beiden vorhergehenden Gattungen, niemals einfach, sondern entweder zweigabelig ( 14. Fäden mit mehreren Schraubenbildungen. 40. Eduard Strasburger und David M. Mottier: Ueber den zweiten Theilungsschritt in Pollenmutterzellen. Mit Tafel XV. Eingegangen am 20. Juni 1897. Der Deutung, welche wir den Vorgängen gegeben hatten, die sich bei der zweiten Kerntheilung in Pollenmutterzellen abspielen, standen die von anderen Beobachtern für Embryosäcke gemachten Angaben gegenüber und warfen einen Schatten auf dieselbe. Daher wir für die „Reductionstheilung" in Pollenmutterzellen nur mit einem gewissen Vorbehalt eintraten^), so erfreulich auch die üebereinstimmung sein mochte, die sich mit der für das Thierreich immer bestimmter be- haupteten Reductionstheilung aus dieser unserer Deutung zu ergeben schien^). Wir konnten übrigens immer noch hoffen, dass im Embryo- sack ein verborgen gebliebener, der Reductionstheilung entsprechender Vorgang sich würde auffinden lassen. Diese Hoffnung ging nicht in Erfüllung. Unsere Untersuchung der Embryosäcke hatte vielmehr die gegentheilige Wirkung, indem sie unsere Annahme, dass eine Reductionstheilung in den Pollenmutter- zellen stattfände, erschütterte. Zunächst stellte es sich heraus, dass der erste Theilungsschritt der Embryosackmutterzelle von Lilium sich genau ebenso wie in der Pollenmutterzelle der nämlichen Pflanze vollzieht. Nachdem eine 1) Yergl. Jahrbücher für wissensch. Botanik, Bd. XXXII, 1897, S. 200 und 397, und Separat-Ausgabe, Cytologische Studien, S. 46 und 243. 2) Ebendaselbst S. 401 bezw. 247. 328 Eduard Strasburger und David M. Mottier: Längsspaltung des Kernfadens erfolgte und derselbe sich in die redu- cirte Zahl von Chromosomen segmentirte, findet in den Embryosack- mutterzellen, wie in Pollenmutterzellen, eine Umbieguog der Chromo- somen und ihre Befestigung mit den Umbiegungsstelien an den Spindel- fasern statt. In beiden Fällen sind während dessen nicht nur die beiden Tochterchromosomen in jedem Mutterchromosom, sondern auch die beiden an einander gelegten Schenkel des letzteren, mit einander mehr oder weniger vollständig verschmolzen. — Die aus einander weichenden Schwesterchroraosomen liefern demgemäss bei diesem ersten Theilungs- schritt, sowohl in Pollenmutterzellen wie in Embryosackmutterzellen, V-förmige Elemente. Wie vollkommen die Uebereinstimmung dieser so typisch aus- gebildeten Theilungszustände ist, ergiebt wohl, besser als jede weitere Schilderung, der Hinweis auf unsere Figuren. Die Fig. 1 führt uns die Kernspindel mit Kernplatte des ersten Theilungsschrittes aus einer Pollenmutterzelle von Fritillaria persica vor, die Fig. 2 denselben Zu- stand des ersten Theilungsschrittes aus der Embryosackmutterzelle von Lilium Martagon. Die Figuren 3 und 4 zeigen das Auseinanderweichen der V-förmigen Schwesterchromosomen in den Pollenmutterzellen von Lilium candidum und in der Embryosackmutterzelle von Lilium Mar- tagon. In beiden Fällen liegt die jetzt meist als heterotypisch bezeichnete Theilungsart vor^). Wir nahmen nun an, dass in Pollenmutterzellen beim zweiten Theilungsschritt eine Reductionstheilung erfolge, d. h. keine Längs- spaltung bezw. Längstheil uDg der Chromosomen, sondern eine Quer- theilung derselben sich vollziehe. Die Bilder, die uns vorlagen, waren derart, dass von einer Längsspaltung des Kernfadens bis zu seiner Trennung in die einzelnen Chromosomen nichts zu sehen war, dann aber plötzlich Doppelfäden vorlagen, die entweder ihrer ganzen Länge nach an einander hafteten, oder auch an einzelnen Punkten, eventuell nur an ihrer Anheftungsstelle an der Spindel zusammenhingen. Daher es uns schien, dass diese Doppelfäden ein Product des Zusammen- legens der beiden Schenkel von V-förmigen Chromosomen seien. Da der erste Theilungsschritt im Embryosack so vollständig mit demjenigen in den Pollenrautterzellen übereinstimmt und beide nach der heterotypischen Theilung sich vollziehen, so lag es nahe, im Embryosack nach einer bis dahin verborgen gebliebeneu Reductions- theilung beim zweiten Theilungsschritt zu suchen. Die Bilder, die wir bei diesem zweiten Theilungsschritt im Embryosack zu sehen bekamen, stimmten in ihrem äusseren Aussehen so vollkommen mit den Bildern des zweiten Theilungsschrittes in Pollenmutterzellen überein, dass unsere 1) Ueber die Anwendung dieser Bezeichnung vergl. 1. c. S. 399 bezw. 245. Zweiter Theilungsschritt der Zellkerne iu Pollenmutterzellen. 329 Hoffnung, hier auch eine Reductionstheilung zu finden, zunächst stärker wurde. Doch sehr bald hatten wir Fälle aufgefunden, in welchen der Kernfaden noch vor seiner Trennung in die einzelnen Chromosomen deutlich die Längsspaltung aufwies. Also lag eine Längsspaltung hier wirklich vor. Der längsgespaltene Kernfaden bildete auf diesem Zu- stand Schleifen mit Umbiegungsstellen an den Polen und am Aequator. Die weiteren Bilder lehrten, dass die Trennung in die einzelnen längs- gespaltenen Chromosomen sich an den Umbiegungsstellen, sowohl an den Polen wie auch im Aequator vollzog, und dass die getrennten Chromosomen mit dem äquatorialen Ende an den gleichzeitig aus- gebildeten Spindelfasern hafteten. Eine U -förmige Umbiegung der Chromosomen und eine Vereinigung ihrer zusammengelegten Schenkel, wie sie beim ersten Theilungsschritt erfolgt, findet somit beim zweiten nicht statt; die Chromosomen sind mit ihrem einen Ende an den Spindelfasern befestigt, im Uebrigen mehr oder weniger stark hin und her gekrümmt. Da je zwei Chromosomen, die zuvor im Aequator zu- sammenhingen, oft unmittelbar neben einander an der Spindel inserirt erscheinen, so macht das nicht selten den Eindruck eines Zusammen- hanges an jener Stelle und erweckt die Vorstellung eines offenen, mit der ümbiegungsstelle an der Spindel befestigten V. Aehnliche Vor- stellungen erweckt die oft erfolgende, mehr oder weniger vollständige Trennung der beiden Längshälften eines Chromosoms von einander. Andererseits zeigen sich die beiden Längshälften der Chromosomen nicht selten um einander gedreht. Die üebereinstimmung der Bilder, die dieser Theilungsschritt in Embryosackmutterzellen und Pollen- 'mutterzellen bietet, ist unter allen Umständen so gross, dass eine Ver- schiedenheit der Entwickelungsvorgänge kaum mehr möglich schien. Auch die Aebnlichkeit der fertigen Spindeln ergiebt sich ohne Weiteres aus dem Vergleich unserer Fig. 8, die dem Embryosack von Liliuvi Martagon, mit der Fig. 9, die einer Pollenmutterzelle derselben Pflanze entnommen ist. Wir suchten daher von Neuem nach einer Längs- spaitung des Kernfadens beim zweiten Theilungsschritte in den Pollen- mutterzellen, zum Theil an altem, zum Theil auch an neuem Material und schliesshch gelang es uns auch, diese Längsspaltung noch vor der Trennung des Kernfadens in die einzelnen Chromosomen festzustellen. Wir brachten nach und nach alle die Zustände zusammen, die wir im Embryosack zuvor aufgefunden hatten, und die Üebereinstimmung lag über alle Zweifel erhoben klar vor unserem Auge. Um dieselbe zu bekräftigen, bringen wir hier zwei Figuren zur Veröffentlichung, welche die Längsspaltung des Kernfadens noch vor vollendeter Segmentirung zeigen, wobei die Fig. 6 dem zweiten Theilungsschritt des oberen Kerns in der Embrysackmutterzelle von Lilium Martagon, und Fig. 7 dem zweiten Theilungsschritt in einer Pollenmutterzelle derselben Pflanze entnommen ist. Man wolle beachten, dass beide Figuren nur eine La- 330 Eduard Strasburger und David M. Mottier: melle aus einem Kern zu möglichst naturgetreuer Darstellung bringen, und dass eine solche Lamelle die Verbindung der Schleifen nur soweit zeigt, als sie in der Schnittebene lagen, ihr Zusammenhang somit durch das Messer nicht gelöst wurde. Der Umstand, dass in den Pollen- mutterzellen die Segmente enger als in der Embryosackmutterzelle an- einander gedrängt sind, dass die Insertionsstellen von je zwei Chromo- somen, die ursprünglich in der Aequatorialebene zusammenhingen, oft noch mehr an der Spindel genähert sind, dass die Längshälften einzelner Chromosomen sich auch nicht selten so weit trennen, dass sie nur noch % an ihrer Insertionsstelle, d. h. an der Spindel zusammenhängen, er- schwert beim Studium der Pollenmutterzellen die Sicherstellung der sich wirklich vollziehenden Vorgänge aus getrennten Entwickelungs- zuständen. An der übereinstimmenden Anlage und dem übereinstimmenden Bau der Kernplatten in der Embryosackanlage und der Pollenmutter- zelle ergiebt sich weiter auch das übereinstimmende Bild beim Aus- einanderweichen der Tochterchromosomen, wie es der Vergleich der Fig. 10 mit der Fig. 11 ohne Weiteres lehrt. Es folgt somit sowohl in der Embryosackanlage, wie in den Pollen- mutterzellen der Liliaceen eine gewöhnliche Kerntheilung auf die hetero- typische, eine Reductionstheilung findet nicht statt. Eine solche erfolgt auch nicht beim nächsten Theilungsschritt in den Embryosäcken, viel- mehr ist der karyokinetische Vorgang, dem der Eiapparat und der obere Polkern ihre Entstehung verdanken, durchaus mit dem voraus- gehenden identisch ^). Doch eine Möglichkeit lag noch vor, durch welche eine Reductions- theilung hätte auch unter den gegebenen Umständen bedingt sein können, nämlich eine etwaige Verschmelzung der beiden Schenkel der V-förmigen Tochterchromosomen des ersten Theilungsschrittes bei ihrem Eintritt in die Tochterkernbildung. Dann würde ja in der That der Tochterkernfaden seinem Ursprung nach ein Doppelfaden sein und seine Längsspaltung in den folgenden Prophasen nur eine Trennung schon vorhandener Hälften. Ueber diese Möglichkeit musste die directe Untersuchung Licht verbreiten. Sowohl von anderen Seiten, wie durch uns selbst, war in Pollenmutterzellen vielfach schon eine Vereinigung der Chromosomen mit den Enden zur Bildung des Tochterkernfadens angegeben worden, doch ein L^thum war ja möglieb, um so mehr, als diesem Vorgang nicht jene Bedeutung beigelegt wurde, wie er sie durch die eben formulirte Möglichkeit gewann. Wir studirten im Besonderen auf diesen Punkt hin die Pollenmutterzellen, und es gelang, bei den- 1) Eine eingehende Schilderung der Eutwickelungsvorgänge im Embryosack wird der eine von uns (Mottier) demnächst in den Jahrbüchern für wissenschaft- liche Botanik veröffentlichen. Zweiter Theilungsschritt der Zellkerne in PoUenmutterzeUen. 331 selben auch den ganz sicheren Nachweis zu erlangen, dass die älteren Angaben über den Vorgang wirklich schon das Richtige getroffen hatten. Es stellte im Besonderen sich heraus, dass die V-förmigen Tochterchromosomen, nachdem sie die Spindelpole erreichten, sich etwas verkürzen und so stellen, dass der eine ihrer Schenkel mehr nach aussen, der andere mehr nach innen gekehrt ist. Dann krümmen sich die Schenkelenden etwas schräg nach dem Innern eines jeden V, und es treffen die Schenkelenden der benachbarten V auf einander. Sie ver- schmelzen alsbald und bilden einen Schraubenfaden, dessen Windungen annähernd radial orientirt sind und in ununterbrochenem Verlauf einen kranzförmigen Körper bilden. Es ist wie ein Ring, den man aus einer Drahtspirale nach Verbindung ihrer freien Enden hergestellt hätte. Die Fig. 5 führt ein Stück eines Tochterkerns auf diesem Entwickelungs- stadium aus den Pollenmutterzellen von Lüium Martagon vor. Auch die Möglichkeit, dass durch Verschmelzung der beiden Schenkel jedes V-förmigen Tochtersegmentes und der Vereinigung so verschmolzener Segmente mit ihren Enden, Anknüpfungspunkte für eine Reductionstheilung in Pollenmutterzelleu und Embryosackmutterzellen gewonnen werden könnten, ist somit genommen, und das Resultat geht dahin, dass in Embryosackmutterzellen und PcUenrautterzellen der Phanerogamen eine Reductionstheilung, d. h. eine Theilung der Chromo- somen der Quere nach, nicht vorliegt. Wir kehren somit zu der Auffassung zurück, die wir vorüber- gehend verlassen hatten, dass die Existenz von Reductionstheilungen durch die bisher im Pflanzenreich bekannten Thatsachen sich nicht stützen lässt. Der Umstand, dass wir vorübergehend für eine Reduc- tionstheilung in den Pollenmutterzellen, als dieselbe uns aus den beob- achteten Thatsachen sich zu ergeben schien, eintraten, zeigt wohl hin- reichend, dass wir ohne Voreingenommenheit der Annahme eines solchen Vorganges gegenüberstanden. Ja wir glaubten sie als eine erfreuliche Ueberemstimmung mit den für das Thierreich so entschieden verfochtenen Ansichten begrüssen zu können. Doch auch gegen die Existenz einer Reductionstheilung im Thierreiche sind von Neuem ge- wichtige Bedenken laut geworden. Es stellt sie MeVES bei der Ent- wickelung der männlichen Geschlechtszellen von SalaTnandra maculosa entschieden in Abrede^), und es weist auch R. V. ERLANGER in seinen spermatogenetischen Fragen übersichtlich nach^), wie widersprechend noch die Angaben auf diesem Gebiete lauten. Wir hatten^) auf die Aehnlichkeit hingewiesen, welche die längs- gespaltenen Chromosomen der Sporen- und Pollenmutterzellen bei dem 1) Archiv für mikr. Anatomie, Bd. 48. 2) Zoolog. Centralbl , IV. Jahrg., 1897, Nr. 8. 3) Cytologische Studien, Jahrb. für wiss. Bot., Bd. XXX, S. 402; Sep.-Ausgabe S. 248. 332 E. Strasburger und D. M.Mottier: Zweiter Theilungsschritt der Zellkerne. ersten heterotypischen Theilungsschritt mit den Vierergruppen zeigen, wie sie, als der Reductionstheilung vorausgehend, für das Thierreich geschildert wurden. In den Sporen- und Pollenmutterzellen der Pflanzen wird das Bild der Vierergruppen durch das Zusammenlegen der längs- gespaltenen Chromosomen bedingt. Es tritt besonders hervor, wenn sich die zusammengelegten Schenkel von ihren Enden aus präsentiren. Dass eine solche Figur an sich in der Folge noch keine Reductionstheilung bedingt, halten wir nunmehr für das Pflanzenreich als erwiesen. Daher auch die Arbeit von GAßY N. CaLKINS^), die solche Vierergruppen in den Sporenmutterzellen von Pteridophyten für eine Stütze von Reduc- tionstheilung ansieht, uns nicht als beweiskräftig erscheinen kann. Wie schwer eine Sicherstellung der Thatsachen auf diesem Gebiete ist, und wie eingehende Studien jedes einzelnen Entwickelungszustandes sie ver- langt, haben uns unsere eigenen Erfahrungen hinlänglich gelehrt. Erklärung der Abbildungen. Sämmtliche Figuren 1250 mal vergrössert. Fig. 1. Keruspindel mit Kernplatte des ersten heterotypischen Theilungsschiittes aus einer Pollennautterzelle von Fritillaria persica. „ 2. Derselbe Zustand aus der Embryosackmutterzelle von Liliiim Martagon. „ ?>. Auseinanderweichen der Tochtersegmente bei der ersten heterotypischen Theilung in einer Pollenmutterzelle von Lilium cancUdani. „ 4. Derselbe Entwickelungszustand aus der Embryosackmutterzelle von Lilium Martagon. „ 5. Beginnende Verschmelzung der freien Enden der Tochtersegmente in den Tochterkernanlageu einer Pollenmutterzelle von Lilium Martagon. „ 6. Längsspaltung des Kernfadens in den Prophasen der zweiten gewöhnlichen Kerntheilung im Embryosack von Lilium Martagon. a 7. Derselbe Entwickelungszustand beim zweiten Theilungsschritt einer Pollen- mutterzelle derselben Pflanze. „ 8. Fertige Kernspindel beim zweiten Theilungsschritt im Embryosack von Lilium Martagon. „ 9. Der entsprechende Entwickelungszustand im zweiten Theilungsschritt einer Pollenmutterzelle derselben Pflanze. „ 10. Das Auseinanderweichen der stäbchenförmigen Tochtersegmente beim zweiten Theilungsschritt im Embryosack von Lilium Martagon. „ 11. Derselbe Zustand beim zweiten Theilungsschritt in einer Pollenmutterzelle derselben Pflanze. 1) Chromatin-reduction and Tetrad-formation in Pteridophytes, Contr. frora the Dep. of Bot. of Columbia Univ. Nr. 115. H. Dingler: Rückschlag der Kelchblätter zur Primärblattform. 333 41. Hermann Dingler: Rückschlag der Kelchblätter eines Blüthenstandsstecklings zur Primärblattform. Mit einem Holzschnitt. Eingegangen am 23. Juni 1897. Nach Beinling^) können Blüthenstiele von Primula sowie von Echeveria, in feuchten Sand gesteckt, sich bewurzeln. Allzu häufig scheint sich diese Fähigkeit bei derartigen Organen indessen nicht zu finden, wenigstens ist meines Wissens noch keine umfassendere Prüfung in solcher Richtung vorgenommen worden. Das Verhalten von Pelar- gonium zonale, welches H. DE VRIES beobachtete^), ist insofern nicht zu vergleichen, als eine, wenn auch abnorme Laubknospe sich im Blüthenstand befand. Im Uebrigen scheint nur noch für Cacteen die erwähnte Fähigkeit bekannt. Die nämliche Fähigkeit constatirte ich nun neuerdings für Blüthen- standszweige von Cam.'panula pyramidalis L. Gleichzeitig ergab die Cultur noch ein weiteres Resultat, welches das Gebiet der GÖBEL'schen physiomorphologischen Arbeiten über Pflanzengestaltung') berührt und vielleicht speeiell auf die Vorgänge bei der Blüthenbildung einiges Licht zu werfen im Stande ist. Ich will, nachdem weitere eingeleitete Versuche erst nach Jahr und Tag Resultate versprechen, kurz darüber berichten. Im Hochsommer vorigen Jahres wurde von einer fast verblühten, über 1 m hohen Blüthentraube einer V/^m messenden normalen Pflanze ein ca. 11 cm langer, noch mit Blüthenknospen besetzter Zweig von der Basis des Blüthenstandes abgeschnitten und in einen Topf mit feuchter Erde gepflanzt. Der Zweig, welcher bis heute fortlebt, blieb den Winter über mit jungen vegetativen Ablegern derselben Art an einem (mit Winterfenster versehenen) Ostfenster eines nicht geheizten Zimmers stehen und wurde, wie die übrigen daselbst befindhchen Pflanzen, massig feucht gehalten. Einige der unteren ßlüthen öfi"neten sich noch im Herbst und vertrockneten dann ohne Frucht anzusetzen. Die 1) „Untersuchungen über die Entstehung der adventiven Wurzeln und Laub- knospen an Blattstecklingen von Peperomia" in CoHN, Beitr, zur Biol. der Pflanzen, ni, 1883, S. 24. 2) „Ueber abnormale Entstehung secundärer Gewebe" in Presigsh. Jahrb. 22, 1891, S. 35. 3) Vergl. u. a. „Ueber den Einüuss des Lichtes auf die Gestalt der Kakteen und anderer Pflanzen", II, in -Flora 1896, S. 3 u. f., wo Verfasser über seine Ver- suche mit Campanula rotundifolia berichtet. 334 Hermann Dingler: oberen vertrockneten als kleine geschlossene Knospen. Einige erhielten sich übrigens im Knospenzustand lebend über den ganzen Winter bis in's Frühjahr, wo sie zu Grunde gingen. Aus den Vorblättern aller dieser ßlüthen entwickelten sich im Herbste neue Knospen, deren Vor- blätter zum Theil wieder Knospen erzeugten. Die aus den Vorblättern entsprungenen Knospen verhielten sich verschieden. Sie überdauerten den Winter und waren, als die Pflanze im ersten Frühjahr in regelmässige Beobachtung genommen wurde, zum Theil deutliche ßlüthenknospen mit meist nur sehr wenig verlängertem Stiel geworden. An ihnen waren die Kelchzipfel durchweg verhältniss- mässig etwas stark ausgebildet und ungleich gross, einzelne zeigten deutliche Verschmälerung ihrer Basis zu einem Stiel. Von einer Kelch- röhre war kaum etwas, von einem Fruchtknotenansatz war nichts zu bemerken. Keine dieser Blüthen öffnete sich, sie erhielten sich auf einer gewissen Entwickelungsstufe dauernd oder gingen wieder zu Grunde. Eine Anzahl der Vorblattsprosse hatte sich aber bereits etwas stärker verlängert und deren Achse sich gleichzeitig etwas stärker ver- dickt. Sie trugen ebenfalls zum Theil ßlüthenknospen, welche sich aber in bedeutend stärker verlaubtem Zustand befanden. Die Kelch- blätter waren in langgestielte typische Rundblätter (oder Primärblätter GÖBEL's), wie sie die Keimpflanzen und unfruchtbare basale Seiten- sprosse der normalen Pflanze zeigen, umgewandelt. Sie waren meist zu 5 (seltener zu 3 oder 4) vorhanden, eines derselben war öfter etwas tiefer als die übrigen inserirt. Ihre Insertion deutete meist ziemlich deutlich auf ^s'^^ßl^i^Oö' ^^^^^ einem Fruchtknoten war keine An- deutung vorhanden. Die verlaubten Kelchblätter umgaben eine deut- liche, um jene Zeit noch ganz geschlossene, grün gefärbte Krone, die einer gestielten Keule ähnlich sah. Eine letzte Gruppe von Vorblattsprossen endlich, deren Achsen ebenfalls etwas verlängert und stärker geworden waren, erzeugten an ihrem oberen Ende die gleichen gestielten Rundblätter in ähnlicher Zahl und Stellung, eine Krone war aber nicht entwickelt, sondern die Blätter befanden sich in etwas verschiedenem Entwickelungzustand, und das Achsenende nahm eine minimale kleine Knospe von einst- weilen nicht weiter erkennbarer Beschaffenheit ein. Die letztgenannten beiderlei Sprosse kräftigten und verlängerten sich sichtlich bis Anfang Mai, um welche Zeit der Steckling in natürlicher Grösse photographirt wurde. Seitdem blieb er ziemlich stabil. Die geschlossenen Kronen der Blüthensprosse mit vollkommen verlaubten Kelchblättern waren bis Ende Mai noch ganz grün. Am kräftigsten entwickelt waren die mit «, 6, d (vergleiche die Figur) be- zeichneten. Die Krone von a vertrocknete ohne sich zu färben oder zu öffnen mit den zugehörigen Kelchblättern. Die Kronen von h und d dagegen fingen seitdem an sich hellblau zu färben, und zwar die eine Rücksclilag der Kelchblätter zur Primärblattforni. 335 auf der dem Fenster zu-, die andere auf der dem Fenster abgewandten Seite, Seit dem 10. Juni begannen die Kronen gleichzeitig sich zu öffnen, und zwar nicht von der Spitze aus, sondern von dem unteren Rand der verlängerten und verbreiterten Kronenlappen aus. An der Spitze blieben sie vereinigt und behielten grünliche Farbe, was einiger- massen an das Verhalten der verwandten Phyteuma erinnert. Aus einem etwas weiter geöffneten Spalt der Krone von d trat seitdem ein den verlaubten Kelchblättern gleichendes, doch etwas schmäleres und stärker gezähntes, kürzer gestieltes Blättchen hervor, während man noch zwei weitere grüne, sich augenscheinlich nicht weiter vergrössernde Organe im Innern ernennen kann, welche mit den hier nur zu drei Die Buchstaben a — f bezeichnen die Blüthensprosse mit verlaubtem Kelch. Die Zahlen 1 — 7 die laubigen Sprosse ohne Andeutung einer Krone. Die Ki'onen der Sprosse b und d bilden sich corolltnisch aus. Die Laubsprosse 1 und 6 wurden abgeschnitten und als Stecklinge gepflanzt. Die Figur ist nach Photographie in natürlicher Grösse vriedergegeben. Die Basis des Stecklings ist durch den Topfrand verdeckt, was vom Xylographen nach der etwas blassen Photographie unrichtig aufgefasst und wiedergegeben wurde. vorhandenen Kronenzipfeln, wie die drei der Krone benachbarten Kelch- blätter, alterniren. Ein viertes Kelchblatt sitzt 3 mm tiefer am Blüthen- stiel. Die Bildungen innerhalb der Krone dürften wohl rückschlagende Staubblattanlagen darstellen. Die Krone von b besitzt fünf ebenfalls oben verwachsen gebliebene Zipfel und fünf alternirende, nahezu gleich 336 H. Dingler: Eückschlag der Kelchblätter zur Primärblattform. hoch stehende verlaubte Kelchblätter. Innerhalb befinden sich einige, wie es scheint, antherenartige Gebilde. Ein Fruchtknoten ist auch nicht einmal andeutungsweise vorhanden. Von (7) kronenlosen laubigen Sprossen wurden die zwei kräftigsten nahe ihrer Basis abgeschnitten und als Stecklinge eingepflanzt, um das anscheinend wenigstens mög- liche Weiterwachsen zu begünstigen. Die geschilderte Entwickelung bietet nach verschiedenen Seiten hin Interesse. Zunächst bestätigt sie die Möglichkeit, reine Blüthen- stände von normal kurzlebiger Dauer oder Theile von solchen unter geeigneten Umständen länger am Leben zu erhalten. Dann aber stellen die zuletzt geschilderten Bildungen typische Rückschläge dar, welche um so auffallender sind, als manche der neugebildeten Sprosse nach der Bildung von Primärblättern (anstatt Kelchblättern) dennoch direct zur Erzeugung verwachsener und gefärbter Blumenkronen übergingen. Einstweilen bedeutet das Resultat nur ein vereinzeltes Factum, welches weiterer Untersuchung bedarf. Im Uebrigen läge es nahe, in Analogie mit der bekannten Reaction von Stämmen, welchen die Blätter genommen wurden, anzunehmen, dass auch hier das zählebige, blattlose, aber Knospenanlagen tragende Stammstück — wie wir ja den Setzling bezeichnen können — ein Bedürfniss nach Erzeugung vegeta- tiver Blätter besitze. Wenn man die Neigung der Bläthenstands- achsen, unter normalen Verhältnissen ausschliesslich zu Blüthenorganen metamorphisirte Blattorgane zu bilden, als einen Zwangszustand be- zeichnen würde, so würde dieser unter dem „Bedürfnissreiz" bis zu einem gewissen Grade hier durchbrechbar sein. Indessen sind die einzelnen beeinllussenden Agentien noch nicht hinreichend sichergestellt, um jetzt schon eine Erklärung zu versuchen. Es dürften auch hier gewisse äussere Momente, die Trennung des ge- steckten Sprosses von der Mutterpflanze, sowie Beleuchtungs- und Temperaturverhältnisse einen sehr wesentlichen Einfluss ausüben. Einst- weilen scheint mir, dass Campanula pyramidalis ein geeignetes Ver- suchsmaterial darbietet, um neben anderen interessanten Fragen nament- lich auch derjenigen nach der Blüthenverlaubung experimentell näher zu treten, üeber die Resultate fortgesetzter Versuche, soweit solche unter hiesigen Verhältnissen durchführbar sind, werde ich später be- richten. Wl. Belajeff: Spermatogene Zellen und Spermatogenese bei Farnkräutern. 337 42. Wl. Belajeff: Ueber den Nebenkern in spermatogenen Zellen und die Spermatogenese bei den Farnkräutern. (Vorläufige Mittheilung). Eingegangen am 24. Juni 1897. Der Bau uud die Entwickelung der Spermatozoiden diente mir als Gegenstand einer ganzen Reihe von Untersuchungen, welche bereits im Jahre 1884 begannen. Die Resultate dieser Untersuchungen sind von mir wiederholt in den Sitzungen der biologischen Abtheilung der Naturforscher -Gesellschaft zu Warschau erörtert worden. Mit der ersten meiner Mittheilungen war die Mehrzahl der Forscher, welche dieselbe Frage zum Gegenstand ihrer Untersuchungen machten, durchaus nicht einverstanden. Es herrschte zu dieser Zeit die Ueberzeugung, dass der Körper des Spermatozoids einen spiralig gewundenen Kern darstellt. Diesen Gedanken sprachen auch GUIGNARD, STRASBURGER, Campbell u. a. aus. Nach meinen Beobachtungen wird der Spermato- zoidenkörper nicht nur aus dem Kern, sondern auch aus dem Plasma der Zelle gebildet. Die ausführlichen Untersuchungen, welche ich den Spermatozoiden der Characeen widmete, machten zuletzt diese bis dahin herrschenden Ansichten schwankend, und STRASBURGER war der erste, welcher seine frühere Ansicht hierüber änderte und die Resultate meiner Untersuchungen bestätigte. Meine genauen Er- forschungen der Spermatogenese bei den Filicineen gaben mir wieder- holt Gelegenheit, mich von der Richtigkeit der von mir ausgedrückten Meinung zu überzeugen, nämlich, dass der Spermatozoidenkörper aus Kern und Plasma besteht. Ausserdem aber gelang es mir, eine Reihe interessanter Begleiterscheinungen bei der Umwandlung der spermato- genen Zelle in ein Spermatozoid zu constatiren. Die Theilung der inneren spermatogenen Zelle im Antheridium bei den Filicineen wird von karyokinetischer Theilung des Kernes begleitet. Trotz aller meiner Bemühungen aber gelang es mir nicht, Centrosome in den Polen der Kernspindel bei den spermatogenen Zellen aufzufinden. Alle spermato- genen Zellen jedes Antheridiums enthielten Zellkerne in einem und demselben Theilungsstadium. Gegen Ende des Theilungsvorganges in der spermatogenen Zelle rundeten sich diese letzteren ab, und jede Zelle enthält in diesem Stadium einen ziemlich starken, von einer Plasmaschicht umgebenen Zellkern. Nachdem die Prothallien durch Osmiumsäuredämpfe fixirt und die mittelst einer Nadel herauspräparirten spermatogenen Zellen mit einem Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. 23 338 Wl. Belajeff : Spermatogene Zellen und Spermatogenese bei Farnkräutern. Gemisch von Jodgrün und Fuchsin gefärbt worden waren, beobachtete ich eine Grünfärbung des Kernes, während das Plasma eine rosa Färbung annahm. Im Plasma jeder spermatogenen Zelle beobachtet man vor der Spermatozoidbildung ein abgerundetes Körnchen, welches sich durch Fuchsin bedeutend intensiver färbt als die übrige Plasma- masse. Nicht selten zeigt der Zellkern eine Vertiefung an derjenigen Stelle, wo neben ihr das Körnchen lagert, welches an ein Centrosom erinnert. Die erste Veränderung, welche man in diesen Zellen wahr- nimmt, besteht in der Ausdehnung dieser Körnchen, welche dabei eine halbmondförmige Gestalt annehmen. Durch die weitere Streckung ent- steht aus diesem Körperchen ein den Kern umfassender Faden. Bei aufmerksamer Beobachtung kann man wahrnehmen, dass der intensiv ge- färbte Faden am Rande des schwächer gefärbten Bandes entlang geht. Dieses Band stellt die erste Anlage des Spermatozoidenkörpers dar, liegt im Plasma und wird durch Fuchsin hellroth gefärbt. Bei der weiteren Ausdehnung nimmt dieses Band und der an seinem Kande entlang liegende Faden die Form einer Spirale an, welche mit ihrer hinteren, breiteren Windung sich um den Zellkern herumbiegt, mit der vorderen, viel schmäleren Windung aber frei im Plasma der Zelle endet. Von dieser Spirale erheben sich die Cilien, die von ihrem vorderen freien Ende nach dem hinteren zu gerichtet sind. Die Cilien sind anfänglich sehr kurz, verlängern sich aber allmählich, d. h. sie wachsen und umfassen den Körper der spermatogenen Zelle spiral- förmig. Inzwischen bleibt aber auch der Kern der spermatogenen Zelle nicht ohne Veränderung. Er beginnt sich an dem Spiralbande entlang zu strecken und nimmt dabei anfänglich eine bohnenförmige, dann eine sichelförmige und schliesslich eine spiralförmige Gestalt an. Das vordere Ende dieser Spirale wird zuletzt fadenförmig, während das hintere einen bedeutend dickeren Durchmesser beibehält. Auch der innere Bau verändert sich ebenfalls. Im Anfange enthält der Kern den so- genannten Kernsaft und ein Fadengerüst, welch letzteres Chromatin- körnchen einschliesst. Allmählich werden die die Alaschen des Ge- rüstes bildenden Fäden dicker, und das Chromatin vertheilt sich gleich- massig an den Fäden. Schliesslich wird der ganze Kern homogen, und seine ganze Masse scheint nur aus dem Chromatin zu bestehen. Das reife, völlig entwickelte Spermatozoid besteht in seinem hinteren Theile aus einem ziemlich dicken, spiralförmigen Chromatinkörper, der von einer dünnen Plasmahülle umgeben ist, welche durch Fuchsin roth ge- färbt wird. Am äussersten hinteren Ende bemerkt man mitunter die Fortsetzung dieser Plasma-Umhüllung in Form eines Anhängsels, das durch ein Gemisch von Fuchsin und Jodgrün nur eine schwach rothe Färbung erhält. Das vordere Ende des Spermatozoidenkörpers hat eine bandartige Form, reagirt wie Plasma und scheint gewissermassen Wl. Belajeff: Ueber die Spermatogenese bei den Schachtelhalmen. 339 eine Fortsetzung der Plasmahülle des Kernes darzustellen. In den unteren Theil dieses Bandes tritt der Kern mit dem fadenförmigen Theile seiner Spirale hinein und liegt längs des unteren Bandrandes. Am oberen Rande des plasmatischen Bandes läuft ein dünner Faden entlang, der durch Fuchsin bedeutend intensiver gefärbt wird als die übrige Plasmamasse; er ist aus dem spiralig gedehnten Körperchen ent- standen. Die Cilien sind am plasmatischen Bande befestigt, jedoch gelang es mir nicht, ihre genaue Befestigungsstelle mit Sicherheit feststellen zu können. Sie sitzen nur auf den zwei vorderen Windungen des spiralförmigen Körpers des Spermatozoids, welcher im ausgereiften Zu- stande nicht mehr als drei Windungen hat. Die Cilien sind vom vorderen nach dem hinterem Ende des Spermatozoids gerichtet. Ihre Länge übertrifft die Länge des Sperraatozoidenkörpers; ihre Anzahl ist sehr bedeutend, es gelang mir, ihrer metr als 40 nachzuzählen. Die Ergebnisse meiner Beobachtungen sind also folgende: \. Dass die Spermatozoiden der Filicineen einen spiralförmigen Körper darstellen, der aus einem Plasmabande und einem faden- förmigen Kerne besteht und eine grosse Anzahl Cilien trägt, die an dem Plasmabande auf den zwei ersten Windungen befestigt sind. 2. Dass in dem Plasmabande ein dünner Faden eingeschlossen ist, welcher aus dem im Plasma der spermatogenen Zelle beobachteten Körperchen entsteht. 43. Wl. Belajeff: Ueber die Spermatogenese bei den Schachtelhalmen. Eingegangen am 24. Juni 1897. Die nahe Verwandtschaft der Schachtelhalme und der Filicineen gab mir Veranlassung, in der Spermatogenese bei den Equisetaceen dieselben Erscheinungen zu suchen, welche ich bei den echten Fili- cineen beobachtet hatte. Meine Erwartungen wurden hierbei nicht nur bestätigt, sondern die Untersuchungen der Spermatogenese bei den Schachtelhalmen gaben mir entscheidenden Aufschluss über einige That- sachen, welche ich früher bei den Farnkräutern beobachtet hatte, deren genauere Deutung mir aber bisher unklar geblieben war. 23* 340 Wl. Belajeff: Bei der Vermehrung der spermatogenen Zellen der Schaclitelhalme, wie auch der Farnkräuter, erfahren die Kerne karyokinetische Theilungen. Die Zahl der Chromosomen ist wie bei den Farnen auch hier ausser- ordentlich gross. Centrosomen zu constatiren ist mir auch hier nicht gelungen. Die Lagerung der Kernspindel erinnert an die bereits von mir beobachten Erscheinungen bei den Characeen. Die Kernspindel ist nicht längs der Zelle gelagert, sondern unter einem Winkel von 45° zu ihrer Achse. Nichts desto weniger theilt sich die Zelle senkrecht zu dieser Achse, folglich verändert die Kernspindel ihre Lage in der Zelle. Wurden die spermatogenen Zellen der Schachtelhalme nach der Fixirung mit Osmiumsäuredämpfen mit einem Gemisch von Fuchsin und. Jod- grün gefärbt, so fand ich im Plasma derselben keine abgerundeten Körperchen, wie bei den Fihcineen, sondern halbmondförmige, die mit ihrer convexen Seite dem Kerne zugewandt sind und sich mit Fuchsin weit intensiver färben, als die übrige Plasmamasse der Zelle. Die ersten in der spermatogenen Zelle zu beobachtenden Ver- änderungen betreffen auch hier diese Körperchen. Jedes Körperchen verändert alsdann seine Gestalt und dreht nun dem Zellkerne nicht mehr seine convexe, sondern seine concave Seite zu und beginnt sich um den Kern herum auszudehnen. Es nimmt bald eine fadenförmige Gestalt an und umgiebt den Kern schraubenförmig. Auch hier gelang es mir zu beobachten, dass dieser Faden dem Rande des sich weniger intensiv färbenden und den Kern spiralig umfassenden Bandes entlang läuft. Der allmählich weiter auswachsende Faden scheint anfänglich homogen zu sein, wenn er aber völlig ausgewachsen ist, wird er körnig. Die darauf erscheinenden Körnchen stellen nichts anderes als Höcker dar, die zuerst eine hakenförmige Gestalt annehmen und nach und nach fadenförmige Auswüchse bilden. Die Anzahl dieser fadenförmigen Auswüchse ist sehr bedeutend. Sie dehnen sich spiralig und umfassen dabei den Körper der spermatogenen Zelle. Diese fadenförmigen Aus- wüchse sind die Cilien des zukünftigen Spermatozoids. Demgemäss ergiebt sich, dass der Faden, der aus dem kleinen, deutlich gefärbten Körperchen in der spermatogenen Zelle entsteht, die Ciüen bildet und diese letzteren trägt. Der Kern der spermatogenen Zelle bleibt ebenfalls nicht ohne Ver- änderung. Er nimmt zuerst eine bohnenförmige Gestalt an, indem er sich leicht ausstreckt und einen verhältnissmässig dünnen Auswuchs bildet, der sich nach derjenigen Seite richtet, wo sich in der Folge das vordere Ende des Spermatozoids entwickelt. Dieser Auswuchs ver- längert sich allmählich, und darauf erscheint an der entgegengesetzten Seite des Kernes ein zweiter, stärkerer Auswuchs, der sich dem ent- gegengesetzten hinteren Ende des Spermatozoids zuwendet. Der Kern nimmt eine sichelförmige Gestalt an, wobei seine grösste Breite in der Mitte liegt. Bei der weiteren Verlängerung gleicht sich diese mittlere Ueber die Spermatogenese bei den Schachtelhalmen. 341 Anschwellung aus, und der ganze Kern enthält die Form einer kurzen Spirale, die im Ganzen nur eine Windung mit kurzer Zuspitzung an der einen und allmählicher Zuspitzung an der andern Seite hat. Auch der innere Bau des Kernes erfährt gleichfalls eine Yeränderung. In dem Masse, wie die Streckung des Kernes fortschreitet, gestaltet sich das Chromatinnetz in demselben immer dichter, als ob alle anderen Ingredienzien des Kernes aus ihm verschwinden; zuletzt stellt der Kern eine homogene Chromatinmasse dar, an welche sich keinerlei Structur mehr erkennen lasst. Das völlig reife Spermatozoid hat die Form eines Spiralkörpers mit ungefähr zwei Windungen und trägt eine grosse Anzahl Cilien auf seiner vorderen Windung. Der Spiralkörper des Spermatozoids er- scheint als ein in seinem vorderen Theile verhältnissmässig schmales Band, während der hintere Theil einen mehr verdickten Körper bildet. Die hintere Windung enthält den Kern, der von einer Plasmahülle umgeben ist, welche letztere ganz am hinteren Ende des Spermatozoids in eine scharfe Plasmaspitze ausläuft. An der Bauchseite der Spirale befindet sich ein Rest von körnigem Plasma, worin sich öfters Vacuolen bilden, die eine bläschenähnliche Gestalt annehmen und dadurch die Form des Spermatozoids verändern. Die vordere bandartige Windung besteht aus Plasma, welches gleichsam die Fortsetzung der Plasmahülle der hinteren Windung bildet. In der ersten Hälfte der vorderen Windung der Spermatozoidspirale, ihrem hinteren Rande entlang, läuft der vordere fadenförmige Auswuchs des Kernes. Am oberen Rande desselben bis zum vorderen Ende des Spermatozoids läuft ein anderer, noch dünnerer Faden hin, der mit Fuchsin intensiver als die übrige Plasmamasse des Bandes gefärbt wird und eine grosse Anzahl Cilien trägt. Cilien kommen überhaupt lediglich auf diesem Faden vor, der nur wenig mehr als eine einzige Windung hat. Es stellen also die Spermatozoiden der Schachtelhalme, ebenso wie diejenigen der Filicineen, einen Spiralkörper dar, welcher aus Plasma und einem ebenfalls spiralförmigen Zellkerne besteht und eine grosse Anzahl Cilien auf seiner ersten Windung trägt. Ausserdem hat mir die Entwickelungsgeschichte der Spermato- zoiden bei den Schachtelhalmen Aufklärung über die Bedeutung des von mir in den sperraatogenen Zellen der Schachtelhalme, wie auch der Farnkräuter beobachteten, sich intensiv färbenden Körperchens gegeben. Dieses Körperchen, das sich in einen Faden umwandelt, dient später als dasjenige Organ, welches den Ursprung und Sitz der Cilien dar- stellt. Bei den Farnkräutern gelang es mir nicht, die Befestigung und die Bildung der Cilien vollständig aufzuklären, aber der Analogie nach unterliegt es keinem Zweifel, dass auch bei ihnen dieses Körperchen dieselbe Rolle spielt, wie bei den Schachtelhalmen. Wenn ich die Ergebnisse meiner Beobachtungen über die Spermato- 342 Wl. Belajeff: genese bei den Equisetaceen und Filicineen mit den früher von mir bei der Beobachtung dieses Processes bei den Characeen erhaltenen Resultaten vergleiche, so ersieht man, dass der Höcker, welchen ich in den spermatogenen Zellen der Characeen gefunden habe, hier dieselbe Rolle spielt, wie der cilienbildende Körper bei den Schachtelhalmen. Dieser Höcker bei den Characeen, dessen Vorhandensein auch STRASBUKGEE, bestätigt hat, und der sich mit Fuchsin auch lebhaft färbt, liegt in der Nähe des Kernes, dehnt sich zum Faden aus und bildet zwei Cilien. Folglich stellt dieses Körperchen in den spermatogenen Zellen, das sich zum Faden streckt und Cilien bildet, eine der Spermatogenese der Pflanzen allgemeine Erscheinung dar. 44. Wl. Belajeff: Ueber dieAehnlichkeit einiger Erscheinungen in der Spermatogenese bei Thieren und Pflanzen. Eingegangen am 24. Juni 1897. (Vorläufige Mittheilung.) In einer ganzen Reihe von Untersuchungen und Mittheilungen, die ich zum Theil in den Sitzungen der biologischen Abtheilung der Warschauer Naturforschenden Gesellschaft veröffentlichte, bemühte ich mich, die Erscheinung der Spermatogenese im Pflanzenreich aufzu- klären. Meine Untersuchungen deckten eine ausserordentliche Aehnlichkeit zwischen den verschiedenen Gruppen des Pflanzenreiches auf, sowohl was den Bau der reifen Spermatozoiden, als auch was ihre Entwicke- lungsgeschichte anbetrifft. Bei den Characeen, Filicineen und Equisetaceen entsteht das Spermatozoid aus denselben Elementen der Zelle, und die Zellmeta- morphose vollzieht sich bei der Spermatogenese aller dieser Pflanzen in derselben Weise. Wenn wir die Spermatozoiden der Characeen, Filicineen und Equisetaceen einer Fixirung und Färbung unterwerfen, so finden wir im sogenannten Körper der Spermatozoiden einen Spiral- faden, der sowohl durch seine Färbung, als auch durch seine Reac- tionen eine völlige Uebereinstimmung mit dem Kern der vegetativen Zelle zeigt. Dieser spiralförmige Faden bildet jedoch nicht allein den Körper des Spermatozoids, sondern, im Gegensatz zur Meinung einer Aehnlichkeit der Spermatogenese bei Thieren und Pflanzen. 343 grossen Anzahl von Forschern, welche sich mit der Spermatogenese be- schäftigten, betheiligt sich auch das Plasma am Aufbau des Spermato- zoidenkörpers. Das ganze vordere Ende seines spiraligen Körpers zeigt sich als aus Plasmamasse bestehend, und wird dies nachgewiesen durch die Beziehungen des vorderen Endes zu den Farbstoffen und zu den Reagentien, die für das Plasma charakteristisch sind. Aber nicht nur das vordere Ende, sondern auch der mittlere Theil des Spermato- zoidenkörpers enthält Plasma. Der spiralförmige Kern in diesem Theile des Spermatozoidenkörpers zeigt sich von einer Plasmahülle umgeben und trägt auf seiner Bauchseite einen plasmatischen Saum, der bei den Characeen sehr schmal, bei den Schachtelhalmen sehr breit ist. Der hintere Theil des Spiralkörpers endlich enthält überhaupt keinen Kern, sondern besteht nur aus Plasma. Bei den Characeen stellt er ein ziemlich langes, dünnes, spiraliges Fadenende dar, bei den Schachtel- halmen hat der hintere, plasmatische Theil die Form eines kurzen, kegelförmigen Fortsatzes, und bei den Farnen ist er überhaupt fast gar nicht zu bemerken. Die Entwickelungsgeschichte bestätigt vollständig die Resultate der Untersucbung über den Bau der Spermatozoiden. Die Zellmeta- morphose, durch welche das Spermatozoid gebildet wird, äussert sich bei den Characeen, Farnen und Schachtelhalmen durch eine Ver- änderung im Bau sowohl des Kernes, wie auch des Plasmas. Der ab- gerundete Kern dehnt sich zuerst aus und stellt einen birn- oder sichel- förmigen Körper dar. Dieser letztere verwandelt sich während seiner weiteren Streckung bei den Characeen in einen langen, dünnen, spiral- förmigen Faden. Bei den Farnen gestaltet er sich gleichfalls faden- förmig, bleibt aber am hinteren Ende bedeutend verdickt; bei den Schachtelhalmen bleibt er kurz, stark angeschwollen am hinteren Ende, während das vordere Ende zu einem Faden ausgezogen erscheint. Nicht aliein in der äusseren Form des Kernes, sondern auch in seinem inneren Bau treten grosse Umwandlungen auf. Der Kern der spermato- genen Zelle enthält bei den Characeen, Farnen und Schachtelhalmen ein Gerüst, in welchem sich feine Chromatinkörner eingelagert befinden. Dieses netzartige Gerüst wird allmählich immer dichter und chromatin- reicher und verwandelt sich schliesslich in eine homogene Chroraatin- masse, so dass der fadenförmige Kern des reifen Spermatozoids zuletzt einen homogenen Chromatinfaden darstellt. Das vordere und das hintere Ende des Spermatozoids sind aus Plasma gebildet, woraus auch die Cilien bestehen. Die Bildung dieser letzteren zeigt sich gleichfalls ähnlich bei den Characeen, Filicineen und Equisetaceen. In den spermatogenen Zellen aller dieser Pflanzengruppen findet man nach der Fixirung und Färbung durch Fuchsin abgerundete Körperchen, die durch Fuchsin bedeutend lebhafter gefärbt werden, als das übrige Plasma. Diese abgerundeten Körperchen dehnen sich zum Faden aus, der im vorderen Theile des 344 Wl. Belajeff: Spermatozoidenkörpers liegt. Auf diesem Faden erscheinen Höcker, die sich zu Cilien ausstrecken. Bei den Characeen bilden sich zwe* solcher Höcker und folglich auch zwei Cilien, bei den Farnen und Schachtelhalmen aber eine ganze Reihe. Wenn man die oben beschriebenen Erscheinungen mit denjenigen der Spermatogenese bei den Thieren vergleicht, so finden wir, dass sowohl in Bezug auf den Bau der reifen Spermatozoiden, als auch in Bezug auf die Erscheinungen der Zellmetamorphose, wodurch das Spermatozoid im Thier- und Pflanzenreiche gebildet wird, eine ausser- ordentlich grosse üebereinstimmung herrscht. Thatsächlich dehnt sich nach den Untersuchungen von FLEMMING*) der Kern in den Spermatiden des Salamanders bei der Bildung des Spermatozoids allmählich aus und nimmt anfänglich eine birnförmige, und darauf eine fadenförmige Gestalt an. Dieser Faden bildet jedoch keine Spirale, wie bei den Pflanzen, sondern stellt sich geradlinig, auf- recht dar. Im Innern des Kernes geht ebenfalls eine Umwandlung vor, die völlig derjenigen im Bau des Kernes der spermatogenen Zelle bei den Pflanzen entspricht. Das Chromatinnetz in den Kernen der Spermatiden gestaltet sich mit der fortschreitenden Ausstreckung immer dichter und geht schliesslich in eine homogene Chromatinmasse über. Auch im Thierreiche enthalten die Spermatiden oder Zellen, welche das Spermatozoid erzeugen, Körperchen, welche intensiver ge- färbt werden als die übrige Plasmamasse. Am Kern beobachtete Hermann^) bei den Spermatozoiden des Salamanders einen soge- nannten „Nebenkörper", bestehend aus einem durch Safranin leuchtend roth gefärbten Körperchen und einem Ringe, sowie einem nicht ge- färbten ovalen Gebilde. Der deutlich gefärbte Körper begiebt sich zur Zeit der Spermatozoidenbildung in das Innere des Kernes, wächst dort weiter und tritt etwas aus ihm hervor. Aus diesem Körper ent- steht das sogenannte „Mittelstück" des Spermatozoids. Diesem Mittel- stück folgt der Schwanzfaden des Spermatozoids. HERMANN glaubt, dass dieser Faden aus dem Mittelstück hervorwächst. Zu dieser Ver- muthung führte ihn besonders die Anlage der Spermatozoiden bei den Mäusen. Wenn man diese Thatsachen mit den Resultaten meiner Unter- suchungen der Spermatogenese bei den Pflanzen vergleicht, muss man zu dem Schlüsse kommen, dass das deutlich gefärbte Körperchen in den Spermatiden des Salamanders und der Maus durchaus dem intensiv gefärbten Körperchen in den spermatogenen Zellen bei den Characeen, Farnen und Schachtelhalmen entspricht, dass ferner das Mittelstück 1) W. Flemming, Weitere Beobachtungen über die Eutwickelung der Spermato- zoen bei Salamandra maculosa. Archiv für mikr. Anatomie, 31, 1887. 2) F. Hermann, Beiträge zur Histologie des Hodens. Archiv für mikrosk. Anatomie, 34, 1889. Einige Streitfragen in den Untersuchungen über die Karyokinese. 345 der Spermatozoiden bei den Thieren dem Faden entspricht, welcher die Cilien der Pflanzenspermatozoiden trägt; die schwanzartigen Fäden der Spermatozoiden des Salamanders resp. der Maus entsprechen den Cilien der vegetabilischen Spermatozoiden, Die Formveränderung des Kernes und seines Aufbaues, ebenso wie die Umwandlung des Kernes, des gefärbten Körperchens, das neben dem Kerne im Plasma liegt, sowie die Bildung der fadenförmigen An- sätze bei der Entwickelung der Spermatogenese der Thiere und Pflanzen, beweisen also thatsäcblich eine tief gehende üebereinstimmung. 45. Wl. Belajeff: Einige Streitfragen in den Untersucliungen über die Karyokinese. (Vorläufige Mittheilung.) Eingegangen am 24. Juni 1897. Im Jahre 1894 veröffentlichte ich im Ergänzungsbande der Zeit- schrift „Flora" eine kurze Abhandlung, welche die Resultate meiner Untersuchungen über die Karyokinese enthielt. In dieser Abhandlung machte ich zunächst auf zwei wichtige Punkte aufmerksam, nämlich erstens war meinerseits zuerst darauf hin- gewiesen, dass die Chromosome im Stadium des Muttersternes bei der Kerntheilung der Pollenmutterzellen von Lilium, Fritillaria und Larix nicht stabförmig sind, wie man bisher angenommen hatte, sondern dass diese Chromosome bei Fritillaria und Lilium, bei denen sie am deut- lichsten zu unterscheiden sind, eine X- oder Y- oder V-förmige Gestalt besitzen, und dass sie sich in zwei neue Chromosome von genau der- selben Form spalten. Diese Spaltung beginnt an der Stelle, wo sich die Zweige der Figur vereinigen. In Folge dieser Beobachtungen wurden die Umbiegungen, durch welche STRASBURGER die Form der den Polen sich nähernden Chromosome erklärt, überflüssig^). Der zweite wichtigste Punkt meiner Mittheilung besteht darin, dass ich abweichend von der früheren Ansicht, der zu Folge die Chromosome gleichsam wie auf Schienen auf den Chromatinfasern zu den Polen hingleiten, meinerseits nachwies, dass die Chromosome durch die Contraction der Chromatinfasern, welche in Form von zwei 1) E. Strasburger, lieber Kern- und Zelltljeilung, 1888, S. 210. 346 Wl. Belajeff: Bündeln an der Stelle der Chromosome befestigt sind, wo ihre Zweige sich vereinigen, aus einander gerissen werden. Ausser diesen Fasern wies ich auch Achromatinfasern nach, welche sich von Pol zu Pol erstrecken und nicht direct an der Spaltung der Chromosome be- theiligt sind. Nach meiner Arbeit erschien im Anfang des Jahres 1895 eine Abhandlung von FARMER^), welche die wichtigsten Thatsachen meiner Untersuchungen bestätigend, zugleich darauf hinwies, dass die V-förmigen Chromosome als Resultat der Spaltung der stabförmigen erscheinen. Später veröffentlichte im Sommer 1895 STRASBURGER eine Arbeit unter dem Titel „Karyokinetische Probleme"^), worin er die von mir beobachteten Thatsachen bestätigt, mir aber zugleich den Vorwurf macht, dass ich das, was aus meinen Beobachtungen folgt, nicht hervorgehoben habe, nämlich „eine doppelte Längsspaltung der Seg- mente". Hieraus ergab sich eine weitere Meinungsverschiedenheit zwischen STRASBURGER und mir, da ich seiner Meinung nach irr- thümlich behaupte, die Spaltung der Chromosome in den Pollen- mutterzellen der Pflanze entspreche dem RABL'schen Schema. In der- selben Arbeit bemerkt STRASBURGER, dass bei mir in Bezug auf die erste Längsspaltung bei Larix keine Angabe zu finden sei; aber auch in Bezug auf Lilium hätte ich niemals von einer Doppelspaltung ge- sprochen. Ich gab an, dass die Chrom atinfasern noch im Knäuel- stadium doppelt erscheinen, dass also hier die sogenannte Spaltung der Chromosome sehr früh eintritt. Weiter w4es ich nach, dass die Chromatinsegmente sich contrahiren und eine X-, Y- oder V-förmige Gestalt annehmen. Nirgends jedoch habe ich behauptet, dass eine der- artige Form der Segmente als Resultat der Spaltung auftritt. Da ich die Möglichkeit einer doppelten Spaltung nicht angenommen habe, bin ich berechtigt, die von mir beschriebene Spaltung als dem RABL'schen Schema entsprechend zu betrachten. Noch früher sprach ich in einer im Jahre 1892 in russischer Sprache in der Warschauer Naturforscher -Gesellschaft veröffentlichten Mittheilung die Behauptung aus, dass die Chromosome bei Lilium V-förmig sind^), ohne die Form der Chromosome näher zu erklären. Diese Mittheilung wurde wörtlich in der „Uebersicht der Leistungen auf dem Gebiete der Botanik in Russland während des Jahres 1892" wiedergegeben, und zwar sowohl in russischer, als auch in deutscher Sprache. Nach dem Erscheiuen des Aufsatzes von STRASBURGER über „Karyokinetische Probleme" habe ich wiederholt gegen die Auffassung 1) Farmer, Ueber Kerntheilung in Z,;7(«//i-Antheren. Flora 1895, H. 1, S. 63 u. 64. 2) E. Strasburger, Karyokinetische Probleme. Jahrb. füi* wissensch. Botanik, Bd. XXVIII, Heft 1. 3) Protokolle der biolog. Abtheilung der Warschauer Naturf. Gesellschaft vom 25. April und 23. Mai 1892. Einige Streitfragen in den Untersuchungen über die Karyokinese. 347 von der doppelten Spaltung protestirt, so z. ß. in den Abhandlungen der St. Petersburger Naturforschenden Gesellschaft, Bd. XXV, S. 30 vom Jahre 1895, wo auch mein Referat mit einem kurzen Resume in deutscher Sprache gedruckt worden ist. In diesem Resume finden sich folgende Zeilen : „Nach den Ansichten des Referenten besitzen die Chromatin- segmente in den Pollenmutterzellen bei Laria;, Lilium und Fritillaria eine V-, Y- oder X-förmige Gestalt und spalten sich in zwei Segmente derselben Form, welche zu den zwei Polen der Kernspindel wandern. Diese Beobachtung wurde später auch von FARMER und STRäSBURGER bestätigt, obgleich beide genannten Forscher dieser Thatsache ver- schiedene Deutung geben. Nach STRASBURGER spalten sich dabei die Chromatinsegmente zweimal: das nämliche geschieht, nach BRAUER, mit den Segmenten der Spermatocyten von Ascai'is megalocephala. Der Referent hält aber diese Analogien für ganz unwahrscheinlich." Dasselbe ist in etwas ausführlicherer Form von mir in der Mit- theilung wiederholt worden, welche in den Protokollen der Sitzung der Biologischen Abtheilung der Warschauer Naturt'orschenden Gesellschaft, Nr. m, vom 26. Januar 1896, erschienen ist. Daselbst wird von mir gesagt: „Nach der Ansicht STRASBURGER's sind die X-, Y- und V-förmigen Chroraosome die Folge der Spaltung der anfänglich stabformigen Seg- mente, und demgemäss spalten sich die Chromosome bei der Kern- theilung der PoUenmutterzelleu der Länge nach zweimal in der Weise, dass die zweite Spaltung perpendiculär zur ersten liegt." Und weiter: „Ich sehe durchaus keinen Grund für die Voraus- setzung von Strasburger." Desto mehr war ich erstaunt, als ich aus der neuen Abhandlung von Strasburger ersah, dass er diese doppelte Zweitheilung in Uebereinstimmung mit mir gefunden hat. Zur Zeit gelangten STRAS- BURGER und D. MOTTIER (Theilnehmer an der CoUectiv- Arbeit unter dem Namen „Cytologische Studien") zu dem Schluss, dass nur die zweite Spaltung existirt, aber eben nur gerade diese Spaltung habe ich auch behauptet. Die eigene Spaltung der Segmente findet schon im Knäuelstadium statt, aber das, was man im Stadium der Metakinese „Spaltung" nennt, ist in Wirklichkeit keine Spaltung, sondern nur ein Auseinandergehen der bereits vorher gespaltenen Segmente, Gerade so bezeichnete ich den Vorgang in meiner letzten Veröffentlichung. Die Vermischung zweier Erscheinungen, wie Spaltung und Trennung, gab die Veranlassung zu verschiedenen Missverständnissen. Das jetzt von STRASBURGER gegebene Schema^) entspricht dem RABL'schen und auch demjenigen, welches ich selbst zuerst aufgestellt 1) Cytologische Studien, S. 241—245. 348 Wl. Belajeff: habe; dasselbe ist kurz in der citirten Stelle meiner Mittheilung in den Abhandlungen der St. Petersburger Naturforschenden Gesellschaft 1896 angegeben worden. Der Unterschied zwischen meinem und dem STKAS- BURGER'schen Schema besteht einzig und allein darin, dass nach meinen Beobachtungen die Zweige der Chromosome bei der ersten Theilung der Follenmutterzellen keinen Bogen, sondern nur einen Winkel bilden'). Das Schema, welches STEASBURGER auf S. 244 und 245 seiner Ab- handlung abbildet, bezieht sich auf die Theilung der vegetativen Kerne, bei welchen die Chromosomzweige in Wirklichkeit einen Bogen bilden. Die Chromosome der vegetativen Kerne bestehen im Stadium des Muttersterns im Gegensatz zur Meinung STRASBURGER's aus zwei gleich langen Zweigen. Die Achromatinfasern sind an der Ver- einigungsstelle der zwei gleich .laugen Zweige befestigt. Die Chromo- somzweige sind hier verschieden gebogen. Sie bilden im Stadium des Muttersterns zwei Reihen, wobei entweder die beiden Chromo- somzweige in einer Reihe gelagert sind, oder aber ein Zweig liegt in der einen und der andere in der andern Reihe; oder endlich ein Zweig befindet sich in einer Reihe, der andere liegt in der Aequatorialebene der Spindel. Die Mittelpunkte der Chromosome, wo ihre beiden Zweige sich vereinigen und wo die Achromatinfasern befestigt sind, liegen in diesem Stadium genau in der Aequatorialebene der Spindel. Die Spaltung beginnt auch hier vom Fusspunkte der Achromatinfasern aus. Bei der fortschreitenden Spaltung der Chromosome treffen auch sie hier lange mit ihren freien Enden an einander. In. Folge dessen entstehen die rhombischen Figuren, welche ich schon früher beim Aus- einandergehen der Chromatinsegmente der Pollenmutterzellen beschrieben habe; der Unterschied besteht hierbei nur darin, dass die den Polen zugekehrten Winkel der Rhomben in vorliegendem Falle abgerundet sind. Sich von einander befreiend, erhalten die Chromosome eine U-förmige Gestalt. Bei der ersten Theilung der Pollenmutterzellen ent- sprechen die Chromosomzweige einzelnen Chromosomen, welche paar- weise verbunden sind. Sie vereinigen sich nicht am Ende der Zweige, sondern unterhalb derselben und bilden dabei einen Winkel. Dort, wo die Vereinigungsstelle der Chromosomzweige sehr nahe dem Ende liegt, entsteht eine V-förmige Figur; wo die Vereinigungsstelle weiter vom Ende entfernt ist, bilden sich X- und Y-förmige Figuren. Die Achromatinfasern befestigen sich da, wo die Chromosomzweige sich begegnen, und ebenso beginnt die Spaltung gleichfalls an dieser Stelle. Dabei entstehen auch die rhombischen Figuren. Die von einander be- freiten Chromosome haben hier V-förmige Gestalt. 1) Das Papiermodell meines Schemas habe ich Herrn Prof. StrasbürCtER im Jahre 1894 vorgezeigt, als er das botanische Laboratorium der Warschauer Univer- sität besuchte. Einige Streitfragen in den Untersuchungen über die Karyokinese. 349 Was den zweiten Hauptpunkt meiner Arbeit anbetrifft, so ist auch in diesem Falle STRASBURGER auf meine Seite übergegangen. Leider war es nicht aus seiner Arbeit zu ersehen, wer zuerst das Auseinander- gehen der Chromosome der Pflanzenkerne durch die Contraction der mit ihnen verbundeneu achromatischen Fasern gedeutet hat. In Folge dessen schreibt ZIMMERMANN in seiner „Morphologie und Physiologie des pflanzlichen Zellkernes" diese neue Auffassung STRASBURGER zu. Im letzten Werke von STRASBURGER befindet sich eme Ab- handlung von DEMBSKI über die Kerntheilung bei Chara fragilis. Der Autor sagt über meine Arbeit „üeber Bau und Entwickelung der Spermatozoiden bei den Pflanzen", dass die Beschreibung der Karyo- kinese in meiner Arbeit „ziemlich flüchtig" und „in einigen Einzel- heiten ganz ungenau" sei (S. 75), ferner, dass meine Zeichnungen „ganz schematisch seien" und „kaum eine Vorstellung von dem wirklichen Verhalten geben" (S. 87). Trotzdem jedoch wiederholt er alle meine Beobachtungen. Er giebt nur noch die Zahl der Chromosome an, was ich nicht gethan habe. Die Ansichten des Herrn DEMBSKI weichen nur in der Grössenangabe der Chromosome bei Chara von den meinigen ab. Ich habe behauptet, dass bei Chara die Chromo- some in Form von ziemlich grossen Körnchen aultreten, bei Nitella in Form von dünnen Fäden (S. 31). DEMBSKI versichert, dass das „entschieden unrichtig" ist, und dass die Chromosome bei Chara fadenförmig seien. Ich habe darauf hin meine Untersuchungen noch- mals wiederholt und bin wieder zu meinem ersten Resultate gekommen. Daraus folgt, dass bei Chara fragilis^ welche DEMBSKI untersuchte und welche in meiner Arbeit nicht angegeben worden war, die Chromo- some in ihrer Form denjenigen von Nitella sehr nahe stehen. Was die Zeichnungen anbelangt, so hängt ihre scharfe Deutlichkeit von der Beschaffenheit der Präparate ab. DEMBSKI benutzte hierzu die Paraffin- methode; ich habe dieselbe schon längst angewendet gehabt und ver- suchte es auch in diesem Falle zu thun, fand sie aber hierbei nicht vortheilhaft. Ich hatte mit denselben Unannehmlichkeiten zu kämpfen, welche auch DEMBSKI angiebt. Der Schleim, in welchem die spermaio- genen Fäden eingebettet waren, färbte sich intensiv; als aber dieser Schleim der Waschung unterworfen wurde, ergab sich eine Entfärbung des ganzen Präparates. Dies war die Veranlassung, weswegen ich die- jenige Methode gebrauchte, welche ich in meiner Arbeit angegeben habe und welche mir ausgezeichnete Resultate geliefert hat. In der spermatogenen Zelle konnte man deutlich bei der gut ge- lungenen Färbung die Achromatinfäden der Kernspindel und diejenigen Fäden wahrnehmen, welche den Kern oder die Kernspindel mit der Wandschicht des Protoplasmas verbinden. Sowohl diese Fäden, als auch eine dünne Plasmawandschicht und junge Zellplatten waren in- tensiv durch Fuchsin gefärbt. 350 H. Harms: 46. H.Harms: Ueber die Stellung der Gattung Tetracentron Oliv, und die Familie der Trochodendraceen. Eingegangen am 25. Juni 1897. Die Gattung Trochodendron Sieb, et Zucc. {T. aralioides Sieb, et ^ Zucc. aus Japan: Fl. Japon. I, S. 83) wurde von den beiden Autoren zur Familie der Winteraceae R. Brown gestellt, einer Gruppe, die man jetzt den Magnoliaceae unterordnet. Dieselben Verfasser begründeten in dem genannten Bilderwerk (S. 134) die eigenartige Gattung Euptelea {E. polyandra Sieb, et Zucc. aus Japan), welche sie zu den JJlmaceae rechneten. ENDLICHER (Genera, n. 4744) reiht Trochodendron als „Genus Illicineis affine" den lllicieae an, welche die Gattungen Tas- mannia R. Br. (jetzt mit der folgenden vereinigt; vergl. PraNTL in Natürl. Pflanzenfamilien III. 2, S. 273), Drimys Forst, und lllicium L. umfassen. SEEMANN (Journ. of Bot. II, S. 237), veranlasst durch die Bemerkung in BENTH.-HOOK., Gen. pl. I, S. 17 über Trochodendron: „Est Äraliacea anomala ovario subsupero," erklärte sich entschieden gegen die Einordnung dieser Gattung unter die von ihm bekanntlich sehr genau studirte Familie der Araliaceae; er hält Euptelea Sieb, et Zucc. für nahe verwandt mit Trochodendron und will beide als Ver- treter einer neuen Gruppe, der Trochodendreae, gelten lassen, welche in die Nähe der Ranunculaceae und Magnoliaceae gehören soll. ElCHLER (Journ. of Bot. III, S. 150; Flora 1865, N. R. XXIII, S. 12) erklärt sich nach genauer Prüfung der Charaktere beider Gattungen mit der Ansicht von SEEMANN einverstanden und will die besonders durch das Fehlen der Blüthenhülle ausgezeichnete Familie der Trochodendreae ebenfalls den anderen Familien der Polycarpicae coordinirt an die Seite stellen; insbesondere vergleicht er sie mit den Magnoliaceae, Winteraceae und Schizandreae. BeNTHAM und HOOKER (Gen. pl. I, S. 954) ordneten die Gruppe der Trochodendreae den Magnoliaceae im weiteren Sinne (incl. Wintereae und Schizandreae) unter; ebenso BAILLON (Hist. des pl. I, S. 162). SiEBOLD und ZUCCARINI beschrieben (in Abhandl. Akad. Münch. IV, III, 1846, S. 238) aus Japan die Gattung Cercidiphyllum {Cjaponicuni); diese brachte MAXIMOWICZ (Diagn. pl. I, S. 367) in die Gruppe der Trochodendreae. In neuester Zeit erfuhr diese Gruppe ostasiastiscber Pflanzen eine Bereicherung durch die beiden von OLIVER aufgestellten chinesischen Gattungen Tetracentron (HOOK., Ic. pl. t. 1892) und Eucommia (HoOK., Ic. pl. t. 1950 und 2361). Die von OLIVER als Eucommia ulmoides beschriebene, von HENRY gesammelte Pflanze, Stellung der Gattung Tetracentron und die Familie der Trochodendraceen. 351 hatte BaILLON, wie sich später herausstellte, bereits früher als Euptelea Davidiana (Adansonia XI, 1873 — 1876, S. 305) bekannt gemacht. Oliver (Hook. Ig. pl. t. 2361) theilt die fünf nach ihm eine eigene Familie bildenden Genera Trochodendron ^ Euptelea, Cercidiphyllum, Eucommia^ Tetracentron in zwei Gruppen, von denen die eine (^Trocho- dendron und Tetracentron) verwachsene Carpelle und nicht mit einer Spitze versehene Antheren, die audex'e (mit den übrigen Gattungen) freie Carpelle und lange, mit einer Spitze versehene Antheren be- sitzen soll. Die anatomischen Charaktere der Gattungen Trochodendron und Euptelea sind bereits seit längerer oder kürzerer Zeit bekannt. ElCHLER hatte nachgewiesen (Flora 1864, S. 449, und 1865, S. 12), dass Trocho- dendron in dem coniferenähnlichen Bau des Holzes mit Drimys überein- stimmt, während Euptelea den gewöhnlichen Bau dicotyler Hölzer aufweist (vergl. auch SOLEREDER, System. Werth der Holzstructur, S. 55). Eucommia zeichnet sich nach F. E. WEISS (Transact. Linn. Soc, n. Ser., Vol. HI, p. 243) durch das Vorkommen zahlreicher kautschuk- haltiger Schläuche aus. Wie aus den Untersuchungen an Trochoden- dron und Euptelea hervorgeht, treten im anatomischen Bau des Holzes innerhalb der Trochodendraceae dieselben Verschiedenheiten auf, denen wir in der Gruppe der Wintereae begegnen, wo Drimys, der Gefässe entbehrend, coniferenähnlichen Holzbau zeigt, Illicium dagegen Gefässe wie die übrigen Dicotyledonen besitzt. Bei einer anatomischen Unter- suchung eines jüngeren Aststückchens von Tetracentron war ich über- rascht, einen Bau des Holzes zu finden, der ganz ähnlich ist wie der von Trochodendron. Dies veranlasste mich, die oben genannten fünf Gattungen etwas eingehender auf ihren anatomischen Bau zu prüfen, um feststellen zu können, inwieweit dieser die Zusammengehörigkeit der Gattungen zu einer Familie und weiterhin ihre Gruppirung in zwei Reihen, wie sie OLIVER vorgeschlagen hatte, zu befürworten vermag. Ich gebe im Folgenden eine kurze Uebersicht des Befundes: Trochodendron. Achse: In der Aussenrinde zahlreiche sternförmig verzweigte Sklerenchymzelleo, mechanischer Ring aus Bast und Skleren- chym gemischt, doch Bast vorherrschend. Holz ohne Gefässe, secun- däres Holz in Jahresringen, aus Trache'iden mit behöften Poren ge- bildet, Tracheiden von quadratischem oder rechteckigem Querschnitt, die des Frühjahrsholzes dünnwandig und weitlumig, Tüpfel dicht stehend, quer gestellt, länglich, mit länglichem Hof (Treppenhoftüpfel), die des Herbstholzes dickwandig, englumig, Tüpfel schief zur Längs- richtung, länglich oder lineal-spaltenförmig, mit elliptischem oder rund- lichem Hof; Tüpfelung bei den dünnwandigen Tracheiden fast aus- schliesslich auf den Radialwänden, bei den dickwandigen auch auf den Tangentialwänden. Spiraltracheiden im primären Holz. Holzparen- 352 H. Harms: chym spärlicb. Mark dickwandig, verzweigte Sklerencliyrazellen zer- streut. Markstrahlen: primäre zwei- bis vierreihig, seltener mit noch mehr Schichten, secundäre einreihig, Zellen der letzteren in der Längs- richtung gestreckt. Blatt: Zellen der oberen und unteren Epidermis polygonal, Seiten- wände gerade. Palissaden etwa zweischichtig, kurz. Zahlreiche stern- förmig verzweigte Sklerenchymzellen im Mesophyll. Spaltöff- nungen auf der Unterseite, mit kreisrundem Vorhof, Schliesszellen mit starken Verdickungsleisten. Tetracentron. Achse: In der Aussenrinde zahlreiche langgestreckte, meist weitlumigc Secretschläuche von tangential-elliptischem bis rund- lichem Querschnitt, Secret stark lichtbrechend, farblos, in kaltem Alkohol sich lösend. Mechanischer Ring gemischt aus Bastgruppen und Skleren- chyin. Holz ähnlich dem von Trochodendron ^ die Elemente jedoch grösser, ohne Gefässe, secundäres Holz in Jahresringen, aus Tracheiden mit behöften Poren gebildet, Tracheiden von quadratischem oder recht- eckigem Querschnitt, die des Frühjahrsholzes dünnwandig und weit- lumig. Tüpfel dicht stehend, quergestellt, länglich, mit länglichem Hof (Treppenhoftüplei, Hof nur wenig breiter als die Oeffnungs weite des Tüpfels), die des Herbstholzes dickwandig, englumig, Tüpfel schief zur Längsrichtung, länglich oder lineal-spaltenförmig, mit elliptischem oder rundlichem Hof; Tüpfelung fast ausschliesslich auf den Radialwänden. Spiraltrache'iden im primären Holz. Holzparenchym im Frühjahrsholz so gut wie Null, im Herbstholz spärlich, im Anschluss an die Mark- strahlen zwischen den Tracheiden, Elemente in Längsrichtung gestreckt. Mark ziemlich dickwandig. Markstrahlen: primäre drei- bis vierschichtig, secundäre meist nur einschichtig, deren Zellen in der Längsrichtung ge- streckt, Blatt: Zellen der oberen Epidermis flach, Membran ohne Streifung, Seitenwände schwach wellig, die der unteren etwas vorgewölbt, Mem- bran mit Streif ung, Seitenwände wellig. Palissaden einschichtig. Im lockeren Schwammgewebe zerstreut verzweigte weitlumige, dickwandige, daher Spicularzellen ähnliche Secretz eilen. Secret wie das im Stamme. Spaltöffnungen unterseits, mit elliptischem Vorhofe, Schliesszellen mit massig starken Verdickungsleisten. Euptelea. Achse*): In der Rinde kleine oder mittelgrosse Bast- gruppen, im Anschluss daran innen von diesen Sklerenchym, beide *) Eine sehr genaue Darstellung des Holzbaues bei Trochodendron und Euptelea gab E. Groppler in Bibliotlieca bot. Heft 31, 1894. Er wies nach, dass die Spiral- elemente des primären Holzes -von Trochodendron wirklich Tracheiden sind. Die von Groppler bei Euptelea beobachteten schief oder quer zur Richtung der Haupt- spangen vorlaufenden Zwischenspangen an den Perforationen, sowie die „Leitertüpfel" auf den Palissaden der Markstrahlen lassen sich auch bei Cercidiphyllum beobachten, einer Gattung, die im Holzbau mit Euptelea sehr übereinstimmt. Stellung der Gattung Tetracentron und die Familie der Trochodendraeeen. 353 Elemente zu einem fast geschlossenen Ringe verbunden; in der Gegend der primären Markstrahlen, wo die Markstrahlzellen selbst in der Rinde verdickt sind, ist der Ring nach innen eingebogen. Holz: Ge- fässe in grosser Anzahl und ziemlich gleichmässiger Vertheilung unter das übrige Gev?ebe zerstreut, mit sehr reichspangiger Leiterperforation, Holzparenchym dickwandig, mit Hoftüpfeln (Hof nicht selten schmal oder sehr schmal); Holzparenchym spärlich. Mark ziemlich dick- wandig, primäre Marstrahlen zwei- bis vierschichtig oder mit noch mehr Schichten, secundäre nur ein- bis zweischichtig. Blatt: Epidermiszellen der Oberseite flach, polygonal. Palissaden einschichtig, lang und schmal. Schwammparenchym locker. Epidermis- zellen der Unterseite ± vorgewölbt, mit schwach gestreifter Aussen- wand. Spaltöfi"nungen unterseits, mit elliptischem Vorhof, Schliesszellen mit schwachen Verdickungsleisten. Cercidiphyllum. Achse: In der Rinde isolirte Bastgruppen, aussen grössere, weiter von einander entfernt, innen kleinere, näher an ein- ander. Holz: Gefässe in grosser Anzahl und ziemlich gleichmässiger Vertheilung unter das übrige Gewebe zerstreut, meist einzeln oder zu zwei neben einander, mit reichspangiger Leiterperforation, Holzprosen- chym starkwandig, mit schwach behöften Poren; Holzparenchym spärlich. Mark ziemlich dickwandig, Markstrahlen fast ausschliesslich einschichtig. Blatt (die untersuchten Blätter waren noch ziemlich jung): Zellen der oberen Epidermis flach, polygonal, mit geraden Seitenwänden, die der unteren polygonal mit mehr oder weniger gewellten Seiteuwänden; Palissaden zwei- bis dreischichtig, kurz, breit; Schwammgewelie locker; zahlreiche Oxalatdrusen im Mesophyll. Spaltöfi'nungen auf der Unter- seite, mit elliptischem Vorhof und schwachen Verdickungsleisten der Schliesszellen. Eucommia. Achse: In der Rinde sehr zahlreiche Schläuche mit kautschukartigem Inhalt, die beim Schneiden als feine weisse Fäden hervortreten. Mehrfach unterbrochener Ring kleiner Gruppen von Bast- zellen, in deren Begleitung sklerenchymatische Elemente auftreten, Holz: Im primären Holz Spiralgefässe, dort auch Leiterperforation neben einfacher; im secundären Holze, wie es scheint, fast ausschliess- lich einfache Perforation; Gefässe zahlreich, ziemlich gleichmässig unter das übrige Gewebe zerstreut, meist einzeln oder zu zweien. Holzprosen- chym starkwandig, mit Hoftüpfeln. Holzparenchym im Anschluss an Markstrahlen oder Gefässe, auch zwischen Proseuchym. Gefässe sowohl wie auch Prosenchym mit feinen Spiral- oder Netzverdickungsleisten. Innerstes Mark zum grossen Theil zerrissen, sehr dünnwandig, in Platten (immer?) auftretend; starkwandige Markzellen an der Peripherie. Markstrahlen meist nur einschichtig. Blatt: Zellen der oberen Epidermis flach, polygonal, mit geraden Ber d. deutsch, bot. Gesellsch. XV 24 354 H. Haems: Seiten wänden, die der unteren polygonal mit mehr oder weniger ge- wellten Seitenwänden; Palissaden einschichtig, nicht sehr lang; Spalt- öffnungen unterseits, mit elliptischem Vorhof und schwachen Ver- dickungsleisten der Schliesszellen. In Begleitung der Bündel zahlreiche Kautschukschläuche, deren Inhalt beim Zerreissen des Blattes in Ge- stalt heller, seidenglänzender, dehnbarer Fäden hervortritt. Die wichtigsten Unterschiede zwischen den untersuchten Gattungen werden aus folgender Uebersicht noch besser hervorgehen; I. Holz aus Tracheiden gebildet. a) In der Rinde, im Mark und im Blattmesophyll sternförmig verzweigte Sklerenchymzellen . . Trochodendron. b) In der Rinde und im Schwammgewebe des Blattes Secretzellen mit einem in Alkohol löslichen Secrete Tetracentron. II. Holz mit Gefässen, daneben Holzprosenchym (Libriform) mit mehr oder weniger deutlich behöften Poren. a) Gefässe mit reichspangiger Leiterperforation, a) Bast und Sklerenchyra zu einem fast ge- schlossenen Ringe verbunden. Markstrahlen einschichtig (secundäre) oder mehrschichtig (primäre) Euptelea. ß) Isolirte Bastgruppen. Markstrahlen ein- schichtig Cercidiphyllum. b) Gefässe meist mit einfacher Perforation. In der Rinde und im Blatte zahlreiche Schläuche mit einem in Alkohol unlöslichen, kautschuk- artigen Inhalt Eucommia. Bezüglich des bei Tetracentron auftretenden Secretes muss noch bemerkt werden, dass dasselbe am Stengel beim Schneiden gekochten Materiales in Form feiner weisser, seidenglänzender Fäden sich be- merkbar macht. Im Stamm tritt das Secret meist in nicht sehr langen, aber weiten Zellen auf, die meist in Reihen zu einigen über einander stehen und durch horizontal gestellte Querwände gegen einander abge- grenzt sind. Im Blatte bergen das Secret verzweigte, drei- bis fünfarmige Zellen (mit ± ungleich langen Armen), welche eine verdickte Membran besitzen und dem Schwammgewebe in einer im Grossen und Ganzen zu der Blattfläche parallelen Ebene eingebettet sind; die Arme sind bisweilen wiederum mit zwei bis drei Ausbuchtungen versehen. Das Secret ist in kaltem Alkohol langsam, aber so gut wie vollständig lös- lich; es löst sich auch in kochendem Wasser, dürfte daher eine gummi- oder harzartige Substanz sein. Stellung der Gattung Tetracentron und die Familie der Trochodcndracecn. 355 Der Inhaltsstoff von Eucommia ulmoides Oliv, gehört nach den ge- nauen Untersuchungen von F. E. WEISS (The caoutchouc contaiuing cells of Eucommia ulmoides, in Transact. Linn. Soc, II. Ser,, Vol. III, p. 243 — 254, PI. LVII, LVIII) zu den Kautschuksubstanzen; er tritt im fertigen Gewebe in sehr langen, sehr schmalen, dünnwandigen, hyphenähnlichen Zellen auf, die am Ende eine keulige Anschwellung zeigen. Jener Autor hat an reichlichem Material die Entstehung und Ausbildungsweise dieser sehr merkwürdigen Elemente eingehend ver- folgt und gefunden, dass sie un verzweigt bleiben uud nur einen Kern enthalten, sowie dass sie neu augelegt werden in secundüren Geweben (wie im secundären Phloem, in jungen Sprossen). Das Secret tritt beim Anreissen der Kinde und des Blattes in Form dehnbarer, farb- loser, seidenglänzender Fäden auf, ähnlich wie der Kautschuk bei Lan- dolphia-Arien. Da, auch bei Tetracentron sich das Secret als Fäden bemerkbar macht, wenn auch in schwächerer Weise, so war ich erst geneigt, die Stoffe bei beiden Pflanzen für dieselben zu halten, fand aber eben später, dass sich das Secret von Tetracentron in Alkohol löst, das von Eucommia nicht. Nach der oben gegebenen Uebersicht wird man zunächst ohne ge- nauere Kenntnisse der morphologischen Eigenthümlichkeiten der unter- suchten Gattungen geneigt sein, OLIVER zuzustimmen, wenn er Trocho- dendron und Tetracentron den übrigen Gattungen gegenüberstellt; beide stimmen im coniferenähnlichen Bau des Holzes unter einander und mit Drimys überein. Indessen weichen die Blüthenverhältnisse von Teti'a- centron derartig von Trochodendron sowohl, wie auch den übrigen zur Gruppe der Trochodendraceae gestellten Gattungen ab, dass ich eine nähere Nebeneinanderstellung beider Gattungen nicht befürworten kann. Tetracentron ist ein in der chinesischen Provinz Hupeh heimischer, 6 — 16 m hoher Baum mit kahlen, herzförmigen, stumpfgesägten Blättern. Wir können nach dem vorliegenden, von HENRY gesammelten Material zwischen Langtrieben und Kurztrieben unterscheiden. Es liegt mir nur ein junger Langtrieb vor, an welchem die ursprünglichen Blätter vor- handen sind, die hier zerstreut stehen; an den älteren Langtrieben sind Laubblätter nicht mehr vorhanden, dagegen sehen wir zerstreut an ihnen Kurztriebe, die offenbar die Achselproducte der abgefallenen Laubblätter darstellen. Die dicken Kurztriebe zeigen meist mehr oder minder zahl- reiche Narben abgefallener Blattorgane; am Ende derselben steht ge- wöhnlich ein Blüthenstand (eine Aehre) und etwas oberhalb desselben ein Laubblatt, das in seiner länglichen Scheide eine mit Bracteen be- ginnende Knospe birgt. Wie ist nun das Verhältniss des Laubblattes zu dem tiefer stehenden Blüthenstand? Wenn man die eine in der Laubblattscheide geborgene Knospe näher untersucht, so findet man für gewöhnlich folgende Reihenfolge von Organen: 1. zwei Bracteen, von denen die erste (a) dem Laubblatt annähernd gegenüber steht und von 24* 356 H. Harms: ihm umschlossen wird, die zweite (6) der ersten gegenüber steht und von ihr umschlossen wird; darauf folgt 2. ein jugendlicher Blüthen- stand; 3. eine kleine, noch sehr junge Bractee (c), welche 4. im Innern ein sehr junges Laubblatt umschliesst. Beim genauen Abpräpariren der auf einander folgenden Organe und beim Anfertigen von Quer- schnitten stellt sich folgendes heraus. Der Blüthenstaud steht nicht in der Achsel der Bractee b (siehe oben), sondern in der Achsel dieser Bractee b befindet sich das Knospengebilde, welches zunächst aus der Bractee c und dem von ihr umschlossenen jugendlichen Laubblatte be- steht. Daraus geht hervor, dass der Blüthenstaud endständig ist. Wie aus dem Studium junger Organe nach dem eben Gesagten sich ergiebt, haben wir im erwachsenen Zustande am Kurztriebe zwischen Blüthen- staud und Laubblatt eine Bractee, die abgefallen ist, anzunehmen; in der That ist stets eine feine Narbenlinie in der Region zwischen Blüthenstaud und Laubblatt vorhanden, die dieser Bractee entspricht. Die Stellung der Bractee c zum Blüthenstaud ist eine derartige, dass sie ihre Rückenseite demselben zugekehrt hat; wir bemerken am jugend^lichen Blüthenstaud eine Furche im unteren Theil desselben, in welche die Bractee c eingreift. Der Blüthenstaud liegt zum Laubblatt gewöhnlich so, dass er mehr oder weniger nach der rechten oder linken Flanke desselben gerückt ist. Demnach würde der Aufbau eines Kurzsprosses, der in diesem Jahre eine Aehre / und ein Laubblatt oberhalb derselben L trägt, auf Grund der Befunde an jugendlichen Organen der sein: die Aehre / ist terminal, ihr gegenüber steht eine Bractee 6, die abgefallen ist; in der Achsel derselben entsteht die Achse nächst höherer Ordnung, welche mit einer abgefallenen Bractee c und dem Laubblatt dieses Jahres L beginnt, auf dieses folgen zwei Bracteen (a und 5) und schliesslich der jetzt noch jugendliche terminale Blüthenstaud /'; in der Achsel von b entwickelt sich eine Knospe, die mit der c entsprechenden Bractee c' beginnt und auf die das dem Laubblatt L entsprechende Laubblatt L' folgt. Die Achselsprosse der Laubblätter des Langtriebes, die ich untersuchte, begannen mit zwei Bracteen, denen ein von ihnen um- schlossenes Laubblatt folgte. An anderen Langtrieben sind Kurztriebe zu bemerken, deren Achse nur wenige Blattnarben zeigt und die mit einem Laubblatt abschliessen, in dessen Scheide zwei Bracteen und ein Blüthenstaud sitzen. Auf Grund dieser Befunde glaube ich mich zu dem Schlüsse berechtigt, dass die Kurztriebe mehrjährig sind; in dem ersten Jahre oder in den ersten Jahren tragen sie jährlich immer nur ein Laubblatt, in einem bestimmten Jahre schreiten sie zur Blüthen- bildung. Da ich nun in den Scheiden gewisser Laubblätter, die in Be- gleitung von Blüthenständen auftraten, keinen jungen Blüthenstaud be- merkte, so folgt auf ein Jahr der Blüthenbildung in gewissen Fällen vielleicht wieder ein vegetatives Stadium; in andern Fällen wie bei den Stelhing der Gattung Tetracentron und die Familie der Trochodendraceen. 357 eingangs geschilderten Befuiiden{scheint mir der jugendliche Blüthenstand in der Scheide des diesjährigen Blüthenstandes die für das nächste Jahr bestimmte Aehre zu sein; danach würden die Kurzsprosse, so lange sie Aehren bringen, Sympodien sein. Das Eigcnthümlichste an den Kurz- sprossen ist wohl das, dass der terminale Blüthenstand zu gleicher Zeit entwickelt ist mit einem Laubblatt, welches an einer Achse nächst höherer Ordnung steht. Die Ansicht, dass die Kurzsprosse mehrjährig sind, wird bestärkt durch die Untersuchung ihrer Anatomie: in einem Falle fand ich am Grunde des Kurzsprosses dicht oberhalb der Basis drei, in einem andern vier Jahresringe entwickelt. Gewisse Narben an den Kurz- sprossen möchte ich für Narben abgefallener Aehren halten, und das würde dafür sprechen, dass die Kurzsprosse mehr als einmal zur Blüthenbildung kommen. Wie sich die Langtriebe entwickeln, darüber wage ich bei dem spärlichen und ungeeigneten Mateiial keine Ver- muthungen zu äussern. Die ßlülhen sitzen in kätzchenartigeu Aehren von \0 cni oder mehr Länge in der Achsel sehr kleiner, schuppenförmiger Tragblätter. Von den vier breiten, schuppeuförmigen Blättern der Blüthenhülle steht das Paar der äusseren seitlich; die beiden inneren, von denen das der Achse zugekehrte (obere) das der Bractee benachbarte (untere) deckt, sind in der Medianebene gelegen. Wir finden ferner vier Staubblätter, vor den Blättern der Blüthenhülle stehend, mit basifixen, stumpfen An- theren, und vier mit den Staubblättern abwechselnde Fruchtblätter; diese sind innenseitig verwachsen, der Griffel ist anfangs aufi'echt und fast endständig, später (bei der Fruchtreife) sitzt er in Folge über- wiegenden Wachsthums der Bauchseite fast am Grunde der Rücken- seite und ist abwärts gerichtet. In jedem Fruchtblatt findet man etwa vier hängende Samenanlagen. Zwei Merkmale sind es, welche gegen die Einfügung der Gattung Tetracentron unter die Trochodendraceae sprechen: Das Vorhandensein einer Blüthenhülle und das Auftreten eines in Alkohol löslichen Secretes in Secretzellen. Beide Charaktere gehen den Trochodendraceae ab, der Inhaltsstoff von Eucommia ist wesentlich anders als der von Tetracentron; beide Charaktere kommen den MagnoUaceae zu, und es ist gerade das Fehlen dieser Merkmale für die Abtrennung der Trocho- dendraceae von den MagnoUaceae massgebend gewesen. Von den Magno- Uaceae weicht Tetracentron ganz wesentlich durch die eucykhsche, in allen Kreisen viergliedrige Blüthe ab. Man könnte eine eigene Familie der Tetracentraceae auf sie gründen, die aber doch wohl an keiner anderen Stelle des Systems besser untergebracht würde als in der Nachbarschaft der MagnoUaceae und Trochodendraceae^ da bisher nur aus dem Kreise dieser Gattungen Hölzer mit coniferenähnlichem Bau {Drimys, Zygogynum, Trochodendron) bekannt geworden sind und da 358 H. Harms: die Blüthen Verhältnisse schliesslich nicht so stark abweichen, dass sie der Entfernung der Gattung aus dieser Gegend des Systems unbedingt das Wort redeten. In den Nachträgen zu den Natürlichen Pflanzen- familien von ENGLER-PKANTL habe ich mit Rücksicht auf die oben hervorgehobenen Merkmale die Gattung als Vertreterin einer besonderen Gruppe den Magnoliaceae angeschlossen, um die Zahl der monotypischen Familien nicht unnöthig zu erhöhen, da sich diese Gattung dieser Fa- milie immerhin noch einfügen lässt. Man vereinigt Drimys und Zygo- gynuvi Baill. [dieses monotypische, neucaledonische Genus, von Drimys durch die verwachsenen Carpelle abweichend, theilt mit dieser Gattung den Mangel an Gefässen, nach PARMENTIER ^)] mit Illicium zu einer Gruppe der lllicieae (früher wohl auch Wintereae genannt); ich ziehe es vor, mit Rücksicht auf den abweichenden anatomischen Bau und da auch in gewissen Punkten die Blüthenverhältnisse eigenartige sind, Drimys und Zygogynum als Vertreter einer besonderen Gruppe anzu- sehen. Demnach würde die Gliederung der Magnoliaceae unter Zu- grundelegung der Eintheilung von PRANTL (Natürliche Pflanzen- familien III, 2) folgende sein: A. Blätter mit Scheiden, die in der Knospe ringsum geschlossen sind; Blüthen zwittrig, mit Ausnahme der quirlig angeordneten Glieder der Hülle spiralig gebaut. Holz normal . . I. Magnolioideae. B. Blätter ohne geschlossene Scheide oder Neben- blätter; Blüthen spiralig gebaut. Holz normal. a) Blüthen eingeschlechtlich, mit gewölb- ter, oft zuletzt verlängerter Achse. Stamm windend II. Schizandroideae. b) Blüthen zwittrig, mit kurzer Achse, Fruchtblätter in einen Kreis gestellt. Stamm aufrecht Itl. Illicioideae. C Blätter ohne Scheiden oder Nebenblätter; Blüthe spirocyklisch, mit Kelch und Krone. Holz ohne Gefässe IV. Drimyoideae. 1) Parmentier, Association fran*;. pour l'avancement des sciences 43. sess. ä Caen 1894; nach Bot. Centralbl., Beihefte 1895, S. 496. Vergl. auch Parmentier in Bull. Scieutifique de la France et de la Belgique, t. XXVII, 4. ser., vol. 6, 1895, p. 159 — 337. Nach demselben Autor sind die Schizandreae gekennzeichnet durch Schleimhehiilter im Weichbast der Blattnervcn und des Blattstiels (Blenk in Flora .1884, S. 54); bei den Magnolieae sind die Gefässbündel des Blattstiels im Kreise gestellt, bei den lllicieae im Halbkreise. Stellung der Gattung Tetracentron und die Familie der Trochodendracecn. 359 D. Blattscheide verlängert, offen. Blüthe eucyk- lisch, in allen Kreisen viergliedrig, mit ein- facher Hülle. Holz ohne Gefässe .... V. Tetracentroideae. Für die Trochodendraceae^) ergiebt sich folgende Eintheiluug: A. Staubblätter mit bespitztemConnectiv. Frucht- blätter gestielt, frei. Holz mit Gefässen . . I. Eupteleoideae. a) Fruchtblätter 2 — 5, jedes mit zahlreichen Ovulis; Balgfrucht; Rinde ohne Kaut- schukschläuche 1. Cercidiphyllum. b) Fruchtblätter zahlreich, jedes mit einem oder wenigen Ovulis; geflügelte Schliess- frucht; Rinde ohne Kautschukschläuche 2. Euptelea. c) Fruchtblatt 1 , an der Spitze zwei- spaltig; 2 Ovula; geflügelte Schliess- früchte; Rinde mit Kautschukschläuchen 3. Eucommia. B. Staubblatt mit stumpfem Connectiv. Frucht- blätter sitzend. Holz aus Tracheiden gebildet H. Trochodendroideae. 4. Trochodendron. Im Anschlüsse an die Besprechung der Kurztriebe von Tetra- centron seien noch die VerzvpeiguBgsverhältnisse der Gattungen der Trochodendraceae kurz berührt. Cercidiphylluvi japonicuTn wird im Berliner Botanischen Garten cultivirt. Die Blätter sind gegenständig. Die axillären Laubknospen beginnen mit einer der Achse zugekehrten Schuppe, dieser folgt gegenüber eine zweite Schuppe, und der zweiten gegenüber eine dritte Schuppe; dieser letzteren gegenüber steht das erste Laubblatt. Die Sträucher des Botanischen Gartens habe ich noch nicht blühen sehen. Die Blüthen stehen einzeln an dicken, bald kürzeren, bald längeren, offenbar mehrjährigen Kurztrieben. Ob sie endständig sind oder axillär, vermochte ich nicht mit Gewissheit an dem sehr spärlichen Trockenmaterial zu ermitteln. Bei Euptelea herrschen andere Verhältnisse. Die Blüthen stehen einzeln in den Achseln von Knospenschuppen, oberhalb dieser Knospen- schuppen kommen Laubblätter zur Entwickelung. Man findet nun so- wohl Triebe, welche einmal oder einige Male Blüthen mit darauf 1) Von den Gattungen dieser Familie ist nur Euptelea noch ausserhalb Ost- asiens verbreitet (£. pleiosperwa Hook. f. et Thoms. im Himalaja; Fl. Brit.-Ind. I, S. 35), die übrigen sind auf Ostasien bescbränkt (2 Cercidiphyllum in Japan 1 Trochodendron in Japan, 1 Eucommia in China [Hupeh, Szechwan], 1 Euptelea in Japan). , 360 H. Harms: Ueber die Stelpng der Gattung Tetracentron, folgenden Laubblättern gebildet haben, wie solche, die oberhalb der Blüthen zu gestreckten, Laubblätter tragenden Zweigen auswachsen. Ob nun jene mehrjährigen, Blüthen tragenden Kurztriebe immer mit derselben Achse weiter wachsen, oder ob sie Sympodien darstellen und ob die Fortsetzungsknospe nicht terminal steht, sondern in der Achsel des letzten Laubblattes sich entwickelt, das dürfte nur an der Hand entwickelungsgeschichtlicher Untersuchungen zu entscheiden sein. Eine öfters beobachtete kleine kreisrundliche oder elliptische Narbe gegen- über dem Laubblatte, welchem die mit braunen Schuppen beginnende Knospe folgt, dürfte vielleicht als Abbruchsstelle des Achsenendes an- zusehen sein, demnach wäre' die Knospe axillär in der Achsel des letzten Laubblattes. Die Trauben von Trocliodendron sollen nach SiEBOLD und ZUCCA- RINI terminal sein; ob das zutrifft, muss ich vorläufig unentschieden lassen. Sitzung vom 30. Juli 1897. 361 Sitzung vom 30. Juli 1897. Vorsitzender: Herr L. KNY. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: Kuhia, Fritz, in Berlin, Koppenstr. 79 (durch S. SCHWENDENER und O. Reinhardt), Nordhausen. Max, cand. phil. in Schöneberg bei Berlin, Hauptstr. 23 (durch S. SCHWENDENER und 0. REINHARDT). Zum ordentlichen Mitgliede ist proclamirt Herr: Kamerling, Zeno, Dr. phil. aus Almelo. Der Vorsitzende benachrichtigt die Gesellschaft von dem am 24. Juli erfolgten Ableben des ausserordentlichen Mitgliedes, Herrn Oberlehrers Dr. Emil Schmidt in Gross-Lichterfelde bei Berlin. Die Anwesenden erhoben sich zu ehrendem Gedächtniss an den Verstorbenen von ihren Sitzen. Mittheilungen. 47. F. G. Koh I: Die assimilatorische Energie des blauen Lichtes. Mit Tafel XVI. Eingegangen am 11. Juli 1897. In meiner letzten Abhandlung „Ueber die assimilatorische Energie der blauen und violetten Strahlen des Spektrums" (Heft 2 , Band XV, Jahrgang 1897 dieser Berichte) habe ich auf Grund von Versuchen, ■welche ich unter Anwendung der von mir erfundenen „volumetri sehen Blasenzählmethode'^ anstellte, die Behauptung aufgestellt, dass in allen früheren Untersuchungen über die assimilationserregende Kraft Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. 25 362 F.G.Kohl: der verschiedenen Regionen des Spektrums diejenige der blauen Spektralhälfte im Allgemeinen und der blauen Strahlen um F und rechts davon im Besonderen ausserordentlich unterschätzt wurde. Die Resultate meiner Versuche schienen mich zur Formirung der in obiger Abhandlung angeführten fünf Sätze zu berechtigen. In erster Linie bedeutungsvoll war für mich das Ergebniss, dass nächst Roth das Blau (l = 490 — 430) die weitaus stärkste Assimilationswirkung in grünen Zellen hervorruft. Die bisherige Annahme einer nur äusserst schwachen Betheiligung der blauen Strahlen bei der Einleitung und Unterhaltung des Assimilationsprocesses (SACHS, HANSEN, NOLL etc.) musste schon deshalb als unrichtig erscheinen, weil besonders nach den Unter- suchungen von Engelmann Absorption und Assimilation gleichen Schritt halten, mit anderen Worten, weil diejenigen Lichtstrahlen, welche von den Chromatophoren am meisten absorbirt werden, auch den grössten assimilatorischen Effect hervorrufen: Die Maxima und Minima der Absorption coincidiren mit den Maximis und Minimis der Assimilation. Von diesem Gesetze machen eine Ausnahme nach Engelmann nur die Strahlen rechts von F im Spektrum, weil das rasche Sinken der Energie des Sonnenlichtes in der blauen Hälfte des Spektrums die stetig steigende Absorption in dieser Spektralregion un- wirksam macht. Die in meiner genannten Abhandlung (S. 112) citirten Zahlen ENGELMANN's über die Vertheilung der Assimilationsenergie im Sonnen- licht-Normalspektrum zeigen aber, dass zwischen F und F^f^G die Assimilationsenergie der blauen Strahlen noch eine sehr beträchtliche ist, nämlich 86,1 — 80,9 pCt. der Energie im Roth B^/^C beträgt. Mit diesen Zahlen stehen in vollkommener Harmonie die Werthe, welche ich mit der volumetrischen Blasenzählmethode für das Blau reclits von F (l — 490 -430) erhielt, und es bestätigt dieser mein Befund nur die Richtigkeit des von ENGELMANN behaupteten Zusammenhanges zwischen Absorption und assimilatorischer Wirkung des Lichtes. Denn es ist bekannt, dass das Chlorophyll sehr beträchtliche Mengen gelber Farb- stoffe enthält; neben mehreren gelben, vielleicht als Xanthophylle zu bezeichnenden, ist es besonders das Carotin, welches eine wichtige Comp/Onente des Chlorophylls repräsentirt, das lehren auch die neueren Untersuchungen von TSCHIRCHj von MOLISCH und anderen. Ich habe mich gerade mit diesen gelben und gelbrothen Farbstoffen des Chloro- phylls eingehend beschäftigt, habe dieselben in grösseren Mengen dar- geste It und untersucht und werde darüber demnächst ausführlich berichten; ausserdem wird noch von anderer Seite eine auf meine Ver- anlassung unternommene Untersuchung über diesen Gegenstand dem- nächst der Oeffentlichkeit übergeben werden und nach verschiedener Richtung das noch stellenweise recht dunkle Gebiet der Chlorophyll- chemie erhellen. Wenn nun, wovon man sich leicht überzeugen kann. Die assimilatorische Energie des blauen Lichtes. 363 fast das gesammte Blau und Violett des Sonnenlichtes durch die gelben Farbstoffe des Chlorophylls, und zwar jeden Chlorophylls, absorbirt werden, wenn das Carotin die Region zwischen F und H, die Xantho- phylle auch noch die rechts von H absorbiren, so würden wir in dem oben von mir experimentell constatirten Assimilationseffect den Erfolg dieser energischen Absorption zu erblicken haben. Bereits am Schlüsse meiner oben erwähnten Abhandlung habe ich hervorgehoben, dass sich die von mir behauptete intensive Wirkung des blauen Lichtes auf den Assimilationsprocess als zu Recht bestehend würde beweisen lassen durch ein in bestimmter Weise sich vollziehendes Gedeihen von Algen- culturen hinter farbigen, spektroskopisch genau definirten Gläsern. Einen solchen Versuch habe ich Ende Januar dieses Jahres begonnen und am 15. Juni unterbrochen. Die Versiichsanstellung war folgende: In einem schmalen, hohen Kasten wurden sechs halbcylindrische, innen geschwärzte Kammern in der Art hergestellt, wie es die in Fig. II, A und B wiedergegebenen Grundrisse illustriren. Jede der Kammern kann nach vorn durch eine in Nuthen nnn einzuschiebende Scheibe farbigen Glases (^i, ^g, ^3 etc.), und der ganze Kasten durch einen lichtdichten, von oben über- greifenden Deckel geschlossen werden. In diese Kammern 1 — 6 ver- theilte ich zwölf ganz gleiche Glasgefässe kk^ welche alle in derselben Weise mit Nährlösung beschickt und mit Algen geimpft wurden. Nach Einfügen der farbigen Gläser und Verschluss durch den Deckel wurde der Kasteu mit der Glasseite nach Norden gerichtet, an ein helles Fenster gestellt und unverrückt die ganze Zeit stehen gelassen. Das Fenster konnte niemals von dem Schatten irgend eines Gegenstandes verdunkelt werden, wohl aber wurde es unausgesetzt von hellem, von einem grossen Theil des Himmelsgewölbes reflectirten Lichte erhellt. Einfallen directer Sonnenstrahlen war vollkommen ausgeschlossen. In den halbcylindrischen Zellen eines solchen Apparates, welche man leicht aus geschwärzter Pappe herstellen kann, lassen sich bequem je zwei bis drei Culturgläser so unterbringen, dass dieselben vollkommen gleichmässig belichtet werden. Nach dem Oeffnen der Kammern ergab sich nun folgendes Resultat. Zunächst in allen Kammern die beiden darin befindlichen Culturen in genau gleicher Verfassung. Bezeichne ich die Zellen mit den Zahlen 1 bis 6, so ordnen sich die Culturen, wenn ich die mit der intensivsten Algen Vegetation mit I bezeichne, die mit der schwächsten mit VI, an wie folgt: 1. 2. 3. 4. 5. 6. IL IIL(=IV.) V. L IV. (-111.) VL Das heisst die Zellen bilden, wenn ich mit der beginne, welche die üppigste Algenentwickelung aufweist, und mit der schliesse, die von einem Gedeihen der Algen überhaupt kaum etwas erkennen lässt, 25* 364 F. G. Kohl: die Reihe 4, 1,2 = 5, 3, 0. In Fig. 1 habe ich die assimilatorische Wirkung in dem mit ^. TF. bezeichneten Band durch die Abschattirung der einzelnen Abschnitte zum Ausdruck gebracht. Jetzt legte ich alle zum Abschluss der Zellen 1 — 6 benutzten farbigen Gläser auf lichtempfindliches Celloiidinpapier, um die photo- graphische Wirkung des von den Gläsern durchgelassenen Lichtes zu constatiren, und zwar belichtete ich so lange, bis der frei überstehende, also voll belichtete Rand des Papieres anfing bronzig anzulaufen. Aus dem fixirten Papier schnitt ich Streifen und ordnete sie so neben ein- ander, wie es die Reihenfolge der angewandten Gläser aus den ein- ander folgenden Zellen gebot. In Fig. 1 vergegenwärtigt das mit P. W. bezeichnete Band die photographische Wirkung der von den einzelnen Gläsern durchgelassenen Strahlen. Wie man sieht, folgen dieser Wirkung nach die Zellen in nachstehender Reihe auf ;einander: 1. 2. 3. 4. 5. 6. II. IV. VI. I. Y. III. Das Glas der Zelle 4 lässt am meisten photographisch wirksame Strahlen passiren, dann folgen 1, 6, 2, 5, 3. Ich hätte nun die an- gewandten Gläser noch einer Beschreibung zu unterziehen. Zunächst lassen sich die Färbungen, wie sie sich dem Auge darbieten, wie folgt bezeichnen: 1. gelb, 2. hellrubin, 3. dunkelrubin, 4. tief kobaltblau, 5. orange, 6. maigrün. Soweit es möglich war, habe ich im Band F der Fig. 1 die Farben dieser Gläser wiederzugeben versucht, ohne jedoch, was hier auch von keinerlei Bedeutung ist, behaupten zu wollen, dass die Nuancen durchaus genau getroffen seien. Es hat diese Wiedergabe nur den Zweck, den üeberblick über die ganze Fig. 1 zu erleichtern. Wichtiger ist selbstredend die spektroskopische Untersuchung der Lichtfilter, w^elche ich mit dem Mikrospektrometer von SORBY-BrOWNING vor- genommen habe und deren Resultate sich in folgender Tabelle wieder- gegeben finden. Glas 1. Absorbirt wird etwas Blau und Grün. Es geht durch das Glas hindurch das gesammte Roth, Gelb, ein Theil des Grün und das Blau bis F, das übrige Blau ist stark getrübt. Glas 2. Ausgelöscht wird viel Blau, stark getrübt Grün, Gelb und Orange. Es geht durch wesentlich Roth und das Gelb bis i>2, sowie etwas Blau. Glas 3. Alle Farben werden ausgelöscht ausser Roth und Orange bis 44, welche das Glas ungeschwächt passiren. Glas 4. Absorbirt wird der grösste Theil des Roth, das Gelb und die Hauptmenge des Grün; es passiren das Glas nur Spuren von Roth vor B und hinter C bis 40 (orange); vom Grün der schmale Streifen zwischen 55 und 60 und das ganze Blau. Die assimilatorische Energie des blauen Lichtes. 365 Glas 5. Total ausgelöscht ist nur das Blau, getrübt das Grün: nicht absorbirt werden das nur etwas geschwächte Roth und Gelb. Glas 6. Blau ist total ausgelöscht, stark geschwächt das Roth, getrübt das Gelb. Ungeschwächt geht nur das Grün zwischen 55 bis 80 durch. (Lage der FRAUNHOFEE'schen Linien, soweit sie hier in Betracht kommen: 5 29, C34,5, i)50, E70, 6 73,5, i^87,5, G^ 127). Betrachtet man nun gemeinschaftlich die Farbenscala F, die Scalen der photographischen Wirkung P. W. und der assimilatorischen Wirkung^. 1^. und die Tabelle der Absorptionsverältnisse, so springt zunächst ein Punkt mit überraschender Klarheit in's Auge, nämlich die weitgehende Coincidenz der photographischen (chemischen) und assimilatorischen Wirkung der von den angewandten Lichtfiltern durchgelassenen Strahlen. Glas 4 lässt das ganze Blau passiren, hinter ihm Maximum der Assimilation und der Schwärzung des photo- graphischen Papieres. In Bezug auf beide Einflüsse folgt sodann das durch Glas 1 hindurch gegangene Licht. Da nun dieses Glas Alles durchlässt ausser etwas Blau und Grün . das Grün aber bekanntlich auf das Chlorophyll beinahe ohne Wirkung ist, wie auch der Erfolg des Experiments hinter 6 lehrt, so ist der Ausfall an assimilatorischer Energie hinter 1 allein auf Rechnung des absorbirten Blau zu setzen. Hoch interessant vom Standpunkt der bisherigen Anschauung über die Wirkung der verschiedenen Lichtarten ist die Zelle 3. Das dunkel- rubinrothe Glas lässt ungeschwächt hindurch nur Roth und Orange, es behielt zurück alles Gelb, Grün und Blau (Indigo, Violett); daher ist hinter diesem Glas die photographische Wirkung gleich Null, aber, wie ein Blick auf die Scala A.W. lehrt, auch die Assimilationswirkung äusserst gering. Hieraus folgt für mich aufs Neue, was ich bereits auf anderem Wege ermittelte, dass die Wirkung des Roth bisher ungeheuer überschätzt worden ist und dass auch das Orange bis 44 wohl weniger am Assimilationsgeschäft betheiligt sein kann, als bisher angenommen ■wurde. Das Licht hinter dem Orangeglas 5 ist des ganzen Blau und Grün beraubt, daher die photographische Activität gleich Null; in den schwachen assimilatorischen Effect theilen sich Roth und Gelb, welche in unmerklich geschwächtem Zustand durchgelassen v^'erden. Das Glas 6 löscht merkwürdiger Weise das Blau total aus; die matte Bräunung des Silberpapieres ist demnach Arbeit der grünen Strahlen; die photo- graphische Wirkung im Spektrum erstreckt sich bekanntlich über die ganze sogenannte blaue Hälfte bis zur Linie E im Grün. Roth und Gelb werden, wenn auch nur theilweise, durchgelassen; ihre Wirkung auf die Chloroplasten ist äusserst geringfügig. Die weiteren Er- scheinungen des Gesammtversuchs mit einander in Beziehung zu setzen, überlasse ich dem geneigten Leser. Man mag dieselben ansehen wie man will, immer sprechen dieselben für eine auffallend energische t 366 F- G.Kohl: Die assimilatorische Energie des blauen Lichtes. Wirkung des Blau (vielleicht auch des Violett, was noch zu unter- suchen bleibt). Die Wirkung des Lichtes auf die Halogensalze des Silbers und auf das Chlorophyll beruht zum grossen Theil auf der- jenigen der blauen Strahlen; die Behauptung, die sogenannten chemischen Strahlen kämen beim Assimilationsprocess wenig in Betracht, eine Be- hauptung, welche in die meisten pflanzenphysiologischen Lehrbücher ihren Weg fand, ist eine nichtssagende Redensart und durch meine Untersuchungen als solche enthüllt. Nur bezüglich der Lage der Maximalwirkung innerhalb der blauen Zone des Spektrums auf beide Processe scheint ein Unterschied sich beoierklich zu machen. Während nämlich das Maximum der photographischen Wirkung (Bromsilber) im Blau zwischen F und G, und zwar näher bei der letztgenannten FEAUNHOPER'schen Linie liegt, etwa bei X = 445 - 450, so scheint die maximale Assimilationswirkung mehr in der Nähe von F placirt zu sein, so dass, soweit sich bis jetzt aus meinen Versuchen ersehen liisst, die cyanblauen Strahlen rechts von F mit der Wellenlänge k = 460 486 die am meisten activen zu sein scheinen. Da wir nun wissen, dass die Absorption der blauen Strahlen des Sonnenlichtes durch das Carotin des Chlorophylls erfolgt, so ist die assimilatorische Ausnutzung dieser Strahlen die Function des Carotins, wogegen andere gelbe ßestand- theile des Chlorophylls wahrscheinlich das Violett in dieser Richtung engagiren. So auffallend auf den ersten Blick diese Ergebnisse meiner Unter- suchungen zu sein schienen, so sind sie doch nur eine Bestätigung und Erweiterung des von ENGELMANN aufgestellten Satzes von der Ccinci- denz der Absorptions- und Assimilations-Maxima und -Minima. Denn schon 1876 wies A. V. WOLKOFF nach, dass das Band I des Chloro- phyll-Absorptionsspektrums nicht dasjenige ist, dem die stärkste Licht- absorption zukommt, dass vielmehr die Absorption im brechbareren Theile des Spektrums, von F nach H hin, stärker ist als die im Band I, und dass sogar in der helleren Region zwischen Streifen V und VI die Absorption energischer ist als im Bande I. Der ausser- ordentlich starken Absorption des Blau durch das Chlorophyll ent- spricht also auch eine intensive Assimilationswirkuug, welche ihren Höhepunkt in der Nähe von F erreichen dürfte. Die Curve der photo- graphischen W^irkuDg culminirt im Blau nach G zu; aber alle drei Processe, Absorption, Assimilation und chemische Wirkung auf Silber- salze zeigen im Blau des Spektrums gleichsinnigen Verlauf der Curven, wie die Fig. HI der Tafel vergegenwärtigt, in welcher Äh. die Absorp- tions-Curve, ^5. die Assimiiations-Curve uod P.W. die Vertheilung der Wirkung auf Silbersalze (Bromsilbergelatine) im Spektrum darsteilen. Marburg, den 5. Juli 1897. Bruno Schröder: Attheya, Rhizosolenia und aridere Planktonorganismeu. 367 48. Bruno Schröder: Attheya, Rhizosolenia und andere Planktonorganismen im Teiche des botanischen Gartens zu Breslau. Mit Tafel XVII. Eiugegangen am 19. Juli 1897. Während die beiden Bacillariaceen-Gattangen Attheya und Rhizo- solenia bis vor Kurzem noch als ausschliesslich marin galten^), ent- deckte 0. ZACHARIAS im Plankton des Grossen Plöner Sees im Früh- jahre 1892 Süsswasserarten dieser Gattungen: -4rt/t^^aZac/mnas2 J. Brun. und Rhizosolenia longiseta Zach. Später wurde Attheya Zachariasi von APSTEIN auch noch im Behler See und im Plankton aus Seen Nor- wegens, sowie Rhizosolenia longiseta von SeLIGO in denjenigen West- preussens aufgefunden^). Man war damals geneigt, diese Süsswasserarten von Attheya und Rhizosolenia gewissermassen als Relictenformen aufzufassen, weil man sie auf grosse, tiefe Seen in nicht allzuweiter Entfernung vom Meere beschränkt hielt. Nachdem jedoch R. LAUTERBORN^) das Vorkommen der beiden pelagischen ßacillariaceen im September 1896 in mehreren Altwässern des Oberrheines festgestellt hatte, glaubte er (l. c. S. 13) auf Grund seiner Beobachtungen zu der Annahme berechtigt zu sein, „dass sowohl Attheya als Rhizosolenia eine viel grössere Ver- breitung zukommt, als man bisher angenommen". Diese An- nahme dürfte in der That der Wirklichkeit entsprechen, da 0. ZACHARIAS schon wenige Wochen vor LAUTERBORN (im August vorigen Jahres) allerdings nur Rhizosolenia noch weiter binnenwärts im Plankton des Ollschow-Teiches bei Tillowitz in Oberschlesien fand*), einer Oertlich- keit, die wegen ihrer Lage, ungefähr in der Mitte zwischen Hamburg und Triest, durchaus Continental ist. Der letztere Fund war die Veranlassung, auf Rhizosolenia und Attheya in der Nähe von Breslau zu fahnden. Am nächstliegenden war mir der Teich des botanischen Gartens, der, am Fusse eines 1) F. Schutt in Engler-Praktl, Katürl. Pflanz enfamilien, Lieferung 143 — 145. Peridinales u. Bacillariales. Leipzig 1896, S. 84 und 88. 2) C. Apstein, Süsswasserplankton. Kiel und Leipzig 189G. 3) R. Laüterbgrn, lieber das Vorkommen der Diatomeen-Gattungen Attheya und Rhizosolenia in den Altwassern des Oberrheins. Berichte der Deutschen Bo- tanischen Gesellschaft, 1896, Band XIV, Heft 1, S. 11. 4) 0. ZACHARIAS, Neue Beiträge zur Kenntniss des Süsswasserplanktons. Forschungsberichte aus der biologischen Station in Plön. 1897, V. Theil, S. 8. 368 Bruno Schröder: Alpinums wie ein Waldgeheimniss inmitten einer grossen Stadt gelegen, eine Menge interessanter phykologischer Schätze birgt, die wohl niemand dort erwartet haben dürfte. Derselbe gehörte bis zum vorigen Jahr- hunderte zu einem der vielen Oderarme, und heute bildet er das übrig gebliebene Stück des alten Wallgrabens vom ehemaligen Spring- sterne, einem Vorwerke aus der Zeit, als Breslau noch Festung war. Er zieht sich in einem halbmondförmigen Bogen von Osten nach Westen, ist 300 m lang, ca. 30 m breit, bis 3 m tief und sehr schlammig. Sein Wasser erhält er durch einen unterirdischen Canal aus der Oder, und zeigt deshalb, wie ich vorausschicken möchte, hinsichtlich einer grösseren Anzahl Mikroorganismen manche Uebereinstimmung mit diesem Strome. Theils findet sich am Rande Rohrvegetation, theils mehr in der Mitte Hydrochariten, sowohl einheimische, wie exotische. Die in der Nähe des Teiches wachsenden Bäume beschatten ihn nur massig, mit Ausnahme des südwestlichen Theiles, wo Coniferen stehen. Die Wasseroberfläche ist meist frei und im Verlaufe des Sommers machen sich nicht selten weit ausgedehnte, dünne, hellgrüne Ueberzüge von Euglena acus bemerkbar, mitunter auch schwarze, welche von Russ herrühren, der von der jeweiligen Windrichtung in eine der Ecken des Teiches getrieben wird. Einzelne Mikroorganismen aus demselben, z. B. SpiruUna, Oscillatorien etc. wurden schon früher von Herrn Ge- heimrath F. COHN beobachtet und beschrieben^}. Am 12. Juni dieses Jahres schöpfte ich aus dem Teiche mehrere Liter Wasser, etwa 2 bis 3 in vom Ufer entfernt, welche filtrirt wurden. Mit der Spritzflasche spülte ich den auf dem Fliesspapier sich sammelnden Rückstand in einen Standcylinder und vermischte die Flüssigkeit mit einigen Tropfen 2procentiger Osniiumsäure, worauf sich nach längerem Stehen alles im Wasser schwebende am Boden des Gefässes ansammelte. Von dem Bodensatze wurde mit der Pipette eine Probe entnommen und ein Tropfen davon auf dem Objeclträger auftrocknen gelassen. Auf dieses Trockenpräparat legte ich ein vier- eckiges Deckgläschen (18 mni), welches mit kleinen Canadabalsam- tröpfchen an seinen Ecken aufgeklebt wurde, so dass man event. be- quem auch Monobromnaphthalin etc. unter das Deckglas bringen konnte. Namentlich am Rande des aufgetrockneten Tropfens war Attheya Zachariasi in ziemlicher Anzahl aufzufinden; nicht minder auch Rhizo- solenia longiseta^ sowie andere pelagische Bacillariaceen. Am 18. Juni fischte ich mit einem APSTEIN'schen Planktonnetze für Oberflächen- fänge ^) in der Mitte des Teiches und fand besonders Rhizosolenia so häufig, dass ich sie bei Auerlicht und enger OefPnung der Irisblende 1) F. CoHN, Untersuchungen über die Entwickelungsgeschichte der mikro- skopischen Algen und Pilze. Nova Acta Ac. C. Car.-Leop. N. C. XXIV, I, 1853 2) Apstein, 1. c. S. 37, Fig. 8. Planktonorganismen im Teiche des botanischen Gartens zu Breslau. 369 mit LeITZ Objectiv 7 trotz ihrer grossen Zartheit und Durchsichtigkeit in Wasser eingebettet beobachten konnte. Attheya war in den Fängen vom 18. Juni in geringerer Anzahl vertreten, aber auch in Wasser zu sehen. Besonders bei Trockenprä[)araten war die Structur der Zell- membran deutlich erkennbar, bei Attheya sogar auch im Wasser. Während der Durchsicht einer grossen Anzahl von ^-l^^Ä^^i/a-Exemplaren fiel es mir auf, wie sehr diese Alge hinsichtlich ihrer Dimensionen, der Längsrichtung und der Länge ihrer Stacheln und des geringeren oder grösseren Abstandes der Oürtelbandstreifen variirt. Eine Form (Fig. 1 b) möge wenigstens erwähnt sein, die sehr kurz (126 /< cum spinis) und breit (45 /.t) ist und deren Gürtelbandstreifeu abnorm eng bei ein- ander stehen. Dieselben verlaufen in der Mitte nahezu parallel und fast gerade, nach den Enden dagegen werden sie convergirend und in der Weise gebogen, dass die OefFnung des ßcgens in der Richtung der Stacheln liegt. Mehrfach wurde auch Attheya in Theilung bemerkt und in zwei Fällen am 30. Juni Bildung von Dauersporen ^) (Fig. la), die sich durch ihre consistentere Membran und ihren Inhalt scharf von den zarten Wänden der Attheya-TjAXe abheben. Sie gleichen einem concav-convexen, sehr kurzen Cylinder, dessen concave Endfläche eigen- thümlich eingedrückt ist. LAUTERBORN beobachtete (1. c. S. 12) die Dauersporen der Attheya erst am 29. September. Was Rhizosolenia betrifiPt, so hat APSTEIN eine Zeichnung von einem Theile dieser Bacillariacee gegeben (1. c. S. 143, Fig. 37), welche die Structur der Membran in derselben Weise wiedergiebt, wie auch ich sie gesehen habe. Jedenfalls hat APSTEIN ein aufgetrocknetes Exemplar gezeichnet. Die Gestalt der lebenden RMzosole7iia-Ze\\e sieht anders aus (Fig. '2a). Die Breite derselben schwankt zwischen 3 bis 6 /LI (getrocknete Exemplare, bei denen die zarte Membran zusammen- klappt, messen viel breiter, etwa 6 bis 10 a); sodann gehen die Spitzen der Zelle allmählich in zugeschärfter Weise in die lange Schwimmborste über, die excentrisch und schief autgesetzt ist, wie dies SCHUTT im Pflanzenleben der Hochsee für Rhizosolenia semispina Hensen angegeben hat. An Osmiumsäurepräparaten konnte ich deutlich einen genau in der Mitte der Zelle liegenden Kern beobachten. In den Proben vom 18. Juni fand ich oft zwei Rhizosolenia-ZeWen nahe bei einander liegen (Fig. 26), und ich nehme an, dass diese Zellen durch Theilung einer Mutterzelle entstanden sind. Die Borsten greifen von der muthmass- lichen Theilungsstelle aus auf die Nachbarzellen über. Eine beginnende Kettenbildung scheint mir in diesem Falle deswegen ausgeschlossen, da ich nie mehr als zwei Zellen neben einander liegen sah. Vielleicht ge- lingt es mir nach weiteren Untersuchungen Genaueres über die Theilung von Rhizosolenia zu bringen. 1) Am 10. Juli fand ich Attheya in der oberhalb von Breslau in die Oder mündenden Ohle bei Pirscham sehr häufig mit Dauersporen. 370 Bruno Schröder: War schon das Auftreten der im Vorh ergehen de a angeführten Bacillariaceen eine erfreuliche Erscheinung, so fanden sich im Teiche des botanischen Gartens noch eine Anzahl anderer, die zumeist eben- falls von Lauterborn in Altwassern des Oberrheines aufgefunden wurden. Am meisten fesselte meine Aufmerksamkeit eine Melosira spec, weiche ich bereits im Herbste vorigen Jahres von Herrn SCHIKORA aus Haynau i. Schles. aus einem dortigen Teiche zur Bestimmung erbalten hatte und die ich im Folgenden als Melosira granulata (Ehrb.) Ralfs var. spinosa nov. var. bezeichnen werde (Fig. 3). Die feiuen Structurverhältnisse und das bisher immerhin vereinzelte Vorkommen dieser schmalen Melosira, die schliessiich auch wegen ihrer langen, dünnen Zellen einem Confervenfaden zum Yerwechselo ähnlich sieht, erschwerten die genaue Untersuchung derselben. Als ich jedoch am 1. Juli etwa 8 km unterhalb Breslau bei Masselwitz zwischen den Buhnen des Oderstromes mit dem Planktonnetze fischte, fand ich diese Melosira mit Attheya, Rhizosolenia, Synedra delicatisissima W. Sm. und Asterionella gracillima lüeih. ausserordentlich häufig und mit der zuletzt genannten geradezu vorherrschend. Insbesondere die Betrachtung von aufgetrockneten Exemplaren ergab Folgendes: Melosira granulata (Ehrb.) Ralfs var. spinosa mihi bildet gebogene Ketten von 2 bis ^V2 Zellen (mehr habe ich an Juni- und Julimaterial nicht gezählt). Die Zellen sind 3 bis 7 /.i breit und 4- bis 8mal so lang. Sie sind unmerklich gekrümmt, ausgewachsene Zellen in getrocknetem Zustande etwas bräunlich. Die Membran der Zellen ist auf der Gürtelseite mit runden, bei starker Vergrösserung (ZEISS Compens. -Ocular 12 und LeITZ Oelimmersion 7i2) perlenartigen Punkten besetzt, die an den distalen Zellhälften der Termiualzellen in geraden, longitudinalen Reihen stehen (Fig. 3, b\), während die proximalen Zellhälften der Terminalzellen stets in schräger Richtung zur Hauptachse, entweder in geraden Reiben oder auch mitunter in leicht gebogenen Curven punktirt erscheinen (Fig. 3, b 2, 3). Die Schalenseite (Fig. 3 a) ist rund und glatt und, so weit ich gesehen habe, nur am Rande mit kurzen, stumpfen Zähnchen versehen, die auch in der Gürtelansicht wahrnehmbar sind. Ausser diesen Zähnchen ragen an jedem der beiden Enden des Fadens l bis 3, selten 4 Stacheln von meist verschiedener Länge hervor, die au ihrer Basis leicht gebogen aufgesetzt sind. Diese Stacheln, die wahrschein- lich aus den Zähnchen gebildet werden, sind jedoch nicht nur au den Enden der Terminalzellen des Fadens vorhanden, sondern auch an denjenigen der intercalaren Zellen. Sie greifen gegenseitig auf die be- nachbarten Zellen über, so dass man sie bei vorsichtigem Brechen des Fadens (was nach vielen erfolglosen Bemühungen an lebendem Materiale durch Druck auf das Deckglas gelang) deutlich sehen kann (Fig. 3 c). Bricht man den Faden vollständig ab, so bemerkt man bei günstiger Lage desselben an der Stelle, wo der Stachel der Nachbarzelle gelegen Planktonorganisraen im Teiche des botanischen Gartens zu Breslau. 37 1 hat eine von Punkten freie, sehr spitzwinkelige, furchenartige Partie von der Form des darauf gelegenen Stachels. Diese Varietät der Melosira granulata (Ehrb.) Ralfs stimmt hin- sichtlich des Habitus mit Ausnahme der Anordnung der Punkte überein mit einer Abbildung in VAN tlEURCK's Synopsis, tab. LXXXVII, fig. 8, wo sie als Melosira granulata (Ehrb.) Ralfs var.? bezeichnet wird, bei ihr sind jodoch die Punktreihen aller Zellen parallel zur Hauptachse angeordnet. Auf derselben Tafel zeichnet VAN HEURCK (Fig. 14) eine breitere Melosira granulata mit Stacheln, die aus dem Richmond-River (Süd-Neuholland) stammt und die er forma australiensis nennt. Auch A. Schmidt giebt in seinem Atlas der üiatomeenkunde in Heft 16, Tafel 181 , Fig. 45 eine bestachelte Form von Melosira aus dem Demerara-River, er hält sie für fraglich. Nahe verwandt dürfte Melo- sira granulata var. spinosa auch mit AJ. crenulata Kütz. var. Bindenana Küiz. sein; vielleicht ist sie mit ihr schon verwechselt worden, was um so mehr entschuldbar ist, da auch A. SCHMIDT auf die grosse Schwieligkeit der Unterscheidung dieser Melosira -Aiitn auf Talel 181 unten in einer Bemerkung hinweist. In morphologischer Beziehung und im Hinblick auf ihre Anpassung an das Schweben im Wasser erinnert Melosira granulata var. spinosa an die kettenbildenden marineu Rhizosolenien, z. B. Rhizosolenia styli- formis ßrightw. und Rh. Stolterfothii Peragallo, denn alle drei Orga- nismen sind nach dem Kettentypus gebaut, besitzen also gegen das Verschlingen seitens kleiner Thiere eine Sperreinrichtung und ausserdem Stacheln als Stichwaffen. Zur Erhöhung ihrer Schwebiähigkoit dient zugleich mit den dünnen Membranen besonders die Krümmung des Fadens^). Weiter wurden von pelagischen Bacillariaceen im Teiche des bo- tanischen Gartens noch beobachtet: Fragilaria capucina Desmaz. in längeren und F. crotonensis Kitton in kurzen Bändern. Beide fanden sich den ganzen Juni hinduicb nicht häufig. Ebenso spärlich waren einzelne Zickzackketten von Diatoma tenue Kütz. var. elongata Lyngb. Zahlreicher kamen vor Cyclotella comta Kütz. var. radiosa Grün., Stephanodiscu^ Hantzschianus Grün. var. pusilla Grün., ein Stephanodiscus mit ziemlich grossen, feinen Stacheln (vielleicht St. Niagarae Ehrb., VAN HEURCK, tab. XCV, fig. 14), Synedra delicatissima W. Sm. und Nitzschiella acicularis Rabh., sowie Astenonella formosa Hassal var. gracillima [Hantzsch] ^) Grün. Namentlich am 18. Juui war letztere 1) Ueber das Princip der Krümmung bei der Anpassung pelagischer BaciUa- riaceen, z B. Guinardia baltica (Hensen) Schutt, Synedra thallassothrix Cleve, Rhizo- solenia Sigma Schutt und R/i. Stolterfothii Peragallo vergl. Schutt, Pflanzenleben der Hochsee, S. 21—24. 2) Asterionella formosa fand ich auch sehr zahlreich in grösseren Moortümpeln auf der „Weissen Wiese" im Riesengebirge im August vorigen Jahres, ca. 1400 //( 372 Bruno Schröder: häufig und zwar in vielstrahligen Sternen (8 bis 16 Frustein). Solche Familien sehen dann aus, als ob zwei Sterne über einander liegen, in Wirklichkeit sind diese zahlreichen Frustein in Form einer Spirale an- geordnet, wodurch ebenfalls die Schwebfähigkeit erhöht wird. Auf analoge Fälle weist SCHUTT in seinem Pflanzenleben der Hochsee, z. B. bei Chaetoceras S. 24 hin. In Gemeinschaft mit den angeführten Bacillariaceen lebt in dem Teiche des botanischen Gartens eine Chlorophyceenöora, die hinsichtlich des Commensalismus gewisser Species nicht ohne Interesse ist. Eine in vieler Beziehung ähnliche Flora führt CHODAT^) aus einem kleinen Ententeiche (petit bassin a canards) im Park der Ariana bei Genf an. Am 12. Juni bemerkte ich ziemlich häufig die auch von SCHMIDLE^) in Altwassern des Oberrheines entdeckt e Golenkinia radiata Chodat und die von SCHMIDLE neu aufgestellte Golenkinia hotryoides^ von der ich eine Abbildung gebe, da eine solche bisher nicht vorhanden ist (Fig. ß); ferner fand ich Lagerheimia genevense Chodat und eine andere unbeschriebene Species dieser Gattung, die ich Lagerheimia wratislaviensis nov. var. bezeichnen will (Fig. 7). Ihre Zellen sind kürzer elliptisch als bei der CHODAT'schen Species, die vier Stacheln oder Schwimmborsten stehen in der Richtung der Längs- und einer kurzen Achse und sind ver- schiedenartig gekrümmt. Ausserdem kamen in den Planktonfängen vor: Scenedesmus quadricauda Breb., ßc. denticulatus Lagerh., Sc. Hystrix Lagerh., Sc obtusus Meyen und Sc. obliquus (Turp.) Kütz. var. dimorphus (Turp.) Rabh ; ferner Actinastrum Hantzschii Lagerh. (recht häufig), Coel- astru7n micropor'um Näg., Pediastrum Ehrenbergii A. Br., P. Boryanum Menegh. var. granulatum Rabh., P.pertusum Kütz. var. clathratum A. Br. Polyedrium tnuticum, A. Br., P. pentagorium Reinsch, P. enorme de By., P. pinacidium Reinsch, Dictyosphaerium Ehrenbergii Näg., Pandorina Morum Bory (häufig), Eudorina elegant Ehrb., Gonium, pectorale Müller, Volvox globator Ehrb. und Mallomonas Plösselii Perty, sowie die schlanke Form von Ceratium hirundinella 0. F. Müll, und auf Cyclops- arten (Jolacium vesiculosum Ehrb. Autfallend war das Vorkommen von drei Species Closterium: Closferium pronum Breb. var. longissimum Lemmermann, welches dieser Autor im Plöner See und im Müggelsee gefunden, C. li?ieatum Breb. var. angustatum Reinsch und C. acutum Breb., alle drei sind langgestreckt und schmal spindelförmig. Ihnen hoch, mit Peridiniuni tuhulatuni Clap. et Lachm., Gonatozygon Ralfsü de By. und verschiedenen Plankton-Crustaceen und -Hydrachniden. Weltner (Zar pelagischen Fauna norddeutscher Seen, Zool. Anz. ISüG, Bd. 9) fand sie ebenfalls in kleinen Teichen. 1) li. CnODAT, Gülenkinia, genrc nouveau des Protococcoidees. Journal de Bot. No. 16, September. — R Chodat, Sur le gcnre Lnijerheimin. Nuova Notarisia 1895. 2) W. ScHMiDLE, Algologische Notizen. Allgemeine botanische Zeitschrift für Systematik, Floristik etc. (Karlsruhe, Jahrgang 1890/97). Plauktonorganismcn im Teiche des botanischen Gartens zu Breslau. 37c^ ähnlich, aber in charakteristischer ßogenform spiralig gekrümmt und von bläulich -grüner Farbe des Chromatophors ist ein namentlich am 26. Juni häufiges Rhaphidium, das ich Rh. longissimum nov. spec. nenne (Fig. 4). Ein anderes, kleines Rhaphidium, welches gleich dem vorher- gehenden stets einzeln vorkommt, hat die Gestalt einer auseinander- gezogenen Spirale von etwa einem Umgange, ich möchte es als eine pelagische Form von Rhaphidium polymorphum Fres. bestimmen. Auch ZACHARIAS machte mich auf dasselbe in seinen mir brieflich mit- getheilten Planktonfängen aufmerksam. Schliesslich sei noch eine kleine Palmellacee erwähnt (Fig. 5), welche zierliche Täfelchen bildet, die aus vier breit keilförmigen Zellen bestehen, die ohne Zwischen- räume zu lassen mit einander verbunden sind. Jede Zelle trägt am äusseren Rande fünf kurze Borsten in radiärer Richtung. Einige Exemplare zeigten Quertheilung des Zellinhaltes, erst in der einen, dann rechtwinklig dazu in der anderen Richtung einer Ebene, so dass vier Tochterzellen in jeder der Zellen des vierzelligen Coeuobiums entstehen. Die Borsten am Rande desselben sind wahrscheinlich auf das Schweben im Wasser nicht ohne Einfluss. Zu Ehren des Herrn Geh. Regierungs- rathes Prof. Dr. FERDINAND COHN sei diese Alge Cohniella stauro- geniaeformis nov. gen. et nov. spec. genannt. Von Schizophyceen kamen nur wenige vor: Coelosphaerium Kützingianum ^äg., Clathrocystis aeruginosa Henfr. und Anabaena spec. Insgesammt wurden ungetähr 46 Species von Algen festgestellt, die allerdings nicht sämmtlich rein pelagisch sind, die jedoch im freien Wasser schwebend gefangen wurden. Die Diagnosen der neuen Algen sind folgende: 1. Melosira granulata (Ehrb.) Ralfs var. spinosa nov. var. Fila- menta leviter curvata, frustulae elongatae, 3 — 7 ju latae, omnes cellulae in margine longis spinis (1 — 3, raro pluribus) praeditae, valvae numerosis grauulis rotundatis in series longitudinales vel spirales positis, ornatae. 2. Lagerheimia wratislaunensis nov. spec. Cellulae ellipsoideae, 4 spinis in basi leviter incrassatis ornatae, quarum duae terminaliter (in polis) sunt insertae, duae lateraliter, Cellulae 11 /i longae et 8 ^ latae, spinarum longitudo 24 — 27 ju. 3. Cohniella nov. gen. Cellulae 5 — Q /li latae, in coenobium instar Staurogeniae consociatae. Coenobium planum, solidum semper e 4 cellulis constitutum, quarum margo spinis minutis est praeditus. Divisio asexualis in duas spatii directiones. Cohniella staurogeniaeformis nov. spec. charact. generis. 4. Rhaphidium longissimum nov. spec. Cellulis 300 ^ longis,. spiraliter curvatis. Breslau, Pflanzenphysiologisches Institut. 374 C. CORRENS: Erklärung- der Abbilduugeu. (Sämmtliche Figuren sind mit AßBE'schem Zeichenapparate bei 625facher Vergrösserung gezeichnet worden). Pig. 1. Attheya Zachariasi J. Brun. a schmale, lange Form mit Dauerspore, b breite, kurze Form mit eng angeordneten Gürtelbändern. „ 2. Rhizosolenia longiseta Zach, a Zelle mit Kern (Osmiumsäurepräparat in Wasser eingebettet), b muthmassliches Theilungsstadium der Rhizosolenia. „ 3. Melosira granulata (Ehrb.) Ralfs var. spinosa nov, var. a Schalen-, b Gürtelansicht, bei 1, 1", 1'" und 1"" Punkte in geraden Längsreihen an- geordnet, bei 2, 2' und 2" in schrägen und bei 3 und 3' in gekrümmten; / Furche, in der der abgebrochene Stachel gelegen hat; c Zelle mit Chromatophoren von einem gebrochenen Faden, die übergreifenden Stacheln zeigend. „ 4. Rliaphidium longissimum nov. spec. Oeltröpfchen durch Osmiumsäure ge- schwärzt (wegen der bedeutenden Länge getheilt gezeichnet, die punktirten Linien geben die Richtung des abgeschnittenen Stückes an). „ 5. Cohniella stnurogeniaefornds nov. gen. et nov. spec. a Vorderansicht, Zellen in Theilung begrilfen. b Scheitelansicht. , 6. Golenkinia botryoides Schmidle. , 7. Lagerheiiiiia wratislawiensis nov. spec. Zelle mit parietalem Cliromatophor und Pyrenoide. 49. C. Correns: Yorläulige Uebersicht über die Vermehrungs- weisen der Laubmoose durch Brutorgane. Eingegangen am 23. Juli 1897. In einer Mittheilung, die vor etwa andertlaalb .Jahren erschien^), habe ich bei Gelegenheit einer Besprechung der Brutkörper der Georgia pellucida eine Bearbeitung der vegetativen Vermehrung bei den Laub- moosen in Aussicht gestellt. Da sich meine Untersuchungen nun über fast alle wichtigeren Fälle erstrecken und sich in neuester Zeit ein regeres Interesse auf diesem Gebiete zu zeigen beginnt, gebe ich im Folgenden einstweilen eine gedrängte Uebersicht vorzugsweise über den Theil meiner Resultate, der morphologischer Natur ist. Ich beschränke mich hier auf die Vermehrungsweisen, die im Haushalt der Arten wirklich eine Rolle spielen, auf angepasste Brutorgane. Darum bleibt die Regenerationsfähigkeit aus Theilen, die nur ausnahmsweise der 1) Ueber die Brutkörper der Georgia 'pellucida und der Laubmoose überhaupt. Ber. der Deutschen Bot. Gesellsch., Bd. XIII, S. 420. Vermehrungsweisen der Laubmoose durch Brutorgane. 375 vegetativen Vermehrung dienen können, oder für gewöhnlich nicht transportfähig sind, ganz unerörtert. So findet sich die Fähigkeit der Blatter, Protonema zu bilden, nur dann berücksichtigt, wenn die Blätter leicht in Stücke zerbrechen oder abfallen; so bleiben die ganz allgemein vorkommenden „ruhenden Augen" der Stämrachen bei Seite und ebenso die Mehrzahl der Wurzelknöllchen, die, im Boden oder im Moosrasen verborgen, der Vermehrung an Ort und Stelle, aber gewöhnlich nicht der Verbreitung f;er Art dienen können. Von den Ergebnissen der entwickelungsgeschichtlichen Studien wurde nur das herbeigezogen, was für die Charakteristik der einzelnen Typen nöthig war, das Uebrige wird, wie die physiologischen und bio- logischen Thatsachen, in der ausführlichen Mittheilung gebracht werden. — Wir unterscheiden zwischen dem Aufbau des Brutkörpers durch die Theilungen der Scheitelzelle und dem Ausbau durch nachträgliche Zelltheilungen in den Segmenten. Im üebrigen kommen alle üeber- gänge vor von Brutkörpern, bei denen die Zelltheilungen nach einem fast starren Schema erfolgen, bis zu Brutkörpern, die bald so, bald so gebaut werden, doch herrscht vor allem beim Ausbau im Grossen und Ganzen nur geringe Gesetzmässigkeit. Beim Keimen bilden die meisten Brutorgane Protonema (von Faden-, selten von Blattform) und daran — soweit nicht wieder Brut- körper (Wiederholungsbrutkörper) gebildet werden — früher oder später die jungen Pflänzchen. Eine Ausnahme bilden nur die wenig redu- cirten abfälligen Sprosse und Sprossspitzen, die Brutknospen im engeren Sinne. Hier nimmt der Vegetationspunkt sein Wachsthum wieder auf, daneben wird Protonema (von Rhizoidcharakter) gebildet. Die stark reducirten Sprosse, für die ich die Bezeichnung Bulbillen reservirt wissen möchte, bilden nur Protonema. Die Untersuchung hat ergeben, dass die zu Protonema aus- wachsenden Zellen vorher bestimmt, d.h. schon am ruhenden oder noch nicht einmal reifen Brutorgan erkennbar sind. Sie fallen ge- wöhnlich durch ihren Zellinhalt auf, durch das dichtere Plasma, die kleineren Chlorophyllkörper und den geringen Gehalt an Reserve- material (Oel, Stärke), kurz durch einen mehr oder weniger deutlich „embryonalen" Charakter des Plasmaleibes. Ihre freie Aussenwand ist oft von abweichender chemischer Beschaffenheit und (dadurch be- dingter) abweichender Farbe, von anderer Dicke und zuweilen glatt, wenn die Aussenwände der gewöhnlichen Zellen sculpturirt sind. Ich habe diese Initialen der Scheitelzellen der Protonemafäden schon in der vorhergehenden Mittheilung^) Nematogone genannt, soweit sie nicht einfach als persistirende Scheitelzellen der Brutkörper oder sonst in 1) 1. c. S. 422 u. f. 376 C. CORRENS: einfacher Weise (z. B. als Deuterzellen) bezeichnet werden können. Je nach der Ausbildung des entstehenden Fadens lassen sich Protonema- Nematogone und Rhizoiden-Nematogone unterscheiden. In Hinsicht auf das Verhalten der Aussenwand des Nematogones beim Auskeimen kann man zwei extreme Typen unterscheiden, Keimung mit „Keimstück" und mit „Deckel". Beim ersten ist die Aussen- wand auf einem oft ziemlich scharf umschriebenen Stück, eben dem „Keimstück", der ganzen Dicke nach chemisch anders modificirt als die übrige Membran des Nematogones und der anderen Zellen, und dieses Stück wächst weiter, oft unter deutlichem, successiven Sprengen der äusseren Lamellen, Im anderen Fall wird ein Stück der äusseren La- mellen der Aussenwand, die in ihrem chemischen Verhalten von der Umgebung nicht abweichen, der „Deckel" als Ganzes abgesprengt, und nur die innersten Lamellen wachsen weiter. Für einzelne reife ßrutkörper iässt sich experimentell nachweisen, dass die Fähigkeit, Protonema zu bilden, wirklich auf die Nematogone beschränkt ist, indem die Brutkörper, nach der Zerstörung der Nema- togone, zu Grunde gehen, ohne dass andere Zellen auswüchsen. In den meisten Fällen ist der Versuch der technischen Schwierigkeiten wegen nicht möglich, ich zweifle aber nicht, dass in vielen, vielleicht in allen Fällen, da, wo der reife Brutkörper ausgebildete Nematogone zeigt, die übrigen Zellen die Fähigkeit zur Protonemabildung verloren haben und zu Nähr- und Speicherzellen geworden sind. Der Plasmaleib der Nematogone behält seinen deutlich embryonalen Charakter von den Entwickelungsstadien der Brutkörper her bei. Wo diese sich nachträglich am fertigen oder fast fertigen Organ entwickeln, gehen sie selbst nicht aus beliebigen, ausgewachsenen Zellen hervor, sondern aus Initialen, die ihren embryonalen Charakter, von der Ent- stehung des ganzen Organes her, beibehalten haben, so dass auch hier das Plasma des Nematogones direct mit dem embryonalen Plasma des Vegetationspuüktes der ganzen Pflanze zusammenhängt. Zur Erleichterung der Ablösung finden wir die verschiedensten Einrichtungen. Bei abfallenden Blättern und Sprossen ist oft ein Trenngewebe vorhanden, das abweichende Beschaffenheit und Dicke der Membranen aufweist, oder der Zusammenhang mit dem Mutterspross ist auf eine Zelle oder einige wenige Zellen beschränkt. Wo bei den eigentlichen Brutkörpern specielle Anpassungen zur Erleichterung der Ablösung vorhanden sind — und das ist der weitaus häufigste Fall — lassen sich zunächst zwei Typen unterscheiden. Ent- weder löst sich der Brutkörper ab durch Spaltung in der Mittel- lamelle zwischen zwei Zellen oder Zellcomplexen, wobei die äusseren, beiden gemeinsamen Membranlamellen zerrissen werden: schizolyte Vermehrungsweisen der Laubmoose durch Brutorgane. 377 Brutkörper, oder der Brutkörper wird durch Zerreissen einer ganzen Zelle mit mehr oder weniger desorganirtem Inhalt, der Trenn- zelle, des „Tmema", frei: rhexoJyte Bratkörper. Das Tmema kommt nun seinerseits wieder in verschiedener Ausbildung vor. Ent- weder geht es aus einem ganzen (primären) Segment des Zellfadens hervor, an dem der Brutkörper sich bildet, gehört also zum Träger, ist älter als der Brutkörper und ausserdem — wenigstens in allen bekannten, freilich nicht sehr zahlreichen Fällen — langgestreckt: Dolichotmema. Oder es wird erst nachträglich, an der Basis des untersten Segmentes des Brutkörpers selbst^), in regelrechter Zell- theilung abgeschnitten, gehört also zum Brutkörper selbst, ist jünger als dieser als Ganzes und meist von sehr ausgesprochen scheiben- förmiger Gestalt: ßrachytmema. Zuweilen treten hier noch Besonder- heiten hinzu, so der „Schwellring" im Brachytmema der Calymperes- und Syrrhopodon -Brutkörper ^). Die Entwickelung des Brutkörpers ist eine ziemlich selbständige. In vielen Fällen schreitet sie weiter, wenn der Inhalt der Brachy- tmemen schon deutlich desorganisirt ist oder, bei schizolyten Körpern, schon die Abspaltung begonnen hat, die Körper mit dem Träger also nicht mehr in rechter organischer Verbindung sind. So kann es nicht Wunder nehmen, dass es gelingt, Brutkörper auch abgetrennt sich als solche (z. B. in knollenförmiger Gestalt) weiter entwickeln zu lassen, statt dass Keimung einträte. Ich bringe die Vermehrungsorgane zunächst in vier Gruppen nach ihrer phylogenetischen Abstammung, die in den meisten Fällen noch ohne jegliche Schwierigkeit erkannt werden kann. Wir finden die Stämmchen, die Blätter, das Protonema in seiner nur graduell ver- schiedenen Ausbildung als echtes Protonema und als Rhizoiden, endlich die Trichome^) der vegetativen Vermehrung dienstbar gemacht. Wirk- 1) So wenigstens in allen Fällen, wo ich die Entstehung beobachten konnte. Der umgekehrte Fall: Abtrennung des Brachytmema vom oberen Ende der obersten Trägerzelle kam nie zur Beobachtung. 2) Mir waren die Trennzellen schon zur Zeit meiner ersten Mittheilung bekannt Inzwischen hat sie Göbel für Protonemen beschrieben („leere Zellen") und in ihrer Fimction richtig erkannt ^lieber Jugendformen von Pflanzen und deren künstliches Wiederhervorrufen, Sitzungsber. der math.-phys. Klasse der K. bayer. Akad. der Wissensch., Bd. XXVI, 1896, Heft III). Fig. VI, A zeigt Brachytmemen, ß — D offenbar Dolichotmemeu. Davon, dass die Membran dieser Zellen in ihren unteren Theilen verquillt, wie Goebel angiebt, habe ich nichts gesehen. 3) Ich kenne keine IMittelbildungen zwischen Ehizoiden einerseits, Paraphysen und „paraphysenähnlichen Keulenhaaren" andererseits. Diese letzteren kommen ganz allgemein vor, so dass ich kein Laubmoos entwickelungsgeschichtlich unter- suchen konnte, ohne auf sie zu stossen. Sie geben, nach meinen Beobachtungen, in ihrer Anzahl und Ausbildung (schon der Zellenzahl) gute systematische Merkmale Ber. d. deutsch, bot. G eselisch. XV. Oß 378 C. CORRENS: liehe Zweifel über die Zugehörigkeit des Brutorgans zur einen oder anderen Gruppe können bei nur ganz wenigen Formen walten, so bei Aulacomnium androgynum und Pleuridium nitidum. Auf eine Moti- virung meiner Entscheidung kann ich mich hier natürlich nicht einlassen. Mit Recht haben die neueren Systematiker, vor allem LiMPRICHT, den Brutkörpern mehr Beachtung zu schenken begonnen. Ganz all- gemein sind die Brutkörper einer Gattung einander sehr ähnlich, wenn sie morphologisch gleichwerthig sind. Wo in derselben Gattung wesent- lich verschiedene Formen vorkommen, sind sie auch verschiedener Her- kunft. So bei Bryum (Brutknospen, Wurzelknöllchen, fadenförmige Brutkörper), Tortula (Brutblätter, Brutkörper), Dicranodontium und Campylopus (Brutknospen, Brutblätter), Pleuridium (Wurzelknöllchen, fadenförmige Brutkörper), Aulacomnium (Brutblätter, Brutkörper). ^) Diese verschiedenen Formen können dann auch bei einer Art zusammen vorkommen, so bei Tortula laevipila, papillosa, pulvinata, bei Dicrano- dontium und Pleuridium nitidum. — Wo in verschiedenen, entfernten ^'erwandtschaftskreisen ähnliche Brutkörper wiederkehren (Zygodon, Leptodontium, Habrodon) handelt es sich um so einfache Formen, dass die Uebereinstimmung wenig überraschen muss, ausserdem bleiben die Typen an der Ausbildung der Träger etc. noch wohl unterscheidbar. Mit ! sind die Arten bezeichnet, die ich im lebenden Zustand unter- sucht habe. Arten, die ich bisher nicht oder nur ungenügend unter- suchen konnte, sind entweder deutlich (mit ?) als solche bezeichnet worden oder wurden einfach weg gelassen. Sie sollen, wenn irgend Material zu beschaffen ist, in der grösseren Publication Aufnahme finden. Für die Richtigkeit der Bestimmungen wurde jede Sorge ge- tragen. Zweifelhaftes Hess ich mir revidiren. Hierfür und für die Be- schaffung von frischem und trockenem Materiale bin ich einer ganzen Reihe von Bryologen zu Dank verpflichtet. Uebersicht. Die Brutorgane sind: I. Stämmclien. Aufbau durch die Theilungen einer dreischneidigen Scheitelzelle. Brutknospen, bei reducirter Beblätterung Bulbillen. für ganze systematische Einheiten höherer Ordnung. Den Anfang zu ihrer Verwendung für die einzelnen Arten hat übrigens bereits Limpricht gemacht. Nach Göbel (1. c. S. 464) sind sie bei Funaria und Diphj/sciuin als Schleimpapillen zu deuten. Auch ich hatte dies als Function in Frage gezogen — nach den Kenntnissen, die wir über die Schleimhaare der Lebermoose, Farne etc. haben, lag ja auch nichts näher. Doch gelang mir der sichere Nachweis einer Schleimabsonderung bisher fast nirgends. 1) Man könnte in Orthotrichum Lyellü eine Ausnahme sehen wollen, dessen Brutkörper von gleicher Herkunft wie die der übrigen Orthotrichen sind, sich aber in anderer Weise ablösen. Doch lässt sich die Ablösungsweise bei Orthotrichum Lyellü als Vorstufe für die der übrigen Orthotrichen auffassen. Vermehrungsweisen der Laubmoose durch Brutorgane. 379 la. Beblätterte Stämmchen urfd Knospen. Keimung mit Vegeta- tonspunkt und Rhizoiden-Nematogonen oder mit Nematogonen allein. 1. Endstücke von Haupt- und Seitentrieben (Terminalknospen), Trennschicht. Keimung: Weiter wachsen des Yegetationspunktes und Rhizoidenbildung. Campylopus flexuosus!, Schimperi. Dicranodontium longirostre ! — Leptodontium flexifolium? 2. Seitensprosse, als Ganzes abfallend. Ablösung durch Trenn- schicht oder schmale, nur aus einer Zellreihe bis wenigen Zellreihen bestehende Verbindung mit dem Mutterspross er- leichtert. A. Beblätterung nicht oder wenig reducirt. Keimung: Weiter- wachsen des Vegetationspunktes und Rhizoidenbildung. a) Achse gestreckt: Grimmia andreaeoides nndi YQTs,ch\QAen& Pleurocarpeen: Platijgijrium repens!, Leucodon sciuroides!, Necker a pumila!, Plagiothecium Sckimpen z. Th! b) Achse gestaucht: Philonotis marchica (wohl auch Ph. laxa^ caespitosa, adpressa) und Bryuin argenteum !, atro- purpureuvi, caespiticium(^^^ !, Anomobryum concinnatum. B. Beblätterung (mehr oder weniger) stark reducirt. Keimung entweder mit Weiterwachsen des Vegetationspunktes und Rhizoidenbildung oder mit Protonemabildung allein : Wehera- Arten, in verschiedenen Typen, von Wehera annotina^y. (erste Keimungsweise, Nematogone in Querbändern) bis zu Webera pr öliger a und Plagiothecium Schimperi z. Th.!**) (zweite Keirauugsvveise). I^. Metamorphosirte (blattlose) Anlagen ganzer Stämmchen, an Rhizoiden (Wurzelknöllchen). Rhexolyt, ohne differenzirte Trennungszelle, Nematogone: dreiseitig-pyramidale Scheitelzellen'). Keimung: Protonemabildung. Bulbillen. 1. Bulbillen kugelig, vielzellig, Nematogone eingesenkt, mit Neben- zellen!: Bryum erythrocarpum ! 2. Bulbillen länglich, relativ wenigzellig, Nematogone nicht ein- gesenkt, ohne Nebenzellen. Keimung mit Deckel: Pleuridium nitidum f. hulbillifera ! 1) Im Sinne von Trentepohlia erecta Eoth. Hoffm. D. Fl. II, p. 17, t. 14 (1796)! 2) Nach Form und Stellung sind die Nematogone hier überall noch deutlich als Ehizoiden-Nematogone zu erkennen. Das Verhalten der ScheitelzeUe ist noch fraglich. 3) Die Nematogone sind bei Bryum erythrocarpum noch deutlich als die „ruhenden Augen" des sonst sehr reducirten Stämmchens zu erkennen. Auch bei Pleuridium nitidum sind sie wohl so zu deuten. Einmal sah ich übrigens auch bei Bryum erythrocarpum an der Bulbille zwei rudimentäre Blätter. 26* 380 . C. CORRENS: II. Blätter. Aufbau durch die Theilungen einer zweischneidigen Scheitelzelle. Keimung: Protonemabildung. 1. Brüchige Blätter, die ohne vorgezeichnete Trennungslinien in Stücke von beliebiger Grösse zerbrechen. Bruchblätter. A. Nematogone 0. Die Deuterzellen der Rippe wachsen (aus beiden Bruchflächen) zu Protoneraa aus, wobei zer- rissene Deuterzellen durchwachsen werden: Dicranwm viride ! fragilifolium. B. Zahlreiche, etwas eingesenkte, glatte Nematogone über Rippe und Lamina der brüchigen Region des Blattes zer- streut: Tortella fragüis. 2, Abfallende Blätter, die sich als Ganzes oder mit Zurück- lassung eines Stumpfes und mit vorgezeichneter Trennzone ablösen. Brutblätter. A. Brutblättertragende Sprosse den blühenden gleich, mehr- jährig, weiter wachsend, mit leicht und schwer abfallenden Blättern im Wechsel, Nematogone in den breiten Zell- reihen ^ der Aussenfläche (und auch der lonenfläche) der Blattrippe, bis in die Spitze: Dicranodontium longifolium! Cam'pylopus turfaceus und wohl noch andere, verwandte Arten. B. Brutblätter an eigenen (nicht blühenden), vergänglichen Sprossen. Nematogone über beide Blattseiten zerstreut. a) Sprossachsen gestaucht, gebüschelt, stehend. Primär- blätter (theils mehrschichtig, theils einschichtig mit Andeutung der Blattrippe): Tortula pagoinim\ gelegent- lich T. laecipüa! pulvinata/ und papulosa! b) Sprossachsen gestreckt („Pseudopodien"). Stark modi- ficirte Laubblätter (Zellkörper, durch Umbildung der Rippe und Reduction der Lamina entstanden), scheinbar breit, in Wirklichkeit ganz schmal angeheftet. (Soweit der Spross unveränderte Laubblätter trägt, bleibt er erhalten. Uebergänge, morphologisch und functionell, zwischen Laub- und BruthVeLttern.) Aulacomniumpalitstre! III. Protonema. Aufbau durch die Theilungen einer einschneidigen Scheitelzelle, mit oder ohne Ausbau durch weitere Theilungen in den Segmenten. 1) Zwischen den Stereidenbündelchen liegend, entwickelungsgeschichtlich dem Bündelchen plus der darüber liegenden Zellreilie äquivalent. Verm ehrungsweisen der Laubmoose durch Brutorgane. 381 Ablösung durch Trennzellen, meist Brachytmemen, oder durch Spaltung. Keimung: Protonemabildung. Brutkörper im engeren Sinne. Illa. Träger der Brutkörper von Protonemacharakter (grün, Scheidewände quer gestellt, aus Rhizoiden oder Brutkörpern und Sporen hervorgehend). 1. End- und successive Fadenabschnitte, nicht weiter modificirt (eventuell die Bildung von Brachytmemen aus- genommen). A. Brüchiges Protonema ohne Trennzellen (also Brutkörper schizolyt): Unbestimmte Species aus dem Schwarzwald! Funaria nach GÖBEL. B. Brüchiges Protonema mit Brachytmemen. Brutkörper meist einzellig. Keimung: Auswachsen senkrecht zur Längs- achse: Pleuridium nitidum (Protonema aus Brutkörpern)!, wahrscheinlich auch 'Wryum pseudotriquetrum nach GÖBEL ^). C. Brüchiges Protonema, Brutkörper meist mehrzellig, trotz des typischen Brachytmema schizolyt, so dass das Brachy- tmema unverletzt an der Basis des Brutkörpers bleibt. Keimung: Weiterwachsen der obersten Zelle. (Bei der Cultur auch Spaltung unabhängig von den Brachytmemen.) Unbestimmte Species (? Campylopus) aus dem Schwarzwald, August 1896, Juni 18971. 2. Endabschnitte, mehr oder weniger modificirt. Häufiges Vorkommen bei echten Brutkörpern, wo das Protonema, statt Pflänzchen, kleinere Brutkörper — oft schon nach wenigen Theilungen — bildet, von gleichem oder etwas einfacherem Bau und von gleicher Ablösungs- und Keimungsweise (Wiederholungsbrutkörper). A. Ablösung mit Dolichotmema: Georgia pellucida! B. Ablösung mit Brachytmema: Zygodon viridissimus, Ortho- trichum ohtusifoliuml Calymperes Sanctae Mariae, Dicho- dontium pellucidum! Illb. Träger der Brutkörper von Rhizoidcharakter (Chloro- phyllgebalt gering, Scheidewände schief gestellt, blattbürtig und stengelbürtig). 1. Einfacher oder verzweigter Faden von unbeschränkter Zellenzahl, sitzend oder gestielt, Ablösung durch Zerreissen 1) L. c. S. 455 u. f. Die Keimung wird nicht beschrieben. Göbel citirt seine Fig. V, die aber nichts von Brachytmemen zeigt. Wahrscheinlich ist Fig. VI, A gemeint. Danach böte ? Bryum pseudotriquetrum durch die ungleiche Ausbildung der Brachytmemen eine sehr hübsche Illustration ihrer Entstehung. 382 C. CORRENS: einer Zelle von Trägercharakter (Dolichotmema, aber nicht kngepasst). Keimung: Die Scheitelzellen nehmen ihr Wachs- thum wieder auf (keine besonderen Nematogone). Blatt- (und Stengel-) biirtig: Orthotrichum Lyellii! 2. Endstücke der Fäden, von ungefähr bestimmter Zellen- zahl. Khexolyt mit ßrachytmemen. Keimung: Auswachsen der Scheitel- oder Spitzenzellen, der Basal- und Spitzenzellen oder der Basalzellen allein. A. Endstücke, ohne nachträgliche Theilungen (die Bildung der Brachytmemen ausgenommen). a) Brutkörper fast stiellos oder auf ganz kurzen Trägern, blattbürtig. a) Auf der Basis des Blattrückens, etwas auf den Stengel übergehend: Plagiothecium Ruthei f. propa- guKfera, PL latebricola f. gemmascens (deutlich ge- stielt, zu mehreren an einem Träger, meist vierzellig, zartwandig, Keimung?) und Habrodon Notarisii! (sitzend, derbwaudig, Nematogone an Spitze und Basis oder nur an der Basis). /5) Zerstreut stehend, Nematogone an Spitze und Basis: Orthotrichum obticsifolium !, gymnostomum (hier noch am häufigsten verzweigte Fäden), diaphanum!. y) An der Blattspitze zu einem Köpfchen gehäuft (ganz überwiegend der Rippe entstammend), Nematogone an Spitze und Basis: ülota phyllantha!. S) An der Blattspitze zu einem Köpfchen gehäuft (ganz der Rippe entstammend), Brachytmema mit Schwell- ring, Nematogone an Spitze und Basis: Calymperes spec. var. und Syrrhopodon spec. var. — Zuweilen werden die Brutkörper an besonders ausgebildeten Blättern gebildet: Syrrhopodon longisetaceus. b) Brutkörper an langen, verzweigten, stengelbürtigen Trägern, Nematogone nur an der Spitze (?): Tayloria serrata, acuminata. B. Endstücke mit Ausbau durch nachträgliche, nicht sehr zahlreiche Quer- und Längstheilungen. Typische Brachytmemen. Nematogone zerstreut stehend oder auf die Basis beschränkt. a) Brutkörper mit Hypophyse auf verzweigten, stengel- bürtigen Trägern, als Nematogone functioniren die Hypophyse und einzelne Zellen des übrigen Körpers: Dichodontium pelluciduvi !. Vermehrangsweisen der Laubmoose durch Brutorgane. 383 b) Brutkörper ohne Hypophyse, Nematogone (fast) auf die Basis beschränkt (zuweilen auch noch an der Spitze). a) Brutkörper auf verzweigten, fädigen, stengelbürtigen Trägern: Zygodon viridissimus ! mit seinen Unterarten oder Varietäten. ß) Brutkörper an stengelbürtigen, als Zellkörper aus- gebildeten Trägern: Leptodontium styriacum, oder an solchen Trägern und an der Blattspitze (Rippe und Lamina): Leptodontium gemmascens. C. Endstücke mit Ausbau durch zahlreiche Längs- und Quertheilungen, gross, mit wenig differenzirten Brachytmemen, Nematogone zerstreut stehend. a) Brutkörper zu wenigen an stengelbürtigen, verzweigten Trägern. a) Brutkörper etwas lappig, Nematogone etwas ein- gesenkt: Barbula paludosa/ ß) Brutkörper morgensternförmig, Nematogone vor- springend, die Spitzen des Sternes einnehmend: Tnchostomum Warnstoi'fii ! b) Brutkörper in Haufen an den Blattspitzen (Rippe und Lamina) sitzend, kugelig-cubisch, Nematogone etwas eingesenkt: Dryptodon Hartmanni! Grimmia anomala. 3. End- und successive Fadenstücke von unbestimmter Zellen- zahl (das Endstück am längsten), ohne oder mit nachträglichen Theilungen. Rhexolyt mit Brachytmemen. Keimung: Aus- wachsen der Spitzen- oder Basalzellen oder zerstreut stehende Nematogone. A. Brutkörper ohne (oder nur mit einzelnen) nachträglichen Theilungen, auf verzweigten, stengelbürtigen Trägern. Keimung: Auswachsen der Basalzelle oder (besonders beim obersten Körper) auch der Spitzenzelle (Scheitel- zelle): Bryum capülare var.! und wohl auch Bi\ cyclo- phyllum, ferner Encalypta contorta! und procera (mit excentrischer Wandverdickung und davon abhängigen hygrometrischen Bewegungen; in der Basalregion oft nachträgliche unregelmässige Quer- und Längstheilungen). B. Brutkörper mit zahlreichen nachträglichen Theilungen (der oberste aus mehreren, sich etwas individualisirenden Primärsegmenten, die untersten aus je einem Segment hervorgehend), an einfachen oder wenig verzweigten, blatt- bürtigen Trägern. Nematogone zerstreut stehend: Grimmia torquata, Mühlenbeckii, trichophylla. 384 C. CORRENS: Vermehrungsweisen der Laubmoose durch Brutorgane. 4. End- und successive Fadenstücke mit nachträgliclien Theilungen, an Grösse von oben nach unten abnehmend, schizolyt (also ohne Trennzellen). Nematogone zerstreut stehend. A. Brutkörper an stengelbürtigen verzweigten Trägern, Ent- wickelung einer Reihe ziemlich simultan: Didymodon cordatus, rigidulus ! B. Brutkörper blattbürtig, ohne eigentliche Träger, Ent- wickelung ausgesprochen succedan: Tortula papulosa! (Oberfläche der Rippe in der oberen Hälfte bevorzugt), laevipüa!, pulvinata!, latifolia. IT. Paraphysen und paraphysenäbnlicbe Kenlenhaare. Aufbau des Trägers durch die Theilungen einer einschneidigen, des Brutkörpers durch die einer zweischneidigen Scheitelzelle ^). Stengel- bürtig. Ablösung durch Dolichotmemen. Junge Pflänzchen zunächst (auch bei Oedipodium immer?) wieder Brutkörper bildend. 1. Brutkörper eispindelförmig, wenigzellig, Nematogone in den mittleren Etagen: Aulacomnium androgynuml. 2. Brutkörper linsenförmig. A. Nematogone am Rande (und auf den Flächen); bei der Keimung wird zunächst Protonema von Faden-, dann von Blatt- (oder Bäumchen-) Form gebildet, an dem erst das beblätterte Pflänzchen sich entwickelt: Georgia pellucida!. B. Rhizoiden- Nematogone und zwei seitlich und opponirt liegende Vegetationspunkte mit zweischneidiger Scheitel- zelle (Lage wie bei einer Brutknospe von MarcJiantia). Bei der Keimung wachsen sie direct (ohne Fadenbildung) in Protonemablätter aus, an denen dann die jungen Pflanzen entstehen: Oedipodium Griffithianum. 1) Für Oedipodium noch fraglich. E. Ule: Symbiose zwischen Asclepias curassavica und einem Schmetterling. 385 50. E. Ule: Symbiose zwischen Asclepias curassavica und einem Schmetterling, nebst Beitrag zu derjenigen zwischen Ameisen und Cecropia. Eingegangen am 23. Juli 1S97. Wo auch immer in Brasilien auf Weiden und Triften Asclepias curassavica L. verbreitet ist, da wird man in der Nähe einen grossen, rothbraun gefleckten Schmetterling herumfliegen sehen oder mindestens einige Raupen desselben an der Pflanze finden. Umgekehrt kann auch von der Anwesenheit des Schmetterlings auf das Vorhandensein seiner Nährpflanze geschlossen werden. Dieser Schmetterling ist Danais Euripus, ein grösserer Falter (wenigstens übertrifl't er an FlQgelweite die deutschen Faw^^sa-Arten), der fast das ganze Jahr entwickelt ist und schwerfällig dahinfliegt. Gewiss sind viele Schmetterlinge an das Vorkommen bestimmter Futterpflanzen gebunden und sind zu Zeiten immer in deren Nähe an- zutreffen, aber ein so auffälliges, stetes Zusammensein ist mir nicht annähernd bei irgend einem anderen grösseren Falter bekannt. Da es mir schien, dass diese Erscheinung eine besondere Ursache haben müsse, so spürte ich derselben nach und beobachtete nun, dass Danais Euripus der hauptsächlichste Befruchter von Asclepias curassavica L. ist.^) Wohl fliegt auch hin und wieder ein anderer Falter an die Blüthen dieser Asclepiadee oder sitzen Wespen daran, doch diese Insecten sind alle keine solchen beständigen und geeigneten Besucher wie Danais Euripus. Wenn er sich auf eine Blüthendolde setzt, um Nektar zu saugen, so fährt er gewöhnlich durch seine etwas unbeholfenen Be- wegungen mit den Beinen in die Blüthen und zieht die Pollinien heraus. Alle Exemplare, die ich fing, waren an ihren Beinen mehr oder weniger mit Klemmkörpern und Staubkölbchen behaftet. Auch die einge- schobenen Pollinien konnte ich öfter wahrnehmen; ja in einer Blüthe waren sogar 3 Pollinien mit ihren Klemmkörpern in den Schlitz ein- 1) Nach Mittheilungen von B. White (Botan. Jahresb. 1873, p. 378) sollen Arten der Noctuidengattung Dianthoecia vorzugsweise diejenigen Species von Lychnis und Silene befruchten, in deren Fruchtknoten die Eaupen genannter Falter leben. Derselbe Forscher nimmt auch eine gegenseitige Abhängigkeit in der geographischen Verbreitung von Sphinx Convolvuli und Convolvulus sepium an. Für letzteren Fall ist aber zu bemerken, dass die Eaupe von Sphinx Convolvuli vorzugsweise an Convolvulus arvensis vorkommt. Indessen bei der sogenannten Yuccamotte {Pronuba Yuccasella) und kleineren Lepidopteren ist wohl das gegenseitige Abhängigkeits- verhältniss nicht minder innig wie bei unserem Asclepiasfalter. 386 E. Ulb: gedrückt, während oben in der Antlierentasclie noch das ursprüng- liche sass. Nur selten besucht der Schmetterling auch einmal die Blüthen einer anderen Pflanze; in der Kegel sieht man ihn nur auf Asclepias curassavica L,, indem er andere in der Nähe stehende Honigblüthen verschmäht. Auf einer Weide, wo diese Asclepias viel stand, flogen auch andere Schmetterlinge; diese aber besuchten mehr die Blüthen einer Hyptis und Crotalaria. Wenn sie allerdings an die Asclepias- blüthen gingen, wurden sie ebenfalls wie eine dort häufige grosse Wespe (^Polistes canadensis L.) mit Pollinien behaftet. Zartere und geschicktere Insecten beluden sich aber nicht. Merkwürdig ist auch, dass Danais Euripus seiner Nährpflanze, die sich von Amerika über den wärmeren Erdkreis ausgebreitet hat, auf ihrer Wanderung gefolgt ist. Ob diese Gefolgschaft vollständig ist und ob vielleicht an einigen Orten der Schmetterling noch fehlt und andere Insecten dann zur Befruchtung genügen, vermag ich nach der mir zu Gebote stehenden Litteratur nicht zu entscheiden. Wie oben gezeigt worden, ist die Befruchtung durch andere Insecten nicht ausgeschlossen, nur findet sie nicht so regelmässig statt, und deshalb spielt dabei Danais Euripus wenigstens die grösste Rolle und fehlt gewiss nirgends, wo Asclepias curassavica in Amerika wächst. Ueberhaupt kommt wohl bei den meisten Blumen, die an besondere Besucher angepasst sind, z. B. Kolibriblüthen, Sphingidenblüthen, Hummelblüthen etc., die ge- legentliche Befruchtung durch ganz andere Bestäuber vor. In Süd- brasilien lebt der betreffende Schmetterling auch auf Asclepias campestris Dcsne. (von GßISEBACH zu Asclepias curassavica L. gezogen), und dort soll es noch eine andere Varietät geben. Die Asclepiadee giebt also dem Schmetterlinge im Raupenzustaud Aufenthalt und Nahrung, und als entwickeltes Insect, indem sie ihn mit süssem Nektar letzt, schützt sie ihn zugleich vor seinen Feinden, denn die Flügel des Falters, wenn sie ausgebreitet sind, gleichen durch ihre Färbung^) den blühenden Dolden und die zusammengefalteten denen, die noch Knospen haben. Als Gegendienst befruchtet Danais nun seine Futterpflanze und vermehrt und erhält sie auf diese Weise. Es sei noch erwähnt, dass die Raupen sehr zerstreut vorkommen und 1) Ich neige mich hier der Ansicht zu, dass die bunte Farbe der Schmetter- linge theilweise dui-ch Anpassung an die Blumen, die sie besuchen, um dadurch den Verfolgern •weniger sichtbar zu sein, entstanden ist. Die Aehnlichkeit ver- schiedener Nachtfalter mit Felswänden, Baumrinde und deren Flechten, dann sitzender Tagfalter und Eaupen mit Blättern, sogenannte Mimikrie, ist ja bekannt. In der- selben Weise hat sich sicher bei manchen Schmetterlingen die bunte Farbe den Blumen angepasst, obgleich auf der anderen Seite viele prächtige Färbungen sich dadurch nicht erklären lassen, sondern etwa als Litxusbildungen angesehen werden können. Symbiose zwischen Asclepias curassavica und einem Schmetterling. 387 daher den Pflanzen, die als Giftpflanzen von Weidethieren gemieden werden, selten beträchtlichen Schaden zufügen. Ein solches wechselseitiges und stetiges Zusammenleben von Insect und Wirthspflanze ist gewiss beachtenswerth und liesse sich wohl am meisten mit dem der Ameisen auf Cecropia vergleichen. Hier schliesse ich nun eine Beobachtung an, welche einige Auf- klärung über die Ameisengenossenschaft auf Cecropia liefern mag. In der Sumpfformation bei Moua, besonders da, wo sie an die Restinga grenzt, wo auch oft SphagnuTn vorkommt, wächst vielfach eine rauhhaarige Zwergcecropie, welche oft schon in einer Höhe von 1 oder 2 Metern blüht und an der ich immer sehr viel Ameisen antraf. Zu meiner Verwunderung fand ich einmal in der kälteren Jahres- zeit die Cecropien alle frei von Ameisen, ein Umstand, den ich näher untersuchte, und zu dem Zwecke die Stengel aufschnitt. Da fand ich nun in den oberen Kammern (Internodien) immer ein grosses, flügel- loses Weibchen. Hiernach scheinen also die Arbeiter dieser Ameise (ob es auf der Sumpfcecropie eine besondere Art ist, muss vorläufig dahingestellt bleiben), zu Zeiten alle auszusterben und die Weibchen neue Colonien zu gründen, wie es ähnlich bei den Wespen in Deutsch- land geschieht. Mit dieser Erscheinung mag auch der von ALFRED MÖLLER (Botanische Mittheilungen aus den Tropen, Heft 6, Seite 82) erwähnte Fall, dass Ameisen doch die Cecropia heimsuchten, zusammenhängen. Thatsache ist also, dass die jungen Cecropien — einmal traf ich da ein einzelnes Weibchen an den Internodien — und die älteren zu Zeiten, das heisst wenigstens wochenlang, frei von Ameisen sind. Es scheint sich also auch hier nur um ein Zusammenleben zum gegenseitigen Vortheil, das an sich interessant genug ist, und nicht um eine absolute, beider- seitige Abhängigkeit zu handeln. In letzterem weiteren Sinne fasse ich auch die Bedeutung des Wortes Symbiose auf. Grenaueres hierüber kann nur ein eingehendes Studium des Ameisenlebens selbst liefern» das aber wohl zu sehr in das Gebiet der Zoologie hinüberstreift, um hier gebracht werden zu können. Rio de Janeiro, 5. Juli 1897. 388 L. Kny: 51. L Kny: Die Abhängigkeit der Chlorophyllfunction von den Chromatophoren und vom Cytoplasma. Eingegangen am 24. Juli 1897, Unsere Vorstellungen von der Leistung des Chloropbyllfarbstoffes in der lebenden Zelle beruhen bekanntlich auf sehr unsicheren Grund- lagen. Um zur Befestigung derselben einen kleinen Beitrag zu liefern, sollen im Folgenden zwei schon mehrfach behandelte Fragen eine kurze Erörterung finden: 1. Vermag der ChlorophyllfarbstofiP, wenn seine organisirte Grund- lage, der Ghromatophor, getödtet wurde, oder wenn er durch Lösungs- mittel aus der lebenden Pflanze ausgezogen ist, Kohlensäure zu zer- legen und Sauerstoff abzuscheiden? 2. Vermögen, falls diese Frage verneint werden muss, Chloro- plasten, welche einer Zelle frisch entnommen wurden, aber von Cyto- plasma vollständig entblösst sind, den Kohlenstoff der Kohlensäure ebenso zu assimiliren wie im Zusammenhange mit der lebenden Zelle? Als weitere, durch frühere Untersuchungen nur zum Theil berührte Frage schliesst sich den beiden ersten folgende an: 3. Geht die Schädigung der Chlorophyllfunction durch äussere Agentien mit derjenigen der übrigen organisirten Inhaltsbestandtheile der Zelle (Cytoplasma, Zellkern) genau parallel? I. Nachdem BOUSSINGAULT ^) und JODIN^) gezeigt hatten, dass Laub- blätter, wenn sie durch scharfes Austrocknen getödtet und nachher wieder angefeuchtet worden sind, im abgeschlossenen Räume den Kohlen säuregeh alt der Luft nicht vermindern, sondern um ein Geringes erhöhen, galt es als festgestellt, dass der Chlorophyllfarbstoff ohne die organisirte Unterlage des Chromatophors den Kohlenstoff der Kohlen- säure nicht zu assimiliren vermag. Neuerdings wurde diese Ueber- zeugung indess durch ReGNARD^) erschüttert. Derselbe durchtränkte kleine Lamellen reiner Cellulose durch Einlegen in alkoholische oder ätherische Chlorophylllösungen mit dem grünen Farbstoffe, Hess sie gut austrocknen und setzte sie im SCHÜTZENBERGER'schen Reagens (einer 1) Agronomie, Chimie agricole et Physiologie, IV. (1868), S. 317 ff. 2) Comptes rendus etc. 102. (1886, 1), S. 264. 3) Comptes rendus etc., 101. (1885, 2), S. 1293. Abhängigkeit der Chlorophyllfunction von Chromatophoren und Cjtoplasma. 389 Lösung von Bleu Coupier^), welche durch genügenden Zusatz von hydroschwefligsaurem Natrium eben entfärbt war) dem Einflüsse des Sonnenlichtes aus. Nach zwei bis drei Stunden fand in der Flüssigkeit deutliche Blaufärbung statt, während im Dunkeln die Färbung des Reagens keine Veränderung erfahren hatte. Da die lange Zeit (zwei bis drei Stunden), welche in den REGNARD- schen Versuchen zur Blaufärbung erforderlich war, von vorn herein Bedenken erregen musste, und überdies die Zuverlässigkeit des Reagens durch Jodin'') und PRINGSHEIM =*) auf Grund von Nachprüfungen in Zweifel gezogen worden war, erschien es mir wünschenswerth, ein eigenes Urtheil über die Brauchbarkeit der Methode zu gewinnen. Die Lösung des hydroschwefligsauren Natriums wurde anfangs nach der in TiEMANN-GÄRTNER's „Handbuch der Untersuchung und Beur- theilung der Wässer" (4, Aufl., 1895) auf S. 317 gegebenen Vorschrift dargestellt. Beim Fortgange der Versuche erwies sich mit Rücksicht auf die ausschliesslich qualitativen Zwecke der Untersuchung eine Vereinfachung des Verfahrens als zulässig. Etwa 30 g Natriumbisulfit (NaHSOj) wurden in etwa 100 ccm Leitungswasser gelöst. Nach Zusatz von Zinkstaub wurde die Flüssigkeit ca. 5 Minuten geschüttelt und mit dem fünf- bis zehnfachen Volumen Leitungswasser verdünnt. Diese Lösung wurde, nachdem sie filtrirt war, mit ziemlich dicker Kalkmilch so lange versetzt, bis eine geringe Bläuung des rothen Lakmuspapieres eintrat. Die nach dem Absetzen überstehende Flüssigkeit war das ge- wünschte Reagens. Dasselbe konnte abgegossen oder filtrirt werden. Das Präparat wurde in ganz gefüllten Flaschen aufbewahrt. Wie TiEMANN und GÄRTNER hervorheben, ist das Reagens weit entfernt, ein chemisch reines Präparat zu sein, sondern enthält ausser Natriumhydrosulfit noch Sulfate, Sulfite und Thiosulfite des Natriums, Calciums, Zinks, sowie überschüssiges Calciumhydrat bezw. dadurch in Freiheit gesetztes Natriumhydrat". Auf obige Weise bereitet, ist die Flüssigkeit farblos. Fügt man so viel von ihr zu einer wässerigen Lösung von Indigocarmin*), dass 1) In der „Tabellarischen Uebersicht der im Handel befindlichen künstlichen organischen Farbstoffe" von Gustav Schultz und Paul Julius, 3. Aufl. (Berlin 1897), befindet sich auf S. 188 nur ein in Alkohol lösliches Bleu Coupier erwähnt, welches zu den REGNARo'schen Versuchen nicht gedient haben kann. Wahi'scheiulich ist Regnakd's Bleu Coupier identisch mit dem wasserlöslichen Nigrosin (1. c, S. 190). 2) Sur une reaction photochimique de la liqueur oxymetrique de M. ScHtJTZEN- BERGER. Comptes rendus etc , 102. (1886, 1), S. 767. 3) Ueber die chemischen Theorien der Chlorophyllfunction und die neuen Ver- suche, die Kohlensäure ausserhalb der Pflanze diu-ch den Chlorophyllfarbstoff zu zerlegen. (Ber. der Deutsch. Bot. Gesellsch., IV. (1886), S. XXXVI.) 4) Aus Schering's Apotheke in Berlin bezogen. Der Farbstoff ist indigblau- disulfonsaures Natrium. Er wird im Handel auch als Indigotin bezeichnet. Dieser von Tiemann-Gärtner empfohlene Farbstoff wurde für den grösseren Theil der Ver- 390 L- Kny: letztere eben noch entfärbt wird, so zeigt nun das Gemenge einen deutlich gelblichen Farbenton. Jodin ^) erklärt das Reagens bei seinen mit Bleu Coupier an- gestellten Versuchen für den in Frage stehenden Zweck für unbrauchbar, weil ein entfärbtes Gemenge sich schon durch blosse Einwirkung des Sonnenlichtes blau färbe, während es im Dunkeln unzersetzt bleibe. Diese JODlN'sche Angabe ist bis zu einem gewissen Grade auch für unser Indigocarmin zutreffend. Fügt man einer in eine Flasche gefüllten, durchsichtig dunkelblauen Lösung desselben soviel von dem obigen Reagens zu, dass sie entfärbt wird, und schützt den Stöpsel durch ein Gemenge von Wachs und Yaselin, oder durch Eintauchen der umgekehrten Flasche in Quecksilber gegen den Eintritt von Sauer- stoff, so erfolgt bei Besonnung im günstigsten Falle schon nach etwa fünf Minuten eine schwache oder stärkere Blaufärbung, während die- selbe im Dunkeln ausbleibt. Erwärmt man dagegen die Flüssigkeit, bevor man sie dem Lichte aussetzt, zum Kochen und stellt rasch den Verschluss her, so unterbleibt nun die Blaufärbung bei Besonnung, ohne dass die Flüssigkeit, wie man sich leicht überzeugen kann, ihre Empfindlichkeit für Sauerstoff verloren hätte. Setzt man einem Quantum -der Flüssigkeit, welche nicht vorher gekocht war und sich durch Be- sonnung blau gefärbt hatte, nachher einige Tropfen Natriumhydrosulfit zu, bis sie eben wieder den gelblichen Farbenton angenommen hat, so «rfolgt nun bei Luftabschluss keine erneute Blaufärbung im directen Sonnenlichte mehr. Man kann die Flüssigkeit jetzt Tage lang für den Versuch aufbewahren. Hiernach handelt es sich wahrscheinhch nicht um eine Zersetzung des frisch bereiteten Reagens durch das Licht, sondern um eine durch Licht- oder Wärmewirkung erfolgende Ent- bindung geringer Mengen in der Flüssigkeit festgehaltenen Sauerstoffes. Hat die gelbliche Flüssigkeit, sei es, dass sie auf die eine oder die andere der letztbezeichneten Weisen vorher behandelt wurde, durch mehrtägiges Stehen im Sonnenlichte unter Luftabschluss ihre Beständig- keit erwiesen, so ist sie als vorzügliches Reagens für unseren Zweck verwendbar^). Sie hat den Vorzug, rasch zu wirken und lebende Pflanzentheile nicht erheblich zu schädigen^). Bringt man einen durch ein Stückchen Glas beschwerten frischen Spross von Elodea canadensis oder Funaria hygrometrica in eioe mit ihr gefüllte Flasche, schliesst dieselbe sorgfältig gegen die Atmosphäre ab und besonnt, so entsteht suche verwendet, da die Identität des Bleu Coupier mit einetn der mir erreichbaren Parbstoffe sich nicht mit absohiter Sicherheit ermitteln Hess. 1) 1. c, S. 768 2) Am meisten empfiehlt sich die Verwendung in mittlerer Ooncentration. Das specifische Gewicht einer sehr brauchbaren Flüssigkeit wurde zu 1,004 bestimmt. 3) Sprosse von Elodea canadensis zeigten nach mehrtägigem Liegen in der Flüssigkeit noch Protoplasmaströmung. Abhängigkeit der Chlorophyllfunction von Cliromatophoren und Cytoplasma. 391 nach wenigen Minuten ein deutlich blauer Hof, von welchem sich all- mählich blaue Fäden nach aufwärts ziehen. Auch das Austreten kleiner Gasbläschen wurde beobachtet. In einigen Fällen besass selbst das durch einen wassergefüllten Glaskolben concentrirte Licht einer Auertlamme genügende Helligkeit, um die Bläuuug hervorzurufen. Ist dieselbe noch nicht sehr weit vorgeschritten, so bedurfte es nur einer geringen Bewegung der Flasche, sie wieder verschwinden zu lassen. Der Versuch liess sich dann mit dem gleichen Objecte wiederholen^). Nachdem auf solche Weise die Brauchbarkeit des Reagens für den vorliegenden Zweck festgestellt war, wurden mit dessen Hilfe folgende Versuche ausgeführt: 1. Es wurde in zwei mit gut vorbereiteter Flüssigkeit gefüllte Flaschen je ein Spross von Elodea canadensis gebracht, von denen der €ine lebend, der andere durch kurzes Brühen oder scharfes Eintrocknen getödtet war. Während der erstere sich bei directer Besonnung nach einigen Minuten mit einem deutlichen blauen Hofe umgab, von welchem aus blaue Fäden emporstiegen, war an dem getödteten Sprosse Nichts derart zu bemerken. Wiederholung des Versuches führte stets zu dem gleichen Resultate. 2. Es wurden lebhaft grüne Sprosse von Selaginella Martensii im Dunkeln mit Aether übergössen, in die Lösung kleine Stücke schwe- dischen Fliesspapieres geworfen und der Aether der Verdunstung über- lassen. Nachdem sich aller Aether verflüchtigt hatte, wurde, gleich- falls unter Lichtausschluss, ein Stückchen des grüngefärbten Fliess- papieres in eine, wie oben angegeben, vorbereitete Flasche mit SCHÜTZENBERGER'schem Reagens eingeführt und letztere der Besonnung ausgesetzt. Das Resultat war, wie nach der ersten Versuchsreihe vor- auszusehen war, ein negatives. Im Anschlüsse an die vorstehenden mit Indigocarmin ausgeführten Versuche wurde die SCHÜTZENBERGEE'sche Reaction noch mit zwei anderen blauen Farbstoffen erfolgreich versucht, nämlich mit dem wasser- löslichen Nigrosin, welches wahrscheinlich mit dem von REGNARD be- nützten Bleu Coupier identisch ist, und mit Thiocarmin R. von LEO- POLD CaSELLA & Co. in Frankfurt a. M. Beide erwiesen sich für die Zwecke der Untersuchung ebenfalls durchaus brauchbar und färbten sich nach Zusatz von hydroschweflig- saurem Natrium und nach entsprechender Vorbereitung am Lichte ohne Zutritt freien Sauerstoffes nicht blau. Die mit diesen beiden Farb- stoffen an frischen und getödteten grünen Pfianzentheilen gewonnenen Resultate stimmten mit denen, wo Indigocarmin Verwendung gefunden hatte, vollkommen überein. 1) Derselbe ist als Vorlesungsversucli zur Demonsti-ation der Sauerstoff-Aus- scheidung im Lichte sehr zu empfehlen. 392 L. Kny: Die mit dem SCHÜTZENBERGER' sehen Reagens gewonnenen Er- gebnisse mussten dazu auffordern, die Frage, ob der Chlorophyllfarb- stoff allein, sei es, dass er durch ein Lösungsmittel aus den Chloro- plasten ausgezogen und auf einen indifferenten Fremdiiörper (z. B. Fliesspapier) übertragen, sei es, dass er nach Tödtung der Chloroplasten in ihnen zurückgeblieben ist, mit Hilfe der bekannten ENGELMANN'schen Bacterienmethode einer nochmaligen Prüfung zu unterwerfen. Die sauerstoffempfindlichen Bacterien wurden in den meisten Fällen durch Faulen von Rindfleisch, seltener durch Faulen von Kartoffeln in Leitungswasser beschafft und vor jedem Versuche mit Hilfe von Spi- rogyren, Moosblättern oder Nitella-Blätiern auf ihre prompte Reactions- fähigkeit geprüft. Liess letztere, was zuweilen der Fall war, zu "Wünschen übrig, so veurde von der Anstellung von Versuchen Abstand genommen. Als Lichtquelle diente meist eine Auerflamme, welche unter Zuhilfenahme eines wassergefuUten Kolbens und des ABBE'schen Condensors das Gesichtsfeld des Mikroskopes so hell beleuchtete, dass bei gutem Bacterienmaterial die Erscheinungen in prägnantester Weise eintraten. Nachdem ein Tropfen Bacterienflüssigkeit auf den Objectträgex gebracht war, wurden in einer Reihe von Versuchen theils durch Brühen, theils durch scharfes Eintrocknen getödtete Blattstückchen von Funaria und Elodea, ferner Stückchen mit Chlorphyllfarbstoff getränkten Fliess- papieres und endlich Tröpfchen von Olivenöl, welche mit frischen Sprossen von Selaginella Martensii in einer Schale verrieben waren und sich mit deren Chlorophyll insensiv grün gefärbt hatten, in denselben eingeführt. In allen Fällen war das Resultat das gleiche: — es trat bei Beleuchtung in der Nähe solcher Chlorophyll-Präparate keine Bacterien- Reaction ein. Es ist demnach als erwiesen zu betrachten, dass der Chlorophyll- farbstoff ohne Mitwirkung der lebenden Chloroplasten Sauerstoff im Lichte nicht zu entbinden vermag. II. Die zweite, Eingangs gestellte Frage, ob isolirte Chlorophyll- körner unter im Uebrigen günstigen Bedingungen, ausserhalb der lebenden Zelle Sauerstoff zu entbinden vermögen, ist in den letzten Jahren von mehreren Forschern in bejahendem Sinne beantwortet worden. Engelmann*), der Entdecker der neuen, höchst empfindlichen Bacterienmethode, sagt: „Einzelne, völlig isolirte Chlorophyllkörper von noch nicht 0,005 mm Durchmesser können noch lange fortfahren, im Lichte Sauerstoff auszuhauchen (sehr schön nachweisbar bei Hydra \) Botan. Zeitung, 1881, S. 446. Abhängigkeit der Chlorophyllfunction von Chromatophoren und Cytoplasma, 393 viridis^), aber auch bei vielen Pflanzenzellen). Auch partiell abge- storbene Chlorophyllkörper können noch mit den ungestörten Abschnitten O ausscheiden (sehr bequem demonstrirbar bei Mesocarpus^ Spirogyraj Navicula^ Closterium u. a.)." G. HABERLANDT '') bestätigte die ENGELMANN'schen Beobach- tungen für isolirte Chlorophyllkörner von Funaria hygrometrica. Er sagt wörtlich^): „Die schwärmenden Bacterien zeigten um dieselben nicht selten eine deutliche Ansammlung in gleicher Art, wie um ungefähr gleich grosse Algenzellen; ihre ungemein lebhafte Bewegung wurde sofort verlangsamt, wenn man das Licht stark abdämpfte. In anderen Fällen war zwar eine entschiedene Ansammlung der Bacterien um die betreffenden Chlorophyllkörner nicht zu beobachten, doch fielen die besonders lebhaften Bewegungen der Schwärmer in ihrer Nähe auf; auch konnte man sehen, wie die nach der Berührung mit dem Chloro- phyllkorn zurückprallenden Bacterien wiederholt umkehrten und aufs Neue dem Korne zueilten. Allerdings gab es stets eine Anzahl von scheinbar intacten Chlorophyllkörnern, die auf die Bewegungen der Bacterien gar keinen Einfluss ausübten; dieselben waren in ihrer feineren Organisation ohne Zweifel bereits geschädigt und nicht mehr im Stande zu assimiliren. — Jedenfalls folgt aus der häufig genug constatirten Ansammlung der Bacterien um die ganz isolirten Chlorophyllkörner, dass dieselben im Lichte Sauer- stoff ausschieden, folglich assimilirten, und dass der Assi- milationsprocess bei unserem Moose vom Einflüsse des Zellkernes aller Wahrscheinlichkeit nach unabhängig ist". Auch Pfeffer*), welchem die Beobachtungen von ENGELMANN und HABERLANDT übrigens nicht ganz einwandfrei erscheinen, hält es für erwiesen, dass die Chlorophyllkörper Organe sind, welche ohne directe Mithilfe des übrigen Protoplasmas die Kohlensäure-Assimilation zu vollziehen vermögen. Ich selbst hielt es für dringend erforderlich, die Frage, welchen Grad von Selbständigkeit die Chlorophyllkörper in ihrer assimilato- rischen Thätigkeit besitzen, einer erneuten, möglichst sorgfältigen Prü- fung zu unterziehen. Da Chlorophyllkörper, soweit unsere bisherigen Erfahrungen reichen, ausserhalb der lebenden Pflanzenzelle auf die Dauer nicht existenzfähig sind, schien es mir von vorn herein unwahr- 1) Wie schon G. Haberlandt hervorheht, fällt dieses Object ausser Betracht, weil es sich hier um symbiotische Algen handelt. (Anm. von L. Kny). 2) Ueber die Beziehungen zwischen Function und Lage des Zellkernes bei den Pflanzen. Jena, 1887, S. 118. 3) L c, S. 119. 4) Ueber die vorübergehende Aufhebung der Assimilationsfähigkeit in Choro- phyllkörpern. (Ber. der raathera.-physikalischen Classe der k. Sachs. Ges. d. W. zu Leipzig, 1896, S. 314.) Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. 27 394 L. Kny: scheinlich, dass sie ohne Verbindung mit dem Cytoplasma, in welchem sie in der lebenden Zelle stets eingebettet liegen, ihre wichtigste Function sollten vollziehen können. Auf Beschaffung guten Bacterien-Materiales wurde alle Sorgfalt verwendet. Meist wurde dasselbe durch Einlegen von etwa 120 gr. frischen Rindfleisches in ca. ^2 Liter Leitungswasser gewonnen. Nach 3 bis 6 Tagen wimmelte die alkalisch leagirende Flüssigkeit von kleinen Bacterien, welche vor Anstellung jedes einzelnen Versuches auf ihre Empfindlichkeit geprüft wurden. Hierzu dienten, ausser den im Präparate "etwa vorhandenen Luftbläschen, Fäden von Spirogyren und anderen Zygnemaceen, Blattzellen von Nitella fiexilis und Stückchen von Moosblättern und Farnprothallien. Ein Abschluss des Versuchs- tropfens durch am Rande des Deckglases anzubringendes Vaselin erwies sich als unnöthig, wenn nur die zu untersuchenden isolirten Chloro- phyllkörner sich im mittleren Theile des Präparates befanden, und wenn weder Luftblasen, noch grüne Zellen sich in ihrer Nähe befanden. Die zur Untersuchung verwendeten Chlorophyllkörner wurden nicht durch Zerschneiden, sondern durch vorsichtiges Zerreissen der chloro- phyllhaltigen Gewebe und durch Abtupfen der Rissstellen in die Ver- suchsflüssigkeit gewonnen. Auf diese Weise Hessen sich Quetschungen sicherer vermeiden. Bei jeder der im Folgenden genannten Arten wurden Versuche in dreierlei Art angestellt, erstens in unvermischter Bacterienflüssigkeit, zweitens in solcher, welcher ein gleiches Quantum 10-procentiger Saccharoselösung, und drittens in solcher, welcher ein gleiches Quantum 25-procentiger Saccharoselösung zugesetzt war. Die Chlorophyllkörner gelangten aus den zerrissenen Zellen sofort in die Versuchsflüssigkeit. Dass die Bacterienjauche nicht etwa, wie man vermuthen könnte, das Leben chlorophyllhaltiger Zellen nothwendiger Weise erheblich schädigt, geht daraus hervor, dass es gelungen ist, bei >Sp*ro^?/ra- Fäden noch nach achtstündigem andauernden Verweilen in der Flüssigkeit deutliche Sauerstoff- Reaction im Lichte zu erhalten. Nur bei einigen im Hochsommer (Juli) ausgeführten Versuchen wurde einige Male beobachtet, dass die Fleischjauche die Spirogyra-Ysidien sofort schädigte. Um die sich hieraus etwa ergebenden Einwendungen zu beseitigen, wurde ein Theil der mit isolirten Chlorophyllkörnern ausgeführten Ver- suche in dieser Jahreszeit mit einer auf Nährgelatine erzogenen Rein- cultur der kleinen Bacterien wiederholt. Letztere in 10-procentiger und 20-procentiger Saccharoselösung verrührt, zeigten sich nicht nur sehr beweglich, sondern auch in hohem Grade reactionsfähig. Als Lichtquelle zog ich, der Continuität und grösseren Gleichmässig- keit wegen, dem Sonnenlichte eine Auerflamme vor, deren Strahlen durch einen mit destillirtem Wasser gefüllten Glaskolben auf den Spiegel des Mikroskopes concentrirt waren. Bringt man unter dem Mikroskop- Abhängigkeit der Chlorophyllfunction von Chromatophoren und Cytoplasma. 395 tische den ABBE'schen Condensor an, so erählt man ein für die Kohlen- stoflF-Assimilation sehr günstiges Licht, das man zur Schonung des Auges für jede einzelne Untersuchung abblenden muss. Zwischen den aufein- ander folgenden Beobachtungen war die Irisblende natürlich geöffnet. Das Versuchsmaterial entstammte folgenden Arten: 1. von Laubmoosen: Funaria hygrometi'ica, Mnium cuspidatum, Dicranum scoparium ; 2. von Farnkräutern: Polypodium vulgare^ Aspidium molle, An- giopteris evecta; 3. von Monocotyledonen: Dracaena refiexa, Sanseviera- ceylanica, Clivia nobilis; 4. von Dicotyledonen: Cucurbita Pepo, Hedera Helia;, Galinsoga parvifiora, Phaseolv^ multiflorus, Tetragonia expansa. Das Ergebniss war bei allen genannten Arten ein ent- schieden negatives. Wenn die Bacterien so empfindlich waren, dass sie bei Sauerstoff- mangel zu vollem Stillstande gelangten und bei Beleuchtung in der Nähe einer lebenden, chlorophyllhaltigen Zelle sich unter lebhaften Bewegungen ansammelten, so zeigten sie sich einzelnen Chorophyll- körnern gegenüber auch dann indifferent, wenn dieselben verhältniss- mässig gut aussahen. Ich betone das Wort „verhältnissmässig"; denn der Einfluss des unnatürlichen Mediums macht sich an allen iso- lirten Chlorophyllkörnern früher oder später bemerkbar, entweder schon nach wenigen Minuten oder erst nach einer Viertel- bis zwei Stunden. Am widerstandsfähigsten schienen, soweit der blosse Augenschein hierüber Gewissheit geben kann, die Chlorophyllkörner der vorstehend genannten Moose zu sein. Sind, wie dies nicht selten der Fall ist, den sehr sauerstoff- empfindlichen Bacterien andere beigemengt, welche während der Dauer des Versuches auch bei Lichtentziehung in der Mitte des Tropfens nicht ganz zur Ruhe kommen, so gewinnt es mitunter den Anschein, als ob dieselben bei Beleuchtung den isolirten Chlorophyllkörnern zustrebten; doch lässt eine andauernde Beobachtung keinen Zweifel darüber, dass sie sich ebenso leicht auch wieder von ihnen entfernen, und dass eine Ansammlung von Bacterien in ihrer Nähe nicht stattfindet. Sollte man in Zweifel hierüber sein, so genügt es, den Chlorophyllkörnern absichtlich kleine grüne Algenzellen (^Pleurococcus, Stickococcus) beizu- mengen. Der Unterschied tritt dem Beobachter dann in voller Augen- fälligkeit entgegen. Da meine Resultate sich in directem Gegensatze zu denen mehrerer unserer ausgezeichnetsten Forscher befinden, möchte ich noch hervor- heben, dass auch ich beim Beginn der Untersuchung in einigen Fällen 27* 396 L. Kny: glaubte, an isolirten Clilorophyllkörnern eine unzweifelhafte Bacterien- reaction beobachtet zu haben. Eine genauere Untersuchung mit Färbe- mitteln oder mit Mineralsäuren ergab aber in jedem dieser Fälle, dass den Chlorophyllkörnern ein grösseres oder geringeres Quantum Cytoplasma anhaftete, oder dass ich überhaupt nicht Chlorophyllkörner, sondern Algenzellen vor mir hatte, welche in Grösse und Umriss den Chlorophyllkörnern oft täuschend ähnlich sehen, durch Nachweis der Membran sich aber sicher von ihnen unterscheiden lassen. Besonders bei den Laubmoosen ist diese Fehlerquelle eine sehr naheliegende, da bestimmte Algenarten mit ihnen die gleichen Standorte theilen. Zu einer Fehlerquelle können auch die im Versuchstropfen nicht ganz zu vermeidenden schwachen Strömungen werden, welche den Chlorophyllkörnern Gruppen beweglicher, gegen Sauerstoff unempfind- licher Bacterien zuführen. Man gewinnt dann den Eindruck, als seien sie von ihnen angelockt worden. Bei den im nächsten Abschnitt zu erörternden Versuchen mit Spirogyra-Fäden und Gewebestückchen aus Moosblättern oder dergleichen verursachten Strömungen in der Flüssigkeit oft einseitige Ansamm- lungen von Bacterien, welche den durch Sauerstoff- Ausscheidung er- zeugten täuschend ähnlich sahen. Besonders die Winkel an zwei sich kreuzenden Spirogyra-F äden können in dieser Beziehung für den Beob- achter verhängnissvoll werden. III. fj Nachdem sich gezeigt hatte, dass Chlorophyllkörner ohne Zusam- fl menhang mit lebendem Cytoplasma keinen freien Sauerstoff zu ent- binden vermögen, drängte sich die weitere Frage auf, in wie weit äussere Einflüsse, welche die Lebensthätigkeit des Cyto- plasma und des Zellkernes abschwächen, sie vorübergehend lähmen oder sie dauernd schädigen, eine Abschwächung oder Sistirung der Chlorophyllfunction zur Folge haben/) 1. Dass Plasmolyse, durch indifferente, Wasser entziehende Mittel, wie Rohrzucker, hervorgerufen, die Chlorophyllfunction nicht unterbricht, ist schon von KLEBS^) ausgesprochen worden. Er sah den Plasmakörper zarter Spitvgyra-F aäen durch Plasmolyse in 5 — 6 Stücke zerfallen. Diese verbrauchten während des Aufenthalts im Dunkeln ihre vorher aufgesammelte Stärke, gleichviel, ob sie einen Kern besassen oder nicht. Wurden die Fäden an's Licht zurückversetzt, so trat in 1) Vergl. Pfeffer, 1. c, S. 311. 2) Ueber den Einfluss des Kernes in der Zelle. (Biologisches Centralblatt, VII, 1887, S, 166.) Abhängigkeit der Chlorophyllfunction von Chi-omatophoren und Cytoplasma. 397 ^Uen Stücken, welche Chlorophyll enthielten, Stärkebildung ein, bei Weitem am reichlichsten bei denen, welche keinen Kern enthielten/) Wurden bei meinen Versuchen Fäden einer mittelkräftigen, nicht sehr zartwandigen Spirogyra direct in 20-procentige Zuckerlösung ge- bracht und Bacterienflüssigkeit zugefügt, so trat an den schwach plas- molysirten Zellen bei Beleuchtung nach kurzer Zeit deutliche Reaction «in. Auch nach 48 Stunden war dieselbe an einzelnen Zellen noch festzustellen. Wurden Fäden derselben Art 10 Minuten lang in 30-procentige Zuckerlösung gebracht und Stücke derselben in einen Tropfen 20-pro- centige Zuckerlösung übertragen, welchem ohngefähr ebensoviel Bac- terienflüssigkeit zugefügt war, so stellte sich im belichteten Gesichts- felde nach Ya ^Js 7a Stunde ebenfalls Reaction ein. Andere Fäden zeigten nach 5 Minuten langer Einwirkung von 40-procentiger Zucker- lösung und nach üebertragung in 20-procentige Zuckerlösung ebenfalls deutliche, wenn auch schwächere Reaction. Dagegen unterblieb dieselbe, ■wenn die 40-procentige Lösung eine Stunde lang eingewirkt hatte. Die mikroskopische Untersuchung zeigte, dass in den Spirogyra-ZeWen durch die unmittelbare Wirkung der 40-procentigen Zuckerlösung durch- weg Plasnioschise^) (nicht Plasmolyse!) eingetreten war. Auch bei Anwendung der 30-procentigen Zuckerlösung war dies in vielen Zellen ■der Fall gewesen. Wurden die Spirogyra-F'ä.den nicht unmittelbar in 40-procentige Zuckerlösung, sondern erst in 10-procentige, dann in Ab- ständen von je 7* Stunde in 20-procentige, 30-procentige und 40-pro- centige Lösung übertragen, so zeigten nach 24 Stunden vereinzelte Zellen noch Reaction. Aus Vorstehendem ergiebt sich, dass die Wasserentziehung bei der Plasmolyse die Chlorophyllfunction so lange nicht sistirt, als das Cy- toplasma nicht deutliche Anzeichen des Absterbens erkennen lässt. 2. Wurde ein Faden einer ziemlich schmalen, mit 2 — 3 Bändern aus- gestatteten Spirogyra- Art^) , nachdem er in Bacterienflüssigkeit oder in einem Gemenge derselben mit 20-procentiger Rohrzuckerlösung eingelegt, und nachdem das Eintreten einer lebhaften Reaction festgestellt worden war, einem schwachen Drucke unter dem Deckglase ausgesetzt. 1) Schon Engelmann hatte (1. c, S. 447) betont, dass der Zellkern keinen Ein- fluss auf die Kohlenstoffaseimilation zu haben scheint. 2) Vergl. 0. Israül, Biologische Studien mit Eücksicht auf die Pathologie, III. Israel und Klingmann, Oligodynamische Erscheinungen (v. Nägeli) an pflanz- lichen und thierischen Zellen (Virchow's Archiv für patholog. Anatomie etc. 147 (1897), S. 300). Die „Plasmoschise" ist ein Zurückziehen der sich stark contrahirenden Chlorophyllbänder von der der Membran anhaftenden Hautschicht des Protoplasma. 3) Dieselbe erscheint seit mehreren Jahren regelmässig im Garten des Zoolo- gischen Institutes der Universität, ist aber, wegen mangelnder Zygosporenbildung, nicht bestimmbar. 398 L. Kny: so erwies sich, falls die Anordnung des Zellinhaltes hierdurch nicht verändert wurde, auch die Reactionsfähigkeit nicht beeinträchtigt. Wurde dagegen der Plasmaschlauch durch die Quetschung sichtbar geschädigt und zog er sich unter Formänderung der Bänder von der Membran zurück, so pflegte die Reaction mehr oder weniger stark ab- geschwächt zu werden und sehr bald ihr Ende zu erreichen. A.n Plasmamassen, welche in Folge des Druckes aus der gesprengten Membran hervorgetreten sind, konnte ich bei dieser Art Bacterien- Reaction nicht feststellen. Spirogyra crassa zeigte sich widerstandsfähiger gegen mechanische Einflüsse. Wurden Fäden unter dem Deckglase zerquetscht, so war nicht nur an den im Innern der geborstenen Membran zurückgeblie- benen, sondern auch bei den herausgetretenen unförmigen Massen von chlorophyllhaltigem Protoplasma noch mehr als zwei Stunden lang Reaction zu constatiren.^) Ebenso wurde an chlorophyllführenden Protoplasmamassen, welche aus gequetschten Blattzellen von Nitella flexilis ausgeflossen waren, noch nach mehr als 2 Stunden Bacterienreaction festgestellt. Etwas grössere Empfindlichkeit zeigten Blätter von Funaria hygro- Tnetrica. Wurden Stücke derselben so stark gequetscht, dass ein Theil der Chlorophyllkörner deutlich geschädigt war, so war, nach Ausweis der ausbleibenden Bacterienreaction, die Assimilationsthätigkeit auch an den anscheinend unveränderten Chlorophyllkörnern derselben sistirt. 3. Von besonderem Interesse war die Wirkung des constanten elektrischen Stromes und des Inductionsstromes. Wurde ein Faden derselben schmalen Spirogyra-Art aus dem Garten des Berliner Zoologischen Instituts, welche sich so empfindlich gegen Druck gezeigt hatte, im Wassertropfen auf einem Objectträger über zwei als Elektroden dienende, gegen einander zugespitzte Stanniolstreifen ^) gelegt, und während I72 Minuten ein constanter Strom von nahezu 60 Volt Spannung hindurchgeleitet, so trat schon nach einigen Secunden eine starke Quellung und vollständige Deformirung der Chlorophyllbänder ein. Der Zellkern schwoll kugehg an, bräunte sich und nahm eine seitliche Stellung an. Trotz dieser grossen Veränderung in der Anord- nung des Zellinhaltes fand, wenn der Faden nunmehr in mit 20-pro- centiger Zuckerlösung verdünnte ßacterienflüssigkeit gelegt wurde, leb- hafte Reaction statt und erhielt sich, wenn auch geschwächt, bis zum nächsten Tage. Der Versuch wurde in derselben Form mehrmals wiederholt und ergab stets das gleiche Resultat. Zu demselben Ergebniss führten Versuche mit anderen Spirogyra- 1) Vergl. Engelmann, 1. c, S. 446. 2) Ihr Abstand betrug 13 mm. Abhängigkeit der Chlorophyllfunction von Chromatophoren und Cjtoplasraa. 399 Arten. Bei einer sterilen Form, welche wahrscheinlich zu Spirogyra nitida gehörte, zeigten sich, nachdem ein Strom bei gleicher Spannung 17 Se- cunden lang hindurch gegangen war, die Chlorophyllbänder so stark ge- quollen, dass der Zellinhalt fast gleichmässig grün erschien. Der Zellkern war nicht mehr zu erkennen. Trotzdem wimmelten die Bacterien in der Nähe der Fäden bei Beleuchtung auf das Lebhafteste, um bei Ver- dunkelung nach kurzer Zeit zur Ruhe zu gelangen. Erneute Be- lichtung stellte ihre Bewegung wieder her. Auch grüne Plasmaklumpen, welche aus verletzten Zellen hervorgetreten waren, versammelten zahl- reiche Bacterien um sich. Nach eine Minute lang andauernder Ein- wirkung desselben Stromes auf einen anderen Faden war die Reaction ebenfalls unzweifelhaft vorhanden und Hess sich auch am nächsten Tage noch sicher feststellen. Zu den Versuchen mit dem Inductionsstrome benutzte ich einen Inductor von 2 cvi maximaler Funkenlänge, welcher durch ein Bunsen- Element gespeist wurde. Nachdem der Strom wenige Secunden durch Fäden von Spirogyra crassa gegangen war, zeigten die Chlorophyll- bänder starke Quellung, und der Plasmaschlauch war in einzelnen Zellen von der Membran abgelöst. Trotzdem trat die Bacterienreaction bald ein und liess sich selbst nach drei Tagen noch feststellen. Bei Nitella fieocilis bewirkte derselbe Inductionsstrom in den über den Stanniol-Elektroden liegenden Blattzellen sofortigen Stillstand der Plasmaströmung. Die Chlorophyllkörner zeigten sich insofern ver- ändert, als sie ihre regelmässige Anordnung verloren hatten und als die Stärkekörner in ihnen viel deutlicher hervortraten als vorher. Die Bacterienreaction war, wenn auch schwach, so doch deutlich vorhanden, und war selbst am nächsten und zweitnächsten Tage noch erkennbar. Nach Vorstehendem gewinnt es den Anschein, als ob elektrische Ströme die Assimilationsthätigkeit der Chloroplasten, trotz sehr erheb- licher Aenderung ihrer Form und gewiss auch tief greifender Störung in ihrer Organisation, nicht nur nicht beeinträchtigen, sondern sogar förderten. Da eine Reihe anderweitiger Versuche, welche zur Prüfung dieser Frage angestellt wurden, noch nicht zum Abschlüsse gelangt sind, soll hier über dieselben nicht berichtet werden. 4. Gegen Eintrocknen zeigte sich die schmale Spirogyra aus dem Garten des Berliner Zoologischen Institutes sehr empfindlich. Sobald an einem auf dem Objectträger ohne Deckglas liegenden Faden die ersten Anzeichen des Eintrocknens durch Umlagerung des Inhaltes kenntlich wurden, konnte auch durch sofortiges Hinzufügen von Bac- terienflüssigkeit eine Reaction nicht mehr erreicht werden. Im Gegensatz zu dieser Spirogyra stehen jene Pflanzen, welche in ihrer Lebensweise einem zeitweiligen Austrocknen und Wiederaufleben angepasst sind, wie zahlreiche Flechten und Muscineen. Anfang Juli 400 L. Kny: wurde nach mehrwöchentliclier sehr trockener Witterung der Rasen einer nicht näher bestimmten Hypnacee von der Rinde einer alten Linde entfernt. Nachdem derselbe noch 24 Stunden im Zimmer frei dagelegen hatte, trat nach Wiederbefeuchten der Blätter die Reaction ein. Gewiss werden sich auch manche Leitbündelpflanzen trockener Klimate ähnlich verhalten. 5. Die Wirkung hoher Temperaturen wurde an Spirogyra crassa, den ßrutknospen von Maixhantia polymorpha^ den Prothallien von Aspidium Filix mas und an Elodea canadensis untersucht. Fäden von Spirogyra crassa wurden genau eine Minute in Wasser von 49, 50, 51, 52, 53 und 54° C. gelegt und unmittelbar nachher untersucht. Obschon diejenigen, welche den Temperaturen von 49 und 50° ausgesetzt waren, noch frisch und turgescent aussahen, zeigten sie doch weder an demselben, noch am folgenden Tage Bacterienreaction. Bei 51 — 54° hatte sich der Plasmaschlauch abgelöst, der Kern hatte sich gebräunt, und es waren die Fäden schlaff geworden; doch zeigten die Chlorophyllbänder noch ihre frisch grüne Färbung und ihren zackigen Rand. Letztere Erscheinung trat auch in zahlreichen anderen, an der- selben Spirogyra-Art angestellten Versuchen deutlich hervor. Selbst mehrere Wochen, nachdem die Zellen durch kurzen Aufent- halt in Wasser von 55—60° getödtet waren, sahen die Chloro- phyllbänder frisch aus und bildeten einen auffallenden Con- trast zu dem zusammengefallenen Plasmaschlauch und dem stark veränderten Zellkern. Bacterienreaction trat nicht ein. Beschränkt man die Dauer der Einwirkung, so kann man höhere Temperaturen als die angegebenen anwenden, ohne dass die Chloro- phyllfunction sofort erlischt. So zeigte sich an einzelnen Zellen, nach- dem der Faden eine halbe Minute im Finstern in Wasser von 65° C. verweilt hatte, noch deutliche Reaction, obschon die Zell wände ge- quollen, der Plasmaschlauch contrahirt und die Chlorophyllbänder stark verändert waren. Auch ein Faden, welcher 7* Minute in Wasser von 70° C. gelegen hatte, gab nach längerer Belichtung noch eine deutliche Reaction, Dagegen blieb dieselbe bei einem Faden aus, welcher zwei Secunden in Wasser von 78 °C. eingetaucht gewesen war. Bei den Brutknospen von Marchantia polyviorpha zeigte sich eine Minute dauerndes Verweilen in Wasser von 46, 47 und 48 ° C. un- wirksam, die Assimilationsthätigkeit der Chlorophyllkörper zu stören-, dagegen trat nach einem gleich langen Aufenthalte in Wasser von 49 und 50 ° C. keine Bacterienreaction mehr ein. Die Plasmaschläuche der Zellen waren nun contrahirt, und die Chlorophyllkörner hatten im Gegensatz zu Spirogyra crassa eine bräunliche Farbe angenommen. Prothallien von Aspidium Filix mas wurden eine Minute in Wasser von 50° C. gelegt. Am nächsten Tage sahen alle Zellen noch gesund aus und liessen deutliche Bacterienreaction erkennen. Abhängigkeit der Chlorophyllfunction von Chromatophoren und Cytoplasma. 401 Sprossenden von Elodea canadensis wurden eine Minute lang in Wasser von 46, 47, 48, 49 und 50° C. getaucht und darauf in Leitungs- wasser von Zimmertemperatur gelegt. Bei der sechs Tage später aus- geführten Untersuchung ergab sich, dass nach Einwirkung von 46° C. das Aussehen des Zellinhaltes und die Bacterienreaction normal ge- blieben waren. An den Exemplaren, welche 47° C. zu ertragen hatten, waren einige Protoplasten in den Blattzellen contrahirt, und es zeigte sich die Reaction geschwächt. Nach Einwirkung von 48 — 50° C. waren die Protoplasten contrahirt und die Chlorophyllkörner noch schön grün, nur mit einem kaum bemerkbaren Stiche in's Bläuliche. Die Bacterien- reaction blieb vollständig aus. 6. lieber die Einwirkung niederer Temperaturen habe ich Versuche nicht ausgeführt. Dass grüne Algen, nachdem sie im Wasser eingefroren waren, sich fortentwickeln, dass nicht nur immergrüne Gewächse, sondern auch zahlreiche, zarte, krautartige Landpflanzen, wie Stellana media, Bellis perennis, Viola t)'icolor, Eranthis hiemalis, nachdem sie im Winter bei niederen Temperaturen steif gefroren waren, unter günstigeren Vegetationsverhältnissen wieder aufleben, ohne dauernde Schädigung ihrer Blätter erkennen zu lassen, ist allbekannt. Zu bestimmen wären noch die Grenzwerthe der Temperatur, welche in jedem einzelnen Falle ertragen werden, und die Zeit, nach welcher bei Rückkehr normaler Assimilationstemperatur die Thätigkeit der Chloro- phyllkörner wieder beginnt^). 7. Anästhesirung durch Chloroform. Fäden von Spirogj/ra crassa wurden fünf Stunden lang in ein Gemenge von 1 Theil ge- sättigtem Chloroformwasser und 5 Theilen Leitungswasser gebracht. Am Schlüsse dieser Zeit war die Plasmabewegung sistirt, der Zell- kern deutlich gequollen und scharf contourirt, die Zacken der Chloro- phyllbänder waren eingezogen. Trotzdem war die Chlorophyllfunction noch nicht erloschen. Zweimaliges abwechselndes Beleuchten und Ver- dunkeln war von gutem Erfolge begleitet. 8. Von chemischen Substanzen, welche in concentrirten Lösungen das Leben der Zelle rasch vernichten, wurden folgende in sehr verdünnten Lösungen geprüft. Salpetersäure. In Fäden von Spirogyra crassa, welche in einer Lösung von 1 Theil Säure vom specifischen Gewicht 1,4 in 10 000 Theilen Wasser eine nicht näher bestimmte Zeit gelegen hatten und dann in Leitungswasser übergeführt waren, dauerten Plasma- bewegung und Bacterienreaction ungeschwächt fort. Selbst nach 48 Stunden verhielten sich die Fäden durchaus normal, obschon die 1) Vergl. Pfeffer, 1. c, S. 312. 402 L. Kny : Die Abhängigkeit der Chlorophyllfunction. Lösung inzwischen so viel concentrirter geworden war, dass sie eine deutliche Reaction mit Lakmuspapier gab, was vorher nicht der Fall gewesen war. Mehrere Versuche wurden mit einer Lösung angestellt, welche 2,5 Theile derselben Säure in 10 000 Theilen Wasser enthielt. Fäden von Spirogyra crassa, welche in dieser Flüssigkeit auf dem Objectträger ohne Deckglas zwei Stunden lang in einer wasserdampfgesättigten Atmosphäre gelegen hatten, zeigten in fast allen Zellen Flasmaschläuche, welche noch nicht ganz getödtet waren, da sie sich noch plasmolytisch von der Membran abheben Hessen. Bewegung war im Plasma nicht mehr sichtbar. Die Chiorophyllbänder hatten sich so dicht um den Kern zusammengezogen, dass dessen Beschaffenheit nicht auszumitteln war. Bacterienreaction war noch vorhanden. Bei einem andern, mit einer Bacterien-Reincultur ausgeführten Versuche lagen Fäden von Spirogyra crassa drei Stunden in verdünnter Salpetersäurelösung von demselben Gehalte. Der Kern war geschwollen und scharf umrandet, die Chlorophyll bänder hatten ihre Zacken am Rande verloren, und die Plasmabewegung war zum Stillstande ge- kommen. Die Bacterienreaction war noch sehr deutlich. Eine schwache Lösung von Ammoniak, dessen Anwesenheit sich eben noch durch den Geruch verrieth, sistirte die Plasmaströmung in den Blattzellen von Nitella flexilis. Nach Zutritt von Wasser trat sie von Neuem ein. In einigen Fällen Hess sich, während die Plasmaströmung stillstand, eine deutliche, wenn auch geschwächte Bacterienreaction feststellen. Auch wurde lebhafte Reaction bei sehr langsamer Strömung beobachtet. Die Resultate vorstehend mitgetheilter Untersuchung fasse ich dahin zusammen: L Chlorophyllfarbstoff, wenn er durch Lösungsmittel aus der lebenden Pflanze ausgezogen ist, oder wenn seine organisirte Unterlage, der Chromatophor, getödtet ist, vermag Kohlensäure nicht zu zerlegen. 2. Chlorophyllkörner büssen durch Entblössung von lebendem Cytoplasma die Fähigkeit ein, die Kohlenstoffassimilation zu unter- halten. 3. Die Schädigung der Chlorophyllfunction durch äussere Ein- flüsse geht nicht parallel mit der Schädigung des Cytoplasmas und des Zellkernes. Das Cytoplasma kann seine Beweglichkeit ein- gebüsst und sich von der Membran zurückgezogen haben, ohne dass die Sauerstoffausscheidung im Lichte behindert wird. Desorganisation des Zellkernes ist kein Hinderniss für den Fortgang der Chlorophyll- function. F. Heydrich: Melobesiae. 40S 4. Constante elektrische Ströme und Tnductionsströme scheinen anregend auf die Kohlenstoff-Assimilation im Lichte zu wirken. Meinem Assistenten, Herrn Dr. KOLKWITZ, mit welchem ich ge- meinsam die vorstehend beschriebenen Versuche ausgeführt habe, spreche ich für seine werthvolle Mitwirkung den besten Dank aus. 52. F. Heydrich: Melobesiae.') Mit Tafel XVIII. Eingegangen am 25. Juli 1897. Vor Kurzem erhielt ich eine neue Sammlung Kalkalgen aus dem Rothen Meer und vom Kap, darunter einige junge und in voller Kraft sich befindende Exemplare von dem S. 6Q dieses Jahrgangs aufge- stellten Genus Sporolithon^y), so dass ich hierdurch nicht nur in die glückliche Lage gesetzt wurde Herrn FOSLIE's*) Bemerkungen bei den betreffenden Punkten zu widerlegen, sondern auch die Melobesieen- systematik nach jeder Richtung klarzustellen. Ich fand vor Allem in dem neuen Material die von mir an den älteren Exemplaren von Sporolithon so lange gesuchten Tetrasporen, die aber nicht Zonen förmig, wie die aller bis jetzt beobachteten Melobesieae waren, sondern kreuzförmig getheilt, wodurch das Genus Lithothavmion wiederum ein neues und eigenthümliches Grenzmerkmal erhielt. Bei Lithothamnion Marlothii Heydr. vom Gap beobachtete ich aber an ver- schiedenen Exemplaren Tetrasporangien-Conceptakel mit einer Oeff- nung und mit siebartig durchlöcherter Decke. Zwei Formen, die sich äusserlich und innerlich glichen, unterschieden sich also so sehr durch die Tetrasporangien, dass das bisherige System unhaltbar wurde, man aber nunmehr in den Stand gesetzt war, die Eintheilung lediglich nacli 1) Zugleich als „Erwiderung". 2) Druckfehler-Berichtigung: Auf Seite 68 dieser Zeitschrift und dieses Jahres steht die Figur 2 auf dem Kopfe. Die Spitze des Tetrasporangiums muss nach oben gerichtet sein. 3) F. Heydrich: Corallinaceae, insbesondere Melobesieae in Berichte der Deutsch. Bot. Ges. 1897, S. 34. 4) M. Foslie: Einige Bemerkungen über Melobesieae in Berichte der Deutsch. Bot. Ges. 1897, S. 252. 404 F- Heydbich: den Tetrasporangien zu bewerkstelligen, auf der Grundlage, wie ich dieselbe S. 42 dieses Jahrgangs dargelegt, weiterbauend. Ich hebe noch besonders hervor: Ein Aufrechthalten der Rhizoiden zur Systematik der Melobesieae wäre nach wie vor völlig berechtigt, da noch dazu sich herausgestellt hat, dass sämmtliche früheren Lithophyllen an ihrer Unterseite eine in sich fest zusammenhängende Rhizoidenschicht, ähnlich wie die Deckzellschicht, bilden, wenn nicht die Tetrasporangien ein viel sichereres Merkmal bildeten. Doch zunächst zu den Ausführungen des Herrn FOSLIE^). Auf Seite 252 sagt er: „Während Melobesia schon von Anfang an ziemlich scharf begrenzt gewesen — ist dies bei Lithothamnion und Lithophyllum nicht der Fall gewesen". Melobesia ist bis zur Veröffent- lichung meiner Arbeit ein noch recht unsicheres Genus gewesen, das beweisen ja seine eigenen Angaben in „Lithothamnion^ S. 7: „FARLOW subsumes it under Melobesia and BATTERS considers it a subgenus of 1) Bereits in den Jahren 1891 und 1892 hatte ich mir durch verschiedene Herren Algen aus dem Rothen Meer, vom Cap, von Neu-Seeland etc. besorgen lassen, den Kalkalgen aber trotz grosser Anzahl keine Aufmerksamkeit gewidmet. Um auch diese kennen zu lernen, bat ich Herrn Foslie Mitte 1896 mir diejenigen zu bestimmen, welche ich selbst nirgends unterbringen konnte. Ich erhielt unter dem 15. Juni 1896 Auskunft, zugleich aber die Mittheilung, dass die meisten „nur Fragmente und nicht gut entwickelt seien. „Die Lithothamnien sind viel leichter zu bestimmen, wenn man grosses Material hat" schrieb er noch, und bestimmte in Folge dessen nur ganz oberflächlich meine Sammlung. Am 9. August 1896 schrieb Herr Foslie: „Some days ago I received a large box from the Museum at Copenhagen from different tracts of the world, so that J can length hope to get good materials, which is necessary for a true determination". Durch diesen Brief wurde es mir zur Gewissheit, dass Herr Foslie entweder wegen des geringen Materials die Algen nicht^ sicher bestimmen konnte, oder dass er mir aus irgend einem anderen Grunde ein sicheres Resultat nicht lieferte. Da das Material einmal da war und ich es, wie gesagt, nicht unbenutzt auf unbestimmte Zeit liegen lassen wollte, machte ich mich selbst an die Sache und theilte dies Herrn Foslie unter der Bemerkung mit, dass ich eine Arbeit über meine Lithothamnien schreiben wüi-de. Am 9. April 1897 endlich schrieb er unter anderem: „Ich habe diesen Winter eine grosse Menge Lithothamnien zur Untersuchung gehabt, und dabei bin ich überzeugt, dass es nöthig ist ein grosses Material von den verschie- densten Stellen zu haben, um sichere Resultate zu erlangen". Ich muss offen gestehen, dass mir die dreimalige Warnung, nur mit grossem Material zu arbeiten, etwas auffallend war, er schien zu vermuthen, dass ich durch geringes Material veranlasst, leichtfertige Beobachtungen liefern würde. Dies war jedenfalls sehr wohlgemeint, aber gerade das Gegentheil war der Fall, da mir- eine grosse Menge der verschiedensten Exemplare zur Verfügung standen. Durch diese Mittheilungen bezeugt Herr Foslie einestheils, dass meine ihm zur Prüfung gesandten Exemplare „Fragmente und nicht gut entwickelt" waren — andererseits erklärt er in drei verschiedenen Briefen, dass zu einer sicheren Bestimmung grosses Material nöthig sei und baut auf diese „Fragmente" seine abfälligen Urtheile über meine Aufstellung. Ob dies übermässig consequent ist oder nicht, überlasse ich dem geneigten Leser selbst zu beurtheilen. Melobesiae. 405 „Melobesia^' , und Herr FOSLIE selbst will nun Melobesia als von Anfang an bekannten Begriff voraussetzen und daraufhin Lithophyllwni unter Lithothamnion reihen. Als ich meine Lithothamnion nun selbst bestimmen musste, suchte ich nach Gründen, weshalb wohl der Thallus von Lithophijlluvi expansum z. B. nicht am Substrat haften kann. Ich fertigte eine Menge Schnitte und Schliffe von den verschiedenen kuchenförmigen Melobesieae an und fand, dass die festgewachsenen und schwer vom Substrat zu tren- nenden bogig gekrümmte Rhizoiden besassen, dagegen die locker ange- hefteten gerade Rhizoiden hatten. Es wird somit im Allgemeinen durch die Krümmung der Rhizoiden das stärkere Haftvermögen hervor- gerufen. Das war aber eine ziemlich schwierige Untersuchung, da die Rhizoidenschicht selten ohne Verletzung schnittfähig zu machen ist. Dies erwähne ich nur in Bezug auf die Worte des Herrn FOSLIE S. 253: „Zwar sind meine eigenen Untersuchungen über die Structur und Entwicklung dieser Algen nicht besonders eingehend gewesen". Herr FOSLIE zieht also zwei Genera aus Gründen zusammen, ohne eingehende Untersuchungen angestellt zu haben. In Bezug auf Lithophyllum Carpophylli sagt er S. 254, dass ich selbst den Uebergang von Lithophyllum nach Lithothamnion bewiesen. Nun selbstverständlich ist eben hierdurch ein auffallendes Beispiel dar- gelegt, dass sämmtliche Melobesieae überall die subtilsten Uebergänge erzeugen, und wenn Herr FOSLIE das Genus Lithophyllum, welches bis jetzt allerdings nur auf den Vegetationsorganen basirt war, einzieht, so entsteht eine Lücke, die nicht nöthig war, da andere Autoren dieselbe ausgefüllt hatten, und wie ich in meiner vorigen Arbeit dargelegt, auch recht gut nach den Vegetationsorganen aufrecht erhalten werden konnte. Aber wie gesagt ist dies Alles gar nicht mehr nöthig, sobald die Tetrasporangien und ihre Behälter zu Grunde gelegt werden. Herr FOSLIE hat sich unstreitig Verdienste um die Lithothamnien erworben, dagegen scheint er mit den übrigen Melobesieae auf wenig freundschaftlichem Fusse zu stehen. Will man aber hier wirklich eine dauernde Grundlage schaffen, so muss man sämmtliche Melobesieae be- handeln und nicht einseitig und willkürlich einzelne Dinge heraus- greifen. Auf S. 253 bespricht Herr FOSLIE meine Begrenzung der Melo- besiae „einfach mathematisch", als wenn diese Worte auf ihn einen belustigenden Eindruck hervorgerufen hätten. Ich gebe gern zu, dass dieser Ausdruck etwas hoch gehalten war, aber er war hier am Platze. Herr FOSLIE kann sich aber auch hier von seinem soeben erwähnten einseitigen Standpunkt nicht herausfinden; auch hier wirft er einiges durch einander, denn nicht auf Lithophyllum beziehen sich diese Worte, sondern auf Melobesia oder vielmehr auf die ganze Reihe der Melobesieae^ indem ich einfach die Zelllagen zählte, und deshalb S. 42 das Genus 406 F- Heydrich: Melobesia als mit einer Zelllage etc. bezeichnete, dies systematisch ver- werthete, indem ich diejenigen Melobesieae, welche nur eine Zelllage besassen, als wahre Melohesiae bezeichnete, und diejenigen, welche mehr als 1 oder 2 Zellreihen enthielten, zu den übrigen reihte. Dies war zunächst eine sichere^)^) und positive Grundlage; daher der Ausdruck „mathematisch". Die ganze Melobesienreihe lässt sich nun in folgende allgemeinen Merkmale zusammenfassen: I. Thallus, IL Vegetationsorgane, III. Anatomisches Verhalten, IV. Vegetative Vermehrung, V. Nutzen, VI. Geographische Verbreitung, VII. Verwandtschaftsverhältnisse entsprechen den Mittheilungen S. 37 bis 41 meiner Arbeit; nur die Fortpflanzungsorgane und Eintheilung der Familie verändern sich. Unter den Fortpflanzungsorganen bleiben die geschlechtlichen so bestehen, wie S. 40 raitgetheilt, nur bei den ungeschlechtlichen ist fol- gende veränderte Beobachtung nachzutragen: Die ungeschlechtlichen Vermehrungsorgane entwickeln die Tetra- sporangien in 2 verschiedenen Behältern, in Conceptakel und in Sori.^) Die Conceptakel sind äusseriich den geschlechtlichen gleichge- staltet, bestehen innen aus einer kleinen Höhle, in deren Mitte sich «in Complex steriler Zellen befindet; rings um diese stehen die Tetra- sporangien zonenförmig zwei- oder viertheilig, gerade oder gebogen. Die Entleerungsöffnung ist von einem Kranz haarförmig verlängerter Randzellen umgeben. Die Membran der Tetrasporangien ist sehr zart, sie zerfällt sofort nach der Reife und ist selten zu erkennen. Hierzu gehören die Genera Choreonema^ Melobesia^ Mastophora und Lithophyllum. Mit Sorus möchte ich die bis jetzt als siebartig durchlöcherten Conceptakel be- zeichnen. Sie bilden bei Epilithon, Lithothamnion und Sporolithon den Conceptakeln kaum ähnliche, rundliche, wenig erhabene, häufig nicht 1) Zu der Anmerkung Foslie's auf S. 254 habe ich hinzuzufügen, dass ich selbstverständlich nur die Gruppirung der Lithothamnien andeuten wollte, da Herr FoSLiE sich eingehender damit beschäftigen wollte. Wenn dies zu Inconsequenzen geführt haben sollte, so würde ich mich freuen, wenn Herr Foslie diesen Theil der Melobesieae verbesserte. 2) Bevor ich nun weitergehe, mache ich auf die Eingangs S. 404 erwähnte Schlussfolgerung Herrn Foslie's bezüglich meiner ihm gesandten Fragmente etc. nochmals aufmerksam. Danach finde ich es ganz erklärlich, wenn er zwar im Allgemeinen meine neuen Species nicht anerkennt, wohl aber vorsichtiger Weise keine derselben sicher zu bestimmen weiss. Auch hier macht er es so, wie bereits vorher erwähnt, vielleicht später einmal den richtigen Namen zu veröffentlichen. Zur Widerlegung einer Arbeit ist dies eine mir unbekannte Weise. 3) Ich benutzte diese beiden Ausdrücke der Einfachheit halber, da ja auch in der That die bisherige Bezeichnung „Conceptakeldecke mit 30 — 40 Löchern etc." viel mehr einem Sorus im Sinne der Phaeophyceen entspricht. Melobesiae. 407 wahrnehmbare Wärzchen oder Flecken. Die kleine Höhlung ist ganz mit Tetrasporangien ausgefüllt, zwischen denen einzelne schmale, lange, sterile Zellen sich befinden. Ueber jedem Tetrasporangium befindet sich ein kleiner Porus, der von 6 — 20 Oberschichtzellen, ähnlich wie die Con- ceptakel, strahlenförmig umgeben ist. Der Sorus enthält 20 — 300 Tetrasporangien. Die Sorusdecke führt dieselbe Anzahl Pori. Die Tetrasporanpjien sind bei Epilithon und Lithothamnion zonenförmig getheilt. Eine Ausnahme hiervon macht das Genus Sporolithon. Hier bildet der Sorus eine ovale oder läng- liche Schicht von V4 his 15 mm Länge, die Tetrasporangien aber sind kreuzförmig getheilt. Eintheilung der Familie. Die Ergebnisse meiner jüngsten Untersuchungen bestätigten im Allgemeinen meine früheren, danach war unmöglich Sporolithon zu Litho- thamnion wegen der verschiedenen Tetrasporangien zu reihen. Hier- durch kam ich zu dem Entschluss, dass ein sicheres Mittel zur Syste- matik nur in den Tetrasporangien liege. Und in der That ist nichts einfacher als diese Trennung. Freilich, wollte ich die von mir vor- geschlagene mathematische Zellordnung beibehalten, dann musste noch- mals ein neues Genus geschaffen werden, und zwar konnten nunmehr diejenigen, die ich S. 43 für Melobesia hielt, auch nur durch „Con~ ceptakel" resp. „Sorus" getrennt werden. Deshalb wurde Melohesia menibranacea als Genus Epilithon abgegrenzt. Merkwürdiger Weise blieben fast alle von mir früher zu LithophyUum gezählten Melobesiae dabei, nur L/ithophyllum lichenoides rückt zu Lithothamnion über. Immerhin sind die Resultate interessant, da auch nun wohl der Speciesbegriff von Lithothamnion crassum etc. völlig klargelegt ist. Eine grosse Aufgabe bleibt aber noch zu thun übrig; sie betrifft die- jenigen Melobesieae, deren Tetrasporangien bisher noch nicht beobachtet wurden. Diese habe ich vorläufig bei demjenigen Genus belassen, zu dem sie von den betreffenden Autoren gestellt wurden. Um die Aufmerk- samkeit auf sie zu lenken und die Unsicherheit darzustellen, habe ich sie mit einem Fragezeichen versehen. Melobesien- System. A. ThallusohneBasalscheibe, ohne besondere Rhizoidenschicht, Rhizoiden dringen zwischen das Gewebe der Wirthspflanze ein. I. Choreonema. B. Thallus mit Basalscheibe, mittelst Rhizoidenschicht angeheftet, Rhizoiden dringen nicht in das Gewebe der Wirthspflanze ein. 408 F. Heydrich: a) Thallus nur eine primäre Schicht von wenigen Zelllagen bildend. Vegetative Entwicklung dorsivcntral, nicht gegliedert. 1. Tetrasporangien in Sori. Primärschicht nur aus einer Zelllage (oder die zweite gering entwickelt), nicht biegsam. IL Epilithon. 2. Tetrasporangien in Conceptakel. Primärschicht nur aus einer Zelllage (oder die zweite gering entwickelt), nicht biegsam, III. Melobesia. Primärschicht aus 4 — 5 Zelllagen bestehend, biegsam. IV. Mastophora. b) Thallus primäre und secundäre Schichten bildend. Vegetative Entwicklung dorsiventral oder radiär, nicht gegliedert. 1. Tetrasporangien in Conceptakel. V. Liihophyllum. 2. Tetrasporangien in Sori. Tetrasporangien zonenförmig. VI. Lithothamnion. Tetrasporangien kreuzförmig. VII. Sporolithon. Hier die hauptsächlichsten Repräsentanten der verschiedenen Genera. I. Choreoneiiia Schmitz. 1. Choreonema Thuretii (Born.) Schmitz. II. Epilithon gen. nov. Thallus epiphy tisch auf grösseren Algen krustenartig horizontal ausgebreitet. Anfangs rundlich, später zusammenfliessend, mit der Unterseite dem Substrat ganz angewachsen, am Rand oft wellig ge- lappt, röthlich oder weisslich; entweder aus einer Lage Zellen bestehend, welche strahlenförmig dichotom von einem Mittelpunkt ausgehen, oder 2 Lagen Zellen, deren untere aus grossen, viereckigen Zellen gebildet ist, die obere dagegen meist wenig entwickelt und aus sehr kleinen Zellen bestehend. In der Nähe des Sorus besteht der Thallus aus 2 bis 4 Zellreihen. Cystocarpien und Antheridien in Conceptakel, wie sämmt- liche Melobesiae. Tetrasporangien in Sori, zonenförmig getheilt. 1. Epilithon membranacea (Esp.) iiom. noA'. Corallina membranacea Esper, Zooph. Taf. 12, Fig. 1 — 4. Melo- besia membranacea Lam. — ROSANOPF, Rech. Melob. S. &Q, Taf. 2. Fig. 13—16. III. Melobesia Lamouroux. Wie Epilithon, nur die Tetrasporangien in Conceptakel], zonen- förmig getheilt, 1. Melobesia rosea Ros. 2. Melobesia Novae Zeelandiae Heydr. Melobcsiae. 409 3. Melohesia calithamnioides Falkbg. 4. Melohesia farinosa Lam. 5. Melohesia Lejolisii Ros. 6. Melohesia^ corticiformis Ktz. 7. Melohesia? coronata Ros. 8. Melohesia? macrocarpa Ros. 9. Melohesia pustulata Laiu. 10. Melohesia insidiosa (Solms) Heydr. IV. Mastopliora (Dec.) Harv. Thallus entweder mit einer kleinen Basalscheibe fest gewachsen und dann sofort verticale Sprossen entsendend, oder sofort in dünne horizontale, gebogene, freie Sprossen auswachsend. Sprossen flach, unterhalb zurückgedreht, stielrund, oberhalb dichotom fächerförmig, biegsam. Inneres aus einer Lage grösserer, viereckiger oder faden- förmiger, schräger Rhizoiden und meist drei Reihen rundlicher Zellen bestehend. Antheridien, Cystokarpien und Tetrasporangien in Con- ceptakel. 1. Masfophora Lamourouxii Dec. 2. Mastophora plana (Sond.) Harv. 3. Mastophora hypoleuca Uarv. 4c.' Mastopho7'a macrocarpa Moul. 5. Mastophora pygmaea Heydr. T. Lithophyllum. Thallus anfangs immer krustenförmig, locker oder mit der ganzen Unterseite dem Substrat angewachsen, dorsiventral oder radiäre Sprossen bildend, welche entweder krustenförmig bleiben oder warzenförmige und korallenähnliche Auswüchse treiben, die später als rundliche Knollen theils fest gewachsen sind, theils frei auf dem Meeresboden liegen. Inneres aus vielen Zelllagen bestehend, die deutliche Schichtungen zeigen; an ihrer Basis gerade, gebogen oder coaxilär geordnete Rhizoiden. Cysto- carpien, Antheridien und Tetrasporangien in Concep takeln. Letztere zonenförmig getheilt. 1. Thallus krustenförmig, flach, locker angewachsen. Sprossen dorsiventral, selten radiär. L Lithophyllum Corallinae (Cr.) Heydr. 2. Lithophyllum Cystosirae (Hauck) Heydr. 3. Lithophyllum e.vpansum Phil. 4. Lithophyllum agariciforme (Pall.) Hauck. 5. Lithophyllum? crispatum Hauck. 6. Ldthophylluvi? rhizomae Heydr. 7. Lithophyllum? fibulatum Heydr. 8. Lithophyllum Carpophylli Heydr. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. og 410 F. Heydeich: 2. Thallus krustenförmig, fest gewaclisen,S[)rossuDg dorsiveutral. 9. Lithophyllum obliniaus Heydr. Syn.: Lithothamnion oblimans Heydr. Corallinaceae, insbesondere Melobesieae in Berichte der Deutsch. Botan. Gesellsch. 1897, S. 55. Fig.: Ibid., Taf. III, Fig. 17. Tetrasporangien in Conceptakel. Neben dem grossen Hauptporus befinden sich einzelne kleine Löcher; die Sporangien stehen aber um einen Mittelpunkt, weshalb diese Pflanze zu Lithophyllum zu zählen ist. Diese Alge war so ausserordentlich Sporolithon im Habitus ähnlich, dass ich glaubte, letztere wäre als Substrat benutzt; dies ist ein Irr- thum. Nicht Sporolithon, sondern die wilde Koralle wird als Substrat benutzt. Herr FOSLIE sagt S. 257 seiner Bemerkungen hierüber: „Mit einer an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit glaube ich aber, dass Lithophyllum oblimans nur eine neue Schicht über Sporolithon ptychoides ist etc." Dann will er noch einen anderen Fall gefunden haben. Im ersteren Fall ist er, wie ich, im Irrthum, im zweiten hat er eine junge, losgeschälte Tetrasporangienschicht von Sporolithon gesehen. 10. Lithophyllum oncodes Heydricli. Neue Kalkalgen von Deutsch Neu-Guinea in Bibl. Botan. 1897, Heft 41, S. 6, Taf. I, Fig. 11 0,^». 11. Lithophyllum incrnstaus (Phil.) Heydr. Syn.: Lithothamnion incrustans Phil. 3. Thallus krustenförmig, festgewachsen, Sprossung dorsiventral, scheinbar radiär. 12. Litliophyllum Fosliei Heydricü. Syn.: Lithothamnion Fosliei ]iey^v'\c\i. m Corallinaceae, insbesondere Melobesieae in Ber. der Deutsch. Bot. Gesellsch. 1897, S. 58, Taf. III, Fig. 9-11. Auf die Bemerkungen des Herrn FOSLIE S. 259 habe ich nur zu erwiedern, dass die Zellen von Lithothamnion incrustatis Phil, gleich- massig 10 — 18/i lang und 5 — 9 /t breit sind, die von Lithophyllum Fosliei verschieden; die grösseren 28 /^ in Länge und Breite, die kleineren V2 fi lang und dick; wohl ein genügender Grund zur Trennung. 13. Lithophyllnm Marlotliii Heydr. Syn.: Lithothamnion Marlothii Heydr. in Ber. der Deutsch. Bot. Gesellsch. 1897, S. Gl, Taf. III, Fig. 1, 2. Tetrasporangien in Conceptakel, welche äusserlich 300 [jl im Durch- messer sind. Porus 30 /t, Tetrasporangien viertheilig, 48 fx lang und 18— 20/i breit. Melobesiae. 411 Durch die Bemerkungen des Herrn FOSLIE veranlasst unternahm ich Untersuchungen des neuen Materials und fand folgende Unterschiede. Zunächst sind die Erhebungen von Lithophyllum Marlothii nicht radiär, sondern scheinbar radiär gebaut. Die Exemplare auf Muscheln haben zwei verschiedene Behälter für Tetraspdrangien. Diejenigen, welche ich mit Lithothamnion falsellum bezeichne (siehe weiter unten), haben Sori, die vorliegende Alge nur Conceptakel. Die dritte Form (Taf. III, Fig. 3), auf Felsen gewachsen, ist jedenfalls eine besondere Species. Herr FOSLIE will in seinen Bemerkungen S. 259 später einmal die Güte haben, „darzuthun, dass etc. — entweder — oder etc. etc.". Er hätte das Exemplar noch nicht genügend untersucht, auch kennt er andere ähnhche noch nicht genügend! Ja, da kann ich leider Herrn FOSLIE nicht helfen, wenn er noch nicht untersucht hat; ich habe ge- naue Beobachtungen angestellt und muss Herrn FOSLIE bitten, auf solche ungenügenden Untersuchungen keine Urtheile abzugeben. Wozu :Soll das führen. 4. Thallus anfangs krustenförmig, festgewachsen, dorsiventral, später verzweigt radiär, häufig frei auf dem Meeresgrund liegend. 14. Lithophyllum eristatum Men. Tetrasporangien in Conceptakel! Daher ein Lithophyllum. 15. Lithophyllum crassum (Phil.) nom. nov. Syn.: Lithothamnion crassum Phil. — Tetraspoi-angien in Concep- i;akel! Perus 40^ weit und von 12 Zellen umgeben. Conceptakelhöhe 120 /x weit. Die Ansicht des Herrn FOSLIE, S. 259, „die äussere Form des Lithothamnion crassum beruht also grossentheils auf dem ursprüng- lichen Substrat," ist nicht ganz richtig, vielmehr geschieht dies nur in den seltensten Fällen, Niemals erhält die typische Form die Kugel- gestalt durch das Substrat. Ich besitze durch die Güte der zoologischen Anstalt in Neapel Exemplare von Va bis 8 cm Durchmesser, alle zeigen den strahlenförmig von einem Centrum ausgehenden Bau der Aeste. Gerade die Va <^^ grossen Exemplare sind geeignet, Aufschlüsse über Art, welche ich Peronospora Alaydis nenne. Anderswo, als aut Java, scheint sie bis jetzt nicht beobachtet zu sein. Die P(growos»ora-Krankheit tritt an jungen Pflanzen auf. Die ersten zwei oder drei Blätter sind gewöhnlich grün und verratben nicht die Infection, an den späteren, dem viertem und den folgenden Blättern können wir die Ki*ankheit von Weitem merken. Diese Blätter sind zwar von 1) MoTTiER, Beiträge zur Kenntniss der Kerntheilung in den Pollenmutterzellen einiger Dikotylen und Monokotylen. Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. XXX, Heft 2, 1897. (Cytologische Studien aus dem Bonner bot. Instistut). 2) Stkasburger und Mottier, Ueber den zweiten Theilungsschritt in Pollen- mutterzellen. Berichte d. deutsch, bot. Gesellschaft, Bd. XV, Heft 6, p. 327, 1897. 476 M. Raciborski: normaler Grösse, aber statt des freudigen Grüns der Maisblätter weiss, oder weissgelblich, oder weissgrünlich. Und zwar sind entweder die ganzen Blätter von weisser Farbe, oder diese tritt nur in Streifen auf und greift nicht über die Grenznerven der Flecken. In diesem Stadium merken wir die Krankheit von Weitem, an den grossen Maisfeldern sind Tausende weisse Flecken sichtbar. Nachdem einige solche weisse Blätter gebildet sind, fällt die Pflanze plötzlich um. Der noch nicht ausgewachsene Stengel ist schon verfault, und die Pflanze ist in Folge dessen todt. Im Gewebe der kranken Blätter finden wir reichlich unseptirtes Mycelium mit sehr zahlreichen, kugeligen oder knopfförmigen Haustorien. Durch die Spaltöffnungen der Blätter treten sehr zahlreiche, Conidien tragende Hyphen nach aussen. Diese bedecken kranke Blätter mit einem dichten, deutlich mit blossem Auge sichtbaren Schimmelüberzug. Die Conidienträger sind bis 0,3 mm hoch, bis 25 fx dick, 1 bis 3 mal dichotom gegabelt, aufrecht stehend, mit abstehenden Gabelästen. Diese laufen an der Spitze in mehrere (3 — 6), conisch zugespitzte Aus- stülpungen aus, welche an ihren Spitzen die einzelnen Conidien abschnüren. Die Conidien sind kugelrund, 15 — 18 fx breit und keimen im Verlaufe weniger Stunden, eine oder mehrere Hyphen treibend. Durch die Conidien inficirte junge Maispflanzen zeigen 8 — 12 Tage nach der Infection die ersten von Peronospora bedeckten Blätter. Nach den Oogonien habe ich vergeblich in den kranken Blatt- spreiten gesucht. Zwar konnte ich in wenigen Fällen in der Nähe der Mittelrippe stark angeschwollene, eiförmige, dicht mit Plasma erfüllte Hyphenenden sehen, es gelang mir jedoch nicht in den Hunderten von untersuchten Blättern Oosporen zu finden. Diese bilden sich dagegen regelmässig und sehr reichlich in den Blattscheiden der jungen Blätter und besonders in dem jungen 3 — 4 mm dicken Stengel. Zwischen den Gefässbündeln des Stengels und im jungen männlichen Blüthenstand liegen sie dicht gedrängt neben einander. Die Oogonien sind kugelig, 18 — 25 mm breit, mit nicht sehr dicker, aber resistenter und bleibender Membran. Diese ist nicht glatt, sondern trägt in unregelmässigen Abständen kleine conische, warzenförmige Verdickungen. Die Oosporen sind kugelig, 14 — 24 mm breit, mit glatter Membran. Sie füllen gewöhnlich fast das ganze Oogonium aus, ohne mit der Oogoniuramembran zu verwachsen. Ihre Keimung wurde nicht beob- achtet. Die Oosporen bilden sich später als die Conidien und sind nur zu finden in den schon abgestorbenen, verfaulten Blattscheiden und Stengeln. In dem noch lebenden Gewebe scheinen sie nicht aufzu- treten. In den beigefügten Figuren sind abgebildet: Fig. 1 Mycelium mit Lijer, eine gefährliche Maiskrankheit. 477 Haustorien; Fig. 2 Conidienträger; Fig. 3 keimende Conidien; Fig. 4 reife Oogonien mit Oosporen. Was die Ansteckungsweise des Mais anbelangt, so sind es ohne Zweifel z. Th. die durch Wind angewehten Conidien, die die Krankheit auf neue Felder verschleppen. Doch glaube ich, aus den Beobachtungen an grossen, jungen Maisanpflanzungen schliessen zu müssen, dass in den meisten Fällen die Ansteckung der Keimlinge durch die im Boden vorhandenen Oosporen erfolgt. In Mittel-Java, wo die Krankheit in den Residenzen Pekalongan und Tegal besonders stark herrscht, pflanzt man Mais gewöhnlich an den früher durch Zuckerrohr bewachsenen Feldern. Wenige Tage nach der Rohrernte werden die enormen Flächen mit Mais bepflanzt, und zwei Wochen später sieht man schon Tausende lijerkranker Pflanzen, und die in diesen gebildeten Oosporen bleiben in dem Boden liegen. Nach zwei Jahren werden dieselben Felder mit Rohr bepflanzt, und nach diesem kommt wieder Mais. Auf diese Weise keimen die jungen Maispflanzen in einem Boden, welcher Millionen von '6 Jahre alten Oosporen birgt. Die Krankheit, welche in den Ebenen Java's grossen Schaden ver- ursacht, könnte man, meiner Ansicht nach, leicht und ohne grosse Ausgaben beseitigen oder wenigstens stark beschränken durch das Wegreissen aller inficirten Stengel und Verbrennen derselben. Man 78 M. Raciborski: Lijer, eine gefährliche Maiskrankheit. muss nur dabei Sorge tragen, die Pflanzen mit den Wurzeln aus- zuheben, sonst reisst man zwar die Blätter weg, aber die Oosporen bleiben in dem verfaulten Stengel liegen. Nach einigen Jahren solchen Pflückens müsste die Krankheit verschwinden oder wenigstens stark zurücktreten. Zum Schluss noch eine Bemerkung pflanzengeographischen Inhalts. Mais ist, wie bekannt, amerikanischen Ursprungs. In Süd-, Mittel- und Nordamerika ist er wahrscheinlich seit Jahrtausenden angebaut. Heute gehört er zu den wichtigsten Getreidearten der Vereinigten Staaten, wo nach der Angabe H. SEMMLER's die Jahresernten 40000 Millionen Kilo überschreiten. Trotzdem scheint die Feronospora- Krankheit in Amerika, also dem Heimathslande des Mais, unbekannt zu sein. Auf Java ist der Mais (SeMMLER, Tropische Agrikultur, III, 48) durch die Portugiesen um 1496 eingeführt, und es liegt die Vermuthung nahe, dass die Lijerkrankheit erst hier aufgetreten und entstanden ist. £s ist mir jedoch nicht gelungen, auf den wilden Gräsern Java's eine Peronospora zu finden, wie überhaupt die Peronospora Maydis, die einzige bis jetzt bekannte grasbewohnende Peronospora- Art zu sein scheint. Nach den Erfahrungen, die bis jetzt mit parasitären Krankheiten der verbreiteten Culturpflanzen, z. B. der Kartoffel, des Kaffee, Wein- stockes oder Malven gemacht worden sind, ist leider zu befürchten, dass auch die Lijerkrankheit in der Zukunft eine für die Pflanzer unangenehme Wanderung durch die Mais cultivirenden Länder an- treten wird. Sitzung vom 26. November 1897. 479 Sitzung vom 26. November 1897. Vorsitzender: Herr L. Kny. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen die Herren: Fitting, Hans, stud. rer. nat. in Strassburg i. Eis. (durch Graf ZU SOLMS-LaUBACH und W. BENECKE), Thoms, Dr. Hermann, ausserordentlicher Professor an der Kgl. Friedrich- Wilhelms-Universität zu Berlin (durch A. ENGLER und S. SCBTWEN- , DENER), Wager, Harold, Inspector of Science Schools for the Science and Art Department in London, in Leeds, Chapel Allerton Bank View (durch L. KNY und P. MAGNUS). Herr KOLKWITZ legte nach seinen Angaben von Herrn R. BRENDEL (Grunewald-Berlin) verfertigte und herausgegebene Bakterienmodelle vor, welche, in sehr vergrössertem Massstabe aus Gelatine gefertigt, alle wichtigsten Typen der Spaltpilze veranschaulichen. Nächst einigen älteren berichtigten Modellen sind zumeist auch solche interessanter pathogener Formen geschafiFen worden. Die Sammlung umfasst drei Abtheilungen: Kokken, Bakterien und Spirillen, und ist eine jede für sich einzeln käuflich. Mittheilungen. 63. Ferdinand Schaar: Ueber den Bau und die Art der Entleerung der reifen Antheridien bei Polytrichum. Mit Tafel XXIV. Einireganeren am 16. November 1897. Von besonderen DifiFerenzirungen, welche zur Oeffnung der reifen Moos- Antheridien führen, ist in der Litteratur nirgends die Rede. Die starke Quellung der Membranen der Spermatozoiden-Mutterzellen allein soll die Sprengung der zarten Antheridienwand am Scheitel bewirken. Ber. d, deutsch, bot. GeseUsch. XV. ga 480 Ferdinand Schaar: So giebt es neben anderen Autoren GÖBEL^) an, und J. SACHS ^) sagt darüber: „Sind die Antheridien völlig ausgebildet und erfüllt ein Wassertropfen die männliche Blüthe, so werden in Folge der Auf- saugung die Antheridien an ihrem Scheitel gesprengt und aus dem Riss tritt eine dicke schleimige, teigige Masse hervor, die ganz aus den Mutterzellen der Spermatozoiden besteht." Van TIEGtHEM^) nahm diese Angaben SACHS' fast wörtlich in sein Handbuch über. Ausführlichere Angaben über den Vorgang fehlen gänzlich. Sind die Oeffnungsverhältnisse nun auch meistens recht einfache, so lassen sich doch, namentlich bei hochstehenden Laubmoosgattungen, besondere Differenzirungen der Antheridien wand vermuthen, die mit der Oeffnung derselben im Zusammenhange stehen. Auf Anregung Prof. Dr. HEINRICHER's, der solche bei PolytricJium commune beobachtete, begann ich die Verhältnisse bei dieser Gattung zu studiren. Ich habe Polytrichum juniperinum im frischen Zustande , untersucht und die Verhältnisse bei Polytrichuvi commune, P. formosum, P. piliferuTTi und Pogonatum aloides an Alkoholmaterial studirt. Der Habitus der männlichen Blüthen aller Polytrichum- A.rten ist nach SCHIMPER's Unterscheidung ein ausgeprägt scheibenförmiger. Be- sonders zur Zeit der Antheridienreife ist dieser Habitus deutlich zu er- kennen. Ein auf die Blüthe gefallener Wassertropfen bleibt leicht auf derselben liegen, ein Umstand, der die zu beschreibenden Vorgänge der Eröffnung der Antheridien leichter verständlich macht. Betrachtet man Längsschnitte durch reife männliche Blüthen bei schwacher Vergrösserung, so fallen an den Scheiteln der reifen Anthe- ridien hellglänzende Kappen auf (Fig. 1 und 2). Bei näherer Unter- suchung erkennt man leicht, dass diese Kappen durch mehr oder minder isodiametrische, mit stark verdickten Membranen versehene Zellen der einschichtigen Antheridienwand gebildet werden. Diese heben sich ungemein scharf von den übrigen Zellen der Antheridienwand ab und lassen deutliche Mittellamellen erkennen (Fig. 2). Junge Antheridien zeigen diese so scharf differenzirte Kappe nicht; ihr Scheitel zeigt die- selben unverdickten Membranen wie die übrige Wandschicht. Alle Wandzellen junger Antheridien führen Chlorophyllkörner. Behandelt man diese Antheridien mit Jod, so fällt sofort der Stärkereichthum der scheitelständigen Zellen der Antheridienwand gegenüber den übrigen derselben auf (Fig. 1). Bei älteren, der Eröffnung nahen Antheridien fehlt der Stärke- gehalt den nunmehr stark verdickten Zellen des Scheitels gänzlich, und 1) GÖBEL, Muscineen. Schenk's Handbuch 1882. 2) J, Sachs, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie. 2. Auü , 1887, S. 779. 3) van TiEGHEM, Traite de Botanique. Paris 1892, I. part., p. 983. Bau und Art der Entleerung der reifen Antheridien bei Polytrichum. 481 ■es ist wohl anzunehmen, dass diese Stärke zum Aufbaue der Ver- dickungsschichten verwendet wurde. Behandelt man frisches Material mit alkoholischer Jodlösung, so färben sich die Verdickungsschichten gelb. Mit Jod und Schwefelsäure behandelt werden sie zuerst gelbbraun, nach längerer Einwirkung prächtig blau. Die Mittellamellen jedoch geben weit früher als die Verdickungsschichten die Cellulosereaction, und bei längerer Einwirkung schien mir ihr Blau dunkler zu sein als das der Verdickungsschichten. 'Ooncentrirte Schwefelsäure löst deshalb sämmtliche Zell wände auf, Mittellamellen restiren keine. Durch das SCHÜLZE'sche Gemisch ist keine Maceraiion erzielbar, >da die Mittellamellen in demselben erhalten bleiben. Corallinsoda färbt die Membranen roth, in kaltem Alkohol verblasst diese Färbung vollständig. Zieht man noch in Betracht, dass diese Membranen, wie gleich erörtert werden soll, ein bedeutendes Quellungsvermögen besitzen und schliesslich vollständig verschleimen, so sind dieselben in stofflicher Hinsicht zweifellos in die Kategorie der Pflanzenschleime zu stellen*). Was den Zellinhalt der verdickten Zellen an den reifen Antheridien anlangt, so ist derselbe arm an Plasma und entbehrt schon vollständig des Chlorophylls zu einer Zeit, da die übrigen Wandzellen noch das- selbe führen. Das Quellungsvermögen der Membranen der scheitelständigen Zellen ist sehr bedeutend. Während an frischen, reifen Antheridien -die Lumina der Kappenzellen mehr oder weniger glatt begrenzt sind, werden sie bei Einwirkung von Wasser in Folge der Quellung der Membranen unregelmässig verzerrt, oft strichartig eingeengt. Die Mittellamellen verschwinden vollständig (Fig. 3). Diese ungemein leicht verquellenden Membranen spielen nun bei •der Eröffnung der reifen Antheridien eine wichtige Rolle. Ihr Druck, vielleicht in Verbindung mit dem der verquellenden Membranen der Spermatozoiden-Mutterzellen, bewirkt eine überaus straffe Spannung der Cuticula am Scheitel des Antheridiums, was sich deutlich durch ein keuliges Aufgetriebensein desselben kundgiebt und schliesslich ein Platzen der Cuticula zur Folge hat. Die Zellmembranen verschleimen immer mehr, die scheitelständigen Zellen treten aus dem Verbände und durch den Riss der Cuticula dringen diese gleichzeitig mit den in den verquollenen Membranen ihrer Mutterzellen eingehüllten Spermato- zoiden nach aussen (Fig. 4). Die zerrissene Cuticula der verschleimten Kappe umsäumt krausenartig die Oefifnung. In der ausgetretenen Spermatozoidenmasse lassen sich leicht die von den ebenfalls ge- 1) Alle erwähnten Verhältnisse erinnern sehr an das Schwellgewebe in der Fruchtwandung bei Lathraea clandestina Lam. Heinrichee, Biologische Studien an -der Gattung Lathraea. Sitzungsberichte der Wiener Akad. 1892. 33* 482 Bruno Schröder: quollenen Innenhäutchen umschlossenen, nunmehr abgerundeten substanz- armen Protoplasten der Kappenzellen erkennen. Diese Verhältnisse wurden bei allen untersuchten, eingangs er- wähnten Arten wahrgenommen. Obwohl die Untersuchung nicht sämmt- liche Gattungen der Polytrichaceen umfasste, so ist doch sehr wahr- lich, dass nicht nur bei diesen allen, sondern auch bei den der nahe verwandten Familie der Timmiaceen, die ähnliche Blüthenstandsverhält- nisse aufweist, gleiche Vorgänge herrschen. Aus der vorliegenden kleinen Untersuchung geht also hervor, dass die am Scheitel der Antheridien erfolgende Oeffnung derselben durch eine bestimmte histologische Differenzirung der Antheridialwand ermög- licht wird. Erklärung' der Abbildung^en. Polyirichuin juibiperinuin. Fig. 1. Scheitel eines jungen Antheridiums, welches stärkehaltige Chromatophoren in den scheitelständigcn Wandungszellen zeigt. Vergr. 240. „ 2. Scheitel eines der Reife nahen Antheridiums mit nicht gequollenen Mem- branen. Man erkennt deutlich die Mittellamellen. Vergr. 240. „ 3. Scheitel eines reifen Antheridiums vor der Sprengung der Cuticula. Die Mittellamellen sind unsichtbar geworden und die Membranen mächtig auf- gequollen. Vergr. 200. „ 4. Scheitel eines eröffneten Antheridiums. Die Cuticula umgiebt krausen- artig die Oeflfnung. Die Masse der verquollenen Membranen ist punktirt gezeichnet, und in ihr sind die Spermatozoiden und die Protoplasten der verquollenen Kappenzellen (/>?•. d. K.) zu sehen. Vergr. 200. 64. Bruno Schröder: Ueber das Plankton der Oder. Mit Tafel XXV. Eingegangen am 19. November 1897. Bisher hat die Süsswasserplanktologie hauptsächlich die grösseren stehenden Gewässer zum Gegenstande andauernder Forschungen ge- macht, dagegen ist die Kenntniss des Planktons grosser Flüsse im All- gemeinen und dessen qualitative und quantitative BeschafiPenheit im Besonderen zur Zeit noch in einem geringen Anfangsstadium begriffen, obgleich die im strömenden Wasser planktonisch lebenden Mikro- organismen einerseits in nothwendiger Beziehung zur Flussfischerei stehen und andererseits in hygienischer Hinsicht für die Selbstreinigung der Flüsse unterhalb grosser Städte von hervorragender Bedeutung sind. Bezeichnet man das Plankton des Meeres als pelagisch, das der Uebcr das Plankton der Oder. 483' Süsswasserseen als limnetiscb, so kann man dasjenige des Flusswassers -„potaraisch" nennen und von einem „Potamoplankton" sprechen, unter welchem Regriff ich diejenigen Mikroorganismen zusammenfasse, die entweder activ schwimmend oder passiv schwebend in fliessenden Gewässern vorkommen und durch besondere Einrichtungen (Mechano- morphosen) dieser Lebensweise angepasst sind^). Aus SCHÜTT's Pflanzenleben der Hochsee erfahren wir (S. 9), dass die Planktonfänge im Amazonenstromdelta eine ziemlich reiche Bacillariaceenflora aufweisen, die „vorwiegend aus Formen der trommei- förmigen Coscinodiscus -GrupT^e gebildet" wird. Ob dieses für den Amazonenstrom constatirte Vorkommen einer Flussplanktouflora eine allgemeine Bedeutung auch für andere Stromgebiete hat, oder nur ein vereinzelter Fall ist, hielt SCHÜTT für eine noch offene Frage. Er er- wähnte jedoch gleichzeitig, dass auch eine aus dem Mündungsgebiete der Elbe stammende Auftriebsprobe ähnliche Zusammensetzung zeigte wie diejenige aus dem Rio Para. Rechnet man ferner das Stettiner Haff zum Flusslaufe der Oder hinzu, so muss noch der von HENSEN und von BRANDT daselbst gemachten Untersuchungen gedacht werden^). Wenn auch das Haff als Uebergangsgebiet vom Süss- zum Meerwasser mit seinem minimalen Salzgehalte und seiner geringen Strömung einen anderen Charakter trägt als gewöhnliches Flusswasser, so wurden in ihm von HENSEN doch eine Anzahl Süsswasserformen planktonisch gefunden, z. B. Chroococcaceen, Aphanizomenon Flos aquae Ralfs, Spiro- a-Species von Grunow vorlagen, hatte nachträglich die Güte, mir mitzutheilen , dass dieselben ebenfalls ein- bis vierfach bestaclielt sind. Da VAN Heurck (Synopsis des Diatomees, S. 200) und de Toni (öylloge algarum II, 1—3, S. 1334) von den Stacheln der Melosira (jranulata (Ehrb.) Ralfs nichts er- wähnen, so bin ich bei Aufstellung meiner Varietät spinosa das Opfer ungenauer Diagnosen geworden. Ueber das Plankton der Oder. 487 Namen der Algen H O A. Schizophyceae. Merismopedium glaucum Näg. . . Coelosphaerium Kützinginnum Näg. Clathrocystis aeruginosa Henfr. . . Anabaena spec B. Bacillariaceac. Cyclotella comta var. radiosa Grün. Step/mnodiscus HantzschianusGTMn. var. pusilla Gnin Stephanodiscus spec Melosira varians Ag M. granulata (Ehrb.) Ralfs . . . Rhizosolenia longiseta Zacb. . . . Attlieya Zachariasi J. Brun . . . Fragilaria capucina Desmaz. . . F. crotonensis Kitton Diatoma tenue Kütz. var. elongata Lyngb ' . . Nitz-fchiella acicularis Eabh.. . , Asterionella formosa Hass. var. gracilliiiia (Hantzscb) Grün. . Synedra delicatissima W. Sm. . . C. Coujagatae. Staurastruiii gracile Ralfs . . Closterium pronum Breb. var. longissiniuin Lemm C. lineatum Breb. var. angustatum Reinsch . . . C acutum Breb I). Pli j tomastigopliorae. Dinobryon sertularia Ehrb. . . . D. stipitatum Stein Euglena acus Ehrb Colacium vesiculosum Ehrl). . . . C. arbuscula Stein Trachelomonas volvocina Ehrb.. . Malloinonas Plosselii Ehrb. . . . M. acaroides Zach Gonium pectorale 0. F. Müll. . . G. ietras A. Br s V V V V 1 . h V V h h h V V h h h h h h h h V V V V V V h V V z s V V V h h z ll V s V s h h s 3 Z Namen der Algen 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 Pandorina Morum Bory Eudorina elegans Ehrb Synura uvella Ehrb Volvox globator L Peridinium iitinintum Schill. . . . P. tabulatum Clap. et Laclim. . . Ceratium liirundinella 0. F. MülL Glenodiniuin acutum Apstein. . . E. Chlorophyceae. Dictyosphaerium Eltrenbergii Näg. Rhapliidium polymorphum Fres. . Rh. longissimum Schröd Tetrapedia emarginata nob. . . . Cohnie/la staurogeniaeformis Schröd Actinastrum Hantzschii Lagerh. . Reinschiella? setigera nob Lagerheimia genevense Chodat . . L. wratislawiensis Schröd Scenedesmus quadricauda (Turp.) Breb S. denticulatus Lagerh S. Hystrix Lagerh S. obtusus Meyen S. obliquus (Turp.) Kütz. var. di- morphus Rabh Polyedrium muticum A. Br. . . • P. pentagonum Reinsch P. enorme de By P. pinacidium Reinsch Polyedrium spec Golenkinia radiata Chodat. . . . G. botryoides Schmidle G. fenestrata nob Pediastrum Ehrenbergii A. Br. . . P. Boryanum Menegh. var, granu- latum Rabh P. pertusum Kütz. var. clathratum A. Br Coelastrum microporuin Näg. . . ll h ll V s h h V V V s h V V V V s V V s s s s V h V V V 488 Bkuno Schröder: Hinsichtlich einiger Algen des Oderplanktons möge mir gestattet sein, eingehendere Mittheilungen zu machen. Bei Stephanodiscus Hantzschianics Grün. (long. 15,3 — 17/,«, lat, 20,4/i) sah ich im Materiale aus dem September und October einen Schwebeapparat (Fig. 1), der aus langen, äusserst zarten und schwach verkieselten Nadeln besteht, welche wie das Gerüst eines doppelten, nach unten und nach oben geöffneten Fallschirmes alternirend inserirt sind, und welche auch LAUTERBORN be- obachtet hat (1. c). Dieses Princip der Oberflächen vergrösserung in Form eines Fallschirmes finden wir ausser bei der pelagischen Bacillariacee Planktoniella, wo es etwas modificirt auftritt, am prachtvollsten bei Ornithocerciis splendidus Schutt, einer tropischen Hochsee-Peridinee, ausgebildet, bei der ein doppelter, nur nach oben gerichteter, haut- artiger Fallschirm vorhanden ist. Bemerkenswerth ist es, dass die Stachelnadeln bei Stephanodiscus nur im Herbste auftreten, ein Phä- nomen, das noch einer eingehenden Untersuchung bedarf. Für Rhizosolenia se^nispina giebt HENSEN^) zwei Dauersporen an, in die sich der Inhalt einer Zelle zurückzieht und die rechts und links vom Mittelpunkte der Zelle liegen. Ich fand bei Rh. longiseta Zach, eine einzige Dauerspore ziemlich genau in der Mitte der Zelle gelagert. Dieselbe ist ellipsoidisch bis cylindrisch und an beiden Enden halb- kugelig abgerundet (Fig. 2 a). In einem Falle gelang es mir auch, eine keimende, von der Mutter- zelle freie Dauerspore zu untersuchen (Fig. 26). Die Sporenmembran war durch einen medianen Riss in zwei Kappen getrennt worden, die sich von der jungen Zellhaut deutlich abhoben; auch die Borsten hatten schon mit dem Wachsthum begonnen. Von allen grünen Planktonalgen der Oder war Actinastrum Hantzschii Lagerh. am häufigsten vertreten. Die Exemplare bestanden aus meist acht Zellen, die in radiärer Anordnung fallschirmartig ab- wechselnd nach oben und unten stehen, von etwas bläulich-grüner Farbe sind und, wie ich in vielen Fällen deutlich wahrnehmen konnte, ein länglich rundes Pyrenoid tragen (Fig. 3). Die Form der Zellen von Actinastrmn aus der Oder weicht von der LAGERHEIM'schen Ab- bildung*) dadurch ab, dass dieselben am distalen Ende stets mehr oder weniger spitz sind, nie aber breit zugerundet ^). Durch das spitze Ende bekommt die einzelne Zelle ein schlankes, spindelförmiges Aus- sehen; nur Zellen, die in Theilung begriffen sind, weisen eine breitere. 1) Nach Schutt in Engler-Prantl,, Natürl. Pflanzenfamilien. Lief. 143 — 145, Bacillariaceen, S. 85, Leipzig 1896. 2) G. V. Lagerheim, Stockholmstraktens Pediastreer. Öfversigt af Vet. Akad. Förbandl., Stockholm 1883, No. 2, tab. III, fig. 26. 3) Siehe auch Hansgirg, Prodromus der Algenflora von Böhmen I. S. 120, Fig. 67. Ueber das Plankton der Oder, 489 mehr kegelförmige Gestalt auf, die übrigens genau der Fig. 25 bei Lagerheim 1. c. entspricht. Im äusseren Habitus einer RJiizosolenia ähnlich ist eine neue Pleurococcacee, die ich als Reinschiella? setigera nov. spec. bezeichne. Sie kommt in drei Formen vor, einer bogenförmig gekrümmten (Fig. 4a), einer spiralig gedrehten und einer fast geraden (Fig. 46) und bildet eine Spindel, auf welcher beiderseits zwei lange, gerade oder wenig gekrümmte Borsten aufgesetzt sind, die am proximalen Ende schwach angeschwollen und hohl sind. Sie hat einen gelbgrünen, wandständigen Chromatophoren, der in der Mitte ein ellipsoidisches Pyrenoid trägt, und vermehrt sich, soweit es mir scheint, durch Zweitheilung in der Mitte der Zelle senkrecht zur Längsachse. Diese Alge hat grosse Aehnlichkeit mit einem sehr kleinen Closterium, kann aber deswegen nicht zu den Desmidiaceen gerechnet werden, weil, abgesehen von der eventuellen, bisher aber noch unbekannten Fortpflanzung, der Chromatophor in der Mitte nicht unterbrochen ist. Ich glaube, falls sich bei den übrigen Species der Gattung Reinscidella auch Pyrenoide finden lassen, dieses Genus am besten in die Nähe von Lagerheimia und SceJiedesmus stellen zu müssen, an welche Gattungen insbesondere ReinscJtiella? aetigera nob. auch durch die eigenthümliche Beschaffenheit der Borsten mehrfache Anklänge zeigt. Im Plankton des Teiches im botanischen Garten habe ich Reinschiellaf setigera nie gefunden, in der Oder ist sie auch nur sehr vereinzelt anzutreffen, jedoch durch den ganzen Sommer und Herbst. Neben Golenkinia öotryoides Schraidle kam eine Species dieser Gattung mitunter vor, deren Zellen zu 4 oder einem Vielfachen (von 4 bis 64 und mehr) meist in einer Ebene gelagert sind, und zwar so, dass diese Colonien von einzelnen runden Zellen das Aussehen einer durchbrochenen Scheibe gewinnen (Fig. 5). Hin und wieder kommt es jedoch vor, dass, durch anormale Zelltheilungen veranlasst, auch einzelne Zellen gerade oder schräg über einander zu liegen kommen und so Häufchen bilden, wodurch diese Species, die ich als Golenkinia fenestrata nov. spec. benennen will, sich der Golenkinia botryoides Schmidle nähert. Immer liegen aber mehrere Colonien runder Zellen in der Weise zusammen, dass sie in der Mitte einen freien Raum lassen. Die nach dem Innern dieses Hohlraumes zu gelegenen Zellen tragen keine Stacheln, die äusseren dagegen meist zwei, hin und wieder auch nur einen. Die Grösse der Zellen weicht namentlich bei 64 zelligen Exemplaren erheblich von derjenigen von Golenkinia botryoides Schmidle ab, dieselben sind ziemlich klein, etwa 3 /t. In einem Tümpel an der Oder zwischen Morgenau und Zedlitz bei Breslau trat Golenkinia fe- nestrata in colossalen Mengen als Wasserblüthe auf, die ich am 28. August beobachtete, die aber nach wenigen Tagen fast spurlos verschwunden war. 490 Bruno Schröder: Eine andere scheibenförmige Alge, aber von bläulich-grüner Farbe, ist Tetrapedia emarginata nov. spec, die zu 4 oder viermal 4 Individuen sich sehr vereinzelt im Plankton der Oder findet (Fig. 6). Die Einzel- individuen dieser kleinen Alge sind rechtwinklig-dreieckig, zvs^ei ihrer Seiten sind gerade, die dritte, nach aussen gelegen, ist leicht concav. Während die nach innen zu gelegene Ecke spitz ist, sind die beiden äusseren abgerundet, wodurch das vierzellige Coenobium an den Ecken eingeschnitten erscheint. üeber die Gattung Tetrapedia^ die von ReINSCH ]867^) aufgestellt worden ist, herrscht noch manche Unklar- heit. DE Toni führt sie in seinem Sylloge Algarum^) gar nicht auf und erwähnt nur Staurogeniaf Tetrapedia Kirchn., die mit Tetrapedia gothica Reinsch, abgesehen von der vielleicht bei ReiNSCH ungenau gezeichneten Seitenansicht (1. c. Fig. ^), grosse Aehnlichkeit hat und wohl mit ihr identisch sein dürfte. Weitere Arten von Tetrapedia beschreibt ARCHEE'). Meine neue Species unterscheidet sich von Tetrapedia gothica Reinsch dadurch, dass die Coenobien nicht orga- nisch mit einander zusammenhängen, sondern nur neben einander ge- lagert sind, und dass die Ecken der Coenobien eingeschnitten sind, ferner, dass die Individuen Dreiecke darstellen, die mit den Spitzen an einander gefügt sind. Eine Polyedrium spec. aus der Oder hatte Seiten, die in feine Stacheln ausgezogen waren (Fig. 7, a, h). Versucht man die im Teiche des botanischen Gartens und in der Oder gefundenen Planktonalgen in morphologisch-biologischer Hinsicht zusammen zu stellen, so kann man zwei Hauptgruppen unterscheiden. Zur I. Gruppe zählen die activ schwimmenden Algen, welche sich durch Cilien fort bewegen können und welche zu den Peridiniaceen und Flagellaten gehören. Die II. Gruppe bilden die passiv schwebenden Planktonformen, deren Eintheilung nach folgenden Typen geschehen kann: A. Tromiueltypus. Die nach diesem Typus gebauten Algen (ausschliesslich Bacil- lariaceen) bestehen bekanntlich aus zwei Schalen, die wie die Hälften einer im (Querschnitt kreisrunden Schachtel über einander greifen und wie eine Trommel aussehen. Sie bilden entweder einfache Trommeln (Cyclotella und Stephanodiscus) oder Trommelketten (Melosira). 1) P. Reinsch, Algenflora des mittleren Theiles vou Franken. Nürnberg 1867, S. 37, Tab. II, Fig. I,a-/H. 2) J. B. DE Toni, Sylloge Algarum. Vol. II, Patavii 1889, S. 657. 3) Archer, The genus Tetrapedia (Reinsch) with two new forms. Grevillea 1873, No. 3, p. 44-47. lieber das Plankton der Oder. 491 B. Bandtypus. Die dieser Abtheilung angehörigen, zu längeren oder kürzeren Bändern vereinigten Algen bilden als Individuen Stäbchen oder Spin- deln, die entweder mit der ganzen Längsseite den Nachbarindividuen anliegen (Fragüaria capucina Desmaz.), oder mit der Mitte derselben (^Fragilaria cvotonensis Kitt.), oder aber nur in einem winzigen Gallert- polster am unteren oder oberen Ende der Stäbchen, auf welche Weise es zur Bildung von Zickzackbändern kommt {Diatoma tenue Kütz. var. elongata Lyngb.). C. Spiudeltypus. Die hierher zu stellenden Algen bilden meist gerade oder ge- bogene, seltener spiralig gedrehte, langgestreckte Spindeln, die sich nach den Enden zu mehr oder weniger verjüngen und mitunter eine excentrisch und schief aufgesetzte Borste tragen. Einfache Spindeln bilden: Synedra delicatüsima VV. Sm., Closterium lineatum Breb. var. angustatum Reinsch und C. acutum Breb. Spindeln mit ausgezogener Spitze findet man bei Nitzschiella acicularis Rabh.^), Raphidium longis- simuvi Schröd. und Clostenum yronum Breb. var. longissimwn Lemmerm, Mit Borsten bewaffnete Spindeln stellen Bhizo&olenia longiseta Zach, und Reinschiella? setigera nob. dar. D. Scheibentypus. Die Scheiben bildenden Algen haben in ihrer Seitenansicht ein linsenförmiges bis elliptisches Aussehen. Oft vereinigen sich mehrere Zellindividuen zu einem Coenobium. Nicht selten findet bei dieser Oberflächenvergrösserung eine Materialersparniss statt, wobei die Scheibe vielfach durchbrochen ist und Hohlräume zeigt. Einfache Scheibenform haben: Merismopedium elegans Näg. , sowie eine Anzahl Arten von PolyedriuTn, Scenedesmus denticulatus Lagerh., obtusus Meyen und obliquus (Turp.) Kütz. var. dimorphu^ Rabh., Cohniella staurogeniaeformis Schröd., Tetrapedia emarginata nob. und Fediastrum Ehrenhergii A.. Br. Als durch- brochene Scheiben können Fediastrum pertusum Kütz. var. clathratum und Golenkinia fenestrata nob. gelten. Häufig tritt auch die Scheibe mit vier an den Ecken stehenden Borsten auf, eine Einrichtung, die ebenfalls bei möglichster Sparsamkeit an Material zur Vergrösserung der Oberfläche beiträgt, z. B. bei Attheya Zachariasi J, Brun. und bei Scenedesmus quadricauda (Turp.) Breb. Hierbei möchte ich auch wegen der vier Borsten Lagerheimia genevense Chodat und L. wratislawiensis 1) Nitzschiella acicularis Rabh. dürfte als eine echte Planktonform aufzufassen sein, ebenso wie N. longissima Eabh. und A^. Closterium Rabh. 492 Bruno Schröder: Ueber das Plankton der Oder. Schröd, stellen, obgleich deren Zellen keine echten Scheiben, sondern Ellipsoide sind. E. Sterntypus. In diesem Typus fasse ich diejenigen Algen zusammen, deren Zellen radiär angeordnet sind oder welche Stacheln tragen, die in dieser Richtung stehen. Zu ersteren gehören Asterionella formosa Hass. var. gracillima (Hantzsch) Grün, und Äctinastrum Hantzscldi Lagerh., zu letzteren Golenkinia radiata Chodat und G. hotryoides Schmidle. F. Sphaeroidtypus. Derselbe zeigt sich in massiven oder innen hohlen, mitunter durch- brochenen Gallertkugeln oder kugeligen Coenobien, bei denen in peri- pherischer Anordnung rundliche Zellen liegen. Zu ihnen gehört: Coelo- sphaerium Kihzingianum Näg., Clatlirocystis aeruginosus Henfr., Dictyo- spliaerium Ehrenhergii Näg., D. pulchellum Wood, und Coelastrum micro- porum Näg. Diagnosen der neuen Arten: 1. Reinschiellaf Setigera nov. spec.,Tab.XXV, Fig.4ö,6. Fusiformis, recta, arcuata vel spiraliter curvata,60 — 85/^ longa, 3 — 6/< lata,setigera (long, set. 13 — 27 //), chromatophorio granulo amylaceo centrali praedita. 2. Golenkinia fenestrata nov. spec, Tab. XXV, Fig. 5. Coenobio tabuli- formi, medio pertuso, cellulis 4 — 16 — 64 et ultra consociatis, ex- terioribus 1 — 2 longis aculeis munitis, interioribus plerumque non armatis. Lat. cell. 3 — 4 /^. 3. Tetrapedia emarginata nov. spec, Tab. XXV, Fig. 6 a, 6, c. Coenobiis tabuliformibus quadrangularibus, angulis emarginatis, e 4 cellulis compositis, cellulis rectangulari-triangularibus, cathetis consociatis, hypothenusa concava, iterum 4 tabulis in coenobium majus congregatis. Breslau, Pflanzenphysiologisches Institut der Kgl. Universität. Erklärung- der Abbildungen. Sämmtliche Figuren sind mit einem AsBE'sclien Zeichenapparate bei 625facher Vergrösserung gezeichnet, mit Ausnahme von Fig. 6. Fig. 1. Stephanodiscus Hantzschianas Grün. Lebende Zelle mit fallscliirmartigem Schwebeapparat aus feinen, alternirenden Kieselnadeln. „ 2. Rhizosolenia longiseta. a Zelle mit Dauerspore, h keimende Dauerspore. „ 3. Äctinastrum Hantzschn Lagerh. Mit Pjrenoiden. „ 4. Reinschiella? setigera nov. spec. a gekrümmte, ä gerade Form mit Chroma- tophor und Pyrenoid. „ 5. Golenkinia fenestrata nov. spec. 16 zellige Form. „ 6. Tetrapedia emarginata nov. spec. Vergr. 1000. a 4 zelliges, h 16 zelliges Coenobium, c Seitenansicht von «. „ 7. Polyedrium spec. Sitzung vom 29. December 1897. 493 Sitzung vom 29. December 1897. Vorsitzender: Herr L. KNY. Als ordentliche Mitglieder sind vorgeschlagen: Frau verw. Professor Emma Russow in Dorpat (durch L. Kny und Carl Müller), Herr 0. Schiewek, Dr., Professor in Breslau, Sieben kufener Strasse 4 (durch F. COHN und F. ROSEN). Zum ordentlichen Mitgliede ist proclamirt: Herr Feist, Dr. phil. in Braun schweig. Mittheilungen. 65. Karl Reiche: Zur Systematik der chilenischen Arten der Gattung Calandrinia. Eingegangen am 10. December 1897. Seitdem HUMBOLDT, BONPLAND und KUNTH, Nov. gen. am. VI, S, 77, im Jahre 1823 die Gattung Calandi^inia begründeten, sind allein aus Chile von verschiedenen Autoren 130 bis 140 Arten beschrieben worden, deren Unterscheidung, wegen der oft unzulänglichen Original- diagnosen, eine schwere und manchmal unfruchtbare Arbeit ist. Da bis auf die jüngste Vergangenheit überhaupt kein Versuch vorlag, diese Gattung in natürliche Gruppen zu gliedern, obwohl die erstaunliche Vielförmigkeit im Aufbau der Vegetationsorgane einen solchen als lohnend hätte müssen erscheinen lassen, so soll im Folgenden der Grund zu einer systematischen Gruppirung der chilenischen Arten ge- Ber. (1. deutsch, bot. Gesellsch. XV. o < 494 Karl Reiche: legt werden, mit gelegentlichen Hinweisen auf die Repräsentanten anderer Gebiete. Die erste zusammenfassende Darstellung von Calandnnia findet sich in DC. Prodr. IIL S. 358 bis 359 (1828), woselbst unter den 14 aufgezählten Arten 6 aus Chile stammen: nach der heutigen Um- srenzung der Gattung ist von ihnen C. monandra auszuscheiden, weil sie unterdessen zui" Begründung der monotypischen Gattung Mono- cosmia benutzt wurde. Die genannten 14 Arten, deren Diagnosen, wie die der ersten Bände des Prodromus überhaupt, an einer allzu weit getriebenen Kürze leiden, werclen,^ nach der Zahl der Staubblätter in zwei Gruppen zerlegt (staminibus 10 — 15, staminibus 1 — 9), wohl mehr zum Zweck des praktischen Bestimmens, als um eine natürliche Zer- legung der Gattung anzudeuten. Die von ENDLICHER, Gep. pl. p. 951 (1836 — 1840) gegebene vorzügliche Diagnose verzichtet ebenfalls auf die Aufstellung von Sectionen, und ein Gleiches gilt von den folgenden Veröffentlichungen: BENTHAM und HOOKER, Gen. pl. I (1862), BAILLON, Histoire des pl. IX (1886), und PaX in ENGLER-PRANTL, Natürliche Pllanzenfamilien (1889). Dem gegenüber muss eine Arbeit von R. A. PHILIPPI im 85. Bande der Anales de la Universidad de Santiago als ein wesentlicher Fortschritt bezeichnet werden, indem der Ver- fasser die aus Chile beschriebenen Arten in 13 Sectionen zerlegt, deren unterscheidende Merkmale mit glücklichem Blicke zumeist aus den vegetativen Verhältnissen der Arten entnommen werden. Ich selbst habe zum Zweck der Neubearbeitung der Flora von Chile in den letzten Monaten die Gattung einer eingehenden Prüfung unter- worfen, die Untersuchung auf das mikroskopische Detail der Histologie ausgedehnt und auf der damit gewonnenen breiteren Basis die Gattung in 12 Sectionen gegliedert, welche zum Theil mit den PHILIPPl'schen zusammenfallen. Allerdings kann ich mich letztgenanntem Autor hin- sichtlich der Zahl der in jenen Sectionen zusammenzufassenden Arten weit weniger anschliessen, da er einea allzu engen Begriff der Art ver- tritt und seine Diagnosen gelegentlich auf so fragmentarische oder schlecht erhaltene oder als ünica vorhandene Exemplare stützt, dass nothwendig Fehler und Irrthümer mit unterlaufen müssen. In der vor- liegenden Arbeit gedenke ich nur die aufgestellten Sectionen zu be- gründen und zu kennzeichnen; die Beschreibung der angenommenen Arten und ihre Synonymie wird man im zweiten, bereits im Manu- script vorliegenden Bande der Flora Chiles finden. § 1. Die für die Systematik der Gattung in Beti'acht kommenden Gesichtspunkte. Der Calyx disepalus ist ein wesentlicher Charakter der Gattung; für ihre Abtrennung von dem sehr nahe siehenden Talinum kommt Zur Systematik der chilenischen Arten der Gattung Calandrinia. 495 seine Persistenz in Betracht, welche wenigstens an allen chilenischen Arten sicher feststeht, so dass die meisten der von COLLA aus Chile beschriebenen Talinum- Arten zu Calandrinia gehören. Die Bezahnung des Randes der Sepala ist ein mehreren Sectionen zukommendes Merk- mal; ebenso ihre Zeichnung mit violetten Adern. — Die Farbe der Krone ist von BaRNEOUD als diagnostisches Merkmal ersten Ranges in seiner Darstellung der chilenischen Arten in GAY's Flora II, S. 479 bis 514, betrachtet worden; abgesehen von der praktischen Schwierigkeit, wenn nicht Unmöglichkeit, sie an getrockneten Exem- plaren festzustellen, verdient sie überhaupt nicht die ihr zugemessene Bedeutung, da sie in manchen Sectionen verschiedenartig ist; in der BARNEOUD'schen Arbeit werden, dem gewählten Princip zufolge, die heterogensten Formen neben einander gestellt. Zahl und Länge der Petala lassen sich systematisch wohl verwerthen, doch begegnet man dabei dem Uebelstand, dass nach dem Abblühen resp. Trocknen die Petala mit den Staubblättern in eine gelatinöse, unentwirrbare Masse zusammenfliessen; nur bei C. splendens sind sie von festerer, beinahe trockenhäutiger Beschaffenheit. Die Blüthen sind sehr kurzlebig; manche Arten öffnen ihre Kronen nur in der Sonne, mehrere Arten der Section Parviflorae scheinen kleistogam. Das Androeceum ist typisch unbestimmt- vielgliedrig, so dass grosse Blüthen, wie die der Sectionen Acaules, Cistantlie^ Dianthoideae etc. meist auch weit mehr Stamina tragen als die kleinen oder winzigen Blüthen der Parviflorae; sogar innerhalb derselben, allerdings vielgestaltigen Art C. compressa kommen schwankende, der ßlüthengrösse parallel gehende Zahlen- verhältnisse vor. Die Stellung der Stamina in der Blüthe ist manchen Verschiedenheiten unterworfen (Diplostemonie mit häufigem Dedouble- ment; Schwund des äusseren Staminalkreises, wodurch der innere epi- petal wird) — aber diese Verhältnisse, wenn sie auch eines syste- matischen Interesses nicht entbehren, lassen sich ihm doch nicht dienstbar machen, da an getrocknetem Material sie nicht sicher zu verfolgen sind ; durch Culturen im botanischen Garten könnte diesem Mangel abgeholfen werden. Beiläufig sei bemerkt, dass die Aniheren von verschiedenen Calandrinien der Hochcordillere häufig von einem üstilago zerstört werden. — Das Gynaeceum ist sehr einförmig gebaut; in einem einzigen Falle sind statt der typischen drei Fruchtblätter nur zwei beobachtet worden, eine Abweichung, die wohl nur individueller Natur ist — da nur ein einziges Exemplar vorliegt, so ist es nicht zu entscheiden — und kaum ein specifisches Merkmal abgiebt; auch wurden an der sicher zu Calandrinia gehörigen Diazia portulacoid.es zwei- und dreiklappige Kapseln beobachtet. Die Zahl der Ovula be- trägt etwa 12, in der nahe verwandten Gattung Claytonia dagegen höchstens 5; in letzterer ist auch das Androeceum auf nur 5 Stamina reducirt. Die reife Kapsel springt stets in Klappen auf, worin der 34* 496 Kakl Reiche: Hauptunterschied der Calaüdrinien von der Gattung Süvaea liegt; mit dieser stimmt Calandrinia sect. Atnarantoideae in den Vegetations- organen, Blüthenständeo, Bracteen etc. so sehr überein, dass sie habi- tuell nicht von ihr getrennt werden kann. Die Samen, mit langen Funiculis an der Centralplacenta befestigt, haben eine kugelige bis nierenförmige Gestalt, sind schwarz, mit glänzender oder matter, manchmal fein punktirter und noch seltener kurzhaariger Testa; hierin liegen systematisch verwerthbare Unterschiede begründet; Arillus, Strophiola etc. fehlen vollständig. Die Anordnung der Blüthen zu luflorescenzen ist in dieser Gattung den grössten Verschiedenheiten unterworfen, und der sehr verschiedene Habitus der Caiandrinien jener Vielgestaltigkeit mit in erster Linie zu- zuschreiben. Axillären Einzelblüthen begegnen wir in sehr entfernt stehenden Sectionen (^Acaules, Axillares^ Compressae); der racemöse Typus kommt bei Cistanthe zum reinsten Ausdruck; Dichasien mit Wickelausgang sind bei den Dianthoideae, Arenariae, Parviflorae etc. zu beobachten; dichte Aehren und Köpfe kommen für die Araarantoideae und einige Parviflorae in Betracht. Die Bracteen sind zumal bei den Amarantoideae, aber auch bei Ci&tanthe^ Andinae, Rosulatae bedeutend entwickelt. Der vegetative Aufbau weist die denkbar grössten Verschieden- heiten auf; von den winzigen, auf den Boden niedergestreckten Stengeln mancher Parviflorae giebt es alle Uebergäiige zu den fleischigen, mehrere Centimeter dicken Stämmen von Cistanthe; die Arten der Cordillere schliessen häufig zu dichten Polstern zusammen, welche durch die aus einem vielköpfigen Rhizom hervorbrechenden Blattrosetten gebildet werden. Eine besonders häufige und für viele Arten der Ebene und des Gebirges charakteristische Wuchsform kommt dadurch zu Stande, dass das Rhizom oder der oberirdische Stamm von einem gewissen Punkte aus doldenförmig gestellte Aeste (aus den Achseln rosettenförmig zusammengedrängter Blätter) treibt, welche je nach der Stärke des Individuums sich mehr oder weniger häufig in gleicher Weise verzweigen; so kommt es, dass ein einziger Stock, z. B. von Calandrinia arenaria^ eine bedeutende Fläche überdecken kann; hebt man in der Hochcordillere ein Exemplar von C. Gayana^ C. denticu- lata etc. aus dem Boden, so findet man häufig, dass das vermeintliche Einzelexemplar nur ein blühendes Ende einer Rhizomverzweigung ist, und dass die Nachbarexemplare organisch mit ihm durch das gleiche Rhizom zusammenhängen. Es handelt sich in den genannten Fällen un\ Bewohner sandiger Orte (Strandgegenden; lockere, oft vulcanische Schotter- und Sandmassen der Cordilleren), und es ist bekannt, dass Pflanzen solcher Localitäten häufig einen dichasialen oder polychasialen Wuchs haben. Die Blätter sind stets ungetheilt, ihre Form nach den Sectionen verschieden; besonders bemerkenswerth sind die breiten, fleischigen, unterwärts oft purpurrothen Blätter der Section Cistanthe. Zur Sj'stematik der chilenischen Arten der Gattung Calandrinia. 497 Die histologischen Verhältnisse des Stengels von Calandrinia sind von K. ChEIST^) an einer einzigen Art festgestellt (C. compressa) und zu einem Urtheil über den anatomischen Bau der ganzen Gattung be- nutzt worden. Dieses sehr summarische Verfahren hat nun allerdings zufälliger Weise zu dem richtigen Resultate geführt, dass wenigstens die chilenischen Arten als durchgreifenden Charakter einen extrafasci- cularen Festigungsring besitzen; ich selbst habe an 25 aus allen Sectionen entnommenen Arten versucht, die Einzelheiten im Bau jenes Festigungsringes kennen zu lernen, da bei der bereits hervorgehobenen Vielgestaltigkeit des Wuchses parallel gehende anatomische Verschieden- heiten anzunehmen waren. In üebereinstimmung mit CHRIST kam stets (soweit möglich) das unterste Internodium der Achse zur Unter- suchung. Ein continuirlicher, stark verholzter Festigungsring findet sich bei den einjährigen (C. compressa, C. cahjcina etc.) und mehr- jährigen Arten (fi. coquimbensis, C. arenaria etc.) und tritt an Masse gegen den Holzkörper zurück. Dagegen ist bei C. capihdigera^ C. capi- tata^ C. ferruginea. C. ramosissima etc. das Holz sehr schwach ent- wickelt gegenüber dem mächtigen, nahe bis an die Epidermis tretenden Festigungsring; das Holz zeigt denn auch die Lignin-Reaction weit schwächer als letzterer. Im Stengel von C. splendens, C. denticulata ist der King in einzelne Gruppen stark verholzter Bastfasern aufgelöst. Die mechanische Wirkung des Ringes wird in allen genannten Arten noch verstärkt durch eine kräftige, der Epidermis aufliegende Cuticula. Von dieser wegen des häufigen Vorkommens als typisch zu be- zeichnenden Ausbildung der auf Biegungsfestigkeit abzielenden Con- struction finden sich nur einige mit anderen anatomischen Verschieden- heiten parallel gehende Abänderungen. Der Stamm einiger Arten der Section Äcaules ist als kurzes, aufrechtes, vielköpfiges Rhizom aus- gebildet, welches so dicht mit Blättern besetzt ist, dass von der Stammoberfläche überhaupt nichts zu sehen ist. Im Innern dieses fleischigen, in keiner Weise auf Biegungsfestigkeit in Anspruch ge- nommenen Stammes treten die mechanisch wirksamen Zellen sehr zurück; der Holzkörper ist schwach und nur als Xylemtheil der weit nach innen gerückten, isolirten Bündel entwickelt, zwischen welchen breite, primäre Markstrahlen ofl'en bleiben; das Phloem zeigt mächtige Ausbildung, und der extrafasciculare Festigungsring tritt in Form iso- lirter, kleiner, verholzter ßastgruppen auf, welche im untersuchten Exemplar durch die im breiten Rindenparenchym erfolgten Theilungen an die äusserste Peripherie, an die abgestorbene Aussenschicht der 1) K. CnpaST, Beiträge zur vergleichenden Anatomie des Laubstengels der Caryophyllinen und Saxifrageen. Diss. Marburg, 1887. — Die Arbeit von C. Becker, Beitrag zur vergleichenden Anatomie der Portulacaceen (Dissertation Erlangen 1895), ist mir nur zugänglich durch das Referat im Botan. Centralblatt, Bd. 65, S. 346, und -wurde mir erst nach Abschluss des Manuscriptes bekannt. 498 Karl Eeiche: Epidermis gedrängt und schliesslich wohl gänzlich nach aussen ab- gestossen werden. — In der Section Cistanihe^ welche die grossblüthigen, gärtnerisch verwertheten Arten umfasst, erreicht der oberirdische Stamm mehrere Decimeter an Höhe und in dem untersuchten Exemplar 3 cm Durchmesser. Er ist von einem mehrschichtigen Periderm umgeben und weist im Innern ein fleischiges, grosszelliges Gewebe auf; ihm ist an der Innenseite des breiten Rindenparenchyms der in einzelne, ver- holzte Bastgruppen aufgelöste Festigungsring eingelagert. Der Holz- körper besteht aus schwach verholzten Gefässen, sehr stark verholzten kurzen Libriformfasern und reichlich dazwischen geschalteten paren- chymatischen Elementen. Der Blüthenschaft zeigt den gewöhnlichen, oben für die Stengel zahlreicher Calandrinien geschilderten Bau. Von systematischer Wichtigkeit sind zuletzt noch die Haarbildungen. Im einfachsten Falle sind sie kurze, cylindrische Ausstülpungen der Epidermiszellen, zumal am Rande der Blätter von C. compressa und weit weniger von C. denticulata. Ferner finden sich mehrzellige Drüsen- zotten auf den Kelchen und Blüthenstielen von C. Gayana. — Gänzlich verschieden von diesen Bildungen sind die zusammengesetzten Haare einer anderen grossen Gruppe von Arten, z. B. C. ferruginea. Hier stellt jedes Haar einen langgestreckten Gewebekörper dar, welcher aus mehreren, gleichfalls längsgestreckten, dickwandigen Elementen besteht; die peripherischen Zellen dieses Stranges ragen mit ihrem oberen Ende zahnartig über das Niveau der übrigen hervor oder bedingen, falls sie zur Länge seitlicher Verzweigungen sich ausdehnen, die „pili plumosi", die Federhaare, welche für die Systematik einiger Calandrinien von Wichtigkeit sind. Ein ausgedehntes mikroskopisches Studium dieser Haare hat mich aber zu dem Ergebniss geführt, dass die schwach ge- zähnten (dem blossen Auge einfachen) Haare durch lückenlose Ueber- gänge mit den deutlich gefiederten verbunden sind, so dass es im ge- gebenen Falle von der Schärfe des Auges resp. der Lupe abhängen wird, ob ein Haar als einfach oder als gefiedert anzusehen ist; das Wesentliche dieser Haarbildungen liegt überhaupt nicht in ihrer ± deut- lichen Verzweigung, sondern in ihrer eigenartigen Zusammensetzung. Häufig sind diese Haare mit gewöhnlichen Drüsenhaaren untermischt, oder eine seitliche Auszweigung schliesst mit einem Drüsenköpfchen ab. Die Farbe dieser Haare ist in den von mir an frischen Exemplaren beobachteten Fällen weiss, ändert sich aber durch unvorsichtiges Trocknen oder vielleicht auch bei längerem Liegen im Herbar in fuchsroth um; an manchen Exemplaren des Nationalherbars habe ich diese Umfärbung schrittweise verfolgen können; wenn ich nun auch nicht behaupten kann, dass in jedem Falle die ursprüngliche Haarfarbe weiss gewesen sei, so möchte ich doch dem Verdachte Ausdruck geben, dass die häufig wiederkehrende Angabe „Haare gelbroth" (z. B. bei C. ferruginea) nach den getrockneten Exemplaren gemacht ist, also zu Zur Systematik der chilenischen Arten der Gattung Calandrinia. 499 Irrthümern und Missverständnissen Anlass geben kann; selbstverständ- lich haben BaRNEOUD für die Bearbeitung der Calandrinien in der Flora von Chile nur die GAY'schen Exsiccaten vorgelegen. § 2. Charakteristik der Gattung Calandrinia^) und ihre in Chile vertretenen Sectionen. Calandrinia H. B. Kth. Nov. gen. am. VI, pg. 77. Kelchblätter 2, bleibend, ganzrandig oder gezähnt. Kronen- blätter 3 — 5, selten mehr (bis 10), frei oder am Grunde leicht ver- einigt, oft ansehnlich, meist vergänglich und nach dem Verblühen in eine gelatinöse Masse zusamraenfliessend. Staubblätter 3 bis oo , den Kronenblättern einzeln oder in Gruppen gegenüberstehend. Antheren längs aufspringend. Ovar oberständig, einfächerig, typisch aus drei Carpellen bestehend, Ovula oo, mit langem Funiculus an der Central- placenta befestigt. Samen ±- zusammengedruckt, mit schwarzer, glänzender oder matter, häufig puuktirter Testa. Arillus oder Strophiola nicht vorhanden. Embryo ringförmig das Nährgewebe umgebend. — Einjährige oder ausdauernde, kahle oder behaarte, manchmal drüsige Kräuter von sehr verschiedenem Habitus. Blätter ganzrandig, ohne Nebenblätter; abwechselnd, manchmal wirteiförmig. Blüthen einzeln, axillär oder häufiger zu traubigen, doldentraubigen oder cymösen Blüthenständen angeordnet. Blüthenfarbe roth in allen Schattirungen, seltener weiss; noch seltener sind mehrfarbige Kronen. — Im Stengel ein extrafascicularer verholzter Festigungsring. Haare einfach oder zu- sammengesetzt. Hierzu gehören die gänzlich oder zum Theil auf chilenische Arten gegründeten Gattungen Tegneria Lilja, welche (nach dem Kew-Index) C. discolor und C. Menziesii umfasst, und Rhodopsis Lilja (auf dieselben Arten gegründet); ebenso Cistanthe Spach, wiederum C. discolor und Verwandte in sich begreifend; dazu kommt noch Diazia Phil., auf eine ungenügend bekannte Calandrinia begründet, und die Mehrzahl der COLLA'schen Talinum- Arten. Das Areal der Gattung umfasst zwei gewaltige Ländercomplexe; einmal das pacifische Nord- und Südamerika bis in die Cordilleren von Llanguihue; für das zwischen Mexiko und Ecuador gelegene Ge- biet ist im Kew-Index nur C. megarhiza Hemsl. aus Guatemala ver- zeichnet. Ferner sind eine Anzahl Calandrinien aus Australien bekannt. Soviel ich aus der Litteratur ersehen kann, stehen die amerikanischen Arten unter sich einander näher als den australischen Arten, welche, 1) Zu Ehren eines italienischen Botanikers Calandrini. 500 Karl Reiche: nacli BENTHAM^) zu urtheilen, in die auf südamerikanische Formen gegründete Gattung manche fremdartigen Züge hineintragen. Die 16 australischen Arten sind zugleich Endemismen. C. voluhilis Benth. hat schlingende Blüthenzweige (flowering branches twining); C. corri- gioloides v. Müll, gewöhnlich nur zwei Ovula; die Klappen der Kapsel von C. spergularina bleiben an der Spitze vereint, trennen sich am Grunde und fallen zusammen ab; die Kapseln von C . granulifera B^nih. springen gewöhnlich nicht auf, die von C. pygmaea v. Müll, öffnen sich nur kurz an der Spitze; ausserdem kommen vierklappige Kapseln und Griffel mit drei langen Schenkeln constant bei mehreren Arten vor. Einem späteren Monographen der Gattung ist es vorbehalten, diese eigenartigen Charaktere der australischen Arten entsprechend zu würdigen. Die chilenischen Arten lassen sich in folgenden Sectionen unter- bringen, wenn man verschiedene zweifelhafte Formen ausser Acht lässt: Abtheilung I. Calandriniae glabrae vel pilis simplicibus obtectae. Die meisten hierher gehörigen Arten sind kahl; nur in Section 8 die Blätter und oberen Theile der Stengel mit einfachen Haaren be- setzt. In Section 3 kommen Drüsenzotten vor. Sectio 1. Acaules. Herbae perennes, humiles, rhizomate multicipite, foliis angustis rosulatim congestis flores solitarios in axillis forentibus. In regionibus editioribus Andium (Ecuador — Chile). Die hierher gehörigen Arten haben weisse oder röthliche, manchmal in's Violette spielende grosse Kronen und zeichnen sich durch geselliges Wachsthum auf feuchtem Boden aus. Von ihnen weicht C. rupestris ab durch zweifarbige (scharlachrothe und gelbe) Kronen; selten sind sie einfarbig citronengelb; ihr Wuchs ist polsterfcrmig. — Wegen ihrer grossen Blüthen bedingen sie häufig den Gesammteindruck der Vege- tation in den feuchten Thälern der Hochcordiliere ; C. affinis mit ihren Tausenden weisser Blüthen ist auf kilometerweite Entfernung sichtbar. — Interessant ist, dass in den Cordilleren des zum Puelo-Gebiet gehörigen Rio Mauso unter 4172° 1. m. ^^^ ca. 1500 w noch ein Glied dieser Gruppe gefunden wurde, während z. B. in den Cordilleren von Valdivia sie zu fehlen scheint; mit Tropaeolum polyphyllum ist übrigens vor Kurzem dieselbe Erfahrung gemacht worden. — In Chile etwa 6 Arten. 1) Bentham, Flora australiensis I, S. 171 (1863). Zur Systematik der chilenischen Arten der Gattung Calandrinia. 501 Sectio 2. Amarantoideae. Herbae perennes vel annuae eaule erecto floribus minutis uumerosis in axillis bractearum membranosarum calycem superantium spicatim aut capitatim dispositis. Chile borealis. Die hierher gehörigen Arten sind der Gattung Silvaea (deren Areal das gleiche ist) zum Tlieil so ähnlich, dass es der Untersuchung der Kapsel bedarf, um zu wissen, ob man eine Calandrinia (mit drei- klappig aufspringender) oder eine Silvaea (mit häutiger, unregelmässig aufreissender Kapsel) vor sich hat; vielleicht ergeben genauere Unter- suchungen an frischem Material noch engere Beziehungen zwischen beiden Gattungen. — Im nördlichen Chile ca. 7 Arten. Sectio 3. Dianthoideae. Herbae perennes, rhizomate horizontali multicipite; foliis linearibus rosulatim congestis, interdum ciliatis; floribus corynibosis (in specimi- nibus depauperatis solitariis), sepalo inferiore saepe dentato, calyce interdum glanduloso-villoso; coroUa conspicua. In regionibus editioribus Andium. — Diese Calandrinien bilden kleine Büsche mit manchmal verholzten Stämmchen zwischen dem Geröll der Hochcordilleren und entsprechen physiognomisch den Sileneen der altweltlichen Gebirge. Besonders bemerkenswerth ist C. Gaya wegen der zumal die Kelche bekleidenden Drüsenzotten. Von der rosafarbenen oder purpurnen ßlüthenfarbe macht C. tricolor durch mehrfarbige Kronen eine Aus- nahme. — Ca. 7 Arten. Sectio 4. Cistanthe. Herbae perennes, interdum fruticulosae, carnosae, glaucae vel purpurascentes; foliis rosulatim congestis; floribus laxe racemosis, pe- dunculis post anthesin deflexis, sepalis nigro-venosis, corolla permagna, purpurea; seminibus puberulis. Chile septentrionalis et centralis. Dieser Section gehören die grössten und schönsten Arten der Gattung an. Leider hat das Interesse, welches von den Gärtnern ihnen entgegengebracht wurde, dazu beigetragen, die Synonymie auf das Unglaublichste zu verwirren; möglicherweise lassen sich alle be- schriebenen Arten in einem Sammeltypus unterbringen (C. grandiflora) und zwar als auf die verschiedene Blattform gegründete Unterarten (C. discolor, C. speciosa). Alle Angehörigen dieser Section sind Felsen- pflanzen, weiche zumal auf den Klippen der Küste als fleischige Kräuter oder kleine Sträucher sich erheben, aber auch den Vorbergen der Hochcordillere nicht fremd sind. Alle Zweifel über den Werth der zur Unterscheidung der „Arten" dieser Section benutzten Charaktere lassen sich wohl nur durch Culturen der betreff"enden Formen im bo- tanischen Garten, aber nicht an Herbarmaterial lösen, in welchem diese fleischigen Gewächse zu sehr entstellt werden. 502 KarlEeiche: Systematik der chilenischen Ai-ten der Gattung Calandiinia, Sectio 5. Rosulatae. Herbae annuae caule simplici vel subramoso; foliis magüis, ovatis plerumque rosulatis; floribus intermediis, paniculatis; sepalis nigro- venosis. Litorale septentrionale. — Die 5 Arten dieser Gruppe schliessen sich eng an die vorige Section an (C. coquimbensis, C. longi- scapa, C. liioralis etc.). Sectio 6. Andinae. Herbae perennes vel annuae, foliis oblongis vel spathulatis, obtusis; floribus intermediis, paniculatis vel corymbosis; sepalis nigro-venosis. Chile septentrionalis et centralis. — Die zumeist den Cordilleren an- gehörigen Arten dieser Section besitzen in den deutlich stumpfen, nach der Basis verschmälerten und dabei niemals rautenförmigen Blättern ihren gemeinsamen Charakter. Etwa 5 Arten ((7. conferta^ C. picta, C. ohlongifoUa etc.). Sectio 7. Arenariae. Herbae annuae (vel perennes?), glaucae, foliis i'homboideis apice dilatatis in petiolum angustatis. Floribus racemosis aut cymosis. Sepalis nigro-venosis. Provinciae centralis. — Der typische Vertreter dieser Gruppe ist C. arenaria^ welche auf sandigen Orten am Meere und im Innern sich findet und in mehreren Formen auftritt. Etwa 4 Arten. Sectio 8. Compressae. Herbae annuae interdum leviter pilosae, foliis angustis, floribus racemosis sepalis triangularibus basi concretis dorso carinatis; coroUa purpurea. Provinciae centrales et australes. — Diese Section ist auf die ebenso häufige als vielförmige C. co7)ipressa gegründet, welche zu den ersten Frühlingspflanzen gehört, hier bei Santiago schon im August zu blühen anfängt und nach einigen Wochen spurlos verschwunden ist. Sectio 9. Axillares. Herbae annuae interdum leviter pilosae floribus solitariis axillaribus. Provinciae centrales et australes. — Auch diese Section ist gleich der vorigen auf nur eine durch die Stellung ihrer Blüthen ausgezeichnete Art gegründet (C. a.villiflora). Abtheilung H. Calandriniae hirsutae. Alle hierher gehörigen Arten haben dicke, mehrzellige, glatte, ge- zähnte oder gefiederte Haare; auch kommen daneben einfache Drüsen- haare vor. Sectio 10. Hirsutae. Herbae perennes interdum fruticulosae rhizomate horizontali; foliis angustis plerumque basi confertis; floribus racemosis vel corymbosis; J. Wiesner: Keimungsbedingungen der Samen von Viscum album. 503 sepalo inferiore dentato. In regionibus editioribus Andium. — Wie die Arten von Sectio 3, so können auch die von dieser Sectio 10 als physiognomische Repräsentanten der alpinen, grossblütliigen Sileneen gelten. Die Haare werden beim Trocknen häufig rostgelb. Etwa 4 Arten, von denen C. sericea, C. ferruginea die bekanntesten sind. Sectio 11. Condensatae. Herbae annuae foliis angustis plerumque basi confertis; floribus minutis capitatis et involucratis. Sepalo inferiore dentato. — Provinciae centrales. C. capitata und 3 weitere Arten. Sectio 12. Parviflorae. Herbae annuae caulibus raniosissimis decumbentibus; foliis angustis, floribus axillaribus, corymbosis vel glomeratis; sepalo inferiore dentato; calyce hirsuto vel glanduloso; coroUa minima rosea. Provinciae cen- trales. — Von diesen kleinen, unscheinbaren, an manche Tma- Arten erinnernden Calandrinien ist C. ramosissima die bekannteste; sie sind Bewohner sandiger Orte: Flussufer, feinkörnige Gerolle der Cordilleren. Von den 8 Arten sind mehrere schlecht bekannt, weil unzureichend beschrieben oder auf untaugliche Exemplare gegründet; auch ist aus diesem Grunde die Abgrenzung gegen die vorige Section etwas un- sicher. Santiago de Chile (Museo Nacional), 29. October 1897. 66. J. Wiesner: Ueber die Ruheperiode und über einige Keimungsbedingungen der Samen von Viscum album. Eingegangen am 10, December 1897. Auf Grund der bisher bekannt gewordenen Beobachtungen hält man allgemein für gewiss, dass die Samen von Viscum album (Leim- mistel) einer Ruheperiode unterliegen, welche von der Reifezeit (Spät- herbst) bis zum Frühlinge währt. ^) 1) Siehe hierüber: Wiesner, Die heliotropischen Erscheinungen, I. Theil. Denk- schriften der kaiserl. Akademie der Wissensch. zu Wien, Bd. 39 (1878), S. 143 ffd. Daselbst auch die älteren einschlägigen Beobachtungen von Dütrochet nnd Peyritsch. 504 J- Wiesner: Die Zweckmässigkeit dieser Einrichtung ist wohl einleuchtend genug. Ein Keimling der Leimmistel muss, soll er sich normal weiter bilden, oberirdisch, nämlich auf den Zweigen oder Aesten des Wirth- baumes zur Entwickelung kommen; einem solchen Keimling kommt aber im Winter nicht, wie einer im Herbste zur Keimung gelangten biennen Pflanze, der Bodenschutz zu gute, weder die Bodenwärme, noch die Sclinecbedeckung. Dass die Eigenschaft der Leimmistel, erst im Frühlinge zu keimen, als eine Anpassung an die äusseren Vegetationsbedingungen zu be- trachten ist, kann wohl nicht in Zweifel gezogen werden. Diese Auf- fassung wird sehr eindringlich veranschaulicht durch die rasche, ohne vorhergehende Kuheperiode sich vollziehende Keimung der tropischen Viscum-Arien. Ich habe nämlich während meines Aufenthaltes auf Java gefunden, dass die von mir untersuchten Fwcwwz-Samen (von Viscum articulatum Burm. und V. Orientale Willd.) unter gewöhnlichem Ver- hältnisse (im Lichte) schon nach 3—5 Tagen durch Hervortreten des hypocotylen Stengelgliedes den Beginn der Keimung zu erkennen geben ^). Für diese Pflanzen w^äre eine Ruheperiode aber ganz zweck- los, da sie jederzeit die Bedingung für die Keimung finden. So sicher es nun aber bewiesen ist, dass unter den in der Natur gegebenen Vegetationsbedingungen die Keimung der Leimmistelsamen vor Eintritt des Frühlings nicht stattfindet, so ist doch die Frage offen geblieben, ob die bisher constatirte Ruheperiode dieser Samen nicht durch das Experiment, nämlich durch Herstellung der günstigsten Keimungsbedingungen im Herbste oder im Winter aufgehoben oder doch wenigstens abgekürzt werden könnte. Sollte die Frage zu be- jahen sein, so würde gefolgert werden müssen, dass der Nichteintritt der Keimung bei Viscum albuvi ganz oder zum Theile auf die Ungunst der äusseren zur Zeit der Ruheperiode herrschenden Keimungs- bedingungen zu stellen ist. Würde aber die Frage verneint werden müssen, so wäre die Ruheperiode der Leimmistelsamen als eine er- worbene, erblich festgehaltene Eigenthümlichkeit, die sich als zweck- mässige Anpassung an die gegebenen Vegetationsbedingungen darstellt, anzusehen. Es könnte aber das Ergebniss der Untersuchung noch da- hin führen, dass diese Anpassung vorhanden und erblich festgehalten ist, aber doch nur bis zu einem bestimmten Grade gediehen ist. Um diese Frage zu lösen, habe ich drei Jahre hindurch (1893/94, 1894/95 und 1895/96) Keimversuche mit Leimmistelsamen angestellt, welche im Spätsommer, noch lange vor Eintritt der Samenreife, be- 1) Wiesner, Pflauzenphysiologische Mittheilungen aus Buitenzorg. IV. Ver- gleichende physiologische Studien über die Keimung europäischer und tropischer Arten von Viscum und Loranthus. Sitzungsber. der kaiserl. Akad. der Wissensch. zu Wien, Bd. 103 (1894). Rulieperiode und Keimungsbedingungen der Samen von Viscum album. 50;> gannen und bis zum Frühling des nächsten Jahres währten. Ich war, wie ich vorgreifend erwähnen will, in der Lage, zahlreichen Besuchern des Wiener pflanzenphysiologischen Institutes, mitten im Winter, in Entwickelung begrifl^ene Keimlinge von Vicum album vorzeigen zu können. Solche Winterkeimlinge hatte vorher Niemand gesehen. Die früheren Versuche, welche erproben sollten, ob die Leimmistel im Winter keimt, waren eben ungenügend. Die Samen der Leimmistel bieten rücksichtlich der Keimungs- bedingungen im Vergleiche zu anderen Samen mancherlei Besonder- heiten dar, auf welche bei Anstellung von Versuchen jederzeit Rück- sicht zu nehmen ist. Nachdem ich seit Anfang der siebziger Jahre mit Studien über die Keimung der Leimmistel beschäftigt bin, kenne ich nunmehr die Eigenheiten der Keimung dieser Pflanze sehr genau und glaube nun den Botanikern einen Dienst zu erweisen, wenn ich meine diesbezüg- lichen Erfahrungen hier kurz zusammenfasse. Uebrigens ist die Kennt- niss der günstigsten Keimungsbedingungen der Leimmistelsamen zum Verständniss des Nachfolgenden geradezu erforderlich. Ganz falsch ist die Behauptung, dass der Viscinschleim zum Keimen der Leimmistelsamen nothwendig sei, was u. a. in neuerer Zeit von GUERIN behauptet wurde ^). Im Gegentheil: die Mistelsamen keimen am besten, wenn man sie vom Schleime möglichst befreit. In den Keimversuchen erweist es sich indess zweckmässig, ein kleines Quantum von Viscin an den Samen zu belassen, gerade so viel, als zum Anhaften der Samen an das Substrat erforderlich ist. Der Viscin- schleim wirkt nämlich, wie ich gefunden habe, keimungshemmend ^), und zwar nicht nur auf die Mistelsamen, sondern auch auf die Samen anderer Pflanzen, worüber das Nähere in der zweiten oben citirten Abhandlung (S. 924) enthalten ist. Als Substrat für die Keimung der Mistelsamen benutze ich, wenn es sich nur um gute Keimlinge und nicht um deren Weiterentwickelung handelt, trockene Holzbrettchen, z. B. von Fichten- oder Tannenholz, welche zuerst von PeYEITSCH angewendet worden sind. Auf diese Brettchen werden die Samen mit einem kleinen Quantum von Viscinschleim, den man an der Samenschale belässt, geklebt und dann den Keimungsbedingungen unterworfen, wobei es hauptsächlich auf Beachtung der Licht-, Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse ankommt. Zur Keimung der Samen von Viscum album ist Licht erforder- lich. Hingegen keimen, wie ich gefunden habe, die tropischen Viscum- 1) GuERiN, Bull, de la Societe Linneenne de Normandie. Ser. IV. Vol. VI. Bei- blätter des Bot. Centralbl. 1897. 2) Gegen den Frühling zu nimmt die Klebrigkeit des Viscins ab und damit im Zusammenhange auch die keimungshemmende Wirkung desselben. 506 J- Wiesner: Arten in vollständiger Finsterniss. Doch scheint bei diesen Arten das Licht einen förderlichen Einfluss auf die Keimung auszuüben, wie so- wohl die mit Viscum articulatum als die mit Viscum Orientale ange- stellten Versuche annehmen lassen. Es keimten beispielsweise unter sonst gleichen Bedingungen die Samen der ersteren im (diffusen) Lichte nach 372 — ^ (i™ Durchschnitte nach 4), im Finstern hingegen erst nach 5 — 7 (im Durchschnitt nach 6) Tagen ^). Nachdem ich die Keimungsbedingungen der Mistel genau kennen gelernt hatte, führte ich neue Keimversuche mit den Leimmistelsamen bei völligem Ausschluss des Lichtes aus, erhielt jedoch wieder durch- aus negative Resultate. Da die Leimmistelsamen im Freien (Ende März bis Anfang Mai) bei einer nicht unbeträchtlichen Lichtstärke keimen, so hat die An- nahme, dass sie unter sonst günstigen Bedingungen bei uns im Winter wegen ungenügender Helligkeit des Tageslichtes nicht zum Keimen zu bringen sind, gewiss einige Berechtigung. Um diese Annahme auf ihre etwaige Richtigkeit zu prüfen, habe ich Keimversuche mit Leim- mistelsamen in Buitenzorg angestellt, wo zur Beobachtungszeit (November bis Januar) die Tageshelligkeit grösser ist als bei uns zur Zeit, wenn die Leimmistel im Freien keimt. Der Versuch fiel negativ aus. Ich habe hieraus den Schluss gezogen, dass der Mangel an starkem Licht nicht der Grund sein könne, weshalb die Samen der Mistel bei uns im Winter, selbst bei sonst sehr günstigen Keimungs- bedingungen nicht keimen, und die weiter unten folgenden anderweitigen Versuche bestätigen die Richtigkeit meiner Auffassung. Dass in meinem ßuitenzorger Versuche ^) kein einziger Same keimte, während, wie wir später sehen werden, ein bestimmter Procent- satz der Leimmistelsamen bei uns unter sonst günstigen Bedingungen im Winter keimt, hat indess, wie ich später erfahren habe, noch einen besonderen Grund. Die Leim mistelsamen vertragen nämlich keine hohe Luftfeuchtigkeit, und im dunstgesättigten Räume gehen sie, bevor es zum Keimen kommt, durch Fäulniss zu Grunde. Nun befanden sich aber meine Buiteuzorger Leiramistelsaraen unter so hohen Feuchtigkeits- verhältnissen, dass schon am 15. Januar 1894 der Anfangs November 1893 begonnene Versuch beendigt werden musste, weil inzwischen alle im Beginne des Versuches intacten Samen zu Grunde gegangen waren. Nach meinen Erfahrungen ist es zweckmässig, die während des Winters zur Keimung ausgelegten Samen möglichst starkem Tageslichte auszusetzen. Denn ich habe schon früher gezeigt, dass die Hypocotyle von Viscum album ein ziemlich starkes (diffuses) Licht zu kräftiger 1) Näheres hierüber: Vergleichende physiol. Unters, etc., S. 409—411. 2) 1. c. S. 405—407. Ruheperiode und Keimungsbedingungen der Samen von Viscum album. 507 Eütwickelung benötbigen, und dass nur in einem solchen Lichte ein hohes Keimprocent erzielt wird^). Um nun zur Winterszeit die Samen der möglichst günstigsten Tages beleuchtung zu unterwerfen, thut man am besten, die Versuche in einem Räume vorzunehmen, welcher möglichst viel Oberlicht be- kommt, und die Samen, welche also die horizontale Lage einnehmen müssen, diesem Oberlichte auszusetzen. Bei der normalen (Frühlings-) Keimung der Leimmistelsamen ist es üblich, die FwcMW-Samen auf vertical aufgerichteten Brettchen mit den Schmalseiten gegen das Licht zu stellen. Diese Profilstellung hat den Vortheil, den negativen Heliotropismus des Hypocotyls in voll- kommenster Weise zur Anschauung bringen zu können. Wie gross die Lichtstärke bei verschiedener Aufstellung der Samen selbst in einem und demselben Räume ist, lässt sich durch den Augenschein nicht bestimmen. Ich bediene mich hierzu jener Methode, welche ich in meinen Untersuchungen über das photochemische Klima von Wien, Buitenzorg und Cairo"*) genau beschrieben und zur Be- stimmung des Lichtgenusses der Pflanzen') angewendet habe. Nach dieser Methode fand ich, dass an einem hohen Nordfenster mit freier Aussicht die durchschnittliche Lichtstärke bei horizontaler Aufstellung durchschnittlich dreimal stärker als bei Profilstellung ist. In dem mit Oberlicht versehenen Kalthaus des pflanzenphysiologischen Instituts verhielt sich die Lichtstärke auf der verticalen Pjofilfläche, zur verticalen Stirnfläche und zur Horizontalfläche im Durchschnitte beiläufig wie 1:2:4. Es empfangen also in diesem Kalthause die Samen auf der horizontalen Fläche viermal so viel Licht als bei der gewöhnlich in Anwendung gebrachten Profilaufstellung der Samen. Da nun bei uns im December und Januar die (mittägliche) Lichtstärke durchschnittlich nur etwa den sechsten Theil der (mittäglichen) Licht- stärke des April beträgt *), so ist wohl einzusehen, dass es bei Ver- suchen, die mit der Keimung der Leim mistelsamen im Winter unter- nommen werden, sehr nothwendig ist, die möglichst günstigste Tages- beleuchtung zu benutzen. Was weiter den Einfluss der Temperatur auf die Keimung der Leimmistelsamen anlangt, so wurde beobachtet, dass unter sonst gleichen Verhältnissen die Keimung bei 15 — 20° C. sehr gut verläuft. 1) Wiesner, Photometr. Unters. I. Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissensch. in Wien, Bd. 102 S. 324 ff. 2) Denkschriften der kaiserl. Akad. der Wissensch. zu Wien, Bd. 64. (1896.) S. 73 ff. 3) Untersuchungen über den Lichtgenuss der Pflanzen mit Eücksicht auf die Vegetation von Wien, Buitenzorg und Cairo. Sitzungsber. der kaiserl. Akad. der Wissensch. zu Wien, Bd. 104. (1895.) 4) Denkschriften 1. c. S. 104. 508 J- Wiesner: hiogegen bei Temperaturen, welche unter 10'^ gelegen sind, keine Keimung stattfindet. Während nämlich reine Aussaaten im Kalthause bei 7 — 10° C. den ganzen Winter über unverändert blieben, vielmehr erst von März an, als die Temperatur höher stieg, die Keimung begann und schliesslich nahezu alle Samen keimten, traten die Samen anderer, in höher temperirten Räumen (bei 15 — 23") befindlichen Aussaaten schon im December und Januar in's Keimungsstadium. In einem grossen ungeheizten Räume des pflanzenphysiologischen Institutes, der durch geheizte Nebenräume etwas temperirt wird und dessen Temperatur sich während des Winters lange Zeit constant er- hielt, habe ich gleichfalls einige Keimversuche angestellt. Die Tempe- ratur dieses Raumes betrug vom December bis Februar nahezu con- sta,nt 8° C, und nur für kurze Zeit stieg sie auf 9 — 10 und sank auf 5 — 6°. In diesem Räume keimte von October bis Ende Februar kein einziger Same. Ich ziehe aus allen meinen Versuchen den Schluss, dass das Minimum der Keimungstemperatur von Viscum alhuiii jeden- falls über 8°, wahrscheinlich auch über 10°, also im Vergleiche zu Pflanzen gleicher Verbreitung verhältnissmässig hoch gelegen ist^). Das Maximum der Keimungstemperatur der Leimmistelsamen wurde nicht bestimmt. Was die Luftfeuchtigkeit, bei welcher Keimung resp. rascheste Keimung stattfindet, anlangt, will ich zuerst an meine Versuche er- innern, welche gezeigt haben, dass Viscum alhuvi im Keimungsstadium ein ausgesprochener Xerophyt ist. Ich habe nämlich gefunden, dass die Leimmistelsamen im Exsiccator über Schwefelsäure stehend, unter sonst günstigen Keimungsbedingungen ihre Hypocotyle deutlich zur Entwickelung bringen, freilich ohne so kräftige Keimlinge zu bilden als in gewöhnlicher trockener Luft von 50 — 60 pCt. ref. Feuchtigkeit bei mittlerer Temperatur. Ein schwaches Keimen der Leimmistel- samen tritt also selbst im (nahezu) absolut trockenen Räume ein ^). Die Leimmistelsamen sind auf das in ihnen enthaltene Wasser während der Keimung angewiesen. Dieses Wasser wird durch be- sondere Einrichtungen der Samen mit ausserordentlicher Hartnäckig- 1) Das Minimum der Keimungstemperatur ist nur bezüglich weniger wild- wachsender, wohl aber bezüglich vieler Culturpflanzen bekannt. Nach den bisher vorgenommenen verlässlichen Bestimmungen zu schliessen, liegt das Keimungs- minimum unserer wildwachsenden und der gewöhnlichen mitteleuropäischen Cultur- pflanzen sehr niedrig (1 — 4 oder 5°), hingegen für subtropische und tropische Cultur- pflanzen beträchtlich höher. (Mungobohne 8°, Sonnenblume 8 — 9°, Reis 10—12°, Kürbis 12°, Jiite 13°, Ricinus 14° etc.) Siehe hierüber Priedr. Haberlandt, Pflanzenbau, Wien 1879, S. 43 ff. 2) Wiesner, Vergl. physiol. Unters, etc. S. 422. Ruheperiode und Keimungsbedingungen der Samen von Viscum album. 509 keit festgehalten, wie die in meinem Laboratorium von G. GjOKl6 aus- geführten Untersuchungen gelehrt haben ^). Schon diese Erfahrungen weisen darauf hin, dass zum normalen Keimen der Leimmistelsaiuen keine hohen Luftfeuchtigkeiten erforderlich sein dürften. Meine Versuche haben diese Voraussetzung nicht nur be- stätigt, sondern auch gezeigt, dass hohe Luftfeuchtigkeit (90 bis 100 pCt. relative Feuchtigkeit) der Keimung abträglich ist, indem bei hoher Luftfeuchtigkeit entweder alle oder die meisten Samen durch Fäulniss zu Grunde gehen. Während bei geringer bis mittlerer Feuchtigkeit (50 bis 80 pCt. relative Feuchtigkeit) unter sonst günstigen Vegetationsbedingungen fast alle Samen keimten, entwickelten sich bei hoher Luftfeuchtigkeit (90 bis 100 pCt. relative Feuchtigkeit) in den einzelnen Aussaaten bloss 6 bis 47 pCt. Keimlinge. Während der ganzen Keimzeit im feuchten Räume belassen, keimt kein einziger Same. Die bei hoher Luftfeuchtigkeit entstandenen Keimlinge gingen bei weiterem Belassen in feuchter Luft alsbald zu Grunde. Wie sich in der hohen Luftfeuchtigkeit ßuitenzorgs die aus Europa mitgebrachten Leimmistelsamen verhielten, wurde bereits oben erörtert. Umgekehrt wie die Leimmistelsamen verhalten sich bei der Keimung rücksichtlich der Luftfeuchtigkeit die Samen der tropischen Viscum- Arten. Denn diese keimen nicht einmal in der feuchten Luft ßuiten- zorgs, es muss ihnen, sollen sie zum Keimen gebracht werden, geradezu liquides Wasser von Zeit zu Zeit zugeführt werden^). Die Anpassung der Leimmistelsamen an die Trockenheit ihrer Keimperiode und die der tropischen Viscum- Arten an die grosse Regenmenge ihrer Standorte kann nicht klarer als durch die vorgeführten Thatsachen zum Aus- druck kommen. — Trotz des hochgradig entwickelten xeropbytischen Charakters der Leimmistelsamen vertragen dieselben das Austrocknen nicht gut. Will man die Samen lufttrocken machen, also bis auf das hygroskopische von allem Wasser befreien, so kann dies nur durch Trocknen im Dunkeln geschehen, da, wie wir gesehen haben, eintrocknende Samen bei sonst günstigen Bedingungen noch zu keimen befähigt sind. Setzt man nun die Samen im Dunkeln so lange der Trockenheit aus, bis sie keine Gewichtsabnahme mehr erkennen lassen, genauer gesagt, bis ihr Gewicht nur mehr von der Luftfeuchtigkeit abhängig ist, und bringt sie, zunächst durch Wasserzufuhr (24stündiges Liegenlassen in Wasser), unter die Keimungsbedingungen, so keimt in der Regel kein einziger Same. Ein besseres Resultat erhält man, wenn man die Eintrocknung, 1) Gjoki6, Zur Anatomie der Frucht und des Samens von Viscum. Sitzungsher. der kais. Akademie der Wissensch. in Wien, Bd. 105 (1896). 2) Wiesner, 1. c. S. 422. Ber. d deutsch, bot. Gesellsch. XV. qr 510 J- Wiesner: ohne hohe Temperatur anzuwenden, rasch vor sich gehen lässt, nämlich im Exsiccator (natürlich gleichfalls unter Ausschluss von Licht). Solche Samen keimten in meinen mehrfach wiederholten Versuchen bis zu 8 pCt. In der Regel werden unter solchen Umständen kräftige Keim- linge erhalten. Die starke Herabsetzung des Keimprocentes durch einfache Ein- trocknung spricht nicht gerade für hohe Vitalität der Leimmistelsamen. Um mich nun durch den directen Versuch davon zu überzeugen, wie lange die Keimkraft der Leimmistelsamen erhalten bleibt, habe ich so- wohl Beeren als Samen der Leimm.istel bei Lichtabschluss und massiger Luftfeuchtigkeit aufbewahrt, so dass selbst nach Jahresfrist keine Ein- trocknung der Samen stattfand. Die im Herbste gesammelten Samen wurden erst im zweitnächsten Frühling an's Licht gebracht und dann den günstigsten Keimungsbedingungen ausgesetzt. Derartige Keim- versuche wurden im Frühling 1895 und 1896 ausgeführt. Es wurde jedesmal ein negatives Resultat erhalten. Es hat sich nun weiter darum gehandelt, zu untersuchen, wann die Keimfähigkeit der Leimmistelsamen eintritt. Um diese Frage mit Sicherheit lösen zu können, ist es nothwendig, die Samen unter die günstigsten Keimungsbedingungen zu bringen, welche ich in den voran- gegangenen Zeilen genau angegeben habe. Es war aber auch noch etwas anderes zu berücksichtigen. Es ist nämlich, namentlich durch die bekannten Untersuchungen F. COHN's, erwiesen worden, dass die Samen vieler Pflanzen ihre Keimfähigkeit schon vor der Reife er- langen^); auch ist die Keimungsgeschwindigkeit unreifer Samen bei vielen Pflanzen grösser als die völlig ausgereifter gefunden worden. Nun scheint allerdings die Leimmistel sich umgekehrt wie die gewöhn- lichen Pflanzen zu verhalten, sofern unter natürlichen Verhältnissen die anscheinend im Spätherbst schon reif gewordenen Samen erst im nächsten Frühlinge keimen. Da es sich nun in meinen Versuchen darum handelt, zu untersuchen, ob die Leimmistelsamen unter Her- stellung günstigster Keimungsbedingungen schon früher, als es in der freien Natur thatsächlich geschieht, zum Keimen zu bringen sind, so schien es mir zweckmässig, nicht nur mit vollkommen ausgebildeten, sondern auch noch mit unausgereiften Samen zu experimentiren. Es wurden, um es genau zu sagen, zu meinen Versuchen dreierlei Samen genommen: 1. Unreife, Ende August oder Anfangs September aus den grünen, sichtlich noch ganz unreifen Beeren, welche erst etwa ein Drittel der normalen Grösse erreicht hatten, genommen. 2. Halbreife Samen mit noch fest anhaftendem Viscinschleim, aus 1) Flora 1849, S. 497 ff. Ruheperiode und Koimungsbediiigungeu der Samen von Viscum album. 511 den grünen oder grüngelben Beeren herausgenommen, Ende Sep- tember bis Mitte October gesammelt. 3. Reife Samen, aus den bereits weiss gewordenen Beeren heraus- genommen. Anfangs November oder später gesammelt. Die unreifen Samen trockneten verhältnissmässig leicht ein, redu- cirten dabei sehr stark ihr Volumen und keimten nicht. Hingegen keimten die halbreifen Samen schon im Winter. Es wurden, drei Winter hindurch, mit solchen Samen Versuche angestellt. Im Winter 1894/95 keimten von der am 2. October erfolgten Aussaat zwischen dem 1'2. December und letzten Februar 42 pCt. der aus- gepflanzten Samen. Im Winter 1895/96 keimten zwischen dem 20. De- cember und letzten Februar 26 pOt., im nächsten Winter zwischen 15. December und letztem Februar 38 pCt. der Samen. Von jeder Aussaat keimten später noch zahlreiche Samen, indem sich das Keim- proceut bis auf 75 erhob. (Das Keimprocent reifer, im Frühlinge keimender Samen sah ich bis 95 pCt. steigen). Mit völlig ausgereiften Samen habe ich ebenfalls alle drei Winter hindurch Versuche angestellt. Im Winter 1894/95 keimten 3 bis 6pCt., im Winter 1895/96 5 bis 10 pCt, im Winter 1896/97 2 bis 5 pC. der einzelnen Aussaaten. Die Keimung trat am frühesten Mitte Januar ein. Die meisten davon begannen beiläufig in der nor- malen Keimzeit oder schon früher sich zu entwickeln. Es geht aus allen diesen unter völlig gleichen Verhältnissen durch- geführten Versuchen hervor, dass die noch unvollkommen ausgebildeten, im August und in der ersten Mitte des September gesammelten Samen nicht keimfähig sind, dass hingegen die halbreifen, aus der grünen Beere genommenen Samen im Winter in beträchtlicher Menge, die völlig reifen in dieser Zeit nur in geringem Procentsatze keimen. Die Keimruhe der Leimraistelsamen ist also eine Anpassungs- erscheinung, welche am stärksten in den reifen Samen ausgeprägt er- scheint, während die morphologisch völlig ausgebildeten, aber noch nicht vollkommen gereiften Samen noch einen starken Anklang an die tropischen Schwesterarten zu erkennen geben, da sie in nicht un- beträchtlicher Zahl bald nach Eintritt der Reife zu keimen beginnen. Ein schwacher Anklang au die tropischen Formen ist indess auch noch an den reifen Samen von Viscum album wahrzunehmen, da ein kleiner Procentsatz derselben — den günstigsten Keimungsbedingungen aus- gesetzt — noch im Winter keimt. Dass gerade die noch nicht ausgereiften Leimmistelsamen in grösserer Zahl als die völlig ausgereiften keimen, war nicht vorher- zusehen, eher hätte man das Gegentheil erwarten sollen, da es sich zur Erhaltung von Viscum album in seinem natürlichen Verbreitungsgebiet darum handeln muss, ein frühzeitiges, das ist vor Eintritt des Winters stattfindendes Keimen hintan zu halten. 35* 512 J- Wiesner: Es ist aber wohl auch zu beachten, dass die Beeren von Viscmn albuvi bei uns noch im October unreif, nämlich grün und hart sind, zu welcher Zeit ihre Verbreitung durch Vögel nicht oder nur in ge- ringem Masse erfolgen dürfte. Jn dieser Zeit sind nun allerdings die Samen der Leimmistel, wie wir gesehen haben, in höherem Masse keimfähig als die völlig ausgereiften; allein der Keimbeginn selbst dieser unreifen Samen zieht sich sogar unter den günstigsten äusseren Bedingungen so weit hinaus, dass diese Samen bei uns im Freien nicht zum Keimen gelangen können. Nach meinen Beobachtungen begann die Leimmistel frühestens am 12. December zu keimen, üie Ruheperiode der Samen von Viscum album dauert mithin im günstigsten Falle von der völligen Reife an gerechnet bloss einen Monat, kann sich aber auf drei Monate erstrecken. Unter natürlichen Yegetationsbedingungen währte hingegen die Ruhe- periode fünf bis sechs Monate. Durch das Experiment lässt sich also die Keimruhe sehr beträchtlich reduciren. Die Anpassung der Leimmistel an die in der Natur gegebenen Vegetationsbedingungen ist mithin rücksichtlich der Keimungsverhält- uisse eine vollkommene. Allein die factische Ruheperiode ist nur zum Theil eine wahre Ruheperiode, denn sie lässt sich durch Her- stellung günstiger Keimungsbedingungen, wie wir gesehen haben, auf die halbe Zeit, ja im extremsten Falle auf den sechsten Theil der fac- tischen Ruheperiode reduciren. — Ich l^enutze die Gelegenheit, um in Betreff der Keimruhe und der Keimungsbedingung von Loranthus euroj^aeus hier einige Bemerkungen einzuschalten. Als ich nach Java ging, veranlasste ich Versuche über die Keimung von Loranthus europaeus, welche im Februar, März und April des Jahres 1894 im pflanzenphysiologischen Institute ausgeführt wurden. Nach diesen Versuchen würde zur Keimung der Samen von Loranthus Licht erforderlich sein, und hätten auch diese Samen gleich jenen von Viscum album eine Ruheperiode durchzumachen. In den drei oben genannten Winterperiodeu habe ich neben der Keimung der Leimmistel auch die von Loranthus europaeus studirt und kam auch bei dieser Pflanze in die Lage, die Keimungsbedinguugen genau kennen zu lernen. Unter Einhaltung der günstigsten Keimungsbedingungen, zu welchen namentlich die baldmögliche Entfernung des Schleimes gehört, habe ich nun ganz andere Resultate erhalten, als jene Beobachter, welche auf meine Veranlassung die oben genannten Versuche in meiner Abwesen- heit anstellten. Ueber die Resultate meiner im Winter 1894/95 und 1895/96 mit Loranthus ~ Samen ausgeführten Versuche berichtete ich gelegentlich schon früher kurz mit folgenden Worten: „Es ist mir in den beiden Ruheperiodo und Keiinungsbedingungen der Samen von Viscuiii albuni. 518 Wintern 1894/95 und 1895/96 gelungen, auch Loranthus europaeus im Finstern und zwar bis zu 70 pCt. zur Keimung zu bringen." ^) Ich will diese kurze Notiz noch durch folgende Bemerkungen er- gänzen. Bei der Keimung der LorawifÄMs- Samen ist zu beachten, dass der Schleim der Früchte entweder gänzlich beseitigt werde, oder doch nach und nach, wobei aber zu sorgen ist. dass er nicht an der Luft erhärte. Es geschah dies in der Art. dass die noch reichlich mit Schleim versehenen Samen auf Brettchen befestigt wurden, welche unter 45° gegen den Horizont geneigt während des ganzen Versuches aufgestellt blieben und täglich mit Wasser bespült wurden. Der Schleim hielt sich dabei weich und bildete kein Hemmniss für den Keimungsbeginn; nach und nach verschwand er unter der täglichen Einwirkung des Wassers ganz. Da es sich rücksichtlich der Samen von Loranthus europaeus nur darum handelte, zu erfahren, ob dieselben eine Ruheperiode durchzumachen haben und ob Licht zu ihrer Ent- wickelung erforderlich ist, so habe ich aut Temperaturen- und Feuch- tigkeitsverhältnisse nicht näher Rücksicht genommen, sundern führte meine Versuche bei mittlerer Luftfeuchtigkeit und einer Temperatur durch, welche zwischen 15 und 22° G. schwankte. Unter diesen Verhältnissen keimten die Samen im Finstern im äussersten Falle his zu 75 pCt. Dieses Verhältniss wurde auch beim Keimen im Lichte beobachtet. Die im Spätherbst oder Anfangs Winter ausgesetzten Samen be- gannen Mitte Januar oder Anfangs bis Mitte Februar zu keimen. Es ist wohl nicht als Zufall zu betrachten, dass alle Anfangs October aus den unreifen Beeren genommenen und sofort ausgesetzten Samen stets in etwas grösserem Procentsatz als die Mitte November aus den gereiften (weichen, gelben) Früchten genommenen Samen keimten. Das oben genannte hohe Keimprocent der Loraw^Äws-Samen be- zieht sich durchweg auf Samen, welche aus halbreifen Beeren stammen. Aus völlig ausgereiften Beeren genommene Samen boten in einzelnen Versuchen ein niedrigeres Keimprocent dar, welches in einer ausge- dehnten Versuchsreihe bis auf ca. 22 herabsank, indem von 90 völlig reifen Samen nur 20 keimten. Es scheinen ähnlich wie bei Viscwm album auch bei Loranthus europaeus — günstige Keimungsbedingungen vorausgesetzt — die noch nicht ausgereiften Samen in höherem Masse als die völlig ausgereiften beschleunigt zu keimen. 1) Zur Physiologie von Taeniophylluin ZolliiKjeri. Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissensch. Bd. 106. (1S97.) S. 87 und 88. 514 J> Wiesneh: Z u s a m m e D f a s s u D g. 1. Die herrschende Ansicht, dass unter den in der Natur ge- gebenen Bedingungen die Samen der Leimmistel etwa eine halb- jährige Ruheperiode durchzumachen haben, nämlich erst im Frühlinge keimen, hat sich während der Ausführung meiner drei Jahre hindurch fortgesetzten Beobachtungen vollkommen bewährt. 2. Ebenso richtig ist es, dass die Samen der Leimmistel ohne Licht nicht zum Keimen zubringen sind, selbst wenn die sonstigen Keimungsbedingungen auf das Vollkommenste erfüllt sind. 3. Am günstigsten verläuft die Keimung der Leimmistelsamen in künstlich während des Winters eingeleiteten Versuchen bei Herstellung günstigster Beleuchtung durch diffuses Tageslicht bei einer Temperatur von 15—22° und bei massiger Luftfeuchtigkeit. 4. Das Minimum der Keimungstemperatur der Leimmistelsamen liegt relativ sehr hoch. Eine genaue Ermittelung dieses Minimums und überhaupt der Cardinalpunkte der Temperatur bezüglich der Keimung dieser Samen wird ausserordentlich erschwert durch die Langsamkeit der Keimung, aber auch durch die Ungewissheit über die Dauer der Kuheperiode. Zweifellos liegt das Minimum gew^iss über 8°, wahrscheinlich über 10^. 5. Während die Leimmistelsamen bei sehr grosser Lufttrockenheit normal keimen, gehen sie bei hoher Luftfeuchtigkeit, namentlich aber im absolut feuchten Räume bei längerer Dauer des Keimactes zumeist früher zu Grunde, als sie zu keimen beginnen, selbst bei sonst günstigen Keimungsbedingungen. Hingegen keimen die tropischen ViscumSamen nur bei zeitweisem Zutritt von liquidem Wasser im feuchten Räume. Die Keimlinge von Viscum album haben einen ombrophoben, hingegen die untersuchten tropischen Viscuin- Arten einen ombrophilen Charakter. ^) 6. Morphologisch noch nicht vollkon)men ausgebildete Leimmistel- samen (in dem Stadium, in welchem sich die Samen Ende August oder Anfangs September befinden) sind keimunfähig. Hingegen keimen Samen, welche aus den unreifen, noch grünen bis grüngelben Beeren (Ende September bis Mitte October) herausgenommen werden, rascher als Samen, welche aus reifen, weissen Beeren (Ende October oder später) herausgenommen werden. 7. Unter Einhaltung der günstigsten Keimungsbedingungen lässt sich die Ruheperiode der morphologisch vollkommen 1) Wiesner, Ueber ombrophile und ombrophobe Pflanzenorgane. Sitzungsber. der kais. Akad. der Wissensch. Bd. 102 (1893). Derselbe, Ueber den vorherrschend ombrophilen Charakter des Laubes der Tropengewächse. Ebendaselbst Bd. 103. (1894.) Ruheperiode und Keimungsbedingungen der Samen von Viscum album. 515 ausgebildeten, aber noch nicht gereiften Samen auf 1 bis 3 Monate, die der reifen Samen auf 2 — 3 Monate reduciren. Von den ersteren keimen bei abgekürzter Keimruhe bis 42, von den letzteren bis 10 pCt. Der Rest keimt mit Ausnahme von ein paar Procent, die sich keimunfähig erwiesen, beiläufig in der normalen Keimzeit oder etwas früher. 8. Die factische sechsmonatliche Ruheperiode der Leim- mistelsanien, die sich unter den in der Natur herrschenden Bedingungen ergiebt, ist rücksichtlich eines Theils der Samen nicht als eine erworbene, erblich festgehaltene Eigen- thümlichkeii aufzufassen, da sie durch Herstellung günstiger Keimungsbedingungeu bis auf Ve reducirt werden kann. Man darf also wohl sich die Vorstellung bilden, dass die Eigenthümlichkeit der Leimmistelsamen, eine bis zum Früh linge währende Rulieperiode zu besitzen, noch nicht vollständig, wenn auch mit Rücksicht auf die gegebenen klimatischen Verhältnisse, in ausreichendem Masse ausgebildet ist. 9. Da die Samen der tropischen Viscuni-Arten keiner Ruheperiode bedürfen, wohl aber die Samen von Viscum album, so erscheint das letztere an nordische Verhältnisse angepasst; allein das hohe Minimum der Keimtemperatur der Leimmistelsamen scheint darauf hinzudeuten, dass die Urheimath von Viscum album, wie wohl aller Loranthaceen, im tropischen Gebiete zu suchen ist. 10. Nach Auffindung der günstigsten Keimungsbedingungen der Samen von Loranthus europaeus ist es gelungen, mit Sicherheit nachzu- weisen, dass zur Keimung dieses Schmarotzers Licht nicht erforderlich ist. Morphologisch vollkommen ausgebildete, aber noch nicht gereifte Samen von Loranthus europaeus keimen reicher als vollkommen ausge- reifte. Auch die Ruheperiode der Samen dieser Pflanze lässt sich durch Herstellung der günstigsten Vegetationsbedingungen abkürzen. Wien, am 7. December 1897. Nachschrift. Durch freundliche Mittheilung des Herrn Prof. HeINEICHER aus dem Jahre 1894 ist mir bekannt, dass er sich im Besitze des hand- schriftlichen Nachlasses seines Amtsvorgängers, des Herrn Professors PeYRITSCH befindet, und dass in diesen hinterbliebeuen Aufzeichnungen sich auch Daten über die Keimung von Viscum album und Loranthus europaeus befinden. Ich habe es deshalb für meine Pflicht erachtet, das Manuscript der obigen kleinen Abhandking Herrn Prof. HEINRICHER mit der Bitte zur Einsicht zu übersenden, meine Resultate mit den betreffenden 516 F. Czapek: Daten des Herrn Prof. PEYßlTSCH zu vergleichen und etwaige in meiner Abhandlung enthaltene, schon von dem genannten Forscher aufgefundene Thatsachen bezw. Auffassungen mir bekannt geben zu wollen. Herr Prof. HEINRICHER hat sich die Mühe gegeben, die schwer zu entziffernden Aufzeichnungen PeYRITSCH's durchzugehen und mir die erhaltenen Daten zu übersenden, übrigens mit dem Bemerken, dass möglicherweise unter den für ihn unleserlichen Notizen sich noch andere berücksichtigungswürdige Beobachtungen finden mögen. Die betreffenden Daten lauten, in Kürze wiedergegeben, folgender- massen: 1. Man braucht auf Bretter geklebte, zur Keimung ausgelegte ViscumSa,men nicht zu befeuchten, und sie keimen trotz langer Keim- ruhe dennoch. 2. Die Loranthus - Beeren reifen Ende October oder Anfangs November. Eine Hauptbedingung für die Keimung ist die baldige Entfernung des Samens aus der Beere. Auch bei Loranthus lässt sich der günstige Einfluss der Helligkeit des Lichtes hinsichtlich der Keimung constatiren. Doch begnügt sich, horanthus mit einer geringeren Helligkeit des Lichtes als Viscum. Beginn der Keimung von Loranthus: Mitte Januar, PEYRITSCH konnte also, wenn auch nicht für Viscum^ so doch für Loranthus durch den Versuch eine Abkürzung der Samenruhe herbeiführen. Die Beobachtung über die Beziehung der Helligkeit zur Keimung von Loranthus stimmt mit meinen Erfahrungen überein, nur habe ich, unter Berücksichtigung der günstigsten Keimungsbedingungen gefunden, dass Loranthus aucb in vollkommener Dunkelheit, und zwar reichlich, keimt. 67. F. Czapek: lieber einen Befund an geotropisch gereizten Wurzeln. Eingegangen am 11. December 1897. Um zu erkennen, ob eine Wurzel oder ein sonstiges geotropisch sensibles Organ eine Reizung erfahren hat oder nicht, steht uns bis heute kein anderes Mittel zu Gebote, als die fortgesetzte Beobachtung (am besten mit Hilfe des Klinostaten), ob eine geotropische Krümmung eintritt oder nicht. Ausser der Reizreaction haben wir kein anderes Ueber einen Befund an geotropisch gereizten Wurzeln. 517 Erkennungs merk mal für die geotropische Reizung, ebenso wie für alle übrigen Iveizbewegungen. Indem bei Wurzeln diese Reaction noch dazu in einem von der sensiblen Zone räumlich getrennten Theile des Organes vor sich geht, ist es hier besonders klar gemacht, welche grosse Lücke in der Kenntniss des Reizvorganges besteht, wenn wir sagen müssen, dass von den Vorgängen im sensiblen Organe nicht das Geringste bekannt ist. Seit mehreren Jahren mit der Aufgabe beschäftigt, wenigstens einen diesej-, unzweifelhaft mit der Keizaufnahme oder Reizleituug in Beziehung zu bringenden Processe zu eruiren, erzielte ich zunächt nur eine lange Reihe negativer Resultate. Der mikroskopische Befund bei geotropisch gereizten und un- gereizten Wurzelspitzen ist in Bezug auf Zeilinhaltsänderungen voll- ständig der gleiche, in Protoplasma und Zellsaft keinerlei differente Befunde, keine sichtbaren Massenbewegungen oder Ausscheidungs- vorgänge. Eine der negativen Schwankung des thierischen Nervenstromes, bei Erregung, vergleichbare Erscheinung war mir bei genauester Prüfung nicht möglich festzustellen. Der osmotische Druck» in den Spitzenzellen erleidet keine Veränderung nach geotropischer Reizung. Die schwach saure Reaction des Zellinhaltes auf em|)findliches Lakmus- papier ist bei ungereizten und gereizten Sj)itzen gleich. Erst vor einiger Zeit gelang es mir unzweifelhafte Diffeienzen zwischen gereizten und uugeieizteu VVurzelspitzeu aufzufinden, und e5> beziehen sich diese ersten Befunde auf Veränderungen chemischer Natur, und zwar auf quantitative Differenzen der Menge verschiedener Inhaltskörper der Spitzeuzellen vor und nach einer geotropischen Reizung. Ein geeignetes Untersuchungsobject ist die Keimwurzel von Vicia \ Faha grosssamiger Sorte. Wenn man die Wurzelspitze ganz oder in dicke Längsschnitte zerlegt in ammoniakalischer Silberaitratiösung kocht, so tritt stets eine starke Silberreduction, besonders in den Periblem- zellen ein. Geotropisch gereizte Wurzelspitzen geben aber, wie die Untersuchung zahlreicher Objecte lehrt, die Reaction stärker als unge- reizte. Die Differenz ist stets zu constatiren, obwohl sie nicht sehr beträchtlich ist. Eine Täuschung durch individuelle Schwankungen ist jedoch durch eine andauernde sorgfältige Beobachtung ausgeschlossen. Am besten geschieht die Beobachtung, wenn man die VVurzelspitzeu mit dem Deckglas auf einem Objectträger zerdrückt und dann an gegen das Licht gehaltenen Präparaten gereizte und ungereizte Spitzen direct vergleicht. Der Silber reducirende Körper ist also in geotropisch ge- reizten Wurzelspitzen vermehrt. Das ist nun lange vor dem Eintritte der geotropischen Krümmung der Fall, schon Ve ^^'^ 1 Stunde nach dem Horizontallegen. Diesem Befunde einer Vermehrung reducirender Körper bei ge- ;> 518 F. Czapek: reizten Wurzelspitzen steht ein zweiter zur Seite, welcher sich als quantitative Verminderung einer leicht Sauerstoff abgebenden Substanz, die ebeufalls normal in Wurzelspitzen vorkommt, darstellt. Die P]xistenz eines derartigen Körpers in Wurzelspitzen lässt sich durch mehrere Reactionen sicherstellen. Bringt man Längsschnitte aus Wurzelspitzen in eine Emulsion von Guajakharz in Wasser (hierbei ist eine lange Zeit der Luft ausgesetzt gewesene Guajaktinctur zu ver- wenden), so beobachtet man nach kurzer Zeit eine starke Blaufärbung des Schnittes und der Flüssigkeit. Der Schnitt ist am stärksten im ^ Periblera gefärbt. Bereitet man sich ferner durch sehr vorsichtige Reduction von Indigcarmin mit verdünnter Salzsäure und Zink eine Lösung von Indig- l weiss und bringt Längsschnitte aus Wurzelspitzen in dieselbe, :^o i^. färben sich die Schnitte bald tief blau. Bringt man Schnitte aus VVurzelspitzeu in eine wässerige Lösung von a-Naphthol, welcher man Parapheuylendiamin zugefügt hat, so I nehmen dieselben eine starke Violeitfärbuog an (ludophenolreaction). I Alle diese Reactionen treten nun viel später und schwächer ein an fgeotropisch gereizten Wurzeln, als au nicht gereizten. Es muss daher 'die Quantität dieses leicht, Sauerstoff' abgebenden Körpers im Laufe der Vorgänge der geotropischen Reizung abgenommen haben. Auch dieses Resultat wurde durch lange Untersuchungen an zahlreichen Objecten gewonnen. Ich habe bi&her mit positivem Erfolge geprüft die Keim- wurzeln von Vicia FaOa, Lupinus albus, Fisum satioum, Zea Mai/s und Cucurbita Pepo. Gerade so wie diese Wurzeln verhielt sich die geo- tropisch sensible Coleoptile von Acena satioa. Bei letzterer ist es von hohem Interesse, dass bei heliotropischer Reizung die gleiche Ver- änderung in den sensiblen Zellen nicht eintritt. Auch diese Veränderung im chemischen Veihalten der Spitzen- zellen findet lange vor Emtritt der Krümmung statt, mau constatirt sie unter günstigen Verhältnissen in ihrem Beginn schon nach 20 bis 30 Minuten, je nach der geotropischen Sensibilität des Objectes. Es konnte sichergestellt werden, dass die angegebenen Veränderungen um so früher an einem Objecte einsetzen, je kürzer die Zeit von Beginn der Reizung bis zum Reaetionseintritt für dasselbe ist, d. h. je empfind- licher es ist für den Reiz der Gravitation. Ich vermochte auch zu constatiren, dass die Intensität der Veränderungen geringer ist, wenn mau Keimwurzeln schräg abwärts stellt, als wenn man sie schräg auf- wärts oder horizontal richtet. Mithin giebt sich auch hier kund, dass die Intensität der nachweisbaren Veränderungen in der gereizten Wurzel- spitze zusammenhängt mit der Intensität der geotropischen Erregung im sensiblen Organ und weiterhin mit der Reizungsintensität. Es wäie natürlich verfrüht, aut diese ersten bescheidenen Ergeb- nisse hin Schlüsse zu ziehen in Bezug auf die Natur der in der Wurzel- lieber einen Belund au getropisch gereizten Wurzeln. 519 spitze stattfindenden geotropischen Vorgänge. So viel lässt sich jedocii sagen, dass die besagten Befunde hindeuten auf eingreifende Ver- änderungen im chemischen Getriebe der Spitzenzellen in Folge der Reizaufnahme, und dass hierbei die Sauerstoffübertragung ein gewichtige Rolle spielt. Ausführlichere Mittheilungen behalte ich mir selbst- verständlich noch vor. Ich will nur noch berichten über einige chemische Untersuchungen, welche angestellt wurden, um betrefi's der Natur der beiden Substanzen, auf welche unsere Aufmerksamkeit gelenkt worden ist, einige Anhalts- punkte zu gewinnen. Die Körper seien kurz als der oxydirende und reducirende bezeichnet. Die oxydirende Substanz wird durch Hitze zerstört, durch Chloroform aber nicht verändert. In Alkohol ist sie unlöslich, mit Wasser aus den zerriebeneu Zellen extrahirbar. Der reducirende Körper wird durch Kochen oder Chloroform nicht ver- ändert, ist in Alkohol leicht löslich. Beide Substanzen sind also weiterer Untersuchung zugänglich. Eine grössere Anzahl von i'aZ'a-W'urzelspitzen wurde mit Wasser- zusatz fein zerrieben, bis keine Gewebsfragmente mehr sichtbar waren. Das filtrirte, kalt bereitete, wässerige Extract giebt mit Alkohol einen reichlichen weissflockigen Niederschlag, in welchem der fragliche oxy- dirende Körper enthalten sein muss. Der abfiltrirte, mit absolutem Alkohol gewaschene Niederschlag zeigt auch nach dem Trocknen die charakteristischen Reactionen der fraglichen Substanz in völlig unver- änderter Weise. Er ist in Wasser löslich, wird durch Kochen zersetzt. Chloroform übt keine Wirkung auf ihn aus, er bläut sich mit Guajak- linctur und Wassersloö'superoxyd, oder mit alter Guajaktinctur in Emul- sion allein, oxydirt Indigweiss, fjiebt die Indophenolreaction; ferner erhält man starke MlLLON'sche Reaction. Es scheint kein Zweifel, dass die oxydirende Substanz zu jenen in der normalen lebenden Zelle stets vorkommenden Sauerstoff übertragenden Köipern gehört, die man als Oxydalionsfermente derzeit zu bezeichnen pflegt*). Das FiltrcU vom Alkoholniederschlag reducirle kiäftig Silbernitrat in ammoniakalischer Lösung, enthält somit den fraglichen reducirenden Körper. Die alkoholische Lösung wurde auf dem Vi/asserbade unter allmählichem Wasserzusatz eingeengt und in eine wässerige Lösung umgewandelt. Dieselbe ist farblos, reducirt stark, und die festzu- stellende Substanz ist deshalb weder in der Hitze zersetzlich, noch flüchtig. Die Lösung reducirt stark ammoniakalisches Silbernitrat, alkalische Quecksilberlösung, jedoch nicht FEHLING'sche Flüssigkeit. 1) 0. Schmiedeberg, Ucber Oxydationen und Synthesen im Thierkörper. Archiv für exper. Pathol. und Pharmakologie, Bd. 14 (lö81), S. 288. — Jaquet, Ueber die Bedingungen der Oxydationsvorgänge in den Geweben. Ebendaselbst Bd. 2d (1892), S. 386. — J. Pohl, Zur Kenntniss des oxydativen Fermentes. Ebendaselbst Bd. 3b (1896), S. 65. 520 F- Czapek: üeber einen Befund an geotropisch gereizten Wurzeln. Sie trübt sieb nicht beim Erhitzen mit Quecksilberchloridlösung, ent- hält somit auch keine Ameisensäure. Nach Kochen mit Salzsäure eben- falls keine Kupferreduction. Mit ammoniakalischem Bleiacetat tritt eiu weisser flockiger Niederschlag auf. Salpetersäure erzeugt Gelbfärbung. Eisenchlorid giebt keine Reaction, ebenso wenig Kaliumbichromat. MiLLON'sche Probe negativ. Natronlauge oder Ammoniak erzeugt bräunlich-rothe Färbung, besonders nach Schütteln an der Luft. In- tensive feuerrothe licaction beim Erwärmen mit Chloroform und Natron- lauge. Mit Schwefelsäure und Kaliumnitrit Violettfärbung (LJEBER- MANN's Probe). Aehnlich mit Quecksilberchlorid und Kaliumnitrat. Indophenolprobe negativ, ebenso die übrigen Reactionen der oxy- direnden Substanz. Wasserstoffsuperoxyd giebt eine röthliche Färbung^). Obwohl eine erschöpfende Untersuchung noch nicht beendet ist, so lässt sich doch aus dem mitgetheiken Verhalten schon schliessen, dass der „reducirende Körper" der VVurzelspitze gewiss aromatischer Natur ist und eine ähnliche Wirksamkeit im Organismus entfaltet wie viele andere bekannte Körper, welche vom»Benzol abstammend, eine intensive Reductionskraft besitzen und deshalb beispielsweise in der Photographie verwendet werden. Dass dem Oxydationskörper gegenüber der reducirenden aroma- tischen Verbindung gewissermassen eine antagonistische Rolle zukommt, steht zu vermuthen, und man darf mit gebührender Vorsicht die Meinung äussern, dass der Vermehrung des reducirenden Stoffes nach erfolgter geotropischer Reizung ein vermehrter Sauerstoffbedarf ent- spricht, welcher durch eine Zerlegung des Oxydationskörpers gedeckt wird. Ueber diesen hypothetischen Gedanken in allgemeiner Form hinauszugehen erscheint derzeit nicht erlaubt. Die geschilderten Befunde sind deswegen von weiterem Interesse, weil sie zum ersten Mal uns mit Vorgängen bekannt machen, welche bestimmt nicht zu den Processen der geotropischen Reaction zählen, sondern mit den Vorgängen der Reizaufnahme der sensiblen Zellen in Beziehung stehen. Offenbar ist damit ein Theil jener Veränderungen in dem sensiblen Organ bekannt geworden, welche insgesammt als Er- regungszustand der reizempfindlichen Elemente zu bezeichnen sind. Weitere Untersuchungen ^ind im Zuge. Botanisches Institut der deutschen technischen Hochschule in Prag. 1) Vielleicht ist die in Rede stehende Substanz identisch mit jenem Chromogen, welches von W. Pfeffer in Fnha-Wurzeln gelegentlich der Untersuchung der Oxy- dationsvorgänge in der lebenden Zelle (Leipzig 1889) entdeckt wurde. Vergleiche a. a. 0. S. 398. M. FoSLiE: Weiteres über Melobesieae. 521 68. M. Foslie: Weiteres über Melobesieae. Eiugegangen am 25. December 1897. In einer neuen Abhandlung über die Melobesien, zugleich als eine Erwiederung meiner Bemerkungen S. 252 ff. dieses Jahrganges be- zeichnet, hat Herr HEYDRICH ^) eine neue Eintheilung der genannten Familie geliefert. Zu gleicher Zeit sucht er durch Citate darzuthun und wiederholt es noch einmal, ich habe ihm dreimal geschrieben, dass ein grosses Material nothwendig sei, um mit Bezug auf die Systematik der Kalkalgen zu einem bestimmten Resultat zu kommen, als ob eine solche Behauptung unbefugt wäre. Herr HeYDEICH scheint indessen nicht verstanden zu haben, dass dieses sich zunächst auf das mir zur Bestimmung geschickte Material bezieht '''). Uebiigeus ist es gleich- gültig, in welcher Verbindung dieses ausgeführt worden ist. Ich wieder- hole gern zum vierten Mal, dass meiner Ansicht nach ein ganz be- deutendes Material und zwar von den verschiedensten Orten noth- 1) F. Heydrich, Melobesiae in Berichte der Deutsch. Bot. Ges. 1897, S. 403. 2) Da Herr Heydrich es zugleich durchblicken lässt, als habe es mir aa gutem Willen gefehlt, wenn ich die mir s. Z. zugestellten Exemplare nur oberflächlich be- stimmt habe, so finde ich mich veranlasst, dieses Material hier anzugeben. Nr. 1. Drei jüngere Exemplare, grösste Länge 1,3— 1,8 tv«. Diese habe ich zuerst als steril betrachtet, indem sie unter zu schwacher Vergrössernng untersucht wurden. Die Art wird in Corall. S. 63 als Lithothamnion Nuvae Zelandiae Heydr. beschrieben, und Herr Heydrich sagt selbst 1. c: „Trotz eifrigen Nachforscheas habe ich Conceptakel nicht tinden können." Später habe ich mittlerweile bei einem Exemplare Cystokarpien- oder Antheridienconceptakel gefunden. Cfr. Bem. S. 259. Nr. 11. Fragment 1,5 x 2 cm. — SporoUlkon ptychoicles f. niollis Heydr. in litt. Nr. 12. Zwei Fragmente l x 1,5 cm und 1,5 x 2,5 cm. — Sporolithon ptychoicles f. dura Heydr. in Utt. Nr. 59. Ein ganz junges Individuum an einer Koralle. 1,5 k 2,5 cm. — Litho- thamnion Fosliei Heydr. in litt. Nr. 60. Ein junges Individuum 2x3 cm und zwei andere, kleinere Fragmente. — L. Kaisern. Heydr. in litt. Nr. 80. Ein junges Individuum ca. 2 cm. — L. Marlothii Heydr. in litt. Ohne Vergleickungsmaterial, was ich damals nicht besass, so etwas genau be- stimmen zu können, überlasse ich Herrn Heydrich selbst. Dass mir später ein besseres Material zu Gebote gestanden, muss natürlich Herr Heydrich übersehen haben, um eine Schlussbemerkung wie die in der Note 1. c. S. 404 angeführte schreiben zu können. Uebrigens ist es bemerkenswerth, wie es mir auch auffallend gewesen ist, dass mir Herr Heydrich solche Fragmente oder wenig entwickelte Exemplare geschickt hat, wenn er, wie er jetzt raittheilt, „eine grosse Menge der verschiedensten Exemplare" besass. Ich überlasse es ebenfalls dem geneigten Leser, dies zu be- urtheilen. 522 M. Foslie: wendig ist, um zu möglichst voller Klarheit zu gelangen. Es scheint dagegen, als ob Herr HeYDRICH Fragmeute und wenig entwickelte Exemplare mit ebenso grosser Leichtigkeit behandelt wie wohl ent- wickelte, wie ihm auch die Benennung der in der älteren Litteratur erwähnten Arten sehr leicht fällt, z. B. L. album und L. Esperi. Die Identificirung muss man indessen Herrn HEYDRICH selbst überlassen. Eine so grosse Variation der einzelnen Arten und Mittheilungen zeigt kaum eine einzige der Algengruppen, und zwar um so natürlicher, als sie in hohem Grade von äusseren Verhältnissen abhängig sind und sich sehr leicht nach diesen Verhältnissen und anderen äusseren Ein- wirkungen richten ^). Ausserdem sind die Conceptakel — besonders bei gewissen Arten — in ihren verschiedenen Entwickelungsstadien sehr verschieden, ohne dass es übrigens in jedem einzelnen Falle leicht zu entscheiden ist, ob die Conceptakel oder die in denselben einge- schlossenen Organe voll entwickelt sind oder nicht, wie es auch in vielen Fällen nicht bewiesen sein dürfte, zu welcher Art die vor- liegenden Organe zu rechnen sind. Sonderbarer Weise hat eine neue Sammlung von Kalkalgen, also ein ziemlich vergrössertes Material zur Folge gehabt, dass > von Herrn HEYDRICH eine neue Eintheilung aufgestellt worden ist, und zwar so, „dass das bisherige System unhaltbar wurde." Zum bisherigen dürfte wohl Herrn HeYDRICH's erstes 1. c. S. 34 auf den Rhizoiden basirtes System zu rechnen sein. Darüber heisst es 1. c. S. 46: „Dies ist meines Erachtens eine scharfe Begrenzung, die keinen Zweifel zulässt." Ausserdem hat Herr HEYDRICH die Grundlage verlassen, auf welcher PHILIPPI, wie Herr HEYDRICH früher angenommen und mit Stärke hervorgehoben hat, das Geschlecht Lithophijllum aufgestellt hatte. Cfr. 1. c. S. 46. Es heisst zwar unter dem letzt aufgestellten System Melob. S. 407: „Merkwürdiger Weise blieben fast alle von mir früher zu Lithophi/llum gezählten Melobesiae dabei, nur Lühophyllum liche- noides rückt zu Lithothamnion über." Welche Arten dadurch von Liithothamnio7i zu Lithophyllwn hinüber rücken, wird dagegen nicht besonders hervorgehoben.'' '') Meine Bemerkungen über die Unhaltbarkeit des ersteren Systems räumt also jetzt Herr HEYDRICH selbst ein; er sagt nämlich i.e. S. 407 1) Welche eigenthümliche Form die Lithothamnien sogar durch Einwirkung von Menschen (Fiscliern) annehmen können, und zwar in einer Tiefe von 15 — 20 Faden, davon bin ich durch die Untersuchungen überzeugt worden, die ich im letzt- verflossenen Sommer im nördlichsten Norwegen angestellt habe. So hatte z. B. L.flubdlatuiii eine Form angenommen, die habituel eine ganz auffallende Aehnlichkeit mit einer anderen, weit verschiedenen südlichen Art besaass. Hierauf werde ich hei einer späteren Gelegenheit zurückkommen. 2) Zu solchen ist auch u. A. im Sinne Herrn Heydrich's Lithothamnion iophi- foritie zu rechnen. Cfr. L. obliinaiis 1. c. S. 410. Weiteres über Melobesieae. 523 betreflPs des später aufgestellten: „Hierdurch kam ich zu dem Ent- schluss, dass ein sicheres Mittel zur Systematik nur in den Tetra- sporangien liege." Insofern sind wir einig; nur will ich hinzufügen, dass dies nicht nur von den Tetrasporangien gilt, sondern überhaupt von den Reproductionsorganen, was schon längst von mehreren als die einzige befriedigende Grundlage angesehen wird. Dessen ungeachtet wage ich aber auszusprechen, dass dieses neue System kaum andere befriedigen wird als Herrn HEYDEICH selbst, obgleich ich wohl erwarte, dass Herr HEYDRICH gleich den Beweis wünscht. Den Beweis werde ich liefern; es hat aber auch für Herrn HeYDRICH selbst gewiss keine Eile, wieder ein neues System aufzustellen. Herrn HEYDRICH's ernsthaftem Streben, mit Bezug auf diese schwierige Algengruppe ein natürliches und einfaches System zu finden, muss ich natürlich meine volle Anerkennung gewähren; man darf je- doch nicht durch eine „einseitige" Behandlung in eine Abtheilung hineinzwängen, was natürlich und der Entwickelung zufolge zu einer anderen gehört, nur weil es also mit dem System stimmt; dies wird dadurch ein ziemlich künstliches. Herrn HEYDRICH's ganze Abhandlung ist in einem Tone ge- schrieben, als wäre es eine persönliche Beleidigung, wenn man ein System zu widerlegen sucht, dass mir nach meiner Kenntniss dieser Algengruppe nicht durchführbar scheint, wie es auch sehr bald von Herrn HeYDRICH selbst verlassen wird. Dennoch sagt er in einem Schreiben an mich: „Ich bin sehr begierig, zu hören, wie Sie meine Systematik auffassen." Wenn ich Ausdrücke benutze, die Miss- verständnisse hervorrufen können, bin ich gern bereit, Herrn HEYDRICH um Entschuldigung zu bitten. Man wird freilich zugeben, dass der- jenige, der in einer fremden Sprache schreibt, leicht Ausdrücke wählt, die entweder seine Gedanken nicht völlig decken oder Missverständnisse veranlassen können. Die Differenz zwischen Herrn HEYDRICH und mir betrifft ausserdem die subjective Auffassung des Artbegriffes und die Aufrechterhaltung von SporolitJwn als selbstständiges Geschlecht. Mit meiner bisherigen Kenntniss der früher beschriebenen Arten von Lithothamnion kann ich noch nicht diese Gattung in meinen Bemerkungen 1. c. als selbstständig erkennen, und ich werde mir noch immer vorbehalten, bei einer späteren Gelegenheit auf diese Frage zurückzukommen. Vor- läufig scheint auch eine eingehendere Discussion ohne Erfolg; wenn man nämlich Herrn HEYDRICH's Princip befolgt, so wird man eine fast unbegrenzte Anzahl Arten aufstellen können. Cfr. u. a. die Be- grenzung des nun in drei besondere Arten getheilten SporoUthon ptychoides^). Die wichtigsten Punkte will ich jedoch in Kürze berühren. 1) Dürfte dem Prioritätsrechte zufolge eigentlich Archaeolithotliamnion ptychoides, molk, crassuin benannt werden. Cfr. unten. 524 ^I- Foslie: Lithothamnion ohlimans. lu CoralJ. S. 55 wird diese Art als krustenförmig beschrieben, 200 — 225 /.t dick, auf Sporolithon ptychoides epiphytiscb. Jetzt räumt Herr HeYDRICH allerdings ein, dass auf letzterem keine epiphytische Kalkalge vorkommt, sondern dass L. ohli- mans dem Sporolithon an Habitus sehr ähnlich geworden ist. Das Bruchstück (Nr. 12) von Sporolitho?i ptt/choides, bei dem ich Sporangien- conceptakel fand, wird als L. ohlimans angegeben. Herr HeYDRICH giebt mir den Rath, einen Schnitt zu machen u. s. w. Für einen guten Rath bin ich sehr dankbar, und ich hoffe, dass Herr HEYDRICH einen Rath auch von mir annehmen wird. Ich wage es deshalb, ihm den Rath zu ertheilen, von einem oder mehreren der Exemplare einen Schliff oder Schnitt zu machen, von denen es Corall. S. 56 heisst, dass sie „die Kuppen der Zweige des Substrates (ßporolithon^ in dichten Gruppirungeu bedecken, als wenn sie Organe des letzteren wären." Vielleicht wären auch da Tetrasporangienschichten zu finden. Dies ist nämlich bei dem Fragmente der Fall, woraut sich meine Bemerkungen 1. c. beziehen; hier finden sich nicht bloss die beiden von mir er- wähnten Conceptakel, sondern auch „Tetrasporangienschichten". Es müsste ein besonderer Zufall sein, wenn bei keinem von Herrn HeY- DRICH's Exemplaren ein ähnliches Verhalten zu finden wäre. Läthoihavmion Marlothii. Dieses ist jetzt in drei Arien getheilt, von denen eine mit Bezug auf Corall. Taf. HI, Fig. 1, 2 als lAtho- phylluin Marlothii autgestellt wird; die zweite wird unterschieden als Lithothamnion falsellum^ auch mit Bezug auf Taf. IH, Fig. 1, 2 theil- weise; die dritte Lithothamnion^ sp. wird aufgestellt mit Bezug auf Taf. HI, Fig. 3. Von dieser letzteren heisst es, dass sie sich von L. crassum „durch die nicht strahlenförmige, sondern einseitige Stellung der Auswüchse" unterscheide. Das Exemplar (Nr. 80), worauf sich meine Bemerkungen 1. c. S. 259 beziehen, gleicht Fig. '6 Taf. IH; Herr HEYDRICH hat selbst erklärt, dass es ein Lith. Marlothii ist; jetzt ist es dagegen eine ziemlich unbestimmte, Herrn HEYDRICH's Ansicht nach wirklich Lith. crassum nahestehende Art geworden ! Lithothamnion crassum. Von dieser Art, die zu Lithophyllum ge- rechnet wird, heisst es 1. c. S. 407: „Immerhin sind die Resultate interessant, da auch nun wohl der Speciesbegriff von Lithothamnion crassum etc. völlig klargelegt ist." Die Klarlegung steckt vermuthlich darin, dass Herr HEYDRICH Conceptakel gefunden hat. Meines Er- achtens ist es eine der noch nicht hinlänglich bekannten Arten, deren Begrenzung und Stellung noch immei' eine vollständigere Erörterung fordert, als bisher geschehen ist, wenn auch die von Herrn HEYDRICH genannten Conceptakel schon lange bekannt gewesen sind. Wenn Herr HEYDRICH Melob. S. 411 anführt, dass ich L. cras- sum mit Sporolithon ptychoides (crassum) verwechselt habe, so geht er in seinem Streben, alles in sein System einzupassen, so weit, dass er so- Weiteres über Melobesieae. 525 gar bestimmte Schlussfolgerungen zieht, ohne die Exemplare gesehen zu haben, auf welche hingewiesen wird. Will Herr HeYDRICH etwa zu Sporolithon ptychoides (crassum) Exemplare rechnen, die Conceptakel von derselben Art tragen wie die oben unter JL. crassum erwähnten ? So verhält es sich nämlich bei dem Exemplare aus dem Rothen Meere, wovon ich 1. c. anführe, dass es zu L. crassum f. typica gehört. Es gleicht der von HAUCK, Meeresaig. Taf. I, Fig. 1 abgebildeten Form. Von derselben Art spricht Herr HEYDRICH auch unter L. Kaisern I.e. 8.412. Er sagt: „Diese von Herrn FOSLIE als Lithophyllum'^) ■ crassum typica oder sonst wie bezeichneten Exemplare sind Sporolithon crassum sp. nov. Die Verwechselung liegt daher ausschliesslich auf Herrn FOLIE's Seite." Einmal über Exemplare, die Herr HEYDRICH nicht gesehen hat, ein Urtheil zu fällen, dürfte mehr als genug scheinen; vermuthlich \* Eiweiss-N 4,3532 4,5624 +0,2092 IL Versuch. Am 25. Juni, sonnig. Die Blätter wurden in KNOP'sche Nähr- lösung mit Zusatz von Lävulose (4 pCt.) gesetzt. Versuchsdauer 19 Stunden. '.?. Zur Kenntniss der Eiweissbildung in den Pflanzen. 539 Pro 1 qin Blattfläche berechnet: Controlbälften Versuchshälften Gewichtsdifferenz Trockengewicht 69,6031 71,9232 +2,3201 Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 3,66008 3,88683 +0,22675 Eiweiss-N 3,35529 3,58253 +0,22724 ' Auf Procente der Trockensubstanz berechoet: Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 5,2585 5,4041 + 0,1456 £iweiss-N 4,8206 4,9814 +0,1608 III. Versuch. Am 28. Juni, sonnig. Die Blätter wurden in KNOP'sche Nährlösung mit Zusatz von Lävulose (4 pCt.) gesetzt. Versuchsdauer 19 Stunden. Pro 1 qm Blattfläche berechnet: Controlbälften Versuchshälften Gewichtsdifferenz Trockengewicht 61,3242 63,7456 +2,4214 Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 2,98987 3,27059 + 0,28072 Eiweiss-N 2,61024 2,82369 +0,21345 Auf Procente der Trockensubstanz berechnet: Gesammt-N (.Salp. ausgenommen) 4,8592 5,1306 +0,2714 Eiweiss-N 4,2564 4,4296 +0,1732 IV. Versuch. Am 24. Juli, sonnig. Die Blätter wurden in KNOP'sche Nähr- lösung mit Zusatz von Lävulose (4 pCt.) gesetzt. Versuchsdauer 18 Stunden. Pro 1 qm Blattfläche berechnet: Controlbälften Versuchshälften Gewichtsdifferenz Trockengewicht 66,1254 70,5432 +4,4178 Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 2,79048 3,11260 +0,32212 Eiweiss-N 2,44565 2,63964 +0,19399 Auf Procente der Trockensubstanz berechnet: Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 4,2199 4,4123 +0,1924 Eiweiss-N 3,6985 3,7418 +0,0433 V. Versuch. Am 25. Juli, sonnig. Die Blätter wurden in KNOP'sche Nährlösung mit Zusatz von Lävulose (4 pCt.) gesetzt. Versuchsdauer 19 Stunden. Pro 1 qm Blattfläche berechnet: Controlbälften Versucbshälften Gewichtsdifferenz Trockengewicht 65,2620 69,3834 +4,1214 Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 2,72454 3,07478 + 0,35024 Eiweiss-N 2,36242 2,61362 +0,25120 Auf Procente der Trockensubstanz berechnet: Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 4,1747 4,4316 + 0,2569 Eiweiss-N 3,6199 3,7669 +0,1470 540 W. Zaleski: VI. Versuch. Am 1. Juli, Himmel bedeckt. Die Blätter wurden in KNOP'sche Nährlösung mit Zusatz von Lävulose (4 pCt.) gesetzt. Versuchsdauer !2l Stunden. Pro 1 qm Blattfläche berechnet: Controlhälften Versuchshälften Gewichtsdifferenz Trockengewicht 49,6997 53,7534 +4,0537 Gesammt-N ;Salp. ausgenommen) 2,77026 3,04675 + 0,27649 Eiweiss-N 2,37225 2,42909 +0,('5684 Auf Procente der Trockensubstanz berechnet: Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 5,5739 5,6680 +0,0941 Eiweiss-N 4,7731 4,5189 -0,2542 VII. Versuch. Am 1. Juli, Himmel bedeckt. Die Blätter wurden in KNOP'sche Nährlösung mit Zusatz von Lävulose (4 pCt.) gesetzt. Versuchsdauer 21 Stunden. Pro 1 qm Blattfläche berechnet: Controlhälften Versuchshälften Gewichtsdifferenz Trockengewicht 50,4568 52,8642 +2,4074 Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 2,78716 3,14465 + 0,35749 Eiweiss-N 2,61504 2,63064 +0,01560 Auf Procente der Trockensubstanz berechnet: Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 5,5238 5,9485 + 0,4247 Eiweiss-N 5,1827 4,9762 -0,2065 VIII. Versuch. Am 27. Juli, sonnig. Die Blätter wurden in KNOP'sche Nährlösung mit Zusatz von Lävulose gesetzt. Versuchsdauer h9 Stunden. Pro 1 qm Blattfläche berechnet: Controlhälften Versuchshälften Gewichtsdifferenz Trockengewicht 57,5372 57,7059 + 0,1687 Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 2,04357 2,38571 +0,34214 Eiweiss-N 1,99662 2,03598 +0,03936 Auf Procente der Trockensubstanz berechnet: Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 3,5517 4,1342 + 0,5825 Eiweiss-N 3,4701 3,5282 +0,0581 Zu den fünf ersten Versuchen dienten Blätter, welche ihr Wachs- thum ganz und gar vollendet hatten, zu den drei letzten aber nicht völlig ausgewachsene Blätter. Es ist begreiflich, dass sich in alten Blättern mehr Eiweissstoffe bildeten, weil alle Zersetzungsprocesse in diesen weniger energisch vor sich gehen. V Ziir Kenntniss der Eiweissbildung in den Pflanzen. 541 IX. Versach. Am 26. Juni, Himmel bedeckt. Die Blätter wurden in KNOP'sche Nährlösung ohne Zusatz von Lävulose gesetzt. Versuchsdauer 21 Stunden. Pro 1 qm Blattfläche berechnet: Controlhälften Versuchshälften Gewichtsdifferenz Trockengewicht 56,2692 51,3952 -4,8740 Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 3,24658 3,32907 -f- 0,08249 Eiweiss-N 2,88667 2,49345 -0,39322 Auf Procente der Trockensubstanz berechnet: Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 5,7697 6,4773 + 0,7076 Eiweiss-N 5,1301 4,8126 -0,3175 X. Versuch. Am 28. Juni, sonnig. Die Blätter wurden in KNOP'sche Nährlösung ohne Zusatz von Lävulose gesetzt. Versuchsdauer 21 Stunden. Pro 1 qm Blattfläche berechnet: Controlhälften Versuchshälften Gewichtsdifferenz Trockengewicht 56,4233 53,8900 -2,5333 Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 3,16047 3,25301 +0,09254 Eiweiss-N 2,87046 2,76700 -0,10346 Auf Procente der Trockensubstanz berechnet: Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 5,6013 6,0363 -{■ 0,4350 Eiweiss-N 5,0873 5,1345 -1-0,0472 XL Versuch. Am 29. Juni, sonnig. Die Blätter wurden in KNOP'sche Nährlösung ohne Zusatz von Lävulose gesetzt. Versuchsdauer 21 Stunden. Pro 1 qm Blattfläche berechnet: Controlhälften Versuchshälften Gewichtsdifferenz Trockengewicht 58,3424 55,1242 - 3,2182 Gesammt-N (Salp. ausgenommen) 3,26057 3,30290 -f 0,04233 Eiweiss-N 2,82345 2,57783 - 0,24562 Auf Procente der Trockensubstanz berechnet: Gesammt-N (.Salp. ausgenommen) 5,5886 . 5,9917 -l 0,4031 Eiweiss-N 4,8394 4,6764 -0,1630 Aus den angeführten Versuchen ist zu ersehen, dass sich die auf- genommenen salpetersauren Salze in den Blättern zersetzen und in andere StickstofFverbindungen übergehen, über die ich später ausführ- liche Mittheilungen zu machen gedenke. Diese Umwandlung steht im Ber. d. deutseh. bot. Gesellsch. XV. ttn 542 Ign. Urban: Berichtigung. ZusammenhaDge mit der Zufuhr von Zucker, welcher den Uebergang salpetersaurer Salze in andere, wahrscheinlich amidartige Verbindungen ermöglicht. Unsere Experimente zeigen aber ohne Zweifel ferner, das Blätter Eiweissstoffe im Dunkeln bilden können und zur Eiweisssyn- these eine erhebliche Menge löslicher Kohlenhydrate erfordern. Charkow, Botanisches Institut, December 1897. 71. Ign. Urban: Berichtigung zu meinem Aufsatze: Ueber einige Rubiaceen- Gattungen. Eingegangen am 21. December 1897. Im 4. Hefte dieser Berichte, S. 265, hatte ich eine neue cubensische Rubiaceen-Gattung dem Professor der Botanik und Director des bo- tanischen Gartens in Habana, Don MANUEL GOMEZ DE LA MAZA, zu Ehren Mazaea benannt. Wie ich soeben bei Studien über die Biblio- graphie Westindiens sehe, ist dieser Name bereits für eine Algengattung vergeben. BORNET und GßUNOW haben dieselbe im Bull. Soc. bot. France XXYIII (1881), S. 287-290, dem verdienstvollen Erforscher der Algenflora von Guadeloupe und Mitverfasser des „Essai de Classi- fication des Algues de la Guadeloupe'' H. Maze, Generalcommissar der französischen Marine, gewidmet. Die cubensische Pflanze mag daher den Namen Neomazaea phialanthoides Kr, et ürb. erhalten. 72. H. Zul(al: Ueber die Myxobacterien. Mit Tafel XXVII. Eingegangen am 29. December 1897. Im 9. Heft des 14. Bandes dieser Berichte S. 340 beschrieb ich unter dem Namen Myxobotrys variabilis einen Aspergillus-d^n\\c\iQji Pilz als Repräsentanten einer neuen Myxomycetenordnung. Es stellte sich aber heraus, dass meine Myxobotrys mit dem von THAXTER ^) näher 1) EoLAND Thaxter, Contributions from the Cryptogamic Laboratory of Harvard University. XVIII. On the Myxobacteriaceae, a new order of Schizomycetes. ßo- tanical Gazette, Vol. XVII. 1892 und Further Observations of the Myxobacteriaceae. Botanical Gazette, Vol. XXIII, 1897. H. Zukal: Ueber die Myxobacterien. 543 untersuchten Chondi^omyces crocatus, wenn nicht identisch, so doch sehr nahe verwandt ist. In einer Note dieser Berichte ^) habe ich dies aus- drücklich anerkannt, dabei aber an meiner Auffassung des fraglichen Organismus als Myxomyceten festgehalten. Ich musste aber die Unter- suchung des Chondromyces und einiger verwandter Formen, behufs Aufklärung mancher dunklen Punkte in der Entwickelungsgeschichte, noch einmal vornehmen. Bevor ich jedoch über den Verlauf dieser Untersuchung Bericht erstatte, will ich zur Bequemlichkeit des Lesers den eigentlichen Thatbestand in grossen Zügen recapituliren. Man findet nicht selten auf alten Rinden, Moosen, Flechten und ähnlichem Substrat rothe, plasmodienähnliche Gebilde von Stecknadel- kopfgrösse und darüber, aus denen sich nach Myxomyceten-Art, d. h. ohne Hyphen und Zellbildung, eine Aspergillus-'iL\nx\\c\iQ Filzform auf einfachen oder mehr oder minder reich verzweigten Trägern entwickelt. Die plasmodiuiüähnliche Masse enthielt keinen Zellkern, sondern sehr zahlreiche längliche, bacterienähnliche Körperchen, an denen allein der rothe Farbstoff haftet. Die zähflüssige Materie, in welcher diese Körperchen eingebettet liegen, ist farblos. Unter dem Mikroskope zeigt die plasmodiumähnliche Materie keine Bewegung und zwar weder als Masse, noch in ihren Theilen. Es fehlen noch deutliche Strömungen und Molecularbewegungen. Trotzdem muss diese Masse langsame Bewegungen ausführen, denn sie verändert binnen wenigen Stunden ihre äussere Form auffallend. Wenn sie z. B. Abends eine tröpfchenförmige Form hatte, so kann sie am nächsten Morgen ein säulchenförmiges oder geweihartig verzweigtes Aussehen besitzen. Die Enden des sich auf diese Weise formirenden Tiägers schwellen dann knopfartig an und entwickeln auf diesen Anschwellungen durch einfaches Ausstülpen der schleimigen Masse sporenähnliche Gebilde an eigenen Sterigmen. Während dieser Vorgänge wird der säulchenförmige Träger hohl und hornartig fest. Der Inhalt der jungen Sporen ist anfangs deutlich fibrillär; später fragmentiren sich die Fäden, und die reifen Sporen enthalten wieder bacterienähnliche Stäbchen, wie im jugendlichen Plasmodium. Bei der Keimung schwellen die Sporen durch Wasseraufnahme stark an, die Sporenhaut wird gesprengt, und der Inhalt tritt durch den Riss sammt den stäbchenförmigen Körperchen als eine zähe, röthliche Masse in's Freie. Dies ist der Hauptinhalt meiner ersten Publication. Weil der ganze Organismus den Eindruck eines Myxomyceten machte, habe ich die plasmodiumähnliche Masse als „Plasmodium", die Stäbchen als „Mikro- somen** und das Endproduct des ganzen Entwickelungsprocesses als .„Sporen" angesprochen. Eine ganz andere Auffassung entwickelt aber THAXTER ^). Er hält die plasmodiumähnliche Materie für eine todte 1) Im 15. Bd., 1. Heft, S. 17 dieser Berichte. 2) Thaxter 1. c. 37* 544 . H- Zükal: Schleimraasse und nennt sie „Pseudoplasmodium" ; er hält ferner die Mikrosomen für echte Bacterien, die Sporen für „Bacteriencysten" und die hohlen Basalgebilde für „Cystenträger", den ganzen Organis- mus endlich (nehst einigen anderen Formen) für Repräsentanten einer neuen Bacterienordnung. Ich konnte mich dieser Auffassung nicht an- schliessen und zwar aus folgenden Gründen. 1. Zum Aufbau eines so complicirten Organismus, wie des Chon- dromyceä^ gehört eine vis formativa. Eine solche besitzt aber — nach unseren gegenwärtigen Kenntnissen — weder die einzelne Bacterie, noch ein Bacterienhaufen, wohl aber das Plasmodium eines Myxomyceten, 2. Konnte ich mich durch die mikrochemischen Reactionen von der Schleimnatur des Pseudoplasmodium nicht überzeugen. 3. Waren mir auch bacterienähnliche Mikrosomen und fadenförmige Structuren aus den Plasmodien unzweifelhafter Myxomyceten bekannt. Immerhin war mit Rücksicht auf die Anschauungen THAXTER's eine nochmalige Nachprüfung des ganzen Entwickelungsprocesses ge- boten. Ich begann die Untersuchung mit der Aussaat der einzelnen Chon- dromyces- ST^oren (Cysten) auf Nährgelatine und Agar-Agar in PeTKI- schen Schalen. Diese Züchtungsmethode führte aber zu keinem Ziel, auch dann nicht, als der Nährgelatine und dem Agar-Agar abwechselnd Rindendecoct und Mistabsud zugesetzt war. Auch die Abänderung der physikalischen Bedingungen in Bezug auf Licht, Wärme und Feuchtig- keit hatte keinen Erfolg. Der Pilz entwickelte sich dagegen, wenn auch langsam, auf sterilisirten Kartoffelschnitten *), Nach den ersten Wochen ist die leere Sporenhaut noch sichtbar. Sie wird von einem winzigen, schleimigen, röthlichen Tröpfchen eingehüllt. Nach der dritten Woche ist jede Spur der Sporenhaut verschwunden und das Tröpfchen hat sich zu einem runden Kuchen von circa 2 mm Durchmesser ver- grössert. Die Oberfläche dieses Kuchens erscheint unter einer 100- fachen Vergrösserung von concentrischen Wellen gerunzelt. Die ganze kuchenförmige Masse stellt wieder das dar, was von THAXTER als Pseudoplasmodium bezeichnet worden ist. Mit einiger Vorsicht kann man ein solches Pseudoplasmodium auf den Objectträger übertragen 1) Schmale Kartoffelkeile wurden in Eprouvetten auf einen feuchten Woll- pfropfen gesetzt und an drei auf einander folgenden Tagen im strömenden Dampf auf eine ganz ähnliche Weise sterilisirt, wie die Nährgelatine cfr. Ich verdanke die Mittheilung dieser Methode dem Herrn Dr. Schattkkfkoh, Assistenten des hygienischen Institutes in Wien, und ergreife mit Vergnügen die Gelegenheit, hier dem Vorstand des genannten Institutes, Herrn Obersanitätsrath Dr. Max Gkuber, sowie den Herren Dr. Schattenfroh und Professor Dr. Lode theils für grosse Liberalität, mit der sie mir die Mittel dieses Institutes zur Verfügung gestellt haben, theils für die vielen Belehrungen und Aufklärungen, die sie mir unermüdlich ertheilteii, auf das Wärmste zu danken. üeber die Myxobacterien. 545 und dann diroct unter dem Mikroskope beobachten. Durch wieder- holte Anwendung dieses Verfahrens habe ich mich überzeugt, dass das Pseudoplasmodium fremde Körper, wie z. B. Amylumkörner, Difflugien, Diatomeen, Protococcaceen, wohl mechanisch einzuschliessen vermag, dass es diese Körper aber nicht activ aufnimmt oder frisst. Auf dieselbe Weise konnte ich feststellen, dass die Stäbchen unter gewissen Umständen aus dem Pseudoplasmodium auswandern; besonders häufig geschieht letzteres, wenn in einem grösseren Wasser- tropfen das Pseudoplasmodium ganz untergetaucht wird. Sehr deutlich kann man alle diese Vorgänge im Hängetropfen (Mistdecoct) einer Glaszelle (feuchten Kammer) beobachten. Bringt man in diesen Tropfen Abends eine reife Spore des Chondromyces und beobachtet am nächsten Morgen, so findet man, dass bereits sämmtliche Stäbchen die Spore verlassen und sich in einer unregelmässig sternförmigen Figur rings um die Sporenhaut vertheilt haben (Fig. 4, Taf. XXVII). Die Stäbchen scheinen im Allgemeinen ruhig zu liegen; nur hier und da macht das eine oder andere gleitende oder taumelnde Bewegungen, bei denen es ungewiss bleibt, ob sie nicht in die Kategorie der BßOWN- schen Bewegungen gehören. Beobachtet man aber länger und öfter, dann überzeugt man sich, dass einzelne Stäbchen plötzlich schlängelnde Bewegungen ausführen, etwa wie ein träges Spirillum, dass sie also bis zu einem gewissen Grade flexil sind. Ueberhaupt machen die Stäbchen jetzt den entschiedenen Eindruck lebender Zellen, bezw. von Bacterien (Taf. XXVII, Fig. 4). Da sie 4 — 7 /t messen, so kann man an ihnen deutlich eine Haut und Inhalt und im letzteren zuweilen Vacuolen und vereinzelte glänzende Körnchen unterscheiden. Die voll- kommen ruhig liegenden Stäbchen sind von einem schmalen Gallert- oder Schleimhofe umgeben, der deutlich sichtbarer gemacht werden kann, wenn man dem Beobachtungstropfen etwas Tusch zuführt. Den flexilen Individuen fehlt die Gallerthülle. Die Stäbchen lassen sich auch im angetrockneten Zustande auf dem durch die Flamme gezogenen Deckgläschen genau so färben, wie die gewöhnlichen Bacterien und zwar mit denselben Farbstoffen. Sie lassen sich auch plasmolysiren und zwar mit denselben wasserentziehenden Mitteln, die A. FISCHER^) in seinen diesbezüglichen Untersuchungen angewendet hat. Ent- scheidend für mein Urtheil war aber ihr Theilungsvermögeu. Von dem letzteren überzeugte ich mich durch die directe Beobachtung, Ich brachte nämlich in einen Hängetropfen mit Hilfe der bekannten Ver- dünnungsmethode nur einige wenige Stäbchen und stellte dann unter dem Mikroskope eines derselben mit dem stärksten Trockensystem (Nr. 9 Reichert) ein. Die Theilung erfolgt im Hochsommer etwa 1) Alfred Fischer, Die Plasmolyse der Bacterien. Ber. der k. sächs. Ges. der Wiss. 1891. 546 H. Zukal: binnen 2 Stunden. Yor und nach der Theilung machen die gewöhn- lich ruhig liegenden Stäbchen träge wälzende und schlangenförmige Bewegungen. Niemals konnte ich aber Geissein bemerken und zwar weder nach Anwendung der LÖFFLER'schen, noch der TRENKMANN- schen Methode. Nach diesen Beobachtungen war es mir klar, dass die aus den ChondromycesSporen ausgewanderten Stäbchen als lebende Zellen angesprochen werden müssen und dass dieselben sich in nichts Wesentlichem von den typischen Bacterien unterscheiden. THÄXTER war daher im Recht, als er den Chondromyces und die ihm verwandten Formen im Rahmen einer neuen Ordnung zu den Bacterien stellte. Ich legte mir nun die Frage vor, wie entsteht das Plasmodium beziehungsweise das Pseudoplasmodium und welcher Ausdruck ist der richtige ? Unter Plasmodium versteht man in der Botanik ^) seit ClENKOWSKI^) eine nackte Plasmamasse von oft bandgrossen Dimen- sionen, welche durch die Verschmelzung zahlreicher Schwärmer ent- steht. Aus solchen Plasmodien gehen bekanntlich die oft stattlichen und sehr complicirt gebauten Fruchtkörper der Myxomyceten hervor. Mit den Worten Aggregatplasmodium') oder Pseudoplasmodium*) ver- steht man einen Amoebenhaufen oder einen Haufen von Schwärmern, in welchem die einzelnen Schwärmer ihre vollständige Individualität behaupten, sich an einander verschieben und künstlich wieder getrennt werden können. Auch die Aggregatplasmodien bilden schon ziemlich complicirte Fruchtkörper (Dictyostelium^ PolysphondyliuTn). Auf den ersten Blick hin scheint es, dass der Chondromyces und die verwandten Formen ein Aggregatplasmodium (Pseudoplasmodium) bilden, denn die Haupt- masse des plasmodiumartigen Körpers besteht ohne Zweifel aus Bac- terien. Doch ist die Homologie zwischen dem Pseudoplasmodium der Acrasieen und dem der Myxobacterien keine vollständige. Bei den höheren Acrasieen wird der Aufbau des Fruchtkörpers (im weitesten Sinne) durch eine Arbeitstheilung der Amoeben bewirkt. Ein Theil derselben bleibt nämlich steril und bildet eigenthümliche Stutzen und Stiele, löst also eine mechanische Aufgabe. An diesen einfachen oder verzweigten Stielen klettern dann die übrigen Amoeben empor und bilden an den Enden der Träger bestimmt configurirte Sporenhäufchen (Sori). Ganz anders erfolgt der Aufbau des Fruchtkörpers (Cystophors 1) In medicinischen Werken werden oft einzelne Rhizopoden mit dem Ausdruck „Plasmodium" bezeichnet. Dieser Wortmissbrauch ist wahrscheinlich dadurch ent- standen, dass das Malariaparasit den Namen Plasmodium malariae erhalten hat. 2) CiENKOWSKi, Das Plasmodium (Pringsheim's Jahrbücher III, S. 400). 3) VAN TiEGHEM, Sur quelques Myxomycctes ä plasmode aggrege. Soc. bot. de France 1880, p. 317. 4) Zopf, Pilzthiere, Encyklopädie der Naturw. 1885, S. 23. üeber die Myxobacterien. 547 ThäXTER) von CJiondromijces. Hier geht der Bacterienhaufen zuerst aus der Kuchenform in die Säulchenform über, diese verzweigt sich in einer bestimmten Weise, die Enden der Zweige schwellen kolbig an, und aus diesen Anschwellungen entstehen erst wieder durch blosse Vorstülpung der zähflüssigen Masse die Cysten (Sporen). Bei Chon- dromyces entstehen also die Stiele und Träger nicht durch Arbeits- theilung der Bacterien, sondern durch Ausscheidung einer, später horn- artig erhärtenden Materie von Seite der Bacterien. Man kann also sagen: der Bacterienschwarm der Myxobacterien entsteht wie das Pseudoplasmodium der höheren Acrasieen, nämlich durch eine innige Aggregaiion zahlreicher Individuen, der Aufbau des Fruchtkörpers da- gegen aus diesem Schwärm erfolgt ganz conform dem eines Myxomyceten aus einem echten Plasmodium. Nach meinen Wahrnehmungen bleibt übrigens auch die Möglich- keit offen, dass die Schwarmhaufen der Myxobacterien dennoch eine Art von Plasmodium darstellen. Ich habe nämlich im Hänge - tropfen der feuchten Kammer wiederholt beobachtet, dass im Anfangsstadium der Haufenbildung einzelne Stäbchen des Chondro'myces schwach verzweigte Involutionsformen bilden, die sich dann netzartig mit einander in einer ganz ähnlichen Weise verbinden, wie die In volutionsfor ra en des Rhizobium (^Bacillus radicola) in den Zellen der Wurzel- knöllchen der Leguminosen (Taf. XXVII, Fig. 5). Man könnte sich vorstellen, dass es auch in dem Bacteriumschwarm des Chondromyces zu einer Arbeitstheilung komme, indem ein Theil der Bacterien zer- fliesst und sich zu einem Plasmodium verbindet, während ein anderer Theil seine Individualität behält und in dem Plasmodium eingeschlossen weiter lebt, wie Mikrosomen ^). Ob in dem Schwarmhaufen der Myxo- bacterien thatsächlich dieser oder ein ähnlicher Vorgang Platz greift, wage ich indessen nicht zu behaupten ; darüber müssen erst fernere Untersuchungen volle Klarheit schaffen. Es wäre ja auch möglich, dass sämmtliche Formationen des Bacterienhaufeus nun als die Resultate der zweckmässig zusammenwirkenden Einzelbewegungen der Bacterien aufzufassen seien. Ein solches harmonisches Zusammenwirken der einzelnen Bacterien nach Zeit und Ort zu einem bestimmten architek- tonischen und biologischen Zweck würde allerdings eine der wunder- barsten Anpassungen involviren, die je von einem Organismus im 1) Der Gedanke, dass Bacterien in nackte rliizopodenartige Gebilde übergehen könnten, die dann mit einander fusioniren, ist um nichts phantastischer, als die Schwärmsporenbildung überhaupt. In seinem Lichte würden sich manche Er- scheinungen, die bisher dunkel blieben, sofort erhellen. Ich denke z. B. an den „Infectionsschlauch" des Rhizobium Leyuminosarum und an die „Sichelkörper" des Plasmodium inalariae. 548 H. ZUKAI.: Laufe der Zeiten erworben wurde ^). In der schon einmal erwähnten Note ^) habe ich die Bemerkung gemacht, dass ich den Chondromyces schon deshalb für einen Myxomyceten halten müsse, weil ich auch in den Plasmodien unzweifelhafter Myxomyceten ganz ähnliche Mikro- somen und fädige Structuren auffinden konnte, wie in dem Pseudo- plasmodium des Chondroviyces. Dies hat auch seine Richtigkeit '). Die weitere Untersuchung hat aber ergeben, dass unter Wasser die Mikrosomen der echten Plasmodien wohl auswandern, vielleicht in Folge Absterbens des Hyaloplasma, dass aber diese ausgewanderten Mikrosomen sich niemals iheilen und auch nicht den Charakter selbst- ständiger Zellen besitzen. Dieser Umstand, sowie die bereits erwähnten übrigen Ergebnisse der Untersuchung zwingen mich, den bisher festgehaltenen Standpunkt zu verlassen und mich dem THAXTER's zu nähern. Wir müssen daher mit der Thatsache rechnen, dass es Bacterien giebt — die Myxobacterien *) THAXTER's — , welche die merkwürdige Eigenschaft besitzen, aut einer bestimmten Entwickelungsstufe einen bienenschwarmähnlichen Haufen von bestimmter Form zu bilden, nämlich das Pseudoplasmodium (THAXTER). Damit kann die höchste Entwickelungsstufe nahezu er- reicht sein, wie in den einfacheren Formen der Gattung Mywococcus, oder es gehen aus dem Pseudoplasmodium eine oder viele Cysten hervor, die wieder auf einfachen oder verzweigten Trägern stehen (Cystophores Thaxter). Zum Verständniss der ganzen Ordnung wird es 1) Sollte es sich erweisen, dass die Fruchtkörper der Myxobacterien nicht von einem Plasmodium, sondern durch die active Thätigkeit der einzelnen Bacterien aufgebaut werden, so wäre diese Thatsache für die Vererbungstheorie von grosser Wichtigkeit. Es müsste nämlich die Frage aufgeworfen werden, ob das gesammte Thun und Treiben der Bacterien und ihr zweckmässiges Zusammenwirken auch von der Determinantentheorie befriedigend zu erklären wäre? Sollte das Plasma jeder einzelnen Bacterie wirklich alle jene zukunftsbestimmenden Qualitäten besitzen, welche zur Regelung des Verhaltens der Individuen für jeden einzelnen Fall ange- nommen werden müssten ? Mir scheint es, dass man diese Frage schwerlich be- jahen könnte, dass die Thatsachen vielmehr zu Gunsten der epigenetischen Theorie sprechen. Nach der letzteren müsste man alle Bacterien eines Myxobacterien- schwarmes für so gieichwerthig halten, dass die einzelnen Individuen ohne Schaden für die Organisation des Fruchtkörpers unter einander vertauscht werden könnten. Ihr abweichendes Verhalten im Laufe der späteren Entwickeluug wird durch äussere Umstände, wie Licht, Schwere. Feuchtigkeit, Lage etc. bewirkt. Allerdings sind diese äusseren Ursachen niclit als causa efficiens, sondern nur als der aus- lösende Reiz zu betrachten, der wahre Bauleiter ist die natürliche Zuchtwahl. Diese hat aber nicht auf das Keiniplasma des Individuums gewirkt, sondern sie hat von allem Anfang an den ganzen Schwärm als höheres Einheits- und Formationsobject behandelt. 2) Siehe Anmerkung 2. 3) Die näheren Daten über diese merkwüi'digen Structuren werde ich in einer besonderen Myxomycetenarbeit veröffentlichen. 4) Thaxter 1. c. Ueber die Myxobactcrien. 549 aber nothwendig sein, die einzelnen Gattungen mit kurzen Worten zu charakterisiren. Die niedrigsten der hierher gehörigen Formen finden sich in der Gattuug Mya:ocöcctts Thaxter 1892. Die vegetative Form dieser Bacterie besteht in gestreckten, schwach flexilen, an den Enden abgerundeten Stäbchen von 4 — 7 ^ Länge, welche häufig unregelmässig gekrümmt erscheinen (Taf. XXVII, Fig. 1 — 2). Unter gewissen Umständen schwärmen sie zusammen und bilden einen tröpfchenförmigen, oft gefärbten, zuweilen sogar kurz gestielten Haufen von circa 1 mm Durchmesser. Letzterer umgiebt sich mit einer schmalen, gallertig schleimigen Hülle und erhält dadurch eine grössere Festigkeit (Fig. 2). Innerhalb dieses Häufchens geht der grösste Theil der Stäbchen in Sporenbildung über. Letztere ver- läuft sehr eigenthümlich. Vor der Sporenbilduug wachsen nämlich die Stäbchen etwas in die Länge und theilen sich dann gleichzeitig durch mehrere Querwände so, dass jedes Stäbchen in 4 — 6 fast iso- diametrische Zellen abgetheilt erscheint. Letztere runden sich ab, ver- grössern sich bedeutend und umgeben sich schliesslich mit einer etw'as derben Haut, welche aussen noch von einer Gallerthülle begrenzt wird. Auf diese Weise entstehen die kugeligen Sporen. Durch die eben er- wähnte Gallerthülle werden die Sporen eines Langstäbchens noch längere Zeit perlschnurartig zusammengehalten (Taf. XXVII, Fig. 3). Bei dem von mir untersuchten MyxococciLS macros'porus nov. spec. sind die Langstäbchen innerhalb des kugeligen Schwarms regelmässig garben- förmig angeordnet. Da sich bei dieser Species die oberste Zelle in jedem einzelnen Stäbchen zuerst vergrössert, abrundet und zur Spore umwandelt, die nachfolgenden, nächst tieferen, aber etwiis weniger ent- wickelt und kleiner sind u. s. f., da ferner fast sämmtliche Stäbchen und Sporen auf demselben Bogen des Schnittes nahezu auf der gleichen Entwickelungsstufe stehen, da ferner die untersten Stäbchen vegetativ bleiben und eine Art von säulchenförmigem Stiel bilden, so erinnert das ganze Gebilde lebhaft an das Conidienköpfchen eines Schimmel- pilzes (Fig. 2). Die Sporenkeimung wurde von mir nicht beobachtet, wohl aber von THAXTER ^) bei Myxococcus rubescens. Nach diesem Forscher durchbricht bei der Keimung der Sporeninhalt von der In- tine. umschlossen, an einer beliebigen Stelle die übrigens ziemlich dünne, äussere Sporenhaut, stülpt sich dann papillenförmig vor und wächst zu einem geraden oder schwach gekrümmten Schlauch von der Dicke und Länge des vegetativen Stäbchens aus. Zuletzt verlässt auch das kurze, schwanzförmige Stück, mit welchem das junge Stäbchen bislang in der Spore steckte, das Exosporium und lässt letzteres in der Form einer leeren Blase zurück. Selten durchbricht das junge Stäbchen an zwei entgegengesetzten Enden gleichzeitig die Sporenhaut. 1) In seinen „Further observations" 1897. 550 H- ZUKAL: Von der Gattung Myxococcus hat THAXTER 6 Specles beschrieben; ich selbst fand eine siebente, deren Diagnose ich am Schlüsse dieser Zeilen gebe. Die zweite, schon etwas höher entwickelte Gattung der Myxo- bacterien nennt THAXTER Myxohacter. Die vegetative Form dieser Bacterie bildet wieder 4 — 9 /t lange, an den Enden abgerundete, gerade oder schwach gekrümmte Stäbchen. Die gold- bis orangegelben, ziem- lich derbwandigen, kugeligen oder elliptischen Cysten von 75 — 350// Durchmesser liegen zu 1 — 7 in einer glatten, hyalinen, dicken und widerstandsfähigen Gallertkapsel. Die Cysten enthalten keine Sporen, sondern nur stäbchenförmige Bacterien, die jedoch etwas kürzer sind als die nicht encystirten Stäbchen. Die ganze, etwa halbkugelige oder etwas flache Cystengruppe misst sammt der sie einschliessenden Gallert- kapsel 4 — 5 mm, und darüber (Fig. ß — 10). Dieser Organismus ist aber nicht neu, wie THAXTER annimmt, sondern er war schon den älteren Botanikern bekannt. Zum ersten Mal wurde er 1795 von LINK in den Dissertationes botanicae und zwar unter dem Namen Polyangium vitellinum beschrieben ^) und ging von hier aus in verschiedene Floren- und Pilzwerke über. BONORDON jedoch (Handbuch der allg. Mykologie 1851) erklärte das Polyangium für Insecteneier und setzte es auf die Liste jener Formen, die aus den Pilzen ausgeschlossen werden müssen. Dabei ist es bis jetzt geblieben. (Siehe SACCARDO, Sylloge YII, S. 47.) Auch mir war das Polyangium seit vielen Jahren bekannt; ich fand es stets an sehr feuchten Stellen an alten Fichtenstöcken beim Sammeln neuer Myxomyceten, wusste aber nichts Rechtes damit anzufangen; auch hielt ich es für einen Myxomyceten und nicht für Insecteneier. Dieser Ansicht war auch Herr Hofrath LlPPERT") in Wien, der mir ein von ihm in der Um- gebung des Hallstädter Sees gesammeltes Exemplar zur Cultur übergab. Ich hielt dasselbe mehrere Wochen lang auf Filtrirpapier zwischen zwei ührschälchen feucht. Da ich aber in den Cysten, die mit der Zeit missfarbig wurden und zu verschleimen anfingen, Bacterien fand, so berichtete ich, dass die Cultur misslungen und der Organismus unter Bacterieninvasion zu Grunde gegangen sei. Den wahren Sachverhalt erkannte ich erst später, nach der Leetüre der bahnbrechenden Arbeit THAXTER's. Ich habe aber auch gleichzeitig erkannt, dass die Gattung 1) Gute Abbildungen dos Polyangium findet man in Sturm's Deutschlands Flora, Tab. 27 und im System der Pilze und Schwämme von Nkes von Esenbeck, Tab. XIII. 2) Ich mache hier darauf aufmerksam, dass zwischen dem Polyangium und dem Didymium occulatum Lippert eine auffallende Homologie besteht Bei beiden Orga- nismen bilden sich nämlich die Cysten innerhalb einer dicken, wasserhellen Gallert- kapsel. Siehe Lippert, lieber zwei neue Myxomyceten. Verhandl. der k. k. zool. bot. Gesellsch. Wien 1894, S. 70 des 1. Quartales. Ueber die Myxobacterien. 551 Myxobacter Thaxter identisch ist mit dem Polyangium vitellinum Link. Nach dem Rechte der Anciennität muss natürlich der letztere Name reactivirt werden. Die zweite Gattung der Myxobacterien, nämlich Polyangium^ besteht nur aus einer Species. Die höchste Entwickelung erreichen die Myxobacterien in der Gattun» Chondromyces B. et C. 1857. Bei einigen Species dieser Gattung stehen die zahlreichen, unter sich gleich grossen Cysten auf kurzen Stielen in dichten Köpfchen und nehmen eine sporenähnliche Form an. Gleichzeitig werden eigenthüm- liche, mitunter reich verzweigte Träger entwickelt, so dass diese Orga- nismen dann eine täuschende Aehnlichkeit mit gewissen Schimmelpilzen erlangen und als solche auch beschrieben worden sind, so z. B. der Chondromyces crocatics als Aspergillus, der Ch. aurantiacus als Stig- mella u. s. w. Von den sieben, durch ThAXTER beschriebenen Species^), habe ich bisher vier bei Wien gefunden, nämlich Ch. crocatus, Ch. aurantiacus B. et C-, Ch. lich^nicolus Th. und Ch. serpens Th. In seiner letzten Arbeit beschreibt ThAXTER nebst einigen anderen Formen auch den prachtvollen Chondromyces apiculatus mit aspergillusartigem Habitus, aber flaschenförmigen Cysten, gewachsen auf Antilopenmist in Liberia (Afrika). Es scheinen demnach die Myxobacterien Kosmo- politen zu sein, und es ist daher zu hoffen, dass die drei Gattungen Mya-ococcus, Polyangium und Chondromyces bald durch Zwischenformeu verbunden w^erden dürften. Mit dem Zuströmen neuer Formen werden auch die verwandtschaftlichen Beziehungen der ganzen Ordnung als solche zu den Bacterien, Myxomyceteu und Pilzen klarer hervortreten. Myxococcus macrosporus noy. spec. (Tafel XXVII, Fig. 1—3). Schwärm fleischroth bis orangeroth, anfangs abgerundet, später tropfenförmig, 1 — 2 mm im Durchmesser, nur in der Jugend von einer schleimig-gallertigen Hülle umgeben, später zerfliessend. Im jugend- lichen Schwärm bilden die vegetativen, garbenartig geordneten Stäbchen die Basis und die Mitte, die Sporen den peripherischen Theil. Sporen kugelig, mit einem Durchmesser von 3 /i, von einer dünnen Haut und deutlicher Gallerthülle umschlossen, einzeln fast farblos, durchscheinend. Vegetative Bacterien stäbchenförmig, ca. 4 — 7 /* lang und 0,1 — 1,5 fx breit, an den Enden abgerundet, gerade oder gekrümmt, schwach flexil, ohne Geissein (?). Auf feucht gehaltener Rinde der Schwarz- und Silberpappel. Zimmercultur, Spätherbst 1896. 1) Bei der grossen Variabilität des Chondromyces stehe ich dieser Species allerdings mit einer gewissen Skepsis gegenüber. 552 H. Zükal: Ueber die Myxobacterien! Wächst auch auf gewöhnlichem starren Nähragar, auf welchem es mittelst der ausgeglühten Platinnadel von der Rinde aus übertragen worden war, in der Form winziger Tröpfchen, wenn die Agarschale feucht gehalten wird. Mischt man die Sporen aber nach der gewöhn- lichen Methode dem flüssigen Nähragar bezw. Gelatine bei, so erhält man keine Colonien. Dabei ist zu bemerken, dass der auf Agar ge- züchtete Myxococcus seinen Farbstoff dem Substrate nicht mittheilt. Ich habe in obiger Diagnose den Ausdruck „Cyste" vermieden und dafür den Ausdruck „Schwärm" gebraucht, weil bei meinem Myxococcus die schleimig-gallertige Gesammtmasse so dünn ist, dass ich den Aus- druck „Cyste" nicht mehr für gerechtfertigt halte. Ich finde wenigstens, was die Consistenz des ganzen Schwarmes anbelangt, zwischen einer Colonie des Bacillus prodigiosus und meinem Myxococcus keinen be- sonderen Unterschied. Die Sporen sind ziemlich dünnhäutig. Sie lassen sich auch angetrocknet nach der gewöhnlichen Methode färben, wenn auch nicht ganz so gut wie die vegetativen Stäbchen. Auf jeden Fall ist die Behandlung mit der heissen ZiEHL'schen Lösung unnöthig. Die Sporenbildung selbst ist eigenthümlich genug und besitzt meines Wissens unter allen Bacterien kein Analogon. Hier scheint nämlich wirklich eine echte Arthrosporenbildung vorzuliegen. Wien, December 1897. Erklärung der Abbildungen. Fig. 1. Stäbchen von Myxococcus macrosporus nov. spec. Vergr. 1400. „ 2. Optischer Längsschnitt durch den jungen Schwann (Cyste;. Vergr. 50. „ 3. Sporen auf vei'schiedenen Entwickelungsstufen. Vergr. 1400. „ 4. Auswanderungsfigur der Bacterien aus der Cyste von Chondromyces cro- catus B. et C. 24 Stunden nach der Aussaat der Cyste im Hängetropfen. Vergr. 200. — Rings herum einige Stäbchen in stärkster Vergröss. (1400). „ 5. Netzförmig verbundene Involutionsformen aus derselben Cultur am vierten Tage nach der Aussaat der Cyste im Hängetropfen. Vergr. 1400. „ 6. Po/i/an.(jium vitellinum Link. {Myxobacter aureus Thaxter). Seitenansicht der erwachsenen Cystengruppe. Vergr. 20. „ 7. Obere Ansicht derselben Gruppe. Vergr. 20. „ 8. Eine durch Druck mit dem Deckglas geöffnete Cyste des Folyangium. Durch den so entstandenen Riss sind die in „Schleim" eingebetteten Bac- terien ausgetreten. Vergr. 50. „ 9. Vegetative Stäbchen desselben Organismus. Vergr. 1400. „ 10. Cystenstäbchen des Folyangium. Vergr. 1400. Bericht über die vierzehnte General -Versammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft am 21. September 1897 in Brauns chweig. Entsprechend der auf S. 278 des laufenden Bandes dieser Berichte an die Mitglieder der Gesellschaft ergangenen Einladung fand am 21. September d. J. die Generalversammlung in dem Gebäude der Herzoglichen Technischen Hochschule in Braunschweig statt. Wie bisher üblich, wurde an dem durch die Einladung festgesetzten Termine nur die Erledigung des geschäftlichen Theiles, dessen Tagesordnung durch § 15 des Reglements vorgeschrieben ist, bewirkt, während die wissenschaftlichen Sitzungen gemeinsam mit der Abtheilung 8 (Botanik) der vom 20. bis 25. September am Orte tagenden Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte abgehalten wurden. Es soll hier zunächst über den geschäftlichen Theil Bericht erstattet werden. Den Yorsitz in der Generalversammlung führte dei derzeitige Präsident der Gesellschaft, Herr SCHWENDENER. Er begrüsste die anwesenden Mitglieder und gab einen mündlichen Bericht über den andauernd erfreulichen Stand der Gesellschaft, welcher auch in dem Rechnungsabschlüsse des Vorjahres (vergl. Anlage 1) zum Ausdruck kommt. Die günstige Finanzlage ergab sich einestheils aus dem Um- stände, dass Band XIV unserer Berichte weder an Text, noch an Zahl der beigegebenen Tafeln den üblichen Umfang wesentlich überschritten hat, anderentheils als Folge der für die Aufnahme von Tafeln in An- wendung kommenden einschränkenden Bestimmungen^). Der Vorstand hat auf Antrag des Herrn Schatzmeisters beschlossen, den bei dem 1) Vergl. die „Benachrichtigung" auf S. 1 des XIV. Bandes. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. /i\ ^2) Bericht über die General -Versammlung. Rechnungsabschluss sich ergebenden Ueberschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu einem Theile dazu zu benutzen, den bisher zurück- gelegten „Eisernen Fond" von 3000 tM um 2000 Jfi zu erhöhen. Es wird mithin von nun an in der Rechnungsablage ein fester Bestand von 5000 JÜ geführt werden. Zur Zeit bleibt dann immer noch ein flüssiger Kassenbestand von rund 1400 JH zu freier Verfügung. Betrübend ist dagegen die Thatsache, dass die Gesellschaft im abgelaufenen Jahre eine grössere Anzahl von zum Theil hervor- ragenden Mitgliedern durch den Tod verloren hat, was aus der Zahl und dem Umfange der nachfolgend zum Abdruck gelangten Nachrufe hervorgeht. Seit der vorigen Generalversammlung verstarben die Herren BATALIN, FIEK, Baron FERDINAND VON MÜLLER, FRITZ MÜLLER, Russow, Schmidt, Strähler und Taubert. Die Nach- rufe auf die Herren FiEK und SCHMIDT werden auf der nächsten Generalversammlung gebracht werden; dem vorliegenden Bericht sind noch die auf die Herren BORNEMANN und SCHNETZLER eingereiht. Die Generalversammlung ehrte das Andenken der Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen. Für den weiteren Theil der Verhandlungen berief der Vorsitzende den Secretär der Gesellschaft zum Schriftführer. In die Präsenzliste trugen sich ein die Herren ASCHERSON-Berlio, BLASIUS-Braunschweig, BODE-Marburg, BUCHENAU-Bremen, CONWENTZ-Danzig, Drude- Dresden, FRANK-Berlin, FÜNFSTÜCK- Stuttgart, KARSTEN-Kiel, KNY-Berlin, KOHL-Marburg, An den wissenschaftlichen Sitzungen nahmen ausserdem noch theil die Mitglieder Herr: BÜSGEN-Jena, 1 VON TUBEUF-München, MÖLLER-Eberswalde, MÜLLER (Carl) -Berlin, MÜLLER (Otto) -Berlin, OLTMANNS-Freiburg i. B., ORTH-Berlin, OTTO-Froskau, SCHWENDENER -Berlin, STEINVORTH-Hannover, ■ THOST-Berlin, WEBER-Barmen, Wieder- Aachen. als Gäste die Herren: CHUN-Breslau, FEIST-Braunschweig, CORDEL-Berlin, WILFARTH-Bernburg. Der Begrüssung und Constituirung der Versammlung folgte die Verlesung des von zwei Mitgliedern revidirten Rechnungsabschlusses durch den Schatzmeister Herrn OTTO MÜLLER (vergl. Anlage I), welchem die Versammlung ohne Debatte Decharge ertheilte. Hierauf Bericht über die General -Versammlung. (3) berichtete Herr ASCHERSON als Obmann der Commission für die Flora von Deutschland über den vom Vorstande unterstützten Plan der ferneren, dem Wunsche einer grösseren Anzahl von Mitgliedern ent- sprechenden Erstattung jährlicher Florenberichte (vergl. Anlage II). Zugleich legte Herr ASCHERSON die Gründe dar, die ihn zu der Bitte zwingen, von seiner Wiederwahl in die Commission Abstand nehmen zu wollen. Es wurde nunmehr, nachdem die Beschlassfähigkeit der Versamm- lung festgestellt worden war^), zu den statutengemäss anberaumten Wahlen geschritten. Als Scrutatoren berief der Vorsitzende die Herren Fünfstück und Wieler. Zum Präsidenten wurde mit Einstimmigkeit Herr S. SCHWENDENER wiedergewählt, welcher sich zur Uebernahme des Amtes für das folgende Geschäftsjahr bereit erklärte. Es wurden ferner gewählt die Herren VÖCHTING-Tübingen zum Stellvertreter des Präsidenten, BUCHENAÜ- Bremen, COHN-Breslau, CONWENTZ-Danzig, CRAMER-Zürich, DRÜDE-Dresden, GÖBEL- München, H^ABERLANDT-Graz, HEGELMAIER-Tübingen, PFITZER-Heidelberg, RADLKOFER-München, REINKE-Kiel, Graf zu SOLMS-LAÜBACH-Strassburg, Stahl- Jena, STRASBÜRGER-Bonn, Wiesner- Wien Da die Mandate der Mitglieder der Commission für die Flora von Deutschland erloschen waren, musste, wie in der Einladung mitgetheilt worden ist, eine Neuwahl für eine fünfjährige Amtsperiode erfolgen. Dieselbe endet mit dem Jahre 1901. Da auch Herr BüCHENAU bat, von einer Wiederwahl ausgeschlossen zu werden, so wurde nach kurzer Debatte die Wahl auf die Herren FREYN-Prag, LUERSSEN-Königsberg i. Pr., GRAEBNER- Berlin, SCHÜBE-Breslau HAüSSKNECHT- Weimar, gelenkt. Die genannten Herren wurden einstimmig gewählt. zu Ausschuss- mitgliedern. 1) An den Abstimmungen betheiligten sich 20 ordentliche Mitglieder. Der Vorstand war durch vier Mitglieder vertreten. (1*) (4) Bericht über die General -Versammlung. Hierauf erfolgte nach Verlesung eines von 18 Mitgliedern unter- zeichneten motivirten Antrages mit Einstimmigkeit die Wahl des bis- herigen ordentlichen Mitgliedes Herrn Rudolf Armand Philippi, Directors des Nationalmuseums in Santiago (Chile), zum Ehren- mitgliede der Gesellschaft. Alle gewählten Herren haben sich zur Annahme der auf sie ge- fallenen Wahl bereit erklärt. Die Verlesung der Nachrufe erfolgte in üblicher Weise zum Theil während der Feststellung der Wahlresultate. Es wurden m Abwesenheit der betrefiFenden Autoren vorgetragen der Nachruf auf BATALIN durch Herrn CONWENTZ, auf FRITZ MÜLLER durch Herrn KOHL, auf RUSSOW durch Herrn WiELER, auf Baron VON MÜLLER, Bornemann und Strähler durch Herrn Schwen- DENER, auf SCHNETZLER durch Herrn BODE und auf TAUBERT durch den Secretär Herrn CARL MÜLLER. Die nächstjährige Generalversammlung wird in Düsseldorf statt- finden. Näheres über Ort und Zeit wird die dazu ergehende Ein- ladung zur Kenntniss bringen. Im Anschluss an den geschäftlichen Theil spendete Herr ALFRED MÖLLER den Anwesenden eine Reihe von Separatabdrücken der letzten Arbeiten FRITZ MÜLLER's. Herr BUCHENAU übergab eine Anzahl von Exemplaren seiner Schrift „Ueber Einheitlichkeit der botanischen Kunstausdrücke und Abkürzungen" zur Vertheilung an die Anwesenden. Der wissenschaftliche Theil der Generalversammlung erforderte die Abhaltung besonderer Sitzungen. Die erste derselben fand bereits am Tage vor der Geschäftssitzung, am Montag den 20. September, Nachmittags 3 Uhr statt. Sie wurde von dem Einführenden der Ab- theilung, Herrn Generalsuperintendenten BERTRAM geleitet, welcher die in ßraunschweig erschienenen Botaniker auf's Wärmste begrüsste und den Arbeiten der Versammlung einen reichen Erfolg wünschte. Als Schriftführer fungirte Herr Gymnasialoberlehrer Dr. AUGUST FEIST. Beiden Herren sind die Theilnehmer an der Versammlung für die opferbereite Führung während der Braunschweiger Tage zu lebhaftem Danke verpflichtet. In der constituirenden Sitzung skizzirte Herr BERTRAM die Vegeta- tionsverhältnisse von Braunschweig, sodann hielt Herr BUCHENAU- Bremen einen Vortrag über die Classification und Benennung der Blüthenstände. In unmittelbarem Anschluss an die General-Versammlung kam am nächsten Tage ein Vortrag des Herrn KOHL-Marburg „Ueber die Bericht über die General -Versammlung. ^5> Beeinflussung der Form des Zellkernes durch mechanische Ursachen" zur Erledigung. Herr KNY berichtete sodann über die nachfolgend zum Abdruck gelangte Arbeit des Herrn FlGDOR-Wien „üeber die Ursachen der Anisophyllie". Die dritte Sitzung fand unter Vorsitz des Herrn DKUDE-Dresden am Mittwoch den 22, September statt. In derselben sprach Herr MÖLLER- Eberswalde unter Vorlegung von Demonstrationsmaterialien „Ueber einige besonders auffallende Pilze Brasiliens." Herr CaEL MÜLLER- Berlin besprach die zur Veröffentlichung in unserem Berichte ein- gesandte Arbeit von E. UlE: Ueber Dipladenia atro-violacea Müll.-Arg. und Begonien als Epiphyten. Die letzte Sitzung fand am Donnerstag den 23. September Vor- mittags 9 Uhr statt. In derselben sprachen Herr CHUN-Breslau über Plankton-Forschungen und Herr DEUDE-Dresden „Ueber die Vegetations- linien im hercynischen Gebiet der deutschen Flora." Herr KOHL- Marburg legte hierauf Proben der von ihm herausgegebenen botanischen Wandtafeln vor. Am Dienstag den 21. September betheiligte sich eine grössere Anzahl der anwesenden Botaniker an einer gemeinsam mit der Ab- theilung für Agricultur-Chemie abgehaltenen Sitzung, in welcher Herr HARTLEP - Bonn „Ueber Alinit und den Bacillus Ellenbachiensis'^ sprach. Ueber die durch die ungünstige Witterung während der Braun- Schweiger Tage stark beeinträchtigten, der Geselligkeit zu Liebe ge- troffenen Veranstaltungen zu berichten, ist hier nicht der Ort. Es genügt, dass das coUegialische Verhältniss, welches alle Theilnehmer verband, an dieser Stelle hervorgehoben wird. Dl- • M LI Q,,-, S. SCHWENDENER, Berlin, im November 1897. „ r, • -, ^ ^ ,, , ^ z. Z. rräsident der Gesellschaft. (6) Anlage I. Rechnungsablage des Jahres 1896. Rechnungsablage des Jahres 1896. Soll Haben Ji Pf. JC Pf. I. Beiträge-Conto. Im Jahre 1895 vorauf gezahlte Beiträge im Vortrage 905,00^ Im Jahre 1896 eingezahlte Beiträge 6036,65 „ 6 941 65 6 241 700 Für Rechnung 1896 gezahlte Beiträge: 57 Berliner ä 20 J^ 1140,00 J^ 309 Auswärtige a 15JC . . . . 4635,00 „ 44 Ausserordentliche ä 10^ . 440,00 „ Plus 26,65 „ , 410 Mitglieder zahlten 65 Für Rechnung 1897 ff. vorauf gezahlte Beiträge 00 6 941 65 6 941 65 11. Interessen-Conto. Zinsen aus dem Depot und den vorhandenen Effecten 325 00 III. Gewinn-Conto. Gebr. Borntr^ger zahlten 25pCt. des Rein- gewinnes des Bandes XIII 203 15 IV. Berichte-Conto. Band XIV, Jahrgang 1896: 432 + (116) = 548 Seiten Text, 24 Tafeln, 638,449cm Holzschnitte, 243,75^0/« Zinko- graphien. Die Gesellschaft entnahm 420 Exemplare (410 für Mitglieder, 9 für Ehren- mitglieder, 1 für den Schriftführer) und zahlte dafür nach Massgabe des Vertrages Ersatz für Taf. S, i k GbJi 130 56 25 4 4 001 00 00 50 00 55 4 216 05 Ersatz für Farbendruck Taf. 8 Ersatz für Farbendruck Taf. 12 Ersatz für 1 Gliche Kosten des Bandes netto 4 216 05 4 216 05 Rechnungsablage des Jahres 1896. (7) Soll Haben M Pf. •^ Pf. V. Kosten-Conto. Porto f. Correspond., Diplome, Correct. 110,93 Ji^ Porto für Versendung der Berichte . 393,95 „ Spesen und Provisionen _. 15,55 „ Formulai'e 85,25 „ 1298 Honorare 688,60 „ Institutsdiener 4,00 „ 28 YI. Kapital-Conto. Am 1. Januar 1896 Vermögen im Vortrage: Fester Bestand 3000,00^ Flüssiges Vermögen . . . 1931,43 „ 4 931 6 241 325 203 43 65 00 15 • 4 001 1298 6 401 I. Beiträge-Conto II. Interessen-Conto III. Gewinn-Conto lY. Berichte-Conto 55 V. Kosten-Conto 28 Am 31. December 1896 Vermögen im Ueber- ta-age : Pester Bestand 5000,00^^ Flüssiges Vermögen . . . 1401,40 „ 40 11 701 23 11 701 1 23 Toranschlag 1897. Vortrag des Vermögens am 1. Januar .... Beiträge 6 401 6 000 300 200 • 40 00 00 00 5124 1329 6 448 Zinsen Gewinn an Bd. XIV Berichte, Bd. XIV (Durchschnitt nach den letzten 5 Jahren) Kosten (Durchschnitt der letzten 5 Jahre). . . Vermögen am 31. December 1897 00 00 40 12 901 40 12 901 40 Die laufenden Einnahmen des Jahres 1896 betragen 6769,80 JC, die laufenden Ausgaben 5299,83./^; mithin sind 1469,97 ti^ mehr ein- genommen als ausgegeben. Bei 410 zahlenden Mitgliedern kommt auf jedes Mitglied 16,bl Jt Einnahme und 12,93 JC Ausgabe. Berlin, den 23. März 1897. Otto Müller. (8) Bericht des Obmanns der Commission für die Flora von Deutschland. Anlage II. Bericht des Obmanns der Commission für die Flora von Deutschland. üeber die Arbeiten der Commission habe ich Folgendes zu be- richten : Von den Mitgliedern der erweiterten Commission schied am 21. Juni d. J. Herr Amtsvorsteher E. FiEK in Cunnersdorf bei Hirsch- berg i. Schi, aus dem Leben. Die Commission verlor in diesem Forscher, dessen Verdienste um die Flora Schlesiens allgemein aner- kannt sind und der eine umfassende, über die Grenzen Mittel-Europas weit hinausreichende Formenkenntniss besass, einen ihrer pünktlichsten und sachkundigsten Berichterstatter. Für die bevorstehende Neuwahl der engeren Commission scheint mir die Rücksicht auf die Fortführung der Berichte über die neuen Entdeckungen in der Flora von Deutschland entscheidend. Die Wieder- aufnahme dieser Berichte, die — bei dem wegen Mangels an Mitteln immer noch nicht ermöglichten Abschluss des Repertoriums — das einzige an die Oeffentlichkeit getretene Zeugniss der Thätigkeit der Commission geblieben sind, wird von so vielen Seiten gewünscht, dass ich meine entgegenstehende Ansicht unterordnen muss. Indess kann ich nicht verhehlen, dass mir die Ausführung dieser Arbeit, die mich stets mehrere Monate in Anspruch nahm, in der früheren Weise neben der Fortführung der Synopsis der mitteleuropäischen Flora nicht möglich ist, und ich bitte daher, bei den bevorstehenden Wahlen von meiner Person abzusehen. Es möchte sich empfehlen, für die Fortführung der Berichte eine jüngere, minder durch anderweitige wissenschaftliche Arbeiten in Anspruch genommene Kraft in Aussicht zu nehmen. Eine solche glaube ich nach vorläufiger Anfrage bereits in der Person des Herrn Oberlehrers Dr. SCHÜBE -Breslau gefunden zu haben, doch hat sich derselbe eine endgültige Erklärung noch vorbehalten. Wenn diese Aussicht sich verwirklicht, würde die seit einem halben Jahrzehnt schwebende Frage in allgemein befriedigender Weise gelöst sein. Ol- r.r^ r>, , inr>r, DerObmannt Berlin, 20. September 1897. p_ ASCHERSON. J. Dufour: J. B. Schnetzler. ^9) Nekrologe. J. B. Schnetzler. Von J. Dufour. Während mehr als 20 Jahre war als Professor der Botanik an der Universität Lausanne ein ausgezeichneter Lehrer thätig, der von der Liebe und Hochachtung aller seiner Schüler umgeben wurde. Von der Gründung der Deutschen Botanischen Gesellschaft an war SCHNETZLER Mitglied derselben; es möchte uns deshalb erlaubt sein, ihm auch an dieser Stelle eioen Nachruf zu widmen. Johann Balthasar Schnetzler, geboren den 3. November 1823 in Gächlingen, Kanton Schaffhausen, studirte am Polytechnikum in Stuttgart, verbrachte etliche Monate in Frankreich und wurde dann, erst 20 Jahre alt, als Lehrer der französischen Sprache an das Gymnasium von Schaff hausen, seiner Vaterstadt, berufen. Es war dies eine bescheidene, aber sichere Stellung; doch der junge Professor sehnte sich nach anderem. Die Naturwissenschaften, denen er sich bis dahin nie hatte ganz widmen können, zogen seinen lebhaften Forschergeist mächtig an. Obschon seine Leistungen vollauf anerkannt wurden, entschloss er sich bald darauf seine Stelle aufzugeben, um seine naturwissenschaftlichen Studien weiter zu führen. Von den hervor- ragenden Genfer Gelehrten ALPHONSE DE CANDOLLE, DE LA RlVE, COLLADON und anderen mächtig angezogen, siedelte er in diese Stadt über. Seine Mittel waren gering, und er musste dort, neben eifrigem Studium, sich durch Ertheilung von vielen Privatstunden durchhelfen. Es war dies eine harte Schule des Lebens, die seinen Willen und Cha- rakter mehr und besser stählte, als viele Studiensemester ohne Noth und Sorge es gethan hätten. Im Jahre 1847 wurde SCHNETZLER als Lehrer der Naturwissen- schaften an das College von Vevey (Canton Waadt) berufen, wo er 22 Jahre blieb. Es war damals eine Zeit, in der die Wissenschaft sich immer mehr den praktischen Lebensbedürfnissen anpasste, (10) J- Dufour: SCHNETZLER wusste auch durch seine öflPentlichen Vorträge über Tagesfragen auch fernere Kreise für die Naturwissenschaften zu inter- essiren. Im Jahre ]869 wurde er als Professor der Botanik an die Akademie von Lausanne, welche später zur Universität erhoben wurde, berufen. Erdocirte dort bis 1891, wo Krankheit ihn nöthigte, sich in den Ruhestand versetzen zu lassen. Von da an sah man ihn selten mehr, seine Kräfte sanken zusehends. Eine Lungenentzündung machte seinen Leiden ein Ende; er starb, 72 Jahre alt, am 29. Juni 1896. Seiner langen Laufbahn als Lehrer der gesammten Naturwissen- schaften verdankte SCHNETZLER eine in unserer Zeit der Specialisirung ungewohnt gründliche Kenntniss dieser Fächer. Er war ein Natur- forscher im eigentlichen Sinne des Wortes. Wenn auf Excursionen ihm seine Schüler irgend eine Larve, ein Insect oder eine Gesteinsart brachten, so wusste er fast immer den Namen anzugeben. Ohne eigentlich Florist zu sein, kannte er selbstverständlich sehr gut die Hauptrepräsentanten unserer Flora. Sein lebhafter Vortrag, sein klarer, anregender Unterricht sind noch in Aller Erinnerung, in Lausanne, wie in Vevey. Er wusste seine Schüler in höchstem Masse zu interessireu , ja für die Natur- wissenschaft zu begeistern. Nie hatte er irgend ein Concept bei seinen Vorträgen, selbst bei Aufzählung der Familien, Arten und Species; sein ausgezeichnetes Gedächtniss genügte ihm vollkommen. SCHNETZLER hat eine grosse Zahl Noten und Arbeiten, zumeist botanischen Inhaltes, herausgegeben; die meisten derselben erschienen in dem „Bulletin de la Societe vaudoise des sciences naturelles" und in den „Archives de la Bibliotheque universelle de Geneve'^. Seine erste Arbeit waren zoologische Notizen, deren hauptsächlichste: „Obser- vations anatomiques et physiologiques sur les vers d'eau douce" die ver- schiedenen Arten der Gattung Na'is und besonders Ä^a'/s serpentina Lam. behandelte. Zu erwähnen sind auch die Untersuchungen über den Einfluss des Chloroforms und des Aethers auf die Blutcirculation der Kaulquappen, sowie diejenigen der Temperatur der Erdraollusken. Die erste botanische Notiz Prof. SCHNETZLER's wurde im Jahre 1852 publicirt und behandelte eines seiner Lieblingsthemata: „Die Be- wegungserscheinungen einheimischer Pflanzen". Von der Beobachtung des „Schlafes" der Rohinia Pseud-Äcacia während einer Sonnenfinster- niss ausgehend, theilt er eine Menge sehr interessanter, das allgemeine Empfindungsvermögen der Pflanzen betreffenden Beobachtungen mit. Einige Jahre später machte er auch die Bewegungen der Staubfäden der Berberitze zum Gegenstand seiner gründlichen Untersuchungen. Er zeigte unter anderem, dass durch Berührung der Basis derselben mit einem Tropfen Wasser von 35 ° der Staubfaden eine rasche Bewegung nach dem Stempel zu macht, während kaltes Wasser keinen Einfluss auf J. B. SCHNETZLER: (11) das Bewegungsgelenk hat. Aus seinen verschiedenen Beobachtungen zog er den Schluss, dass die Bewegung ausschliesslich auf die Zu- sammenziehbarkeit des Protoplasmas zurückzuführen sei. Eine seiner ausführlichsten und vollständigsten Arbeiten bezieht sich auf die Circulation des Protoplasmas in den Zellen der Elodea canadensis. SCHNETZLER unterzog sich der methodischen Untersuchung des Einflusses der Temperatur, des Lichtes, der Elektricität und der chemischen Agentien u. s. w. auf dieses Phänomen. Wiederholt unter- suchte er auch den Einfluss des Curare (eines Giftes, welches damals durch die klassischen Studien CLAUDE BeRNARD's in den Vordergrund des Interesses trat) auf die Pflanzen. Er erkannte dabei, dass dieses Gift auf die Bewegungsorgane der Pflanzen nicht den paralysirenden Einfluss habe wie auf die thierischen Gewebe. So hat dieses Gift keinen Einfluss auf die Reizbarkeit der Staubfäden der Berberis, ebenso wenig auf die Bewegungsfähigkeit der Blätter der Mimosa pudica. Es hebt auch die Bewegung des PÜauzenprotoplasmas keineswegs auf. SCHNETZLER hat sich überhaupt viel mit ähnlichen Forschungen abgegeben und hatte dabei oft Gelegenheit, auf dem Gebiete der Pflanzenphysiologie sehr interessante Beobachtungen zu machen. Die zahlreichen anderen, meist kurzen Notizen Prof. SCHNETZLER's gehören so verschiedenen Gebieten an, dass es unmöglich ist, sie an dieser Stelle alle einzeln aufzuzählen. Wir wollen nur noch die Unter- suchungen über Chlorophyllköruer und Blüthenpigmente, über die Ein- wirkung des Borax auf Gährung und Fäulniss, über die thierfangenden Blasen der Utricularien, über verschiedene Bergsee -Algen u. s. w. erwähnen. In einem Lande, wo der Weinbau eine hervorragende Rolle spielt, wusste auch SCHNETZLER seine Kenntnisse auf diesem Gebiete all- gemein nützlich zu macheu. So hat er verschiedene Untersuchungen über Rebenkrankheiten, vorzugsweise über die Wurzelfäule gemacht; er wurde auch als eidgenössischer Experte bei der Reblausbekämpfung oftmals zugezogen. Kurz vor seinem Rücktritt wurde ihm als Zeichen der Dankbarkeit von der waadtländischen landwirthschaftlichen Ge- sellschaft ein Ehrenbecher gewidmet. Als Director des Botanischen Museums hatte SCHNETZLER, zuerst allein, später unter Mithülfe seines CoUegen FAVRAT die Pflanzen- sammlungen in Lausanne organisirt und weiter entwickelt; verschiedene bedeutende schweizerische Herbarien, so die von SCHLEICHER, CHAR- PENTIER, MURET, die Herbarien von GAUDIN (mit den Typen der Flora helvetica) und andere mehr, befinden sich darunter. In verschiedenen naturwissenschaftlichen Vereinen unseres Landes spielte SCHNETZLER eine wichtige Rolle. Er präsidirte unter anderem im August 1877 in Bex die Jahresversammlung der Schweizerischen natur- (12) E. LOEW: forschenden Gesellschaft, der auch mehrere hervorragende Botaniker, so DE BAEY, PLANCHON und DE CANDOLLE, beiwohnten. Lebhaften und fröhlichen Charakters war Prof. SCHNETZLER von allen hochgeschätzt; sein Andenken als das eines liebenswürdigen, gütigen Mannes, dessen ganzes Leben der Wissenschaft und seinem Berufe geweiht war, wird stets ein Vorbild sein aljen denen, die ihn gekannt und hochgeachtet haben. Fritz Müller. Von E. Loew. Fritz Müller wurde am 31. März 1822 zu Windischholzhausen bei Erfurt geboren, wo sein Vater JOHANN FRIEDEICH das Pfarramt bekleidete. Auch seine Vorfahren in weiter aufsteigender Linie ge- hörten dem Gelehrtenstande an, und besonders vom Grossvater mütter- licherseits, dem als Chemiker verdienten J. B. TROMMSDOEFF in Erfurt, scheinen Neigung und Anlage für Naturbeobachtung sowohl auf den Enkel FRITZ als auf dessen jüngere Brüder HERMANN und WILHELM übergegangen zu sein. Den ersten wissenschaftlichen Unterricht erhielt FEITZ vom Vater. Im Jahre 1835 trat FEITZ MÜLLER in die Ober- tertia des Gymnasiums zu Erfurt ein und absolvirte fünf Jahre später die Schule, um sich nach dem Vorbild des Grossvaters der Pharmacie zu widmen. Nach einjähriger, in Naumburg verbrachter Lehrlingszeit änderte er jedoch seinen Lebensplan und beschloss Naturwissenschaften und Mathematik zu studiren. Zu diesem Zwecke bezog er die Univer- sität Berlin (1841), dann im folgenden Jahre Greifswald, zuletzt wieder Berlin, wo er am 14. December 1844 mit einer Dissertation: De hiru- dinibus circa Berolinum hucusque observatis, den philosophischen Doctor- grad erwarb. Als Lehrer, die seinen Studiengang beeinflussten, er- wähnte er später die Zoologen LiCHTENSTEIN und EEICHSON und den Botaniker KUNTH in Berlin, sowie HOENSCHUCH in Greifswald; dank- bare Verehrung bewahrte er auch dem grossen Physiologen und Ana- tomen Johannes MÜLLEE in Berlin, durch den er wohl vorzugsweise auf die Entwickelungsgeschicbte der niederen Thiere hingewiesen wurde. Nach beendigtem Studium legte FEITZ MÜLLEE zunächst die Ober- lehrerprüfung ab, jedoch schon 1845 finden wir ihn wieder in Greifs- Fritz Müller. (13) wald als Studenten der Medlcin mit dem Plane, dereinst als Schiffsarzt Reisen in fremde Länder zu machen. Seine näheren Studiengenossen waren zu jener Zeit, ausser seinem Bruder HERMANN, die später als ausgezeichnete Zoologen hervorgetretenen MAX SCHULTZE und OSCAR Schmidt, ferner der als vielseitiger, naturforschender Schriftsteller be- kannt gewordene ANTON KARSCH und der zuletzt als Director der Königstädtischen Realschule zu Berlin verdiente FRANZ WeNZLAFF. Ein beliebtes Studienobject FEITZ MÜLLER's scheinen schon damals die Crustaceen gewesen zu sein; wenigstens schilderte er es selbst gelegentlich, wie er einst in Gesellschaft von MAX SCHULTZE im Greifs- walder Bodden barfuss auf meerbewohnende Muschelkrebse fahndete. Nach beendigtem medicinischen Studium (1848) versuchte der junge Gelehrte zunächst eine Anstellung im Staatsdienste zu erhalten, jedocb wurde ihm eine solche aus nicht aufgeklärten Gründen versagt, und er musste sich als Hauslehrer in Neuvorpommern durchzuschlagen suchen. Da ihm die in Preussen auf das Jahr 1848 folgende Strömung des politischen und religiösen Lebens nicht behagte, fasste er den kühnen Entschluss auszuwandern und sich in der zwei Jahre zuvor gegründeten deutschen Colonie Blumenau im südbrasilianischen Staate Santa Ca- tharina niederzulassen; dort hoffte er Gelegenheit zu ausgiebigen Beob- achtungen in der reichen Thier- und Pllanzenwelt des brasilianischen Urwaldes zu finden, zu dem es ihn mit magischer Gewalt hinzog. Am 19. Mai des genannten Jahres verliess er mit seiner jungen Gattin und einer einjährigen Tochter sein Vaterland, um es nie wieder zu er- blicken, und landete zwei Monate später glücklich in Brasilien. Hier legte er etwa 60 km von der Küste entfernt an der Garcia, einem Nebenfluss des Itajahy, mitten im Urwald eine kleine Farm an, von deren Erträgnissen er mit seiner Familie lebte. Die dortige Gegend vereinigt die Ueppigkeit der tropischen Pflanzenwelt mit den klimatischen Vorzügen der gemässigten Zone. Mit eigener Hand hat FEITZ MÜLLER damals, wie er beiläufig selbst erwähnte, die eisenharten Stämme der Urwald bäume gefällt, um Raum für seine Hütte zu schaffen, und er erzählt, wie ihm dabei die Reichlichkeit des in den Blattrosetten der epiphytischen Bromeliaceen angesammelten Wassers auffiel, das ihm später zu mancher überraschenden, zoologischen Entdeckung Gelegenheit gab. Vier Jahre lang setzte er das unabhängige Leben eines Colonisten fort und trotz vielfacher Entbehrungen erschien ihm später gerade diese Zeit als eine höchst glückliche. Im Jahre 1856 trat eine entscheidende Wendung im Leben FRITZ MÜLLER's dadurch ein, dass ihm eine feste Stellung als Lehrer der Mathematik und Naturwissenschaften am Lyceum zu Desterro — auf der unweit des brasilianischen Festlandes liegenden Insel Santa Catha- rina — übertragen wurde. Die Nähe des Meerstrandes ermöglichte es ihm hier sein Lieblingsstudium auf zoologischem Gebiete, die Ent- (14) E. LoBW: wickelungsgeschichte der Crustaceen, energisch weiter zu betreiben. Auch beschäftigte er sich dort schon mit botanischen Fragen, wie dies mehrere von Desterro datirte Arbeiten über Kletterpflanzen erweisen. Sein Lehramt hielt ihn in enger Berührung mit den verschiedenen Zweigen der Naturgeschichte und ebenso mit der Litteratur, die ihm an seinen früheren Wohnort doch nur schwer zugänglich war. Ein Moment höchster Bedeutung war es für FRITZ MÜLLER, als er mit dem 1859 erschienenen Werke DARWIN's über die Entstehung der Arten bekannt wurde. Von nun an bezogen sich die zahlreichen Einzelforschungen, die er z. B. über Wurzelkrebse (Rhizocephalen), Schmarotzerasseln (wie £?^to^^.^5c^^ Porcellanae), Scheerenasseln (Tanaiden), über die von ihm entdeckte Naupliusform der Garneelen u. a. in den Jahren 1862 bis 1864 (meist im Archiv für Naturgeschichte) veröffent- lichte, auf die damals brennende Frage, in wie weit die Anschauungen DARWIN's über die Descendenz der Organismen sich durch zusammen- hängende Thatsachenreihen auf dem Gebiete der Entwickelungsgeschichte bestätigen oder widerlegen liessen. FRITZ MÜLLER's berühmte, im Jahre 1864 erschienene Schrift: Für DARWIN, die das charakteristische Motto trägt: „Nullius in verba jurans, aliorum inventa consarcinare haud institui . . .", lenkte nicht nur die Aufmerksamkeit der damals in Sachen DARWIN's in heftigem Streit liegenden Naturforscher auf den neuen, scharfsichtigen Mitkämpfer, sondern trug diesem auch die Zuneigung DARWIN's selbst ein, mit dem er fortan in dauernder und für beide Männer höchst bedeutsamer Verbindung blieb. Durch die stete Mitarbeit an zahlreichen, den umfassenden Geist DARWIN's be- schäftigenden Problemen und Werken, für die FRITZ MÜLLER in der reichen Flora und Fauna seiner Umgebung immer neue Beleg- stücke und Beiträge sammelte, legte dieser den Grund zu jener erstaun- lichen Specialkenntniss von den Formen und Lebensbeziehungen der brasilianischen Thier- und Pflanzenwelt, die in der Folgezeit jüngere bei ihm zu Besuch weilende Fachgenossen auf Urwaldstreifzügen so oft bewunderten. Als er sein Lehramt in Desterro 1867 durch die Um- triebe von Jesuiten aufzugeben gezwungen war, konnte er auf eine Reihe der schönsten, wissenschaftlichen Erfolge, zumal auf zoologischem Gebiete, zurückblicken. Auch sein Familienleben war zu dieser Zeit «in ungetrübt glückliches; unter dem Dache seines Hauses erblühte ihm eine stattliche Reihe von Töchtern, von denen im Jahre 1865 die kleine ROSA bereits den Vater bei seinen Beobachtungen unterstützte. Wie E. Krause aus einem Briefe DARWIN's mittheilt, hat die Ge- nannte als Elfjährige zuerst an der Stengelspitze des Leins die dieser eigenthümliche Wachsthumsbewegung wahrgenommen. Fritz Müller erwarb nach seinem Fortgang aus Desterro in Blumenau eine kleine Besitzung, die nur wenige hundert Meter vom Walde entfernt war, so dass er sein Beobachtungsfeld nahe vor der Fritz Müller. (15) Thür hatte, und widmete von nun an sein Leben ausschliesslich der wissenschaftlichen Forschung. Aerztliche Praxis hat er nur in den ersten Jahren und stets gratis ausgeübt. Sein Ruf als bedeutender Gelehrter und die von ihm an das Nationalmuseum von Rio de Janeiro eingelieferten, schönen Sammlungen veranlassten die brasilianische Regierung ihn zum „naturalista viajante" mit einem bescheidenen Ge- halte zu ernennen, und zwar unter ausdrücklicher Erlaubniss, seinen Wohnsitz in Blumenau beibehalten zu dürfen. Die Veröffentlichungen, die Fritz Müller in portugiesischer Sprache — z. B. über die Duft- organe brasilianischer Schmetterlinge (1877), die Gehäuse der Tricho- pterenlarven (1878), die Verwandlung der durch den Dimorphismus ihrer Weibchen merkwürdigen Diptere Paltostoma torrentium (1879) u. a. — im Archiv des Nationalmuseuras niederlegte, bekunden sein er- folgreiches Wirken für die Zwecke des genannten Instituts. Ausserdem entfaltete er eine rastlose Sammelthätigkeit auf weiteren und näheren Ausflügen, verwendete grosse Sorgfalt auf Fflanzenculturen und müh- same ßestäubungsversuche in seinem Garten, machte Aufzeichnungen über das täglich mehr anschwellende Beobachtungsmaterial, dessen Zu- gehörigkeit zu den heterogensten Gebieten der Naturforschung einen gewöhnlichen Sterblichen bald von der Arbeit abgeschreckt haben würde, und veröffentlichte die wichtigeren Ergebnisse und Funde in sehr zahlreichen, kleineren Aufsätzen der zoologischen und botanischen Fachzeitschriften. Daneben führte er eine ausgebreitete Correspondenz mit europäischen Gelehrten — ich nenne ausser seinen Brüdern Hermann und Wilhelm nur Charles und Francis Darwin, Wallace, Hildebrand, Haeckel, Eichler, Graf Solms, Witt- MACK, GöBEL, Ludwig, Magnus, E. Krause — und stellte auch anderen ihm sonst fremden Forschern auf Ansuchen seine Erfahrungen auf das Freigebigste zur Verfügung. Da er seinen Briefen fast stets neue, von ihm entdeckte Thatsachen, wichtige Einwürfe gegen auf- gestellte Theorien und dergl. einzufügen pflegte, so ist seine Correspon- denz eine Fundgrube von eminenter, wissenschaftlicher Bedeutung, deren Schätze noch bei Weitem nicht erschöpft zu sein scheinen. Viel- fach überliess er die Briefe auch seinen Freunden zu theilweiser oder vollständiger Veröffentlichung. Wie mit DARWIN, arbeitete er sich mit einer Reihe anderer Fachgenossen in ganz specielle Fragen ein und suchte ihnen durch Material aus seiner Umgebung hilfreiche Hand zu leisten. Besonders gilt dies für seinen Bruder HERMANN, der eine ähnliche Studienrichtung wie FRITZ MÜLLER — nur mit noch stärker ausgesprochener Vorliebe für Botanik — eingeschlagen hatte und in den siebziger Jahren als der bedeutendste unter den deutschen Blüthen- biologen neben HiLDEBRAND hervortrat. Die Werke seines Bruders studirte FRITZ MÜLLER auf das Eifrigste und sandte ihm mancherlei Funde zu, die in der Regel, da sie aus einem noch wenig erforschten . Gebiet herstammten, ausserordentliches Interesse darboten. (16) E. LoEW: In so rastloser Thätigkeit vergingen Jahrzehnte, ohne dass eine wesentliche Aenderung in den äusseren Lebensverhältnissen FRITZ MÜLLER's eintrat. Zwar blieben Sorgen und Bekümmernisse nicht aus, wie denn eine im Jahre 1880 eintretende üeberschwemmung des Itajahy unseren Forscher eines Theils seiner Bücher und sonstiger Habe beraubte. Tief beugte ihn der spätere Verlust seiner geliebten Tochter Rosa und seines Bruders HERMANN, der am 25. August 1883 auf einer Alpenreise jäh dahingerafft wurde. Diese schweren Schicksalsschläge lähmten die Arbeitsthätigkeit FRITZ MÜLLER's auf lange Zeit. Aber immer wieder siegte zuletzt der Forschertrieb, und neue Probleme drängten sich heran, die der Aufklärung bedurften. Auch war das kleine, dem Urwald nahe gelegene Haus FRITZ MÜLLER's im Laufe der^Jahre mehr und mehr zu einer Art von wissenschaftlichen Station geworden, bei der nach Brasilien gekommene Jünger der Wissenschaft anklopften und von dem Altmeister der Urwaldforschung sich Rath holten. Hier schlug der jüngste Bruder WILHELM — gegenwärtig Professor der Zoologie in Greifswald — auf längere Zeit (1884/85) seinen Wohnsitz auf, um sich unter lebhafter Antheilnahme des älteren mit den Bau- und Lebensverhältnissen der Nymphalidenraupen zu be- schäftigen. In diesem Hause kehrten auch A. F. W. SCHIMPER und H. SCHBNCK ein, von denen der erstere interessante Beobachtungen über Ameisenpflanzen, der zweite über Lianen in der Umgebung von Blumenau unter Führung FRITZ MÜLLER's sammelte. Es waren das Gegenstände, über die einst FRITZ MÜLLER als einer der ersten wissen- schaftliche Aufschlüsse gegeben hatte. Mit welcher Freude er im Ver- kehr mit den jüngeren Genossen die Fortsetzung und den Erfolg seiner eigenen Arbeiten wahrnahm, lässt sich leicht ermessen. In Blumenau zog zu mehrjährigem Aufenthalt (1890/93) auch der Neffe MÜLLER's, Dr. Alfred Möller, ein, um hier unter den Augen des verehrten Oheims seine Entdeckungen über die Pilzgärten der Ameisen und über brasilianische Pilze zu machen. Die letzten Lebensjahre brachten mannichfaches Leid über FRITZ Müller. Im Jahre 1891 entzog ihm nach der Entthronung DOM PEDRO's die republikanische Regierung seine Stellung als reisender Naturforscher, da er sich auf Grund früherer Abmachungen weigerte von Blumenau nach Rio de Janeiro überzusiedeln, und versagte dem fast siebzigjährigen, um die naturhistorische Erforschung Brasiliens so hochverdienten Manne sowohl Entschädigung als Pension. Eine unter seinen Freunden und Verehrern in Deutschland geplante Spende zum 70. Geburtstage lehnte der anspruchslose Gelehrte dankend ab. Eine schmerzliche Wunde schlug ihm der Tod seiner geliebten Gattin Caroline im Jahre 1894. Auch eine Gefangenschaft — allerdings nur von der Dauer eines halben Tages — musste er unter den poli- tischen Wirren seiner neuen Heimath über sich ergehen lassen. Einen Fritz Müller. (17) heiteren Tag brachte ihm die Feier seines fünfzigjährigen Doctor- jubiläums (14. December 1894), bei dessen Gelegenheit von allen Seiten überraschende und sinnige Zeichen aufrichtiger Verehrung für ihn ein- liefen. Verschönt wurde sein Lebensabend vor allem durch die An- wesenheit zweier kleinen Enkel — FriTZ und HaNS LORENZ — in seinein Hause, die trotz ihres kindlich zarten Alters den kurzsichtigen Grossvater beim Aufsuchen seltener Bromeliaceenformen im Gezweige der ürwaldbäume erfolgreich zu unterstützen pflegten. Am 21. Mai 1897 schloss FRITZ MÜLLER die müdegewordenen Augen für immer, tief betrauert von seiner Familie, sowie den zahl- reichen Freunden in weitem Kreise der gelehrten Welt. Auch die Deutsche Botanische Gesellschaft verlor in ihm eines ihrer ruhm- reichsten Ehrenmitglieder. Ein genaueres Bild von der Persönlichkeit und dem Charakter Fritz MÜLLER's zu entwerfen, muss denen überlassen bleiben, die den grossen Forscher mit eigenen Augen gesehen und in näherem Verkehr mit ihm gestanden haben — ein Glück, das dem Verfasser dieser Zeilen leider nicht vergönnt war. „Er blieb sich selbst treu durch das ganze Leben, ein Mann von äusserster Anspruchslosigkeit, von gruudgütiger Freundlichkeit der Gesinnung und von unbestechlicher Wahrhaftigkeit in der Wissenschaft und im Leben. Die Beobachtung der lebenden Natur war seine grösste Lebensfreude, sein Trost in vielem Leid, seine tägliche Beschäftigung durch Jahrzehnte." — Diese Worte entstammen einem Briefe, den Herr Dr. MÜLLER, der treue Begleiter seines Oheims während eines fast dreijährigen Aufenthalts in Blumenau, über das Leben FRITZ MÜLLER's an mich zu richten die Güte hatte, und dem viele wichtige Angaben der vorliegenden biographischen Skizze entnommen sind. Dem genannten Herrn, sowie auch Herrn Dr. E. Krause in Berlin, der ebenfalls mit liebenswürdiger Bereitwillig- keit mir Aufschlüsse ertheilte, spreche ich herzlichen Dank aus^). Wohl nur in seltenen Fällen hat ein Naturforscher so viel Neues und Bedeutendes mit eigenen Augen geschaut und wahrheitsgetreu be- schrieben wie Fritz Müller. Zur Würdigung aller seiner Leistungen müssten sich Vertreter der verschiedensten naturwissenschaftlichen Disciplinen zusammenthun. Die Theilung der wissenschaftlichen Arbeit bringt es mit sich, dass an dieser Stelle vorzugsweise nur von den botanischen Forschungen des grossen Biologen die Rede sein kann. Aber auch unter dieser Beschränkung ist es schwer, einen in's Einzelne gehenden Ueberblick seiner Schriften zu geben, theils weil seine bota- 1) Benutzt wurden ferner der Nachruf Ernst Haeckel's: „Fritz MÜLLER-Desterro" in der Jen. Zeitsch. für Naturw. Bd. XXXI. S. 156—173, den mir Herr Oberförster Dr. MÖLLER freundlichst mittheilte, sowie zwei Veröffentlichungen von E. Krause in der Täglichen Rundschau 1892, Nr. 77 und in der Vossischen Zeitung 1897, Nr. 250 (Sonntagsbeilage). Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XV. f^) (18) E. LOEW: nischen Studien nicht selten mit gleichzeitigen, zoologischen Unter- suchungen zusammenhingen und durch sie beeinflusst wurden, theils weil Fritz Müller seine zahlreichen Beobachtungen in Hunderten von kleinen Aufsätzen oder Briefen niedergelegt hat, ohne je Zeit und Lust für zusammenfassende Arbeiten zu finden. Das „consarcinare" war eben keine dem genialen Beobachter lockend erscheinende Aufgabe. Die Forschungsrichtung FRITZ MÜLLER's wurde zunächst durch die Werke und Gedankenentwickelungen DARWIN's in hohem Grade be- einflusst und in bestimmte Bahnen gelenkt. Als letzterer 1865 seine ersten Beobachtungen über Kletterpflanzen im 9, Bande des Jour- nal of the Linnean Society veröffentlicht hatte, gab FrITZ MÜLLER Ergänzungen dazu und beschrieb die bis dahin unbeachtete Gruppe der Zweigkletterer, auf die er im Jahre 1882 noch einmal zurückkam. Auch die Stammanatomie der Kletterpflanzen behandelte FRITZ MÜLLER schon im Jahre 1866 und gelangte zu dem Ergebniss, das der zer- klüftete Bau ihres Holzkörpers in offenbarer Beziehung zu ihrer Lebens- weise steht — ein Gedanke, der bekanntlich erst in neuerer Zeit durch die Untersuchungen von AMBRONN, WESTERMAIER und besonders H. SCHENCK näher durchgeführt wurde. Wichtige Beiträge lieferte Fritz Müller zu der zweiten Auflage von DARWIN's Orchideen- werk (1877), sowie dessen Schriften über die Wirkung der Kreuzung und Selbstbefruchtung im Pflanzenreich (1876) und über die ver- schiedenen Blüthenformen bei Pflanzen der nämlichen Art (1877); auch die eifrige Beschäftigung DARWIN s mit den Bewegungsvorgängen der Pflanzen regte FRITZ MÜLLER zu ähnlicher Thätigkeit an, über deren Ergebnisse er einige Briefe an DARWIN richtete (s. Schriften- verzeichniss). Nicht selten fand der im brasilianischen jUrwalde dahin- streifende und die dort gefundenen Pflanzen in seinem Garten weiter cultivirende Forscher merkwürdige Thatsachen auf, die eine wesent- liche Stütze für die Theorien DARWIN's bildeten. So entdeckte er, dass bei gewissen Orchideen wie Notylia u. a. „Staubmassen und Narbenflächen desselben Stockes wie tödtliches Gift auf einander wirken" und also bei ihnen der höchstmöglichste Grad von Selbststerilität er- reicht ist. Wie schön illustrirt das den berühmten Satz DARWIN's, dass die Natur bei den Orchideen Selbstbestäubung verabscheue! Andrer- seits machte FRITZ MÜLLER schon auf autogame Blütheneinrichtungen bei Orchideen, so bei einer auf der Insel Santa Catharina vorkommenden triandrischen Form einer Epidendron-Kvi aufmerksam, die sich dort in Folge von Bestäubermangel entwickelt zu haben schien. Die Be- täubungseinrichtungen der Orchideen bildeten überhaupt ein bevor- zugtes Studienobject FRITZ MÜLLER's, über das er in älterer Zeit be- sonders mit F. Hildebrand correspondirte; letzterer hat auch eine Pteihe hierher gehöriger Mittheilungen FRITZ MÜLLER's veröffentlicht (siehe Schriftenverzeichniss). Unter anderem suchte der in Brasilien Fritz Müller. (19) auf günstigem Beobachtungsgebiet weilende Forscher durch Bestäubungs- versuche das Verhältniss von Catasetum mentosum als männlicher Form zu dem weiblichen Monachanthiis näher aufzuklären. Als besonders auffallend ergab sich hierbei, dass nach Entfernung der Pollinien aus den männlichen Cato5^^Mwz-Blüthen dieselben sofort welkten, während -andrerseits bei zwittrigen Blüthen andrer Orchideen das Welken in uubestäubtem Zustande wochen-, ja monatelang unterbleibt, aber nach der Bestäubung sofort eintritt. Die zahlreichen sonstigen Entdeckungen Fritz MüLLER's an Orchideen können hier nicht einzeln erwähnt werden* er kam in späterer Zeit mehrfach auf dies Lieblingsgebiet zurück, wie u. a. die an Prof. MAGNUS gelangten und von diesem 1886 veröffentlichten Mittheilungen über versuchsweise Kreuzung von Miltonia mit Catasetum und eine Abhandlung FRITZ MüLLER's in unseren <7e8ellschaftsberichten aus dem Jahre 1895 erweisen; letztere beschäftigt sich übrigens vorwiegend mit morphologischen und systematischen That- sachen. Die von FRITZ MÜLLER in älterer Zeit ausgeführten Be- stäubungsversuche bezogen sich weiter auf die Frage, in wie weit der eigene Pollen der Blüthe zu ihrer Befruchtung tauglich oder untauglich ist ; als ausgezeichnet selbststerile Pflanzen ermittelte er u. a. Eschscholtzia californica^ Tabernaemontana echinata, eine Bignonia-Kxi (Cipö alho). Auch den dimorphen und trimorphen Blütheneinrichtungen wendete er seine Aufmerksamkeit zu und beschrieb z. B. eine dimorphe Kubiacee (^Faramea) und trimorphe Pontede7'ia- Arten: zahlreiche andere hierher- gehörige Beobachtungen theilte er DARWIN zur Yeröflentlichung in e«;-^ia 448, 449, 452. iJianthus Caryophyllus 428. Diatoma tenue var. elongata 371, 487, 491. Diatomeen 70—73, 76, 78, 86, 122, 135, 324. Diazia Philipp i 499. — portulacoides 495. Dichodontium pellucidum 381, 382. Dichorisandra 94. Dicksonia (67). Dicranodontium 378. — longifolium 380. — longirostre 379. (92) Verzeicliniss der Pflanzennamen. Dicranum fragilifolium 380. — scoparium 395. — viride 380. Dictamnus albus 426, 431. Dictyographa 4, 6, 8. — gracilUma 6, 8, 10. Dictyosphaerium Ehrenbergii 372, 487, 492. — pulchellum 492. Dictyostelium 546. Didymiuin occultum 550. Didymodon cordatus 384. — rigidulus 384. Dieffenbachia 238. — spec. 310. Dinobryon sertularia 486, 487. — stipitatum 486, 487. Dioscorea Batatas 316. Diphyscium 378. Dipladenia (80), (82), (83). — atroviolacea (5), (79) -(83), (85). — fragrans (82), (83). — j7/MS} \ KBuchß Itz ffez 8. Beruhte d. Daitschen Bof.GeseUseJi.BdM: Ta^m \ WSc?iostakamtsc?i, ^ez. JE.LaijLe lüJi. Berichte dJ)eutschen Bot .GeseUsdi Bd^JtK A . Rimba^h, y &? E ZccuA CixJt Berufite d. Deutschen ßot.GesdLsdL.Bd.X/. 'cM^ez. E-Zaue Utk: Wichte d. Deutschen ßot.GeseUsch.Bd.Xf: TafW. eier^a. HXiMie lieh. ■ « Herichtc d. Dfutschen Bot. Üe^eUsck . Bd . XL Tur.XI. C.MvZl£r ge.7.. Ben'dite 70. 'zi/caZ^ez. ELrViJ: lun, New York Botanical Garden Library 3 5185 00259 1889 ii^A. .' ■'''sti, ■■■■■ •»^■-Sfe-- Jt, "1 ■i^T>^ '^#^^ '»-^ --^^^■\ ^^'. Vi' ^> ■.* J.'*^ ■<■ •' ■< 4^5-:-