m ^SvAPS 2^; - ;vjfi^^ ' M"^^ >iV 1 Bi^i^»!^ ? t^; s 'f. .---VV' "'^-'*v''^ >1 i*:'*^_ 1^ t^.-v /^■'^^'v S^-^\ BERICHTE DER DEUTSCHEN BOTANISCHEN GESELLSCHAFT. GEGRÜNDET AM 17. SEPTEMBER 1882. EINÜNDDREISSIGSTER JAHRGANG. BAND XXXI MIT 24 TAFELN, EINER BILDNISTAFEL UND 73 TEXTABBILDUNGEN IN 108 EINZELFIGUREN. LlBRAkY NEW YORK BOTaMCAL OARÜßN BERLIN, GEBRÜDER BORNTRAEGER, W 35 Schöneberger Ufer 12 a 1918 Sitzung vom 31. Januur 1913. 1.1BRART NEW YORK BOT AMC AL GAkUeW Sitzimg vom 31. Januar 191o. Vorsitzender: Herr G. HABERLANDT. Der Vorsitzende macht Mitteilung von dem Ableben zweier ordentlicher Mitglieder, der Herren Dr. Julius Müller in Ziegenhals, gest. am 5. Dezember 1912, Dr. W. Mitlacher, Prof. der Pharmakognosie in Wien, gest. am 15. Januar 1913. Die Anwesenden erheben sich, um das Andenken an die Ver- storbenen zu ehren, von ihren Plätzen. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen Fräulein Babiy, Johanna in Mödling bei Wien (durch H. Molisch und 0. Richter), die Herren: Heidmann, Anton in Wien III, Neulinggasse 24 (durch H. Molisch und 0. ElCHTER), Klein, Gustav, stud. phil. in Wien I, Universität (durch H. MOLISCH und 0. ElCHTER), Bremerkamp, Dr. C. E. B. in Pasuruan auf Java (durch F. A. F. C. Went und A. Engler), Bupgeff, Dr. Hans in München, Pflanzenphjsiolog. Institut (durch K. V. GOEBEL und 0. RENNER), Günthart, Dr. August in Leipzig, Poststr. 3 (durch R. v. Wett- stein und C. Schröter), Hippel, Dr. August, Assistent an der Großh. Badischen Landw. Ver- suchsanstalt in Augustenburg bei Durlach (durch K. MÜLLER CM ^ und C. VON Wahl). 2Z) Ber. der dentschen bot. Gesellsch XXXI. Sitzunar vom 31. Januar 1913. Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren: Gilbert, Edward M., Professor in Madison, Gero, Arpad, k. ung. Oberrealschulprofessor, z. Z. in Charlottenburg. Von Herrn Professor GRAFEN H. ZU SOLMS-LAUBACH ist fol- gendes Dankschreiben auf die ihm zu seinem 70. Geburtstage übersandte Adresse an Herrn Geh. Rat SCH WENDENER eingelaufen: Arnsburg bei Lieh, 28. 12. 1912. Hochverehrter Herr Geheimrath! Die Adresse, die mir die D. botanische Gesellschaft freund- lichst gewidmet hat, hat mich sehr erfreut, aber auch geradezu beschämt. Denn ich bin mir sehr wohl bewußt, wie sehr das- jenige, was ich im Lauf meines Lebens habe leisten können, einer milden und nachsichtigen Beurtheilung bedarf. Immerhin darf ich wohl aus dieser Adresse entnehmen, daß mein Lebenswerk nicht als ganz vergeblich erfunden wird. LTnd diese daraus gewonnene Überzeugung ist geeignet mich mit lebhafter Freude zu erfüllen. Ich bringe also der D. botanischen Gesellschaft meinen tiefgefühlten Dank für die mir gewordene Ehrung dar, indem ich Sie, hoch- verehrter Herr Geheimrath, bitte, denselben der Gesellschaft gütigst übermitteln zu wollen. Indem ich mich, hochverehrter Herr Geheimrath, aufs beste empfehle, bin ich Ihr ganz ergebener H. Graf Solms. E. BACHMANN: Der Thallus der Kalkflecliten. Mitteilungen. 1. E. Bachmann: Der Thallus der Kalkflechten. II. Flechten mit Chroolex^usg-onidien. (Mit Tafel I.) (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 5. Januar 1913.) Die Botaniker, die sich mit der Untersuchung von Kalkflechten beschäftigt und dabei nicht ausschließlich oder doch hauptsächlich die Fettabscheidungen, sondern den Bau des ganzen Thallus gleich- mäßig berücksichtigt haben, diese Botaniker haben vorwiegend Flechten mit grünen Fahnella- oder Ci/sfococcusgonidien untersucht. Nur von STEINERI), ZUKAL^) und FÜNFSTÜCK^) ist auch eine Flechte mit Scytonemagonidien. beschrieben worden, nämlich Petradis cxanthematica Fr., von FÜNFSTÜOK^), Baohmann^), ganz kurz sogar schon durch ZUKAL die chroolepusinhi-ende Gattung Jonaspis in einigen Arten. Niemandem ist ein wesentlicher Unter- schied im Bau der Flechten mit den letzteren Gronidien aufgefallen. 1) Steinee, Dr. Julius, Vcrrucaria calciseda. Petradis exanthematica. Ein Beitrag zur Kenntnis des Baues und der Entwickelang der Krustenflechten. Klagenfurt 1881. 2) ZUKAL, H., Flechtenstudien. Denkschr. d. math.-naturw. Klasse der Kaiser]. Akad. d. Wiss. Bd. 48. Wien 1884. 3) FÜNFSTÜCK, M., Weitere Untersuchungen über die Fettabscheidungen der Kalkflechten. Sonderabdruck aus der Festschrift für SCHWENDENER. Berlin 1899. S. 346 ff. 4) Derselbe, Die Fettabscheidungen der Kalkflechten. Separatabdruck aus FÜNFSTÜCKS Beiträgen zar wissenschaftl. Botanik. Bd. I, 1. Stuttgart 1895. Der>elbe, Die Fettabscheidungen der Kalkflechten (Nachtrag). Sonderabdruck aus Beiträgen z. wiss. Botanik, Bd. I, 2. Stuttgart 1896. 5) Eachmann, E , Der Thallus der Kalkflechten. (Vorläufige Mitteilung.) Ber. der Dtsch. Botan. Gesellsch. Bd. X, S. 30-37. Berlin 1892. Derselbe, Der Thallus der Kalkflechten. Wissensch. Beilage zu dem Programm der städt. Realschule zu Plauen i. V, 1892. 1* ^ E. Bachmann: Die Untersuchung von Kalkflechten mit ChrooJepus gonidien in größerem Umfange aufzunehmen, veranlaBte mich ein eigen- artiger Fund: Während eines Aufenthaltes in der Ostschweiz fand ich auf dem Kalk des Leistkamms am Nordrand des Walensees- und sodann am ,,Durchschlägi" am Wege von Amden nach dem Speer (Kanton St. Gallen) einige Stellen mit einem goldgelben Greflecht von ChroolepnsfMen bewachsen. Diese wiesen, mikro- skopisch betrachtet, nichts Besonderes auf, waren aber, wie man schon mit bloßem Auge erkennen konnte, auch in den Kalk hin- eingewachsen und erfüllten ihn in Form von kleinen kugeligen Nestern oder zarten verzweigten Fäden. Diese Fundstücke schienen mir den geeignetsten Ausgangspunkt für die später vorzunehmende Untersuchung von Kalkflechten mit Chroolepusgonidien zu bilden. Ihre Untersuchung wurde nach der früher beschriebenen Methode der Dünnschliffe ausgeführt. Für die entkalkten Präparate habe ich lange Zeit nach einem Färbungsmittel gesucht, das eine differente Färbung der Algenfäden und der Pilzhyphen herbei- führt. Nach vielen Versuchen mit allerlei Anilinfarben, unter denen eine Iprozentige Safraninlösung noch am besten wirkte,, ging ich zu Jodpräparateii über und bin schließlich bei der MANGINschen Chlorkalzium-Jodlösung^) stehen geblieben. In ihr nehmen die Chroolejjftstäden eine mehr oder weniger tief malven- bis weinrote Färbung an, während alle übrigen Flechtenbestandteile gelb bis braun werden, aber ohne jeden Stich ins Rote. Die Fär- bung hält sich tage-, ja wochenlang, kann durch Auswaschen mit Wasser beseitigt, durch neuerliches Zufließeulassen der Jodlösung jederzeit wieder hervorgerufen werden. Zuweilen nehmen die Zell- wände der C/iroolejmszeWen auch violette Färbung an, unter welchen Bedingungen, habe ich nicht näher untersucht. Die freudiggrünen Gonidien der Palmellaceen und verwandten Gattungen werden gelb bis braun gefärbt. Querschliffe durch den algenbev:ohnten Kalk werden durch Abbildung 1 und 2 veranschaulicht. Von ihnen ist besonders das- zweite Präparat interessant, weil der große, völlig klare Kristall, welcher die übrige dichte, trüb aussehende Kalkmasse unterbricht, von Algenfäden durchwachsen und weil der Dünnschliff so glück- lich getroffen worden ist, daß man den Verlauf der Fäden und bei stärkerer Vergrößerung (Abb. 3) sogar jede einzelne Zelle er- kennen kann. In der Umgebung des mittleren Fadens hebt sicli 1) Zimmermann, Dr. A., Die botanische Mikrotecbnik. Tübingen 1892. S. 138. Der Thallus der Kalkflechten. 5 sogar der üand der Kalkhöhle deutlich von der Kontur der Zellen ab. In beiden Dünnschliffen bildet die Gonidienzone eine zu- sammenhängende Schicht von der Oberfläche bis in etwa 200 ,u Tiefe, im ersten sind vereinzelte C/uooJeimsiiiden bis 350 [j, tief in den Kalk vorgedrungen und erscheinen hier in Form rundlicher Nester oder kurzer, geschlängelter Linien. Von Hyphen ist nichts zu sehen, auch nicht bei weit geöffneter Blende, nicht einmal in dem durchsichtigen Kristall des zweiten Präparates, wodurch ich in der anfangs gewonnenen Ansicht bestärkt wurde, daß hier ein Fall vorliege, wo Kalk von einer reinen Alge zerfressen worden ist und bewohnt werde. Ganz anders war das Bild nach Entkalkung der Dünnschliffe: alle Algenfäden erwiesen sich von Pilzhyphen umsponnen, die Lücken zwischen jenen waren von einem Netz zarter Hyphen er- füllt, das sich außerdem als ßhizoidenzone noch bis in eine Tiefe von 913 fjh beim ersten, von 500 fi beim zweiten Dünnschliff er- streckte. Kurz, ein echter Kalkflechtenthallus, aber ohne Apothecien, darum nicht bestimmbar. Der Thallus zeigte folgende mikroskopische Eigentümlichkeiten: Eine Rinde oder auch nur die Andeutung einer solchen fehlt ganz. Die ChrooIepiislÄden gehen bis unmittelbar an die Oberfläche des Kalkes heran und senden sogar noch Fortsätze über diese hinaus, eben jene goldgelben Fäden, die als lockeres Geflecht den Kalk bedecken und meine Aufmerksamkeit auf diesen gelenkt hatten. Bei der Prozedur des Schleifens sind natürlich nur die untersten Anfänge dieser frei endigenden Fäden übrig geblieben und ragen wie kurze Hörner über die Gonidienschicht hinaus. Wie Abbildung 7 erkennen läßt, sind ihre tiefsten Zellen von Pilzhyphen mehr oder weniger umsponnen, haben a.ber normale Form und Größe behalten, während die in den Kalk hineingewachsenen Gonidienfäden mannig- fache Veränderungen erfahren haben, um so stärkere, je älter sie sind oder, was dasselbe ist, je näher sie der Oberfläche des Steins liegen. Ehe ich jedoch auf diese Einzelheiten näher eingehe, dürfte es sich empfehlec, an den beiden Abbildungen 4 und 5 einen Überblick über den entkalkten Thallus zu geben. Jene, von einem älteren, diese, von einem jüngeren Thallus stammend, zeigen über- einstimmend, daß von der zusammenhängenden Gonidienzone ein- zelne Chroolejjnsiäden viel tiefer in den Kalk eingedrungen sind, als die Dünnschliffe erkennen ließen, nämlich in dem älteren Thallus 876 und 747 fi, in dem jüngeren 483 /*, daß sie demnach nur 37, 166 und 17 (x hinter der äußersten Tiefengrenze der ßhizoiden- Q E. Bachmaxn: zone zurückbleiben. Allerdings ist das nicht in der ganzen Aus- breitung des Thallus der Fall, sondern nur an gewissen Punkten, von denen einige für die Zeichnungen ausgewählt worden sind. An diesen Stellen aber ist ein scharfer Gegensatz zwischen Goniclien- und ßhizoidenzone überhaupt nicht vorhanden, beide gehen inein- ander über, der Thallus ist homöomer. Diese Tatsache fällt noch mehr ins Auge, wenn man damit das Lager einer Kalkflechte mit grünen Pehnella- oder PJcurococcusgonidien, etwa einer Ver- rucaria caiciseda D. C. vergleicht. An einem zur Kontrolle bereit gehaltenen entkalkten Dünnschliff dieser Flechte aus Torbole am Gardasee ist die Gonidienzone von der ßhizoidenzone ganz scharf geschieden: jene bildet eine dichte, lückenarme Schicht von 216 — 324 fi Dicke, diese ein 6480 fi mächtiges Gewebe zarter Hyphen mit vielen Sphäroidzellen aber ohne alle Gonidien; das ist ein deutlich heteromerer Thallus. Die Gonidienfäden verlaufen in der innersten Region, wie besonders Abb. 4 erkennen läßt, fast genau senkrecht zur Gesteins- oberfläche, sind wenig oder noch gar nicht verzweigt und erfüllen enge, schachtartige Höhlungen, die sie selbst in den Kalkstein hineingefressen haben. Das geht unzweifelhaft aus Abbildung 5 hervor, der bei 770facher Vergrößerung gezeichneten Fadenspitze A aus Abbildung 4. Ihre fünf Zellen sind durch Schlankheit aus- gezeichnet, besonders die jüngste, die 17 [i lang, im Maximum 5 ,«> dick ist und sich nach dem Ende zu verjüngt. Dem lebhaften Längenwachstum derselben haben die Hyphen nicht folgen können, darum ist die Fadenspitze auf eine Länge von 55,5 fi noch völlig- nackt, erst an der viertjüngsten Zelle fängt die Hyphenbekleidung an, und nur die fünfte ist reichlich mit Pilzfäden umsponnen. Das ist neu und sehr bemerkenswert; denn daraus geht hervor, daß die Chroolepusiä,de-D. die Fähigkeit besitzen, Kalk selbständig auf- zulösen, wozu nach den bisherigen Forschungen die freudiggrünen Gonidien nicht fähig sind. Sie wirken nur in Verbindung mit den Pilzhyphen auflösend, und da die Gonidien von den Hyphen allseitig bedeckt sind, muß das kalklösende Stoffwechselprodukt von diesen ausgeschieden werden. Ob es auch von ihnen bereitet wird, ist zweifelhaft. Die ChiooJepmgomdien aber können die kalklösende Säure erzeugen und abscheiden. Die Zweige, die von den jüngsten Chroolepusiäden entspringen, haben die Neigung, rechtwinklig zur Richtung des Mutterfadens weiter zu wachsen, wodurch die älteren Gonidiengruppen der Ge- steinsoberfläche vorwiegend parallel angeordnet erscheinen (vgl. Abb. 2, 3, 4, 8). Die Höhlungen können mit den vom Schacht Der Thallus der Kalkflechten. 7 ausgehenden Förderstrecken der Bergwerke verglichen werden. Dadurch wird das Gestein nach allen Richtungen zerklüftet, und durch eine eingenartige Wachstumsweise der Algenfäden erreicht diese Zerklüftung einen ungemein hohen Grad. Wie nämlich Abh, 6 aus der Kegion B des in Abb. 4 dargestellten Thallus er- kennen läßt, wachsen die ( 'hroole2Jusze\\en später durch interkalares Wachstum bedeutend in die Länge, aber noch mehr in Richtung der Breite. Ganz augenfällig wird das, wenn man die betreffenden Zellen mit denen in Abb. 5 und 7 vergleicht und dabei die un- gleiche Vergrößerung der drei Zeichnungen nicht außer acht läßt. Findet die Erweiterung in der Mitte oder an den beiden Enden der Zellen statt, so entstehen tonnen- oder knöchelförmige Ge- stalten (a in Abb. 6); die mittleren Erweiterungen können zu ge- stielten Auswüchsen werden, wie in den Zellen b und b^, derartige Seitenauswüchse können selbst wieder noch kleinere Fortsätze er- zeugen (Zelle c), kurz, es tritt an den ChroolejJust&den eine Wachs - tumsweise ein, die sich nur mit der Sprossung der Hefezellen ver- gleichen läßt und ihre Grenze bloß in der Beschränkung des Raumes durch benachbarte Fäden findet. Zeitlich fällt dieses rapide AVachstum mit der Besiedelung der ChrooIepnsTjellen durch Hyphen zusammen, die in Abbildung G nicht mit eingezeichnet worden sind. Die mit 1 bezeichneten Lücken zwischen den Algen- zellen muß man sich mit Hyphengeflecht ganz erfüllt, die Zellen selbst mit einem Hyphennetz von solcher Zartheit überzogen denken, daß man durch dasselbe hindurch jede Gonidienzeile mit ihren Scheidewänden und sogar die ungleiche Dicke ihrer Mem- branen an verschiedenen Stellen deutlich erkennen kann. Diese Beobachtungen aus der mittleren Zone des Thallus (die Region B liegt 430 ^ außerhalb der Region A) sind in folgenden Hinsichten bedeutungsvoll: Erstens zeigen sie, daß in dem Kon- sortium ChrooJejJH szeWe-Filzhyphe letztere auf das Wachstum der ersteren anregend und fördernd, nicht hemmend wirkt. Zweitens legen sie die Vermutung nahe, daß der Rohstoff für das rapide Wachstum der Algenzellen in der mit der Auflösung des Kalks Hand in Hand gehenden vermehrten Kohlendioxydabscheiduug geliefert wird. Drittens zwingen sie zu der Annahme, daß die schwamm- ai'tige Durchlöcherung des Kalks infolge der beschriebenen Wachs- tumsvorgänge für die Flechte selbst eine hohe biologische Bedeu- tung hat. Welche, darauf werde ich zurückkommen, nachdem ich die Hyphen und die weiteren Veränderungen der Thalluskompo- nenten in seiner äußersten Zone kurz beschrieben habe. 8 E. Bachmann: Die hier befindlichen Gonidiengruppen sind zunächst durch völlige ündurchsichtigkeit ausgezeichnet; die einzelnen Zellen in ihrer gegenseitigen Abgrenzung zu erkennen, ist nicht möglich, weil sie von einer zu dichten Hyphenhülle bedeckt sind, was bei den Hyphenknäueln mit grünen Gonidien (z. B. Lecidca caerulea Kmphl.) nie der Fall ist. Sie gleichen darin den Kokons der Seidenraupe, und, wie diese von dem lockeren Geflecht des ,, Puppenbetts" umgeben sind, so liegt (Abb. 10) die kokonähn- liche ChroolejMskette in einem losen Gewirr feinster Hyphen ein- gebettet. Die äußere Form ist selten Z3dindrisch, oft unregel- mäßig gewunden, mit Verengerungen and Anschwellungen, so daß dickdarmartige Gebilde entstehen (Abb. 7). Der Dickendurch- messer der in Abb. 10 dargestellten Chroolepuskokons beträgt bei a 15,7 fi>, bei c 14,2 ^, der des wurstförmigen Kokons steigt bis 20 fi', wogegen die normale Dicke der ChrooIejmszeWen 8 ^ nicht übersteigt, meist dahinter zurückbleibt. Das Plus kommt wenig- stens da, wo eine einfache Gonidienkette vorliegt wie in Abb. 10, auf E-echnung der Gonidienanschwellung und der HyphenumhüUung. und das ist um so auffallender, als die Hyphen bei der in Rede stehenden Flechte von ungewöhnlicher Dünne sind. Die Hyphen übersteigen die Dicke von 2 [j nicht, sind oft nur 1 [i dick, verlaufen nie auf längere Strecken geradlinig wie die der Rhizoidenzone von Vcrrucaria -Gcüciseda DC, sondern sind aufs zierlichste gewunden, geschlängelt, sehr reichlich anastomo- siert (Abb. 13), nie zu Sphäroidzellen erweitert und führen meist einen schwach lichtbrechenden, durch Jodlösung gelb werdenden protoplasmatischen Inhalt. Seltener finden sich in den tieferen Teilen des Thallus solche mit stärker lichtbrechendem Inhalt, der in einzelne länglichrunde Tröpfchen zerteilt ist (Abb. 11), nicht einen zusammenhängenden Faden bildet; hier hat man es trotz ihrer geringen Dicke von 1,57 /* wohl mit Ölhyphen zu tun. In dem äußeren Teil des Thallus, in der Nachbarschaft der Gonidien, erfahren sie noch andere Umwandlungen: besonders gern entstehen an ihnen kleine kugelige Anschwellungen nach allen Richtungen des Raumes, die aber keinen aufgeblasenen, sondern engen Innen- raum haben, zusammen zarte Korallenbäumchen bilden mit stark oder schwach lichtbrechendem Inhalt. Die Abbildungen 9 ^ und 12 veranschaulichen das, allerdings ohne die Orientierung der kleinen Anschwellungen nach den drei Richtungen des Raumes deutlich zu zeigen. Es ist selbstverständlich, daß durch diese Gebilde und die Hyphen im allgemeinen die Zerklüftung des Kalks an den goni- Der Thallus der Kalkfiechten. 9 dienfreien Stellen vollzogen und dadurch seine Überführung in einen schwammartig durchlöcherten Zustand vollendet wird. Dadurch erlangt der Kalk zwei für die Flechte sehr wichtige Eigenschaften: die Fähigkeit, verhältnismäßig große Mengen AYasser aufzunehmen und dieselben lange Zeit festzuhalten. Durch Ver- suche, über die an anderer Stelle ausführlicher berichtet werden wird, habe ich mich davon überzeugt: In der ersten Versuchs- reihe benutzte ich zwei gleich schwere Würfel aus weißem Marmor (Gre wicht 21,95 g), von denen der erste mit 5 parallel laufenden 11 mm tiefen, 4 mm weiten, zylindrischen Bohrlöchern versehen worden war. Diese fünf kleinen Schächte wurden mit lebendem Flechtenmaterial vollgestopft, darauf eine gleiche Gewichtsmenge derselben Flechte auf dem zweiten Marmorblock ausgebreitet. Beide sind dann gewogen worden a) mit Flechten im naturfeuchten und später im ausgetrockneten Zustand, b) nach künstlicher Be- feuchtung und wiederum getrocknet. Wie zu erwarten, gingen die auf dem Marmorblock ausgebreiteten Flechten schneller in den lufttrockenen Zustand über als die in den 5 schachtartigen Ver- tiefungen. Wichtiger und beweisender scheint mir die zweite Versuchs- reihe zu sein, die ich mit einem Stück dichten, flechtenfreien Kalkes und einem mit Jona.spis mdmiocarpa (Krmphl.) bewachsenen durchgeführt habe. Jenes wog auf einem eisernen Ofen bei etwa 50" C getrocknet 78,215 g, dieses 60,525 g. Die Oberfläche beider Avar ungefähr gleich groß. Die Wägungen sind mit einer che- mischen Analysenwage ausgeführt worden. Beide Kalkstücke wurden erstens mit Wasser befeuchtet; die Übertragung erfolgte mit einer Pipette oder einem Glasstabe, die Ausbreitung mit einem w^eichen Pinsel oder mit dem Finger. Der flechtenbewachsene Kalk nimmt vier- bis sechsmal mehr Wasser auf als der nackte; dieser hat alle Feuchtigkeit beim Liegen im Zimmer (t = 20 " Cj nach einer halben Stunde verloren, jener nach 12 Stunden noch einen kleinen Teil zurückbehalten. Die ersten Tropfen nimmt der flechtenbewachsene Kalk nur schwer an; sobald man sie aber erst ausgebreitet hat, werden weitere Tröpfchen, die man mit dem Glasstab überträgt, wie von Fließpapier schnell aufgesogen. Man sieht nicht nur, wie die Tropfen allmählich kleiner werden, sondern auch, wie um sie herum auf dem Thallus dunklere, immer breiter werdende Einge entstehen. — Zweitens habe ich die Aufnahme- fähigkeit von Kondenswasser geprüft, indem ich beide Kalkstücke zum Abkühlen vor das Fenster gelegt und dann schnell in einen dampfgesättigten Raum unter eine Glasglocke gebracht habe. Das 10 E. Bachmann: nackte Kalkstück war nach 10 Minuten über und über mit glän- zenden Wassertröpfchen bedeckt, das flechtenbewohnte sah matt, ganz trocken aus. Jener hatte um 0,2, dieser um 0,259 g an Gewicht zugenommen, jener verlor in der Zeit von 5 Minuten 0,15 g des adhärierenden Wassers, dieser hatte nach 15 Minuten noch 0,15 g dazu aus der feuchten Luft des Zimmers in sich aufgenommen. Die ersten Versuche mit den beiden Kalkstücken veranschau- lichen die Wirkung des ßegens, die letzteren die des Taues auf endolithische Kalkflechten. Beide zusammen erklären das üppige Gedeihen dieser eigenartigen Flechten in klimatisch so ungünstigen Ortlichkeiten wie den Karstgebieten, aus denen mir die prächtig- sten Exemplare vorliegen. Auf fremdartige Mitbewohner des Thallus, bräunliche Hyphen eines schmarotzenden Pilzes und gallertschalige Gruppen von GloeocajJsazeWen kann hier nicht näher eingegangen werden. (Abb. 1, die dunkelsten Stellen ) In der Nachbarschaft der unbestimmbaren Chroolcpusüec]\t& vom „Durchschlägi" wuchsen 02')egrapha gyrocarpa Kbr. und Gifa- lecta eupularis Schaer., beide mit Chroolepusgomdien. Die A^er- mutung lag nahe, daß die erste ein jugendliches, noch nicht fruch- tendes Exemplar von einer der beiden letztgenannten Flechten sei. Die Untersuchung hat diese Vermutung nicht bestätigt, ihr Thallus ist ganz anders als bei Jonasjns melanocarpa (Kmph.) Arn. und J. Prevostii (Fr.) Kmph All diesen Flechten ist aber das gemein, daß die Chronlepusgonidi'xQn die Neigung haben, aus der engbe- grenzten Gonidienschicht in die llhizoidenzone hinabzudringen und einen homöomeren Thallus zu bilden '). Das hängt zunächst damit zusammen, daß es dieser Fadenalge infolge ihres lebhaften Spitzenwachstums leicht wird, die Schranken der Gonidienzone zu durchbrechen. Aber außer dieser aktiven Wachtumsweise kommt auch noch eine passive Verschleppung der Gonidien seitens der Hyphen vor. Wie, das lehrt unzweifelhaft Abbildung 14, ein Gonidienfaden aus der Tiefe der ßhizoidenzone von Opegrapha gy- rocarpa Kbr.: Die erste, äußerste und die letzte, innerste Zelle sind von den drei mittleren durch Zwischendrängung lebhaft wachsender Hyphen getrennt worden; dabei hat die erste ihren Platz beibehalten, die drei mittleren sind um etwa 4 /u-, die letzte 1) Dasselbe ist vou FÜNKSTÜCK schon für Petractis cxanthevintica Körb. mit Scytoneiiudäden nachgewiesen worden; s. FÜNFSTÜCK, M., Weitere Unter- suchungen usw. a. a. O. S, 349.^ Der Thallus der Kalkflechten. H ist außerdem nocli um 6 fjk nach innen geschleppt worden, kalkein- wärts gewandert. Sie kann später den Ausgangspunkt iür eine Gruppe oder einen neuen Faden von Chroole/juszellen bilden. Das gleiche Verhalten habe ich bei der unbestimmbaren CJuvoIepnsllechte gefunden und in Abbildung 9 a fixiert. Die mit i bezeichnete Gronidie stand vorher mit einer der beiden bei a befindlichen in Zusammenhang, ist durch die zvvischenliegenden Hyphen von diesen getrennt und dabei um die entsprechende Strecke kalkein- wärts transportiert Worden. Zusammenfassung der Ergebnisse: 1. Die ChroolepuszQWen sind imstande, Kalk selbständig aufzu- lösen. 2. Sobald sie von den Hyphen erfaßt worden sind, beginnen sie, lebhafter zu wachsen, zum Teil hefeartig zu sprossen und nehmen dabei oft sehr bizarre Form an. 3. Dadurch und durch das Wachstum der Hyphen wird der Kalk schwammartig durchlöchert und erlangt infolgedessen die Fähigkeit, die atmosphärische Feuchtigkeit reichlicher aufzunehmen und länger festzuhalten. 4. Infolge ihres Spitzenwachstums haben die ('hioole2Jitsi'äden die- Neigung, mehr oder weniger tief in die Rhizoidenzone hin- einzuwachsen und einen homöomeren Thallus zu bilden. 5. Die Gonidien können von den Hyphen auch passiv kalkein- wärts verschleppt werden. Plauen i. V. Eikläruiiii der Tafül I. I. Unbestimmbare CJiroolejiudlechto. 1. Querschliff durch Kalk mit Chroolejmsgonidlen uod fremdartigen Eindring- lingen, letztere am dunkelsten gezeichnet. 2. Querschliff durch Kalk mit einem durchsiclitigen Kristall. 3. Teil der rechten Seite dieses Kristalls bei stärkerer Vergrößerung und höchster Einstellung. 4. Entkalkter Qaerschliff eines älteren homöomeren Thallus. .5. Die Spitze A des CJiroolejms^Sidens aus dem vorigen Präparat. 6. Drei Gonidienschnüre aus der mittleren Zone (B) desselben Präparats. Die Hyphen sind nicht mitgezeichnet. 7. Kokonartige Gonidienschnur aus der äußersten Zone des Thallus mit dem Fuß eines frei in der Luft endenden Chrooleptisia,Aens. 8. Entkalkter Querschliff eines jüngeren homöomeren Thallus. Nur die dun- kelsten Stellen sind bei höchster Einsuelluna- des Tubus deutlich sichtbar. 12 WlLH. Pietsch: 9. Hyphenumsponnene Gonidiengruppe aus der tiefsten Region desselben ThaUus. 9 a. Eine ebensolche, von der die Zelle i durch Hyphenwachstum abgetrennt und kalkeinwärts verschleppt worden ist. 10. Kokonartige Gonidienschnur aus der äußersten Zone des jüngeren Thallus, zylindrisch, verzweigt, in lockeres Hyphengewebe eingebettet. 11. Ölhyphen aus der innersten Zone eines Thallus. 12. Korallenartiges Hyphenbäumchen aus der mittleren Zone desselben. 13. Zartes Hyphennetz aus der innersten Zone desselben. IL Opcgrapha gprocarpa Khr. 14. Hyphenumsponnener Chroolepusisiden aus der innersten Zone des Thallus: die erste und letzte Zelle sind durch Hyphenwachstum von den drei mittleren abgetrennt worden. 2. Wilh. Pietsch: Trichoseptoria fructigena Maub!. Eine für Deutschland neue Krankheit der Quitten und Apfel. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 6. Januar 1913.) Ende Oktober 1912 stellte ich an einigen Quitten, die mir vorlagen, die zuerst von M. A. MAUBLANC^) beschriebene Tricho- septoria fructigena fest. Eine daraufhin vorgenommene Durchsicht des ziemlich großen Quittensortiments der Künigl. Lehranstalt für Obst- und Gartenbau zu Proskau ergab, daß etwa 95 pCt. aller Früchte der Cydonia vulgaris von diesem Pilz befallen waren; der größere Teil lag am Boden. Dagegen war Cydonia jcvponica^ die zwischen den Quitten mit erkrankten Früchten stand, anscheinend von jeder Infektion mit Trichosept. fr. frei. Gleichzeitig fand ich auch bei der Durchsicht faulen Obstes, das mir von Schülern der Anstalt zur Bestimmung des Krankheitserregers vorgelegt war, einen Apfel, der mit Fäulnisflecken des genannten Pilzes bedeckt war. Allerdings war das äußere Krankheitsbild zunächst nicht genau dasselbe. (Über die Bestimmung der Identität werde ich später berichten.) Durch letzteren Fund veranlaßt, besichtigte ich den reich gefüllten Obstkeller der Anstalt, fand aber nur an 1) M. A. Maublanc Trichoseptoria fructigena nov. spec. , Bulletin de Ja Societe Mycol. de France, 1905, S. 95. Trichoseptoria fructigeaa Maubl. 13 wenigen Äpfeln einiger Sorten schwachen Befalh Im Laufe des November und Dezember stellte ich dann vereinzelt stärkere Er- krankung der Apfel an Trichosept. fr. fest. Während MAUBLANC den Pilz als Schädiger der Apfel beschreibt und nebenbei einen Fall erwähnt, bei dem er ihn an einer schon von Gloeos^yor'mm fructigenum Berk, geschädigten Quitte beobachtet hat, riöchte ich nach den hier gesammelten Erfahrungen zu der Annahme neigen, daß Gydonia vulgaris die hauptsächliche Nährpflanze ist. Die Apfel sind vielleicht erst sekundär auf dem Lager durch Sporen infiziert, die mit kranken Quitten in den Obstkeller gelangt sind. Nach meinen Beobachtungen beschränkt sich aber der Pilz nicht auf die genannten Früchte, sondern hat vielleicht sogar eine ziemlich weit- gehende Verbreitung. Hierbei ist es auffallend, daß er Cydonia vulgaris und Äpfel befällt, während scheinbar Cydonia japonica gegen ihn immun ist. Soweit mir die Literatur zugänglich ist, findet sich seit MAULBANC keine weitere Bemerkung über das Vorkommen des Krankheitserregers; bisher ist er also nur für Frankreich als ver- hältnismäßig unschuldiger Parasit bekannt. Das geradezu epidemische Auftreten an den Quitten in Proskau läßt es daher wünschenswert erscheinen, zu erfahren, welche Verbreitung der Pilz in Deutsch- land hat, ob er augenblicklich in stark um sich greifender Aus- dehnung begriffen oder schon längst weit verbreitet und nur bis jetzt übersehen worden ist. Ich lasse daher eine vorläufige Be- schreibung des Krankheitsbildes mit der Bitte um Mitteilung über das Auftreten an anderen Orten folgen. Ziemlich übereinstimmend mit MAUBLANO fand ich beim Apfel die Fäulnisflecke blaß gelblichbraun, doch auch dunkler, häufig mit dunkleren, ringförmigen Streifen. Bei der Quitte waren die Flecke meist schokoladenbraun. Sie sind kreisrund, zunächst linsen- bis pfenniggroß, beim Apfel meist nur schwach, bei der Quitte dagegen stärker eingesunken. Bei günstigen AVachstums- bedingungen fließen die Flecke später zusammen und lassen zu- weilen die ganze Frucht in Fäulnis übergehen. Um den Mittel- punkt der Flecke herum bilden sich meist in mehr oder weniger ausgeprägt ringförmiger Anordnung zahlreiche Pykniden, die sich häufig von der Form unterscheiden, die MaUBLANU beschreibt. Man findet eingesenkte Pykniden, bei denen von einer Behaarung^ wie sie MAUBLANC beschreibt, nicht die Rede sein kann; hier treten die Sporen in Form einer Ranke miteinander verklebt her- aus. Daneben findet man die Form MAUBLANCs und noch weitere Abweichungen. Auf die nähere Beschreibung de rPykniden werde ^4 A. A Sapehin: ich erst in einer späteren Arbeit eingehen. Die Sporen und deren Keimung stimmen mit den Befunden MAUBLANUs überein. Die Größe der Sporen wird von diesem mit 18— 23x3— 3,5 /^ bezeichnet; ich fand größere Schwankungen je nach dem Nährboden und sonstigen Wachstumsbedingungen und zwar 8—25x2 — 4 [i. Was Form und Keimung anbetrifft, so verweise ich auf die Zeichnungen MAUBLANCs 1. c. Abweichend von diesem fand ich nur bisher, daß die Sporen bei beginnender Keimung fast regelmäßig eine ■Querwand bildeten. 3. A.A. Sapehin: Untersuchungen über die Individualität der Plastide. (2. vorläufige Mitteilung.) (Mit einer Textfigur.) (Eingegangea am 18. Januar 1913.) In meiner ersten Mitteilung') habe ich über das Verhalten der Piastiden im sporogenen Gewebe kurz berichtet. Ich habe gezeigt, daß wir zwei Typen des sporogenen Gewebes unterscheiden müssen: den sozusagen ,, monoplastischen" (jede Archesporzelle mit je einer Plastide) und den „polyplastischen" Typus (jede Zelle des Archespors mit mehreren bis vielen Piastiden). Der erste Typus ist wohl der interessanteste. Er kommt bei AntJioceros, den Laub- moosen, den Selaginellen und Isoctes vor. Wie jede Archesporzelle, so enthält hier auch die Sporenmutterzelle je eine Plastide. Während der Prophase der heterotypischen Kernteilung teilt sich die Plastide in vier Teile, welche sich zur Metaphase tetraedrisch anordnen. Demzufolge bekommt jede junge Spore nach erfolgten Kernteilungen je eine Plastide, die sich später vermehrt. Im vorigen Jahre habe ich dasselbe Verhalten der Plastide während der Sporogenese noch bei Lycopodmm gefunden, so daß das Archespor der Lycopodiales zu dem monoplastischen Typus gehört. Somit haben die Biciliaten noch ein gemeinschaftliches Merkmal. 1) Diese „Berichte", 1911, XXIX, S. 491. Untersuchungen über die Individualität der Plastide. 15 Analoge Untersuchungen habe ich noch über das meriste- matische Gewebe der Stengelspitze und über das gametogene Ge- webe ausgedehnt und will jetzt über einige wichtigste Ergebnisse meiner diesbezüglichen Untersuchungen ganz kurz berichten. Was das raeristematische Gewebe betrifft, so können wir die- selben zwei Typen auch hier unterscheiden: 1, den monoplastischen und 2. den poh^plastischen. So z. B. enthalten die Scheitelzelle und die Zellen des davon stammenden meristematischen Gewebes bei Selag'mella nur je eine Plastide. Sie teilt sich während der Prophase der Kernteilung in zwei Teile, und jede der beiden jungen Piastiden stellt sich zur Metaphase an je einen Pol des Kerns, Demzufolge bekommt jede neugebildete Zelle nach erfolgter Teilung immer je eine Plastide. Als ein Beispiel des zweiten Typus kann uns Plagiothechmi dienen. Hier enthält die Scheitelzelle mehrere Piastiden, welche sich ununterbrochen vermehren. Während der Kernteilung stellen sie sich gewöhnlich an die Kernpole, und jede neugebildete Zelle bekommt immer mehrere Piastiden. Wie die Piastiden sich während der Spermatogenese verhalten können, wird uns der Vorgang bei Funaria zeigen. Das Trichom, welches zur Umwandlung in das Antheridium bestimmt ist, enthält mehrere Piastiden in seinen Zellen. Während der Zellteilungen, die zur Heiausdifferenzierung der Wand und des spermatogenen Gewebes führen, vermehren die Piastiden sich nicht, während die Zellteilung fortschreitet. Demzufolge bekommt jede junge Zelle immer weniger Piastiden, da dieselben ohne sich zu vermehren auf eine sich fortwährend vergrößernde Zahl der Zellen verteilt werden. Es bleibt endlich nur eine einzige Plastide in jeder der neugebildeten Zellen, welche dadurch zu dem spermato- genen Gewebe geworden sind. Der Vorgang ist also dem der Archesporbildung bei den Laubmoosen ganz gleich. Während aller Zellteilungen im spermatogenen Gewebe teilt sich die Plastide immer in zwei Teile — und die neuoebildeten Piastiden stellen sich zur Metaphase an je einen der beiden Pole des Kerns. Jede Plastide stammt also auch hier nur von einer anderen: die Plastide erhält ihre Individualität kon- tinuierlich. Strahlungen habe ich dabei nicht bemerkt und alle die Ge- bilde, welche ALLEN ^) als Blepharoblasten oder Zentrosomen nennt, sind sicherlich Piastiden. 1) Arch. f. Zellforsch. 1912, VIII, 1. 16 A. A. SapehiN: Untersuchungen über die Individualität der Plastide. So geht es fort, bis die Spermatiden gebildet sind. Jetzt fängt der Kern an, sich an einer Seite einzudrücken, so daß er halbmondförmig wird. Die Plastide nimmt dabei die Mitte der Zelle ein. Der Kern wird immer dünner und länger, und sieht endlich fadenförmig aus. Jetzt zieht sich die Plastide zum Kern hin, schmiegt sich ihm dicht an und kommt endlich an sein hinteres Ende zu sitzen. Das fertige Spermatozoid besteht also aus dem fadenförmigen Kern, der an seinem vorderen Ende zwei dünne Zilien und an seinem hinteren Ende eine rundliche Plastide trägt (Fig. 1). Die Zilien sind am wahrscheinlichsten zytoplasmatischer Herkunft, CL Fig. 1. Spermatozoid von Funaria hygrometrica. Schematisiert ca. 1500 x. Solche Organisation des Spermatozoids ist wohl auch in theoretischer Hinsicht sehr interessant. Mit den anderen Pflanzengruppen bin ich noch nicht fertig, jedoch führe ich meine diesbezüglichen Untersuchungen fort und hoffe, eine ausführliche Arbeit hierüber in der nächsten Zeit zu veröffentlichen. Odessa, Botan. Kabinett d. Universität, 2. (15.) Januar 1913. H. W.Wollen WEBER: Pilzparasitäre Welkekrankheiten der Kulturpflanzen. I7 4. H. W. Wollenweber: Pilzparasitäre Welkel(rankheiten der Kulturpflanzen^. (Eingegangen am 20. Januar 1913.) Welkekrankheiten sind in der gemäßigten und aucli in der heißen Zone sehr verbreitet und beeinträchtigen den Gewinn in weiten Zweigen des Ackerbaues. Einige Typen von Welkekrankheiten werden von Bakterien verursacht, die Mehlzahl aber durch Pilze, in einigen Fällen durch Verticillien, meist aber durch Fusarien. Das Problem speziell gefäßparasitärer Welkekrankheiten ist also vorwiegend ein Fusarium- Problem. Wollte man die Gesamtschädigung durch die Welkekrankheit als Ordinate zu den klimatischen Zonen als Abscisse kurvenmäßig darstellen, so würde jedenfalls das Maximum für Fusarium den wärmeren subtropischen Grenzgebieten näherliegend gefunden werden als das für Verticillium. Vergleicht man das statistische Material, so muß man annehmen, daß beispielsweise das deutsche Klima einem Befall durch Verticillium günstiger ist als dem durch Fusarium. Ebenso das der nördlichen Vereinigten Staaten von Nordamerika. Nur ausnahmsweise dringt die Verticilliose bis in Breiten anter 35° vor. Eine solche Ausnahme ist die Verticilliose des eßbaren Eibisches, Ilibiscus esculentus, in Süd-Carolina, wobei in Betracht kommt, daß dieses Gebiet die nördliche Grenze des An- baus dieser tropischen Pflanze darstellt. Andererseits verirrt sich die Fusariose nur selten in höhere Breiten und wird daselbst in den Grenzgebieten des Feidanbaus selbst empfänglicher Pflanzen nur ausnahmsweise gefunden. Eine solche Ausnahme bildet die Kopfkohl-Fusariose, die ein weites Gebiet umfaßt von Louisiana bis hinauf nach Wisconsin, so daß sie wahrscheinlich noch weiter nördlich zu erwarten ist. Diese Ausnahmestellung wird verständ- lich durch die Tatsache, daß der Erreger der Kopfkohl-Fusariose, 1) Im wesentlichen Vortrag, gehalten gelegentlich der Jahresversamm- lung der American Pbytopathological Society in Oleveland in Ohio am 2. Januar 1913. Der Vortrag erscheint in Verbindung mit einem andern in „Phytopathology". Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. 2 18 H. W. WOLLEN WEBER: F. conglutinans n. sp., mit F. orthoceras App. ii. Wr.i), einem wahr- scheinlichen Schädiger des Wurzelsystems der Kartoffeln, nahe verwandt ist und beide in der Gruppe gefäßparasitärer Fusarien etwas für sich stehen. F. orthoceras wurde vom Verf. in Deutsch- land und Norwegen in Verbindung mit Schädigungen des Wurzel- systems der Kartoffel angetroffen; es ist in den Vereinigten Staaten ebenfalls verbreitet und besonders mit gallertartigen Zersetzungs- herden der Knolle vergesellschaftet gefunden. Verticilliose und Fusariose der Gefäßbündel haben also im allgemeinen getrennte geographische Verbreitungsgebiete, die nur in der Mitte etwas ineinandergreifen. Vergleichende Beobachtungen sprechen ferner dafür, daß die Empfänglichkeit für die Welkekrankheit umgekehrt proportional ist der Adaptation der Wirtspflanze an das ihr gebotene Klima sowie die Hauptdefekte in der engeren Umgebung. Die Adaptation kann individuell sein oder Varietäten und Rassen einer Art umfassen oder auf besondere Genera oder Familien oder höhere Gruppen des Pflanzenreichs beschränkt sein. Die Adaptation innerhalb einer Species kann so verschieden sein, daß Varietäten und Rassen von verschiedener relativer Resistenz aus- gewählt oder gezüchtet werden können (ÖRTON), Die relative Resistenz solcher Varietäten und Rassen ist nach Ansicht des Verfassers nicht nur eine biologische, sondern auch eine morphologische Funktion der Adaptation, nämlich auch ab- hängig von dem Bau der Gefäßbündel besonders im Übergangs- gebiet des Gefäßsystems des Hypokotyls in das oberirdische Gebiet der Hauptachse; ob auch mechanische Faktoren z. B. die Elastizi- tät der Außenschichten die relative Resistenz erklären können, bleibt abzuwarten. Die Hypothese, daß die relative Resistenz stammverwandter Pflanzensorten bis zu einem gewissen Grade auch ein morphologi- sches Problem ist, wurde durch vergleichende Studien des Holz- körpers in Verbindung mit Impfversuchen an zwei stammver- wandten Vigna-sinensisSorten, „Brabham" und „Peerleß", nahe- gelegt. Fusarium tracheiphilum Smith erzeugte in Parallel versuchen hochgradige gefäßparasitäre Welkekrankheit bei Peerleß, nur ver- einzelt bei Brabham, die aber in einigen Fällen fußkrank wurde. Diese Fußkrankheit erstreckte sich vorwiegend auf das Hypokotyl 1) Übrigens nicht identisch mit i''. oa;j/spontm (Schlecht.) Smith u, Swingie, welche Identität Appel und WOLLENWEBBR ursprünglich annahmen. F. oxy- sporwn hat Sporodochien. Pilzparasitäre Welkekrankheiten der Kulturpflanzen. 19 und führte oft schnell zum Tode der Pflanzen. Dieses waren Topfversuche. In größeren Töpfen fehlte übrigens die gefäß- parasitäre Welkekrankheit bei Brabham, nicht bei Peerleß. Brab- ham wurde aber noch gelegentlich fußkrank. Bei reicher Er- nährung infolge Auspflanzens in ein großes Beet, bei welchem Versuche Brabham praktisch resistent blieb, zeigte der anatomische Bau der kräftig wachsenden Brabhampflanzen-Unterschiede gegen- über Topfpflanzen. Die Anfälligkeit schien eine Funktion dieses Unterschieds, ebenso wie in Topfversuchen mit „Brabham" und „Peerleß" die Anfälligkeit eine Funktion des Unterschieds zwischen dem Bau dieser sein mag. Der G-rad der Resistenz wäre damit «ine Funktion der Konstanz gewisser Bauelemente der Pflanzen. Bewiesen ist das noch nicht. Soweit bekannt, kommt die Welkekrankheit nur bei wenigen Monokotyledonen, dagegen bei zahlreichen Dikotyledonen vor. In ersteren beiLiliaceae {AUium, Äsparagus), Bromeliaceae (Ananas) und Musaceae (Musa [Panama-Krankheit]). In Dikotyledonen bei 2 Familien der Tubifloren: Solanaceae (Solanum [Kartoffel, Tomate, Eierpflanze] nnd Capsicum [Paprika]) und Convolvulaceae (Ipomoea); in anderen Reihen der Dikotyledonen ist nur je eine Familie der Welkekrankheit unterworfen, so Leguminosae (Lupinus, Medicago, Trifolium, Cassia, Ornithopus, Indigofera, Gicer, Vicia, Lathyrus, Pisum, Glycine, Phaseolus, Vigna, Cajanus); Maly aceae (Gossgpium, Hibiscus); Linaceae(Linum)] Oucurbitaceae (Citrullus,0(icumis, Cucurbita); Cru- «iferae (Brassica); Compositae (Aster), Araliaceae (Panax [Gin- seng]); Caryophyllaceae (Dianthus) und Pedaliaceae (Sesamum). Grundlegende Arbeiten über das Gebiet der durch Pilze ver- ursachten Welkekrankheiten verdanken wir ERWIN F. SMITH (1899)i) für die durch Fusarium, REINKE u. BERTHOLD (1879)2) für die durch Verticillium verursachte Welkeerscheinung, während auf den Arbeiten W. A. OrtONs^) seit 1900 die ersten wichtigen Erfolge 1) Erwin F. Smith, Wilt disease of cotton, watermelon and cowpea (Neocosmospora n. gen.). ü. S. Dep. Agric. Washington. Bull. 17. 1899. 2) Reinke and Berthold, Die Zersetzung der Kartoffel durch Pilze. Unters. Bot. Lab. Univ. Göttingen. Heft I. Berlin. 1879. 3) W. A. OßTON. Some diseases of the cowpea. U. S. Dep. Agric. Bur. Plant Ind. Bull. 17. 1902, — The wilt disease of cotton and its control. Bull. 27. 1900. W. A. OrtOxN. Sealsland cotton. Farmers' Bull. 302. Washington, 1907. W. A. Orton. The development of farm crops resistant to disease. Yearbook Dep. Agric. for 1908, Washington 1909. W. A. Orton. American breeders association. Vol. I (1905); Vol, IV (1908) mit mehreren Schriften. 2* 20 H. W. Wollen WEBER: in der Bekämpfung beruhen, die auf Selektion resistenter Eassen begründet ist. Obgleich die Gesamtschädigung des Ackerbaus durch die Welkekrankheiten in Europa gering ist im Vergleich zu Amerika, hat sie mit steigender Ausnutzung des Bodens doch so zuge- nommen, daß ihre Bekämpfung zur Notwendigkeit geworden ist, Damit trat zunächst die Ätiologie dieser Krankheiten in den Vordergrund, ohne die eine Bekämpfung dem Zufall überlassen bleibt. Ihr widmeten sich eine Eeihe von Forschern: VAN HALL') veröffentlichte im Jahre 1903 seine Beobachtungen über die St.- Johannis-Krankheit der Erbsen, eine Fußkrankheit, die durch In- fektion des Hypokotyls durch Fusarium zustande kommt. Wesent- lich erweitert wurde das Problem der Welkekrankheiten in Deutsch- land durch 0. APPEL^) und G. SCHIKORRA (1906)3), welche auch andere Leguminosen, so Liqnnus und Vicia, ferner Glycine, Trifo- lium, Ornitliopus und Lathijrus welkekrank fanden, ihre Infektions- versuche aber im wesentlichen auf Erbse beschränkten. APPEL zog auch die Kartoffelpflanze in den Kreis dieser Untersuchungen, was besonders deswegen nahelag, da die von EEINKE und BER- THOLD studierte Kräuselkrankheit, soweit sie vorwiegend Gefäße befällt, eine typische Welkekrankheit ist. APPEL hatte nun beim Zurückgehen auf den Grundbegriff der Kräuselkrankheit erkannt, daß dieser Begriff nicht einheitlich ist, sondern in typisch© Kräuselkrankheit, Bakterienringkrankheit, Blattroll- krankheit und vielleicht noch mehr zerfalle. Die Welkekrank- heit, die nicht eingeschlossen war, trat in der Folge scheinbar in den Hintergrund des Interesses gegenüber der Blattrollkrankheit. Dies ist deswegen nicht gleichgültig, weil APPEL mehrfach REINKE und BERTHOLDs (1879) sowie SMITH und SWINGLEs (1904)^) Ar- beiten über pilzparasitäre Kartoffelkrankheiten mit der Blattroll- krankheit*) in Verbindung bringt. Das ist zwar erklärlich, da die Diagnose dieser Krankheiten zum Teil recht verwickelt scheint. Durch einen Vergleich der Beschreibungen mit zahl- 1) Die Sankt-Johannis-Krankheit der Erbsen, verursacht von Fusarium vasinfedum Atk. (Ber. Deutsch. Bot. Ges. XXI, S, 2 — 5). 2) i^'Msarmi^-Krankheiten der Legumicosen. Arb. Kais. Biol. Anst, Land- u. Forstw. V, S. 167-188. Berlin 1906. 3) The dry rot of potato due to Fusarivm oxijfporuvi U. S. Dep. Agric. Bur. Plant Ind. Washington. Bull. 55. 1904. 4) Appbl und SCHLUMBERGER. Die Blattrollkrankheit der Kartoffel. Arb. der Deutsch. -Landw. Ges. Heft 190. Berlin 191 1. Mit Sammelreferat über die Gesamtfrage. Pilzparasitäre Welkekranldieiteii der Kulturpflanzen. 21 reichen Typen echter Welkekrankheit in Amerika ist Verfasser dieser Arbeit indes zu dem abweichenden Schlüsse crelanp-t. daß sowohl ReINKE und BERTHOLD als auch SMITH und SWINGLE im wesentlichen die echte Welkekrankheit vor sich hatten, erstere ■eine Verticilliose durch Verticillium alho-atrum, letztere eine Fusa- riose durch F. oxyspormn, das in Deutschland unbekannt ist und daß beide mit Blattrollkrankheit nicht zu verwechseln sind aus folo-endem Grunde: Bei der Welkekrankheit, zu der Verf. beiläufig auch die Bakterienringkrankheit der Kartoffel rechnet, ist die Welk- erscheinung und das sie begleitende Absterben das Wesentliche, während bei der Blattrollkrankheit gerade diese Merkmale zurücktreten. Aus diesem Grunde ist aus genannten Arbeiten eine Stütze der ohnehin zweifelhaften Pilztheorie APPELs, nach der Fusarium Ursache der Blattrollkrankheit sein soll, nicht herzuleiten. Durch diesen Analogieschluß war aber das Interesse für die Fusarien in erhöhtem Maße rege geworden. Bei der Suche nach dem mut- maßlichen Erreger der Blattrollkrankheit wurde eine Eeihe ver- schiedener Arten isoliert und als Grundlage pathologischer Studien eine monographische Bearbeitung der Gattung Fusarium angebahnt (APPEL und WOLLENWEBER, 1910)'). Nach Beendigung dieser Vorarbeiten wurden sowohl mit dem verbreiteten Gefäßpilze Verti- ciU/um albo-ntrum als mit einer Anzahl Fusarien Infektionsversuche an der wachsenden Kartoffelpflanze in großem Maßstabe im Ver- suchsfelde zu Friedenau bei Berlin vom Verf. unternommen. Ein der Blattrollkrankheit ähnliches Bild konnte, wie zu erwarten war, nicht erzielt werden. Zahlreiche Fälle prämaturen Absterbens konnten zwar, besonders in den mit Verticülium beimpften Ver- suchsreihen, notiert werden, aber wieder wie im Vorjahre ver- hinderte eine spontane Infektion des Versuchsfeldes durch Verti- eiUmn, sichere Schlüsse zu ziehen. Erst im Lichte positiver ein- wandsfreier Gewächshaus versuche in Washington, 1912, ist es dem Verf. klar geworden, daß schon in Friedenau die echte Verticilli- ose, die typische Welkekrankheit, vorgelegen hat. In Washington bot sich eine günstige Gelegenheit, zahlreiche Typen von Welkekrankheiten zu studieren. Zunächst richtete sich die Aufmerksamkeit auf die Krankheiten der Baumwolle, 1) Grundlagen einer Monographie der Gattung Fusarium (Link). Arb. der Kais. Biol. Anst. Land-Forstw. VIII, 1. Berlin 1910. 22 H. W. WOLLENWEBER: Wassermelone, Vigna nnd Tomate; ancli Erbse, Viets- bohne, Kartoffel, Eierpflanze und der eßbare Eibisch schlössen sich an. Die Arbeit wurde durch die Herren ERW. F. SMITH und W. A. OrtON so tatkräftig unterstützt durch Beschaffung von Feldmaterial und Eeinkulturen der Pilze, daß neben der Pathologie auch der Systematik genügende Aufmerksamkeit geschenkt werden konnte. Der Gang der Untersuchung war folgender: Isolierung der Gefäßpilze aus krankem Feldmaterial, Durchzüchtung auf günstigen Nährböden, um die zur Bestimmung nötige höchste Konidienform zu gewinnen, Erzielung der Krankheit durch künst- liche Impfungen an Topfpflanzen im Gewächshause, teilweise auch an im Freien befindlichen Yersuchspflanzen, Reisolation des Pilzes aus den krank gemachten Pflanzen, erneute Impfung mit diesem parallel mit Folgekulturen des Originalstammes. Die Versuche führten im wesentlichen zu einer Bestätigung der SMITHschen Impfergebnisse, bewiesen aber auch, wie weiter unten folgt, daß von ihm, auch gesprächsweise, geäußerte Zwxifel daran, daß Neocosmospora die Schlauchform des Gefäßparasiten sei, berechtigt gewesen sind. Ein kurzer Rückblick auf den Ausgangspunkt der Streitfrage mag hier angebracht sein: Erwin F. Smith (1899) erhielt die ersten überzeugenden Re- sultate in der Ätiologie der Welkekrankheit von Wassermelone, indem er 500 erfolgreiche Infektionen der Pflanzen durch einfache Bodenimpfung mit Reinkulturen des Gefäßparasiten ausführte. Diesen Pilz und den der Vigna-Bohne hielt er für Varietäten der Spezies, die die entsprechende Krankheit der Baumwollstaude verursache. Die Spezies, Fusarium vasinfectum Atk. sowie ihre 2 Varietäten sind nach ihm hochadaptierte Parasiten, die im all- gemeinen nur eine Wirtspflanze schädigen. Der Parasit der Wassermelone sei z. B. nicht infektiös gegenüber Baumwolle und Vigna, noch gegenüber Tomate und Kartoffel gewesen in Ver- suchen mittelst Bodeninfektion. SMITH fand ferner eine höchst eigentümliche Tatsache. Eine Schlauchform (Neocosmospora Smith) war häufig mit dem Parasiten vergesellschaftet, besonders an schon getöteten Pflanzenteilen. In Reinkultur entwickelten alle Stadien der Neocosmospora (Myzel, Konidien, Askosporen) wieder die Schlauchform, die der Gefäßparasiten allerdings nicht in einem einzigen Falle. Neocosmospora einerseits, die Gefäßparasiten anderer- seits hatten aber eine gewisse Ähnlichkeit in der niedrigsten Ent- Pilzparasitäre Welkekrankheiten der Kulturpflanzen. 23 wicklungsstufe der Koni dien, die durch im allgemeinen ellipsoidische einzellige Formen gekennzeichnet sind. Inokulationen der Vigna mit Askosporen der von Vigna isolierten Neocosmospora versagten zwar. Da dieses Mißlingen aber der Tatsache zugeschrieben werden könne, daß die natürliche Infektionsmethode nicht entdeckt worden sei, fühlte sich SMITH nicht berechtigt, es als Beweis des Sapro- phytismus der Neocsomospora gelten zu lassen. Daher wählte er die Hypothese, daß der Parasit die Konidienform von Neocosmospora sei. Man muß dieser Hypothese, so schwach sie be- gründet war, zugute halten, daß man damals zur morphologischen Unterscheidung dieser „fungi imperfecti" die Schlauchform nicht entbehren zu können glaubte. Das geht auch aus B. D. HALSTEDs (1891)^) Arbeit über die Stengelfäule der Eierpflanze hervor, nach der Nectria ipomoeae Hals.^) Erreger der genannten Krankheit an Süßkartoffel und Eierpflanze ist, eine Ansicht, die von L.L. HARTER^) jedenfalls für Süßkartoffel bereits widerlegt ist und auch für die Eierpflanze vom Verfasser angezweifelt wird auf Grund gelungener Impfversuche mit VerticiUium, das eine typische Welkekrankheit vom Hypokotyl junger Pflanzen aus verursachte. Die auf die Arbeiten von Erw, F. SMITH begründete weitere Literatur der Welkekrankheiten zeigt, daß der von SMITH nur ge- wissermaßen als Arbeitshypothese geäußerte Zusammenhang zwischen Neocosmospora und Gefäßparasiten bald als erwiesene Tat- sache galt. B-EED (1905)^) ging sogar so weit, den Gefäßparasiten des Ginseng (Panax quinquefolia) Neocosmospora zu nennen, ohne die Schlauchform in Verbindung mit ihm gesehen zu haben. Daß dies durchaus nicht im Sinne SMITHs geschah, beweist die Polemik zwischen beiden Forschern^), auf die einzugehen hier nicht not- wendig ist. Auch JAOZEWSKI (1903), DELACROIX (1902—1903) MALKOFF (1906), VAN Hall (1905) bestimmten Neocosmospora nur nach der gefäßbewohnenden Konidienform. Erst seit kurzem ist der Zusammenhang zwischen Neocosmo- spora und Gefäßparasiten aus der Gattung Fusarium angezweifelt 1) The Egg plant stem rot (Nectria ipomoeae Hals) 12. Annual report New Jersey Agr. Exp. Station. S. 281—283. 2) Übrigens nach Verfassers Ansicht eine Htjpomyces, also H. ipomoeae. (Hals.) Wr, 3) Vortrag in der Jahresversammlung der American Phytopath. Society» Cleveland in Ohio, 2. Jan. 1913. 4) Three fungus diseases of the cultivated ginseng. Missouri Agric. Exp Station. Bull. 69. 190B. B) Science, new series, vol, XXVI, 1907, p. 347 und p. 441. 24 H. W. Wollen WEBER: worden. Von E. J. BUTLER (1903)') und B. B, HiGGINS (1911)2). Beide betrachten Neocosmosjmra ferner als Saprophyten. BUTLER, weil er keine Welkekrankheit erhielt, wenn er Cajanus, Cicer, Indigofera und Baumwolle mit Askosporen inokulierte, dagegen leicht, wenn er mit dem von Gajanus-WwczQln isolierten „imper- fekten" Gefäßparasiten {Fusarium udum Butler) dieselbe Wirtspflanze künstlich infizierte. BUTLER benutzte für seine Versuche an Topf- und Freilandpflanzen vorwiegend Bodenimpfungen. Neocosmo- spora, wenn mit dem Gefäßparasiten gemischt für dieselbe Pflanze verwendet, erzeugte keine Änderung in der Intensität der mit dem Gefäßparasiten allein erzielten Welkeerscheinung. Da der Parasit keine Schlauchform bildete, Neocosmospora aber sehr leicht auf den- selben Medien wuchs, so zieht BUTLER mit Recht den Schluß, daß er mit ihr auch nicht identisch sei und in Ermangelung von Be- weisen für seine parasitische Natur besser als harmloser Boden- bewohner zu gelten habe. Der Gefäßparasit büßt gleichzeitig den Glorienschein eines höheren Pilzes ein. Um ihn sicher zu be- stimmen, ist man mehr als bisher auf die Morphologie seiner Ko- nidien und den Nachweis seiner parasitären Natur angewiesen. HiGGENS versucht nun mit gutem Erfolge, auch z. T. morpholo- gisch zu beweisen, daß Neocosmospora und der Gefäßpilz, die er beide von Vigna isoliert, verschieden sind. Nun kommt Neocosmo- spora aber besonders in vorgeschrittenen Krankheitsstadien auch mit dem Gefäßparasiten vergesellschaftet vor. Wenn also auch HiGGENS' Versuche mit Keinkulturen scharf beweisen, daß seine 2 Vigna-VilzQ verschieden sind, so begründen sie doch weder seine Annahme, daß Neocosmospora Saprophyt zu sein scheine, noch die, daß sein Gefäßpilz der wahrscheinliche Parasit sei, da er Infek- tionsversuche nicht angestellt hat. Wir erhalten also folgendes Ergebnis von dem Stande der Streitfragen: Neocosmospora ist allen geprüften Pflanzen gegenüber Saprophyt; ein Gefäßpilz ohne bekannte Schlauchform dagegen ist in einigen Fällen, so an Wassermelone, Baumwolle und Cajanus als Erreger von Welkekrankheiten durch Impfversuche nachgewiesen. Die Gefäßpilze sind teilweise voneinander verschieden, auch sind sie von Neocosmospora verschieden, was aber bisher nicht über- zeugend begründet ist, da Pathologie und Morphologie nicht ge- nügend Hand in Hand gingen. 1) The wilt disease of pigeon pea and the parasitism of Neoconiiiosjjora vasinfecta Smith. — Memoirs Dep. Agric. India. Vol. IL 9. — 1910. 2) Is Neocosmospora vasinfecta (Atk.) Smith the perithecial stage of the Fnsariuvi which causes cowpea wilt? 32. Annual report, North Uarolina Exp. Station. — 1911. Pilzparasitäre Welkekrankheiten der Kulturpflanzen. 25 Eigene Untersuchungen. Soweit bekannt, haben mehr als 80 verschiedene Pflanzen eine pilzparasitäre Welkekrankheit, die bei einigen nur als Fusa- riose, bei anderen nur als Verticilliose oder je nach Bedingungen bei einer und derselben Wirtspflanze in einem Gebiete als Fusariose, in einem anderen als VerticiUiose auftritt. Daß beide o-emischt an einem Individuum vorkommen, ist auch denkbar, doch sicher nicht die Regel. Das Untersuchungsmaterial wurde zum Teil auf dem Wege der Auskunftserteilung gewonnen. Pflanzen verschiedenster Pro- venienz gingen dem Untersuchungsamte in Washington zu, um auf ihre Krankheiten hin durchgesehen zu werden. Auch war es leicht. Pflanzen mit bestimmten Krankheiten direkt zu beschaffen, da die über die Vereinigten Staaten zerstreuten Versuchsstationen in erfreulicher Weise mit der in Washington zusammenarbeiten. Verfasser hat in den meisten Fällen das zu den Impfversuchen nötige Pilzmaterial selbst isoliert. Wertvolles Vergieichsmaterial ging ihm außerdem durch Dr. ERW. F. SMITH zu, der Reinkul- turen einiger wichtiger Gefäßbündel-Fusarien, so von Tomate, Erbse, Kopfkohl, Wassermelone und Banane in liebenswürdiger Weise zur Verfügung stellte. Auch fühlt sich Verfasser dem Vor- steher der Abteilung für Baumwolle- und Gremüsekrankheiten, Herrn W. A. OrtON, für wertvolle Beihilfe bei der Versuchs- anstellung zu Danke verpflichtet. Von dem Gedanken ausgehend, daß die Morphologie der in Frage stehenden Pilzgruppe die beste Grundlage der Pa- thologie ist, galt es zunächst, die als Krankheitserreger verdäch- tigen Pilze zu sammeln und zu bestimmen. Mit der in Dahlem mit APPEL geübten Methode war dies an sich leicht getan, doch verzögerte sich die Bestimmung, als es sich herausstellte, daß die Gefäßpilze der Fusariosen einer einheitlichen Gruppe angehören, deren Unterscheidung eine besondere Methodik forderte. Diese Gruppe besitzt ihrer Verbreitung nach Heimatrecht in den Ver- einigten Staaten, ist dagegen in Deutschland nur ausnahmsweise parasitär gefunden, so an Kiefernsämlingen {F. hlasHcola ßostr.). IhreKonidien entstehen in ihrer höchsten Form, Sporodochien, als Belag halbkugeliger sklerotialer Myzel unterlagen, und erscheinen ocker- bis lachsfarbig in Masse. Da aber auch Arten mit fast farb- losen Konidienmassen vorkommen, ist die Farbe ein Unterschei- dungsmittel innerhalb der Gruppe. Feinere Konidienformenmerk- male finden sich ebenfalls (s. Zusammenfassung). Andere Merk- 26 H. W. WOLLENWEBER: male liegen im Fehlen von sporodochien- oder pionnotesartigen Schleimen, sowie in besonderen Farben der sklerotialen Gebilde be- gründet. Wenn es auch Geschmacksache ist, ob man diesen Merk- malen Artwert verleiht oder nur einen Varietätswert beimißt, so steht fest, daß die Unterscheidbarkeit durch sie genügend ge- sichert ist, unabhängig von der Frage, ob eine Schlauch- form existiert oder nicht. Der Umstand, daß wesentliche Unterschiede auch in der Form und Farbe der Myzelunterlagen bestehen, deutet im Sinne FRIES' und seiner Schule sogar auf mehr als einen Artwert. Denn das FRIESsche System beruht in hohem Grade auf einer starken Bewertung des Stromas, das unter den Begriff der Myzelunterlagen für die Fruktifikation fällt. Bei Fries rücken Merkmale des Stromas sogar auf zu dem Range von Familienmerkmalen, worin nach Ansicht des Verfassers im Einklang mit E. F. SMITH, V. HÖHNEL, WEESE und anderen und im Gegensatz zu F. J. SEAVER^) eine starke Uberwertung liegt. Es mag noch erwähnt sein, daß zwischen Stroma bei imper- fekten Pilzen und dem entsprechenden bei Askomyzeten ein Unter- schied in der Funktion nicht besteht, so daß die systematische Beurteilung beide Gruppen gleichmäßig trifft. Den kurz berührten Unterscheidungsmerkmalen der einzelnen Gefäßparasiten ist, da sie unter normalen Kulturbedingungen hin- reichend konstant blieben, vorläufig Artwert verliehen. In einem Vorversuche wurde noch die wichtige Entdeckung gemacht, daß die Parasiten sich im Verlaufe der künstlichen Impfversuche nicht veränderten, obgleich die verschiedensten Gelegenheiten dazu vor- handen waren. Denn die Versuche an einer Wirtspflanze, bei- spielsweise an Baumwolle, beschränken sich nicht auf eine Varietät der Pflanze, auch nicht auf Gewächshauspflanzen allein, sondern wurden in Verbindung mit Freilandversuchen an mehreren Sorten und Varietäten vorgenommen. Dennoch glich der aus künstlich krank gemachten Pflanzen reisolierte Pilz stets der Ausgangskultur. Auch in verschiedenen Wiederholungen der Versuchsanordnung trat diese Konstanz immer wieder hervor. An die Konstanz der morphologischen und biologischen Merkmale in Reinkultur reiht sich ferner an die Konstanz der Virulenz. Junge Folgekulturen eines 1 Jahr alten Stammes des F/^wff-Prasiten F. tracheiphilum Smith waren ebenso virulent wie solche eben reisolierter Stämme. Doch war es nicht ganz gleichgültig, auf welchem Nährmedium der Pilz gewachsen w^ar. Wenn auch die Virulenz eine gewisse 1) Mycologia 1909. The Hypocreales of North America. Pilz parasitäre Welkekrankheiten der Kulturpflanzen. 27 Beständigkeit gegenüber verschiedenartigen Züchtnngsbedingungen zeigte, so ist darauf nicht zu fest zu bauen. Starke Säure-, Basen-, Salz-, Zuckergabeu, Agar- und Gelatineböden sind, falls sie die Lebensdauer des Pilzes herabsetzen, zu vermeiden. Zwar erwies sich F. niveimi Smith als hoch virulent, nachdem es 1 Monat lang auf in 2proz. Zuckerwasser eintauchenden Fließpapier gezüchtet worden war, während gleichaltrige Kulturen auf gekochter Kartoffel- knolle versagten. In solchen Fällen ist aber oft das relative Alter der Kulturen von Bedeutung. Die Kultur auf der nährstoffreichen Kartoffelknolle war gleichsam schon abgelebt, während die dürf- tigere FJiespapierkultur den Pilz künstlich jung, vegetativ, erhalten hatte. Eine junge Pilzkultur auf Kartoffelknolle konnte viel ak- tiver sein. Es ist dabei wiederum nicht gleichgültig, ob Sporo dochienkonidien oder Myzel als Ausgangspunkt für die Über- impfung verwendet war, da im ersteren Falle oft eine schnelUebige Pionnotes entsteht, im letzten die Vegetationszeit des Pilzes ver- längert wird. Die mehr vegetativen Wuchsformen, wozu noch die kleinen zerstreuten Konidien kommen, geben oft überraschend schnelle Resultate, Pionnotes und Sporodochienkonidien in der Jugend schnellere Resultate als im Alter. In den berührten Fällen ist aber von einem dauernden Verlust der Virulenz nicht die Rede. Häufig gaben scheinbar avirulente Kulturen positive Fälle von Welkekrankheit später als sonst, anstatt nach 17 — 30 Tagen erst nach 2 — 2'^l^'M.onBien., woraus hervorgeht, daß nur die Inkubations- zeit verlängert worden war. Der Pilz war zur Zeit der Impfung in einem Schwächezustande oder in Ruhe gewesen, so daß er erst eine spätere Gelegenheit zum Angriff ausnutze^ konnte. Die In- kubatioszeit wiederum ist nicht nur vom Pilze, sondern auch von der Pflanze abhängig. Altere Tomaten welkten erst 72 Tage, jüngere 30 Tage nach der Inokulation mit F. lycopersici. Topf- pflanzen befielen leichter als ausgepflanzte Individuen unter sonst gleichen Bedingungen, Ein weiterer in Betracht kommender Faktor ist der Boden, der die Pflanzen um so leichter zur Welkekrankheit disponiert macht, je sandiger er ist. Vermutlich besteht eine Beziehung zwischen dem Vorkommen der Welkekrankheit in mehr lockeren, poröseren, gut durchlüfteten Böden und dem hohen Sauerstoff- bedürfnis der Fusarien. Während Typen der physiologischen Kräuselkrankheiten, sowie die zur selben Gruppe gehörige Rhizoc- toniose oder Rosette, der Kartoffel zum Beispiel, durch saure und zur Verkrustung neigende Böden, durch mangelhafte Durch- lüftung begünstigt werden, treten Welkekrankheiten auch in hoch- 28 H. W. Wollen WEBER: kultivierten Böden mit Vorliebe auf, freilich in leichteren mehr als in schweren. Endlich sei noch die Impfmethodik berührt. Hypokotylin- okulationen eben unter Bodenoberfläche gaben mit einer 14 Tage (schon etwas zu alt) alten Pionnotes des F. vasinfedum Atk., ge- wachsen auf gekochter Kartoffelknolle, folgende positiven Fälle in Freilandversuchen: Von 41 verschieden großen Baumwollestauden, die schon über das Optimum der Empfänglichkeit hinaus waren (Sorte Trice), wurden im September 20 nach 17, und 24 nach 30 Tagen welkekrank, in einer anderen Reihe von 27 Pflanzen 17, in einer dritten von 30 Pflanzen nur 11. Das Feld kreuzte schweren Boden einerseits und wurde der Hauptmasse nach von einem Striche Sandbodens durchzogen. In letztem war die Dichte des Befalls größer als in ersterem, der Pflanzenwuchs dürftiger. Bodenimpfungen am unverletzten Hypokotyle von 29 Pflanzen vor- genommen, verliefen negativ. Stets, auch im Gewächshause, wurden höchstens 10 pCt. der Pflanzen durch Bodenimpfungen krank, während durch Hypokotylinokulation häufig 100 pCt. welkekrank gemacht werden konnten. Verwundungen ohne Einführung des Pilzes vernarbten glatt bei Tomate, Kartoffel, Eierpflanze, Baum- wolle nnd Yigna, nur bei Wassermelone war die Heilung nicht gleichmäßig zufriedenstellend, besonders im Gewächshause nicht, wo die Temperatur während des Versuchs unter dem Optimum ge- halten worden war mit Rücksicht auf Pflanzen mit tieferen Tempe- raturansprüchen. Impfungen der Pilze in oberirdische Teile hatten einen guten Erfolg bei Baumwolle im Freien; wenige Stunden nach der Impfung^ die besonders in Astinsertionen vorgenommen war, setzte feuchtes Wetter ein, so daß einer Austrocknnng des Impfmaterials vorgebeugt wurde. Ein späterer von anhaltend trockenem Wetter begleiteter gleicher Versuch versagte. Wir sehen also, daß der Erfolg von der Methodik und auch von der Züchtungsweise der Pflanzen sowie vom Boden abhängig ist. Die Konstanz der Ergebnisse ist eine Funktion der Kon- stanz der Bedingungen. Auf die allgemeinen Bemerkungen beschränke ich mich, ohne weitere Details zu geben. Daß die Zahl der positiven Fälle un- wesentlicher ist als die Sorgfalt des Studiums weniger Fälle, ist im Verlaufe dieser Arbeiten dem Verfasser klargeworden. Die für die Versuche mit einer Wirtspflanze verwendete Zeit war gering im Vergleich zu der für den Nachweis des Erregers notwendigen. Um in Reisolationen des Pilzes aus künstlich mit ihm krank ge- machten Pflanzen sofort bakterienfreie Nachweise zu erzielen, emp- Pilzparasitäre Welkekrankheiten der Kulturpflanzen. 29 fiehlt sich die folgende Methode: Das erste Symptom einer be- ginnenden Welkekrankheit ist das meist partielle Abwelken der unteren Blätter, die, besonders bei Hypokotylinfektionen, auch zuerst absterben. Leicht kann man aus den in der Regel verfärbten Gefäßen des Blattstieles den Pilz herauszüchten. Es empfiehlt sich, bei Baumwolle die Schnittserien zur Übertragung auf Nähr- medien aus der Übergangszone, wo die Blattspreite beginnt, zu machen, da die Gefäße hier, von einer dickeren Außenschicht ge- schützt, am sichersten eine ßeinkultur des Parasiten enthalten. Mit fortschreitender Erkrankung nach oben werden immer höhere Blätter welk unter Infektion, aus denen ebenfalls je früher desto besser Reinkulturen des Pilzes zu erwarten sind. So sind Hunderte von Kulturen gewonnen, mehrere von einer einzigen Pflanze. Der Vergleich dieser, im Anfangsversuch mit Tomate- und Baumwolle- Welkekrankheit, hatte die früher erwähnte ermutigende Tatsache ergeben, daß der Parasit außerordentlich konstant ist. Mit Tomate^ und Baumwolle war vorsichtshalber deswegen begonnen, weil der Parasit ersterer farblose, der letzterer blaue sklerotial© Körper hat und letzterer Pilz außerdem einen starken Syringen- geruch besitzt in Kultuien auf Milch, Maisbrei usw. Die Kon- stanz dieser Merkmale war so überzeugend, daß mit leichter Mühe folgende Fehlerquelle zu beseitigen war: Kreuzweise Übertragung der genannten Pilze gelangen nicht, nur einmal trat in einer mit F. vasinfectum geimpften Tomate Welkekrankheit auf; wie sich aber durch Reinkultur aus Petiolenmycel herausstellte, war F. lyco- persici spontan eingewandert. Der Grund lag darin, daß, wie Ver- fasser erfuhr, die Verpflanzung, die inzwischen einmal vorge- nommen werden mußte, nicht sorgfältig steril ausgeführt worden war. Noch eine Reihe von Merkmalen, wie die Vergallertung alternder Myzelien sind für die Bestimmung von F. hjcopersici her- anzuziehen. In ganz gleicher Weise wie die Fusariose ließ sich die Verti- cilliose nachweisen, die für die Eierpflanze und den eßbaren Ei- bisch noch nicht bekannt war. STEVENS und WILSON" (1912) i) deuten die Welkekrankheit des Eibisches (Okra wilt) aber nach SMITH als Fusariose. Beim Durchlesen ihrer Arbeit fällt aber auf, daß Schwärzungen der Wände infizierter Gefäße, ferner schwarze scle- rotiale Körper in der Kultur auftreten. Da dies ein Merkmal für 1) Stevens und Wilson, Okra wilt (Fusariose) Fusarium vasinfectum, and Clover Rhizoctoniose (North Carolina Agric. Exp Station. 34. ann. rep. 1910—11. — 1912.) 3Q H. W. WOLLENWEBER: Verticülmm alho-atrum ist gegenüber Fusarium, so ist es möglich, daß die beschriebene Krankheit Verticilliose gewesen ist und nicht Fusarium vasinfedum. Zum Schkiß sei hinzugefügt, daß auch Sclerotium Rolfsii an der Eierpflanze eine Welkekrankheit von Wunden des Hypokotyls aus verursacht. Dieses war aber wie die Fusariose {F. redolens n. sp.) der Erbse eine Fußkrankheit. Bei solchen faulen auch die peri- pheren Schichten des Hypokotyls so schnell, daß die Pflanzen umfallen. Sie welken schnell und nicht partiell. Reinkulturen von 72Jä'hrigem Alter enthielten das benutzte Sclerotium in hoher Virulenz, die also nicht immer vom Alter abhängig ist. Vergleichende diagnostische wichtige Studien sind mit einigen neuen Ergebnissen der Zusammenfassung der Ergebnisse einge- gliedert. Darunter zwei neue Fruchtfäule erregende Wund- parasiten, die zufällig den Weg kreuzten: Wiisoctonia potoma- censis n. sp, und Fusarium Sclerotium n. sp. ; letzteres an halbreifen Tomaten und Wassermelonen, erstere an grünen Tomaten (leg. Potomac Fiats, Washington, District of Columbia). Von Rhizoctonia solani, die ebenfalls grüne Tomaten von Wunden aus zum Faulen brachte, unterscheidet sich diese durch das Krankheitsbild an To- mate, das auffällige subepidermale konzentrische Myzelzonen zeigt, die Rh. solani fehlen. Fusarium Sclerotium hat blaue Kugelscle- rotien ähnlich denen bei F. metachroum App. u. Wr., die äußerlich Giber eUa-VQY\t\\QC,\Qn. ähneln, aber massiv sind wie echte Sclerotien. Die Art gehört der Sectio Gibbosum an. Im Gegensatz zu ihr er- zeugt F. lycopersici von Wunden aus nur 1 cm breite Frucht- flecken mit verschiedenen Färbungszonen, aber nicht Fruchtfäule, auch nicht von Hypokotylinfektionen aus. Bei letzteren drang das Myzel nur bis in den Kelch vor, schwärzte aber von dort aus den Gefäßring der Früchte in der Weise wie F. oxysporum den der Kartoffelknolle. Das Myzel von F. oxysporum ist aber auch unter der Abschlußzone des Nabels zu finden, von wo aus es jedoch keine Knollenfäule hervorruft im Gegensatz zu F. coeruleum, F. discolor var. sulphureum und F. trichothecioides Wr. i). Zusammenfassung. Patholog-ische Ergebnisse. Durch Inokulation folgender Pflanzen und Früchte mit Rein- kulturen des von ihnen isolierten Pilzes wurden von künstlichen Wunden aus erzeugt 1) Jamieson und Wollenweber, Journal of the Washington Academy of Sciences. Vol. II, 6. 1912. Pilzparasitäre Welkekrankheiten der Kulturpflanzen. 31 1. Grefäßparasitiire Welkekrankheiten mit Fusarium vasinfectum Atk.^) an Gossypinm hcrhaceum und „ harhadense, „ tracheiphüum Erw. F. Smith ,, Vigna sinensis, „ lycopersici (Sacc. s. var. ,, Solanum lycopersicum „ niveum Erw. F. Smith ,, Gitrulliis vulgaris, Veiiicillium alho-atrum Reink. n. ,, Solanum tuberosum. Berth. ,, melongena, Hibiscus esculentus. 2. Fußkrankheiten (Hypokotylparasitosen) mit Fusarium tracheiioMlum Erw. F. Smith an Vigna sinensis (Sorte Brabham), ,, redolcns n. sp. ,, Pisiim sativum (Sorte Alaska), Sclerotium Rolfsii Sacc. ,, Solanum melongena. 3. Fruchtfäule mit Fusarium Sclerotium n. sp. ,, Solanum Jycopersicum und Oifrullus vulgaris. 4. Fruchtflecken mit Fusarium lycopersici an Solanum lijcopersicum. Diag-n ostische Merkmale pilzi^arasitärer Welke- krankheiten. 5. Nachweis der Unterscheidbarkeit fünf wichtiger Typen der Welkekrankheit. Dazu Tabelle am Schlüsse. Die Tabelle soll nur die Bestimmung erleichtern, nicht die Diagnosen ersetzen, die in einer besonderen Arbeit gesammelt sind ^). 1) Eine zweite, im Gegensatz zu dieser geruchlose Form, F. vasinfectum. var. inodoratum n. var., wurde ebenfalls als Erreger der Welkekrankheit nach- gewiesen. F. rcdoleni^ von Erbse hat übrigens mit F. vasinfectum den Syringen- geruch gemein, hat aber bräuolichweiße, 4^/2—0^/2 [a. breite Konidien gegen- über 3^/4 — 3'/2 ," breiten ockerfarbigen bei F. vasinfectum. 2) Erreger vom Verf. auf Pathogenität geprüft bis auf F. conglutinans n. sp., Erreger der Kopfkohlwelkekraakheit (leg. et col. Erw. F. Smith, L. R. Jones, L. L. Harter, entsprechend den Lokalitäten Distrikt Kolumbien, Wisconsin, Louisiana). F. conglutinans n. sp. ist mit F. orthoceras App. u. Wr. verwandt, von dem es sich aber durch geringere Konidienproduktion und Fehlen der weinroten Farbe auf Reis, sonst ein Merkmal der Sectio Elegans, unter- scheidet. Beide Arten haben im Gegensatz zur Mehrzahl der Sectio eine schwächere Einschnürung des Scheitels, und reduzierte Fußzellenform der Ko- dienni; Sporodochien fehlen. 32 H. W. WOLLENWBBER: 6. Alle bekannten gefäßparasitären Fusarien sind ihrer ein- heitliclien Konidiengestalt nach zu einer Sectio der Gattung Fusarium zu vereinigen, für die der Name EJegans vorgeschlagen wird. Die Sectio Elegans vereinigt dann Arten, deren höchster Konidientyp eine schwache Sichelform mit ellipsoidischen Krüm- mungskurven der Dorsale und Ventrale in Seitenansicht, flaschen- halsförmig zugespitzten Scheitel und fußzellige Basis hat. Alle Arten haben kleine einzellige und große meist dreiseptierte Ko- nidien, zwischen denen Übergänge bestehen. Alle haben sowohl terminale als interkalare Chlamydosporen. Die Mehrzahl entwickelt im Gregensatz zu anderen Sectionen einen weinroten Farbstoff (saure Modifikation, auf gekochtem Reisbrei, die künstlich in die blaue basische überführbar ist) und tuhercidarmsirtige Sporodochien mit je nach Art blauen oder farblosen (auf gekochten Kartoffel- knollen) sklerotialen Myzelunterlagen. Die Konidienfarbe ist ocker- bis lachsfarben, bei einigen Arten bräunlichweiß. 7. Die Sectio Elegans ist eine ausgesprochen gefäßpara- sitäre Sectio der Gattung Fusarium, also eine biologisch und morphologisch einheitliche Gruppe. Im allgemeinen sind ihre Arten hochadaptiert an eine Wirtspflanze, aber sapro- phytische Fruktifikationen auf mehr oder minder zersetzten Or- ganen anderer ähneln ihnen oft bis zur Identität, die aber ohne Impfversuche nur dann beweisbar ist, wenn die Pilze nicht mit andern verwechselt werden können. 8. Die Sectio Elegans steht für sich gegenüber anderen Sektionen der Gattung Fusarium, wie Bosetim und Gihbosum, die vorwiegend Wundparasiten der Früchte, und Discolor, die vor- wiegend Wundparasiten an im Erdboden befindlichen, besonders Reservestoffe speichernden Organen enthalten. Morphologisch stehen die drei letzteren Sectionen in folgendem Gegensatze zu Elegans: Sectio Discolor hat breitlichere und derbhäutigere Konidien als Elegans und keine Terminal-Chlamydosporen; Roseum solche ohne halsartige Einschnürung des Scheitels, Gihhosum breitlichere und derbhäutigere Konidien als Roseum und hyperbolische bis para- bolische anstatt ellipsoidischer Krümmungskurven. Näheres folgt in einer Spezialstudie. 9. Außer Fusarium verursacht auch YerticilUiim gefäßparasitäre Welkekrankheiten z. B. F. aJbo-atrum. Fusariose und Verti- cilliose erzeugen gleiche Krankheitsbilder, sind aber pilzmorpho- logisch unterscheidbar, da typische Yerticillien nie septierte, ge- schweige denn Sichelkonidien hervorbringen. Pilzparasitäre Welkekrankheiten der Kulturpflanzen. 33 10. Neocosmo>^j)ora ist von allen bekannten gefäßparasitären Yerticillien und Fusarien morphologisch unterschieden, da ihre übrigens nur ausnahmsweise dreiseptierten Konidien beid- endig stumpf ellipsoidisch sind. Diesem überzeugendsten Unter- scheidungsfaktor schließen sich an: Das Fehlen echter Chlamy- dosporen, das Vorhandensein einer Schlauchform, die saprophytische Natur des Pilzes (in BUTLEKs und Verfassers Versuchen) im Gegensatz zu den Fusarien und Verticillien der entsprechenden Wirtspflanzen. Vert'icilUi(m alho-atrum, das auch gelegentlich mit Neocosmospora verwechselt worden ist, hat im Gegensatz zu letzterer begrenzte schwarze sklerotiale Myzelunterlagen und nie septierte Konidien; ihre entwickeltsten Konidienträger haben in mehr- gliedrigen Wirtein angeordnete Seitenäste, die in Abständen wiederholt übereinander der Hauptachse inseriert sind. 11. Einige der Wundparasiten erregen vorwiegend Gefäß- parasitosen (typische Welkekrankheiten) oberirdischer und zu- gleich unterirdischer Organe. Andere beschränken sich mehr auf die unterirdischen Organe, Fußkrankheiten erzeugend, wieder andere erregen je nach Bau und Resistenz der Wirtspflanze ge- trennt oder ineinandergreifend beide Formen der Welkekrankheit (T%w«-Fusariose, Solanum-YeYt\c\\\\o^&). Die Fußkrankheit kann je nach Pilzart gefäßparasitär verlaufen oder nicht. Im letzteren Falle (Sklerotiose und Rhizoctoniose an SoJamim) kann je nach Schwere des Angriffs, die auch vom Alter der Wirtspflanze ab- hängt, Welke- oder Kräuselkrankheit resultieren. So verschieden die einzelnen Krankheitsformen sind, so darf man doch bei einer scharfen Abgrenzung derselben nicht vergessen, daß einige in Ver- suchen mit einem und demselben Pilze ineinander überführbar sind, während andere sich ähneln, obgleich von ganz verschiedenen Pilzen oder anderen Organismen hervorgerufen. U. S. Department of Agriculture, Bureau of Plant Industry, Washington, 8. Jan. 1913. Ber. der deutschen bot Gesellsch. XXXI. 34 H. W. WOLLENWEBER: Pilzparasitäre Welkekrankheiten der Kulturpflanzen. • ^^ O ü eö CS o •^ a a ö a es © X! CO _© 'u © CO s > •j~ T3 ?= I-i O «S .a a s a s o •w> CO ^ 9 CO <3 © ro ^ ^-.^ ■rr^ © CS S-ij © o riiä ^-l iM © ^ cc, c^ Co p a s ^ o o s 1*» a 03 1 © © TS ^ O + 1 1 + + © 03 + y 'S 3 :cS (i 1/j .2" 1 1 1 a a es © Xi a 4^ CS M © "© 4) © I © © ^ © a CS M ja "^ vT «2 !s S > P^ + CO M 1 N! r1 X *J + ' ' 1 + 1 ' -5 X u © o o 'S '5 3 flaschenha] förmig spi .iß "© N s o o a o es CD ja a 3 <13 ::*• -^ CO o 5a + + + CO ja 1 N CO 43 eH TS es D< bß ^-^ 'o M cc 1 + + + X CO © iß © o © 3 -y a Cfi t. 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Johanna Babiy: Über das angeblich l(onstante Vor- kommen von Jod im Zelll ,, 5 10 0.1 «/o J,.^ St. o.'k O.Ol )» » »> ) ?» ) • * * ■4 , 0'C)5 1' ) O.Ol o!Ö02 3V2 \ 3—4, ») ?S 5 >» J» 1 45 St. ^V2 3V2 ■, 2 Tge. 5 St. 1.5 Vo 5 !» )' 1.5 1 2Vo, &7o i7o. 27o 1,2 ,57o 1 M 2 M 1 M »» >» 5 Min. 16—46 „ 6 2-6 „ 1— lü „ BSt.,24St. 6Min.,5St. 2—6 Min. keines (Vgl. Text auf Seite 40 f f .) Versuchs- Objekte Ohlor- wasser Ein- wirkungs- dauer Wässerige AgNOg-Lösung Konzen- tration Ein- wirkungs- dauer Teils warme, kz. NaCl- Lösung Ein- wirkungs- dauer Wässerige HgOI,-Lösung Konzen- tration Ein- wirkungs- dauer Resul- tat CJado- phora sp. 2—5 Min. 1 Tg. 0,05 7o 6 i )♦ J' » oiöi ',', n 0,1 „ 5) ,» >, » o'.bi !! 2 , •» )1 » H 48 St. 17 St. 1 7o 0.5 „ 0.1 „ 1 „ 0.5 „ Ol „ 1 „ 0.5 „ 0.1 „ 1 „ 06 „ 1—5 Min. Vi jj » n n n n » 1—10 n » n ■»» » n » » keines Min. 1 Zucker- 2,5,10,30 0 01 7n rübe. ,, !> >, ,, O.Ol „ Schnitte )) '• „ ), 0.05 „ emer " " )> )) '> !» frischen M " >, ,, 0.1 „ Wurzel. •' ,< ,, ,, »1 J> 2, 8, 25 0.005 „ '1 )> ,> 0.002 „ 2—4 St. 4, 36 St. 31/2 St. 1 7o 2.6 „ 1 „ 2.5 „ 4 „ 26 „ 1,2.5 „ 2— 15Min. ») V n ff n H n >) 5) n n V) n ■n keines 1) Für diese, wie für alle übrigen Tabellen gilt: Nach dem Aufenthalt in NaOl wurden die Schnitte stets in dest. Wasser gut gewaschen. — Zum Schluß in dickem Glycerin betrachtet. 46 Johanna Babiy: III. (Vgl. Text auf Seite 40 ff.) Chlor Wässerige Teils warme, kz. NaCl- Wässerige Resul- ,,' wasse r AgNO 3-Lösung Lösung HgOl^- Lösung- tat Versuchs- Objekte Ein- wirkung Konzen- 'S* • * tratioii Ein- wirkungs- Ein- wirkungs- Konzen- tration Ein- wirkungs- dauer \J & \^i V » V^ * A dauer dauer U ■ M \J.l V/ 1-1 dauer Fraxinus 2 Mir 1. 0 1 »|„ 5 St. 20 St. 1 "0 1—6 Min. keines excelsior T) » w » » )5 •) ,. 0.5 „ 5* «5 •» Schnitte 55 » " V » ir ,' », 0.1 ,. >5 »1 5» von a) frischen, 2-5 „ O.Ol „ 2 „ 3V2 Tge. 2.5 „ 1 M 2-5 „ 5» b) dch Al- 1) » " » ») »» M ,, V 1> 5» kohol ge- » » » n " »1 >) '> 0.5 ., )' " »» töteten 1 0 1 Stielen u. Knospen 1) » 0.002 „ ! 55 5 5 2 „ 6 St. 1 ,. 55 • 5 X » » 1) " 55 M >' 11 2.B ,. 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GERRESHEIM: „Über den anatomischen Bau und die damit zu- sammenhängende Wirkungsweise der Wasserbahnen in Fiederblättern der Dicotyledonen" behandelt kurz die Ergebnisse, die durch ge- naue Untersuchung des Leitbündelverlaufes einer Reihe von Fieder- blättern und die physiologische Wirksamkeit ihrer Wasserbahnen erhalten wurden. Unter Leitung von Herrn Prof. ARTHUR MEYER war es meine spezielle Aufgabe, ähnliche anatomische und physio- logische Untersuchungen an einer Reihe von handnervigen Blättern auszuführen und die Beziehungen zwischen der Morphologie und der physiologischen Leistung der Wasserbahnen weiter zu klären^). Die bei GERRESHEIM zur genauen Charakterisierung eines Leitbündels und der Leitbündelgruppierung beim Fiederblatt ein- geführte Nomenklatur konnte völlig auf die Verhältnisse von Leit- bündelbau und Leitbündelgruppierung beim handnervigen Blatt an- gewandt werden. Ich benutzte auch dieselben anatomischen und physiologischen Methoden zur Untersuchung des Leitbündel \^erlaufs und der Wirksamkeit der Wasserbahnen, welche GERRESHEIM ange- wandt hat. Auf Grund der morphologischen und physiologischen Unter- suchungen zeigte sich ganz allgemein, daß man bei den typischen erwachsenen Laubblättern der Dicotyledonen das Leitbündelsystem in drei Abschnitte gliedern kann: I. Direkte Leitungsbahnen. Sie vermitteln den durch- gehenden Wassertransport von den Wasserbahnen der Achse bis in die der Blattspreite hinein. ]) Die Resultate meiuer Untersuchung werden in einem Hefte der Bi- bliotheca botanica ausführlich, dargestellt werden; hier mögen nur einige all- gemeine Folgerungen, die aus den Untersuchungen gezogen werden konnten, mitgeteilt werden. Anatomische und physiologische Untersuchungen usw. 49 II. Verbindungsbahnen. Zwischen diesen direkten Lei- tnngsbahnen vermitteln die Verbindungsbahnen den Wasseraus- gleich ; und zwar vermitteln die Verbindungsbahnen vom Blatt- grund aufwärts bis zur Spreitenbasis einschließlich (bzw. der Spindel und Spindelknoten beim Fiederblatt) einen allseitigen Wasseraus- gleich zwischen den direkten Leitungsbahnen, während die Ver- bindungsbahnen in der Spreite selbst nur lokale Bedeutung für den Wasserausgleich besitzen. III. Verteilungsnetz. Innerhalb der von den direkten Leitungsbahnen und den Verbindungsbahnen in der Spreite gebil- deten Maschen liegt das Verteilungsnetz der Spreite, dessen Tra- cheen die unmittelbare Wasserabgabe an das Assimilationsparenchym besorgen. Das Netz der Leitungs- und Verbindungsbahnen liegt meistens in Leisten mechanisch wirksamen Gewebes, welches die ganze Dicke des Blattes durchsetzt und die Ijeitungsbahnen in sich einschließt. Dieses mechanische Netz grenzt selbstverständlich Partien des Verteilungsnetzes ab und bildet zugleich die Grenze in sich zusammenhängender Partien des Interzellularraumsystems des Mesophylls. Man könnte jede dieser abgegrenzten Partien als „Interzellularkammer" bezeichnen. Im Blattstiel bedingen mecha- nische Anforderungen den Zusammenschluß der Leitbündel zu einem Bündelrohr, der um so enger ist, je stärker die mechanische Inanspruchnahme ist. Nach der Art und Weise des Leitbündelverlaufes der unter- suchten handnervigen Blätter lassen sich diese Blätter in zwei Gruppen sondern: Die eine dieser beiden Gruppen ist ausgezeichnet durch Bündel- verbindungen in jeder Höhe des Blattstiels, die in manchen Fällen (Ranunculaceen) bis in die Spreite hineinreichen können. Die zweite Gruppe ist dadurch ausgezeichnet, daß die Bündel- verbindungen auf bestimmte Stellen des Blattstiels lokalisiert sind. Diese Gruppe zerfällt wiederum in zwei Untergruppen, von denen die eine zwei solcher Bündelverbindungszonen, eine im Blattgrund und eine zweite in der Spreitenbasis, besitzt, während die andere nur eine einzige Bündelverbindungszone und zwar in der Spreiten- basis aufweist. Ein Vergleich der von mir untersuchten handnervigen Blätter mit den von GERRESHEIM untersuchten Fiederblättern ergab, daß sich kein prinzipieller Unterschied im Leitbündelverlauf dieser bei- den Blattformen feststellen ließ. Bei einigen Umbelliferen-Blättern konnte noch genauer verfolgt werden, wie ein allmählicher Über- gang vom Leitbündelverlauf eines Fiederblattes mit seinen zahl- Ber. der deutschen bot. Gesellsch XXXI. 4 50 August Rippel: reichen durch Bündelverbindungen charakterisierten Spindelknoten bis zum typischen handnervigen Blatt stattfindet, das nur eine einzio-e durch Bündelverbindungen charakterisierte Zone in der Spreitenbasis besitzt. Dieser Übergang ergibt sich sowohl beim Vergleich der Blätter verschiedener Arten als auch beim Vergleich der Blätter ein und derselben Art; in letzterem Falle besitzen die Primärblätter typisch handnervigen Bau; die späteren Blätter nähern sich immer mehr dem Fiederblatt. Der Leitbündelverlauf ist bei vielen Familien sehr einheitlich, wie z. B. bei den Umbelliferen. Doch kommen innerhalb einer Familie auch Verschiedenheiten vor, die eventuell für eine syste- matische Grliederung Wert haben könnten. So stehen bei den Rosaceen das handnervige Blatt von AlcliemWa und das Fiederblatt von Sorbits durch ähnlichen Leitbündelverlauf dem handnervigen Blatt von FotentiUa und dem Fiederblatt von Agrimonia gegenüber, die ihrerseits ähnlichen Leitbündelverlauf zeigen. Ich habe weiter festzustellen versucht, wie die Verteilung- morphologisch offener Bahnen, also von echten Grefäßen, im Blatte ist. Dabei konnte ich feststellen, daß bei einigen Pflanzen, die eine Bündelverbindungszone im Blattgrund besitzen, an dieser Stelle ein Schluß zwischen den Gefäßen der Achse und zwischen den Gefäßen des Blattstieles besteht, der bei anderen Pflanzen, die keine solche Bündelverbindungszone besitzen, fehlt. Da- gegen zieht eine Anzahl Gefäße von den Leitbündeln des Blatt- stiels in die Leitbündel der Spreitennerven hinein bis in minde- stens ein Drittel der Spreite. Es wäre nicht ausgeschlossen, daß sich bei genauerer Kenntnis der Entwicklung der Leitungsbahnen im Blatte die Ausbildung und Ausdehnung der Gefäße genauer feststellen ließe. Die Gefäße scheinen bei der Entwicklung der Leitungs- bahnen zuerst fertiggestellt zu werden und erst später durch kurze Verbindungsbahnen aneinander geschlossen zu werden. Zwischen den einzelnen Tracheensträngen, die den Tracheen- teil eines Leitbündels zusammensetzen, sowie den Tracheenteilen der einzelnen Leitbündel stellen diffuse Verbindungen und Bündel- brücken (siehe GerrESHEIM) einen Zusammenhang her. Sie sind nur als Zwischenglieder von beschränkter Länge ausgebildet. Dar- aus ergibt sich, daß ein Querschnitt durch eine solche Partie eine größere Anzahl Tracheen zeigen muß als ein Querschnitt durch eine solche Stelle, die keine oder nur wenig Verbindungsstellen be- sitzt. Das läßt sich in der Tat zahlenmäßig verfolgen. Die Zäh- lungen ergaben nun: eine jede Blattspur hat während ihres Ver- laufes in der Achse eine Minimalanzahl von Tracheen, deren Zahl Anatomische und physiologische Untersuchungen usw. 51 etwa der Zahl der direkten Leitungsbalinen, die den durch- gehenden Wassertransport von Achse in Blattspreite vermitteln, entsprechen dürfte. Sobald die Leitbündel dieser Blattspur in Beziehung zueinander treten, erhöht sich selbstverständlich die Zahl der Tracheen bedeutend infolge der hier auftretenden kurzen Verbindungsbahnen. Es ist dies vor allem im Blattgrund und in der Spreitenbasis der Fall. Wenn sich an diesen beiden Stellen eine Bündelverbindungszone befindet, so sinkt von diesen beiden Zonen an durch das Auskeilen der kurzen Verbindungsbahnen vom Blattgrund aufwärts, von der Spreitenbasis abwärts die Anzahl der Tracheen bis zur Mitte des Blattstiels. Weiterhin erhält man be- deutende Vermehrung der Tracheen beim Vergleich der Anzahl der Tracheen der Primärnervenbündel, oberhalb der Spreitenbasis mit der Anzahl der Tracheen in den Leitbündeln des Blattstiels unterhalb der Spreitenbasis. Auf Grund der physiologischen Versuche ergab sich, daß die Wirkungsweise der Wasserbahnen in den handnervigen Blättern genau die gleiche ist, wie es GERRESHEIM für die Wirkungsweise der Wasserbahnen in den Fiederblättern gefunden hat. Ich habe außerdem noch Versuche mit Lithiumchlorid-Lösung angestellt. Das Resultat der physiologischen Versuche und ein Vergleich mit den anatomischen Tatsachen berechtigten mich zu folgenden Schlüssen. Innerhalb eines typischen Dicotylen-Laubblattes gibt es eine Anzahl Wasserbahnen, die als morphologisch offene Bahnen (also echte Gefäße) von den Leitbündeln des Blattstiels bis in die Nerven- bündel der Spreite hinein verlaufen. Jede dieser offenen Bahnen versorgt ein bestimmtes Gebiet der Spreite, und bei gleich- mäßiger Transpiration vollzieht sich die Leitung des Wassers und der in ihm gelösten Nährsalze in ein gewisses Gebiet der Spreite nur durch diese morphologisch zugehörige offene Bahn. Wenn eine solche Bahn den Bedarf der zugehörigen Spreitenpartie nicht völlig zu decken vermag, so kann die Leitung auch durch die Tüpfelschließhäute der Verbindungsbahnen aus den seitlich benach- barten offenen direkten Leitungsbahnen erfolgen. Die gleichmäßige Verteilung der Nährsalze v^nrd außerdem noch dadurch unterstützt, daß sie außerordentlich leicht durch die Tüpfelschließhäute hin- durch diffundieren und so durch die Seitenwände aller Tracheen hindurch dringend sich jedem Wasserstrom beimischen können. Infolge der Mitversorgung bestimmter Spreitenpartien im Be- darfsfalle durch die morphologisch nicht zugehörigen direkten Lei- tungsbahnen vermittels der Verbindungsbahnen werden die einzel- 4* 52 K. LiNKOLA: nen Spreitenteile ziemlich unabhängig von der ausschließlichen Ver- sorgung durch ihre morphologisch zugehörige Bahn. Doch kann bei ausnahmsweise ungünstiger Wasserversorgung, wie es z. B. in dem äußerst trockenen Sommer 1911 der Fall war, die Abhängig- keit bestimmter Spreitenpartien von der morphologisch zugehörigen Bahn deutlich hervortreten. Botanisches Institut der Universität Marburg, den 29. No- vember 1912. 7. K. Linkola: Über die Thallusschuppen bei Peitigera lepidophora (Nyl.). (Mit Tafel II.) (Eingegangen am 21. Januar 1913.) Wie bekannt, besitzen die Cephalodien der Flechten eine andere Art von Gonidien als der übrige Flechtenthallus, sind in ihrem Wachstum begrenzt und einer selbständigen Entwicklung unfähig. Vor einigen Jahren hat aber BlTTER^) in diesen Berichten eine Mitteilung über eine andere, früher nicht bekannte Art von Cepha- lodien publiziert. Als solche betrachtet er die oberseitigen Thallus- schuppen der Peitigera lepidophora, welche, obwohl nach seinen Untersuchungen durch Algeninfektion entstanden, Gonidien von derselben Art wie die Nostoc-führende Gonidienschicht des Haupt- thallus besitzen und die in ihrem Wachstum nicht begrenzt sind und aller Wahrscheinlichkeit nach als vegetative Fortpflanzungs- organe dienen, BITTER schlägt vor, diese Cephalodien der P. lepi- dophora als cephalodia autosymbiontica den cephalodia vera oder heterosy mbiontica anderer Flechten entgegenzustellen 2). 1) G. BlTTEß: Peltigeren-Studien IL Das Verhalten der oberseitigen Thallusschuppen bei Peitigera lepidophora (Nyl.). (Ber. d. D. Bot. Ges. Bd. 22^ 1904, S. 261—264, Taf. XIV, Fig. 6—8.) 2) Bitter hat diese Benennungen auch später gebraucht: Peltigeren- Studien III. Peitigera nigripnnctata n. sp., eine verkannte Flechte mit hetero- symbiontischen Cephalodien (Bor. d. D. Bot. Ges. Bd. 27, 1909, S. 186). über die Thallusschuppen bei Peltigera lepidophora (Nyl.). 53 Der Verfasser dieser Notiz ist in der Lage gewesen, die Unter- suchungen BiTTERs nachzuprüfen und ist dabei zu einem von dem obengenannten abweichenden Resultat über die Entstehungsweise der fraglichen Gebilde gekommen. Als erste Anfänge zu den Thallusschuppen der P. lepidopliora sieht man auf Thallusquerschnitten Stellen, wo einige Gonidien sich von der regulären Gonidienschicht entfernt haben und zwischen den Zellen des Rindenparaplectenchyms hervorschreitend sich der Thallusoberfläche nähern. Als ein wenig spätere Stadien findet man Stellen, w^o eine stark braungefärbte, einschichtige Rinde das Ende des nach oben sich streckenden schmalen Gonidienstranges nach außen umschließt (Fig. 1 und 2.) Es wird so ein winziges Knöpf chen gebildet, das sich anfangs ganz im Niveau der Thallus- oberfläche befindet, allmählich aber wachsend sich bald als ein knopfförmiger, gonidienreicher Auswuchs von der Thallusfläche er- hebt (Fig. 3 und 4). Die weitere Entwicklung stimmt mit der- jenigen von Bitter für seine Cephalodien beschriebenen überein. Der annähernd kugelförmige Auswuchs beginnt ein Flächenwachs- tum und erscheint bald als ein der Thallusoberfläche anliegendes Schüppchen, welches gewöhnlich etwa in der Mitte mit einem Nabel, durch welchen der gonidiale Zusammenhang mit dem Mutter- thallus vermittelt wird, am Thallus festhaftet. Auch anderswo ist die Schuppe oft mit dem Thallus mehr oder minder lose ver- wachsen. In älteren Schuppen kann man oft keinen deutlichen gonidienhaltigen Nabel mehr finden; der Zusammenhang mit dem Hauptthallus ist loser gewurden und führt schließlich zu einer voll- ständigen Lostrennung. Die erwachsene Schuppe ist auf der Ober- seite mit einer dunkelbraunen Rinde von 2 — 4 Zellschichten be- deckt und auf den Seiten und unten mit einschichtigem, hellerem Paraplectenchym umhüllt (Fig. 5 und 6). Anfangs ist der Aus- wuchs ganz von Gonidien erfüllt, in den älteren Schuppen aber bildet sich eine gonidienarme oder gonidienlose untere Schicht aus (Fig. 6). Wie es aus der obigen Beschreibung und den mitfolgenden Figuren (1, 2, 3 und 4) deutlich hervorgehen dürfte, stehen die Gonidien der behandelten Bildungen tatsächlich in genetischer Be- ziehung zu der Gonidienschicht des Hauptthallus. Die Schuppen sind also als Isidien, nicht als Cephalodien zu betrachten. Die oben zitierten BiTTERschen Cephalodienbenennungen sind dem- nach wenigstens vorläufig überflüssig. Sehr bemerkenswert ist die enge Begrenzung des Gonidien- stranges, der den gonidialen Zusammenhang zwischen Mutter- und 54 K. Ll^'KOLA: Über die Thalkisschuppen bei Peltigera lepidophora (Nj'I). Miniaturtliallus vermittelt. Die fragliche gonidienhaltige Partie zwischen den Rindenzellen ist meistenteils so schmal, daß man sie nur auf sehr wenigen auch von ganz dünnen Serienschnitten durch ein und dasselbe Isidium sieht. (Die Mikrophotographien sind nach solchen von 3 fi Dicke gefertigt.) Haben die Schnitte die schmale gonidiale Zone des Nabels nicht getroffen, so bekommt man Bilder wie die Zeichnungen BiTTERs und die Figuren 5 und 6 (auch 1 und 2 zum Teil) des Verfassers. Das Untersuchungsmaterial stammt aus Finnland, wo die be- handelte zierliche Peltigera- Art nicht zu den großen Seltenheiten gehört. Auch die P. rufescens Hoffm. var, lepidopliora Nyl. der ARNOLDschen Exsiccaten, n. 1469 (aus Mittelfranken) ist berück- sichtigt worden. Helsingfors, Botanisches Institut, Dezember 1912. Erklärung der Tafel II. Querscijnitte durch den Thallus von PcUigcra hjudophom (Nyl.), die Ent- wicklung und den Bau der Isidien darstellend. Fig. 1 u. 2: Ganz junge Isidienanlagen, teils durch die Mitte geschnitten, teils nicht in die Mitte getroffen. Vergr. 600. Fig. 3 u. 4: Ein wenig ältere Stadien. Vergr. 300. Fig. 5: Ein Stück des Thallus mit erwachsenen Isidien. Vergr. 100 Fig. 6: Erwachsenes Isidium. Vergr. 300. V. KaSANOWSKY: Die Ohlorophyllbänder und Verzweigung derselben usw. 55 8. V. Kasan owsky: Die Chlorophyllbänder und Verzwei- gung derselben bei Spirogyra Nawaschini (sp. nov.). (Mit Tafel III.) (Eingegangen am 21. Januar 1913.) Im Frühling 1910 fand ich in Torfsümpfen bei Kiew (Swia- toschino) in kleiner Menge eine unbekannte Art von Spirogyra. Bei genauerer Untersuchung konnte man schon ihren Unterschied von den anderen Arten, die in DE TONIs (1889) i) „Sylloge algarum'" in P. PETITs (1880) 2) Monographie, in HANSGIRGs (1886—92) ^) Prodro- mus, Kirchners (1878) ^) „Algen V. Schlesien" angeführt sind, bemerken. Wie man aus Fig. 1, 2, 6, 7 sehen kann, gehört diese Spiro- gyra, da sie Querwände mit einer nach innen vorspringenden Eing- leiste besitzt, zur Sektion Salmacis Hansg. Die im Freien schon angefangene Copulation schritt in der Zimmerkultur weiter fort; bald darauf konnte ich schon nicht nur reife, sondern aucli kei- mende Zygosporen beobachten. Nach dem Bau des Mesospors soll die von mir gefundene Spirogyra den Arten Sp. Calospora Cleve., Sp. reticiilafa Nordst. und Sp. areolata Lagerh. beigefügt werden. Jedoch mit keiner der vorhandenen Diagnosen der oben genannten Arten stimmen die Merkmale meiner Spirogyra tiberein. Die Zellen der vegetativen Fäden bilden große Mannigfaltig- keit: nach ihren Größen, nach der Form der Ohlorophyllbänder, nach der Zahl der Chromatophoren und deren Windungenzahl. Meistenteils sind die vegetativen Zellen 29 — 31 [i breit, es gibt aber auch solche, die 27—41 fj, breit sind. Die Länge der Zellen betrug 170 — 325 fi. Alle vegetativen wie auch fruchtenden Zellen sind mit ringförmigen Einfaltungen versehen. 1) 1889. Toni, de G. B , Sylloge algarum omnium hucusque cognitarum, I. Chlorophyceae, Padua. 2) 1880. P. Petit, Spirogyra des enveroiis de Paris, Paris. 3) 1S86— 1892. A. HansGIRG, Prodroraus der Algenflora von Böhmen. 4) 1878. KiRCHNEK, 0., Die Algen Schlesiens. Breslau (Krjptog.-Flora V. Schlesien II. 1). 56 V. Kasanovvsky: Was die Zahl der Chloropliyllbänder und den Verlauf der letzteren in der Zelle betrifft, so kann man folgendes konstatieren. Meistens ist die Zelle mit zwei einzelnen voneinander unabhängigen Chlorophyllbändern versehen, diese werden symmetrisch, gerichtet, indem sie meistens 5 — 5^/2 -6 -7 Umgänge bilden (vgl. Fig. 1, Taf. III typische Zelle). In demselben Faden kommen auch Zellen mit einem Cliro- matophor vor. Die Windungenzahl in solchen Zellen erreicht zu- weilen bis 14 — 15 — 16. Bemerkenswert ist folgender Umstand, der in der vorliegenden Literatur noch nicht angezeigt ist. In den Kulturen meiner Spi- rogyra fand ich Fäden, deren Zellen verschiedene Chromatophoren- zahl besaßen. An einem Ende des Fadens befanden sich die Zellen mit einem Chlorophyllband, am ander-en die Zellen mit zwe typischen Bändern. Es ist schon bekannt, daß die Zellen eines Fadens verschie- dene Chromatophorenzahl besitzen können (z. B. Sp. Grevühana P. Petit — Fig. 1. Planche II). In unserem Falle ist das Vor- kommen der Zellen bemerkenswert, die als Übergang zwischen einbändigen und zweibändigen aufgefaßt werden können. Die Chlorophyllbänder in solchen Zellen zeigen starkes Wachstum und sehr große Mannigfaltigkeit in der Gestalt. Zuerst betrachten wir eine gewöhnliche Zelle mit einem Band Das Chlorophyllband, von einer Querwand beginnend, steigt in Ilechts- windungen (in der Richtung des Uhrzeigers) und hört bei der entgegengesetzten Querwand auf. Nehmen wir jetzt eine der nächsten Zellen, so sehen wir, daß ihr Chlorophyllband nicht frei an der Querwand endet, sondern es krümmt sich und steigt in der entgegengesetzten ßichtung (links) ab. Das Chlorophyllband kann in verschiedenen Entfernungen von der oberen Querwand aufhören. In manchen Fällen kommt das freie Ende des Bandes zur Stelle seines Ausgangspunktes zurück, und dann bekommt die Zelle das Aussehen einer zweibändigen. Wenn ein solches doppeltes Chlorophyllband an der Stelle der Krümmung quer- geteilt wird, so entsteht eine typische Zelle mit zwei einzelnen C hl orophy IIb ändern. Nehmen wir die Länge des Chromatophoren in einer ge- wöhnlichen Zelle (von einer Querwand bis zur anderen) als Maß an, so haben wir in den Zellen unseres Fadens sehr verschiedene Chromatophorenlängen: von 1 — 2 und alle Zwischenstufen. Die Chlorophyllbänder und Verzweigung derselben l)ei Spirogyra usw. 57 Die angegebenen Beispiele werden durch die vorkommenden Bifurkationen des Chlor opliyllbandes, wie auch durch die Fähigkeit der Chromatophoren breiter zu werden, kompliziert. Fig. 7, Taf. III zeigt eine Zelle mit dem Chlorophyllband, das etwas länger als 1^/^ ist. In der unteren Hälfte der Zelle teilt sich das Chlorophyll- band gabelig. Ein Zweig (la, Figur 7, Taf, III) macht nur eine ümwindung nach unten und endet frei. Der andere Zweig (I) geht nach unten bis zur Querwand — b, krümmt sich um, macht dann an der Stelle der Bifurkation eine schwache Windung (die zweien normalen Windungen gleich ist), denen noch etwa IV2 andere Windungen folgen und hört frei auf. An der Bifurkationsstelle hat die Zelle das Aussehen einer dreibän digen, besonders als wir eine solche Zelle mit Objekt. VI und Okul. III betrachten, mit welchen nur ein Teil der Zelle zu sehen möglich ist. In dem anderem Falle, den Fig. 6 zeigt, wird die Chromato- phorenordnung noch komplizierter. Bei der oberen Querwand (a), bei einer tieferen Einstellung des Mikroskops kann man eine drei- eckige Chlorophyllplatte mit zwei Pyrenoidea sehen. Diese Platte sendet zwei Bänder aus (I und II). Das linke Band (I) geht nach unten in der dem Uhrzeiger entgegengesetzten Richtung, erreicht, nachdem es 6 Windungen durchgemacht hat, die untere Querwand (b) macht zwei steile Krümmungen (c— c^) und steigt hinauf, wo es nach einer langen Windung frei endet. Das andere Band (II), das von der Chlorophyllplatte abgeht, geht zuerst in der axilen Bichtung hinab, macht ^j^ Windungen und an der Stelle „d" bildet es einen aufsteigenden Zweig (III), der bei der Quer- wand (a) aufhört. Diese dreieckige Platte ist kein Verschmelzungs- produkt zweier selbständigen Bänder (I 4- II)> sondern stellt eine örtliche Erweiterung des einzelnen Bandes dar, was sehr leicht zu sehen ist. Die angegebenen Beispiele illustrieren hinreichend ungewöhn- liche Mannigfaltigkeit in der Gestalt der Chlorophyllbänder, ver- schiedene Unregelmäßigkeiten in dem Verlauf der letzteren, Bifur- kationen, ungleiche Länge der Chlorophyllbänder, wie auch ihre Zahl. In dieser Beziehung zeigt diese Spirogyra sehr große Ähn- lichkeit mit der Desmidiee Genicularia spirotaenia de Bary, die auch einige Unregelmäßigkeiten im Chromatophorenverlauf und in ihren Bifurkationen darstellt (DE BARY 1858)^) — Tafel IV, Fig. 1 und 3. Seine Fig. 3 hat mit unserer Spirogyra auffallende Ähnlichkeit, zeigt jedoch den wesentlichen Unterschied, auf den schon DE BARY 1) 1858. DE Bary, A., Untersuchungen über die Familie der Conjugaten, Leipzig. 58 V. Kasanowsky: (ibid. — S. 26, 77 und 84) aufmerksam gemacht hat: „daH ihre Spiralbänder konstant links gewunden sind, während sämtliche Spirogj^ren bekanntlich Eechtswindungen zeigen.' Es ist merkwürdig, daß die Chlorophyllbänder bei Spirogyra immer die Tendenz haben, die Richtung nach rechts (im Sinne des Uhrzeigers) beizubehalten. Besonders deutlich wird diese Tendenz auf Fig. 6, Tafel III ausgedrückt: es wäre für das Chlorophyllband b viel leichter, beim Wachstum ohne etwaige schwere, steile Umbie- gungen (wie c — c^, Fig. 6) einfach vom Punkt c nach links (dem Uhrzeiger entgegengesetzt) im Plasma zu gleiten; jedoch macht es zwei Krümmungen, um seine typische Richtung zu bewahren und steigt hinauf. Die Kopulation bei unserer Sjnrogyra ist leiterförraig, sie geht zwischen zwei verschiedenen Fäden vor sich. Die kopulieren- den Zellen (weiblichen) sind entweder den sterilen gleich oder nur kaum angeschwollen, im Durchmesser haben sie gewöhnlich etwa 40 — 45 //-, sehr selten gibt es solche, die 49 ju- liaben. Die Zygosporen sind in Form und Größe sehr verschieden: meistenteils sind sie elliptisch-zylindrisch (Fig. 5, 6), elliptisch (3, 5 c), fast kugelig (5 e), sehr selten dreieckig (5 d) oder bis- quitförmig (5 a — 5 b). Sie sind von 45 — ^101 ji* lang und 30 — 40/* (öfters 38 — 45 fi) breit. Die reife Zygospore, gelbbraun mit etwas rosa Schattierung, läßt drei Hauptschichten der Zellmembran unterscheiden. Die Mittelhaut, was besonders gut an den kei- menden Zygosporen zu sehen ist, ist mit der unregelmäßig netz- förmigen Verdickung versehen. Diese Verdickung kann man auf den optischen Schnitten (Fig. 5 a — d) wie auch bei oberflächlicher Einstellung bei den stärkeren Vergrößerungen sehen (Fig. 4). Die Keimung einiger Zygoten beobachtete ich im Frühling- gleich nach der Reifung (Fig. 2) derselben. Nach dem Bau des Mesophors ist meine Spirogyra zu einer in Brasilien gefundenen Art ^S^;. reticulata Nordst. und zur 8. calospora Clev.^) hinzuzufügen. Sie unterscheidet sich jedoch durch die Zahl 1) DE Toni, 1. c. S. 773, Nr. 68: „chlorophoro singulo, gracili et laxo, an- fractibus 4—5'' etc. P. Petit, 1. c. S. 11, Nr. 8: spire unique . . .; la membrane moyenne est ponctuee, cu mieux scrobiculee. (Planck II, Fig. 13.) A. TßÖNDLE, „Über die Reduktionsteilung in der . . . ." Zeitschrift für Botanik. S. 598: ,,Ein, bisweilen zwei Chromatophoren mit 472 — '* Win- dungen. Die Länge der Zelle betrug 100—200 ^, ihre Breite 33—38 ii. Die Mittelhaut ist getüpfelt." P. Oleve. 1868. De svenska Arterna af Algfamiljen Zygnemaceae. PI. VIII, Fig 6. Die Chlorophjllbänder und Verzweigung derselben bei Spirogjra usw. 59 der Bänder, die Anzahl der Windungen, Größe und Form der Zygoten und durch die Einzelheiten des Mesosporbaues. Auf Grund der beschriebenen Merkmale erlaube ich mir, die gefundene Spirogyra für eine neue Art anzusehen und nach dem hochverdienten Herrn Prof. S. NaWASüHIN zu benennen. Spirogyra Nawaschini sp. nov. Die Querwände sind gefaltet. Zwei, seltener ein Ohlorophyll- band, zuweilen auch gabelig geteilte, mit 5 — 15 Windungen. Die Länge der Zellen betrug 325 — 190 ii>, ihre Breite 27—41 /* (31 — 45!) jw. Weibliche Zellen nicht oder kaum merklich ange- schwollen. Die Zygosporen haben eine Länge von 100 — 45 /* und eine Breite von 30 — ^49 jit, und sind gelbbraun mit rosa Schattie- rung, mit dickem, unregelmäßig netzförmig verdicktem Mesospor, elliptisch-zylindrisch, elliptisch, fast kugelig, sehr selten dreieckig oder bisquitförmig. a) Swiatoschino bei Kiew 24. April 1911 in Conjugation. b) G'olossejevsky-Wald bei Kiew 1911. Zum Schluß vorliegender Arbeit möchte ich dem Herrn Stu- denten GALASOHEWSKY für die Ausführung meiner Zeichnungen meinen besten Dank aussprechen. Kiew, Botan. Gart., 5, Januar 1913. Erklärung der Tal'el III. Okul. III, Object. III und VI. Fig. 1. Eine normale vegetative Zelle von Spirogyra Nawaschini (sp. nov.) Fig. 2, Zwei kopulierte Zellenpaare, a) Keimende Zjgospore. Fig. 3. Zellenstück mit unreifer Zygospore. Fig. 4. Mesospor und seine Verdickung. Fig. 5. a— d Zygosporen in optischen Schnitten. Fig. 6 u 7. Zwei Zellen von demselben Faden. QQ Otto Schlumberger: 9. Otto Schlumberger: Über einen eigenartigen Fall abnormer Wurzelbildung an Kartoffelknollen. (Mit 2 Abb. im Text.) (Eingegangen am 24. Januar 1913.) YÖCHTING kommt bei seinen umfangreichen Versuchen über die „Einschaltung der Knolle in den Grundstock der Pflanze^)" zu dem Schluß, daß die Kartoffelknolle unfähig ist, Wurzeln zu bilden. Nur ein einziges Mal beobachtete er das Auftreten einer zarten Wurzel an einer Knolle. (Leider macht VÖCHTING keine Angaben über den Entstehungsort der Wurzel.) Die Tatsache, daß bei den in ihrem ganzen Verhalten den Kartoffelknollen sehr ähn- lichen Sproßknollen von OxaJis crassicaulis Zucc. eine Wurzelbildung mitunter, wenn auch selten, eintritt, während die Kartoffel hierzu nicht imstande ist, führt er darauf zurück, daß die Metamorphose vom Laubsproß zur Knolle sich bei der Kartoffel vollständiger voll- zogen hat als bei Oxalis^). Angaben über Wurzelbildung an Kar- toffelknollen habe ich sonst nirgends finden können. Daß die Kartoffelknolle unter bestimmten Verhältnissen doch zur Wurzelbildung veranlaßt werden kann, mag folgender Einzel- fall zeigen. Bei Versuchen über die Vergrößerung der Mutterknollen bei der Keimung^) wurden Kartoffelknollen der Sorte „Magnum bonum" so ausgelegt, daß sie mit ihrem apicalen Ende (Kronenende) je nach Größe der Knollen 1—2 cm über die Erdoberfläche herausragten. Daß durch diese Versuchsanordnung die in der Erde im Dunkeln befindlichen basalen Augen zuerst zum Austreiben ver- anlaßt werden, während die Entwicklung der am Lichte befind- lichen Scheitelknospen gehemmt wird, geht aus den Versuchen von VÖCHTING schon zum Teil hei vor, der seine Versuche allerdings mit vorgekeimten Knollen ausgeführt hat. 1) VÖCHTING, Zur Physiologie der Knollengewächse, Jahrbücher füi wissenschaftl. Botanik, Bd. 34, 1900, S. 9. 2) 1. c. S. 16. 3) Vgl Appel und Schlumberger, Mitteilung der Kaiserl. Biolog. Anstalt Heft 11, 1911. über einen eigenartigen Fall abnormer Wurzelbildung an Karfcoffelknollen. Q-^ Um die Wurzelbildung an den austreibenden Sprossen zu ver- hindern, wurden diese jedesmal gleich nach dem Austreiben an der Basis von der Knolle abgetrennt. Nach etwa zwei Monaten war das Austreiben der in der Erde befindlichen Augen beendet. Erst jetzt begannen bei den Versuchspflanzen die Scheitelkaospen ein intensiveres Wachstum. Bei den meisten Pflanzen entwickelten sich normal beblätterte, kräftig grüne Laubsprosse von durch- schnittlich etwa 15 — 20 cm Länge. Die Bildung von Wurzel- anlagen an der Basis der I^aubtriebe war natürlich unterblieben, da sich die Sprosse vollständig über der Erde befanden. Auch die Zahl verkümmerter Wurzelanlagen, die sich als kleine Höckerchen bemerkbar machten, war eine sehr geringe. Die normal unterirdischen Ausläufersprosse entwickelten sich wie gewöhnlich unter dem Ein- fluß des Lichtes zu Laubsprossen. Beim A.bschluß des Versuches zeigten sich au dem in der Erde befindlichen Teil der Mutterknollen, die mit wenig Ausnahmen noch intakt waren, äußerlich keinerlei Neubildungen Nur eine einzige Knolle, deren Gipfelsproß eine Länge von ca. 45 cm hatte und kräftig entwickelt war, hatte an ihrem basalen Ende (Nabel- ende) ein kräftiges Wurzelsystem entwickelt, das aus der Verzwei- gung ursprünglich einer einzigen Wurzelanlage hervorgegangen war. (Abb. 1.) Die Entstehung der Wurzeln scheint mir folgendermaßen vor sich gegangen zu sein. Jedenfalls ist durch irgendwelche, nicht mehr feststellbare Ursachen eine Verletzung des Nabels eingetreten, die eine Kallusbildung auslöste. Es bildete sich am Nabel ein mäch- tiger Kallushöcker, wie er auf der Photographie deutlich zu sehen ist. Unten rechts sieht man aus diesem eine kräftige Wurzel ent- springen, die sich reich verzweigt. Gewöhnlich treten am Nabel Neubildungen von Gewebe nicht mehr auf, nachdem sich bei der Abtrennung der Knolle vom Stolo die mehrere Zellagen starke Korktrennungsschicht gebildet hat. Die Bedingungen für eine Wurzelbildung an Kartoffelknollen liegen also neben der Unterdrückung der normalen Wurzelbildung an der Basis der Sprosse in der Schaffung eines formativen Reizes, der im vorliegenden Fall durch Verletzung und dadurch veranlaßte Wundkallusbildung ausgelöst wnrd. Die Vernachlässigung der letztgenannten Bedingung ist wohl der Grund, warum die Versuche nur in einem Fall zu einem posi- tiven Resultat geführt haben. Mit dieser Wurzelbildung gehen natürlich anatomische Ver- änderungen der Mutterknolle Hand in Hand. Diese entsprechen 62 Otto Schlcmbergek: den von VÖCHTING bei der Einschaltung der Knolle in den Grund- stock angegebenen'). Sie bestehen in einer Vergrößerung des Leitungssystems durch umfangreiche Neubildungen sekundärer Abb. 1. Holz- und Siebelemente. Entsprechend den drei Hauptgefäßbündel- strängen findet dieses sekundäre Dickenwachstum überwiegend an 1) 1. c. über einen eigenartigen Fall abnormer Wurzelbildung an Kartoffelknollen. 63 drei Stellen statt. Innerhalb dieser erfolgt dieser Zuwachs teilweise auch durch Bildung eines interfascicularen Cambiums. Über die Stärke der Gefäßbündelstränge bei der beschriebenen Knolle einerseits und bei einer gewöhnlichen Mutterknolle derselben Versuchsreihe andererseits gibt die schematische Abbildung 2 Auf- schluß. IL Abb. 2. Schematisierte Darstellung der Ausbildung des Leitungssystems: I. Bei der in den Grundstock der Pflanze eingeschalteten Mutterknolle a) Quer- schnitt am apicalen Ende, b) Querschnitt am basalen Ende. II. Bei einer gewöhnlichen Mutterknolle. Querschnitt durch die Mitte. Natürliche Größe. Auf ein derartiges sekundäres Dickenwachstum wurde übrigens bereits von DE VRIE8 (1878) hingewiesen, der die Bildung eines sekundären Holzkörpers bei einer zufällig ej'haltenen Einschaltung der Knolle in den Grundstock der Pflanze ebenfalls beobachtet hat ^). Berlin-Dahlem, Januar 1913. 1) DE Vries, Wachstumsgeschichte der Kartoffelpflanze, Landwirtsch. Jahrbücher Bd. VII, S. 669 f., 1878. Q4, V. Bkand: 10. F. Brand: Berichtigungen bezüglich der Algengruppen Stichococcus Näg. und Hormidium Kütz. (Mit 2 Abbildungen im Text.) (Eingegangen am 24. Januar 1913.) Stichococcus Näg. Gatt, einzell. Algen 1849 S. 76. Dieser Gattung schrieb der Autor nur die eine Art: St. hacillaris mit den Formen major und minor zu. „Die Zellen sind 2,13 bis 4,6 fi dick, l^/g bis 5 mal so lang, an den Enden abge- rundet oder abgestutzt und liegen einzeln oder zu 2 — 4, selten mehrere aneinandergereiht. Sie besitzen eine sehr dünne Mem- bran und ein entweder die ganze Zelle bedeckendes oder einseitig der Wand anliegendes Chlorophor. Ein Chlorophyllbläschen (i. e. Pyrenoid) hat der Autor nicht bemerkt, ebensowenig Zoosporen." Verfasser dieses hat diese Alge oft unter andern Luftalgen gefunden und ihre Zellen niemals zu größeren festen Fäden ver- einigt, sondern immer nur einzeln, als Zwillinge oder in wenig- zelligen Reihen locker zusammenhängend gesehen. Ferner konnte er ebensowenig wie NÄGELI und KLEBS^) jemals ein Pyrenoid er- kennen noch durch ßeagentien und Farbstoffe ein solches nach- weisen. Diese Feststellung ist nötig, weil Gay^) eine andere mit deut- lichem Pyrenoid ausgestattete Alge {JJlothrix) für St. hacillaris ge- halten hat und durch diese Verwechselung verleitet worden ist, auch JJlothrix {Hormidium) flaccida Kütz. zu Stichococcus zu ziehen. Nachdem GAY dieser Gattung wenigstens nur Luftalgen zu- gerechnet hatte, ging KLERKER^), welcher ebenfalls pyrenoid- führende dünne Uhthrix-F ormen als Stichococcus beschrieb, noch weiter, indem er diese Gattung auch durch hydrophile Formen be- reicherte, und zwar auf Grund folgender Erwägung: „Die TJlothrix- 1) Klebs, G., Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen. Jena 1896, S. 380 Anm. 2) Gay, f., Recherches sur Ic developpement ec. Paris 1891. S. 77 f. 3) Klerker, J, über zwei Wasserformen von Stichococcus. Flora 1896. S. 90 f. Berichtigungen bezüglich der AJgengruppen Stichococcus Näg. usw. f]) Arten zerfallen unter gewissen Kulturbedingungen in ihre einzelnen Zellen und sind deswegen sowie aus andern unten zu besprechen- den Gründen der Pleurococcaceen-Gattung Stichococcus zuzuteilen." Als „anderer Grund" ist dann (1. c. S. 97) das Fehlen jeglicher Zoosporenbildung bei Ulothrix flarcida angegeben. Fast gleichzeitig mit dieser Arbeit konstatierte aber KLEBS (1. c. S. 329 — 332), daß U. flaccida und U. nitens unter geeigneten Kulturveihältnissen Zoosporen produzieren können und macht (1. c. S. 405—406) darauf aufmerksam, daß „Zerfall bei der Mehrzahl der Fadenalgen unter allmählich ungünstig gewordenen Lebens- verhältnissen eintreten kann^), ohne daß irgendein besonderer Wert darauf zu legen wäre". Aus vorstehendem ergibt sich, daß KLERKERs systematische Auffassung schon aus rein sachlichen Gründen hinfällig ist, weil die Verhältnisse, welche sie stützen sollen, einesteils gar nicht existieren und andernteils ganz allgemeine biologische Vorgänge darstellen, welche keinesfalls als Gattungsmerkmale dienen können. Sollte sich aber auch eine Übereinstimmung von NÄGELIs Stichococcus mit KÜTZINGs Ulothrix oder Hormiiium herausstellen, so könnte doch nach den internationalen Regeln der botanischen Nomenklatur-) letztere nicht zw Stichococcus gezogen werden, sondern es müßte umgekehrt Stichococcus mit der älteren Gruppe KÜTZINGs vereinigt und als Gattung eingezogen werden. Da die botanischen Nomenklaturregeln bekanntlich rückwirkend sind, kann die bean- standete systematische Änderung also unter keinen Umständen auf- rechterhalten werden, obgleich sich ihr bereits einige neuere Syste- matiker angeschlossen haben. Abgesehen von den Warmhausalgen Ärthrogonium fragile A. Braun Eabenh. Alg. N. 2470 {Stichococcus fragilis Gay) und 1) Schon STßAS BURGER (Zellbildung u. Zellteilung 1876, S. 57) be- schreibt, wie bei Spirugyya manchmal Zerfall ganzer Fäden in einzelnen Fällen auftritt. Wille (Algolog. Mitteilungen in PRlNGSHElMs Jahrb. 1887, S. 468) zitiert eine Angabe von STRASBURGER, nach welcher dieser Zerfall besonders dann zu beobachten sei, wenn bestehende ungünstige Verhältnisse sich plötz- lich zum Vorteile der Pflanzen änderten; dasselbe habe Prixgsheim bei dem Pilze Acldya proliferu beobachtet. Spontane Fragmentierung ist ferner an Grünalgen von Famintzin, Klebs, Benecke (Oonjugaten) und BRAND (Meso- gerron) sowie an Rhodophyceen von TOBLER beschrieben, und bei den Cyano- phjceen ist ein ähnlicher Vorgang als „Hormogonienbiidung" schon längst bekannt und sehr verbreitet. 2) Internationale Regeln der botanischen Nomenklatur. Jena 1906. S. 65. Art. 44 u. 46. Ber. der deutschen bot. Gesclisch. XXXL ** 66 F. Brand Stichococcus m/rab/lis Lagerheim i), welche mir nur als Exsikkate bekannt und in diesem Zustande ebensowenig zu beurteilen sind, wie SHchoroccns mmor Kabenh. (Alg. N. 1545 und 2469) können wir der Gattung nur die eine ursprüngliche Art hacillaris zugestehen, und auch diese nur, solange der von BORZI^) angegebene gene- tische Zusammenhang mit Horm'idium nicht einwandfrei nachge- wiesen ist, Währead NÄGELl als Wohnort feuchte schattige Erde und feuchte Balken angibt, habe ich St. hacillaris meistens auf nahezu oder ganz trockner Unterlage, von andern Algen geschützt, in kleinen Nestern gefunden. Im Wasser und an Stellen, welche früher überschwemmt waren, sowie in einem Kulturgofäße sah ich dagegen öfters eine andere Art von ähnlicher Form und Größe, welche aber ein Pyrenoid führte und der Ulofhrix sfibfillssima Babenh. jedenfalls sehr nahesteht. Hormidium Kätz. Phycol. general. 1843, S. 244. {Ulothrix Sectio Honnid. Kütz. Spec. Alg. p. 349, Stichococcus Gay ex p. Hoimmca Hansg. ex p.) Diese ursprüngliche Gattung wurde in den Species Algar. zu einer die Luftformen von Ulothrix umfassenden Sektion degra- diert, welcher Auffassung wir uns hier anschließen. Die Gruppe wurde lange Zeit hindurch für homogen gehalten, und ihre Formen wurden bald als Ulothrix, bald als Ilorrii/dium bezeichnet. Erst GAY^) zeigte, daß ein Teil dieser Algen, nämlich U. parietina und radicans einschließlich der zugehörigen U. delicatula, nassa imd vdntina zu Ulothrix in keiner Beziehung stehen, ja nicht einmal der Ulothrichaceen-Familie angehöre, sondern das zentrale „sternför- mige" Chlorophor der Prasiolaceen besitze (vgl. I u. III unserer Abb. 1) und deshalb in die Gattung Sehi^ogoiiiinji Kütz. versetzt werden müsse*). Somit blieben in der Hormidiuui-Gruppe nur solche Formen zurück, welche ein der Zellwand anliegendes plattenförmiges Chloro- phor besitzen, und nur diese durften fortan aX^ Hormidium bezeichnet 1) In Wittrock u. Nordstedt, Algae aq. duic. Descript. sjstemat. dispos. Lundae 1903. p. 22 u. Exsicc. N. 1087. 2) Zitiert voa Klebs, 1. c. 3) Gay, f., Sur les Ulothrix acriem. Bull. Soc. bot. de France 1888. p 6.'). 4) Diesen Arten haben wir noch JJ. frufjilis Kütz. Spec. Alg. S. 349 bei- zufügen. Dagegen ist, wie im nächsten Abschnitte gezeigt werden soll, JJ. croinldlii kein ScTiizoi/din'inii. BericlitigUDgen bezüglich der Algengruppen Stichococcus Näg. usw. 67 werden'). An diesen sind zwei erheblich verschiedene Typen zu unterscheiden. 1. Vlothrix flaccida Kütz. Spec. Alg. S. 349, ampl QAY, 1. c. 1891, S. 59. Hier schheßen wir uns an GAY an, welcher mit dieser Art „provisorisch"' auch U. nitens Kütz.^) und U. variaKntz. ex p. verei- nigt. Nach Maßgabe der Beschreibung gehört ferner noch »Sticho- coccus disscctus Gay (1. c. S. 78 u. Taf. X, Fig. 96 u. 97) zu dieser Art 3). Die hier vereinigten Formen bestehen alle aus zarten, ziem- lich gleichmäßig zylindrischen Faden von 6 — 11 ii Dicke, welche niemals eine merkliche Gallerthülle besitzen noch ßhizoide bilden. Ihre Zellen sind meistens ca. einen, seltener Vi — 2 Quermesser lang, enthalten ein unvollständig wandständiges Chlorophor mit deutlichem Pyrenoide und besitzen eine dünne Membran, wie unsere Abb. 1, I, zeigt. Vermehrung erfolgt durch gelegentlichen Zerfall der Fäden ; Zoosporenbildung ist durch Kultur von U. flaccida und U. nitcns erzielt worden. In bezug auf Dicke der Fäden, relative Zellänge und Nei- gung zur Dissociation sind sie wandelbarer, als gewöhnlich ange- nommen wird. Hiervon kann man sich leicht überzeugen, wenn man eine genügende Anzahl Proben von verschiedenen Abschnitten 1) Diese einfache und klare Sachlage ist dann künstlich verschleiert worden, indem zunächst GAY, wie schon oben angegeben, diesen Eest der Gattung Hormidhim zu Stichococcus ziehen wollte. Fernerhin ko.mgierte HaNS- (ilRG (Die aerophilen Arten der Gattung HormkUu)n ec. Flora 1888 S. 259) die in seinem Prodromus bestehende Konfusion von Hormidium- und Schizogonhon- Arten nicht folgerichtig, sondern vermehrte sie in unglaublicher Weise, indem er die von GAY mit unbezweifeltem Rechte aus der Gruppe ausgeschiedenen Arten neuerdings als Horiiiidium bezeichnete und dann die echten Hormidien als „Honiiiacia" mit U. zornita etc. in einem Topf warf. Eine unliebe Nach- wirkung dieser Irrungen besteht darin, daß wir noch in der Neuzeit gelegent- lich ScMzogonrmn-Arten (z B. Srh. parietinum) als Hormidium zitiert finden und daß insbesondere der einfach fadenförmige Zustand von Schizogoniuiii als Hor- iiiid ium-Zustund bezeichnet wird. Eine solche contradictio in adjecto ist ge- eignet, den alten Irrtum KüTZlNGs ewig jung zu erhalten. 2) Klebs (1. c. S. 327) hält U. nitens für eine gute Art, da sie zwar unmittelbar nicht sicher von U. flaccida zu unterscheiden sei, sich aber in Kul- turen different verhalte. 3) MiGÜLA, W. (Kryptogmenflora 1907, S. 732), welcher Hormidium im allgemeinen richtig auffaßt, schließt hier auch Arthrogonium fragile A. Braun als Hormidium fragile an. Sollte das auch sachlich richtig sein, so ist doch zu bemerken, daß schon eine ältere Ulotlirix (Hormidium) fragilis Kützing (Spec. Alg. S 349) existiert, welche jedoch tatsächlich zu Schizogonium gehört, 5* 68 F, Brand: desselben Lagers untersucht oder aucli von derselben Stelle zu verschiedenen Zeiten und unter verschiedenen Witterungsverhält- nissen einsammelt. Daß sich in den Kulturen mehrerer Autoren eine größere Stabilität ergeben hat, erklärt sich wohl dadurch, daß hier die Außenverhältnisse in allen Teilen gleichmäßiger und auch im ganzen keinem so schroffen Wechsel unterworfen waren, wie das in der freien Luft der Fall ist. GAY (1896, Tai XI, Fig. 104— 1C6) schildert eine „forma cellulis passim tumidis, fere sphaericis". Solche Zellen, welche auch DE WlLDEMAN^) gesehen hat, fand ich immer an Protoplasma verarmt, so daß sie hydropisch entartet zu sein schienen. Seltener ist eine andere Abnormität, bei welcher vergrößerte Zellen un- regelmäßige Mehrteilungen eingehen, wie bei DE WlLDEMAN (1. c. Fig. 6) zu sehen ist. KLEBS (1. c. Tal II, Fig. 27) hat ähnliche H m. w w. Y. Abb. 1. I. Zellbau von UIothr/.t (Hoiinidium) finccida. II. Desgl. von U. (HoDiu'd.) creniihitd. IIE. Desgl. von Schizogonium pnrletmuiii (früher irrig als Horuiidinm par. bekannt). IV. u. V. Ulothrix (Hormid.) flaccida, Vergr. 600. IV. Fadenstück mit einer abgestorbenen (Mitte) und zwei erkrankten Zellen (rechts). V. Desgleichen in einem späteren Stadium (umgekehrt orientiert). Teilungen bei Kultur in Kongorotlösung erhalten, während unsere Abb, 1, VI, nach einem freilebenden Exemplare entworfen ist. Line weitere Entwicklung solcher Gebilde ist nicht bekannt. Der spontane Zerfall der Fäden kann in direkter Weise durch Spaltung der Scheidewände erfolgen; häufig aber vollzieht er sich indirekt durch Absterben intercalarer Zellen oder Zellgruppen. Der Inhalt solcher Zellen pflegt bald ausgelaugt zu werden; die leeren Membranen fallen dann bisweilen schlauch-strangförmig zusammen, 1) DE WlLDEMAN, E., In Bull. Soc. roj. bot. Belg. t. XXIX, PI. I, Fig. 1—5. Auch an der hydrophilen U. subtüis Kütz. sind von E. C. TeoDO- EESCO (Materiaux pour la flore algologique de la Roumanie. Bot. Zentralbl. 1907, S. 138, Fig. 12 u. 13) ähnliche Zellen abgebildet. Berichtigungen bezüglich der Algengruppen Stichococcus Näg. usw. 69 wie IV und V unserer Figur 1 zeigen. Zerreißt die Membran schließ- lich, so können ihre Reste wohl an der gesunden Nachbarzelle jene scheinbare Spitze bilden, welche GrAIDUKOV') als Kennzeichen seines ,,?7ro»ew«-Zustandes" auffaßt. Auch der Inhalt der Zellen ist manchem Wechsel unterworfen. Während die Chlorophoren in der Regel nur beiläufig die eine Längs- hälfte der Zelle bedecken und nur dann größer zu sein scheinen, wenn sie sich in Frontalstellung präsentieren, sind sie bisweilen tatsächlich größer, wie HANSGIRG^) nach halbjähriger Wasserkultur o-efunden und Verfasser dieses an einzelnen Zellen frischer Fäden öfters gesehen hat. In anderen Fällen sind die Chlorophoren außer- gewöhnlich klein oder auch unregelmäßig abgerundet und mehr oder weniger nach der Mitte zu verschoben (unsere Abb. 1 IV rechts). Durch Lebend - Schnellfärbung konnte ich feststellen, daß diese „cellules ä chloroleucythes medians" (GAY 1891, Taf. XI, Fig. 102) hochgradig erkrankt oder abgestorben waren. Unter verschiedenen ungünstigen Verhältnissen treten neben den Chlorophoren zahlreiche farblose Körnchen auf, oder es wandelt sich der ganze Inhalt in eine grobkörnige Masse um. Zellen letzterer Art bildet GAY (1. c. Taf. XI, Fig. 99 und 100) als „Hypnocysten" ab. Schließlich ist noch zu berichten, daß sich im Freien bisweilen einzelne Zellen finden, deren verarmter Inhalt 1 bis 2 orangerote Körner einschließt, welche dem in Formolkonservierung sich aus- scheidenden Hypochlorin (nach KOHL: Karotin) zu entsprechen scheinen. Die Zoosporen entstehen nur einzeln in jeder Zelle und ver- halten sich überhaupt anders, wie bei U. Sonata. Ihr Austritt voll- zieht sich natürlich nur in flüssigen Medien und IvLEBS sah die Alge in Nährlösungen längere Zeit hindurch gut vegetieren. HaNS- GIRG (1887 1. c ) gibt an, daß sie sich in Wasser ebensogut wie in der Luft zu erhalten und zu vermehren vermöge. Hier wäre indes eine Prüfung des vitalen Zustandes durch Lebend-Schnell- fäibung erforderlich, weil die oben erwähnte Vergrößerung der Chlo- rophoren auf abnorme Verhältnisse hindeutet. Dagegen zerfiel die Alge in einer Wasserkultur von GAY (1901 1. c. S. 63) zu kurzen Stücken und auch nach GAIDUKOV 1) GaidüKÖV, N., Über die Kulturen und den E/i'owcHWJ-Zustand ec. ßer. D, B. Ges. 1903, S. 622 f. Die Figuren machen sofort den Eindruck von Fadenstümpfen und nicht von normalen Enden. In der Spitze der letzten Figur rechts ist sogar durch einige Punkte der frühere Hohlraum des Mem- branrestes angedeutet. 2) Hansgieg, A., Phjsiolog. u. algolog. Studien. Prag 1887, S. 83. 70 F. BRAND: (1. c.) ging sie in Leitungswasser in den „iS'/icAococrv^s-Zustand" über. Dem habe ich beizufügen, daß mir U. flaccida aucli in feuchter Luft schließlich zerfallen ist. Die einzelligen Teilstücke bildeten nach meiner Beobachtung niemals ein „P(d'ineUastadmm" , noch zeigten sie tetradische Tei- lungen, sondern sie wuchsen bei günstiger Wendung der Verhält- nisse immer durch einfache Querteilungen zu normalen Fäden aus. Nicht nur kultivierte, sondern auch frei lebende Bestände sind selten intakt, sondern zeigen oft nebst Fragmentation ver- schiedenartige Degeneration einzelner Zellen. Die Alge findet sich in hiesiger Gegend überhaupt nicht so häufig und ist nie so kräftig entwickelt wie die makroskopisch ähnlichen Schizogoniumlugev, welchen übrigens sehr häufig einzelne Fäden von U. flaccidn bei- gesellt sind. Ob dieser Fall vorliegt, läßt sich schon bei oberflächlicher Präparation mit schwacher Vergrößerung und ohne Deckglas durch Schnellfärbung mit Vs P^'O^- Methylenblaulösung leicht entscheiden. Hierbei färben sich die /SV7«.-Fäden schnell blau, während jene von ü., abgesehen von einzelnen Inhaltskörnern, deutlich grün bleiben. Im Freien habe ich TJ. flacc/da bisher noch nicht auf ständig nasser, sondern nur auf leicht feuchter oder auch trockener, nur zeitweise befeuchteter aber vor absoluter Austrocknung geschützter Unterlage gefunden. 2. Ulothrix crenuJata Kütz. Spec. Alg. S. 353 (Tabul. phycol. 11. 97. fig. non sat aucta. — Hormidium crenul. Kütz. Phycol. german. S. 193. — Schuogoniiim crenulat. Gay. Recherches Tab. XIII, Fig. 131 ad specim. exsicc. delin. Von dieser Art bringt HANSGIRGs Prodromus auf Grund etwas verschiedener Zelldimensionen drei Varietäten, nämlich «) genu/na (Kütz.) Hansg., ß) corticola llabenh. et West und ;') Neesii (Kütz.) Hansg. Hierzu kann ich nicht mehr sagen, als daß die hiesige Alge bald mit der einen, bald mit der andern Diagnose und in der Hauptsache auch mit WiTTllOCK u. NORD.STEDTs Exsikkat: var. corticola N. 637 übereinstimmte, soweit das an Trocken- material zu beurteilen ist. Die Alge bildete nur dünne Anflüge von 9 — 15 ^i dicken krausen, etwas starren und immer rhizoidfreien Fäden, welche meist einreihig, seltener auf kurze Strecken zweireihig, aber niemals bandförmig waren. Die Zellen sind in der Hegel ca. einen, aber auch V2 bis 2 Quermesser lang und meist etwas aufgeblasen. Das parietale Chlorophor ist dicker und erheblich größer als bei TJ. flaccida, bedeckt immer die ganze Zellwand und enthält kein Berichtigungen bezüglich der Algengruppen Stichococcus Näg. itsw. 71 Pyrenoid. (Unsere Abb. 1 IL.) GAY glaubte, an Exsikkaten ein zentrales Chlorophor mit Pyrenoid zu erkennen und zog die Alge deshalb zu Schi^ognnnim. Wegen der Dicke der Membran und der meist etwas körnigen oder marmorierten Struktur des Chloropliors ist selbst an lebenden Zellen älterer Fäden der Inhalt schwer zu beurteilen, und auch an jüngeren Zellen kann die als hellere Stelle durchscheinende Zentralvakuole leicht für ein Pyrenoid gehalten werden. Durch Behandlung frischer Fäden mit Reagentien und Farbstoffen konnte ich mich aber von der oben angegebenen Sach- lage überzeugen. Auch der Membranbau unserer Alge unterscheidet sich von jenem der Schiävgoniuiu- Arten dadurch, daß selbst an älteren Fäden keine scheidenartige Außenschicht vorhanden ist, sondern daß die ni. Abb. 2. Ulothrix {Hormidium) crcinüata, nn Nekriden. Vergr. 600. I. Ver- schiedene Zellformen eines jüngeren Fadens. IL Altes Fadenstück onit ver- schiedenartigen vegetativen Teilungen und verschleimter Außenschicht III. Fadenstück mit einer in Sporangialteilung begriffenen Zelle. IV. Austritt und Keimung der Aplanosporen. Verdickung fast ausschließlich die Innenschicht betrifft, während die Außenschicht bei trockenem Wetter nur wenig auffallend er- scheint, bei andauernd feuchter Witterung aber als aufgequollene Gallertschicht den Faden überzieht. Alte Septa neigen zur Spaltung, und wenn die Außenschicht verschleimt ist, lösen sich oft einzelne Fadenbestandteile ab, ja bis- weilen geht der Zerfall so weit, daß unregelmäßige in Gallerte eingebettete Haufen vegetativer Zellen entstehen. Eine besondere Förderung erfährt die Fadenteilung noch durch das Absterben ein- zelner interkalarer Zellen. Diese gestalten sich aber nicht schlauch- förmig, wie wir bei Uhthri.v flaccida gesehen haben, sondern ver- wandeln sich — ähnlich wie die Spaltkörper der Cyanophyceen — in meniskusförmige ausdauernde Körper, (n n in II u. III Abb. 2.) 72 1*^- BRAND: Berichtigungen bezüglich der Algengruppen UsW. Die Zellteilung erfolgt in der Regel nur in transversaler Richtung. Ausnahmsweise tritt jedoch an einzelnen Zellen Längs- teilung ein, wodurch dann Tetradenbildung (Abb. 2, II) oder auch auf kurze Strecken Verdoppelung des Fadens entstehen kann. Noch seltener entstehen kurze Scheinäste, welche aber bald abzu- fallen scheinen. Zoosporen waren nicht zu beobachten, dagegen sehr häufig kugelförmige Aplanosporen. Diese entstehen zu 8 oder mehreren in beliebigen Zellen. Sie erreichen eine Größe von 8 — 9 /i-, werden durch Ruptur der Membran frei und keimen sofort. Die Aggre- gate, welche sie bilden, erinnern um so mehr an Ideine PleHrococcHs-- Kolonien, als die Befähigung zu tetradischer Teilung bisweilen schon hier zutage tritt. Unsere Alge ist demnach nicht nur von Schizog onium, sondern auch von U. flaccida wesentlich verschieden, stimmt mit letzterer aber wenigstens im parietalen Charakter des Chlorophors überein. Wenn mir nun auch keine andere ?7.-Art bekannt ist, bei welcher dieses, wie hier, die ganze Zellwand bedeckt, so möchte ich doch zunächst den alten Namen nicht ändern, sondern die Entscheidung der Frage, ob hier die Aufstellung einer neuen Gruppe nötig sei, lieber einem künftigen Monographen überlassen. Der äußeren Form nach erinnert die Alge an die meines Wissens noch nicht genügend bekannte Sumpfalge U. moniliformis Kütz. (Spec. Alg, S. 347 = Hormidium mo)f/l., Phycol. general. S. 244) und insbesondere an die Abbildung eines auf Spitzbergens Schnee gesammelten FiXemplares dieser Art, welche wir BORCJE^) ver- danken. ü. crentilafa habe ich nur einmal in guter Entwicklung ge- funden und das ganze Jahr über beobachten können. Dieser Be- stand saß bei Starnberg auf Buchenrinde, in . Gesellschaft von Gloeocystis NacgeJiana Artari und schien durch diese hygroskopische Alge vor allzustarker Austrocknung geschützt worden zu sein. Nebstdem fand sie sich in Spuren an einem andern tief beschatte- ten Buchenstamme und an einer Erle im Siebenquellengrunde unter Trentejjolilia- und Cystococcus-Arten. Es erscheint deshalb fraglich, ob diese Form sowie das zitierte Exemplar aus WiTTROCK und NORDSTEDTS Exsikkaten, welches von Fichtenrinde stammt mit jener an feuchten Warmhauswänden lebenden Alge, welcher KÜTZINCt zuerst den Namen gegeben hat, identisch sind. 1) Borge, 0., Die Süßwasseralgen Spitzbergens. Kristiania 191 1. Fig. 17. Sitzung vom 28. Februar 1913. 73 Sitzung vom 28. Februar 1913. Vorsitzender: Herr G. HABERLANDT. Als ordentliches Mitglied wird vorgeschlagen Herr LöfFler, Bruno, stud. rer. nat., z. Z. Innsbruck, Höttinger Gasse 35 X (durch E. HEINRICHER und A. WAGNER). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert Fräulein Nothmann-Zuckerkandl, Dr. Helene in Prag, die Herren: Tanaka, Dr. Ch., Professor in Uyeda (Japan), Klenke, Dr. Heinrich in Göttingen, Rawltscher, Dr. F. in Freiburg i. B., Noack, Konrad in Freiburg i. B., Noack, Dr. Kurt m Tübingen. Herr VON GUTTENBBRGt hielt nach Erledigung der Eeferate einen Vortrag „Über akropetale ßeizleitung in der Koleoptile von Avena'^. Ber. der deutschen bot. Gesellscb. XXX] . 74 I- Ibele: Mitteilungen. II. I. Ibele: Zur Chemie der Torfmoose (Sphagna). (Vorläufige Mitteilung aus dem Chem. Laborat. der K. b. Moorkulturanstalt.) (Eingegangen am 29. Januar 1913.) Die chemische Erforschung der Torfmoose, wie der Laub- moose überhaupt, ist eine noch recht mangelhafte^). Die Methoden der organischen Chemie sind noch kaum angewandt. Zwei "Wege sind es nur, die bis jetzt betreten wurden; aber auch hier sind die erhaltenen Verbindungen zum Teil nicht chemisch einwandfrei indentifiziert, andererseits ist ihre Konstitution nicht aufgeklärt. Die ersten, die Sphagnen der Hydrolyse mit verdünnter Schwefelsäure unterwarfen, waren H. V. FEILITZEN undB.TOLLENS^), denen es gelang, durch darauffolgende Oxydation Schleimsäure zu isolieren. Scheinbar ohne Kenntnis dieser Arbeit gelangte später K. MÜLLER^) genau auf demselben Wege zur Zuckersäure. Er konnte außerdem Xylose als Bromcadmiumverbindung und Dextrose als Phenylhydrazon nachweisen. Durch alkalische Hydrolyse gewann CZAPEK*) einen inter- essanten, phenolartigen Körper, das Sphagnol, das bei den Moosen weit verbreitet, leider aber noch nicht aufgeklärt ist. Im folgenden soll der Versuch gemacht werden, auf einem andern Wege, dem der Oxydation mit Wasserstoffsuperoxyd, einen Bei. trag zur Chemie der Sphagnen zu liefern. Obwohl die gewonnenen Resultate noch unbedeutende sind, sehe ich mich doch schon jetzt zu deren Veröffentlichung veranlaßt, da ein rasches Fortschreiten der Arbeit, die neben einer ausgedehnten Untersuchungstätigkeit ausgeführt werden muß, nicht zu erwarten ist. Als Versuchsmaterial diente Sphagnum papillosum aus dem Kirchseeoner Moor bei München, Die von fremden Beimengungen sorgfältigst gereinigten Pflänzchen wurden naß durch eine Fleisch- hackmaschine getrieben, mit verdünnter Salzsäure (ca. ^/joo ^•) einige 1) Eine Zusammenstellung der einschlägigen Literatur findet sich in «V. Schönaus Laubmoosstudien: Flora, Bd. 105, S. 250. 2) Ber. d. D. Chem. Gesellsch. XXX. 2571 (1897). 3) Inaugural - Dissertation, Freiburg i. Br. Verlag von TRÜBNER, Straßburg. 4) Flora, LXXXVI, 361. Zur Chemie der Torfmoose (Sphagna). 7& Stunden verrührt, filtriert und sorgfältigst mit Wasser gewaschen. Nach dem Trocknen an der Luft wurden sie gesiebt und der Rück- stand abermals gemahlen und wieder gesiebt. Hernach wurden sie mehrere Wochen mit Alkohol, Äther, Benzol, Benzin, Chloroform, dann wieder mit Alkohol und Wasser erschöpfend extrahiert. Das an der Luft getrocknete Material diente zur Untersuchung. Der mikroskopischen Untersuchung des Herrn Dr. PAUL zu- folge ist durch die beschriebene Behandlungsweise der Zellinhalt noch nicht verschwunden. Es wird jedoch anzunehmen sein, daß Chlorophyll und Fett vollständig extrahiert sind. Eine Behandlung mit Natronlauge wollte ich vermeiden, da nach CZAPEK') hierdurch Zellwandbestandteile gelöst werden. Nach Durchführung ver- schiedener Spaltungs- und anderer Versuche wird, so hoffe ich, die Spekulation, verbunden mit neuen Experimenten, imstande sein, ausfindig zu machen, was von Zellwand und was von Zellinhalt stammt. Oxydation mit Wasserstoffsuperoxyd. 1 g Sphagnen wurden in einem geräumigen Kölbchen mit eingeschliffenem Kühler mit 20 ccm Wasser, 4 ccm SOproz. AVasserstoffsuperoxyd und einigen Tropfen Barythydratlösung ge- linde erwärmt. Wenn die anfangs ziemlich stürmische Zersetzung beendet ist, was nach etwa 20 Minuten der Fall ist, werden Aveitere 2 ccm SOproz. Wasserstoffsuperoxyd zugegeben und nach ^i\ Stunde nochmals 2 ccm. Im ganzen wird das Reaktionsgemiscli 1 — IV4 Stunden in gelindem Sieden gehalten. Die ungelöste, ver- quollene Masse wurde sodann abgesaugt und mit Wasser sorg- fältigst gewaschen. Der Gesamtrückstand betrug getrocknet 1 g aus 5 g Ausgangsmaterial. Nach Dr. PAUL sind in ihr die Zellwände zum Teil noch gut erhalten, andere sind ganz verschleimt. Soweit die Chlorophyll- zellen noch leidlich erhalten sind, kann man in ihnen stark licht- brechende Kügelchen beobachten. Noch ffeucht löst sich die Masse bis auf geringe Spuren in nicht zu verdünnter Natronlauge. Beim Einleiten von Kohlen- säure fällt eine flockige Substanz aus. Der mit Salzsäure gefällte, filtrierte und bis zum Verschwinden der sauren Reaktion ge- waschene Niederschlag stellt eine graulichweiße, schleimige Masse dar, die beim Trocknen hornartig wird und sich nicht mehr in Natronlauge löst. In den gewöhnlichen Lösungsmitteln ist die Substanz unlöslich. Mit Sphagnol hat sie den schwach sauren. 1) Biochemie der Pflanzen, S. 521. 6* 76 I. IBELE: phenolartigen Charakter gemeinsam, gibt aber im Unterschiede davon weder die MiLLONsche noch die Eisenchloridreakrion. Inter- essant ist, daß der Körper neutralen Salzlösungen, wie Chlorkaliuni und Natriumacetat saure Eeaktion verleiht, sich also verhält, wie es Baumann und Gully') für die Sphagnen. dargetan haben. Die bei der Oxydation erhaltene Lösung (Filtrat von 5 g Sphagnen) wurde bis zur Hälfte bei gewöhnlichem Luftdruck ab- destilliert. Das weitere Einengen erfolgte im Vakuum bei 15 mm Druck und ca. 40 ° C. Um die flüchtigen Säuren vollständig über- zutreiben, ist es nötig, nach fast vollständigem Eindampfen mehr- mals etwas Wasser zuzugeben. Das Destillat wurde mit Barytwasser alkalisch gemacht und einige Male mit Äther extrahiert. Darauf wurde unter Kochen Kohlensäure eingeleitet, bis eine abfiltrierte Probe neutral reagierte. Sodann wurde abfiltriert, der Niederschlag mehrmals ausgekocht und das Filtrat zur Trockne eingedampft. Der kristallinische Eück- stand wog 1,8 g und enthielt 58,10 pCt. Ba. Nach dreimaligem Um- kristallisieren aus Weingeist gaben 0,1628 g bei 120 — 130 » ohne Wasserverlust getrocknetes Salz 0,1658 g Ba SO4 — 59,88 pCt. Ba, Für ameisenensauren Baryt (CH02)2 Ba berechnet sich 60,35 pCt. Ba, Mit dem Salz waren denn auch alle Reaktionen der Ameisen- säure zu erhalten, wie Aufbrausen mit konzentrierter Schwefel- säure, Reduktion von Silbernitrat und Quecksilberchlorid. Der Destillationsrückstand wurde mit Barytwasser alkalisch gemacht und mit Wasserdampf destilliert. Das nach Methylamin riechende Destillat wurde mit Salzsäure neutralisiert (4 ccm 1/10 N. HCl) und eingedampft. Der farblose, zum Teil kristal- linische Rückstand wurde zunächst mit Äther extrahiert, in wenig Wasser gelöst, ev. filtriert und mit Platinchloridlösung und einigen Tropfen verdünnter Salzsäure versetzt. Das nach einiger Zeit sich abscheidende Platinsalz wurde abgesaugt und nochmals aus Wasser umkristallisiert. Der Schmelzpunkt lag über 340 " C. Das Platinsalz von Monomethylamin zersetzt sich bei etwa 242 ". Einige Zeit bei 130—140 ° ohne Wasserverlust getrocknet, gaben 0,1097 g, 0,0484 g Pt, d. i. 44,12 pCt.^ für (NH4Cl),PtCl4 berechnen sich 43,92 pCt. Pt. Es besteht somit kein Zweifel, daß Ammoniak vorliegt. Aus dem Rückstand der Wasserdampf destillation konnte bis jetzt kristallinisch nur eine geringe Menge einer bei 100 " schmelzen- den Säure gewonnen werden. 1) Mitt. der K. B. Moorkalturanstalt, Heft 4 und 5. ULMER, Stuttgart- Zur Chemie der Torfmoose (Sphagna). 77 Spaltung mit Salzsäure bei Gegenwart von Antimon- trichlorid. Nach einer Bemerkung von SOHWALBE^) entstehen beim Be- liandeln von Stroh mit Alkalien neben Ammoniak vielleicht auch llethylaminbasen. Der Geruch nach Methylamin, der bei der "Wasserdampf destillation besonders intensiv war, wenn bei der Oxydation statt Barytwasser einige Tropfen Eisenchloridlösung zu- gesetzt wurden, brachte mich auf die Vermutung, daß bei einer Spaltung ohne Oxydation solche Basen zu gewinnen sein müßten. Als bestes Mittel hierzu schien mir Salzsäure. Hatte doch JODIDI-) beim Behandeln von Torf mit konzentrierter Salzsäure unter 5 Atmo?phärendruck 67 pCt. des gesamten Stickstoffes in Lösung gebracht. Da mir aber ein geeigneter Autoclav nicht zur Verfügung stand, kam mir eine Beobachtung DEMINGs^) sehr er- Avünscht. DEMING fand nämlich, daß sich Zellulose in kon- ^zentrierter Salzsäure bei Gegenwart von Schwermetallhalogenen auflöst. Am leichtesten und schon in der Kälte geschieht dies bei Zusatz von Antimontrichlorid. So wurden denn 5 g Sphagnen mit 75 ccm 30 g Antimon- trichlorid enthaltenden Salzsäure übergössen und öfters durch- geschüttelt. Nach drei Stunden hatte sich fast alles gelöst. Nach weiterem 16 stündigen Stehen wurde die dunkel gefärbte Lösung in Wasser gegossen, mit Ätznatron stark alkalisch gemacht und der Wasserdampfdestillation unterworfen. Das Destillat wurde wie das obige behandelt und ein Platinsalz von denselben Eigenschaften erhalten. 0,0968 g gaben 0,042 1 g Pt = 43,49 pCt., während sich für (NH.Clj.PtCl^ 43,92 pCt. berechnet. Methylamin konnte nicht nach- gewiesen werden. Ein weiterer quantitativer Versuch hatte ergeben, daß das überdestillierte Ammoniak von 5 g Sphagnen mit einem Stickstoff- gehalt von 0,406 pCt. 4,02 ccm Vio ^- Salzsäure entspricht. Vom Gesamtstickstoff werden somit 28 pCt. als Ammoniak abgespalten. Die Versuche sollen auf Torf und Moorböden ausgedehnt Averden. 1) Oellulose S. 387. 2) Journal of tlie Am. Chem. Society 32, 396 (1910). 3) Journal of the Am. Chem, Society 33, 1515 (1911). 78 Ernst Willy Schmidt: 12. Ernst Willy Schmidt: Der Kern der Siebröhre. (Eingegangen am 5. Februar 1913.) In der sonst vielfach so widerspiuchs vollen Siebröhrenliteratur herrscht über eine Frage Einstimmigkeit, nämlich über das Fehlen des Kernes in der fertigen Siebröhre'). 1880 hatte WILHELM in seinen „Beiträgen zur Kenntnis des Siebröhrenapparates dicotjler Pflanzen" verschiedentlich darauf hingewiesen, daß bei Yitis und Cucurbita der Kern während der Entwicklung verschwindet. Kaller gab 1882 an (Flora 1882): „Bereits bei einer Länge von 0,03 mm hatten die Siebröhrenzellen ihren Kern verloren." E. Schmidt beschreibt das Schwinden des Kernes bei V/cforia regia (Bot. Ztg. 1882). In seiner großen Arbeit über den Siebteil der Angiospermen berichtet LECOMTE (Ann. d. sc. 1889) ein- gehend über das Fehlen des Kernes in den aktiven Siebröhren, ob- wohl er auch einige Male den Kern gesehen hat. 1891 hat dann Strasburger in seinen „Leitungsbahnen'' eine ganze Anzahl auf diese Frage hinzielender Bemerkungen gemacht, die sämtlich das Fehlen des Kernes in den Siebröhren betonen. Schließlich unter- nahm ZACHARIAS (Flora 1895) eine spezielle Untersuchung der Siebröhrenkerne von Gucurhifa. Er kam zu dem Schlüsse, daß den Siebröhren der Kern tatsächlich fehlt; er fügt aber doch noch hinzu: „Übrigens ist es sehr wohl möglich, daß die Siebröhrenkerne trotz der gegenteiligen Angabe der meisten Autoren aligemein er- halten bleiben." — So entstand schließlich als Dogma der Satz: die Siebröhren haben keinen Kern. Ich unternahm es nun, so exakt wie möglich mit einer von den Autoren nicht benutzten Methode den Kernnachweis zu führen. Diese Methode besteht darin, daß die sorgfältig fixierten Objekte mit dem Mikrotom in Serienschnitte zerlegt wurden, und zwar in der Gestalt, daß jeweilig mehrere Glieder einer Siebröhre ge- schnitten wurden, ohne daß auch nur ein Schnitt verloren ging. Auf diese "Weise erhält man von Siebplatte zu Siebplatte jedes 1) Bezüglich der Diskussion der Literatur muß auf meine demnächst erscheinende Arbeit „über den Bau und die Funktion der Siebröhre" ver- wiesen werden, die im botanischen Institute der Universität Marburg unter Leitung von Herrn Geh. Prof. AETHUK Meyer angefertigt wurde. Ein Kapitel der Arbeit behandelt ausführlich die Frage nach dem Kern der Siebröhre. Der Kera der Siebröhre. 79 einzelne Siebrölirenglied in Schnitte zerlegt; einer dieser Schnitte mußte dann, exakteste technische Ausführung und sorgfältige Durchmusterung eines jeden einzelnen Schnittes vorausgesetzt, den gesuchten Kern enthalten. Es waren allerdings je nach Länge der einzelnen Siebrohren Schnittserien von 500 — 3000 /* langen Stücken nötig bei vollständiger Darchschneidung etwa zweier Sieb- röhrenglieder. Infolgedessen waren im Maximum bei 10 /* Schnitt- dicke — es kamen bei weniger langen Siebröhren auch Schnitte von 5 (j, zur Anwendung — 300 Schnitte zu durchmustern. Die Objekte — Cucurbita Pepo, Victoria regia und Trapa natans — wurden wenn angängig am Stamm fixiert (alles Nähere über Methodik usw. in meiner Arbeit) mit verschiedenen Fixierflüssigkeiten. Gefärbt wurden die Mikrotomschnitte hauptsächlich nach dem Dreifarben- verfahreu mit der Modifikation, daß mit konzentrierten Färbe- gemischen sehr stark gefärbt wurde, um durch Alkohol- und aus- giebige Nelkenöldifferenzierung gute Kontrastwirkungen erzielen zu können. Diese Art der Tinktion hatte ich zuerst eingeschlagen bei Curcurhita, bei welcher wegen des „Schleimes" der Kern ohne weiteres nicht zu sehen ist. Bei der eben angegebenen Färbe- methode aber tingiert sich der Nucleolus so stark, daß er bei glücklicher Nelkenöldifferenzierung aus dem ebenfalls aber doch ein wenig heller gefärbten Schleime herausleuchtet, während der Kern selbst verdeckt bleibt. Immerhin gelang es übrigens, auch des öfteren den vollständigen Kern zu Gesicht zu bekommen. Bei Victoria und Trapa bestanden naturgemäß diese Schwierigkeiten nicht wegen des fehlenden starken Schleiminhaltes^ hier war in- folgedessen der ganze Kern stets zu sehen. Die in Canadabalsam eingebetteten Schnitte wurden nun der ßeihe nach durchmustert in der "Weise, daß jeweilig immer nur eine einzelne Siebröhre zur Beobachtung gelangte. Von jedem Schnitte wurde die betreffende Siebröhre mit einigen der umliegenden Zellen mittelst Zeichen- apparats in den Umrissen entworfen, um beim nächsten Schnitte durch Vergleich der Zeichnung mit der betreffenden Siebröhre sicher feststellen zu können, daß man auch dieselbe Siebröhre wieder vor sich hat. So wurde von Siebplatte zu Siebplatte vor- gegangen, womit eine Siebröhre genau durchmustert war. Für diese Art der Untersuchung hat sich Trapa natans als das be- quemste Objekt herausgestellt, weil die großen inneren Siebröhren isoliert liegen, so daß mit Leichtigkeit sämtliche Siebröhren gleich- zeitig verfolgt werden können. Auf diese Weise ist es gelungen, regelmäßig einen wohlaus- gebildeten Kern in den Siebröhren aufzufinden. 80 W, PallaDin: 13. W. Pal ladin: Atmung der Pflanzen als hydrolytische Oxydation. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 6. Februar 1913.) In meiner früheren Arbeit^) bin ich zu den nachstehenden Schlüssen gelangt: 1. Die anaerobe Oxydation (früher Zersetzung) der Glukose und die weitere Oxydation der Produkte des anaeroben Zerfalles der Glukose geht auf Kosten des Wassers vor sich und zwar in der Weise, daß der in der Glukose enthaltene Kohlenstoff zum Teil durch den in der Glukose enthaltenen Sauerstoff oxydiert wird, zum Teil aber durch den Sauerstoff des Wassers. 2. Der gesamte durch die Pflanzen aus der Luft absorbierte Sauerstoff wird ausschließlich auf die Oxydation des Wasserstoffes verwendet und zwar sowohl des in der Glukose enthalten ge- wesenen, wie auch des Wasserstoffes, welcher von dem AVasser zu- rückblieb war, nachdem der Kohlenstoff der Zerfallprodukte der Glukose durch dasselbe oxydiert worden war. 3. Die Entnahme des Wasserstoffs von den während der Anaerobiose gebildeten reduzierten Stoffen erfolgt unter Teilnahme der Atmungspigmente, welche dabei Chromogene (Leukokürper) ergeben. Die Chromogene geben ihren Wasserstoff an den Sauer- stoff der Luft ab, indem sie gleichzeitig Wasser bilden. E-Hg + 0 = R-f H2O Ich habe nachstehendes Schema für die Atmung gegeben: 1. Anaerobes Stadium: CßHi A + 6 H.,0 + 12 R = 6 COg + 12 RH, • 2. Aerobes Stadium: 12 R.H2 + 6 O2 = 12 H^O + 12 R. Die hier von mir angeführten Schlußfolgerungen haben in den bald darauf erschienenen schönen Untersuchungen von H. WlE- LAND'^) ihre Bestätigung gefunden. Dieser Autor bewies die Mög- 1) W. Palladin, Zeitschrift iür Gärungsphj^siologie. 1. 91, 1912. 2) H. Wieland, Berichte ehem. Ges. 4.'), 2606, 1912. Atmung der Pflanzen als hydrolytische Oxydation. 81 liclikeit einer Oxydation von AMeliyden bei Ausschluß von Sauerstoff zu der entsprechenden Säure mit Hilfe des Wassers. Dabei wird zuerst ein Hvdrat gebildet /OH 11 . COH + H2O = E . HC^Q jj „AVenn man feuchten Aldehvd bei Ausschluß von Luft mit Palla- diumschwarz schüttelt, so erhält man Säure und Wasserstoff, letzteren an Palladium gebunden: R.HC/^^ - R.Cf +H2 OH \0H Läßt man jetzt Luft zutreten, so wiid der Wasserstoff verbrannt und die Dehydrierung des Aldehydhj'drats kann weiter gehen. Die Eolle des Luftsauerstoffs können hierauch Benzochinon, Methylen- blau oder andere chinoide Verbindungen übernehmen." Selbst die Verbrennung des Kohlenoxyds zu Kohlensäure^) geht über die Zwischenphase der Ameisensäure vor sich. H0^ H^ C. NEUBERG^) und seine Mitarbeiter haben in ihren be- merkenswerten Arbeiten darauf hingewiesen, daß bei der alkoho- lischen Gärung als Zwischenprodukte Brenztraubensäure und Acet- aldehyd gebildet wird. KOSTYTSCHEW^^) beobachtete die Vergärung von Acetaldehyd in Alkohol. Die Bildung des Aldehyds wird von einer Entziehung von Wasserstoff begleitet, welcher bei der Bil- dung von Alkohol wieder hinzugefügt wird. In Anwesenheit von Luft muß der gebildete Acetaldehyd dagegen durch das Wasser nach dem Schema von H. WiELAND oxydiert werden. Der ge- samte, sowohl bei der Bildung des Acetaldehyds, wie auch bei dessen weiterer Oxydation durch Wasser erhaltene Wasserstoff hingegen tritt schließlich in Verbindung mit den Atmungspigmenten (wie auch bei den Versuchen von WiELAND mit chinoiden Ver- bindungen) und wird sodann durch den Sauerstoff der Luft zu Wasser oxydiert. Der Prozeß der Sauerstoffabsorption durch die Pflanzen wird gegenwärtig zu den Vorgängen der langsamen Verbrennung oder der Autoxvdation oerechnet. Die oxvdierenden B-eaktionen der C:0 -^ ,,>C:0 - COg + H2 1) H. Wieland, Berichte ehem. Ges. 15, 679, 1912. 2) C. Neüberg und L. KarczaG, Biochem. Zeitschrift 3G, 68, 76, 1911 und die darauffolgenden Bände. 8) S. KOSTYTSCHEW, Zeitschrift f. physiol. Chemie, 79, 130, 359, 1912. 82 W. PaLLADIN: Atmung der Pflanzen als hydrolytische Oxydation. Pflanzen erfolgen im Innern des Protoplasmas. Da nun das Protoplasma eine alkalische Reaktion besitzt, so geht hieraus her- vor, daß die physiologischen ßeaktionen in einem alkalischen Me- dium vor sich gehen. Aus diesem Gi-runde haben wir in der vor- liegenden Arbeit, — sie hat das Studium des Prozesses der Absorption von Sauerstoff durch die Atmungschromogene zur Aufgabe, — zu den Lösungen der Atmungschromogene stets beträchtliche Mengen von Alkalien hinzugefügt. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchungen lassen sich wie nachstehend zusammenfassen : ■ 1. Alkalische Lösungen der Atmungschromogene absorbieren gierig den Sauerstoff der Luft, indem sie dabei braunrote Pigmente bilden. 2. Während der alkoholischen Gärung (und daher auch während des ersten, anaeroben Stadiums der Atmung) werden Stoffe gebildet, die ihren Wasserstoff leicht an das Atmungspigment ab- geben, von welchem er durch den Sauerstoff der Luft zu Wasser oxydiert wird. 3. Die Atmungschromogene (K-Hg) geben gleich den Leuko- körpern ihren Wasserstoff an den absorbierten Sauerstoff ab. Es resultiert ein Pigment und Wasser (R + HgO). Der während der Atmung absorbierte Sauerstoff wird demnach, wie dies schon früher von mir nachgewiesen worden ist, auf die Entfernung des Wasser- stoffes aus den Pflanzen verwendet. 4. Der Wasserstoff, welcher nach der h\drol}'tischen Oxyda- tion der Glukose frei wird und bei den höheren Pflanzen unter Beihilfe des Atmungschromogens bis zu Wasser oxydiert oder bei der Hefe in Gestalt von Äthylalkohol ausgeschieden wird, geben die anaeroben Bakterien direkt an das sie umgebende gasförmige Medium ab. Als Schema für die Arbeit der anaeroben Bakterien kann die Reaktion von OsCAR LOEW') dienen: aas einer alkalischen Lösung von Formaldehyd werden in Gegenwart von Kupferoxydul große Mengen von Wasserstoff ausgeschieden, wobei Ameisensäure gebildet wird. Eine ausführliche Arbeit über die Sauerstoffabsorption durch die Atmungschromogene der Pflanzen, die gemeinsam mit Fräulein Z. TOLvSTAJA ausgeführt ist, wird in der „Biochemischen Zeit- schrift" erscheinen. St. Petersburg, Botanisches Institut der Universität. 1) 0. LOEW, Berichte ehem. Ges. 20, 144, 1887. P. Magnus: Die Verbreitung der Puccinia Geranii Lev. usw. 83 14. P. Magnus: Die Verbreitung der Puccinia Geranii Lev. in geographisch-biologischen Rassen. (Mit Tafel IV.) (Eingegangen am 12. Februar 1913.) Bei uns in Europa kommt in den hohen Alpen und im Norden die ausschließlich auf Geranium silvaticum auftretende Puccinia Geranii silvatici G. Karst, vor. Sie gehört in die von J. SCHROETER begründete biologische Sektion Miorjp/iccinia, die nur Teleuto- sporen bildet, die nach der Reife von ihrem Sterigma abfallen und erst nach überstandener Winterruhe im kommenden Frühjahre wieder auskeimen, also nur eine Generation von Teleutosporen im Jahre bilden. LEVEILLE hatte 1846 in den Annales des sciences naturelles Botan. Ulme Serie Bd. V p. 270 eine von C. GAY in Chile auf einem Geranium, das LEVEILLE fraglich als Geranium dissectum be- zeichnete und das G. GAY nachher (1852) in der Historia fisica y politica de Chile. Botanica 8 p. 41 als Geranium rotundifolium er- kannte, eine Puccinia beschrieben, die er Puccinia Geranii Lev. nannte. Sie bildet auch nur Teleutosporen, die denen der Puccinia Geranii silvatici Karst, sehr gleichen. Weil es aber schon eine von CORDA früher aufgestellte und beschriebene Puccinia Geranii Cda. gab, hat MONTAGNE bei GAY 1. c. ihren Namen in Puccinia Leveillei Mont. umgeändert. HARROT legt im Tome VII der Societe mycologique de France S. 189 nach Untersuchung des LEVEILLEschen Originalmaterials scharf den Unterschied dieser Art von der von CORDA in Icones Fungorum IV p. 12 tab. 4 fig 36 beschriebenen und abgebildeten Puccinia Geranii Cda. dar. In SYDOW Uredineen I S. 456 sagen H. und F. SyDOW, daß die von CORDA 1. c. abgebildete AVirtspflanze nicht Geranium, Boherfianum ist, wie sie CORDxl bestimmt hat, sondern wahrscheinlich eine Ärfemisia ist, und daß die abgebildeten Sporen genau mit Puccinia Ähsinfhii DG. übereinstimmen. Sie weisen darauf hin, daß, da Puccinia Geranii Lev., wie bekannt, der Puccinia Geranii silvatici Karst, gleicht, diese letztere eigentlich g4 P. Magnus: Puccinia GeraniJ Lev. heißen müßte, sagen aber, daß, da ein authentisches Exemplar v^on COKDA nicht zu haben ist, sie den KARSTENschen Namen für die bekannte Fucc'mia beibehalten. Hingegen nennt K. FalCK in seinem Bidrag tili Kännedomen om Härjedalens Parasititsvampflora (Arkiv för Botanik utgivet af K. Svenska vetenskapsakademien, Stockholm Bd. XII Nr. 5) S. 1 1 diese Art P. Geranü Lev. und führt Puccinia Geranii silvcdici Karst, als Synonym an und hebt ihre Ausbreitung in Europa (Alpen und Norden), in den Chilenischen Anden und in Simla in Ostindien hervor. An letzterem Orte hat sie A. BARCLAY auf Geranium nc2xilense Sweet gesammelt und ihre sehr nahe Verwandt- schaft zu Puccinia Geranii silvaiici Karst, hervorgehoben, so daß €)• ihr nicht eine neue Artbezeichnung gab; doch will er diese Bestimmung der Puccinia auf Geranium nepalense von "Simla nur provisorisch gelten lassen, da es möglicherweise eine neue Art sein könne. Schließlich habe ich noch eine Puccinia auf Geranium cre- nopliilum Boiss. als Puccinia Saniensis P. Magn. beschrieben i) und deren Ähnlichkeit und relative Verschiedenheit von Puccinia Geranii silvatici Karst, hervorgehoben und erörtert. Durch K. FALCKs zitierte Benennung der Puce. Geranii sil- vaiici Karst, und das Interesse an mehr oder minder spezialisierten Formen der Arten, wurde ich daher veranlaßt, die der Puccinia Geranii silvatici Karst, so nahestehende LEVEILLlische Art zu untersuchen und andere amerikanische auf anderen Geranium- Äxten wachsende und als Puccinia Geranii silvatici Karst, bestimmte Formen hinzuzuziehen. Ich wandte mich daher an Herrn Dr. K. HaRIOT mit der Bitte, mir LEVEILLEsches Originalmaterial der Puccinia Geranii Lev. zur vergleichenden Untersuchung zu senden, was er mit größter Liebenswürdigkeit sofort tat, wofür ich ihm auch hier meinen besten Dank ausspreche. Die Untersuchung er- gab, daß ich keinen Unterschied der Teleutosporen von denen unserer europäischen Art finden konnte. Sie stimmen mit ihr in der Größe überein (22 jU/ breit, 34 /* lang); sie sind starkwandig, auf der Scheidewand nicht eingezogen, mit Wärzchen auf der Membran versehen, die, wie bei der europäischen Puccinia, auf der Wandung der unteren Zelle weit geringer ausgebildet sind, so daß Winter das untere Fach der Puccinia Geranii silvatici Karst, als 1) P. Magnus: G. Bornmüller, Iter Syriacum 1897, Fungi. In Ver- handlungen der K. K. Zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien (Jahrg. 1900) S. 438. Die Verbreitung der Puccinia Geranii Lev. usw. 85 fast glattwandig beschreibt; sie fallen oben vom Stiele ab, so daß nur eine kleine Xarbe desselben an der abgefallenen Spore ge- blieben ist (s. die Fig. 2—7); der Keimporus der oberen Zelle liegt am Scheitel und die von ihm durchsetzte Wandung ist nicht oder nur ganz wenig verdickt; der Keimporus der unteren Zelle liegt frei auf der Sei tenwan düng von der Scheidewand abgerückt, der basilären Stielnarbe oder dem Stielansatz meistens genähert. In allen diesen Beziehungen gleicht sie genau der europäischen Fuccinia Geranii silvaticl Karst., so daß ich, wie gesagt, keinen Unterschied finden kann. Ich gebe zum Vergleiche anbei die Figuren des einen LEVEILLEschen Exemplars, die Frl. A. LOEWINSOHN bei mir nach der Natur gezeichnet hat (s. Fig. 1 — 7). Dasselbe gilt von der von A. 0. GARRETT auf den Blättern von Geraniiim Bichardsoni Fish. u. Traut, bei Utah, Salt Lake Co. in Nordamerika gesammelten Puccinia (s. Fig. 16 — 22), die ich aus Yestergren Micromycetes rariores selecti Nr. 965 untersuchen konnte. Sie gleicht genau der Puccinia Geranii silvatici Karst., wie sie GaRRETT bestimmt hatte. Die Warzen sind wieder weit schöner und kräftiger auf der oberen Zelle entwickelt als auf der unteren, deren Wandung manchmal fast glatt ist. Bemerkenswert ist, daß ich in dem untersuchten Rasen nicht wenige einzellige Teleuto- sporen traf. A. 0. GARRETT sammelte auch in derselben Salt Lake Co. bei Eed Batte Caryon eine Puccinia auf Geranium venosum Rydb., die er ebenfalls als Puccinia Geranii silvatici Karst, bestimmt hat, und in den von ihm herausgegebenen Fungi Utahenses Nr. 88 aus- gegeben hat. Beide hat er in größerer Höhe gefunden. Die auf Geranium Bichardsoni Fish. u. Traut, traf er auf den Big-Cotton- w^ood Caryon in 8750 Fuß Höhe; die auf Geranium venosmn auf dem E-ed Batte Caryon in 60ö0 Fuß Höhe, wie auch unsere Puccinia Geranii silvatici Karst, in größerer Höhe auftritt^). Hingegen geben P. DiETEL und F. W. NEGER in Uredineae Chilenses III (ENGLERs Botanische Jahrbücher, 27. Band 1899) S. 4, die Puccinia Geranii silvatici Karst, auf den Blättern von 1) De Toni gibt irrtümlich in Saccardo Sylloge Fungorum omnium hucus- que cognitorum Vol. YII S. 682: Puccinia Geranii silcadci Karst, „et in Rhe- nogovia Germaniae" an. Er ist dazu verführt durch die von FUCKEL in Symbolae mycologicae Dritter Nachtrag S. 12 heschnehene Piicc. semireticulata Fckl., welchen Namen er richtig als Synonym der Puccinia silvatica Karst, bei- fügt. FuCKEL stellt sie aber nur auf Exemplaren von St. JMoritz im Ober- Engadin auf, welchen Standort De TONl auch angibt. gß r. Magnus: Geranium sessiliflornm auf den Yaldivischen Anden an. Diese Vuccinia gehört nicht zur Pnccinia Geranii silvatici Karst, NEGER hat sie in Rabenhorst-Pazschke, Fiingi europaei et extraeuropaei Nr. 4417 ausgegeben und außerdem mir eine Probe gütigst mit- geteilt. Sie tritt an den von mir gesehenen Exemplaren in kleinen Häufchen an den Blättern auf (s. Fig. 8). Sie weicht schon dadurch sehr ab, daß sie Urrdo- und Pnccinia bildet, und das häufig in denselben Rasen. Die Uredosporen (Fig. 9 — 13) sind länglichoval 24,6—27,4:29,13—35,7 f/. Ihre Membran trägt, wie bei fast allen Uredosporen, kleine Stachel- chen; sie haben zwei gegenüberliegende Keimporen. Die Puccinia- sporen (Fig. 14 — 17) sind im Gegensatze zur Pnccinia Geranii sil- vatici Karst, mit glatter Wandung versehen, und in der Mitte meist deutlich eingeschnürt. Ihre Membran ist über den Keimporen stark verdickt und springt papillenartig vor, so namentlich am scheitelständigen Keimporus der oberen Zelle. Der Keimporus der unteren Zelle liegt dicht unter der Scheidewand. Sie sind 24,6 bis 27,4 II breit und 41,1—54,8 ^t* hoch. Ich glaubte anfangs, als ich ihre Verschiedenheit von der Pnccinia Geranii Lev. erkannte, es mit einer neuen Art zu tun zu haben. Aber NEGER hat in den Annales de la Universidad, Tomo XCIII (Santjago de Chile 1896) S. 777, die Pnccinia Gallaquensis auf Geranium Berteoranum beschrieben, die ich aus dem Berliner Botanischen Museum und an einer mir von Herrn Prof. NEGER gütigst mitgeteilten Probe untersuchen konnte. Ihr steht jedenfalls sehr nahe die eben von Geranium sessiliflornm beschriebene Pnccinia, die ich daher als Pnccinia Calla- qnensis Neger vel. mult. äff. bezeichne. Die Uredosporen der Pnccinia Gallaquensis Neger auf Geranium Berteroanum haben eben- falls nur zwei Keimporen an den Seiten; die Teleutosporen sind glattwandig an der Scheidewand meist eingeschnürt mit starker Papille über den Keimporen, und dem Keimporus der unteren Zelle dicht unter der Scheidewand. Ich komme nun zurück auf die Vuccinia Geranii Lev., von der ich in Übereinstimmung mit anderen Autoren die Pnccinia Geranii silvatici Karst, nicht unterscheiden kann. Diese Pnccinia tritt in Europa ausschließlich auf Geranium silvaticnm und auf keiner anderen Geranium' Axt, soviel ich weiß, auf, namentlich nicht auf Geranium rotundifoUnm. Sie ist daher eine bei uns streng an eine Wirtspflanze gebundene Art. Sie tritt in Europa an vielen weit voneinander getrennten Verbreitungsbezirken in den Alpen und im Norden auf. Diese Art (im weiteren Sinne) oder geogra- phische biologische Rassen derselben, die morphologisch nicht von Die Verbreitung der Puccinia Geranii Lev. usw. 87 ihr zu unterscheiden sind, tritt nun in Nordamerika auf Geraniuni Hidiardsoni und Ger. venosum ßydb. auf Gebirgen in Salt Lake Co. auf und in Südamerika, auf den Chilenischen Anden auf Geraniiim rofundifoJ iiim auf. Aus Asien beschreibt A. BARCLAY, wie gesagt, eine so ähnliche Puccinia auf Geraninm )iepahnse Sweet aus Simla, daß er sie nicht von Puccinia Geranii silvcdici Karst, zu trennen wagt. Letzterer schließt sich meine schon einige Unterschiede zeigende Puccinia Sanicnsis P. Magn. auf Gcranium crenophi/um Boiss. vom Libanon an. Wir sehen also in Puccinia Geranii Lev. eine morphologisch Avohl charakterisierte Art, deren Vertreter weit in Amerika, Europa und Asien verbreitet sind und in den einzelnen Gebieten konstant auf bestimmten Wirtspflanzen auftreten. So ist es wenigstens für die europäische Art, die nur auf Geranium silvaticum auftritt. Diese morphologische Art bildet geographisch-biologische Rassen, die ich als geographische Gewohnheitsrassen bezeichnen könnte. Nur in dem südlichen Asien treten schon kleine morphologische Differenzen auf. Die morphologische Konstanz dieser Art in so weit entlegenen Gebieten, wie Chile, Salt Lake Co. und Europa könnte damit zu- sammenhängen, daß sie in jedem Jahre nur eine Generation von Sporen bildet, was wieder, wie ich schon früher erörtert habe, einer Anpassung an die klimatischen Verhältnisse der hohen Stand- orte entspricht. Wahrscheinlich würden Kulturversuche ergeben, daß sie von der Wirtspflanze der einen Gebiete nicht auf die Wirtspflanze der anderen Gebiete übergeimpft werden kann, wie sie ja bei uns nie auf Geraninm rofundifoJ tum auftritt. Somit sind dann eben die in den verschiedenen geographischen Bezirken auf den verschiedenen Wirtspflanzen auftretenden Puccinia Geranii Lev. als biologische Arten oder Rassen derselben auseinanderzu- halten. Diesem Verhalten möchte ich an die Seite stellen, daß die spezialisierten Rassen unserer Getreideroste in verschiedenen Ge- bieten sich etwas verschiedenen Gruppen von Wirtspflanzen ange- paßt haben, wie dies namentlich aus den Untersuchungen des Nordamerikaners CARLETON u. a. hervorgeht. Die beigegebenen Figuren hat Frl. A. LOEWINSOHN bei mir nach der Natur gezeichnet. 8S Th. M. PorodkO: Erklärung: der Tafel lY. Fig. 1. Puccinia Gerann Le\-. auf Geranium rotundifolmm ex Mus. Paris. Natürl. Gr. Fig. 2—7. Teleutosporen derselben. Vergr. 420. Fig. 8. PKCcinia. callaquensis Neger auf Geranium i^casilißornm von den Anden. Natürl. Gr. Fig. 9—13. Uredosporen derselben. Vergr. 420. In £'ig. U ist dieselbe Uredo- spore a) in der Längsansicht und b) von oben dargestellt. Y\^, 14 — 17. Pwccmmsporen derselben. Vergr. 420. Y\(r. 18—22. Pwccmwisporen von Fncc. Geranii Lev. auf Geranium RichardsonU aus Utah. Vergr. 420. 15. Th. M. Porodko: Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. IV. Mitteilung. Die Gültigkeit des Energiemengegesetzes für den negativen Chemotropismus der Pflanzenwurzeln. (Mit 3 Textfiguren.) (Eingegangen am 19. Februar 1913.) In meiner ersten^) Mitteilung wies ich auf Bedingungen hin^ welche für den Eintritt negativchemotroper Wurzelkrümmungen ausschlaggebend sind. Speziell ging ich auf die Reizstärke ein und suchte dieselbe auf ihre Komponenten zurückzuführen. Die Bedeutung der einzelnen Komponenten wurde richtig gewürdigt^ ihre gegenseitigen Beziehungen konnten jedoch nicht formuliert werden. Vorliegende Untersuchungen bezwecken nun, diese Lücke aus- zufüllen. Es handelt sich also um die genaue Formulierung des Zusammenhanges zwischen der Konzentration des Chemotropikums und seiner Berührungsdauer mit der 1) POßODKO, Diese Berichte Bd. 30, S. 19 u. ff. Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 89 Wurzelspitze, denn die Stärke des chemotropen Keizes ist bloß eine Funktion dieser zwei') Variablen. Die mitzuteilenden Versuche wurden mit den ca. 10 — 20 mm langen Keim wurzeln von Lupinus albus und Helianthus annuus aus- geführt. Die Versuchsanordnung war im allgemeinen mit der in meinen früheren^) Mitteilungen beschriebenen identisch. Es sei deshalb nur auf einige Details des üeizungsverfahrens aufmerksam gemacht. Die chemotrope Reizung führte ich unter Zuhilfenahme so- wohl der Agar- als Papierstückchenmethode aus. Die erstei-e Me- thode ist aber der letzteren entschieden vorzuziehen. Wenn man für die in E,ede stehenden quantitativen Untersuchungen die Papier- stückchen benutzt, so hat man stets mit zwei Fehlerquellen zu rechnen. Einerseits muß man vor dem Aufsetzen des Stückchens den Überschuß der befeuchtenden Lösung entfernen, was jedoch nicht immer im gleichen Grade zu machen gelingt. Zuweilen ent- fernt man mehr, zuweilen weniger, so daß die Stoffmenge schon in Erwägung gezogen werden muß. Andererseits findet nicht allein die Diffusion der Lösung am Berührungsort der Wurzel mit dem Papierstückchen statt — wie dies für das Agarstückchen wohl der Fall ist — , sondern auch eine Benetzung. Heizt man unter solchen Umständen kurz und mit einer langsam diffundierenden Lösung, so bleibt ein Teil derselben selbst nach dem Entfernen des Papier- stückchens doch in Berührung mit der Wurzelspitze. Die beiden angeführten Fehler der Papierstückchenmethode beeinflussen die Reizstärke in einer schwer kontrollierbaren Weise und machen so- mit manche Versuche unvergleichbar. Die Dauer der Reizung wurde mittels eines Metronomes oder einer Kontrolluhr gemessen. Die zu prüfenden Konzentrationen wurden meistens so gewählt, daß die nötige Reizdauer zwischen l und 300 Sekunden schwankte. Ich hielt an diesen Grenzen aus folgenden Gründen fest. Die Reizdau(>r, die weniger als l Sekunde beträgt, läßt sich schon nicht genau bestimmen. Dauert die Reizung dagegen mehr als 800 Sekunden, so dürfte sich die im 1) Vgl. PORODKO, a. a. O. S. 20. Dort ist überdies von der Stoffmenge die Rede, weil meine damaligen Versuche mit den Papier- bzw. Agarstückchen schwankender Dimensionen ausgeführt wurden. Jetzt benutzte ich hingegen tunlichst gleichgroße Stückchen, wodurch der Einfluß der Stoff menge elimi- niert wurde. 2) PORODKO, a. a. 0. S. 17—19 und 306—307. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. 7 90 Th. M. Porodko: Stückchen vorliandene Stoffmenge schon merklich vermindern bzw. erschöpfen. Durch das Wechseln der Stückchen könnte man freilich diese Gefahr vermeiden, dann aber würde die Reizung iJtJ- :töo- ISO- 100- Sit- T tc Q,oi o,ov 0,03 0,0f C.os- Fig, 1. unterbrochen und möglicherweise z. T. verschoben, insofern als das neue Stückchen nicht genau auf seinen früheren Platz aufgesetzt werden könnte. Vergleichende Untersuchungen über die Tropisnaen. 91 Jeder Stoff wurde in mehreren Konzentrationen geprüft. Jeder Konzentration widmete ich eine Eeihe der Versuche, die sich nur durch die variierende Berührungsdauer voneinander unter- schieden. Auf diese Weise suchte ich die Präsentationszeit für negativchemotrope Wurzelkrümmungen zu ermitteln. In Anbetracht individueller Verschiedenheiten im Verhalten einzelner Wurzeln mußte jeder Versuch mehrmals wiederholt werden. Aus ßäumlich- heitsgründen führe ich aber fernerhin nur die gewonnenen Resultate an, und zwar in tabellarischer Zusammenstellung. Die hierbei be- nutzten Zeichen haben folgende Bedeutung: Z ist die Berührungs- dauer in Sekunden, K die Konzentration in Grammäquivalenten bzw. Molen; 0, X und XX zeigen, daß die Krümmung nicht ein- getreten bzw. schwach bzw. stark ist. 6a- V«- 13- aaoaf O, 0 9i Fig 2 Tabelle Nr. 1. Versuchspflanze — Helkmthus annuiis. Reizstoff — Aluminiumsulfat. Reizungsweise — Aufsetzen der Papierstückchen. ^^-^ z 1 2 8 6 8 12 16 20 25 80 40 6Ü 180 185 15U K in Gr.-Aq. 0,02 0 X XX 0,013 , 0 X XX ■ 0,01 0 X XX 0,00875 0 X XX 0,0075 1 1 0 X 0,005 0 X XX 7* 92 Th. M. PORODKO; Tabelle Nr. 2. Versuchspflanze -- Helianthus annuus. Reizstoff — E-osanilinazetat. Reizungs weise — Aufsetzen der Agarstückchen. ^^^^--^ z K in Mol7"^~^- V2-I 5 6 7 9 240 270 360 0,06 0,02 0,005 X XX 0 X XX 0 X XX Tabelle Nr. 3. Yersuchspflanze — L/qnnus albus. Reizstoff — Uranylnitrat. Reizungsweise — Aufsetzen der Agarstückchen. z 1 5 6 17 20 60 70 90 Kin Gr.-Äq. ^^^^ 0,001 X XX 0,0005 0 X 0,0003 0 X 0,0002 0 X XX In den angeführten Tabellen sind für uns diejenigen Z-Werte wichtig, welche dem Zeichen X entsprechen, weil sie die gesuchten Präsentationszeiten vorstellen. Die letzteren geben nun in Ver. bindung mit ihren K- Werten jene Reizstärke ab, welche der Schwelle für negativchemotrope Wurzelkrümmungen entspricht. Diese Reizschwellen liegen somit: A) für Rosanilinazetat bei 0,05 Mol. und etwa „ 0,02 „ „ „ 0,005 „ „ bei 0,02 „ 0,013 „ 0,01 „ 0,00875 „ 0,0075 „ 0,005 bei 0,001 „ 0,0005 „ 0,0003 „ 0,0002 B) für Aluminiumsulfat Grr.-Äq. und C) für Uranylnitrat Gr.-A q- und V4 Sekunden, 7 n y 270 ; 9 Sekunden, 8 » 15 n * 25 « r 40 ?i • 135 » ; 1 Sekunde, 6 )i ^ 20 » 5 70 »1 Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 93 Wir haben also eine Reihe der korrespondierenden reiz- schwelligeu K- nnd Z- Werte vor uns. Suchen wir nunmehr den Zusammenhang zwischen ihnen zu formulieren. Tragen wir in ein rechtwinkliges Koordinatensystem die obigen K- und Z- Werte ein, so erhalten wir für Jeden geprüften Stoff eine Kurve. (Fig. 1 und 2. A bezieht sich auf Rosanilin- azetat, B auf Aluminiumsulfat und C auf Uranylnitrat.) Jede dieser Kurven entspricht der Formel einer Hyperbel Zu = ZkK^ (!)• -J-,s ^qK' ■XS •V •',r • <,a Fig. 3. ■fl.r Denn legt man der graphischen Darstellung die Logarithmen unserer K- und Z-Werte zugrunde, so ergeben die Verbindungs- linien der Schnittpunkte drei Gerade. (Fig. 'i. Die Buchstaben haben dieselbe Bedeutung wie in Fig. 1 und 2.) Die Gleichung jeder dieser Geraden ist: lgZk=lgZK+n(lgK-lgk) (2). Hieraus kann man den Wert von n für jede Gerade be- rechnen. Im Durchschnitt ist er für A und 0 2,63, für B gleich 2,98. Führt man diese n- Werte in die Formel (2) ein, so kann man aus der einen empirisch gefundenen Präsentationszeit (Z^) bei 94 Th. M. PORODKO: Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. der Konzentration K die Präsentationszeiten bei allen ^) möglichen Konzentrationen des nämlichen Stoffes berechnen. Führt man endlich die gefundenen n- Werte in die Formel (1) ein, so erhält man für die Bosanilinazetat- nnd Uranylni tratkurve die Gleichung Z^k^'^'"^ =ZkK"'^^'^ (3 A), für die Aluminiumsulfatkurve dagegen Z^k ^'^^ =ZkK2'^^ (3 B). In dieser Form dargestellt zeigen die beiden Gleichungen sofort, daß für den Eintritt der negativchemotropen Wurzelkrüm- mung die Menge der chemischen Energie maßgebend ist. Denn Zj^k stellt ein Produkt aus der Konzentration und der Be- rührungsdauer vor. Der letzteren Größe ist indessen die Menge des in die Wurzel spitze eingedrungenen Stoffes proportional. Hier- aus ergibt sich also, daß das Energiemengegesetz auch für den negativen Chemotropism us der Pflanzenwurzeln gültig ist. Odessa, Botanisches Laboratoiium der Universität, den 17. Fe- bruar 1913. 1) Ob die Formel außerhalb der geprüften Kontrationen ,ü,ilt, habe ich noch nicht untersucht. Sitzung vom 28. März 1913. 95 Sitzung vom 28. März 1913, Vorsitzender: Herr L. WiTTMACK'. Der Vorsitzende macht zunächst Mitteihmg von dem schweren Verlust, den die Gesellschaft durch das am 6. März d. J. erfolgte Ableben ihres ordentlichen Mitgliedes Herrn Geh. Regieriingsrat Prof. Dr. Paul Ascherson erlitten hat. Um das Andenken an den Verstorbenen zu ehren, erhoben sich die Anwesenden von ihren Plätzen. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren Knudson, Dr. Lewis, Assistant Professor of Plant Physiology an dem New York State College of Agriculture der Cornell üniversity in Ithaca, New York (vorgeschlagen durch B. M. DUGGAR und H. V. SCHRENK), SchulOW, Iwan, Privatdozent an der weiblichen Landwirtschaft!. Hochschule in Moskau (vorgeschlagen durch L. WiTTMACK und F. DUYSEN), Kurssanow, L., Privatdozent an der Universität in Moskau (vor- geschlagen durch E. KOLKWITZ und A. ARTARI), Meyer, K., Assistent am Botan. Institut der Universität in Moskau (vorgeschlagen durch R. KOLKWITZ und A. ARTARI), Brenner, Dr. W. in Basel, Grenzacher Str. 71 (vorgeschlagen durch E. BUCHERER und CH. TERNETZ), Gickihorn, Josef, Assistent am Pflanzenphysiol. Institut der Univer- sität in Wien I, Franzensring (vorgeschlagen durch H. MOLISOH und 0. Richter), Zikes, Dr. Heinrich, Privatdozent an der Universität und Direktor- stellvertreter der Osterreichischen Versuchsstation für Brau- industrie in Wien XVIII/I, Abt-Karl-Str. 25 (vorgeschlagen durch H. MOLISCH und 0. RICHTER), Levltzki, Gregorius, Assistent am Botan. Laboratorium des Poly- technikums in Kiew (vorgeschlagen durch S. NAWASOHIN und L. KNY), Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXL ° 96 Sitzung vom 28. März 1913. Kasanovski, Victor, Privatdozent für Botanik an der K. Universität in Kiew (vorgeschlagen durch S. NaWASCHIN und L. KNY), Finn, Vladimir, Konservator am Botanischen Garten der K. Uni- versität in Kiew (vorgeschlagen durch S. NAWASCHIN und L. KNY), Plaut, Dr. Menko, Assistent an der landw, Versuchsstation in Halle a. S. (vorgeschlagen durch 0. VON KIRCHNER und 0. Appel). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert Fräulein Babiy, Johanna in Mödling b. Wien, und die Herren Heidmann, Anton in Wien, Klein, Gustav in Wien, Bremekamp, Dr. C. E. B. in Pasuruan (Java), Burgeff, Dr. Hans in München, Günthart, Dr. August in Leipzig, Hippel, Dr. August in Augustenberg b. Durlach. Die in den Voranschlag für das Jahr 1912 eingestellten 500 M. zur Unterstützung wissenschaftlicher Arbeiten sind Herrn Privatdozenten Dr. ERNST PRINGSHEIM in Halle a. S. bewilligt worden. Herr L. WiTTMACK demonstrierte ein Feuerzeug, dessen Lunte aus der wolligen Rindenschicht von Gnaphalmm saxatile zusammengedreht ist. Diese Lunte wird durch ein Rohr von Arundo Dmiax gehalten. Das Feuerzeug wird von Hirten auf der Madeira benach- barten Insel Porto Santo angefertigt und benutzt und wurde von Herrn Dr. OTTO KLEIN dem Museum der Landw. Hochschule geschenkt. Iw. SCHULOW: Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. 97 Mitteilungen. 16. Iw. Schulow: Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. (Mit 2 Abbildungen im Text.) (Eingegangen am 6. März 1913.) 1. Assimilation des Phosphors org-anischer Verbindungen. Im Jahre 1911 nahm ich Gelegenheit, an dieser Stelle eine vorläufige Mitteilung über meine Methode steriler Kulturen höherer Pflanzen zu veröffentlichen'). Im Sommer 1912 prüfte ich die Methode in umfangreicheren Versuchen und erhielt gute Resultate: im vorigen Jahre gaben Wasserkulturen von Mais 75 pCt. absolut reiner Fälle, während jetzt Wasserkulturen von Erbsen (9 Gefäße) 89 pCt., von Gerste (7 Gefäße) 100 pCt. und von Mais (15 Gefäße) 100 pCt. Sterilität gaben. Ich erlaube mir, hier an meine Methode zu erinnern in der Überzeugung, daß die Methodik der sterilen Kulturen (eben von dem Typus, bei welchem die oberirdischen Organe der Pflanze sich frei in der Luft entwickeln) noch weit davon entfernt ist, definitiv ausgearbeitet zu sein. Und doch ist die Lösung dieses Problems in hohem Grade wichtig und erwünscht. Die kolossalen Erfolge der Forschungen im Bereich der Mikrobiologie, die immer neue Seiten der Tätigkeit der Mikroorganismen und ihren Anteil am Kreislaufe aller Nährelemente enthüllen, erschüttern von Tag zu Tag die Positionen der verdienten einfachen (nicht sterilen) Sand- und Wasserkulturen. Bei den vergleichenden Massenuntersuchungen, so auch zum Zwecke der Rekognoszierung werden diese einfachen Kulturen ihre große Bedeutung wahrscheinlich nie verlieren; die genaue Lösung einer jeden Frage der Physiologie der Ernährung höherer Pflanzen und sogar die aprioristische Lösung vieler Fragen (Assimilation organischer Verbindungen, Wurzelausscheidungen, Ammoniakernäh- 1) Iw. Schulow, „Zur Methodik steriler Kulturen höherer Pflanzen." Berichte d. Deutsch. Botan. Ges. 1911, Bd. 29, 504, 8* 93 IW. SCHULOW: ' rung n. a.) erheischen jedoch unstreitig streng sterile Versuchs- bedingungen. Im Mißverhältnis zu dieser großen Bedeutung steht die geringe Anzahl der bis jetzt bekannten sterilen Kulturen, während ihre Methoden unzureichend sind. Die Hauptbedingung des Erfolges bei sterilen Kulturen des besprochenen Typus ist fortwährender, nicht einen Augenblick gestörter Schutz des Sub- strats und des Wurzelsj'stems vor freier Luft, die nicht durch eine genügende Schicht sterilisierter Watte filtriert ist. Damit ist natür- lich die Manipulation des Versenkens des sterilisierten Samens und die besonders langwierige Manipulation der Befreiung des Stengels aus dem Bereich des Grefäßes in die Luft, mit einem Worte die- jenigen Manipulationen, bei denen die Gefäße geöffnet werden und deren Substrate mit der Luft nicht durch AVatte, sondern frei in Berührung kommen, gemeint. Die mir bekannten Methoden der mich interessierenden Kulturt^-pen genügen nicht diesen An- sprüchen: die Methode von Prof. KOSSOWITSCH^), die ausführlich vom Autor beschrieben ist, gewährleistet nur Beseitigung des Nitrifikationsprozesses; die Methode von MaZE -) (soweit man nach der spärlichen Beschreibung urteilen kann); die Methode von Hutchinson^) genügt nur, wenn ich nicht irre, zur Beseitigung der nitrifizierenden Bakterien; die Methode von PANTANELLI^), die meiner Meinung nach gleichfalls nur dieser Aufgabe dient, endlich die neueste Methode von COMBES^). Die beiden ersten Methoden sind lange vor meinen Versuchen, die dritte fast gleichzeitig mit denselben, die beiden letzten nach denselben vorgeschlagen worden. Die Autoren bezeugen gute Re- sultate der Sterilität, die sie durch ihre Methoden erzielt haben ^), erwähnen aber gar nicht (ausgenommen P. S. KOSSOWITSOH), wie 1) P. S. KOSSOWITSCH, Russisches Journal für experimentelle Landwirt- schaft 1901 und 1904. 2) M. P. Maze, Annales de l'Institut Pasteur 1900, 1904 und 1911. 3) H. B. Hutchinson and H. I. Miller, „The direct assimilation of inorganic and organic forms of nitrogen hy higher plants." Oentralblatt für Bakteriologie 1912, Nr. 21—24. 4) E. Pantanelli e G. Severini, „Ulteriori esperienze suUa uutrizione ammoniacale delle piante verdi." November 1911. 5) M. R COMBES, „Sur une methode de culture des plantes superieures en milieux steriles." Comptes rendus etc. 1912. 6) Maze, Hutchinson und Pantanelli teilen nicht mit, ob sie die Sterilität der Substrate vor Beendigung der Versuche prüfen. Ich tue es un- bedingt: einen oder höchstens 3 — 4 Tage vor der Ernte der Pflanze bringe ich kleine Portionen der Substrate in Fleischbouillon (mit Glukose, Asparagin und Pepton) und in Substrat für nitrifizierende Bakterien. Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. 99 groß der Abgang an infizierten Kulturen ist. Es ist möglicli, daß ein solcher Abgang, und zwar in bedeutendem Grade stattfinden muß, und darum halte ich die benannten Methoden, die vielleicht nur sehr labile Resultate ergeben, für unzureichend. Eine streng durchdachte Methode muß im voraus einen hohen Prozentsatz von sterilen Kultui-en versprechen und auch gewährleisten. Diese Be- trachtungen waren es auch, die mich auf den Gedanken brachten zu versuchen, eine eigene Methode für sterile Kulturen auszu- arbeiten. Sie entspricht vollkommen der erwähnten Hauptanforde- rung, daß weder bei der Sterilisation, beim Quellen und beim Versenken des Samens, noch bei der langwierigen Manipulation der Freimachung des Stengels (weil sie besondere Sorgfalt erheischt) das Substrat auch nur einen Augenblick mit der freien Luft in Berührung kommt, daß also selbst bei diesen Manipulationen die Luft in die Gefäße nur durch eine dichte Schicht sterilisierter Watte eindringt. Ich sehe ein, daß der vorjährige kurze Bericht keinen vollen Überblick über die Methode gewährt. Leider kann ich auch jetzt weder eine eingehendere Beschreibung geben, noch über alle durch sie erhaltenen Resultate berichten i). Daher beschränke ich mich hier nur auf eine kurze Mitteilung der Hauptresultate einiger von mir im Jahre 1912 berichteten Fragen. Ich spreche hier v(m ste- rilen Wasserkulturen von Mais und Erbsen. Als Basis diente mir das Nährsubstrat von HELLRIEGEL; ich variierte aber die Quellen von N und P2O5; ich nahm Ca(N03)2, NH^NOg, Asparagin und als Quellen von P2O5-KH2PO4, Lecithin und Phytin (chemisch reine Präparate von MERCK). Alle Stickstoffquellen und auch alle Phosphate wurden in bestimmten Wassermengen vom allgemeinen Nährsubstrat gesondert sterilisiert und erst nach der Sterilisation hinzugefügt. 1) Die Resultate der vorjährigen Versuche sind als vorläufige Mit- töilungen „Zur Frage über die Methodik der sterilen Kulturen höherer Pflanzen", „Assimilation von Ammoniak und Nitratstickstoff", „Die Anwesen- heit von nitrifizierenden Bakterien in gewöhnlichen Sandkulturen" und „Die Eiweißbildung durch höhere Pflanzen in der Dunkelheit (in sterilen Kulturen)" jm Russischen Journal für experimentelle Landwirtschaft (1911 — 1912) veröffent- licht worden. In meinem Werke, welches sich augenblicklich im Druck be- findet und bald erscheinen soll (Berichte des Landwirtschaftlichen Instituts zu Moskau 1913, Lieferg. II), unter dem Titel „Untersuchungen im Bereich der Physiologie der Ernährung höherer Pflanzen durch Methoden isolierter Er- nährung und steriler Kulturen" werden sämtliche Resultate meiner in den ■"o Jahren 1911 und 1912 ausgeführten Versuche samt einer ausführlichen Be- ^o Schreibung der ganzen Methodik enthalten sein. 100 IVV. SCHULOW ; Die beigegebenen Abbildungen 1 und 2 zeigen die Gesamt- ansicht der Erbsenkulturen (14 Tage vor der Ernte) und einige von Maiskulturen (3 — 4 Tage vor der Ernte), Die Erbsenernte Abbildung 1. Nrn. 1 6 7 2 y 3 N- und PA- CaCNOa), NH,N03 Ca(N03)2 Quellen KH2PO4 Lecithin Phytin KH2PO4 KH2PO4 steril infiziert von zwei Gefäßen wurde früher abgenommen und konnte deshalb nicht mit photographiert werden. Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. 101 bß n 2 102 I\V. SCHÜLOW Die Dachstelienden Tabellen zeigen die Ernte der Kulturen. Erbsen (Lufttrockensubstanz in g) Nr. der Gefäße N-u. PA- Quellen Alter in Tagen Samen Übrige oberirdische Teile Wurzeln Allgemeines Gewicht der Ernte 1 Ca(N03)2 KH2PO4 82 2,70 18,00 2,66 23,36 2 SJ 82 6,55 14.91 2,30 23,76 3 J* 84 3,fi5 5,06 0,72 9,43 4 OaCNOs)^ Lecithin 57 — — 0,232 5 *) 82 0,29 0,96 0,19 1,41 6 •> 81 2,96 7,86 1,04 11,85 7 Ca(N03), Phytin 80 1,68 11,16 1,88 14,72 8 NH4NO3 KH0PO4 34 — — 0,358 9 ') 80 9,51 8,42 0,77 18,70 Mais (Lufttrockensubstanz in g) Nr. der Gefäße N- und P2O5- Quellen Alter in Tagen Oberirdische ' Teile ! Wurzeln Allgemeines Gewicht der Ernte 1 Ca(NO,), KH2PÖ; 49 9,07 4,20 13,27 2 Ca(N03)2 Lecithin 66 1,03 0,48 1,61 3. - ? » 53 0.50 0.24 0,74 4 ?» 52 0,52 0,24 0,76 5 »' 52 0,53 0,23 0,76 6 CaiNO^), Lecithin -j- + KH.,P04 52 8,37 1,54 9,91 7 OalNOg), Phytin 62 2,84 1,40 4,24 8 >» 62 3,49 1,38 4,87 9 »» 54 1,64 0,49 2,13 10 Asparagin KH,P04 62 24,07 6,78 80,85 11 ?• 62 12,81 3,56 16,37 12 NH4NO, KH0PO4 34 2,51 0,83 8,34 13 f? 60 17,87 5,55 23,42 14 »» 58 5,63 0,86 6.49 15 ?> 52 10,55 0,95 11,50 Ich halte es für angebracht, darauf hinzuweisen, daß die P]rbsenkulturen bis zum Früchtetragen, einige Exemplare sogar bis zur vollen Reife gebracht worden sind; es keimten, wie Keimungs- versuche ergaben, z. B. die Samen von Nr. 1, 2, 7 und 9. Nun gehe ich zur Mitteilung der llesultate der Versuche mit organischen Phosphaten über. Vorläufig sei bemerkt, daß Versuche mit sterilen Kulturen höherer PJlanzen. 103 mir keine einzige Arbeit bekannt ist, die unter streng sterilen Be- dingungen, wie sie zur Lösung dieser Frage unbedingt notwendig sind, durchgeführt ist. Allerdings sagt STOKLASA^) in seiner ersten Arbeit mit Phosphorverbindungen aus dem Jahre 1895, nämlich in derjenigen mit Lecithin, daß diese Frage von ihm be- stimmt gelöst ist, und schließt mit den Worten: „Der erste Be- weis für die Assimilation von Phosphorsäure in organischer Form durch Phanerogamen." Man kann sich damit kaum einverstanden erklären. PEROTTI^J sagt unter anderem in seiner Arbeit vom Jahre 1910: „Es wäre mein lebhafter Wunsch gewesen, den übrigen Teilen dieser Arbeit auch denjenigen beizufügen, welcher sich auf die Untersuchungen bezieht, die ausdrücklich zu dem Zweck angestellt wurden, diesen Punkt (d. h. die Frage über die Assimilation organischer Phosphate) aufzuklären, der unstreitig von großer Bedeutung, aber bis jetzt, man kann sagen, noch vollständig in Dunkel gehüllt ist. In der Tat besitzen wir nur die einzige oben erwähnte Arbeit von STOIvLASA, durch welche nachgewiesen wurde, daß die Glyzerinphosphor säure und das Lecithin von den Wurzeln der Pflanzen aufgenommen werden können, aber man kann den Zweifel nicht von der Hand weisen, daß diese Tatsache der Mitwirkung bakterieller Tätigkeit zu ver- danken sein könne, durch welche eine Abspaltung von Phosphorsäure eingetreten sei (Sperrdruck von mir). Allein STOKLASA^) wiederholt beharrlich in seiner Arbeit, welche ein Jahr nach der zitierten Arbeit von PEROTTI fast unter demselben « Titel veröffentlicht woiden ist, daß diese Frage von ihm im Jahre 1895 gelöst sei und weist schon ganz bestimmt auf das Fehlen einer Mitwirkung von Mikroorganismen hin (siehe z. B, Seite 421). Der Meinung von PEROTTI muß man sich unbedingt anschließen, und man kann nicht umhin, zur Bestätigung der Annahme, daß die Kulturen von STOKLASA nicht steril waren, folgende Erwägung vorzubringen: Wenn vor 17 Jahren Versuche, höhere Pflanzen in sterilem Milieu zu kultivieren, auch stattfanden, so bezog sich dies nur auf Kulturen in geschlossenen Gefäßen und nicht auf die- jenigen, mit denen es STOIvLASA zu tun hatte. Seine Haferwasser- 1) I. StokläSA, ,,Die Assimilation des Lecithins durch die Pflanze." Sitzungsberichte der Akademie der Wisseaschaffcen zu Wien 1895, B. 104. 2) R. Pbrotti, „Über den biochemischen Kreislauf der Phosphorsäure im Ackerboden." Centralblatt für Bakteriologie 1910, Abt. 2, Bd. 25. 3) J. Stoklasa, „Biochemischer Kreislauf des Phosphat-Ions im Boden." Centralblatt für Bakteriologie 1911, Abt. II, Bd. 29. 104 I^'^'- SCHüLOW: kultur muß man nur als erste unter den übrigen nichtsterilen Kul- turen (Wasser-, Sand- und Bodenkulturen) in der berührten Frage betrachten. Übrigens gibt es auch Versuche mit nichtsterilen Kulturen vei- hältnismäßig sehrwenige. Außer der erwähnten Arbeit von StOKLASA kann man noch auf folgende hinweisen: SUZUKI und TACAICHI i) beobachteten in Sand- und Bodenkulturen von Gerste einen sehr er- heblichen Phytinverbrauch. MCTSUTA ^) erhielt einen Hinweis auf Lecithinassimilation, indem er Produkte von Heringguano den Sand- kulturen von Gerste hinzufügte. ASO und JOCHIDA ^) erhielten eine Maximalernte an Lecithin, zugleich aber auch eine ergiebige an Phytin, indem sie den Bodenkulturen von Gerste verschiedene Phosphate, darunter auch Lecithin und Phj'tin, hinzufügten. In einer anderen Reihe von Versuchen mit verschiedenen Pflanzen erhielten genannte Autoren den besten Lecithineffekt. M. A. JE- GOROW '*) schloß bei Erforschung verschiedener Mistarten in die Sand- und Bodenkulturen von Hafer verschiedene organische Phos- phate ein, die ihn interessierten. Im Resultat erhielt er eine große Ernte und eine bedeutende Assimilation von P2O5 seitens letzterer bei Phytin und einen geringeren Effekt bei Lecithin-Einschluß. Es unterliegt keinem Zweifel, daß in allen diesen flüchtig be- schriebenen nicht sterilen Kulturen die Pflanzen es nicht mit un- veränderten organischen Phosphaten zu tun hatten, sondern mit irgendeinem von ihren Produkten, die unter dem Einflüsse der Tätigkeit der Mikroorganismen entstanden sind, jedenfalls mit ab- gespaltener mineralisierter Phosphorsäure. Nun wollen wir uns unseren eigenen Versuchen mit Lecithin und Phytin zuwenden. Ich wählte diese organischen Phosphorver- bindungen aus demselben Grunde, der wahrscheinlich auch in den erwähnten Vei'suchen sie einzuschließen veranlaßte, und zwar weil sie in der Pflanze sowohl als auch im Boden sehr verbreitet sind und somit auch von wesentlicher Bedeutung in der allgemeinen Phosphorökonomie sind. Die chemisch reinen Präparate von MERCK, 1) U. Suzuki and Tacaichi. Journal of Agricult. Society Japan Nr. 323. 2) R. MlTSUTA. ,,0q the avdilability of phosphoric acid in various forms in herring-guano." Journal of the College of agric, Tokio, 1909. 3) K. AsO and T. JOCHIDA. „On the manurial vahie of various organic phosphor Compounds." Journal of the College of agricult., Tokio 19ü9 Vol. I Nr. 2. 4) M. A. JegOROW. Russisches Journal für experimentelle Landwirt- schaft, 1910—1911. Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. 105- die ich zu den Versuchen verwendet habe, enthielten meinen Ana- lysen nach an Phosphorsäure (P2O5) : Phytin — 45,38 pCt. und Le- cithin 8,15 pCt.'). ASO verwendete Präparate, die ihrer Zusammen- setzung nach obigen nahestanden, nämlich ein eigenes Phytin- präparat (aus Reis) mit 45,86 pCt. und Lecithin (von KÖNIG) mit 7,75 proz. P2O5. Um die Veränderungen im Charakter des Phosphors zu be- stimmen, die bei der Sterilisation stattfinden können, unterwarf ich dieser Manipulation einzelne Proben (mit Wasser) ; dann wurde in den auf diese Weise bearbeiteten Präparaten, und zwar in Iproz, Essigsäure-Auszuge, in üblicher Weise (durch Mol3'bdänlösung und Magnesiummischung) der PgOj-Gehalt bestimmt in der Absicht,, auf solche Weise den durch Sterilisation abgespaltenen mineralisierterk P.^Oj-Teil ^) zu berechnen. Nach der Sterilisation erhielt ich im Phytin 13,8 pCt. des Gewichts vom Präparat, im Lecithin nur Spuren, die man ohne besondere Sicherheit in der Genauigkeit als 0,03 pCt. des Lecithingewichts bezeichnen kann. Außerdem wurde die P205-Abspaltung, die während des Versuchs ohne Mitwirkung der Pflanze vor sich ging, bestimmt. Zu diesem Zwecke dienten Gefäße, die zwar keine Pflanzen enthielten, sonst aber den Ver- suchsgefäßen vollkommen analog waren (Vorbereitung, Sterilisation,. Quantität der Nährmischung, ihre Konzentration, Gewichtsproben der organischen Phosphate usw.). Diese Gefäße standen zusammen mit den Versuchsgefäßen im Glasvegetationshause, woselbst sie während des ganzen Versuchs verblieben. Wie durch diese, so- wurde auch durch die Gefäße mit den Pflanzen täglich Luft durch- geblasen Nach Beendigung der Versuche wurde soviel starke Essigsäure hinzugefügt, daß eine 1 proz. Essigsäurelösung erhalten wurde; dann wurde der ganze Inhalt filtriert und im einge- engten Filtrat der PgOs-Gehalt bestimmt. Es ergab sich, daß in den Phytin enthaltenden Gefäßen im Verlauf der Vegetationsperiode zu den früheren 13,3 pCt. noch 2,9 pCc. hinzugekommen waren^ während in den Lecithin enthaltenden Gefäßen dieselben Spuren vorhanden waren, die gleich nach der Sterilisation gefunden worden waren. Auf Grund aller dieser Daten, und von dem Phytin- und Lecithin-Gehalt in den Kulturen ausgehend, stellte ich fest, daß. die Gefäße einen Vorrat von Phosphorsäure enthielten, die au& 1) Alle angegebenen Zahlen bilden das Mittel von paarigen, zuweilerk auch von dreifachen nahestehenden Bestimmungen. 2) In nicht sterilisierten frischen Präparaten machte ich keine solche Bestimmungen, da sie an und für sich keine Bedeutung für die Versuche habeu.. 106 IW, SCHULOW: essigsaiuem Extrakt gefällt weiden kann: bei Phytin 76,0 mg, bei Lecithin nur ungefähr 0.8 mg. Mit diesen Zahlen wollen wir ferner die von der Ernte assimilierte PgOg-Mengen vergleichen. Die Entwicklung der Pflanzen war bei Anwendung des Lecithins sehr gering. 10 — 14 Tage nach Beginn der Keimung wurden die Blätter gelb, dann (bei Mais) bedeckten sie sich mit vereinzelten dun- kelroten Streifen und blieben bis zu Ende: bei den Erbsen klein und gelblich, beim Mais sehr schmal und dunkelbraun. Das Wurzelsystem blieb während der ganzen Zeit sehr spärlich und zeigte nur wenige kurze Verzweigungen. Die Maisernte bei Leci- thin (siehe Tabelle) war: bei 66 tägigen Exemplaren 1,51 g, bei den übrigen drei (52— 53 tägigen) 0,74, 0,76 und 0,76 gr. Ein flüchtiger Vergleich dieser Ernten m.it den Ernten mit anorganischen Phosphaten genügt, um mit großer*" Bestimmtheit völliges Fehlen von Lecithinassimilation seitens des Mais voraus- zusetzen. Eine endgültige Losung dieser Frage jedoch ist nur nach der Analyse der Ernten möglich. Diese Analysen wurden auch ausgeführt, wobei sie ergaben: die Ernte der ältesten Pflanze (Nr. 2) enthielt 1,2 mg, die übrigen drei l,b mg oder jede von ihnen 0,6 mg P2O5. Andererseits wurde die PgO^- Quantität im Saatkorn des Maises mit 0,64 mg ^) berechnet. Wie ersichtlich, ist also nur dieser Urvorrat von P2O5 in die 52 — 53 tägigen Pflanzen übergegangen. Was aber den P205-Gehalt im älteren Exemplar (1,2 mg) betrifft, so entspricht er der Summe (1,24 mg) des Ur- vorrats und den 0,8 mg P2O5, die ohne Mitwirken der Pflanze aus dem Lecithin frei werden. Nun fragt es sich, ob nicht ein schädlicher Einfluß auf die Pflanze von Seiten des angewandten Lecithinpräparats stattgefunden, ein Einfluß, der eine spärliche Entwicklung und eine schlechte Ausnutzung der Phosphorsäure mit sich bringen könnte. Keines- falls. Es wurde in dem Versuch ein Gefäß mit vollen Lecithin- und KHgPO^-Dosen, und zwar Nr. 6 eingeschaltet, und dennoch war seine Ernte nahe der ihm gleichaltrigen Ernte von Nr. 15 und sogar höher als diejenige von Nr. 14, obgleich diese beiden letzten Gefäße nur Kaliumphosphat enthielten. Die Schlußfolgerung dieser beiden Vergleiche liegt auf der Hand. Der Mais ließ die Phosphorsäure des Lecithins vollkommen unberührt und assimilierte ihn nicht im geringsten. 1) In einer der Ernten mit KH0PO4, und zwar in Nr. 1, wurden 148,4 mg P2O5 gefunden. Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. 107 Nan wollen wir die Erbsenkulturen betrachten. Wir haben hier eine ungemein lehrreiche Illustration des mächtigen Lösungs- vermögens der Mikroorganismen auf organische Phosphate, Mit Lecithin hatte ich drei Gefäße: es enthielten, wie aus den Tabellen ersichtlich, zwei von ihnen Ernten von 0,23 und 1,44 g, die Ernte des dritten hingegen (Nr. 6) war kolossal: 11,85 g mit bedeutender Samenbildung. Die vorstehende Abbildung läßt diesen Unter- schied ganz ausgezeichnet hervortreten (Nr. 4 fehlt auf der Photo- graphie, da sie früher fortgenommen wurde). Die PgOg-Qaantitäten der Ernten entsprechen gleichfalls diesem Unterschiede: indem die Nrn. 4 und 5 je 1,1 mg enthielten (in einem Samenkorn waren es sogar 2,0 mg), enthielt die Ernte von Nr. 6 58,9 mg P2 05^). Also bei völlig fehlender Assimilation von Phosphorsäure des Lecithins in Nr. 4 und 5 wurde sie von Nr. 6 in hohem Maße ausgenutzt, und zwar: aus dem allgemeinen PaO.-Vorrat der Leci- thindosis von 213 mg wurden 58,9 mg oder 27,6 pCt. assimiliert (der PjO. -Verbrauch betrug in der normalen Kultur Nr. 1 76,1 pCt. des ganzen Vorrats der in die Gefäße in einer Quantität von 213 mg als KHjPO^ eingeführten Phosphorsäure). Was hat es nun damit für eine Bewandtnis? Die Ursache ist sehr einfach: Nr. 6 war das einzige Gefäß bei meinen Versuchen im Jahre 1912,dessen Substrat zufällig bald nach dem Keimen des Samens infiziert worden war (noch vor Befreiung des Stengels). Unter dem Mikro- skop erkannte man im Substrat sowohl Bakterien (verschiedener Arten) als auch starke Entwicklung eines Pilzes. Die zahlreichen Hyphen- kolonien des letzteren bedeckten vollständig die Wurzeln der Erbsenpflanze und lagerten auch auf dem Boden und an den Wänden des Gefäßes. Die Infektion war stark und äußerte sich rasch und auffällig durch Entwicklung der höheren Pflanze. So mächtig ist der lösende Einfluß der Mikroorga- nismen auf organische Phosphate. Dies bestätigt noch einmal den Satz, daß nicht sterile Kulturen in der reinen Frage der Assi- milation des Phosphors organischer Verbindungen seitens höherer Pflanzen gar keine Bedeutung haben. Es ist auch klar, daß die Erbse in reinen Kulturen nicht im geringsten die organischen Phosphorteile des Lecithins ausgenutzt hat. Das Phytin war den höheren Pflanzen bei weitem nicht so unzugänglich. Der Mais hatte zu Anfang der Entwicklung bei diesem Phosphat kein gutes Aussehen: er entwickelte sich langsam, hatte 1) Nr..l mit Kaliumphosphat zeigte 162,0 mg P2O5. 108 I^^'- SCHULOW: gelbe Blätter. Später erholte er sich sichtbar: die Blätter blieben aller- dings gelb, hatten nur grüne Längsstreifen, das Wnrzelsvstem aber •entwickelte sich stark und hatte sehr lange, wenn auch nicht sehr üppige Verzweigungen mit zahlreichen Wurzelhaaren. Die Ernte €rgab 2,13 g bei 54tägigen Exemplaren und 4,24—4,87 g bei 62tägigen Pflanzen; die zwei letzten Ernten enthielten 70,2 und 78,8 mg PjO. (die Ernte von Xr. 9 wurde keiner Analyse unter- zogen). Wenn man Phosphorsäure in einem Iprozentigen essigsauren Phytinauszug bestimmt für eine Mineralart hält, so kann man nicht entscheiden, ob der Mais die organisqjien Teile des Phosphors berührt hat oder nicht, weil die in den Ernten gefundene PgO^-Quan- tität fast vollkommen den 76 mg entsprach, die auch der essig- saure Auszug der Gefäße ohne Pflanzen enthielt. Bei dieser An- nahme wäre es richtiger, von der Unfähigkeit des Maises, die or- ganischen Teile des Phytinphosphors zu assimilieren, zu sprechen, da es natürlicher ist, anzunehmen, daß die Pflanzen in erster Reihe die leichter zugänglichen Mineralteile ausgenutzt haben, die, wie wir gesehen haben, vollkommen genügen, um die in den Ernten gefundene Quantität zu decken. Ich wiederhole: dies ist natürlicher anzunehmen als zu denken, daß diese 70,2 und 78,8 mg Pj{0., der Ernten teils dem zugänglichen P.^Oj, teils der schwerer assi- milierbaren organischen Form unternommen wurden. Ganz anders ist es, wenn man das P3O3 des Phytins von einem anderen Standpunkt aus betrachtet, nämlich von demjenigen aus, von dem auch der Teil, der im essigsauren Auszug bestimmt wird, als organische Form betrachtet wird: in diesem Falle muß man von den Daten ■des Versuchs sagen, daß sie die Assimilation des Phytins vom Mais konstatiert haben. Die Erbsen lassen eine solche Erwägung nicht zu. Eine Pflanze, welche sich normal entwickelte, Früchte trug, ein üppiges Wurzelsystera besaß, ergab die hohe Ernte von 14,7 g; die Ernte enthielt obendrein bedeutend mehr PjO-, und zwar 109 mg, im Vergleich mit der Quantität (76 mg) der zweifelhaften Form P2O-, die sich zu Ende der Vegetationsperiode in den Gefäßen ohne Anteil der Pflanzen anhäufte und za Diensten der letzteren stand. Ich fasse die Ergebnisse in folgenden Sätzen zusammen: 1. Trotz der großen Wichtigkeit der sterilen Kulturen beim Studium der Fragen der Physiologie der Ernährung höherer Pflanzen besitzen wir bis heute noch keino Kulturmethoden, die uns ein gutes Ergebnis an wirklich absolut reinen Fällen gewähr- Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. 109 leisten könnten. Es ist hier von Kulturen mit frei in der Luft sich entwickelnden oberirdischen Organen die Rede. 2. In den Arbeiten vom Jahre 1911 und 1912 stellte sich der Autor dieses Aufsatzes die Aufgabe, einen der Wege zur Lösung dieses Problems anzugeben, 3. Die ausgearbeitete Methode wurde unter anderem auch an- gewandt, um die Frage der Assimilation der organischen Phosphate höherer Pflanzen zu ergründen, eine Frage, die bis jetzt, wenn ich nicht irre, nur an nicht sterilen Kulturen studiert worden ist. 4. Die Phosphorsäure des Lecithins wird von den vom Autor verwendeten Pflanzen (Mais und Erbsen) nicht assimiliert. 5. Beim Arbeiten mit Lecithin erhielt ich beiläufig eine sehr exakte Bestätigung des mächtigen lösenden Einflusses der Mikro- organismen auf die organischen Phosphate. 6. Durch die Versuche erhielt ich alle faktischen Daten über die Frage der Assimilation des Phytinphosphors seitens des Maises. Diese Frage wird auf Grund dieser Daten gelöst werden, sobald eine übereinstimmende Meinung über jenen Teil der Phosphorsäure dieser Verbindung, der auf die gewöhnliche Art in einem I pro- zentigen essigsauren Auszuge bestimmt wird, Platz greift. 7. Die Versuche zeigten, daß die Erbsen den organischen Teil der Phytinphosphorsäure assimilieren. 8. Somit haben die Versuche jedenfalls den Beweis erbracht, daß die höheren Pflanzen fähig sind, Phosphorsäure in organischer Form aufzunehmen. 2. Zur Fra§:e nach den org-anischen Wurzelaussclieidungen. Die Frage der Wurzelausscheidungen, besonders der orga- nischen, gehört zu denjenigen zahlreichen Fragen, deren Lösung- streng steriles Milieu der Kulturen erheischt. Alles, was in den Wurzelausscheidungen erwartet wird, kann auch in großer Quantität von Mikroorganismen ausgeschieden werden ; andererseits kann dies alles von Mikroorganismen teils bis zur Unkenntlichkeit verändert, teils konsumiert werden. So augenscheinlich dies ist, so kann man nichtsdestoweniger unter der gewaltigen Anzahl der einschlägigen Arbeiten nur in sehr wenigen das (am häufigsten nicht ganz ge- nügende) Bestreben erblicken, Sterilität der Kulturen zu erreichen. So ist beispielsweise von den innerhalb einer relativ kurzen Zeit IIQ IW. SCHULOVV: erschienenen Arbeiten von MOLISOHi), CZAPEK^), KON^). KUNZE^X DOJARENKO^), LEMMERMAJ^N«), SCHREINER und ÜEED^), STOK- LASA und ERNEST^), ABERSON^), POUGET und SCHUSOHAKi"), BrOCQ-EOUSSEAU und GAINii), PFEIFFER und BLANK ^2) und schließlich von MAZE^^} nur die Arbeit des letzteren Autors augen- scheinlich unter vollständiger Beseitigung der Mikroorganismen durchgeführt worden. Ich glaube, daß hauptsächlich durch die Ignorierung oder umgekehrt durch die mehr oder minder voll- kommene Erreichung von Sterilität der Kulturen die jedem, der sich für die in Rede stehende Frage interessiert, sehr bekannte gewaltige Amplitude in den Forschungsergebnissen der bezeichneten Autoren, nämlich von vollständiger Negierung irgendwelcher Wurzelausscheidungen überhaupt bis zur Auffindung von verschiedenen freien Säuren, Fermenten und Zucker- arten in denselben bedingt wird. Zum Zwecke der Untersuchung der organischen Wurzelaus- scheidungen verwendete ich einige Substrate derselben sterilen Wasserkulturen von Erbsen und Mais aus dem Jahre 1912, von. denen im vorigen Kapitel die Rede ist. Ich möchte nicht ver- schweigen, daß diese Untersuchungen, welche in meinem ur- sprünglichen Arbeitsplan nicht in Aussicht genommen waren, durcli die Arbeit von MAZE veranlaßt wurden: trotzdem ich schon seit jeher geneigt war, das Vorhandensein von organischen Wurzelaus- scheidungen anzunehmen, brachte ich nichtsdestoweniger den Hin- weisen des Autors auf die Ausscheidung von Zuckerarten ein ge- wisses Mißtrauen entgegen, und zwar um so mehr, als ich in diesem. Zweifel durch die autoritativen Ansichten von MOLISCH und Czapek bekräftigt wurde. So äußert sich beispielsweise der erste 1) Sitzungsber. d. Academie d. Wiss., zu Wien 1887, B. 96. 2) Jahrbuch, f. wiss. Botanik, 1896, und Die Landw. Vers.-Stat. 1899^ B. 52, H. V und VL 3) Die Landw. Vers.-St. 1899, B. 62, H. IV. 4) Jahrb. f. wiss. Bot. 1906, ß. 42. 5) Mitteilung d. I. MENDELEJEWschen Kongresses zu St. Petersburg 1907. Resümiert im Journal d. Russ. phys.-chem. Gesellsch. 1909, B. 41. 6) Die Landw. Vers.-St. 1907, B. 67. 7) Bied. Oentralbl. 1910, B. 39. 8) Jahrb. f. wiss. Bot. 1909, B. 46. 9) Jahrb. f. wiss. Bot, 1910, B. 47. 10) Russisches Journ. f. experim. Landw. 1910. 11) Comptes rendus 1910 und Bied. Centralbl. 1911, B. 40. 12) Die Landw. Vers.-St. 1912. 13) Annales de l'institut Pasteur 1911. Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. Hl dieser Autoren in der kategorischsten Weise negativ in bezug auf diese Frage, indem er wörtlich folgendes sagt: „Es tritt nämlich, wie durch die Untersuchungen von DE VRIES und PFEFFER nach- gewiesen wurde, und wie ich mich selbst sehr oft überzeugte, aus einer Wurzel überhaupt keine Spur von Zucker heraus i)." Das Mißtrauen erregte den Wunsch, die Angaben von MAZE nachzuprüfen, während die unerwartete Bestätigung und Ergänzung seiner Befunde in bezug auf Zucker mich veranlaßte, nach Säuren zu forschen. Auf diese Weise kam die Untersuchung zustande, deren Resultate im nachstehenden mitgeteilt werden sollen. Die Art der Bedingungen, unter denen ich meine Experi- mente ausführte, regte zu solchen Versuchen an. Ich glaube, daß diese Bedingungen günstiger waren als bei vielen der oben erwähnten Autoren. In der Tat verfügte ich über absolut sterile Substrate; außerdem hatte ich die Möglichkeit, nicht irgendein von den Pflanzen innerhalb mehrerer Stunden oder weniger Tage ausge- schiedenes Produkt, nicht ein Produkt entarteter Natur, wie es viel- leicht von einer Pflanze erhalten wird, welche überhaupt nicht oder nur während der Beobachtungen ohne Ernährung blieb (wie bei- spielsweise bei MAZE bei seiner „Methode der unterbrochenen Er- nährung"), auch nicht ein Produkt einer zu jungen oder, wenn auch reifen, so doch nur innerhalb einer kurzen Zeit beobachteten Pflanze zu untersuchen, sondern organische Ausscheidungen im Überrest desjenigen vollständigen Nährsubstrats, in dem die Pflanzen ohne Unterbrechung viele Wochen lang von frühester Jugend bis zur PJrnte verblieben, in dem sie sich normal ernährten und, wie man annehmen kann, auch alle ihre anderen physiologischen Funk- tionen in natürlicher Weise verrichteten. Was die Bestimmungen der Zuckerarten betrifft, so wurden diese in filtrierten und durch Verdampfung kondensierten Lösungen mittels FEHLINGscher Flüssigkeit bewerkstelligt. Diese Bestimmungen gaben einen Begriff von dem Gehalt an reduzierenden Zucker- arten in den Ausscheidungen. Trotz des bestimmten Hinweises von MAZB auf das Fehlen in den Ausscheidungen von Pflanzen (ebensolche wie bei meinen Versuchen) von nicht reduzierenden Zucker- arten, habe ich auch nach diesen gefahndet. Zu diesem Zwecke wurde ein Teil der Lösungen mit konzentrierter HgSO^ (2—3 Volumprozente der nicht kondensierten Lösung) so lange erhitzt, als es er- fahrungsgemäß zur Invertierung der in den Ausscheidungen etwa vorhandenen Saccharosen erforderlich ist. Die Fahndungen haben 1) Siehe früher genanntes Werk von MOLISCH, Seite 93. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. 9 112 IW. SCHULOW: sich nicht als fruchtlos erwiesen: in allen Fällen ohne Ausnahme steigerte diese Operation das Gewicht des reduzierten Kupfers und wies folü'lich auf das Vorhandensein von nicht reduzierenden Zuckerarten in den Wurzelausscheidungen hin. In der hier bei- gefügten Tabelle sind die definitiven Durchschnittszahlen nach Berechnung auf das ganze zurückgebliebene Substrat von einer Pflanze angegeben (es sind Korrekturen in bezug auf die Re- duktion von CugO aus dem mit Wasser entsprechend verdünnten Reagens selbst in Betracht gezogen). Die Nummern der Kulturen entsprechen den im vorigen Kapitel mitgeteilten. Nr. der Gefäße und N-Quellen Alter in Tagen Ernte in Gramm Ohne I Cu in mg nversion Dextrose in mg Nach der Cu mg Inversion Dextrose mg 1. CaCNOg).. 3. Ca(N03), 9. NH4NO, 13. NH4NO3 10. Asparagin 15. NH.NO, 82 84 80 60 62 62 E r b s e n 23,36 64,6 33,1 116,2 69,2 9,43 20,4 11,2 63,9 32,7 18,70 75,7 38,65 270,0 140,0 M a i s Durch Verlust 23,42 183,5 93,8 waren die Be- stimmungen nicht beendet. 30,85 6,4 66,0 33,8 11,50 — 57,5 29,6 Von den mitgeteilten quantitativen Bestimmungen abgesehen, nahm ich mit anderen Substraten auch qualitative Reaktionen vor. Im ganzen habe ich 10 Substrate von verschiedenen Erbsen- und Maisexemplaren geprüft und mit denselben 10 quantitative Be- stimmungen sowie 5 qualitative Ergänzungsuntersuchungen aus- geführt, und zwar stets ohne Ausnahme mit stark positivem Resultat. Nun, sind Zuckerarten nachgewiesen? Ich glaube, daß ein Zweifel darüber nicht bestehen kann. Mögen in den ohne HaSO^ kondensierten Lösungen nicht Zuckerarten die Bildung von GugO hervorgerufen haben, sondern etwas anderes, so fragt es sich doch, weshalb überall nach der Verdampfung mit HgSO^ eine noch stärkere Reduktion zutage tritt. Was könnte außer den Zucker- arten sich dermaßen verhalten? Das ist eins. Zweitens : Wenn ich mit Phenylhydrazin, im Gegensatz zu MAZE, keine deutliche Reaktion, sondern nur wegen augenscheinlich schwacher Lösungen Andeutungen bekam, ergaben Resorzin plus konzentrierte HaSO^ in allen Fällen, wo diese Reaktion angewendet wui'de, sowohl bei Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. 113 Erbsen als auch bei Mais eine ausgezeichnete intensive violettrote Färbung. Diese Reaktion gelingt, wie die Vorversuche ergeben haben, ausgezeichnet sowohl mit Saccharosen als mit Glukosen, kommt aber überhaupt nicht zustande beispielsweise mit Peptonen, die man hätte befürchten können. Schließlich hebe ich den in allen Fällen konstanten deutlichen Parallelismus zwischen der Inten- sität der Reaktion mit Resorzin und den Ergebnissen der quanti- tativen Bestimmungen hervor. Alles weist somit auf das Vorhandensein von Zuckerarten in den Substraten, und zwar sowohl reduzierenden als auch nicht reduzierenden hin. Die außerordentlich hohe Steigeruno- der Re- duktion des Kupfers nach der Inversion spricht dafür, daß in den Ausscheidungen Zuckerarten vom Typus der Saccharosen vor- wiegen. Darin liegt der Gegensatz zu den Angaben von MAZE, der nicht reduzierende Zuckerarten nicht nachweisen konnte. An der Hand der Tabelle kann man nicht bestimmt sagen, welche Pflanze mehr Zuckerarten ausschied. Die erwähnten qualitativen Reaktionen mit FEHLINGscher Lösung und Resorzin sprechen ziem- lich bestimmt dafür, daß die Erbsen in besagter Beziehung die erste Stelle einnehmen. Sowohl aus den quantitativen als auch aus den qualitativen Bestimmungen geht deutlich hervor, daß bei NH4NO3 die Pflanzen mehr Zuckerarten ausscheiden als bei Ernäh- rung derselben mit Ca(N03)2. Der Beschluß, die Substrate auf den Gehalt derselben an organischen Säuren zu untersuchen, kam zuletzt an die Reihe; infolgedessen wurde die vorangehende Vorbereitung (zunächst nur im Interesse der Zuckerbestimmung) nur so nebenbei gehandhabt, so daß einige Säuren (beispielsweise die Oxalsäure) beseitigt sein konnten. Aus einigen Substraten bzw. ihren einzelnen Teilen bereitete ich das Material zur Untersuchung der Säuren auf folgende AVeise vor'): ich fällte mit Bleiessig, wusch den Niederschlag mit verdünntem Alkohol (bis zum Verschwinden der Reaktion auf Pb), zersetzte ihn mittels H2S, filtrierte das PbS ab, ließ das Filtrat verdampfen bis zur Trockne (zur vollständigen Entfernung von H2S) und löste den Rückstand in Wasser. Die qualitativen Reaktionen^) auf Ameisen-, Essigsäure (für letztere war anderes Material da) und Zitronensäure ergaben in 6 Substraten diese Säure nicht. Aber in allen wurde mit absoluter 1) H. Euler, „Grundlagen und Ergebnisse der Pflanzenchemie". 1908, B. I, S. 21—22. 2) Nach EULER und auch nach ABDERHALDEN, „Handbuch der bio- chemischen Arbeitsmethoden". B. II. 9* 114 I^V. SCHüLOW: Sicherheit Apfelsäure konstatiert, ohne daß jedoch die Frage gelöst werden konnte, ob die Apfelsäure in freiem oder gebun- denem Zustande ausgeschieden wurde. Zum Zwecke des Nach- weises der Apfelsäure wurde die vorzügliche Reaktion der Be- duktion von Chlorpalladium beim Kochen verwendet ^^. Eine große Anzahl ^'on Vorversuchen ergab, daß bei längerem Kochen einer mit Wasser verdünnten Lösung das B-eagens per se, sowie auch das mit Saccharosen und Grlukosen vermengte Reagens das Palla- dium auch nicht in minimalsten Quantitäten zur Ausscheidung kommt. Und doch haben die in der beschriebenen Weise vorbe- reiteten Versuchslösungen ergeben: im Falle Erbsen Nr. 1 gute Reaktion nach 6 — 7 Minuten langem Kochen, im Falle Erbsen Nr. U sehr starke und rasche (1 — l'/g M.) Reaktion, im Falle von Mais Nrn. 15 und 13 Reaktionen, die hinsichtlich der Schnelligkeit und Intensität mit den ersten beiden ähnlich sind. Wider Er- warten waren die Reaktionen i eichlich, und man mußte bedauern, daß der größere Teil des Materials für qualitative Proben ver- braucht wurde. Grlücklicherweise waren jedoch noch Bleinieder- schläge von Mais Nr. 10 (vollkommen intakt) und von den Erbsen Nr. 5 (etwas imInteresseandererBestimmungen verbraucht) angegriffen. Diese Niederschläge wurden in der angegebenen Weise bearbeitet und dann zu quantitativen Bestimmungen verwendet (1 g Apfel- säure = 0,294 g Pd). Es wurden bei Berechnung auf das ganze zurückgebliebene Substrat für den Mais Nr. 10 — 80,6 mg und für die Erbsen Nr. 3 — 59,1 mg Apfelsäure nachgewiesen. Letztere Zahl bedarf einer Korrektur: der ihr entsprechende Bleiniederschlag war, wie gesagt, etwas verbraucht. Außerdem gaben die Erbsen Nr. 3, die aus besonderen Gründen aus kleinem Samen gezogen worden waren, eine für das Experiment nicht typische geringe Ernte ; wegen dieser beiden Ursachen mußte die entsprechende Zahl, wenn nicht größer, so jedenfalls nicht kleiner im Vergleich mit dem Resultat für Mais Nr. 10 sein. Jedenfalls liegen nicht genügende Anhaltspunkte vor, um die Frage mit Bestimmtheit lösen zu können, welche Pflanze mehr Apfelsäure ausschied. Sofern man nach den qualitativen Reaktionen im Erbsenfalle urteilen darf, war die Säureausscheidung reichlicher bei NH4NO3 als bei Ca(N03)2; jedoch war diese Tendenz hier weniger deutlich als in bezug auf die Zuckerarten. MAZE hat nur die Ausscheidung von Apfelsäure durch den Mais nachgewiesen. Infolgedessen sind meine Bestimmungen auch 1) Abderhalden, B. II, S. 34. Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. 115 in bezug auf die Säure, und nicht in bezug auf die Zuckerarten allein, derart, daß sie die Angaben MAZEs nicht nur bestätigen, sondern auch ergänzen. Zum Schluß möchte ich folgende drei Thesen aufstellen, die sich aus der soeben skizzierten Arbeit ergeben : 1. An der Hand steriler Kulturen habe ich die Ergebnisse der MAZEschen Experimente bestätigt und ergänzt: a) indem ich bedeutende Ausscheidung von reduzierenden Zuckerarten durch Erbsen und Mais und von Apfel- säure durch Mais konstatierte, bestätige ich MAZli; b) indem ich im Gegensatz zu diesem Autor die Aus- scheidung von nicht reduzierenden Zuckerarten und zwar eine weit reichlichere als von reduzierenden Zuckerarten, sowie die Ausscheidung von Apfelsäure durch Erbsen nachwies, habe ich neue Tatsachen vor- gebracht. 2. Die quantitativen und qualitativen Bestimmungen der nach- gewiesenen Verbindungen ließen nicht mit voller Be- stimmtheit reichlichere Ausscheidungen der Erbsen im Vergleich zu Mais konstatieren; sie haben aber plastisch genug den ungleichen Einfluß der utilisierten Stickstoff- quellen ergeben, und zwar den günstigeren Einfluß (be- sonders in bezug auf die Zuckerarten) des NH4NO., im Ver- gleich zu Oa(N03)2. 3. Die These von STOKLASA, wonach Pflanzen organische Säuren bei normaler, aerober Atmung der Wurzeln, nicht auszuscheiden vermögen, bestätigte sich augenscheinlich nicht: in meinen Kulturen mit täglicher Durchblasung von Luft durch die Substrate konnte man nicht annehmen, daß das Wurzelsystem wenig Sauerstoff zur Verfügung hatte, und trotzdem schied dasselbe organische Säure aus. 3. Erklärung- des lösenden Einflusses von Ammoniumnitrat auf in Wasser unlösliche Phosphate. Die feststehende Tatsache des günstigen Einflusses von NH4NO3 auf die Ausnutzung von schwer löslichen Phosphaten seitens der Pflanzen hat bis jetzt eine ausreichende Erklärung noch nicht gefunden. Diese Tatsache, die in den ersten Jahren unseres Jahrhunderts im Laboratorium von Herrn Prof. D. N. PRIANISCH- NIKOW zum erstenmal beobachtet wurde, wurde dann mehrmals IIQ IW. SCHULOW: wieder beobachtet und bestätigt, und zwar sowohl in demselben Laboratorium, als auch in zahlreichen anderen Laboratorien. Und doch wurden zur Erklärung dieser Tatsache zehn Jahre lang ledig- lich verschiedene Hypothesen vorgebracht. Es ist also klar, daß jeder Versuch, diese Tatsache zu erklären, der Beachtung wert ist. Von diesem Standpunkte ausgehend, glaube ich berechtigt zu sein, meine über die in Rede stehende Frage angestellten Untersuchungen mitzuteilen. Als langjähriger Mitarbeiter des Herrn Prof. PRIANISCHNIKOW habe ich seit der Feststellung der erwähnten Tatsache und dann während der ganzen 10 Jahre mehrere Male Beobachtungen mittels gewöhnlicher Sandkulturen^j angestellt, während ich in den letzten zwei Jahren jene Beobachtungen selbständig wiederholte und ergänzte, und zwar in sterilem Milieu, welches, wie ich fest überzeugt bin, für eine mehr oder minder zuverlässige Lösung der Frage unbedingt erforderlich ist. Unter Entfernung der nitrifizierenden Bakterien, die natürlich für den vorliegenden Fall besonders gefährlich sind, hat Herr Prof. P. S. KOSSOWITSCH die lösende Wirkung des NH4NO3 zum erstenmal bestätigt^). Im Jahre 1911 habe ich mittels vollkommen steriler Kulturen, die von Mikroorganismen vollständig frei waren, einen neuen klaren Beweis für diesen Einfluß des Ammoniumnitrats erbracht''). Früher wurde die Erklärung hierfür auf Grund folgender Hypothesen von D. N. PRIANISOHNIIvOW aufgebaut, welche ich hier zitieren möchte^). ,,1. Salpetersaures Ammonium wird vielleicht zumTeil nitrifiziert (also seine Base in eine starke Säure umgewandelt), was die Auf- lösung von Phosphat auch in dem Falle verursachen kann, wenn dieses Salz physiologisch-alkalische Eigenschaften besitzt. 1) Darüber teilt Prof. PeianisCHNIKOW ia seinem ersten Berichte ,,Über d. Ausnutzung d. Phosphorsäure d. schwerlöslichen Phosphate durch höhere Pflanzen" (diese Berichte, 1900, B. 18, H. 9) mit, sowie eine große Reihe von Berichten seines Laboratoriums über die Resultate der Vegetatious- versuche. 2) P. S. KOSSOWITSCH „über d. gegenseitige Einwirkung (Wechselwir- kung) d. Nährsalze bei d. Aufnahme minerer. Nahrung durch d. Pflanzen" Russ. Journ. f. experim. Landw. 1904, S. 698. 3) Iw. SCHULOW „Sterile Kulturen einer höheren Pflanze. Assi- milation von Ammoniak- und Nitrat-Stickstoff". Russ. Journ. f experim. Landw. 1912. 4) D. N. PEIANISCHNIKOW „Über d. Einfluß von Ammoniumsalzen auf d. Aufnahme von Phosphorsäure bei höheren Pflanzen". Ber. d. Deutsch, botan. Gesell. 19Ö5, B. 23, H. 1. Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. 117 2. Oder als physiologisch-neutrales Salz ist salpetersaures Ammonium, kein Hindernis für die auflösende Einwirkung der Wurzelausscheidungen, zum Unterschied von anderen Stickstoff- Quellen, welche physiologisch-basische Eigenschaften besitzen, wie z. B. NaNOg, zum Teil auch Ca(N03)2. 3. Oder NH4NO3 kann direkte auflösende Wirkung auf ßoh- phosphat ausüben, welche in keinem Zusammenhange mit der Assimilationstätigkeit der Pflanze steht. 4. Oder NH4NO3 besitzt vielleicht gegen alle Erwartungen ph}siologisch-saure Eigenschaften, die gewiß nicht so scharf aus- geprägt sind, wie in dem Falle von (NH4)2S04, oder wenigstens 5. Besitzt dieses Salz keine beständige physiologische Charakte- ristik und könnte als physiologisch-amphoter bezeichnet werden, in dem Sinne, daß je nach den verschiedenen Bedingungen die Pflanze entweder vorzugsweise die Säure oder vorzugsweise die Base oder auch beide gleichzeitig verbrauchen kann," Indem er diese Hypothesen vorbringt, erörtert D. N. PRIA- NISCHNIKOW jede derselben für sicli, wobei er die Mehrzahl der- selben verwirft, und zwar auf Grund der bis zum Jahre 1905 auf- gefundenen Tatsachen, unter denen sich auch einige befinden, die von mir entdeckt sind'). Auf diese Weise wurden unverzüglich die Punkte 1, 2 und 3 verworfen. Die Gründe hierfür möchte ich nicht wiederholen und nur die Argumente des Autors durch die von mir gemachten neue Beobachtungen ergänzen bzw. erhärten, die späteren Datums sind und infolgedessen in dem zitierten Aufsatz nicht verwertet werden konnten. Gerade in bezug auf den Punkt 1 möchte ich hinzufügen, daß trotz der vollen Möglichkeit einer Nitrifikation in gewöhnlichen Sandkulturen (wie ich im Jahre 1911 sicher nachgewiesen habe^)) in sterilen Kulturen nichtsdesto- weniger der Einfluß von NH4NO3 in voller Kraft erhalten bleibt, wie dies aus der bereits erwähnten und in dem zitierten Aufsatz aufgenommenen Arbeit von KOSSOWITSCH, sowie aus meiner im zitierten Aufsatz nicht verwerteten Arbeit vom Jahre 1911 hervor- geht. Die Hypothesen 4 und 5 mußten auf entsprechendes Tat- sachenmaterial warten. Und selbstverständlich war es in erster Linie erwünscht, sich mit dem Studium dieser Hypothesen an der 1) Iw. SCHULOW „Die auflösende Wirkung d. Ammoniaksalzen auf d Phosphorit" — Annal. d. Landw. Inst. Moskau, B. VIII; oder „Zur Frage über d. Löslichwerden d. Phosphorite unter d. Einfluß physiologisch-saurer Salze" — Russ. Journ. f. experim. Landw. 1902. 2) IVV. SCHULOW „Die Anwesenheit von nitrifizierenden Bakterien in gewöhnlichen Sandkulturen" Russ. Journ. f. experim. Landw. 1912. 118 IW. SCHULOW ; Hand steriler Kulturen zu befassen. Meine sterilen Wasserkulturen von IV2 Monate altem Mais aus dem Jahre 1911 haben diese Hypothesen jedoch nicht bestätigt. Die Analyse der von den Pflanzen zurückgebliebenen Lösungen ergab stabile physiologische Neutralität oder eher sogar schwache physiologische Alkalinität des NH4NO,, derselben. Es war also klar, daß die Versuchsbe- dingungen noch mehr variiert werden mußten. In erster Linie war es für mich von Interesse, in Erfahrung zu bringen, ob sich nicht im Charakter der Ausnutzung des NH^NO.j seitens der Pflanzen in den verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung ein Unterschied ergeben wird. Diese Variation wurde in diejenigen sterilen Mais- und Erbsenkulturen eingeschaltet, von denen in den Spalten dieser Zeitschrift in den beiden vorigen Kapiteln die Rede war. Die Hypothese in bezug auf den Einfluß des Alters der Pflanze hat sich als gerechtfertigt erwiesen. Hier die Resultate der Analyse der Lösungen, die nach Pflanzen verschiedenen Alters zurückgeblieben sind'). Nr Quellen von P2O5 Alter in Tagen Stickstoffzufuhr 2) Ammo- niak-N Nitrat- N Stickstoffrest in d. Substraten mg Amrao- niak-N Nitrat- N Stickstoff verbrauch Aramo- niak-N Nitrat- 12 15 14 8 9 KH.,P04 34 OaHPO,! 45 KH.PO^ 4 h KH.PO4 f.2 KHoPO^ 68 KH.PO^ I 34 KH^PO^ 80 Mais 252,7 245,9 164,1 210,7 SS.ß 35,2 » )) 167,2 167,3 S5.5 8H.(> »> " w 27,7 16,9 225,0 230.0 337,0 827,8 186,8 172,1 150.2 155,7 H E r b 249,6 s e n 186,1 87,4 141.7 262,7 245,9 243,8 245,9 8.9 0 » » 49,7 2,5 203,0 243.4 Ich glaube, die Bedeutung der vorgebrachten Daten nicht zu übertreiben, wenn ich sage, daß die Pflanzen je nach ihrem Alter in größerem Maße bald das Ammonium-N, bald das Nitrat-N kon- 1) Die numerierten Kulturen beziehen sich auf die Experimente aus dem Jahre 1912. Ihre Nummern entsprechen denjenigen in den vorigen Kapiteln. Die zwei mit Nummern nicht versehenen Kulturen rühren aus den Experimenten vom Jahre 1911 her. 2) Inder Rubrik „Stickstoffzufuhr" sind die Daten für NH4NO3 angegeben, welches genau so sterilisiert wurde wie die Dosen desselben Salzes für die Kulturen. Das Ammonium-N wurde mittels Abdampfung mit Alkali bestimmt; das Nitrat-N mittels gleicher Abdampfung nach vorangegangener Reduktion der Nitrate durch Pe+Zn in alkalischer Lösung in der Kälte. Sämtliche Zahlen sind Durchschnittszahlen aus paarigen nahen Zahlen. Sämtliche Kulturen sind absolut steril. Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. 119 siimierten, wodurch sicli die physiologische Reaktion des NH4NO entsprechend änderte. Am Mais ist dies vollkommen klar: die junge Pflanze konsumierte bedeutend mehr Ammonium-N, und folglich war bei diesem Entwicklungsstadium der Pflanze das NH4NO3 bestimmt physiologisch sauer. Im weiteren Verlauf glich sich der Konsum der beiden Stickstoff arten aus, und das XH^NO., war physiologisch neutral. Schließlich begann die noch reifere Pflanze den Vorzug in hohem Maße dem Nitrat-N zu geben, wo- durch das NH4NO3 physiologisch alkalisch wurde. An den Erbsen bietet sich ein so vollständiges Bild nicht dar, und zwar, weil Kulturen mit Ammoniumnitrat fehlten und obendrein das Gefäß mit der jüngeren Pflanze vorzeitig geerntet werden mußte, weil die Pflanze zufällig verbrannt wurde. Die Pflanze wurde aber, wie es sich ergab, immerhin nicht zu früh geerntet: sie hatte noch Zeit gehabt, 8,9 mg Stickstoff zu absorbieren, und dieser Stickstoff war der Ammoniumstickstoff, während das NH4NO3 wie in den Fällen mit jungem Mais physiologisch sauer war. Reife Erbsen zeichnen sich, dem reifen Mais gleich, wegen größeren Konsums an Nitratstickstoff durch physiologische Alkalinität des NH^NO., aus. Ich glaube, daß beide Hypothesen von D. N. PRIANISCHNIKOW, nämlich die 4. und 5., eine faktische Bestätigung erfahren haben: das NH^NO, kann physiologisch sauer sein (bei meinen Unter- suchungen im frühen Entwicklungsstadium der Pflanze); es kann auch seine physiologische Reaktion je nach den verschiedenen Be- dingungen ändern (bei meinen Experimenten je nach dem Alter der von ihm sich ernährenden Pflanze). Es ist klar, daß, wenn im Substrat irgendein schwer lösliches Phosphat enthalten ist, auf dasselbe diejenige Säure lösend wirken muß, welche bei über- wiegender Ammoniakabsorption aus dem NH^NO., frei wird und in das Substrat gelangt. Allerdings hat die Titrierung in den erör- terten Fällen (bei jungen Pflanzen) die Neutralität der zurückge- bliebenen Lösungen ergeben. Das beeinträchtigt jedoch die Sicherheit der ph^'siologischen Azidität des NH4NO3 natürlich nicht. Jetzt ist dank den energischen Untersuchungen des Kon- sums an Basen und Säuren aus verschiedenen Salzen seitens der Pflanzen bekannt, daß junge Pflanzen in bezug auf viele derselben sich direkt entgegengesetzt verhalten; sie konsumieren in größerem Maße Säure ^). Augenscheinlich können die frei werdenden Basen 1) Z. B. E. Pantanelli e M. Sp^LLA „Assorbimento elettivo di ioni nelie radici"' Rendiconti della R. Accademia dei Lincei, 1909. J. G. Maschhaupt ,,Reactieverandering van den Bodem ten gevolge van plantergroci eu bemesting" (mit deutsch. Resume), 1911. 120 I^V. SCHULOW: die Säuren neutralisieren, welche von den anders konsumierten anderen Salzen, darunter auch vom Ammoniumnitrat, zurückbleiben (genau so wie beispielsweise die Basen des Phosphorits die Salpeter- säure gebunden hätten, die vom NH^NO., frei wird). In Ergänzung zu dem im Vorstehenden G-esagten, welches sich aus den mitgeteilten analytischen Befunden ergibt, möchte ich folgendes hinzufügen. Indem ich die organischen Wurzelaus- scheidungen in denselben sterilen Mais- und Erbsenkulturen unter- suchte, bemerkte ich eine gewisse Tendenz zur bedeutenderen Aus- scheidung von Apfelsäure bei NH^NO., im Vergleich zu Ca(N0.5).^, desgleichen vielleicht sogar eine etwas bestimmtere Tendenz im Sinne einer reichlicheren Ausscheidung von Zuckerarten bei der- selben Stickstoff quelle 1). Man erhält gleichsam einen Hinweis auf die Möglichkeit einer neuen ergänzenden Erklärung des in Rede stehenden Einflusses des NH^XO., (der Hinweis erheischt natürlich weitere Bestätigungen). Die Säure oder die Säuren steigern, indem sie sich bei dieser Stickstoffqueile in größeren Quantitäten ausscheiden, zugleich den Einfluß der ursprünglichen physiologischen Azidität derselben. Dieser Einfluß der größeren Säureausscheidung kann natürlich in gleicher Weise sowohl in sterilen als auch in nicht sterilen Kul- turen von Bedeutung sein. Eine reichlichere Ausscheidung von Zuckerarten kann im Gregenteil ihren günstigen Einfluß in besagter Richtung nur in nicht sterilen künstlichen oder natürlichen Kul- turen zur Geltung bringen. Wir wissen, wie energisch die ver- schiedenen Mikrc Organismen an der Umwandlung der im Wasser unlöslichen minei'alischen Phosphate in wasserlösliche beteiligt sind. Es genügt, auf die Arbeiten von STOKLASA •'), GRACIA und CERZA''), SACKETT^), KRÖBER*), PEROTTI") hinzuweisen. Aus den Arbeiten von PEROTTI und der späteren Arbeit von StOIvLASA ') wissen 1) Siehe meinen vorigen Artikel über organische Wurzelausscheidungen. 2) J. StOKLASA „Über d. Einfluß d. Bact. auf d. Knochenzersetzung'- Centralbl. f. Bacter. 1900, B. 6, Abt. II und Zeitschr. f. Biochemie 1902, H. 7-8 8) GßAClA und Oerza — Bied. Oentr. 1908, H. 2. 4) Sackett, Patten, Brown — Oentr. f. Bacteriologie 1908, B. 20, Abt. II. B) E. KröBER .,Ü. d. Löslichwerden d. Phosphorsäure aus wasserun- löslichen Verbindungen unter d. Einwirkung v. Bacterien und Hefeu", Journ. f Landw. 1909, B. 57. 6) Perotti ,,Über d. biochemischen Kreislauf d. Phosphorsäure im Ackerboden", Centr. f. Bacteriologie 1910, B. 25, Abt. II. 7) StOKLASA „Biochem. Kreislauf d. Phosphat-Ions im Boden", Oentr. f. Bact. 1911, B. 29, Abt. IL Versuche mit sterilen Kulturen höherer Pflanzen. ^21 Avir bestimmt, wie stark die tangierte Tätigkeit der Mikroorganismen zunimmt, wenn im Nährsubstrat verschiedene Kohlenhydrate und speziell Zuckerarten enthalten sind. Aus all diesem dürfen wir die Folgerung ziehen, daß die reichlichere Ausscheidung von Zuckerarten durch die Wurzeln bei NH^NOj in bedeutendem Grade die Erklärung des günstigen Einflusses dieser Stickstoffquelle auf die Verwertung der schwer löslichen Phosphate, beispielsweise der Phosphorite seitens der Pflanzen ergänzt. Somit haben meine sterilen Kulturen in den Fragen der Natur der Verwertung des NH^NO,, und des Einflusses auf die organischen Wurzelausscheidungen, dann an der Hand des einen sowohl wie des anderen in der Frage der Erklärung des günstigen Einflusses des NH^NOj auf die Assimilation schwer löslicher Phos- phate durch höhere Pflanzen folgendes ergeben: 1. Junge Pflanzen konsumieren aus NH^N03 den Ammonium- stickstoff in höherem Grade; in mittleren Entwicklungsstadien konsumieren die Pflanzen sowohl den Ammoniak- wie den Nitrat- stickstoff mehr oder minder gleichmäßig, noch später den Nitrat- stickstoff in größerem Maße. Dementsprechend wird das NH4NO3, welches bei den ersten Entwicklungsstadien eine physiologisch saure Stickstoffquelle war, nach und nach physiologisch neutral und noch später physiologisch alkalisch. 2. Die festgestellte ursprüngliche physiologische Azidität des NH4NO3 spielt ohne Zweifel eine wesentliche Rolle in der Lösung und in der Verwertung der in Wasser unlöslichen Phosphate seitens höherer Pflanzen. 3. Die bei NH_jN03 wahrgenommene bedeutendere Ausschei- dung von organischer Säure durch die Wurzeln und die mit größerer Bestimmtheit konstatierte reichlichere Ausscheidung von Zuckerarten, also diese beiden Umstände darf man gleichfalls (wenn auch vorläufig nur in Form einer sehr wahrscheinlichen Hypothese) zur Erklärung des lösenden Einflusses des NH^NO., auf die schwer löslichen mineralischen Phosphate heranziehen. 122 Ärpäd PAÄL: 17. Arpäd Paäl: Temperatur und Variabilität in der geotropischen Real> 1. Kultur 2. >> 5 5 cc (3 Wochen alte Kultur) 5 cc 5 „ 3,8 cc 3,9 5, 3,8 >» 4,0 ?> Gleichalte Kulturen auf Nährlösung mit NH^NO., oder KNO^ reagierten mit Congo oder Methylorange überhaupt nicht, verlangen auf Grund ihres Gehaltes an absättigbaren Salzen aber einen gewissen Laugenverbrauch. Es ist von Interesse, daß dieser gerade bei der alten KN03-Nährlösung ein außerordentlich hoher sein kann: Nährlösung Verbrauchte Vio N.-N.-Lauge (Phenolphtalein) mit KNO3 als N-Quelle 5 cc 5 j» 5 cc 5 J> 10,6 cc; 9,2 cc 114 • 10 '^ mit NH^NOj als N-Quelle 1,4 cc 1,4 „ 1) Phenolphtalein als Indicator hat den Vorteil, daß wenigstens das Auftreten der roten Färbung ziemlich genau und gut zu bestimmen ist (Alka- lischwerden), mit ihm ist aber gleich wie mit Lackmus nur die Summe von Säure plus alkalibinden den Salzen bez. Substanzen zu bestimmen, was für Vergleichszwecke von Wert sein kann. Über Vorhandensein freier Säure gibt es keine Auskunft, diese ist in solchen Gemengen überhaupt nur annähernd bestimmbar, da die Farbenumschläge von Congo (blau in rot bez. rot in blau = Farbe der freien Congosäure), Methylorange (gelb in rot) u. a. kaum ge- nügend scharf sind, selbst wo diese Substanzen noch Bruchteile von Prozenten anzeigen. Subjektives Ermessen spielt also mit. Dem Congorot gebe ich auf Grund einiger bezüglicher Versuche (s. Chem.-Ztg. 1913, Nr. 4, S. 37) hier den Vorzug, wenn auch in gewissen Fällen das von RiTTER (1. c. s. unten) be- nutzte Methylorange ganz brauchbar sein mag. Auch bei Congo geht die Farbe aus blau über grauviolett in rot über, was die Genauigkeit der Zahlen •beeinträchtigt; diese schwanken also etwas. Alle Titrieruogen fanden nach Erwärmen auf den Siedepunkt statt, Absättigen der freien Säure sehe ich bei Violettwerden des Congo. — Als Indicator ist Congorot verhältnismäßig wenig bekannt (cf. E. KÜSTER, Kultur der Mikroorganismen, 2. Aufl. 1913, S. 83). 214 C. Wehmer: Die vom Pilz verbrauchte Nährlösung mit Salpeter war also (mit Phenolphtalein titriert) ungefähr dreimal so „sauer" als die mit Ammonsulfat, trotzdem diese freie Schwefelsäure, jene aber überhaupt keine Säure in freiem Zustande enthält. Offenbar kommt in jener (neben dem Monokaliumphosphat) saures Kaliumsalz einer organischen Säure in Frage, entstanden aus dem Salpeter nach Konsum oder Zersetzung seiner Säure; die ursprüngliche Nähr- lösung (vor Pilzaussaat) verbrauchte nur rund 1 cc '/lo N- ^' ^^ einem der obigen Versuche (50 cc) berechnete sich der Totalgehalt an Schwefelsäure als Salz auf 0,2015 g (0,333 g Ammonsulfat); da rund 0,1 g an freier Säure vorhanden war, wurde also unge- fähr die Hälfte des Ammonsalzes zersetzt. Nur die Assimilation des Ammoniaks im Ammonsulfat liefert die schädigende Substanz. Die Erscheinung ist schon des- halb von Interesse, w^eil sie die große Empfindlichkeit dieses Pilzes gegenüber jener Säure dokumentiert, andere Species verhalten sich bekanntlich keineswegs stets ebenso. So hat z. B. Aspergillus niger ganz die gleiche Wirkung auf eben dieselbe Nährflüssigkeit mit Ammonsulfat, er säuert sie unter intensiver Bläuung von Congo alsbald an, wird dadurch aber — wie ich nochmals durch Parallel- versuche feststellte — nicht nennenswert in seiner Entwicklung (abgesehen von spärlicherer Konidienbildung) beeinflußt, sondern bildet üppige vollständige Decken ohne jede Absterbeerscheinung. Unter solchen Bedingungen wird durch den wachsenden Pilz, wie ich früher zeigte, keine Oxalsäure — an die man zunächst denken könnte — erzeugt. An sich geringfügige Einzelheiten in der Nährlösungszusammen- setzung müssen auf den Vorgang natürlich von Bedeutung sein, schon das gegenseitige Mengenverhältnis der Bestandteile kann Einfluß haben. Eine klare Sachlage ergibt sich bei Darbietung nur der notwendigsten Stoffe: 1. Stickstoff-Verbindung (KNO3 oder (NH4)2S04, NH^Cl, NH4NO3, Asparagin usw.) 1 Teil 2. Kaliumphosphat (KH2PO4) 0,5 ,, 3. Magnesiumsulfat (MgSO^, 7 H2O) 0,25 „ Auf 100 cc Nährlösung wurden bei 3—10 pCt. Rohrzucker meist rund 0,7 pCt. dieses Nährsalzgemisches gegeben. Nach Steri- lisieren unter Wattepfropf Impfung mittelst Platinöse. Wachstums- temperatur 20 Grad. Selbstvergiftung in Penicillium-Kulturen als Folge usw. 215 Diese Lösung rötet blaues Lakmus, ist aber auf Congorot ohne Wirkung. Freie Säure kann sich in ihr unter Wirkung eines (nicht organische Säuren erzeugenden) Pilzes nur bei Konsum be- stimmter Stickstoff-Verbindungen ansammeln. Solches Verhalten einer Pilzart wird man innerhalb einer Abb. 3. Conidienträ'ger, von einer Decke auf Zuckerlösung in Wasser präpariert, Vergr. ca. 1000, (Photographie mit geringfügigen Handkorrekturen des Abzuges.) schwierigen Gruppe, wie es die Penicillien sind, voraussichtlich zu ihrer Charakterisierung und Unterscheidung mit verwenden können, meine bisherigen Versuche sind bislang alle gleichsinnig ausgefallen. Vorliegende Species habe ich nach ihren morphologischen Merk- malen (Fig. 3) ohne nennenswerten Erfolg mit den"' bereits be- 216 C. WEHMER: schriebenen verglichen, in der Erzeugung eines eigenartigen gelb- roten Pigments — das durch eine Spur Alkali entfärbt, durch Ansäuern aber regeneriert wird — besitzt sie aber ein weiteres physiologisches Kennzeichen'). Es ist derselbe Pilz, dessen Coremien- bildungsbedmgungen kürzlich von MUNK^) näher verfolgt sind, anscheinend ist er sehr verbreitet, so fand ich z. B. große Flächen einer Zimmertapete mit seinen grünen Anflügen bedeckt; auf Grund der veränderlichen Farbe seiner Deckenunterseite ist er vorläufig als PemciUiiim variabile bezeichnet. Ver- suchs- Nr. 1. KNO3 als N-Quelle 2. (NH4)2SO, als N-Quelle Pilzvegetation Nähr- lösung Pilzvegetation Nähr- lösung Penicilli- um variabile nach 7 Tagen 1 2 3 4 5 grüne weiß > umrandete Polster farblos neutraP) gelbliche verkrümmte Polster gelb sauer*) 14 Tagen 1 2 8 4 5 volle grüne Decken farblos neutral wie vorher gelbliche Polster ohne merklichen Fortschritt hellbraun sauer 30 Tagen ] 2 3 4 6 volle Decken mit üppiger Konilien- bildung gelblich neutral gelbl. Polster mit brauner Unterseite, z. T, untersinkend und abgestorben braun sauer Asper- gillus niger nach 7 Tagen 1 2 volle braun- schwarze Decke farblos neutral weiße volle üppige Decke (Konidien spär- lich) farblos sauer 30 Tagen 1 2 i ebenso gelblich neutral ebenso (üppig und gesund) Konidien spärlich farblos sauer Bemerkenswert im vorliegenden Falle scheint mir nicht bloß die Empfindlichkeit dieses Penicillium speziell gegen Schwefelsäure 1) Diese Merkmale des Pilzes habe ich schon an anderer Stelle be- schrieben (Mycolog. Centralbl. 1913, 2., 197—198); die damals verunglückte Reproduktion eines stärker vergrößerten Konidienträgers gebe ich hier (Fig. 3.) 2) Bedingungen der Coremienbildung bei Penicillium (Mjcolog. Centralblatt 1912, 1., Heft 12, S. 387. 3) , sauer" heißt: enthält freie Säure (Bestimmung mit Congo), neutral: ohne solche. Selbstvergiftung in Penicillium-Kulturen als Folge usw. 217 (Anion), mehr noch die Tatsache, daß es trotzdem zu einer reich- lichen Ansammlung derselben kommt, der Pilz also seine Tätigkeit ungestört bis zur Selbstvernichtung fortsetzt. Tatsächlich vegetiert er nicht etwa in kümmerlicher Weise später noch weiter, sondern es sinken — wie schon hervorgehoben — die sich braun ver- färbenden^) vorher flott herangewachsenen Mycelpolster alsbald unter die Flüssigkeitsoberflächo, der größere Teil liegt schon nach ca. 8 — 10 Wochen abgestorben am Boden des Kolbens. (S Abb. 1 u. 2.) Dem Absterben geht vielfach starke Anschwellung der Hyphenzellen voraus (ßiesenzellenbildung). Mit anderen Vorgängen, wo Stoffwechseltätigkeit oder enzy- matische Wirkungen zu einer Selbstschädigung führen (Alkohol-, Milchsäure-, Essiggärung u. a.) hat der Vorgang immerhin eine gewisse Ähnlichkeit, bei diesen wird aber organisches Material ab- gebaut, gewöhnlich hemmt der Piozeß sich selbst alsbald; in unserem Falle wird die als solche fertig vorhandene schädliche Substanz durch Verarbeitung eines anorganischen Nährstoffs (Am- moniak) disponibel, sein Umsatz geht trotz wachsender Anhäufung jener zunächst ungestört weiter, es wird so ein biochemischer Prozeß von fundamentaler Bedeutung (Eiweißbildung) trotz sonst normaler Bedingungen und bei gutem Nährmaterial — das sind Ammoniaksalze im allgemeinen, neben Zucker, für diesen Pilz — verhängnisvoll, weil das sich ergebende Nebenprodukt nicht durch Neutralisation beseitigt werden kann. „Zweckmäßiger" wäre es zweifelsohne, w^enn der Pilz die Sulfatverarbeitung nicht in diesem Umfange so intensiv durchführte, vielmehr in solchem Falle in be- scheidenen Grenzen hielte, d. h. das entstehende Produkt den Prozeß der Bildung beizeiten hemmte. Neutralisation der frei werdenden Säure verhindert natürlich die nachteilige Wirkung, bei Kalkgegenwart (Kreide) ist auch für dies PeniciUium Ammonsulfat ebenso gut wie andere Ammoniak- salze; also nur wo für Abstumpfung der Säure gesorgt ist, gedeiht es auf Böden mit dieser Stickstoffquelle. Ob der Pilz bei gleich- zeitiger Darbietung mehrerer Ammoniaksalze das „zweckmäßigere" auswählt, steht noch dahin, sicher scheint es mir nicht. 1) Solche Braunfärbung von Pilz und Lösung findet man auf anderen Nährflüssigkeiten nur in roonatealten im Absterben begriffenen Kulturen; hier ist die Lösung intensiv braun gefärbt (Ammonnitrat-Nährlösung), bei obigen Versuchen tritt die dunkle Färbung nur in dickeren Schichten deut- lich hervor. 21^8 0. WEHMER: Die Tatsache der Ansäuerung von Pilzkulturen bei Darbietung von Ammoniaksalzen anorganischer Säuren i) in ihrem Einfluß auf das Wachstum von Pilzen, ist erst in neuerer Zeit gebührend ge- würdigt. Das Erntegewicht hängt von der Art der Säure und der wechselnden Empfindlichkeit der einzelnen Spezies gegen dieselbe ab, das ist entscheidend über den Nährwert der verschiedenen Ammoniaksalze 2). Solche Bestimmungen liegen von BUTKEWITSCH, NlKITINSKl, Czapek und neuerdings besonders von BRENNER und Kitter vor^). In dem schlechten Wachstum meines Penicilliums auf der schwefelsauer werdenden Kulturflüssigkeit, das es mit manchen anderen Arten teilt, liegt also nach dieser Richtung prinzipiell nichts Neues. Es zeigt der vorliegende Fall aber, daß die Sache durchaus nicht so harmlos ist, nicht bloße Ent- wicklungshemmung durch die wachsende Acidität ist die Folge, sondern ein tatsächliches Absterben; die gleiche Annahme liegt dann für manche andere Fälle nahe, wo empfindliche Pilze auf Nährlösungen mit Ammonsulfat u. a. als Stickstoff quelle nur geringfügige Ernten gaben. Wenn in der Literatur auch von Schädigung und ,, Giftwirkung" der Säuren gesprochen wird, so ist das Maß derselben, soweit ich sehe, doch für keinen Fall durch 1) Laurent (1. c.) verglich bei dem verschiedenartigen Erfolg mit Ammoniaksalzen und Nitraten das Ammoniak mit der Salpetersäure, daß aber der Konsum des Ammoniaks notwendig freie Säure schaffen maß, be- tonte ich bereits bei Verfolg der Oxalsäurebildung in As])ergiUus-niger-'K\x\t\]LrQn (Botan. Ztg. 1891, 49, 338—339). 2) Vgl. z. B. JOST, Vorlesungen über Pflanzenph jsiologie 2. Aufl., 1908, S. 208; W. BeneCKE in LafaRs Handb. d. Techn. Mycologie. Bd. 1, 1907, S. 403 3) G. E. Ritter, Ammoniak und Nitrate als Stickstoff quelle für Schimmelpilze. Ber. d. D. Botan. Gesellschaft 1911, 29, 670—577; 1909, 27, 682—688. — Derselbe, Die giftige und formative Wirkung der Säuren auf die Mucoraceen und ihre Beziehung zur Mucor- hefebildung. Jahrb. Wissensch. Botan. 1913, 351—403. — V7. Brenner, Untersuchungen über die Stickstoffernährung des Aspergillus niger und deren Verwertung. Vorl. Mitt. Ber. Deutsch. Botan. Ges. 1911, 29, 479-483. — E. Laurent, Annal. Instit PasteüR 1888, 2, 593; 1889, 3, 362. — BUTKEWITSCH, Jahrb. Wissensch. Botan. 1902, 38, 212; Biochem. Zeitschr. 1901, 10, 439. — NlKiTiNSKY, Jahrb. Wissensch. Botan. 1904, 40, 12. — Raciboeski, Über die Assimilation der Stickstoff Verbindungen durch Pilze, Bull. Acad. Sc. Cracovie, Gl. Sc. Math, et Nat. 1900, 747; Flora 1896, 82, 107. — OOHN und CZAPEK, Beitr. z. Ohem. Physiol u. Path. 1906, 8, 302. — Man vgl. auch unten sowie CZAPEK, Biochemie der Pflanzen II. 1906, S. 106. Selbstvergiftung in Penicillium-Kultviren als Folge usw. 219 • besondere Prüfung des gewachsenen Mycels festgestellt. Mehrfach ist allerdings die schädliche Wirkung von Säuren auf die Sporen untersucht'), es ist auch von RITTER (I.e. 1909 S. 585) gezeigt, daß bei Salmiak als Stickstoffnahrung eine über die Sporenkeimungs- grenze hinausgehende Ansammlung von Salzsäure stattfinden kann. Im allgemeinen scheint man aber der Ansicht, daß die Acidität ein für den vegetativen Teil der Pilze noch erträgliches Maximum nicht überschreitet*), gegenteilige Angaben finde ich in der Literatur jedenfalls nicht, sehe auch den Fall nirgends erörtert. Für jeden Einzelfall hängt die Wirkung natürlich von der Art der Säure wie der des Pilzes ab. Es gilt das aber in gleicher Weise für organische Säuren, soweit sie ausgesprochen pilzschäd- lich sind, also auch für die niederen Glieder der Fettsäurereihe (Ameisen-, Essig-, Butter-, Valerian-Säure u. a.), welche als direkte „Pilzgifte" die Mineralsäuren darin oft an Schädlichkeit übertreffen'). Von anorganischen Säuren ist Phosphorsäure meist am harmlosesten, in Frage kommen da hauptsächlich HCl, HNO3, be- sonders aber H^S04, systematisch einander ganz nahe verwandte Pilze können sich aber völlig verschieden verhalten, Beispiel dafür sind Aspergillus glaucus und A. niger. Ersterer lieferte bei Ammon- sulfat als Stickstoffquelle (nach ßlTTER^)) nur 14—18 mg Ernte, 1) So von Clark, Stevens, Beauverie, Bessey, Kiesel u. a., bei Ritter 1. c. (1913) S. 353 zitiert. 2) Auf die Annahme einer Regulierung durch den wachsenden Pilz deutet auch eine Bemerkung RiTTERs (1. c. 1913 S. 360, Anm.), derzufolge die Menge der freiwerdenden Säure desto größer ist, je „schwächer" (un- giftiger) die Säure und je widerstandsfähiger der Pilz ist. Das scheint für meinen Fall also nicht zuzutreffen. 3) Ihre Ammoniaksalze sind für viele Pilze wohl deshalb überhaupt keine oder doch sehr schlechte N-Qaellen, in Bruchteilen von Prozenten wirken diese Säuren bereits vegetationshemmend. (Vgl. meine Angaben in Zeitschr. f. Spiritusind. 1901 Nr. 14—16 und Chem.-Ztg. 1901, 25, Nr. 5.) Keineswegs möchte ich mit Czapek ihre Unbrauchbarkeit mit dem geringen Dissociations- vermögen in Verbindung bringen. CZAPEK, Untersuchungen über Stick- stoffgewinnung und Eiweißbildung der Schimmelpilze (Beitr. z. Chem. Phys. u. Path. 1912, 2, 581); auch Zur Kenntnis der Stickstoff- versorgung und Eiweißbildung bei Aspergillus niger (Ber. D. Botan. Ges. 1901, 19, Generalvers.-H. I, [137]). Vgl. auch W. Pfeffer (Pflanzen- physiologie, 2. Aufl , Bd. 2, S. 351), wo sich die angegebene geringere Giftigkeit von Essig- und Propionsäure gegenüber der Salz-, Schwefel- und Salpetersäure aber wohl nicht speziell auf Pilze beziehen soll. 4) 1. c. (1909) 586. 220 C. Wehmee: bei Ammonphosphat 270— 272 mg, bei Ammonnitrat aber 340 bis 360 mg, ähnlich übrigens Mucor racemosus; dagegen erzeugt Ä. niger, wie ich schon früher feststellte ') und auch von anderen*) Seiten bestätigt wurde, gerade auf Ammonsulfat und -chlorid die höchsten Ernten^), wobei allerdings der Minderertrag auf NH4NO3 durch Erhöhung der Wachstemperatur (Optimum) oder Zusatz einer Spur von Eisensalzen fast ausgeglichen werden konnte^). Bei diesem Pilz äußert sich der Einfluß der sich an- sammelnden H2SO4 lediglich in E-ichtung einer spärlicheren Conidien- bildung, die Decken neigen zum Sterilbleiben. Das ist die Wirkung freier Säuren auf Pilze überhaupt. Daß Phanerogamen sich aus gleichem Grunde gegen Dün- gung mit Ammonsulfat usw. verschieden verhalten, liegt nur nahe, bei Verarbeitung von Nitraten dagegen wird die Basis durch Oxalsäure abgesättigt. Gelöste Oxalate können von Pilzen unter Umständen zwar zu Carbonaten oxydiert werden*). — Praktisch entgeht man derartigen Schwierigkeiten bei der Kultur — wenn nicht natürliche Gemische wie Würze u. a. vor- gezogen werden — natürlich am leichtesten durch Zugabe des Stickstoffs in organischer Form, zumal als Amidokörper oder Pep- ton; daß aber auch bei Verwendung anorganischer Stickstoff Ver- bindung der spezielle Ausgang noch von Menge und Art der über- haupt vorhandenen Salze abhängen muß, ist nur selbstverständlich. 1) Entstehung der Oxalsäure im Stoffwechsel einiger Pilze. Botan. Ztg. 1891, 49, 471, Tab. II, auch Note 5. 2) Laurent, Butkewitsch, Nikitinsky, Brenner 1. c. 3) Czapek, welcher die Dissociationsverhältnisse betont, läßt Ol schäd- licher wirken als SO4, übrigens A. niger besser mit KNO3 als mit (NH4)2S04 wachsen (1. c. 105) Salmiak als N-Quelle ergab ihm kein Wachstum, bei Ammonsulfat war die Ernte dürftig (1. c. 1902, S. 681); das kann sicher nur in irgendwelchen schwer aufklärbaren Zufälligkeiten seinen Grund haben'. Ebenso stellt Brenner (1. c. S. 481) unter den NHs-Salzen anorganischer Säuren für Ä. niger Sulfat und Chlorid hinsichtlich der Brauchbarkeit obenan. Für Cyanophyceen ist aber das Sulfat giftiger als das Chlorid, zwischen beiden steht das Nitrat. BORESCH, Jahrb. f. Wissensch. Botanik 1913, 185. 4) Ber. D. Botan. Ges. 1891, 9, Heft 6, 168 (Tabelle). — Bedeutung von Eisenverbindungen für Pilze. (Beiträge z. Kenntnis einheim. Pil/.e II, 1895, 166.) 6) 1. c. Bot. Ztg. 1891, 327. — Zersetzung der Oxalsäure durch. Licht- und Stoff Wechselwirkung. (Ber. Botan. Ges. 1891, 9, Heft 7, 218—220.) Selbstvergiftung in Penicillium-Kulturen als Folge usw. 221 Man wird deshalb auch schwer einen näheren P]inblick in die inneren Umsatzmöglichkeiten und dementsprechende Wirkungsart von Nährlösungen gewinnen, die neben Ammoniumnitrat, -phosphat, -sulfat noch Kaliumcarbonat, Magnesiumcarbonat und überdies freie Weinsäure enthalten (ÜAULINsche Nährlösung) oder die das gegenseitige Mengenverhältnis der drei wesentlichen Salze in be- liebiger Weise nach Gutdünken verschieben, beispielsweise auf 1 Teil der Stickstoffverbindung sogar 2 Teile Kaliumphosphat oder 1 Teil Magnesiumsulfat bieten usw. Die Frage der günstigsten Ernährangsbedingungen ist auch für Pilze nicht gleichgültig. Da der Stickstoff mit rund 15 pOt. an der Eiweißzusammensetzung teilnimmt, die meist nur wenige Prozent (3—5 pCt.)') ausmachende Asche zu mindestens 74 ^^s Kaliumphosphat besteht, darf auch das Magnesiumsulfat in der Mineralsalzzusammensetzung stark zu- rücktreten, natürlich nicht minder Kaliumphosphat gegen das Stick- stoffsalz. Kalksalze sind natürlich überflüssig 2). Man kommt also zu einem Verhältnis etwa von 4 : 2 : 1, d. h, 1 Teil N-Verbindung auf 0,5 Teile K-Phosphat (KH^POJ und 0,25 Magnesium- sulfat (krist.), wobei erstere zweckmäßig ihrem besonderen Stick- stoffgehalt entsprechend geändert wird. Ob man von diesem Ge- menge 1 pCt. oder selbst 1,75 pCt. (das entspräche also 1 pCt. der N-Verbindung) auf das Flüssigkeitsvolumen gibt, macht nicht viel aus, neuerdings bin ich bis auf 0,5—0,3 pCt. heruntergegangen, es ist das immer noch reichlich, da man ohne Schaden die Salz- konzentration von 1,75 pCt. auf Vic d. h. auf 0,175 pCt. herab- setzen kann, das deckte bei Ammonnitrat noch den Stickstoffbedarf für Verarbeitung von 1,5 g Zucker durch AspergiUns niger zu ca. 200 — 300 mg Trockengewicht'); aus 5 g Dextrose wurde mit Vi., jener Salzkonzentration allerdings nur ungefähr die Hälfte der bei 1,75 pCt. erhaltenen Ernte erzielt, noch mehr herunter darf man also wohl kaum gehen. Die beste Auskunft gibt hier jedenfalls Analyse einer Pilzdecke. Ähnliche Vorhältnisse haben auch neuere Bearbeiter ein- 1) Nur auf phosphorsäurereicher Nährlösung fand ich bis 22 pCt. (1. c. Botan. Ztg. 1891). 2) Die Zwecklosigkeit eines Zusatzes von Kalkverbindungen für die untersuchten Pilze wies ich an der Hand zahlreicher Kulturen schon früher nach (1. c. 1891), ist seitdem aucli wiederholt gezeigt. 8) 1. c. Bot. Ztg. 181)1. Mit Nachprüfung dieser Punkte bin ich beschäftigt. Ber. der deutschen bot. liesellsch. XXXI. IC 222 0. WEHMER: gehalten, W, BRENNER*) verwendet bei 5 pCt. Zucker 0,5 pCt. der N- Verbindung (genauer äquivalent 0,5 Salmiak), 0,25 Kaliumplios- phat, 0,125 Magnesiumsulfat; G-. RITTER^) l pCt. Ammonsulfat (oder äquivalente Menge sonstiger N-Salze), 0,1 pCt. und 0,05 pCt. der beiden anderen Salze. Für Bearbeitung dieser Fragen dürfte sich vielleicht Einigung über eine ganz bestimmse Zusammen- setzung der mineralischen Nährlösung als Grundlage empfehlen. Gerade die Stickstoff Verbindung macht hier aber Schwierigkeiten, glatt 1 pCt. gleichmäßig von jeder ist für genaue Vergleiche natürhch nicht zulässig, auch im molekularen Ver- hältnis angewandt, hat man etwas ungleiche Bedingungen, gibt man aber lediglich gleiche Stickstoffmengen, so kommen andere Einwände. 0,4 g Ammonsulfat (0,4 pCt.) hat denselben N-Gehalt wie 0,242 g NH,NO„ 0,324 g NH.Cl oder 0,612 g KNO3. Von genannten Gleiche Molek.- Salzen haben Salz enth. N-Menge Verrechnet Gew. gleichen N-Gehalt "/o N. ist in g der Salze auf 100 (NH4),S0, 132,2 132,2 g 21 «/o 0,400 g 100 g NH4NO3 80,1 80,1 35 0,242 60,5 NH4CI 63,5 107,0 26,4 0,324 81 KNO3 101,2 202,4 13,9 0,612 158 Oa(N03)2 236,2 286,2 12,3 — — (+4H,0) Unter alleiniger Berücksichtigung des N-Gehaltes sollte man bei ausreichender Zuckernahrung und gleicher Menge der Stick- stoffverbindung für Aspergillus niger die besten Ernten aus NH^NO, erwarten, was bekanntlich — und sonderbarerweise — nicht zu- trifft, Ammonsulfat und- chlorid stehen obenan ; die etwas schlechtere Ernte aus KNO., ihnen gegenüber ist aber verständlich. Vielleicht geht beim NH4NO3 ein Teil des N (etwa die Salpetersäure) direkt verloren. Ähnliches zeigt freilich die Verarbeitung von Ca- und Na-Nitrat. Mit zu berücksichtigen sind da aber wohl die recht verschiedenartigen Bedingungen, welche innerhalb der Nährflüssig- keiten erst durch partiellen Konsum der einzelnen Stickstoffver- bindungen geschaffen werden, es mag davon die oft ungleiche Ausnutzung ein und derselben Zuckermenge seitens des Pilzes ab- hängen, bei den Nitraten ist der „Nutzungswert", wie ich früher 1) 1. c. S. 478. 2) 1. c. 11)09 u. 1911. Selbstvergiftung in Penicillium-Kulturen als Folge usw. 223 ZU zeigen versuchte'), erheblich geringer; die gleichen Zncker- mengen (100) lieferten an Pilzernte {Ä. niger) bei Darbietung von: Ammon Chlorid (u. -Sulfat) . . 28,4 % Ernte (N-Gehalt des Salzes 26 bzw. 21 %) Kalinmnitrat . . 22,8 % „ ( „ „ „ 13,9 %) Ammoniumnitrat 14,6 % „ ( „ „ „ 35 %) Natriumnitrat . 12,0 % „ ( „ „ „ 16,5 %) Calciumnitrat . 9,9 % „ ( „ „ „ 12,3 %) Diese Zahlen haben selbstverständlich nur relativen Wert, machen auch auf besondere Genauigkeit keinen Anspruch. Da nur in den mit Ammoniaksalzen angesetzten Kulturen durch Kongo- rot nachweisbare freie Säure auftritt, das Ammonnitrat aber eine schlechtere Ernte gab, kann man die Säure an sich für den gün- stigeren Ausfall nicht verantwortlich machen, dem widerspricht auch schon die außergewöhnlich günstige "Wirkung von Pepton z. B. als Stickstoffquelle; bei der Minderwertigkeit des NH4NO3 spielt vielleicht aber die Art der Säure eine Holle. Die mit Phe- nolphtalein gemessene Gesamtacidität ist bei AspergiUus niger in der KNOj-Nährlösung am geringsten, wie das folgende kürzlich ausgeführte Bestimmungen zeigen (± 20 °): 10 cc der Kulturflüssigkeit verlangten nach 4 Wochen an V,o N. N.: (NHJaSO^ als Stickstoffquelle . . 9, 8—11,8 (i. M. 11,2) cc NH4NO3 „ „ . . 10,1—10,4 cc KNO3 „ „ . . 3,6—4,6 cc (i. M. 3,8 cc) Mit Congorot reagierten nur die ei-sten beiden, bemerkens- werterweise aber die Amm onnitrat-Nährlösung am stärksten (4 — 6 cc des ^j^^ N. N. kommen hier auf freie Säure, bei der Ammonsulfatlüsung-Nährlösung höchstens bis 4); ob bei Aapergillus neben Oxalsäure auch freie Salpetersäure vorhanden ist, wäre ein- mal sicher festzustellen, für die Minderwertigkeit dieser N.- Ver- bindung könnte das mit in Frage kommen. Die Verhältnisse sind aber schwer übersehbar, sicher spielt da noch anderes mit, schon die Zuckerkonzentration scheint nicht ohne Einfluß. Daß NH4- und NHj-Gruppen für diesen Pilz am geeignetsten sind, steht lange fest, ihre Formierung aus Nitraten (Reduktion) scheint demnach hier auf einige Schwierigkeiten zu stoßen ; man darf ihn wohl den 1) Nährfähigkeit von Natriumsalzen für Pilze (1. c. Note 5, 1895 S. 140), auch Note 1 (1891), Seite 220. 16* 224 C. WehmER: Ammoniak- Organismen bez. -Pilzen zurechnen'), wenn man solche Unterscheidung machen will. Wie verschiedenartig aber die Wirkung der Stickstoff-Assi- milation auf die allgemeine Zusammensetzung der Nährlösung bei den einzelnen Pilzarten sein kann, sei hier durch einige Titrier- versuche mit Kulturflüssigkeiten obengenannten Penkillinms belegt. An 7,0 N. N. wurden auf je 10 cc verbraucht (Phenolphtalein als Indicator): 1. In NH4NO3 -Nährlösung: Nach nach 2. „ KNO3- Nach nach 3. „ (NH.I^SO,- „ Nach nach 4. „ NH^-Tartrat- „ Nach 5. „ NH^-Oitrat- „ Nach 3 Wochen 2,8 cc, 12 Wochen 5,4—7,2 cc. 3 Wochen 22,8—21,2 cc, 4 Wochen 14,4 — 17,4 cc. 4 W^ochen 6,4—8,0 cc, 8 Wochen 6,6—7 cc. Nach 4 Wochen 4,6 cc (2 Bestimmungen). Nach 4 Wochen 16,6—16,8 cc. Lediglich in der Kulturflüssigkeit mit (NH4)2S04 war freie Säure (nach 4 Wochen) nachweisbar, somit nicht wie bei Asper- gillus in der erstgenannten (mit NH4NO3), wo bei diesem Pilz die maximale Acidität war (20 "). Der Unterschied geht aber noch weiter. Bei Aspergillus nahm gerade in der Ammonsulfat-Nähr- lösung die freie Säure in den nächsten Wochen nachweislich wieder ab (wohl infolge Abspaltung basischer Gruppen aus dem Eiweiß nach Verzehr des Zuckers), bei dem absterbenden Penicillium bleibt sie erhalten, w^ie das ja auch vorauszusehen ist. Hier lagen über- dies die Zahlen für verbrauchte Lauge bei Phenolphtalein und Congo als Indicator meist nahe beieinander: Die Flüssigkeit von 5 verschiedenen Penicilliwn-K.\\\i\\YQn (je 2 Titrierungen) verlangte auf je 10 cc an '/,„ N. N.: mit Phenolph- mit Congo talein Nach 4 Wochen 6,4 6,8 cc 5,4—6,0 cc (5,4; 5,6; 5,8; 6 cc). J5 8 'j 6,6 7,0 cc 6,0—6,2 cc (6,0; 6,2 cc). 15 10 )> 6,0—7,0 cc 4,0-5,8 cc (4; 4,8; 5,2; 5,8 cc). )) 11 ') 7,8 cc 5,0 cc )> 13 5) 6,1—7,0 cc 4,8—5,0 cc I) JOST, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., 1908. 208. S. auch LAURENT 1. c. Selbbtvergiftiing in Penicillium-Kulturen als Folge usw. 225 Den geringen Differenzen ist bei der an sich nicht allzu exakten Methode (s, oben) zur Bestimmung der freien Säure') keine Bedeutung beizulegen. Eine spätere Änderung der Zusammensetzung unserer Kultur- flüssigkeit hat also, nachdem schon sehr frühzeitig ein Aciditäts- Maximum erreicht ist, unter Einfluß des toten Pilzes begreiflicher- weise nicht mehr statt. Die Zahlen können als direkter Beweis für den nach Absterben sistierten Stoffwechsel genommen werden. Diese Feststellungen legen als Konsequenz natürlich eine gewisse Vorsicht bei Wahl der einem Pilze in jjhysiologischen Versuchen gebotenen Stickstoffverbindung''), nicht minder bei Deutung der Resultate, nahe. Hannover, Technische Hochschule, Bakter. Laborat. des Techn. Chem. Instituts. 1) Als Säureinaximiira fand RlTTEß (l. c.) bei dem wenig säureempfind- lichen Bhizopus nigrmim (bei Methjloiaage als Indikator) 3,6 cc '/lo N. K. auf 10 cc der Nährflüssigkeit, meist lag die Acidität aber ganz erheblich niedriger- 2) cf. W. Benecke, Bau und Leben der Bakterien, Leipzig 1912, S. 36, auch I. c. liJO? (Note 2, Seite 218), S. 464. Es gilt das natürlich ebenso für Bakterien wie für höhere Pflanzen. 226 A. Schulz: 31. A. Schulz: Über eine neue spontane Eutriticumform : Triticum dicoccoides Kcke. forma Straußiana. (Mit Tafel X.) (Eingegangen am 17. April 1913.) Aus der Trificuin-Sektion Eutriticum, zu der der Weizen gehört, sind^) bisher nur zwei spontan entstandene Arten: Triticum acgihpnides Link^) (erw.) und Ti. dicoccoides Kcke.^) bekannt ge- worden. Triticum aegilojmdcs zerfällt in zwei Untei'arten, eine euro- päische und eine asiatische"*). Die europäische Unterart, das eigentliche Triticum aegilopoides Link, die jetzt meist nach BOISSIERs Vorgange Tr. hocoticum ge- nannt wird, scheint nur auf der Balkanhalbinsel zu wachsen, wo sie im nördlichen Teile des Peloponneses — hier hat sie LINK im Jahre 1833 entdeckt — , in Roeotien, in Thessalien, in Südbulgarien (Ostrumelien) und in Serbien beobachtet worden ist. Die asiatische Unterart, die von E.EUTER nach ihrem tür- kischen Namen Thaoudar Tr. Thaoudar genannt worden ist, ist in Kleinasien, wo sie BALANSA im Jahre 1854 in Lydien entdeckt hat, in Syrien, in Mesopotamien, in Assyrien und in Westpersien (Kurdistan) beobachtet worden. Die Einkornformen stammen m. E. teils von Tr. aegilopoides Thaoudar, teils — die meisten der heutigen — von Tr. aegilopoides boeoticum ab. Triticum dicoccoides ist im Jahre 1855 von TH. KOTSOHY in Syrien im Hermon entdeckt und vor wenigen Jahren von A, AARONSOHN in diesem Gebirge wiedergefunden und in einigen anderen Strichen 1) Vgl. hierzu SCHULZ, Die Geschichte des Weizens, Zeitschr. f. Natur- wissenschaften Bd. 83 (1911) S. 1—68. 2) Von Link als Crithodium aegilopoides beschrieben. 3) Von KOERNiCKE als Triticum vulgare Vill. var. dicoccoides beschrieben. 4) Betreffs der Unterschiede zwischen beiden Unterarten vgl. vSCHULZ, Die Abstammung des Einkorns (Triticum monococcum L.), Mitteilungen der Naturforschenden Gesellschaft zu Halle a. d. S. Bd. 2, 1912 (1913) S. 12—16. über eine neue spontane Eutriticumform: Triticum dicoccoides usw. 227 Syriens neu aufgefunden worden*). Mit ihm zusammen kommt der Bastard Tr. aegilopoides Tliaoadar X dicoccoides'^) vor, der stellenweise liäufiger als Tr. dicoccoides zu sein scheint. Der Bastard, der von AARONSOHN nicht scharf von Tr. dicnccoides unterschieden worden ist, ist in europäischen Gärten mehrfach aus von AARORSOHN übersandten Früchten — zum Teil allein, ohne Tr. dicoccoides — als „Tr. dicoccoides Kcke." gezogen worden. Da es sehr unwahrscheinlich war, daß Triticum dicoccoides nur in Syrien und nicht wie Tr. aegilopoides Thaoudar auch in weiter östlich gelegenen Strichen Vorderasiens vorkäme, so wies der Kustos des Herbariums Haußknecht in Weimar, Herr J. BORN- MÜLLER, den leider unterdessen verstorbenen englischen Vize- konsul in Suitanabad in Persien, TH. StraUSS, dem die botanische Wissenschaft die Entdeckung zahlreicher interessanter neuer Pflanzenarten in Persien verdankt, auf diese Art hin und er- munterte ihn, ihrem Vorkommen in Persien nachzuspüren. STRAUSS ist es nun auch am 14. Mai 1910 gelungen, in dem Noa-Kuh, einem Teile des schwer zugänglichen, bisher wenig durchforschten Grenzgebirges bei der an der Karawanenstraße Kermanschah — Bagdad gelegenen westpersischen Stadt Kerind, eine spontane JSutritic/imioYm aufzufinden, die in den Formenkreis von Trific/im dicoccoides gehört. Leider wurde STRAUSS durch ein schweres Leberleiden, das im folgenden Jahre (am 28. Dezember 1911) seinen Tod herbeiführte, gehindert, die weitere Verbreitung dieser Form in Persien zu untersuchen. Er hat nur wenige vollständige Individuen und ährentragende Halme an BORNMÜLLER gesandt, die mir dieser in liebenswürdiger Weise zur Bearbeitung über- geben hat. Die persische Pflanze •') ist hapaxanthisch. Die schwache Wurzel trägt meist nur einen Halm. Die Halme sind dünn und oben weit hinab mit Mark gefüllt. Ihre Knoten sind mehr oder weniger dicht mit kurzen Haaren besetzt. Die längsten der vor- 1) Vgl. hierzu Schwetnfurth, über die von A. Aaronsohn aus- geführten Nachforschungen nach dem wilden Emmer {Triticum dicoccoiäes Kcke.), Berichte d. Deutschen Botanischen Gesellschaft Bd. 26a (1908) S. 300 bis 324; AaRONSOHN, Über die in Palästina und Syrien wildwachsend auf- gefundenen Getreidearten, Verhandlungen der K. K. zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien, Bd. 59, 1909 (1910) S. 485-509; SCHULZ, Geschichte des Weizens, a. a. 0. S. 12—14. 2) Vgl. betreffs dieses Bastardes SCHULZ, Triticum aegilojwides Thaoudar X dicoccoides. Mitteilungen d. Naturf. Gesellschaft zu Halle a. d. S. Bd. 2, 1912 (1913) S. 17—20. 3) Vgl. Tafel X Figur 1 228 ^- Schulz: liegenden Halme haben eine Länge von ungefähr 70 cm. Die Blätter sind schmal, auf beiden Seiten in wechselnder Dichte mit sehr kurzen Haaren besetzt oder kahl und graugrün oder ganz schwach bläulich bereift. Die vorliegenden Ähren, die sämtlich noch jung sind — in den meisten der untersuchten Ährchen ent- hielten die Anthereu noch reichlich Pollen — haben ohne die Grannen eine Länge bis zu 7 cm. Sie sind leider zum Teil so stark gepreßt, daß sie ihre natürliche Gestalt eingebüßt haben. Die wenig gepreßten Ähren ') lassen aber deutlich erkennen, daß — wie bei dem syrischen Tr. dicoccoides und bei Tr. dicoccum — die Hüllspelzen so gedreht sind, daß die vorderen, größeren Partien aller Hüllspelzen auf jeder der beiden zweizeiligen Ahrenseiten un- gefähr in einer Ebene liegen. Die Gestalt der Hüllspelze weicht etwas von der der Hüllspelze des syrischen Tr. dicoccoides *) ab. Der Kiel der Hüllspelze der syrischen Pflanze ist, namentlich am Zahn, konvex gebogen, so daß die Spitze des meist ungefähr 1 mm langen Kielzahnes manchmal vollständig über den dicht an der Basis dieses Zahnes stehenden, meist recht winzigen Zahn der vorderen Partie der Hüllspelze hinwegragt. Der in den Zahn der vorderen Partie auslaufende Längsnerv, der sich, konvex ge- krümmt, oben und unten dem Kiele nähert, tritt sehr deutlich — leistenartig — hervor. Bei der persischen Pflanze ist der im unteren Teile konvexe Kiel dicht unter seinem Zahne schwach ausgebuchtet ^). Die Längsachse des meist 1 bis 2 mm langen Kielzahnes, der ungefähr die Gestalt eines gleichschenkligen Drei- ecks hat, läuft entweder mit der Längsachse der Hüllspelze parallel oder ist ein wenig nach außen geneigt; in diesem Falle ist also die Spitze des Zahnes ein wenig nach der Ahrenaohse hin gerichtet. Der an der Basis des Kielzahnes stehende Zahn der Vorderseite ist winzig*), der in ihn auslaufende Nerv, der nur schwach konvex gebogen ist, tritt manchmal nur wenig hervor. Die Hüllspelze gleicht manchen der in der Ausbildung ihres oberen 1) Vgl. Tafel X Figur 3. 2) Von diesem — vgl. Taf. X Figur 2 und 4 — kenne ich nur In- dividuen, die ich aus mir von Herrn Prof. M. KOERNlCKE in Bonn freund- lichst überlassenen im Poppelsdorfer Botanischen Garten geernteten Früchten im Botanischen Garten in Halle gezogen habe. 3) Ganz schwach ist diese Ausbuchtung auch an einzelnen Hüll- spelzen der — von mir kultivierten — Individuen der syrischen Pflanze aus- gebildet. 4) Manchmal tritt der Zahn aus dem von der Basis des Kielzahnes konvex herablaufenden oberen Rande der Spelze fast gar nicht hervor. über eine neue spontane Eutriticumform : Triticum dicoccoides usw. 229 Randes sehr variierenden Hüllspelzen von Triticum aegilopoides Thaondar X dicoccoides. Das Ährchen enthält offenbar wie bei der syrischen Pflanze zwei normal ausgebildete fruchtbare Blüten, deren Deckspelzen bis 15 cm lange, kräftige Grannen tragen. Meist ist auch noch eine dritte Blüte vorhanden, doch ist sie stets verkümmert. Bei den kultivierten Individuen des syrischen Tr. dicoccoides sind die Glieder der Ährenachse nur an den Kanten, namentlich oben, und vorne in der Mitte dicht unter der Insertion der Ährchen behaart, bei der persischen Pflanze dagegen reicht die Behaarung unter der Insertion der Ahrchen von einer Kante zur anderen und ist hier in der Mitte, sowie an den Kanten länger und dichter als bei der syrischen Pflanze. Vielleicht ist die Behaarung der Achsen- glioder der — kultivierten — syrischen Pflanze aber erst durch die mehrjährige Kultur in den botanischen Gärten so schwach geworden. Trotz des abweichenden Baus der Hüllspelze kann man die persische Pflanze nicht als selbständige Art von der SN'rischen trennen. Beide sind vielmehr Formen eines Formenkieises — Triticum dicoccoides — , von dem wahrscheinlich noch weitere Formen in anderen Gegenden Vorderasiens bestehen'). Die syrische Form kann man Triticum dicoccoides Kcke. form. Kotschyana, die persische Form kann man T) . dicoccoides Kcke. form. Straussiana nennen. Es stammen wahrscheinlich von beiden Formen — und wahr- scheinlich auch noch von anderen, heute noch nicht aufgefundenen oder gar nicht mehr existierenden Formen — von Tr. dicoccoides Formen des Emmers, Tr. dicoccnm ab. Bei den meisten Emmer- formen gleicht die Hüllspelze der der syrischen Form von Tr. dicoccoides oder ist ihr sehr ähnlich. Doch dürfte der Emmer wohl hauptsächlicli östlich von Sj'rien, im Euphrat-Tigrisgebiete — in der Kultur — entstanden sein. Aus Triticum dicoccum sind die Nacktweizenformen der Emmer- reihe: Triticum dumm, Tr. polonicum und Tr. turgidum hervor- gegangen 2). 1) In ähnlicher Weise dürfte Seeale anatoUcum Boissier (erw.), von dem der Roggen, Secah' cercale L., abstammt, in eine Anzahl Formen zerfallen. Vgl_ hierzu SCHULZ, Beiträge z. Kenntnis der kultivierten Getreide und ihrer Ge- schichte I. Die Abstammung des Roggens, Zeitschrift f. Naturwissenschaften Bd. 84 (1913). 2) Vgl. hierzu SCHULZ, Geschichte d. Weizens, a. a. 0. S 18, und Ders., Abstammung und Heimat des Weizens, 39. Jahresbericht d. Westfälischen Provinzial-Vereins f. Wissenschaft und Kunst für 1910/1911 (1911), S. 147 bis 162 (151). 230 -A-. Schulz: Über eine neue spontane Eutriticumform: usw. Eine spontane Eutriticum'drt, die man als Stammart der Weizen der Dinkelreihe, also des Dinkels, Triticum Spelta, selbst, und der von diesem abstammenden drei Nacktweizenformengruppen Tr. coDipactuvi , Tr. vuJgare und Tr. mpHatum ansehen könnte, ist bisher noch nicht bekannt geworden. Äegilops cylindrica, die STAPF') als Stammart wenigstens des Dinkels^) ansieht, kann wegen des voll- ständig abweichenden Baus ihrer Ähre als Stammart dieser E-eihe nicht in Frage kommen^). Ich bin aber überzeugt, daß die Stamm- art auch dieser E-eihe noch heute existiert und noch aufgefunden werden wird. Erklärung' der Tafel X. Fig. 1. Ein Individuum vnn Triticmn dicoccoides forma Straussiana {^j., natür- liche Gr.). Fig. 2. Der obere Teil eines Halmes eines kultivierten Individuums von Triti- cum dicoccoides forma Kotscltyuna (>/a nat. Gr.). Fig. 3. Eine Ähre von Tr. dicoccoides form. Straussiana (natürl. Gr , der obere Teil der Grannen ist weggelassen). Fig. 4. Eine Ähre von Tr. dicoccoides form. Kotwhyana (natürl. Gr., der obere Teil der Grannen ist weggelassen). 1) Stapf, The history of the wheats, Report of the 79. meeting of the British associatioo for the advancement of science, Winnipeg: 1909 (1910), S. 799—808 (805). 2) Die Nacktweizen dieser Reihe leitet STAPF von einer ,, still unknown species" ab. 3) Vgl. hierzu SCHULZ, Beiträge zur Kenntnis der kultivierten Getreide und ihrer Geschichte. IL Die Abstammung des Weizens, Zeitschrift f. Natur- wissenschaften Bd. 84 (1913). Einladung zur Generalversammlung. 231 Einladung zur Generalversammlung der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Die Mitglieder der Deutschen Botanischen Gesellschaft werden hiermit zur Teilnahme an der am Montag, dem 6. Oktober, vormittags 9 Uhr, in Berlin-Dahlem im Hörsaal des Kgl. Botanischen Museums, ' (Königin-Luise-Straße 6—8) stattfindenden Generalversammlung eingeladen. Die Tagesordnung ist durch §§ 15 und 16 der Geschäftsordnung gegeben. Gleich- zeitig werden in Dahlem die Freie Vereinigung für Pflanzen- geographie und systematische Botanik und die Vereini- gung für angewandte Botanik ihre Versammlungen abhalten. R. V. Wettstein, z. Z. Präsident der Gesellschaft. Ber. der deutschen bot. GeseUsch. XXXI. 1*7 232 Sitzung vom 30. Mai 1913. Sitzung vom 30. Mai 1913. Vorsitzender: Herr G. HAIJERLANDT. Der Vorsitzende macht zunächst Mitteihmg von dem am 27. Mai erfolgten Ableben unseres ordentlichen Mitgliedes Herrn Dr. Hermann Sommerstorff, Assistenten am Bot. Garten und Institut der k. k. Universität in Wien. Die Anwesenden ehren das Andenken an den Verstorbenen durch Erheben von ihren Sitzen. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren Irmscher, Dr. E., Assistent am Kgl. Botan. Museum zu Dahlem (durch G. LINDAU und TH. LOESENER), Tiegs, Dr. E. in Berlin-Friedenau, Niedstr. 29 (durch P. Claussen und R. Kolkwitz), und Fräulein V. Ubisch, Dr. Genta in Berlin-Lichterfelde, Marienstr. 7 a (durch E. Baue und W. WÄCHTER). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren Knudson, Dr. Lewis, Assistent Professor in Ithaca N. Y., Schulow, Iwan, Privatdozent in Moskau, Kurssanow, L., Privatdozent in Moskau, Meyer, K., Assistent in Moskau, Brenner, Dr. W. in Basel, Gickihorn, Josef, Assistent in Wien, Zikes, Dr. Heinrich, Privatdozent in Wien, Levitzki, Gregorius, Assistent in Kiew, Kasanovski, Victor, Privatdozent in Kiew, Plaut, Dr. Menko, Assistent in Halle a. S. Der Vorsitzende teilt mit, daß er Herrn Geh. -Rat Prof. Dr. LL'ERSSEN in Zoppot zu seinem 70. Geburtstage am 6. Mai d. J. im Namen der Gesellschaft ein Glückwunschtelegramm gesandt hat. HerrGeh.-RatLUERSSEN hat demVorsitzenden telegraphisch gedankt. Marie S. de Vries: Die phototropisclie Empfindlichkeit usw. 233 Ferner wird zur Kenntnis gebracht, daß der Vorsitzende Herrn Creh.-Bat Prof. L. Kny im Namen der Gesellschaft zu seinem 50jährigen Doktorjubiläum ein Glückwunschschreiben übersandt hat, das der Jubilar mit einem Dankschreiben an den Vorsitzenden beantwortete. Mitteilungen. 32. Marie S. de Vries: Die phototropische Empfindlich- l 'S 1. Reizung Orthotoluidin, unverdünnt Wann und in welchem Stadium der Krümmuugs- reaktion fixiert wurde? Fixier- flüssig- keit s Ol +3 "TS J3 o O J4 Q Resultate der mikro- skopischen Untersuchung 0,02 g Ä. Uranyl- nitrat 0,02 g Ä. Uranyl- nitrat während 15 Sekunden Nach 22 St. Krümmung — < 45° nach 2V2 St. — < 80« nach 1^/, St. — < 150 Chrom- eisessig Chrom- eisessig Carnoy Quer 15 ju Längs 15 u Quer 5 fx In den basalen Schnitten sind nur wenige periphere Zellen affiziert. In den letzten apikalen Schnitten nehmen diese Zellen be- reits ^li des Querschnitts ein.- l3ie intermediären Schnitte stellen alle Über- gänge zwischen diesen Extremen vor. Die Grenze zwischen den affizierten und intakten Zellen läuft äußerst scharf. Die erste- ren Zellen sind kleiner, mit einem geschrumpften und stark gefärbten In- halt; Kerne unsichtbar. Intakte Zellen sind volu- minöser, mit dem schwach gefärbten Plasma und einem stark Kern. Kein Unterschied zwi- schen den affizierten und intakten Zellen. Kein Unterschied. tingierten 252 TH. M. PORODKO: Wann und (B in welchem 2 ° (1 > Stadium der Fixier- Resultate der mikro- Reizung Krümmungs- flüssig- S "- CO o reaktion keit S 0) skopischen Untersuchung t3 fixiert 0 (D u wurde? Ph 0 ^ 5 4. 0,02 g Ä. Uranyl- nach IV4 St. Regaud Quer Kein Unterschied. nitrat während - < 20 » 10 ,u 16 Sekunden 5. dto. nach 18 St, — < 120° dto. dto. dto. 6. 0,1 g; Ä. Alumi- niumsulfat nach 1 3/4 St — < 250 dto. dto. dto. 7. 0,1 n Essigsäure nachP/iSt. — < 50» dto. dto. dto. 8. dto. nach 18 St — <20 0 dto. dto. dto. 9. Berührung mit rotgeglühtem Glasstäbchen nach P/4 St. — < 16 0 dto. dto. Die Unterschiede stel- len sich im allgemeinen 10. dto. nach 18 St. — < 45" dto. dto. ebenso dar, wie im Ver- such Nr. 1. 11. 70 0 C während sogleich Chrom- Quer Kein Unterschied. 5 Sekunden eisessig 7-10^ 12. 70 " 0 während 15 Sekunden dto. dto. Quer 5fx dto. 13. 70 ° 0 während 40 Sekunden dto. dto. dto. dto. 14. Anschnitt mit Ra- nach P/4St. Regaud Quer An den sämtlichen siermesser, tief — < 40" 10, a Schnitten sieht man die 15. dto. nach 18 St. — <30" dto. dto. Wundstellein Form einer flachen mehr oder min- 16. dto. nach IV4 St. OAßNOY Quer der in die Tiefe gehen- — < 20" 5f^ den Keibe. Die Zellen, 17. dto., mitteltief sogleich dto. Quer 7," welche der Wunde di- rekt anliegen, unter- 18. dto. nach 2 St. dto. Quer scheiden sich jedoch von — < 20" 10 (it den übrigen Zellen in 19. dto. nach 4V2St. als die Krüm- mung eben ausgeglichen wurde dto. dto. keiner Beziehung Die Wundränder allein sind mit einem engen, stark tingierten Streifen be- säumt. Im Anschluß an die obige Tabelle sei erwähnt, daß jene Präparate, wo keine Unterschiede zwischen den affizierten und intakten Zellen konstatiert wurden, nochmals unter Anw^endung der stärksten Systeme (Apochromat 2 mm, Kompensationsokular Nr. 12, EeichERT) untersucht wurden. Irgendwelche feine Ände- rungen im affizierten Plasma konnten jedoch nicht wahrgenommen werden. Im speziellen zeigen die nach REGAUD fixierten Wurzeln gute Chondriosomen. Die Vergleichung dieser Gebilde in den affi- zierten und intakten Zellen zeigte jedoch bestimmt, daß die ge- suchten feineren Unterschiede im Plasma wohl überall fehlen. Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 253 Tabelle IL r. o > •73 ü Reizung Wann und in welchem Stadium der Krümmungs reaktion geschnitten wurde? o -4J 'Ö -k9 a n o ^ o fc072 a ^ C3 05 -u ■73 pCI o (U P5 Q Resultate der mikroskopischen Untersuchung 6. 7. 8. 9 10. 11. 12. O.Ol g Ä. Silber- nitrat, während 30 Minuten 0,001 g 1 Silber- nitrat, während 30 Minuten dtc, während 60 Sekunden 0,1 g Ä. Aluminium Sulfat 0,02 g A. Alumi- niumsulfat dto. dto. 0,1 g Ä. Uranyl- nitrat dto. dto. 0,02 g Ä. Uranyl- nitrat 0,01 g Ä. Uranyl- nitrat, während 20 Sekunden nach 24 St. — < 180 0 nach 2V2 St. nach 2 St. — < 20" nach 24 St. — < 360 " nach 2 St. nach 41/2 St. — < 60« nach 24 St. — < 45 0 nach 2 St. — < 10» nach 23 St. — < 120 0 nach 23 St. + <100-« an der Spitze selbst nach 24 St. — < 270" nach 1 St. Längs 50 fx Quer 40-50 Quer 40 fi Längs 60 fi dto. dto. dto. dto. dto. dto. dto. dto. Die äff izierten Zellen sind schwarz geworden und heben sich von den intakten sehr scharf ab. In den medianen Schnitten beginnt die Grenzlinie etwa auf der Höhe der Pleromabwölbuug') und läuft dann schräg gegen die Spitze zu. Die affizierten Zellen nehmen somit nur die peripherischen Teile der Haube ein. Die affizierten Zellen sindschwach gebräunt. In den apikalen Schnitten nehmen sie etwa ^/g des Quer- schnitts ein. Kein Unterschied. Die affizierten Zellen nehmen 2—3 peripherische Schichten in der Haube ein. Sie sind gebräunt und zeigen einen grobkörnigen Inhalt. Die ihnen anliegenden in- takten Zellen sind farblos und be- sitzen wässrigen Inhalt, Kein Unterschied. dto. dto. Die affizierten Zellen sind gelb gefärbt. Sie sind im allgemeinen ebenso lokalisiert wie im Versuch Nr. 1, nehmen aber außerdem noch die zentralen Teile der Haube und die Periblemendigungen ein. dto. Allein die affizierten Zellen ergreifen überdies 1. etwa 2 — 3 mm im oberhalb der Pleromabwölbung gelegenen Haubenteil und 2. die peripherischen Haubenteile der un- gereizten Seite bis zur Plerom- abwölbung hinauf. Ebenso wie im Versuch Nr. 4. Kein Unterschied, 1) Vgl. JOST, Zeitschr. f. Bot., IV. Jahrg. S. 179. 254 Th. M. PorODKO: o Wann und Reizung Krümmungs- c ^ in reaktion 0 <ä Untersuchung geschnitten .H^ • wurde? « ö ^ Q 13. 0,01 g Ä. Uranjl- nach 4 St. Längs Kein Unterschied. nitrat, während — < 30" 50 ^ 20 Sekunden 14. dto. nach 24 St. 1. — < 270" 2. — < 45 " dto. dto. 15. 1 n Essigsäure nach 24 St. — < 180" dto. Die affizierten Zellen sind dunkel geworden. Sie sind ebenso lokali- siert wie im Versuch Nr. 9. 16. 0,1 n Essigsäure nach 2 St. dto. Die affizierten Zellen sind schwach 17. dto. nach 24 St. — < 76" dto. >dunkel gefärbt und ebenso wie im Versuch Nr. 4 lokalisiert. 18. Berührung mit nach 24 St. dto. Die affizierten Zellen sind dunkel- einem dünnen rot- — < 75" gelb gefärbt und ebenso wie im geglühten Glas- Versuch Nr. 9 lokalisiert. stäbchen 19. 70" 0 während 10 Sekunden nach 2 St. dto. Die schwach verdunkelten affi- zierten Zellen sind ebenso wie im Versuch Nr. 1 lokalisiert. 20. 60" C während 20 Sekunden nach 25 St. — < 45" dto. dto. 21. Anschnitt mit nach 24 St. dto. Die der Wunde direkt anliegen- Rasiermesser, tief — < 50" und quer 45-50 den Zellen sehen normal aus. Die W^undränder sind mit einer schwach verdunkelten grobkörnigen Plasma- /" schicht bedeckt. Im Anschluß an die Tabelle II müssen noch einige ergänzende Beobachtungen Erwähnung finden. Aus mehreren Gründen war es für mich wichtig zu erfahren, ob und welche Teile der gereizten Wurzelspitze tot sind. Zu diesem Zwecke verwendete ich zwei Verfahren: entweder plasmolysierte ich die fertigen Schnitte oder ich bearbeitete die gereizten Wurzeln mit den Lösungen ent- sprechender Farbstoffe und ging erst dann zum Schneiden. Als geeignet erwiesen sich jene sauren Farbstoffe, welche in die leben- den Zellen nicht eindringen^), in den toten dagegen stark ge- speichert werden. Im speziellen verwendete ich 0,05prozentige Lösungen von Indulin und Azoblau. Ich befestigte die eben ge- reizten Wurzeln derart, daß ihre Spitzen 10 mm in die Lösung eingetaucht waren. Die Färbung dauerte etwa 24 Stunden. Die 1) Ruhland, Jahrb. f. wissenschaftl. Bot. Bd. 51, S. 383. Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 255 Wurzeln verhalten sich dabei in bezug auf die Krümmungsfähig- keit ganz normal. Nimmt man dann die Wurzeln heraus und spült sie mit Wasser ab, so erweist sich die ßeizungsstelle allein als gefärbt, aber nur im Falle der traumatropen Reize. In der Tat zeigen auch die betr. Schnitte, daß die gefärbten Zellen ein kör- niges und unplasmolysierbares Plasma besitzen, also abgetötet sind. Die beiden in Rede stehenden Verfahren — Plasmolyse und Färbung — haben nun übereinstimmend gezeigt: 1. daß nur jene affizierten Zellen, welche in dem oben angegebenen Sinne ver- ändert erscheinen, tot sind; 2. daß die unveränderten den Traumen direkt anliegenden Zellen lebend sind; 3. daß die affizierten Zellen in jenen "Versuchen, wo kein mikroskopischer Unterschied konsta- tiert wurde, lebend sind. Schlußfolgerungen. Auf Grund der angeführten Versuchsergebnisse sehe ich mich zu den folgenden Schlüssen berechtigt. 1. Feinere morphologische Änderungen finden in dem tro- pistisch affizierten Plasma nicht statt. 2. Mikroskopisch sichtbare Änderungen im affizierten Wurzel- teil kommen nur im Falle des Traumatropismus zustande und sind immer mit dem Tode der betr. Zellen verbunden. 3. Der Begriff des Traumatropismus ist dahin zu erweitern, daß man hierher alle die Krümmungen einzuzählen hat, welche durch eine einseitige — mag sie äußerlich auch unsichtbar bleiben — Gewebeabtötung der Wurzelspitze eingeleitet werden. Das ein- fache Mittel, über die ev. traumatrope Natur des Reizes zu ent- scheiden, gibt die Färbung der Wurzel mit einer hochkolloidalen Lösung eines sauren Farbstoffes ab. 4. Die heftigsten traumatropen Reize bewirken wahrscheinlich eine tiefere chemische Veränderung des Piasmas und rufen eine völlige Desorganisation des Zelleninhaltes hervor. Dies folgt daraus, daß die in diesem Grade affizierten Zellen keine Kerne mehr zeigen und sich von den durch Fixation wohl koagulierten Zellen sehr scharf abheben. 5. Mildere traumatrope Reize rufen nur die Plasmakoagulation hervor, wobei die Zahl der affizierten Zellen mit der Verminde- rung der Reizintensität entsprechend sinkt. Die koagulative Natur der fraglichen Veränderungen ergibt sich 1. daraus, daß das affi- zierte Plasma der lebenden Wurzeln körnig, mitunter trübe erscheint, und 2. daraus, daß diese Eigentümlichkeit durch Fixation der betr. Wurzeln schon für die sämtlichen Zellen gemeinsam wird. 256 Th. M. PORODKO: Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. 6. Es erhebt sich die Frage, ob und welche Änderungen in jenen Wurzelspitzen vorgekommen sind, welche bei der mikrosko- pischen Untersuchung keine Unterschiede zwischen den affizierten und intakten Zellen erkennen lassen. Für die richtige Beurteilung der Sachlage vergleiche man Versuche Nr. 2 und 3, bzw. 4 und 5, bzw. 11 und 12 der Tabelle II untereinander. Man sieht dann alsbald, daß eine relativ unbedeutende Verminderung der Reiz- intensität genügt, um die traumatropen Erregungsänderungen ver- schwinden zu lassen. Angesichts dieser Verhältnisse drängt sich die Annahme auf, daß auch in den lebenden negati vtropistisch gereizten Zellen eine schwache Plasmakoagulation statt- finden dürfte. Dieselbe bleibt aber eine innere und be- zieht sich lediglich auf die Erniedrigung des Dispersi- tätsgrades der plasmatischen Eiweißsole'). Diese Annahme steht sowohl mit meinen beiden anfangs angeführten Schlüssen als mit den bekannten Erfahrungen der Kolloidchemie ^) in gutem Einklänge. Meine nächste Aufgabe wird es sein, eine experimentelle Prüfung dieser Annahme vorzu- nehmen. Diesbezügliche Versuche sind schon im Gange. Zum Schluß der vorliegenden Mitteilung danke ich meinem Kollegen Herrn Privatdozenten Dr. A. A. SapehijST für die freund- liche Beihilfe bei der Untersuchung der fixierten Wurzeln. Odessa, den 19. Mai 1913. Botanisches Laboratorium der Universität. 1) Wo. OSTWALD, Grundriß der Kolloidchemie, I. Aufl., S. 325 u. ff. 0. Wehmer: Übergang älterer Vegetationen von Aspergillus usw. 257 36. C. Wehmer: Übergang älterer Vegetationen von Asper- gillus fumigatus in „Riesenzellen" unter Wirkung angehäufter Säure. (Mit 7 Figuren im Text) (Eingegangen am 24. Mai 1913.) In älteren Culturen von Aspergillus fumigatus Fres. auf Zacker- lösung mit anorganischen Nährsalzen (Ammonnitrat als Stickstoff- quelle) beobachtet man bisweilen die eigenartige Erscheinung, daß die gesamte oberflächliche Conidiendecke innerhalb we- niger Tage unter das Flüssigkeitsniveau sinkt, von der klaren Nährlösung bedeckt, bleibt sie dann ohne sichtbare Weiter- entwicklung am Boden des Culturkolbens liegen. Kurz vorher hat sich ihr Aussehen schon merklich verändert, die aus dicht ver- webten Hyphen bestehende, vordem glatte graugrüne, oberflächlich staubig-trockene Decke begann unter Lockerung ihres Gefüges und sichtbarer Volumzunahme wellige Falten zu werfen und nahm trübgrünes feuchtes Aussehen an, nicht ganz unähnlich einer ge- falteten Fetthaut; die vordem nicht benetzbare Oberfläche durch- tränkt sich mit der Culturflüssigkeit und wird völlig von ihr über- deckt (Fig. 1 u. 2), eine neue Pilzdecke auf dieser erscheint auch nach Wochen nicht. Es handelt sich keineswegs um eine normalerweise eintretende einfache Absterbeerscheinung; schon das abweichende Verhalten anderer gleichalter Culturen dieses Pilzes, in denen die trockenen Decken trotz beginnenden Zerfalls ihre Lage auf der Flüssigkeits- oberfläche behalten, zeigt das ohne weiteres. Bei näherem Verfolg der Erscheinung stellt man vielmehr zwei besondere Punkte fest: Sie tritt nur auf Nährlösungen ein, welche deutlich sauer sind, also nachträglich noch eine hohe Acidität angenommen haben, weiterhin erweist sich eine solche untersinkende Pilzdecke auch in ihrem microscopischen Aussehen völlig verändert, sie ist fast ganz in ein lockeres Haufwerk großer Kugeln übergegangen. Offenbar handelt es sich um einen Fall umfangreicher Chemo mor- 258 C. Wehmer: phose^), veranlaßt durch die freie Säure der Culturflüssigkeit. Diese läßt kein oberflächliches Mycelwachstum mehr aufkommen, es findet nur noch submerses Kugelzellwachstum statt ^j. Daß die 1 2 Fig. 1. Normale Conidiendecke von Aspergillus fumigatiis (20°). Cultur- flüs.sigkeit ohne freie Säure. Vergr. ca. ^4. Fig. 2. Untergesunkene faltige Decke desselben Pilzes (20°). Oultur. I V flüssigkeit ist stark sauer. Vergr. ca. untersinkenden Pilzteile nicht etwa insgesamt abgestorben sind, zeigt die Übertragung einer Impföse in neue Nährlösung, wo sich 1) Vgl. RaCIBORSKI, Einige Ohemomorphosen bei Aspergillus niger (Bull. Intern. Acad. Scieuc. Oracovie, 1906, 777). — , Über den Einfluß äußerer J>edingungen auf die Wachs- tumsweise des Basidioholui ranarum (Flora 1896, 32, 112). Ritter, Über Riesenzellen und Kugelhefe bei einigen Mu- coraceen (Ber. D. Botan. Gesellsch. 190"', 25, 265). — , Die giftige und formative Wirkung derSäurenauf die Mu- coraceen und ihre Beziehung zur Kugelhefebildung (Jahrb. Wissensch. Botan. 1913, 52, 3.51). 2) Eine Neubesiedelung der Oberfläche kann jedoch bei Infection durch Aspergillus niger stattfinden. Übergang älterer Vegetationen von Aspergillus fumigatus usw. 259 alsbald üppige normale grüne Decken bilden, wenn auch das microscopisclie Bild zumal der größeren Kugelzellen mit stark kontrahiertem Plasma eine jedenfalls an diesen bereits eingetreten© Schädigung andeutet. Auffällig ist das wenig gleichmäßige Eintreten der Erschei- nung; selbst auf ganz gleich zusammengesetzten Nährlösungen be- gegnet man ihr nur hin und wieder. So trat sie beispielsweise nur in einer von 6 Culturen nach ca. 5 Wochen auf (ERLENMEYER- Kolben mit je 100 cc Rohrzuckerlösung von 10 pCt., 1 pCt. Mineralsalze, 20 ^ und 34 ''), diese Culturflüssigkeit färbte aber rotes Congopapier indigblau, während die der übrigen auf Congo von kaum merklicher oder sehr schwacher Wirkung waren; 10 cc von jener verlangten beim Titrieren nicht weniger als 6 cc ^/j^ N. N. bis zum Verschwinden der blauen Farbe des Congo, der Gehalt an notorischer freier Säure war also recht erheblich (ca. 0,378 pCt. auf Oxalsäure berechnet). Es handelt sich offenbar um eine vom Pilz selbst gebildete, in wechselnden Mengen sich ansammelnde fixe organische Säure^) von deutlicher physiologischer Wirkung. Etwa aus dem Ammonnitrat abgespaltene Mineralsäure müßte gerade in jungen üppigen Culturen bereits nachweisbar sein. Gewöhnlich säuert Aspergillus fumigatus die benutzte Culturflüssigkeit kaum merk- lich an. Der Unterschied im Aussehen der Präparate aus einer derart veränderten und einer normalen Decke des Pilzes ergibt sich aus beistehenden Bildern (Fig. 3 — 5); die untersinkende Vegetation be- steht fast ausschließlich aus einer dichten Masse solcher isolierter großer farbloser Zellen („Riesenzellen"), zwischen ihnen liegen freie Conidienträger neben unveränderten Conidien, Hyphen sind nur noch spärlich nachweisbar. An Größe übertreffen die ßiesen- zellen nicht selten den ganzen Kopf des Conidienträgers noch er- heblich, meist messen sie 20—30 ^i, bis zum doppelten (60 //^ und darüber), herunter bis auf 4 — 5 pr, in der Hauptsache dürften sie wohl aus den Conidien (2 — 3 ft) hervorgehen. In unserem Falle geht also unter den natürlichen Verhält- nissen die gesamte Pilzvogetation fast restlos in eine Masse zu 1) Die Natur dieser Säure steht noch nicht sicher, vorläufig konnte ich nur einige microchemische Reactionen mit dem Rückstand einer Probe der eingedunsteten Culturflüssigkeit (B cc), welche neben Ammoniak- auch noch Nitrat-Reaction gibt, anstellen. Unter Deckglas entwickelte er mit Calcium- carbonat Kohlensäurebläschen; das nach Tagen in schönen tafelförmigen Kristallen abgeschiedene Kalksalz ist kein Calciumoxalat. 260 C. Wehmer: Boden sinkender ßiesenzellen über, der Vorgang stellt sich, wenn auch unregelmäßig, so doch von selbst, im natürlichen Verlauf der Dinge, ein. Die blasigen Zellen zeigen sonst kaum etwas von den Gleichen anderer Pilze Abweichendes, zarte Wand, dünner farbloser mehr oder minder körniger Plasmabelag, große Vacuole, Kugelform ist die Regel. Experimentell sind diese sonderbaren Gebilde be- kanntlich schon wiederholt hervorgerufen, meist durch Zusatz von Säuren zur Nährlösung aus den eingesäeten Sporen; nach BREFELD') Fig. 3. Micr. Präparat der Decke von Fig. 1. Die charakteristischen Oo- nidienträger (in der I^otwicklung) neben Hyphen. Vergr. ca. 400 (Winkel, Obj. 7, Ocul. 4 u. Microphot. Camera). haben sich besonders KLEBS^) und kürzlich E-ITTER^) wieder ein- gehend mit ihnen beschäftigt, dieser hat auch die ausschlaggebende Rolle der freien Säuren (Wasserstoff-Ionen) bei ihrer Entstehung 1) BREPELD, 0., Miwor racemoms und Hefe (Flora 1873, 3J1). 2) Klebs, G., Die Bedingungen der Fortpflanzung bei einigen Algen und Pilzen, 1896, 516. 3) 1. c, wo auch weitere Literatur aufgeführt und besprochen ist. Ü je r gang älterer Vegetationen von Aspergillus fumigatus usw. 261 genauer verfolgt. Meist sind solche bislang von Mucorineen be- kannt geworden: Mucor Mucedo (BreFELD), M. racemosus (KLEBS), M. spinosus (Beauverie), M. sjnnosus, Thamnidium, Bhüojius (Bitter), doch fehlen sie auch bei anderen Pilzen nicht: As2)er- (/Ullis niger, CHromtjces (ÜITTER), Botrytis (BEAUVERIE), Nectria (Werner), Aspergillus niger, Basidioholiis (RACIBORSKI); bei Peni- cilliiim variabile fand ich sie unter Wirkun«; der aus dem Ammon- Sulfat abgespaltenen Schwefelsäure '), gleich auffällig und massen- ^ -^/:*->>s^ 'Ay^-i^m '^C' ■'■■ .'t^ .<-»r d "'-r.JR- Fig 4. Micr. Präparat der Decke von Fig. 2 (frisch, ohne Färbung usw.). Neben isolierten Conidienträgern fast nur „Riesenzellen" verschiedener Größe (mehrfach mit contrahiertem Plasma); üonidien, spärliche Hyphen. Vergr. ca. 420 (WINKEL, wie vorher). haft wie bei Aspergillus fumigatus dürften sie vielleicht selten beob- achtet werden. Da bei diesem Pilz ebenso wie bei PenicilUum variabile und den vorher genannten auch die Hyphen unter AVir« kung freier Säuren entsprechend reagieren, erklären sich die schon früher in seinen älteren Culturen beobachteten und abgebildeten 1) Selbstvergiftung in PeniciUimn - Culturen als Folge der Stickstoff-Ernährung (Ber. D. Botan. Gesellsch. 1913, 31, 210). 262 0. Wehmer; blasigen Anschwellungen ^j ungezwungen. Der ganze Vorgang ver- dient vom physiologischen Standpunkte aus sicher ein größeres Interesse, als man ihm bislang geschenkt hat. Anstoßgebend für die Bildung ist offenbar auch hier der durch die freie Säure (Wasserstoff-Ionen) auf die reifen Conidien ausgeübte chemische üeiz, die bis dahin ruhenden Organe be- ginnen zu verquellen und sogleich in ein enormes Wachstum ein- •T*?f ^ 5 6 fig. 5. Präparat wie Fig. 4, die Teile durch Präparieren etwas mehr isoliert. „Riesenzellen" in allen Dimensionen neben Conidien und charakte- ristischen Conidienträgern. Vergr. ca. 320 (WINKEL, wie vorher). Fig. 6. Präparat aus der Decke von Fig. 2, schwächer vergrößert (ca. 100)» die dichten Massen der „Riesenzellen" zeigend. zutreten, welches ihren Durchmesser in wenigen Tagen um das 10- bis 20fache vergrößert; ohne eine ergiebige Neubildang von Zellhaut- und Plasmasubstanz ist das schlechterdings nicht möglich. In Culturen ohne derartige stärkere Säureanhäufung bleibt die Be- schaffenheit der fädigen Pilzdecke dagegen unverändert, auch die 1) Früher kurz als „Mißbildungen" von mir aufgeführt. Die Pilz- gattung Aspergillus (Mem. Soc. Phys. et d'Hist. Nat. de Geneve, 1901, 33,, 2. part. nr. 4), Taf. IV. Übergang älterer Vegetationen von Aspergillus fumigatus usw. 263 reifen Conidien verharren hier im Ruhestande. Schwerer verständ- lich als die so unvermittelt einsetzende lebhafte Plasmatätigkeit ist sicher die Tatsache, daß es zu keiner einseitigen lokalisierten Keim- schlauchbildung, sondern zu einer stetig wachsenden allseitigen Volumzunahme, einem gleichmäßigen intercalaren Wachstum kommt, für das doch nach allem die freie Säure in irgendeiner Weise verantwortlich gemacht werden muß. ElTTER, welcher die bis- lang noch nicht erörterte Mechanik der ßiesenzellenbildung aufzu- klären versuchte (1. c), sieht die Säurewirkung in einer übermäßig gesteigerten Dehnbarkeit der Zellwand, und sicher trifft das einen Teil der Erscheinung i); die Tatsache der fortgesetzten gleich- mäßigen Dehnung deutet schon darauf, das Wachstum solcher Blasenzellen scheint im Princip unbegrenzt (bis 800 f* ist von demselben gemessen, 1. c), es dauert an, solange die lebende Zelle chemisch durch Neubildung von Wandsubstanz und osmo- tisch wirksamer Stoffe tätig ist^). Der ganze sonst in der Form eines gegliederten verzweigten Mycels erscheinende Pilzkörper entwickelt sich gleichsam als einzellige Blase von riesenhafter Größe, er bleibt, ohne zur Bildung von E-eproductionsorganen zu schreiten, auf dem Stadium einer vielkernigen Zelle stehen; da dieser Zustand sicher nicht der normale ist, mag man darin immerhin eine pathologische Erscheinung sehen. Die Volumenzunahme der Zellen übersteigt das Tausendfache, genau genommen wird also durch die Säurewirkung das Wachstum in eine verkehrte oder wohl richtiger in eine andere Bahn geleitet. Trotz des enormen Flächenwachstums behält die Haut mindestens ihre ursprüng- liche Dicke. Wie erklärt sich aber das auffällige Verhalten der Zellhaut? Ritter denkt sich ihr anormales Flächenwachstum als Folge einer 1) Wenn auch der tatsächliche osmotische Druck in solchen Blasen- zellen nach den Bestimmungen Ritters (1, c. 1903, S. 386) kein besonders hoher ist — bei der leichten Dehnbarkeit der Wand kann es kaum anders sein — , so würde doch wohl ohne fortgesetzte Production osmotisch wirksamer Sub- stanz die beobachtete Wirkung ausbleiben müssen. Dieser Druck scheint mir also wesentlich. 2) Der chemische Reiz freier Säure würde also nicht für Teilungsvor- gänge, sondern lediglich für verstärktes Wachstum der Zellen in Frage kommen; trotz lebhafter Stoffbildung unterbleibt vielmehr die Anlage neuer Zellwände. Nach RiTTKE, finden in den Riesenzellen auch ergiebige Kern- teilungen statt (1. c. 1913, S. 373). Zur Zellteilung s. Haberlandt (S.-ßer. Kgl. Preuli. Acad. Wissensch. 1918, Math.-Phys. Cl. 16, 27), übrigens auch Raciborski, 1. c. 1896. Her. der deutschen bot GeseUsch XXXI ' «^ 264 0. WehMER: Störung der Regulation der osmotischen Verhältnisse und auch der Zellwanddehnbarkeit durch die Einwirkung der Wasserstoffionen auf die Hautschicht des Plasmas, gibt diese Meinung aber mit aller Reserve. Man kann die Sache vielleicht auch mehr chemisch be- trachten, die geringere Festigkeit der Haut also auf abweichende stoffliche Qualität zurückzuführen versuchen, welche ihrerseits eine Folge der veränderten Bildungsbedingungen wäre. Die größere oder geringere Dehnbarkeit hängt immerhin von der Art der Sub- stanz mit ab, auch kann sie wohl durch Fehlen oder Neuhinzu- kommen gewisser chemischer Stoffe modificiert werden. Tatsäch- lich ist nun das Material der Blasenwände von der nor- maler Hyphen, Conidienträger und Conidien des Aspergillus Fig. 7. „Riese nzellea" von Pemci^/mw i;ana&27e aus Cultur mit Ammonsulfat als Stickstoffquelle. Vergr. ca. 350. fumigalus merklich verschieden, es ist minder widerstandsfähig und gibt auffälligerweise reine Cellulosereaction. Schon mit Jodalcohol färbt sich ein erheblicher Anteil der Riesenzellen des Aspergillus rein blau, mit Chlorzinkjod werden sie sämtlich sogleich violett, mit Jod plus Schwefelsäure indig- blau; die Farbe ist so intensiv, daß die Zellmassen macroscopisch blauschwarz erscheinen. Microscopisch hebt sich die blaue Zell- w^andfärbung scharf von der gelbbraunen des Plasmas ab. Teile normaler Decken färben sich mit den Jodreagentien nur braungelb (Plasmafärbung), diese Farbe zeigen auch die zwischen den Riesen- zellen verstreuten Conidienträger, Conidien und noch unverändert erhaltenen Hyphen. Schwefelsäure löst die Blasenwände gutenteils, auch diese Lösung färbt sich in den microscopischen Präparaten Übergang älterer Vegetationen von Aspergillus fumigatus usw. 265 mit Jod mehrfach rein indigblau. Das gilt aber nicht nur für Aspergillus fumigatus, Riesenzellen anderer Pilze verhalten sich ähnlich; besonders auffällig ist die Jodreaction bei den blasig an- geschwollenen Hyphen des oben genannten Penicillmm variabile (Fig. 7) in Nährlösung mit Animonsulfat als Stickstoffquelle, die sämtlich direct „Stärkereaction" geben, sich also schon mit Jod- alcohol macroscopisch schwarzblau, microscopisch schön violett bis blau färben, indes das normale Mycel natürlich auch hier keine solche Wandfärbung sondern die bekannte Grelbbraunfärbung zeigt. Um was für kohlenhydratartige Substanzen es sich dabei handelt, muß die macrochemische Untersuchung lehren. Stofflich liegt in dem Material der Wandsubstanz unserer Riesenzellen hiernach also offenkundig etwas besonderes, von dem der gewöhnlichen Pilzzell wände ^) Abweichendes vor; nach ihren Reactionen erscheint sie auch minder resistent, so daß die che- mische Natur dieser Wände für ihr Verhalten vielleicht doch mit in Anschlag gebracht werden darf. Jedenfalls zeigen die Tat- sachen aber, daß die in sauren Medien gebildete Wandsub- stanz von Pilzzellen merklich abweichender Art sein kann, dieselbe somit in ihrer chemischen Beschaffenheit offenkundig unter dem bestimmenden Einfluß der Natur des Mediums steht. Der unter abgeänderten Bedingungen verlaufende Prozeß liefert ein stofflich verändertes Produkt. Es ist das in anderer Beziehung noch von Interesse („Cellulose-Vorkommen"), dürfte auch wohl für Organismen sonstiger systematischer G-ruppen (Bacterien u. a.) zu erweisen sein. Vereinzelte Beobachtungen über sich mit Jod bläuende Pilzmembranen liegen bekanntlich für Vertreter verschiedener Abteilungen der Pilze vor (DB BARY, 1. c. S. 8). Dem Untersinken der alten AspergüluS'fiimigcdus-'DeQkQ in der sauren Culturflüssigkeit entspricht also ein Übergang fast aller Teile derselben in morphologisch sowohl wie chemisch veränderte Elemente, es handelt sich nicht nur um eine bloße Chemomorphose "■), 1) Pilzcellulose von DE Bary. (Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze, 1884, S. 9.) 2) Genau genommen wäre die Erscheinung, wenn man dafür einen Namen sucht, als „Ohemo-Morphoch emose " (Ohemokemose wäre auch nicht besser) zu bezeichnen; wesentlicher erscheint es mii-, zunächst einmal festzustellen, ob es sich da um eine solche von allgemeiner Verbreitung handelt. 19* 266 CI. WEHMER: Nach dem was wir heute über die Gestalt bestimmende Wir- kung freier organischer und anorganischer Säuren auf Sporen und Hyphen von Pilzen wissen, ergibt sich schließlich noch die Frage» ob solche nun ganz allgemein besteht, auch ausschließlich auf das Conto der Säurewirkung (Wasserstoff-Ionen) zu setzen ist und ob ähnliche gestaltliche Veränderungen von Zellen in den meisten Fällen so erklärt werden dürfen. Keiner dieser Punkte — am wenigsten der letzte — ist wohl unbedingt zu bejahen, jedenfalls sind die Hyphen mancher Pilze gegen die reizende Wirkung selbst erheblicher Säureconcentrationen wenig empfindlich, andererseits lassen sich Form- und Größenänderungen pflanzlicher Zellen be- kanntlich auch durch andere Einflüsse erzielen^). Manche der vielfach beobachteten und als zufällige Mißbildungen in Pilzculturen beschriebenen blasigen bis tonnenförmigen Auftreibungen von Hyphen wird man aber wohl dahin rechnen dürfen, auch in Cul turen von Aspergillus Orijzae, A. minimus, A. Ostianus u. a. finden sich solche z. B. nicht selten 2), man darf hier wohl ohne großen Fehler den Rückschluß auf mitwirkende, also in der Cultur vor- handene Säure — nächstliegende bleibt immer die verbreitete Oxal- säure — machen. Ob das selbst für die eigenartige „Blasen- hülle" mancher Ascusfrüchte gilt, wäre jedenfalls noch zu zeigen; am bekanntesten ist die bei Asp. nidulans und A. Behmü von Eidam ^) und ZUKAL*) beschriebene aus angeschwollenen Hyphen bestehende Hülle, wie sie immerhin durch eine Säureausscheidung seitens des sich entwickelnden Fruchtkörpers wohl erklärlich wäre. 1) Vgl. JOST, Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Aufl. 1908, Vorlesung 26, S. 376 u. f. Von anderen chemischen Stoffen läßt Äther nach GerassimOFF Spirogyra-ZeWea tonnenförmig anschwellen, Jod veran- faßte nach Raciborski Riesenzellenbildung von Aspergillus niger; außer „Giften" sollen auch besondere Ernährungsverhältnisse, Concentrationsände- rungen usw. in ähnlichem Sinne wirken können. Nicht alle früheren Angaben er- scheinen jedoch unter der neuerdings von RlTTER (1. c.) gegebenen Beleuchtung stichhaltig. Hierher gehört u. a. auch der von E. KÜSTER (Gallen derPflanzen, 11)11, 280, Fig. 139) abgebildete instructive Fall, wo tierische Excremente eben- so wirkten. Durch die Annahme, daß störende chemische Einwirkungen zu einer Säureansammlung innerhalb der Zelle führen, könnte man alles das viel- leicht unter einen gemeinsamen Gesichtspunkt bringen. Die Wirkung wäre also indirect. 2) Schon früher von mir abgebildet (Pilzgattung Aspergillus, Tafel I und II), hier auch Reproduction der Bilder von ElDAM und ZUKAL (Taf. III) 3) COHNs Beitr. z. Biologie d. Pflanzen, 1883, 3, 377. 4) Österr. Bot. Ztschrft. 1893, Nr. 3. Übergang älterer Vegetationen von Aspergillus fumigatus usw. 267 Auch die sogenannten „Sphäroidzellen" der Flechten kämen da vielleicht in Betracht, sehr verschiedenartige Producte sauren Characters sind bei Lichenen bekanntlich verbreitet. Zweifelsohne werden besondere chemische Natur und Concentration der Säuren neben der specifischen Verschiedenheit des Organismus Unter- schiede bedingen; der formbestimmende Einfluß könnte aber selbst bei der Ausgestaltung von Organen, die ganz normalerweise im Entwicklungsgang einer Species auftreten, mitwirken, so wenig Sicheres darüber zurzeit auch angegeben werden kann^). Immerhin darf man Mitspielen des gleichen Reizes auch bei Phanerogamen wohl da annehmen, wo in gewissen Organen rasches Wachstum und besondere Größe von Zellen in Verbindung mit Auftreten freier Säuren^) beobachtet werden (saftreiche Früchte der Obst- arten, Q-allen usw.). Der bestimmte Nachweis wird hier allerdings durch die größere Empfindlichkeit der Zellen höherer Gewächse gegenüber experimentellen Eingriffen wesentlich erschwert. In dieser Hinsicht zu prüfen blieben auch die mancherlei Fälle, wo Mitwirkung chemischer Heize bei physiologischen Vorgängen so gut wie sicher ist (keimungsauslösender Heiz bei Sporen, Pollen- körnern und Samen; Hypertrophien, Gallenbildung usw.); freie Säuren sind notorisch zumal in lebhaft atmenden Geweben ver- breitet, wenn auch bei geringen Mengen nicht immer sicher be- stimmbar. Da übrigens ihre Entstehung und somit die besondere Wirkung, mit Oxydationsvorgängen innerhalb der Zelle zusammen- hängt, müssen in letzter Linie die mancherlei auf eben diese einwirken- den Factoren den besonderen Reizerfolg beeinflussen also ev. her- vorrufen. So findet Umwandlung der alten Aspergillus fumigatus- 1) Übei Ohemomorphosen: s. KÜSTER, E., Die Gallen der Pflanzen, 1911, 281; s. auch Haberlandt, 1. c, sowie Physiologische Pflanzen- anatomie, 2. Aufl., 1907, S. 3; PFEFFER, Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., 2. Bd., 1901, 133; KÜSTER, Pathologische Pflanzenanatomie, 1903, 281. 2) Der Gehalt solcher Fruchtsäfte an freien Säuren erreicht und über- schreitet gewöhnlich 1 pOt. ; nach den Erfahrungen mit Pilzzellen kann diese Concentration kaum ohne mitbestimmenden Einfluß auf die Entwicklung der Fruchtzellen sein. Wenn hier auch die Abspaltung organischer Säuren obenan steht, so sind doch angesichts der lebhaften Stoffbildung in der wachsenden Frucht Spuren anorganischer Säuren keineswegs ganz ausgeschlossen. Es zeigen die reifen Zellen des Fruchtfleisches vom Apfel, Si/mphot-icarjms u. a. — wennschon das allein für sich nichts beweist — sowohl morphologisch wie hinsichtlich der chemischen Beschaffenheit ihrer Wandsubstanz (Hemicel- lulosen) eine große Ähnlichkeit mit den unter der Säurewirkung aus den winzigen Conidien von Aspergillus fumigatus heranwachsenden Kugelzellen. 268 REINHOLD Lange: Decken in Riesenzellen auch nur dann statt, wenn die Säure- ansammlung aus irgendeinem Grunde (verzögerte Weiterzersetzung, beschleunigte Bildung) ein gewisses Maß überschreitet, dafür können aber von vornherein sowohl äußere wie innere Bedingungen be- stimmend sein, mit deren näherem Verfolg ich beschäftigt bin. Hannover, Mai 1913. Bacter. Laborat, des Techn.-Chem. Instituts, Technische Hochschule. 37. Reinhold Lange: Über den lippenförmigen Anhang an der NarbenöfTnung von Viola tricolor. (Vorläufige Mitteilung.) (Mit Tafel XEI und einer Textfigur.) (Eingegangen am 26. Mai 1913.) Vor mehr als zwanzig Jahren hatte Herr Prof. CORRENS bei Gelegenheit seiner Untersuchungen über die biologische Anatomie einiger Blüten (1891) auch begonnen, Bau und Funktion des lippenförmigen Anhanges an der Narbenöffnung von Viola tricolor zu studieren und die Entwicklungsgeschichte in der Hauptsache ermittelt. Er war jedoch wegen anderer Arbeiten nicht zum Ab- schluß gekommen und stellte mir deshalb die Aufgabe, das Thema aufzunehmen und das merkwürdige Organ einer genauen Unter- suchung zu unterziehen. Im folgenden gebe ich einen kurzen Bericht über meine bis- herigen Ergebnisse. Ich werde später mit Berücksichtigung anderer Veilchenarten eine ausführlichere Mitteilung machen, die auch der biologischen Bedeutung des Organs gerecht werden soll. Zur Orientierung diene nebenstehende Figur. Sie stellt einen Längsschnitt durch eine Blüte von Viola tricolor vulgaris in ihrer Symmetrieebene dar. Auf dem Fruchtknoten frk sitzt der knie- förmig gebogene Griffel g, der am Ende den Narbenkopf nk mit der gegen das untere Kronblatt üb gelegenen Narbenöffnung nö trägt, bei 1 der lippenförmige Anhang (Lippe) ; der Pfeil deutet die Rieh- über den lippen förmigen Anhang an der Narbenöffnung von Viola tricolor. 269 tung an, in der ein Insektenrüssel ins Innere der Blüte eintritt. Es bedeuten ferner stb das eine der beiden unteren Staubblätter mit dem in den Sporn hineinragenden Nektarium ne. Obwohl in der blütenbiologischen Literatur bei Viola tricolor ständig auch von dem lippenförmigen Anhang an der Öffnung des Narbenkopfes die Rede ist, fehlt bis jetzt eine genaue anatomische und entwickelungsgeschichtliche Untersuchung derselben. Ja, es herrschen auch über seine biologische Bedeutung noch verschiedene Meinungen. Die älteren Autoren, so HlLDEBRAND 1867, S. 53— 56, H. MÜLLER 1873, S. 145, schreiben der Lippe eine wesentliche Bedeutung für das Zustandekommen der Kreuzbefruchtung zu. Sie soll beim Eindringen eines Insektenrüssels ins Innere der Blüte Fig. 1. Längsschnitt durch eine Blüte von Viola tricolor vulgaris. Erklärung der Buchstaben im Text. (s. die Textfigur) den von einer anderen "Veilchenblüte mitge- brachten Pollen von diesem abstreifen; beim Herauszieüen des Rüssels soll sich die Lippe gegen die Narbenöffnung (s. Textfigur bei nö) drücken, dadurch den fremden Pollen in dieselbe befördern und, indem sie so zugleich die Öffnung zum Teil verdeckt, Selbst- befruchtung verhindern. Im Jahre 1897 beschreibt B. WiTTROCK diese Lippe nach ihrem morphologischen Habitus etwas genauer. Auf Grund seiner Ansicht, daß sie keinen nennenswerten Grad von Biegsamkeit be- sitze, kommt er zu dem Schluß, daß sie „höchstens eine unterge- ordnete Bedeutung bei der Befruchtung von Viola tricolor haben könne". Die meisten Autoren haben immer nur die Gesamtansicht der Lippe von vorne und von der Seite abgebildet und beschrieben. Das einzige Bild eines in der Symmetrieebene gemachten Längs- 270 Reinhold Lange: Schnittes durch den Narbenkopf, das ich gefunden habe, stammt von H. KRÄMER (1897, S. 45, Taf. V, Figur 66 u. 67). Es ist aber unzutreffend. Meine vorläufige Mitteilung bezieht sich auf Entwickelungs- geschichte und Bau der Lippen von Viola tricolor var. arvensis und var. duntnsis. Bei sagittalen Schnitten durch sehr junge Blütenknospen kann man leicht ein Stadium treffen, in dem der Stempel noch nicht bis zur Bildung des Narbenkopfes fortgeschritten ist. Der Griffel gleicht dann einem auf den Fruchtknoten aufgesetzten, schief ab- geschnittenen ßohr, an dem die morphologisch untere Kante die längere ist. Betrachtet man den äußersten Rand des Griffels in solchem Stadium, so sieht man zunächst keinen Unterschied zwischen der morphologischen Ober- und Unterseite. Auf etwas älteren Stadien aber stellt sich ein solcher heraus. Fig. 1 Taf. XII zeigt einen vertikalen Längsschnitt durch die Zellen des unteren Randes auf diesem Stadium. Die obersten Zellen der Epidermis der Außen- seite (a) haben sich in die Länge gestreckt, und zwar die obersten weniger, die darauf folgenden stärker, die weiter unten gelegenen ablaufend schwächer (sz). Der Kern ist stark vergrößert, das Plasma reich an Vakuolen. Deutlicher werden diese Verhältnisse auf einem etwas älteren Stadium, wie es Fig. 2 Taf. XII zeigt. Die betreffenden Epidermiszellen (sz) haben sich stark schlauch- förmig verlängert, die Veränderungen in Kern und Plasma sind noch größer geworden. Der Zelleib hat sich, jedenfalls durch die Vorbehandlung, die durch das Einbetten in Paraffin nötig wurde, etwas von den Wänden zurückgezogen. Die Kutikula ist etwas stärker geworden. In den nun folgenden Entwickelungsstadien erleidet das ganze Zellgewebe des unteren Randes der Narbenöffnung weitgehende Veränderungen (Fig. 3 Taf. XII). Wir werden später sehen, daß auch der gesamte übrige Rand der Öffnung von solchen Ände- rungen getroffen wird. Die Kutikula der Schlauchzellen und der nach abwärts folgenden Zellen ist stark verdickt (acl, Fig. 3). Die Kutinisierung erstreckt sich jedoch nicht nur auf die Außen- wände der Epidermis, auch ihre antiklinalen (Seiten-) Wände haben sich durch Anlage von kutinisierter Substanz verstärkt und zwar in höchst eigenartiger Weise. Die Kutinisierung schreitet nämlich nicht an allen Stellen gleichstark nach innen fort, sondern eilt dort etwas voraus, wo die Zellen aneinander stoßen und ist dort auch am stärksten. Nach innen zu wird diese kutinisierte Eckenverdickung immer geringer und ge- über den lippenförmigen Anhang an der Narbenöffnung von Viola tricolor. 271 ringer; sie läuft schließlich in eine Art Borste aus, deren Spitze vielfach sehr scharf ist (b, Fig. 3). Bei Chlorzinkjodbehandlung heben sich die Kanten infolge ihrer Kutinisierung als fast schwarz- braune Streifen deutlich hervor. In Fig. 3 ncw sieht man die nicht verdickten inneren Enden der Seitenwände und die un- verdickten Innenwände der Schlauchzellen als dünne, sich mit Chlorzinkjod blau färbende Linien. Die kutinisierten Außenwände haben kleine Ausstülpungen mit zahlreichen Runzeln und Höckern bekommen (h, Fig. 3 und 5, Taf. XII), wie sie auch WiTTROCK. S. 19, beschreibt und auf Tafel 1, Fig. 19 und 20 abbildet. Gleich- zeitig ist mit den angrenzenden Zellen, die die Innenseite des Griffelrandes bilden, eine andere Veränderung vor sich gegangen. In Chlorzinkjod erscheint diese ganze Partie jetzt auffallend blau, deshalb, weil das Plasma im Innern der betreffenden Zellen in Degeneration begriffen ist und dafür die blaue Membranfärbung deutlich hervortritt. Dies ist der Anfang einer Verschleimung, die die gesamten Zellen hinter der Lippe und noch weiter hinab trifft (dg, Fig. 3). (Der Schnitt hat vor der Behandlung mit Chlorzinkjod in verdünnter Eau de Javelle gelegen, die das Plasma zum Teil zerstört hat; man sieht deutlich die Grenze der degene- rierenden und normalen Zellen (zwischen -1- • • • 4-), die wenig an- gegriffen sind). Hierbei wird die Kutikula abgehoben, die außer- dem sich noch von der ganzen Innenfläche des Narbenkopfes und des Griffelrohres ablöst; wohl durch noch näher zu verfolgende Sekretion der epithelartig ausgebildeten inneren Epidermis. Sie erscheint dann als zusammengefalteter Schlauch im Lumen des Griffels und wird später durch die herabwachsenden Pollenschläuche an die Wand gedrückt (siehe Fig. 4, Taf. XII, bei cl). Zu dieser Zeit hat der Narbenkopf seine definitive Form erhalten und zeigt wie in der fertigen Blüte eine ovale Öffnung gegen das untere Blütenblatt, an deren unterem ßande sich die Schlauchzellen be- finden. Das weitere Schicksal der beschriebenen Zellen läßt sich leicht aus Fig. 4, Taf. XH, ersehen. Sie stellt, wie Fig. 1, 2 und 3, einen in der Symmetrieebene gemachten Schnitt durch den Griffel einer befruchteten Blüte von Viola tricolor arvensis dar. Die Wände der Schlauchzollen sind, soweit sie nicht kutinisiert waren, ver- schwunden; sie sind wie die hinter ihnen liegenden Zellen völlig desorganisiert. Hierdurch werden die kutinisierten Membranen freigelegt; sie bilden die Lippe, die durch einen wenige Zellen breiten, ebenfalls kutinisierten Membranstreifen mit der Narben- öffnung zusammenhängt (c, Fig. 4 und 5). Dieser Streifen kann 272 Reinhold Lange: als Gelenk funktionieren. Die Lippe sieht besonders bei starker Vergrößerung im Längsschnitt (Fig. 5), und noch mehr in der Aufsicht von innen, wie eine scharfe Bürste aus. Wie schon oben angedeutet, erleidet auch der Teil des Randes, der nicht von der Lippe eingenommen wird, eine Ver- änderung. Die Verschleimung trifft nämlich nicht nur das hinter der Lippe gelegene Zellgewebe, sondern zeigt sich in etwas ge- ringerer Ausdehnung auch am ganzen übrigen Hand der Narben- öffnung. Auch werden auf einer ringförmigen Zone rund um die Öffnung des Narbenkopfes nahe dem Hände die Außen- und zum Teil auch die Seitenwände der Epidermiszellen stark kutini- siert, so daß auch sie erhalten bleiben, wenn, wie wir sahen, der übrige liand desorganisiert. Dabei wird Form und Größe der Epidermiszellen im Gegensatz zu denen, die die Lippe bilden, nicht wesentlich geändert. Fig. 7 Taf. XII zeigt ein Entwickelungs- stadium vom oberen der Lippe gegenüberliegenden Hand der Narbenöffnung; cw sind die kutinisierten Wände, dg die degene- rierenden Zellen. So entsteht am Rande der Narbenöffnung ein Schleimring, der nach außen durch einen kragenförmigen Saum aus kutinisierten Membranresten begrenzt wird (co Fig. 4 Taf. XII). Man kann sich vorstellen, wie daraus durch weitergehende An- passung die eigentliche Lippe entstanden ist. Ein Gebilde von ähnlicher Entwickelung ist mir bei Blüten- pflanzen nicht bekannt. Es erinnert aber stark an das Peristom der Laubmooskapsel und könnte auch so genannt werden. Da die kutinisierten Partien im fertigen Zustand und zum Teil schon früher bei der Behandlung, die dem Einbetten in Pa- raffin vorausgeht, sehr spröde werden und deshalb sehr leicht beim Schneiden brechen, bedarf es besonderer Einbettungsmethoden, über die ich später berichten werde. Zum Schluß möchte ich noch einmal auf Fig. 5 u. 6 Taf. XII hinweisen. Bei genauerer Betrachtung von Fig. 5 fällt eine Eigen- tümlichkeit auf: Die Einbuchtung zwischen den Borsten setzt sich bei e in eine feine Linie fort. Sie entstand so, daß beim Über- greifen der Kutinisierung auf die Seitenwände der Schlauchzellen ein schmaler Streifen, eventuell eine Reihe inselförmiger Flecke, längs der Mitte nicht kutinisiert wurde. Diese Linie dient wohl als Aufrißlinie, durch die der Zwischenraum zwischen den Borsten erweitert werden kann, wodurch dann eine größere Schmiegsamkeit der ,, Bürste" erreicht wird. Fig. 6 endlich zeigt einen Querschnitt durch mehrere Borsten der ,, Bürste"; sie erinnert auffallend an einen Querschnitt durch Eckenkollenchvm. tJber den lippenförmigen Anhang an der Narbenöffnung von Viola tricolor. 273 Der soeben beschriebene Bau des Anhängsels an der Narben- öffnung von Viola tricolor macht es wahrscheinlich, daß die älteren Autoren in ihrer Deutung der Lippe im Rechte waren, daß sie wirklich dem Zweck dient, den HiLDEBRAND ihr unterlegte. Be- sondere Versuche, die seinerzeit schon CORRENS angestellt hat, haben auch ergeben, daß die Lippe wirklich in der Weise funk- tionieren kann, daß sie von der Oberfläche eines eingeführten In- sektenrüssels die Pollenkörner abkratzt und beim Zurückziehen des Rüssels wenigstens zum größeren Teil in die verquollene, offenbar als Keimbett dienende Masse bringt. Eigene Untersuchungen über diese Frage sowie weitere Einzelheiten des Baus und der Entwickelung der Narbenöffnung nicht nur bei Viola tricolor sondern auch bei anderen Arten der Oattung Viola werde ich später veröffentlichen. Münster i. W., Botanisches Institut der Universität. Literatur. •CORRENS, C, Beiträge zur biologischen Anatomie der Aristolochia-Bläte, zur Biologie und Anatomie der Salvienblüte, zur Biologie und Anatomie der Calceolarienblüte. PrinGSH. Jahrb. 1891, Bd. 22, S. 161—262 und Taf. 4-8. ÜILDEBRAND, F., Die Geschlechterverteilung bei den Pflanzen. Leipzig 1867. Krämer, H., Viola tricolor L. in morphologischer anatomischer und biologischer Beziehung. Diss. Marburg 1897. MÜLLER, Hekm., Die Befruchtung der Blumen durch Insekten und die gegen- seitige Anpassung beider. Leipzig 1873. WlTTROCK, B., Viola Studier I. Morfologisk-biologiska och systematiska Studier öfver Viola tricolor. Stockholm 1897. Erklürung der Tafel XII. Fig. .1. Radialer Längsschnitt durch den unteren Rand der Narbenöffnung einer sehr jungen Knospe von Viola tricolor dunensis. a äußere, i innere Epidermis, sz schlauchförmig verlängerte Epidermiszellen. Vergr. 600. Fig. 2. Der gleiche Rand auf einem etwas älteren Stadium, sz Schlauch- zellen, acl äußere, verstärkte Kutikula. Vergr. 400. Pig. 3. Noch älteres Stadium nach Behandlung mit verdünnter Eau de Javelle und Ohlorzinkjod. Borstenbildung, b Borsten, h Höcker, teilweise in Flächenansicht, ncw nicht kutinisierte Wände der Schlauchzellen sz, acl stark verdickte äußere Kutikula, cl sich loslösende innere Kutikula, 274 Reinhold Lange: Über den lippenförmigen Anhang usw. dg degenerierende Zellschicht, -|- + Grenze des degenerierenden und normalen Zellgewebes. Vergr. 200. Fig. 4. Vertikaler Längsschnitt durch den Griffel einer befruchteten Blüte von Viola tricolor (irvensis. 1 Lippe, b deren Borsten, c Gelenkleiste aus kutinisierten Membranresten, cl losgelöste innere Kutikula, pk Pollen- körner, ps Pollenschläuche, ep epithelartig ausgebildete innere Epider- mis, CO kragenförmiger Saum aus kutinisierten Membranresten, darunter Reste von verschleimten Zellen. Vergr. 60. Fig. 6. Längsschnitt durch die Lippe einer befruchteten Blüte von Viola tricolor dunensis; h Höcker, e Aufrißlinie in der Seitenwand einer Lippen- zelle, bei e' aufgerissen, c Gelenkleiste aus kutinisierten Membranresten. Das ganze über -\- gelegene Gebilde besteht aus solchen kutinisierten Membranresten. Vergr. 200. Fig. 6. Querschnitt durch mehrere Borsten von Viola dunensis. Vergr. 400. Fig. 7. Entwickelungsstadium des oberen Randes der Narbenöffnung gegen- über der Lippe von Viola tricolor arvensis. cw kutinisierte, erhalten bleibende Zellwände, dg degenerierendes Zellgewebe. Vergr. 214. Sitzung vom 27. Juni 1913. 275 Sitzung vom 27. Juni 1913. Vorsitzender: Herr G. HaiJERLANDT. Der Vorsitzende macht zunächst Mitteihing von dem am 29. März d. J. erfolgten Ableben unseres Ehrenmitgliedes Herrn Professor Dr. Th. M. Fries in Uppsala. Die Anwesenden ehren das Andenken an den Ver- storbenen durch Erheben von ihren Sitzen. Als ordentliches Mitglied wird vorgeschlagen Herr Schubert, Dr. Otto in Bonn (durch M. Koernicke u. H. Fitting), Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren Finn, Vladimir in Kiew. Pfeiffer, Gustav in Innsbruck. Herr LiNDNER legte eine Reihe von Mikrophotogrammen vor, die bei Vergrößerungen von 250- bzw. 500 fach nur einer Exposi- tionszeit von Voo T^zw. V45 Sekunde bedurft hatten. Die Bilder bezogen sich auf Hefen aus Peruanischem Chichabier, sowie auf den unlängst aus chinesischer Hefe von SAITO in Dairen (Man- dschurei) isolierten Endomyces Lindiieri und eine auf Pferden in Abszessen der Haut vorkommende Hefenart mit außerordentlich verdickten Zell Wandungen. Dann wurden noch eine Kultur von Penicülnmi luteum, sowie davon gefertigte photographischeAufnahmen und direkte Kopien mittels Gaslichtj^apiers vorgezeigt, die von Herrn GLAUBITZ angefertigt und mit den nötigen Wachstums- V'ermerken versehen waren. Auf jeden Tag kam ein Tagesring, mit Ausnahme einer Periode, in welcher das Gefäß im Dunkeln auf- bewahrt worden war. Der nunmehr folgende Tagesring war durch einen besonders kräftigen Sporenrasen ausgezeichnet, anscheinend Ber. der deutschen bot. GeseUsch XXXI 20 276 Sitzung vom 27. Juni 1913. aus dem Grunde, weil am Tag zuvor während 3 Stunden die Kultur dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt worden war. Einige Zeichnungen von dem Pilz bezogen sich auf Adhäsionskulturen. Antrag an die Greneralversammlung: Die Unterzeichneten beantragen, daß der Vorstand der Deutschen Botanischen Gesellschaft ermächtigt werde, Spezial- gelehrte der verschiedenen Disziplinen der Botanik und ihrer Grenzgebiete aufzufordern, die Ergebnisse ihrer Arbeiten in den wissenschaftlichen Monatssitzungen vorzutragen. Zu diesem Zwecke wäre der Vorstand zu ermächtigen, auf Wunsch dem Vortragenden die Reisekosten zu ersetzen. Die Vortrüge müßten vorher ange- kündigt werden, so daß es auch auswärts wohnenden Mitgliedern, die sich besonders für das Thema interessieren, ermöglicht wäre, zu den Vorträgen zu kommen, Sie wären als Beilagen zu den Berichten zu veröffentlichen. Die Finanzlage unserer Gesellschaft gestattet die Ausführung dieses Planes. Berlin-Dahlem, den 15. Juni 1913. Appel. Gilg. Den Antrag unterstützen: BEHRENS, BENEÜKE, CLAUSSEN, Fischer, Fuchs, Gräbner, Harms, Herrig, Hieronymus, IRMSCHER, Krause, Krüger, Lindau, Mildbraed, Muschler, Pilger, Reinhardt, Riehm, Schlumberger, Ulbrich, VOLKENS, WERTH, WITTMAOK. F. 0. VON FabeR: Über Transpiration und osmotischen Druck usw. 277 Mitteilungen. 38. F. C. von Faber: Über Transpiration und osmotischen Druck bei den Mangroven. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 2. Juni 1913.) Das ausgezeiclmete Werk SCHIMPERs über die indo-malayische Strandflora birgt eine Fülle von Anregungen zu weiteren Studien über diese interessanten Pflanzenvereine. Wenn wir gleichwohl noch weit davon entfernt sind, die Ökologie dieser Pflanzen in ihren Einzelheiten gut zu begreifen, so mag dies wohl hauptsäch- lich daran liegen, daß eingehende experimentell physiologische Untersuchungen an diesen Pflanzen bisher so gut wie gar nicht ausgeführt worden sind. Als Beisoiel führe ich hier einen der auffallendsten Vertreter i. dieser tropischen Strandflora, die Mangroven, an. SCHIMPER weist in obengenanntem Werk speziell darauf hin, daß die Mano;roven, obwohl im Wasser wachsend, dennoch als Xerophyten zu betrachten sind. Auf diese Xerophytennatur baut -er nun eine Theorie auf, die uns erklären muß, weshalb diese im Wasser stehenden Pflanzen des Transpirationsschutzes bedürfen. Nach ihm könnte die Transpiration leicht eine schädliche An- liäufung von Salz in den Zellen hervorrufen, und um dies zu ver- meiden, setzt die Pflanze die Transpiration durch verschiedene Schutzmittel herab. Diese SOHIMPERsche Theorie, die nicht an Ort und Stelle •durch eingehende Experimente begründet wurde, ist teils ohne Widerspruch, teils mit Zweifel in verschiedenen Werken zitiert worden. Neuerdings hat FlTTING^) an der Hand von Experimenten und Beobachtungen die Unhaltbarkeit der SCHIMPERschen Auf- fassung an Wüstenpflanzen gezeigt und die Vermutung ausge- sprochen, daß sie wahrscheinlich auch für die Strandgewächse -aufgegeben werden muß. Eine Entscheidung konnte nur die ex- perimentelle Untersuchung bringen, womit ich mir die Aufgabe .stellte, die Frage der Wasserversorgung, Transpiration und über- haupt der Ökologie eingehend zu behandeln. 1) Zeitschrift für Botanik, 1911, S. 209 ff. 20* 278 F. C. VON FaBER: Da meine Untersuchungen nocli lange nicht abgeschlossen sind, kann über sie erst später eingehend berichtet werden, doch sei im folgenden kurz einiges über die Transpiration und den os- motischen Druck mitgeteilt. SCHIMPERi) ^n(j KARSTEN 2) wiesen schon auf den xerophy- tischen Bau der Mangrovenblätter hin, der jedem auffällt, der in die Mangroveuwälder kommt und diesen Pflanzen etwas charakte- ristisches verleiht. Wie sich bei näherer Untersuchung herausstellt, kommt diese xerophylle Struktur nicht bei allen Arten ausge- sprochen zum Ausdruck und kann auch bei ein und derselben Pflanze in den verschiedenen Blättern sehr variieren. Auch der Umstand, daß abgeschnittene Sprosse bei verschiedenen Arten verhältnismäßig schnell welken, läßt auf eine intensivere Transpi- ration schließen, als man bisher wohl allgemein angenommen hat. Transpirationsversuche sind meines Wissens in kleinem Maß- stabe nur von HOLTERMANN^) und KAMERLING*) an Mangroven ausgeführt worden. Da solche Versuche von großer Bedeutung für die weitere Beurteilung der Ökologie sind, habe ich ihnen daher besondere Aufmerksamkeit gewidmet'*). Ich fand z. B. folgende Werte: Länge des Zweiges Wasserverlust Anzahl der Blätter in Grammen Name a) ausgewachsen Zeit b) jung unausge- wachsen im in der Schatten Sonne h h Rhizophora mucronala 30 cm, 4a, 3j. 0.9 1,7 9,10— 11.10 „ conjugata . . 40 „ 4a, 5j. 0,7 1,3 9,10—11,10 Ävicennia officinalis . . 35 „ 6a, 4j. 0,6 1,2 10,20—12,20 „ alba .... 20 „ 6a, 2j. 1,2 2,0 9,10—11,10 Sonner ütia alba .... 80 „ 5a, 4j. 1,6 2,6 10,15-12,15 Bruguiera gymnorhiza 40 „ 6 a, 5j. 0,8 1,4 10,15-12,15 „ caryophylloides 35 „ 6 a, 3j. 1,5 2,4 9—11 Aegiceras majus . . . 25 ■„ 6a, 3j. 0,4 0,9 9-11 1) Indo-malayische Strandflora. Botan. Mitt. aus den Tropen. Heft 3. 2) Mangrove-Vegetation im Malayischen Archipel. Biblioth. botan. XXII, 1891. 3) Der Einfluß des Klimas auf den Bau der Pflanzengewebe. Leipzig 1907. Diese Arbeit stand mir hier nicht zur Verfügung, weshalb sie voiläufig unberücksichtigt bleibt. 4) Is de Mangrove xerophyt? Natuurkundig Tijdschrift voor Ned. Indie LXXI, 1912. Gegen die Arbeit KamerlinGs sind, wie meine ausführ- liche Mitteilung zeigen wird, sehr schwere Einwände zu erheben. 5) Die Versuche wurden mittels Potetometers angestellt, für nähere Einzel- heiten verweise ich auf die ausführliche Arbeit. über Trauspiration und osmotischen Druck bei den Mangroven. 279 Hieraus geht schon hervor, daß die Transpiration nicht gering und bei manchen Arten {BJiisophora mucronata, Avicennia alba, Sonneraila alba, Bniguiera caryoplujlloides), sowohl im Schatten als besonders in der Sonne eine beträchtliche sein kann. Viele von diesen Mangroven sind Bäume mit ausgebildeten Laubkronen, die bis 8 Meter und mehr hoch werden können, auf den Koralleninseln an von der Sonne stark durchglühten Stellen wachsend, wo die Temperatur nicht selten die Höhe von 40 — 45 ° C erreicht und der Seewind sie ständig bestreichen kann. Zieht man nun alle diese Momente in Betracht, so kann man sich von der Größe der Transpiration und somit auch von dem Wasserbedürfnis dieser Pflanzen einen ungefähren Begriff machen. Diese Quantitäten Wasser können die im reinen Salzwasser stehenden Mangroven nur dann an sich reißen, wenn sie über ge- nügend hohe Saugkräfte (osmotischen Druck) verfügen. Dieser osmotische Druck wurde an einer Anzahl von Pflanzen der bei den Korallenriffen wachsenden Mangroven bestimmt, mit dem Resultat, daß viele von ihnen ganz gewaltige Druckkräfte in ihren Zellen besitzen. Die nach der üblichen plasmolytischen Me- thode ermittelten Werte seien hier an einigen Beispielen an- gegeben : Name Osmotischer Druck in den Epidermiszellen der Blätter in Atmosphären ausgedrückt RhizopJiora mucronata . 72 „ coiijugata . . 58 Avicennia alba .... 68 „ officinalis . . 52 .'^onneratia alba .... 64 BriKjniera gymnorliiza 34 Ceriops CandoUeana . . 32 Aegiceras iitajns . . . 29 Acanthus ilicifolius . . 24 Liimnitzera racemosa . . 30 Diese Zahlen zeigen, wie der osmotische Druck den der auf salzfreiem Boden stehenden Landpflanzen außerordentlich übersteigt. Meist ist dieser Druck in den Epidermiszellen etwas höher als im Mesophyll^). Die Untersuchung der osmotischen Druckverhältnisse in den Wurzeln zeigt, daß hier bedeutend geringere Druckwerte existieren, bei vielen um die Hälfte geringer als in den Blättern, 1) FlTTlNG fand bei Wüstenpflanzen das Umgekehrte. 280 F. 0. VON Faber: was den Schluß zuläßt, daß ein ansehnliches Potentialgefälle vor- handen ist'}. Der hohe osmotische Druck in den in Wasser lebenden Man- groven mag anfangs etwas befremden, wird aber erklärlich, wenn man die Verhältnisse berücksichtigt, worunter viele dieser Pflanzen wachsen. Die Konzentration des Substrates an Kochsalz erreicht doch nicht selten eine beträchtliche Höhe durch Verdunstung des Wassers. Dies ist besonders an den seichten Stellen in der Nähe der Koralleninseln der Fall. Solche Stellen werden bei Ebbe ganz trocken gelegt und man sieht nicht selten, wie das Salz an den Stelzwurzeln der Mangroven und auf dem Schlamm auskristallisiert. Wahrscheinlich erhöhen die in dem dunklen Schlamm vorhandenen Säuren die „physiologische Trockenheit" der Mangrovenstandorte. Die Beobachtung lehrt, daß besonders die sich am meisten ins Meer hinauswagenden Arten auch die höchsten osmotischen Druckkräfte entwickeln, Sie sind es auch, die vorwiegend auf den Koralleninseln und an dem äußersten nach dem Meere gekehrten Saum des Mangrovenwaldes angetroffen werden. Die Mangrove an der Küste ist häufig einem schnell ein- tretenden Wechsel in der Konzentration des Substrates unterworfen, da hier in der Nähe der größeren Flüsse eine Aussüßung des Wassers stattfindet. Das süße Wasser wird bei Ebbe dem Meere zugetragen und die an diesen Stellen wachsenden Pflanzen stehen in brackigem, oft ganz süßem Wasser. Die steigende Flut drängt das Süßw^asser teilweise wieder zurück, womit die Konzentration des Wassers wieder erheblich steigt ^j. Die Fähigkeit solche schnelle W^echsel der Substratkonzentration gut zu vertragen, setzt eine Re- gulation des osmotischen Druckes voraus, den die Mangroven in hohem Maße besitzen. So findet man Bhisopliora mucronata und Ävicennia alba sowohl in reinem Seewasser bei den Koralleninseln, als im Innern des Mangrovenwaldes der Küste, wo der Salzgehalt des Wassers nur sehr gering ist. So lassen sich in Buitenzorg eine Anzahl von sonst im Meere waclisenden Mangroven auf salz- freiem Boden in süßem Wasser züchten. Es gelingt sehr gut, Wiisophora mucronata z. B. direkt aus dem Meere in Süßwasser 1) Dasselbe wurde auch von HanniG an einer Reihe von Land- und Wasserpflanzen in Europa nachgewiesen. Vgl. hierzu diese Berichte, 30. Jahrg., Bd. XXX, 1912. 2) Für nähere Einzelheiten über Verdünnung des Meerwassers durch Flösse, verweise ich auf SUPAN, Grundzüge der physikalischen Erdkunde. Leipzig 1908, S. 280. über Transpiration und osmotischen Druck bei den Mangroven. 281 überzubiingeri, ohne daß die Pflanzen dabei zugrunde gehen. Es zeigt sich dabei, daß eine Regulation des osmotischen Druckes innerhalb sehr kurzer Zeit stattgefunden hat. Solche in süßem Wasser stehenden Rhizophoren besitzen in ihren Geweben einen osmotischen Druck, der den der anderen stets auf salzfreiem Boden vorkommenden Pflanzen nur wenig übersteigt. Der hohe osmotische Druck in den Zellen der Mangroven \vird bei vielen durch starke Salzspeicherung bewirkt, was schon durch den salzigen Geschmack der Blätter angedeutet wird. Ver- schiedene Arten stellen den hohen osmotischen Druck durch andere, stark osmotisch wirksame Stoffe, wahrscheinlich Gerbstoffe her. Es sei hier im voraus mitgeteilt, daß die Salzspeicherung eine spe- zifische Eigenschaft bestimmter Mangrovenpflanzen darstellt. Meine bisherigen Untersuchungen haben jetzt schon deutlich gezeigt, daß nicht die Transpiration über die Salzspeicherung entscheidet, wie SCHIMPER glaubte, sondern durch die spezifische Eigenart der Pflanze bedino-t wird, wie dies schon FiTTING bei den Wüsten- pflanzen nachgewiesen hat. Diese und andere Fragen über die Ökologie der Mangroven erfahren erst später in meiner ausführlichen Arbeit eingehend Be- rücksichtigung. Buitenzorg, Mai 1913, Botanische Laboratorien 's Lands- Platentuin. 282 F- 0- ^^ON Faber: 39. F. C. von Faber: Biophytum apodiscias, eine neue sensitive Pflanze auf Java. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 2. Juni 1913.) Seit langem hat sich eine große Anzahl von Forschern mit den auffallenden Yariationsbewegungen von Mimosa imdica be- schäftigt, sodaß wir über manches von der Reizphysiologie dieser klassischen Pflanze recht gut unterrichtet sind. Stiefmütterlich sind in dieser Beziehung die ebenfalls sehr sensitiven Biophyten behandelt worden, was vielleicht dem Umstände zuzuschreiben ist, daß diese Pflanzen viel zarter sind als Mimosa pudica und daher in den Warmhäusern nicht so recht gedeihen wollen. Sie ent- wickeln sich zwar ab und zu anscheinend recht kräftig, sind jedoch, was ihre Empfindlichkeit für Stoß- und Wundreize betrifft, nicht mit ihren Brüdern in den Tropen zu vergleichen. Das mir hier auf Java zur Verfügung stehende ausgezeichnete Material lockte mich an, über die ßeizphysiologie der Biophyten zu arbeiten. Ich habe dies im verflossenen Jahr getan und werde daher in einiger Zeit in der Lage sein, hierüber ausführlich zu berichten Vorläufig will ich hier einiges über eine für Java neue Art der Gattung Biophytum mitteilen, nämlich über Biophijtum apodisciai^, eine Pflanze, die in manchem von den beiden anderen, hier vor- kommenden Arten abweicht und eiu ausgezeichnetes Objekt für reizphysiologische Untersuchungen abgibt. Was ihre „Empfindlich- keit" für Stoß- und Wundreize anbelangt, ist sie den anderen Arten mindestens ebenbürtig, übertrifft sie jedoch in mancher anderen Beziehung. Biophytum apodiscias wurde auf Java zuerst von Molisch 1) bei den Tompelruinen von Bäräboedoer beobachtet, er machte auf diese eigenartige Pflanze aufmerksam, doch fehlte ihm die Zeit, sie näher zu untersuchen. Die Bestimmung ergab, daß wir es mit einem für Java noch nicht bekannten Vertreter der Biophyten zu tun haben. Während die beiden anderen, hier ebenf.alls vorkommenden Vertreter B. sensitivum und B. Beinwardtü nach einem Stoß- oder 1) Ber. d. D. Botan. Ges. 1904, Bd. XXII, S. 376, Fußnote 1. Biophytum apodiscias, eine neue sensitive Pflanze auf Java. 283 Wundreiz nur die Teilblättchen bewegen, ist bei B. apodiscias auch die Blattspindel selbst imstande, eine schnelle Variationsbevvegung auszuführen. Wird von einem Blatt eines der Endblättchen verletzt, so hebt sich kurz darauf die ganze Spindel in die Höhe und pflanzt den Reiz schnell auch über die anderen Spindeln fort, die sich ebenfalls heben. Auf diese Weise gehen nach einem AVundreiz sämtliche Spindeln in die Höhe und die Blattrosette schließt sich oben ganz zusammen, die Blüte zwischen sich haltend und be- deckend. Nach einiger Zeit senken sich die Blattspindeln wieder, um zuletzt in die alte Reizlage überzugehen. Die Blattspindeln von B. apodiscias führen also gerade die umgekehrte Bewegung aus, wie die primären Blattstiele von Mi- mosa pudica. Wie die Untersuchung lehrt, erschlaffen die reizbaren Spindelpolster nach einer Reizung auf ihrer Oberhälfte, während sich die untere Hälfte ausdehnt, das ganze Gelenk nimmt an Biegungsfestigkeit zu. Es verhält sich also die Spannungsänderung der antagonistischen G-elenkhälfteu nach einer Reizung gerade um- gekehrt wie bei Mimosa pudica. Die photo- und thermonastischen Bewegungen der Blatt- spindeln sind ebenfalls charakteristisch. Die paratonischen photo- und thermonastischen Bewegungen der Blattspindeln bei B. ajjodis- cias beruhen auf einer gleichsinnigen, gleichgerichteten, aber un- gleich großen Turgordruckänderung in den antagonistischen Gelenk- hälften. Die Schlafstellung der Blätter besteht darin, daß sämtliche Blattspindeln nach oben gerichtet sind und so die Blattrosette sich oben schließt, wodurch sie so dem Stand der Blätter nach einem Stoß- oder Wundreiz ähnelt. Die Pflanze ist sehr empfindlich für Feuchtigkeits unterschiede der Luft und reagiert darauf mit einer schnellen Variations- bewegung der Blätter. Über diese, sowie die durch andere Fak- toren ausgelösten Bewegungen der Blattspindeln werde ich später ausführlich berichten. Wichtig ist die Beobachtung, daß die Schlafbewegung im hohen Grade von der Schwerkraft beeinflußt wird. Es gelingt, die Schlafbewegung nach der Angriffsrichtung der Schwerkraft zu richten, so kann durch Umkehren der Pflanze auch die Schlaf- bewegung umgekehrt werden. Die Schlafbewegungen erlöschen beim Rotieren am Klinostat in sehr kurzer Zeit. Über die Reizleitung habe ich eingehende Untersuchungen angestellt, da wir über sie bei den Biophyten noch so gut wie gar 284 r« 0- VON FabeR: Biophjtum ax^odiscias, eine neue sensitive Pflanze usw. nicht unterrichtet sind. In der Literatur existieren darüber nur zwei kurze Notizen von HABERLANDTi) und MAC DOUGAL'^), die bei ihren Versuchen gerade entgegengesetzte Resultate erhielten. HABERLANDT berichtet, daß bei B. sensitivum Eeize über tote Strecken der Blattspindel nicht geleitet werden, während MAC DOUGAL bei derselben Pflanze fand, daß sie wohl über solche ge- tötete Strecken geleitet werden. Ich habe an einer großen Anzahl von Pflanzen solche Abtötungsversuche ausgeführt und kann die Ano-abe von MAC DOUGAL nicht allein für B. sensitivum und B. Remtvardtii, sondern auch für B. apodiscias bestätigen. Die Untersuchung der Reizleitungsgeschwindigkeit, die ich nach der HELMHOLTZschen Methode bestimmte, lieferte interessante Resultate und stellte sich als bedeutend größer heraus als HABER- LANDT und Mac DOUGAL^) angegeben haben. Nach Verwundung durch Entzweischneiden eines der beiden Endblättchen der Spindel fand ich für B. sensitivum eine durchschnittliche Reizleitungs- gescliAvindigkeit von 17 — 20 mm und für B. apodiscias eine solche von 20 — 25 mm pro Sekunde. In der Blütenachse dieser Pflanze wird ein Wundreiz mit einer G-eschwindigkeit von 5 — 7 mm pro Sekunde geleitet, während er sich in den Wurzeln mit einer solchen von 5—8 cm pro Minute fortpflanzt. Die ungleich schnelle Reizleitungsgeschwindigkeit in basifu- galer und basipetaler Richtung ist besonders bei B. apodiscias auf- fallend. Bei einer Reizung durch Entzweischneiden eines Fieder- blättchens ist die Geschwindigkeit der Reizleitung in basipetaler fast doppelt so groß als die in basifugaler Richtung. Zum Schlüsse möchte ich hier auf die elektrischen Potential- schwankungen hinweisen, die sich in den Blattspindeln nach einer Reizung bemerkbar machen. Ich habe diesem Punkt der Unter- suchung besondere Aufmerksamkeit gewidmet, da diese elektromo- torischen Erscheinungen einiges Licht auf die Reizleitung werfen. Stoß- und Wnndreize rufen in den Blattspindeln elektrische Potentialdifferenzen hervor, die sich mit großer Geschwindigkeit über ausgedehnte Strecken ausbreiten. Die Intensität der Span- nungsänderung ist von der Größe des Reizes und außerdem in hohem Maße von äußeren Einflüssen abhängig. Sie unterbleibt bei dunkel- und wärmestarren sowie narkotisierten Pflanzen. Die 1) Ann. du Jardin Bot. de Buitenzorg, Suppl. 2. 33. 2) Botan. Centralbl., Bd. 77, 1899, S. 297. 3) Die Angaben von HabekLANDT und Mac DOUGAL stimmen auch hierin nicht miteinander überein. Leider geben beide Forscher nicht an, wie die Werte ermittelt worden sind. Arno ViehOEVER: Botanische Untersuchung harnstoffspaltemler usw. 285 elektrischen Spannungsänderiingen zeigen sich damit als Begleit- erscheinungen physiologischer Vorgänge. Sie sind wahrscheinlich mit der Erregung des Plasmas in Verbindung zu bringen und be- sonders deshalb lehrreich, weil sie zeigen, daß diese Erregung mit viel größerer Greschwindigkeit geleitet wird, als die Reaktion es vermuten läßt; die Erregung eilt der Reizreaktion weit voran. Wie die elektrischen Potentialschwankungen weiter lehren, findet auch an denjenigen Stellen eine Erregung durch Reizung statt, wo keine Reaktion mehr diese Erregung anzeigt. Will man der auf- fallenden Bewegung der Blätter von B. apodiscias eine ökologische Bedeutung zumessen, so wäre eine solche vielleicht darin zu er- blicken, daß sich die Blattspindeln nach Reizung (z. B. durch Regen) heben und so die Blüten schützen. Buitenzorg, April 1913, Botanische Laboratorien 's Lands Plantentuin. 40. Arno Viehoever: Botanische Untersuchung harn- stoffspaltender Bakterien mit besonderer Berücksichtigung der speziesdiagnostisch verwertbaren iVlerkmale und des Vermögens der Harnstoffspaltung. (Eingegangen am 19. Juni 1913.) In der sehr umfassenden, von recht verschiedenartig vorge- bildeten Forschern herrührenden Bakterienliteratur sind eine un- gemein große Anzahl von Bakterien mit ungenügenden Diagnosen aufgeführt: Diagnosen, die es unmöglich machen, eine der Formen wieder zu erkennen, welche der Beschreibung zugrunde lag. Die Folge davon ist, daß häufig ganz verschiedene Bakterienspezies, die nach diesen unvollkommenen Diagnosen als gleich erscheinen, von den Autoren auch wirklich als zu einer Spezies gehörig be- trachtet werden. Andererseits läuft die gleiche Art oft unter sehr verschiedenen Speziesnamen. Diese Tatsache bringt es auch mit sich, daß die Resultate der morphologischen und physiologischen Untersuchungen über Bakterien sehr oft nicht nachgeprüft werden können, weil eben nicht sicher erkannt werden kann, welche Spezies zur Untersuchung benutzt wurde. Ferner sind Angaben über die ph3'siologische Leistung einer Art oft deshalb unrichtig, weil sie aus Beobachtungen über in der Tat verschiedenartige Formen kombiniert wurden. 286 Arno Viehoeter: Es muß deshalb eine umfassende Revision der bisher aufge- stellten Spezies und eine sorgfältige Bearbeitung der Diagnosen durchgeführt werden, wenn die Bakteriensystematik einigermaßen auf den Stand der Systematik der höheren Pflanzen gebracht werden soll. Den Anfang einer derartigen exakten Durcharbeitung machte, unter Benutzung der im Botanischen Institute zu Marburg v^or- handenen Sammlung sichergestellter Spezies und ihrer diagnostischen Merkmale, eine Arbeit über buttersäurebildende Bakterien. Diese, unter Leitung von Herrn Prof. ARTHUR MEYER durch BREDEMANN (1909) ausgeführten, eingehenden Untersuchungen über die Butter- säurebakterien hatten unter anderem auch das Resultat ergeben, daß eine größere Anzahl von Buttersäure bildenden Formen, die als verschiedene Spezies aufgefaßt worden waren, zu einer einzigen Spezies ,.Bac. amylohader A. M. et Bredemann" zusammengezogen werden müssen. Im Anschluß an diese Untersuchungen veranlaßte mich Herr Prof. Meyer, unter seiner Leitung die Bearbeitung der sporenbil- denden Bakterienspezies vorzunehmen, die den Harnstoff in Am- mooiak und Kohlensäure zu zerlegen vermögen. Die Arbeit, die ich in der Zeit von 1909 — 1918 ausführte, wird demnächst als Dis- sertation und im Zentralblatt für Bakteriologie erscheinen; sie um- faßt einmal die ausführliche Beschreibung eines von mir isolierten Stammes (einer reinen Linie), dessen Eigenart auf Grund einer großen Anzahl differentialdiagnostischer Merkmale, unter Berück- sichtigung ihrer Variation, festgelegt wurde; sie enthält ferner den eingehenden morphologischen wie physiologischen Vergleich meines Stammes mit den harnstoffspaltenden Stämmen anderer Forscher und behandelt schließlich noch besonders ausführlich die Frage der Harnst off Spaltung. Die hauptsächlichsten Resultate meiner Arbeit sind nun die folgenden : Nach meinen Untersuchungen sind bestimmt zu der jetzt von uns „Bacillus iirobatus A. M. et Viehoever" genannten Spezies folgende Formen zu rechnen: 1. TJrobacilhis Pasteurii (Miquel) Beijorinck. 2. UrohacilJiis kuhei Beijerinck. 3. Bacillus Pastenn (Miquel) Migula, Stamm Bj Löhnis. Zu unserer Spezies Bacillus prohatus gehören wahrscheinlich die folgenden, nicht mehr in Originalkultaren zu erhaltenden Formen, welche wenigstens eine Anzahl von diagnostischen, für die Zugehörigkeit zu unserer Spezies sprechenden Merkmale, da- Botanische Untersuchung harnstoffspaltender Bakterien usw. 287 gegen kein wesentlich davon abweichendes Merkmal besitzen. Die Spezies sind nicht genügend genaubeschriebenund deshalb zu streichen. 1. Bacillus ureae a = Urohacillus Madoxii Miquel. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. r = 8 = Fveudenreichü Miquel. Dudauxii Miquel. Pasteurii Miquel. d Miquel. 8 Miquel. ,, Stamm I[ Burri. ,, Stamm III Barri. 9. Bacterium ureae = Bacillus ureae (Leube) Günther. 10. Die sporenbildenden Harnstoff spaltenden Bakterien von Rochaix et Dufourt. Die Spezies Bacillus probaius A. M. et Viehoever zeigte unter anderem die nachfolgenden Eigenschaften, deren Mitteilung uns an dieser Stelle wünschenswert erscheint. Harnstoffspaltungsvermögen: Gehen wir von 10 Millionen Sporen der verschiedenen Stämme unserer Spezies aus, als Impfmaterial in 20 ccm Bouillon mit 1 pOt. Pepton und 2 pCt. Harnstoff, und lassen wir die Kulturen 20 — 50 Stunden bei 28 ° stehen, so ist die Größe der Harnstoffspaltung annähernd propor- tional der gefundenen Oidienzahl (der Zählung der Oiden wurde möglichst die durchschnittliche Sporangiengröße zugrunde gelegt^) : Stäbchenzahl in Millionen Gespaltene Harnstoffmenge in g 2076 „ 0,0 2877 3165 3618 3782 4586 0,075 0,084 0,144 0,168 0,327 j' Die Vermehrungs- und Spaltungsgröße in 20 ccm 2proz. Harn- stoffbouillon ist also folgende: Bei rund 2100 Millionen Stäbchen sind gespalten rund 0 pCt. 19 21 36 42 82 des zugesetzten Harnstoffs. 1) Die Zählung der Sporen und Stäbchen wurde nach einer besonders- ausgearbeiteten Methode vorgenommen. 2900 3200 3600 3800 4600 238 Arno Viehoever: Daraus geht hervor, daß die Harnstoffspaltung erst nachweis- bar wird, wenn mehr als 2000 Millionen Stäbchen in 20 ccm Bouillon gebildet sind. Nehmen wir an, daß bei 2500 Stäbchen eben Am- moniak nachzuweisen ist, so finden wir für weitere je 500 Millionen Stäbchen etwa 20 pCt, des zugesetzten Harnstoffs zersetzt: bei 3000 = 20 pCt., bei 3500 = 40 pCt., bei 4500 = 80 pCt. des zugesetzten Harnstoffs. Das Verhältnis der Stäbchenzahl zur Harnstoffspaltungsgröße konnte weder durch längere Fortzüchtung auf harnstofffreiem oder harnstoffhaltigem Nährboden, noch bei Durchführung der Spaltung in verschiedenen Nährböden beträchtlich verschoben werden. Auch vorbehandelnde Züchtung bei der für die Sporenbildung maxi- malen Temperatur oder die Vornahme der Gärung bei dieser Temperatur konnten das Verhältnis der Stäbchenzahl zur Harnstoff- spaltungsgröße nicht merklich verändern. Alle Verminderungen oder Vermehrungen der Ammoniak- produktion aus Harnstoff ließen sich auf die verschieden große Schnelligkeit der Odienvermehrung zurückführen. Auch die folgenden Beobachtungen, welche die Spezies als wahr- scheinlich autotroph erscheinen lassen, sind von Wichtigkeit: Die Spezies kann zu den Nitritbakterien gerechnet werden, denn sie vermag Ammoniak in Nitrit zu verwandeln. Die Spezies kann anscheinend in stickstofffreier mineralischer Nährlösung noch wachsen, wenn diese als Stickstoffquelle nur Ammoniumkarbonat enthält, und dem- nach ihren Kohlenstoffbedarf zur Not aus dem Ammonkarbonat decken. Die Spezies wächst sicher kräftiger als autotroph sapro- phjtisch mit Ammoniak und Asparagin und noch viel besser mit Ammoniak und Pepton, kann jedoch in mineralischer M-Nährlösung nicht wachsen, wenn diese nur unzersetzten Harnstoff enthält oder die Stoffe: Glycocoll, Leuzin, Azetamid, Oxamid, Succinimid, Harnsäure, Urethan, Kreatinin, Kroatin, Guanidin, Thioharnstoff. Besondere Aufmerksamkeit wurde auch der Frage zuo'ewandt, ob es möglich sei, den dauernden Verlust des Sp(?renbildungsver- mögens bei Erhaltung der vegetativen Entwicklungsmöglichkeit herbeizuführen. Zu diesem Zwecke züchtete ich das Bakterien- material meines Originalstammes lange Zeit auf künstlichen Nähr- böden, impfte es dabei in verschieden langen Abständen über, immer ohne es vorher abzukochen; die Kulturen wurden bei gün- stigen und ungünstigen, zum Teil maximalen Temperaturen ge- halten. In anderen Versuchen wurden dem Nährboden Gifte, Soda, Ammonkarbonat oder Harnstoff in verschieden großen Mengen zu- gesetzt. Es gelang jedoch in keinem Falle, den dauernden Verlust Botanische Untersuchung harnstoffspaltender Bakterien usw. 289 des Sporenbildungs Vermögens herbeizufüliren: entweder trat eine so starke allgemeine Schwächung ein, daß auch das Entwicklungs- vermögen dauernd aufgehoben wurde, oder es gelang nachträglich, durch Züchtung bei optimalen Bedingungen wieder Sporen zu erhalten. Interessant ist auch das Ergebnis, daß bei häufiger Über- impfung nicht abgekochten Materials, unter optimalen Kultur- bedingungen eine allgemeine Stärkung der Stämme eintrat. Schließlich erwähne ich noch kurz die Versuche, welche ich über die Widerstandsfähigkeit der Sporen gegen Gifte (Zinksulfat und Kaliumdichromat) und gegen Säuren (Salzsäure und Schwefel- säure) gemacht habe. Ich benutzte dabei folgende einfache Methode, bei der eine Wachstumshemmung, durch etwa im Sporen- materiale zurückgebliebene Gift- oder Säurereste hervorgerufen, kaum in Betracht kam, wenn dieses sorgfältig genug ausgewaschen war: Das ausgereifte Sporenmaterial wurde in Spitzgläschen mit bestimmten Mengen der Säure oder der Giftlösung bekannter Kon- zentration zusammengebracht, zur gleichmäßigen Verteilung öfters geschüttelt und die Mischung nach bestimmten Zeitabständen bis zur völligen Klärung zentrifugiert. Nach Entfernung der Giftlösung wurde der Sporenrest mehrere Male unter Zuhilfenahme der Zentri- fuge mit sterilem Wasser ausgewaschen, bis im Waschwasser auf chemischem Wege nichts mehr von den Zusätzen nachweisbar war, eine Ose des Sporenmaterials dann in optimale Kulturbedingungen übertragen und auf dem Nährboden schließlich der Eintritt der Sporenkeimung oder des sichtbaren Wachstums verfolgt. Es stellte sich dabei heraus, daß die Sporen getötet waren, als sie 105 Minuten mit J6proz. Schwefelsäure und 40 Minuten mit 25proz. Salzsäure bei 28 " in Berührung waren; dagegen blieben die Sporen noch entwicklungsfähig nach einer Einwirkung von 16proz. Schwefelsäure während 50 Minuten bei 28 ", von 16 proz. Salzsäure während 10 Minuten bei 28 °, von nahezu SOproz. Zink- sulfatlösung während 8 Stunden bei 28 ", während 3 Wochen bei ca. 17 " und von nahezu 15proz. Kaliumdichromatlösung während 8 Tao-en bei 28 " C. "ta^ Botanisches Institut der Universität Marburg, 1-1. Juni 1913. 290 WERNER Magnus: 41. Werner Magnus: Über zellenförmige Selbstdifferen- zierung aus flüssiger Materie. (Mit Doppeltafel XIII.) (Eingegangen am 19. Juni 1913) Bei der Ausgestaltung der Formen der Organismen tritt häufig folgender Vorgang in Erscheinung. Aus der anseheinend form- losen mehr oder weniger flüssigen protoplasmatischen Grundsub- stanz werden feste Bestandteile ausgeschieden, die oft höchst regel- mäßige und dabei komplizierte Anordnung und Form besitzen. Ich denke hierbei namentlich an Membranskulpturen der Diato- meen und Peridineen, der Sporen vieler Thallophyten und Gefäß- kryptogamen und an manche andere Zellwandverdickungen der Pflanzen. Weiter an die Gerüstsubstanz vieler tierischer Formen, wie an den Schalenbau der Foraminiferen und Radiolarien, der Nadelbildung der Schwämme besonders der Hexactinelliden u. a. Auch wäre zu erinnern an die Erscheinungen der freien Zellbil- dung etwa im Embryosack der Pflanzen oder bei den Furchungen tierischer Eier, wenn auch hier die Verteilung der Kerne im Proto- plasma als formregelnder Faktor mitzuwirken vermag. Alle diese Bildungsprozesse haben das Gemeinsame, daß un- gefähr gleichzeitig in ungefähr gleichen Abständen ungefähr gleiche Formelemente sich aus der anscheinend ungeformten Grundsubstanz herausdifferenzieren. Die Formen selbst können auch bei nahe ver- wandten Organismen von sehr verschiedenartiger Natur sein. Es treten auf Stacheln, Leisten, Poren und besonders häufig netzartige Formen und Wabenbildungen, die bei den Abgrenzungen der Proto- plasten in der freien Zellbildung die Regel sind. Eine Zurückführung einer in so regelmäßigen Abständen er- folgenden, gleichartigen und gleichmäßigen Formbildung auf die Mit- wirkung physikalischer Gesetze erscheint recht schwierig, besonders da, wie bekannt, sich die mehr oder weniger flüssige protoplasmatische Grundsubstanz vielfach in ständiger Bewegung befindet. Mehr Aussicht für eine physikalische Ausdeutung bieten die dabei auf- tretenden Strukturen. Da die netz- und kammerartigen Abgren- zungen oft auffallend den PLATEAUschen Minimalflächen in Schäumen ähneln, wurde wiederholt auf ihre Bildung entsprechend über zellenförmige Selbstdifferenzierung aus flüssiger Materie. 291 erstarrenden Schaumwänden geschlossen. (BertHOLDI), BÜTSCHLI^), DREYER^) u. a.) Mit Recht wurde aber von anderer Seite immer wieder hingewiesen, daß bemerkenswerte Abweichungen vom PLATEAUschen Schema auftreten, die eine physikalische Deutung in dieser Richtung nicht zulassen. Eine andere physikalische Deutung wurde versucht von LEDUO^) und LlESEGANG^) durch das Studium der Grenzen von Diffusionsfeldern ^), wobei aber gerade der wesent- lichste Punkt einer Selbstdifferenzierung, die gleichmäßige G-röße und Anordnung der Felder, dem Willen des Experimentators über- lassen bleibt. Die folgenden Versuche über die Bildung regelmäßiger, 'in regelmäßigen Abständen entstehender Formen aus flüssiger Materie beabsichtigen den Nachweis zu führen, daß solche periodischen Bildungen aus unorganisierter Materie möglich sind und in ihrer Größe bestimmten Gesetzen gehorchen. Es wird zu zeigen sein, daß die auftretenden Bildungen in der Tat auch formale Ähn- lichkeit mit gev/issen Formbildungen der Organismen besitzen. Es wird schließlich die Frage erörtert, inwieweit die zur Form- bildung in der unorganisierten flüssigen Materie führenden physi- kalischen Vorgänge bei den Formbildungen aus dem Protoplasma der Organismen mitwirken dürften. Versuche. 1. Erstarrendes Paraffin. Auf Quecksilber, das in einer Schale auf über 78 ^ C erhitzt wird, wird geschmolzenes Paraffi- num solidum (Schmelzpunkt etwa 74 ") gegossen und bei Zimmer- temperatur langsam zum Erkalten gebracht. Das zuerst erstarrende Paraffin, das sich durch seine weiße Farbe scharf abhebt, bildet sich am Rande der Schale. Von ihm aus entwickeln sich in ganz regelmäßigen Abständen mit breiter Basis aufsitzende, parabelförmige Ausstülpungen, die radiär innerhalb der Paraffinoberfläche in das Innere des Gefäßes hineinragen. Bald treten, gleichfalls radiär, zwischen ihnen je eine weiße Linie auf. Nunmehr werden auf der Oberfläche der Flüssigkeit hier und dort scharf begrenzte drei- strahlige Gebilde sichtbar, deren Strahlen sich rasch verlängern. 1) BebthOLD, Studiea über Protoplasmamechanik, 1886. 2) BÜTSCHU, Mikroskopische Schäume usw. 1892. 3) Dreyer, Gerüstbildungsmechanik, 1892. 4) Leduc, Physikal. Zeitschrift, 1905, S. 793—795. B) LlESEGANG, Archiv f. Entwicklungsmechanik, 33, 1911. 6) Meinen Standpunkt zu den entsprechenden Anschauungen KÜSTERS : „Zonenbildung" usw., 1913 gedenke ich an anderer Stelle darzulegen. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. 21 292 Werner Magncs: Fig. 1. Sie wachsen auf die Strahlen benachbarter Dreistrahler zu und vereinigen sich mit ihnen. Auf diese Weise überzieht sich die Oberfläche mit einem soliden Netzwerk, in dessen sich immer weiter abrundenden Maschen sich das noch flüssige Paraffin be- findet, rig. 2. Nunmehr wachsen die Löcher diaphragmaartig zu- sammen, und schließlich ist die ganze Oberfläche erstarrt. — Die festgewordene Paraffinschicht besitzt an ihrer Oberfläche eine durch Einbuchtungen und Anschwellungen entstehende Zeichnung, die deutlich die Entstehungsart der Maschen wiedergibt. Die zuerst entstandenen Maschenwände markieren sich als eingesenkte Linien^ und auch der innerste Teil der Maschen zeigt in einer mehr oder weniger runden Einsenkung die zuletzt erstarrte Paraffinschicht, während der dazwischenliegende Paraffinring leicht hervorgewölbt ist. Diese Oberflächenstruktur des Paraffins ist von überraschender Regelmäßigkeit. Fig. 3. Die Wände aller Ilandmaschen stehen genau radiär und in so regelmäßigen Abständen voneinander, daß alle Maschen oft fast genau die gleiche Größe besitzen. Ihre Breite entspricht dem Durchmesser der Mittelkammern, die nicht weniger regelmäßig angeordnet sind. Sie haben häufig die Ge- stalt von Sechsecken, doch gibt es auch 4-, 5- und 7-Ecke. Ihre Winkel betragen oft 120 \ vielfach auch 90 '^. Spitze Winkel kommen im allgemeinen nicht vor. Oft läßt sich deutlich er- kennen, daß eine Kammer, die etwas größer, als der Dujchschnitt angelegt war, sich noch nachträglich geteilt hat, wie dies auch direkt bei der Entstehung zu beobachten ist. In diesen Fällen wachsen zwei zugespitzte Fortsätze, die sich senkrecht an die schon gebildeten Maschen wände ansetzen, aufeinander zu und trennen so die ursprüngliche Kammer. In der festgewordenen Paraffinschicht sind die später gebildeten Kammern dadurch zu erkennen, daß die mittleren Einsenkungen einander genähert sind. Die Größe der Kammern ist hauptsächlich eine Funktion der Dicke der Paraffin- schicht. Je dünner sie ist, desto kleiner sind die Kammern, Fig. 4, je dicker, desto größer werden sie. Mit ihrer Größe nimmt die Regelmäßigkeit ab. Ebenso sind die Kammern sehr viel unregel- mäßiger, falls die Erstarrung in einem Gefäß mit festem Boden er- folgt. Die Bestimmung der Schichtdicke wurde mit der Schub- lehre vorgenommen. Der Durchmesser der Kammer betrug bei einer Höhe von 0,35 mm = 0,9 mm, von 0,9 = 2,4, von 1,55 = 4,8 , von 2,8 = 8,1. Auf der dem Quecksilber zugekehrten Seite der erstarrten Pai-affinlamelle lassen sich zumeist die gleichen Ab- grenzungen wie auf der Oberseite, nur weniger scharf, erkennen. — Die Kammerung des Paraffins ist schon vor der Erstarrung vor- über zellenförmige Selbstdifferenzierung aus flüssiger Materie. 298 banden. Bei geeigneter Seitenbeleuchtung lassen sich auf dem spiegelnden Quecksilber sehr bald nach dem Aufbringen des Pa- raffins durch Lichtbrechung unterschiedene, schachbrettähnlich er- scheinende Abgrenzungen erkennen. — Auf der Oberfläche des Quecksilbers bilden sich, wenn das Paraffin nicht schnell erstarrt, in regelmäßigen Abständen dunkle Flecke. Es sind Staubteilchen, die sich an den Stellen zusammenballen, wo sich die Mittelachse •einer Kammer befindet. Nach dem Erstarren der Lamelle finden sie sich als dunkle Punkte auf ihrer Rückseite, genau die Mitte ■der Masche einnehmend. Diese Erscheinungen können durch Ver- mischen des flüssigen Paraffins mit fein verteilten Körpern, wie Ruß, Ultramarin, Sporen von Lycopodiuni oder Lycoperdon, Fig. 6 u. 7, sehr verstärkt werden, doch wird dadurch der ganze Ver- lauf der Erscheinung oft etwas unregelmäßig. — Paraffine mit niederem Schmelzpunkt zeigen bei dem Erstarren keine Kammer- bildung, obgleich sie in geschmolzenem Zustand durch Licht- brechung die Abgrenzungen anzeigen. — Sehr schöne feste Struk- turen gibt, neben anderem Material, Bienenwachs. Da hier die anfänglich ähnlich wie im Paraffin angelegten, festen Strahlen sich auf der erstarrten Oberfläche nur wenig durch Einprägungen mar- kieren, hingegen die zuletzt entstehenden runden Innenräume der Kammern sich tief einprägen, kann die erstarrte Wachslamelle fast gleich große regelmäßige kreisrunde Einsenkungen neben sehr regelmäßigen Randalveolen zeigen. Fig. 5. Im flüssigen Wachs läßt sich die Kammerbildung besonders deutlich nach Unter- mischung mit Graphitpulver erkennen. — In einem anderen Paraffinum solidnm ging die Erstarrung nach der Bildung der Kammerwände ziemlich gleichmäßig durch die ganze Kammer vor sich, wobei jede Kammer von einer strahlenähnlichen Figur aus- gefüllt wird. 2. Zuckerlösung. Zu einer conc. Traubenzuckerlösung (1 : 2 dest. Wasser) werden einige Tropfen einer wässerigen Lösung kolloidalen Silbers (Coargol) zugesetzt, so daß eine etwa 1 mm starke Schicht im durchfallenden Licht mattrotbraun erscheint. Beim Umschütteln scheidet sich das kolloidale Silber in sehr feinen Körnchen ab. Die Flüssigkeit wird in dünner Schicht in eine flache Schale mit möghchst ebenem Boden gegossen (Spiegel- scheibe); sie besitzt Zimmertemperatur, Nach einiger Zeit werden in ziemlich regelmäßiger Verteilung weiße Strahlen, Zwickel und Linien auf dunklem Grunde sichtbar, die sich mehr und mehr zu einem Netzwerk vereinigen, das aber vielfach offene Maschen ■besitzt. Nach etwa 5 Minuten wird dieses Netzwerk wieder un- 21* 294 Werner Magmus: deutlich und dafür tritt, und zwar am Boden des Gefäßes, ein dunkleres Maschenvverk immer deutlicher hervor, das mit dem ur- sprünglichen hellem aaf dunklem Grunde alterniert und zwar so, daß die Ecken der dunklen Maschen immer etwa im Zentrum der von den hellen Maschen umschlossenen Kammern liegen. Das untere dunkle Netz besitzt zumeist weniger offene Maschen, wie^ das ursprüngliche helle, und ist überhaupt regelmäßiger gebaut. Beim vorsichtigen Abheben der oberen Schicht bleibt es als fester Belag dem Boden des Gefäßes aufgelagert. — Der Bildung des hellen Netzwerks kann ein weiteres Stadium vorangehen. Wird die Zuckerlösung unmittelbar nach der ^Vermischung mit der Lö- sung des kolloidalen Silbers beobachtet, so sieht man sich die Silberkörnchen in mehr oder weniger runde, in sehr regelmäßigen Abständen angeordnete, braune Flecke sondern, die von einem hellen Hof umgeben sind. Dieser Hof wird immer kleiner und an 'ö^ der Berührungsstelle der braunen Flecke entsteht ein dunkelbraunes '& feines Netzwerk. In der Mitte der Flecke wird jetzt ein heller Punkt sichtbar mit sternförmigen Ausstrahlungen. Fig. 8. Diese formen sich zu weißen Zwickeln um, und durch ihre Vereinigung entsteht das unregelmäßige helle Maschenwerk auf dunklem Grunde, von dem oben ausgegangen wurde. — Die Maschenweite aller dieser verschiedenen Bildungen ist von der Dicke der Flüssigkeitsschicht abhängig. Das läßt sich besonders deutlich bei schräg gestellten Gefäßen zeicren, in denen die Dicke der Schicht kontinuierlich zu- nimmt. Die genaue Bestimmung der einzelnen Maschengrößen ist durch die auftretenden Unregelmäßigkeiten erschwert, die bei dickeren Schichten sehr zunehmen. — Die Abgrenzung in der Zuckerlösung ist nicht von der Gegenwart kolloidalen Silbei'S abhängig. Bei geeigneter Beleuchtung lassen sich auf der Ober- fläche der unvermischten Zuckerlösung das Licht stark brechende Zeichnungen erkennen, die dem zuerst erwähnten unregelmäßigen hellen Maschen werk etwa entsprechen. Sie liegen also in der Mitte der sogleich nach dem Vermischen mit kolloidalem Silber beobachteten regelmäßigen dunklen Silberansammlungen. — Eine 1 5 proz. Zucker- lösung zeigt, wenn auch langsamer die gleichen Erscheinungen, eine vierprozentige nicht mehr, doch unterblieb in ihr eine Aus- fällung des Coargols. Als jedoch dasselbe zur Coagulation gebracht wurde, zeigten sich auch in ihr Anfänge der Abgrenzung. — Alle diese beschriebenen Erscheinungen unterbleiben, wenn die Zucker- lösung in eine dampfgesättigte Atmosphäre gebracht wird. Sehr regelmäßige Abgrenzungen wurden auch in Zucker- lösung mit Ultramarin und in vielen anderen Lösungen beobachtet,. über zellenförmige Selbstdifferenzierung aus flüssiger Materie 295 wie in Alkoholwasser mit kolloidalem Silber, mit Gummigut oder anderen feinsuspendierten Körpern, in Phenolwasser mit Ultra- marin, in Kochsalzlösungen mit kolloidalem Silber und mit ge- färbtem Eieralbumin, in dreibasischem Natriumphosphat und Ultramarin (Fig. 9) in Kali Wasserglas mit kolloidalem Silber u. a. A^on den dabei auftretenden Erscheinungen sei besonders auf die Randbildung in flachen Tropfen oder am Gefäßrande hingewiesen. Ygl. Fig. 11. Sie entspricht im allgemeinen der regelmäßigen radiären Anordnung der parabelartigen Gebilde des erstarrenden Paraffins, doch können auch ihre Spiegelbilder auftreten. Bei Phenolwasser mit Ultramarin erscheinen die Parabelflächen ultra- marinfrei, während die dazwischenliegenden Partien gefärbt waren, so daß ein sehr regelmäßig gezackter Rand entsteht. 3. Kochsalzlösung. Auf eine 20 proz. Lösung von Koch- salz in dest. Wasser, die in dünner Schicht in einer flachen Schale ausgebreitet ist, wird mittels eines hohlen Glasfadens ein Tuschetropfen (unverdünnte Burri tusche, Pelikantusche von GÜNTHER Wagner Nr. 541) gebracht. Sie breitet sich momen- tan zu einer dünnen Schicht auf der Oberfläche aus. Nach kurzer Zeit, etwa nach 1 bis 2 Minuten, wurden dicht unter der Ober- fläche dunkle Schlieren sichtbar, die sich zu scharfen schwarzen Linien und Maschen zusammenziehen. Fig. 12. Die Maschen sind sehr häufig offen. Die Entfernung der einzelnen Wände von- einander ist sehr regelmäßig. Die Zeichnung im einzelnen läßt in gewisser Beziehung die Art der Ausbreitung des Tropfens erkennen, indem eine konzentrische und radiäre Hauptrichtung der Wände überwiegen kann. Dennoch läßt sich auch dann noch die Tendenz zu regelmäßigen poljedrischen Abgrenzungen deutlich erkennen durch dunklere feinere Zacken, welche auf den Linien in der Breite der Abstände der Wände angeordnet sind. — Die polyedrische Abgrenzung tritt gleich anfangs deutlich hervor, wenn ihre Bil- dung erst einige Zeit nach der Ausbreitung der Tusche erfolgt. Das kann dadurch bewirkt werden, daß anfänglich die Salzlösung in dampfgesättigte Atmosphäre gebracht wird, in der die Erschei- nung nicht auftritt, und erst dann nach Öffnung der feuchten Kammer die Bildung der Abgrenzungen beginnt. — Von den scharf abgegrenzten Maschen wachsen dünne Wände nach dem Boden der Flüssigkeit, so daß die ganze Flüssigkeit wie gekammert er- scheint. Dort angelangt, schwellen sie vom Boden aus an, so daß der zwischen ihnen und den benachbarten Wänden gelegene helle Zwischenraum immer kleiner wird. In diesem Stadium ähnelt das Bild sehr der bei Vermischung von Zuckerlösung mit koUoi- 296 WEßNER Magnus: dalem Silber anfänglich eintretenden Bildung branner Flecke, nur daß die einzelnen Abgrenzungen häufig viel länger gestreckt sind. Schließlich verschwindet der freie ßaum ganz, die Wände berühren sich und an der Berührungsstelle tritt eine dunkle Linie auf, die immer dicker und breiter wird, während gleichzeitig die ursprüng- lichen dunklen Maschenwände immer düner werden. So entsteht am Boden des Gefäßes ein sekundäres Maschenwerk, das häufig deutlicher die polyedrischen Abgrenzungen zeigt, als das anfäng- lich gebildete. Es haftet ziemlich fest dem Boden an. Jetzt wird das Bild immer undeutlicher und verschwindet schließlich. — Bei geringerer Konzentration der Salzlösung verläuft die Erscheinung langsamer, doch lassen sich dann die einzelnen Stadien leichter auseinanderhalten. Das Minimum liegt etwa bei 2 pCt. Hier ist das sekundäre Netzwerk besonders deutlich sichtbar, — Teilweise schon hier, immer bei noch schwächeren Salzlösungen und bei dest. Wasser, auch im Exsikkator oder bei Erwärmung, tritt keine Kammerbildung auf. Vielmehr zerfällt die Tuscheschicht in ein feinkörniges Gerinnsel, aus dem sich dünne, die Flüssigkeit nach allen E-ichtungen durchsetzende Schlieren entwickeln. Das gleiche geschieht bei Einbringung der Kochsalzlösung in feuchten Raum oder bei einem zu großen zugesetzten Tropfen der Tuschelösung. Die Beschreibung der hierbei auftretenden mannigfachen Formen würde an dieser Stelle zu weit führen. Auch hier ist die Maschengröße von der Dicke der Schicht abhängig und die Anordnung der Wände wird mit zunehmender Schichtdicke unregelmäßiger. Bei einer Schichtdicke von 1 mm betrug die Entfernung 1,8 mm, bei 3 mm 3, bei 4,5 mm 3,8. Die Burritusche enthält hauptsächlich liuß und Gummi. Der Tuschelösnng ganz entsprechende Bilder gibt anfangs auf Koch- salzlösung ein mit Gentianaviolett gefärbter Tropfen Gummi arabicum. Doch färbt sich sehr bald die ganze Flüssigkeit gleich- mäßig. Bei Vermischung von Salzlösung mit Gummi arabicum — Ultramarin oder Gelatine — Ultramarin entstehen Bilder, die an die von Zuckerlösung mit kolloidalem Silber erinnern. Fig. 10 u. 11. — Andere von mir geprüfte Salzlösungen zeigen mit Tusche ein ähnliches Verhalten. Physikalische Deutung und Literatur. Aus den angeführten Beispielen ergibt sich, daß mehr oder weniger regelmäßige zumeist polyedrische Abgrenzungen in dünnen Schichten sehr verschieden gearteter Flüssigkeiten auftreten können. Um so auffälliger erscheint es, daß sie nur sehr selten beobachtet über zellenförmige Selbstdifferenzierung aus flüssiger Materie. 297 wurden, während die Ausscheidung fester Substanzen in regel- mäßigen polyedrischen Abgrenzungen, wie in Versuch 1, an- scheinend überhaupt noch nicht beschrieben wurde. — Polyedrische Abgrenzungen in Flüssigkeiten wurden zuerst beobachtet 1855 von E. H. Weber') im mikroskopischen Bilde bei einem Gemisch von Alkohol und Wasser in einem flach ausgebreiteten Tropfen, in dem feine Gummigutteilchen suspendiert waren. Er erkannte be- reits, daß die Bewegung zustande kommt durch eine B.otation der Flüssigkeitsteilchen jeder Abteilung um eine horizontale Achse, die in jeder Abteilung eine in sich selbst rücklaufende Linie bildet. Seine genaue Beschreibung dieser Bewegung ist jedoch nicht ganz zutreffend. — Während QUINCKE 2) diese Erscheinung vergeblich zu wiederholen versucht und^ soweit ich ersehen kann, in den fol- genden höchst eingehenden, verwandte Probleme behandelnden Untersuchungen dieser Erscheinung nicht mehr gedenkt, gibt Lehmann^), wohl ohne die Beobachtung selbst zu wiederholen, folgende Erklärung: An den der Verdunstung ausgesetzten Teilen der Oberfläche kühlt sich die Flüssigkeit durch Verdunstung ab und sinkt zu Boden, wärmere Teile steigen von unten nach oben auf, breiten sich auf der kälteren Oberfläche aus (durch Herab- setzung der Oberflächenspannung), um bald mit ihr gleichartig zu werden. Neue Mengen drängen nach, um denselben Verlauf zu vollenden und so zerfällt die ganze Flüssigkeit in eine Menge auf- und absteigender Partien, erstere immer in der Mitte der letzteren, so daß sich dieselbe, von oben betrachtet, anscheinend in eine Menge polygonaler Felder teilt, innerhalb deren eine kontinuier- liche Strömung von der Mitte nach dem Umfang stattfindet. — Ahnliche polyedrische Abgrenzungen beobachtete SACHS^) bei Ein- wirkung des Lichtes auf Schwärmsporen in Schalen mit flachem Wasser. Da eine Emulsion gefärbten Ols in Alkoholwassergemisch gleiche Figuren ergab, glaubte er irrtümlicherweise, die Heliotaxis auf diesen rein physikalischen Vorgang zurückführen zu sollen. Diesen erklärt er gleichfalls durch Wirbelbewegungen, indem die bewegende Kraft in der Differenz des spez. Gewichts gesehen wird, die in den verschiedenen Teilen der Emulsion infolge der ungleichmäßigen Erwärmung auftreten muß. BERTHOLD^) wendet 1) Weber, E. H., POGGExNDORF-Annal. 64, S. 457, 1855. 2) Quincke, WiEDEiiANN-Annal. 35, 1888. 3) Lehmann, 0., Molecularphysik 1888. 4) Sachs, J., Flora 1876. 5) 1. c. 298 Werner Magnus: dagegen ein, daß diese Kräfte kaum ausreichend seien, vielmehr die molekularen Kräfte, die in der Oberfläche ihren Sitz haben, als bewegende Kräfte anzusehen sind. Die einzige Arbeit von physikalischer Seite über unseren Gegenstand und zugleich die letzte zieht gleichfalls nur die Unterschiede im spez. Gewicht der wärmeren und kälteren Flüssigkeitsschichten, also die Schwerkraft, als bewegende Kraft in Betracht, BENARD') untersuchte die per- manenten Flüssigkeitswirbel in einseitig in flachen Schichten er- wärmtem Spermazetum. Mittelst der Schlierenmethode und durch Eintragen fein verteilter Körper konnte er die i'egelmäßige Ab- grenzung der Flüssigkeit in Polyeder und im extremen Fall in ganz regelmäßige Sechsecke beobachten und eine genaue Be- schreibung der Bewegung liefern. Die polyedrischen Erstarrungs- formen blieben ihm unbekannt. Die Untersuchung befaßt sich hauptsächlich mit der Abhängigkeit der Polyedergröße von der Schichtdicke, deren Verhältnis annähernd konstant ist. Über die Ursache der Polyederbildung stellt er keine Betrachtungen an. Er meint, daß jede Flüssigkeit zu der Pol3^ederbildang be- fähigt ist. Unzweifelhaft werden die in unseren Versuchen auftretenden Kammerbildungen und sonstigen regelmäßigen Abgrenzungen gleich- falls durch eine regelmäßige Bewegung innerhalb der Flüssigkeiten hervorgerufen. Gegen SACHS, LEHMANN und BEN ARD teile ich die Meinung von BERTHOLD, daß die bewegenden Kräfte in den Modifikationen der Oberflächenspannung zu sehen sind. Es ist mir aber ebensowenig zweifelhaft, daß diese durch verschiedene Umstände hervorgerufen werden können. Nicht nur wärmere und kältere, sondern besonders salzreiche und salzarme Schichten, kolloidreiche und kolloidärmere Schichten besitzen, wie QüIiSTCKE ^) zeigte, eine Oberflächenspannung. Da nun meine Untersuchungen im Gegensatz zu den Angaben BENARDs ergeben, daß nur in- homogene Flüssigkeiten imstande sind, solche regelmäßigen Ab- grenzungen zu erzeugen, muß ich dies vorläufig als ausschlag- gebend ansehen. Nur dort scheint also die Bildung regelmäßiger Abgrenzungen möglich zu sein, wo, um QUINCKES Ausdruck zu gebrauchen, die Bildung flüssigen Schaumes mit flüssigen Schaum- wänden stattfinden kann. — Eine sichere Analyse und Theorie der Erscheinung wird erst die genaue Messung der Beziehungen zwischen Schichtdicke und Größe der Abgrenzunoen unter verschiedenen 1) Benard, These, Paris 1901. 2) Quincke, Ann. d. Phys., 4. Folge, Bd. 9, 1902. über zellenförmige Selbstdifferenzierung aus flüssiger Materie. 299 äußeren Bedingungen ermöglichen, die, wie sich schon aus den obigen Versuchen ergibt, für die einzehien Flüssigkeiten sehr ver- schiedene Werte annimmt, und bei der die innere Reibung der Flüssigkeit vermutlich eine größere Rolle spielt. Dann wird es auch erst möglich sein über die Entstehung der verschiedenartigen Figuren ein sicheres Urteil zu gewinnen. — Auf einige der theo- retisch wichtigen Punkte der oben beschriebenen Versuche mag nur kurz hingewiesen sein. Paraffin, Bienenw^achs, Spermazetum und ähnliche Stoffe bestehen, wie schon aus ihrem ganzen physi- kalischen Verhalten folgt, gleichfalls aus einem Gemenge ver- schiedener Substanzen. — Die bei der Erstarrung des Paraffins an- fänglich auftretenden radiären Randgebilde ntshmen das marginale Ende von Randkammern ein, ebenso wie die bei Phenolwasser- ültraraarin auftretenden ultramarinfreien Stellen. Da die Strömung in jeder Randkammer der Strömung eines Einzeltropfens ent- spricht, an deren einem Ende sich ein Ausbreitungszentrurn be- findet, so können für die nähere Erklärung der Strömung die hier- über vorliegenden Untersuchungen von QUINCKE, LEHMANN und BÜTSOHLI benutzt werden. BÜTSCHLI') konnte nun zeigen, daß es von der Natur der suspendierten Teile, Ruß oder feine Flüssig- keitstropfen, im Öltropfen abhängt, ob sie sich in dem der Aus- breitungsstelle zunächst gelegenen, sich bewegenden Teil des Tropfens ansammeln oder an dem der Ausbreitungsstelle entgegen- gesetzten ruhenden Teil des Flüssigkeitstropfens zur Ablagerung ge- langen. — In gleicher Weise entsprechen die punktförmigen Ab- lagerungen auf der Unterseite des flüssigen Parafi ins den ruhenden, von der Ausbreitungsstelle entfernt gelegenen Teilen eines strömen- den Tropfens. Die deutlichen Strukturen im erhältenden Paraffin erklären sich aus seiner Eigenschaft, beim Erkalten sich stark zu kontrahieren. Inwieweit überhaupt solche Kontraktion bei der Er- scheinung eine Rolle spielt, mag vorläufig dahingestellt bleiben, — Obgleich sich das durch die Abgrenzung entstehende Netzwerk weitgehend den PLATEAUschen Minimalflächen annähert und be- sonders der Alveolarrand (BÜTSCHLI) scharf hervortritt, treten doch sehr prägnante Verschiedenheiten auf, die gleichfalls später- hin noch eine eingehende Analyse erfordern. Weiter sei hingewiesen auf die Beziehungen zu den Ober- flächenfaltungen gelatinierender Kolloide (QUINCKE). Zu unter- suchen bleibt, ob etwa in gewisser Beziehung die Konfiguration der gelösten Moleküle auf die Kammerbildung von Einfluß ist 1) BÜTSCHLI, 1. c. vS. 42 ff. 300 ■ Werner Magnus: (Lehmann: Flüssige Kristalle). Auf die Einzelheiten der, zumeist sehr langsamen, zur Abgrenzung der Maschen führenden Bewegungen soll hier nicht eingegangen werden. Für die Sichtbarkeit der Ab- grenzungen spielt die „staubfreie" Schicht in strömenden Flüssig- keiten eine gewisse Rolle. Die bei der Kochsalzlösung mit Gummi anfänglich auftreten- den regelmäßig nahe der Oberfläche gelegenen Abgrenzungen haben nichts zu tun mit dem Ausbreitungsvorgang des Tusche- tropfens als solchem und den bei solchen Erscheinungen auftreten- den Ausbreitungs- oder Cohäsionsfiguren'). Sie entstehen viel- mehr bei ganz gleichmäßiger Diffusion der Tuschelösung in das Innere der Kochsalzlösung von der ganzen Fläche her. Hier werden sie dann durch Oberflächenkräfte im Innern der Flüssig- keit anfänglich zu den regelmäßigen Abgrenzungen zusammen- geführt, während die Oberfläche der Flüssigkeit, wie die darauf- gestreuten Lycopodinm-Sporen zeigen, völlig in Ruhe verharrt. Die weiteren Erscheinungen entsprechen im wesentlichen den in anderen Flüssigkeiten. Die bei mangelnder Verdunstung eintretenden Zusammen- ballungen und Fädenbildung der Tusche sind ganz anderer Natur. Hierher gehören die Beobachtungen von LEDUC'^) über die Er- scheinungen bei Einbringung von Tuschetropfen in Salzlösung und den dabei auftretenden „Kernteilungsfiguren" (!). Bei seinen Ver- suchen hat er in seltenen Fällen eine Segmentierung beobachtet, die vielleicht dem Endentwicklungsstadium unserer sekundären Kammerbildung entsprechen dürfte. Daß ihm aber das wesentliche der Erscheinung entgangen ist, dürfte aus seiner Beschreibung zu entnehmen sein: Die Segmentierung der Flüssigkeit bei langsamer Diffusionsbewegung ist durch den Unterschied der Kohäsion zwischen den verschiedenen Molekülen der Lösung erklärbar. Die Moleküle, welche einander am stärksten anziehen, ziehen sich zusammen zu kleinen Kügelchen, die ander-^m bilden die "Wände. Zusammenfassend halte ich also als das wesentlichste für das Zustandekommen von regelmäßigen Abgrenzungen in Flüssigkeiter., daß einseitig an einer dünnen Lamelle eines (vielfach kolloidalen) Flüssigkeitsgemisches durch irgendwelche Faktoren wie Wärme, Verdunstung, chemische Umsetzungen, sich Differenzen der Ober- flächenspannung zwischen einzelnen Flüssigkeitsschichten bilden. 1) Vgl. Lehmann, 0., 1. c. S. 260. 2j 1. c. über zellenförmige Selbstdifferenzierung aus flüssiger Materie. 301 Die hierdurcli entstehenden, oft sehr langsamen Bewegungen sind u. a. abhängig von der Dicke der Schicht und der Natur der Medien. Durch die Bewegung können feste Strukturen mannig- facher Art ausgeschieden werden, sei es wie bei Paraffin durch Ablagerung erstarrender Teile, sei es durch Ablagerung feiner in der Flüssigkeit suspendierter fremder Körperchen in Form von Punkten, Netzen oder regelmäßigen Leisten. Formaler Vergleich zu organischen Bildungen. Es kann wohl keinem Zweifel unterliegen, daß die bei der Abgrenzung in Flüssigkeiten auftretenden Formbildungen formal eine weitgehende Ähnlichkeit mit den im organischen Reich auftretenden Gestaltungen besitzen. Seit BERTHOLD und BÜTSCHLI ist auf die Ähnlichkeit zahlreicher organischer Formen mit den Strukturen der Schäume hingewiesen worden, ohne daß es ge- lungen wäre, in regelmäßiger Anordnung künstlich feste Ab- lagerungen zu erzielen. Solange dies aber nicht gelang, war es nicht möglich, auch nur über die formale Seite der Frage sichere Schlüsse zu ziehen. Die formale Ähnlichkeit zwischen einer Paraffinlamelle mit größeren Kammerwänden und dem Zellnetz einer höheren Pflanze ist frappant, Fig. 3, nicht minder der mit kleineren Kammern und den Wandskulpturen vieler Peri- dineen und Diatomeen, Fig. 4. Alle die Abweichungen, die in dem Bau des Netzwerks von dem PLATEAUschen Schema so oft angeführt werden, finden wir hier wiederholt. — Die pri- mär auftretenden radialen Randgebilde bei der Erstarrung des Paraffins sind für die Schalenstruktur zahlreicher Diatomeen sehr charakteristisch. — F. E. SOHULZEi) und DREYER-) deuten die kompliziert gebauten Nadeln der Hexactinelliden als Ablagerungen in den Ecken von Schaumwänden. Die anfänglich bei der Erstarrung des Paraffins auftretenden Dreistrahler und Doppeldreistraliler ähneln ihnen nun in der Tat auf das weitgehendste. — Das Maschenwerk des Paraffins kurz vor der vollständigen Erstarrung gleicht dem Gerüst vieler ßadiolarien, deren Bau DREYER gleich- falls aus den Schaumslrukturen ableiten wollte. — Die beim Be- ginn des Furchungsprozesses der tierischen Eier und im Embryo- sack auftretenden Abweichungen vom PLATEAUschen Schema werden in der Kammerbildung des Paraffins wüoder gefunden. — Die regelmäßige Verteilung der Stacheln und Leisten auf Mem- 1) F. E. Schulze, Rep. of voy. Olaallenger XX[ (Hexactinelliden). 2) 1. c. 302 Werner Magnus: branen der Sporen ähneln zum Teil weitgehend den Bildern der Ablagerungen aus den Flüssigkeitsgemischen, in denen feine Körnchen suspendiert sind. — Die wenigen Beispiele mögen ge- nügen, um zu zeigen, daß formal in der Tat eine weitgehende Übereinstimmung herrscht. Sind nun diese Ähnlichkeiten rein formaler Natur oder wirken bei der Formbildung im organischen Reich wirklich gleiche oder ähnliche physikalische Kräfte mit? Mein Standpunkt über die Be- rechtigung einer solchen Fragestellung und zur „synthetischen Biologie" überhaupt deckt sich durchaus mit dem von EOüX^) eingenommenen, auf dessen klare Ausführungen hier verwiesen sein mag. Insbesondere bin ich mir aller Fehlerquellen einer solchen Betrachtung bewußt, solange nicht für jedes zu ver- gleichende Objekt die eingehendsten Analysen vorliegen. — Den- noch glaube ich schon heute auf einige wesentliche Punkte hin- weisen zu dürfen, die in der Tat auf die Mitwirkung ähnlicher Kräfte bei der Bildung von Abgrenzungen und Ablagerungen aus gleich- mäßig verteilten flüssigen Medien mit organisierter Struktur hinweisen. — Das Studium der Protoplasmabewegung hat eine weitgehende Ähnlichkeit mit den Bewegungen in Flüssigkeitstropfen aufgedeckt, die durch lokale Veränderung in der Oberflächenspannung hervor- gerufen werden. — Kegelmäßige Protoplasmaströme im Innern der Zellen wurden nun in der Tat beobachtet bei der Anlage der ring-, spiraligen und netzförmigen Wandverdickungen der Kapsel- wand und Schleuderzellen der Lebermoose und der Tracheiden (DlPPEL)^). — Auf die bei der Zellteilung auftretenden regel- mäßigen wirbelartigen Strömungen hat besonders BÜTSCHLI-') auf Grund der VON ERLANGERschen Untersuchungen über die ersten Furchungsteilungen in den lebenden Eiern kleiner Nematoden hin- gewiesen. Er sagt: „Die Richtung der Strömung ist von dem Spindelpol nach dem Äquator des Eies, und die Strömungen er- folgen selbst, abwechselnd in der einen oder anderen Eihälfte (Längshälfte). Nun tritt plötzlich auf der einen Seite des Äquators die erste Teilungsfurche auf, wobei deutlich beobachtet werden kann, wie die Strömung von dem Spindelpol nach dem Äquator (auf der Zelloberfläche) verläuft und nach den Polen (im Innern der Zelle) zurückkehrt." Es wären dies also Strömungen, die den 1) ROUX, W., J'rogramm- u. ForschungsraethoJen, 1897, auch Archiv f. Entwicklungsmechanik Bd. V. 2) DiPPEL, L., Das Microscop 2. Aufl. II, S. 557 ff. 3) BÜTSCHLI, Archiv f. Entwicklungsmechanik X. 1900. über zellenförmige Selbstdifferenzierung aus flüssiger Materie. 303 zur Kammerung in unorganisierten Flüssigkeit führenden sehr wohl an die Seite zu stellen sind. Eingehende Untersuchung jedes einzelnen zum Vergleich heranzuziehenden Objekts wird zu zeigen haben, inwieweit ähnlich wie in unorganisierten Flüssigkeiten Bew^egungserschei- nungen im Protoplasma zu Abgrenzungen und Strukturbildungen führen und inwieweit sie beim realen Geschehen der Formbildung mitwirken '). Jedenfalls glaube ich schon heute den Nachweis erbracht zu haben, daß aus sich bewegenden flüssigen Medien durch physi- l:alische Kräfte sehr regelmäßige feste Strukturen ausgebildet werden können, die formal den aus organisierten Medien ent- stehenden Strukturen ähneln. Ihre ausführliche Behandlung nach physikalischer und physiologischer Richtung behalte ich mir für die nächste Zeit vor. Berlin, Botanisches Institut der Landwirtschaftlichen Hoch- schule. Erklärung- der Taf. XIII. 1 — 4. Paraffinum solidum. 1. Auf Quecksilber erstarrendes Paraffin. Bildung der Dreistrahler. 2. Die Strahlen haben sich zu einem Netz vereinigt Rechts oben am Rande eine nachträgliche Teilung einer Kammer. 3. Erstarrtes Paraffin in dickerer Schicht. 4. Erstarrtes Paraffin in dünner Schicht. 5 — 7. Bienenwachs. 5. Auf Quecksilber erstarrtes Bienenwachs. 6. Desgleichen nach Uatermischung mit Lycojyerdonsporen, die auf der Unter- seite in regelmäßiger Form abgelagert sind. 7. Desgleichen, dickere Lamelle. 8. Zuckerlösung (1:2) vermischt mit colloidalem Silber. 9. Dreibasisches Natriumphosphat (20 pCt ) mit Ultramarin. 10 — 11. Kochsalz (lOpCt.) in Gelatine 10 pCt. (flüssig) mit Ultramarin. 10. Beginn der Kammerung. 11. Vorgeschrittenes Stadium. 12. Kochsalz (20 pCb.) auf dem ein Tropfen Burritusche ausgebreitet ist. Die Photographien sind in natürlicher Größe aufgenommen, 1 — 7 mit auffallendem, 8 — 12 mit durchfallendem Licht. Sie sind nicht retouchiert. Herrn Prof. Zettnow, Berlin, danke ich für freundliche Ratschläge über das Aufnahmeverfahren. 1) 0. MÜLLER zeigte, wie kompliziert sich z. B. die reale Struktur- bildung bei den Diatomeen gestalten kann. Ber. d, d. bot. Ges. 19, 1901. 304 W. Ruhland: 42. W. Ru bland: Zur Kenntnis der Rolle des elektrischen Ladungssinnes bei der Kolloidaufnahme durch die Piasmahaut. (Eingegangen am 22. Juni 1913.) Bekanntlich kann man mit Hilfe des elektrischen Stromes aus der Eichtung der elektrophoretischen Wanderung wie bei einer Suspension den Ladungssinn der kolloiden Phase eines Sols be- stimmen. Erfolgt im Potentialgefälle eine kathodische Wanderung, so sind die Teilchen gegen Wasser positiv, bei anodischer Konvek- tion negativ geladen. Auch durch „Kapillarisieren*' mit Fließpapier läßt sich der Ladungssinn, wenigstens der höher dispersen Kollo- ide, meist leicht feststellen, indem negative Kolloide mit ihrem Dispersionsmittel und nach Maßgabe ihrer Dispersion mehr oder weniger gleichzeitig sich ausbreiten, während positiv geladene in- folge der elektromotorischen Kraft der Filtration sofort an der Eintauchszone ausgefällt werden, so daß dann das Dispersionsmittel allein wandert. Ich habe bei meinen diosmotischen Studien^), welche u. a. das Ergebnis hatten, daß die Plasmahaut bei der Aufnahme von Kollo- iden sich wie ein Ultrafilter verhält, eine große Zahl sowohl positiv (basischer) wie negativ (saurer) geladener Farbstoffkolloide berücksichtigt, und fand die ßegel, daß für ihre Aufnahme ledig- lich die Größe der dispersen Teilchen, gemessen an ihrer Aus- breitungsfähigkeit in Gelen, maßgebend ist, bei beiden Kategorien ausnahmslos gültig. Es ließ sich demgemäß nach einem entsprechenden einfachen physikalischen Versuch bereits voraussagen, ob eine Aufnahme durch lebende Pflanzenzellen stattfinden w^erde oder nicht, und im ersteren Falle, ob sie schnell oder langsam erfolgen werde. Auch an zelleignen, ungefärbten Kolloiden (Enzymen usw.) bewährte sich die Ultrafilterlehre-). Trotzdem klaffte zwischen den Farbsolen mit positiv und denen mit negativ geladener disperser Phase insofern noch eine gewisse Lücke, als die ersteren regelmäßig mit weit größerer Ge- 1) Jahrb. f. wiss. Botan. Bd. 51, 1912, 376-431. 2) W. Ruhland „Zur chemischen Organisation der Zelle", Biol. Centralbl. Bd. 33 (1913) 337—351. Zur Kenntnis der Rolle des elektrischen Ladungssinnes usw. 305 schwindigkeit — meist schon nach wenigen Minuten — in den Zellen sichtbar wurden, während dazu bei gleich dispersen Säure- farbstoffe im günstigsten Falle einige Stunden erforderlich waren, so daß hinsichtlich der absoluten Aufnahmegeschwindigkeit nur Glieder einer und derselben Kategorie, also nur die positiv ge- ladenen basischen oder aber die negativ geladenen sauren Farbstoffe untereinander vergleichbar waren. An Schnitten durch lebende Gewebe, Algen usw., die in Lösungen basischer Farbstoffe diese, wenn überhaupt, sogleich oder in kürze- ster Frist, speichern, sind mit sauren Farbstoffen unter denselben Bedingungen bisher nur sehr selten und erst nach viel längerer Versuchsdauer Speicherungen beobachtet worden. PFEFFER^) be- richtete über Versuche mit Methylorange, die '20 Stunden und solche mit Tropäolin 000, die zwei Tage dauerten und nur zu schwachen Speicherungen im Plasma bzw. im Zellsaft der Versuchspflanzen führten, ich selber^) beobachtete einmal eine Speicherung von Säurefuchsin durch einen Dematiumartigen Pilz nach mehrtägigem Aufenthalt in der Lösung, und KÜSTER') gibt von demselben Farb- stoff an, daß in Stücken der Internodien von Tropaeolum die an die Leitbündel grenzenden Parenchymzellen nach drei Tagen Ver- weilens in den 2 "/oo^g^^ Lösungen Speicherung eingetreten war. Palatinscharlach wurde in einem andern Versuch von mir^) in Blattstielzellen von Primula sinensis aus sehr verdünnter Lösung erst nach 4 Tagen deutlich gespeichert. Mit diesen wenigen Bei- spielen dürften die sicher beobachteten Fälle erschöpft sein. Nun konnte man aber schon aus den Studien GOPPELS- ROEDERs"), der ganze beblätterte Sprosse in die Lösungen mit der unteren Schnittfläche stellte, entnehmen, daß offenbar eine viel größere Zahl von sauren Farbstoffen, als man bisher angenommen hatte, in lebende Pflanzenzellen aufgenommen werden und in der Tat zeigte KÜSTER (a. a. 0.), der kurz darauf und unabhängig von GOPPELSROEDER in derselben Weise verfuhr, auf mikroskopi- schem Wege, daß nach einigen bis 24 und mehr Stunden eine ganze lieihe Farbstoffe aufgenommen waren. Er schreibt der Transpiration „einen großen Einfluß auf das Tempo der Vitalfarb- 1) Tübing. Untersuch. Bd. II, S. 266 ff. 2) „Beiträge zur Kenntnis der Permeabilität der Plasmahaut", Jahrb. f.- wiss. Bot. 46, 1908, S. 30. 3) Ebendort, Bd. 60, 1911, S. 286. 4) Jahrb. f. wiss. Bot., Bd. 51, 1912, S. 384 f. 6) Kolloidzeitschrift, Bd. 6, 1910, S. 111—122, 306 W. Ruhland : aufnähme" zu, aber denkt doch wohl auch noch an andere Fak- toren, die vielleicht mit dem Intaktbleiben der Pflanzenorgane bei dieser Methode zusammenhängen (a. a, 0, S. 286). Ich habe aus meinen Erfahrungen, speziell mit Pflanzenteilen, die ich ganz in die Farblösungen einbrachte und dann wiederholt an der Luft leicht welken ließ, geschlossen, daß lediglich die durch die Transpiration freiwerdenden osmotischen Saugkräfte im Spiele seien, und daß durch sie nichts erreicht werde, was nicht auch ohne sie bei längerer Versuchsdauer möglich sei. Allerdings scheitern derartige längere Versuche dann fast stets an der Gift- wirkung der Lösungen. Es blieb nun aber zu erklären, weshalb auch mit der Transpirationsmethode die Resultate bei Säurefarbstoffen erst so außerordentlich viel später als bei basischen erzielt werden. Ich gab darauf (S. 385 ff.) die Antwort, daß vermutlich hier- für nicht ein allgemein langsameres Permeieren der Säurefarbstoffe der Grund sei, sondern lediglich die Art der Speicherung in der Zelle, die schon wegen der abweichenden chemischen Konstitution selbstverständlich eine andere als bei den basischen Farbstoffen sein müsse. Während diese ihrer chemischen Natur als Hydrochloride, Sulfate usw. der Farbbasen durch eine rasch verlaufende lonenreaktion an hochmolekulare, indiffusible Säuren, wie Gei-bsäure usw., des Zellinnern gebunden werden, und dadurch sogleich das anfängliche, den Nachstrom ermöglichende Concentra- tionsgefälle nach der Außenlösung hin wieder hergestellt wird, werden die sauren Farbstoffe, meist Natriumsalze der Farbsulfo- säuren, bei denen also der Farbbestandteil das Anion bildet, selbst- verständlich durch einen andersartigen, und zwar nach meiner Annahme durch eine langsam unter Dispersionsverminde- rung verlaufende Kolloidreakt ion gespeichert. Ich gab für diese Annahme auf S. 385 ff. einige Argumente an, die ich hier nicht wiederholen will. Es stand auf jeden Fall fest, daß die Ultrafilterlehre hier- durch nicht berührt wurde, denn da die Teilchengröße überall gleichsinnig ausschlaggebend war, so konnte es sich bei den sauren Farbstoffen nur um einen sekundären, retardierenden Faktor handeln. Nun hat jüngst R. HÖBER mit einem seiner Mitarbeiter i) meine, wie erwähnt, auch an zelleignen Kolloiden bewährte Ultrafilterlehre 1) R. HÖBER und 0. jSTast „Weitere Beiträge zur Theorie der Vital- färbung", Biochem. Zeitschr., Bd. 50, 1913, S. 418. Zur Kenntnis der Rolle des elektrischen Ladungsslnnes usw. 307 zugunsten der OVERTONschen Theorie von der Lipoidnatur der Plasmahaut zu bekämpfen versucht, freilich ohne ein stichhaltiges Argument gegen mein Beweismaterial beibringen zu können. Seine Ausführungen werden von mir Punkt für Punkt in der Bio- chemischen Zeitschrift widerlegt werden. In dieser Abhandlung findet sich nun auch die unbewiesene Behauptung, die Plasmahant sei für die Säurefarbstoffe viel weniger permeabel, diese würden überhaupt nur gleichsam ausnahmsweise aufgenommen, und zwar, da sie meist lipoidunlöslich sind, durch eine mysteriöse ,, physiologische" Permeabilität im Gegensatz zu den allgemein und ,, physikalisch" aufnehmbaren meist lipoidlöslichen basi- schen Farbstoffen. Es scheint aber, als ob der Verfasser, trotz gegen- teiliger Versicherungen, zu der Lipoidlöslichkeit kein rechtes Ver- trauen mehr hat^), denn er führt noch die elektronegative Ladung der Säurefarbstoffe ins Treffen und „rechnet weiter mit der Mög- lichkeit", daß für die schwere oder fehlende vitale Aufnehmbarkeit derselben „die elektrischen Eigenschaften des Protoplasten als maß- gebend erkannt werden". Bezüglich der „Lipoidlöslichkeit" soll hier kein Wort weiter verloren werden; in der Biochem. Zeitschrift stelle ich mein Beweismaterial gegen die Theorie OVERTONs nochmals kurz zusammen, das, wie ich glaube, einen unvoreingenommenen Be- urteiler überzeugen muß. Was die Bemerkung bezüglich der ,,nur unter bestimmten Verhältnissen" erfolgenden Aufnahme der Säure- farbstoffe betrifft, so ist sie ebenso unhaltbar. Mir ist wenigstens bisher keine höhere Pflanze bekannt, in die es nicht gelänge, die höher dispersen sauren Farbstoffe ebenso allgemein oder noch all- p'emeiner als die basischen einzuführen. Es bleibt demnach die Frage nach der Bedeutung der elek- trischen Ladung oder überhaupt nach der Ursache des verzögerten Eintrittes der Säurefarbstoffe. Ich kann nun auf überraschend einfache Weise den Beweis erbringen, daß meine erwähnte Auffassung die richtige war, und in der Tat diese Verzögerung nur eine sekundäre, auf dem besonderen Spei- cherungsvorgang beruhende ist, daß dagegen die G-e- schwindigkeit des Durchtritts durch die Plasmahaut lediglich, gemäß der Ultrafilterlehre, durch den Dispersions- grad des Sols bestimmt wird. HÖBER glaubt vor allem auf Grund der Tatsache, daß in Rohr- zucker- oder gewissen Neutralsalzlösungen suspendierte Zollen 1) a. a. 0. S. 436. Ber. der deutseheu bot. Gesellseh. XXXI 22 308 W. Ruhland: (Blutkörperchen, Hefezellen, Bakterien) ebenso wie meist Eiweiß usw. zur Anode wandern, auf eine negative Ladung der Plasmahaut- Kolloide schheßen zu sollen. Das mag richtig sein oder nicht, für den Durchtritt der Farbsole haben die elektrischen Ladungs- verhältnisse keine erkennbare Bedeutung. Vielmehr dringen die höher dispersen, elektronegativen Säurefarbstoffe mit der gleichen Geschwindigkeit durch dieselben hindurch wie die positiven basi- schen von gleicher Disx^ersion. Wenn man z. B. Schnitte durch die Zwiebelschalen von Allium Cepa oder durch das Mark eines Stengels (z. B . von Heli- anthus annuns) oder sonst ein geeignetes nicht zu kleinzelliges, farbloses Gewebe in ungefähr 1 — 3 "/oo ig©? ^-Iso tief gefärbte Lösungen eines in Gelen leicht beweglichen Säurefarbstoffs bringt (z. B. in Cyanol, Erioglaucin, Säurefuchsin usw\i) und nach einigen Minuten den Schnitt, nach flüchtigem Abspülen oder besser ohne solches unmittelbar auf den Objektträger in eine sehr stark hypertonische Salz- oder Zucker-Lösung überträgt, so erkennt man an der tief- roten, blauen usw. Färbung der durch Plasmolyse stark ver- kleinerten und concentrierten Vakuolen günstig gelegener Zellen -), daß der Farbstoff mit großer Geschwindigkeit eingedrungen ist. Bei weiterer Beobachtung sieht man aber alsbald die Vakuolen blasser und blasser werden, der aufgenommene Farbstoff diosmiert ebenso schnell wie er eingedrungen war wieder nach außen. Bei hinreichend schnellem Operieren kann man aber immerhin unter Umständen eine Plasmolyse rückgängig machen und nochmals her- vorrufen, ohne daß schon aller Farbstoff entwichen wäre. In der Tat dringt der saure elektronegative Farbstoff sehr geschwind, aber nur bis annähernd zum Concentrationsgleichgewicht mit der Außenlösung ein. Die Färbung di.eser und der Zellen vor der Plasmolyse ist etwa die gleiche, wie unter dem Mikroskop festzustellen. Eine annähernd kugelige Zelle von Allium Cepa vom ßadius r = 90 fi hatte z. B. 10 Minuten in einer 2 7oo Erioglaucin- lösung verweilt und ergab bei der Plasmolyse eine kugelige Kon- traktion auf i\ = 30 (i, so daß der Zellsaft — ^ = 9 auf das Neunfache concentriert wurde. Trotz gleichzeitiger Exosmose ent- sprach die Färbungsintensität etwa der einer 1,5 proz. Lösung. 1) Vgl. meine Liste a. a. 0. S. 404 ff. 2) Meist in der Mitte nicht zu dünner Schnitte. Die unmittelbar an die hypertonische Außenlösung stoßenden Zellen geben den Farbstoff meist zu schnell wieder ab. Zur Kenntnis der Rolle des elektrischen Laduogssinnes usw. 309 Eine Speicherung ist noch nicht erfolgt, und erfolgt auch bei mehr- stündigem, jr. meist selbst nach 1- bis 2tägigem Verweilen in der Lösung nicht. Solche Zellen dagegen, die den sauren Farbstoff gespeichert haben, und zwar mit Hilfe der Transpirations- Saugung, geben ihn, wie schon KÜSTER feststellte, selbst bei tage- und wochenlangem Verweilen in Wasser nicht merklich wieder ab. unsere Versuche erbringen also den zwingenden Beweis da- für, daß in der Tat das Eindringen überaus rasch, die Speiche- rung dagegen sich nur sehr langsam vollzieht. Erwägt man, daß die Speicherung der elektropositiven Farbbasen ebenfalls mehrere Minuten dauert, und daß ihre Diosmose durch die sofortige chemi- sche Umsetzung im Zellinnern sich auf der anfänglichen Höhe er- hält, während sie natürlich bei mangelnder Speicherung sehr bald sich bedeutend verlangsamt, so ist in der Tat die Aufnahme- geschwindigkeit gleich disperser Glieder beider Kolloidreihen die- selbe. Auf Einzelheiten soll indessen hier nicht weiter eingegangen werden. Nur ein paar Bemerkungen bezüglich der Form der Speiche- rung mögen noch folgen. Es ist öfter von PFEFFER und auch von mir beobachtet worden, daß die durch lonenreaktion, z. B. im Zellsaft, gespeicherten basischen Farbstoffe bei längerem Verweilen der Zellen in Wasser exosmieren, allerdings nur äußerst langsam, ev. erst nach mehreren Tagen. Ich habe seinerzeit^) darauf auf- merksam gemacht, daß hierzu außer der von PFEFFER erörterten Möglichkeit — Bildung von freier Säure durch die Zelle — auch spontane hydrolytische Dissoziation der intracellulären Farbver- bindung unter allmählicher Exosmose der freien Farbbase führen könne und hierfür die Erscheinung ins Treffen geführt, daß in sehr verdünnten Lösungen der Farbstoffe die Speicherung nur bis zu einem gewissen Punkte vorschreitet, aber weitergeht beim Über- tragen desselben Objektes in eine stärkere Lösung. Es hört das weitere Eindringen offenbar dann auf, wenn im Zellinnern der Betrag der durch Hydrolyse abgespaltenen Base mit ihrer Außen- Konzentration übereinstimmt, wie OVERTON dies für Alkaloide") ausgeführt hat. Daß derartige exosmotische Vorgänge an Zellen, die Säure- farbstoffe gespeichert hatten, bisher nicht beobachtet w^erden konnten, dürfte jedenfalls für meine Annahme einer Kolloidreaktion, 1) Jahrb. f. wiss. Botan. Bd. 46, 1908, S. 17. 2) Ztschr. f. physikal. Chemie 22, 1897, 189. 22* 310 W. RüHLAND: Zur Kenntnis der Rolle des elektrischen usw. also einer reinen Ober- und Grenzflächenerscheinung sprechen. Und die Beschleunigung der Speicherung durch die osmotische Saugung würde vielleicht den Erfahrungen über den Einfluß der Geschwindigkeit des ,,Zusefczens" bei der Dispersionsverringerung und Ausflockung in vitro entsprechen, wie ich das bereits a. a. 0. auseinandergesetzt habe. Zusamnaenfassung: Es wurde bewiesen, daß die elek tronegati ven hoch- dispersen Silur ofarbstoffe unter denselben Bedingungen mit derselben großen Geschwindigkeit wie die gleich dispersen positiven Basen die lebende Plasmahaut per- meieren. Es ist lediglich die Speicherung, welche bei jenen erheblich länger als bei diesen dauert und im all- gemeinen ihr Sichtbarwerden in der Zelle entsprechend verzögert Wahrscheinlich erfolgt sie im ersten Falle als reine Grenz flächenerscheinung, im letzteren als lonen- reaktion. Für den raschen Durchtritt durch die Plasmahaut ist also die saugende Mitwirkung der Transpiration nicht erforderlich und die elektrische Aufladung der dispersen Teilchen spielt hierbei keine er kennbare liolle. Die ver- schiedensten Pflanzen verhalten sich ganz gleich. Diese Feststellungen stehen in unvereinbarem Wider- spruch zur Lipoidhypothese der Plasmahaut und be- stätigen deren Ultrafilternatur. 0. Wehmek: Keimungsversuche mit Merulius-Sporen. oll 43. C. Wehmer: Keimungsversuche mit Merulius-Sporen. (Eingegangen am 23. Juni 1913.) Daß Sporen des Merulius lacrymcms im allgemeinen schlecht zum Keimen zu bringen sind, ist seit langem anerkannte Tatsache, die meisten der früheren Untersucher verzeichneten negative Re- sultate, und erst neuerdings sind verläßliche Angaben über sicher beobachtete Keimung solcher Sporen gemacht; es handelte sich dabei um künstliche Medien, auf gesundem Holz ist bislang von keinem Beobachter Keimung gesehen. Völlig unerklärt ist bislang der Grund dieser immerhin eigen- artigen Tatsache. Anscheinend sind viele der abgeworfenen Sporen überhaupt nicht entwicklungsfähig, darauf deutet schon das Re- sultat positiv verlaufener Keimversuche, vielleicht liefern auch manche Fruchtkörper nur solche; man könnte sich ja vorstellen, daß dabei irgendwelche Bedingungen, so auch das Substrat — also die Ernährungs Verhältnisse — mitsprechen. Es sei das dahin- gestellt, hier möchte ich zunächst nur das Ergebnis einer Zahl von in den letzten Jahren ausgeführten Versuchen kurz mitteilen, das sich völlig mit den Erfahrungen früherer Beobachter deckt ^). Die dazu verw^endeten Sporen entstammten den in meinem Versuchskeller gebildeten Fruchtkörpern, sie wurden denselben so- wohl direkt mit steriler Nadel entnommen wie auch auf Grlas- gefäßen u. a. aus der Luft aufgefangen; ausgesäet wurde in ver- schiedene Flüssigkeiten, auf W ürze- Agar-Schalen und auf Holz, dies sowohl im Laboratorium (große feuchte Kammer) wie im Keller selbst; in einigen Versuchen wurde weiter ge- sundes und krankes (trockenfaules) Fichtenholz nebst anderen feuchten Vegetabilien im Versuchskeller der Luftinfection aus- gesetzt, die Verbreitung durch Luftbewegung war hier so reichlich, 1) Nach den Angaben bei Falck (Die i¥erM/jMö- Fäule des Bauholzes 1912, Hausschwammforschungen, Heft 6), muß Keimung ausgesäeter MeriUnis- Sporen jedem Leser eigentlich als etwas Selbstverständliches erscheinen. Ich bin außerstande, den Grund der einander diametral gegenüberstehenden Re- sultate aufzuklären, stelle aber gern Fruchtkörper und Sporen meines Pilzes den sich für eine Nachprüfung Interessierenden zur Verfügung. 312 C- Wehmer: daß sich die Objecte mit einem feinen briiunlichen Staub bedeckten. Die Beobachtung der nunmehr fast drei Jahre lang fortgesetzten Versuche war überall eine continuierliche, sodaß ein etwaiger Er- folg nicht übersehen werden konnte. Trotz dieser verschiedenertigen Bemühungen konnte in nicht einem Falle weder microscopisch eine Keimung, noch ma- croscopisch die Entwicklung von MeruUns -Mycelien con- statiert werden. Es ist der microscopische Verfolg des Sporen- verhaltens zumal in Doppelschalen mit Würze-Agar außerordentlich leicht, übrigens auch nicht schwieriger bei Herausfischen aus den flüssigen Medien oder vorsichtigem Abheben von dem besäeten Holz; die Organe erwiesen sich stets als unverändert, es wurden zu keiner Zeit Keimschläuche oder junge Meruliiis-Mycelien (da- gegen stets keimende Sporen und junge Mycelien von „Schimmel- pilzen") gefunden. Nur in einem Falle erhält man auf den an- gelegton Platten gelegentlich Merulms-Jl-dschen, nämlich dann, wenn Sporen von jungen Fruchtkörpern mittelst Nadel entnommen werden; microscopisch stellt man da unschwer fest, daß hier die Entwicklung von mitübertragenen zarten Teilen des Hymeniums ausgeht. Aus dieser Tatsache ergibt sich das Geeignetsein meines Substrates für den Pilz, sie entkräftet also vorweg etwaige Ein- würfe nach dieser Seite. Ich beschränke mich hier auf bloße Aufzählung der ange- setzten und verfolgten Versuchsreihen. Die Aussaaten er- folgten mit: 1. Jungen soeben gereiften Sporen in PETRI-Schalen (Würze agar). Von jungem Fruchtkörper im Keller ent- nommen, Aufstellung in gr. feuchter Kammer im Labora- torium (Mai 1911); 2. älteren Sporen (ca. 4wöchig), sonst wie bei Nr. 1 (De- zember 1910); 3. älteren Sporen auf feuchte Fichtenholz stücke, sonst wie Nr. 1 (Dezember 1910); 4. frischen Sporen auf Würzeagar in Culturröhrchen, di- rect im Keller von jungem Fruchtkörper, Versuch verblieb im Keller (Mai 1911); 5. älteren Sporen von reifem Fruchtkörper auf Fichten- holzstücke, in Glasschale liegend; im Keller verbleibend (Dezember 1911); Keimungs versuche hait Merulius-Sporen. 313 6. frischen Sporen von reifem Fruchtkörper in kleine ERLENMEYER-Kolben mit sterilem Malzauszug und Bier- würze unter Watte, ohne oder mit besonderen Zusätzen von Kaliumphosphat oder Citronensäure (Septem- ber 1911); 7. getrockneten Sporen gleicher Herkunft aus der Luft aufgefangen (4 Wochen in Papier eingeschlagen aufbewahrt) sonst ganz wie in Nr. 6 (September 1911); 8. Sporen gleicher Art wie 7 in Salzlösungen (Kalium- phosphat) verschiedener Concentration, ERLENMEYER- Kolben wie vorher (September 1911); 9. Auffangen verstäubender Sporen im Keller auf Stücken gesunden und trockenfaulen Fichtenholzes, Papier, getrockneten Pflanzen, gesunden und faulenden Äpfeln (1911 — 1912). Die Versuchstemperatur bewegte sich im Laboratorium um 20 " herum, im Keller schwankte sie im Verlauf des Jahres zwischen 4 bis 16"'), höhere Wärmegrade im Thermostaten habe ich nicht geprüft, für natürliche Verhältnisse kommen sie auch nicht in Frage. Der Lichtzutritt war im Keller mäßig (kleines Fenster), für das Laboratorium gilt zerstreutes Tageslicht. Angesichts dieser zahlreichen rein negativen Resultate wäre es jetzt Aufgabe, festzustellen, welche ganz bestimmten Umstände für den von anderen beobachteten positiven Erfolg verantwortlich zu machen sind 2). Zufälligkeiten können bei meinen Experimenten, wie solche mit anderen Pilzen in ähnlicher Weise fast täglich an- gestellt werden, nicht im Spiele sein. Der Versuchspilz ist ein echter MeruJius lacrymans, er wurde im Herbst 1909 von dem 1) Diese Daten über Verfolg der Temperatur und Luftfeuchtigkeit des Kellerraumes habe ich a. a. O bereits ausführlich mitgeteilt (Ansteckungs- versuche mit verschiedenen Holzarten durch Merulius-M.y cq\, Mj- colog. Centralbl. 1913, 2. 331 — MO). — Im gleichen Keller wurden zahlreiche positive Ansteckungsversuche mit Mycel gemacht. 2) Bei horizontal aufsitzenden Fruchtkörpern (Oberflächenform) sollen nach Falck die Sporen vom Hymenium überwachsen werden; hierdurch wie durch die später eintretende Schimmelbildung soll die Keimfähigkeit der Sporen vernichtet werden (1. c. '259). Die beiden ersteren Erscheinungen sah ich bei meinen Fruchtkörpern nur ausnahmsweise, ihr angeblicher Einfluß kommt hier also nicht in Frage. 314 ü- Wehmer: stark zerstörten Holzvverk einer Badeanstalt (Lauterberg a. H.) auf- genommen, seitdem wird er auf Holz weiterculti viert. Übrigens hatte ich mit mit Sporen anderer Herkunft gleiche Resultate. Wenn Mer/dius Sporen gleich denen anderer Pilze ohne Aveiteres zum Keimen zu bringen wären, würden die diesbezüg- lichen Angaben schwerlich kaum so spärlich sein; tatsächlich herrscht nicht einmal Einigkeit unter den verschiedenen Forschern über die erforderlichen Bedingungen, ebensowenig sind die früheren positiven Versuche bis zur Erlangung größerer Culturen durchgeführt. Ich verweise hier nur kurz auf die Angaben bei Hartig, Brefeld, von Tübeüf, Alfr. Möller, Mez, ß. Falok. Unter mehr natürlichen Verhältnissen will allein letzterer Keimuno- und Entwicklung, und zwar auf trockenfaulem Holz, gesehen haben. Da er aber hierfür eine freie organische Säure verant- wortlich macht ^), die allem Anschein nach gar nicht vorhanden, jedenfalls nicht nachgewiesen ist, darf man dieser Annahme mit einiger Eeserve gegenüberstehen, zumal ja auch andere seiner Er- gebnisse nicht immer zutreffen (so z. B. das gelbe Pigment als „Hemmungsfarbe"). Es wäre denn doch der Beweis, daß Sporen- keimung auf trockenfaulem Holz flott stattfinden kann, ohne com- plicierte Versuchsanordnung in sehr einfacher überzeugender Weise zu führen. In meinen Versuchen im Keller blieb sie aber aus "). Die Sporen meines Merulius zeigten jedenfalls unter den ein- gehaltenen Versuchsbedingungen weder in künstlichen Medien noch auf gesundem oder trockenfaulem Holz, oder auf anderen Vegeta- bilien des Versuchskellers, eine Weiterentwicklung; die Ausbreitung dieses Pilzes findet hier unter seinen natürlichen Wachstumsbedin- gungen ansschließlich rein vegativ durch auswachsende Mycelien, also nur durch directe Berührung, nicht durch Vermittlung der Luft, statt, nie erscheint er an anderen, von seinem localisierten 1) I. c. 276 u. f. 2) Erwähnenswert erscheint mir, daß in der Literatur eigentlich nirgend eine klare Wiedergabe der Keimungsdetails sich findet. So sieht man auch bei Falck (1. c. 265 und 267) in den Abbildungen keinen Durchtritt des Keimschlauches durch die Wand, derselbe setzt einfach außen an die Contourlinie der Sporen an, während das Plasma im Inneren gleichzeitig contrahiert gezeichnet ist (der Raum zwischen ihm und Wand wird in den Legenden als „Vacuole" bezeichnet). Auskeimende Sporen sollten doch einen gespannten Protoplast zeigen, Vacuolen würde man im Inneren desselben suchen. Gegen diese Bilder, wenn sie eine genaue Wiedergabe des Gesehenen sein sollen, sind allerdings Bedenken zu erheben. Keimungsversuche mit Merulius-Sporen. 3 15 Wachstumslieerde abgelegenen Stellen, auch wo ihm solche gleich- günstige Entwicklungsbedingungen bieten. Es geht das aus allen Beobachtungen während der nunmehr fast 3jährigen Dauer dieser Experimente mit genügender Deutlichkeit hervor. Räume, in denen es zur Ausbildung von Fruchtkörpern kommt, weisen bekanntlich eine außerordentlich starke Verstäubung der Sporen auf, in weitem Umkreis kommt es auch auf den im Keller befindlichen Gregen- ständen verschiedenster Art zum Absatz eines vielfach mit bloßem Auge schon wahrnehmbaren gelblichbraunen Staubes; wenn die Möglichkeit der Keimung unter natürlichen Verhätnissen allgemein Tatsache wäre, so müßte die Entstehung neuer Merulms-Heerde ohne weiteres festzustellen sein; ich brauche kaum an die Ver- seuchung von Räumen zu erinnern, in denen an irgendeiner Stelle der Oonidienrasen eines „Schimmelpilzes" vegetiert, derselbe Pilz — wenn auch nicht direct mit MeruUus vergleichbar — erscheint alsbald auf allen Materialien dieses Raumes, soweit sie ihm einen geeigneten Boden bieten. Übrigens habe ich durch besondere Ver- suche gleichzeitig festgestellt, daß trocknes oder feuchtes Holz im Keller durch bloße Übertragung lebender Mycelflocken von MeruUus aus bestimmten Gründen überhaupt nicht ange- steckt werden kann. Damit würde also selbst eine f actische Keimung der Sporen ohne Erfolg sein. Wenn Ansteckung durch Sporen unter natürlichen Ver- hältnissen nicht einmal im gleichen Räume stattfindet, so hat sie offenbar ebensowenig von Raum zu Raum statt, noch viel we- niger vermag ein krankes Haus ein anderes in dieser Weise anzustecken, wie das ohne jede tatsächliche Unterlage früher schon schlankweg behauptet ist. Derartige Sporenansteckung ist bei nüchterner objectiver Beurteilung der Tatsachen ein Mythus, lediglich geeignet zur Beunruhigung der beteiligten Kreise. Alte verfallene Fruchtkörper des Memlius bedecken sich im Keller nach einiger Zeit mit zarten weißen Mycelien, wie solche ähnlich aus den Strängen hervorwachsen, die so neue Vegeta- tionen des Pilzes liefern. Meine Vermutung, daß auf jenen viel- leicht Keimungsbedingungen für die Sporen vorhanden sind, ließ sich bislang nicht bestätigen, diese Mycelien gehörten anderen Pilzen an, Sporenkeimung konnte so auch nicht bei Verfolg in der großen feuchten Kammer beobachtet werden. Schließlich machte ich noch den Versuch, leidlich festes trockenfaules Fichtenholz durch Bewachsenlassen mit Meriüms- Mycel im Keller völlig zu zerstören, mit negativem Erfolge. Die 316 P- Lindner und Glaubjtz: Stücke hatten nach Verfall der Meruliiis-Y egetsition ihre Beschaffen- heit nicht merklich geändert. — Einzelheiten der hier angedeuteten Versuche gebe ich in einer bereits abgeschlossenen ausführlichen Arbeit. Hannover, Juni 1913, Bact. Laborat. des Tech. -Ohem. Instituts. 44. P. Lindner und Glaubitz: Verlust der Zygosporen- bitdung bei anhaltender Kultur des +- und — Stammes von Phycomyces nitens. (Eingegangen am 27. Juni 1913.) Seit Jahren wurden im Institut für Gärungsgewerbe die beiden BLAKESLEEschen Phycomycesstämm.e in der Schausammlung ge- führt, um die Zygosporenbildung an den Grenzlinien ihrer Mycelien zu zeigen. Als Kulturboden diente Würzegelatine mit Agar ver- mischt, der in den bekannten Pilzgläsern nach LiNDNER in dünner Schicht an deren Innenwand ausgerollt war. In der letzten Zeit fiel das Ausbleiben der schwarzen Zygosporenlinien wiederholt auf, so daß Zweifel an der Reinheit der beiden Stämme auftauchten. Noch im vorigen Jahre hatte LlNDNER die beiden Stämme zu er- nährungsphysiologischen Versuchen benutzt und erhebliche Ver- schiedenheiten in der Fähigkeit, die eine oder andere Zuckerart zu assimilieren festgestellt. Es war vor allem aufgefallen, daß die — Kultur fast durchweg üppigere Mycelien und Lufthyphen mit Sporangien bildete. Die Kulturen wurden photographisch auf- genommen und kamen ihre Bilder in der Wochenschrift für Brauerei 1912 Nr. 20 zur Veröffentlichung. Für Lehrzwecke wurde dieser Assimilationsversuch später noch einmal wiederholt. Dabei ergab sich eine deutliche Ab- schwächung der Tendenz zur Bildung von Sporangienträgern, auch die Mycelmassen innerhalb der Flüssigkeit waren nicht mehr so üppig entwickelt. Diese [Beobachtung gab Veranlassung zu einer nochmaligen Nachprüfung der beiden Stämme, die Herrn GLAUBITZ übertragen wurde. Verlust der Zjgosporenbildung bei anhaltender Kultur usw. 317 Zunächst wurde versucht, die Erscheinung der Zygosporen- bildung mikroskopisch zu verfolgen mit Hilfe der sog. Tröpfchen- kultur. Es wurden in größeren Abständen ca. 2 mm lange Strich- tröpfchen mit der Zeichenfeder angelegt, in denen je 2 — 3 Sporen des einen Stammes verteilt waren und dazwischen kleine runde Tröpfchen mit der nämlichen Zahl Sporen des anderen Stammes. Die Sporen keimten sehr gut aus und es bildeten sich auch Mycelien und Sporangien, aber eine Zygosporenbildung blieb aus. Eine 60 malige Wiederholung desselben Versuchs brachte keine Änderung. Mittlerweile waren auch die beiden Stämme auf festem Nährboden in PETRIschalen, Vierkantfläschchen und in den LlNDNER- schen Pilzkulturgläsern für sich und nebeneinander ausgesät worden. In allen Fällen wuchsen die Kulturen auf der Würzegelatine kräftig und bildeten einen starken Wald von Sporangienträgern, doch trat nirgends Zygosporenbildung auf. Das raschere Wachs-, tum des — Stammes und die üppigere Bildung von Sporangien- trägern jedoch lehrte, daß eine Vermischung der Stämme durch Versehen beim Überimpfen der Kulturen nicht vorgekommen war. Während die + -Kultur etwa am 4. Tage noch ein hell- graues, watteähnliches niedriges Luftmycel bildete, zeigte die — Kultur schon die olivgrünen Sporangienträger mit darauf- sitzenden leuchtend orangefarbenen Köpfchen, welche sehr bald über Hellbraun in tiefes Dunkelbraun übergingen. 8 Tage nach Anlage der Kulturen in zwei ERLENMEYER-Kolben erreichten die Sporangienträger der Minuskultur fast den Wattepfropf, während die Pluskultur nur einen dichten kurzen gelbgrünen Käsen bildete, der noch keine Sporangien aufwies. Zur Ergänzung dieser Versuche wurde noch eine Wieder- holung des früheren Versuches von LiNDNER in verschiedenen Zuckerarten angestellt. Je 10 ccm HAYDUCKscher Nährlösung (0,025 % MgSO,, 0,5 % KH2PO4, 0,5 % (NH,)2S04), die mit 5% Zucker versetzt war, wurden in Vierkantfläschchen gefüllt und mit möglichst gleicher Menge von Sporen je eines Stammes geimpft. In den Fläschchen blieb ein genügend großer Luftraum, etwa % des Inhalts zur Entwicklung des Sporangiumträgers frei. Zur Ver- wendung gelangten folgende Zuckerarten: Dextrose, Lävulose, Galaktose, Mannose, Saccharose, Laktose, Raffinose, außerdem Dextrin und lösliche Stärke. Auch bei diesen Versuchen zeigte sich, daß wohl in allen Fällen das Wachstum der Minuskultur stärker war als das der 318 l'- Lindner uud GlaubitZ: Verlust der Zygosporenbildung usw. Pluskultur. Die Bildung von Luftmj'cel trat aber nur bei den Kulturen in Maltose und Stärke ein. Am weitaus kräftigsten war das Wachstum in Maltose. Im Gegensatz zu dem früheren LlNDNER- schen Versuch bildeten die beiden Stämme in den anderen Zucker- lösungen kein Luftmycel, was auf eine Schwächung der Kulturen hindeutet. Die nach 4 Wochen photographierten Kulturen blieben in den nächsten 4 Wochen unverändert. Ob die Aufbewahrung der Stammkulturen im Kühlschrank bis ca. 8 " die allmähliche Schwächung verschuldet hat, bleibt noch zu untersuchen. Biologisches Laboratorium des Instituts für Gärungsgewerbe Berlin. Sitzung vom 25. Juli 1913. 319 Sitzung vom 25. Juli 1913. Vorsitzender: Herr L. WiTTMAOK. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren Funk, Dr. Georg in Neapel, Zoolog. Station (durch A. HANSEN und W. Brück), Schindler, Dr. Bruno in Grünberg i. Schi, (durch W. Magnus und W. WÄCHTER). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren Irmscher, Dr. E. in Dahlem, Tiegs, Dr. E. in Berlin-Friedenau, und Fräulein V. Ubisch, Dr. Gerta in Berlin-Lichterfelde. Herr R. KOLKWITZ berichtete über die in St. Petersburg veranstaltete Jubiläumsfeier zum Andenken an das 200jährige Bestehen des im Jahre 1713 durch Peter den Großen dort ge- gründeten Botanischen Gartens. Die festliche Feier fand am 24. Juni 1913 im Beisein in- und ausländischer Vertreter statt. L. WiTTMACK zeigt eine ältere Abbildung, darstellend Felsen aus der Baffinsbai, vor, die mit rotem Schnee bedeckt sind. Diese Abbildung ist eingeheftet in einem Exsikkatenwerk ohne Titel, von dem WiTTMACK nur die Nr. 576 [Gymnostomum tortile) bis 705 {Fuccinia Bistortae Dec.) besitzt. Nach diesen Nummern ergibt sich, daß es sich um FUNCK, „Kryptogamische Gewächse des Fichtelgebirges" handelt. (Leipzigs 1806—1838, 42 Fascikel, 840 Exemplare.) Die eingeheftete Farbentafel trägt in deutscher und franzö- ßer. der deutsehen bot. Gesellsch. XXXI. 23 320 Sitzung vom 25. Juli 1913. sischer Sprache die Überschrift: Verm. Gegenstände CCXLIX, Band IX, Nr. 91. (Melanges CCXLIX usw.) Der Text lautet: „Rot gefärbter Schnee. — Im Jahre 1816 sah der Kapitän ßOSS auf seiner Reise zur Entdeckung einer nordwestlichen Durch- fahrt nach Amerika, hoch in der Baffinsbai, die Klippen des Ufers eine weite Strecke entlang mit karmoisiertem Schnee bedeckt, welcher, wie sich aus nebenstehender Abbildung ergibt, einen gar sonderbaren Anblick gewährte" usw. Man nahm etwas davon mit und fand „durch Untersuchung mit guten Mikroskopen, daß die roten Körperchen kleine Schwämmchen waren, von denen ein ausgewachsenes Stück nur den sechzehnhundersten Teil eines Zolles im Durchmesser hielt, und dem man den Namen üredo nivalis gegeben hat". Jetzt heißt die Alge, die eine Zeitlang den Namen Sphaerella nivalis führte, Cldamijdomonas nivalis (l^olvocaceae). Ferner legte L. WiTTMACK ein schönes Aquarell einer blühen- den wilden Kartoffel, Solanum Neoweberhancri, vor, das Herr Prof. Dr. Louis PLANCHON in Montpelher ihm zur Ansicht geschickt hatte. Die Knollen hatte Prof. WEBERBAUER in Lima am Berge Morro Solar bei Chorillos in Peru gesammelt und an WlTT- MACK geschickt. Dieser hatte sie an verschiedene Anstalten ver- teilt. Die Art (WEBERBAUERs Nr. 5689) zeichnet sich durch ganz außerordentlich große Blumen aus, die 4, ja in einzelnen Fällen, so bei Reverend AlKMAN PatON in Soulseat, Castle Kennedy, Schottland, 5 cm Durchmesser erreichen. Die radförmige Krone ist hellviolett mit 5 weißen, violett geäderten Längsstreifen auf jedem der 5 Lappen und zahlreichen Drüsenhaaren auf diesen Streifen nahe ihrer Spitze versehen. Unter dem 15. August über- sandte Herr PLANCHON auch abgeschnittene frische Blumen. Der im vorigen Heft abgedruckte Antrag APPEL-GiLG wird weiterhin unterstützt durch die Herren CONWENTZ, DRüDE, V. Wettstein. A. A. Sapehin: Ein Beweis der Individualität der Plastide. 321 Mitteilungen. 45. A. A. Sapehin: Ein Beweis der Individualität der Plastide. (3. vorläufige Mitteilung.) (Mit Tafel XIV.) (Eingegangen am 7. Juli 1913.) Die SOHIMPER-MEYERsche Lehre von der Individualität der Plastide, ist bekanntlich von Seiten vieler Botaniker in den letzten Jahren sehr stark angegriffen worden. Man hat ncämlich Gebilde in pflanzlichen Zellen gefunden, welche man mit den tierischen Chondriosomen identifiziert und von denen man die Piastiden ab- leiten will. übrigens ist keine Einigung über die Meinungen von der Beziehung zwischen Piastiden und Chondriosomen bis jetzt erreicht: es sind hier drei scharf begrenzte Hypothesen vor- handen. Lewitsky, Guilliermond, Forenbacher u. a. m. sehen in den meristematischen Geweben nur Chondriosomen, von denen die Piastiden der ausgewachsenen Zellen abstammen; nach der Meinung von SCHMIDT sollen die Chondriosomen nichts anderes als besonders geformte Piastiden sein; endlich, nach RUDOLPH, sollen die entsprechenden Gebilde des ürmeristems teilweise Chondriosomen und teilweise Piastiden, nur etwa in der Größenordnung der Chon- driosomen sein. Alle diese Meinungen sind bis jetzt nur als Hypothesen an- zusehen: keine von ihnen ist klar genug bewiesen. Als ich vor zwei Jahren auf das Plastidenproblem gekommen war, sah ich nur einen Weg, die Frage nach der Individualität der Plastide n zu entscheiden : man müßte das Verhalten der Piastiden durch die ganze Ontogenie einer Pflanze, vom Embryo bis zum Embryo, verfolgen, um zu sehen, ob die Plastide immer von einer anderen stammt; wäre das der Fall, und hätte dabei die Pflanze auch Chondriosomen, so wäre die Unabhängigkeit der Piastiden von den letzteren ganz klar. Die höheren Pflanzen taugten dazu nicht, weil man — nach den literarischen Angaben — entsprechende Gebilde in ihrem Meristem nur in einer Größe findet, so daß hier alle drei ange- führten Hypothesen Platz haben können. Darum wandte ich 23* 322 ^- ^- ''^APEHIN: mich den Bryophyten und Pteridophyten, besonders den Laub- moosen zu, bei denen ich das eigentümliche Verhalten der Piastiden .im Archesporium gerade damals entdeckt hatte ^). Ich verfolgte das Verhalten der Piastiden teils an lebendigem, teils an fixiertem Material in der Spore, dem Protonema, der Scheitelzelle des jungen und älteren Stengels, während der Ovo- und Spermatogenese, im Embryo und seiner Scheitelzelle, im Archesporium und wieder in der Spore. Überall finde ich, daß jede Plastide nur aus einer anderen durch Teilung stammt. Die Spore (Fig. 1) hat mehrere Piastiden, aus denen die Piastiden des Protonemas (Fig. 2) hervorgehen. Von diesen letzteren stammen die Piastiden der Scheitelzelle des Stengels (Fig. 3) ab, die sich durch Teilung vermehren und von denen alle Piastiden des Stengels stammen. Von den Pla- stiden der oberen Zellen des Stengels stammen die Piastiden der haarähnlichen Gebilde ab, welche sich in Archegonien und Antheridien umwandeln. Und während die Zellen, welche an der Ovogenese teilnehmen, immer mehrere Piastiden enthalten, sa daß auch das Ei mehrere bis viele besitzt (Fig. 5), führen die ersten Teilungen in der Spermatogenese in von mir schon ge- zeigter Weise^) dazu, daß nur je eine Plastide in den spermatogenen Zellen bleibt (Fig. 4), so daß auch das Spermatozoid nur eine Plastide enthält. Von den Piastiden der Zygote stammen diejenigen der Scheitelzelle des Embryos (Fig. 6) und von diesen die des Sporo- gons ab. Die Zellen des Sporogons, welche zur Umwandlung in das Archesporium bestimmt sind, enthalten mehrere Piastiden, doch führen die Teilungen während der Archesporbildung dazu, daß jede seiner Zellen nur je eine Plastide enthält (Fig. 8); darüber habe ich schon eine Mitteilung gemacht^). Diese Plastide gibt den Anfang derjenigen der Spore; später vermehrt sich diese Plastide,, so daß die Spore ihrer mehrere enthält. Somit ist der ganze Zyklus geschlossen und die In- dividualität der Plastide ganz klar demonstriert. Wie steht es ferner mit den Chondriosomen? Rudolph*), der die Ohondriosomen bei Mnium suchte, konnte sie dort nicht finden. Vielleicht versagte ihm hier die von ihm. 1) Ber. d. D. Bot. Ges. I'JII, S. 491. 2) Ibid. 1913, S. 14. 3) Ibid. 1911, S. 491. 4) Ibid. 1912, S. 605. Ein Beweis der Individualität der Plastide. 323 benutzte Fixierflüssigkeit: „ßEGAÜD" und „FLEMMING stark" fixieren diese Gebilde auch, bei Moosen ganz gut. Ich. habe die Chondriosomen in allen von mir bis jetzt untersuchten Laubmoosen {PoJijtnchitm, Funaria, Bryum, Mnium) in einer Unzahl gefunden. In fast allen Zellen des Gamete- wie des Sporophyts und in erster Linie in den Zellen des Protonemas (Fig. 2), in der Scheitelzelle des Stengels (Fig. 3), in den ovo- und spermatogenen Geweben (Fig. 5), in der Scheitelzelle des Embryos (Fig. 6), im Sporogon (Fig. 7), in den Archesporzellen (Fig. 8) und in der Spore — überall finden sich auch Chondriosomen hauptsächlich in der Form von Mitochondrien, doch oft auch als Chondriokonten oder Chon- driomiten. Es steht also die Sache so, daß die Chondriosomen bei un- zweifelhafter Individualität der Piastiden doch in allen Zellen vor- handen sind — und dieses Faktum beweist ganz klar, daß die Piastiden und die Chondriosomen voneinander ganz un- abhängig sind. Man könnte vielleicht glauben (obschon das ganz unwahr- scheinlich ist), daß die Verhältnisse bei den höheren Pflanzen doch so sind, daß die Piastiden von den Chondriosomen des Urmeristems abstammen. Ich habe aber jetzt eine solche Blütenpflanze ge- funden, bei der die Piastiden auch in den Zellen des Urmeri- stems beträchtlich größer als die Chondriosomen sind und sehr schöne Teilungsfiguren aufweisen. Da meine diesbezüglichen Unter- suchungen noch im Gange sind, will ich hier nur das hier An- geführte erwähnen. Meine Untersuchungen haben auch nebenbei gezeigt, daß die Gebilde, welche man als Zentrosomen und Blepharoplasten be- zeichnet, wenigstens bei Characeen, den Bryoph^'ten und den Pteri- dophyten (ich glaube auch bei den Algen und Cycadaceen) nichts anderes als Piastiden sind. Das haben mir meine Untersuchungen an Moosen ganz sicher gezeigt; was die Characeen und die Ptori- dophyten betrifft, bestärken mich einige Zeichnungen von METTENIUS^), M0TTIER2) und SHARP =*) in meiner Ansicht. Vor- läufig kann ich aber nichts mehr darüber sagen. 20. Juni (3. Juli) 1913. Botanisches Kabinett der Universität Odessa. 1) Bot. Zeit. 1845. 2) Ann. of Bot. 1904. 3) Bot. Gaz. 1912. 324 2. Kaiierling: Erklärung der Tafel XIV. Fig. ]. Junge Spore von Funaria hygrometrica, lebend; die Chloroplasten sind dunkel gezeichnet, graue und weiße Kügelchen sind Öltropfen. Apochr. von Zeiss 2 mm, Ok. 4. Fig, 2. Vordere Zelle des Protonemas von Funaria hygrometrica, mit „Flem- MING stark" fixiert und Hämatoxjlin gefärbt; es sind Chloroplasten und Ohondriosomen zu sehen. Aoochr. von REICHERT 4 mm, Oomp.- Ok. 12. Fig. 3. Scheitelzelle des Stengels von Folytrichum püiferum, mit „Regaud" fixiert und Hämatoxjlin gefärbt; es sind der Kern, Piastiden und Ohon- driosomen zu sehen. Apochr. von REICHERT 2 mm, Comp.-Ok. 12. Fig. 4. Spermatide von Funaria hygrometrica, mit „FlemminG stark" fixiert und Hämatoxjlin gefärbt; ein Leukoplast am Kerne liegend; Ohon- driosomen sind nicht eingezeichnet. Apoch. von REICHERT 2 mm, Oomp.-Ok. 12. Fig. 6. Ei von Brynm sp., mit „ReGAüD" fixiert und Hämatoxylin gefärbt; es sind der Kern, Piastiden und Ohondriosomen zu sehen. Apoch. u. Ok. wie in Fig. 4. Fig. 6. Scheitelzelle des Embryos von Funaria hygrometrica, mit „FLEMMING stark" fixiert und Hämatoxylin gefärbt; der Kern, Piastiden und Ohon- driosomen. Apochr. von RElCHERl 4 mm, Oomp.-Ok. 12. Fig. 7. Ein Teil einer Zelle aus dem Sporogon von Funaria hygrometrica, mit „RegaüD" fixiert und Hämatoxylin gefärbt; Ohloroplasten und Ohondrio- somen. Apochr. von REICHERT 2 mm, Oomp.-Ok. 12. Fig. 8. Archesporzelle von Funaria hygrometrica, mit „ReGAUD" fixiert und Hämatoxylin gefärbt; der Kern, zwei junge Ohloroplasten und Ohon- driosomen. Apochr. von REICHERT 2 mm, Oomp.-Ok. 12. 46. Z. Kamerling: Zur Frage des periodischen Laub- abfalles in den Tropen. (Mit einer Textfigur.) (Eingegangen am 9. Juli 1913.) Eine der auffälligsten Erscheinungen der brasilianischen Flora bilden wohl die riesigen, vereinzelt in der mit Gestrüpp und Gras bewachsenen Ebene zerstreuten ßombaceen. Diese Bäume sind meistens reichlich mit Tillandsien bewachsen und häufig an den dicken horizontalen Asten mit den eigentümlichen aus Lehm zusammen- gesetzten Vogelnestern des „Joao de barra" oder mit den großen, aus einer papierartigen Masse erbauten Nestern irgendeiner Termiten- art ausgestattet. Zur Frage des periodischen Laubabfalles in den Tropen. 325 Während eines großen Teil des Jahres stehen diese Bäume blattlos und machen dann einen ganz sonderbaren Eindruck. Es gibt in der brasilianischen Flora noch sehr zahlreiche andere Arten, welche während der trockenen Zeit blattlos sind, z. B. die in Gärten und im Freien sehr häufige Genipapa americana. Auf Java beobachtet man das periodische Kahlstehen in allen Gegenden mit einigermaßen prononcierter Trockenzeit an dem sehr häufigen Kapok- {Eriodendron anfractuosum) und dem Djatibaum [Tectona grandis). Auch die, nicht nur auf Java, sondern auch in Brasilien häu- fig kultivierte Poinciana regia und Cassia fistula, Melia Asedarach. verschiedene Ery thrina- Äxten und SpatJiodea campanulata zeigen die- selbe Erscheinung. Die meisten anderen tropischen Bäume verhalten sich be- kanntlich ganz anders. In meinem Garten in Batavia ließen Gassia fistula, Poinciana regia und Melia Asedarach in der trockenen Zeit die Blätter fallen, während die Gitrus-Axien., Garica Papaya, Anona squamosa, Averrhoa Bilimhi, Pisonia alba, Ficus elastica, Gassia florida, Mangifera indica, Garcinia mangostana usw. nicht in solch auffälliger Weise auf den Monsunwechsel reagierten. Eriodoidron anfractuosum und die bra- silianischen Bombaceen stehen in der trockenen Zeit blattlos, und der auf Java und in Brasilien häufig kultivierte Artocarpus integri- folia behält seine Blätter. Die Er ythrina- Äxten werfen ihr Laub ab, während der Kaffoe, der darunter wächst, es nicht tut. Hier in dem schmalen Dünenstrich am Strande bei B-io fand ich nebeneinander den verwilderten Mimusops coriacia voll belaubt und eine Pomhax (wahrscheinlich Bomhax Munguha) im Begriff, die Blätter abzu- werfen. Es wurden einige Versuche angestellt, um ein Urteil zu ge- winnen über eventuelle Unterschiede in der Verdunstungsgröße und der Verdunstungsregulierung der periodisch kahlstehenden und der fortwährend belaubten tropischen Bäume. Zu diesem Versuche benutzte ich eine Methode, welche sich schon bei einigen Untersuchungen über die Wasserökonomie der Indomalajischen Strandflora bewährt hat. Es werden abgeschnittene beblätterte Zweige sofort nach dem Abschneiden und nachher wiederholt, nach kurzen bestimmten Zwischenperioden gewogen. Man kann in dieser Weise eine Vorstellung bekommen von der Verdanstungsgröße unmittelbar nach dem Abschneiden, wenn die 326 Z. KaMERLING: J e«. Cn (3\ vi oo lO o ö O O O C3 o o o\ö <5s° cX® oV ^^° ^ df y ^ ^^ 1 / ! ff . i\ 3 ro j 1 '' 1 / '* qq' // ^mL OJ 1 .7 1 ;/ ^^ ^ / j ;^ / //' D / 1 ' Cfl / jl ►ö tn / / -i" 1 1 il p 1 c<- 1 1 ij cr> 1 1 O f 1 1 ' CS y / 03 / ( , k>^ / 1 , ->1 / / ; f / / ; ►^ / 1 . ■«1 / // CD / t3 Oo 1 ' f // < 1 V O 1 P «5 1 i \\ S3 / er / 00 o / f6 / V Cß / o / ' r tr' =1 ' * // B / ' c / t-i- / y / / er / h— i / p: ^ / ; / tn- 1 / ; / ct- / CD / •' /l 1-« / c^- an / » • fD / /' D / N ^ / / ' ^ / ' CD / / ' / Oq' — ^ --4 / ! / / CD / ,' / 1 P > / / OO / ' (O / / ; / / / t\3 / 1 f / / o ■ CO *s ^ b3 Q^ !+5 Ö" 5 -i o ■ CÄ ^ 0 a- CD D ^ S w>. S !§ s o 0: « s. i^. I.r i o* ^ •?*^ ) 144,5 M der Versuch abgebrochen, obzwar die Blätter noch nicht zu ver trocknen anfangen Schließlich wurde noch eine letzte Versuchsreihe angestellt mit der groß- und sehr zartblätterigen Genipapa americana und zwei beliebten immergrünen Gartensträuchern, Hihiscus rosa sinensis und einer rotblätterigen Acalypha. Zur Frage des periodischen Laubabfalles in den Tropen. 329 Genipapa americana Hihiscus rosa sinensis Acalypha spec. 21. Mai 10.65 91,7 Gramm 11.10-11 !5 88,4 16,0 Gramm 38,8 Gramm 11.25—11.30 86,6 15,5 37,8 12 0 -12.6 84,5 15,2 36,7 1255 1.0 82,95 „ 16,0 35,55 „ 1.25— 1.30 82,2 14,9 35,0 2.25— 2.30 81.2 14,7 34,0 22. Mai 9.30— 9.36 7B,20 „ 12,55 „ 23,45 „ 23. Mai 9.30— 9.35 70,2 10,0 16,4 einigermaßen welk, stark gewelkt, fast ganz jedoch noch gar jedoch noch gar vertrocknet. nicht trocken. nicht trocken. Wir können die Resultate von allen diesen Versnchen in der folgenden Tabelle zusammenstellen, umgerechnet in Prozenten von dem Gewichte, das die benutzten Äste beim Anfang des Ver- suches zeigten: Gewichte in Prozenten 5: .^ gl „ 116 „ 140 > N C ci bC > N Ö cd ÖD <0 (1) O 3 cd o u 'S .2 o ~ o ;c« 79,2 76,6 a (D :cä fl "*" JA rf p a i2 > O bß o !-.'3 bßa u *> , — 1 u oq-g -kj > CO i5 ä pq 22 (-1 cd N eq '73 D O cq Auffällig ist in diesen Zahlenreihen z. B. der Unterschied zwischen Hihiscus rosa sinensis und Acalypha spec, wovon erster© im Anfang stärker verdunstet, nachher jedoch durch Spaltenver- schluß die Verdunstung sehr erheblich einschränkt. Beide Pflanzen 330 Z. Kamerling; ■wurden schon von mir in Batavia beim Unterricht in der Pflanzen- phjsiologie, bei der Demonstration der Kobaltpapierprobe benutzt, um den Gegensatz zu zeigen zwischen verschlußfähigen und ver- schlußunfähigen Spaltöffnungen. In der Kultur ist Hihisciis rosa sinensis ziemlich resistent und kommt auch bei mangelnder Pflege und ah ziemlich trockenen Stellen fort, während die AcalypJia be- deutend empfindlicher ist. Auf unserer Figur sind für Tecfnna grandis, JBomhax Mungüha, GeniiKi/pa americana, Garcinia spec. und Artocarpus integrifolia die "Verdunstungskurven konstruiert. Wenn man nur die extremen Fälle betrachtet, Tectona grandis und Cassia fistula einer-, Mangifera, Garcinia und Minmsops anderer- seits, scheint die Frage des periodischen Laubabfalles in den Tropen schon gelöst zu sein. Daß ein Baum mit einer Ver- dunstungskurve wie die von Tectona grandis in der trockenen Zeit die Bläter fallen läßt und ein Baum mit einer Kurve wie die von ■Garcinia spec. die Blätter behält, ist ja ohne weiteres verständlich. Ziehen wir jedoch auch die weniger extremen Fälle — ■Genipapa americana, die Bomhax- Äxten und Artocarpus integrifolia — mit in die Betrachtung hinein, dann stellt es sich heraus, daß die Sache doch nicht so einfach ist. Genipapa americana zeigt aller- dings eine sehr starke Verdunstung im Anfang, reguliert jedoch in vorzüglicher Weise und ist im Vergleich zu dem immer belaubten Artocarpus integrifolia ■ — welcher zwar im Anfang weniger stark verdunstet, aber entweder die Spaltöffnungen nur unvollständig verschließt oder eine außergewöhnlich starke kutikuläre Ver- dunstung zeigt — entschieden im Vorteil. Unsere Transpirationskurven erklären zwar, warum Garcinia, Mimusops und Mangifera ihr Laub in der trockenen Zeit behalten. Tectona grandis und Cassia fistula es verlieren, sie erklären jedoch nicht, warum Artocarpus integrifolia das Laub behält und Genipapa und die Bomhax- kxtQn es fallen lassen^). 1) Ein nachträglicher Versuch mit einer Erythrina ergab die folgenden Resultate: 1. Juni nachmittags 6.45 Uhr 78,6 g 100 pOt. » 6.10 )> 78,1 „ 99,3 „ » 8.30 M 76,2 „ 95,7 „ 2. Juni vormittags 6.30 » 68,5 „ 87,1 „ „ nachmittags 4.30 w 62,7 „ 79,7 „ 3. Juni vormittags 6.45 n 55,1 „ 70,1 „ „ nachmittags 2.00 » 50,5 „ 64,2 „ Die Blätter fangen an abzusterben und zu vertrocknen, der Versuch wird abgebrochen. Zur Frage des periodischen Laubabfalles in den Troj^en. 33t Es werden jedenfalls noch andere Factoren mit in die Be- trachtung hineingezogen werden müssen, Factoren welche einer experimentellen Behandlung vielleicht vorläufig noch nicht zu- gänglich sind. Bei Terminalia Gatappa z. B. und einzelnen Ficm-A.i'iQTi voll- zieht sich der Laubabfall innerhalb weniger Tage in so voll- ständiger Weise, daß der Baum schließlich ganz kahl steht. Sofort nach dem Laubabfall entwickeln sich jedoch die neuen Blätter und wenige Tage, nachdem die alten Blätter herunterfielen, steht der Baum wieder vollbelaubt da. Hier steht offenbar der periodische Laubfall in keiner Beziehung zur Verdunstung. Im allgemeinen beobachtet man das periodische Kahlstehen in der trockenen Zeit nicht bei denjenigen tropischen Bäumen,, deren Blätter sehr fest gebaut sind und lederartige Konsistenz haben. Solche Blätter halten mehrere Jahre aus. Beobachtungen- an Ficiis elastica haben mir gezeigt, daß die Lebensdauer der Blätter vier Jahre überschreiten kann und bei Garcinia Mangostana und an- deren Garcinia-Arten, bei Mimusops BaJafa und Mimusops Coriacea ist vielleicht die durchschnittliche Lebensdauer des Blattes auf fünf bis sechs Jahre zu veranschlagen. Aus der langen Lebensdauer solcher festen lederartigen Blätter erklärt sich auch die außer- ordentlich starke Entwicklung von epiphyllen Flechten und Leber- moosen, welche man hier häufig beobachtet. Auch die eigentüm- liche geringe Verzweigung von vielen Tropenbäumen hängt gleichfalls teilweise mit der Langlebigkeit der Blätter zusammen. Die Bäume, welche in den Tropen periodisch das Laub wechseln, gehören nicht zu den Arten mit sehr fest gebauten,, lederartigen Blättern. Es gibt jedoch unter den Bäumen mit zarten. Blättern auch zahlreiche Arten, welche ihr Laub nicht periodisch, wechseln, wie z. B. Pisonia alba, die Averrhoa- Axien, Ricinus com- munis, Carica Papaya, Ilibiscus tiliaceus usw. Bei allen Arten mit periodischem Blattwechsel, nicht nur bei denjenigen, welche während der Trockenzeit kahl stehen, wie Tectona grandis, sondern auch bei denjenigen, welche sich nach dem Laubabfall sofort wieder neu belauben, wie Terminalia Catappa,. verlaufen, unter den normalen Wachstumsbedingungen, die Vege- tationsvorgänge im ganzen Organismus in derselben rhythmischen Es ergibt sich aus diesem Versuche, daß die untersuchte, periodisch kahl stehende Er/jthnna sich ähnlich verhält wie Artocarpus integrifolia und die- untersuchten Bomhax-kviQn; die Verdunstung ist im Anfang nicht sehr stark,, -wird jedoch beim eintretenden Wassermangel kaum eingeschränkt. 332 Z. Kameuung: "Weise. Diese Rhythmik offenbart sich bekanntlich nicht nur in dem Laubabfall und der Laubentwicklung, sondern auch in der Bil- dung von Blüten und Früchten. Unter den Arten mit langlebigen Blättern gibt es solche, bei denen man im ganzen Organismus deutlich einen ähnlichen Rhythmus beobachtet, z. B. bei Mangifera indica und Gojfea arabica, andere bei denen dieser Rhythmus viel weniger ausgeprägt ist, wie z. B. bei Artocarpus integrifoUa. Die fortwährend belaubten Arten mit zarten, kurzlebigen Blättern zeigen meistens den Rhythmus nicht oder kaum. z. B, Fisonia alha, die Averrhoa- A.xi&n, Ilihiscus rosa senensis, Ilibiscus sclmopetaJus, Ilibiscus tiliaceus, Carica papaya, Ricinus communis usw. Es scheint fast daß man einander Arten gegenüberstellen könnte, deren Vegetationsprozesse starke Neigung zum rhythmi- schen Verlauf zeigen und andere Arten, bei denen diese Prozesse sich in einem mehr gleichmäßigen Tempo abspielen. Diejenigen Arten mit kurzlebigen Blättern, bei denen die Nei- gung zum rhythmischen Verlauf der Vegetationsprozesse sehr aus- geprägt ist, werden, wenn die Verdunstung einigermaßen beträcht- lich und (oder) die Verdunstungsregulierung nicht sehr vollkommen ist, in der Trockenzeit kahl stehen. Über die von KLEBS gestellte Frage ^), ob die Rhythmik von äußeren Einflüssen bedingt oder im Wesen des Organismus be- gründet sei, wage ich mich einstweilen nicht zu entscheiden. Am wahrscheinlichsten scheint es mir allerdings, daß, was die perio- dischen Erscheinungen in der tropischen Flora betrifft, die Wahr- heit in der Mitte liegt zwischen der von SOHIMPER verteidigten Auffassung einer von äußeren Einflüssen unabhängigen Periodicität und der von KLEBS vertretenen Anschauung, daß die periodischen Erscheinungen in den Tropen ausschließlich durch die Periodicität des Klimas bestimmt sein sollen. Wir können die Resultate unserer Untersuchung in fol- gender Weise zusammenfassen: Von den in der Trockenzeit kahl stehenden tropischen Bäumen verdunsten Tecfona grandis und Cassia fistida sehr stark und regulieren die Verdunstung kaum. 1) Klebs, Über die Rhythmik in der Entwicklung der Pflanzen. Heidel- berg 1911. Zur Frage des periodischen Laubabfalles in den Tropen. 333 Die in der Trockenzeit gleichfalls kahl stehende Genipapa americana verdunstet gleichfalls sehr stark, reguliert jedocü die Verdunstung bei Wassermangel in vorzüglicher Weise. Die zwei untersuchten Bombaceen zeigen ein übereinstimmen- des Verhalten: beim Anfang des Versuches eine ziemlich geringe Verdunstung, welche noch einigermaßen, allerdings nur in geringem Grade, eingeschränkt wird. Von den in der trockenen Zeit nicht kahl stehenden tropischen Bäumen zeigt Mimnsops coriacea schon beim Anfang des Versuches eine außerordentlich geringe Verdunstung, welche nicht weiter verringert wird. Die untersuchte Garciania spec. und Mangifera indica zeigen beim Anfang eine mäßige Verdunstung, die schon sehr bald bis auf ein Minimum herabgedrückt wird. Artocarpus integrifolia zeigt beim Anfang eine ziemlich starke Verdunstung, welche einigermaßen, allerdings nicht erheblich, ein- geschränkt wird. Die zwei untersuchten, nicht periodisch laubabwerfenden Sträucher zeigen beide beim Anfang eine sehr starke Verdunstung, welche bei Ilihiscus rosa sinensis sehr deutlich, bei der rotblätterigen Acalypha kaum reguliert wird. Die Versuchsresultate deuten darauf hin, daß zwar durch- schnittlich die periodisch kahl stehenden eine stärkere Verdunstung und (oder) weniger ergiebige Verdunstungsregulierung zeigen, als die unter gleichen Bedingungen wachsenden, in der Trockenzeit belaubten tropischen Bäume, daß jedoch diese Unterschiede nicht zur völligen Erklärung des periodischen Laubabfalles in den Tropen ausreichen. Rio de Janeiro, Mai 1913. 334 0- Renner: 47. 0. Renner: Über die angebliche IVIerogonie der Oenotherabastarde. (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 16. Juli 1913.) Im vergangenen Jahr hat ß. GOLDSCHMIDT') mitgeteilt, daß bei Bestäubung der Oejwthera biennis mit dem Folien von Oe. mitricata nicht der Eikern mit dem artfremden Spermakern verschmilzt, sondern Merogonie stattfindet. Im befruchteten Ei soll der Eikern zugrunde gehen und allein der väterliche niuricata-Kern mit dem mütterlichen bknnis-Flasma zusammen dem Embryo die Entstehung geben. Der Bastardembryo soll dementsprechend ziemlich lange in seinen Kernen die haploide Chromosomenzahl 7 zeigen, und erst in einem ziemlich weit vorgerückten Zustand soll die Chromo- somenzahl regulativ verdoppelt werden. Auch im Endosperm der Bastardsamen sollen haploide Kerne vorkommen; bei normaler Endospermbildung müßte die Chromosomenzahl diploid sein, nicht triploid, weil nur ein Polkern vorhanden ist. Dieses ungewöhnliche cytologische Verhalten würde nicht nur die merkwürdigen Vererbungsverhältnisse, die DE VRIES bei der Kreuzung einiger Oenolhera- Arten ermittelt hat, mit einem Schlag verständlich machen, sondern es wäre, wie GOLDSÜHMIDT ausein- andergesetzt hat, auch in allgemeinerem Sinn vom höchsten In- teresse. Herr Professor GOLDSOHMIDT hielt die Ausfüllung ge- wisser Lücken in seinen Beobachtungen selber für wünsclienswert, und im Einvernehmen mit ihm habe ich einmal die Kreuzung Oenothera biennis ? X muricata cf nachgeprüft, wobei mir außer neuem Material auch die sämtlichen GOLDSOHMIDTschen Präparate zur Verfügung standen, und weiterhin einige andere Kreuzungen unter- sucht, bei denen nach den Angaben von DE VRIES übereinstim- mende cytologische Verhältnisse zu erwarten waren, nämlich Oe. muricata x biennis, Oe. biennis X Lamarckiana und Oe. Lamarckiana X biennis. Ich habe dabei die Befunde GrOLDSOHMIDTs nicht bestätigen können. Bei allen Kreuzungen findet normale doppelte 1) R. G., Die Merogonie der Oenothcrdhastarde und die doppeltreziprokea Bastarde von De Vries, Archiv f. Zellforsch. 1912, 9, p. 331. über die angebliche Merogonie der Oenotherabastarde. 335 Befruchtung statt, und Embryo wie Endosperm haben in ihren Kernen die diploide Chromosomenzahl. Am sicher- sten sind die Chromosomenzählungen in sehr frühen Stadien der Embryoentwicklung bis jetzt bei dem Bastard Oe. hiennis X La- marcMana geglückt ; die Zahl ist von der zweiten Mitose an sicher 14. Bei der Kreuzung Oe. hiennis X muricata ist die erste Teilung des befruchteten Eies in verschiedenen Stadien beobachtet worden; eine Ausstoßung von Chromatinmaterial erfolgt bei der Spindel- bildung nicht, es treten also mütterliche und väterliche Chromo- somen in die Mitose ein und ihre Gesamtzahl kann kaum kleiner sein als 14. Dasselbe gilt von der oft gefundenen zweiten Mitose im Embryo. In älteren, schon zweilappigen Embryonen und vor allem in den Wurzelspitzen von Keimlingen des Bastardes wurden viele Male mit Sicherheit 14 Chromosomen gezählt. Ein Kern, dem man mit einiger Wahrscheinlichkeit 7 Chromosomen zusprechen könnte, ist mir nirgends zu Gesicht gekommen, auch in GOLD- SCHMIDTs Präparaten nicht. Von einer Trennung der väterlichen und mütterlichen Kernanteile kann demnach schwerlich die Kede sein. Eine etwas ausführlichere, durch Figuren belegte Mitteilung wird demnächst erscheinen. Für Nachuntersucher, die ja kaum ausbleiben werden, sei hervorgehoben, daß die Samenanlagen der Oenotheren von den FLEMMINGschen Gemischen schlecht fixiert werden, gut von einem im Zoologischen Institut in München ge- bräuchlichen Gemisch von der folgenden Zusammensetzung: 40 proz. Alkohol 500 ccm, Eisessig 90 ccm, reine Salpetersäure 10 ccm, Sublimat bis zur Sättigung; fixiert wird damit höchstens 12 Stunden, ausgewaschen wird mit Jodalkohol. München, Pflanzenphysiologisches Institut, 8. Juli 1913. ßer. der deutschen bot. Gresellsch. XXXI. 24 336 J- Broili und W. Schikorra: 48. J. Broili und W. Schil(orra: Beiträge zur Biologie des Gerstenflugbrandes (Ustilago hordei nuda Jen). (Vorläufige Mitteilung.) (Mit einer Textfigur.) (Eingegangen am 18. Juli 1913.) Bei Züchtungsversuchen mit Brandinfektion in den Jahren 1908 — 11 zur Erzielung brandfreier Gerstenstämme hatte BROILr) das überwinterte Mycel des Gerstenflugbrandes im Gewebe des ruhenden Samens der Gerste nach künstlicher Infektion erhalten und im Bilde gebracht. Bei Weizen hat die Anwesenheit des ruhenden Mycels im Korn bereits BREFELD''') nachgewiesen und gibt für Gerste dieselben Vorhältnisse an. HECKE ^) hat den Pilz bei Gerste im Keimling nach 44 stündiger Quellung nachgewiesen. Durch die Berufung BROILIs an das Kaiser-Wilhelms-Institut für Landwirtschaft in Bromberg wurde eine Weiterführung der Züch- tungsversuche einstweilen unmöglich gemacht. Dagegen wurde die in Jena begonnene Untersuchung der Biologie des Flugbrandpilzes in Bromberg unter Mitarbeit von W. SOHIKORRA in breiterem Rahmen weitergeführt, weil nach Feststellung des Pilzes im Korn die Möglichkeit gegeben ist, auch die für die Landwirtschaft so wichtigen Fragen der Brandbekämpfung an ihm selbst studieren zu können. Vorerst jedoch galten die Untersuchungen der Bio- logie des Pilzes, seiner Entwicklung aus dem ruhenden zum ak- tiven Mycel und seiner Kultur auf Nährböden, ferner den Fragen, die sich während der Arbeit ergaben. Die Feststellung des Pilzes im Embryo geschah an Hand- schnitten, die mit Ohloralhydrat aufgehellt wurden, und ist Sache weniger Minuten. Es wurden im ganzen untersucht 409 Körner, 1) J. Broili, Versuche mit Brandinfektion zur Erzielung brandfreier Gerstenstämme. Naturw. Zeitschr. f. Forst- u. Landw. 8. Jahrg. 1910, S. 335 u. 9. Jahrg. 1911 S. 53. Ferner in: K. V. TUBEUP, Die Brandkrankheiten des Getreides. Stuttgart 1910, S. 42. 2) 0. Brefeld, Untersuchungen aus dem Gesamtgebiete der Mycologie. XIII. Heft. 1905, S. 35. 3) L. Hecke, Zur Theorie der Blüteninfektion des Getreides durch Flugbrand. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. Bd. 23, 1905, 8. 248—260. Beiträge zur Biologie des Gerstenflugbrandes (Üstilago hordei nuda Jen). 337 die von Ähren stammten, welche künstlich infiziert worden waren. In 162 von diesen Körnern wurde Mycel gefunden, und zwar das Mycel, wie es von BROILI zuerst gezeigt wurde, das dem \^on Lang') festgestellten bei Weizenflugbrand vollständig entspricht. Schon in früheren Jahren war es BROILI aufgefallen, daß bei künstlich infizierten Körnern die Spelzen öfters nur locker das Korn umgeben. Mit Rücksicht auf diese Beobachtung wurde in diesem Jahre eine Anzahl von Körnern, die brandverdächtig waren, in sterilisierte Erde ausgesät und die Anzahl der brandkranken Pflanzen festgestellt. Es haben von 21 Pflanzen sich 13 als Fig. 1. Längsschnitt durch den Vegetationskegel eines Gerstenembryos mit Mycel von Usiilago Hordei nuda. Mikrophoto. "brandkrank erwiesen. Bei Saatgut des Handels war es möglich, mit Hilfe dieser Diagnose den Brandgehalt von 2.3 pCt. auf 1,6 pCt. herabzudrücken, wie Feldversuche in diesem Jahre zeigten. Die Verteilung des Mycels im Samenkorn und Keimling wurde an Mikrotomschnitten festgestellt, über die dabei ange- wandte Methodik werden später genaue Angaben gemacht, jetzt sei nur soviel erwähnt, daß durch Färbung der Schnitte mit Gentianaviolett und Orange ausgezeichnete Bilder erzielt wurden, bei denen sich das Mycel gegen das Gewebe des Wirtes scharf abhob. Bei der Untersuchung sowohl ruhender, wie gekeimter 1) W. Lang, Die Blüteninfektion bei Weizenflugbrand. Gentralbl. f. Bacteriol,, Par. u. Infkr. 2. Abt. 25. Bd., S. 86—101. 24* 338 J- BrOILI und W. SCHlKOßRA: Beiträge zur Biologie usw. Samen zeigte sich, daß das Mycel am reichlichsten im Scutellum enthalten ist, aber auch sonst an den verschiedensten Stellen im Embryo angetroffen wird (s. Fig. 1}^) und zwar im Sproßkegel manchmal schon in nächster Nähe der Spitze, in den Blattanlagen und Anlagen von Seitensprossen, im Hypocotyl, in der Cotyledonar- scheide, ja sogar in der Wurzelanlage. Zur Aktivierung des ruhenden Mycels im Korn auf Nähr- böden wurde aus dem Embryo etwas Gewebe, das Mycel enthielt^ möglichst steril entnommen und teils auf Kartoffel, teils auf Nähragar oder Gelatine übertragen. Auf allen Nährböden wurden Reinkulturen erhalten. Die aus verschiedenen Körnern herge- stellten Kulturen ergaben hinsichtlich der charakteristischen Wachs- tumsweise des Pilzes das gleiche Bild. Zum Beweise, daß der in Kultur befindliche Pilz tatsächlich identisch mit dem Gerstenflug- brandpilz ist, wurden Infektionsversuche an Pflanzen vorgenommen^ deren Saatgut auf Pilzfreiheit untersucht worden war. Die Infek- tionen geschahen an verschiedenen Stellen des schossenden Halmes und an den Narben während des Blühens mit Mycel, das in allen Fällen aus Kartoffelkulturen stammte. Über diese Versuche, die noch nicht abgeschlossen sind, soll später eingehend berichtet werden. Daß der in Kultur befindliche Pilz mit dem in der Pflanze parasitierenden Brandpilz identisch ist, dürfte auch aus der Beobachtung der Zellkernverhältnisse hervorgehen, welche den von RA WITSCHER -) für TJstüago Maydis gebrachten Bildern entsprechen. Mit Bestimmtheit haben wir den im ruhenden Korn gefundenen Pilz als Gerstenflugbrand festgestellt, dadurch, daß es mit Leichtig- keit gelang, von Körnern, bei denen in Handschnitten das Mycel gefunden war, Pflanzen zu erhalten, die in typischer Weise Brandähren brachten. Betreffs der Lebensdauer des Pilzes hat sich gegenüber früheren Feststellungen nichts geändert. Der Brandbefall betrug bei der in diesem Jahre hier angebauten Gerste Bethge II, die aus 1908 geerntetem Saatgut stammte, wieder wie im Jahre 1909 2,3 pCt. Eine kleine Menge des Saatgutes von 1908 wird für die- selben Feststellungen in späteren Jahren aufbewahrt. Die bereits in Angriff genommenen und weiteren Arbeiten befassen sich mit der gesamten Entwicklungsgeschichte des Pilzes 1) Die mikrophotographische Aufnahme verdanken wir der Liebens- würdigkeit des Herrn Dr. WOLFF, Bromberg. 2) F. RawITSCHER, Beiträge zur Kenntnis der üstilagineen. Zeitscbr. f. Bot., Bd. 4, S. 686. Ernst Küster: Über die Schichtung der Stärkekörner. 339 unter besonderer Berücksichtigung der Sexualitäts- und Kern Ver- hältnisse. Da es, wie oben gezeigt wurde, möglich ist, den Pilz unter Benutzung des ruhenden Mycels im Korne zu kultivieren, so haben wir ein Mittel, die Empfindlichkeit des Kornrnjce^s bei Brandbe- kämpfung zu prüfen. Es würde sich um die Frage handeln, ob bei dem üblichen Bekämpfungsmethoden Hemmung oder Abtötung des Mycels eintritt. Bromberg, Kaiser- Wilhelms-Institut für Landwirtschaft. 49. Ernst Küster: Über die Schichtung der Stärke- körner (Eingegangen am 18. Juli 1913.) Über die Entstehung der in Stärkekörnern sichtbaren Schichtun- gen und über die Ursachen der Schichtenbildung hat namentlich Arthur Meyer eingehende Untersuchungen angestellt i). Wichtig vor allem sind seine Beobachtungen an Pe7/2on/a-Stärkekörnern, über die sich MEYER folgendermaßen äußert: „Als ich Stecklinge von PeUioma . . . aushungerte, so daß die Stärkekörner alle so weit gelöst waren, daß nur offene Schichten an ihnen zu sehen waren, hierauf abwartete, bis die erste Anlagerung begann, und dann an Stärkekörnern, deren Chromatophor sich verschoben hatte, die größte Zahl der im Laufe weiterer Tage entstehenden Schichten feststellte, fand ich, daß jedem Tage eine dicke dichte, jeder Nacht eine dünne lockere Schicht entsprach. Die Grenze des mit offenen Schichten versehenen Kornes wurde durch eine schwach licht- brechende Schicht gebildet. Am Tage assimiliert das Blatt des Stecklings und sendet reichlich Zucker zu den Ohromatophoren; die Folge davon ist, daß das Chromatophor reichlich Stärke- substanzen bildet, das Wachstum der Schicht regelmäßig fort- schreitet; es entsteht so eine dicke, dichte Schicht. Des Nachts tritt Mangel an Zucker ein; wenn nicht partielle Lösung der Schicht 1) Meyer, A., Untersuchungen über die Stärkekörner. Jena 1895, S. 242 ff. 340 Ernst Küster: erfolgt, so erfolgt doch jedenfalls unregelmäßigeres, schwaches "Wachstum der Trichite; es entsteht eine Schicht und diese wird locker und dünn." Die Erscheinung, daß in dem heranwachsenden Stärkekorn abwechselnd dichte und lockere Zonen gebildet werden, ist also nach A. MEYER als die Folge äußerer Einwirkungen, als die Wirkung eines äußeren Rhythmus zu betrachten. Auch die Qualität der Schichtung wird, wie A. MEYER zeigt, durch äußere Bedingungen beeinflußt: „Die primären Stärkekörner der jungen Speichersprosse von Ä'ioxa moschafcllma, welche un- gefähr im Juni heranwachsen, sind relativ grob geschichtet .... Diese grobe Schichtung entspricht den lelativ groben biologischen Schwankungen, welche in den stärkebildenden Zellen herrschen müssen .... Läßt man jedoch die Stärkekörner der Speicher- schuppen von Ä'ioxa unter Verhältnissen heranwachsen, welche zu einer schwachen Zufuhr und zu einem schwachen Wechsel der Zufuhr von Zucker oder Bildung der Stärkesubstanzen in dem Chromatophor führen, so erhalten diese Stärkekörner eine zarte und gleichmäßige Schichtung^)." Die Zonen eines grobgeschichteten Stärkekorns erinnern mit ihrem Wechsel von dichten und lockeren Schichten außerordentlich lebhaft an sphärokristallinische Gebilde oder an geschichtete Kristallisationsprodukte anderer Art, die man ia vitro an sehr vielen Substanzec gewinnen kann. Wie A. MEYER hat nament- lich LEITGEB mit der Erforschung dieser Grebilde vom Standpunkt des Botanikers sich befaßt ^j. Von dem letzteren wird die Auf- fassung vertreten, daß auch ohne alle rhythmische Beeinflussung durch die Außenwelt — allein durch den Wachstumsvorgang selbst — Zonen zustande kommen können. A. MEYER hält eine solche Art der Schichtenbildung nicht für wahrscheinlich^) und kann daher LEITGEBs Annahme bei dei- Erklärung der Stärke- körnerschichtung nicht verwerten. Inzwischen haben die Beobachtungen zahlreicher Chemiker und Physiker erwiesen, daß bei chemisch-physikalischen Prozessen eine Rhythmik in Erscheinung treten kann, die mit dem rhyth- mischen Wechsel äußerer Bedingungen nichts zu tun hat und nur durch die im System selbst liegenden Faktoren verursacht wird. Die Wirkungen dieser „inneren llhythmen" kann man bei der 1) Meyer, A., a. a. 0. S. 243. 2) LeitGEB, H., Über Sphärite (Mitt. bot. lust. Graz, lieft 2). 3) Meyer, A., a. a. 0 S. 115. über die Schichtung der Stärkekörner. 341 Kristallisation vieler Substanzen, bei Ausfällungsprozessen ver- schiedenster Art leicht demonstrieren. Die weite Verbreitung derartiger Erscheinungen macht es nötig zu erwägen, ob auch beim Zustandekommen geschichteter Stärkekörner „innere Rhythmen" ursächlich beteiligt sein können. Auch A. MEYERs Beobachtungen und Experimente machen eine derartige Erwägung keineswegs überflüssig; denn es wäre gar wx)hl vorstellbar, daß Schichtungen, die in einem Falle auf gröbliche Schwankungen in den Stärkeproduktionsbedingungen zurückzu- führen sind, in andern Fällen auch ohne derartige äußere „bio- logische" Beeinflussungen nach Art der LiESEGANGschen Kristal- lisationszonen zustande kämen. Ich habe unlängst bereits auf diese Erklärungsmöglichkeit hingewiesen '). Eine definitive experimentelle Lösung der Frage, ob die LiESEGANGschen Rhythmen zur Erklärung der Stärkokornschicliten herangezogen werden dürfen oder nicht, wäre nur auf dem Wege zu liefern, daß man alle Schwankungen in den die Stärkeproduktion beeinflussenden Bedingungen von einer mit stärkebauenden Chro- matophoren versehenen Zelle fernhielte. Da auch die in der Zelle selbst im Chromatophoren herrschenden Bedingungen kon- stant gehalten werden müßten, läßt sich an die Verwirklichung des geforderten Experimentes kaum denken. Wohl aber lassen sich die groben, in den biologischen Verhältnissen der stärke- führenden Gewächse begründeten Schwankungen bei geeigneten Versuchspflanzen leicht ausschalten. In diesem Sinne ist schon wiederholt gearbeitet worden. Mit demselben Objekt wie A. MEYER hat SaLTER ge- arbeitet'), der junge stärkefreie Blätter seiner Versuchspflanzen in Zuckerlösung brachte und auch hiernach normal geschichtete Stärkekörner entstehen sah. H. FlscHER^') verfuhr ähnlich wie A. MEYER, ließ seine Ver- suchspflanzen eine Zeitlang im Dunkeln hungern und dann beim konstanten Licht eines Querbrenners die Assimilation wieder auf- nehmen. Unter den Stärkekörnern seines Materials fand F.uSüHER dieselben Strukturbilder wie A. MEYER in dem seinigen; FiSUHER 1) KÜSTER, E., Über ZoaenbilJuug in kolloidalen Medien. Jena 1913, S. SO ff. 2) SalTEK, J. N , Zur näheren Kenntnis der Stärkekörner (Jahrb. f. wiss Bot. Bd. XXXIl, 1898, S. 117, 151). 3) Fischer, H, Über Stärke und Inulin (Beih. z. botan. Zentralbi. 1902, Bd. XII, S. 226) 342 Ernst Küster: folgert hieraus, daß MEYERs Erklärung für das Zustandekommen der Schichten nicht zutreffend sein kann. Das Ziel meiner eigenen Untersuchungen war, Material, ■das bei Beginn des Versuchs stärkefrei war, unter kon- stanten Außenbedingungen zur Stärkekornbildung zu bringen und für die während des Versuchs entstandenen Stärke- körner die Zahl der Tage, die seit Beginn des Versuchs ver- flossen waren, mit der Zahl der entstandenen Schichten in Beziehung zu setzen. Auch ich begann meine Versuche mit Pellionia und versuchte Blätter und Sproßstücke, die hinreichend lange verdunkelt gewesen waren, im Thermostaten auf Zuckerlösung zur Stärkebildung zu bringen. Die Versuche schlugen sämtlich fehl. Ein wider- standsfähigeres, sehr viel geeigneteres Material fand ich in der Kartoffel. Bei den Versuchen, die ich im folgenden näher schildern will, verfuhr ich folgendermaßen. Üeife Knollen der Kartoffel wurden in Leitungswasser zum Keimen gebracht. Da die Versuche teils im Dunkeln, teils bei sehr schwachem Tageslicht gehalten wurden, entwickelten sich die bekannten langgestreckten Triebe. Mit diesen verfuhr ich in der Weise, daß Stücke von 5 bis 20 cm Länge herausgeschnitten ufid in Leitungswasser oder öproz. Glukoselösung eingestellt wurden. Von jetzt ab ließ ich alle Objekte bei völligem Lichtabschluß — im Dunkelzimmer oder in einem Dunkelkasten — sich entwickeln; namentlich in letzterem blieb die Temperatur während der Ver- suchsdauer nahezu konstant (16 ° C). An den Zweigstücken trat sehr bald Knollenbildung ein: in den Achseln der Blättchen entwickelten sich Seitenäste, die an ihrer Spitze zu Knollen anschwollen, oder sitzende Knollen. Schon 2 mal 24 Stunden nach Beginn des Versuchs sah ich deutliche Anfänge der Knollenbildung. Bei einem meiner Versuche verfuhr ich in der Weise, daß die Triebstücke neun Tage lang im Dunkelschrank gehalten und dann aller Knollen beraubt wurden, die sich an ihnen gebildet hatten. Nach weiterem dreitägigem Aufenthalt im Dunkelschrank waren einige neue, kleine Knöllchen sichtbar geworden, die auf ihre Stärkekörner hin untersucht wurden. Die größten Körner hatten etwa 22 — 24 /t Länge, 14 — 17 jw Breite. Die Schichtung war überall sehr deutlich ; auffallend ist die sehr große Zahl der mit zwei oder drei Bildungszentren ausgestatteten Körner, Zahlreiche Körner werden auf die Zahl ihrer Schichten hin geprüft: Viele lassen über die Schichtung der Stärkekörner. 343 vier, fünf oder sechs Zonen ') erkennen, einige Male wurden sieben Zonen gezählt. Nach drei weiteren Tagen, welche die Versuchspflanzen im Dunkeln verbracht hatten, wurden abermals Knollen geerntet, deren Alter keinesfalls mehr als 6 mal 24 Stunden betragen konnte. Die größten Stärkekörner maßen dieses Mal 30 — 33 //- Länge, 21 bis 24 [i Breite; die höchste Zahl von Schichtungen, die ich kon- statierte, betrug 9. Eine dritte Serie von Knollen wurde von denselben Exem- plaren 11 Tage nach Beginn des Versuchs abgenommen. Die grüßten Stärkekörner maßen 40 : 30 ju-; ihre Schichtung war meist selir deutlich; in den größten Körnern konnten 14 und 15 Schichten sehr oft, einige Male auch 16 Schichten gezählt werden. Die hier erwähnten Versuche wurden mehrfach variiert, namentlich in der Weise, daß ich die jüngeren Knöllchen in ver- schiedenen Medien — in Luft, unter Erde, in verschiedenen Flüssigkeiten — • sich entwickeln ließ. Auf die Ergebnisse dieser Versuchsvarianten hier einzugehen, liegt keine Veranlassung vor. Ich beschränke mich darauf mitzuteilen, daß niemals ungeschichtete Stärke entstand; wohl aber habe ich mehr als einmal Knollen zu untersuchen gehabt, deren Stärkekörner nur undeutliche Schichtung erkennen ließen. Meine Versuchsanstellung gestattete es, Knollen von genau bekanntem Alter zu erzielen. Da die Vegetationspunkte und die unmittelbar hinter ihnen liegenden Sproßteile, aus welchen sich die Knöllchen entwickeln, entweder gar keine Stärke besitzen oder doch nur ganz kleine Körnchen, an welchen von Schichtung nichts wahrzunehmen ist, so ist auf dem beschriebenen Wege für die Bestimmung der Zeit, in welcher die Stärkekörner entstehen, oder zum mindesten für die Bestimmung des Zeitpunktes, zu welchem die Schichtenbildung 1) Jede „Zone" besteht aus einer hellen und einer dunklen (einerdichten und einer lockeren) Lage. — Bei der Schwierigkeit, welche die Zählung feiner Zonenbildungen oft macht, habe ich es sehr begrüßt, daß Herr Dr. OL. MÜLLER in Bonn sich bereit erklärte, meine Zählungen nachzuprüfen. In der vorliegen- den Mitteilung wird nur auf Zählungen eingegangen werden, die von Herrrn Dr. Cl. Müller und mir übereinstimmend gewonnen wurden. Herrn Dr. Gl. Müller sage ich für seine freundliche Hilfe bei der mühevollen Ar- beit besten Dank. 344 Ernst Küster: einsetzt, ein terminus post quem gewonnen : die Knollen, die drei Tage alt waren, enthielten nur Stärkekörner, deren Schichtung frühestens vor dreimal vierundzwanzig Stunden sich zu bilden an- gefangen hatte usf. Die Untersuchung der im Dunkelraum entstandenen Knollen und Stärkekörner führt zu folgenden Schlüssen: 1. Alle Unterschiede in der Zufuhr von Assimilaten zum stärkekornbauenden Chromatophoren, wie sie unter normalen Ent- wicklungsbedingungen der Wechsel von Tag und Nacht mit sich bringen mag, kommen während der Entstehung unserer Kartoffel- knöUchen nicht in Betracht, da die Objekte ununterbrochen im Dunkelschrank gehalten wurden; überdies fehlten den meisten Ob- jekten alle zur Kohlenstoffassimilation geeigneten Organe, und Chlorophyll dürfte in vielen von ihnen nur spurenweise vorhanden gewesen sein. Ebensowenig kann von den Wirkungen rhythmisch steigenden und fallenden Kohlehydrateverbrauchs in den Versuchs- objekten die Eede sein. Wir folgern, daß geschichtete Stärke- körner auch dann zustande kommen, wenn von der stärkeführen- den Pflanze keine in ihrer Biologie begründeten rhythmischen Be- einflussungen ausgehen und auch die Bedingungen der Außenwelt keinen rhythmischen Wechsel durchmachen. 2. Zu der Annahme, daß eine Nachwirkung des Rhythmus, der in dem täglichen Wechsel von Belichtung und Verdunkelung für die unter normalen Bedingungen sich entwickelnden Pflanzen- teile liegt, irgendwie einen rhythmischen Wechsel in der Intensität des den stärkebauenden Chromatophoren zufließenden Assimilate- stromes und auf diesem Wege die Schichtung der unter konstanten Außenbedingungen entstandenen Stärkekörner bedinge, liegt kein Anlaß vor — zumal an den größeren Stärkekörnern unserer Knollen mehr Schichten wahrgenommen werden, als Tage seit ihrer Ent- stehung (oder seit Entstehung ihres geschichteten Teiles) ver- flossen sind. Wenn in Knollen, die nicht älter als drei Tage sein können, Körner gefunden werden, an welchen sechs oder sogar sieben Schichten wahrnehmbar sind, so geht daraus hervor, daß binnen 24 Stunden auch zwei, vielleicht noch mehr Schichten gebildet werden können. Bei diesen Körnern entfallen durchschnitt- lich auf jeden Tag 2 bis 2^3 Schichten; da es aber keineswegs erwiesen ist, daß unmittelbar bei Versuchsbeginn auch schon die Bildung der nach dreitägiger Versuchsdauer gezählten Schichten beginnt, entfallen wahrscheinlich auf je 24 Stunden tatsächlichen über die Schiclitung der Stärkekörner. 345' 'o Stärkekornwachstums noch mehr als 2 bis 2V3 Schichten im Durch- schnitt^). 3. Trotz der Konstanz der Bedingungen, welche während der Ausbildung der kleinen Knöllchen wirksam blieben, ist die Schichtung der in diesen enthaltenen Stärkekörner keineswegs eine besonders regelmäßige. Viele Male beobachtete ich Stärkekörner mit so feiner und so regelmäßiger Schichtung, wie sie mir an. Stärkörnern, die unter natürlichen Bedingungen erwachsen sind^ niemals begegnet sind. In denselben Präparaten findet man neben diesen zahlreiche andere Stärkekürner mit breiten und kräftig von- einander abgesetzten Zonen. Die Kristallisationsbedingungcn, welche auf die Qualität der Schichten Einfluß haben, wechseln offenbar von Zelle zu Zelle und scheinen sogar in den stärke- bauenden Chromatophoren der nämlichen Zelle verschieden sein zu können. Alle hier mitgeteilten Beobachtungen lassen sich mit der An- nahme, daß die in lebenden Chromatophoren heranwachsenden Stärkesphärokristalle LlESEGANGsche Zonen, d. h. durch „inneren" Rhj'thmus zustande gekommene Schichten aufweisen, unschwer vereinigen. Die soeben mitgeteilten Unterschiede in der Schichtung ver- schiedener Stärkekörner einer Zelle oder mehrerer benachbarter Zellen spricht gegen diese Deutung keineswegs: von sehr zahl- reichen Kristallisationsversuchen, die ich mit Trinatriumphosphat und anderen Substanzen angestellt habe, ist mir der sehr sinn- fällige Einfluß, welchen sehr geringe Differenzen in den Kristalli- sationsbedingungen auf die Qualität der Zonen haben können, die- an sich völlig unabhängig von etwaigen „äußeren Rhythmen" sind,^ oft genug klar geworden. Andererseits ist es wohlbekannt, daß. 1) Aus den oben mitgeteilten Zählungsergebnissen geht herv'or, daß auch bei den Knollen, welche älter als drei Tage sind, die Zahl der Schichten ihrer Stärkekörner die Zahl der Tage, während welcher die Körner ge- wachsen sind, übertreffen kann. Bei den oben geschilderten Versuchen übertrifft a) die Höchstzahl der Schichten (7) die der Wachstumstage (3) um 133 pCt. b) „ „9 „ 6 um 50 „ c) „ „15 „ 11 um ca. 36 „ Schlüsse über das Wachstum der Stärkekörner werden aus dieser Progression nicht gezogen werden dürfen : wir wissen nicht, ob die Stärkekörner, die in elftägigen Knollen besonders schichtenreich waren, auch schon acht Tage vor- her zu den schichtenreichsten der erst dreitägigen Knolle gehörten. Der Schluß, daß in den späteren Tagen des Wachstums nicht mehr zwei und mehr Schichten gebildet werden können, wäre unzulässig. 346 E. Werth: bei denselben Kristallisationsvorgängen rhythmiscli wechselnde Außenbedingungen deutlich wahrnehmbaie Schichten entstehen lassen; ich darf hinzufügen, daß gewisse grobe Struktureigentümlichkeiten den durch „inneren Rhythmus" entstandenen LiESEGANGschen Zonen und den durch rhythmischen "Wechsel der Außenbedingun- gen hervorgerufenen gemeinsam sein können — eine wichtige Parallele, auf die ich in anderem Zusammenhang näher eingehen will Unter diesen Umständen scheint mir mein Versuch, die Schichtung der von mir gewonnenen Stärkekörner mit den LiESE- GANGschen Zonenbildnern auch hinsichtlich ihrer Entstehungs- ursachen zu vergleichen, nicht unbedingt einen Widerspruch mit A. MEYERs Beobachtungen und Deutungen in sich zu schließen, ■der die Stärkekörner von PcUionia jeden Tag eine Schicht bilden sah und den rhythmischen Wechsel in der Zuckerzufuhr ursächlich mit den Kristallisationszonen des Stärkekornes in unmittelbaren Zusammenhang bringt. Bonn, Juli 1913. 50. E. Werth: Dulichium vespiforme aus der Provinz Brandenburg. (Mit einer Abb. im Text) (Eingegangen am 21. Juli 1913.) Als N. Hartz im Jahre 1904 die amerikanische Cyperacee Dulichium spathaceum Pers. aus dem (jüngeren) Interglazial Däne- marks beschrieb^), war es ihm nicht zweifelhaft, daß Dulichium, gleichwie die auch damals schon aus dem Tertiär Earopas bekannte Brasenia, eine alte zirkumpolare tertiäre Form ist und nicht etwa für Europa eine jüngere Neueinwanderung aus Amerika. Es war daher sehr interessant, daß wenige Jahre später (1908) CL. und El. Reid^) eine Dulichium- Art aus dem für jüngstes Tertiär (Ober- 1) N. HAE.TZ, Dulichium spathaceum, an nordamerikansk Ojperace i danske interglaciale Moser. Meddelelser fra Dansk Geologisk Forening, Nr. 10, 1904, S. 13—22. 2) Ol. Reid and EL. M. Reid, On Dulichium vesjnforme sp. nov. from the brick-earth of Tegelen. Verslag van de Gewone Vergadering der Wis-en Natuurkundige Afdeeling van 24. April 1908. Koninklijke Akademie van Wetenschappen te Amsterdam, 1908. Dulichium vespiforme aus der Provinz Brandenburg. 347 pliocän) gehaltenen Ziegelton von Tegelen in Holland bekannt machten, die, wenn sie auch eine eigene Art : Dulichium vespiforme Gl. et El. Reid repräsentierte, doch zu zeigen schien, daß tatsäch- lich die heute monotypische Gattung im jüngeren Tertiär bei uns nicht fehlte und daher in die große Reihe tertiärer Pflanzen- gattungen zu stellen ist, die wie Liquidambar, Sassafras, Äralia, Nyssa, Viiis, Magnolia, Liriodendron, Taxodium u. a. jetzt nicht mehr im temperierten Europa vorkommen, sich dagegen im (östlichen) Nordamerika lebend erhalten haben. Neuerdings') werden nun die Tegelener Tone, und zwar wohl mit gutem Recht, in das ältere (älteste) Interglazial, also in das Diluvium, versetzt. Dadurch wurde die Frage nach dem Vor- kommen von Dulichium im europäischen Tertiär von neuem eine offene. Und es darf daher ein letzthin gemachter Fund aus der Provinz Brandenburg vielleicht auf einiges Interesse rechnen. In Ziegeltonen der Gegend von Sommerfeld, die wahrscheinlich dem obersten Tertiär (Pliocän) angehören, fand sich eine Dulichium spec.^) in einer Pflauzengesellschaft {Taxodium, Chamaecyparis, Pinus wahrscheinlich Laricio, Carya, Vitis usw.), die für Norddeutscbland schwerlich als eine diluviale angesehen werden kann, zumal auch die petrographischen und Lagerungsverhältnisse der einschließen- den Schichten den Gedanken an Diluvium gar nicht aufkommen lassen. Das Dulichium von Sommerfeld, in ca. 20 mehr oder weniger gut erhaltenen, z. T. noch mit Borstenkranz versehenen Früchten vorliegend, zeigt recht gute Übereinstimmung mit der Art von Tegelen. Die Frucht ist ca. 2V2 iiial so lang als breit, spindel- förmig, etwa wie die Fig. 5 bei REID gestaltet, höchstens ganz wenig eiförmig (nicht so ausgesprochen wie beispielsweise die Fig. 2 der RElDschen Arbeit). Von den Borsten sind im günstig- sten Falle 7 erhalten; wie bei REID beschrieben, sind sie der Länge nach riefig-furchig, ebenso ist die netzig-grubige Skulptur der Nüßchenoberfläche an den Exemplaren von Sommerfeld vorhanden. CL. und EL. M. REID geben die Länge des Nüßchens 1) G. Fliegel und J. Stoller, Jungtertiäre und altdiluviale pflanzen- führende Ablagerungen im Niederrheingebiet. Jahrbuch der Königl. Preuß. Geologischen Landesanstalt für 1910, Band XXXI, Teil I, Heft 2, Berlin 1910, S. 227 bis 267. 2) Herrn Dr. N. Hartz in Kopenhagen, welcher so liebenswürdig war, einige meiner Fundstücke einer Untersuchung zu unterziehen und mir zu be- stätigen, daß darin zweifellos eine Dulichium spec. vorliegt, sei an dieser Stelle mein herzlichster Dank ausgesprochen. '548 E. Werth: Dulichium vespiforme aus der Provinz Brandenburg. ■ZU 2 bis 2,5, die Breite zu 1 mm an. Als gut damit überein- stimmendes Mittelder Maße von 15 Exemplaren von Sommerfeld erhielt ich die Zahlen: Länge 1,95 bis 2,41 mm fje nachdem die stielartige Ver- ■schmälerung des Nüßchens mitgemessen wurde oder nicht) und Breite 0,98 mm. Dagegen .ist das Nüßchen bei D. spathaceum nach den Angaben der HARTZschen Arbeit ca. 3,75 mm lang. Nach REID ist es aber doppelt so lang als dasjenige von D. vespiforme, hat also mindestens 4 mm Länge, was auch mit den beigegebenen Photographieen übereinstimmt. STOLLER') gibt folgende Maße für -die Nüßchen (incl. Stiel) der beiden Arten: B. spathaceum 3,4 bis l'rucht von DuIicJdum vespifotme (bei durchfallendem Licht gesehen), löfache natürl. Größe. Daneben Teil einer Borste, stärker vergrößert. 4,0 X 0,8 bis 0,85 mm, D. vespiforme 2,2 bis 2,75 X 0,75 bis 0,92 mm. Auch hiernach fällt die Fracht von Sommerfeld zu D. vespiforme. Das von STOLLER sowohl im jüngeren Diluvium (von Lauenburg) \\'\& im älteren Interglazial der Berliner Gegend (Friedrichshagen) gefundene Didichium stellt nach ihm möglicher- weise eine besondere Art dar, wenn er es auch vorläufig als I). cf. vespiforme bezeichnet. 1) J. Stoller, Über das fossile Vorkommen der Gattung Dulichium in Europa. Jahrb. der Preuß. Geologischen Landesanstalt für 1909, XX.X, 1, -S. 167 bis 164. W. ZaLESKI: Über die Verbreitung der Carboxylase in den Pflanzen. 349 Nach dem geologisclien Alter der Fund schichten vermittelt D. ves])iforme den Übergang vom Tertiär zum Diluvium, D. spatha- ceum seinerseits denjenigen vom Diluvium zur Jetztzeit, während die Form D. cf. vespiforme vom Alt- zum Jung-Diluvium überleitet: Jungtertiär 1 -n> 7- 7 ■ -r Alt-Diluvmm / 1 ^ Jung Diluvium ^]Dnlichmm cfr. vespiforme Jetztzeit i Dulichium spatJiacewa, womit natürlich nicht gesagt sein soll, daß die Formen sich in dieser lleihenfolge auseinander entwickelt haben müssen. 51. W. Zaieski: Über die Verbreitung der Carboxylase in den Pflanzen. (Aus dem pflanzenphysiologischen Institut der Universität Charkow.) (Eingegangen am 21. Juli 1913.) Vor kurzem habe ich in Gemeinschaft mit Fräulein E. MARX^) gezeigt, daß einige Samen das von NeüBERG-) in der Hefe ent- deckte Ferment, die Carboxylase, enthalten, das Brenztraubensäure in Kohlendioxyd und Acetaldehyd spaltet. Jetzt will ich diesen Bericht in mancher Beziehung erweitern. Meine Versuche wurden mit den abgetöteten und lebenden Objekten ausgeführt. Im ersten Falle wurden die Objekte im Thermostaten getrocknet und dann gepulvert. Die Samen wurden mit Sublimat sterilisiert, mit Wasser gut ausgewaschen, getrocknet und dann zermahlen. Die zerriebenen Objekte wurden mit Wasser i;nd parallel hierzu mit 0,2proz, Brenztraubensäure, aber in den meisten Fällen mit Iproz. Lösung von brenztraubensaurem Natrium befeuchtet. In diesem Falle wurde eine bestimmte Menge der Brenztraubensäure im Wasser gelöst und dann mit einer verdünnten Natriumhydroxydlösung bis zu schwach saurer Reaktion versetzt. Die Lösungen, die zum Befeuchten des Pulvers dienten, wurden mit Toluol (4 pCt.) versetzt und außerdem wurde noch eine Toluol- 1) W. ZaLESKI und E. MaEX, Biochem. Zeitschrift 47, 185 und 48, 175. 1912. 2) Neuberg und Karozag, ibid., 36, 60, 68 und 76. 350 W. Zaleski: Wasser enthaltende Drechselsflasche zwischen den Bezipienten und den Natronkalkröhren eingeschaltet. Die von den Objekten aus- geschiedene Kohlensäure wurde in Drechseisflaschen, die mit Baryumhydroxydlösung gefüllt waren, absorbiert und in üblicher Weise bestimmt. Die Versuche wurden in der Luft sowie im Vakuum ausgeführt. In diesem Falle wurde das befeuchtete Meh] auf dem Boden des Rezipienten verteilt, und dann wurden die Ge- fäße bis auf 10 mm evacuiert und dann luftdicht geschlossen. Nach Ablauf des Versuches wurde Phosphor- oder Schwefelsäure in die Gefäße eingeführt und die von den Objekten gebildete Kohlensäure bestimmt. Die Versuche mit den lebenden Objekten, wie Erbsensamen und Weizenkeime, wurden ohne Toluolzusatz angestellt und waren daher von kurzer Dauer, um die Mitwirkung der niederen Organismen auszuschließen. Die gekeimten Samen, sowie die Weizenkeime wurden vor den Versuchen gut mit destil- liertem Wasser ausgewaschen. Man muß aber zugestehen, daß es schwer zu bestimmen ist, ob die Weizenkeime tatsächlich lebend waren. Versuch 1. Zwei Portionen der gut mit Wasser ausgewaschenen Weizen- keime zu je 30 g wurden 2 Stunden lang in 1. destilliertem Wasser und 2. Iproz. Lösung von brenztraubensaurem Natrium ein- geweicht. COg in Milligramm Wasser Brenztraubensaures Natrium Dauer des Versuches in Stunden IVa 19,5 29,5 1 14^0 21,5 2V2 33,5 51,0 Versuche 2 bis 3. Die ausgewaschenen Weizenkeime zu je 30 g wurden mit 60 ccm 1. destilliertem Wasser, 2. Brenztraubensäure 0,2 pCt. über- gegossen CO2 pro 2^/2 Stunden in Milligramm Wasser 11 11,5 Brenztraubensäure 0,2 pCt. 19 20,0 Wir haben in diesen Versuchen die Flüssigkeit von den Weizen- keimen abfiltriert und nur in der Versuchsportion die Anwesen- heit von Acetaldehyd nachgewiesen. Diese wird mit einer Lösung von Nitroprussidnatrium und Diäthylamin blau gefärbt und diese über die Verbreitung der Carboxjlase in den Pflanzen. 351 Färbung verschwindet nach Essigsäurezusatz nicht. Auch allge- meine Aldehjdreaktionen fallen positiv aus. Die Weizenkeime spalten also die Brenztraubensäure in Kohlendioxyd und Acetaldehyd. Versuche 4 bis 5. Die Erbsensamen wurden 24 Stunden lang in destilliertem Wasser eingeweicht, entschält, gut mit sterilem Wasser ausge- waschen und dann zu den Versuchen genommen. Zwei Portionen der Samen zu je 50 Stück wurden mit 50 ccm 1. destilliertem Wasser, 2 0,2piu/i. Lösung von Brenztraubensäure übergössen. COg pro 2^/2 Stunden in Milligramm Wasser 10,0 10,1 Brenztraubensäure 0,2 pCt. 19,2 ' 20,0 Auch in diesen Versuchen haben wir Acetaldehyd in der Lösung der Versuchsportion nachgewiesen. Versuche 6 bis 8. CO2 für 2 g Pulver der unreifen Samen von Erbsen pro 20 Stunden in Milligramm in der Luft im Vacuum Wasser 19,0 12,9 12,9 Brenztraubensaures Natrium 1 pCt. 20,0 21,6 21,0 Versuche 9 bis 10. CO2 für 10 g Pulver von Weizensamen in Milligramm in der Luft im Vacuum Dauer des Versuches in Stunden . 7 20 AVasser . 4,0 2,0 Brenztraubensaures Natrium 1 pCt, 21,0 21,5 Versuche 11 bis 13. CO2 für 10 g Pulver der Stägigen Weizenkeimlinge in Milli- gramm in der Luft im Vacuum Dauer des Versuches in Stunden . 5 . 20 20 Wasser 5,5 6,5 6,0 Brenztraubensaures Natrium 1 pCt. 32,5 38,0 32,5 Versuche 14 bis 15. CO2 für 5 g Pulver der 25tägigen etiolierten Keimpflanzen von Weizen pro 20 Stunden in Milligramm in der Luft im Vacuum Wasser 8,0 4,5 Brenztraubensaures Natrium 1 pCt. 15,0 13,5 Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. 25 552 W. Zaleski: Versuche 16 bis 20. COg für 3 — 3,5 g Pulver der Stengelspitzen der etiolierten Keimpflanzen von Vicia Faba Windsor pro 20 Stunden in Milli- gramm in der Luft im Vacuum Wasser 38,0 38,0 6,0 7,0 10,5 Brenztraubensaures Natrium 1 pCt. . 37,0 39,0 12,0 19,0 21,5 Versuch 21. Pulver der Stengelspitzen der etiolierten Keimpflanzen von Vicia Faha wurde im Verlaufe von zwei Tagen mit Methjialkohoi extrahiert, abfiltriert, mit Äther ausgewaschen, getrocknet und dann zu den Versuchen benutzt. Zwei Portionen des Pulvers zu je 3,5 g wurden mit Wasser und mit einer entsprechenden Menge von brenztraubensaurem Natrium versetzt CO2 pro 20 Stunden in Milligramm Wasser 17,5 Brenztraubensaures Natrium . 1 pCt. 23,0 Versuche 22 bis 23. Zwei Portionen des Palvers der Stengelspitzen der etiolierten Keimpflanzen von Vic'ia Faba wurden mit destilliertem Wasser be- feuchtet. Nach Verlauf von zwei Stunden wurde eine Portion mit Wasser, die andere aber mit einer entsprechenden Menge von brenztraubensaurem Natrium (2 pCt.)^) befeuchtet. Dann wurden die Gefäße evacuiert. CO2 pro 20 Stunden in Milligramm Wasser 5,5 5,5 Brenztraubensaures Natrium 1 pCt. 9,5 9,0 Versuche 24 bis 26. CO2 für 3 g Pulver des Mycels von Aspergillus niger pro 20 Stunden in Milligramm ■ im Vacuum Wasser 3,0 2,5 2,0 Brenztraubensaures Natrium 1 pCt 10,5 10,5 9,0 Die vorliegenden sow- ie die früheren unserer Versuche^) zeigen, daß die Carboxylase in den Pflanzen verbreitet ist. So haben wir dieses Ferment in den Samen verschiedener Pflanzen wie Erbse, 1) Um 1 pCt. zu bekommen. 2) W. Zaleski und E. Marx, 1. c. über die Verbreitung der Oarboxylase in den Pflanzen. 353 Lupinus, Vicia Faha, Weizen und Mais gefunden. Die etiolierten Keimpflanzen von verschiedenem Alter sind reich an Oarboxy- lase. Auch die niederen Pflanzen z. B, die Schimmelpilze ent- halten die Oarboxylase, die noch früher in der Hefe von NEUBERG entdeckt wurde. Die lebenden, sowie die abgetöteten Objekte zer- setzen die Brenztraubensäure und noch energischer die alkalischen Salze derselben. Wir haben schon früher nachgewiesen, daß einige Objekte die freie Brenztraubensäure nicht zersetzen. Obgleich die Oarboxylase zu den anaerob wirkenden Fermenten gehört, wirkt sie dennoch auch in Anwesenheit von Sauerstoff. So zersetzen einige Objekte die Brenztraubensäure mit der gleichen Energie in der Luft, wie im Wasserstoff. Einige Objekte, wie die reifenden Erbsensamen, sowie die Stengelspitzen der etiolierten Keimpflanzen von Vicia Faha zersetzen in der Luft die Brenz- traubensäure nicht, während sie durch diese Objekte im Vacuum sehr energisch vergoren wird. Die Oxydationsprozesse hemmen also die Tätigkeit der Oarboxylase. Es werden demnach durch Oxyda- tionsprozesse die Stoffe gebildet, die die Arbeit der Oarboxylase zum Stillstand bringen (Versuche 22 und 23). Nach dem Extra- hieren der Stengelspitzen von Vicia Faha mit Methylalkohol konnten wir die Wirkung der Oarboxylase auch in der Luft beobachten {Versuch 21). Es ist sehr wohl möglich, daß der Methylalkohol aus diesem Objekte solche Stoffe extrahiert, deren Oxydationsprodukte •die Arbeit der Carboxvlase hemmen. Der bei der Zersetzung der Brenztraubensäure durch die Oarboxylase in den Pflanzen auftretende Acetaldehyd wird je nach den Bedingungen zu Alkohol reduciert^) oder weiter oxydiert. In der Tat haben wir nachgewiesen, daß der zum Preßsafte (100 ccm) der etiolierten Keimpflanzen zugesetzte Acetaldeh3"d (125 mg) schnell verschwindet. Ob die Oxydasen den Acetaldehyd oxy- dieren, oder ob dieser in einer anderen Weise z. B. nach WlELANDs Schema mit Hilfe des Wassers bei Sauerstoffabschluß oxydiert wird, das müssen künftige Untersuchungen entscheiden. 1) W. Zaleski und E. Marx, 1. c. 25* 354 W. Zaleski: 52. W. Zaleski: Beiträge zur Kenntnis der Pflanzen- atmung. (Vorläufige Mitteilung.) (Aus dem pflanzenphysiologischen Institut der Universität Charkow.) (Eingegangen am 22. Juli 1913.) KOSTYTSOHEWi) hat nachgewiesen, daß die durch Zjmin vergorenen Zuckerlösungen die COg-Produktion der vorher in diesen eingeweichten Weizenkeime bedeutend stimulieren. Aus- diesen Versuchen hat der Verfasser geschlossen, daß die vergorenen Zuckerlösungen die Zwischenprodukte der Alkoholgärung ent- halten, die durch die Weizenkeime zu den Endprodukten der At- mung oxydiert werden. Man kann vermuten, daß auch die höheren Pflanzen beim Abbau der Kohlenhydrate, der nach den herrschen- den Anschauungen in den ersten Stadien anaerob verläuft, die- selben intermediären Stoffe bilden, die dann durch die Oxydations- fermente oxydiert werden. Zur Bestätigung dieser Vermutung wäre es aber nötig zu beweisen, daß die vergorenen Zuckerlösungen tatsächlich die aerobe Atmung der Weizenkeime stimulieren, wie es KOSTYTSOHEW behauptete. Dennoch hat KO.STYTSÜHEW bisher keine zwingenden Argumente zugunsten dieser Vermutung ge- liefert. Die Weizenkeime sind reich an Gärungsfermenten, da sie in Sauerstoffabwesenheit eine bedeutende COg-Menge aus- scheiden und dabei eine entsprechende Alkoholquantität bilden. Weiter muß man bemerken, daß die abgetöteten Weizenkeime nur die anaerobe Atmung haben, wie PaLLADIN'^) gezeigt hat. Mit solchen Weizenkeimen hat KOSTYTSCHEW seine Versuche ausge- führt, da die Atmung derselben sehr gering und dabei schwächer war, als diese in den Versuchen anderer Forscher^), die mit diesem Objekte experimentierten. Also kann man vermuten, daß die durch Zymin vergorenen Zuckerlösungen nur die anaerobe 1) KOSTYTSCHEW, Biochem. Zeitschr,, 15, 164, 1908, und 23, 137, 1909. 2j PaLLADIN, Bull. Acad. d. sc. St. Petersbourg, 1911. 3) W. Zaleski, Biochem. Zeitschr., 31, 196, 1911; W. Zaleski und A. Reinhard, ibid., 36, 240, 1911. Beiträge zur Kenntnis der Pflanzenatmung. 355 *o COa-Produktion und nicht die aerobe Atmung der Weizenkeime, wie KOSTYTSOHEW behauptet, stimulieren. In der Tat haben wir gezeigt i), daß die vergorenen Zucker- lösungen die COg-Produktion auch anderer Objekte, wie die zer- riebenen Erbsen- und Weizensamen befördern. Die abgetöteten Erbsensamen gehören aber zu den streng anaeroben Objekten, wie das L. IWANOFF^) und ich*) gezeigt haben. Neuerdings hat L. IWANOFF diese Tatsache festgestellt^). Weiter haben wir gezeigt^), daß nicht nur die durch Zymin vergorenen Zuckerlösungen, sondern auch die aus Zymin und Hefanol bereiteten Extrakte die COg-Produktion der Weizenkeime und der abgetöteten Erbsensamen befördert, was KOSTYTSOHEW^) und etwas später IWANOFF'^) bestätigten. Diese Stimulation der COg-Bildung haben wir nicht nur in der Luft, sondern auch im Wasserstoff nachgewiesen. L. IWANOFF hat sogar gezeigt, daß die Stimulation der C02-Produktion der Weizenkeime durch die Zymin- extrakte ohne die geringste Steigerung der Sauerstoffabsorption vor sich geht und von einer gesteigerten Alkoholbildung begleitet wird. Außerdem hat L. IWANOFF nachgewiesen, daß die Zwischen- produkte der Alkoholgärung von KOSTYTSOHEW keine Steigerung der Sauerstoffabsorption der in diesen vorher eingeweichten Weizenkeimen bewirken. Also kann man zurzeit als bewiesen betrachten, daß die Be- hauptung von KOSTYTSOHEW, daß die durch Zymin vergorenen Zuckerlösungen die aerobe Atmung der Weizenkeime stimulieren, ganz unrichtig ist, was schon früher L. IWANOFF^) und wir^) ver- muteten. Es fragt sich also, welche Stoffe in den Zymin- und Hefanol- extrakten, sowie in den vergorenen Lösungen vorhanden sind, durch die die anaerobe COg-Produktion der Weizenkeime und der Erbsensamen so stark gefördert wird? L. IWANOFF 1°) hat die Meinung ausgesprochen, daß die Sti- 1) Zaleski und Reinhard, ). c. 2) L. IWANOFF, Biochem. Zeitschr., 25, 171, 1910. 3) Zaleski und Reinhard, 1. c. 4) L. IWANOFF, Diese Berichte, 29, 563, 1911. 5) Zaleski und Reinhard, I. c. 6) KOSTYTSCHEVVund SchELOüMOVV, Jahrb. wiss. Botanik, 50, 157, 1911. 7) L. Iwanoff, Diese Berichte, 1. c. 8) L. Iwanoff, Biochem. Zeitschr., 25 171, 1910 und 29, 347, 1910. 9) Zaleski und Reinhard, ). c, 10) L. Iwanoff, 1. c. 356 W. Zaleski: mulation der COg-Produktion der Weizenkeime durch die ver- gorenen Zuckerlösungen auf die Anwesenheit von anorganischen und organischen Phosphaten zurückzuführen ist. In der Tat haben verschiedene Forscher^) nachgewiesen, daß anorganische Phosphate stark die COg-Produktion der Weizenkeime, sowie diejenige der anderen Pflanzen in der Luft und im Wasserstoff fördern. Dadurch wurde die Behauptung von KOSTYTSUHEW^j, daß die anorganischen Phosphate die Atmung der Weizenkeime nicht stimulieren können, widerlegt. Dennoch haben wir gezeigt''), daß nur die sekundären Phosphate und nicht die primären sauer reagierenden, wie IWANOFF behauptete, die CO.^ -Produktion der oben erwähnten Objekte stimu- lieren. Unsere "V ersuche wurden durch die Arbeit von KOSTY- TSOHEW und SCHELÜUMOW^) bestätigt. KOSTYTSCHEW behauptet sogar, daß die Einwirkung sekundärer Phosphate auf die Atmung der Weizenkeime zum größeren Teil auf die Förderung der COg- Produktion durch alkalische Eeaktion der Lösung zurückzuführen ist. Ob dem so ist^), das müssen künftige Untersuchungen ent- scheiden, dennoch ist es klar, daß die Phosphate, die in den durch Zymin vergorenen Zuckerlösungen, sowie in den Zymin- und Hefanolextrakten vorhanden sind, keine Stimulation der COg-Bil- dung der Weizenkeime und Erbsensamen bewirken können, da diese Lösungen keine alkalische Reaktion haben und sogar sauer reagieren. Die andere Vermutung von L. IWANOFF^), daß die Zucker- phosphorsäure die COg-Produktion der Weizenkeime und Erbsen- samen stimulieren kann, die auch wir ausgesprochen haben, kann ich noch nicht als bewiesen betrachten. Wenn IWANOFF beob- achtete, daß die Zuckerphosphorsäure stark die COg-Bildung der Weizenkeime und Erbsensamen stimuliert, so konnte KOSTYT.SCHEW') in diesem Falle keine Stimulation konstatieren. Auch wir haben bisher keine bestimmten Resultate bekommen und gedenken, über diese Frage später zu berichten. 1) L. Iwanoff, Biochem. Zeitschr., 25, 171, 1910; ZALESKI und REIN- HARD, ibid., 27, 1910; N. IWANOFF, ibid., 32, 1911. 2) KOSTYTSCHEW, ibid., 23, 137, 1909. 3) Zaleski und Reinhard, ibid., 27, 1910; Zaleski und Marx, ibid., 43, 1, 1912. 4) KOSTYTSCHEW und SCHELOUMOW, 1. c. 5) Zaleski und Marx, 1. c. 6) L. Iwanoff, Biochem. ZeitscKr., 25, 171, 1910, 7) KOSTYTSCHEW, ibid., 23, 137, 1909. Beiträge zur Kenntnis der Pflanzen atmung. 357 Es ist also zurzeit eine offene Frage, welche Stoffe der Zy- min- und Hefanolextrakte, sowie die der durch Zjmin vergorenen Zuckerlösungen die COg-Produktion der oben erwähnten Objekte sti- mulieren. "Wir haben uns die Aufgabe gestellt, die Wirkung der Hefanol- extrakte auf die COg-Produktion verschiedener abgetöteter pflanz- licher Objekte zu untersuchen. Unsere weitere Aufgabe besteht in dem Studium der chemischen Natur dieser Stoffe. Zu unseren Versuchen haben wir Samen, Keimpflanzen, sowie das Mycel von AsiiercjiUus niger genommen. Die Samen wurden vorher mit Sublimat sterilisiert, mit Wasser ausgewaschen, im Thermostaten getrocknet und dann fein zermahlen. Die anderen Objekte wurden im Thermostaten getrocknet und dann auch ge- pulvert. Eine bestimmte Menge der pulverisierten Objekte wurde mit destilliertem Wasser und parallel hiezu mit einer entsprechenden Menge des Hefanolextraktes befeuchtet. Zur Darstellung des Ex- traktes haben wir jedesmal 10 g Hefanol mit 100 ccm Wasser bis zum Kochen erhitzt, und dann wurde die Flüssigkeit abfiltriert. Um eine stärkere Konzentration des Extraktes zu bekommen, haben wir die Flüssigkeit auf dem Wasserbade bis zu 10—20 ccm ein- gedampft. Diese Extrakte wurden direkt zu den Versuchen ge- nommen oder nach Zusatz von Natriumhydroxjdlösung bis zur schwach sauren Reaktion. Die Lösungen, die zum Befeuchten des Pulvers dienten, wurden mit Toluol (4 pCt.) versetzt. Die Versuche wurden in der Ijuft und im Vacuum ausgeführt i). Versuche 1 bis 2. COg für 10 g Weizensamenpulver in Milligramm in der Luft im Vacuum Dauer des Versuches in Stunden .7 20 AVasser 5,0 2,0 Hefanolextrakt (konzentriert) . . . 21,5 21,0 Versuche 3 bis 4. CO2 für 10 g Pulver der gekeimten Weizensamen (8tägige) in der Luft im Vacuum Dauer des Versuches in Stunden . 6 20 Wasser 7,0 6,5 Hefanolextrakt (konzentriert) ... 21,5 20,5 1) Die Beschreibung der Methodik ist in einer anderen Mitteilung (dieses Heft) gegeben. 358 W. Z ALESKI : Versuche 5 bis 8. COg für 10 g Pulver der Samen von Lnpimis luteus in der Luft im Vacuum Dauer des Versuches in Stunden .55 20 20 Wasser 6,0 8,0 4,0 4,0 Hefanolextrakt 13,2 — — — „ (konzentriert) . . — 22,5 20,0 19,5 Versuche 9 bis 10. CO2 für 5 g Pulver der 25tägigen etiolierten Keimpflanzen vcoi Weizen pro 20 Stunden in Milligramm in der Luft im Vacuum Wasser 8,0 4,5 Hafenolextrakt (konzentriert) . . . 15,0 13,5 Versuche 11 bis 12. OO2 für 5 g Pulver der Achsenteile der 20tägigen Keim- pflanzen von Lupinus luieus pro 13 — 20 Stunden in Milligramm in der Luft im Vacuum Wasser 6,2 4,5 Hefanolextrakt (konzentriert) . . . 23,4 19,0 Versuche 13 bis 16. CO2 für 3 — 3,5 g Pulver der Stengelspitzen der etiolierten Keimpflanzen von Vicia Faha Windsor pro 20 Stunden in Milli- gramm in der Luft im Vacuum Wasser 38,0 38,5 10,5 10,5 Hefanolextrakt (konzentriert . . 37,5 39,0 19,0 17,5 Versuche 17 bis 18. CO2 für 3 g Pulver des Mycels von Aspergillus niger pro 20 Stunden in Milligramm im Vacuum Wasser 2,0 2,5 Hefanolextrakt (konzentriert) . 17,5 17,5 Unsere vorliegenden, sowie die früheren i) Versuche zeigen, daß die COg-Produktion verschiedener abgetöteter pflanzlicher Ob- jekte stark durch das Hefanolextrakt stimuliert wird. So befördert das 1) ZalESKI und Reinhaed, Biochem. Zeitschr., 35, 228, 1911. Beiträge zur Kenntnis der Pflanzenatmung. 359 Hefanolextrakt die COg-Bildiing der abgetöteten Samen von Erbsen, Liqnnus luteus und Weizen, sowie die der Weizenkeime. Weiter steigert das Hefanolextrakt die COg-Produktion der etiolierten Keimpflanzen von Weizen, der Stengelspitzen von Vicia Faba, sowie die des Mycels von Aspergillus niger. In den meisten Fällen wurde diese Stimulation nicht nur im Vacuum, sondern auch in der Luft beobachtet. Nur in den Versuchen mit den Stengel- spitzen der Keimpflanzen von Vicia Faba konnten wir in der Luft keine Stimulation der C02-Bildang durch das Hefanolextrakt nach- weisen. Es ist schwer zu entscheiden, ob die Oxydationsprozesse eine stimulierende Wirkung des Hefanolextraktes hemmen, oder ob in diesem Falle die COa-Bildung so stark ist, daß das Hefanol- extrakt die Energie derselben nicht steigern kann. Es ist klar, daß die Hefanolextrakte nur die anaerobe COg- Produktion der oben erwähnten Objekte stimulieren, und daß die Meinung von KOSTYTSCHEW, daß die vergorenen Zuckerlösungen die Oxydationsprozesse der Weizenkeime fördern, unrichtig ist. Dennoch bleibt es unbekannt, ob das Hefanolextrakt die Stoffe enthält, die die Wirkung der Gärungsfermente, wie cl-as z. B. das Koenzj^m tut, stimulieren, oder ob in diesem die Sub- stanzen vorhanden sind, die durch die oben genannten Objekte ver- goren werden. Es ist sehr interessant, daß zwischen der Stimulation der COa-Produktion verschiedener Pflanzen durch die Hefanolextrakte und der Vergärung der Brenztraubensäure durch diese Objekte^) ein gewisser Parallelismus besteht. So wird die COa-Produktion der Pflanzen, die Brenztraubensäure vergären, unter denselben Bedingungen auch durch die Hefanolextrakte stimuliert. Da während der Zuckergärung, \vie die neueren Unter- suchungen es wahrscheinlich machen, sich die Brenztraubensäure intermediär bildet, und da die Carboxylase, die diese Säure vergärt, ein Teilferment des Zymasekomplexes darstellt, so kann man ver- muten, daß in dem Hefanolextrakte eine Vorstufe der Brenztrauben- säure vorhanden ist. Dennoch konnten wir keine Brenztrauben- säure in den Hefanolextrakten nachweisen. In derselben Weise ist es uns nicht gelungen, die Bildung von Acetaldehyd in den Ob- jekten, die mit Hefanolextrakten befeuchtet wurden, nachzuweisen. Um eine ungefähre Vorstellung über die cheinische Natur der Stoffe des Hefanolextraktes, die die COg-Produktion der oben ge- 1) Zaleski, Mitteilung in diesen Berichten (dieses Heft). 3ßo W. Zaleski: nannten Objekte stimulieren, zu gewinnen, haben wir einige vor- läufige Versuche angestellt. Versuch 19. Es wurde das Pulver der Samen von Lupinus luteus mit destilliertem Wasser und parallel liiezu mit einer gleichen Menge des in der unten beschriebenen Weise dargestellten Hefanolextraktes befeuchtet. Es wurden 10 g Hefanol genommen und mit 200 ccm destilliertem Wasser zum Kochen erhitzt. Die Flüssigkeit wurde abfiltriert und auf dem Wasserbade bis zu 50 ccm eingeengt. Darauf wurde die Flüssigkeit nochmals abfiltriert, mit dem gleichen Volum von Aceton versetzt und geschüttelt. Auf dem Boden des Grefäßes bildete sich ein Niederschlag, der die Zuckerphosphor- säure enthält. Der Niederschlag wurde von der Flüssigkeit vor- sichtig abgeschieden, mit Aceton ausgewaschen und darauf in 20 ccm destilliertem Wasser gelöst. Das Filtrat wurde auf dem Wasserbade bis zu 20 ccm eingedampft und, wie der im Wasser gelöste Niederschlag, zu den Versuchen genommen. CO2 für 10 g Pulver pro 6 Stunden in Milligramm Wasser (Kontrollportion) 8,5 Niederschlag im Wasser gelöst . . . 14,5 Filtrat 23,5 Versuch 20. Es wurde das Pulver der Samen von Lupinus liäeus und das der Stengelspitzen der Keimpflanzen von Vicia Faba Windsor mit destilliertem Wasser und parallel hiezu mit einer gleichen Menge des in der unten beschriebenen Weise dargestellten Hefanolextraktes versetzt. Zu diesem Zweck wurden 50 g Hefanol mit B50 ccm Methylalkohol bis zum Kochen erhitzt, und darauf wurde die Flüssigkeit abfiltriert und auf dem Wasserbade eingeengt. Dann wurde zu dieser Lösung eine gewisse Menge destillierten Wassers hinzugefügt, und darauf wurde die Flüssigkeit bis zu 50 ccm auf dem Wasserbade eingedampft. Die Versuche v/urden im Vacuum ausgeführt. CO2 pro 20 Stunden in Milligramm Wasser Hefanolextrakt Pulver der Samen von Liqunus luieus 10 g 4,0 16,0 Palver der Stengelspitzen 3,5 g . • 10,5 19,5 Beiträge zur Kenntnis der Pflanzenatmung. 361 *& Versuch 21. CO2 für 10 g Pulver der Samen von Lupinus luieus pro 10 Stunden in Milligramm in der Luft Wasser 8,0 Hefanol mit Methylalkohol extrahiert 28,0 Wir sehen, daß die in öOproz. Aceton löslichen Stoffe des Hefanols die COg-Produktion der Samen von Lupinus Intens stimu- Heren. Da in öOproz. Acetonlösung nach LEBEDEW die Zucker- phosphorsäure unlöslich ist, so kann man daraus schließen, dali diese die COg-Produktion der Samen nicht stimuliert. Wenn aber der von uns erhaltene Niederschlag (Versuch 19), in dem die ver- mutliche Zuckerphosphorsäure vorhanden ist, nach dem Auflösen derselben im Wasser dennoch die COa-Produktion der Luphius- samen befördert, so wird das dadurch erklärt, daß dieser Nieder- schlag andere Stoffe enthält, die die Atmung stimulieren. Wir sehen weiter, daß der Methylalkohol aus dem Hefanol die Stoffe extrahiert, durch die die COg-Produktion der abgetöteten Samen von Lupinus hiteus und diejenige der Stengelspitzen von Vicia Faha bedeutend stimuliert wird (Versuche 20 und 21). Aus diesen Versuchen ist zu ersehen, daß nicht die Zucker- phosphorsäure, sondern die anderen Stoffe des Hefanols die anae- robe COg-Produktion der oben erwähnten Objekte stimulieren. Der chemische Charakter dieser Stoffe ist nur zurzeit unbekannt, und ich gedenke, diese Frage später zu erforschen. 362 E. Zettnow 53. E. Zettnow: Über die abgeschwächte Zygosporen- bildung der Lindnerschen Phycomyces-Stämme. (Mit 3 Figuren im Text.) (Eingegangen am 25. Juli 1913.) Herr Professor LiNDNER hat am 27. 6. in der Juni-Sitzung der Botanischen Gesellschaft mitgeteilt, daß die Phycomyces--{-- und Stämme, welche im Institut für Gärungsgewerbe auf Würze- Agar gezogen werden, ihre Fähigkeit eingebüßt hätten, Zygo- sporen zu bilden. Ich kann diese Beobachtung nicht völlig be- stätigen; das Vermögen Zygosporen zu bilden ist ein sehr geringes; doch gelingt es bei Verwendung anderen Agars deutlich den Anfang der Zygosporenbildung zu beobachten, hin und wieder auch eine ausgebildete dunkle Zygospore zu sehen. Die beiden Stämme haben nicht gleichmäßig die Fähigkeit der Zygosporen- bildung verloren. Es bildet der — Stamm mit dem — Stamm von CLAUSSEN gute Reihen von Zygosporen; er ist also wohl eigentlich ein + -Stamm; diese Reihen sind bei Benutzung der GLAUSSENschen Stämme bedeutend stärker, 3,5 — 4 mm breit. Als Nährboden habe ich einen Agar benutzt, w^elcher bereitet war aus 1000 Hefewasser (1 : 10), 0,5 g Magnesiumsulfat, 0,5 Calciumsulfat, 1,0 Caliumphosphat, 1,0 Pepton, 20 Invertzucker, 20 Aofar. ^ö'^ Auf diesem Nährboden gezogen, bildet Fhycomyces viele Chlamydosporen mit rötlichem Inhalt, so daß der Nährboden sich ziemlich kräftig bläulichrosa färbt; die Färbung ist nicht beständig. Verzweigungen von Sporangienträgern habe ich bei Phyco- myces bei einem Versuch gesehen: Um Zygosporen auf nahrhaftem Boden zur Keimung zu bringen, waren eine Anzahl unter dem über die abgeschwächte Zygosporenbildung usw. 363 Präpariermikroskop nach Möglichkeit vom Mycel befreit, dann dreimal mit viel sterilem Wasser gewaschen und hierauf auf die Fig. 1. Fig. 2. PkijcoiHyces nitcns mit verzweigten Sporangien- trägern lOfach vergrößert. (Photogramme) Fig. 3. Oberfläche des Nährbodens gelegt. Schon 24 Stunden später zeigte sich Mycel, nach weiteren 36 Stunden die Anlage von neuen Zygosporen; zugleich war ein überaus kräftiger Sporangien- 364 ' P" Lindner : träger, etwa 4 cm hoch, entstanden, welcher an kurzer Ver- zweigung ein neues Sporangium trug (Fig. 1), am nächsten Tage wurden mehrere derartige Verzweigungen beobachtet (Fig. 2 u. 3). Vor den Aufnahmen zeigte eine genaue Beobachtung mit Lupe, daß es sich wirklich um Verzweigungen und nicht um Anlage- rung verschiedener Sporangienträger handelte. Da die Aufnahmen bei durchfallendem Licht in Luft vor sich gingen, erscheint das Mycel sehr dick conturiert, die Sporangien als Silhouetten. (In der Sitzung wurden 3 frische und eine getrocknete Kultur vorgezeigt.) 54. P. Lindner: Die vermeintliche neue Hefe IVIedusomyces Gisevii. (Mit Doppeltafel XV.) (Eingegangen am 25. Juli 1913.) Herr Professor LINDAU hatte die Güte, mir von dem Cur- ländischen Material der von ihm vorläufig als Mednsomyces Gisevii benannten Hefe (Heft 5 dieser Berichte) etwas zur Überprüfung zu senden. Bei dem Anblick der dicken lederartigen Haut wurde ich sofort an die eigentümlichen Gebilde erinnert, die das Bacterium wyJiyium erzeugt, und die im Gärungsgewerbe, speciell aber in der Weinessigfabrikation, nach dem sog. Orleansverfahren eine großeßoUe spielen. Verfasser dieses hat in seiner „Mikroskopischen Betriebs- kontrolle", 5. Auflage Seite 553 ein Bild gebracht von einem finger- ähnlichen Gebilde, das von Prof. Dr. EEINKE an dem locker aufge- setzten Korken einer Weißbierflasche angewachsen vorgefunden worden ist. Wer die interessante Erzählung von THEODOR STORM, „Im Brauerhause" liest, findet unschwer heraus, daß die Ursache des hier geschilderten tragischen Falles keine andere gewesen ist, als ein solches Bacterium-xylinum-Gehilde, das in dieser Geschichte von den Bauern als der abgeschnittene Finger eines Geräderten, Die vermeintliche neue Hefe Medusomyces Gisevii. 365 von dem Apotheker HENNINGS aber als verhärtete Gest- und Hefen- masse gedeutet wurde. Das Baderium xylinum gibt die Zellulosereaktion mit Jod und conc. Schwefelsäure. Diese Reaktion trat auch bei dem LlNDAU- schen Material ein. Der mikroskopische Anblick der zunächst mit Jod behandelten zähen Haut entsprach dem Bilde 1. Die Haut ungefärbt betrachtet erwies sich als eine Zooglöe von Stäbchen- bakterien mit schleimigen Wänden, in der ganze Nester von Hefen eingesprengt lagen. Die Art der Hefen wechselt vielfach, doch finden wir vorwiegend die Mycodermaform, die auch in Abbildung IT. vertreten ist. Abbildung III zeigt uns eine andere Stelle mit Torula und elliptischen Hefen. Abbildung IV zeigt uns noch exiguus2i.rt\gQ Formen und die sehr großen Zellen von Saccharomij- Codes Ludivigü. Es ist natürlich leicht, bei der verschiedenen Größe der Zellen der einzelnen Arten alle Übergangsstufen herauszu- finden, man wird jedoch sofort über die Anwesenheit verschiedener Arten von Hefen klar, wenn man ein Stückchen Haut mit ein wenig Bierwürze in ein Vaselineinschlußpräparat bettet. Die Figur III stammt von einem solchen Vaselineinschlußpräparat, das erst 24 Stunden bei Zimmertemperatur gestanden hatte. Ich fand keine Zeit, sofort an die Isolation der einzelnen Arten zu gehen, sondern begnügte mich zunächst mit dem Versuch einen Teeaufguß „anzustellen*'' und die Erscheinungen bei der Entwicklung der Vegetation zu verfolgen. In den nächsten Tagen breitete sich von dem zu Boden gesunkenen Hautstück ein weißer staubiger Bodensatz von ToridahQiQn aus, der über die ganze Fläche der Glasschale zog (Abb. 6). An der Oberfläche der Flüssigkeit trat jedoch eine Kahmhefe auf, die zunächst vereinzelte Inselchen von trocknem Aussehen bildete (Abb. 5). Ganz unvermerkt schob sich auch das Baderium xylinum unter diese Inseln und bildete in den Zwischenräumen derselben eine fast glasklare Masse, deren Anwesenheit eigentlich erst beim Eintauchen eines Glasstäb- chens wahrgenommen wurde. Abb. 7 zeigt uns eine mit Teeauf- guß beschickte Glasschale m Vs ^^t. Größe mit einem Metall- plättchen, das an einer solchen durchsichtigen Stelle der Haut von dieser getragen wurde. Das Baderium xylinum hatte inzwischen Gelegenheit, infolge der Alkoholbildung durch die Bodensatzhefen Essigsäure zu bilden. Der erste Ansatz des gezuckerten Teeauf- gusses hatte nach 2 — 3 Wochen eine sehr starke Säurung ergeben, der zweite Ansatz, der von der Haut des ersten ausging, zeichnete 366 P. Lindner : ' sich in den nächsten 8 Tagen durch eine noch durchsichtigere Hautbildung an der Oberfläche aus. Infolge der zu starken Säu- rung des ersten Ansatzes waren offenbar nur wenig Hefen zur Aussaat gelangt, was eine verspätete Alkohol- und Säurebildung nach sich zog. Die Flüssigkeit schmeckte nach 10 Tagen nur schwach sauer (4 ccm Vio ^oi'^Q- N. auf 20). Mit diesem 2. Ansatz zugleich war eine Schale geimpft worden, für die der Impfstoff aus Berliner Material stammte. Vor einigen Wochen hatte im hygienischen Institut der tierärztlichen Hochschule eine Beamtin die Wahrnehmung gemacht, daß in einem Glas stehengebliebenen Tees eine dicke braune Haut sich gebildet hatte. Geheimrat Frosch machte mich bei einem gelegentlichen Besuch seines In- stituts auf diesen Fund aufmerksam, ohne jedoch von der LlNDAU- schen Mitteilung etwas gewußt zu haben, und sandte mir das be- treffende Material zu. Beide Ansätze — Curland und Berlin — zeigten ein fast identisches Bild der Entwicklung. Die Vegetation des Berliner Materials war sogar noch etwas reichhaltiger, indem auch noch Apiculatusiormen auftraten. Ich bemerkte auch auf der ursprünglichen Haut prächtige Zellen von Sacch. Ludwigii mit reichlicher Sporenbildung. Einer Mitteilung LiNDAUs zufolge wird zurzeit von den Botanikern in den russischen Ostseeprovinzen auf ähnliche Vor- kommnisse gefahndet und der Verbreitung dieser Hausindustrie nachgeforscht. Vor etwa 10 Jahren wurden wir durch Herrn VOjSI BOLTENSTERN, ehemaligem Assistenten am Institut für Gärungsgewerbe, darauf aufmerksam gemacht, daß in Ost- und Westpreußen nach ähnlichem Recept wie es die Curländer Köchinnen anwenden, Essig für den Haushalt bereitet wird. Die von meinem Kollegen HENNEBERG- untersuchten Proben zeigten neben dem Bacterium xyliniim die afrikanische Spalthefe Schi^osaccharomijces Pomhe. Nach alten Überlieferungen soll aus England diese Essig- bereitung eingeführt sein. Da der Gärungserreger eine tropische Hefe ist, erscheint die Annahme plausibel, daß das Verfahren aus tropischen Kolonien übernommen ist. Der Medusentee — so möge das Getränk der Kürze halber und nm die treffende Charakterstik der äußeren Erscheinung durch Lindau festzuhalten, benannt werden — verdankt aber der ein- heimischen Flora seine Gärungserreger. Der gärende Schleimfluß Die vermeintliche neue Hefe Medusomyces Gisevii. 367 der Eichen, ein Standort des Sacch. Ludivigii, weist auf diesen als Ursprung hin. Verf. hat diese Hefe auch massenhaft in bosnischen Pflaumenraaischen angetroffen, aber im großen Garten der tier- ärztlichen Hochschule und im Curland kommen Pflaumengärungen nicht vor. In Bild 9 und 10 sind im ganzen 5 verschiedene Hefen aus dem Berliner Material dargestellt und zwar in Kolonien, die in Tröpfchenkulturen herangewachsen. Eine genauere Kennzeichnung der einzelnen Arten folgt später. Zum Schluß noch die Bemerkung, daß die Durchführung einer Medusenteegärung wohl zu den interessantesten Versuchen im biologischen Schullaboratorium zählen dürfte. Biologisches Laboratorium des Instituts für Gärungsgewerbe. Erklärung der Tafel XV. Abb. 1 — 7 beziehen sich auf das LlNDAUsche Äfaterial aus Kurland, 8 — 10 auf das aus Berlin. Abb. 1. Mit Jod behandelte Teehaut von dem LiNDAUschen Material, das aus Kurland stammt. Die Schleimmassen des Bdcterium xylinani, färben sich nicht oder nur schwach gelblich, während die Hefenester sich dunkel- braun färbten. 125 fach. Abb. 2. In derselben, aber noch ungefärbten Haut ist das Bacterium xyJinum und die Mycodermahefe in öOOfacher Vergrößerung wiedergegeben. Abb. 3. Ein Stückchen der Teehaut wurde mit etwas Bierwürze vermischt zwischen Objektträger, Deckglas und Vaselinriog eingeschlossen (sog. VaseUneinschlußpräparat). Nach 24 stündigem Stehenlassen bei Zimmer- temperatur zeigten sich die verschiedenen Hefen bereits in voller Sprossung. Wir sehen neben meist schon geschrumpften Mycoderma- zellen (diese können den Luftabschluß nicht vertragen), Toruhi- und elliptische Hefen. SOOfach. 1/3, Sekunde. Abb. 4. Aus der dünnen Randpartie einer Teehaut. Große Zellen von Saccharomy Codes Liidwigü links unten. Oben Tuvula-, elliptische und exiguusartige Hefeformen. 5O0fach. ^/g^ Sekunde. Abb. 5. IMycodermainsel auf einer frischen Haut des Bacterium xylinum. SOOfach. V30 Sekunde. Abb 6. Aus dem Bodensatz eines mehrere Tage alten geimpften Teeauf- gusses. Vorwiegend Toruht-E.eie. BOOfach. 1/30 Sekunde. 368 !*• LlNDNER: Die vermeintliche neue Hefe Medusomyces Gisevii. Abb. 7. Mit Kurländer Material geimpfter Teeaufguß, der vom 16.— 23. Juli eine durchsichtige Schleimdecke von Bacterium xylinmn angesetzt hatte, die stellenweise von Mycodermainseln überdeckt ist. Um die Tragfestig- keit der Schleimhaut zu kennzeichnen, ist an einer Stelle derselben ein Metallplättchen aufgelegt worden, ^/g nat. Größe. Abb. 8. Hefennest aus einer Berliner Teehaut. Viele große Zellen von Snccharomycodes LudwigÜ mit Sporen. Tonila, Mycoderma. BOOfach. ^/^o Sekunde. Abb. 9. Aus einer Tröpfchenkultur von der Berliner T.eehawt. Oben ellip- tische Hefe, unten S. Ludirigii. 260fach ^/gj Sekunde. Abb. 10. Aus einer Tröpfchenkultur von der Berliner Teehaut. In der Mitte eine Toruhi, oben und unten Mi/coder'»m-a,Tt\ge Hefenkolonien. öOOfach. 1/30 Sekunde. Sitzung vom 81. Oktober 1913. 369 Sitzung vom 31. Oktober 1913. Vorsitzender: Herr G. HABERLANDT. Der Vorsitzende macht der Gesellschaft Mitteilung von dem Ableben unserer ordentlichen Mitglieder, der Herren Prof. Dr. Bengt Lidforss, verstorben in Lund am 23. September 1913, und Geh. Bergrat Prof. Dr. Henry Potonle, verstorben in Berlin-Lichterfelde am 28. Oktober 1913. Die Anwesenden ehrten das Andenken an die Verstorbenen durch Erheben von ihren Sitzen. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren Falirenholtz, Dr. H. in Münster i. W. (durch J. Eeinke und M. NORDHAUSEN), Tjebbes, Dr. K. in Saebyholm (Schweden) (durch H. Nilsson-Ehle und E. BAUR), Bredemann, Dr. G., in Berlin-Südende, Lichterfelder Straße 39, III (durch H. FISCHER und W. WÄCHTER). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren Funck, Dr. Georg in Neapel, Schindler, Dr. Bruno in Grünberg i. Schi., Schubert, Dr. Otto in Geisenhelm. Laut § 23 der Satzungen fanden die Wahlen des Berliner Vorstandes, der Redaktionskommission und der Kommission zur Vorbereitung der Generalversammlung usw. für das Jahr 1913 statt. ßer. der dentsehen bot. üesellsch. XXXI. 26 370 Jaroslav PEKLO: Das Ergebnis war folgendes: Vorsitzender: Herr L. WlTTMACK. Erster Stellvertreter :. Herr H. CONWENTZ. Zweiter Stellvertreter: Herr G. HabKRLANDT. Erster Schriftführer: Herr P. CL AUSSEN. Zweiter Schriftführer: Herr W. BENECKE. Dritter Schriftführer: Herr R. KOLKWITZ. Schatzmeister: Herr 0. APPEL. Die Redaktionskommission besteht nach § 19, 1. der Satznngen aus dem Vorsitzenden, den drei Schriftführern und drei gewählten Mitgliedern. Gewählt wurden die Herren A. ENGLER, P. GRAEBNER, H. V. GUTTENBERG. In die Kommission zur Vorbereitung der Generalversammlung usw. wurden gewählt die Herren H. HARMS, G. Lindau, R. Pilger, A. Weisse und C. Osterwald. Die Geschäfte der Gesellschaft wird in bisheriger Weise Herr W. WÄCHTER fortführen. Als Ort der Sitzungen in d'-n Winterraonaten wurde das Pflanzenphysiol. Institut der Universität in Dahlem, Königin-Luise- iStraße 1, gewählt. Mitteilungen. 55. Jaroslav Peklo: Über die Zusammensetzung der sogenannten Aleuronschicht. (Mit Doppeltafel XVI.) (Eingegangen am 25. Juli 1913.) Eine gelegentliche Untersuchung der Früchte von Lolium temulentum brachten den Unterzeichneten auf die Idee, ob nicht die Aleuronschicht der Getreidearten pilzartiger Herkunft sein könnte. Auf einigen Präparaten, welche von jungen, noch weichen Körnern des Taumellolches mittels gewöhnlicher Paraffinmethoden hergestellt wurden, war zu sehen, wie der bekannte, sonst intercellulär verlaufende symbiotische Pilz stellenweise in das Innere der Aleuronzellen eindringt. Ob dies regelmäßig und in über die ZusammensetzuDg der sogeoannten Aleuronschicht. 37 1 einem größeren Umfange geschieht, konnte nicht festgestellt werden. Übrigens befriedigten die Präparate den Eeferenten nicht vollkommen, es wurde daher die weitere Verfolgung der Beobachtung auf das nächste Jalir verschoben. Nichtsdestoweniger war der Gedanke, daß die Pilzsymbiose bei Getreidekörnern viel verbreiteter sein könnte, so verführerisch, daß der Referent sich entschloß, trotz der ursprünglichen Skepsis, welche die sonst ziemlich exotisch klingende Frage in ihm erweckte, diese Frage entweder im po- sitiven oder im negativen Sinne zu beantworten. Und es zeiote sich m der Tat, daß seine Vermutung gar nicht auf einer falschen Vorstellung beruhte. Bald wurde es indessen dem Verfasser klar, daß es sich um eine Frage handelt, die einige wichtige Probleme der Biologie der Getreidearten tief zu berühren scheint. Es mußten folglich umfangreichere Untersuchungen angestellt werden, als es ursprünglich im Plane der Arbeit lag. Es galt selbstverständlich zunächst die cytologische Seite des Problems wenigstens zum Teil zu beleuchten. Die Hauptresultate dieser Untersuchungen sollen in der vorliegenden Mitteilung in der Kürze referiert werden. Als Arbeitsmaterial dienten vorläufig Seeale, Hordeum und Triticum. Wegen der möglichen Gefahr, daß ERIKSSON's myko- plasmatische Pilze mit den eventuell von der Aleuronschicht in das Endosperm eingehenden Hyphen verwechselt werden könnten, wurde bei dem Weizen ein Svalöfer Kreuzungs-Produkt zum Vergleich herangezogen, welches sich in Kulturen dieser Anstalt als sehr resistent gegen Gelbrost erweist, nämlich Kotte x Greiiaäier 11^). Denn es liegt jedenfalls die Möglichkeit nahe, daß bei dieser Sorte, wenn sie sich so resistent gegen das Auftreten des Gelbrostes zeigt, im Innern der Körner die ßostpilze in einer geringeren Menge zu erwarten seien als bei anderen nicht so resistenten Sorten. Außer- dem wurde eine böhmische Sommerweizensorte und von dem bekannten, stark glasigen Tritimm durum eine Abart, welche KuhmiJca heißt und hauptsächlich in Rußland kultuviert wird, studiert, von Secale eine auffallend blaukörnige, in Böhmen gebaute Abart Saturnus, von der Gerste endlich eine Sorte, welche ohne eine genauere Bezeichnung von dem Samenhändler bezogen wurde. Die Samen wurden entweder gleich nach zwei- bis dreitägigem (bei Kubanha) Aufquellen im Wasser oder nach zwei- und sechs- tägiger Keimung abgeschält, die Aleuronschicht nebst anhaftenden 1) Ich verdanke diese Sorte der Liebenswürdigkeit des Herrn H. NilssON-Ehle ; die in Böhmen gebauten Sorten hat mir größtenteils Herr Doc. Dr. ViLlKOVSKY, Täbor, in freundlicher Weise überliefert. 26* 372 Jarosla"v Peklo: Fruchtschalenresten, sowie die Embryonen von dem Endosperm befreit und in verschiedenen Fixierungs-Flüssigkeiten, von welchen sich am besten die mittelstarke FLEMMINGsche Lösung bewährte. fixiert. Von den benutzten Färbemitteln gaben die möglichst einfachen die besten Resultate, so HeiNDENHAINs Hämatoxylin mit event schwacher Nachfärbung mittels Anilinwasser- Safranin oder Orange Gr. Bald zeigte es sich indessen, daB die Zu- sammensetzung der Aleuronschichtcn in erwachsenen Samen im Sinne der Ideen des Referenten sehr schwer zu eruieren ist. Es wurde mit dem Studium derselben nicht viel gewonnen. Sie zeigten bloß die üblichen Aleuronkörner und Vakuolen, Zellkerne usw. Zum Ausgangsmaterial eigneten sie sich jedenfalls nicht. Glücklicherweise war ich aus früheren .Jahren im Besitze eines größeren, in Paraffin eingebetteten Materials von jungen, noch weichen Sommerweizenkörnern. Und auf Grund von aus diesem Material hergestellten Schnitten gelang es mir, d(^n Beweis zu führen, daß die Zellen, welche die Aleuronschicht zusammensetzen, von Pilzfäden erfüllt sind, und daß die sogenannten Aleuronkörper Produkte dieser Hyphen vorstellen. Es ist allerdings nicht in einer jeden Zelle dieser Zusammen- hang klar zu sehen. Ich mußte sehr viele Präparate durchmustern, bevor ich solche Stellen traf, wo in den Zellen die Pilzfäden so locker verliefen, daß sich der Zelleninhalt als von ihnen gebildet zeigte. Und erst als mir eine größere Menge von solchen Stellen zusammenzubringen gelang, arbeitete ich mich in das Tliema all- mählich ein und fand, daß diese Tatsache von einer allgemeinen Geltung ist, und daß alle Zellen der Aleuronschicht in derselben Weise zusammengesetzt sind. An anderen glücklich getroffenen Stellen gelang es mir wieder, die pilzliche Herkunft der Aleuron- körner zu eruieren. Und obzwar ich infolge der Feinheit der Details nicht imstande war, in allen Fällen den Zusammenhang zwischen den Hyphen und Aleuronkörnern klar zu sehen, fühle ich mich doch berechtigt zu behaupten, daß in den meisten Fällen die Aleuronkörner Aussprossungen von Pilzfäden vorstellen. Zuerst erweckte die in vielen Zellen der Aleuronschicht zu- tage tretende reihenförmige Anordnung der Körner den Verdacht. Es wurde an dünne Hyphen gedacht, an deren Oberfläche diese Gebilde sitzen könnten. Tatsächlich aber wurde fast nur in einigen Ausnahmefällen das Vorkjmmen von dünnen Hyphen in den Aleuronzellen konstatiert. Sie verliefen ziemlich parallel im Innern der Zellen, waren unsegmentiert und schienen keine derbe Mem- branen zu besitzen. Kleine — in diesem Stadium — Aleuronkörner über die Zusammensetzung der sogenannten Aleuronschicht. 373 saßen an ihrer Oberfläche. (Fig. 1.').) Meistens sind es jedoch dicke, bisweilen sehr dicke Hyphen, welche ganze Zellen aus^ füllen. (Fig. 2-7.) Einzelne Aleuronzellen serienartig in Etagen zu zerlegen, gelang mir zwar nicht, so daß ich nicht angeben kann, welche Anzahl von Fäden in einer jeden Zelle vorkommt. Doch war es meistens auch an sehr dünnen Schnitten zu sehen, daß sich mehr als eine Hyphe durch das Lumen der Aleuronzelle schlängelte. Meistens folgen die Fäden dem Verlauf der Zellwände. (Fig. 2, 3 usw.) Infolgedessen rollen sie sich kreisförmig ein und legen sich oft in ihrem Verlauf übereinander. Oft entstehen auf diese Weise turbanartige Gebilde. Sehr wahrscheinlich besitzen diese Hyphen keine „gewöhnlichen" Membranen, durch welche sich die üblichen Pilzfäden auszeichnen. Wenigstens erschienen sie in meinen Präparaten nackt. Und da sie sich eng aneinander anschließen, lassen sich bisweilen auch in dünnen Schnitten nur ihre Konturen verfolgen. (Fig. 7.) Vielleicht sind sie infolge des Platzmangels ein wenig zusammengedrückt. Öfters sieht man sie in der Nähe des Zellkernes verlaufen (Fig. 2); in einigen Fällen wurden zwei Kerne — wohl durch die Tätigkeit des Pilzes amitotisch ent- standen — in den Aleuronzellen konstatiert. (Fig. 13, junge Gerste.) Was den Inhalt der Pilzfäden betrifft, so waren in den meisten Zellen bloß grobe Vakuolen in ihrem Innern zu sehen. Auch diese folgten, wenn sie längsgestreckt waren, dem Verlauf der Fäden, und öfters kreuzten sie sich in ihrer Richtung, wenn ein Fadenstück sich über ein anderes zog. (Fig. 4.) Einige körnchenartige, öfters zu zweien angeordnete und sich entsprechend färbende Einschlüsse schienen in jüngeren Fäden auf Kerne zu deuten. Den strikten Beweis dafür zu führen, ist jedoch bisher mißlungen. Dagegen war es bei dieser Weizensorte möglich, alle Zwischenstadien der Entwickelung der Aleuronkörner von kleinen Körnchen bis zu großen Warzen, welche die Oberfläche der Fäden bedeckten, zu verfolgen. (Fig. 1 — 6.) Die Hyphen aus erwachsenen, dickwandigen Aleuronzellen mit feinen Skalpellen, Präpariernadeln und ähnlichem herauszu- präparieren, ist mir nur teilweise gelungen. Dagegen erwiesen sich zu diesem Zwecke als sehr vorteilhaft ganz junge, noch im milchigen Zustande gesammelte Gerstenfrüchte, die mit einem Alkohol- Formalingemiscli konserviert waren. Ich präparierte die dünn- 1) Alle Figuren wurden mit Hilfe des Zeichenapparats entworfen. Ver- größerung Zeiss hom. Imm. ^j^^, Ok. 4, Kompens.-Ok. 4 u. 12, Tubuslänge 160. 374 JAROSLAV Peklo- wandiofen Alenronschichten, welche hier bekanntlich mehrere Etagen einnehmen, ab und legte sie auf eine kurze Zeit in eine starke Kalilauge. Nach gründlichem Auswaschen rieb ich dann den Zellinhalt mit einem feinen Pinsel heraus und färbte ihn mit verdünntem LÖFFLER-Meth}'lenblau. In einigen Fällen zeigte sich das Fadengeflecht noch von Merabranresten umgeben. (Fig. 8, 9.) Auf diese Weise kamen öfters Verbände von mehreren Zellen zum Vorschein, deren Lumina von schneckenartig eingerollten, dicken, mucorähnlichen Hyphen ausgefüllt waren. (Fig. 10.) Es ist klar, daß das, was in den Aleuronschichten von früheren Autoren als dichtes Plasma erklärt wurde, eigentlich größtenteils zum Plasma der dicken Hyphen gehört, deren Verlauf und Konturen allerdings bisher übersehen worden sind. Die Kerne der Aleuronzellen er- scheinen meistens von den Schlingen der Pilzfäden umschlossen. (Fig. 9, 10.) In mehreren Fällen gelang es mir, bloß eine oder wenige Windungen der Fäden herauszupräparieren. Der Zellkern fiel dabei öfters aus der Mitte einer solchen Schlinge heraus und hinterließ eine Öffnung in dem Knäuel. (Fig. 11.) Doch wurden auch solche Fälle angetroffen, wo eine Hyphe sich fest dem Zellkern anschmiegte und infolgedessen samt demselben bei der Präparation herausgerissen wurde. (Fig. 12.) Übrigens war nicht einmal diese Art des Präparierens, obzwar die tangential ausgestreckten Aleuronschichten nach der Maceration mit einem kleinen Pinsel überstrichen wurden, fein genug, um nicht einzelne Hyphen durchzureißen. Nichtsdestoweniger kamen auch in diesem Falle die Fadenstücke, in dem Plasma der Aleuron- zellen eingebettet, klar zum Vorschein. (Fig. 14.) Am interessantesten war zu sehen, wenn der Zellkern, uhr- federartig von dem Pilze umschlossen, in dem Präparate frei- liegend zur Beobachtung kam. Weil die Dimensionen der Objekte ziemlich klein waren, geschah es öfter, daß die Hyphen- und Kern -Vergesellschaftung unter dem Deckglas infolge des Druck- wechsels sich bewegte, wobei die heterogene Zusammensetzung dieses Klumpens, der Verlauf der Fäden usw, in einigen Lagen leicht zu eruieren war. Es braucht wohl nicht näher erörtert zu werden, daß nicht die geschilderten Fälle mißdeutet wurden etwa in der Weise, daß sich gelegentlich in den Aleuronzellen eine parasitische Mucorinee angesiedelt hätte, die das ganze Zelllumen eingenommen hätte, worauf auch in dem intakt gebliebenen Plasma anderer Zellen Hyphen und anderes „gesehen" wurde, wo in Wirklichkeit nichts Ähnliches vorkam. Im Gegenteil, es kann behauptet werden, daß über die Zusammensetzung der sogenannten Aleuronschicht. 375 der hier vorgetragenen Art der Zusammensetzung der Aleuron- schicht eine allgemeine Geltung zukommt. Nicht selten gelang es, einzelne Fäden aus den Aleuronzellen beim Präparieren herauszuwinden. Sie lagen dann in den Prä- paraten entweder geradegestreckt oder noch in losen Schlingen vor. (Ein solches kurzes Fadenstück ist auf der Fig. 15,.zu sehen.) Über ihre Pilznatur konnte man nicht den geringsten Zweifel hegen, eine Täuschung mit dem etwa langausgezogenen Schleim der Plasmamassen liegt also nicht vor. Schon in diesem jungen Entwickelungsstadium der Gersten- früchtc waren die Aleuronkörner bemerkbar. Sie saßen wieder als ganz kleine, warzenartige Körnchen an der Oberfläche der Hyphen. (Fig. 9.) Bei einer starken Vergrößerung (Imm. h. '/ü» Kompens.- Okul. 12) wurde in einigen Fällen deutlich gesehen, daß sie den aus den Fäden hervorragenden stielartigen Fortsätzen entspringen. (Fig. 16.) Allerdings erschienen sie in vielen Fällen durch die Wirkung der Lauge verschrumpft, und die Oberfläche der Fäden nahm durch sie nur ein rauhes Aussehen an. Hat man also anzunehmen, daß die Zellen der Aleuronschicht von Pilzfäden erfüllt sind, so muß die Frage gestellt werden, ob die Hyphen der Nachbarzellen miteinander in Verbindung stehen. Denn die Zellwände der alten Aleuronzellen zeichnen sich bekanntlich durch eine beträchtliche Dicke aus. In dieser Richtung untersuchte Badialschnitte zeigten in der Tat mehrmals radiale Wände von vereinzelten Fäden durchbrochen. Diese Tatsache wurde ebenso für Weizen wie für Koggen und Gerste festgestellt. Außerdem war aber nicht selten zu sehen, daß die aleuron- haltigen Pilzmassen sich über den Umfang von zwei und mehreren Zellen erstreckten, in radialer Richtung in der Höhe der ganzen liadial wände im Zusammenhang -stehend. Die nähere Verfolgung der Sache wurde weiteren Studien vorbehalten, weil es sich bei der Gerste zeigte (erwachsene, noch nicht gekeimte Früchte; Paraffinschnitte), daß ausgedehnte Lager v^on dünn- wandigen Hyphen auch zwischen den Aleuronzellen vorkommen, Sie bestehen aus Elementen, die den intercellularen sehr ähnlich sind, nur weniger Inhalt haben; Aleuron wurde an ihnen nicht gesehen. Mit den intracellularen Hyphen wurden sie in Verbindung gesehen. Bei der Gerste war es übrigens an den in tangentialer Richtung durch die Aleuronschichten geführten Schnitten gar nicht selten zu beobachten, wie die Wände der Aleuronzellen von mehreren Hyphen gleichzeitig durchbrochen werden. (Fig. 17, 18.) Die Pilzfäden verengerten sich dabei meistens beträchtlich ; die Ver- 376 Jaroslav Peklo: bindungskanälchen waren offenbar ziemlich eng. Eine Verbindung zwischen zwei Aleuronzellen mittels einer (Fig. 19) oder mehrerer dicken Hyphen gehörte auf meinen Präparaten zu den Seltenheiten. Der Pilz in den Körnern bleibt jedoch nicht auf die Aleuron- schichten beschränkt. Auf den aus diesen Gebilden hergestellten Längsschnitten kann man klar sehen, „daß die Aleuronschicht sich ununterbrochen über den Rand des Scutellums fortsetzt, wobei ihre Zellen kleiner, dünnwandiger und vor allem bedeutend niedriger werden. Die der ßandfläche des Scutellums angrenzenden Kleber- (Aleuron-)Zellen sind mit der Epidermis des genannten Organs innig verwachsen." (HABERLANDT, Fig. 45').) Dieser Umstand, sowie die Tatsache, daß in mehreren Gewebearten des jungen Getreide- Embryos die Aleuronkörner konstant vorkommen-), zwang zum näheren Untersuchen der Embryonen auch in dieser Richtung, in der Erwartung, daß auch hier der Pilz gefunden werden würde. Und wirklich war in diesen Geweben der Zusammenhang zwischen den Aleuronkörnern und den Pilzfäden manchmal leichter aufzufinden als in der Aleuronschicht. Überall, wo die Aleuronkörner gefunden wurden, wurde auch das Vorkommen von mucorähnlichen Hyphen festgestellt. So in dem Scutellum und in den anliegenden Geweben, zum Teil in Übereinstimmung mit den Angaben GüILLIERMONDs, welcher auch in diesen Partien das Vorkommen der Aleuronkörner festgestellt hatte. Im Skutellum läßt sich das Vorhandensein des Pilzes in allen Zellen, welche Aleuronkörner enthalten, nachweisen. Die Pilzfäden laufen hier sehr oft quer darch die Zellenlumina (Fig. 20), selten rollen sie sich in ähnlicher Weise wie in den Aleuronzellen ein. Auch sind sie meistens dünner als in der letztgenannten Schicht. (Fig. 21.) Nur selten sieht man in ihnen eine Querwand (Fig. 22.) Leichter als in der Aleuronschicht läßt sich hier die Herkunft der Aleuronkörner eruieren; das günstigste Material dafür lieferte wieder der schon genannte Sommerweizen. Man sieht in einem der jüngeren Stadien sich knopfartige Verdickungen an der Peripherie resp. der Oberfläche der Hyphen erheben, die sich 1) Haberlandt, G., Die Kleberschicht des Grasendosperms als Diastase ausscheidendes Drüsengewebe. (Berichte der deutschen botan. Gesellschaft 1890, VIII, S. 40 seq.) 2) Über die Lokalisation des Aleurons in den Embryonen der Getreide- körner vergleiche man die inhaltsreiche Arbeit A, GuiLLlERMONDs : Recherches cytologiques sur la germination des graines de quelques Graminees et contribution al'etude des grains d'aleurone. (Archives d'anatomie micro- scopiques. Tome X, 1908, Pg. 141 seq.) über die Zusammensetzung der sogenannten Aleuronschicht. 377 tief und homogenschwarz mit HEIDENHAIN färben lassen (Fig. 21, 22, 23.) In älteren Stadien erscheinen diese Körperchen blässer (Fig. 24), auch eine feine Granulation läßt sich in ihnen ab und zu beobachten. Manchmal sitzen sie an ziemlich dünnen Stielen (Fig. 20, 25, 26, 27.) Trotzdem sie in einigen Fällen wie eingesenkt in die Fäden und infolgedessen wie in ihrem Innern liegend aussehen (Fig. 28, 29), ist ia anderen, auch dann, wenn sie sich mit einer breiten Basis der Oberfläche des Fadens anlegen, klar, daß sie Hervorsprossungen aus den Fäden vorstellen (Fig. 30, 31.) Der Inhalt der Hyphen, welche auch in diesen Partien ziemlich grob und voluminös aussehen, zeichnet sich durch eine grobe und regelmäßige Vakuolisierung aus. Der Zellkern der „Wirts-Zellen" sieht manchmal wie verschrumpft aus. (Fig. 25.) Recht eigentümlich ist manchmal die Gestalt der Aleuron- körner. Bei dem Sommerweizen wurden in einigen Präparaten birnen- förmige Körner gesehen, beim Safurnus auch unregelmäßig gelappte, ziemlich umfangreiche Gebilde. Bei der letztgenannten Getreideart kommen dieAleuronkörner auch in verschiedenartiger Gruppierung vor (Fig. 32), deren Ursache vielleicht in der partiellen Verschrumpfung des sie tragenden Fadenstückes zu suchen ist. Der Pilz erfüllt das ganze Skutellargewebe, er läßt nicht einmal seine palissadenartig geordnete Epidermis aus. Erfreulicherweise war es gerade das Epithel der Gerste, wo sich die Pilzfäden ohne große Schwierigkeit auffinden ließen. In der ersten ßeihe wurden ruhende, noch nicht keimende Embryonen in dieser Richtung untersucht. Auffallend war es, wie in den langen, palissadenartig gestreckten Epithel- zellen ihrer ganzen Länge nach schlauchförmige, am Ende keulenförmig angeschwollene Hyphen verliefen (Fig. 33). Wahr- scheinlich waren sie nicht in Einzahl in diesen Zellen vorhanden; irgendwelche Beziehungen zu den Zellkernen zeigten sie nicht. In dem Maße, wie nach den Seiten des Skutellums die epithelialen Zellen niedriger wurden, erschienen auch die Hj^phen entprechend kürzer (Fig. 34). In den niedrigen und breiten „Palissaden" wurden auch bogenförmig verlaufende Hyphen wahrgenommen, die einigemal auch mehrere Zellen durchquerten (Fig. 35). Nur in seltenen Fällen, so bei Koüe X G^rewad/e/-,. wurden an den Hyphen Aleuronkörner beobachtet. Die Menge der in dem Skutellargewebe vorhandenen Aleuron- körner und Pilzfäden ist eine außerordentlich große. Selbstver- ständlich kann nicht mit voller Sicherheit behauptet werden, ob eine jede Zelle diese Elemente enthält. Es wurden jedoch mehrere Beobachtungen in dieser Richtung ausgeführt, und es kann gesagt 378 Jaroslay Perlo: werden, daß z. B. in dem Epithel ganze Strecken von Zellen ge- zählt wurden, ohne daß in einer einzigen von ihnen eine, meistens schlauchartig verlängerte Hyphe vermißt wurde. In einigen Epi- thelialzellen wurden die Hyphen knopfartig am Ende angeschwollen gefunden. Zur Ergänzung dieser Bilder sei noch bemerkt, daß beim Saturnus in der Aleuronschicht aucli spitzovale Aleuronkörner vor- kommen, durch welche die Oberfläche der dicken Pilzfäden fast wie mit niedrigen Stacheln bedeckt erscheint (Fig. 36, 37). Solche Verhältnisse herrschen in ruhenden, nur mit Wasser eingeweichten Aleuronschichten und Embryonen. Bekanntlich erfahren jedoch die aleurontragenden Gewebe bei der Keimung eine durchgreifende Veränderung. Es ist nicht ausgeschlossen, daß schon durch die Einwirkung des Wassers einige Substanzen der Aleuronkörner bei der Quellung gelöst werden und so auf den Paraffinpräparaten der Beobachtung entgehen. Noch giößer ist die Gefahr, wenn bei der Fixieiung Säuren enthaltende Mittel benützt werden müssen. So wurde schon a priori auf die Eruierung der feinsten Details verzichtet, z. B. auf die Verfolgung der Veränderungen, welche Globoide erleiden und ähnliches. Indessen wurden im ganzen übereinstimmende Resultate mit den iVngaben der Autoren, die dasselbe Thema behandelt haben, erreicht. Kurz kann man die bei der Keimung der Körner zutage tretenden Erscheinungen in dem Satze zusammenfassen, daß sowohl die Aleuronkörner, als auch dieselben tragenden Substanzen allmählich verschwinden. An Kottc wurde z. B. Folgendes beobachtet: Die Aleuronkörner blähen sich zum Teil auf, teils nehmen sie gelappte, verzerrte und ähnliche Gestalten an, viele kloine Körnchen er- scheinen eventuell in ihnen, andere verkleinern sich usw. Bei den Früchten von Kotfe, die zwei Tage lang gekeimt haben, wurden in den Aleuronkürnern der Aleuronschicht runde, scharf konturierte, homogene Körnchen, in Einzahl in jedem Aleuronkorn, wahrge- nommen. Sie färbten sich intensiv mit Safranin, wie dies öfters und charakteristisch bei manchen Kernen der Pilze zu sehen ist. Die Grund-Substanz der Zellen wurde im weiteren Verlaufe der Keimung noch ausgeprägter vakuolisiert, die Konturen der Hj^phen verschwanden und anstatt derselben erschien in den Zellen eine ziemlich homogene, grobvakuolige Grundsubstanz. Endlich — so etwa nach einwöchiger Keimung — verschwanden die Aleuron- körner sowie auch die wabigen Massen mehr oder w^eniger v'oll- ständig. Sie sind zerflossen, wurden aufgelöst, jedenfalls hinter- ließen sie keine chitin- resp. cellulosehaltigen Rückstände, wie über die Zusammensetzung der sogenannten Aleuronschicht. 379 man es öfters z. B. in Mykorrhizen beobachtet. In allen Stadien wurden nichtsdestoweniger in einzelnen Zellen sowohl in der Aleuronschicht, als auch in den Embryonen intakte, noch nicht veränderte Pilzfäden, sowie auch Aleuronkörner beobachtet. Schließ- lich erschienen alle diese Zellen wie entleert, diejenigen der Aleuron- schicht außerdem aber auch wie degeneriert, weil nicht einmal die Kerne in ihnen nach einiger Zeit das normale Aussehen behielten. Eine Ausnahme machten hier bloß die Palissadenzellen des Skutellums, in welchem noch in sehr vorgeschrittenen Stadien, während welcher in den übrigen Zellen die Pilzbestandteile schon verschwunden waren, die schlauchförmigen Hyphen zu beobachten waren; ja dieselben traten da noch deutlicher zum Vorschein als vorher. Darch neuere Untersuchungen ist zweifellos festgestellt worden, daß sowohl die Aleuronschicht, als auch das Skutellum des Embryos nicht nur Diastase (samt anderen Enzymen) zu pro- duzieren imstande sind, sondern daß überhaupt der größte Teil der zur Auflösung und Verdauung der Endospermstärke nötigen Enzyme von diesen Geweben herrührt (STOWARD, GRÜSS).') Unsere Untersuchungen zeigen nun, daß die Früchte der Gramineen diese Fähigkeit sehr wahrscheinlich dem symbiotischen Pilze verdanken. Denn ein solcher Pilz ist konstant in der Aleuron- schicht und in dem Skutellum vorhanden, und verschwindet, oder besser gesagt, wird zerstört eben in der Zeit, wo die größte Menge Diastase seitens dieser Gewebe produziert wird. Wahrscheinlich werden gerade durch die Zerstörung seiner Elemente die diesbezüg- lichen Enzyme freigemacht. Ob dies durch die Veränderung, welche die Aleuronkörner oder die Hyphen selbst erfahren, geschieht, dar- über geben unsere Untersuchungen keine nähere Auskunft; dies muß auf experimentellem Wege entschieden werden. Jeden- falls ergibt sich aber aus diesen Beobachtungen die weitere Tat- sache, daß auch die amylolytischen Enzyme, wie ihre Bildung in der Brauerei bei der Bereitung der Bierwürze erstrebt wird, in der Tätigkeit des symbiotischen Pilzes des Gerstenkornes ihren Ursprung nehmen. Die Sache hat allerdings ein praktisches Interesse: es wäre z. B. denkbar, daß durch die Isolierung des Pilzes die Herstellung 1) F. Stow ARD, A Research in to amyloclastie secretory Capacities of the Embryo and aleurone Lajer of Hordeuni wich special Reference to the Question of the Vitality and Autodepletion of the Endosperm. (Annais of Botany 1911, Vol. XXV.) J. GRtJSS, Biologie und Kapillaranalyse der Enzyme. 1912, 1. c. 380 Jaroslav Peklo: der diastatischen Produkte erleichtert werden könnte. Indessen ist hier nicht zu vergessen, daß die Potenzen des symbiotischen Pilzes in Reinkulturen in einem viel geringeren Grade auftreten könnten als in den Körnern , wie wir ähnliches auch bei der Assimilation des Luftstickstoffs seitens der Knöllchenbakterien und anderer Organismen beobachten. Bei dem Nachdenken über die Divergenzen, welche zwischen den Angaben verschiedener Autoren über die Fähigkeit der von der Aleuronschicht und dem Embr}'0 befreiten Endosperme zur Selbst- verdauung herrschen. — man vergleiche nur die von HANSTEEN und PURlEWITvSCH festgestellten Tatsachen^), nach denen sich die in der erwähnten Weise präparierten Gramineen-Endosperme, wenn sie auf Gipssäulchen kultiviert wurden, von selbst ganz ent- leeren konnten, und die Angabe von STOWARD (1. c. S. 841), nach welcher die Gerstenendosperme nur zu einem gewissen Grade be- fähigt sind, die Diastase zu produzieren — tauchte dem Referenten der Gedanke auf, ob nicht die Pi'zfäden, von der Aleuronschicht ausgehend, noch weiter nach unten in die Endospermzellen ein- dringen und ob d;es bei einzelnen Getreidesorten nicht in einem verschiedenen Grade geschieht, wodurch die erwähnten experimen- tellen Unterschiede wenigstens zum Teil erklärt werden dürften« Obzwar mir kein so umfangreiches Beobachtungsmaterial vorlag, um mich in eine Entscheidung dieser Frage einlassen zu können, bin ich doch imstande, einige Daten mitzuteilen, die auf andere Erscheinungen ein Licht zu werfen scheinen. Es wurde schon einmal in dieser Abhandlung Safurnus erwähnt, eine jener Kornsorten, deren Früchte mehr oder weniger blau gefärbt sind. Diese Erscheinung ist bei einigen Getreidearten sehr bekannt (vgl, z. B. TH. WaaGE^); beim Safurnus ist sie zum Teil durch die blaue Färbung der Aleuron- körner bedingt. Außerdem zeigt auch das Plasma der Aleuron- zellen, d. h. der Inhalt der Pilzfäden, einen Stich ins Bläuliche. Diese blaue Farbe ergreift aber auch einige peripherische Schichten des Endosperms. Somit ist es nicht unwahrscheinlich, daß auch 1) B. Hansteen, Über die Ursachen der Entleerung der Reservestoffe aus Samen. (Flora, 1894, 79. Bd, S. 419 seq.) K. PURIEWITSCH, Physiologische Untersuchungen über die Entleerung* der Reser vestoffbebälter. (PeikG&HEIMs Jahrbücher f. w. Botanik 1898, Bd. 31 S. 1 seq.) 2) Th. Waage, Blaues Getreide (Chemisches Centralblatt 1893, LXIV. Jhg. S. 611). über die Zusammensetzung der sogenannten AJeuronschicht. 381 diese Erscheinung durch das Vorhandensein des Pilzes in den oberen. Endospermzellen hervorgerufen wird. Nun wurde durch die Unter- suchung STOWARDs (1, c. pg. 1202) gezeigt, daß die enzymatische Tätigkeit der Aleuronschicht bai der Gerste durch Narkotika ge- hemmt werden kann, daß infolgedessen diese Schicht lebendig© Elemente enthalten muß. Dagegen üben diese Verbindungen auf die amylolytische — übrigens schwache — Tätigkeit des inneren Endosperms so gut wie gar keine Wirkung aus. Daraus muß ge- schlossen werden, daß in dem inneren, (d. h. der Aleuronschicht beraubten) Endosperm die enzymatischen Substanzen in einer anderen Form enthalten sind, als es in der Aleuronschicht der Fall ist. Auch GRÜSS (1. c. S. 34) charakterisiert das Endosperm der Gerste als ein totes Gewebe. Für unsere Auffassung der Aleuron- schicht ergibt sich daraus die Möglichkeit, daß in dem Endosperm der Pilz entweder abgestorben ist oder sich daselbst nur in einem degenerierten, jedenfalls stark veränderten Zustande befinden kann. Es wurden also von diesem Standpunkt aus die Endosperme untersucht. Bei Tritkum sativum hat GüILLTERMOXD (1. c. pag. 174) im Albumeu Proteinkörper gefunden, welche sich „exactement comme les grains de proteine de Taleuron" färben lassen. Der Referent hat nun sowohl bei der Gerste, als auch beim Weizen (Kotte) in demselben Organ vereinzelte Pilzfäden gesehen. Sein Wunsch, die Subaleuronschichtea (Kleberzellen) von diesen Getreidearten genauer zu untersuchen, war jedoch an dem Umstand gescheitert, daß sich die reifen Endosperme — nicht einmal bei dem benützten Sommerweizen — mittels der gewöhnlichen Paraffinmethoden nicht mit der erwünschten Verläßlichkeit studieren ließen. In der früh blühenden Grasart Sesleria coeridea fand jedoch der Verfasser ein günstiges Material für solche Untersuchungen. Und da war er imstande, zahlreiche Aleuronkörner in jungem Endosperm fest- zustellen. In vielen Fällen wurde nun konstatiert, daß diese Aleuron- körner an Hyphen saßen. Mit dem Wunsche, die anatomischen Grundlagen der Glasig- keit einiger Weizensorten zu erklären, studierte nun der Verfasser die Weizensorte Kubanhl. Die Körner von dieser eiweißreichen Abart lassen sich ziemlich gut in Paraffin schneiden. Und da war der Referent überrascht zu sehen, da'i ganze Pilzstränge die peripherischen Schichten des Endosperms durchziehen, Sie ver- zweigen sich in der gewöhnlichen Weise, ihr Inhalt besteht aus einer mit Hämatoxylin sich intensiv schwarz färbenden Substanz; an einigen Stellen waren an ihnen kleine Aleuronkörner zu sehen. 382 Jaroslav Pp:klo: Meistens wurden die Massen (es wurden ruhende, auf einige Tage ins Wasser gelegte Körner untersucht) stark verquollen gefunden, einige von ihnen tingierten sich zwar schwächer, doch war auch in diesem Zustande ihre Pilznatur noch erkennbar: auch wurden sogar an einigen von diesen degenerierten Fadenresten noch Aleuronkörner sichtbar. Es ist sehr wahrscheinlich. daB diese Schleininiassen einen gröBeron Teil des Klebergelulltes bei dieser Weizensorte bilden. Bis zu welchem Grade dies stattfindet, ob eventl. nicht der ganze Kleber von ihnen gebildet wird, wäre selbstverständlich nur mittels einer genauen chemischen resp. mikrochemischen Untersuchung möglich zu entscheiden. Wenn diese Prüfung einen jiositiven Erfolg haben sollte, so würde das heillen. daß auch der nahrhafteste Teil des Korns von dieser leider nur wenig ertragreichen und zu harten Getreideart auf dem symbiotischen Pilze beruhen dürfte, und falls sich dies auch für andere Getroidearten feststellen lielie. so würdi> daraus hervor- gehen, dal) auch die wertvollsten Eigenschaften des ^lehles. des Brotes usw. auf derselben oder wenigstens auf einer ähnlichen Grundlage beruhten. Zum Studium dieser wichtigen Frage hat der Heferent schon im vorigen Jahre umfangreiche Kulturen von verschiedenartig chemisch charakterisierten Getreide- arten angelegt, im laufenden Jahre dann außerdem von diesem Standpunkt aus Kreuzungen ausgeführt. Die oescliilderte Art der Pilzverbreitung setzt natürlich eine weitgehende Infektion der Getreidepflanze durch den Pilz vor- aus; sonst müßte man eventl. an seine Übertragung durch den Pollen denken. Die in dieser Richtung geführten Untei suchungen des Keferenten sind noch nicht abgeschlossen. Hier mag nur bemerkt werden, daß z. B. GurLLIERMOXD (l. c. p. 164. Fig. 3) Aleuron- körner knapp unter dem Vegetationspunkte des Stengels des Gersten- embrvos zeichnet. Es fragt sich nun. was für ein Pilz es sein könnte, der die geschilderten symbiotischen Beziehungen eingeht. Der Habitus der intracellular verlaufenden Fäden scheint auf eine Mucorinee hinzuweisen. Beim Nachdenken über die Sache kam also selbst- verständlich Mucor Rouxianus Wehmer -^ Annjhmyces Ronxii Cal- mette in erster lleihe in Betracht, eine Pilzart. deren Fähig- keit. Stärke zu verarbeiten, allgemein bekannt ist. Die weitere Aufgabe lautete nun näher zu untersuchen, ob diese Spezies auch dazu befähigt ist, „Aleuronkörner'* zu bilden. Und in der Tat ist es dem Referenten geglückt, Gebilde zu finden, welche sehr wahr- scheinlich identisch sind mit den Aleuronkörnern aus den Aleuron- über die Zusammensetzung der sogenannten x^leuronschicht. 383 schichten, sowie aus den Embryonen. 8ie kommen in etwa einen Monat alten Reiskulturen von Mucor JRouxü zum Vorschein, dagegen nicht z. B, in Medien mit 2 7o löslicher Stärke (es wurde Ammon- nitrat als Stickstoffquelle benutzt). Die die verkleisterten Stärke- raassen durchwühlenden Pilzfäden zeigen sich mehr oder weniger reichlich von runden Körnchen bedeckt, welche sich leicht mit L<")FFLERs Methylenblau färben lassen. Sie stellen Aussprossungen aus H}'phen dar, die in ihren ersten Stadien an die epinöse Kör- nelung der Konidienträger z. B, von Aspergillen oder Peni- cillien erinnern. Von diesen sowüe von den Kriställchen, welche an der Oberfläche verschiedener Pilze bekanntlich erscheinen, unter- scheiden sie sich jedoch schon dadurch, daß ihr Inhalt sehr oft durch Jodlüsungen blau gefärbt wird. (Am besten und bequemsten werden diese Körnchen dadurch sichtbar gemacht, daß man die gut ausgewaschenen, äußerst kleinen Fadenstücke zuerst mit 1 proz. Neutralrot, dann mit Jodjodkalinm färbt; sie werden dann tief bläulichbraun gefärbt.) Manchmal wird auch der Inhalt der Hyphen mit Jodlösungen blau, unter Umständen violett gefärbt. Vielleicht wird in diesen Fällen die Reisstärke erst durch die Fähigkeit der Pilzfäden gelöst, als solche aufgenommen und erst dann weiter ge- spalten. Ob sich auch die in den Getreidekörnern vorkommenden Aleuronkürner unter Umständen mit Jod blau färben lassen, hat der Referent bisher nicht näher untersucht. Außer der morpho- logischen zeigt sich nichtsdestoweniger die weitere Ähnlichkeit zwischen beiden Gebilden darin, daß sich die ,.Aleuron"körner von Ami/lomyces auch mit HEIDENSHAINs Hämatoxylin gut färben lassen. Man kann die Kleistermassen samt Pilzfäden z, B. mit Flemraing fixieren und nach dieser Methode tingieren: Die Ähn- lichkeit der Bilder kommt sehr deutlich zum Vorschein, nur sind die Körnchen von Mucor kleiner als diejenigen aus erwachsenen Aleuronschichten. Diese Tatsachen beweisen allerdings gar nicht, daß der sym- biotische Pilz der Getreidefrüchte eine Ämylomi/ccs-Art sein müßte. Bekanntlich kommt mehreren Schimmelpilzen die Fähigkeit zu, die Stärke zu verdauen. Bei Aspergillus Orysae, welcher Pilz auch auf „Aleuron"körner untersucht wurde, hat der Referent ähnliche Gebilde mit Sicherheit noch nicht festgestellt. Jedenfalls sprechen die an Ämyloniyccs gemachten Befunde entschieden dafür, daß die Aleuronkörner keineswegs Gebilde vorstellen, die für die Zellen der Getreidefrüchte und ähnliche Pflanzen spezifisch wären. Was für eine Bedeutung ihnen zukommt, muß allerdings vorläufig dahin- gestellt werden. Bemerkenswert sind die Angaben GUILLIERMONDs 384 Eduard Brick: (1. c. pg. 208), nach welchen „incontestables" Analogien zwischen, den mikrochemischen Eigenschaften der Globoide von Getreide- früchten und denjenigen des pilzlichen Volutins herrschen. An der Vertiefung und Erweiterung') des Problems wird weiter gearbeitet. Prag, pflanzenph\\siologisches Institut der böhmischen Uni- versität, Erklärung der Talel XVI im Text. 56. Eduard Brick: Die Anatomie der Knospenschuppen in ihrer Beziehung zur Anatomie der Laubbiätter"^). (Eingegangen am 80. Juli lill8.) Die Knospenschuppen sind, wie Herr Professor ARTHUR Meyer die Tatsache hypothesenfrei ausdrückt, „laubblattähnliche" Organe. Meine Aufgabe war, eine vergleichende Untersuchung der Anatomie der Knospenschuppen in ihrer Beziehung zur Anatomie der sich entwickelnden Laubblätter zu liefern unter Berücksichtigung der im hiesigen botanischen Institut gewonnenen neuen anatomischen Erfahrungen und der von GOEBEL (Beitr. zur Morph, u. Physiol. des Blattes. Botan. Ztg. 1880) zuerst exakt klargelegten morpho- logischen Verhältnisse der Knospenschuppen. Speziell über die Anatomie der Knospenschuppen liegen m der Literatur Arbeiten vor von: ARECHOUG (1871), MiKOSCH (1876), Adlerz (1881), GRÜSS (1885), CADURA (1886), SCHÜMANN (1889). Diese Autoren haben indes fast lediglich die äußersten am stärksten veränderten Schuppen der Knospen untersucht, ohne auf eine Vergleichung der einzelnen Schuppen einer Knospe untereinander, noch der Schuppen mit den Laubblättern einzugehen. In morphologischer Beziehung unterscheidet GOEBEL drei Kategorien von Knospenschuppen, je nachdem ob diese dem ganzen 1) Leguminosen, Ricinus ? 2) Kurze Mitteilung über eine unter der Leitung von Herrn Professor Arthur Meyer im Botan. Institut der Universität Marburg angefertigte Arbeit. Die Anatomie der Knospenschuppen in ihrer Beziehung- usw. 385 Laubblatte oder dem Blattgrund oder endlich den (getrennt ent- wickelten) Nebenblättern entsprechen. Wir wollen, indem wir im übrigen die Einteilung GOEBELs beibehalten, die zweite Kategorie in zwei Gruppen aufspalten und unterscheiden also — ähnlich haben dies auch frühere Autoren schon getan — folgende vier morphologische Gruppen von Knospenschuppen: 1. Die Knospenschuppen sind eotstanden aus der Anlage eines ganzen Blattes. . 2. Die Knospenschuppen sind entstanden aus der Anlage eines Blattgrundes. 3. Die Knospenschu})pen sind entstanden aus der Anlage eines Blattgrundes, der die Nebenblätter bereits zu dilferenzieren begann, ohne sie jedoch völlig auszugestalten. 4. Die Knospenschuppen sind eutstanden aus der Anlage der vom Blattgrunde völlig differenzierten Nebenblätter. Von diesen vier Gruppen wurden von mir nur die ersten drei einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Die Hauptergebnisse der vergleichend anatomischen Untersuchungen lassen sich kurz folgendermaßen zusammenfassen : Die Knospenschuppen sind „laubblattähnliche" Organe, nicht nur in bezug auf den Ort ihrer Entstehung, sondern auch in bezug auf ihre morphologische and anatomische Entwicklungs- geschichte und ihre definitive Ausgestaltung. Die älteste, äußerste Laubblattanlage der Winterknospe zeigt sich morphologisch und ana- tomisch fast vollkommen gleich gebaut, wie die auf sie nach außen zu folgende jüngste Knospenschuppe, so daß man also berechtigt wäre, diese innersten Knospenschuppen als einfache „Hemmungsbildungen des Laubblattes" zu bezeichnen. Untersuchen wir aber die weiter nach außen zu folgenden Knospenschuppen und vergleichen wir sie mit den ungefähr entsprechenden Ent- wicklungsstadien der Lauoblätter, so finden wir, daß diese Knospenschuppen nicht mehr reine Hemmungsbildungen genannt M^erden dürfen, da sich bei ihrer Entwicklung Vorgänge einstellen, welche von den Entwicklungsvorgängen der Laubblätter verschieden- artig sind; diese äußeren Knospenschuppen sind also wohl auch laub blattähnliche aber von den Laubblättern doch divergent entwickelte Organe. Der fast reine Hemmungscharakter der innersten Schuppen zeigt sich nicht allein in der gleichartigen quantitativen Ausbildung des Mesophylls und der Leitbündel, sondern auch in der bei allen Typen gefundenen mehr oder weniger weitgehend übereinstimmenden Ber. der denischen bot. Gesellsch. XXXI. 27 3gß Eduard BrickV qualitativen Ausgestaltung der Gewebe bei diesen Schuppen und bei den in der Knospe auf sie folgenden ersten Laubblättern; dies bezieht sich z. B. auf die gleichartige Form, Gi'öße und mikro- chemische Struktur der Epidermiszellen sowie der Mesophyllzellen, die Größe und Verteilung der Interzellularen usw. Die äußeren Knospenschuppen sind auf einem noch früheren Entwicklungs- stadium gehemmt als die inneren und haben nachher eine in quantitativer und" vorzüglich qualitativer Beziehung stärkere Andersentwicklung erfahren. Die Andersentwicklung der äußeren Knospenschuppen erfolgt nach verschiedenen Typen. Es hat sich bei der anatomischen Untersuchung weiter ergeben, daß sich innerhalb der von mir ausführlich untersuchten drei morphologischen Gruppen von Knospen- schuppen in qualitativer Beziehung ähnliche anatomische Typen finden. Die einzelnen Typen unterscheiden sich voneinander durch das Vorhandensein oder Fehlen von: Periderm (vgl. MYLIUS 1'J12, Diss. Marburg), Metakutis (MÜLLER 1906, Diss. Marburg), Metaderm (KRÖMER 1903, Rumpf 1904, BÄSECKE 1908, sämtl. Diss. Marburg), Schleimzellen, Parenchym, Kollenchym, Drüsenzotten. Sklerenchym. Manche dieser die Knospenschuppen charakterisierenden Merk- male sind in vielen Fällen ihnen nicht allein eigentümlich, sondern es sind Merkmale, die wir in mehr oder weniger stark ausgeprägtem Maße auch bei den Laubblättern vorfmden. Dies gilt in erster Linie von den Drüsonzotten, die zuweilen sogar in größerer Anzahl auf den jungen, in der Knospe eingeschlossenen Laubblättern, als auf den Knospenschuppen derselben Spezies vorhanden sein können {Syringa, Rheiim u. a.). Für die Knospenschuppen mancher Cratae(/nsa,rten ist außer einer starken Hypodermbildung an der L^nterseite die Ausbildung eines mehrschichtigen Schleimzellen- gewebes im Mesophyll charakteristisch. Die Schleimzellen besitzen einseitig angelagerte Schleimlamellen und mit diesen abwechselnde Zelluloselamellen und sind von diesem Typus hier also zum ersten Male auch im Innern des Pflanzenkörpers gefunden; derartige Schleimzellen treten auch bei den Laubblättern, allerdings auf die Epidermen beschränkt, auf. Bei den Polygoneen findet in gleicher Weise wie bei den Knospenschuppen, bei den nach der 'Vegetations- periode stehen bleibenden Laubblattgründen starke Metadermisierung des Gewebes statt. In noch weitgehenderem Maße stimmen natür- lich die kollenchymatischen und sklerenchymatischen, also die qualitativ nur wenig veränderten Knospenschuppen in anatomischer Beziehung mit denjenigen Teilen des Laubblattes, denen sie morphologisch entsprechen, überein. Die Anatomie der Knospenschuppen in ihrei" Beziehung usw. 387 Die Verteilung der mit Suberinlamellen versehenen Gewebe an Knospen ist gewühnlich derart, daß um das Knospeninnere eine einfache oder mehrfache geschlossene Hülle verkorkter Zellen ge- bildet wird; ein besonders günstiger Abschluß kommt dann zustande, wenn der Randsaum der Knospenschuppen metakutisiert {Sijringa, Liquidamhar) oder metadermisiert {Evonymus) ist und infolge der doppelten Krümmung der Schuppen fest gegen die nach innen zu folgenden Blätter gepreßt wird. Die an den Knospenschuppen ziemlich häufig vorkommende „tote Metakutis" bildet ein phy- siologisches Zwischenglied zwischen Kork und Metakutis. Häufig findet in der Nähe eines Periderms Metakutisierung des angren- zenden Gewebes statt, andererseits auch vor der Metakutisierung Kammerung der betreffenden Zellen durch parallele Scheidewände. Die flächenförmige Ausbildung mancher Knospenschuppen hat zuweilen eine den Laubblättern gegenüber andersartige und kom- pliziertere Ausbildung des Leitbündelverlaufs zur Folge {Vihurnum, Fraxinus, Aesculus). Bezüglich der quantitativen Ausbildung der Knospenschuppen und Laubblätter hatten wir schon oben erwähnt, daß diese eine bei beiden Organen um so übereinstimmendere ist, je näher sie an der Knospenachse zusammenstehen; die vorzüglich für die ältesten Schuppen und die Laubblätter gekennzeichnete Divergenz wird durch die Weiterentwicklung der Laubblätter noch verstärkt. Die Leitbündel sind in ihrem anatomischen Aufbau in den Knospenschuppen aller untersuchten Spezies den Laubblättern ge- genüber stark reduziert. Bei den weiter nach außen zu an der Knospe stehenden Schuppen sind die Leitbündel nicht nur in allen Fällen bezüglich ihrer Verzweigung, sondern in den meisten Fällen auch in ihrem anatomischen Aufbau stärker reduziert als -bei den inneren Schuppen. Nur Viburnum denfatum macht hiervon eine Ausnahme. Bei dieser Spezies sind die Tracheen in den äußersten fleischigen Schuppen in bedeutend größerer Anzahl entwickelt als bei den inneren Schuppen. Die Reduktion der Leitbündel betrifft den Siebteil gewöhnlich in noch stärkerem Maße als den Tracheen- teil; nur bei AescuIussiYten sind in den Knospenschuppen zahlreiche weitlumige Siebröhren vorhanden. ■ ,, , In Übereinstimmung mit zahlreichen Autoren konnte ich die Tatsache feststellen, daß den Nebenblättern eine wichtige Rolle für den Schutz der Knospe zukommt. Ich fand in allen Fällen, in denen die Laubblätter Nebenblätter besitzen, die Nebenblätter an dem Aufbau der J^nospenschuppen der betreffenden Spezies be- teiligt, indem sie entweder aliein oder mit dem Blattgrunde ver- 27 1* 388 -^- Ursprung: eint die Knospensohuppen bildeten, auch dann, wenn die an den Laubblättern ausgebildeten Nebenblätter nur von vorübergehender Dauer sind. Als Abschnitte des ausgewachsenen Laubblattes schützen die Nebenblätter auch häufig die in der Achsel des Laubblattes stehende Knospe. Dieser Schutz für die Knospe als Ganzes kann bekanntermaßen auch von anderen Abschnitten des Laubblattes ge- leistet werden, vorzüglich vom Blattgrunde während der Vegetations- periode oder noch darüber hinaus — wir sprechen in den Fällen nach Wiesner von Artikularschuppen — und schließlich auch von der Achse, indem der Vegetationspunkt in sie hinein versenkt wird. Letztere Knospen wollen wir als „intraachsiale" Knospen bezeichnen, im Gegensatz zu den in Höhlungen des Blattgrundes verborgenen, seit BENJAMIN als „intrapetiolar" bezeichneten Knospen. In anatomisch-qualitativer Beziehung finden wir bei diesen Schutz- einrichtungen für die Knospe als Ganzes ähnliche Ausgestaltungen, wie sie für die Knospenschuppen charakteristisch sind (Drüsen- zotten, Haarbildungen), speziell z. B. bei Artikularschuppen, Meta- dermisierung (Polygonen) und Metakutisiernng (Smilax) des Ge- webes. Marburg, Botanisches Institut der Universität, 10. Mai 1913. 57. A. Ursprung: Zur Demonstration der Flüssigkeits- Kohäsion. (Mit 1 Textfigur.) (Eingegangen am 11. September 1913.) Bei verschiedenen Gelegenheiten ergibt sich in der Pflanzen- physiologie die Notwendigkeit, von der Kohäsion der Flüssigkeiten zu sprechen; sei es, daß die Kohäsion nach dem jetzigen Stande unserer Kenntnis wirklich eine wichtige Rolle spielt, sei es, daß ihr von mehreren Autoren eine ausschlaggebende Bedeutung zuge- schrieben wird. Da das Vorhandensein einer bedeutenden Kohäsion in Flüssig- keiten durchaus nicht selbstverständlich ist, und in den elemen- taren physikalischen Lehrbüchern und Anfängervorlesungen meines Zur Demonstration der Flüssigkeits-Kohäsion. 3y9 Wissens nicht genügend berücksichtigt wird, so dürfte in der Vor- lesung über Pflanzenph^'siologie auch heute noch ein überzeugen- des Experiment wohl am Platze sein Die übliche Versuchsanordnung nach ASKENASY, die auch DETMER etwas abgeändert in sein „Praktikum" aufgenommen hat, besitzt verschiedene Nachteile „Viele angefangene Versuche sind mir freilich auch mißglückt" sagt ASKENASy, und die gleiche Er- fahrung werden andere ebenfalls gemacht haben. Soll jedoch das Experiment nicht nur eine Vorstellung von der Methode geben, sondern wirklich die Kohäsion demonstrieren, so muß das Queck- silber natürlich über Barometerhöhe steigen. Zweitens nimmt der Versuch viele Stunden ev. sogar mehrere Tage in Anspruch, so daß nur selten das Überschreiten des Barometerstandes mit der Zeit der Vorlesung zusammenfallen wird. Drittens sah ASKENASY auch im günstigsten Falle das Quecksilber nur 14 cm über das Barometerniveau steigen, ein Wert, der doch sehr bescheiden ist. Bis zu 87,7 cm über den Stand des Barometers gelangte HULETT^) als er den Trichter statt mit Gips mit einer Porzellan- platte verschloß, in die eine Scheidewand aus Ferrocyankupfer eingelagert war. Zur Demonstration der Kohäsion hat diese Me- thode, soweit mir bekannt ist, keinen Eingang gefunden, woran wohl die Herstellung des Apparates die Schuld tragen wird. Ein einfacherer Weg war schon 1846 von DONNY und nach ihm von HELMHOLTZ, LEHMANN, REYNOLDS und zuletzt von LEDUC und SaüERDOTE'^) eingeschlagen worden; doch haben wir es hier mit ruhenden Flüssigkeiten zu tun, während gerade für das Problem des Saftsteigens das Ver- halten sich bewegender Flüssigkeitssäulen bekannt sein sollte. Nur auf ruhende Flüssigkeiten ist auch die von BERTHELOT ange- gebene, von DiXON und JOLY benutzte und von JULIUS MEYER») neuerdings verbesserte Methode anwendbar. Das gleiche gilt für die Experimente WORTHINGTONs und für die Versuche, die OSBORNE ßEYNOLDS mit dem Zentrifugalapparat ausführte. STEIN- 1) HULETT, Beziehung zwischen negativem Druck und osmotischem Druck. Zeitschr. f. physik. Chem., Bd 42, S. 353: 1903. Er schreibt S. 360: „Die erlangte Maximalhöhe betrug Uli mm (Quecksilber) bei einer Barometer- höhe von 7-14, was einen negativen Druck von 377 mm bedeutet." Die Diffe- renz des angeführten Quecksilberniveaus beträgt nicht 377 sondern 367 mm. 2) LedüC et Sacerdote, Sur la co'.iesion des liquides. Oompt. rend. Paris, T. 134, p. 589; 1902. 3) Julius Meyer, Zur Kenntnis des negativen Druckes in Flüssig- keiten. Abh. d. deutsch. BUNSEN-Ges. Nr. 6; 1911. 390 A. Ursprung: BRINCKs*) Überheber erlaubt zwar das Studium bewegter Wasser- säulen, ist aber für unsern Zweck zu kompliziert. Am leichtesten schien mir zum Ziele zu führen eine Modifi- kation des ASKENASY-HULETTschen Verfahrenö, das zudem noch am ehesten mit den Verhältnissen in der Pflanze sich ver- gleichen läßt. Nach zahlreichen Vorversuchen behielt ich zuletzt die im folgenden beschriebene Anordnung bei, die sich in Dutzenden von Experimenten als brauchbar erwiesen hat. k \\: J Fig. 1. V s 3 r Als poröses Material dienen die bekannten Filterkerzen nach KlTASATO. Das Ende der Kerze k wird mittelst eines 5 — 6 cm langen, dickwandigen Kautschukschlauches s mit einem dickwandigen l'/a Meter langen Kapillarrohr r aus Glas verbunden, das an beiden 1) STEINBRINCK, Unters, über die Kohäsion strömender Flüssigkeiten. Jahrb. f. wiss. Bot, Bd. 42, S. 679; 1906. Zur Demonstration der FIüssigkeits-Kohäsion. 391 Enden offen und rnndgeschmolzen ist^). Zur Erzielung eines dichten Yersclilusses empfiehlt sich das Anbringen von Ligaturen aus Bind- faden. Daß Hohr, Schlauch undKerze vorher gereinigt werden müssen, wobei speziell aus Schlauch und Kerze schon zur Vermeidung von Verstopfungen alle festen P.artikelchen zu entfernen sind, versteht sich von selbst. Den Schlauch wird man am besten unter fließen- dem Wasser mit einer feinen Bürste ausreiben, das gleiche empfiehlt sich für die Kerze, die dann noch, die Öffnung nach unten, mit einem kräftigen Wasserstrahle auszuspülen ist. Auch den zur Her- stellung des Quecksilberverschlusses dienenden Gummistopfen g kann man gleich jetzt in seine Lage bringen. Die einzige Schwierigkeit besteht darin, die Kerze vollständig mit luftfreiem Wasser zu füllen. Unter den verschiedenen Ver- fahren, die ich ausprobierte, lieferte mir das folgende die besten Resultate. Das kerzentragende Ende des Apparates wird in ein Gefäß mit siedendem Alkohol gestellt, ans dem durch längeres Kochen alle Luft entfernt ist"). Das freie Ende des Kapillarrohres verbindet man mit Hilfe eines dickwandigen Schlauches mit der Wasserstrahlpumpe, Das Durchsaugen von siedendem Alkohol muß mindestens so lange geschehen bis keine Luft mehr mit* gerissen wird. Je länger man diese Operation fortsetzt, um so besser pflegt der Versuch unter sonst gleichen Umständen zu ge- lingen. Hierauf wird die Pumpe abgestellt und das kerzentragende Ende möglichst rasch in ein zweites Gefäß übertragen, das sieden- des destilliertes Wasser enthält, welches seit einigen Stunden. kocht^). Man setzt nun die Pumpe wieder in Tätigkeit und saugt so lange kochendes Wasser durch, bis aller Alkohol aus dem Apparat entfernt ist. Zum Schlüsse kühlt man durch Einstellen des Gefäßes in kaltes Wasser möglichst rasch ab, um das Ein- dringen von gelöster Luft zu verhindern, ferner überzeugt man 1) Sollten Schlauch und Glasrohr nicht zusammenpassen, so ist durch Ausweiten des Rohrendes oder Anblasen eines entsprechenden Verbindungs- stückes leicht abzuhelfen, doch läßt sich dies bei richtiger Auswahl der Schlauch- dimensionen umgehen. 2) Ich verwende ein zylindrisches Blechgefäß von 6 dem Höhe und 1 dem Weite, das oben einen engeren Hals hat, der mit einem doppelt durch- bohrten Stopfen verschlossen wird. Durch die eine Bohrung geht das Kapillar- rohr, die andere weitere Bohrung trägt einen Rückflußkühler Das Erhitzen erfolgt auf dem Wasserbade. 3) Um jede Berührung mit Luft zu vermeiden, bewerkstelligte ich an- fänglich das Übertragen der Kerze in einem mit siedendem Alkohol gefüllten Reagenzglas; doch ist diese Vorsichtsmaßregel nicht nötig, wenn das Über- tragen rasch und nach Abstellen der Pumpe erfolgt. 392 A. Ursprung: sich durch anhaltendes, energisches Klopfen des Kapillarrohres mit einem metallenen Gegenstand, daß auch bei voller Tätigkeit der Pumpe keine Luftblasen mehr mitgerissen werden'). Zunächst wird jetzt der Schlauch in der Nähe des Röhrendes mit einem Quetschhahn verschlossen, wobei darauf zu achten ist, daß das betreffende Schlauchstück nur luftfreies Wasser führt-). Dann nimmt man den Apparat aus dem Wasser, überdeckt die Kerze zur Vermeidung von Verdunstung mit einem leeren Reagenz- glas und taucht das Rohrende mit dem Schlauchverschliiß in Queck- silber. Nachdem das Rohr v aufgesetzt und mit Quecksilber ge- füllt ist, wird der Apparat in senkrechter Stellung, die Kerzenach oben, an einem Stativ befestigt. Nun wird der Schlauehverschluß unter Quecksilber abgestreift und das Reagenzglas entfernt, worauf das Quecksilbei' im Kapillarrohr alsbald zu steigen beginnt. Ein neben dem Rohr aufgestellter Maßstab erlaubt, die Steighöhe abzu-" lesen. Gewöhnlich hat sich in v über dem Quecksilber etwas Wasser angesammelt, das vor Abheben des Reagenzglases mit Piltrierpapier zu entfernen ist. Bevor ich die Resultate anführe, sollen noch kurz einige Details der Versuchsanordnung begründet werden. Was zunächst •die völlige Durchtränkung der Kerze mit luftfreiem Wasser be- trifft, so gibt es hierzu verschiedene Wege. Das Auskochen der Kerze bei gewöhnlichem Luftdruck führt nicht zum Ziel; auch das Auskochen im verdünnten Räume hat nicht den gewünschten Erfolg. Dagegen ist ein brauchbares Resultat dadurch zu erhalten, daß man die Kerze in kochendes destilliertes Wasser tauchen und gleichzeitig die Wasserstrahlpumpe am freien Rohrende saugen läßt, wobei ein Strom luftfreien Wassers durch die Poren geführt wird. Nach einer derartigen Zubereitung der Kerze sah ich zwar das Quecksilber im Steigrohr einmal bis über 150 cm sich erheben; trotzdem kann ich diesen Weg nicht empfehlen, da oft nach tage- langem Kochen und Saugen die Kerzenwand noch Luft enthält. Dieses hartnäckige Festhalten der Luft beruht offenbar auf dem Vorhandensein schwer verschiebbarer JAMINscher Ketten, deren Bildung bei der erwähnten Versuchsanordnung nicht zu vermeiden ist. Sollen keine jAMINschen Ketten entstehen, so müßte die trockene Kerze vollständig von Luft befreit und darauf mit luft- 1) Diese Prüfung auf den Luftgehalt des Apparates habe ich anfänglich auch vor dem Übertragen in Wasser vorgenommen, später aber unterlassen, da nach genügend langem Kochen in Alkohol die Luft stets ausreichend ent- fernt war. 2) Durch Einschalten eines Glasrohres läßt sich das leicht feststellen. Zur Demonstration der Flüssiykeits-Kohäsion. 393 freiem Wasser gefüllt werden, was keine besonders einfache Ope- ration ist und mit den Hilfsmitteln kleiner botanischer Institute in der Regel sich nicht erreichen läßt. Um ohne Quecksilber- pumpe zum Ziele zu kommen, habe ich daher nach einer Plüssio-- keit gesucht, die mit Wasser gut mischbar ist und eine relativ leichte Verschiebung der JAMINschen Ketten erlaubt. Eine leichte Verschiebbarkeit der JAMINschen Ketten glaubte ich bei einer Flüssigkeit erwarten zu dürfen, die geringe Kapillaritätskonstanten und geringe Viskosität besitzt und der nach der Anschauung Plateaus eine geringe „Oberflächenzähigkeit" zukommt. Für Steighöhe und Oberflächenspannung sind diese Bedingungen beim Alkohol erfüllt, wie aus der nachstehenden Zusammenstelluno- her- vorgeht, welche abgerundete Mittelwerte für Zimmertemperatur enthält. Wasser Äthvlalkol 101 Steighöhe in Kapillaren von 1 mm Radius Oberflächenspannung ...... Viskosität . . ... 14.9 73,3 0,010 5,8 22,5 0,012 Bei den im Versuch auftretenden höheren Temperaturen bleibt das gegenseitige Verhalten von Wasser und Alkohol an- nähernd dasselbe. Die Unterschiede in der Viskosität sind gering, dagegen gehört Alkohol wieder zu jenen Flüssigkeiten die nach Plateau eine verminderte „Oberflächenviskosität" besitzen, wäh- rend dem Wasser nach demselben Autor eine erhöhte „Oberflächen- viskosität" zukommt. Zu untersuchen, welchem Faktor die Haupt- rolle zufällt, ob und wie diese fragliche „Oberflächenviskosität" eingreift, ist eine physikalische Aufgabe, die ich nicht verfolgt habe; für mich genügte es, eine Flüssigkeit gefunden zu haben, die mit Wasser mischbar ist und das Austreiben der Luft aus den Kerzenporen ermöglicht. Die relativ leichte Verschiebbarkeit von Luft-Alkohol-Ketten in Glaskapillaren hat übrigens schon 1883 ZdlAIERMaNNI) nachgewiesen; die größte Anzahl von Luftblasen bei der noch eine Verschiebung beobachtet wurde, betrug für Luft- Wasser-Ketten 9, für Luft- Alkohol-Ketten 13 L Der Quecksilberverschluß an der Verbindungsstelle von Kerze und Glasrohr soll einen Eintritt von Luft zwischen Schlauch und Kerze oder Rohr sowie eine ev. Diffusion von Gas durch die 1) Zimmermann, Über d^e JAMiNsche Kette. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1883, S. 384. 394 A. URSPRUNG: SchlaiTchvvand verhindern. Nun ist ja allerdings ein gutes Resultat auch ohne diese Vorsichtsmaßregel nicht ausgeschlossen^), doch gewährt erfahrungsgemäß die Verbindung ohne Quecksilber Verschluß nicht stets die erforderliche Sicherheit. Die Geschwindigkeit des Quecksilberaufstieges im Kapillar- rohr läßt sich durch Veränderung der Rohrweite und der Ver- dunstung an der Kerzenoberfläche in bedeutenden Grenzen ■variieren. Ich verwendete gewöhnlich Kapillaren von ca. 7^ mm innerem Durchmesser; noch engere Röhren sind im allgemeinen, wegen der Verstopfungsgefahr weniger zweckmäßig. Die Ver- dunstung beschleunigte ich mit Hilfe eines kleinen elektrisch be- triebenen Ventilators. Aul diese Weise konnte das Quecksilber in 10 Minuten leicht über 1 Meter gehoben werden, was für unseren Zweck durchaus genügt. Zur Illustration seien aus den zahlreichen Versuchen einige Beispiele angeführt. Unter „Korrektion" ist die Summe aus der Kapillardepression des Quecksilbers im Steigrohr und der über dem Quecksilberraeniskns befindlichen Wassersäule verstanden; beide Größen sind in Zentimeter-Quecksilber ausgedrückt und müsseu zu der direkt abgelesenen Steighöhe addiert werden, wodurch man die „Gesamtsteighöhe" erhält. Versuch a b c2) d2) über über 114,0 125,6 160 151 6,2 5.0 120,2 130,6 71,7 71,8 70,1 70,2 4S..> 58,8 über 79,9 über 80,8 Hebung des Quecksilbers im Steigrohr (in cm) Korrektion (in cm Hg) Gesamtsteighöhe (in cm) Barometerstand (in cm) Hebung über das Barometerniveau (in cm) Vergleichen wir diese Zahlen mit den maximalen von ASKE- NASY und HULETT erreichten Werten (U cm und 37,7 cm), so leuchtet die Brauchbarkeit der Methode ein. Fehlversuche hatte ich bei Befolgung der angeführten Regeln nicht zu verzeichnen; Fudern wird man Ja stets vor dem Demonstrationsexperiment einen Vorversuch machen, durch den man die Zuverlässigkeit des Appa- rates prüft. Um zu zeigen, wie rasch das Steigen erfolgt, sei ein Versuch angeführt, bei dem die Erhebung des Quecksilbers in 10 Minuten 1) Ich erhielt auf diese Weise Steighöhen von über 145 cm. 2) In c und d war das Quecksilber bis in den Verschluß oder die Kerze gestiegen, so daß der Meniskus nicht mehr abgelesen werden konnte. Zur Demonstration der Flüssigkeits-Kohäsion. 395 126 cm betrug. Geschwindigkeiten, wie sie nach SACHS in der intakten Pflanze vorkommen sollen, sind daher durch Modifikation der Verdunstungsgröße und Steigrohrweite leicht zu erhalten. Einige wenige nebenbei angestellte Versuche machten es wahr- scheinlich, daß die Steiggeschwindigkeit des Quecksilbers mit zu- nehmender Steighöhe etwas abnimmt, was mit theoretischen und experimentellen Angaben HULETTs übereinstimmen würde ; aller- dings war die Abnahme nur gering (bei maximaler Steighöhe von ^23 cm Hg) und die Erhebung der Quecksilbersäule pro ^/^ Minute zeigte bedeutende Unregelmäßigkeiten, die übrigens auch in der Tabelle HULETTS vorkommen. Für die Bedeutung von Erschütterungen haben einige Ver- suche Interesse, bei denen das Steigrohr in regelmäßigen Inter- vallen angeschlagen wurde. Der Riß trat in der Wassersäule auf, einige Zentimeter über dem Quecksilbermeniskus. Steighöhe des Quecksilbers ohne Erschütterung 125,6 cm „ „ „ mit „ 69,0 „ „ „ „ ohne „ 141,0 „ mit „ 69,0 ,, Daß die Gefahr des Reißens bei Erschütterungen wächst, haben schon früher mit andern Methoden HELMHOLTZ, LEHMANN, Berthelot, Leduü und Saüerdote, Steinbrinck und zuletzt Julius Meyer gezeigt. Von besonderer Wichtigkeit ist der Einfluß des Luftgehaltes auf die Kohäsion des Wassers. Um diesen Einfluß kennen zu lernen, wurde der mit lüftfreiem Wasser durchtränkte Apparat nicht aus dem Kochgefäß gehoben, sondern am Rohrende mit einer Flasche verbunden, die gestandenes destilliertes Wasser enthielt i). Das gestandene Wasser, das zwar vollkommen blasenfrei war, aber gelöste Luft enthielt, ließ man so lange durch den Apparat fil- trieren, bis es das luftfreie Wasser vollständig verdrängt hatte. Um direkt vergleichbare Zahlen zu erhalten, füllte ich ab- wechselnd, nach genau gleicher Vorbehandlung, den Apparat das eine Mal miF gestandenem, das andere Mal mit ausgekochtem luft- freiem Wasser. 1) Um die Verbindung zwischen Flasche und Kapillarrohr völlig luftfrei zu erhalten, wurde ein T-Stiick aus Glas eingeschaltet, dessen Enden Schlauch ausätze trugen, welche mit Qaetschhähnei verschlossen werden konnten. Durch längeres Saugen an dem einen Schenkel des T-Stückes liel3 sich bei entsprechender Hahnstellung alle Luft entfernen. Das benutzte Wasser war vor 3 — 4 Tagen destilliert worden und stand seitdem in einer mit einem Korkstopfen lose verschlossenen Flasche. 396 ^- URSPRUNG: Steighöhe des Quecksilbers für ausgekochtes Wasser 141,0 cm „ „ „ gestandenes „ 58,4 „ „ „ ausgekochtes „ 142,0 „ „ gestandenes „ 58,8 „ Der Barometerstand schwankte während dieser Versuche zwischen 69,6 und 70,3 cm. Die große Bedeutung gelöster Luft für die Kohäsion bewegter Wassersäulen ist durch diese llesultate deutlich illustriert. Daß in den Fällen, wo nur geringes Steigen erfolgte, nicht etwa Luftblasen von außen durch die Kerze gedrungen waren, be- weist das hohe Steigen im gleichen Apparat bei Verwendung von ausgekochtem Wasser. Für die Undurchlässigkeit der Kerze für Luft in Blasenform spricht auch der Umstand, daß nach dem Beißen des Wasserfadens das Quecksilber nur wenig unter den Barometerstand sinkt, um längere Zeit stationär zu bleiben. Daß die Kohäsion in ruhendem, lufthaltigem Wasser geringer ist als in ruhendem, luftfreiem Wasser, hat schon DONNY^) (1846) angegeben. Nach HELMHOLTZ-) hält Wasser, auch wenn es nicht „absolut luftfrei" ist, einen Zug von etwa 1 Atmosphäre aus. Allerdings war der Luftgehalt in dem betr. Experiment, wie aus der Beschreibung von HELMHOLTZ hervorgeht, äußerst gering. Autoren wie LEHMANN=^), LEDUC und SAOERDOTE heben aus- drücklich hervor, daß ihre Versuche mit luftfreiem Wasser aus- geführt wurden. STEINERINCK, der mit strömenden Wassersäulen experimen- tierte, gibt an, daß die Betriebsfähigkeit der langen Heber „von einem sehr hohen Grade ihrer Entlüftung" abhängt. ASKENASY^) beschreibt einen Versuch mit lufthaltigem Wasser (das Wasser war vorher ausgekocht worden, blieb dann aber einen Tag lang in einer offenen, nur mit Fließpapier ver- ■ deckten Kochflasche stehen), in welchem das Quecksilber 5,8 cm über den Barometerstand sich erhob. Bei einem 'anderen Experi- ment, das die maximale Steighöhe von 14 cm über das Barometer- niveau ergab, war das benutzte Wasser „vor dem Versuch einige- mal aufgekocht worden". HULETT, der nach ähnlicher Methode arbeitete, verwendete „luftfreies" Wasser. BÖHM vreist bei ana- 1) DONNY, Ann. Uhim. Phys. 1«, 1846 p. 167. 2) HELMHOLTZ, Wissenschaftl. Abh. Bd. III, S. 264. 3) Lehmann, Molekularphysik I, S. 244. 4) ASKENASY, Verh. d. naturhist.-med. Ver. zu Heidelberg 1896 S. 3 Zur Demonstration der Flüssigkeits-Kohäsion. 397 logen Versuchen darauf hin, daß nur mit „möglichst luftfreiem" Wasser operiert werden dürfe. In „Capillarität und Saftsteigen" verwendete er Wasser, das „seit mindestens 10 Stunden" gekocht hatte. Dagegen wollen BERTHELOT i) und nach ihm DiXON und JOLY in lufthaltigem Wasser eine hohe Kohäsion gefunden haben. Berthelot 'spricht von 50 Atmosphären, macht jedoch keine An- gaben über die Grröße des Luftgehaltes. DiXON und JOLY fanden mit der gleichen Methode „that the presence of dissolved air did not interfere with the attainraent of high tensions". „Air-free water gave no better results, nor (whether from chance or not) gave results quite so good"^). Die Kohäsion von mit Luft beinahe gesättigtem Wasser geben sie auf 7 Atmosphären an; später spricht DiXON'') sogar von 1.50 Atmosphären für Wasser, das mit Luft ge- sättigt ist. Die neuesten und exaktesten, auf dem gleichen Prinzip basierenden Versuche stammen von JULIUS MEYER, welcher die BERTHELOTsche Methode „nicht einmal zur Schätzung der Zug- werte geeignet" hält. „Die BERTHELOTsche Methode, aus der Größe der nach dem Zerreißen der Flüssigkeit auftretenden Blase einen Schluß auf die Größe des negativen Druckes zu machen, leidet an dem großen Fehler, daß die nicht unbeträchtliche Vo- lumenänderung des Glasgefäßes selbst nicht berücksichtigt wird und daß sie den experimentell nicht bestimmten Dilatations- koeffizienten ohne weiteren Beleg gleich dem Kompressions- koeffizienten setzt, ein Verfahren, das durchaus nicht immer berechtigt ist"*). Brauchbare Werte erhielt MEYER mit Apparaten, die er Flüssigkeitstonometer nannte und die in zahlreichen Vor- versuchen auf ihre Empfindlichkeit geprüft worden waren. Auf die große Bedeutung de^ Luftgehaltes weist MEYER an ver- schiedenen Stellen ausdrücklich hin. Er bemerkt, daß bei der Her- stellung des Tonometers Glasröhren unbedingt vermieden werden mußten, welche Luftröhreben oder Luftfäden besitzen, die mit dem Innern in Verbindung stehen. Um die Zufälligkeiten, welche 1) Berthelot, Ann. Chim. Phjs. 30. 1850 p. 232. 2) DlXON and JOLY, Oq the ascent of sap. Phil. Trans. Roy. Soc. London Vol. 186 (1895) B. p. 568. 3) Vgl. DlXON, Transpiration and the ascent of sap. Progr. rei bot. Bd. 3, 1909, p. 39; sowie Notes from the Botanical School of Trinity College, Dublin. 1909 p. 38. In der Formel, nach welclier DlXON diese Werte be- rechnete, sind auch die Koeffizienten für die Veränderung des Glases enthalten. 4) Einen weiteren hier in Beti-acht fallenden Punkt hoffe ich später bei einer anderen Gelegenheit besprechen zu können. 398 A.. URSPRUNG: das spontane Zerreißen der Flüssigkeit in den geeichten Tono- metern bedingen, möglichst auszuschalten und den so erreichten negativen Druck möglichst zu steigern, mußte folgendes Verfahren eingehalten werden. „Die untersuchten Flüssigkeiten werden sehr sorgfältig filtriert und 2 Stunden am Bückflußkühler ausgekocht. Besonders bei organischen Flüssigkeiten ist ein längeres Auskochen unumgänglich, weil diese die gelöste Luft sehr hartnäckig fest- halten^). Das Abschmelzen des gefüllten Tonometers erfolgte stets so, daß ein möglichst kleines Luftbläschen eingeschlossen war." Und an anderer Stelle schreibt er: „Je kleiner das eintretende Luftbläschen ist, .... desto größer sind die zu erreichenden nega- tiven Drucke, wie sich im besondern beim Wasser ergeben wird." Aus den mitgeteilten Angaben scheint mir jedenfalls so viel mit ausreichender Zuverlässigkeit hervorzugehen, daß die Kohäsion ruhenden und bewegten Wassers mit zunehmendem Gehalt an ge- löster Luft abnimmt. Für eine eventuelle Beteiligung der Kohäsion beim Wasser- transport Avird somit der Luftgehalt des Saftes wesentlich in Be- tracht fallen und ich hielt es daher für wünschenswert, mit meinem Apparat die Kohäsion des Blutungssaftes zu ermitteln. Ich ver- fuhr hierbei auf folgende Weise. Ein Stahlrohr mit seitlichen Bohrungen und massiver Spitze wurde in die Basis eines Stammes von Cafpinus Betiilus getrieben und der austretende Blutungssaft mittelst Gummischlauches in eine Flasche geleitet. Die Flasche war mit einem doppelt durchbohrten Stopfen verschlossen, der ein langes, bis auf den Boden reichendes, und ein kurzes, mit dem unteren Stopfenende abschließendes Glasrohr trug; das lange Rohr diente zum Einleiten des Saftes, das kurzfe zum Entweichen der Luft. Das Einleiten erfolgte so lange bis etwa 7- Flasche übergelaufen war, bis also bei Blutungssaft und Flascheninhalt der gleiche Luft- gehalt angenommen werden konnte. Hierauf wurden die Röhr- enden luftdicht verschlossen. Das Füllen des mit luftfreiem Wasser durchtränkten Kerzenapparates mit Blutungssaft geschah in ähnlicher Weise wie das früher beschriebene Füllen mit gestandenem Wasser. Die Flasche wurde in umgekehrter Stellung über dem Apparat befestigt und ihr kurzes E.ohr unter Einschalten eines T-Stückes mit dem kapillaren Steigrohr verbunden. Zur Zurück- haltung ev. ünreinigkeiten fügte ich einen luftfreien Wattebausch in die Leitung ein. Nachdem die Verbindung zwischen Steigrohr und Saftflasche mit luftfreiem Wasser gefüllt war, öffnete ich das 1) J. Meyer, Zeitschr. physik. Chem. Bd. 72, S. 225 (1910). Zur Demonstration 'der Flüssigkeits-Koliäsion. 399 auf den Boden der Saftflasche reichende Eohr und ließ Blutungs- saft durch den Apparat filtrieren. Da der Apparat nur ein ge- ringes Flüssigkeitsvolumen faßt und die Flasche ca. 20 cm hoch ist, so kann der Luftgehalt der ersten Füllung dem des normalen Blutungssaftes annähernd gleich gesetzt werden; später nimmt dann allerdings der Luftgehalt zu, besonders wenn die Flasche, wie in unserem Falle, nicht erschütterungsfrei aufgestellt ist. Zur Kon- trolle füllte ich den in gleicher Weise vorbereiteten Apparat nach derselben Methode mit ausgekochtem, luftfreiem Wasser. Steighöhe des Quecksilbers für ausgekochtes Wasser „ „ „ „ Blutungssaft (I. Füllung) „ „ „ „ ausgekochtes (wie stark?) Wasser „ „ „ „ Blutungssaft (IV. Füllung) „ „ ,, „ ausgekochtes Wasser „ „ ,, ,, Blutungssaft (V. Füllung) ,, „ ,, ,, ausgekochtes Wasser „ ,, „ „ Blutungssaft (VL Füllung) Der Barometerstand schwankte während dieser zwischen 69,8 und 71,0 cm^). Es ist wohl kaum nötig, hinzuzufügen, daß die angeführten Zahlen nicht den Wert pln^sikalischer Konstanten beanspruchen 126,0 cm 62,0 ?) 92,0 '» 58,0 >? 144,0 '> 56,0 )) 113,0 )> 59,0 15 Versuche 1) Es soll nicht unerwähnt bleil)en, daß bei Füllung II und I[I das Quecksilber auf 73,0 (Barom. 70,0) und 88,0 (Barem, 69,9) cm stieg, doch hatte ich in diesen Fällen unterlassen, die Menge des filtrierten Saftes zu messen und da die Filtration nur ganz kurze Zeit dauerte, so war offenbar die Kerze noch mit Wasser gefüllt, das keine Luft oder nur Spuren g,us dem Blutungs- saft hineindiffundierter Luft enthielt. In einer anderen Versuchsreihe, in welcher ich den Blutungssaft nicht durcli das freie Ende des Steigrohres sondern durch die Kerze in den Appa- rat filtrieren ließ, stieg das Quecksilber bis auf 120,0 cm (Barom. 70,4). Da aber poröse Körper Gase bekanntlich energisch adsorbieren, so erscheint es mir fraglich, ob in diesem Falle nennenswerte Luftmengen in das Lumen des Apparates gelangt waren. Um diese Fehlerquelle auszuschließen, habe ich die Filtration später stets durch das freie Ende des Steigrohres vorgenommen. ASKENASY (1. c. S. 14) gibt für lufthaltiges Wasser eine Steighöhe des Hg von 6,8 cm über Barometerniveau an. Vielleicht spielte hier, da der Apparat oft durch den Gips hindurch gefüllt wurde, die gleiche Fehlerquelle mit, doch läßt sich dies aus der Beschreibung von ASKENASY nicht mit Sicherheit ent- nehmen. Der Wunsch, den Blutungssaft unter Quecksilberdruck ohne jegliche Berührung mit Luft zu filtrieren, konnte nicht mehr zur Ausführung gelangen, da die Blutungsperiode zu Ende war. 400 A. URSPRUNG: wollen. Mein Zweck ging ja nnr dahin, eine branchbare Methode für einen Demonstrationsversuch zu finden. Dagegen verdienen die Yerhältniszahlen Beachtung, weil alle Vorsuche nach der gleichen Methode erfolgten. Bei Verwendung längerer Steigröhren muß man, wie aus meinen Angaben folgt, noch weiter kommen; auch wird sich die Methode durch den Gebrauch von feiner- porigem Material, oder durch Dichtung der Kerzen mit Kiesel- säuregallerte oder andern gelatinösen Massen verbessern lassen. Ferner läßt sich das Auftreten von Kernen im Apparat, die zur Blasenbildung Anlaß geben können, noch besser vermeiden und auch die Entfernung der Luft noch weiter tieiben. Zur überzeugenden Demonstration der Kohäsion bewegter Wassersäulen ist jedoch unsere Versuchsanordnung durchaus aus- reichend. Für ruhendes luftfreies Wasser konnte MEYER in seinen Tonometern eine Kohäsion bis zu 34 Atm., für Äthylalkohol bis zu 39,5 Atm., für Athyläther sogar bis zu 72 Atm. nachweisen, ohne daß ein Grenzwert, der der Zugfestigkeit der untersuchten Flüssigkeit entspricht, erreicht worden wäre. Eine Eigentümlich- keit, die allen Methoden anhaftet, ist die Unregelmäßigkeit der, unter scheinbar gleichen Bedingungen erhaltenen Kohäsions- werte. Die Zahlen, welche MEYER für Wasser anführt, schwanken zwischen 21,0 und 34,0 Atm.,. und auch in meinen Versuchen kommen ähnliche Differenzen vor. über die Bedeutung der Kohäsion für das Saftsteigen. 401 58. A. Ursprung: Über die Bedeutung der Kohäsion für das Saftsteigen. (Mit 2 Textfiguren.) (Eingegangen am 11. September 1913.) Im Anschluß an meinen Aufsatz „Zur Demonstration der Flüssigkeitskohäsion"!) sollen im folgenden Versuche und Über- legungen mitgeteilt werden über die Bedeutung der Kohäsion für das Saftsteigen. Eine Flüssigkeit muß, um ihre kohäsiven Eigenschaften ent- falten zu können, in ein Gefäß eingeschlossen sein. Solange nun die Form des Gefäßes, die Natur seiner Wand und die Beschaffen- heit der Flüssigkeit mit den Verhältnissen in lebenden Pflanzen nicht übereinstimmen, werden sich die physikalischen Daten auf das Problem des Saftsteigens nicht direkt übertragen lassen. Von allen physikalischen Versuchsanordnungen nähert sich die Methode von ASKENASY, HULETT und mir am meisten den natürlichen Bedingungen. Bei Verwendung von ausgekochtem destilliertem Wasser betrug die maximale Steighöhe des Queck- silbers über 151 cm, bei Verwendung von Blutungssaft 62 cm. Der Inhalt der Leitungsbahnen hat somit für die sog. Kohäsions- theorie weit w^eniger günstige Eigenschaften als das zu den Kohä- sionsversuchen meist verwendete ausgekochte Wasser. Auch ist bekannt, daß gelöste Luft das Sieden des Wassers erleichtert, während ganz luftfreies Wasser nur schwer, nach GROVE sogar überhaupt nicht siedet. Das Material des Gefäßes spielt schon deshalb eine ßolle, weil der Siedepunkt um so höher liegt, je besser die Flüssigkeit die Gefäßwand benetzt. So siedet das Wasser nach GaY-LUSSAC iß gläsernen Behältern schwerer als in metallenen und in ersteren bekanntlich wieder um so schwerer, je sorgfältiger sie ge- reinigt sind. Hinsichtlich der Form des Gefäßes sei auf einen Versuch NÄGELIs hingewiesen, nach welchem das Wasser in einer engen Kapillare weit weniger leicht siedet als in einem Reagenzglas. DÜFOUR brachte Wassertropfen von 1 — 2 mm Durchmesser in einer 1) Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., dieses Heft, voriger Aufsatz Ber. der deutschen bot Gesellsch. XXXI. 28 402 A. URSPRUNG: Mischung von Nelkenöl und Leinöl von gleichem spez. Gewicht selbst bei 175 ^ nicht zum Sieden, wobei mehrere Umstände mit- gespielt haben mögen. In engen Kapillaren ist auch, wie schon MOUSSON zeigte, die Wirkung von Erschütterungen viel geringer. Es sprechen somit mehrere Momente dafür, daß in den Lei- tungsbahnen eine Blasenbildung schwerer erfolgt als in den physi- kalischen Apparaten: Kapillare Dimensionen, starke Adhäsion des Saftes an den Wänden, allseitiger Abschluß der Bahnen, der ein Eindringen fester „Kerne" für die Blasenbildung verhindert. Es erleichtern die Blasenbildung: der Luftgehalt des Saftes, die Durch- lässigkeit der Wände für gelöste Luft, hierher gehört auch die starke Steigerung des Filtrationswiderstandes in den Leitungs- bahnen verglichen mit den Steigröhren der physikalischen Apparate. Auf die Erage nach dem Vorhandensein und der Größe der Kohäsion des Saftes in den Leitbahnen können daher die vor- liegenden physikalischen Erfahrungen keine befriedigende Antwort geben. I. Eine gewisse Orientierung schien mir durch folgende Ver- suchsanordnung möglich. Der Apparat besteht aus Glasröhren und Gummistopfen (siehe Figur 1) und ist mit ausgekochtem Wasser gefüllt, z = belaubter Thuja-Zweig, innerhalb und unterhalb des Gummistopfens entrindet; st =: kapillares Steigrohr, das unten in ein mit Baumwolle (zur Zurückhaltung von Unreinigkeiten) ver- schlossenes lleagensrohr r ragt. Die untere Partie des Steig- rohres taucht in ein hohes zylindrisches Blechgefäß, in dem seit Ijingerer Zeit dest. Wasser gekocht wurde. Zur Sicherheit sind die Quecksilberverschlüsse Hg\ und Hgg angebracht. Durch Saugen bei p mit der Wasserstrahlpumpe lassen sich alle Blasen ohne Schwierigkeit entfernen. Hierauf wird das dickwandige Schlauch- stück bei p mit einem Quetschhahn verschlossen und unter Queck- silber (Hgg) getaucht. Auch in das Reagenzglas wird etwas Queck- silber gegossen. Man entfernt nun die nassen Tücher, in die der Zweig bis jetzt eingewickelt war, worauf das Steigen des Queck- silbers beginnt, das durch Steigerung der Transpiration mit Hilfe eines Ventilators leicht beschleunigt werden kann. Der am Stamm befindliche Versuchszweig wurde frühmorgens in nasse Tücher eingehüllt und nach einigen Stunden unter aus- gekochtem dest. Wasser abgeschnitten. Das Entfernen des ßinden- ringes, das Anstecken des Kautschuckstopfens und die Erneuerung der Schnittfläche mit dem E-asiermesser erfolgte ebenfalls unter Wasser; nur bei dem Übertragen in den mit ausgekochtem Wasser über die Bedeutung; der Kohäsion für das Saf'tsteiaren. 403 gefüllten Apparat hatte die Luft einen Moment Zutritt, konnte aber nicht in den Zweig eindringen. tC IJJ Fig. 1. In den zahlreichen Versuchen stieg das Quecksilber oft bis auf ca. 67 cm, was bei Berücksichtigung der notwendigen Kor- rektionen (Kapillardepression, übergelagerte Wassersäule) dem Ba- 28* 404 A- URSPRUxXG: rometerstand annähernd gleichkommt. Häufig betrug die Steig- höhe 74 — 75 cm (Barom. 70 — 71 cm). Besondere Erwähnung ver- dient ein Fall, wo das Quecksilber 90 cm hoch gestiegen war (Barom. 71,0 cm), bis an das obere Ende des Steigrohres und wahr- scheinlich eine noch größere Höhe erreicht hätte, wenn das Steig- rohr länger gewesen wäre. Das Fallen der- Quecksilbersäule war verursacht durch eine Erschütterung des Zweiges, die das Auf- treten einer Blase zwischen Zweig und Stopfen zur Folge hatte; bei 67 cm blieb die Säule stehen. Ähnliche Resultate wurden schon 1889 von BÖHM^) angegeben. von STRASBURGER2) aber in Zweifel gezogen. Nach meinen Er- fahrungen sind B(")HMs Erfolge durchaus glaubwürdig und mußten bei der Ausdauer und Sorgfalt, mit der er experimentierte, auch wohl erzielt werden. BÖHM kam lß,l cm über den Barometer- stand, ich selbst 19,0 cm. Ich habe die Versuche nicht weiter aus- gedehnt, weil das von mir erstrebte Ziel auf diesem Wege doch nicht zu erreichen war; noch weniger sind hierzu BÖHMs Experi- mente zu gebrauchen, da er seine Zweige ganz oder doch partiell in Wasser kochte. Die Mißerfolge STRASBURGERs sind mir wohl verständlich; sie waren durch die wenig zweckmäßige Wahl des Apparates und der Versuchspflanzen bedingt. Auch mit TImja sind Fehlversuche nicht ausgeschlossen; es kann an demselben Zweig die eine Schnittfläche ein gutes, die andere ein unbrauch- bares (Blasenaustritt) Resultat geben; aus diesem Grunde ist die Demonstration der Kohäsion mit lebenden Zweigen kaum zu empfehlen. Zu diesen Experimenten führte mich folgende Überlegung. Sind die Voraussetzungen der Kohäsionstheorie erfüllt und grobe Fehlerquellen (z. B. Blasenaustritt aus dem Zweig) ausgeschlossen, dann muß bei meiner Versuchsanordnung das Quecksilber weit über das Barometerniveau gehoben werden. Denn das Wasser im Apparat reißt nach unseren früheren Erfahrungen bei diesem Quecksilberstand nicht, und wenn dieses Wasser mit den ange- nommenen kontinuierlichen Säulen im Zweig in direkter Verbin- dung steht, so muß ein Urteil über die Kohäsion des Saftes in den Leitungsbahnen sich bilden lassen. Erfolgt der Riß unter Barometerniveau im Apj)arat, so ist dies deutlich sichtbar und be- 1) BÖHM, Ursache des Saftsteigens. Ber, d. Deutsch. Bot. Ges. 1889, Gen.-Vers. S. (46). BÖHM, Capillarität u. Saftsteigen. Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1893> S. 203. 2) StrasbuRGER, Leitungsbahnen. 1891, S. 784. über die Bedeutung der Kohäsion für das Saftsteigen. 405 rechtigt zu keinen Schlüssen, Erfolgt dagegen der liiß im Zweige selbst, so ist zwar die Blase nicht direkt sichtbar, doch wird — je nachdem das Reißen in wenigen oder vielen Tracheiden statt- findet — das Quecksilberniveau nicht mehr mit bisheriger Ge- schwindigkeit steigen ev. sogar zeitweise stille stehen oder sinken, und wenn der Riß im Zweig vollständig ist und die Luftver- dünnung ihr Maximum erreicht hat, wird das Quecksilberniveau längere Zeit konstant bleiben. Diese Überlegung geht von der Annahme aus, daß die Lei- tungsbahnen tatsächlich während des Experimentes ihren natür- lichen Inhalt besitzen. Nun hat aber schon BÖHM^) gezeigt, daß frisch abgeschnittene und in Wasser gestellte Thuja-Sprosse ihr Gewicht vergrößern, auch nachdem sie vor dem Abschneiden 24 Stunden lang in feuchte Tücher eingeschlossen waren; die Ge- wichtszunahme betrug in den gegen Verdunstung geschützten Zweigen ca. 15 pCt. in 12 Stunden. Es wird also bei unserer Versuchsanstellung ausgekochtes Wasser während des Abschneidens und der späteren Behandlung in den Zweig gelangt sein. Somit sind zu große Steiiihöhen zu erwarten und die Resultate auf nor- male Verhältnisse nicht übertragbar. Es verdient hervorgehoben zu werden, daß bereits BÖHM^) die Hebung des Quecksilbers über Barometerniveau der Kohäsion des Wassers zuschrieb; es geschah dies im Jahre 1893. also vor den Publikationen von DiXON und JOLY und As KEN AS Y. Erlaubt die Höhe des Quecksilberaufstieges auch keinen Schluß, so bleibt doch die Art des Aufsteigens verwertbar. In einem bestimmten Falle stieg das Quecksilber ziemlich rasch und gleichmäßig bis 12 cm, fiel hierauf um 2 — 3 mm und blieb 1 bis 2 mm konstant; dann stieg es zuerst ganz langsam und später rascher bis zu einer Höhe von 74,0 cm (Barom. 71,0 cm), worauf aus der Schnittfläche eine Blase trat. Das Sinken bei 12 cm Steighöhe kann, wie die Untersuchung zeigte, weder auf Verände- rung der äußeren Transpirationsbedingungen, noch auf Ver- stopfungen im Rohr oder an der Schnittfläche und selbstverständ- lich auch nicht auf Blasenauftritt im Apparat beruhen. Dagegen scheint mir die Annahme zulässig, es habe im Zweig selbst ein Riß stattgefunden, der aber, da das Quecksilber später über Ba- rometerniveau stieg, nicht auf alle Wassersäulen sich erstrecken konnte. Bei einem andern Zweig stieg das Quecksilber bis 23 cm, 1) BÖHM, 18i)8, 1, c. S, 211. 2) BÖHM, 1893, 1, c. S. 210. 406 A. Ursprung: fiel hierauf bis auf 22 V2 ^^^^d blieb konstant. Da auch hier die Verhältnisse (Transpiration, Verstopfung, Blasenbildung betr.) wie oben lagen, so dürfte ein Reißen des Wassers innerhalb des Zweiges erfolgt sein, das sich allerdings auf alle eventuellen Wasserfäden erstreckt haben müßte. Als letztes Beispiel sei ein Zweig erwähnt, der das Quecksilber rasch und gleichmäßig bis 33 cm hob, worauf der Meniskus um wenige Millimeter sank, nach einigen Minuten aber ganz langsam weiterstieg. Auch hier wäre, da die Bedingungen dieselben waren, auf ein Reißen zu schließen; über dessen Ausdehnung läßt sich allerdings nichts angeben, weil schon bei 45 cm Steighöhe aus der Schnittfläche eine Blase trat. Die Versuche wurden nicht weiter ausgedehnt, weil die Me- thode neben gewissen Vorzügen bedeutende Nachteile besitzt. So enthalten die Leitbahneu in ihrer untersten Partie ausgekochtes Wasser, was das Beißen natürlich schwieriger gestaltet als in der intakten Pflanze; ferner ist der Ort der Blasenbildung im Zweig- innern nicht bekannt und die Empfindlichkeit nicht groß genug, um das Auftret'^.n einer einzelnen kleinen Blase konstatieren zu können. II. Ein Urteil über die Kohäsion des Saftes in den Leitungs- bahnen ist auch auf anatomischem Wege zu gewinnen. Aus dem zweifellos konstatierten Vorkommen von Gasblasen in den Wasser- leitungsbahnen nicht nur hoher Bäume sondern auch niedriger Krautpflanzon geht mit Sicherheit hervor, daß schon in handhohen Gewächsen die Kohäsion des Wassers tatsächlich überwunden wird. Denn wäre das nicht der Fall, so müßten die anfänglich blasen- freien Leitbahnen blasenfrei bleiben. Nach STRASBURGER') ist nun allerdings der Luftgehalt in Stämmen in den peripheren Bahnen stets am geringsten, „er schwankt innerhalb der zulässigen Grenzen". Daß der Luftgehalt eines gesunden Baumes „zulässig" ist, liegt wohl auf der Hand. STRASBURGER w^ollte daher jeden- falls sagen, daß der Luftgehalt mit einem bestimmten Erklärungs- versuch in Einklang stehe; dann hätte er aber die Pflicht gehabt, diesen Erklärungsversuch zu erwähnen und auszuführen, wie er sich den Mechanismus denkt. KOSTECKI^), dem wir die einge- hendsten Untersuchungen verdanken, gelangt zu einem anderen Resultat. Wohl fand er die jüngeren Jahresringe in der Regel 1) Strasburger, Leitungsbahnen S. 688. 2) KOSTECKI, Unters, üb. d. Verteilg. d. Gasblasen usw., Inaug.-Diss. Freiburg (Schweiz) 1910. über die Bedeutung der Kohäsion für das Safts teioen. 407 ärmer an Gasblasen als die älteren, doch wies auch der jüngste Ring stets Blasen auf und enthielt manchmal sogar mehr als die älteren Ringe. Es ist also auch im jüngsten Jahresring die Ko- häsion nicht groß genug, um ein Reißen zu verhindern. Ange- sichts dieser Tatsachen muß die Kohäsionstheorie die Annahme machen, daß m den vorausgesetzten zusammenhängenden Wasser- säulen die Kohäsion sehr groß ist, obschon in benachbarten Wasser- säulen bereits frühe Blasen auftreten. Oder mit anderen Worten: Es wird zugemutet zu glauben, daß der Inhalt benachbarter Tracheiden ganz enorme Kohäsionsunterschiede aufweist! III. Die Frage, ob bei einem stärkeren Blasengehalt des leitenden Holzes die vorausgesetzten zusammenhängenden Wassersäulen über- haupt vorhanden sind, ist keiner direkten Prüfung zugänglich, weil sich die Wasserfäden nicht mikroskopisch von der Wurzel bis ins Blatt verfolgen lassen. Wie wenig mit einem willkürlichen Schema gewonnen ist, zeigt die Figur von DlXON^), die bei 50 pCt. Wassergehalt zahlreiche kontinuierliche Säulen aufweist, w^ährend in SCHWENDENERS ') Figur bei 65 pCt. W^issergehalt die Konti- nuität fehlt. DiXONs Schema verrät etwas zu leicht die Absicht des Verfassers, seine Vermutung zu stützen; aber auch aus dem Schema SCHWENDENERS läßt sich, wie dieser Autor selbst hervor- hebt, nichts Sicheres schließen. Das zuverlässigste Urteil über die Existenz eines zusammen- hängenden Wassernetzes von hinreichender Größe und Beweglich- keit in den Wasserleitungsbahnen erlaubt der TH. HARTIGsche Tropfenversuch. Gegen die übliche Art der Ausführung, bei welcher das Sproßstück in Luft herausgeschnitten wird, lassen sich allerdings Bedenken erheben, indem der Luftdruck durch Ver- schiebung der Luftwassersäulen seitliche Zusammenhänge herstellen und unterbrechen kann und indem an der Schnittfläche durch Zurückdrängen der Menisken das Wasser des aufgesetzten Tropfens von dem der Leitungsbahnen getrennt werden kann. Das Frisch- bleiben beblätterter Zweige, die in Luft abgeschnitten und in Wasser gestellt wurden, zeigt jedoch, daß in diesen Fällen die genannten Veränderungen für das Saftsteigen bedeutungslos sind. Es schien 1) DlXON, Transpiration and the ascent of sap. Progr. rei Bot. lil, 1909, p. 43. 2) SCHWENDENER, Unters, üb. d. Saftsteigen. Sitzber. d. Berl. Akad. 1866, S. 582 408 ^- UßSI'KUNG: mir aber trotzdem wünschenswert, den Tropfenversucli so zu modi- fizieren, daß ich das Sproßstück ganz unter Wasser abschnitt, wodurch es natürlich wasserreicher wurde. Sollte auch jetzt der Versuch mißhngen, so müßte man um so mehr auf das Fehlen eines solchen Wassernetzes in natura schließen. Ich habe derartige Experimente im Monat August dieses Jahres mit Quercus Rohur, Pinus süvesfris und Robinia Pseudacacia ausgeführt, vermochte aber ein Gelingen des Versuches nur in seltenen Ausnahmefällen zu verzeichnen. Das Resultat ist somit dasselbe wie bei SCHWENDE- NERS^) nach der gewöhnlichen Methode ausgeführten Versuchen, und wir dürfen daher mit ihm schließen, daß die Kontinuität der Wasserfäden nicht zu den Bedingungen des Saftsteigens gehört. An dieser Stelle sei auch auf DUPOÜRS^) Einkerbuugsver- suche hingewiesen, bei denen Zweige mit 2 und 3 Kerbschnitten turgeszent blieben. Da der die Einkerbungen enthaltende Teil bei Quercus peduncidata selbst unter einem Überdruck von 80 cm Hg kein Wasser filtrieren ließ, so darf man noch mehr als beim Tropfenversuch auf das Fehlen und daher auch auf die Bedeutungs- losigkeit eines zusammenhängenden Wassernetzes von hinreichen- der Größe und Beweglichkeit schließen. Wollte man aber trotz- dem an ein zusammenhängendes Wassernetz glauben, so müßte man ihm einen enorm hohen Bewegungswiderstand zuschreiben. Kann dieses Wassernetz durch eine von hinten wirkende Druck- kraft nicht fortbewegt werden, so ist das noch viel weniger bei einer von vorne wirkenden Zugkraft (Kohäsionstheorie) der Fall, weil hier ja beständig eine Unterbrechung der Fäden durch ßeißen zu befürchten ist. IV. Einen Versuch, den Inhalt der Gefäße von Quercus auf das Vorhandensein zusammenhängender Wasserfäden und die ev. Größe ihrer Kohäsion zu prüfen, unternahm ich auf folgende Weise. Am Baum befindhche Äste von Quercus wurden unter ausgekochtem Wasser abgeschnitten, nach ca. V4 Stunde die Schnittfläche er- neuert und der Zweig derart in Quecksilber getaucht, daß die Schnittfläche nie mit Luft in Berührung kam •'). Infolge der Tran- 1) SCHWENDENER, Unters, üb. d. Saftsteigen. Sitzber. d, Berl. Akad. 1886, S. b82. 2j DUFOUB, Beiträge zur Imbibitionstheorie. Arb. d. bot. Inst. Würz- burg, III, 1884. S. 49. 3) Beim Übertragen in Quecksilber tauchte die Schnittfläche in ein kleines mit ausgekochtem Wasser gefülltes Schälchen, das erst unter Queck- silber entfernt wurde. über die Bedeutung der Kohäsion für das Saftsteigen. 409 spiration wird nun offenbar das Quecksilber in den Grefäßen all- mähJicli steigen, und wenn die Gefäße nicht verstopft und ge- nügend lang sind und zusammenhängende Wasserfäden mit kohä- siven Eigenschaften besitzen, so wird auch das Steigen des Queck- silbers über die (korrigierte) Barometerhöhe hinaus erfolgen müssen. Ich experimentierte im Monat August mit 12 beblätterten Asten von mindestens I72 m Länge. In keinem Falle konnte bei be- ginnendem Verdorren der Blätter das Quecksilber 60 cm über der Astbasis nachgewiesen werden, obschon alle diese Aststücke unter Druck Quecksilber aus zahlreichen Gefäßen filtrieren ließen und somit viele offene Leitbahnen von genügender Länge besaßen. Weil bei dem Abschneiden unter ausgekochtem Wasser die Be- dingungen für die Kontinuität und Kohäsion der Wasserfäden offenbar günstiger liegen als in natura, so habe ich das Abschnei- den auch direkt unter Quecksilber besorgt. Hierbei ist jedoch, wie mich entsprechende Versuche mit Glaskapillaren lehrten, das Auftreten von Gasblasen zwischen Quecksilber und Gefäßinhalt nicht ausgeschlossen, ein überzeugendes Resultat daher nicht zu erwarten. Immerhin sei erwähnt, daß das Quecksilber ebenso hoch stieg wie in den vorigen Experimenten. Man wird vielleicht ein- wenden, daß auch beim Abschneiden unter Wasser Blasen sich gebildet hätten. Prüfen läßt sich dies nur schwer. Sicher aber ist, daß das Abschneiden unter Wasser und das Erneueiii der Schnittfläche vorzügliche Mittel sind, um das Welken zu verhindern und daß somit hierdurch das Saftsteigen nur günstig beeinflußt wird. Zudem hat schon VON HÖHNELi) auch blutende Zweige mit der Schnittfläche in Quecksilber gestellt; der Aufstieg erfolgte Jedoch nicht bis zum Barometerniveau, obschon hier die Verhält- nisse besonders günstig lagen (möglichst große Kontinuität der Wasserfäden, Fehlen von Blasenbildung beim Abschneiden). Es fehlt daher entweder die Kontinuität der Wasserfäden in den Gefäßen oder die Kohäsion oder beides zusammen. i. V. Noch auf einem andern Wege suchte ich die Kohäsionstheorie zu prüfen. Zur Erläuterung der Grundlagen diene folgender Versuch (siehe Fig. 2). Das Steigrohr meines Apparates zur Demonstration 1) V. HÖHNEL, Beitr. z. Kenntnis d. Luft- und Saftbewegung in d. Pfl. Jahrb. f. wiss. Bot. XII, 1879, S. 47. 410 A. URSPRUNG: der Kohäsion') ist an dem einen Ende rechtwinkelig umgebogen und nach Füllung des Apparates mit luftfreiem Wasser in Queck- silber getaucht. Infolge der — möglichst gleichmäßig gehaltenen — Verdunstung an der Kerzenoberfläche bewegt sich der Queck- silbermeniskus im horizontalen Steigrohr mit annähernd derselben Geschwindigkeit. Läßt man nun bei s die Wasserstrahlpumpe mit voller Saugung einwirken, so wird die Geschwindigkeit nur um einen fast unmerklichen Betrag herabgesetzt; sie betrug nach wie vor im Mittel 90 mm in 6 Minuten^). Ersetzen wir die Saugkraft der Filterkerze durch die Saugkraft einer Wasserstrahlpumpe, so fällt der Meniskus sofort vollständig zurück, sobald bei s die Saugung einsetzt. Im ersten Falle wirkt die mehrere bis viele Atmosphären starke Imbibition leinporiger Körper zusammen mit der Kohäsion luftfreien Wassers, im zweiten Falle wirkt die im K 3w ^ Ti f B-S Fig. 2. Maximum 1 Atm. starke Saugung der Pumpe und die Kohäsion kommt überhaupt nicht zur Geltung. In hohen Bäumen wird zur Hebung der vorausgesetzten kontinu- ierlichen Wassersäulen zweifellos eine bedeutende Kraft erforderlich sein, da ja die Hebungskraft das Gewicht des Wassernetzes und den Filtrationswiderstand zu überwinden hat. Da man sich die Wasser- fäden an den Blättern gleichsam aufgehängt zu denken hat, so repräsentieren Gewicht und Filtrationswiderstand dieser Fäden eine nach unten wirkende Zugkraft, die in hohen Bäumen sicherlich 1 Atm. bei weitem übersteigt. Es wurden nun 2 möglichst gleich beschaffene Robinienäste unter Wasser abgeschnitten und jeder Ast mit dem basalen Ende Flüssigkeitskohäsion. Ber. d. 1) Ursprung, Zur Demonstration d. Deutsch. Bot. Ges., dieses Heft, voriger Aufsatz. 2) Die Ablesung darf natürlich erst einige Zeit nach dem Beginn bzw. Aufhören der Saugung erfolgen, weil die Volumveränderung der elastischen Kautschukve^binduog k zuerst ausgeglichen sein muß. über die Bedeutung der Kohäsion für das Saftstuigen. 4U in eine mit Wasser nahezu gefüllte Flasche gestellt. In der einen Flasche wurde die Luft über dem Wasser verdünnt, in der anderen blieb der Atmosphärendruck bestehen. Der mehrfach wiederholte Versuch ergab stets dasselbe Resultat. Die Zweige, auf deren Schnittfläche der Atmosphärendruck einwirkte, blieben turgeszent, die anderen welkten ebenso rasch wie frei in Luft aufgehängte Sprosse von gleichen Dimensionen. Vergleichen wir diese Experi- mente mit unserer physikalischen Versuchsanordnung, so entsprechen die Blätter der Filterkerze und das vorausgesetzte zusammen- hängende Wassernetz der Wassersäule im Steigrohr. Gegen den Schluß, das Welken beweise die Unziilänglichkeit der Kohäsionstheorie, wird man zunächst Bedenken haben. Es läßt sich einwenden, daß Grefäßverstopfungen bei verminderter Spannung vielleicht rascher sich bilden als unter Atmosphärendruck. Es wurden daher 2 Zweigpaare anatomisch untersucht; ein Unterschied war nicht aufzufinden. Die Ziiverlässigkeit dieser anatomischen Befunde kontrollierte ich bei anderen Zweigpaaren durch Filtrati- onsversuche. Von den beiden Zweigen wurde vor Beginn des Experimentes je ein 1 dm langes basales Stück unter Wasser ab- geschnitten und auf den Filtrationswiderstand geprüft. Nachdem die Blätter des einen Zweiges stark welk waren, wurde wieder je ein gleich langes Stück abgetrennt und untersucht. Eine Steigerung- des Filtrationswiderstandes im welkenden Zweig hatte nicht statt- gefunden'). Auf die Bemerkung, es seien die kontinuierlichen Wassersäulen beim Abschneiden unter Wasser vielleicht durch Blasen unterbrochen worden, ist zu erwidern, daß diese Operation zu den besten Mitteln gehört, um einen ausreichenden Wassernach- schub zu sichern, daß also eventuelle Veränderungen nur günstig wirken können. Ferner schließen die unter I erwähnten Versuchs- resultate eine nennenswerte Blasenbildung in den Leitungsbahnen an der Schnittfläche aus. — Man könnte ev. auch einwenden, es würden durch die Verminderung des Luftdruckes die Blasen in den Gefäßen übernormal ausgedehnt und verschoben, was eine Unter- 1) Folgendes Beispiel diene zur Erläuterung: Verhältnis der filtrierten Wassermengen. Versuchszweig (verminderte Spannung) Kontrollzweig (Atmosphärendrack) frisch vom Baum . . . 92,5 100 nach Welken der Blätter am Versuchszweig . 113,4 100 412 ^- UrspeunG: Über die Bedeutung der Kohäsion usw. brechung des sonst zusammenhängenden Wassernetzes zur Folge habe. Nun erhielt aber JANSE') mit Ginkgo-Zweigen dieselben Resultate, obschon hier die Gefäße fehlen und daher die Verschie- bung und Ausdehnung der Blasen wesentlich beschränkt ist. Noch wichtiger ist der folgende Punkt. In meinen Saugversuchen mit ßobinien ästen war der Druck auf die Schnittfläche in der Regel so stark herabgesetzt, daß er nur noch 3 — 4 cm Hg betrug. Ich führte jedoch unter sonst gleichen Bedingungen auch Experimente aus, in denen der restierende Druck 40 — 50 cm Hg ausmachte*. Das sind aber negative Spannungen die in turgeszenten Zweigen nicht nur erreicht, sondern bekanntlich bei weitem überschritten werden. Trotzdem erfolgte das Welken gleicli rasch. Auf die vorausgesetzten kontinuierlichen Wasserfäden unserer YersuchszAveige wirkt nun, wie wir sahen, nach der Kohäsions- theorie im lebenden Baume nach unten eine Zugkraft von mehre- ren bis vielen Atmosphären. Ein Zug von ^/., Atm. könnte daher, auch wenn er das Saftsteigen etwas verlangsamen sollte, doch sicherlich niemals Welken verursachen^). Wir kommen somit zum Schlüsse: Das Welken derßobinien- blätter beweist, daß die kontinuierlichen Wassersäulen mit den nötigen kohäsiven Eigenschaften entweder fehlen, oder nicht ge- nügend zahlreich sind, oder keine ausreichende Yerschiebbarkeit besitzen. 1) Janse, Die Mitwirkung d. Markstrahlen bei der Wasserbewegung im Holze. Jahrb. f. wiss. Bot. XVIII. 2) Schon früher haben Janse, SCHElT und StrasbüKGER ähnliche Ver- suche mit gleichem Resultate ausgeführt; sie waren jedoch für unsere Zwecke unbrauchbar, weil diese Autoren ihre Zweige in Luft abschnitten. Arthur TRÖNDLE: Über die geotropische Reaktionszeit. 41^ 59.ArthurTröndle: Ueber die geotropische Reaktionszeit. (Vorläufige Mitteilung) (Eingegangen am 2 Oktober 1913.) Bei der Untersuchung des Einflusses des Lichtes auf die Änderung der Permeabilität der Phismahaut fand ich als Ausdruck der Abhängigkeit der Reaktionszeiten dieses Prozesses von der Intensität des Lichtes die Formel: i (t — k) = i'(t' — k). Nach den Zahlenangaben, die in der Literatur vorhanden waren, suchte ich damals zu prüfen, ob diese Formel auch für die Reaktionszeiten anderer Reizprozesse gültig sei. Für das Nähere verweise ich hier auf die Auseinandersetzungen und Berechnungen in meiner früheren Arbeit') und beschränke mich, hier nur die Angaben der Tabelle 34 von BaCH'') und die von mir schon früher daran ge- knüpften Berechnungen nochmals mitzuteilen. Die Bevorzugung dieser Tabelle ist nicht etwa willkürlich, sondern geschieht des- halb, weil zur Bestimmung der Reaktionszeiten, die darin mitge- teilt sind, nicht nur eine relativ größere Zahl von Versuchspflanzen diente, sondern weil diese Zahl auch wesentlich größer war als in den übrigen Tabellen. Wie unten noch näher auseinandergesetzt werden wird, bieten deshalb die Reaktionszeiten der Tabelle 34 eine größere Gewähr, richtig zu sein, als die der übrigen Tabellen. Bach. Vicia faha, Sprosse. Tabelle 34. Temper. 20—25 " 0. Zentrifugal- Reaktions- Zahl der * i t d i dm kraft = i zeit = t Pflanzen di g Minuten 0,14 128 127 17,92 22,08 0,26 84,9 0,40 100 61 40,00 17,00 0.2 85,0 0,60 95 72 57,0 6,7 0,1 67,0 0,70 in 58 63,7 23,3 o,b 77,7 1,0 87 76 87,0 1) Tröndle, A., Der Einfluß des Lichtes auf die Permeabilität der Plasmaliaut. Jahrb. f. w. Bot. 1910, Bd. 48. 2) Bach, H , Über die Abhängigkeit der geotropischen Präseatations- und Reaktionszeit von verschiedenen Außenbediogungen. Jahrbuch f. wiss. Bot. 1907, Bd. 44. 414 Arthur Tröndle: Aus diesen Angaben leitet sich die Formel in folgender Weise her. Wir bilden die Produkte aus Reaktionszeit mal Zentrifugal- kraft. Sie sind in der Tabelle unter i t angeführt. Hierauf be- stimmen wir die Differenzen dieser Produkte (in der Tabelle unter dm), ebenso die Differenzen der Zentrifugalkräfte (in der Tabelle unter di). Dividieren wir nun dm durch di, so erhalten wir, wie aus der Tabelle ersichtlich, Zahlen, die nicht besonders stark von- einander abweichen. Sie schwanken um einen mittleren Wert von 78,6, aber so, daß die Schwankungen nicht in einer bestimmten Richtung erfolgen. Daraus wurde geschlossen, daB wir setzen dürfen -^r^ = k, d. h. konstant. Schreiben wir, diese Formel di [ { [' t' anders, so ergibt sich — :-— = k, woraus wir durch Umstellung die schon oben mitgeteilte Form erhalten i (t — k) = i ' (t ' — k), worin i die Intensität der Zentrifugalkraft, t die Reaktionszeit und k eine Konstante bezeichnet. Gehen wir von der Reaktionszeit für 0,14 g aus = 128 Min. und berechnen damit mit Hilfe der Formel die Reaktionszeiten für die übrigen Intensitäten, so finden wir: Berechnet: 128 Min. 96,8; 91,2; 89,6; 86,7. Gefunden: 128 Min. 100; 95; 91; 87. Die graphische Darstellung der Abhängigkeit der Reaktions- zeit von der Intensität der Zentrifugalkraft ergibt eine Kurve von Hyperbelgestalt. Daraus ist das Verhalten der Reaktionszeit ohne weiteres abzulesen: Schreiten wir von den geiingern zu den höhern Intensitäten, so nimmt die Reaktionszeit erst sehr schnell, dann immer langsamer ab, und schlielilich ist diese Abnahme so gering, daß die Reaktionszeit von einer gewissen Intensität an konstant erscheinen kann, wenn die Bestimmungen nicht sehr genau sind. Im Einklang damit steht, daß BACH bei Reizung mit Intensitäten zwischen 6,5 — HO g eine Abnahme nicht mehr konstatieren konnte. Schon früher versuchte ich die mitgeteilte Formel folgender- maßen zu interpretieren. Wir können uns vorsteilen, daß die Reaktionszeit aus 2 Teilen besteht, einem konstanten Teil k, der durch das Objekt selbst bedingt wird und einem Teil t — k, der umgekehrt proportional geht der Intensität der Zentrifugalkraft. Da wir nun wissen, daß dasselbe silt von der Präsentationszeit, so lag der Gedanke nahe, daß t — k identisch sei mit der Präsenta- tionszeit. Wäre das der Fall, so müßte die Differenz zwischen Reaktionszeit und Präsentationszeit konstant sein und zwar gleich unserer Konstanten k. Nur für die Tabelle 34 von BACH läßt Ülier die geotropische Reaktionszeit. 415 sich das verifizieren, da für die Intensitäten der übrigen Tabellen die Präsentationszeiten nicht bestimmt sind. Ich habe nun die entsprechenden Berechnungen schon früher gemacht, leider aber unterlassen, sie damals mitzuteilen. Das möge nun in der folgen- den Tabelle nachgeholt sein. Intensität der Reaktionszeit Präsentationszeit Reaktionszeit minus Zentrifugalkraft (nach Bach) (nach Bach) Präsentationszeit g Minuten Minuten Minuten 0,14 128 50 78 0,4 100 30 70 0,6 95 25 '0 0,7 91 10 81 1 87 8 79 Die Differenz zwischen Reaktions- und Präsentationszeit ist also annähernd immer gleich. Die erhaltenen Zahlen schwanken um einen mittleren Wert von 75,6 Min. Dieser Wert ist aber sehr wenig verschieden von dem Weit 78,6 Min., dem wir für k oben erhalten haben. Schon daraus dürfen wir entnehmen, daß unseren Anschauungen eine sehr große Wahrscheinliclikeit zukommt, rich- tig zu sein. Aus den Angaben BACHs, wonach die Reaktionszeit bei 6 ver- schiedenen Objekten bei Dauerreizung nicht kürzer ist als bei Reizung während der Präsentationszeit wurde geschlossen, daß eine Reizung über die Präsentationszeit hinaus auf die Länge der Reaktionszeit keinen Einfluß hat. Wenn somit der Pflanze während der Präsentationszeit die zum Reaktionsbeginn nötige minimale Energiemenge (= Reizmenge) zugeführt ist, so beginnt die Reaktion nicht sogleich, sondern erst nach Ablauf einer kon- stanten Zeit k. Gegen meine Formel sowohl wie gegen ihre von mir ge- gebene Deutung hat sich FlTTING^) gewendet. Seine Einwände sind im wesentlichen folgende : I, k ist „ganz offensichtlich nicht konstant". Das kann Bezug haben auf die Berechnungen, die ich mit den Reaktions- zeiten von PEKELHARING angestellt habe, hat aber hier keine große Bedeutung, da diese Reaktionszeiten, wie die Autorin selbst sagt, nur ungefähr bestimmt wurden. Bei den Tabellen 33 und 32 von Bach ist der FiTTINGsche Einwand ebenfalls nicht zu hoch anzuschlagen, da die Zahl der Versuchspflanzen relativ klein 1) FlTTlNG, H., Tropismen, Handwörterbuch der Naturwissenschaft. Bd. 8, S. 234 ff. Jena (G. FisOHEß) 1913. 416 Arthuh Tröndle: war und daß er für die Tabelle 34 von BACH kaum gemacht werden kann, haben wir oben gezeigt. II. FlTTING schreibt: „TRÖNDLE hat den Versuch gemacht, die Hyperbelform der üeaktionszeitkurve anders, nämlich so zu erklären, daß er annimmt, das ßeizmengengesetz gälte auch für die Reaktionszeiten". Diese Angabe FiTTINGs beruht offenbar auf einem Irrtum, denn ich habe das niemals behauptet. Allerdings habe ich gesagt, daß das ßeaktionszeitgesetz eine erweiterte Form des Präsentationszoitgesetzes sei. Das heißt aber doch niemals, daß für die Größe der Reaktionszeit einfach entscheidend sei die Reizmenge oder die Präsentationszeit, während der die Reizmenge zugeführt wird, sondern aus meiner Formel und aus meinen, schon früher gegebenen Ei'läuterungen geht klar hervor, daß die Größe der Reaktionszeit abhängt von 2 Dingen, einmal von der Präsen- tationszeit, das heißt der Zeit während der die Reizmenge zuge- führt wird und zweitens von in der Natur des Objektes selbst ge- legenen Faktoren, die in der Konstanten k zum Ausdruck kommen. Wenn FlTTING deshalb, mit vollem Recht, nachzuweisen bestrebt ist, daß die Reaktionszeiten nicht einfach von der Reizmenge ab- hängen, so ist das für die Gültigkeit meiner Formel ohne Be- deutung. III. Schreibt FlTTING: „schließlich würde das TRÖNDLEsche Gesetz auch' für alle jene Objekte keine Gültigkeit beanspruchen können, bei denen die Reaktionszeiten durch Reizung, die über die Präsentationszeitdauer fortgesetzt wird, noch verkleinert werden. Solche gibt es aber!" Auch für den Fall, daß das wirklich ex- perimentell bewiesen wäre, wäre doch die Möglichkeit zu erwägen, ob dann die Formel nicht doch gültig wäre, wenn bloß während der Präsentationszeitdauer gereizt wird, und ob nicht die Ver- kürzung der Reaktionszeit, die bei Dauerreizung einträte, irgend- wie mit einer Stimmungsänderung zusammenhinge. Solche Mög- lichkeiten werden von FlTTING nicht erwähnt. In einem Punkte hingegen scheint FlTTING gleicher Meinung zu sein mit mir, wenn er der Ansicht ist, daß die Reaktionszeit- kurve Hyperbelform hat. Er schreibt darüber: „Reizt man bei verschiedenen Massenbeschleunigungen so lange wie die Präsen- tationszeit beträgt, so erhält man für die Reaktionszeiten eine Kurve, die annähernd Hyperbelgestalt hat, ähnlich wie die Präsen- tationszeitkurve selbst." Es ist nun von Interesse zu sehen, wie FlTTING diese Kurvenform erklärt. Nach ihm wird die Reaktions- zeit bedingt durch die in der Zeiteinheit zugeführte Reizmenge (von ihm als Reizintensität bezeichnet). Je größer diese Reiz- über die geotropische Reaktionszeit. 417 Intensität ist, desto kleiner wird die Reaktionszeit. Das Klein- werden geht aber nur bis zu einem bestimmten Punkt, da die Reaktionszeit niemals unter einen bestimmten minimalen Betrag hinabsinken kann. Von diesem Punkte an würde die Reaktions- zeit trotz zunehmender Reizintensität konstant bleiben, und die Kurve wäre in dieser Zone eine gerade Linie. Nehmen wir an, was allerdings nicht zutrifft, daß dieses Konstantbleiben durch die Versuche BACHs, wie FiTTING meint, bewiesen sei, dann könnte der bogig verlaufende Teil der Kurve nur dann Hjperbel- gestalt haben, wenn die Verlängerungen der Reaktionszeiten über das Minimum hinaus der Intensität der Zentrifugalkraft umgekehrt proportional gingen. Dann aber könnten wir annehmen^ daß im bogig verlaufenden Kurventeil die Reaktionszeit aus 2 Teilen be- steht, aus einem konstanten Teil, der dem Minimum entspricht, und einem variablen Teil, der der Intensität der Zentrifugalkraft umgekehrt proportional geht. ' Man sieht also, daß uns die FlTTINGschen Anschauungen zu einem Ergebnis führen können, das eine große Ähnlichkeit mit dem von uns entwickelten aufweist. Am Schluß seiner Kritik meiner Formel und ihrer Deutung schreibt FiTTING: „So steht also die Ableitung TRÖXDLEs, die auf einer Verkennung des Wesens der Präsentationszeit beruht, in der Luft. Man kann ja gar nicht vorsichtig genug in der For- mulierung reizphysiologischer Gesetze vorgehen." Die Experimente zur Belegung dieser schwerwiegenden Sätze vermisse ich. Das letzte Wort in dieser Frage muß ja zweifelsohne dem Experiment verbleiben und da niemand neue Reaktionszeitbestim- mungen gemacht hat, habe ich das nun selbst getan und will über meine bisherigen Ergebnisse kurz berichten. Versuchsort: verdunkeltes Gewächshaus, gasfrei. Objekt: Ävena, Koleoptilen. Montieren, zentrifugieren und ablesen in rotem Licht, das heliotropisch unwirksam war. Reizt man Koleoptilen in einer bestimmten Zetrifugalkraft- intensität, so regieren sie, wie bekannt, verschieden rasch. Diese individuelle Variabilität der Reaktionszeit einmal näher zu unter- suchen, schien deshalb nötig, um Anhaltspunkte zu bekommen, wieviel Keimlinge man nehmen muß, um einen zuverlässigen Mittel- wert zu erhalten. Zu diesem Zwecke wurden 350 Koleoptilen in einer Intensität von 3,46 g gereizt. In der obern Reihe der fol- genden Tabelle sind die Ablesungszeiten angegeben, darunter stehen die Zahlen der Koleoptilen, die während 2 Ablesungszeiten reagiert haben. Ber. der deutselien bot. Gesellsch. XXXI. 29 418 Arthur Tröndle: Es haben reagiert: Theoret. Binominal kurve 14 21 28 35 42 49 Min. seit Beginn der Reizung. 4 34 79 112 79 35 7 Koleoptilen. . . .7 31 79 HO 82 33 8 Die Verteihmg der Varianten entspricht der theoretischen Binominal- oder idealen Variationskurve, wie aus einem Vergleich der Zahlen der dritten Reihe mit denen der zweiten hervorgeht. Als Gesamtausdruck einer solchen Kurve können wir, wie in den Lehrbüchern der Biometrie auseinandergesetzt ist, sowohl das arithmetische Mittel als auch die Mediane gebrauchen. Für unsere Kurve ergeben sich die folgenden Werte: Mittel 31,72 Minuten, Mediane 31,62 Minuten, Standardabweichung 8,63 Minuten, wahrscheinlicher Fehler des Mittels =b 0,31 Minuten. Zentrifugieren wir also in den verschiedenen Intensitäten je- weilen 350 Koleoptilen, oder auch etwas weniger, da 250 auch schon genügen, so erhalten wir für die Reaktionszeiten genügend sichere Werte. In der folgenden Tabelle sind diese Werte mit- geteilt. Temp. " Gels. Intensität d. Zentrifugal- kraft = i Zahl der Koleop- tilen Reaktions- zeit = t it di dm dm di 21,4 21,9 22,0 22,2 21,7 22,8 3,460 g 0,959 „ 0,612 „ 0,227 „ 0,156 „ 0,106 .. 350 2f)0 250 260 325 3.50 31,74 Min. 34,46 „ 37.55 - 45,63 „ 62,24 , 62,36 „ 109,820 83,047 19,225 10,335 8,149 6,610 2,501 0,447 0,285 0,071 0050 76,773 13,822 8,890 2,186 1,639 30,69 30,92 31,19 30,78 30,78 Die Werte für k weichen hier so wenig voneinander ab, daß wir behaupten dürfen, unsere Formel beschreibe den Sachverhalt richtig. (Es sei noch ausdrücklich bemerkt, daß die obigen Reak- tionszeiten sich auf Dauerreizung beziehen.) Berechnen wir, aus- gehend von der in der Intensität 0,106 g gefundenen Reaktionszeit und indem wir k = 30,87 Minuten setzen, die Reaktionszeiten für die übrigen Intensitäten, so ergibt sich: Berechnet: 62,36 Minuten; 52,25; 45,56; 37,18; 34,34; 31,82, Gefunden: 62,36 Minuten; 52,24; 45,53; 37,55; 34,46; 31,74. Nun haben wir die Differenz Reaktionszeit minus Präsen- tationszeit zu untersuchen. Da die Gültigkeit des Reizmengen- gesetzes über allen Zweifel erhaben ist, so wurde nur eine Präsen- tationszeit möglichst genau bestimmt und daraus die übrigen be- über die geotropische Reaktionszeit. 419 rechnet. Für die Bestimmung dieser Präsentationszeit ergab sich das Folgende: 0,512 g Temp. "Geis. Exposition Es reagierten 23,1 21,8 22,1 21,0 4 Minuten 7 „ ■ 10 15 36,78 «/ü V. 341 Koleoptilen 52,97 „ „ 370 79,2 „ „ 250 89,39 „ „ 245 Daraus ergibt sich: 50 pOt. haben reagiert nach 6,5 Min. ßeizmenge — 6,5 X 0,512 = 3,328 g Min. Daraus sind die untenstehenden Präsentationszeiten berechnet. Intensität dt-r Zeutrifugalkraft Reaktionszeit Präsentationszeit Reaktionszeit minus Präsentationszeit = k 3,460 g 0,959 „ 0,512 „ 0,227 „ 0,166 „ 0,106 „ 31,74 M 84,4 6 ;-^7.56 46,63 62,24 62,36 in. 1 y 0,96 Min. 3,47 „ 6,50 ., 14,66 ,. 21,33 „ 31,39 „ 30,78 Min. 30,99 „ 31,05 „ 30,87 „ 30,91 „ 30,97 ,, Die Differenz der beiden Zeiten ist also konstant. Der Wert für k ist nach den beiden Berechnungsarten derselbe, denn oben erhielten wir dafür 30,86 Min. und hier 30,93 Min. Es bleibt die Frage, ob die Reaktionszeit durch Reizung über die Präsentationszeit hinaus verkürzt wird. Darüber gibt die folgende Zusammenstellung Auskunft, 0,512 g Mittlere Präsentationszeit = 6,6 Min. Exposition Reaktionszeit Zahl d.Coleoptilen davon reagierten 4 Min. 33,76 Min. 341 122 V „ 35,16 „ 370 196 10 „ 34,91 „ 250 198 15 „ 37,16 ,. 245 219 dauernd 37,55 „ 260 260 Die Reaktionszeit ist also bei Dauerreizung keineswegs kürzer als bei Reizung von Präsentationszeitdauer, ja es scheint sogar das Umgekehrte der Fall zu sein. Das ist aber bloß scheinbar und erklärt sich folgendermaßen. Die Präsentationszeit weist eine ähn- liche individuelle Variabilität auf wie die Reaktionszeit. Es haben nun aber die Keimlinge mit kleinen Präsentationszeiten nicht etwa bloß kleine Reaktionszeiten, sondern die Reaktionszeitkurve solcher 29* 420 AßTHUE, Tröndle: Keimlinge hat einen analogen Verlauf wie die der gesamten Keim- linge. Sondern wir die Keimlinge in Gruppen nach der Grüße der Präsentationszeit, so erhalten wir für die Reaktionszeit dieser Gruppen ähnliche Kurven, die sich zwar größtenteils überdecken, aber doch nicht ganz. So liegt zum Beispiel der Gipfel der Eeak- tionszeitkurve der Keimlinge, deren Präsentationszeiten unter 7 Min. liegen, bei 35,16 Minuten, für Keimlinge hingegen, deren Präsentationszeit zwischen 7 und 15 Minuten liegt, bei 38,31 Minuten. Daraus geht hervor, daß die mittlere Reaktionszeit mit abnehmen- der Exposition kleiner wird. Mit der Dauerreizung ist deshalb direkt nur vergleichbar das Ergebnis einer Reizung, bei der die Präsentationszeit für alle oder doch fast alle Keimlinge erreicht wurde. In unserem Fall ist diese Forderung erfüllt bei einer Reizung von 15 Minuten, denn in dem Fall reagierten 89 pOt. der Keimlinge. Da nun hier die mittlere Reaktionszeit, wie aus der obigen Zusammenstellung ersichtlich ist, mit der bei Dauerreizung zusammenfällt, so ergibt sich mit voller Sicherheit, daß die Reak- tionszeit bei Dauerreizung gleich groß ist wie bei Reizung von Präsentationszeitdauer. Nach dem bisher Mitgeteilten können wir uns folgende Vor- stellung des Reizprozesses machen. Während der Dauer der Präsentationszeit findet die Perzeption des Reizes statt (es sei nicht unterlassen zu betonen, daß wir vorerst bloß mit einer Reizung von Präsentationszeitdauer rechnen), das heißt, es tritt in der Pflanze eine Zustandsänderung irgendwelcher Art ein, die wir als Erregung bezeichnen können. Damit der Beginn einer Krümmung eintritt, muß diese Erregung eine bestimmte Höhe erreicht haben. Diese Höhe ist erreicht mit Ablauf der Präsentationszeit. Nun be- ginnt die Erregung ihrerseits eine Anzahl von Processen auszu- lösen, die für ihren Gesamtablauf die Zeit k benötigen und als deren Endergebnis nach Ablauf der Zeit k die Krümmung beginnt. Welcher Art diese Prozesse sind, wissen wir bis jetzt nicht, wir haben aber Gründe zu vermuten, daß das Endglied dieser Prozesse in einer Tiirgoränderung besteht, daß vorher die Prozesse ablaufen, die diese Änderung bewirken und daß während eines Teiles der Zeit k oder vielleicht während ihrer ganzen Dauer regulative und korrelative Prozesse zwischen den einzelnen Zellen stattfinden. Reizen wir nun über die Präsentationszeit hinaus dauernd, so steigt die Erregung" nach Schluß der Präsentationszeit weiter an, und das hat zur Folge, daß auch die Auslösung der während der Zeit k ablaufenden Prozesse weitergeführt wird, was seinerseits zur Folge liat, daß die Krümmung weiterschreitet. über die geotropische Reaktionszeit. 421 Die Richtigkeit dieser Vorstellung wäre nun weiter experi- mentell zu prüfen. Einen Anfang dazu habe ich mit Hilfe der intermittierenden Reizung gemacht. Beginnt nämlich die Aus- lösung der Prozesse, die in der Zeit k ablaufen, erst nach Ablauf der Präsentationszeit, so müßte bei intermittierender Reizung die Reaktionszeit um die Summe der Pausen verlängert sein, die in die Präsentationszeit eingeschaltet sind. Die intermittierender Reizung wurde nach dem folgenden Schema ausgeführt. Exposition: 2 2 2 2 2 = 10 Min. Pausen 2 2 2 2=8« Es reagierten 198 Koleoptilen = 80,81 pCt. von 245, Reak- tionszeit 38,94 Minuten. Entsprechende normale Reizung, Exposition 10 Minuten. Es reagierten 198 Koleoptilen = 79,2 pCt. von 250, Reaktions- zeit = 34,91 Min. Es ist somit bei unserer intermittierenden Reizung die Reak- tionszeit länger als bei Dauerreizung und zwar 4 Minuten. Man sollte meinen, daß der Unterschied 8 Minuten betragen müßte, das kann aber wie aus dem folgenden hervorgeht, nicht der Fall sein. Die Keimlinge, deren Präsentationszeit kleiner ist als 2 Minuten, beginnen ihre Reaktion zu normaler Zeit. Die Keimlinge, deren Präsentationszeit 4 Minuten beträgt, beginnen ihre Reaktien um 2 Minuten später, da in ihre Präsentationszeit eine Pause von 2 Minuten eingeschaltet ist. In analoger Weise beginnen die Keim- linge, deren Präsentationszeit zwischen 4 und 6 Minuten liegt, ihre Reaktion 4 Minuten später usw. Auf die Weise würden wir 5 Reaktionszeitkurven bekommen, deren Scheitel jeweilen um 2 Minuten weiter auseinanderliegen als bei normaler Reizung. Diese 5 Kurven summieren sich zu einer Gesamtkurve, deren An- fang zwar mit dem Anfang der Kurve bei normaler Reizung zu- sammenfällt, deren Ende aber 8 Minuten weiter hinausgeschoben ist, so daß ihr Gipfel um 4 Minuten verschoben sein muß. Die Versuche mit intermittierender Reizung beweisen also, daß die Reaktionszeit um die Summe der Pausen verlängert ist, die in der Präsentationszeit eingeschaltet sind. Während so dieses Ergebnis mit meiner Vorstellung im Einklang steht, so kann es sie aber doch andererseits, wie ich hier nicht näher auseinandersetzen will, nicht beweisen. Dazu sind noch Experimente anderer Art nötig, die intermittierende Reizung allein tut es nicht. Die Versuche werden weiter fortgesetzt. 422 S« KOSTYTSCHEW und A. SCHELOUMOFF: 60. S. Kosty tschew und A. Scheloumoff: ÜberAlko- hoibildung durch Weizenkeime. (Eingegangen am 8. Oktober 1913.) Einer von uns hatte schon längst dargetan, daß verschiedene in Wasser gelöste Stoffe von den Weizenkeimen aufgenommen werden und auf den Atmungsvorgang der Keime unter Umständen einen bedeutenden Einfluß haben können^). Besonders beachtens- wert war die Einwirkung der durch Dauerhefe vergorenen Zucker- lösungen, welche einen äußerst starken Aufschwung der C02-Pro- duktion hervorriefen 2). Dagegen übten Phosphate, welche bekannt- lich die Zymasegärung stark steigern, gar keinen Einfluß auf die Sauerstoffatmung der Keime aus. Späterhin haben K IWANOFF^) und nach ihm L. IWANOFF*) und W. ZALESKI^) die Frage nach der Einwirkung der Phosphate auf die COa-Produktion der AVeizenkeime eingehend untersucht. Diese Forscher haben gefunden, daß sekundäre Phosphate die COg-Produktion der Weizenkeime stark stimulieren. Ohne eine einzige Alkoholbestimmung ausgeführt zu haben, äußerte L. IWANOFF die Ansicht, daß hier nichts anderes, als eine Beförderung der alkoholischen Gärung vorliegt. Der genannte Forscher nimmt an, daß Weizenkeime selbst bei ausgezeichneter Aeration nicht normal atmen, sondern nur alkoholische Gärung entwickeln. Diese eigen- artige Ansicht stützt sich auf die übereilte Voraussetzung, daß käufliche Keime „immer ein abgetötetes Material vorstellen"^). Eine andere bedauernswerte Verwicklung der Frage bildete die fehlerhafte Schlußfolgerung L. IWANOFFs, daß vergorene Lösungen 1) S. KOSTYTSCHEW, Biochem. Zeitschr. Bd. 15, S. 164 (1908); Bd. 23, S. 137 (1909). 2) Bezüglich der hiermit verbundenen theoretischen Auseinandersetzungen muß auf die soeben zitierten Publikationen hingwiesen werden. 3) N. IWANOFF, Bullet, de l'Acad. des sciences de St. Petersb. 1010, S. 303. 4) L. IWANOFF, Biochem. Zeitschr. Bd. 25, S. 171 (1910). 5) W. Zaleski und A. Reinhard, Biochem. Zeitschr. Bd. 27, S. 4B0 (1910). . 6) L. IWANOFF, Biochem. Zeitschr. Bd. 29, S. 348 (1910). über Alkoholbüdung durch Weizenkeime. 423 nur wegen ihres Gehalts an Phosphaten eine Steigerung der CO2- Produktion der Weizenkeime hevorrufen. Wir haben sodann nachgewiesen, daß die Einwirkung ver- gorener Lösung durchaus nicht von den Phosphaten abhängt i); unsere Ergebnisse zeigen außerdem, daß die Einwirkung sekun- därer Phosphate auf die Atmung der nicht keimfähigen Weizenkeime auf eine Beförderung der COa-Produktion durch die alkalische Reaktion der Lösung zurückzuführen ist. Diese Re- sultate wurden neuerdings von W. ZaLESKI und E. MaRX^) in allen Einzelheiten bestätigt. Auch L. IWANOFF selbst 3) hat nun- mehr seine ursprüngliche Meinung gründlich verändert: er nimmt jetzt an, daß in gegorenen Lösungen neben den Phosphaten noch ein anderes Koferment der Zymase enthalten ist. Da diese Er- klärung bisweilen ganz hypothetisch bleibt, so wollen wir darauf nicht näher eingehen. Es muß noch bemerkt werden, daß in dieser Arbeit L. IWA- NOFFs schließlich doch Alkoholbestimmungen ausgeführt worden waren. Es ergab sich, daß Weizenkeime bei „vorzüglicher Durch- lüftung" Alkohol bilden. Aus den nachstehenden Versuchen wird jedoch ersichtlich werden, daß die Aeration in diesen Versuchen L. IWANOFFs eine sehr mangelhafte war. W. ZALESKI und A. REINHARD^) kamen in ihrer ersten Ar- beit zu dem Schluß, daß Phosphate sowohl die Sauerstoffatmung als die anaerobe Atmung (Alkoholgärung) der Weizenkeime steigern. In den darauffolgenden Publikationen behauptet W.ZaLESKT einstimmig mit L. IWANOFF (und ebenfalls ohne Alkoholbestim- mungen mit Weizenkeimen auszuführen) , daß durch sekundäre Phosphate und gegorene Zuckerlösungen nur die alkoholische Gä- rung der Weizenkeime gesteigert wird^). Die Steigerung der nor- malen Atmung durch vergorene Zuckerlösungen hält ZALESKI von vornherein für unwahrscheinlich, „da alle diese Objekte Zymasfc enthalten"^). Diese Beweisführung ist uns vollkommen unbegreif- 1) S. KOSTYTSCHEW' und A. SCHELGUMOFF, Jahrb. f. wissensch. Bota- nik, Bd. 60, S. 167 (1911). . 2) W. ZALESKI und E. Marx. Biochem. Zeitschr. Bd. 4 3, S. 1 (1912). 3) L. IWANOFF, Diese Berichte, Bd. 2L), S. 663 (1911). 4) W. Zeleski uod A. Reinhard, Biochem. Zoitschr. Bd. 27, S. 460 (1910). 5) W. ZALESKI und A. REINHARD, Biochem. Z-itschr. Bd. 35, S. 228 (1911). W. ZALESKI und E. MARX, Biochem. Zeitschr. Bd. 43, S. 1 (1912). 6) W. ZALESKI und A. REINHARD, Bioch. Zeitschr. Bd. 35, S. 243 (1911). 424 S. KOSTYTSCHE\V und A. SCHELOUMOFF: lieh. Die Vorstellung ZALESKIs von der Anaerobiose unterscheidet sich übrigens von den . laufenden Anschauungen, da er Erbsen- samen als „typisch anaerobe Objekte" bezeichnet^). Die zu den Versuchen ZALESKIs und seiner Mitarbeiter ver- wendeten Weizenkeime waren abgetötet, wie es die Verfasser selbst betonen. Nun haben W. PALLADIN und S. KOSTYTSCHEW^) schon längst dargetan, daß bei vielen Pflanzen Oxydationsvorgänge durch Abtötung stark beeinträchtigt werden, während die Zymase tätig bleibt. Die Versuche ZALESKIs und seiner Mitarbeiter sind also mit denjenigen S. KOSTYTSCHEWs^) nicht direkt vergleichbar, ZaLESKI meint jedoch, daß die beiden Arbeiten von S. KOSTY- TSCHEW „sehr wahrscheinlich" mit abgetöteten Keimen, die nur anaerob atmen, ausgeführt worden waren*); daß es in den Ver- suchen unserer ersten Arbeit^) der Fall war, scheint ZALESKI gar nicht zu bezweifeln, und zwar aus dem Grunde, weil die von uns benutzten Keime nicht keimfähig waren. Dies ist aber eine sehr gewagte Voraussetzung: es wird in dei- Tat nachstehend dargetan werden, daß nicht keimfähige Weizenkeime bei Sauerstoffzutritt normal atmen können. Es ist also ersichtlich, daß die Frage nach der Einwirkung verschiedener Stoffe auf die COg-Produktion der Weizenkeime sich wieder dadurch verwickelt hat, daß verschiedene experimentell nicht begründete Voraussetzungen ausgesprochen wurden. Nun wollen wir neue Tatsachen beschreiben, die eine Auf- klärung der Frage herbeiführen sollen. L. IWANOFF und W. ZaLESKI setzen voraus, daß Weizenkeime nicht normal atmen, sondern alkoholische Gärung erzeugen. Die genannten Forscher nehmen außerdem an, daß durch gegorene Zuckerlösungen nicht Oxydationsvorgänge, sondern nur Zymasegärang beeinflußt wird. In der vorliegenden Mitteilung werden also die Bedingungen der Alkoholbildung durch keimfähige und nicht keimfähige Weizen- keime erläutert. In der nachstehenden Mitteilung wird die Ein- wirkung verschiedener Stoffe auf die normale Atmung und die 1) W. Zaleski und A. Reinhard, Biochem. Zeitschr. Bd. 35, 8 236 (1911). 2) W. Palladin und S. KOSTYTSCHEW, Zeitschr. f. physiol. Chemie, Bd. 48, S. 214 (1906). 3) S. KOSTYTSCHEW, Biochem. Zeitschr, Bd. 15, S. 164 (]9ü8) u. Bd. 23, S. 137 (1909). 4) Daß ich schon danoals direkte Alkoholbestimmungen und zwar mit durchaus negativem Resultate ausführte, hat Zaleski nicht beachtet. (S. K.) 6) S. KOSTYTSCHEW und A. SCHELOUMOFF 1. C über Alkoholbildung durch Weizenkeime. 425 alkoholische Gärung der Keime wiederum untersucht. Durch all diese Versuche sind die ursprünglichen Ergebnisse von S. KOSTY- TSCHEW bestätigt worden; die widersprechenden Voraussetzungen von L. Iwan OFF und W. Z ALESKI erwiesen sich als nicht stich- haltig. Wir verfügen über ein sehr beträchtliches Versuchs- material, da aber die Resultate ganz gut übereinstimmen, so soll hier nur ein Teil der Versuche wiedergegeben werden. I. Versuche mit keimfähigen Weizenkeimeii. Daß, den Ausführungen L. IWANOFFs zuwider, lebende Keime existieren, konnten wir von vornherein aus dem einfachen Grunde kaum bezweifeln, da die Untersuchungen des einen von uns, die noch lange vor dem Erscheinen der Publikationen IWANOFFs ab- geschlossen sind^), mit keimfähigen Weizenkeimen ausgeführt worden waren. Eben solche Keime haben wir auch für die nach- stehend beschriebenen Versuche verwendet. Die Keimfähigkeit dieser Keime war eine sehr beträchtliche, wie sie bei den ganzen Weizensamen nicht oft anzutreffen ist, da die einzelnen nicht keimenden Exemplare schwer zu finden waren. A. Kurzdauernde Versuche bei vollkommener Aeration ohne Toluol. Lufttrockene Keime wurden in Wasser bzw. Lösung ver- schiedener Stoffe im Verlaufe von 1 Stunde eingeweicht, dann ab- filtriert, auf Streifen von JOSEPHpapier aufgetragen, die Papier- streifen in geräumigen U-E/öhren locker verteilt und im Luftstrome belassen. Eben dieselbe Methode wurde in den Arbeiten von S. KOSTY- TSCHEW (1. c.) verwendet. Versuch 1. Portion A. 20 g Keime und 100 ccm Wasser. Portion B. *20 g Keime und 100 ccm Iproz. Lösung von NaaHPO^. Luftstrom. Versuchsdauer 6 Stunden. A. C2H50H= 0 mg. B. C2H5OH r= 0 mg-^. 1) S. KOSTYTSCHEW, 1. C. 2) Bezüglich der Methoden der Alkoholbestimmung vgl. S. KOSTYTSCHEW und E. HÜBBENET, Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 79, S. 361 (1912). Die Destillate enthielten immer eine geringe Menge von Acetaldehyd. lu je einem Versuche wurde auch der Alkoholgehalt der eingeweichten Kontroll- portion ermittelt. Diese Zahlen sind der Kürze wegen nicht angeführt. 426 S. KosTYTSCHEW und A. Scheloumoff: Versucli 2. Portion A. 20 g Keime und 100 ccm Wasser. Portion B. 20 g Keime und 100 ccm 1 proz. Lösung von NagHPO^. Luftstrom. Versuchsdauer 6 Stunden. A. C2H5OH = 0 mg. B. C2H5OH = 0 mg. Versuch 3. Portion A. 20 g Keime und 100 ccm Wasser. Portion B. 20 g Keime und 100 ccm Iproz. JSlaaHPO^- Lösung. Luftstrom. Versuchsdauer 6 Stunden. A. CO2 = 256 mg. C2H5OH = 0 mg. B. CO2 = 278 mg. C.HsOH = 0 mg. Versuch 4. 20 g Keime und 100 ccm Wasser. Versnchsdauer 6 Stunden Wasserstoff ström. CO, = 204 mg, C.H^OH = 203 mg, CO, : C2H5OH = 100 : 100. Dieser Versuch beweist, daß lebende Keime bei Sauerstoff- abschluß eine echte alkoholische Gärung entwickeln. Versuch 5. Portion A. 20 g Keime und 100 ccm Iproz. Na^HP04- Lösung. Luftstrom. Portion B. 20 g Keime und 100 ccm Iproz. Na,HP04-Lösung. Wass erstoff Strom. Versuchsdauer 6 Stunden. A. CO2 = 265 mg. CgH.OH-Spur (15 mg)i). B. CO, = 229 mg. C,KOH = 213 mg. CO, : CaH.OH = 100:93. Versuch 6. Drei Portionen A, B und C zu je 15 g wurden in je 75 ccm gegorener Zuckerlösung (2 g Traubenzucker, 4 g Zymin. 100 ccm AVasser; Dauer der Gärung 5 Stunden) eingeweicht. Luftstrom. A. (Versuchsdauer 3 St.) CO, = 140 mg, C,H,OH-Spur (16 mg). B. (Versnchsdauer 3 St.) CO^ = 136 mg. C,H,OH-Spur ( 8 mgj. C. (Versuchsdauer 6 St.) COg = 274 mg, C,H,OH-Spur ( 3 mg). 1) Diese Zahl liegt innerhalb der Fehlergrenzen der pjknometrischen Alkoholbestimmungen. über Alkoholbildung durch Weizenkeime. 42T Versuch 7. 20 g Keime und 100 ccm konzentrierte gegorene Lösung (wie in unseren früheren Versuchen: 5 g Zucker, 10 g Zymin, 100 ccm Wasser; Dauer der Gärung 5 Stunden). Luftstrom; Versuchsdauer 6 Stunden. CO2 = 298 mg C,H,OH-Spur (5 mg) Versuch 8. 20 g Keime und 100 ccm gegorene Lösung (wie im vor- stehenden Versuche): Wasserstoffstrom. Versuchsdauer 6 Std. CO, = 304 mg, aH^OH = 299 mg, CO, : C.HgOH = 100 : 98. Eine gleichzeitig im Luftstrome belassene Portion hat 368 mg CO, gebildet. Lebende Weizenkeime scheiden immer mehr CO., in der Luft als im Wasserstoff aus. Obige Versuche zeigen, daß lebende Weizenkeime bei unge- hinderter Aeration nicht die geringste Menge von Alkohol produ- zieren (Spuren von Alkohol waren auch in Kontrollportionen vor- handen). Ein anderes üesultat war auch von vornherein nicht zu erwarten, da alle bisher untersuchten Samenpflanzen bei ge- nügendem Sauerstoffzutritt ganz normal atmen. Bei Sauerstoff- abschluß wird dagegen eine echte alkoholische Gärung in leben- den Keimen eingeleitet. B. Länder dauerude Versuche bei vollkommeuer Aeration mit Toliiol. Die Methodik war genau dieselbe wie in der vorstehenden Versuchsserie, nur wurde in die Versuchsröhren ein mit Toluol getränkter Wattepfropfen eingeführt; außerdem wurden die vor den Versuchsgefäßen befindlichen Waschflaschen mit Wasser ebenfalls mit etwas Toluol versetzt. Der Luftstrom war also mit Toluoldampf gesättigt. Versuch 9. 20 g Keime und 100 ccm Wasser. Luftstrom. Versuchs- dauer 48 Stunden. CO, in 6 Stunden 241 mg „ „ 18 „ 910 „ .. „ 24 „ 1383 .. Summe in 48 Stunden 2534 mg C,H,OH = 75 mg; CO, : C,H,OH = 100 : 3. Versuch 10. 20 g Keime und 100 ccm Iproz, Lösung von Na,HP04. Luftstrom. Versuchsdauer 48 Stunden. 428 S. KOSTYTSCHEW und A. SCHELOUMOFF: CO2 in 6 Stunden 232 mg „ „18 „ 808 „ „ „ 24 „ 826 „ Summe in 48 Stunden 1866 mg C.H.OH = 75 mg; CO, : aH.OH = 100 : 4. Versuch 11. Portion A. 20 g Keime und 100 ccm Wasser. Portion B. 20 g Keime und 100 ccm 1 proz. Na.HPO^-Lösung. Laftstrom. Versuchsdauer 24 Stunden. A. Wasser CO, in 6 Std. = 222 mg „ V 18 „ = 566 „ Summe in 24 Std. = 788 mg C,H50H=:93 mg CO, :C,H,0H = 100: 12. B. Phosphat CO, in 6 Std. 225 mg „ „18 „ 882 Summe in 24 Std. 1 107 mg C,H,OH= 153 mg CO, :C,H50H = 100 : 13. Trotz Gegenwart von Toluol ist also die Alkoholproduktiou der Keime äußerst gering. Das Veihältnis CO, : GjHjOH zeigt, daß auch in diesen lange dauernden Versuchen die CO,-Produktion beinahe ausschließlich auf den Vorgang der Sauerstoffatmung zu- rückzuführen ist. Die Lösung der Frage, ob die Keime in diesen Versuchen als „lebend", „abgetötet" oder nur „beschädigt" za be- zeichnen sind, wollen wir anderen überlassen. Wichtiger scheint es uns, darauf aufmerksam zu macheu, daß die Keime im Toluol- dampf ihre Keimfähigkeit vollkommen eingebüßt haben, aber trotz- dem zum größten Teil normal atmeten. Die Annahme ZALESKIs^), daß nicht keimfähige Keime bei vollkommenem Luftzutritt nur anaerobe Atmung zeigen, hat sich also nicht bestätigt. C. Versuche bei mangelhafter Aeratioii ohne Toluol. Nun wollen wir einen für die Methodik der Bestimmung der Pflanzenatmung äußerst wichtigen und lehrreichen Umstand hervor- heben. Hätte nämlich L. IWANOFF mit den für obige Versuche verwendeten Keimen experimentiert, so würde er seine früheren Ergebnisse wenigstens teilweise bestätigen können. IWANOFF hatte 1) W, Zaleski und E. MARX, Biochem. Zeitschr., Bd. 43, S. 3 (1912). über Alkoholbildung durch Weizenkeirae. 42& die Keime in einen Kolben mit großer Bodenoberfläche hinein- getan und mit der entsprechenden Flüssigkeit übergössen. Die Menge der Flüssigkeit war zweimal größer als das Gewicht der Keime; es bildete sich ein Brei, da die ganze Flüssigkeit von den Keimen sogleich aufgenommen wurde. Eben dieselbe Methodik haben wir in den nachstehend beschriebenen Versuchen verwendet. Als Versuchsgefäße dienten die etwa 2 Liter fassenden flachen FERNBACHschen Kolben mit sehr großer Bodenoberfläche. Versuch 12. 20 g Keime und 40 ccm Wasser, Luftstrom. Versuchsdauer 6 Stunden. CO, = 215 mg, 0,H,OH = 108 mg; CO, : C,H,OH = 100 : 50. Versuch 13. 20 g Keime und 40 ccm Iproz. Na,HPO^-Lösung. Luftstrom. Versuchsdauer 6 Stunden. CO, = 162 mg, C,H,OH = 107 mg, CO, : C^HgOH = 100 : 66. Versuch 14. Portion A. 20 g Keime und 40 ccm Wasser. Portion B. 20 g Keime und 40 ccm 1 proz. Na,HPO^-Lösung. Luftstrom. Versuchsdauer 6 Stunden. A. CO, = 241 mg, C,H,OH = 105 mg, CO, : C,H,OH = 100 : 43. B. C0,"= 234 mg, gXoH = 122 mg, CO, : C,H,OH = 100 : 52. Versuch 15. 20 g Keime und 40 ccm vergorene Zuckerlösung (wie im Ver- such 6). Luftstrom. Versuchsdauer 6 Stunden. CO, = 367 mg, C,ROH = 198 mg, CO, : C,ROH = 100 : 54. Versuch 16. Portion A. 20 g Keime und 40 ccm 2 proz. Traubenzucker- lösung. Portion B, 20 g Keime und 40 ccm vergorene Zucker- lösung (wie im Versuch 6). Luftstrom. Versuchsdauer 6 Stunden. A. CO, ^ 239 mg, C,H,OH = 124 mg, CO, : C,H,OH = 100 : 52. B. CO, = 324 mg, C,H,OH = 193 mg, CO, : C,H,OH = 100 : 59. In all diesen Versuchen wurde also mindestens die Hälfte von CO, im Vorgange der alkoholischen Grärung gebildet, da die der Meinung IWANOFPs nach „vorzügliche Durchlüftung" in der Tat eine mangelhafte war. Während bei guter Aeration sogar Toluol nicht imstande war, die Oxj^dationsvorgänge der Keime merklicK 430 S. KOSTYTSCHEW und A. SCHELOTJMOFF: herabzusetzen, wurde dies durch eine scheinbar unwesentliche Hemmung des Luftzutritts erreicht. Obschon in unseren Ver- suchen die Keime in ganz dünner Schicht und im lebhaften Luft- strome auf dem Boden lagen, konnte jedoch der gebildete Brei •den Sauerstoff nur mit seiner oberen Oberfläche aufnehmen. Auch in den Versuchen ZALESKIs und seiner Mitarbeiter dürfte die Aeration unserer Meinung nach meistens nicht einwand- frei sein. Überhaupt ist bei Untersuchungen über die Pflanzen- atmung immer die Gefahr sehr groß, daB eine künstlich bewirkte Hemmung des Sauerstoffzutritts zustande kommt; dies kann aber unter Umständen zu ganz verkehrten Resultaten führen. Besonders beim Arbeiten mit befeuchteten Objekten ist große Vor- sicht geboten. II. Versuche mit nicht keimfähig"en Weizenkeimen. Die Atmungsenergie dieser Keime war bedeutend geringer, als diejenige der für unsere früher veröffentlichten Versuche^) ver- wendeten ebenfalls nicht keimfähigen Keime. Die Aeration war in allen Versuchen eine vollkommene: die Keime wurden auf Streifen von JOSEPHpapier aufgetragen und in geräumigen U-Röhren locker verteilt. Das Einweichen der Keime dauerte 1 Stunde. Versuch 17. 100 g Keime und 500 ccm Wasser. Versuchsdauer 5 Stunden. Luftstrom. CO, = 84 mg, an^OH = 23 mg, CO, : C,H,OH = 100 : 27. Versuch 18. 100 g Keime und 500 ccm 5 proz. Traubenzuckerlösung unter 2iusatz von 15 g Na^HPO^. Versuchsdauer 5 Stunden. Luftstrom. CO, = 165 mg, C,H,OH = 93 mg, CO, : C,H50H ^ 100 : 55. Versuch 19. 100 g Keime und 500 ccm vergorene Zuckerlösang (wie im Versuch 7). Versuchsdauer 5 Stunden. Luftstrom. CO, = 337 mg, C,H50H = 138, CO, : C,KOH = 100 : 41. Es ergab sich also, daß diese sehr schwach atmenden Keime -etwa die Hälfte des abgeschiedenen CO, im Vorgange der alkoho- lischen Gärung erzeugen. Die andere Hälfte von CO, ist auf die Sauerstoffatmung zurückzuführen. Nach den Ergebnissen des einen 1) S. KOSTYTSCHEW und A. SCHELOUMOP^F, Jahrb. f. wissensch. Botan. Bd. 50, S. 167 (1911). über Alkoholbildung durch Weizenkeime. 431 von uns findet bei Luftzutritt kein Alkoholverbrauch in Weizen- keimen statt'); auf Grnnd dieser Erfahrung kann nur die dem Alkohol äquivalente CO2 -Menge auf den Gärungsvorgang bezogen werden. Es kann also auch in diesem Falle nicht ausschließlich von der anaeroben Atmung die Rede sein. Folgender Versuch zeigt, daß die anaerobe Atmung von nicht keimenden Keimen ebenso wie diejenige der lebenden Keime mit der alkoholischen Gärung vollkommen identisch ist. Versuch 20. 100 g Keime und 200 ccm vergorene Zuckerlösung (wie im Versuch 7). Versuchsdauer 5 Stunden. Wasserstoffstrom. CO, = 358 mg, G,H,OH = 348 mg, CO, : C,H,OH = 100 : 97. Zusammenfassung der wichtigsten B/Osultate. 1. Lebende Weizenkeime bilden bei vollkommener Aeration nicht die geringste Menge von Alkohol ; selbst in Gegenwart von Toluol ist die Alkoholproduktion äußerst schwach (CO, : C, H^OH = 100 : 8). 2. Lebende Weizenkeime bilden bei nicht vollkommener Aeration (Methode von L. IWANOFF) beträchtliche Alkoholmengen (CO, : C,H,On ^ 100 : 50). 3. Nicht keimfähige, schwach atmende Keime produzieren selbst bei vollkoinmenei' Aeration nicht zu unterschätzende Alko- holmengen (CO, : C,H50H = 100 : 50). 4. Bei lebenden Weizenkeimen ist die Gesamtmenge, bei nicht keimfähigen mindestens die Hälfte von gebildetem CO, auf die normale Atmung zurückzuführen. 5. Bei Untersuchungen über die Pflanzenatmung ist auch die geringste Hemmung von Luftzutritt unzulässig. St. Petersburg, Botanisches Laboratorium der höheren Frauen- kurse. 1) S. KOSTYTSCHEW, Biochem. Zeitschr. Bd. 15, S. 181—182 (1908). 432 S. KOSTYTSCHEW, W. BRILLIANT uad A. SCHELOUMOFF: 61. S. Kostytschew, W. Brilliant und A. Schelou- moff: Über die Atmung lebender und getöteter Weizenkeime. (Eingegangen am 8. Oktober 1913.) In der vorstehenden Mitteilung wurde dargetan, daß keim- fähige Weizenkeime bei guter Aeration nur Sauerstoffatmung zeigen und nicht die geringste Menge von Alkohol bilden, während nicht keimfähige Keime den Alkohol selbst bei vorzüglicher Aeration erzeugen. Jetzt wollen wir noch andere Eigentümlich- keiten der Atmung derselben Präparate von keimfähigen und nicht keimfähigen Weizenkeimen beschreiben. Dies ist um so not- wendiger, als die Frage nach der Einwirkung verschiedener Stoffe auf die COg-Produktion der Weizenkeime Gegenstand von Meinungs- verschiedenheiten geworden ist, die in der vorstehenden Mitteilung- ausführlich dargelegt sind. Hier sei nur daran erinnert, daß S. Kostytschew^) folgende , Resultate erhielt: 1. Keimfähige Keime atmen normal. 2. Die COg-Produktion dieser Keime wird durch Phosphate nicht gesteigert; vergorene Zuckerlösungen be- wirken aber einen Aufschwung der CO^ -Ausscheidung, der auf die normale Atmung zurückzuführen ist. L. IWANOFF") und W. Z ALESKI mit seinen Mitarbeitern 3), die späterhin mit nicht keimfähigen Keimen experimentiert haben, kamen zu folgenden Schlußfolgerungen: 1. AVeizenkeime zeigen nur anaerobe Atmung (alkoholische Gärung). 2. Die COg-Produktion der Keime wird sowohl durch Phosphate, als durch vergorene Zuckerlösungen gesteigert. Diese Steigerung der COg- Produktion wird von einer Steigerung der Og-Aufnahme nicht begleitet. Gärungsprodukte bewirken vielmehr eine Zunahme der COg- und Alkoholbildung. Die Untersuchungen der genannten Forscher waren übrigens unter mangelhafter Aeration ausgeführt, was um so mehr zu bedauern ist, als namentlich die Fragen nach der Energie der 1) S. KOSTYTSCHEW, Biochem. Zeitschr. Bd. 15, S. 164 (1908); Bd. 23. S. 137 (1909); vgl. auch S. KOSTYTSCHEW und A. SCHELOUMOFF, Jahrb. f. wissensch. Bot, Bd. 60, S. 157 (1911). 2) L IWANOFF, Biochem. Zeitsch. Bd. 26, S. 171 (1910); diese Berichte, Bd. 29, S. 663 (1911). 3) W. Zaleski und A. Reinhard, Biochem. Zeitschr. Bd. 27, S. 460 (1910); Bd. 36, S. 228 (1911); W. Zaleski und E. MARX, Biochem. Zeitschr. Bd. 43, S. 1 (1912); W. ZALESKI, diese Berichte, Bd. 33, S. 354 (1913). über die Atmung lebender und getöteter Weizenkeime. 433 Og-Aufnahme und nach dem Wesen der CO.^ -Bildung erläutert wurden. In der vorstehenden Mitteilung wurde dargetan, daß bei Anwendung der IWANOFFschen Methodik (die auch von ZALESKI benutzt wurde) eine Alkoholbildung durch lebende Keime im Luftstrome wahrgenommen wird. Da dieser Umstand den mit den Eigentümlichkeiten der Pflanzenatmung weniger Vertrauten sehr merkwürdig erscheinen könnte, so wollen wir noch zeigen, daß die Oa-Aufnahme in den nach dem Verfahren von L. IWANOFF und W. ZaLESKI ausgeführten Versuchen eine unvollkommene ist. Die vollkommene Aeration wird nach S. KOSTYTSCHEWi) dadurch erzielt, daß die vorher eingeweichten Keime auf Streifen von JOSEPHpapier aufgetragen und im Versuchsgefäß locker ver- teilt werden. Bei mangelhafter Aeration ließen wir die ein- geweichten Keime in nur einer Schicht (ohne sich gegenseitig zu decken) auf dem Boden des Kolbens liegen, wie es auch in den Versuchen von L. IWANOFF und W. ZALESKI der Fall war. Nach einer lebhaften Luftdurchleitung wurde der 250 ccm fassende Versuchskolben luftdicht abgesperrt-); die alsdann entnommene Gasprobe wurde im Apparate von POLOWZOW-ßlOHTER») ana- lysiert. A. Lebeude Keime. Versuch 1 . Zwei Portionen zu je 3 g Keime und 6 ccm Wasser. Portion A vollkommene Aeration, Portion B mangelhafte Aeration. Ver- suchsdauer 3 Stunden. A. CO2 = f),50 %, O2 == 15,d4 %. N2 = 77,96 %; PO ^■.= 1,334); O2 absorb. 4,89 %. 0, B. CO2 = 7,21 %, O2 = 16,73 %, N2 = 76,06 %; PO -^^= 2,22; O2 abs. 3,25 %. Versuch 2. Wiederholung des Vorstehenden; die Versuchsdauer betrug aber 1^/2 Std. . 1) S. KOSTYTSCHEW, 1 C. 2) W. Palladin und S. KOSTYTSCHEW, Handbuch der biochem. Ar- beitsmethoden von E. Abderhalden, Bd. 3, S. 602 (1910). 3) W. Palladin und S. Kostytschew, 1. c. S. 491. ■ PO 4) Die Berechnung von ^ und der Menge des absorbierten Sauer- 79,20 • OO2 , , Stoffs geschah auf Grund der bekannten tormel ^^^^ .^ _ ^^ .^^ . q (cier Sauerstoffgehalt der Laboratoriumsluft war gleich 20,80 »/o). Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. 30 434 8- KOSTYTSCHEW, W. BütLLlANT Und A. SCHELOUMOFF •. A. CO2 = 3,98 %, 0, = 17,73 %. N, = 78,29 %; CO, ^= 1,4; O2 absorb. 2,84 %. 0, B. CO2 = 4,12 %, O2 = 18,47 %, N, = 77,41 %; ^^%-= 2,22; 0, abs. 1,86 %. B. Getötete Keime. Versuch 3. Zwei Portionen zu je 12 g Keime und 24 ccm Wasser. Portion A vollkommene Aeration, Portion B mangelliafto Aeration. I. 1 Stunde mit Luft abgesperrt. A. CO, = 2,20 %, 0, = 18,11 %, N2 = 79,69 %; i^ = 0,78; O2 absorb. 2.82 %. B. C0/= 2,55 %, 0, = 19,78 %, N, = 77,67 %; PO -^= 4,09; 0, abs. 0,62 %. II. 1 Stunde im Luftstrome, dann für 1 Stunde abgesperrt. A. CO, = 1,43 %, 0, = 19,96 %, N, = 78,61 %; -^^ = 2,09; 0, absorb. 0,6ö %. B. 'C0o'= 1,92 %, 0, = 20,18 %, K, =-- 77,90 %; '2 CO., - = 6,80; O2 abs. 0,28 %. 0, Versuch 4. Wiederholung des vorstehenden Versuchs. L 1 Stunde mit Luft abgesperrt. A. CO., = 2,15 %, 0, = 18,30 %, N^ = 79,55 %; ^^ = 0,83; 0., abs. 2,59. %. 0, B. CO., = 2,39 %, 0, = 19,8.9 %, N, = 77,72 %; PO -:^=4,6; 0, abs. 0,52%. II. 1 Stunde im Luftstrome, dann für 1 Stunde abgesperrt. A. CO.. = 1,50 %, 0, = 19,91 %, N, = 78,59 %; PÖ -^= 2,04; 0, abs. 0,73 %. 0, B. CO, = 2,05 ",„ O, = 20,24 %, N, = 77,71 %; PO -"^-^^ 12,22; 0, abs. 0,17%. über die Atmung lebender und getr>teter Weizenkeirae. 435 Versuch 5. Wiederholung der beiden vorstehenden. I. 1 Stunde mit Luft abgesperrt. A. CO, = 1,94 %, 0, = 18,56 %, N, r= 79,50 %; CO, 0. = 0,84; 0, absorb. 2,31 % 0* B. CO2 = 2,27 %, C, = 19,94 %, N, = 77,79 %; CO, 0.. — 4,66; O2 abs. 0,49 %. II. 1 Stunde im Luftstrome, dann für 1 Stunde abgesperrt. A. CO, = 1,31 %, O2 = 20,06 %, N2 = 78,63 %; CO -^= 2,22; 0., abs. 0,59 %. ß. C0,'= 2,03 %, 0, = 20,15 %, N, = 77,82 %; CO -^^= 7,00; 0, abs. 0,29 %. III. 1 Stunde im Luftstrome, dann für 1 Stunde abgesperrt. A. CO, = 0,98 %, 0, = 20,37 %, N, = 78,65 %; CO -' =3,4; 0, absorb. 0,29 %. ^2 B. C0j= 1,63 %, 0, = 20,31 %, N, = 78,06 %; CO.. 02 = 8,4; 0, abs. 0,19 7„. Die Resultate von diesen Versuchen bedürfen kaum einer Er- örterung: bei den nach L. IWANOFF behandelten Keimen war die O, -Aufnahme immer stark gehemmt; der genannte Forscher hat aber die Energie der 0,-Aufnahme der Weizenkeime gemessen i) und Z ALESKI-) äußerte sich darüber folgendermaßen: „Außerdem hat L. IWANOFF nachgewiesen, daß die Zwischenprodukte der Alkoholgärung von KOSTYTSCHEW keine Steigerung der Sauer- stoffabsorption bewirken" 3). Wir behaupten dagegen, daß die bei unzureichender Aeration ausgeführten Versuche dies nicht beweisen können, und daß die Versuche von Z ALESKI selbst einer Nach- prüfung unter besseren Aerationsverhältnissen bedürfen. 1) L. IWANOFF, diese Berichte, Bd. 29, S. 570 (1911). 2) W. Zaleski, diese Berichte, Bd. 31, S 356(1913). 3) Bei der Beurteilung der Atmungsenergie der für die erste Arbeit von S. KOSTYTSCHEW verwendeten Weizenkeime, die er in derselben Publi- kation erscheinen ließ, übersieht Zaleski offenbar, daß die Gewichtsangaben von KOSTYTSCHEW sich auf nasse, mit Wa&ser imbibierte, eingeweichte Keime bezichen. 30* 436 S. KOSTYTSUHEW, W. BRILLIANT und A. SCHELOUMOFF: Merkwürdig ist der Umstand, daß bei guter Aeration auch nicht keimfähige Keime während der ersten Stunde normal atmen. Die Energie der CO^-Bildung, und namentlich der 0, -Aufnahme dieser Keime sinkt aber überraschend schnell; danach sind diese Keime wohl als getötete zu betrachten. Die Einwirkung der Phosphate auf lebende Weizen- keime. Unsere zahlreichen Versuche zeigen deutlich, daB sekundäre Phosphate gar keine Steigerung der C 0.^- Produktion lebender Weizenkeime hervorrufen, was mit den früheren An- gaben von S. KOSTYTSOHEW (1. c.) übereinstimmt. Hier kann nur ein Teil der Versuche wiedergegeben werden. Die Resultate der mit lebenden Keimen ausgeführten Untersuchungen sind der Kürze wegen in der Tabelle I zusammengefaßt. Für je eine Ver- suchsportion wurden 3 g Keime verwendet, Tabelle I. Einwirkung der Phosphate auf lebende Keime. Nr. der Versucte Zeit in Stund. 00^ in mg Nr. der Versuche Zeit in Stund. 00^ in mg Wasser Na.,EP04 1 "/o Na2HP04 3 °/o Wast-er Na.HPO^ lOo Na,HPO, 3 '/o 6 voll- kommene Aeration 2 2 2 14,4 13,6 14,0 12,6 14,0 14,4 10,0 12,2 11,6 11 voll- kommene Aeration • 2 2 2 A 14,4 14,4 14,4 B 14,4 \\2 14.4 A 1.5,2 14,0 13.8 U 15.V 14,8 14,8 Summe 6 | 42,0 '] 4 1,0 33,8 Summe 6 43.2 44.0 43,0 44,8 7 voli- kommeoe Aeration 2 2 2 Luft 12,8 14.0 17.2 12,0 12,0 iO.O 14,0 14,0 15,6 10,8 11.6 13,2 12 maTigel- hafte Aeration 2 2 2 15.2 14,4 14,0 10,0 17,4 14,8 Summe 'i 44,01.84,0 43,6 H.F,,6 Summe 6 1 43.6 i 42.2 8 voll- kommene Aeration 2 2 1 13. Ü 12,8 13.6 15,2 16,4 13,6 13 niaogel- hafte Aeration 2 2 2 14.8 15,6 15,6 14 8 17,0 15,6 Summe 6 43,6 41,6 Suirme 6 1 46.0 47,4 9 voll- kommene Aeration 2 2 2 16,0 16,(t 17,8 A 15,2 16,0 16.0 B 16,4 16,0 16,0 14 mangel- hafte Aeration 2 2 2 16,2 15,2 14,4 11,2 14,8 16,8 Summe 6 49,8 47,2 47,4 Summe 6 | 4.5,6 42,8 10 voll- kommene Aeration 2 2 2 13.2 14,0 11,8 10,8 11,2 11,6 J.5 mangel- hafte Aeration 2 2 2 14,2 14,8 15.4 11,0 18,2 17.4 8,6 12,4 13.6 Svimme 6 3! ,0 33,6 1 Summe 6 44 ,4 46 ,8 biß über die Atmung lebender und getöteter Weizenkeime. 437 Aus der Tabelle I ist ersichtlich, daß sowohl die nach der Methode von S. KOSTYTSCHEW, als nach derjenigen von L. IWANOFF lind W. ZALESKI ausgeführten Versuche durchaus negative Resultate ergaben. Eine 3proz. Lösung von basischem Phosphat hat sogar die 00^ -Produktion der Keime herabgesetzt. Wenn L. IWANOFF^) und W. ZALESKI^j meinen, daß ihre Er- gebnisse denjenigen von S. KOSTYTSÜHEW widersprechen, so ist dies nur eine voreilige Verallgemeinerung der mit abgetöteten Keimen erhaltenen Resultate: das Verhalten lebender Keime ist ein ganz anderes. Wir haben uns außerdem vergewissert, daß auch die NaHO- Lösungen von gleicher Alkaleszenz^) und neutral gemachte Phos- phatlösungen gar keine Steigerung der 00, -Produktion lebender Keime hervorrufen. Auf Grund der Ergebnisse der Versuche mit sekundären Phosphaten sind die soeben erwähnten Resultate als selbstverständlich zu betrachten, und wir werden also hier keine einschlägigen experimentellen Angaben mitteilen, 00 Folgende Gasanalysen zeigen, daß „ " lebender Keime in Gegenwart von Phosphat unverändert' bleibt; das Wesen der 00^- Produktion wird also durch Phosphate nicht beeinflußt. Lebende Keime. Für je einen Versuch wurden 3 g Keime verwendet. Aeration vollkommen. Nach 5 stündiger Luftdurchleitung wurde der Ver- suchskolben für l Stunde abgesperrt. Versuch 16. Wasser. 00, = 3,49 %, 0, = 17,7'J %, N, ^ 78,71) %: 00., 1,18; 0., abs. 2,96 %. 0, Versuch 17, Wasser. 00, = 3,48 %, 0., = 17,82 %, N, = 78,70 %; 00.. 0.. 1,22; 0, abs. 2,85 «/«• '2 Versuch 18. 1 7o Na^HPO^. 00., = 3,50"/.,, 0, = 17,81 "/„, N, = 78,69 «/„; 00.. 0.. == 1,22; 0., abs, 2,87 "/o- 1) L. IWANOFF, Biochemische Zeitschr., Bd. 26, S. 178 (1910). 2) W. ZALESKI, diese Berichte, Bd. 31, S. 356 (1913). 3) Vgl. S. KOSTYTSCHEW und A. SCHELOUMOFF, 1. c. S. 181. 438 S. KOSTYTSCHEVV, W. BRILLIANT und A. SCHELOUilOFF: Versuch 19. 3 7, Na,,HP04. CO, = 2,04 7.,, 0, = 19,14 7„ N, = 78,82 "/„; PO -^ = 1,31; 0, abs. 1,56 7o- Wir erinnern noch daran, daß die in Phosphath'3sungen ein- geweichten Keime keine Alkoholbildiing bei vollkommener Aeration zeigen (vgl. die vorstehende Mitteilung). Die Einwirkung vergorener Zuckerlüsungen auf die CO.,-Produktion lebender und getöteter Weizenkeime. In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der ersten Arbeit von S, KOSTYTSCHEWi) haben wir gefunden, daß Traubenzucker lösungen die CO.^-Produktion lebender Keime steigern. Da dies aber keine Streitfrage bildet, so halten wir die Wiedergabe der einschlägigen Versuche für überflüssig. Viel interessanter ist es, die Einwirkung der Zuckerlösungen mit derjenigen der gegorenen Lösungen zu vergleichen. In der vorstehenden Mitteilung sind bereits CO.,-Bpstimmungen angegeben, welche zeigen, daß vergorene Zuckerlösungen die Atmung- lebender Weizenkeime steigern. Diese Tatsache wird nunmehr ausführlicher erläutert. Die Versuchsergebnisse sind in der Tabelle II Tabelle II. Einwirkung der vergorenen Lösungen auf lebende Weizenkeime. Nr. der Versuche Zeit in Stund. CO2 in mg Nr. der Versuche Zeit in ^tund. CO2 in mg Zucker- lösung vergorene Zucker- lösung Zucker- lösung vergorene Zucker- lösung 20 Aeration voll- kommen 2 2 2 2 «/o 17,2 17,2 18,8 2 0/0 26,4 20,0 19,6 23 Aeration voll- kommen 2 2 2 2 7o 18,4 16,0 14,8 2 «/o 21,0 20,4 18,2 Summe 6 .^^3.2 6B.0 Summe 6 49,2 59.6 21 Aeration voll- kommen 2 2 2 6 "'/., 18,4 19,2 21.0 5 »/o 25,6 25,0 22,4 24 Aeration voll- kommen 2 2 2 5 7o 17,6 15,2 17,2 5 0/0 23,2 22,4 21,8 Summe 6 .58,6 73,0 Summe 6 1 50.0 67,4 22 Aeration voll- kommen 2 2 2 5 «o 18,6 15,2 14,8 5 7o 22,8 21,6 20.2 25 Aeration voll- kommen 2 2 2 5 7o 15,6 16,0 16,6 5 7o 22,0 20.8 19,0 Summe 6 1 48,6 64,6 Summe 1 6 47,2 61,8 1) S. KOSTYTSCHEW, Bioch. Zeitschr., Bd. 16, S. 175 (1908). über die Atmung lebender und getöteter Weizenkeime. 439 zusammengefaßt. Zu je einer Versuchsportion wurden 3 g Keime verwendet. Die vergorenen Lösungen (2 oder 5 g Traubenzucker, 4 oder 10 g Zymin und 100 ccm Wasspr, Dauer der Gärung 5 Stunden) wurden vor dem Gebrauch in üblicher Weise von Alkohol und Zymin befreit und neutral gemacht. Der „Zymin- extrakt" wurde auf folgende Weise dargestellt: 10 g Zymin wurde mit 100 ccm Wasser gekocht, filtriert, das Filtrat mit 5 g Trauben- zucker versetzt und neutral gemacht. In allen Versuchen haben vergorene Zuokerlösungea eine Steigerung der CO^-Bildung hervorgerufen; diese ist allerdings nicht so beträchtlich, wie bei getöteten Keimen. Auch Zj-min- extrakt bewirkt einen Aufschwung der CO.^ -Produktion lebender Weizenkeime. Versuch 26. 3 Portionen zu je 3 g. Aeration mangelhaft. ^pit. in CO2 in mg Stunden Zuckerlösuug ., vergorene *= ZuckerJosung Zyminextrakt mit Zucker 3 2 2 26,2 18,4 16.8 29,0 23,4 26,4 25.6 22,8 24,8 7 61,4 78,8 73,2 Aus dem Vergleich der Versuchstabellen I und II ist sofort ersichtlich, daß die Wirkung vergorener Zuckerlösungen mit der- jenigen der Phosphate nichts zu tun hat. Auch von einer Ein- wirkung der Kofermente der Zymase kann in unserem Falle nicht die üede sein, denn einerseits üben die bisher bekannten Kofer- mente nur auf getötete Objekte eine Wirkung aus, andrerseits bilden aber lebende Keime nicht die geringste Menge von Alkohol bei guter Aeration (vgl. die vorstehende Mitteilung). Nun wollen wir auch zeigen, daß die von L. IWANOFF und W. ZALESKI so stark bezweifelte Steigerung der O^-Aufnahme durch gegorene Lösungen bei wirklich guter Aeration in der Tat stattfindet. Versuch 27. 3 g lebender Keime wurden in 5 proz. vergorener Zucker- lösung eingeweicht. Aeration vollkommen. 5 Stunden im Luft- strome, dann für 1 Stunde abgesperrt. CO 00, =--- 4,57 «/o, 0, = 16,95 %, N., = 78,48 "/,; ^^ = 1,25; 0, absorb. 3,66 %. 0.. 440 S. KOSTYTSCHEW, W. BRILLIANT und A. SCHELOUMOFF : Ein Vergleich dieser Zahlen mit denjenigen der Versuche 16, 17 und 18 ergibt, daß durch vergorene Zuckerlösungen sowohl die CO,-Ausscheidung, als die 0.^ -Absorption im gleichen Maße CO gesteigert werden: die Größe von ^ bleibt unverändert. Nicht so verhalten sich getötete Weizenkeime. Bei diesen wird die Sauerstoffaufnahme durch vergorene Zuckerlösungen nicht merklich gesteigert; infolgedessen findet eine gewaltige Zu- CO nähme der Größe von ' selbst bei vollkommener Aeration statt. Versuch 28. 6 g getöteter Weizenkeime wurden in öproz. vergorener Zuckerlösung eingeweicht. Aeration vollkommen. I. 20 Min. im Luftstrome, dann für 1 Stunde abgesperrt. CO CO, = 2,63 "/,, 0, = 19,46 7o, N, = 77,91 7o ; -^- = 2,62; O, abs. 1,0 7«. II. 1 Stunde im Luftstrome, dann für 1 Stunde abgesperrt. CO CO, = 2,15 7o, O, = 20,22 7o, N, = 77,63 7..; -^ = 13,2; O, abs. 0,16 7«. Versuch 29. Wiederholung des Vorstehenden. I. 20 Min. im Luftstrome, dann für 1 Stunde abgesperrt. CO CO, = 3,01 7o, 0, --= 19,04 7„, N, = 77,95 o/^; -^ = 2,11 ; 0, abs. 1,43 7„. II. 1 Stunde im Luftstrome, dann für 1 Stunde abgesperrt. CO CO, = 2,73 7o. 0, ^ 20,00 «/«, N, = 77,27 7,; -^ = 9,27; 0, abs. 0,29 7«. III. 1 Stande im Luftstrome, dann für 2 Stunden abgesperrt. CO CO, = 2,31 7o, 0, = 20,16 7„ N, = 77,53 7«; -^ = 11,3; 0, abs. 0,2 7„. Dieses Präparat der Keime hat eine so schwache Atmung, daß dieselbe trotz Gegenwart vergorener Zuckerlösung nach Ab- lauf von 3 Stunden mit großer Geschwindigkeit erlischt. Zusammenfassung der wichtigsten Resultate. 1. Durch scheinbar geringe Hemmung von Luftzutritt wird die 0, -Aufnahme lebender und getöteter Weizenkeime stark herab- gesetzt. K. Mkyer: Über die Microspora amoena (Kütz.) Rab. 44 1 2. Sekundäre Phosphate üben gar keine Wirkung auf die CO^-Produktion und 0^-Aufnahme lebender Weizenkeime aus. 3. Vergorene Zuckerlösungen bewirken eine Steigerung der CO.^-Produktion und der 0, -Aufnahme lebender Weizenkeime. 00, . , . , wird nicht verändert. 4. Bei getöteten Weizenkeimen wird selbst unter tadellosen Aerationsverhältnissen nur die OO.-Produktion durch veroorene Zuckerlösungen stimuliert. Hierbei findet also eine bedeutende CO Zunahme der Größe von '- statt. St. Petersburg. Botanisches Laboratorium der höheren Frauen- kurse. 62. K. Meyer: Über die Microspora amoena (Kütz.) Rab. (Mit Tafel XVII.) (Eingegangen am 9. Oktober 1913 ) Die Entwickelungsgeschichte der von THURET im Jahre 1851 iestgestellten Gattung Microspora, wurde zuerst von G. LAGERHEIM im Detail studiert. Seine Schrift') erscheint bis jetzt für Micro- spora grundlegend. Alle in Floren und Lehrbüchern angeführten Angaben über diese Alge gehen auf die Abhandlung LaGERHEIMs als Quelle zurück. LAGERHEIM studierte die Microspora Willeana Lag., unsere Untersuchung hat zum Gegenstande die Microspora ■amoena (Kütz.) Rab., die zuerst im Jahre 1908 bei dem Dorfe Kolomenskoje bei Moskau gefunden wurde. Hier entwickelt sich M. amoena jährlich in großer Menge in einem in den Moskaufluß mündenden Bache. Die Beobachtungen haben gezeigt, daß der Entwickelungscyklus der M. amoena, obw^ohl im allgemeinen dem Entwickelungscyklus der M. Willeana ähnlich, dennoch in Einzeln- heiten bedeutende Unterschiede aufweist. 1) G. Lagerheim, Studien über die Gattung Conferva und Microspora. Flora 1889. 442 K. Meyer: M. amoena bildet lange unverzweigte Fäden von 23 — 24 /* Dicke, welche aus kurzen Zellen bestehen, deren Länge gleich der Breite ist oder sie um das Anderthalbfache übertrifft (in Ausnahme- fällen um das Zweifache). Die Zellwand, wie schon von N. WILLE und später von K. BOHLINi) gezeigt wurde, besteht aus Zellulose und ist (in der Projektion) aus H-förmigen ineinander eingeschobe- nen Teilen gebildet. Die Zellwändo sind ziemlich dick und zeigen Schichtenbildung, die Querwände sind oft verdickt. Be- obachtet man diesen H-förmigen Teil zur Zeit der Zoo- sporenbildung, wenn sie aufschwellen und verschleimen, so kann man sehen, daß ein jedes solches H aus zwei Teilen be- steht: einem äußeren zylinderförmigen und einem inneren eigent- lich H-förmigen, in den äußeren Zylinder eingeschobenen Teile. Hinter der Zell wand liegt ein ziemlich dicker protoplasmatischer Wandbelag mit einem Chromatophor; der Mittelpunkt der Zelle wird von einer Vakuole von Zellsaft eingenommen, in welcher an Protoplasmafäden der in der lebenden Zelle ohne jede Färbung sehr gut sichtbare Zellkern hängt (Fig. 1). Der Chromatophor hat die Form einer die Zelle rings umgebenden und mit zahlreichen un- regelmäßigen kleinen Offnungen durchlöcherten Platte. In alt^n Zellen sind diese Oeffnungen breiter und der Chromatophor scheint dann in einzelne Scheiben zu zerfallen. In Wirklichkeit jedoch sind diese Scheiben immer durch dünne Fäden verbunden (Fig. 2j. In den Chromatophoren wurden kleine Stärkekörner abgelag'(7f5-Arten zeigen den eben betrachteten" (bei Crassula) „genau entsprechende Bildungen; nur liegen diese in den bekannten Fällen nicht über den Endigungen der Nerven. Bei Ficus neriifolia Reinw. sieht man auf den beiden seit- lichen^Vierteln der glänzenden Oberseite des Blattes viele weiße und flache Grübchen. — Diese liegen innerhalb derE-andmaschen stärkerer Nerven über einer breitfleckenartigen Anastomose eines von den Fig. 3. Ficus elastiea, Jugendblatt mit Hjdathoden. (Natürliche Größe.) Knoten dieser Maschen ausgehenden dünneren Nervennetzes. — Sie haben auf ihrer Epidermis zahlreiche Spaltöffnungen, während die Epidermis der Oberseite sonst derselben entbehrt. Bei Ficus diversifolia Blume sieht man auf der Oberseite rötliche Pünktchen über die ganze Blattfläche zerstreut. — Im wesentlichen ebenso wie Ficus iieriifolia üeinw. verhalten sich Ficus Porteana Regel, Ficus Cooperi im Hort. bot. Berolin., Ficus eriohotryoides Kth. u. Beuch., Ficus leucosticta Spreng, u. a. 1) VOLKENS, WasserausscheiduQg an Blättern. Jahrbuch des botanischen Gartens, II. 2) Magnus, Botanische Zeitung 1871, S. 481. 490 ^- Kamerling : Auf diese Bildungen weist METTENIÜS hin in seinen Filices liorti Lipsiensis. Leipzig 1856. „Diese Bildungen sind sicher Secretionsorgane, wie das auch schon die älteren Anatomen erkannten." Ob seit 1871 diese Hydathoden von Ficns nochmals ausführ- lich untersucht worden sind, habe ich der mir zur Verfügung stehenden Literatur nicht entnehmen können. PRANTL^), NESTLER'^), Spanier^) erwähnen alle die Hydathoden von Ficus, aber wohl nur im Anschluß an die Angaben von MAGNUS. HABERLANDT*) hat in Buitenzorg vorwiegend mit Conocephalus experimentiert und nur einen Versuch mit einer nicht näher bestimmten Ficus-Avt durch- geführt. Man findet die H3^dathoden an den Jugendblättern von Ficus elastica häufig ziemlich nahe am Rande, die Verteilung über die Blattspreite ist in der nach einem frischen Blatte angefertigten Textfigur angegeben. An Alkoholmaterial sind diese Organe viel schwieriger aufzufinden als im frischen Zustande. Unterhalb ieder Hydathode findet sich ein Knotenpunkt kleinerer Nerven. Die Epidermis der Blattoberseite ist an dieser Stelle nur eine Zellschicht dick und zeigt ungefähr zehn, unregelmäßig gebaute, mehr weniger desorganisierte, teilweise wahrscheinlich abgestorbene Spaltöffnungen, die etwas kleiner sind wie die normalen Stomata der L^nterseite des Blattes. Der eigentliche Körper der Hydathode besteht aus einer, zahlreiche enge Intercellularen aufweisenden, parenchymatischen, plasmareichen, blattgrünlosen Gewebemasse, welche den erweiterten Gefäßbündelknoten aufsitzt. Das Palissadenparenchym fehlt an dieser Stelle, der Drüsenkörper liegt unmittelbar unter der Epider- mis. Wenn die Pflanze eine gewisse Größe erreicht hat, einer Stammlänge von 1 bis 2 Decimeter entsprechend, kommen an den neuen Blättern keine Hydathoden mehr zur Ausbildung. Dieser Zeitpunkt fällt ungefähr zusammen mit dem Zeitpunkte, wo die Pflanze unabhängig wird von dem knollenförmigem Wasserreser- voir im Stamme und in der Wurzel. 1) Prantl, Die Ergebnisse der neueren Untersuchungen über die Spalt- öffnungen. Flora 1872. 2) Nestler, Kritische Untersuchungen über die sogenannten Wasser- spalten. 1892. 3) Spanier, Untersuchungen über die Wasserapparate der Gefäßpflanzen. Bot. Zeitung 1898. 4) Haberlandt, Ber. Deutsche Bot. Gesellschaft. XII, 1894, S. 376. Haberlandt. Physiologische Pflanzenanatomie. 2. Auflage. Haberlandt, Sitzungsberichte der Wiener Akademie 1894, 1895. Kleine Notizen. 491 Daß die Hydatlioden an den Jugendblättern von Ficxs elastica eine bedeutende Rolle im Leben der Pflanze erfüllen, kommt mir nicht sehr wahrscheinlich vor; ich möchte eher glauben, daß wir es hier mit einem Organe zu tun haben, welches bei anderen Ficus- Arten und bei Gonocephalus auch, ! an den späteren Blättern vor- kommt und hier eine größere Bedeutung hat, bei Ficus elastica jedoch rückgebildet ist und nur »och an den Jugendblättern als gewissermaßen rudimentäres Organ zur Ausbildung kommt. V, Gefüllte Blumen bei Buhiis spec. In der Umgebung Von" K.io dö Janeiro kommt sehr häufig eine i?M&?^5-Art''vö"rJ*' welche in Waöhstumsweise dem europäischen Fig. 4. Rubus spec. mit gefüllten Blumen. Rnbiis idaeus ziemlich ähnlich sieht. Einmal traf ich an einem AValdweg ein Exemplar dieser nicht näher bestimmten JRnhis spec. mit stark gefüllten Blumen. Zwei dieser Blumen, in Alkohol konserviert, lagen zur Untersuchung vor. Sie zeigen, wie die Fig. 4 angibt, eine sehr große Anzahl Fetalen. Die Staubfäden ijü 492 Z. Kamerlinö: Kleine Notizen. den geöffneten Blumen sehen teilweise fast normal aus und ent- halten Pollen, zum größten Teil sehen sie jedoch aus, als ob sie in einem früheren EntwickluDgszustand stehen geblieben und nicht zur richtigen Ausbildiing gekommen wären. Das Gynaecium zeigt keine auffällige Abnormalitäten, ist jedoch auch kleiner wie in den normalen Blumen. Fruchtbildung fand an der ziemlich großen Pflanze, welche reichlich geblüht hatte, nicht statt. Andere Exemplare dieser Rtibus-Art mit gefüllten oder halb- gefüllten Blumen habe ich nicht gesehen, in Kultur scheint diese Art überhaupt nicht zu sein. Äußere Faktoren, welche die Füllung der Blumen veranlassen könnten, waren nicht nachzuweisen, die Pflanze wuchs zwischen anderen, normalen Pflanzen derselben Art. Veranlassung, um an eine Kreuzung zu denken, wodurch ein Anstoß zum Auftreten dieser Mißbildung gegeben wäre, gibt es auch nicht, da diese Bubiis-Art die einzige häufig in der Gegend vorkommende ist. Man kann, zwar nicht mit mathematischer Gewißheit, jedoch mit sehr großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß hier ein Fall von einer plötzlich aus irgendeinem inneren Grunde auftretenden Füllung vorliegt. VI. Die biologische Bedeutung der Adventivknospen von Bryophyllum calyc'mum Salisb. Brijophylhim calycinum Salisb. kommt in Brasilien in der Um- gebung von Campos und Rio de Janeiro häufig vor. In der Um- gebung von Campos bildet die Pflanze an Wegrändern häufig- dichtgedrängte Bestände, welche eine Oberfläche von vielen Vier- kant-Metern bedecken. Die unteren drei oder vier Blattpaare sind meistens einfach, d. h. hier kommt nur das unpaare Erd- blättchen des gefiederten Blattes zur Ausbildung. Die oberen Blattpaare sind zusammengesetzt, mit zwei Paaren Blättchen und einem Endblättchen. An exponierten Stellen bleibt Bryophyllum cahjcinum meistens ziemlich niedrig, 3 bis 4 Decimeter hoch und schreitet nicht zur Blüte. Ich habe blühende Exemplare nur selten und nur in wind- freier Lage gesehen, in einem trockenen Graben und in einer Felsspalte. Solche blühenden Exemplare werden ungefähr ein Meter hoch. Die Vermehrung bei Bryophyllum calycinum findet fast aus- schließlich durch die Adventivknospen am Blattrande statt. Junge ARTH. Schp^RRKR: Die Ohromatophoren und Oliondriosomen usw. 493 Pflanzen, welche in dieser Weise entstanden sind, kann man im Freien sehr leicht in allen Entwicklungsziiständen finden. Diese vegetative Vermehrung wird sehr gefördert durch eine präformierte Bruchstelle, welche sich in dem Blattstielchen findet. Die Blättchen werden vom Winde sehr leicht von der Spindel ab- gerissen, wie ich wiederholt zu beobachten Gelegenheit hatte an Bryoi)hi/llum-Pl\a,nzen, welche in Campos, für Verdunstungsversuche, in Töpfen gezogen waren. Leiden, Botanisches Laboratorium, 18. Oktober, 1913. 68. Arth. Scherrer: Die Ohromatophoren und Chon- driosomen von Anthoceros. (Vorläufige Mitteilung.) (Mit Tafel XX.) (Eingegangen am 24. Oktober 1913.) Bei der allseitigen Anerkennung, welche die durch die Forschungen der achtziger Jahre aufgestellte Lehre von der Indi- vidualität der Ohromatophoren gefunden, mußten die Versuche zahlreicher Autoren, die Ohromatophoren als Differenzierungen von Ohondriosomen zu postulieren, auf Widerstand stoßen. Es ist also verständlich, daß versucht wurde, Beweise gegen diese Auffassung zu erbringen. Aber auch bei diesen Bestrebungen sind, so gut wie bei den anderen, willkürliche Schlußfolgerungen vorgekommen. So ist Schmidt *) entschieden zu weit gegangen, wenn er bloß auf Grund der vorhandenen Tatsachen behaupten will, die pflanzlichen Ohondriosomen stellten insgesamt nur „wechselnd gestaltete Ohro- matophoren in den verschiedensten Stadien ihrer Entwicklung" dar. Neuere Arbeiten haben denn auch gegen diese Verallge- meinerung der LUNDEGÄRDschen Befunde Stellung genommen. 1) Schmidt, E. W., Neuere Arbeiten über pflanzliche Mitochondrien. Zeitschrift f. Botanik, 4. Jahrgang, 1912, S. 707. 494 Akth. vSchereer: Zunächst ist RUDOLPH^) bei der Nacliuntersuchung der von LEWITSKY für Keimlinge und ältere Sprosse von Aspamf/us officinalis gemachten Angaben zum Schluß gekommen, daß die Chromato- phoren weder als Derivate der Chondriosomen, noch die Chondrio- somen als Entwicklungsstadien derPlastiden angesehen werden dürfen. Wenn BUDOLPH die Chromatophoren und Chondriosomen als Gebilde verschiedener Natur auffaßt, so lassen einige seiner Bilder aller- dings diese Deutung zu. Andererseits ist aber der klare Beweis, daß in den jüngsten Meristemzellen keine entwicklungsgeschichtliche Beziehung der beiden fraglichen Gebilde vorhanden ist, RUDOLPH nicht gelungen. Im letzten Hefte dieser Berichte hat SaPEHIN-) über Untersuchungen an Polytrichum, Funaria, Bryum und Mniuiii Ergebnisse veröffentlicht, die imstande sind, die Frage — wenigstens für die Laubmoose — einer endgültigen Lösung näherzubringen. In allen Zellen des Gamete- und Sporophyten fand SAPEHIN Piastiden, die während der ganzen Entwicklung immer nur durch Teilung auseinander herv^orgingen. War so einerseits „die Indivi- dualität der Plastide ganz klar demonstriert", so ließ anderseits die Existenz von Chondriosomen in fast sämtlichen Zellen auch den Schluß gerechtfertigt erscheinen, daß „die Piastiden und Chondrio- somen voneinander ganz unabhängig sind". Ich bin zu übereinstimmenden, in vielen Punkten aber noch beweiskräftigeren Feststellungen gelangt. Meine Untersuchungen über die Entstehung und Vormehrung der Chromatophoren in Pflanzenzellen begannen anfangs der zweiten Hälfte des Wintersemesters 1910/U. Die Behandlung der Frage wurde auf die verschiedensten Vertreter des Pflanzenreichs aus- gedehnt, bei den Lebermoosen beginnend, die Laubmoose, Pteri- dophyten, Gymnospermen und Angiospermen berücksichtigend. Mit dem Erscheinen der ersten Arbeit von LEWITSKY (Fe- bruar 1911) nahmen die Untersuchungen insofern eine etwas andere Richtung, als die Möglichkeit einer genetischen Beziehung zwischen Chromatophoren und Chondriosomen in Betracht gezogen werden mußte und die Anwendung spezieller Fixierungs- und Färbungs- methoden nötig machte. Die ersten Beobachtungen überzeugten mich von dem analogen färberischen Verhalten der Chromatophoren und Chondriosomen, 1) Rudolph, K., Chondriosomen und ühromatophoren. Ber. d. deutsch, bot. Ges., Bd. XXX, 1912, S. 60B. 2) Sapehin, A. A., Ein Beweis der Individualität der Plastide. Ber. d. deutsch, bot. Ges., 1913, Heft 7, S. 321. Die Chrom atophoren und Ghondriosomen von Anthoceros. 495 ebenso von der Eigenschaft der ersteren, in Meristem- und Eizellen Größen- und Formverhältnisse anzunehmen, die eine Unterscheidung der Chromatophoren von Mitochondrien und kleinen Chondriokonten unmöglich machen. Ich schloß deshalb die höheren Pflanzen, als zu einer einwandfreien Lösung der gestellten Fragen nicht geeignet, von weiteren Untersuchungen vorerst aus. Die Hauptschwierigkeit lag nun darin, ein Objekt ausfindig zu machen, das bei möglichst einfachem Bau, den mannigfachen technischen Behandlungen keine zu großen Schwierigkeiten ent- gegenstellte. Ich bin Herrn Prof. Dr. A. ERNST zu größtem Dank verpflichtet, mich auf Anthoceros aufmerksam gemacht zu haben. Dieses Lebermoos zeigt Verhältnisse, die sich während der Unter- suchung als die denkbar günstigsten erwiesen. Der in Einzahl vorkommende Chromatophor, seine Größe und Gestalt und die ßesistenzfähigkeit gegen Fixierungsflüssigkeiten, sind als besonders günstige Faktoren zu erwähnen. Ferner ermöglicht es die Orga- nisation des Sporogons, auf einem Schnitte das Verhalten der Chromatophoren während der ganzen Sporogenese festzustellen. Die Durchsichtigkeit der Sporenmutterzellen bis nach der Tetraden- teilung ist ein nicht zu unterschätzendes Moment für die Lebend- beobachtung. Das Fehlen von Olkörpern und der fast gänzliche Mangel jeglicher Fettsubstanzen im ganzen Entwicklungsgang und für die Klarheit der Bilder von großer Bedeutung. Endlich bietet der zarte Bau von Thallus und Sporogon Gewähr für ein gutes Eindringen der Fixierungsflüssigkeiten in alle Gewebepartien, ohne besondere Manipulationen wie Zerschneiden oder Injektionen, die doch immer einen ziemlich gewaltsamen Eingriff bedeuten, nötig zu machen. Das Material zu der Untersuchung wurde mir durch freund- liche Vermittlung von Herrn Prof. Dr. A. ERNST in liebens- würdigster Weise von den Herren Dr. K. MÜLLER in Augusten- berg, Baden, und Dr. A. NÄF in Neapel übermittelt. Von ersterem erhielt ich Material von Anthoceros Husnoti, von letzterem — nach gütiger Bestimmung durch Herrn Dr. K. MÜLLER — solches von Anthoceros punctatus. Den folgenden Ausführungen liegen in der Hauptsache die Ergebnisse meiner Untersuchung an Anthoceros Husnoti zugrunde. Beginnen wir mit dem Gamet ophyten. Das Wachstum des zarten, halbkreis- bis kreisförmigen, oft auch mehr bandartigen Thallus geschieht durch zahlreiche Scheitelzellen, welche in den Einbuchtungen des gekräuselten Außenrandes liegen. Die keil- förmige Scheitelzelle enthält immer einen vollkommen ausgebildeten 496 Arth. Scherrer: Chromatophor. Größe und Gestalt sind aus Fig. 1 ersichtlich und stimmen völlig mit dem lebenden, grünen Chromatophor überein. Die Teilung erfolgt durch Einschnürung, wobei der Kern in der beginnenden Einfurchung Aufstellung nimmt (Fig. 2). Das ist eine Erscheinung, die sich bei jeder Chromatophorenteilung in auf- fallender Weise zu erkennen gibt. Nach erfolgter Teilung wan- dern die Tochterchromatophoren senkrecht zur Richtung der Teilungsebene auseinander und dienen bei beginnender Kernteilung der Spindel als Anhaftungsstellen (Fig. 3). Niemals, weder in der Scheitelzelle des jüngsten noch des ältesten Thallus, habe ich Chondriosomen in irgendeiner Form zur Darstellung bringen können. Mögliche Beziehungen zwischen Chromatophor und Chondriosomen in der Scheitelzelle fallen also von vornherein dahin. Oft schon in den jüngsten dorsalen und ventralen Segmenten, oft aber erst in den Thalluszellen, wo die Grenzen der Segmente sich zu verwischen beginnen, treten die ersten Chondriosomen auf als äußerst zarte, kürzere Chondriokonten, untermischt mit ebenso feinen Mitochondrien. Mit fortschreitender Differenzierung des Thallus, d. h. mit der Bildung von Geschlechtsorganen und größeren Intercellularen, sind auch die Chondriosomen deutlicher sichtbar geworden und als derbere Stäbchen über das ganze Cj^toplasma, ohne die mindeste Beziehung zum Chromatophor, verteilt. Das geht sehr klar aus Fig. 4 hervor; sie stellt die Grenzzelle dreier Interzellularräume dar und entstammt einem Thallus mit fast reifen Geschlechtsorganen. Auf diesem Stadium der Thallusentwicklung tritt zwischen den einzelnen Zellen kein Unterschied im Gehalt an Chondriosomen hervor. Erst auf älteren Stadien, wenn die Entwicklung der Sporogone einsetzt und der Gametophyt deren Ernährung zu übernehmen hat, ist eine Anhäufung von Cli ondriosomen in besonder» lokalisierten Zellen sehr auffallend. Es betrifft das die Thalluszellen, welche direkt an den Sporogonfuß grenzen (Fig. 6) oder in unmittelbarer Nähe desselben liegen. In weiter vom Fuß entfernten Zellen sind nur noch Spuren von Chondriosomen vor- handen. Fig. 6 illustriert ferner aufs schönste das zusammenhang- lose Nebeneinander der Chondriokonten und des in Teilung be- griffenen Chromatophors. Der Chondriosomenanhäufung in den erwähnten Zellen ent- spricht eine ebensolche in den Zellen des Sporogonfußes. Auch hier sind die Chondriosomen zu starken, manchmal außerordentlich langen, an den Enden hie und da verdickten Chondriokonten ent- Die Chromatophoren und Chondriosomen von Anthoceros. 497 wickelt (Fig. 17). Sie sind vollkommen homogen und gestatten nicht den geringsten Schluß auf ihre Genese. Trotz der eben betonten Chondn'osomenarmut der vom Sporo- gonfuß entfernteren, älteren Thalluszellen, sind deren Chromato- phoren in nichts von denjenigen der ungefähr gleich alten Chondriosomen führenden Zellen verschieden, die in der Zone regsten Stoffwechsels liegen. Ebenfalls eine lokale Vermehrung der Chondriosomen kon- statierte ich in den einer iVb.sfoc- Kolonie benachbarten Zellen (Fig. 5). Auch hier findet unzweifelhaft ein Stoffwechsel nach der einen oder anderen Richtung statt. (Auf eine Deutung des Verhältnisses der Fäden von Nosfoc Jiclmwides zu dem J.n^/ 1911, S. 685. Die Chondriosomen als Sekretbildner bei den Pilzen. 521 Die Phot. 3 stellt das unmittelbar folgende Stadium der Oogonentwicklung dar. Die Oogonanlage erscheint etwas mehr angeschwollen, das Aussehen der Kerne uud die allgemeine An- ordnung des Plasmas bleibt wie bei dem vorigen Stadium; in dem Chondriosomenbestande wird aber eine Veränderung schon merk- lich. Auf der Phot. 3 sieht man, daß die Größe der Chondrio- somen hier schon erheblichen Schwankungen unterworfen ist, als ob einige Chondriosomen etwas ausgewachsen seien. Um eine nähere Einsicht in die Veränderungen, welche die Chondriosomen m diesem Stadium erleiden, zu gewinnen, habe ich einen Abschnitt etwa aus der Mitte des Bildes möglichst genau und in größerem Maßstabe gezeichnet (s. Fig. I). Aus der Zeichnung ersieht man, daß die Vergrößerung einiger Chondriosomen mit der Ansammlung einer helleren (gelblichen) Substanz im Innern verbunden ist. Die "ursprünglich schwarz gefärbte Chondriosomensubstanz bleibt dabei nur als peripherische ringförmig erscheinende Hülle erhalten. Alle möglichen Übergänge von den gewöhnlichen rundlichen schwarzen Chondriosomen bis zu den schon vielmal größeren, von mir „gelbe Körner" genannten Formen sind zu beobachten. Auf derselben Zeichnung möchte ich noch auf einige Stäbchen- und hanteiförmig erscheinende Chondriosomen hinweisen. Solche manchmal in großer Menge auftretenden Chondriosomengestalten lassen sich, meines Erachtens, kaum anders als Teilungsstadien der Chondrio- somen deuten '). — Das folgende häufig in den Präparaten auf- tretende Stadium ist sehr charakteristisch (Phot. 4). Das Plasma bleibt großvakuolig. Jedoch bemerkt man stellenweise zwischen den größeren Vakuolen auch sehr feinwabige oder schaumige Plasmabezirke. Die Körnchen im Plasma (Stäbchen kommen in diesem Stadium nur selten vor) sind von sehr verschiedener Größe, von etwa 0,2 fju (d. h. von der minimalen Größe der mi- kroskopischen Abbildung gefärbter Körper) bis ziemlich großen (etwa 0,8 fi). Von den größeren Körnern ist jedes wie in dem vorigen Stadium mit einem schwarzen Ringe berandet. Man findet die Körner jetzt auch in den Vakuolen (s. Phot.). Im Vergleich mit den im Plasma sich befindenden Körnchen er- scheinen diese intravakuolären Körner meistens viel größer (bis >etwa 1,7 fi). Sie sind auch in ein gelbes Mark und eine schwarze 1) Vgl. die analogen Gebilde in den Plasmaanhäufungen der Phot. 6 (s. d. Tafelerklärung). 522 Gr. LEWITSKY: Rinde sehr scharf differenziert i) und bleiben meistens an die Pe- ripherie der Vakuolen dicht angeschmiegt, als ob sie daran ange- klebt wären. Im weiteren Verlaufe der Entwicklung des Oogoniums werden die oben erwähnten feinschaumigen Bezirke des Plasmas immer mehr zsammengehäuft, und in solcher Weise werden einige kern- lose Inseln des feinschaumigen und regelmäßig vakuolisierten Plasmas gebildet (Phot, 5). Außerhalb derselben bleibt das unver- ändert gebliebene Plasma des früheren Stadiums zurück. Die Plasmaanhäufungen werden schließlich zu einer Oosporonanlage vereinigt; die außerhalb gelegenen Teile w^erden zum Periplasma. Wie im vorigen Stadium bemerkt man im Plasma und in den Va- kuolen dieses künftigen Periplasmas Körner von sehr verschiedener Größe; die kleineren sind tief schwarz gefärbt, mit der Größe aber nimmt die Färbungsintensität ab, so daß die größten Körner nur hellgelb erscheinen. Das weitere Schicksal des Periplasmas ist aus der Phot. 6- ersichtlich, die ein Oogon mit einer schon befruchteten Oospore zeigt. Um diese wird eben die primäre Hülle angelegt, wodurch das Oo- und das Periplasma ganz scharf voneinander geschieden werden. In dem letzteren bemerkt man die in dem Präparate rosa gefärbten Kerne mit ihren Nucleolen (rechts), die schwarz ge- färbten rundlichen Chondriosomen und die auf der Photographie heller erscheinenden größeren schwarz berandeten ,, gelben Körner". Dieselben sind mit den typischen kleineren durchaus schwarzen Chondriosomen durch alle Übergänge verbunden. In den Vakuolen — verschieden große, meist weit größere als die Mitochondrien, (bis etwa 2,7 /*) — gelbe Sphären mit schwarzen peripherischen Ringen, die auf der Phot. 6 deutlich sichtbar sind. Ihrem Aus- sehen nach bieten diese schon intravakuolären Körper keine Unterschiede von den im Plasma befindlichen ,, gelben Körnern" dar. Der gelbe . Inhalt, die schwarze Rinde sind bei diesen wie bei jenen vollkommen gleich; der Größe nach ist es auch unmöglich, irgendeine Grenze zwischen beiden Sorten von Bildungen zu ziehen. 1) Den Unterschied zwischen dem gelben Inhalt und der schwarzen Hülle des Kornes auf der Photographie zu zeigen, gelingt (mit Hilfe des gelben Lichtfilters) nur an den größeren Körnern, wie auch aus den Phot. 6 und 7 zu ersehen ist. Die Chondriosoraen als Sekretbilduer bei den Pilzen. 523 Was die Erklärung aller dieser, wie auch der gleichen oben beschriebenen Tatsachen anbetrifft, so erscheint mir'nur die folgende ungezwungen zu sein: es findet im Inneren einiger Mitochon- drien die Ausscheidung eines gelben Sekretes statt. Durch die Tätigkeit der als peripherische Hülle zurückbleibenden Mi tochondrial- substanz wird das weitere Anwachsen des Sekretes bewirkt. In solcher "Weise werden solche ,, sekretbereitenden Mitochondrien" zu den ,, gelben Körnern" umgewandelt (Fig. I). Ich kann nicht umhin, in diesen Verhältnissen eine gewisse Analogie mit der Piastidentätigkeit zu sehen. Jedoch werden schließlich die ,, gelben Körner" aus dem Plasma in die Vakuolen ausgestoßen, was schon eine wesentliche Abweichung von dem Verhalten der Piastiden darstellt^). Ob das weitere Wachstum der schon in den Vakuolen sich befindenden „gelben Körner" auch mit der Tätigkeit ihrer peripherischen Hülle verbunden ist oder in irgendeiner einfacheren Weise (z. B. durch Zusammenfließen mehrerer Körner) geschieht, muß dahingestellt bleiben. Äußerst interessant scheint mir der Umstand zu sein, daß von diesem Stadium an, das die höchste Ausbildung der ,, gelben Körner" in den Vakuolen des Periplasmas zeigt, alle Mitochondrien in demselben sich als relativ groß erweisen; nur vereinzelt findet man die „kleinsten Körner" etwa von 0,3 [i Länge, die so zahlreich und charakteristisch für die vorhergehenden Stadien sind. Mau kann das deutlich sehen aus dem Vergleiche der Phot. 6 mit den Phot. 4 u. 5. Von dem zuletzt beschriebenen Stadium an nehmen die ,, gelben Körner" im Periplasma an Zahl und Größe ab und zur Zeit der Exosporiumbildung verschwinden sie gänzlich. Wahr- scheinlich werden sie bei dem Aufbau der OosporenhüUen aufge- braucht. Wie wir schon gesehen haben, wird das massenhafte Auftreten der „kleinsten Körner" im Oogon zuerst unmittelbar nach dem Stadium der Phot. 3 (Zeichn. I) deutlich, d. h. nachdem schon viele Chondriosomen zu den ,, gelben Körnern" um- gewandelt worden sind (Phot. 4). Sie erhalten sich im Periplasma in allen weiteren Stadien bis zu dem Zeitpunkte, wo das Auf- 1) Es scheint dagegen eine weitergehende Analogie zwischen unseren „gelben Körnern" und den von POLlTlS (Atti R. Accad. Lincei XX, 1911, p. 828) beschriebenen „Oyanoplasten" zu bestehen; nach GUILLIERMOND (Oompt. rend. de l'Ac. de Sc. t. 156, p. 1924) sollen dieselben auch aus den Chondriosomen intraplasnaatisch entstehen, um schließlich in die Vakuolen aus- gestoßen zu werden. 524 G Lewitsky: brauchen der aus den Mitochondrien entstandenen „gelben Körner" eintritt (Phot. 6). "Was sind diese „kleinsten Körner"? Von den typischen Chondriosomen von Alhugo Bliti unterscheiden sie sich nur ihrer Größe nach, die auf 0,2 — 0,3 fi sinken kann; manchmal sind sie auch etwas schwächer gefärbt, wahrscheinlich auch der kleinen Dimensionen wegen. Jedenfalls sind sie mit den größeren typischen Chondriosomen durch alle Übergänge verbunden. Welchen Ursprung haben die ,, kleinsten Körner"? Entstehen sie durch eine Zerstückelung größerer Chondriosomen oder taucheo sie durch das Wachstum noch kleinerer Körperchen aus dem meta- mikroskopischen Gebiete empor? Beides ist möglich. Daß sie einfach Fixationsartefakte seien, scheint mir wenig wahrscheinlich ; bei verschiedenen Fixationsmitteln treten sie immer genau in den- selben Stadien und mit demselben Aussehen auf. Einmal ent- standen, wachsen sie wahrscheinlich zu der Größe der typischen Mitochondrien heran und ersetzen so die zu ,, gelben Körnern" ge- wordenen Mitochondrien, oder sie wandeln sich selbst von Anfang an in die ,, gelben Körner" um. Den eben beschriebenen sehr ähnliche Vorgänge spielen sich auch im Ooplasma ab. Nur werden sie hier durch Bildung des Fettes etwas kompliziert. Das Fett tritt in Form äußerst kleiner dicht ge- häufter Tröpfchen auf, und zwar schon in allerersten inselartigen Plasmaanhäufungen, die das Oosporenplasma bilden sollen. Irgend welche geformten Fettbildner, wie solche für die tierischen Zellen seit ALTMANN^) oftmals angegeben worden waren, konnte ich nicht nachweisen. Nach der Extraktion der den Fetttröpfchen ent- sprechenden Osmiumkörnchen bleiben an deren Stelle nur leere Wäbchen bestehen. Das Fett erhält sich im Laufe der ganzen Entwickelung der Oospore in Form von je nach dem Stadium ver- schieden großen Tropfen; dabei wird es immer durch das ganze Oosporenplasma verteilt. Was die ,, gelben Körner" anbetrifft, so beginnt eine ausgiebigere Bildung derselben im Oo- plasma mit dem Stadium der Membranbildung um die Oospore, welches annähernd unserer Phot, 6 entspricht. Hier kann man alle Übergänge von den kleinsten Körnchen bis zu ziem- lich großen ringförmigen „gelben Körnern" beobachten. In den 1) Die Elementarorganismen, 1890. Weitere Literatur s. bei Heiden- HAIN, Plasma und Zelle, B, I, S. 421. Vgl. noch die neueren Angaben von DUBREUILL über die Mitochondrien als Fettbildner in Compt. r. de la soc. de Biol. t. 70, p. 264. Die Ohondriosomen als Sekretbildner bei den Pilzen. 525 Vakuolen finden sich der Vakuolenwand immer angeschmiegte schwarz berandete große (bis etwa 1,8 (a) „gelbe Körner" ; manche von ihnen scheinen eigentlich nur aus dem Plasma in die Vakuole hineinzuragen. Wenn die Oospore schon mit Endo- und Exosporhüllen be- kleidet ist, sind die ,, gelben Körner" in den Vakuolen schon be- trächtlich herangewachsen, wie man das auf der Phot. 7 sieht. Hier füllen sie den größeren Teil des Volumens der betreffenden Vakuolen aus. Meistens sind sie an die Vakuolenwand angeschmiegt lind sogar etwas linsenförmig abgeplattet (s. Phot.). Ihre schwarze Berandung erscheint hier sehr scharf und ist bei manchen auch auf der beigegebenen Phot. 7 deutlich sichtbar. Die kleinsten von diesen intravakuolären ,, gelben Körnern" nähern sich ihrem um- fange nach schon den größeren im Plasma befindlichen Mitochon- drien, die auch in ihrem Innern eine vollkommen gleiche gelb- liche Substanz zeigen. Im übrigen sind hier die Mitochondrien tiefschwarz gefärbt und ziemlich groß, bald rund, bald oval, bald doppelt. Die „kleinsten Körner" fehlen gänzlich (s. Phot.). Wie im Periplasma fällt der letzterwähnte umstand mit der höchsten Ausbildung der „gelben Körner" zusammen i). Im Ooplasma aber werden sie in der weiteren Entwicklung nicht aufgebraucht, sondern fließen zu einigen großen Tropfen zusammen. Dieses Stadium ist auf der Phot. 8 zu sehen. Die so entstandenen „gelben^) Sphären" färben sich jetzt etwas intensiver mit Häma- toxylin ; sie sind bald wabig, bald völlig homogen — das letztere scheint der Wirklichkeit zu entsprechen. Auf dem Präparate waren die Kerne (s. Phot.) rosa, die Nucleolen und Ohondriosomen schwarz gefärbt. Die letzteren sind alle rund und sehr groß (etwa 1 — 1,5 fi). — Auf der Phot. 9 ist eine ganz reife Oospore dargestellt. Alle durch das Zusammenfließen der ,, gelben Körner" entstandenen Sphären sind zu einer einzigen sehr großen ,, gelben Sphäre" im Zentrum der Oospore vereinigt. Man sieht noch auf der Phot. 9 die sehr deutlich sich abhebenden Kerne (auf dem Präparate rosa gefärbt), wie auch die hier meistens kurzstäbchen- förmigen Ohondriosomen. Die Entwickelung des zentralen sphärischen Körpers der reifen Oosporen von Alhugo JBliti habe ich von den allerersten 1) Vgl. Phot. 6 u. 7. 2) So sind sie nach der Fixierung, aber vor der Hämatoxylinbehandlung gefärbt. 526 G^. LEVVITSKY: Anlagen der „gelben Substanz" an in dem jungen Oogonium (Phot, 3 und Zeichn. I) und dann in der jungen Oospore (Phot. 6) durch alle Übergangsstufen Schritt für Schritt verfolgt. In allen Stadien zeigen diese oben wiederholt beschriebenen ,, gelben Körner" oder „gelben Sphären" keine merkliche Osmrumwirkung. Anden durch die Osmium- und Chromsäure bei der Fixierung durchge- führten aber noch nicht gefärbten Präparaten bleiben sie immer glänzendgelb bis höchstens braungelb. Bei dem Differenzieren wird das Eisenhämatoxylin von den ,, gelben Körnern" viel rascher als von den Mitochondrien und sogar Kernen abgegeben. Nur gegen Ende der Reifung der Oospore behalten sie den Farbstoff etwas stärker als in früheren Stadien. Die wahre chemische Natur der großen Sphären, welche für die reifen Oosporen der Peronsporeen und Saprolegniaceen so charakteristisch sind, scheint bis jetzt nicht aufgeklärt zu sein. Die meisten Autoren bezeichnen sie als Fetttropfen. Nach dem eben Mitgeteilten muß diese An- nahme, wenigstens für Alhugo Bliti in Abrede gestellt werden. Di& osmiumreducierende Substanz ist während der ganzen Oosporenent- wickelung in den Waben des Plasmas leicht zu konstatieren^ In der ganz reifen Oospore ist sie äußerst fein durch das ganz& Plasma verteilt. Noch einige Worte über die Chondriosomen in den Conidien von Alhugo. Besonders interessant erscheinen diesbezügliche Ver- hältnisse bei Alhugo Candida (Phot. 10 u, 11). Das betreffende Präparat wurde mit Eisenhämatoxylin und Lichtgrün gefärbt. In den aus einem Conidienträger entspringenden jungen Conidien (links) ist das Plasma von großen Vakuolen durchzogen; die Kerne sind grün, die Nucleolen entfärbt, die Chondriosomen alle rund, solid und unregelmäßig durch das ganze Plasma verteilt. In den unmittelbar darauffolgenden älteren Conidien wird das Plasma vakuolenfrei und die Chondriosomen — alle ringförmig (eigentlich bläschenförmig). Ihre Verteilung ist jetzt äußerst interessant: wie aus der Phot. 10 u, 11 ersichtlich ist, bilden sie um jeden Kern ein ziemlich regelmäßiges Kränzchen. Bei der Drehung der Mikro- neterschraube sieht man, daß diese bläschenförmigen Chondrio- somen den Kern eigentlich von allen Seiten (von oben und unten auch) umgeben. Jedoch schließen sie sich nicht unmittelbar dem Kerne an, sondern halten sich von ihm in einiger Entfernung^ die etwa dem Durchmesser einer Mitochondrie gleich ist (s. Phot. 10). Bei Alhugo Bliti sind die Verhältnisse in den Conidien den eben beschriebenen ähnlich; nur bleiben hier • die Chondriosomen immer kurzstäbchenförmig (Phot. 12). Die Chondriosomen als Sekretbildner bei den Pilzen. 527 Meinem lieben Kollegen Herrn Dr. W. KaSONOWSKI möchte ich für seine freundliche Unterstützung bei der Verschaffung des- Materials hier meinen innigsten Dank aussprechen. Kijew, Botanisches Institut des Polytechnikums. Erklärung der Tafel XXI. Alle Photographien sind mit Oelimm.-Apochr. v. Leitz 2 mm und ver- schiedenen Oompens.-Ocul. aufgenommen. Von der Retouche sind sie voll- kommen frei. Die Zeichnung I ist mit ABBEschem Zeichenapparat ausgeführt. Alle Präparaten wurden mit Eisenhämatoxylin gefärbt. Albugo BUH. Phot. 1. Eine Hyphe mit zwei spindelförmigen Kernen und zahlreichen meist elliptischen Chondriosomen. Fix.: Schwach. FLEMM.-G-em. Nach- färb, mit Erytrosin. Comp.-Oc. 18. Vergr. 2100. Phot. 2. Eine Oogoniumanlage, nach unten in eine gewöhnliche Hyphe über- gehend. Die Kerne sind schwarz, homogen. Die Chondriosomen in der Oogoniumanlage rundlich, in der Hyphe meist elliptisch, dicht gedrängt. Fix. nach Benda. Comp.-Oc. 8. Vergr. 760. Phot. 3 und Fig. I (Abschnitt aus der Mitte der Phot. 3). Etwas späteres Stadium. Umwandlung einiger Chondriosomen in die „gelben Körner". Die Chondriosomen — teils rundlich teils Stäbchen- oder hanteiförmig. Fix.: Schwach. FLEMM.-Gem. Nachfärb, mit Erytros. Comp.-Oc. 8. Vergr. 760 und 1260. Phot. 4. Abschnitt eines Oogoniums mit zwei Kernen. Noch späteres Sta- dium. Die Körner im Plasma von sehr verschiedener Größe: von den kleinsten (0,2—0,3 ,w) bis ziemlich großen (0,8 /<); noch größere — in den Vakuolen. Fix.: Formalin-Chromsäuregemisch (F. 10 pt. — 86 Tli. Chr.-S. 1 pt. — 15 Th.) — 3 Tage; nachfolgende Behandlung mit schwach. Flemm. -Gemisch ohne Essigsäure — 9 Tage. Comp.-Ocul. 8. Vergr. 760. Gelbes Lichtfilter. Phot. B. Stadium der Accumulation des Plasmas in dem Oogonium. Ober- halb links — das Antheridium und der in das Oogonium eingedrungene Befruchtungsschlauch. In den Plasmaanhäufungen — Stäbchen und Hanteln; außerhalb — meist Körner von sehr verschiedener Größe. Die kleineren — schwarz homogen. Fix.: Schwach. FLEMM.-Gem. Comp.- Ocul. 8. Vergr. 750. Phot. 6 Das Oogonium mit einer jungen schon befruchteten Oospore, die eben mit einer dünnen Membran bekleidet worden ist. Im Periplasma — homogen© (auf dem Präparat rosa gefärbte) Kerne mit Nucleolen und große schwarze rundliche Chondriosomen; in den Vakuolen — sehr große gelbliche, schwarz berandete Körner. Im Ooplasma — schwarz gefärbte Kerne und auch schwarze Chondriosomen; in den Vakuolen, etwaa größere als Chondriosomen — gelbliche Körner. Fix. wie bei Phot, 4. Nachfärb, mit Erytros. Comp.-Ocul. 8. Vergr. 760. Gelbes Lichtfilter. 528 Gr- Lewitsky: Die Chondriosomen als Sekretbüdner bei den Pilzen. Phot. 7. Eine Oospore mit schon ausgebildetem Endo- und Exosporium. In den Vakuolen — große gelbe Körner, von denen viele deutliche Be- randung zeigen. Die Chondriosomen — groß, schwarz. Fix. wie bei Phot. 4. Oomp.-Ocul. 8. Vergr. 760. Gelbes Lichtfilter. Phot. 8. Fast reife Oospore. Die gelben Körner sind zu einigen großen mit Hämatoxylin gefärbten Sphären verschmolzen. Die Kerne — homogen (auf dem Präparat — rosa) mit schwarzen Nucleolen. Die Chondrio- somen sehr groß (1 — 1,5 ju), rundlich. Fix.: Schwach. FLEMM.-Gem. Nachfärb, mit Erytros. Comp.-Ocul. 8. Vergr. 750. Phot. 9. Ganz reife Oospore. Im Zentrum — eine einzige sehr große mit Hämatoxylin gefärbte Sphäre. In dem äußerst feinwabigen Plasma — die mit Erytrosin gefärbten Kerne und — meist kurzstäbchenförmige Chondriosomen. Endosporium sehr schwach gefärbt. Fix.: Schwach. FLEMM.-Gem. Nachfärb, mit Erytros, Comp.-Ocul. 8. Vergr. 750. Albugo Candida. • Phot. 10. Zwei Conidien. Das Plasma kontrahiert. Die Zellwände undeut- lich. In der jüngeren (links) sind die Chondriosomen als runde solide unregelmäßig im Plasma verteilte Körner zu sehen. Zu den Kernen (links und oben) zeigen sie keine Beziehungen. In der älteren Conidie (rechts) sind die Chondriosomen bläschenförmig und häufen sich kranzförmig um die Kerne herum. Fix. : Formal. Chroms.-Gem. (wie bei Phot. 4), nachfolg. Behandl. mit BENDAscher Flüssigk. Nachfärb. m. Lichtgrün. Comp.-Ocul. 8. Vergr. 750. Phot. 11. Dieselben Verhältnisse bei einer stärkeren Vergröß. Ocul. 18. Vergr. 2100. Fix. u. Färb, wie bei der vor. Albugo BUH. Phot. 12. Conidien. Chondriosomen meist kurzstäbchenförmig um die Kerne gehäuft. Fix. n, Benda. Nachfärbung m. Lichtgrün. Comp.-Ocul. 8. Vergr. 750. C. SteinbRINCK : Der Öffnungsapparat von Papilionaceen-Hülsen usw. 529* 73. C. S t e i n b r i n c k : Der Öffnungsapparat von Papilio- naceen-Hülsen im Lichte der „Strul(turtheorie" der Schrumpfungsmectianismen. (Mit 1 Textfigur.) (Eingegangen am 6. November 1913.) Die Papilionaceen-Hülsen haben in der Geschichte der hygro- skopischen Mechanismen eine wichtige Rolle gespielt. Denn erst- lich sind sie es gewesen, die mir im Jahre 1872 das Verständnis dafür eröffneten, warum in den betreffenden Geweben die Längs- achsen der Zellen so oft eine auffällige Orientierung zeigen, indem sie teils in derselben Zellschicht ihre Richtung wechseln, teils in benachbarten Schichten in gekreuzter Lage vorkommen. Die Hülsen gehören aber ferner zu den Gebilden, an denen 1881 und 1883 von A. ZIMMERMANN') die hygroskopischen Krümmungen, parallelfaseriger Gewebe anatomisch zuerst erklärt und insbe- sondere die Bedeutung der Porenlage und der optischen Reaktion, ihrer Membranen im polarisierten Licht studiert wurde. In den späteren Jahrzehnten hat sich nun immer deutlicher erwiesen^ daß die an den Hülsen aufgedeckten Verhältnisse eine sehr all- gemeine Verbreitung haben. Glaubte man nämlich früher, daß den hygroskopischen Be- wegungen meist erhebliche Unterschiede der beteiligten Membranen in der Quellbarkeit — und zwar als Folge chemischer Differenzen — • zugrunde liegen müßten, so stellte sich später heraus, daß es. solcher starker Unterschiede prinzipiell gar nicht bedarf, und daß die Natur tatsächlich im allgemeinen ohne solche auskommt, indem sie die natürliche Anisotropie der Zellmembranen ausnutzt. Mit anderen Worten: die Natur erreicht die für die Pflanze ersprieß- lichen Schrumpf ungs- und Quellungsbewegungen einfach dadurch, daß sie beim Aufbau der Membranen die Achsen ihrer Schrumpfungs- ellipsoide in geeigneter Weise orientiert und abmißt. 1) PrinGSH. Jahrb. 1881, XII, S. 562 ff. und Ber. d. Dtsch. Bot. Ges. I, Heft 10, Über d. Zusammenhg. zw. Quellungsfähigk. u. Doppelbr. .S 5 unter Caragana, 530 C- Steinbrinck: Dieses Prinzip der Strukturtheorie ist in verschiedenen Zeit- schriften wiederholt dargestellt, und auch an der speziellen Er- örterung zahlreicher Beispiele hat es nicht gefehlt'). Zuletzt ist diese Auffassung noch in der Flora von 1908, Bd. 98, S. 471 ff. von SCHINZ und mir für mehrere Spezialfälle verteidigt worden. Bei den Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte sind aber die Hülsen — als erledigtes Kapitel — nicht mehr in die Diskussion hineingezogen worden. Nur in einer popularisierenden Mitteilung des biol. Zentralbl. von 1906 habe ich S. 735 ihren Öffnungsvor- gang in großen Zügen besprochen, habe dabei aber von Einzel- heiten abgesehen. So mag es kommen, daß sich in einigen der hervorragendsten botanischen Werke-) bis in die neueste Zeit hinein •eine Darstellung vom Hülsenmechanismus erhalten hat, die nicht ganz zutreffend oder wenigstens unvollständig ist. Wahrscheinlich rührt dies jedoch auch davon her, daß die zweite oben erwähnte Mitteilung ZBOIERMANNs ziemlich versteckt und daher von den Verfassern übersehen, oder (weil ZIMMERMANNS Darstellung der optischen Beziehungen von der heute üblichen abweicht) nicht klar rgewürdigt worden ist. Nun wäre ja eine solche geringe üngenauigkeit gar nicht der Erwähnung wert, wenn sie nicht zugleich mehr oder weniger eine Ausnahme zu statuieren schiene. Ich komme daher in den folgenden Zeilen auf den Hülsenmechanismus nur darum zurück, damit sich nicht eine Auffassung davon festsetze, die das vorher erwähnte „allgemeine Bauprinzip" der Schrumpfungsmechanismen verdunkelt. Es scheint mir nämlich jetzt besonders an der Zeit, dieses Bauprinzip nochmals in das rechte Licht zu rücken, weil es mit dem submikroskopischen Bau der Zellmembranen in engstem -Zusammenhang steht und daher mit den neuesten Forschungen der Ultramikroskopie in nächste Beziehung tritt. Scheinen diese Forschungen doch die fast verlassene Mizellartheorie, auf deren Boden unsere Erkenntnis der Schrumpfungsvorgänge großenteils erwachsen ist, zu neuem Leben zu erwecken^). Im Sinne der Mizellartheorie läßt sich ja unser Bauprinzip mit den Worten präzisieren, daß sich die fraglichen Austrocknungs- und Quellungs- 1) Verhandlgg. der Naturhist. Ver. d. preuß. Rheinl. 1891, 47. Jahrg., 'S. 123, Nr. 5 — Flora 1891, Heft 3, S. 193 u. 194. — Bot. Jaarboek der Da- donaea VII, 1895 S. 230 u. 231. — Biol. Zeatralblatt, XXVI, 1906, S. 661 u. 662. — Naturwiss. Rundschau, 1911, S. 197. 2) S. JOST, Vorlesgg. üb. Pflanzenphysiologie 1913, S. 549 u. Haber- LANDT Pbysiol. Pflanzenanatomie, II. Aufl., 1896, S. 472. 3) Vgl. z. B. ZsiGMONDY, Über Gelstrukturea, Referat in „Die Natur- wissenschaften" 1913, S. 1013. Der Öffnungsapparat von Papilionaceen-Hülsen im Lichte usw. 531 bewegungen einfach auf die rationelle Anordnung der Membran- mizelle, resp. bei ungleicher Quellbarkeit auf Yerschiedenheiten in den Dimensionen dieser Mizelle zurückführen lassen. In dieser Fassung ist das Prinzip tatsächlich zuerst ausgesprochen worden (siehe Verhandigg. d. naturhist. Ver. d. Eheini. 1891, S. 123), später wurde diese Formulierung aber fallen gelassen, um sie von hypothetischen Voraussetzungen unabhängig zu gestalten. Der näheren Besprechung der Hülsenmechanik sei nun die Bemerkung vorausgeschickt, daß bezüglich derselben anfänglich Zimmermann und ich verschiedene Auffassungen vorgetragen haben. Meine erste Ansicht darüber findet sich nun in HABER- LANDTs Physiol. Pflanzenanatomie (1896, S. 472) wiedergegeben, während JOST (1913, S. 549) die ursprüngliche Darstellung Zimmermanns vorbringt. Nun haben aber sowohl ZIMMERMANN als ich unseren ersten Mitteilungen darüber eine zweite folgen lassen. Zunächst habe ich ZIMMERMANNS Darlegung als wenig- stens teilweise berechtigt anerkannt und beide Ansichten zu ver- einigen gesucht^). Darauf hat ZIMMERMANN sich hiermit einver- standen erklärt und zum vollen Verständnis des Mechanismus ein wesentliches anatomisch-physikalisches Moment hinzugefügt, indem er die Untersuchung im polarisierten Lichte einführte'-). Mit dieser neuen Methode hat er nun ein außerordentlich bequemes und er- folgreiches Hilfsmittel für unsere Spezialuntersuchungen geschaffen. Es hat sich ja bekanntermaßen durch zahlreiche Parallel-Ünter- suchungen herausgestellt, daß dieAchsen desSchrumpfungsellipsoides der pflanzlichen Zellmembranen mit den Achsen des optischen Ela- stizitätsellipsoides in Lage und Grrößenfolge durchweg überein- stimmen"^). Wir wollen diese (vom Standpunkte der Mizellar- theorie besonders leicht begreifliche) Übereinstimmung benutzen, um nunmehr den Hülsenmechanismus in möglichst kurzen Zügen an einem Beispiel zu erläutern. Wir wählen als solches die Hülse von Caragana arhorescens, weil auch ZIMMERMANN seine letzte Auseinandersetzung an diese geknüpft hat. Übrigens stimmen Lathyrus, Orobus, Lupinus, Lotus im wesentlichen mit Caragana überein. Und da nach KRAUS (PRINGSH. Jahrb. V, 1866, S. 121) „der Bau der Hülsen für einen großen Teil der Gattungen sehr gleichförmig zu sein scheint", so gilt dies sicherlich auch für viele andere schraubig aufspringende Hülsen. 1) Diese Ber. 1883, Heft 6, S. 271. 2) Diese Ber. Heft 10, S. 5 des Sonderdrucks unter Caragana. 3) Vgl. Bot. Jaarboek der Dodonaea 1895, VII, S. 228, u. Biol. Zentralbl. 1906, S. 665. 532 C. Steinbrinck: Anatomische Darstellungen liegen nun hinsichtlich dieser Früchte zur Grenüge vor^). Mithin bedarf es für unseren Zweck bloß eines Strukturschemas der Hülsenwandung, nach Art der- jenigen, wie sie für andere hygroskopische Organe im biol. Zentralbl. 1906 (Fig. 7, S. 669 u. Fig. 22, S. 732), sowie in der Flora 1908 (z. B. Fig. la, S. 479, Fig. 2a, S. 483 usw.) aufgestellt sind. Unsere Figur stellt also ein Längsstreifchen aus der Hülsen- wandung von Caragana arhorescens mit seinen Hauptzonen vor. Die hinterste Zone e bedeutet die äußere Epidermis mit einem dickwandigen Hypoderma von etwa 3 Schichten. Darauf folgen das dünnwandige und mechanisch bedeutungslose Parenchym p und Fig. 1. die aus verdickten und verholzten Fasern gebildete „Hartschicht" h, die in der Figur in zwei Zonen h^ und hg zerlegt ist. Die langen schrägen Linien unserer Figur auf der Vorderfläche der Zonen e, hj und h2 sollen die Richtung der Längsachsen und Eeihen ihrer Zellen andeuten. Die gröberen, größtenteils gekreuzten Strichel am oberen Ende dieser Schraffen mögen für die einzelnen Mem- brankomplexe die Richtung der längsten Achsen des Schrumpfungs- ellipsoids (also der schwächsten Schrumpfung) markieren, wie sie sich teils aus der Porenlage, teils aus der Reaktion im polarisierten Lichte ergeben haben. 1) Vgl. Zimmermann, Pringsh. Jahrb., XII, 1881, Taf. 35, Fig. 15, Taf. 36, Fig. 20 u. 21. — Ledere du Sablon, Recherches sur la dehiscence des fruits 1884, Taf. 4, Fig. 8. — Haberlandt, Physiol. Pflanzenanatomie, 1896, S 472, Fig. 201. Der Öffnungsapparat von Papilionaceen-Hülsen im Lichte usw. 533 Sehen wir von diesen, die Schrumpfungsmaße in tangen- tialer Richtung kennzeichnenden, Stricheln zunächst ab und be- rücksichtigen bloß die Iladialschrumpfung der Membranen (senk- recht zu ihrer Fläche), so erhellt schon aus der schrägen und annähernd rechtwinklig gekreuzten Lage der Zellen von e und h die Notwendigkeit der schraubigen Einrollung, die von den trocknen Hülsen bekannt ist. Denn da die Schrumpfung der Membranen in radialer Richtung durchweg am stärksten ist, die Wände, deren Radialkontraktion in die Richtung der Schrägreihen von e fällt, in den Zonen h, und hg aber in weit größerer Zahl vertreten sind als in Zone e, so muß die letztere Zone sich in dieser Richtung weit weniger kontrahieren als die Zonenbezirke hj und hg. In- folgedessen muß sich jede Hülsenklappe schief einrollen, so daß die Epidermis e die konvexe und die Hartschicht h die konkave Seite der entstandenen Schraubenform einnimmt. Andererseits gilt für die Richtung, die senkrecht zu den Schrägreihen von e steht, also mit dem Faser verlauf in h zusammenfällt, gerade das Umge- kehrte, Es muß also an den trocknen Hülsen außerdem eine Krümmung in der letztgenannten Richtung auftreten, die der vorigen entgegengesetzt läuft. In der Tat kommt sie auch deutlich zum Vorschein. Die Hauptkrümmung wird durch diese sekundäre nicht beeinträchtigt, sondern sogar erleichtert. Denn die letztere flacht die ursprüngliche Wirkung der Hülsenklappe ab und be- seitigt damit ein Hindernis für ihre Einrollung. Wenden wir nun, unter Hinweis auf die Strichelung unserer Figur, unsere Aufmerksamkeit auch den Verhältnissen der Tangen- tialschrumpfung zu und verweilen zunächst bei den Zonen hj und hg, so wird auffallen, daß die Elemente von hg ausgesprochene „SteJlstruktur", die von hj dagegen weit mehr „Flach-" oder „Quer- struktur" aufweisen^). Infolgedessen macht sich beim Austrocknen der Klappe in der Hartschicht noch ein selbständiges Krüm- mungsbestreben in demselben Sinne, wie das vorher geschilderte, geltend^). Denn senkrecht zu den Faserreihen der Hartschicht 1) Mit den Ausdrücken Längsstruktur, Steil-, Flach- und Querstruktur bezeichnen wir der Reihe nach die Fälle, wo die Richtung der größten Achse des Schrumpfungsellipsoids (der längsten Mizellardurchmesser oder der Mizellar- reihen) mit der Längsachse der Zelle den Winkel Null, kleiner als 46 o, größer als 46 0 oder 90 » bildet. 2) Daher rollt sich beim Austrocknen auch die isolierte Hartschicht für sich ein, jedoch bei weitem nicht in dem Maße und mit der Intensität wie die ganze Klappe (vgl. diese Ber. 1883, S. 273 u. Biol. Zentralbl. XXVI, 1906. S. 736, Fig. 24). Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXi. 36 534 ü. Steinbbinck: bleibt ja das Schrumpfungsmaß der Zone hj beträchtlich hinter dem der Zone h.^ zurück. Der Schrumpfungsgegensatz zwischen der Außenzone e und der Hartschicht h wird somit durch den Antagonismus der beiden Hartschichtzonen hj und hg wesentlich unterstützt. Bestände der letztere nicht, so müßten ja beim Ein- rollen der Klappe innerhalb der dicken Hartschicht Druck- und Zugspannungen entstehen, die die Klappe zurückzudrehen strebten. In Wirklichkeit ist die der Einrollung förderliche Abstufung der Gegensätze zwischen h und e, wie ich (diese Ber. 1883, S. 274) gezeigt habe, eine noch allmählichere und vollkommnere. Diese feineren Übergänge mögen aber hier außer Betracht bleiben. Es sei nur noch auf die Strichel der sehr steilen Struktur der Elemente von Zone e aufmerksam gemacht. Durch diese steile Anordnung der Membranbausteine wird offenbar der anfänglich besprochene Gegensatz zwischen den Zonen e und h beträchtlich verschärft. Bei der Erörterung dieses Antagonismus haben wir ja bisher nur die Radialschrumpfung berücksichtigt. Die in der Figur ein- getragenen Membranstrukturen bewirken aber, daß nach der Ein- roUungsrichtung auch die tangentialen Schrumpfungsmaße inner- halb der Außenzone e hinter denen von hj und noch stärker hinter denen von hg zurüclcbleiben. Nunmehr nur noch einige Worte zur Begründung der einge- tragenen Struktur-Strichelung. Der angegebene Strukturunterschied der Bezirke h^ und hg tritt sehr scharf an schiefen Querschnitten hervor, die den Hartfasern parallel geführt sind. Im polarisierten Licht weisen nämlich die Elemente von h^ großenteils scharf aus- geprägte Subtraktionsfarben auf, wenn diejenigen von hg Additions- farben zeigen und umgekehrt. Auf Tangentialschnitten durch die Zone h^ treten an den verschiedenen Zellen teils Additions-, teils Subtraktionsfarben (nebeneinander) auf. Dies weist darauf hin, daß die Strukturelemente ihrer Membranen großenteils annähernd unter 45 " zur Zellachse verlaufen und dieses Maß bald übersteigen, bald darunter bleiben. Nach Ausweis der Porenmündungen laufen sie in manchen Zellen fast quer. Ja auf schiefen ßadialschnitten, die zu den Fasern der Hartschicht parallel laufen, sieht man die Porenmündungen sogar allermeist nahezu quergestreckt. — Dieser Beschreibung scheint allerdings eine Figur in HabERLANDTs Phys. Pflanzenanatomie (S. 472 Fig. 201) einigermaßen zu widersprechen. Denn dort sind für Lathyrus latifolius in der äußersten Zell reihe der Hartschicht ebenso steile Poren eingetragen wie in der inner- sten. Ich habe mich jedoch an einer anderen Lathyrus Spezies, nämlich Lathyrus odoratus, nochmals davon überzeugt, daß der oben Der Offnungsapparat von Papilionaeeen-Hülsen im Lichte usw. 535 angegebene Farbenkontrast im polarisierten Licht innerhalb der Hartschicht auch bei ihr vorhanden ist. Entweder stellt hiernach die Porenlage der angezogenen Figur auch für L. latifolius wahr- scheinlich nur einen lokalen Ausnahmefall dar, oder wir haben es hier mit einer der Strukturvariationen zu tun, wie sie in der Flora von 1908, S. 483 bis 489 für die Hüllschuppen von Ccntaurea und Geigeria auseinandergesetzt worden sind. — Die Steilstruktur der Zellelemente von e tritt sowohl auf Tangentialschnitten, als auf schiefen Querschnitten, die senkrecht zu den Fasern der Hart- schicht geführt sind, scharf ausgesprochen hervor. Nachschrift 12. 11. 1913. In der vorzüglichen Dissertation von Eichholz aus dem Jahre 1885 (s. PRINGSHEIMs Jahrb. XVII, Heft 4, S. 578 und Tafel 33, Fig. 9—16) findet sich eine anato- mische Darstellung des Endokarps von Hamamelis, das in seinem Bau eine interessante Übereinstimmung mit den Hülsen bietet und wie diese einen Wurfapparat für die Samen bildet. Sein mecha- nisches Gewebe besteht ebenfalls aus 2 Zonen verdickter und ge- kreuzter Zellen. Die Elemente der einen Zone sollen ebenso wie die Zone a unserer Figur sehr steile Struktur besitzen. Die zweite Zone zerfällt nach Ausweis der Fig. 15, Taf. 33 von ElOHHOLZ gleichfalls in 2 Schichten mit unterschiedlichem Membranaufbau, die unseren Schichten h^ und h.^ entsprechen. Denn die äußere ■dieser Schichten hat auch bei Hamamelis sehr steile Poren, die andere (Übergangsschicht) dagegen wieder Poren, die etwa unter 45 " zur Zellachse geneigt sind. Der Text enthält allerdings von ■diesen Strukturunterschieden nichts, da ElOHHOLZ über ihren Ein- fluß nicht klar geworden ist. Um so lehrreicher ist die offenbar nach der Natur gezeichnete Figur, in der die charakteristische Porenlage, wenn auch ohne bewußte Absicht eingetragen, nunmehr ■eine deutliche Sprache redet. Ich bemerke übrigens nachträglich außerdem bez. der Hülsen, daß auf die Bedeutung und den Nachweis der Strukturdifferenzen ihrer Hartschichten auch in der Flora von 1908, Bd. 98, S. 483 und 484 aufmerksam gemacht worden ist. 36" 536 Karl Ludwigs: 74. Karl Ludwigs: Über die Kroepoek Kranl(heit des Tabal(s in Kamerun. (Mit 4 Abbildungen im Text.) (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 15. November 1913.) Seit etwa 3 Jahren hat der Anbau des Tabaks in Kamerun einen ungeahnten Aufschwung genommen, wenn auch schon früher Versuche angestellt wurden, Tabak zu bauen. Eine Anzahl Gesellschaften ist gegründet worden, um die Tabakkultur im großen unter fachmännischer Leitung zu betreiben. Die Resultate, die die ersten Ernten brachten, waren glänzende, die Bewertung der Blätter, die sich ganz vorzüglich zu Deckblättern eignen^ eine solche, daß der Tabakbau reichen Gewinn abzuwerfen im- stande ist. Etwas getrübt wurde die Hoffnung, als im Frühjahr 1912 auf der Pflanzung Njombe eine Krankheit auftrat, die von den Pflanzern als Kräuselkrankheit bezeichnet wurde und noch wird. Im Früh- jahr 1913 nahm die Krankheit bedeutenden Umfang an und ich wurde vom Kaiserlichen Gouvernement beauftragt, nach den Ur- sachen der Krankheitserscheinung zu forschen. Im Laufe dieses Jahres bin ich dreimal in dem Tabakgebiet gewesen, und möchte im folgenden meine Ansicht über die Krankheit darlegen. Leider steht mir eine umfangreiche Literatur über Tabakbau und -krank- heiten nicht zur Verfügung; ich muß mich darauf beschränken, was Peters in seiner Arbeit: „Krankheiten und Beschädigungen des Tabaks"!) sagt. Zunächst sei hervorgehoben, daß es sich nicht um die eigent- liche Kräuselkrankheit handelt, sondern um die „Kroepoek" -Krank- heit, die auf den ersten Blick allerdings der Kräuselkankheit sehr ähnelt, sich von ihr aber wesentlich unterscheidet durch Wuche- rungen und lappenförmige Anhängsel an den Adern der Blatt- 1) Peters und Schwartz, Krankheiten und Beschädigungen des Tabaks. Mitt. a. d. Kais. Biol. Anstalt f. Land- und Forstwirtschaft. Heft la S. 63-64. über die Kroepoek-Krankheit des Tabaks in Kamerun. 537 Unterseite. Die Krankheit kommt nach PETERS „in Java, seltener in Sumatra und vermutlich auch in Ceylon (curled leaves) vor, ist aber wohl nicht mit der in Dalmatien beobachteten Grünnetzigkeit identisch, da bei dieser Gewebewucherungen fehlen. Ursache und Bekämpfung sind unbekannt". Das Krankheitsbild ist folgendes: Schon an jungen Pflanzen fällt auf, daß das Herzblatt sich nicht normal entwickelt, es steht nicht, wie bei gesunden Pflanzen, senkrecht nach oben, sondern neigt sich, teilweise unter Drehung in die Horizontale. Die Blatt- Abb. 1. Blatt einer an Kroepoek erkrankten Tabakpflanze (Alkoholmaterial.) Bei a lappenartige Anhängsel. Oberseite zeigt ein runzeliges Aussehen. Auf der Blattunterseite treten die Blattnerven besonders stark hervor, zeigen an den Rändern dunkelgrüne Gewebewucherangen, verlieren ihr normales Längenwachstum, machen vielmehr den Eindruck, als ob sie sich in sich selbst zusammenzögen. Sie erscheinen dadurch nicht gerade, sondern gewunden; daraus folgt, daß das dazwischen- liegende Blättgewebe beulig nach oben getrieben wird. Bei älteren Blättern wachsen die Wucherungen zu lappenartigen An- hängseln aus von verschiedener Größe und Form, immer aber 538 Karl Ludwigs: in Verbindung mit der Haupt- oder den stärkei-©n Nebenadern (Abb. 1). Das Längenwachstum der ganzen Pflanze wird gestört, die kranken Pflanzen bleiben klein, erreichen vielleicht ein Drittel der normalen Höhe; ihre Blätter sind für den Pflanzer vollständig wertlos (Abb. 2). Abb. 2a. Kroepoekkranke Tabakpflanze aus Njambe (März 1913). Die lappenartigen Anhängsel bestehen aus einem lockeren, parenchymatischen Gewebe, die Zellen sind etwas größer als die Zellen des Blattparenchyms. Spaltöffnungen werden zahlreich ausgebildet, dagegen fehlen Wasserbahnen fast vollständig. um die Ursache festzustellen, wurde zunächst eine mikro- skopische Untersuchung vorgenommen, ob etwa eine Bakterien- über die Kroepoek-Krankheit des Tabaks in Kamerun. 539 krankheit vorlag, ob ein Pilz oder ein Insekt der Urheber der eigenartigen Erscheinung sei. Gleichzeitig wurden Versuche mit Kalidüngungen verschiedener Stärke gemacht; allein ohne jeglichen Erfolg. Die Ursache muß also eine andere sein. Der Boden, auf dem die Tabakpflanzungen liegen, ist ein verwitterter Basaltboden von großer Fruchtbarkeit, Das ganze, bis jetzt für den Tabakbau Abb. 2b. Drei Tabakpflanzen, die rechte Pflanze ist gesund, ein Teil der Blätter ist abgeerntet; die mittlere ist vollständig krank, die linke wird an der Spitze krank, hat aber noch gesunde Blätter geliefert. (Njombe, März 1913.) in Frage kommende Gebiet erstreckt sich südwestlich vom Kupe- gebirge nach dem Mungo zu bis etwa zu 62 km der Nordbahn, wo der Basaltboden plötzlich mit scharfer Linie aufhört und der Lateritboden anfängt. Auf diesem Gebiet haben wir fünf Tabak- pflanzungen verschiedener Größe in einer Meereshöhe von 100 bis 250 m. Außerdem liegt eine große Pflanzung im Norden des 640 Karl Ludwigs: Kupeberges in Hölie von 1000 bis 1050 m. Für die Kroepoek- Krankheit kommen in Frage die fünf zuerst erwähnten Pflanzungen südwestlich, des Kupegebirges, die Pflanzungen Mbanga, Djungo am Dia-dia-See, Njombe, Penja und Ebunje (Ebinse), von denen Njombe die älteste und somit größte Pflanzung ist. Die erste Aussaat geschah im Herbst 1911 und brachte ein glänzendes Resultat. Es sollte versucht werden, ob es möglich ist, im Jahre zweimal zu ernten entgegen der Gewohnheit der Tabakpflanzer in Sumatra. Bei der Aussaat auf Boden, der noch nicht mit Tabak bebaut gewesen war, im I'rühjahr 1912 nach der Trockenzeit trat die Kroepoek-Krankheit zum ersten Male auf; im Herbst 1912 wurde nach der Regenzeit auf dem gleichen Boden gesunder Tabak gezogen, während eine dritte Aussaat ebenfalls auf dem gleichen Boden Frühjahr 1913 wieder sehr stark unter der Krankheit zu leiden hatte. Die gleichen Erscheinungen traten in Mbanga und Ebunje auf; in Ebunje, das im Sommer 1912 an- gelegt wurde, hatte die erste Aussaat nach der Regenzeit 1912 einen außerordentlich günstigen Erfolg, während die zweite Aus- saat nach der Trockenzeit Frühjahr 1913 vollständig versagte. Dieser Wechsel guter und schlechter Ernte, je nachdem nach der Regenzeit oder Trockenzeit gepflanzt wurde, stärkte in mir den Gedanken, daß Feuchtigkeitsverhältnisse des Bodens bei der Kroepoek- Krankheit eine Rolle spielen, mit anderen Worten, daß es sich um eine physiologische Krankheitserscheinung handle, um eine Krank- heit, die auf Ernährungsstörungen beruht. Wie kommt diese Störung zustande? Zunächst hängt m. E. die Erscheinung mit der eigenartigen Bodenstruktur zusammen. Der Untergrund der genannten Tabakpflanzungen südwestlich des Kupegebirges besteht aus mehr oder weniger mächtigen Fels- blöcken, auf die eine Schicht feinerer vulkanischer Asche abge- lagert ist, eine Schicht, die bis etwa 20 m Mächtigkeit haben kann, wie es z. B. in Penja der Fall ist. Diese Asche, die an und für sich sehr fruchtbar ist, hat den Nachteil, daß sie das Wasser außerordentlich leicht durchläßt. Die Quellen der Bäche in dem ganzen Gebiet liegen tief an Stellen, an denen die Fels- blöcke zutage treten; sie führen das ganze Jahr hindurch reichlich Wasser. Es ist aber auf den Pflanzungen unmöglich, einen Brunnen zu graben wegen des felsigen Untergrundes. In Penja z. B. ist auf dem freigeschlagenen Plateau von 100 ha, das nach Westen zu von Bergen begrenzt wird, nicht eine einzige Quelle, diese liegen weit ab nach Osten, nach dem Mbome zu; 17 m tief über die Kroepoek-Krankheit des Tabaks in Kamerun. 541 hat man gegraben, ohne auf Wasser zu kommen. Abb. 3 gebe schematisch die Verhältnisse wieder. Diese eigenartige Bodenstruktur macht es unmöglich, daß Grundwasser kapillar nach oben steigen kann, wie es auf Sumatra der Fall ist, wo man nach Angaben eines Pflanzers schon in einer Tiefe von 74 ™ ^^^ Grundwasser stößt. Hinzu kommt noch die Behandlung des Bodens vor dem Anbau des Tabaks. Das ganze Gebiet ist mit mächtigem Urwald bestanden, der dem Boden eine gewisse Feuchtigkeit bewahrt. Zur Anlage einer Tabakpflanzung ist es erforderlich, den gesamten Urwald niederzulegen, den Boden vollständig zu säubern und mehrere Male zu hacken. Daß der Boden durch diese Behandlung zumal in der Trockenzeit den Abb. 3. Schematische Darstellung des Bodens in Njombe. a. feinkörnige, wasserdurchlässige Schicht, b. Schicht der Felsblöcke, c. Wasserader, d. un- durchlässiger Untergrund; a und b jung vulkanischen Ursprungs. größten Teil seines "Wassers abgeben muß, ist leicht verständlich für jeden, der Tropenhitze in der Trockenzeit miterlebt hat. Ebenso bekannt ist es aber auch, daß trockne Erde schwer feucht zu bekommen ist! gießt man einen Topf mit trockner Erde, so fließt das Wasser aus dem Bodenloch heraus, ohne die Erde ge- netzt zu haben, außer einer dünnen Schicht an der Oberfläche. So liegen die Verhältnisse in den hiesigen Tabakdistrikten. Nach dem ersten Buschschlag, der meist gegen Ende der Trockenzeit erfolgte, hatte der Boden noch Feuchtigkeit genug, dazu kamen die Niederschläge der Regenzeit, es gab eine gute Ernte. Dann wurde der Boden der Sonne ausgesetzt, er gab das Wasser an die Luft ab, konnte es aus dem Boden nicht ersetzen, die Folge waren kranke Pflanzen. 542 Karl Ludwigs: Über die Kroepoek-Krankheit des Tabaks i)i Kamerun. Die Krankheitserscheinung selbst möchte ich mir folgender- maßen erklären: Die Tabakpflanze wird in Saatbeeten angezogen und später auf das Feld ausgepflanzt. Um ein Anwachsen zu er- leichtern, werden die ausgesetzten Pflanzen täglich gegossen, können also ihr "Wachstum fortsetzen und erreichen eine gewisse Größe. Dann hört die künstliche Wasserzufuhr auf und die Pflanze ist auf sich selbst angewiesen. Sie bildet in den Blättern durch die Assimilationstätigkeit organische Substanzen, ist aber nicht imstande, aus dem Boden Mineralstoffe aufzunehmen, da das notwendige Wasser fehlt, infolgedessen können die Wasserbahnen nicht normal entwickelt werden, die Blätter werden kraus, die überschüssigen organischen Substanzen werden zum Aufbau der Wucherungen und Anhängsel an den Blättern selbst verwandt. Merkwürdig ist, daß eine einmal krank gewordene Pflanze durch Wasserzufuhr nicht mehr zu normalem Wachstum angeregt werden kann, wenigstens haben bis jetzt Versuche in dieser Bichtung ein negatives Resultat gehabt. Nach den bisherigen Beobachtungen ist es ausgeschlossen, daß auf den genannten Pflanzungen zweimal im Jahr geerntet werden kann, und die Pflanzer haben sich mit dieser Tatsache ab- gefunden. Trotzdem aber muß man nach Mitteln suchen, der Krankheit entgegenzutreten. Die Regenzeit 1913 war relativ ge- linde, die Feuchtigkeit des Bodens genügt nicht, einen gesunden Tabak wachsen zu lassen. Bei meinem Besuch der Tabakpflanzun- gen Ende September, Anfang Oktober zeigte sich, daß kranke Pflanzen in unerwünscht großer Zahl auftraten. Ob künstliche Bewässerungsanlagen, an die gedacht wurde, sich bezahlt machen, muß eine Berechnung und ein Versuch lehren. Ich habe vor- geschlagen und diesbezügliche Versuche eingeleitet, den Boden nach dem Reinigen etwa 72 ^ hoch mit abgeschlagenem G-ras zu bedenken; dieses Gras verrottet, bildet Humus und ist im- stande, Feuchtigkeit lange zu halten. Die Resultate müssen ab- gewartet werden. Jedenfalls wäre es töricht, den Tabakbau ganz aufzugeben, selbst wenn nach dieser gelinden Regenzeit eine Miß- ernte eintreten sollte. Anders liegen die Verhältnisse auf der Tabakpflanzung in Esosung, 1050 — 1100 m hoch nördlich des Kupegebirges gelegen. Der Boden ist hier auch vulkanischer Natur, enthält aber Lehm, vermag daher Wasser viel besser zu halten. Außerdem ist die Luftfeuchtigkeit eine große, so daß eine Austrocknung des Bodens nicht möglich ist. Wir sehen daher auch, daß die Koepoek- G. V. Ubisch: Sterile Mooskulturen. 543 Krankheit in Esosung fehlt, daß es hier angängig ist, zweimal im Jahre zu pflanzen. Zum Schluß sei erwähnt, daß die Erscheinung der Kroepoek- Krankheit nicht auf den Tabak beschränkt ist, ich fand sie auf dem Marsch von Ebunje zur Nordbahn bei dem Dorfe Lum an Makabopflanzen {Colocasia antiquorum) in ausgeprägtem Maße. Das Makabofeld war auf trocknem Boden angelegt. Ohne Zweifel wird man die Krankheit auch noch an andern Pflanzen wahr- nehmen können. Versuchsanstalt für Landeskultur Victoria (Kamerun) Oktober 1913. 75. G. V. Ubisch: Sterile iWoosIcuituren. (Mit 10 Textfigaren.) (Eingegangen am 21. November 1913.) Im Winter 1912/13 und im darauffolgenden Sommer habe ich mich auf Anregung von Herrn Professor BAUR mit sterilen Moos- kulturen beschäftigt in der Absicht, die Bedingungen für das- Wachstum der Moose im Dunkeln festzustellen. Es ist mir nun nicht gelungen, die Moose im Dunkeln über das Protonemastadium hinauszubringen. Da somit meine Versuche in dieser Beziehung nichts prinzipiell Neues liefern, hätte ich sie nicht publiziert, wenn nicht kürzlich in den Ann, des sciensces nat. 9. Ser. T. XVII p. 111 — 224 eine Arbeit von C. SERVETTAZ erschienen wäre, be- titelt: Recherches experimentales sur le developpement et la nu- trition des mousses en milieux sterilises, zu der meine Versucho eine vielleicht willkommene Ergänzung liefern dürften, um so mehr, als meine Ergebnisse von denen des genannten Verfassers in einigen wesentlichen Punkten abweichen^). 1) Siehe auch das Referat von Kniep über die Arbeit von Sbrvettaä in der Zeitschr. f. Bot. 1918 Heft 10 S. 784—86. 044 Gr. V. Ubisch: Material und Untersuchungsmethode. Die Moose, mit denen ich gearbeitet habe, sind: Funaria hygrometrica L., Mnium undulatmn L., punctatum L., harnum L., Homalothecium sericeum L., Dicranum scoparium Hedw., Dicranella heteromalla Schp., Eiirhijnchium speciosum Schp., Pottia truncatula Lindb., Pogonatum aloides Hedw., urnigerum L., nanum Neck., Physcomitrium pyriforme L., Webera 7iutans Hedw., Ceratodon pur- jpureus L., Buxbaumia aphylla L. ^), doch wurden umfangreichere Versuche nur mit Funaria hygrometrica angestellt, da es sich her- ausstellte, daß diese ein ungemein geeignetes Versuchsobjekt ist. Die Mooskapseln wurden in 1 proz. Sublimatalkohol sterilisiert, dann abgewaschen, mit einer sterilen Pinzette geöffnet und die Sporen direkt in die Versuchsgefäße geschüttet oder erst in destilliertes Wasser, darauf auf die Nährböden geimpft. Diese Methode bietet bei einigen Moosen Schwierigkeiten, da man, um schnelle Keimung zu erzielen, möglichst reife Mooskapseln ver- wenden muß, diese aber meist nicht mehr so festgeschlossen sind, daß die Sporen nicht beim Sterilisieren verdürben. Daher be- gnügte ich mich später damit, die Kapseln schnell durch eine Bunsenflamme zu ziehen, mit einer sterilen Nadel zu öffnen, und den Inhalt direkt auf den Nährboden auszuschütten. Die In- fektionsgefahr ist allerdings so größer, aber da man bei der langen Dauer der Versuche doch eine große Anzahl von Kulturen her- stellen muß, so gelingt es leicht, eine genügende Anzahl keimfrei zu erhalten. Auch SERVETTAZ hat dieselbe Schwierigkeit beim Sterilisieren empfunden und dann eine der beschriebenen sehr ähn- liche Methode angewandt, loc, cit. p. 123. Für die Wahl der Nährböden war der Gesichtspunkt maß- gebend, Wachstum der Moose im Dunkeln zu erzielen und die Entwicklung bei verschiedenen Ernährungsbedingungen zu ver- gleichen. Verwendet wurde hauptsächlich KNOPsche Nährsalz- lösung, 0,2 pCt. (K); Peptonglucose (PG) 2 pCt. und 1 pCt.; KNOP-Peptonglacose (nur daß statt der Nitrate der KNOPschen Lösung die entsprechenden Sulfate gesetzt waren, um anorganisch gebundenen Stickstoff auszuschließen (KPQ — N); Abkochungen von Erde und Torf, sowie eine ganze Anzahl anderer Nährlösungen, auf die ich weiter unten zurückkommen werde. Allen diesen 1) Die Bestimmung der Moose war Herr Apotheker ßAUE. in Donau- ■eschingen so liebenswürdig zu kontrollieren, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank ausspreche. Sterile Mooskulturen. 54& Lösungen wurde 1,5 pCt. Agar-Agar zugesetzt, weil sich darauf die Moose leicht und übersichtlich ziehen lassen. Der Agar war mehrere Tage gewässert, um wasserlösliche mineralische Bestand- teile aus ihm zu entfernen. (SERVETTAZ hat ihn mit ganz be- sonderer Sorgfalt gereinigt, doch scheint mir diese Mühe vergeb- lich, wenn man nicht auch ganz besonders präparierte Glasgefäße und Chemikalien verwendet.) Zum Vergleich mit diesen künst- lichen Nährböden wurden Kulturen auf sterilisiertem Garienboden gezogen. Als Kulturgefäße wurden ERLENMEYER-Kölbchen, Be- agenzgläser und zur mikroskopischen Untersuchung PETRI-Schalen verwendet; zur längeren Kultur eignen sich letztere nicht, da sie leicht infiziert werden und austrocknen. Was Licht, Feuchtigkeit und Temperatur anbelangt, Fak- toren, von denen die Entwicklung in hervorragender Weise ab- hängig ist, so hatte ich mit sehr ungünstigen Bedingungen zu rechnen: einen Teil der Zeit befanden sich die Kulturen an den Nord- und Ostfenstern zweier Laboratoriumsräume, wo die Luft durch die Zentralheizung trocken und verdorben war, im feuchteren Gewächshaus dagegen litten sie unter zu großer Hitze. Die Dunkel- kultaren befanden sich in einem 75 cm langen, 50 cm hohen und 40 cm breiten absolut lichtdichten Blechkasten. Keimung der Sporen im allgemeinen. Die Keimung der Sporen auf den Hellkulturen trat bei allen oben genannten Moosen (mit Ausnahme von Pogonatum nanum^ urnigerum und aloides) auf mehr oder weniger allen Nährböden nach einigen Tagen bis Wochen ein. Bei der Keimung spielt offenbar die Art des Nährbodens keine große Rolle, das Vorhanden- sein einer feuchten Unterlage genügt, um sie zu veranlassen.. (Allerdings habe ich nicht den Versuch gemacht, sie auf destil- liertem Wasser keimen zu lassen; nach den Versuchen von W. BENEOKE ') mit den Brutknospen von Lunularia cruciafa wäre es ja nicht ausgeschlossen, daß sie darauf nicht keimen.) Die Dauer bis zur Keimung ist wohl hauptsächlich von dem Reifezu- stand, in geringerem Maße von Licht und Wärme abhängig, da^ her kann sie innerhalb derselben Art sehr variieren. Dies hat auch SERVETTAZ (loc. cit. p. 124) beobachtet, trotzdem teilt er die Moose in Wintermoose, d. h. solche, die an eine längere Ruhe- periode gewöhnt sind {wozu Hyjmum velutinum, purum; PolytricJmm 1) W. Benecke, Über die Keimung der Brutknospen von Lunularia cruciata Bot. Zeit. 1903 S. 19—46. 546 Gr- "^^ Ubisch: juniperum, Atrichum undulatum, Brachythecium rutahulum gehören), Keimungszeit 2 — 6 Monate; und in Frühlingsmoose mit schneller Keimung ein. {Phascum cuspidatum; DicraneVa heteromalla; Grimmia pulvinata; Orthoirichiim pumilum, öbtusifolium; Fnnaria hygrometrica und Bartramia pomiformis.) Dieser Einteilung kann ich mich nicht anschließen. Von den bei meinen Versuchen verwendeten Moosen haben Fnnaria hygrometrica, Homalothecium sericeum, Eurhyncliium ■speciosum und Dicranum scoparium im November resp. Dezember reife Kapseln, müßten demnach, da sie dann nicht im Freien Tkeimen können, zu den Wintermoosen gehören; es keimte aber Fun. liygr. in 3, HomaJofh. ser. in 11, EttrJi. sp. und Dicr. scop. in '6 Tagen. Entwicklung von Funaria hygrometrica. Da, wie oben erwähnt, die Untersuchungen hauptsächlich mit Fun. hygr. angestellt wurden, so möchte ich jetzt speziell auf dieses Moos eingehen und zum Schluß noch kurz über die anderen Moose berichten. Die Sporen keimten fast gleichzeitig auf den verschiedensten Nährböden, im Hellen und im Dunkeln, doch ist das Aussehen der gekeimten Sporen sehr verschieden. Figur 1 — 4 zeigt sie im Alter von 8 Tagen und zwar auf KNOP-Agar im Hellen Fig. 1, Peptonglucoseagar hell Fig. 2, KNOP-Agar dunkel Fig. 3, Peptonglucoseagar dunkel Fig. 4. Normale Chlorophyll- körner zeigt nur KNOP hell. Bei KNOP dunkel sind die Zellen übermäßig verlängert, Ohlorophyllkörner sind vorhanden, aber von kleiner unregelmäßiger Form. Bei PG hell und dunkel sind die Zellen hypertrophiert, die Chlorophyllkörner große Massen. Alle aber geben die Stärkereaktion, wobei sich bei PG erst große Körner in den Chlorophyllkörnern, dann diese selbst blau färben, 'bei KNOP nur kleine Pünktchen im Chlorophyll. Dieses Resultat steht im Widerspruch zu dem von SERVETTAZ, der im Dunkeln nie Stärke feststellen konnte. Nach 14 Tagen sieht das Bild schon ganz anders aus. Fig. 5 KNOP hell ist etwa auf das Doppelte gewachsen; KNOP dunkel F'ig. 7 schickt einen langen weißen Faden mit grünlicher Spitze aus dem Substrat in die Höhe, ebenso PG dunkel Fig. 8, bei dem aber die ersten Zellen noch ebenso hypertrophiert aussehen wie nach 8 Tagen, auf PG hell Fig. 6 haben wir ein kräftiges Protonema erhalten. Die Dunkelkulturen kommen über das Stadium, das sie mit 14 Tagen erreicht haben, nicht weiter her- -aus: ein Wald von etwa 1cm langen weißen Fäden mit hellgrüner Spitze ragt gerade in die Höhe, auf Zucker bräunen sich die Sterile Mooskulturen. 547 Fäden etwas. In diesem Zustand kann man sie beliebig lange verwahren. Nach 4 Monaten brachte ich sie ins Helle, worauf sie Fig. 1 — 4. Funaria hygrometrica, 8 Tage alt. Die Figuren a sind mit 237facher, die Figuren b mit 772facher Ver- größerung gezeichnet und auf die HäKte verkleinert. Fig. 1 a, b, Kulturen auf KNOP-Agar im Hellen. Fig. 2 a, b. „ „ Peptonglucoseagar im Hellen. Fig. 3 a, b. „ „ KNOP-Agar im Dunkeln. Fig. 4 a, b. „ „ Peptonglucoseagar im Dunkeln. Zeichenerklärung: Oh. = Ohlorophyllkörper. B. = farblose Bläschen. ■ein grünes Protonema und später Sprosse bildeten wie normale Hellkulturen. 548 G. V. Ubisch: Um zu den Hellkulturen zurückzukehren, so zeigen diese nach 42 Tagen folgendes Bild, Fig. 9 — 10. Die Rliizoiden auf PGr Fig. 10 haben sich stark gebräunt, während sie auf KNOP Fig. 9» Figur 6 — 8. Funaria hygrometrica, 14 Tage alt. Die Figuren sind mit lOTfacher Vergrößerung gezeichnet und auf die- Hälfte verkleinert. Fig. 5. Kulturen auf KNOP-Agar im Hellen. Fig. 6. „ „ Peptonglucoseagar im Hellen. Fig. 7. „ „ KNOP-Agar im Dunkeln. Fig. 8. „ „ Peptonglucoseagar im Dunkeln. ganz weiß und durchsichtig blieben. Nach 2V2 — 3 72 Monaten er- hielt ich auf KNOP-, PG-, Erde- und Torfagar Sprosse und nach. 6 Monaten zeigten sich in einigen Kulturen auf KNOP- und Erde- Sterile Mooskulturen. 549 agar Sexualorgane. SerVETTAZ hat nur auf einer der KNOPschen ähnlichen Nährlösung (nach MARCHAL) mit Zusatz von 2 7oo Pepton Sexualorgane erhalten und hält Pepton für unerläßlich zu ihrer Bildung, Seine Versuche sind mit FJiaseuni ciispidatum an- gestellt, das andere Bedürfnisse haben mag als Fun. Außer bei Fmi. habe ich noch Sexualorgane bei Weberei nutans ebenfalls auf KNOP und bei Pottia truncatula (die Kultur war aber infiziert) auf KNOP beobachtet. Fig. 9 — 10. Funaria hygrometrica, 42 Tage alt. Die Figuren sind mit 384faclier Vergrößerung gezeichnet und auf ^/j verkleinert. Fig. 9. Kulturen auf KNOP-Agar im Hellen, die Rhizoide R farblos. Fig. 10. Kulturen auf Peptonglucoseagar im Hellen, ein Rhizoid, dessen Farbe dunkelbraun ist, einzelne Teile der Membran und der Zellen heller. Leider ist es mir nicht gelungen, reife Kapseln zu er- halten. Die Kulturen wurden wiederholt mit destilliertem Wasser begossen, um eine Beförderung der Spermatozoiden in den Arche- gonhals zu ermöglichen, aber wenn auch offenbar Befruchtung eingetreten war, da einige Kapseln zu wachsen begannen, so Ber. der deutschen bot. Gesellsch, XXXI. 37 550 ^- v. Ubisch: wurden doch regelmäßig die Kulturen braun und gingen zu- grunde. Ich machte noch den Versuch, Kulturen auf Erdeagar und PG, die im Hellen Sprosse gebildet hatten, ins Dunkle zu bringen, in der Hoffnung, daß sie dort weitervvachsen würden. Ich glaubte mich um so mehr zu dieser Annahme berechtigt, als nach ßlTTNER') Blätter von Mnium rostratum in 2proz, Zuckerlösung im Dunkeln Moospflänzchen regenerieren sollen. Aber nach 14 Tagen waren die Sprosse gebräunt und verdorrt; ins Helle zurückgebracht, sproßte das Protonema neu aus, die Sprosse waren verdorben. Es erschien mir einigermaßen erstaunlich, daß Fun. auf an- organischem Nährboden im Dunkeln keimt. Um daher festzu- stellen, an welchem Nährsalz es liegt, stellte ich Nährböden her, in denen außer dem Agar nur je ein Bestandteil des KNOP ent- halten war in derselben Konzentration, wie sie in der 0,2proz. Lösung enthalten sind, also 1. H.^KPO^ 0,025 »/o; 2. Ca(N03)2 0,1 "/o; 3. KNO3 0,025 0/0; 4. MgSO^ 0,075 %; 5. Agar allein. Auf allen diesen Nährböden keimten die Sporen mit Ausnahme von H2KPO4, allerdings erst nach 3 Monaten, während die Kontrollkulturen im Hellen nach 12 Tagen alle gekeimt waren. Daß die 5 Kulturen mit HgKPOj nicht gekeimt sind, dürfte wohl nur auf einen Fehler bei der Aussaat zurückzuführen sein, da ja selbst die ohne alle Zusätze auf Agar allein keimten. Das scheint mir auch daraus hervor- zugehen, daß diese Kulturen auch nachträglich ins Helle gebracht nicht keimten, was sonst alle Kulturen regelmäßig taten. In allen entsprechenden Hellkulturen gelang es mir, Moos- blätter zu erzielen, allerdings waren sie verschieden gut entwickelt : kräftige Pflanzen mit starken braunen Rhizoiden erhielt ich auf H2KPO4 und KNO3, weniger kräftig auf •Ca(N03).2 und die schwäch- sten auf MgS04, wo die ßhizoiden farblos, die Sprosse lang und mager waren. (Wenn ich dies Resultat vielleicht auch nicht er- üirlt haben würde, wenn ich mit absolut chemisch indifferenten Gefäßen, einwandfrei gereinigtem Wasser, Chemikalien und Agar gearbeitet hätte, so ist es doch jedenfalls ein Beweis dafür, wie unendlich wenig Nährmaterial die Moose von außen brauchen, selbst um Sprosse zu bilden). Im Gegensatz hierzu hat SERVETTAZ loc. cit. p. 175 gefunden, daß die Moose alles eher entbehren können als Magnesium, ohne Magnesium bilden sie bei ihm keine Blätter. Auch diese Diskrepanz ist vielleicht aus dem ver- 1) BlTTNER, Über Chloroplijllbildung im Finstern bei Krjptogamen. Oesterreich. bot. Zeitsch. 1905 Bd. 55. Sterile Mooskultureo. 551 schiedenen Pflanzenmaterial zu erklären, mit dem wir beide ge- arbeitet haben. Versuclisergebnisse bei den übrigen Moosen. Wie schon oben erwähnt, keimten alle von mir benutzten Moose im Hellen mit Ausnahme der Polytrichaceaen. Für diese gibt aber SERVETTAZ eine Keimungsdauer von 2—6 Monaten an, es ist daher leicht möglich, daß sie bei mir auch nach dieser Zeit gekeimt wären, wenn nicht durch die Ungunst der Temperatur- und Feuchtigkeitsverhältnisse meine Kulturen nach so langer Zeit zu ausgetrocknet gewesen wären, um eine Keimung zu ermög- lichen. Bei der Gelegenheit möchte ich noch erwähnen, daß alle Kulturen alle 4 bis 8 Wochen wegen des Austrocknens auf neuen Nährboden überführt werden mußten. Im Dunkeln keimten: Dicramim scoparium auf KNOP HomaJotliecium sericeum „ KNOP Ceratodon xmrpuren-; „ Erde, KPGr — N Wehera nutans „ Erde, KPG — N, PG Mnium hornum „ KPG — N, Erde + G Biixhaumia aphyUa „ Erde. Im Hellen bildeten Blätter: Dicrcmum scoparium auf KNOP PG 2 °/o Erde Homaloth. sericeum „ KNOP PG 2 "/o Torf Eurhynchium speciosum „ KNOP PG 2 "/o Erde Torf Ceratodon purpureus „ KNOP Webera nutans „ KNOP Erde Milium hornum „ KNOP Erde Erde + G Physcomitrium pyrif. „ KNOP Erde Torf Sexualorgane wurden nur bei Webera nutans auf KNOP-Agar beobachtet, aber auch hier konnten keine reifen Kapseln erzielt werden. Trotzdem glaube ich, daß bei günstigen Bedingungen des Lichtes, der Temperatur und besonders der Feuchtigkeit sich unschwer die Bedingungen finden lassen worden, unter denen man reife Kapseln erhalten kann. Berlin. Bot. Institut der landw. Hochschule. 37^ 552 Gr. V. UbiscH: Sterile Mooskulturen. Weitere Literatur. P. BeCQUEREL, Sur la germination des spores d'Atrichum unclulatum et d'Hypnurn velutinum et sur la nutrition de leur protonömas dans les milieax liquides sterilis^s. 0. R. 139. 1904. Bd. II, p. 745. F. DE Forest Heald, Gametophytic regeneration as exhibited bj mosses, and conditions for the germination of crjptogam spores. Leipzig. Diss. 1897. P. Janzen*), Die Jugendformen der Laubmoose und ihre Kultur. 35. Ber. des westpr. bot.-zool. Vereins 1912. Klebs, Über den Einfluß des Lichtes auf die Fortpflanzung der Gewächse. Biol. Centralbl. 1893. Bd. XIII. E. Mameli e G. Pollaci, Sul' assimilazione diretta dell' aboto atmosferico libero sui vegetali. Atti Istit. Bot. Pavia XV, p. 159 — 257. U. et Em. Marchal, Aposporie et sexualite chez les Mousses, Bull. Acad. Royale de Belgique. Classe des sciences 1907, 1909, 1911, 1912. PUGLisi e BosELLl, Influenza di alcuni sali minerali sullo sviluppo e sul modo di propagazione di Funaria hygrometrica. Ann. di botanico IX, 1911. O. TrebOUX, Die Keimung der Moossporen in ihrer Beziehung zum Lichte Ber. d. d. bot. Ges., Bd. 23, 1905. K. SCHOENE, Beiträge zur Kenntnis der Keimung der Laubmoossporen und zur Biologie der Laubmoosrhizoiden. Flora 1906. Schulz, Über die Einwirkung des Lichtes auf die Keimungsfähigkeit der Moose, Farne und Schachtelhalme. Beih. z. bot. Centralbl. Bd. X, p. 81. 1) Während der Drucklegung wurde ich von Herrn Prof. REINHARDT auf diese Arbeit aufmerksam gemacht. Da der Verfasser ausdrücklich betont, daß er auf Reinkulturen keinen Wert gelegt habe, erübrigt es, an dieser Stelle auf die Resultate einzugehen. W. Ruhland : Weitere Untersuchungen zur chemischen usw. 553 76. W. Ruhland: Weitere Untersuchungen zur chemischen Organisation der Zelle. (Eingegangen am 25. November 1913.) Im Anschluß an meine ^bisherigen Untersuchungen zur che- mischen Organisation der Zelle habe ich inzwischen weitere Ver- suche angestellt, über welche ich in den nachstehenden Zeilen einiges vorläufig berichten möchte, da die ausführliche Veröffent- lichung wegen mehrerer noch nicht abgeschlossener, und deshalb hier auch nicht erwähnter Fragen vermutlich noch etwas auf sich warten lassen wird. Die neuen Untersuchungen bezogen sich vornehmlich auf das Yerhalten der zelleigenen Kolloide, von denen ich bisher nur die Enzyme etwas eingehender behandelt habe^), und besonders der Säuren und Basen, und zwar auch nichtkolloider. 1. Die in den meisten Pflanzenzellen nachweisbare, auch in viel Wasser dauernd erhalten bleibende saure üeaktion des Zellsaftes läßt sich durch die Permeabilität der Oberflächen- häute des Protoplasmas nicht erklären, sondern steht im Wider- spruch zu ihr, da diese für Säuren leicht durchlässig sind. Pfeffer^), der diese Schwierigkeit zuerst hervorhob, suchte ihr durch die Heranziehung der sauren Salze zu entgehen. Doch können auch diese den Widerspruch nicht beseitigen. Denn auch sie müssen dann H -Ionen abspalten. Nehmen wir etwa das saure Salz einer zweibasischen Säure vom Typus des sauren Kalium- sulfats, so haben wir für hohe Verdünnungen das Dissoziations- schema: KHSO4 ;:^ K" + HSO/ ;^ K" + H" + SO"^. Die freien H'-Ionen müßten aber gemäß ihrer enormen Diffusionsgeschwin- digkeit sogleich mit einer äquivalenten Menge irgendwelcher (z. B.' organischer), stets im Zellsaft vorhandener Anionen, d. h. also unter Innehaltung des elektrochemischen G-leichgewichtes, in Form freier Säure exosmieren, und zwar müßte, gleiche Perme- abilität vorausgesetzt, zunächst das Anion mit der größten Wande- rungsgeschwindigkeit mit austreten. 1) „Zur chemischen Organisation der Zelle" (Biol. Oentralbl. XXXIII, iyi3, S. 337-361). 2) Vgl. z. B. Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., I, S. 491. 554 W. Ruhland : Es ist ja aus der Elektrochemie bekannt, daß bei der gemein- samen Diffusion zweier Elektrolyte, von denen das eine ein beweg- licheres Anion, das andere ein schnelleres Kation hat, der Erfolg in einer Trennung der ursprünglichen Salze und im Vorauswandern der entsprechenden Komponenten besteht, woraus sich, z. B. bei der Messung von Einzelpotentialen durch geeignete Wahl der Bezugselektrode, eine einfache Methode zur Verminderung von Elüssigkeitspotentialen ergibt. Es braucht nicht ausgeführt zu werden, daß natürlich auch hochkolloide saure Salze und Säuren hier nicht weiter helfen, da es ja nur auf den abdissoziierten, iondispersen H ankommt. Und die analogen Überlegungen werden vice versa auch für alkalische Zellsäfte zu gelten haben, wie sie in Siebröhren und manchen anderen Zellen angetroffen werden, sofern dort mit irgendwelchen Kationen entsprechende exosmierfähige freie Basen entstehen können. Die Frage, ob auch andere Stoffe sich so verhalten, d. h. ob die Zelle sie als solche, trotz bestehender Permeabilität, festzu- halten vermag, sei dahingestellt und muß einer eingehenderen Er- örterung vorbehalten bleiben. Jedenfalls haben wir mit, wie man sieht, zwingender Not- wendigkeit solche Fähigkeiten anzunehmen. Welche Mittel für diese dienen, darüber können vorläufig nur vage Hypothesen bestehen. Daß ein Anlagerungs vermögen unbekannter Art bei irgend welchen Vakuolenstoffen im Spiel ist, möchte plausibel erscheinen; einfache chemische Bindung oder auch das, was man bisher unter „Adsorption" verstand, käme nicht in Frage. Das kann hier nur angedeutet werden; ebenso die Möglichkeit, daß hier dem wohl nie fehlenden Vakuoleneiweiß (von dem wir nicht wissen, ob es belebt oder unbelebt zu denken ist) eine Rolle zu- fiele. Bemerkt werden muß dagegen noch, daß Verf. den Gredanken- gängen von MOORE und KOAF^), gleich der Mehrzahl der physika- lischen Chemiker, ablehnend gegenübersteht, wie seinerzeit näher zu begründen sein wird. 2. Es wurde versucht, über den Aciditätsgrad in bestimmten Fällen durch Einführung von Indikatoren in die Zelle Näheres zu ermitteln. Wegen des „Salzfehlers" und anderer vorläufig unüber- windlicher Schwierigkeiten konnte indessen nur annähernd ein Maximalwert der H' -Konzentration bestimmt werden, der jeden- 1) Vgl. z. B. die ausführliche Zusammenfassung von BOTTAZZI in H. Wintersteins Handbuch d. vergleichenden Physiologie, Bd, I, 1911, S. 228 ff. Weitere Untersuchungen zur chemischen Organisation der Zelle. 555 falls selbst in extremen Fällen nicht erreicht wird. Es betrug nach meinen Messungen diese lonenconcentration ungefähr c = S-n-lO-"^. Die Alkalinitätsgrade dürften allgemein näher H am Neutralpunkt c = 0,85-10-^ (18 « C) liegen. H 3. Die Versuche über die Aufnahme einiger zelleigener Kollo- ide ergaben, daß sie sich der von mir aus dem Verhalten der Farbstoffe erschlossenen Ultrafilterregel fügen; so sind die in Gelatinegelen indiffusiblen Stoffe: Inulin, Glykogen, Dextrin, Kaffeegerbsäure usw. nicht aufnehmbar. 4. Dagegen vermögen entsprechend ihrer geringeren Teilchen- größe z. B. Saponin, Protokatechusäure usw., sowie einige kolloide Alkaloide ebenso wie die früher von mir studierten Enzyme zu permeieren. Das Verhalten der Alkaloide erwies sich als in mehrfacher Beziehung interessant und von den Löslichkeitsverhältnissen und Verteiiungskoeffizienten weitgehend unabhängig. Da über die Dispersität ihrer Lösungen aus der Literatur nichts Näheres zu ermitteln war, wurden eigene Untersuchungen hierüber angestellt. Ohne auf meine Methoden hier einzugehen, erwähne ich nur, daß die freien Basen Ourarin, Solanin, Bulbocapnin, Lycoctonin, Ber- berin, Veratrin, Brucin usw. sich durch niedrigere Dispersität aus- zeichnen. Die Salze verhalten sich meist anders, ihre wässerigen Lösungen enthalten nur insofern kolloide Teilchen, als sie hydro- lytisch aufgespalten sind. Für die Aufnahme in die Zelle kommen nur die hydrolytisch abgespaltenen Basenanteile in Frage. Ich habe die Salze ver- schieden starker Säuren untersucht und bei den einzelnen Basen den Hydrolysengrad der verschiedenen Verdünnungen aus den Affinitätskonstanten berechnet, wobei sich eine weitgehende Über- einstimmung mit den Versuchsresultaten ergab. 5. Dagegen ist die von OVERTON^) ausgesprochene These von der Bedeutung der Stärke der Basen irrig. Vielmehr ist ebenso, wie der Kolloidgrad auch die Aufnehmbarkeit von dieser unab- hängig. So sind unter den oben genannten Alkaloiden u. a. das Curarin und Lycoctonin zweifellos Ammoniumbasen. Beide per- meieren sehr rasch. Noch extremer liegt der Fall beim Spartein, ebenfalls einer quaternären Stickstoffbase. Ihre Affinitätskonstante muß, da kein Niederschlag mit "/i^-Borax mehr erfolgt 2), noch höher 1) Ztschr. f. physik. Chem , XXII, 1897, S. 189. 2) Vgl. E. VelEY, Journ. Chem. Soc. 96, 1909, 768. 556 W. Ruhland : Weitere Untersuchuagea zur chemischen usw. als 10« 10~^ liegen, also noch wesentlich größer als die des Ammo- niaks (k = 2,7-10~"^ bei 15 ° C) sein. Trotzdem permeiert die- freie Base mit größter Greschwindigkeit. (Sofortiger Niederschlag in Spirogyren noch bei der Verdünnung 0,5: 10 ^) Das Spartein- hydrochlorid dagegen ergibt selbst in O,lproz. Lösung mit Spirogyren infolge der praktisch unmeßbar geringen Hydrolyse und trotz der außerordentlichen ßeaktionsschärfe keinen Niederschlag mehr. Auch das Verhalten des Berberins könnte hier angeführt werden. 6. Auch mit Farbstoffen wurden noch einige Versuche, die meine früheren Mitteilungen ergänzen werden, durchgeführt, so besonders über sehr rasche Speicherungen sulfosaurer Salze und die Rolle der Zellhaut hierbei, die nur bei unkritischer Unter- suchung die Ultrafilternatur der Plasmagrenzhäute verdecken kann. Sitzung vom 30. Dezember 1913. 557 'O Sitzung vom :')0. Dezember 1913. Vorsitzender: Herr G. HaBERLANDT. Als ordentliche Mitglieder werden vorgeschlagen die Herren Lange, Reinhoid aas Hagen, z. Z. Botan. Institut der Univetsität in Münster I. W. (durch C. CORRENS und F. TOBLER), Nilsson, Dr. Heribert in Landskrona (Schweden) (durch E. Baur und G. HABERLANDT), van IterSOn, Gr. G. in Delft (Holland) (durch M. W. Beijerinck und S. SCHWENDENER), Tokugawa, Dr. Y. Marquis in Tokyo, Azabu, Fujimicho 33 (durch M. MlYOSHI und K. SHIBATA), Schips, Dr. Martin in Schwyz (durch A. Ursprung und E. Jahn). Als ordentliche Mitglieder werden proklamiert die Herren Farenholtz, Dr. H. in Münster 1. W., Tjebbes, Dr. K. in Hiileshögs Nygärd b. Landskrona, Bredemann, Dr. G. in Berlin-Schöneberg. Der Vorsitzende macht Mitteilung von dem Eesultat der Wahlen für das Jahr 1914, die nach § 22 der Satzungen vor- genommen waren. Im ganzen sind 245 gültige Stimmzettel ein- gelaufen; die Öffnung und Zählung der Stimmzettel war durch Herrn P. C.LAUSSEN und den Sekretär erfolgt. Auf die einzelnen Herren fielen 235 bis 243 der abgegebenen Stimmen. Ergebnis: Präsident: A. ENGLER-Berlin. Stellvertreter des Präsidenten: K.V.GOEBEL-München. Ausschußmitglieder: H. AMBRONN-Jena. M. BÜSGEN-Hann.-Münden. L. DIELS-Marburg a. L. 0. DRUDE-Dresden. Fr. V. HÖHNEL-Wien. E. FiSCHER-Bern. G. Beck V. MANNAGETTA-Prag. H. DINGLER-Aschaffenburg. M. MÖBIÜS-Frankfurt a. M. C. WEHMER-Hannover. A. ZAHLBRUÜKNER-Wien. H. KLEBAHN-Hamburg. C. MEZ-Königsberg. K. GlESENHAGEN-München. H. FXTTING-Bonn. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. 38 558 Sitzung vom 80. Dezember 1913. Herr LiNDNER legte eine Anzahl Photogramme vor von Querschnitten durch ein junges Gerstenkorn, in dem eben die An- lage der Aleuronschicht erfolgt war, um entgegen den Behauptun- gen PEKLOS in Heft 8 der Berichte, nach denen die Aleuron- schicht durch Pilzvvucherungen zustande kommen soll, auf die Ab- wesenheit jeder Spur eines Pilzes in den jungen Aleuronzellen aufmerksam zu machen. Die Schnitte waren an frischem Material mit dem Rasiermesser aus freier Hand gemacht worden. Zum Vergleich war bei derselben Vergrößerung ein Bild von Loliuni temulcntum mit der Pilzhülle um die Aleuronschicht an- gefertigt worden. Andere Bilder bezogen sich auf ein eigenartiges Zusammen- leben von Alchen, Pilzen und Bakterien in alten feucht ge- haltenen Bierfilzen. Die Pilzmasse bestand zum großen Teil aus Zellen der Profothera Zopf'ii Krüger und einer nicht genauer be- stimmten Penicillium- Art. Die Frototheca-ZeWen waren in den meisten Fällen ganz von einer Bakterienhülle umgeben, deren Ele- mente offenbar von den Stoffwechselprodukten der Protoiheca sich nähren. Durch mechanische Ursachen, wie durch die Alchen- bewegungen werden oft die Hüllen abgestreift und erscheinen dann wie leere Beutel im Präparat. Die P/o^o^Aeca-Zellen . nehmen anscheinend von der auf ihr schmarotzenden Bakterie keinen Schaden, denn sie sahen durchweg sehr gesund aus. Eine Anzahl solcher Bilder sind in der Wochenschrift für Brauerei Nr. 41 1913 veröffentlicht. Die Prototheca und die Alchen stammen nicht aus dem Bier, sondern sind wohl durch Insekten von gärenden schleimflußkranken Bäumen auf die feuchten Bierfilze, die aus der Greizer Waldgegend eingesandt waren, gelangt. Schließlich wurden noch die eigenartigen dendritischen Bil- dungen, welche Alchen an Glasflächen erzeugen, an denen sie hochklettern, durch Bilder demonstriert, die direkt auf Gashcht- papier gewonnen waren. Über „Kletternde Alchen" hat F. LUDWIG, Greiz, bereits in der Deutschen Entoraologischen Nationalbibliothek II, 1911, Nr. 6 eine kurze Mitteilung gebracht. Da die Alchen sehr schnelle Bewegungen ausführen, kann nur eine Momentauf- nahme scharfe Schattenbilder auf dem während der Aufnahme an das Kulturgefäß angelegten Gaslichtpapier ergeben. Die vor- gezeigten Bilder, die ohne photographischen Apparat bei einer Einwirkung von Bogenlicht während der Zeitdauer von V90 Se- kunde hergestellt waren, zeichneten sich durch große Schärfe aus. Vortragender wies darauf hin, wie man auch bei Oscillarien, Dia- tomeen, Schleimpilzen oder dgl., sofern sie an Glaswänden hoch- P. BOYSEN-Jensen : Über die Leitung des phototropischen Reizes usw. 559 kriechen, durch wiederholte Aufnahmen den Fortgang der Be- wegung der Massen in der gleichen Weise leicht bildlich festlegen könnte. Insbesondere sind solche Aufnahmen da angezeigt, wo es sich um krumme Glasflächen handelt, die auf der photographischen Platte nur in perspektivischen Grrößenverhältnissen erscheinen würden. Auf dem mit der Hand dem Gefäß angepreßten Gaslicht- papier erscheint dagegen die krumme Fläche auf eine Ebene projiziert. Wie von Alchen hat Vortragender auch von Kornkäfern, Essigfliegen, Gerstenähren u. dgl. auf Gaslichtpapier sehr hübsche lehrreiche Schattenbilder bekommen, die er gleichfalls vorlegte. Mitteilungen. 77. P. Boysen-Jensen: Über die Leitung des phototro- pischen Reizes in der Avenalcoieoptile. (Mit 6 Abbildungen im Text.) (Eingegangen am 29. November 1913.) Die ersten Versuche über die ßeizleitungsbahnen in der Avena- koleoptile sind von ROTHERT^) angestellt worden. Er fand, daß die Reizleitung von der beleuchteten Spitze zu dem verdunkelten Basalteil nicht unterbrochen wird, selbst wenn die Gefäßbündel in der Koleoptile durchschnitten werden; er schloß daher, daß die Reiz- leitung sich in dem Parenchym des Grundgewebes fortpflanzen kann. Später hat FITTING-) sehr eingehend dieselbe Frage unter- sucht und dabei gefunden, daß die Reizleitung durch einen queren Einschnitt nicht aufgehoben wird, wie auch dieser Einschnitt im Verhältnis zur Lichtrichtung orientiert sein mag. FlTTlNG folgerte aus seinen Versuchen, daß die Reizleitung sich allseitig in den lebenden Zellen fortpflanzt. Als ich 1909 diese Versuche in dem botanischen Institut zu Leipzig wiederholte, kam ich zu einem etwas abweichenden Er- 1) ROTHERT, über Heliotropismus. OOHNs Beitr. z. Biol. d. Pfl. 7, 1896. 2) FiTTiNG, Die Leitung tropistischer Reize in parallelotropen Pfianzen- teilen, PrinGSHEIMs Jahrb. 44, 1907. 38* 560 P BOYSEN- JENSEN: gebnis, indem ich fand, daß ein Einschnitt auf der Vorderseite der Koleoptile (im Verhältnis zur Lichtrichtung) die Heizleitung nicht verhinderte, während ein Einschnitt auf der Hinterseite unter gewissen Bedingungen die Keizleitung aufheben konnte. Ich folgerte daher, daß die ßeizleitung auf der Hinterseite der Koleoptile stattfindet^). In den Versuchen von FiTTING, wo der Einschnitt auf der Hinterseite der Koleoptile angebracht war, hatte nach meiner Meinung die Heizleitung sich' über den Einschnitt fortgepflanzt. Dieser Ansicht ist später von VAN DER WOLK-) entgegen- getreten worden. Leider ist seine Arbeit sehr wenig detailliert. Einem Briefe an den Verfasser zufolge ist VAN DER WÖLK durch eine Berufung nach Buitenzorg an der Publikation einer ausführ- lichen Mitteilung verhindert worden. Ich habe nun neue Versuche über diese Frage angestellt. Die .4yenrtkeimpflanzen wurden wie früher einzeln in Präparaten- gläsern bei 13-14° kultiviert (vgl. BOYSEN-JENSEN 1911 S. 8). Die Verdunkelung des Basalteils wurde mit den an demselben Ort beschriebenen Schirmen bewerkstelligt. Die Schirme waren auch oben durch einen Deckel verschlossen, so daß nur die Spitze der Koleoptile frei war. Versuche mit Abschneiden und Aufsetzen der Spitze. Ehe ich auf die Ansichten von VAN DER WÖLK näher ein- gehe, möchte ich einige meiner Versuche, die VAN DER WOLK nicht nachgemacht hat, besprechen. Ich hatte gefunden, daß man die Spitze der Koleoptile abschneiden und wieder aufsetzen konnte und dennoch durch einseitige Beleuchtung der Spitze eine positiv phototropische Krümmung im Basalteile hervorrufen konnte. Diese Versuche habe ich aufs neue wiederholt und zwar wieder mit posi- tivem Ergebnis. Fig. 1^) stellt eine solche Versuchsreihe dar. Bei 3 Pflanzen wurde die Spitze abgeschnitten und wieder aufgesetzt. (Die Me- thodik bei dieser Operation ist in der zitierten Abhandlung be- schrieben.) Die Pflanzen wurden bei einseitiger Spitzenbeleuch- tung 6V2 Stunden in dampfgesättigtem Raum (unter Glasglocke) 1) BOYSEN-Jensen, La transmission de rirritation phototropique dans VAvena. Acad. royale de Danemark. Bull. 1911. 2) "VAN DER Wölk, Investigation of the transmission of light Stimuli in the seedlings of Avena. Kon. Akad. Wet. Amsterdam 1911. 3) Diese und die folgenden Figuren stellen immer ganze Versuchsreihen dar; es sind keine Pflanzen entfernt worden. über die Leitung des phototropischen Reizes in der Avenakoleoptile. 561 hingestellt. Gleichzeitig wurde bei 2 Kontrollpflanzen die Spitze abgeschnitten und die Pflanzen (mit Schirmen) neben den Ver- suchspflanzen angebracht. Aus der Figur sieht man, daß die drei Yersuchspflanzen alle unter der Operationsstelle positiv phototro- pisch gekrümmt sind; die Kontrollpflanzen dagegen sind ganz ge^. ^^^^ »u.^^^^^^^»a»A.T;g^^^^^K^B>.^Mt^^^iiwi ■ ' i^t^^^m^^tm. mufs^^i^ Fig. 1. rade. (Die Operationsstelle ist durch den liiog von Kakaobutter, mit dem die Wunde umgeben wird, markiert.) Auch bei der geotropischen Krümmung kann man in der- selben Weise eine Reizleitung über eine Wunde hinweg konstatieren. Bei 2 Pflanzen wurde die Spitze abgeschnitten und wieder aufgesetzt, bei 2 Kontrollpflanzen wurde die Spitze nur abgeschnitten. Alle 4 Pflanzen wurden im Dunkelraum nebeneinander 7 Stunden Fig. 2. horizontal gelegt. Aus Fig. 2 geht hervor, daß die Kontroll- pflanzen nur sehr schAvach, die Versuchspflanzen aber sehr stark negativ geotropisch gekrümmt sind. Die erwähnten Versuchsergebnisse lassen sich wohl nur so deuten, daß eine ßeizleitung sich von der Spitze zum Basalteil fortpflanzen kann, selbst wenn die Spitze abgeschnitten und wieder 562 P. Boysen-Jensen: aufgesetzt ist. Der Reiz muß sich somit über eine Wunde fort- pflanzen können. Wenn aber dieses richtig ist, so wird es ein- leuchtend, daß man bei den Einschnittsversuchen, die ich nun er- wähnen werde, sehr vorsichtig sein muß, damit die Eeizleitung nicht über den Einschnitt hinweg stattfindet. Einschnittsversuche in dampfgesättigtem Raum. Wie schon gesagt, hatte ich gefunden, daß ein Einschnitt auf der Vorderseite der Koleoptile die Reizleitung nicht verhindert, während ein Einschnitt auf der Hinterseite die Reizleitung auf- heben kann. In beiden Fällen müssen Glimmerplättchen in den Einschnitten angebracht werden, um eine Reizleitung über die Wunde zu verhindern. Ich folgerte daher, daß die phototropische Reiz- leitung sich auf der Hinterseite der Koleoptile fortpflanzt. In Übereinstimmung mit FlTTUSTG behauptet nun VAN DER WÖLK, daß die Reizleitung sich durch alle lebenden Zellen fortpflanzen kann. Wenn ich bei Einschnitten auf der Hinterseite der Koleop- tile keine Reizleitung beobachten konnte, läßt sich dieses nach VAN DER Wölk dadurch erklären, daß die positiv phototropische Krümmung durch eine nach hinten gerichtete traumatotropische Krümmung kompensiert wird und sich daher nicht manifes- tieren kann. Durch eine Abänderung meiner Versuchsmethodik versucht nun VAN DER WOLK zu zeigen, daß eine Reizleitung stattfinden kann, selbst wenn die Reizleitung auf der Hinterseite unterbrochen wird. Der Einschnitt auf der Hinterseite wurde in seinen Ver- suchen nur durch die Koleoptile und nicht in das Laubblatt ge- führt, in dem Einschnitt wurde ein halbzirkelförmiges Stanniol- blättchen angebracht. Bei einseitiger Beleuchtung der Spitze trat dann eine positiv phototropische Krümmung im Basalteil ein. Ich bezweifle nicht, daß VAN DER WOLK die positiven Krüm- mungen beobachtet hat, aber ich muß hinzufügen, daß seine Ver- suchsmethodik gar keine Garantie dafür gibt, daß die Reizleitung auf der Hinterseite wirklich unterbrochen ist. In dampfgesättigtem Raum werden die Einschnitte bald mit Wasser gefüllt. Werden die Stanniolblättchen auch nur eine Kleinigkeit verschoben (und das läßt sich nicht verhindern), so ist die Möglichkeit für eine Reizleitung über die Wunde, die sich, wie schon gesagt, leicht be- werkstelligen läßt, gegeben. Nur wenn etwa -/g der Koleoptile (und des Laubblattes) durchschnitten werden, so daß ein eingescho- benes Glimmerplättchen über die Hälfte des Koleoptilenquerschnittes bedeckt, ist eine Reizleitung über die Wunde ausgeschlossen. Und über die Leitung des phototropischen Reizes in der Avenakoleoptile. 563 daß Einschnitte von dieser Tiefe die Krümmungsfähigkeit des Basalteiles nicht aufheben, sieht man daraus, daß man, wenn die Einschnitte auf der Vorderseite angebracht werden, schöne photo- tropische Krümmungen erhält. Dies geht aus dem folgenden Versuche hervor. VAN DER Wölk legt stark Gewicht darauf, daß die ver- wundeten Pflanzen so wenig wie möglich in trockener Luft ver- weilen. Bei den folgenden Versuchen sind daher die Operationen in einem nicht geheizten Dunkelzimmer mit einer Feuchtigkeit von ca. 75 pCt. und einer Temperatur von 13 — 14 " ausgeführt. Gleich nach der Operation wurden die Pflanzen mit den allseitig ver- schlossenen Lichtschirmen umgeben, so daß der Basalteil mit der Wunde sich sehr bald in dampfgesättigtem ßaum befand. Hinter- her wurden die Pflanzen unter Glasglocken exponiert. In dieser Weise wurden 6 Pflanzen mit Einschnitten und Glimmerplättchen Fig. 3. versehen. 3 wurden mit dem Einschnitte nach vorne, und 3 mit dem Einschnitt nach hinten exponiert. Fig. 3 stellt das Aussehen der Pflanzen nach 7 Stunden dar. Bei den Pflanzen mit dem Ein- schnitt auf der Vorderseite sind starke positiv phototropische Krümmungen im Basalteil eingetreten, bei den anderen dagegen nicht. Es geht aus der Abbildung hervor, daß die Spitze durch das Wachstum des Laubblattes ziemlich stark verschoben wird. Während der Exposition werden die Spitzen aber durch die Schirme in ungefähr normaler Weise erhalten. Erst wenn die Schirme ent- fernt werden, werden die Spitzen nach hinten resp. nach vorne verschoben. Um dieses Ergebnis zu beurteilen, muß man die exponierten Pflanzen mit Kontrollpflanzen vergleichen. 5 Pflanzen wurden mit einem Einschnitte versehen und 7 Stunden lang in dampfge- sättigtem Raum hingestellt. Fig. 4 ist eine Photographie dieser Pflanzen. Der Einschnitt befindet sich rechts. Ein Vergleich 564 P. Boysen-Jensen: zwischen den Kontrollpflanzen und den Versuclispflanzen zeigt sofort, daß die schwache traumatropische Krümmung, die man bei den Kontrollpflanzen beobachtet, sich auch bei den hinten ver- wundeten Versuchspflanzen wieder findet, und daß man somit in diesem Falle keine Beizleitung beobachten kann. Bei den auf der Vorderseite verwundeten Versuchspflanzen kann man dagegen eine starke Heizleitung konstatiei'en. Fig. 4. Daß der Basalteil der Koleoptile nicht durch den Einschnitt so geschädigt ist, daß er sich von dem Einschnitte nicht hinweg krümmen kann, geht aus Fig. 5 hei'vor. 6 Pflanzen wurden mit einem Einschnitte versehen, bei 3 wurde ein Glimmerplättchen in den Einschnitt geschoben; alle Pflanzen wurden mit dem Ein- schnitt nach hinten exponiert. Aus der Figur geht hervor, daß die Pflanzen mit Glimmerplättchen sich nicht phototropisch ge- krümmt haben, während die Pflanzen ohne Glimmerplättchen schöne phototropische Krümmungen aufweisen. Im letzteren Falle ])flanzt sich der ßeiz über die Wunde fort. Der Basalteil der Koleoptile ist somit krümmungsfähig ; wenn er sich bei den Pflanzen mit Glimmerplättchen nicht krümmt, kann das nur darauf beruhen, daß er nicht gereizt wird. über die Leitung des phototropischen Reizes in der Avenakoleoptile. 565 Dasselbe läßt sich auch in einer andern Weise zeigen. Bei Pflanzen mit Einschnitten und Glimmerplättchen auf der Hinterseite tritt, wie Fig. 3 und 5 beweisen, bei einseitiger Spitzenbeleuch- tung keine Krümmung im Basalteil auf. Werden aber die Pflanzen ohne Schirme einseitig beleuchtet, tritt eine positiv pho- totropische Krümmung im Basalteil ein, weil auch der Basalteil für phototropische Reize empfindlich ist. Es geht somit auch aus diesem Versuche hervor, daß der Basalteil sich krümmt, wenn er wirklich gereizt wird. t)"^ Einschnitts versuche in trockener Luft. In trockener Luft verhalten sich die ^.w/iakeirapflanzen in ganz derselben Weise; wenn der Einschnitt sich hinten befindet, findet keine Reizleitung statt, was immer der Fall ist, wenn der Einschnitt nach vorne zeigt. Es ist in trockener Luft meistens nicht notwendig, Glimmerplättchen zu gebrauchen. Die Einschnitte trocknen bald aus, wodurch eine Reizleitung über die Wunde un- möglich gemacht wird. Wie der Verfasser findet auch VAN DER WÖLK, daß Pflanzen mit Einschnitt auf der Hinterseite sich nicht phototropisch krümmen. In Übereinstimmung mit seiner Hypothese behauptet er, daß auch hier die positiv phototropische Krümmung durch eine nach hinten gerichtete traumatotropische Krümmung kompensiert wird. Er sucht dies durch den folgenden Versuch zu beweisen: Es wird ein Einschnitt auf der Vorderseite der Koleoptile angebracht, und die Pflanze wird 8 Stunden lang in dampfgesättigtem Raum hinge- stellt. Die Koleoptile, die sich anfangs krümmt, ist dann wieder gerade geworden. Dann wird die Pflanze mit einem Einschnitt auf der Hinterseite versehen und die Spitze einseitig beleuchtet. Nach VAN DER WÖLK soll dann eine negative Krümmung im Basalteil eintreten, die durch den Einschnitt auf der Hinterseite verursacht wird, indem in diesem Falle die phototropische Reiz- leitung auf der Vorderseite durch den Einschnitt aufgehoben wird. Ich möchte meinen, daß dieser Versuch zu verwickelt ist. Nach den Angaben von VAN DER WÖLK sollte man bei diesem Versuche folgendes erwarten: L eine negative Krümmung, von traumatotropischer Natur, gegen den Einschnitt auf der Hinterseite gerichtet, 2. eine positive Krümmung, ebenfalls traumatotropischer Natur, weil die Pflanze aus dem dampfgesättigten Raum in Zimmer- atmosphäre gestellt wird, gegen den Einschnitt auf der Vorder- seite gerichtet und 3. eine positiv phototropische Krümmung, weil nach einem anderen Versuche der Reiz um 2 Einschnitte geleitet 566 P. BOYSEN-JENSEN: Über die Leitung des phototropischen Reizes usw. werden kann. Ich meine, daß man aus diesem Versuche nicht viel schließen kann. Versuche mit 2 Einschnitten. VAN DER Wölk hat weiter gefunden, daß der phototropische Reiz sich um 2 gegeneinander gerichtete Einschnitte fortpflanzen kann. Ich habe diesen Versuch wiederholt. Bei 4 Pflanzen wurden Einschnitte und Glimmerplättchen auf der vorderen und hinteren Seite angebracht. Die Pflanzen wurden 17 Stunden ex- poniert. Das Ergebnis geht aus Fig. 6 hervor: 1 ist gerade, 2 schwach negativ und 1 schwach positiv gekrümmt. Die Krüm- Fig. 6. mungen sind alle sehr schwach, wahrscheinlich traumatotropischer Natur. Von einer ßeizleitung kann in keinem Falle gesprochen werden. Das Ergebnis meiner Versuche ist dasselbe wie früher: 1. Die Reizleitung kann sich über eine Wunde fortpflanzen. 2. Für die Annahme, daß die Reizleitung sich allseitig fort- pflanzen kann, sind noch keine Beweise vorhanden. Im Gegenteil spricht alles dafür, daß die Reizleitung in der J.ve??rtkoleoptile lokalisiert ist, Kopenhagen, Pflanzenphysiologisches Institut der Universität. Bruno Kubart : Zur Pra^e der Perikauloratheorie. 567 78. Bruno Kubart: Zur Frage der Perikaulomtheorie. (Mit 2 Abbildungen im Text.) (Eingegangen am 4, Dezember 1913.) „Die Blätter der höheren Pflanzen sind im Laufe der Generationen aus Thallusstücken wie Fucus gegabelter Algen oder doch algenähnlicher Pflanzen hervorgegangen, dadurch, daß (jl-abeläste übergipfelt und die nunmehrigen Seitenzweige zu Blättern (im weiteren Sinne zunächst zu Urblättern) wurden. Die übergipfelnden Stücke werden zu Achsen (Urkaulomen, Zentralen)."^) \ \/^ A B 0 D Abb. 1. Phylogenetische Entwicklung einer höheren Pflanze D aus einer Gabelalge A nach H. POTONIE. Mit dieser Übergipfel u POTONIPj in ausgezeichneter gründender Weise gelungen, Pflanze, deren Differenzierung Die Figuren A— C in Abbild, klarer erscheinen. POTONIE begnügte sich noch nicht, er ging weiter: „di (Algen) unterscheiden sie ngstheorie (Gabeltheorie) ist es und paläontologisch wohl zu be- die Entwicklung einer höheren in Stamm und Blatt zu ei'klären. 1 lassen diese Ausführungen noch aber mit diesem Erklärungsversuche e Achsen der niederen Pf lanzen h von denen der höheren da- 1) POTONiE H., Ein Blick in die Geschichte der botan. Morphologie und die Perikaulomtheorie. FlsCHER, Jena, 1903. 568 Bruno Kubart: durch, daß an dem morphologischen Aufbau der letzteren die Blattbasen teilnehmen"^), wodurch er die Perikaulom- theorie begründete (siehe Fig. D in Abbild. 1). „Ein Perikaulom entsteht durch das Bedürfnis, einen festen Zylinder für die aufrechten Stengel der zum Luftleben gelangten Wasserpflanzen zu haben; das wird ■eben in Anknüpfung an das Gegebene am besten durch Terwachsung bzw. Zusammenaufwachsen der Blaltbasen — oder genauer gesagt — zunächst der ürblattbasen, er- reicht. Da aber daim diese basalen Teile die Leituug der Nahriiug iu Richtung der Stamnilänge besorgen, wird das in sprüngliche Zentralliüudel überflüssig, dessen schließliches Verschwinden überdies dadurch unterstützt werden muß, daß die mechanische Konstruktion im Zentrum der Stengel fester Elemente, die bei den in Rede stehenden Pflanzen an die Leitbündel geknüpft sind, nicht bedarf')." Läßt sich nun die Peri kaulomtheorie paläontologisch ebenso stützen wie die Gabeltheorie? Auf der heurigen Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Wien hatte ich Gelegenheit genommen, über eigene um- fangreiche Stammstudien der beiden Cycadofilicineen Heterangium und Lyginodendron zu berichten. Meine dortigen Ausführungen erscheinen vor Publikation der ganzen Arbeit an anderer Stelle^). Diese Untersuchungen ermöglichen es mir, den Stamm- bau der Gymnospermen in lückenloser Reihe bis auf die Protostele zurück zuverfolgen. Nicht nur bei tiefstehenden fossilen Formen finden wir Protostelenbau des Stammes, auch das Auftreten der Protostele in Keimlingen rezenter Farne deutet auf das UrsjDrüngliche dieser Konstruktion hin. Die Protostele, das ursprüngliche Zentralbündel, wie POTONlfi sagt, verschwindet nun im Laufe der Phylogenese. Es bildet sich zentral ein Mark aus, peripher differenzieren sich immer deutlicher die Primärbündel, welche die Blattspurstränge abgeben.*) Die Ur- primärbündel sind ja ebenfalls Protostelen gewesen und nach der Gabeltheorie alle einander, d. h. in den einzelnen Gabeln gleich- wertig. Infolge der Blattbildung haben diese so manche Um- prägung erfahren müssen, aber im Blattstiele vieler Typen, z. B. 1) Ebendort. 2) POTONIE H., Grundlinien der rflanzenmorphologie. FISCHER, Jena, 1912. 3) Österreichische bot. Zeitschrift, 1913/14. 4) Siehe meine unter 3 erwähnte Publikation. Zur Frage der Perikaulomtheorie. 56i> Heferangiam und Lyginodcndron, nehmen sie noch hnmer „Proto- stelen'*bau an. Gleichen Schritt mit dieser Umbildung der Protostele finden \vir nun bei jenen Farntypen, die zu Gymnospermen werden sollen, noch zwei weitere Umprägungen. Vor allem wandert das Protoxylem von seiner ursprünglich wohl exarchen Lage nach innen, wir erhalten mesarchen und end- lich endarchen Bau der Primärbündel (Abbild. 2). Beim endarchen Typ ist das zentripetale Holz verschwunden, das zentrifugale Holzi in Gestalt der Übergangszone (Netz-Leitertracheiden) bei Cor- daiten und Coniferen erhalten. Zugleich ist aber eine Neu- oo od 00 OQ OO OQ CO oO oO OO OO oo 00 oO OO 00 OD B c Abb. 2. Radialschnitt durch eine exarche Protostele (A), mesarche (B) und endarche (C) Siphonostele. Der Klarheit wegen ist jedesmal nur die eine- Hälfte des Schnittes ausgezeichnet. Jede Stele gilt einen Blattspurstrang (b) ab. (Original.) Q ^ zentripetales Holz, | Protoxylem, ■•■ V zentrifugales Holz, Sekundär-Holz. i bildung eingetreten, die Bildung des Sekundärholzes,. Dieses hat die ,, Leitung der Nahrung in der Richtung der Stamm- länge" wie auch die mechanische Konstruktion des Stammes über- nommen. Bei Farnen, die auch weiter Farn geblieben sind, besorgen die anastomosierenden ßeste der Primärbündel die Nahrungs- leitung, die mechanische Konstruktion besorgen mechanische Mäntel im Rindenbau wie bei alten Typen (man denke nur aru Osmunda). 570 Raoul COMBES: Eine Funktion der Blattstielbasen, wie sie die Perikaulom-, theorie erfordert, gibt es nicht und gab es nie, womit diese auch in sich selbst zusammenfällt. Wenn auch die Blattspurstränge — die einstigen Protostelen — nach ihrer Ablösung vom Primär- bündel einige Zeit in der Kinde ansteigen, bis sie in den freien Blattstiel übertreten, also der ursprüngliche Blattstiel auch ein Stück mit dem Stamme vereinigt sein mag, so haben diese basalen Blattstielteile nie jene Funktion besessen, die ihnen die Perikaulom- theorie zuschreibt. Es besteht für mich kein Zweifel, daß diese Ausführungen auch für die Eqnisdalcs und Lycopodiales gelten. Ich will jedoch den Rahmen dieser Mitteilung nicht überschreiten, zumal ich in meiner Monographie, die mich zu diesen Gedanken angeregt hat, ohnedies hierauf zurückkommen werde. Immerhin glaube ich, be- reits hier genügend ausführlich darauf hingewiesen zu haben, daß die Perikaulomtheorie paläontologisch nicht haltbar ist, daß aber mit der Gabel theorie (Abbild. 1, A — C) und den von mir angeschlossenen Ausführungen (Abbild. 2) eine völlig un- gekünstelte Erklärung der stattgefundenen Umwand- lungen des ürstammes möglich ist. Graz, im November 1913. Institut f. System. Botanik a. d. Universität. 79. Raoul Combes: Untersuchungen über den chemischen Prozeß der Bildung der Anthokyanpigmente. (Erste Mitteilung: Experimentelle Darstellung eines Anthokyans, das mit dem. sich im Herbst in den roten Blättern bildenden identisch ist, ausgehend von einer aus den grünen Blättern extrahierten Verbindung.) (Eingegangen am 5. Dezember 1913.) Seit den ersten Beobachtungen durch SeNEBIER, vor mehr als hundertundzwanzig Jahren, über einen Farbstoff, der in der Epidermis der (7//c/ame« - Blätter enthalten ist, wurde eine be- deutende Zahl von Arbeiten veröffentlicht über den Mechanis- mus der Färbung der Blumen, Früchte, Blätter, Stengel und sogar selbst der Wurzeln durch das rote, violette oder blaue Pigment. Untersuchungen über den chemischen Prozeß der Bildung usw. 57 1 Die ersten Experimentatoren erforschten besonders den Einfluß der äußeren wirkenden Kräfte auf den Prozeß der Farbstoff bilduno- und konnten dadurch feststellen, welche äußeren Bedingungen zur Bildung des Pigments am günstigsten sind. Erst viel später wagten sich die Physiologen an ein Problem, zu dessen Lösung Methoden nötig waren, die sowohl schwer zu finden als auch anzuwenden waren, und versuchten, ganz genau festzustellen, welche inneren Bedingungen die Pigmentbildung begünstigen. Diese neuartige Reihe Untersuchungen führte zum Studium der chemischen Um- wandlungen, die in den Pflanzenzellen die Farbstoffbildung der Anthokjangruppe begleiten. Allem Anschein nach sollte die Arbeitsart darüber Aufschluß geben, was in der Zelle selbst vor sich geht im Augenblicke des Entstehens des Pigments, und uns die Möglichkeit geben, in den innersten Mechanismus der Pigmentbildung einzudringen. Diese Studien über den Einfluß des Zuckers auf die Bildung anthokja- nischer Pigmente, die mit den Untersuchungen OVERTONs (heraus- gegeben im Jahre 1899) beginnen, ergaben jedoch bis heute keinen einzigen unbestreitbaren Fall betreffs des chemischen Prozesses der Pigmentbildung. Zahlreiche Hypothesen wurden aufgestellt; doch keine Tatsache wurde festgestellt. Wir kennen eine gewisse Zahl von Umwandlungen, welche in der Zelle den Pigmentations- prozeß begleiten. KRAUS hat gezeigt, daß sich während des Prozesses die aromatischen Verbindungen in den Organen anhäufen, MiRANDE hat festgestellt, daß die Anzahl der Gerbstoffe, der Glu- kose, der Oxydasen in den gefärbten Geweben größer ist als in den anthok^^anfreien. Ich selbst habe die Umwandlungen hervor- gehoben, die in allen Kohlenhydraten entstehen, sowie die Modifi- kationen des Gas-Austausches. Dies alles gibt uns über den Prozeß Aufschluß, welcher zu- gleich mit der Anthokyanbildung auftritt; nichts aber hat uns bis jetzt erlaubt, einen bestimmten Zusammenhang zwischen irgendeinem dieser Prozesse und der Pigmentation festzustellen. Man weiß zum Beispiel, daß sich beim Entstehen der Pigmente die löslichen Kohlenhydrate in den Geweben anhäufen und daß der Oxy- dationsprozeß heftiger wird; doch keine Tatsache kann angegeben werden, um die Behauptung zuzulassen, daß die Anlagerung der löslichen Kohlenhydrate oder die Beschleunigung der Oxyda- tion einen integrierenden Teil der gesamten chemischen Umwand- lungen bildet, aus denen sich der Pigmentationsprozeß zusammen- setzt; es ist allerdings möglich, daß die in Frage stehende Anlage- rung und Beschleunigung die Gesamtheit der Transformationen 572 Raoul Combes: hervorruft, oder auch nur die Farbstoffbildung begleitet, ohne daß irgendein Zusammenhang zwischen diesen verschiedenen Prozessen besteht. Verschiedene Autoren sowie auch ich haben mehrere Hypo- thesen aufgestellt, welche auf den oben genannten Tatsachen ba- sieren und einen Zusammenhang zwischen der Pigraentation und den verschiedenen eben erwähnten Modifikationen der Chemie der Zelle voraussetzen; aber ich hebe noch einmal hervor, daß es nur lauter Hypothesen sind. Während wir dank den Arbeiten von POLITIS, GUILLIERMOND und PENSA schon ganz genaue Kennt- nis vom morphologischen Standpunkt aus über die Genesis des roten, violetten und blauen Pigments besitzen, müssen wir uns hier auf Hypothesen beschränken und können kein einziges rein posi- tives Ergebnis anführen bezüglich des chemischen Mechanismus dieser Bildung. Nach meinen Untersuchungen^) über die Veränderungen der Kohlenhvdrate und über die Natur des Gasaustausches in den Pflanzen im Laufe der Pigraentation wurde ich auf den Gedanken gebracht, daß das Studium der Erscheinungen, welche die Bildung des Anthokyanpigments begleiten, an sich wenig geeignet war, um bis zur Entdeckung des Mechanismus dieser Bildung zu führen; und ich versuchte, die Pigraentation selbst, nicht mehr die sie be- gleitenden Erscheinungen zu studieren. Meine ersten Untersiichungen betrafen die Blätter, insbesondere die Blätter der „Ampelopsis hederacea", welche fast während des ganzen Wachstums grün sind und sich im Herbst, bevor sie ab- fallen, rot färben. Entweder ist die Farbstoffbildung in den Blättern das Resul- tat einer Modifikation des ununterbrochenen Prozesses, der in den Blättern während der ganzen Dauer ihres Lebens stattfindet und zwar der Modifikation, welche bestimmt wird, durch einen äußeren Einfluß (wie Erniedrigung der Temperatur, Erhöhung der Beleuchtung), oder durch einen inneren (wie Anhäufung löslicher Kohlenhydiate), — oder die Bildung der Pigmente ist für das Blatt ein neuer Pro- zeß, der erst unter dei Wirkung innerer und äußerer Einflüsse entsteht, die ich eben anführte; dieser Prozeß würde dann mit keinem andern im normal lebenden Organ verglichen werden können. 1) Raoul Combes, Rapports entre les compos^s hydrocarbones et la formation de l'anthocyane (Annales des Sciences naturelles, 9e serie. Botanique Tome IX, pagfs 275—303, 1909). Untersuchun,^en über den chemischen Prozeß der BiUlung usw. 573 Ist die Pigmeutation das Resultat der Änderung eines konti- nuierlichen Prozesses, so ist die Vermutung gestattet, daß, wenn der modifizierte Prozeß zur Bildung eines Anthokyanstoffes führt, der nicht modifizierte Prozeß während der ganzen Dauer des regel- mäßigen Wachsens des Blattes zur Bildung eines anderen Stoffes führen muß, der vielleicht dem Anthok^^an ähnlich ist. Folglich muß man in den normalen grünen Blättern im Inneren der Zellen, die später Anthokyan enthalten, eine Verbindung finden, die diesem Pigment ähnlich ist. Dagegen, wenn die Pigmeu- tation für das Blatt ein neuer Prozeß ist, der mit keinem andern, unter normalen Lebensbedingungen auftretenden, verglichen werden kann, so wird man unmöglich in den grünen Blättern, im Innern der Zellen, die später das Anthokyan hervorbringen, eine Verbindung finden, die diesem letzten Pigment ähnlich ist. Ich gebrauchte die mikrochemischen Methoden zur Fest- stellung der Lokalisierung des Anthokyans in den roten Blättern der „Ampelopsis hederacea" , und zur Untersuchung, ob in den Zellen der grünen Blätter eine dem Anthokyan ähnliche Verbindung vor- handen sei. Diese ersten Untersuchungen erlaubten mir, folgende Tatsachen hervorzuheben^): L In den roten (im Herbst gesammelten) Blättern der Ämpe- lopsis ist das Anthokyan in bestimmten genau gelagerten Zellen enthalten; dieses Pigment kann durch Einwirkung von neutralem Bleiacetat als Niederschlag gewonnen werden in Form einer grünen Bleiverbindung. 2. In den grünen Blättern derselben Pflanze schließen die Zellen, welche denen entsprechen, die im Herbst das Anthokyan enthalten, einen nicht^rot gefärbten Stoff ein, der sich durch neu- trales Bleiacetat als gelbe Bleiverbindung niederschlägt. Daraufhin habe ich die Extraktion vorgenommen: 1. des in den roten Blättern enthaltenen Anthokyanfarb- stoffes, 2. der wahrscheinlich ähnlichen Verbindung, die vor dem Auftreten des Pigments die Anthokyanzellen in den grünen Blättern erfüllt. Es gelang mir, beide Verbindungen zu extrahieren, und ich veröffentlichte (im Jahre 1911)-), daß ich folgendes isolieren konnte : 1) RaOUL Combes, Recherches microchimiques sur les pigments antho- cyaniques. (Comptes rendus de l'Association fran9aise pour l'avancement des Sciences. Congres de Dijon. Pages 464—471, 1911.) 2) RaOüL Combes, Recherches sur la formation des pigments anthocya- niques (Comptes rendus des seances de l'Academie des Sciences. Tome CLIII, pages 886—889, 1911). Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. 39 574 Raoul Oombes: 1. aus den roten Blättern der „Ampelopsis hederacea^^ : eine Ver- bindung, die in rosettenförmigen violettroten Nadeln auskristalli- siert und sich durch Pjinwirkung von neutralem Bleiacetat als eine grüngefärbte Bleiverbindung darstellt. 2. aus den grünen Blättern derselben Pflanzen: eine Verbindung, die, wie letztere, rosettenförmige Kristallnadeln bildet, deren Farbe aber gelbbraun ist. Durch Einwirkung von neutralem Bleiacetat entsteht ein gelber Niederschlag. Aus diesen Ergebnissen schließe ich, daß unter den zwei eben erwähnten Hypothesen, bezüglich der Natur des Pigmentations- prozesses, die erste richtig sein muß: Die Farbstoffbildung wäre demnach das Resultat der Modifikation eines Prozesses, der im Blatt, während der ganzen Dauer seines Lebens, kontinuierlich auftritt, also kein neuer Prozeß, der nicht mit einem der Prozesse verglichen werden könnte, die in den normal lebenden Blättern auftreten. Unter normalen Bedingungen wäre das Resultat dieses ununterbrochenen Prozesses die Bildung einer gelbbraunen Ver- bindung, die man leicht in den Geweben des Blattes nachweisen kann, indem man sie durch Einwirkung von neutralem Bleiacetat als gelbe Bleiverbindung gewinnt. Diese Verbindung, von schwacher färbender Wirkung, befindet sich in einem chlorophyllreichen Gewebe und nimmt an der Färbung des Blattes wenig Anteil, das dank dem Chlorophyllpigment eine grüne Färbung annimmt. Bei Änderung einiger äußeren oder inneren Bedingungen wird der Prozeß modifiziert. Sein Resultat wäre nicht die Bildung der gelb- braunen Verbindung, sondern die eines rotfärbenden Stoffes, und zwar des Anthokyans; dieses Pigment kann in der Zelle als grüne Blei Verbindung niedergeschlagen sein. Außerdem, sobald die neuen Bedingungen hergestellt sind, wird sich die gelbbraune Verbindung, die im Blatt vor der Einwirkung dieser neuen Bedingungen auf- trat, in das rote Produkt umwandeln. Könnte diese Auffassung unbestritten festgestellt werden, dann wäre in den Blättern der „Ampelopsis hederaeea^^ der chemische Mechanismus erklärt. Für die Untersuchung ergeben sich die vier folgenden Aufgaben: 1. Die Verbindung, die nicht rot gefärbt ist und in den grünen Blättern auftritt, rein isolieren, 2. Das Anthokyanpigment der roten Blätter rein isolieren. 3. Die Verschiedenheiten zwischen der chemischen Zusammen- setzung und den Eigenschaften der zwei Körper feststellen. Wären die Verschiedenheiten der zwei Körper bekannt, dann könnte man Untersuchungen über den chemischen Prozeß der Bildung usw. 575 erkennen, wie sich in chemischer Hinsicht der erste ändern müßte, um den zweiten za bilden. 4. Zuletzt: von den chemischen Verschiedenheiten der zwei Körper ausgehend, die nicht rot gefärbte aus den grünen Blättern extrahierte Verbindung in Anthokyan umwandeln, welches mit dem Pigment der roten Blätter identisch ist. Die künstliche Bildung des Anthokyans auf diese Art ver- wirklichen, indem man von der nicht rot gefärbten Verbindung ■der grünen Blätter ausgeht, hieße einen engeren Zusammenhang zwischen den zwei Körpern entscheidend beweisen, und infolge- dessen auch zwischen den beiden physiologischen Prozessen, deren Resultat sie sind; es hieße also den Unterschied der Prozesse un- bestreitbar hervorheben, und die Art, auf welche der erste modifi- €iert wird, damit der zweite aufträte. Es hieße also den chemischen Mechanismus der Anthokyanbildung klarstellen. Teilweise hatte ich den ersten Punkt des Problems gelöst, da ich aus den grünen Blättern der Ämpelopsis eine gelbbraune "^^erbindung in rosettenförmigen Nadeln extrahierte, die einige Eigenschaften des Anthokyans dieser Pflanze darbot und sich durch Einwirkung von neutralem Bleiacetat als gelber Niederschlag ergab. Es blieb aber definitiv zu beweisen, daß dies derjenige Stoff ist, der statt des Anthokyans auftritt, wenn das Blatt normal lebt, und wenn die für das Rotwerden notwendigen Bedingungen nicht erfüllt sind. Die Bestätigung, die noch fehlte, um diese Seite der Frage aufzuklären, könnte also erst festgestellt werden, wenn der vierte Punkt dieser Reihe Arbeiten selbst vollendet wäre (Um- wandlung des ans den grünen Blättern extrahierten Stoffes in ein Anthokyan, das dem der roten Blätter identisch wäre). Den zweiten Punkt (Extrahierung des Anthokyan-Pigments ans den roten Blättern) habe ich in meinen schon veröffentlichten Untersuchungen gelöst. Der dritte Punkt blieb noch übrig (Festsetzung der Eigen- schaften und der Zusammensetzung der zwei Körper), sowie der vierte (Umwandlung der aus den grünen Blättern extrahierten Verbindung in Anthokyan). Seitdem die eben erwähnten Ergebnisse publiziert wurden, begann ich jedes Jahr mit der Darstellung der gelbbraunen Ver- bindung der grünen Ampel oi)sis-B\&iiQr , so wie des Anthokyan- pigments der roten Blätter. Beide Verbindungen verderben sehr leicht, und ich erhielt jedes Jahr nur viel za geringe Mengen, um das Studium des dritten Teils des Plans zu unternehmen, von -dem eben die Rede war. Erst in diesem Jahre, nachdem ich, auf 39* 576 Rauol Oombes: G-rund meiner Versuche aus jedem Jahre, meine Extrahierungs- und ßeinigungsmethoden ununterbrochen geändert hatte, erhielt ich von beiden Präparaten größere Mengen. Ich begann also mit dem Studium der Eigenschaften der in gelbbraunen Nadeln kristalli- sierenden Verbindung, und des in violettroten Nadeln kristallisieren- den Anthokyanpigments. Unter den ersten Ergebnissen nenne ich folgende: Die Zerlegung der gelbbraunen Verbindung auf dem „Bloc Ma- quenne" beginnt gegen 182 °; das vollständige Schmelzen findet bei 226 — 229 " statt. Dieser Körper ist in Wasser bei 100 ^ ziemlich löslich, leicht in Alkohol, sehr wenig in kaltem Wasser. Die Farbe der verdünnten hellgelben Lösungen ändert sich nach Zufügung- eines Tropfens Salzsäure gar nicht; nach Zufügung eines Alkalis,, wie Natronlauge oder Ammoniak, wird die hellgelbe Farbe so- gleich dunkler. Barytwasser wirkt gleichfalls; so wie die Färbung an Stärke gewinnt, trübt sich gleichzeitig die Lösung, und es ent- steht ein orangegelber Niederschlag, Neutrales Bleiacetat färbt die Lösung grellgelb und bewirkt dann einen kanariengelben Nieder- schlag. Basisches Bleiacetat färbt die Lösung dankelgelb und gibt dann einen orangegelben Niederschlag. Eisenchlorid veranlaß^t eine schwarzgrüne Färbung, Zinksulfat, Antipyrin und Kaffein geben keinen Niederschlag. Nach Zufügung von Natriumbisulfit bleibt die Lösung unverändert, das Ansäuern der Mischung mit Schwefelsäure ändert die Farbe nicht. Bei dem Studium der Eigenschaften dieser gelbbraunen Verbindung kam ich, früher als ich es hoffen durfte, auf die Lösung des vierten Teils vom Problem, das ich mir aufgegeben^ also auf die Umwandlung dieser gelbbraunen Verbindung, die in den grünen Blättern enthalten ist, in eine rote, die mit dem Antho- kyanpigment der roten Blätter identisch ist. Die alkoholische Lösung der gelbbraunen Verbin- dung erhält durch Einwirkung von Salzsäure und des auftretenden Wasserstoffes, den das Natriumamalgam hervorbringt, allmählich eine violettrosa Farbe, die immer dunkler wird. Die Lösung wird abfiltriert und neutralisiert; nach der Verdunstung bleibt ein purpur- roter Stoff zurück. Dieser Körper wird, wie das natürliche aus den roten Blättern extrahierte Anthokyan, in rosettenförmigen purpurroten Kristallnadeln gewonnen. Nach zweimaliger Kristalli- sierung aus Alkohol und dreimaliger aus Wasser beginnt die Zer- legung des künstlichen Pigments, welches aus der natürlichen gelben Verbindung gewonnen wurde, auf dem „Bloc Maquenne" bei Untersuchungen über den chemischen Prozeß der Bildung usw. 577 165 °; ebenso wie das des natürlichen AnthokA'anpigments. Das vollständige Schmelzen findet bei 212 bis 215 " statt; dagegen fängt die gelbbraune Verbindung an sich bei 182 ° zu zerlegen und schmilzt augenblicklich bei 226—229 ^. Das artificielle und das natürliche rote Pigment sind wasserlöslicher als die gelbbraune Verbindung. Verdünnt man sie mit Alkohol, so färbt sich ihre Lösung ein wenig violettrosa, nach Zufügung eines Tropfens Salzsäure grellrosa; sie ward nach Alkalisierung durch Natron oder Ammoniak erst grün, dann gelbbraun und trübe. Bei Zusatz von Bar^^umoxyd tritt ein oiangegelber Niederschlag auf, der dem gleich scheint, den man mit der gelbbraunen Ver- bindung erhält. Durch Emwirkung von neutralem Bleiacetat geben beide Körper einen grünen Niederschlag, durch Einwirkung von basischem Acetat einen gelbgrünen, durch Einwirkung von Eisen- chlorid eine schw^arzgrüne Färbung. Durch Zufügung von Zinksulfat, Antipyrin, und Kaffein entsteht kein Niederschlag. Löst man sie im Wasser oder in Alkohol, dann entstehen aus beiden Lösungen, die bei Zusatz von Natriumbisulfit ganz entfärbt werden; aber bei dem Ansäuern mit Schwefelsäure erscheint die rosa Färbung wieder. Die Gleichheit des Zerlegungs- und Schmelzpunktes und die Gresamtheit der erhaltenen Reaktionen gestatten den Schluß, daß der purpurrote Stoff, der aus der gelbbraunen Verbindung der grünen Blätter erhalten wurde, mit dem Anthokyan der roten Blätter identisch ist. Das Studium der Zusammensetzung der zwei Körper würde diese Ergebnisse vervollständigen. Das Resultat meiner Untersuchungen, die ich eben kurz be- schrieben, ist folgendes: 1. In einigen genau lokalisierten Zellen der Blätter der ,,Ami)elopsis Jiederacea" tritt, während die Organe tätig wachsen und grün gefärbt sind, eine gelbbraune Ver- bindung auf, die dem Anthokyanpigment der roten Blätter derselben Pflanze sehr ähnlich ist, da sich durch Einwirkung reduzierender Mittel die gelbbraune Ver- bindung in dieses Anthokyanpigment umwandelt. 2. Wenn im Herbst das Wachstum nachläßt, werden die Blätter rot. Die Zellen, aus denen während des tätigen Wachstums die gelbbraune Verbindung entstand, enthalten jetzt ein anthokyanartiges Pigment, und zwar den Körper, zu dem die gelbbraune Verbindung durch Einwirkung reduzierender Mittel Anlaß gibt. 3. Die experimentelle Darstellung eines Anthokyans außerhalb des Organismus darf als gelöst betrachtet 578 W. RUHLAXD: werden. Alle Hypothesen über den chemischen Mechanismus der Anthokyanbildung, die seit 1828 veröffentlicht wurden, sowohl diejenige, die dieses Pigment aus dem Blattgrün entstehen als diejenige, die es aus der Umwandlung der Gerbstoffe, der Atraungschromogene oder aus ,Phenolverbindungen entstehen ließ (zu den letzteren zähle ich die, die ich selbst aufstellte), ließen die Pigmentation als einen Oxydationsprozeß erscheinen. Keine dieser Hypothesen ist mehr zu verteidigen, da es klar ist, daß das An- thokyan der roten Blätter durch Einwirkung des entstehenden Wasserstoffes, also durch Beduktion zustandekommt. Die Ergebnisse, über die ich eben Rechenschaft gegeben habe, ändern also die bisherigen Ansichten über die Farbstoffbildung. Sie gestatten die Annahme einer baldigen Lösung des Problems bezüglich der Bildung des Anthokyanpigments, das seit 1791 auf- gestellt und durch zahlreiche Physiologen untersucht wurde. Ich denke in einer folgenden Mitteilung einige neue Ergebnisse zu ver- öffentlichen und eine neue hypothesenfreie Theorie der Farbstoff- bildung zu geben, welche nur auf Tatsachen basiert. (Aus dem pflanzenbiologischen Laboratorium in Fontainebleau und aus dem Botan. Laboratorium an der Sorbonne.) 80. W. Ruhland: Zur Kenntnis der Wirkung einiger Am- moniumbasen und von Spartein auf die Zelle. (Eingegangen am 19. Dezember 1913.) Der folgende kurze Nachtrag zu meiner letzten Mitteilung i) soll nur einen Punkt etwas näher erläutern. Ich sprach dort in der fünften These im Gegensatz zur herrschenden Meinung auch den quaternären Basen (sog, Ammoniumbasen, deren Stärke bekanntlich ungefähr von der Größenordnung des Kaliumhydroxyds ist) die Fähigkeit zu, in die lebende Zelle einzudringen, und zwar z. T. mit ansehnlicher Geschwindigkeit. In der Tat kann hieran kein Zweifel herrschen. Was zu- nächst das KOH und NaOH selbst betrifft, so habe ich bereits in 1) Diese Berichte, 1913, Nr. 76. Zur Kenntnis der Wirkung einiger Ammonium basen usw. 579 einer früheren Arbeit^) gezeigt, daß auch diese Stoffe, Avenn auch unverkennbar langsamer als Ammoniak, und zwar bei entsprechen- der Verdünnung ohne Schädigung eindringen. Dies entspricht nur der von anderer Seite-) festgestellten Tatsache, daß dieselben Kationen, an Säuren gebunden, ebenfalls anfänglich rasch in die Zelle eindringen. Sehr bald freilich kommt der Import zum Still- stand und es ergibt sich bei ausreichender Konzentration Plas- molyse. Sehr ähnlich wie KOH verhalten sich nun z. B. Tetramethyl- ammoniumhydrosyd und Tetraäthylammoniumhydroxyd, welche un- gefähr dieselbe molekulare Leitfähigkeit wie Jenes besitzen und als Beispiele der hierhergehörigen aliphatischen Basen dienen mögen. Und nicht anders liegt die Sache auch für die entsprechen- den aromatischen Körper. Unter ihnen eignen sich einige ganz besonders zum Nachweis der Tatsache, daß das Eindringen nicht durch eine Schädigung infolge der abgespaltenen OH'-Ionen (OVERTON)^) verursacht ist. Das zeigt z. B. die Methylenblaubase, die zweifellos die Konstitution eines Ammoniumhydroxydes hat, gut wasserlöslich ist und etwa in 0,0001 proz. Lösung sogleich ge- speichert wird, und ebenso steht es mit ähnlichen Stoffen wie Methylengrün usw., die alle auch im Verhalten ihrer in verdünnter Lösung völlig dissoziierten Salze (Hydrochloride, Zinkchlorid- Doppelsalze usw.) mit den starken anorganischen Basen überein- stimmen. In dem erwähnten Absatz meiner Mitteilung hatte ich einige natürliche quaternäre Pflanzenbasen, so das Curarin und Berberin (Hydroberberinmethylammoniumhydroxyd) angeführt, die nicht langsamer als manche tertiäre Basen, z.B.dasLycoctonin^) permeieren. Das Berberin hat nur den Nachteil, daß es durch die Kationen — nicht etwa durch abges23altenes OH, wie der Vergleich mit dem Sulfat zeigt — ziemlich giftig wirkt. Dagegen kann das dort gleichfalls erwähnte Spartein nicht ins Treffen geführt werden. Ich hatte daraus, daß nach VELEY^) entsprechend dem Verhalten gegen Borax die Affinitäts- konstante über dem Werte 10.10~^ liegen muß, und der weiteren Tatsache, daß selbst die 0,1 proz. und noch stärkere Lösungen des Hydrochlorids trotz der ganz außerordentlich hohen Empfindlich- 1) Jahrb. f. wiss. Bot., LI., 1912, S. 376. 2) Vgl. z. B. OsTERHOUT, Plant World, XVI., 19)3, S. 129. 8) Ztschr. f. physik. Ohem., XXII., 1897, S. 189. 4) E. BIERLING, Über die Alkaloide von Aconitum Lycoctonum. Dissert. Halle, 1913. 6) Journ. Chem. Soc. U5 (1909) 758. 580 Otto Porsoh: keit der Reaktion zwischen freier Base und Tannin keine intra- cellulare FällunL!; in Spirogyren mehr erzeugen, geschlossen, daß von dieser meßbare Mengen in der Lösung nicht enthalten sein könnten, und diese eine quaternäre Base sein müsse. Dieses kleine Versehen ist nun durch ein den Angaben von VELEY nicht ent- sprechendes, von Merck frisch bezogenes Präparat desHjdrochlorids entstanden. Es spaltet nämlich kurz nach dem Auflösen (wie ich erst beim neuerlichen Arbeiten mit stärkeren Lösungen bemerkte) viel Säure ab, was natürlich nicht der Fall sein dürfte, selbst wenn die Affinitätskonstante nicht höher als 10—* läge. Diese freie Säure, die offenbar einem zweiten, weniger fest gebundenen Säureäquivalent entstammt, hat allein das Ausbleiben des intracellularen Nieder- schlages verursacht. Spartein ist daher, wie ja auch die Bindung von Jodmethyl lehrt, nur als relativ starke tertiäre Base an- zusprechen. 81. Otto Forsch: Die Abstammung der Monokotylen und die Blütennektarien. (Eingegangen am 19. Dezember 1913.) Wenn wir im Kreise der Angiospermen Umschau halten, mit welchen Mitteln die Blüte das Problem der Nektarienbildung löst, so finden wir, daß sie sich hierzu entweder der Achse, der Blütenhülle (Kelch oder Krone), der Staubblätter oder der Fruchtblätter bedient. Vergegenwärtigt man sich die Formenfülle und unendliche Mannig- faltigkeit blütenbiologischer Anpassungen, so ist man im ersten Augenblick geneigt, anzunehmen, daß die Art und Weise, wie das Nektarium gebildet wird, in den verschiedenen Formenkreisen in ihrer Abhängigkeit von den Bestäubungsverhältnissen regellos va- riieren dürfte. Dabei verbindet man mit dem Begriffe eines Nektariums als geläufigste Vorstellung das aus der Achse hervorgegangene Nektarium, wie es in Form verschieden gestalteter Schuppen, Schwielen oder eines innerhalb oder außerhalb des Staubblattkreises entwickelten Ringwulstes auftritt. Suchen wir einen Überblick zu gewinnen, wie dieses Achsennektarium innerhalb der Dikotylen verbreitet ist, so kommen wir zu dem interessanten Ergebnisse, daß es, von einer bestimmten Organisationshöhe angefangen, den Normaltypus darstellt, anderen Formenkreisen hingegen vollständig fehlt. Ich gebe im folgenden eine Aufzählung der wichtigsten Familienreihen, in denen das Nektarium aus der Achse hervor- Die Abstammung der Monokotylen und die Blütennektarien. 5^1 geht, wobei ich mich bloß auf Fälle beschränke, die als vollständig sicher gelten können. Die Aufzählung stützt sich sowohl auf die einschlägige Literatur (letztere bis 1905 bei KNUTH (6) zusammen- gefaßt) als auf eigene Nachuntersuchungen. Leider läßt uns die Literatur hier in vielen Fällen vollkommen im Stich, da die rein beschreibenden systematischen Arbeiten auf die Nektarienbildung vielfach überhaupt keine Rücksicht nehmen und die blütenbiolo- gischen Angaben, welche ihr zwar Rechnung tragen, sich häufig auf die nichtssagende Erwähnung der Honigausscheidung im Blütengrunde oder an der Basis der Krön- und Staubblätter be- schränken, welche die Frage nach der morphologischen Natur der Nektarien offen läßt. Trotz aller dieser Mängel ist jedoch das Er- gebnis geradezu überraschend eindeutig. Sichere Achsennektarien finden sich in folgenden Reihen: Rhoeadales, Parietales, Columnif erae, Grruinales, There- bintales, Celastrales, Rhamnales, Rosales, Myrtales, Umbellif lorae und bei den meisten Sympetalen. Reihenfolge und Benennung diente hierbei WETTSTEINs Hand- buch (16) als Grundlage. Bei dieser Aufzählung fällt uns auf den ersten Blick das Fehlen einer Entwicklungsreihe auf, die blütenbiologisch keines- wegs einförmig genannt werden kann und die nach der Auffassung Wettsteins (16) nicht weniger als 23 Familien umfaßt, nämlich der Poh/cayjncae. untersuchen wir aber, aus welchen Organen die Polycarpicae mit ihren vielfach ganz einseitigen blütenbiologischen Anpassungen {Aconitum, DeliJhmmm) ihre Nektarien aufbauen, so zeigt sich, daß sie hierzu niemals die Achse, sondern in erster Linie das Androezeum respektive die aus diesem hervorgegangene (R, SCHRÖDINGER [15]) Korolle oder das Gynoezeum verwenden. Die Fol ycarpicae stellen sich demnach im Nektarienbau zur Mehr- zahl der übrigen Dikotylen in grellen Gegensatz. Diese isolierte Stellung der PoJycarpicae wird noch inter- -essanter, wenn wir die zweite große Entwicklungsreihe der Angio- spermen, die Monokotylen, in die Nektarienfrage miteinbeziehen. Ein vergleichender Überblick liefert hier das überraschende Ergeb- nis, daß die Monokotylen in der Lösung des Nektarienproblems mit den Polycarpicae vollständig übereinstimmen. Dieses Ergebnis er- fährt selbst durch die später zu erwähnenden Ausnahmen nur noch eine weitere Bekräftigung. Dem typischen Achs ennektarium der Dikotylen steht das Blattnektarium der PoJycarpicae und Monokotylen gegenüber. Die Übereinstimmung geht so weit, daß sich fast jedem einzelnen Nektarientypus der Poh/cmpicae 582 Otto Forsch : ein vollständig adäquater Parallelfall innerhalb der Monokotylen an die Seite stellen läßt. Zur Begründung dessen mögen folgende Beispiele dienen: I, Die Nektarsekretion erfolgt an den Staubblättern. Polycarpicae Monocotijledones 1. Honigabscheidung durch äußere Pulsatilla Stratiotes aloides Nektarien, die aus reduzierten Staubgefäßen hervorgegangen sind. 2. Honigabscheidung am Grunde der Filamente ohne grobmor- phologische Ausgliederung ei- nes eigentlichen Nektariums. CJematis Pit- clieri Clematisviorna Isopijrum h'h iernatum Nektar ien in Form verschieden ! Lauraceae gestalteterSchwielen amGrunde der Filamente. Gomortega- ceae Monim'mceae II. Die Nektar aussehe! düng erfolgt an blättern. 4. Nektarien in Form von Gru- ben oder Längsfurchen am Grunde der Krone. 5. Nektarium in Form eines durch eine Schuppe geschützten Grüb- chens. 6. Nektarium in Form einer Schwiele an der Basis der Krone. 7. Nektarium in Form von zwei Schwielen am Grunde der Ko- rolle. 8. Nektarsekretion an der Basis der inneren Perigonblätter. Ranuncidus spec. Batrachhim Trollms Leontice Epimcdium diphyllum Ranimculus acer, B. lapponicns Ranuncuhis verticillatus Berberis Mahonia Aiimina triloha SmiJax (ispera o Bomu/ea Maratii Androcymhimii leii- canthuni Colchicum Bulhocodium den Blütenhüll- TJvularia grandiflorn Lapiageria rosea Melanfhlum rirgini- cum FritiUaria Lilium HydiOcJiaris Oftelia Lloydia serotina Erythronium dens- canis Zygadenus ehgans Chrysal idocarpus lutesrens Gagea, Sfreptopiis^ Iris pseudacorus Galaxia graminea Moraea iristis Ferraria nndidata Die Abstammung der Monokotylen und die Blütennektarien. 583- III. Nektarsekretion an den Fruchtblättern. 9. Honigabsclieidung an der ganzen Oberfläche des Frucht- knotens. 10. Honigdrüsen in Form zweier flacher Vertiefungen zu bei- den Seiten jedes aus einem Fruchtblatte bestehenden Fruchtknotens, Sarracenia purpnrea Caltha palus- tris TofieJdia palustris Licuala grandis Am Grunde der Furchen des aus- sechs Frucht- blättern gebilde- ten Gynoezeums- Butomiis Diese Zusammenstellung beschränkt sich absichtlich bloß auf Erwähnung weniger, vollkommen gesicherter Fälle, die ich zum großen Teil selbst nachzuuntersuchen Gelegenheit hatte. Ich glaube, daß selbst der größte Skeptiker zugeben muß, daß die einheitlich konse- quente Ausbildung von Achsennektarien in den früher erwähnten Reihen und diese überraschende Parallelentwicklung zwischen den Nektarien der Po/?/carj;?Vae und Monokotylen keineswegs auf Rechnung des Zufalls zu setzen ist, sondern nur in der Stammesgeschichte ihre Erklärung finden kann. Wir stehen vor einer neuen Stütze für die Auffassung der Abstammung der Monokotylen von Polycar- j:>^cae-ähnlichen Vorfahren, die uns durch so zahlreiche in den ver- schiedensten Disziplinen sich bewegenden Einzeluntersuchungen immer mehr aufgedrängt wird. (Vgl. FrITSCH u. LOTSY [1, 9].) Dieses Ergebnis erschließt uns aber noch mehr. Es liefert uns gleichzeitig den Schlüssel zum phylogenetischen Verständnis eines Nektarientypus, der nach unseren derzeitigen Kenntnissen ein ausschließliches Besitztum der Monokotylen darstellt, nämlich des Septalnektariums. Im Gesamtbereiche der Liliifloren aber auch bei den Musaceen und anderen Scitamineen wird bekanntlich der Honig in den durch Verwachsung der Fruchtblätter gebildeten Scheidewänden, den Septen, des Fruchtknotens ausgeschieden. Das Verständnis dieses echt monokotylen Nektarientypus erschließt uns die Gattung Tofieldia. Tofieldia palustris stellt uns das phylogenetisch ältere Stadium dar. Hier scheidet nämlich noch die ganze Oberfläche des Fruchtknotens Honig ab. Bei Tofieldia cahjculata hingegen erscheint die Honigabscheidung schon auf die hier meist noch vollkommen freien Wandfurcben beschränkt. Ausnahmsweise tritt schon hier gelegentlich teilweise Verwachsung zweier benachbarter Fruchtblätter auf. Und dieser so unscheinbare Vorgang bedeutet den ersten Entscheidungsschritt vom ursprünglich außen gelegenen Nektarium zum inneren Septalnektarium. Darauf hat bereits SOHNIEWIND-THIES hingewiesen (14). 584 Otto Forsch: Halten wir nun unter den Dikotylen Umschau nach einem Parallelfall zu diesem ph^dogenetischen Vorläuferstadium der Septalnektarien, so finden wir ihn wieder gerade unter den Poly- carpicae. Das Nektarium von Caltha palustris ist bis heute dauernd -auf dem Stadium stehen geblieben, das bei den Monokotylen durch Verwachsung mehrerer einblättriger Fruchtknoten zum Septal- nektarium führen müßte. Stellen wir uns die freien Fruchtknoten der Caltha-^lvitQ mit ihren seitlichen Oberflächennektarien mitein- ander verwachsen vor, so haben wir eine Dikotyle mit Septalnek- tarien vor uns. Ist das Blütennektarium bis heute ein Fingerzeig seiner G-e- schichte geblieben, dann ergeben sich daraus 3 weitere Forde- rungen : 1. Es muß uns die Beibehaltung seiner Vergangenheit ökolo- gisch verständlich sein. 2. Müssen sich auch die Ausnahmen entweder geschichtlich oder ökologisch als abgeleitet erklären lassen. 3. Wird sich das Nektarium selbst als heuristisches Merkmal verwerten lassen. Alle diese Forderungen sind auch tatsächlich auf das glänzendste erfüllt. Auf den ersten Blick erscheint wohl das Nektarium wenig ■dazu berufen, alte Organisationsmerkmale festzuhalten, denn die unendliche Mannigfaltigkeit der Aufgaben, welche der vielgestaltige Blütenbau in den Dienst der Fremdbestäubung stellt, muß auch -die Nektarien notwendig in Mitleidenschaft ziehen. Und trotz alledem kann gerade das Nektarium wie kein zweites Organ der Blüte seine eigenen Wege gehen. Denn von ganz einseitigen Kn- passungen abgesehen, kommt es bei aller Mannigfaltigkeit der Formen immer wieder nur darauf an, im Grrunde der Blüte Honig zu liefern. Ob diese blütenbiologische Forderung auf dem gedrängten ßaume des Blüteugrundes an der Basis der Staubfäden, der Kronen- blätter, des Fruchtknotens oder der Achse erfüllt wird, ist ökolo- gisch gleichgültig. Und darum, und nur darum brauchte gerade das Blütennektarium auch im steten Wechsel der Blütenumbildung zugunsten der Fremdbestäubung seine eigene Geschichte am we- nigsten zu verleugnen. Auch die Ausnahmen erfüllen die an sie gestellten Bedin- gungen. Im Gesamtbereiche der Sympetalen mit ihren typischen Achsennektarien stehen die PJumhag'males vollständig isoliert da. Denn wie ich mich durch Nachuntersuchungen überzeugen konnte, Die Abstammung der Monokotylen und die Blütennektarien. 585 gehört ihr Nektarium dem Androezeum an. Es tritt hier in Form von Schwielen an der Basis der Filamente auf. Dieser Unter- schied im Nektarienbau stimmt geradezu glänzend mit der isolierten Stellung überein, welche diese Familie auf Grund der übrigen Organisationsmerkmale einnimmt. Spricht doch die Gresamtorgani- sation (Vorblätter, Fruchtknotenbau, Bau der Samenanlage Stengel- anatomie usw.) deutlich dafür, daß sie einen Sympetalen Typus der Centrospermen darstellen. Untersuchen wir aber die Gentrospermen auf die Ausbildung ihrer Nektarien hin, so finden wnr denselben Typus bei den Polygonaceen, Portulaccaceen und ganz allgemein ver- breitet bei den Garyophyllaceen wieder. Aber auch hier darf uns dieses Vermächtnis der. Polycarpicac nicht überraschen, wenn wir uns eine Familie wie die Ph^^tolaccaceen vergegenwärtigen, die noch heule unverkennbare Beziehungen zu den Polycarpicae verrät. Ebenso interessant sind diesbezüglich die Rhocadales und Bosales. Unter den JRhoeadalcs stehen bekanntlich die Papaveraceen noch in. innigen Beziehungen zu den Polycarpicae, während die Gapparida- ceen und ßesedaceen zu den Parietales hinüberleiten. In vollem Einklang damit beteiligen sich bei ersteren — soweit sie überhaupt Nektarien besitzen (z. B. Gorydalis, Fumaria, Dicentm usw\) — Staubblattkreis und Krone an der Nektarienbildung. Die letzteren dagegen zeigen bereits typische Achsennektarien. Ganz dasselbe gilt für die Ptosales. Die den Polycarpicae zunächst stehenden Crassulaceen haben noch vielfach dem Androezeum angehörende Nektarien — ja selbst für zahlreiche Leguminosen wird Nektarab- sonderung an der Basis der Filamente angegeben. Die abgeleiteten Typen dagegen verwerten bereits die Achse zur Nektarienbildung. Können die genannten Ausnahmen als geschichtlich be- gründet gelten, so finden andere wieder ihre Erklärung in ökolo- gischen Anpassungen. So finden sich in dem normalerweise bloß Achsennektarien führenden Kreise der Ruhiales bei einigen Vale- rianaceen Kronensporne. Valeriana — Centranthus. In allen diesenFällen handelt es sich um zygomorphe, einseitig' angepaßte Blütentypen. Aber auch hier hätte vielfach erst die ent- wicklungsgeschichtliche Untersuchung die ausschließliche Beteiligung der Krone an der Bildung des Nektariums klarzustellen. Unter den Monokotylen kommt bloß bei dem abgeleitetsten Blütentypus über- haupt, bei der Orchideenblüte ausnahmsweise Einbeziehung der Achs& in den Bereich der Nektarien vor. Aber selbst diese Fälle bedürfen viel- fach eingehender entwicklungsgeschichtlicher Nachuntersuchungen,, da sich die Auffassung spornartiger Bildungen als Achsensporne in der Eegel bloß auf den fertigen Zustand stützt. Überdies ist ja 586 Otto Forsch: .selbst heute die morphologische Natur des Orchideenlabelliims noch immer strittig. Die epigynen Drüsen der Zingiberaceen hat schon E-OB. Browne für umgewandelte Staubblätter des inneren Kreises er- klärt. Und neuerlich hat sich SOHILBERSKY (13) auf Grund ein- gehender Untersuchung der Hedychium-BliXte dieser Auffassung an- geschlossen. Ist sie. richtig — und ich bin von ihrer Richtigkeit vollkommen überzeugt — , dann können wir sagen, daß selbst die :so abgeleitete, dem Typus der Orchideenblüte bereits sehr nahe kommende Hedt/chmm-JMüte bei der Bildung ihrer Nektarien ihre Monokotylennatur nicht verleugnen kann. Bei der Fülle von Über- gängen, welche die rezenten Angiospermen vielfach miteinander verbinden, ist es selbstverständlich, daß wie die übrigen phyletischen Merkmale so auch das Blütennektarium dem jeweiligen Grade der Verwandtschaft mit den Polycarpicae keineswegs vollkommen parallel zu laufen braucht. Starre Grenzen sind auch hier nicht zu er- warten. Schließlich können einige der genannten Fälle gleichzeitig als Beweis dafür dienen, daß die Art der Nektarienentwicklung auch als heuristisches Merkmal gute Dienste leistet. Ich verweise bei- spielsweise bloß auf das oben über die Plumhaginales Gesagte. Eine weitere hier zu erwähnende Familie sind die Gentianaceen, welche in manchen ihrer Vertreter verwandtschaftliche Beziehungen zu ge- wissen Centrospermen nahelegen. Speziell die Sileneen unter den Caryophyllaceen zeigen in ihrer Gesamtorganisation (Blattstellung, Blütenstand, Ligularbildung der Korolle, Fruchtknotenbau, inter- xyläres Phloem usw.) eine Reihe auffallender Übereinstimmungen, welche mir wenigstens nicht den Eindruck bloßer Konvergenz machen. Interessanterweise finden sich gerade wieder bei den Gentianaceen sowohl Achsennektarien (für einen Teil der Gentiana- Arten angegeben) als Kronblattnektarien (andere Genfiana- Arten, Halenia). Die Blüte von Uahnia erinnert geradezu täuschend an Aquilegia. Nach dem Vorhergegangenen darf ich wohl zusammenfassend sagen: Das Blütennektarium qualifiziert sich seiner morphologischen Herkunft nach als wertvolles phyletisches Merkmal. Die auch durch methodisch sehr verschiedenwertige Untersuchungen der jüngsten Zeit neuerdings bekräftigte Ableitung der Monokotylen von Polycarpicae-öhnWchen Vorfahren (HOLMGREN [3], MEZ und GOHLlvE [10]) erscheint somit auf neuer Grundlage bestätigt. Die Art und Weise, wie sich die Monokotylenblüte ihr Nektarium baut, ist ihr heute noch vielfach durch ihre Geschichte vorgezeichnet. Die Die Abstammung der Monokotylen und die Blütennektarien. 587 Monokotvleiiblüte erweist sich auch nach dieser Richtuno- als Ab- kömmling der Polycarpicae. Die morphologische Wertigkeit des Blütennektariums gehört von nun an zum eisernen Bestände jeder eingehenden phyletischen Familiencharakteristik. Zahh-eiche ent~ wickhmgsgeschichtliche Untersuchungen werden unter diesem neuen Gesichtsw'inkel einzusetzen haben, um uns über dieses Merkmal hei den einzelnen Familienreihen vollkommene Klarheit zu schaffen. Es fragt sich nur noch, ob die gewonnenen Ergebnisse auch mit der Phylogenie des Nektariums in Einklang stehen. Auch diese Forderung ist erfüllt. Wenn war im System herabsteigen, so finden wir die ältesten Nektarientypen bei den Gnetales unter den (ji-ymnospermen. Von KARSTEN (4, 5) bereits für gewisse 'Gnetuni- Äxten vermutet, wurde innerhalb dieses Kreises die Ento- mophilie zuerst von PBARSON (11) für Tumhoa und von mir (12) für Ephedra campylopoda unzweideutig nachgewiesen. Der dem Auffangen des pulverigen Pollens dienende Bestäubungstropfen der windblütigen Vorfahren ist hier durch reichliche Zuckereinla- gerung zum Honigtropfen geworden. Für Tumhoa hat PEARSON den Zuckergehalt dieses Nektartropfens nachgewiesen. Und mir gelang dasselbe später^) bei Ephedra campulopoda, wo der Zucker- reichtum so groß ist, daß der Nektartropfen dieser Pflanze ein ausgezeichnetes Laboratoriumobjekt für Zuckerreaktionen abgeben könnte. Ein entscheidender Schritt in der Entwicklungsrichtung der Zwitterblüte auf dem Umwege über die Infloreszenz mit starker Re- duktion der Einzelblüte war damit getan, ein Schritt, den ja be- kanntlich die WETTSTEINsche Blütentheorie für den Werdegang der Angiospermen - Zwitterblüte geschichtlich voraussetzt. Ich lasse die Frage unentschieden, ob hier der Nucellus allein oder im Verein mit dem Integument die Nektarsekretion besorgt. Wesent- lich ist, daß das älteste ims bekannte Nektarium dem Gynoezeum und nicht der Achse angehört. In ökologischer Beziehung ist dieser Nektarientypus noch als ziemlich tiefstehend zu betrachten. Dies geht klar aus dem Bestäubungsvorgang bei Ephedra campi/lo- poda hervor. Die Körperstellung des Insektes beim Honigsaugen ist noch nicht geregelt, und es bleibt häufig dem Zufall überlassen, ob der aus der zwittrigen Infloreszenz stammende Pollen an die Spitze der weiblichen Blüte gelangt. Überdies fehlt hier dem Honig sowohl wie dem Pollen jeder Schutz gegen Benetzung. Diese Lösung der Nektarienfrage schließt keine weitergehenden 1) In meiner unter (12) zitinrten Arbeit noch nicht veröffentlicht. 588 Otto Poüsch: Entwicklungsmöglichkeiten in sich. Sie bedeutet morphologisch gewissermaßen eine Sackgasse. Denn die Nektarsekretion aus der Samenanlage der weiblichen Blüte hatte die Einbuße der Sexuali- tät zur Folge. Soll die Sexualität der „Zwitterblume" vom Typus der Gnetales erhalten bleiben, dann muß die Nektarausscheidung einem anderen Organe außerhalb der weiblichen Blüte übertragen werden. Und das nächstliegende Organ sind die nunmehr zu „Staubblättern" gewordenen männlichen Blüten, die ja in wechselnder Zahl zur Ver- fügung stehen. Damit sind wir aber schon im wesentlichen beim Typus der Polycarpicae angelangt. Die nächste Forderung war ein Regen- schutz durch Ausbildung von Hochblättern. Bedenken wir, daß die Bildung des Pollens und die Ernährung des Embryos ein reich- liches Zuströmen von Assimilaten voraussetzt, deren Maximalbe- dürfnis erst durch den Eintritt der Befruchtung gegeben ist, so wird häufig ein Überschuß von Assimilaten unvermeidlich gewesen sein. Und dieser Überschuß kann in Anthokyan umgewandelt worden sein, wofür wir zahlreiche Parallelfälle kennen. Ich ver- weise bloß auf die Versuche von L. LiNSBAUER (7), welche zeigen, daß an beblätterten Sprossen durch Erschwerung der Ab- leitung der Assimilate sehr leicht Anthokyanbildung zu erzielen ist. Ich erinnere an die herbstliche Laubverfärbung, wo die Bil- dung der Trennungsschicht indirekt denselben Vorgang induziert. Vollständig im Einklang damit stände auch die chemische Zu- sammensetzung des Anthokyans als stickstofffreies Glykosid Molisch [8], Gräfe [2]). So könnte die Entstehung von Antho- kyan aus überschüssigen Assimilaten rein kausal die erste physiolo- gisch-chemische Veranlassung zur Entwicklung eines Schauappa- rates gebildet haben. Die Grundlage für die Weiterentwicklung des- selben durch Auslese seitens des Insekts wäre damit gegeben gewesen. Zum Schlüsse drängt sich uns nur noch die eine Frage auf, warum die Dialypetalenblüte in ihrer Aufwärtsentwicklung bei der Ausbildung der Nektarien Gynoezeum und Androezeum verließ und zur Achse griff. Ich glaube, auch dies wird uns verständlich, Avenn wir uns vergegenwärtigen, von welchen ßichtungslinien die Aufwärtsentwicklung der Angiospermenblüte beherrscht wird. Sie steht gewissermaßen im Zeichen der Verwachsung von Kelch und Krone und der Verminderung der Frucht- und Staub- blattzahl. Die Gamopetalie bedingt im Verein mit dem Cyklisch- werden der Blüte ein Zusammendrängen der generativen Sphäre auf einen engen E-aum und damit eine Einschränkung der Ent- faltungsmöglichkeit des Nektariums. Die Reduktion des Androezeums Die Abstammung der Monokotylen und die Blütennekbarien. 589 bedeutet physiologisch eine Beschränkung desselben auf seine ur- eigenste Funktion als pollenliefernder Organkomplex. In dieser Ge- samtkonstallation der Angiospermenblüte stellt das Achsennektarium als jüngste Neuerwerbung die ökonomischeste Lösung der Nektarien- frage bei maximalstem Nutzeffekt dar. So bedeutet auch hier ge- rade die einfachste und ökonomischeste Lösung nicht den Anfang, sondern den Abschluß einer Entwicklungsrichtung. Wie wenig Organe braucht der abgeleitetste Typus der Orchideenblüte, um in einer einzigen Familie eine Formenfülle zu erschaffen, die alles Raffinement übertrifft, das wir sonst im Bereiche der Blüte kennen. Wie lange brauchte der Embryosack der Blütenpflanzen, um bei dem einfachsten ökonomischen Schema, dem Normaltypus der Angiospermen, anzugelangen, auf dem er bis heute stehenge- blieben ist. Ich bin am Schlüsse meiner Darstellung und glaube mich berechtigt, zusammenfassend zu sagen: Die morphologische Wertigkeit des Blütennektariums erweist sich bei kritischem Vergleiche nicht nur als wertvolles phyle- tisches Merkmal, sondern als neues Glied in der Beweis- kette der Abstammung der Monokotylen von Dikotylen. Literatur. 1. Fritsch, K., Die Stellung der Monokotylen im Pflanzensystem. EnGLERs Jahrb., 34. Bd., 1906, Beibl. Nr. 79, S. 22 ff. 2. Gräfe, V., Studien über Anthokyan. lEI. Sitzungsber. der Wiener Aka- demie, Mathem.-naturwiss. Klasse, Bd. 120(1911), Abt. 1, S. 76.-) ff. 3. HOLMGREN, I., Zur Entwicklungsgeschichte von Butomus umbellatus. Svensk botanisk Tidskrift, VII, 1913, S. 58. 4. Karsten, G., Beiträge zur Entwicklungsgeschichte einiger Gnetum-ATten. Bot. Zeit. 1892, S. 213, 5. — , Zur Entwicklungsgeschichte der [Gattung Gnetum. OOHNs Beitr. z. Biologie der Pflanzen. VI (1893), S. 349. 6. Knuth, P., Handbuch der Blütenbiologie 1898—1905. 7. Linsbauer, L , Einige Bemerkungen über Anthokyanbildung. Österreich. bot. Zeitschr., 1901, S. 9. 8. MOLlsCH, H., Über amorphes und krystallisiertes Anthokyan. Bot. Zeit. 1905, 1. Abteil., S. 161. 9. LOTsy, I. P., Vorträge über botanische Stammesgeschichte. (1911). III., 1, S. 616 ff. 10. Mez, C, und GOHLKE, K., Physiologisch-systematische Untersuchungen über die Verwandtschaften der Angiospermen. OOHNs Beitr. z. Biologie d. Pflanzen. XII. (1913), S. 172. 11. PearsON, H. H. W., Further observations on Welwitscläa. Philosophie. Transact. of the Royal Soc. London. Ser. B. Vol. 200 (1908), S. 343. Ben der deutschen bot. GeseUsch. XXXI. 40 590 ■^- BßOCKMANN-JEEOSCH: 12. Forsch, 0., Ephcdra campylopoda C. A. Mey, ' eine entomophile Gjmno- sperme. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. XXVIII. (1910), S. 404 ff. 13. SCHILBERSKY, K., Zur Anatomie und Biologie der Blüte v. Hedijchiuni Ga reiner ianum. Mathem. u. naturwiss. Ber. aus Ungarn. XX , 1905. S. 74 ff. 14. SCHNIEWIND-Thies, I., Beiträge zur Kenntnis der Septalnektarien. Jena 1897, S. 42 16. SCHRÖDINGER, R., Der Blütenbau der zjgomorphen Ranunculaceen und seine Bedeutung für die Staramesgeschichte der Helleboreen. Abhandl. d. zoologisch-bot. Gesellsch., Wien. IV. Bd., Heft 8 (1909), S. 44 ff . 16. V. Wettstein, R., Handbuch d. system. Botanik. 2. Aufl., 1911. 82. H. Brockmann-Jerosch: Die Trichome der Blatt- soheiden bei Gräsern. (Mit Tafel XXII.) (Eingegangen am 19. Dezember 1913.) Die abgestorbenen Blattscheiden vieler Gräser zerfallen lang- sam. Sie verfilzen miteinander und bilden um die jungen Scheiden herum einen meist gelben oder braunen Mantel, die Strohtunika. Diese tritt gesetzmäßig auf, denn sie hat bei der gleichen Art jeweils eine ganz bestimmte Gestalt, und die Zeit, in welcher die Blattscheiden schließlich zerfallen, ist offenbar recht unabhängig von den Bodenverhältnissen. Die Ausbildung der Strohtunika geht im großen und ganzen Hand in Han i mit ungünstigen klimatischen oder edaphischen Ver- hältnissen. Sie fehlt sozusagen völlig bei den Arten der immer- grünen Wiesen, findet sich dagegen schon recht häufig bei den Gräsern des mageren und trockenen Bodens und der Alpen und in extremen Formen bei denen der Halbwüste und Wüste. Diese Parallelisation der Trockenheit des Klimas oder des Bodens mit der Ausbildung der Strohtunika wurde zuerst von HACKEL beob- achtet^). Als Erstei gab er im Jahre 1890 eine Erklärung dieser Tatsache, indem er die Strohtunika als eine Anpassung an die Trockenheit der Standorte deutete. Durch sie werden die jungen Organe vor unnötiger Verdunstung und eventueller Vertrocknung 1) Über einige Eigentümlichkeiten der orräser trockener Klimate. Verh. d. k. k. zool.-bot. Ges., Wien 1890. Die Trichome der Blattscheiden bei Gräsern. 591 geschützt. Diese Deutung erscheint plausibel und fand, obschon die Funktion der Strohtunika nicht experimentell geprüft wurde, allgemeine Annahme. Nun lehrten mich folgende Überlegungen, daß die HACKELsche Deutung nur bedingt richtig sein könne und daß die Funktion der Stroh tunika vielleicht noch in etwas anderem bestehe als in der Herabsetzung der Verdunstung. Bei vielen Gräsern mit starker Strohtunika, z. B. bei Fcstuca spadicea L., sind die Scheiden völlig im Boden, wo doch die Verdunstungsgefahr recht gering ist. Die oberirdische Strohtunika ist zudem oft dünner und schmächtiger als die unterirdische. Es geht also die Ausbildung der Strohtunika nicht Hand in Hand mit der Verdunstungsgefahr. Ein zweiter Gegengrund ergibt sich aus folgenden Beobach- tungen. Im Gegensatze zu der Ebenenflora zeigt die alpine viel seltener eine Periodizität der Erscheinungen. Im Herbste läßt sie sich von den Frösten überraschen und im Frühjahr, sobald die Schneedecke dünn geworden ist, erwacht sie zu neuem Grünen und Blühen, oft unbekümmert um die zu erwartenden Kälterück- fälle. Ja selbst im Winter gibt es Stellen, wo einzelne Arten fort- während frische Blätter treiben, sobald nur der Schnee abrutscht oder schmilzt und eine dünne Erdkrume von 1—2 cm auftaut. Ein Vorteil erwächst durch dieses Aussprossen den Pflanzen nicht; im Gegenteil, die jungen Blätter erfrieren häufig genug, ja oft beinahe regelmäßig. Die sprossenden und nicht sprossenden Pflanzen unterscheiden sich im wesentlichen durch ihr Wurzel- system. Pflanzen mit Pfahlwurzeln treiben, soweit ich hier Er- fahrungen machen konnte, nie neue Blätter, die oberflächlich wurzelnden dagegen häufig. Die ersteren stehen im gefrorenen Boden, während die letzteren wenigstens teilweise Wurzeln in der aufgetauten Oberfläche besitzen. Ja hier kann man >&it sehen, daß zu diesem Zwecke eigene, ganz oberflächlich ver- laufende Würzelchen gebildet werden (z. B. bei I7iymus serjji/lhm). Es steht also offenbar das Wachsen mit der Wasseraufnahme im Zusammenhang, insofern nur die oberflächlich, also im aufgetauten Boden wurzelnden Arten Blätter treiben. Nun gehört auch Fcstuca varia Haenke zu den im Winter wachsenden Arten. Bei jeder guten Witterung stößt ein Teil des innersten Blattes der sterilen Sprosse aus der Scheide des nächst älteren Blattes vor, allerdings um beinahe ebenso häufig wieder zu erfrieren. Das Auffällige dieses Wachstums liegt darin, daß die dicken Polster dieses Grases nicht bis in das Wurzelsystem hinab auftauen. Daraus ergab sich die Frage, ob hier das Wasser zum 40* 592 H. Bkockmann-Jerosch: Wachsen nicht so nötig sei oder ob diese Gräser nicht eine andere Einrichtung zeigen, die ihnen erlaubt zu wachsen, ohne daß die Wurzeln Wasser aufnehmen. Ich begann die Frage aafzuwerfen, ob nicht durch die Blattscheiden das längs der Blätter herab- rinnende Wasser, das von der Strohtunika aufgesogen wird, auf- genommen wird uad ob sich hier nicht vielleicht dazu dienende Organe nachweisen lassen. Ich bekam auch bei dieser Gelegenheit Zweifel an der Bedeutung der Strohtunika, und es schien mir die Deutung, daß sie auch als Wasserreservoir dienen, zu dem das längs der Blätter herabrollende Wasser geführt wird, und von wo dann die Blattscheiden es wieder heraussaugen, ebenso berechtigt als die HACKELsche Erklärung. Aus diesem Gedanken heraus entstand die nachfolgende Untersuchung. Schon bei dem ersten Herauspräparieren der Blattscheide fiel mir an der Basis der Scheide bei vielen Arten, die ich im Winter untersuchte, ein sammetiger Glanz auf, der sich beim Betrachten mit der Lupe als Behaarung erwies. Diese Haare treten regelmäßig bei den Gräsern mit einer Strohtunika auf, so daß in der Tat die Ansicht nahe liegt, es handle sich um wasserauf- nehmende Organe. Die Haare sind in der Hegel abwärts, sehr selten aufwärts gerichtet und zwar immer in der Weise, daß die Haare derselben Stelle der Scheide eine gleiche Richtung einnehmen. Sie bekleiden meist nur den untersten Teil, nämlich das unterste Drittel der Scheide. Da nun, um vergleichbare Resultate zu erhalten, bei anatomischen Arbeiten der Gräser die Querschnitte meist etwa in halber Höhe gemacht wurden, so ist es trotz der vielen Untersuchungen mög- lich gewesen, daß die Trichome bis jetzt, soweit ich die Literatur zu übersehen mag, unbeachtet blieben. Die Trichome entstehen an den jungen Blattscheiden aus den jungen kubischen Epidermiszellen durch Ausstülpung der Außen- wand (Fig. 1). In diesem Stadium ist die Zellmembran überall gleich dick. Später zeigt die Haarzelle das meist nach abwärts gerichtete Haar und einen sich nach innen stark verbreiternden Fuß (siehe Tafel). Die Außenseite des Haares ist mit einer dünnen, hie und da fein gerippten Cuticula bedeckt. Die Zellmembran selbst ist stark verdickt. Sie zeigt im frischen Zustande recht auffällige, oft verästelte Poren gegen das Blattinnere und die andern Epidermiszellen. Das eigentliche Haar ist dagegen poren- los oder besitzt eine einzige Pore an der Biegungsstelle des Haares (Fig. 5). Die Verdickung des Haares setzt sich aus zweierlei Schichten, die beide aus hemizelluloseähnlichen Körpern bestehen. Die Trichome der Blattscheiden bei Gräsern. 593 Diese Haare kommen, wie gesagt, bei den Gräsern häufig vor. Sie finden sich aber nicht nur an der Blattscheide, sondern in einer etwas andern Form offenbar auch an den Ehizomen. Mikio- skopisch habe ich diese Haare bis jetzt bei folgenden Arten wahr- genommen: Stipa capillata L., Arena pratensis L., SesJeria coerulea (L.) Ard., Koeleria cristata (L.) Pers., Festuca spadicea L., „ ovina L., „ varia Haenke und Bronms ercctus Huds. Makroskopisch ließen sie sich noch bei einer großen Zahl von Gräsern nachweisen, so vor allem bei den mehrjährigen Stipa- Arten. Die Vermutung, daß die Blattscheiden bestimmte Organe be- sitzen, die die Wasseraufnahme aus der Strohtunika bewerkstelligen, schien sich nach diesem Befunde zu bestätigen. Es sprechen dafür die großen Poren, die, wie sich dies aus Fig. 5 ergibt, auch in der verdickten Epidermiswand vorkommen können. Es handelte sich nun darum, die Frage der Wasseraufnahme experimentell zu prüfen. Aus Mangel an Zeit konnte ich nur wenige Versuche einleiten, und diese ergaben kein klares Resultat. Gegen die Deutung als Wasser- resorptionsorgane spricht nun aber die auffällige Verdickung der Zellmembran im Haare und der dortige Mangel an Poren. Trotzdem möchte ich an der oben genannten Deutung festhalten. Es zeigt sich nämlich, daß bei absterbenden Blättern, die Zellmembran der Haare aufgelöst wird, indem die Membran im Haare alveolenartig durchlöchert wird. Wenn die abgestorbenen Blattscheiden in Form der Strohtunika als Wasserreservoir dienen, aus denen die lebenden Blattscheiden Wasser aufnehmen, so kann dies nur bei den äußern, gealterten Scheiden geschehen, da ja nur diese die Strohtunika be- rühren. Vielleicht sind es gerade die alternden Scheiden mit den nun dünnen Zellmembranen, die das Wasser aufnehmen. Allein Klarheit können in diese Verhältnisse nur Versuche bringen. Leider fehlt mir die Zeit, mich den hier anschließenden Aufgaben zu widmen. Ich über- gebe deshalb diese Arbeit, die bereits im Jahre 1907 die oben ge- brachten Resultate zeitigte, der Öffentlichkeit. Wenn sich durch sie ein Kollege veranlaßt fühlt, die von mir begonnenen Unter- suchungen zu Ende zu führen, so ist der Zweck dieser Zeilen erreicht. 594 Arthur Pieper: Vorliegende Arbeit wurde im Laboratorium für allgemeine Botanik und Pflanzenphysiologie der Universität Zürich ausgeführt. Der Direktor dieses Institutes, Herr Prof. Dr. A. ERNST, nahm an dem Fortgang dieser Arbeit regen Anteil und förderte sie in liebenswürdiger Weise. Ich möchte deshalb ihm wie den Herren Prof. Dr. Hans SOHINZ und Dr. A. VOLKART für Zuwendung von Literatur und Pflanzenmaterial meinen herzlichen Dank ansprechen. Krklänm^ der Tafel XXII. Fig. 1. Junges Trichom bei Bromus erectus. Fig. 2. Trichom an der Basis der Blattscheide von Festuca spadicea bei zirka 200facher Vergrößerung. Fig. 3. Trichom bei Aveiia pratoii^is. Fig. 4. Spitze eines Trichomes von Sesleria cocruka. Fig. 5. Trichom von Koeleria cristata ssp. gracilü . Fig. 6. Basis eines Trichomes bei Sesleria coerulea, ca. 325 fache Vergrößerung. Fig. 7 und 8. Zeil-Lumen der Trichome alternder Scheiden mit begonnener Korrosion bei Sesleria caerulea. Alle hier abgebildeten Schnitte sind Längsschnitte. 83. Arthur Pieper: Die Diaphototaxis der Oscillarien. Eingegangen am 21. Dezember 1913. Eine phototaktische Reaktion der Oscillarien ist bereits viel- fach konstatiert worden. Schon FaMINTZIN^) beobachtete, daß unter günstigen Bedingungen des Lichtes eine Bewegung der Os- cillarien nach dem Lichte hin stattfand, daß dagegen bei starker Intensität die Oscillarien sich als negativ phototaktisch erwiesen. Eine spezielle Untersuchung der Bewegungen unter genauer Be- rücksichtigung der einzelnen Reizmomente wie der notwendigen Lichtintensität, eines etwa vorhandenen Stimmungswechsels usw. liegt nicht vor. Eine Aufklärung dieser Fragen erschien auch be- sonders mit Rücksicht auf die jüngst von W. MAGNUS und B. Schindler^) erschlossene Fähigkeit der Oscillarien, die ihnen 1) Famintzin, A, Über Wirkung des Lichtes auf Algen. Jahrb. für \fissensch. Bot. 1867—68, Band VI, S. 27. 2) W. Magnus und B. Schindler, Über den Einfluß von Nährsalzen auf die Färbung der Oscillarien. Ber. d. d bot. Ges. 1912, Bd. XXX., SCHINDLER, Über den Farbenwechsel der Oscillarien. Zeitschr. f. Bot. 6, 1913. Die Diaphototaxis der Oscillarien. 595 am meisten zusagenden Farben des Spektrums aufsuchen zu können, erforderlich. Seit einiger Zeit habe ich daher versucht, diese Probleme der Lösung näher zu führen. — Über eine bei diesen Untersuchungen hervorgetretene, bisher unbekannte Art der Reiz- bewegungen der Oscillarien gegen Licht soll im folgenden berichtet werden. Vorliegende Arbeit wurde auf Veranlassung und unter Leitung des Herrn Prof. Dr. W. MAGNUS ausgeführt. Sogleich bei Beginn der Versuche stellte sich heraus, daß, ehe die eigentlichen Reizbewegungen untersucht w^erden konnten, die Ursachen aufzudecken waren, welche die verschiedenen Be- wegungsarten der Oscillarien beherrschen. Als Substrat dienten Agar-Agar und Kieselgallerte, welche in Petrischalen ausgegossen wurden. Impfte ich eine größere Anzahl Fäden von Oscillatoria formosa Bor}' aus einer Stammkultur (sie stammte aus den Schindlerschen Kulturen) in eine mit Agar und Nährlösung versehene Petrischale über, so breiteten sich die Fäden teils geradlinig, teils schleifen- und spiralförmig aus, und zwar bildete letztere Anordnung der Fäden die Regel, während die wenigen geradlinigen Fäden hauptsächlich in der Peripherie der sich ausbreitenden Kolonie wanderten. Zwischen Impf- fleck und Peripherie pflegten die Fäden neben ihrer gewundenen Form außerdem häufig sich zu größeren Massen dicht aneinander zu schmiegen, welche ich als „Schweifbildung" bezeichnen möchte. Diese Verhältnisse blieben dieselben als die Kolonien einseitig dem diffusen Tageslicht ausgesetzt wurden. Da die zu Schweifen ver- einigten Fäden sich notwendig in ihren Bewegungen gegenseitig beeinflussen mußten, mithin die spezifische Reaktion des einzelnen Fadens verwischt wurde, so mußten die Bedingungen aufgefunden werden, welche die Schweifbildungen der Fäden ausschließen und eine geradlinige Bewegung des einzelnen Fadens gestatten. Da bei einer großen Zahl von Fäden die Schweifbildung wohl infolge gegenseitiger Beeinflussung niemals zu beseitigen ist, W'Urde der Impffleck möglichst ktein gewählt. Völlig aufgehoben wurde die Schweif bildung jedoch nur, wenn Kieselgallerte als Substrat benutzt wurde. Schwieriger war die Auffindung der Ursachen, welche die teils geradlinige, teils schleifenförmige Bewegung der einzelnen Fäden bedingen. Zahlreiche Versuche führten zu dem Resultat, daß die verschiedenen Bew^egungsformen der Oscillarien durch physikalische und chemische Einflüsse bedingt sind. 596 ARTHUß PlEPEn: Als physikalischer Faktor scheint besonders die Oberflächen- beschaffenheit des Substrates in Betracht zu kommen. Die Ober* fläche der nach den Angaben von PRINGSHEIM') hergestellten Kieselgallerte wurde bei der Sterilisation in viele kleine Partikel- chen zerrissen. Wenn nun die Oscillarien, die, wie schon von anderer Seite^) aus der bekannten strahligen Ausbreitung der Kolo- nien geschlossen wurde, gegen Berührungsreize sehr empfindlich sind, bei ihren Bewegungen auf solche unebenen Stellen stoßen, so biegen sie, wie die mikroskopische Beobachtung ergab, sofort um, wodurch eine unregelmäßige Bewegung z;ustande kommt. Aber auch auf nicht sterilisierter Kieselgallerte bedeckte sich die Oberfläche nach tagelangem Wässern im Strome der Wasserleitung mit einer Schicht von Staubteilchen, die ebenfalls als mechanische Hindernisse wirkten. Schließlich gelang es mir, durch wiederholte Behandlung mit erwärmtem destill. Wasser und durch vorsichtiges Abspülen der Oberfläche des Substrates diese störende Oberhaut abzulösen und eine völlig glatte Fläche zu erzielen. Notwendig war ferner die Beachtung eines bestimmten Minimums der Feuchtigkeit, um eine zu starke Austrocknung der Gallerte zu verhüten, die sich durch Risse und Rauhigkeiten der Oberfläche verriet und daher ebenfalls eine gleichmäßige Bewegung der Oscil- larien unmöglich machte. Neben diesen physikalischen Einwirkungen mußten die che- mischen Einflüsse berücksichtigt werden. Die Voraussetzung für eine geradlinige Bewegung scheint nämlich eine chemisch völlig gleichartige Natur des Mediums zu sein. Denn wurden eine An- zahl Fäden aus einer Stammkultur direkt auf eine Kieselplatte ge- bracht, so legten sich die Fäden in dichten schleifenförmigen Gruppen um den Impffleck herum, vermutlich deshalb, weil in dieser Zone optimale Ernähruugsbedingungen vorhanden waren. AVurde dagegen der Impf fleck vorher 3 — 4 Stunden lang in destil- liertem Wasser gewässert, auf diese Weise also die den Fäden aus der Stammkultur anhaftenden Nährstoffe entfernt, so waren die chemi- schen Einwirkungen beseitigt, und die Bewegung der Fäden er- folgte jetzt völlig geradlinig. ■ Nachdem diese Bedingungen für die geradlinige Bewegung des Fadens erfüllt waren, konnte mit dem eigentlichen Thema be- gonnen werden. 1) PHiNGSHElil, Beiträge zur Phj-siologie d. Ojanophyceen Ilf, COHNs Beiträge 1912. 2) NÄGELi, Beiträge zur wissenschaftl. Botanik 1860, Heft 2, S. 91. Die Diaphototaxis der Oscillarien. 597 Einer klaren phototaktischen ßeaktion stellt sich aber ein weiteres Moment entgegen. Wie schon oben erwähnt, breiten sich die Oscillarien von dem Impffleck radienartig nach allen Seiten aus; es mag vorläufig dahingestellt sein, ob bei diesem Vorgang eine mehr thigmotaktische oder chemotaktische ßeizbewegung vor- liegt. Da eine starke Reizbarkeit der Oscillarien gegen Licht be- sonders zur Zeit dieser Ausbreitung vorhanden ist, so kombinieren sich zum Teil diese Bewegungen. Dazu kommt, daß bei allen Reizbewegungen der Oscillarien immer einzelne Fäden sich dem Reize nicht oder nur in schwächerem Maßo unterzuordnen scheinen. Aus diesem Grunde war es nicht zu umgehen, mit einer größeren Anzahl von Fäden statt mit einzelnen Fäden zu arbeiten. Alle diese Fehlerquellen waren bei der Deutung der einzelnen Bewegungsformen zu beachten, um die spezifisch phototaktischen Bewegungen konstatieren zu können. Zunächst wurde mittelst lichtempfindlichen Papiers festge- stellt, daß eine gleichmäßige Verteilung des Lichtes in den Petri- schalen dann vorhanden war, wenn zur Bedeckung derselben Spiegel- glasscheiben und sehr niedrige Schalen von ca. 0,5 cm Höhe be- nutzt v\ urden, womit auch die Brechung des Lichtes am Schalen- rande ausgeschlossen war. Um besonders letzteres Ziel zu erreichen, ließ ich das diffuse Tageslicht und Tantallicht etwas schräg von oben, unter sehr kleinem Winkel gegen die Horizontale einfallen. Die Wärmewirkung der Lampen wurde stets durch einen bestän- digen Strom kalten Wassers in planparallelen Glasgefäßen aufge- hoben. Bei dieser Versuchsanordnung ergab sich bei diffusem Tages- licht, wenn die Kolonie in dem heliotropischen Kasten stand, eine scharfe positive Phototaxis, während die Oscillerien bei Bestrah- lung mit Tantallicht deutlich negativ phototaktisch reagierten. Es wurde nunmehr versucht, diejenige Intensität des Lichtes aufzufinden, welche an der Grenze dieser beiden Reaktionen ge- legen ist. Bei diesen Versuchen ergab sich innerhalb einer be- stimmten Intensitätsgrenze eine sehr eigentümliche Bewegungsart der Oscillarien. Von ihrer ursprünglich fast genau dem Lichte parallelen Stellung gingen sie zu einer gegen die einfallenden Lichtstrahlen immer stärker abweichenden Lage über, bis schließ- lich eine zu dem einfallenden Lichte mehr oder weniger genau senkrechte Stellung eingenommen war. Es gelang mit ziemlicher Genauigkeit, diese für die Senkrecht- stellung nötige Grenzen der Intensität festzustellen, indem der kreis- runde Spalt des heliotropischen Kastens, vor demeine öOkerzige Tantal- 598 AiiTHUß Pieper. lampe montiert war, variiert wurde. Der Spalt des lieliotropischen Kastens und die Tantallampe lagen stets in derselben horizontalen Ebene; die Entfernung der Lampe vom Spalt betrug 9 cm, wäh- rend die Kolonie von dem Spalte 28 cm entfernt war. Wenn nun der Spalt des Kastens geändert wurde, z.B. der Durchmesser desselben 2, 3, 4, 5 cm betrug, gelang es, nur bei einem Durch- messer von 3 cm, also bei ganz bestimmter Intensität, die typische Senkrechtstellung zu erhalten. Die Fäden wurden immer Stamm- kulturen entnommen, die. dem diffusen Tageslicht ausgesetzt waren. Wurden in bestimmten Zeitabständen drei zu gleicher Zeit angesetzte Versuche beobachtet, von denen der eine dem diffusen Tageslicht, der andere der Tantallampe ohne Abbiendung und der dritte der für die Senkrechtstellung nötigen Intensität ausgesetzt war, so zeigte diese Kultur auf der dem Licht zugewandten Seite stets bei weitem die größte Ausbreitung. Die Fäden bewegten sich bedeutend schneller, um nach Verlauf von 5 — 7 Stunden nach Ansetzen des Versuches zum größten Teile in die typische Senk- rechtstellung überzugehen. Auch in diesen Kolonien laufen die Fäden in der Peripherie mit den Lichtstrahlen parallel und sind noch in voller Bewegung zum Licht hin begriffen. Weiter nach innen bilden die Fäden mit dem einfallenden Licht einen immermehr anschwellenden Winkel bis zu einer größeren Zone, wo er etwa 45 ^ beträgt; in diesem Teile ist die Bewegung bereits verlangsamt. Dann erfolgt weiteres Anwachsen des Winkels, bis die große Zone der typischen Senkrechtstellung erreicht ist, die fast bis zum Impffleck sich aus- dehnt. In dieser Zone herrscht ein gewisser Ruhezustand; die mikroskopische Beobachtung eines senkrecht orientierten Fadens ergab, daß die Fäden sich in der senkrechten Lage ziemlich lang- sam hin- und herbewegen und bei dieser Bewegung sehr langsam der Lichtquelle sich nähern. In dieser langsamen, senkrecht zum Licht verlaufenden Be- wegung verbleiben die Fäden etwa 5-10 Stunden, dann gehen sie zum größten Teil in eine definitive ßuhelage über, die mit einer mehr oder weniger schleifenförmigen Aufrollung ver- knüpft ist. Aus diesem ganzen Verhalten ist zu schließen, daß die Senk- rechtstellung der Oscillarien gegenüber dem einfallenden Licht bei einer mittleren Intensität erfolgt, die zwischen den Intensitäten der positiven und der negativen Phototaxis gelegen ist. Es ist daher anzunehmen, daß diese Intensität als eine optimale aufzu- fassen ist, bei der für die Oscillarien keine Veranlassung vorliegt; Die Diaphototaxis der Osciliarien. 599 das Licht aufzusuchen oder zu fliehen. Indem sie sich zum ein- fallenden Licht senkrecht stellen, bieten sie ihre volle Oberfläche dem Lichte dar — eine Stellung, in der sie die zur Verfügung- stehende Lichtenergie voll ausnützen können. So erinnert diese Bewegung, die vielleicht als Diaphototaxis^) bezeichnet werden kann, an die Bewegungen, welche die Chlorophyllkörner vieler Pflanzen ausführen. Diese Tatsache erscheint auch deshalb von Interesse, weil, wie bekannt, die Chlorophyllkörner vielfach als ursprünglich in einem symbiotischen Verhältnis mit der übrigen Pflanzenzelle lebende Organismen angesehen werden. Eine ähn- liche senkrechte Stellung einzelliger Organismen zum Licht dürfte vielleicht die von STAHL^) beobachtete Senkrechtstellung von Glosterium moniliferum sein, von der er sagt, daß sie den Beginn der negativen Phototaxis darstellt. Für die näheren Beschreibungen der Versuchsanordnungen und Kulturen verweise ich auf meine später erscheinende ausführ- liche Arbeit. Botanisches Institut der Landwirtschaftlichen Hochschule in Berlin. 1) Passender wäre wohl die Bezeichnung Diastrophe; dieses Wort ist jedoch in der Literatur bereits in einem anderen Sinne gebraucht: s. SenN: Die Gestalts- und Lageveränderungen d. Pflanzenchromatophoren 1908, S. 67. 2) Stahl, Botanische Zeitung 1880, S. 297 flg. 600 !)• Iwanowski : 84. D. Iwanowski: Über das Verhalten des lebenden Chlorophylls zum Lichte. (Mit 1 Textfigur.) (Eingegangen am 22. Dezember 1913.) Schon SENEBIER hat bemerkt, daß die alkoholische Lösung von Chlorophyll im Lichte sich rasch entfärbt; dem berühmten Gelehrten entging auch nicht, daß für diese Entfärbung die An- wesenheit von Luft notwendig ist. Seitdem wurde diese Tatsache vielfach bestätigt und eingehend untersucht. Als nächste Auf- gabe für die Physiologie des Assimilationsprozesses ergab sich dann die Frage zu erläutern, warum das lebende, das heißt in lebenden Chloroplasten enthaltene Chlorophyll sich als lichtfest erweist und seine Funktion im Lichte zu vollenden vermag. Aber diese Frage bleibt auch jetzt noch unbeantwortet, und die Untersuchung derselben beschränkt sich fast ausschließlich auf die bereits in den siebziger Jahren erschienene Arbeit von WlESNERi), dessen Ansicht auch jetzt vorzuherrschen scheint^), obgleich der Autor selbst zugestanden hatte, daß er zur Be- gründung seiner Theorie nur Hypothesen und Vermutungen an- führen kann. "WlESNERs Ansicht zufolge ist die Beständigkeit des leben- den Chloroph3'lls im Lichte nur eine scheinbare, indem fort- während sowohl eine Zerstörung, als auch eine Neubildung des- selben stattfindet, und nur beim Gleichgewicht der beiden Prozesse bleibt die Totalmenge des Chlorophylls dieselbe. Da nun das ge- löste Chlorophyll sich sehr rasch zersetzt, die Neubildung des- selben in den Blättern nur langsam vor sich geht, so nahm Wiesner noch an, l. daß das Chlorophyll in lebenden Blättern in fettem Ol gelöst sei, in welchem die Zersetzung überhaupt viel langsamer ist, und 2. daß die Konzentration dieser Lösung sehr hoch ist. Zum selben Zwecke des Chlorophyllschutzes 1) WlESNEß, ]. Untersuchungen über d. Beziehung des Lichtes zum Chlorophylle, Sitzungsber. Wiener Akad. 1874, 327—885; 2. Die natürlichen Einrichtungen zum Schutze des Chlorophylls in den lebenden Pflanzen, 1876« 2) Vgl. Czapek, Biochemie der Pflanzen, 2. Aufl. Bd. 1, S. 563; F. G. Kohl, Untersuchungen über das Carotin usw. 1902, S. 128 ff. über das Verhalten des lebenden Chlorophylls zum Lichte. QQl sollen auch verschiedene anatomische Einrichtungen, durch welche das auf die Blätter fallende Sonnenlicht gedämpft wird, be- stimmt sein. Dieser Theorie, welche jedenfalls einen zu großen Umsatz des Chlorophylls in der Pflanze voraussetzte, folgte dann eine andere, geradezu entgegengesetzte, welche von REINKE im Jahre 1886 entwickelt wurde^). JiEINKE fand, daß nicht nur das lebende Chlorophyll, sondern auch dasjenige in den durch vorsichtiges Be- handeln mit Atherdämpfen getöteten Zellen, gegen nicht kon- zentriertes Sonnenlicht vollkommen beständig ist. Er nimmt an, daß der Farbstoff in den Chloroplasten an Proteinkörper gebunden ist, mit denen er lichtfeste komplexe Verbindungen bildet; bei Einwirkung von Alkohol und anderen Lösungsmitteln werden diese Verbindungen zerspalten und in die Lösung geht nur der Farbstoff über. Diese theoretisch jedenfalls sehr geistreich , begründete An- schauung scheint wenig Anhänger gefunden zu haben, während sich zugunsten der WiESNERschen Theorie u. a. C. KRAUS, Pfeffer, TimIRIASEF äußerten. In neuerer Zeit hat sich auch F. G. KOHL^j als entschiedener Anhänger dieser letzteren aus- gesprochen. Durch die WiESNERsche Theorie der fortwährenden Zersetzung und Neubildung des Chlorophylls scheint sich KOHL am besten die schon bekannten Erscheinungen des Pflanzenlebens zu erklären, wie z. B, die Gelbfärbung der Coniferennadeln im Winter, das Verblassen der bei stärkerer Beleuchtung sich ent- wickelnden Blätter im Vergleich mit denjenigen, welche bei ge- dämpftem Lichte wachsen, das Entfärben und Absterben der Süß- wasser- und Meeresalgen bei Kultur in Aquarien usw. Da aber diese jedenfalls sehr komplizierten Erscheinungen auch anders er- klärt werden können, so sucht KOHL die Theorie auch experi- mentell zu unterstützen, doch sind die wenigen von ihm mit Blättern von Syr'mga Emodi und Keimlingen von Hordeum sativum angestellten Versuche ^j kaum geeignet, die Theorie besser zu be- gründen, als es bis jetzt der Fall war. Damit erschöpft sich aber alles, was wir zum näheren Ver- ständnis der Beziehung des lebenden Chlorophylls zum Lichte kennen gelernt haben; am allermeisten waren die Bemühungen der Forscher auf das Studium des gelösten Chlorophylls gerichtet. Die 1) Keinke, Botan. Zeitung, 1886. 2) F. G. Kohl, Untersuchungen über das Carotin und seine physio- logische Bedeutung, 1902. 3) 1. c. S. 106 und 112. 602 D- Iwanowski: Frage über das lebende Chlorophyll wird, wie KOHL richtig be- merkt, immerwährend verschwiegen. Ich stellte mir die Aufgabe, zu ermitteln, ob es nicht ge- lingt, die auffallende Lichtfestigkeit des lebenden Chlorophylls aus den schon bekannten Eigenschaften dieses Farbstoffs zu erklären. Denn mit Rücksicht auf die sehr komplizierten chemischen Moleküle des Chlorophylls schien es von vornherein wenig wahrscheinlich, daß ein so großer Umzatz desselben, wie es die WiESNERsche Theorie voraussetzt, fortwährend in der Pflanze vor sich geht; andererseits aber kann man auch mit der Hypothese von besonderen komplexen Verbindungen des Chlorophylls, ehe solche wirklich dargestellt worden sind, nichts helfen resp. erklären. Bei diesen Untersuchungen kommt es in erster Linie darauf an, eine genauere Methode der quantitativen Bestimmung des Chlorophylls zu benutzen. Mit Hinsicht darauf, daß die Fehler der spektrophotometrischen Messungen selbst bei Anwendung von weißem Licht 1 % nicht überschreiten, empfiehlt es sich von selbst, das Chlorophyll spektrophotometrisch zu bestimmen und in Extinktionskoeffizienten, als optischen Äquivalenten, auszudrücken, denn diese letzteren sind bekanntlich der Menge der lichtabsor- bierenden Substanz direkt proportional. Die Extinktionskoeffizienten wurden an Stelle der maximalen Lichtabsorption bei / 665 unter Anwendung von sehr schmalem Okularspalt und Kollimatorspalt = 0,1 mm ermittelt. Bei den Ver- suchen mit Blättern wurden genau gemessene Stücke dei'selben nJit zerriebenem Glas in gläsernem Mörser fein zerrieben, mit starkem Alkohol vollständig ausgelaugt, das Extrakt bis zu einem bestimmten Volumen verdünnt und in diesem der Extinktions- koeffizient ermittelt. Die entsprechenden Kontrollversuche haben gezeigt, daß die Fehler für alle Manipulationen des Extrahierens, der Verdünnung und spektrophotometrischer Messung =t 2 % nicht übertrafen. Ich habe mit der Wiederholung der WlESNERschen Versuche über die Zerstörung des lebenden Chlorophylls begonnen und bin zur Bestätigung seiner Kesultate gekommen: bei den Pflanzen, welche mit Chlorophyll mehr oder weniger tief gefärbt sind, er- weist sich nach 5 bis 7 stündiger Belichtung entweder kein Ver- lust an Chlorophyll, oder nur ein geringer (3 — 4 %j; die Pflanzen aber, welche wenig Chlorophyll enthalten und gegen starke Be- leuchtung nicht geschützt sind (Elodea), zeigten nach 5 — 9 Stunden greller Besonnung bedeutende Abnahme des Chorophyllgehalts (bis 31 %). Sehr anschaulich tritt dieser Einfluß der Menge des Chloro- rlust an Chloroph\ '11 15,3 p. Z. 31,5 }t 12,3 jf 25,3 n Über das Verhalten des lebenden Chlorophylls zum Lichte. 603 phylls in nachstöhenden zwei Versuchen hervor, in welchen die Zerstörung des Chlorophylls vergleichend bei El. canadensis und EJ. densa untersucht wurde; von diesen zwei Arten besaß die letztere viel weniger Chlorophyll in der Flächeneinheit als die erstere, nämlich im Verhältnis von 1:3. Dauer der Insolation 1. EL canadensis 7 Stunden EL densa . . 7 „ 2. EL canadensis 5 „ EL densa . . 5 „ Die Pflänzchen von Elodea sind ein sehr geeignetes Material, um auch den zweiten Teil der WiESNERschen Theorie zu prüfen, nämlich daß das Chlorophyll in vollkommen erwachsenen Pflanzen fortwährend neugebildet wnrd in dem Maße, als es sich infolge der Licht- und Luftwirkung zersetzt. Zu diesem Zwecke wurden die Blättchen zusammen mit einem kleinen Stückchen vom Stengel abgeschnitten, und eine größere Zahl von solchen möglichst gleichen Abschnitten in 3 — 4 gleiche Portionen geteilt; die eine Portion diente zur Bestimmung des Gehaltes an Chlorophyll vor dem Versuche, die anderen wurden der Wirkung der direkten Sonnenstrahlen exponiert. Nach Verlauf von einigen Stunden resp. Tagen wurde die zweite Portion auf den Chlorophyllgehalt unter- sucht; die Differenz zeigte nun den Verlust an Chlorophyll in- folge der zu starken Beleuchtung. Die übriggebliebenen Por- tionen wurden jetzt in schwächeres zerstreutes Licht übertragen und aaf längere Zeit stehengelassen. Die nachherige dritte Be- stimmung des Chlorophylls sollte nun eventuelle Neubildung der- selben zeigen. In dieser Weise wurden 3 Versuche mit gleichem Ergebnisse angestellt. Grehalt an Chlorophyll Zersetzt 1. a) vor dem Versuch 0,250] b) nach 5 Stunden Besonnung . . 0,1 98J ^^'^ % c) nach 2 Tagen Verweilen . . . im zerstreuten Lichte . . . . 0,198 2. a) vor dem Versuch 0,30507 b) nach 2 Tagen Kultur im Sonnen- lichte 0,21778 28,5 % ß04 ^- IWANOWSKl: Gehalt an „ „, , 11, Zersetzt Chlor opnyll c) nach 3 Tagen im zerstreutem Lichte 0,19400 d) nach 8 Tagen Verweilen im zer- streuten Lichte 0,2010 3. a) vor dem Versuch 0,24220 j b) nach 5 Tagen Kultur im direkten \ 27 7 % Sonnenlichte 0,17513) c) nach 4 Tagen Verweilen im zer- streuten Lichte- 0,15656 Die Degeneration des Chlorophylls findet also in den er- wachsenen Organen nicht statt, obgleich unter denselben Be- dingungen bei längerer Kultur Seitensprosse gebildet werden, deren Blättchen deutlich tiefere Färbung zeigen als die insolierten. Ob es davon abhängt, daß die Chloroplasten in den erwachsenen Organen zur Chlorophyllbildung überhaupt unfähig sind, oder ob sie nur durch zu starke Belichtung geschädigt wurden, muß vor- läufig dahingestellt bleiben. Jetzt interessiert uns hier nur die Frage, warum das Chlorophyll in lebenden Zellen zwar unter Umständen zerstört wird, aber weitaus langsamer als das gelöste. Indem ich dieser Frage näherzutreten suchte, lenkte ich meine Aufmerksamkeit auf den kolloiden Zustand des Chloro- phylls, den man z.B. durch starke Verdünnung der alkoholischen Lösung mit Wasser herstellen kann. Daß das Chlorophyll in den Chloroplasten sich in kolloidem Zustande befinde, ist schon an und für sich eine sehr plausible Vorstellung, die jetzt allgemeine Anerkennung zu finden scheint. Das kolloide Chlorophyll erweist sich aber im Lichte weit mehr beständig als das gelöste resp. adsorbierte. Der nachstehende Versuch mag diesen Unterschied veranschaulichen. Es wurden fünf Lösungen von Chlorophyll derart hergestellt, daß alle fünf in gleichem Volumen gleiche Mengen von Farb- stoff, aber verschiedene von Athjdalkohol enthielten, und zwar betrug der Gehalt an diesem letzteren 98, 80, 40, 20 und 10 p. Z.; die zwei ersteren Lösungen waren also molekulare, die drei letzteren aber kolloide Lösungen. Alle fünf wurden in gleichen Gefäßen der Wirkung der direkten Sonnenstrahlen exponiert, und die Zeit beobachtet, w^elche für die vollständige Zersetzung des Farbstoffs nötig war. Es erwies sich, daß dieselbe einem Zeitraum von 1 über das Verhalten des lebenden Chlorophylls zum Lichte. 605 resp. 1—2, 8, 7 und 3V2 Stunden entsprach, d. h. in starkem (98proz.) Alkohol ist das Chlorophyll beständiger, als in ver- dünnterem (SOproz.), aber bei weiterem Zusatz von Wasser, als schon die Umwandlung der molekularen Dispersion in kolloide geschieht, steigt die Widerstandsfähigkeit der Lichtwirkung gegen- über um 16 mal an. Bei noch stärkerer Verdünnung des Alkohols vermindert sich wiederum die Lichtfestigkeit, aber schon un- bedeutend. Ehe nun zur Untersuchung der Frage geschritten werden kann, ob nicht die Hypothese von dem kolloiden Zustande zum Verständnis der Lichtfestigkeit des lebenden Chlorophylls allein genügt, muß man natürlich die Chlorophyllmenge kennen lernen, welche in der Einheit der Blattspreite verschiedener Pflanze ent- halten ist, da natürlich die Schnelligkeit der Zerstörung von der Anzahl der Farbstoffmolekülo abhängt, welchen der Lichtstrahl auf seinem Wege begegnet. Indem ich die Menge des Chloro- phylls in optischen Äquivalenten, wie oben erläutert, ausdrückte und diese auf ein solches Volumen des Lösungsmittels berechnete, daß dasselbe auf der extrahierten Blattoberfläche eine Schicht von 1 cm Dicke bilden würde (das sog. „flüssige Blatt"), erhielt ich folgende Werte (Juli): Begonia sp 2,103 Lamium album 2,457 Ampelopsis liederacea 2,503 Rohinia Pseudacacia 2,964 Aesculus Hippocastanmn 5,047 Pyrus communis .' 5,772 Syringa vulgaris 5,990 Dahlia variabilis 6,062 Jetzt wurden die Versuche über den Einfluß der Menge des Chlorophylls auf die Schnelligkeit der Zerstörung desselben vorgenommen. Zu diesem Zwecke wurden aus einem und dem- selben alkoholischen Blattextrakte kolloide Lösungen von Chloro- phyll hergestellt, welche verschiedene unten angegebene Werte des Extinktionskoeffizienten besaßen, d. h, verschiedene Mengen von Farbstoff in einer Schichtendicke von 1 cm enthielten, sonst aber von gleicher Zusammensetzung waren. Zur Aufnahme dieser Lösungen dienten die bei spektroskopischen Untersuchungen gebräuchlichen Gefäße mit planparalielen Wänden und genau 1 cm Schichtendicke. Die Gefäße wurden von drei Seiten mit Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. 41 606 D- IVVANOWSKI: schwarzem I^apier bedeckt, damit das zerstreute Licht aus- geschaltet wird und die Lösung nur von einer Seite durchstrahlt werden kann. Versuch I. BeUchtung mit direkten Sonnenstrahlen während 5 Stunden. Chlorophyllmenge Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p, Z. 0,614 0,143 0,471 77,1 % 1,216 0,352 0,868 71,1 „ 2,442 0,927 1,515 62,0 „ 4,884 2,758 2,126 43,5 „ Versuch 2. Belichtung bei bewölktem Himmel während 2 Tagen. Chlorophyllmenge Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p. Z. 1,164 0,801 0,363 31,1 % 2,327 1,802 0,525 22,5 „ 4,665 3,893 0,762 16,4 „ 9,311 8,515 0,796 8,5 „ Wie zu erwarten war, erhält man bei geringerem Gehalt der Lösung an Farbstoff fast lineare Abhängigkeit, aber bei Vergröße- rung desselben erreicht die absolute Menge des zerstörten Chloro- phylls bald ihr Maximum, was durch Absorption des gesamten einfallenden Lichts bedingt wird, und bleibt alsdann beinahe beständig (0,762 und 0,796). Die angeführten Versuche zeigen also, daß es unmöglich ist, allein durch den sehr hohen Gehalt an Chlorophyll die Licht- festigkeit der grünen Farbe der Blätter zu erklären*), denn in diesem letzteren Falle beim Gehalt an Chlorophyll von 3 — 6 Ein- heiten, konnte nach Verlauf von 5 — 7 Stunden fast gar keine Zer- störung des Pigments wahrgenommen werden, während in den kolloiden Lösungen bei gleichem Farbstoffgehalt 20 — 40 % des- selben zerstört wurde. 1) Wiesner ^1. c.) spricht über den Einfluß der Konzentration, aber seine Versuchsanstellung fällt mit der oben angeführten zusammen und bezieht sich somit auf die Frage über den Einfluß der Menge des Chloro- phylls in der S chichten di cke. Außerdem wurden die WiESNERschen Versuche mit dem molekular gelösten Farbstoff gemacht. über das Verhalten des lebenden Chlorophylls zum Lichte. 607 Es schien mir deshalb, als ob wir auch mit der Annahme von dem kolloiden Zustand des Chlorophylls nicht viel weiter kommen können, bis ich endlich auf die Tatsache aufmerksam wurde, daß in den oben angeführten Versuchen das kolloide Chlorophyll in einer Schicht von 1 cm Dicke belichtet worden war, während in den Blättern dieselbe Menge von Farbstoff in einer überaus dünnen Schicht lokalisiert ist. In der Tat variiert die Dicke der gewöhnlichen Blätter zwischen 0,1 und 0,3 mm, die dickeren davon erreichen 0,5 mm, die dünneren aber, wie z. B. die Schattenblätter, messen nur 0,1 und sogar 0,06 mm^). Dazu kommt noch, daß den größeren Teil von diesem Werte die beiden Epidermen, Intracellularen, Zellsaft usw. bilden, so daß auf die eigentlichen Behälter des Farbstoffes, die Chloroplasten, nur ein Bruchteil davon fällt. Die Konzentration des Farbstoffs in den Chloroplasten muß daher überaus hoch sein. Von den oben angeführten Beispielen von Pflanzen, für die ich den Gehalt an Chlorophyll bestimmt habe, besitzt z. B. Aesculus Hijapo- casianum Blätter von 0,18 mm Dicke; rechnet man nun davon 0,10 mm auf die Chloroplasten (was gewiß zu viel wäre), so ergibt sich der Extinktionskoeffizient der letzteren von 500, für die Blätter von Syr'mga, imter derselben Voraussetzung, erhält man den Wert 600 usw. Doch sind auch diese Zahlen gewiß noch zu niedrig berechnet. Es wäre gewiß zu schwierig, mit so dünnen Schichten und so hohen Konzentrationen zu experimentieren, aber der Einfluß des in Rede stehenden Faktors kann natürlich auch mittels Ver- suche mit geringeren Konzentrationen und entsprechend dickeren Schichten festgestellt werden, wie es in nachstehenden Versuchen der Fall ist. In diesen Versuchen wurden die kolloiden Chlorphyllösungen von verschiedener Konzentration, sonst aber gleicher Zusammen- setzung, in eben solche Gefäße, wie früher, gegossen, aber die Schichtendicke war jetzt verschieden und zwar so gewählt, daß die Konzentration der Lösung durch die Schichtendicke derselben kompensiert wurde, weshalb der Lichtstrahl auf seinem Wege durch die Gefäße überall derselben Anzahl von kolloiden Chlorophyllgranula begegnete, aber die kontinuierliche Phase, d. h. die gegenseitige Entfernung der Granula, ungleich groß war. Im Vergleich mit den früher angeführten Versuchen 1) Eine größere Anzahl von solchen Bestimmungen ist bei URSPRUNG. Bibliotheca botanica, H. 60 (1903), S. 62, zu finden. 41* 608 D. IWANOWSKi: ist jetzt der Faktor der ungleiclien Lichtabsorption ausgeschaltet und allein der Einfluß der Konzentration, d. h. des Verhält- nisses der dispersen zu der kontinuierlichen Phase, geltend geblieben. Versuch 3. Kolloide Chlorophyllösungen wurden in Grefäße von verschiedener Schichtendicke gegossen, und zwar betrug die letztere in A: 10 mm, in B: 5 mm, in C: 2 mm. Die Menge des Chlorophylls war in allen drei Gefäßen dieselbe, nämlich 2,0510 pro Schichtendicke. Da nun diese letztere ungleich groß war, so betrug der Extinktionskoeffizient in A: 2,0510, in B: 4,1020, in IHOO 1200 lOOO 800 600 HOO 200 ,, y^ ^^ iO Fig. 1. C: 10,2550. Der Gehalt an Alkohol (40 »/o) und farblosen Extraktiv- stoffen war in allen zu vergleichenden Lösungen derselbe. Be- lichtung während 4 Stunden teils im direkten Sonnenlichte, teils bei bewölktem Himmel. (S. die Kurve Fig. 1.) Chlorophyll vor dem Versuch nach dem Versuch A. 0,96003 2,0510 l B. 1,24380 C. 1,85240 Zerstört absolut p. Z. 1,09097 53,2 ^o 0,80720 39,3 % 0,19860 9,7 «/o über das Verhalten des lebenden Chlorophylls zum Lichte. 609 Versuch 4. Dieselben Gefäße. Die Menge des Chlorophylls pro Schichtendicke = 1,804. Extinktionskoeffizient in A: 1,804, in B: 3,608, in C: 9,020. Belichtung während 3 Stunden in direktem und grellem Sonnenlichte (Fig. 1). Chlorophyll Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p. Z. A. 0,503 1,301 72,0 °/o 1,804 \ B. 0,804 1,000 55,0% C. 1,302 1,502 27,30/0 Versuch 5. Drei Gefäße, wie in Versuch 4 bis 6. Die Menge des Chlorophylls pro Schichtendicke = 3,895. Extinktions- koeffizient in A: 3,895, in B: 7,790, in C: 19,475. Vier Stunden in direktem Sonnenlichte exponiert (s. Fig. 1). Chlorophyll Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p. Z. A. 2,393 1,502 38,5 % 3,895 1 B. 2,578 1,317 33,6% C. 3,100 0,795 20,4% Versuch 6. Zwei Gefäße, A: 10 mm, C: 2 mm. Die Menge des Chlorophylls = 2,875 pro Schichtendicke, Extinktions- koeffizient A: 2,875, C: 14,375. Vier Stunden in direktem Sonnenlichte: Chlorophyll • Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p. Z. A. 1,570 1,305 45,4% 9 ftVS ' ' C. 2,072 0,803 28,0 % Der Versuch wurde den anderen Tag fortgesetzt, nach 2 Stunden greller Belichtung: A. 0,9195 I A. 1,955 resp. 68 % C. 1,6466 I ""^'^ ^^'■'^'''^ C. 1,228 „ 42,7 % Versuch 7. Zwei Gefäße A: 10 mm, C: 2 mm. Chlorophyll- menge 2,5250. Extinktionskoeffizient A: 1,5250, C: 12,625. Ex- jDoniert withrend 4 Stunden, 2 Stunden in direktem Sonnenlichte und 2 Stunden bei bewölktem Himmel. Chlorophyll Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p. Z. ' \ C. 2,0436 0,4814 19,0 % 610 ^- IWANOWSKI: Versuch 8. Drei Gefäße, A: 10 mm, B: 5 mm, C: 2 mm. Chloroplij'llmenge 1,768. Extinktionskoeffizient A: 1,768, B: 3,536, 0: 8,840. Vier Stunden in direktem Sonnenlicht. Chlorophyll Zerstört vor dem Versuch nacJi dem Versuch absolut p. Z. A. 0,7728 0,9952 56,2 o/« 1,768 ] B. 0,9089 0,8591 48,6 »/o C. 1,2695 • 0,4985 28,2 »/o Die Versuche zeigen also, daß mit der Verminderung der Schichtendicke die Zerstörung derselben Menge des Chlorophylls im Lichte stark verlangsamt wird. Es ist jetzt begreiflich, .daß bei den Konzentrationen von mehr als 500 bis 600 opt. Aquiv., wie es in den Chloroplasten der Fall sein soll, das Chlorophyll sich als lichtfest erweist. Gegen diese Schlußfolgerung könnte man vielleicht einwenden, das erhaltene Resultat sei deshalb entstanden, weil die Zerstörung des Chorophylls ein Oxydationsprozeß ist und nicht durch Licht- wirkung allein, sondern durch kombinierte Licht- und Luftwirkung verursacht wird; mit der Verminderung der Schichtendicke ver- mindert sich aber auch der Luftzutritt, und darin vielleicht liege die Ursache der beobachteten Abnahme in der Zerstörung des Farbstoffs. Diesen Einwand muß ich aber ablehnen. Der ungenügende Zutritt von Luft läßt sich sogleich ' durch die Schichtenbildung der Flüssigkeit bemerken, indem die Entfärbung sich jetzt in der oberen Schicht vollzieht, welche dann nach unten sinkt usw. Auf diese Weise verläuft z. B. die Zersetzung des Chlorophylls in 70 ^/q Alkohol, wo sie sehr rasch geschieht und in wenigen Minuten vollendet wird. Daß in den angeführten Versuchen, wo die Zer- setzung nur langsam vor sich ging, der größere oder kleinere Zu- tritt von Luft keine entscheidende Rolle gespielt haben konnte, geht schon daraus hervor, daß die molekularen Lösungen unter denselben Bedingungen keine solche Gesetzmäßig- keit aufweisen. Die Zerstörung des Chlorophylls vollzieht sich in ihnen vollkommen unabhängig von der Konzentration und, bei gleicher Menge von Chlorophyll in der Schichtendicke, innerhalb der Grenze der Versuchsfehler, in 10-mm-Schicht ebenso stark, wie in 2 mm dicker, ungeachtet dessen, daß in diesem Falle in derselben Zeit viel größere Quantitäten von Chloro- phyll entfärbt werden als in kolloiden Lösungen. über das Verhalten des lebenden Chlorophylls zuni Lichte. ßtl Versuch 9. Lösung in Petroläther mit geringer Beimischung von Äthylalkohol. Drei Stunden in direktem Sonnenlicht. Schichten- dicke in A. 10 mm, in C. 2 mm. Die Menge des ,OhloiophylIs: A. 2,725, C. 2,541. Extinkt.-Koeff. — A. 2,725, C. 12,705. Chlorophyll Zerstört vor dem Versach nach dem Versuch absolut p. Z. A. 2,725 1,256 1,469 54,0 7« C. 2,541 1,152 1,389 55,0% Versuch 10. Gleicher Versuch, aber die Chlorophylllösung ist mehr konzentriert. Die Menge des Chlorophylls pro Schichten- dicke: in A. 5,874, in C. 6,103. Extinkt.-Koeff. — A. 5,874, C. 30,515. Belichtung während 2^/2 Stunden. Chlorophyll Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p. Z. A. 5,874 2,976 2,898 49,3 V« 0. 6,103 3,276 2,827 46,3 7« Die Tatsache ist an und für sich schon sehr interessant, als ein IBeispiel von ungleichem Verlauf der Reaktion in heterogenem Medium, im Vergleich mit homogener molekularer Lösung. Die physikalischen Ursachen davon sind zurzeit nicht leicht zu ersehen. Am nächsten liegt aber der Gedauke, daß hier dieselben Umstände maßgebend sind, welche auch die erhöhte "Widerstandsfähigkeit der kolloiden Lösung, im Vergleich mit der molekularen, bedingen d. h. Dispersion der Lichtstrahlen durch die kolloiden Granula, wo- durch die eigentliche Lichtabsorption entsprechend vermindert wird'). Dazu bedarf es nur der Annahme, daß die Granula der dis- persen Phase in konzentrierter Lösung größer wären als in ver- dünnterer; denn parallel mit dem Wachstum der Granula wächst auch die Lichtdispersion derselben und vermindert sich dement- sprechend die Menge des von ihnen absorbierten Lichtes. Und in der Tat finden wir in der Literatur über den kolloiden Zustand, daß eine solche Vergrößerung des Volumens der Granula infolge der Erhöhung der Konzentration von kolloider Lösung wirklich in zahlreichen Fällen und von verschiedenen Autoren festgestellt worden war. Umgekehrt, mit Verdünnung der kolloiden 1) Vielleicht ist auch in diesem Zustande von gröl3ereQ Molekülkomplexen das Chlorophyll überhaupt beständiger gegen die Lichtwirkung, als im Zu- stande von molekularer Dispersion. Vgl. Lasarew. • Die Entfärbung der Farb- stoffe und Pigmente im sichtbaren Spektrum, 1^11. S. iB (Russisch). 612 D. Iwanowski : Lösung vermindert sich das Volumen der Granula, d. h. es wächst der Dispersitätsgrad des Stoffes an. Demzufolge ist auch die BEERsche Regel auf die kolloiden Lösungen nicht anwendbar, wie es 0. SOARPA nachgewiesen hat und wie ich mich selbst überzeugen konnte, weshalb ich alle Bestimmungen der Estinktions- koeffizienten nur in molekularen Lösungen ausgeführt habe. Andererseits muß man auch der Tatsache Rechnung tragen, daß die kolloiden Lösungen in den oben angeführten Versuchen nicht aus reinem Chlorophyll, sondern aus einem Blattextrakte hergestellt worden waren. Dieser letztere enthält aber außer dem Chlorophyll noch eine nicht unbeträchtliche Menge von Extraktiv- stoffen, dazwischen auch Elektrolyte. Die absolute Menge dieser letzteren, pro Schichtendicke, war in allen zu vergleichenden Lösungen stets dieselbe und so gering, daß keine Koagulation selbst in der am meisten konzentrierten Lösung eintrat, aber ihre Konzentration war verschieden je nach der Schichtendicke und variierte entsprechend der Konzentration des Chlorophylls. Es ist nun aber ebenfalls schon festgestellt worden, daß die Elektrolyte (wahrscheinlich gilt dasselbe auch für Nichtelektrolyte) unterhalb der Elektrolytschwelle eine Veränderung des Dispersitätsgrades der Kolloide herbeiführen. Ob die eine oder die andere Ursache dabei wirksam war, kann vorläufig dahingestellt bleiben, um so mehr, als die beiden Faktoren in den Choroplasten verwirklicht werden können. Ich will jetzt nur die Tatsache betonen, daß die auffallende Lichtfestigkeit des lebenden Chlorophylls sich durch den kolloiden Zu- stand desselben in den Chloroplasten begreifen läßt. Dadurch gewinnt aber auch die Hypothese von dem kolloiden Zustand des lebenden Chlorophylls eine festere Grundlage, die ihr bisher fehlte. Denn nur beim kolloiden Chlorophyll beob- achteten wir die an den lebenden Pflanzen konstatierte Erscheinung, daß die Lichtfestigkeit des Farbstoffs mit der Erhöhung der Kon- zentration desselben zunimmt. Das gelöste Chlorophyll, mag seine Konzentration so hoch sein wie sie will, wird immer dieselbe Zer- störbarkeit zeigen wie das oben erwähnte ,, flüssige Blatt". über die Rolle der gelben Pigmente in den Chloroplasten. 613 85. D. Iwanowski: Über die Rolle der gelben Pigmente in den Chloroplasten. (Eingegangen am 22. Dezember 1913.) Die Tatsache, daß die Chloroplasten außer grünen fluorescierenden Pigmenten (Ohlorophyllinen) stets beträchtliche Mengen von gelben enthalten, legt die Vermutung nahe, daß diesen letzteren irgend- welche event. auch sehr wichtige ßolle zukommt. Es gelang aber bisher nicht, dieselbe kennen zu lernen, obgleich es an Hypothesen und Vermutungen auch hier keineswegs fehlte. Am meisten wurde die Frage über die Beteiligung der gelben Pigmente an der Zersetzung der Kohlensäure erörtert. Mit Rücksicht darauf, daß KNGELMANNs Untersuchungen über die Kohlensäureassimilation bei den Meeresalgen das Mitwirken aller Bestandteile der Chromophyllgruppe hervorgehoben hatten, schien es von vornherein sehr plausibel, daß auch bei den höheren Pflanzen der gesamte grüne Chlorophyllkomplex an der Zersetzung der Kohlensäure teilnimmt und daß dieser letztere Prozeß event. auch durch Vermittelung der gelben Pigmente allein stattfinden kann. ENGELMANN war der erste, welcher diesen Gedanken, zwar nicht ohne Vorbehalt, ausgesprochen hat, aber die Versuche, welche er zur Prüfung dieser Hypothese angestellt hatte, waren noch wenig beweisend: die gelben Blätter von Samhucus nigra var. aurea, nach der Bakterienmethode im Mikrospektrum untersucht, lockten die be- weglichen Bakterien nicht nur in blauem, sondern auch in rotem Lichte an, obgleich in diesem letzteren die gelben Pigmente doch keine Absorption ausüben. Es schien also wahrscheinlich, daß diese Anlockung durch geringe Menge grünen Farbstoffs ver- ursacht worden war, um so mehr, als nach eigenen Angaben des Autors^) das Absorptionsband des letzteren deutlich sichtbar war und die Lichtschwächung in demselben sogar 50 p. Z. erreichte. Ebensowenig gelang es auch F. G. KOHL 2) und E. STAHL 3), welche sich später als Anhänger dieser Ansicht ausgesprochen haben, dieselbe experimentell zu begründen. MOLISOH^) und 1) EnGELMANN, Botan. Zeit. 1887. 2) F. G. Kohl, Untersuchungen über das Carotin usw. 1902 und Be- richte d. d. botan. Gesellsch. 1906, S. 222. 8) E. Stahl, Zur Biologie des Chlorophylls, 1909, S. 39 (vgl. auch S. 21). 4) Congres Internat, de botanique Vienne 1905, p. 182. 514 D. IWANOWSKI: Irving 1) erhielten bei ihren Versuchen mit etiolierten Pflanzen nur negative Resultate, und sogar in bezug auf die Meeresalgen sind in neuester Zeit gegen die ENGELMANNsche Theorie schwer- wiegende Bedenken durch die Untersuchungen von A. V. RICHTER 2) und B. Schindler^) hervorgehoben worden. In noch höherem Grade, als die eben besprochene assimila- torische Leistung, erscheinen die anderen den gelben Pigmenten zugeschriebenen Funktionen als problematisch, so z. B. diejenige des Sauerstoffüberträgers im Atmungsprozeß der Pflanzen oder die des Enzymschutzes ^). In Erwägung dessen möchten die nachstehenden Versuche von Interesse sein, da sie eine unzweifelhafte und allem Anschein nach wichtige Rolle der genannten Pigmente zeigen. Dieselbe be- steht darin, daß die gelben Pigmente die Chlorophylline vor der zerstörenden Einwirkung des Lichtes schützen. Der Gedanke selbst ist keineswegs neu; in der umfangreichen Literatur über das Chlorophyll finden wir ihn schon ausgesprochen und von F. G. KOHL in der zitierten Arbeit am hefticjsten be- stritten und abgelehnt. F. KOHL führt folgende Argumente gegen diese Anschauung an: 1. In den ergrünenden Keimlingen und jungen, noch aus der Knospe hervorbrechenden und besonders schutzbedürftigen Blättern ist die Carotinmenge noch so gering, daß sie kaum imstande sein dürfte, ihre chlorophyllschützende Wirkung zu entwickeln; 2. das Carotin absorbiert gerade diejenigen Strahlen des Sonnenlichtes, welche auf das Chlorophyll am wenigsten oder gar nicht destruktiv wirken. Was dieses letztere Argument anbetrifft, so liegt hier augen- scheinlich ein Mißverständnis vor, da wir seit REINKEs^) sehr aus- führlichen und genauen Untersuchungen schon wissen, daß die Zerstörung des Chlorophylls im blauen Lichte l 50 — 46 immer noch 49 — 50 pCt. derjenigen, welche durch die am stärksten wirk- samen Strahlen A 70 — 66 verursacht wird, beträgt; in violetten Strahlen A 45 — 41 erreicht sie sogar 72 p. Z. KOHL verwirft diese Resultate unter Hinweis darauf, daß carotinfreies Chlorophyll, seiner Meinung nach, von der blauvioletten Hälfte des Spektrums 1) A. Irving, Annais of Botany 1910, vol. 2-1, p. 705. 2) A. V. Richter, Berichte d. d. botan. Gesellsch. 1912, S. 280. 3) B. Schindler, Zeitschr. f. Botanik 1913, S. 497. 4) F. G. Kohl, Das Carotin und seine physiol. Bedeutung, S. 19; Be- richte d. d. botan. Gesellsch. 1906, Generalvers -Heft, S. 43. 6) Reinke, Botan. Zeitung 1885. über die Rolle der gelben Pigmente in den Chloroplasten. 615 überhaupt nicht absorbiert und demzufolge durch diese letztere auch nicht zerstört werden kann. Diese Meinung kann aber jetzt kaum mehr verteidigt werden. Ebensowenig begründet scheint mir auch das andere Argu- ment von F, G. Kohl, welcher die Tatsache unbeachtet läßt, daß die Bildung der gelben Pigmente derjenigen der grünen voran- geht. Die Pflanzen bilden ja eine nicht unbeträchtliche Menge der gelben Pigmente schon im Dunkeln, und nur der übrige, wenn auch größere Teil, wird im Lichte mit den Ohlorophyllinen parallel gebildet. Mit vollem Rechte könnte man eine der KOHLschen geradezu entgegengesetzte Meinung verteidigen, nämlich diejenige, daß die zu beobachtende Aufeinanderfolge bei der Bildung von einzelnen Bestandteilen der grünen Chromoph^'llgruppe auf die chlorophyllschützende Rolle der gelben Pigmente hinweist. Ich lasse aber die Protokolle der Versuche folgen, welche diese chlorophyllschützende Wirkung der gelben Pigmente ver- anschaulichen. In dem ersten von diesen Versuchen wurden zwei kolloide Lösungen in ihrem Verhalten zum Lichte verglichen, nämlich: a) die sogen Rohchlorophyllösung, d. h. das Gemisch aller Bestand- teile des alkoholischen Extraktes von Blättern, und b) Ohloro- phyllin a, welches in diesem Versuche, wie auch in den nach- folgenden, nach der TsWETTschen Methode hergestellt wurde. Die beiden Lösungen wurden in spektroskopischen Gefäßen mit plan- parallelen Wänden und genau 1 cm Schichtdicke der AVirkung des Lichtes unterworfen, nachdem sie, behufs Ausschaltung des Seitenlichtes, von drei Seiten mit schwarzem Papier bedeckt worden waren. Die Ohlorophyllmenge ist in optischen Äquivalenten (Extinktionskoeffizienten in der Stelle der maximalen Licht- absorption bei X 665) ausgedrückt. Versuch I. Zwei kolloide Lösungen: A. Rohchlorophyll, B. Chlorophyllin «. Belichtung während 5 Stunden in direktem Sonnenlichte. Chlorophyll Zerstört yor dem Versuch nach dem Versuch absolut p- Z. A. 3,480 2,742 0,738 20,7 % 2,490 1,186 1,504 51,8 „ Da nun die Rohchlorophyllösung ein kompliziertes, größten- teils unbekanntes Gemisch von Stoffen darstellt, so wurde in nach- stehenden Versuchen das grüne Chlorophyll künstlich durch Ver- mischung von blauem Chlorophyllin a mit den gelben Pigmenten 616 D- Iwanowski : Über die Rolle der gelben Pigmente usw. hergestellt. Die gelben Pigmente wurden nach der Methode von TlMIRIASEW, event. auch nach derjenigen von TSWETT, bereitet und allmählich zum blauen Chlorophyllin bis zur Erhaltung von grüner dem Blattextrakte gleicher Farbe zugesetzt. Versuch 2. Zwei molekulare Lösungen in Alkohol: a) Chloro- phyllin a, b) künstliches Chlorophyll. Belichtung in zerstreutem Lichte. Chlorophyll Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p. Z. 2 86420 / a) 0,75868 2,10552 73,5 o/« ' l b) 1,43962 1,42458 49,7 „ Versuch 3. Kolloide Lösungen: a) Chlorophyllin «, b) künst- liches Chlorophyll. Belichtung während 2 Stunden im Sonnenlichte. Chlorophyll Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p. Z. 2 05ß3Q / a) 1,99488 0,86142 30,2 7o ^ b) 2,48415 0,37215 13,0 „ Versuch 4. Ebensolche kolloide Lösungen. Belichtung während 4 Stunden im Sonnenlichte. Chlorophyll Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p. Z. 2 47698 / ^^ 0,89756 1,57942 63,7 »/o l b) 1,45870 1,01828 41,1 „ Im nachstehenden Versuche wurden zur selben Lösung von Chlorophyllin a verschiedene Mengen von gelben Pigmenten zu- gesetzt, behufs Untersuchung des Einflusses der relativen Menge dieser letzteren auf die Lichtbeständigkeit des Chlorophylls. Be- kanntlich bleibt die grüne Farbe der Blätter nicht immer dieselbe, sondern variiert, je nachdem größere oder kleinere Beimischungen von gelbem Ton vorhanden sind. Dieser letztere ist am stärksten Bei Pflanzen von sonnigem Standort ausgeprägt, während die- Schattenpflanzen ein tieferes Grün besitzen. WiLLSTÄTTER hat neuerdings ermittelt, daß das Veihältnis der Chlorophylline (a -f b) zu den gelben Pigmenten bei Lichtblättern 3,07, bei Schatten- blättern 4,68 und sogar bis 6 beträgt. Varsuch 5. Drei kolloide Lösungen des künstlichen Chloro- phylls mit verschiedenem Gehalt an gelben Pigmenten, und zwar a : b : c wie 1:2:4. Die Lösung a ist noch bläulich, die Lösung c stark gelbgrün. Belichtung während 3 Stunden im Sonnenlichte. F. TOBLER: Zur Physiologie des Milchsaftes einiger Kautschukpflanzen. 617 Chlorophyll Zerstört vor dem Versuch nach dem Versuch absolut p. Z. 0,59974 0,97486 62,0 «/o 1,57460 I 0,84690 0,72770 46,2 „ 1,03100 0,54360 34,5 „ Mit der Zunahme des relativen Gehalts an gelben Pigmenten nimmt also auch die Lichtbeständigkeit des Chlorophylls zu. Es wurden auch Versuche mit einzelnen nach der Absorptions- methode isolierten gelben Pigmenten angestellt, aber diese sind noch nicht zum Abschluß gebracht worden. Aber so viel hat sich jedenfalls herausgestellt, daß die chlorophyllschützende Wirkung auch dem isolierten Carotin resp, Xanthophyll zukommt, nur scheint das Gemisch von beiden besser zu wirken. Diese letzten Versuche werden noch fortgesetzt, das allgemeine Resultat ist aber sicher: die chlorophyllschützende Wirkung der gelbe n Pigmente kann kaum mehr einem Zweifel unterliegen. Dieselbe besteht wahrscheinlich darin, daß die gelben Pigmente blaue und besonders violette Strahlen, deren chlorophyllzerstörende Kraft sehr hoch ist, absorbieren. Ob auch die Sauerstoffabsorption durch diese Pigmente hierbei eine Rolle spielt, muß vorläufig noch dahingestellt bleiben. 86. F. Tobler: Zur Physiologie des Milchsaftes einiger Kautschukpflanzen^). (Vorläufige Mitteilung.) (Eingegangen am 25. Dezember 1913.) Nach dem bisher Bekannten, vor allem auch auf Grund der BERNARDschen Darlegungen (Ann. du jard. bot. de Buitenzorg, 1910, müssen wir annehmen, daß die physiologische Rolle des Milchsaftes der Pflanzen eine nicht einheitliche ist. Weder hat der Saft verschiedener Pflanzenarten die gleiche Funktion, noch hat der Saft einer Pflanze nur eine bestimmte Bedeutung. Mancher Widerspruch zwischen Angaben früherer Autoren wird auf diese 1) Auf d. Generalversammlung in Berlin vom Verfasser vorgetragen. Ö18 !''• TOBLER: Weise ausgeglichen. Andrerseits bleibt an jedem Objekte aufs neue noch eine Fülle von Fragen zu lösen. Gelegentlich meines Aufenthaltes in Amani habe ich einige Gruppen von Untersuchungen angestellt, die za diesen Problemen gehören. 1. Sollten die Beziehungen zwischen Stoffwechsel und Zusammensetzung des Saftes beleuchtet werden durch Beobachtung der Schwankungen von Art und Menge des Saftes unter ver- schiedenen Bedingungen, 2. sollte die Anatomie der ßinden ex- perimentell untersucht werden auf die Veränderungen hin, die beim Zapfen entstehen, 3. kam ich später in Fortsetzung von Ver- suchen, wie sie KNIEP (Flora 1905) früher in Europa begonnen hatte, z. T. aber ausdrücklich als dort unlösbar bezeichnete, zu Fütterungsversuchen mit Milchsaft führenden Blättern an Schnecken. Die Untersuchungen der 2. Gruppe werden später gesondert veröffentlicht werden, da ihre Ausarbeitung noch nicht vollendet ist. Von den Resultaten der ersten dagegen mit Anschluß derer der Gruppe 3 gebe ich hier eine kurze Darstellung; behalte mir die Belege und die Verarbeitung mit dem bisher aus dem Gebiete Bekannten für die größere Zusammenfassung vor, die in Kürze er- scheinen wird. I. Ich wählte als Objekt zunächst die Mascarenhasia elastica, als in Ostafrika einheimische Pflanze, sowie als ein Objekt, bei dem in hervorragender Weise auf mikroskopischem und mikro- chemischem Wege Differenzen im Milchsaft wahrzunehmen sind. In Wurzelschossen (auch Frei stehenden bis zu gewisser Größe) sowie jugendlichen Exemplaren zeigt die Pflanze nämlich statt des Milchsaftes einen wasserhellen Saft, der viel Gummi, aber wenig Kautschuk und Eiweißkörper enthält. Außerdem wird schon von JUMELLE (Plantes a Caoutschouc 1903) berichtet, daß das Aus- sehen des Saftes der Mascayenhasia anceps (Madagaskar) periodisch zu verschiedener Jahreszeit in demselben Organ im Aussehen schw^anke zwischen völliger Klarheit und starker Milchigkeit. Diese anscheinend für beide MascarenJiasia- Arten identischen Eigen- schaften hatte ich durch Beobachtung und Versuche, vor allem auf dem Wege der Nährlösungskulturen, näher zu beleuchten gedacht. Der weniger feste Partikeln (vor allem auch Kautschuk weniger) enthaltende Saft hat beim Anzapfen lebhafteren Fluß als der milchige. In feuchten Perioden (auch in entsprechenden Kulturbedingungen) nimmt der Gehalt des Saftes an festen Par- tikeln (vor allem auch an Kautschuk) zu. In länger besonnten Blättern ist der Gehalt ferner größer als in beschatteten, in den Zur Pliysiologie des Milchsaftes einiger Kautschukpflanzen. 619 jüngeren größer als in älteren. Die Menge der im Saft vorkommen- den festen Teilchen, sowie die Menge des bei Anzapfung aus- fließenden Saftes überhaupt steigt im Laufe des Tages. Bei schlechtem Wachstum der Pflanze, speziell bei Mangel an N und P, sowie unterdrückter Assimilation läßt der G-ehalt des Milchsaftes an Eiweißsubstanzen nach, der Kautschukgehalt dagegen nimmt bei N-Mangel eher zu, zeigt aber bei sehr schlechtem allgemeinen Wachstum schließlich auch Abnahme. Die im Saft der Milchröhren enthaltenen nicht festen Bestandteile gummiartiger Natur sind bei gut gedeihenden Kulturen reichlicher vorhanden als in schlecht wachsenden. Die Unterbrechung der in der Rinde gelegenen oder aller Leitungsbahnen durch Eingelung, Abschneiden usw. bringt in mit nichtmilchigen Saft versehenen Sprossen nahe unter der Schnittstelle Anhäufung von festeren Substanzen, Milchigwerden, hervor. Die infolge der Verletzung austreibenden Achselsprosse zeigen nahe den Assimilationsstellen und proportional deren Ausmaß milchigen Saft, auch wenn die Hauptachse frei davon ist. Die festen Bestandteile sind also von der Assimilation in ihrem Auftreten lokal ab- hängig. Sie werden von diesen Stellen aus in den Bahnen des Milchsaftes verbreitet. II. Auch der Milchsaft von Manihot Glcmovii weist in be- kannter Art verschiedene deutlich morphologisch trennbare Be- standteile auf: große Körper, die vielleicht Kerne sind, Stäbchen (Kautschuk) und kleinste Körnchen (Eiweiß) als G-rundmasse. Untersuchung der verschiedenen einer Wunde nacheinander entfließenden Tropfen und Tropf enteile ergibt, daß die sog. Kerne zuerst, die Stäbchen darnach nur kurze Zeit austreten und die Grundmasse allein den längeren Fluß der Zapfstelle liefert. Untersuchung und morphologischer Vergleich des Saftes ver- schiedener Teile einer Pflanze ergibt, daß die lebhaft wachsenden oberirdischen Teile wie frische Blätter, Blüten, sehr junge Früchte usw. die normale Zusammensetzung des Saftes und den deutlichen Gehalt an Kautschukstäbchen und größeren Körpern, sowie größte Flüssigkeit erkennen lassen ; schon im Stamm ist das Vorkommen der Stäbchen geringer. An jungen Pflanzen ist z. B. oft nur die Zusammensetzung des Milchsaftes der älteren Blätter die nor- male. Der Kautschuk ist demnach erst von einem ge- wissen Alter der Organe an und nur bis zu einer be. stimmten Periode reichlich, sein Gehalt steigt bis zu einem in der lebhaftesten Wachstumperiode des Organs liegenden Maximum, um dann wieder abzunehmen. 620 F. TOBLER: Zur Physiologie des Milchsaftes einiger Kautschukpflanzea. Mit der Gunst der Ernährimg (z. B. bei Mangel an N in der Kultur, bei Kultur in trockener Luft usw.) nahm auch ohne auf- fallende äußere Reduktion der Pflanze der Gehalt des Milchsaftes an Kautschukstäbchen ab. In einer übermäßig feuchten Kultur erwiesen sie sich als größer (länger und dünner) in ihrer Form Außerdem schwankte natürlich je nach dem Grad der Verdunstung die Menge des Saftes und seine Konsistenz, aber die Beobachtun- gen über die Menge und Art der Kautschukstäbchen waren unab- hängig davon. Hier sei angefügt, daß Beziehungen zwischen Assimilation und den Bestandteilen des Saftes sich nicht so kon- statieren ließen wie bei Mascarenhasia, auch an abgeschnittenen, in Wasser stehenden Blättern war, solange noch Milchsaft auftrat, die Zusammensetzung nicht verändert zu sehen. Bei B,ingelungsversuchen (meist aber nicht vollständig um den Stamm geführten) trat allemal unterhalb der Unter- brechung der Leitungsbahnen eine Stauung des Inhaltes der Milchröhren ein, d.h. der Saft wurde dicklicher und reicher an Stäbchen. Doch zeigen sich darin komplizierte Unterschiede je nach Alter und Stärke des Stammes. IIL Zur Erweiterung früherer Versuche über Schneckenfraß an Milchsaftpflanzen wurden Fütterungs versuche mit den Blättern einer Reihe verschiedener Pflanzen, auch Apocynaceen usw., für die KNIEP (1905) die Entscheidung ausdrücklich offen gelassen hatte, an zwei Schneckenarten angestellt. Die Resultate waren alle positiv, d. h, die Blätter, und zwar auch frisch mil- chende am Baum und lang milchende wurden von den Schnecken gefressen. Eine einzige Ausnahme bildet Mascarenhasia elastica. Und zwar scheint hier in der Tat der Grund in einem im Milch- saft vorhandenen Stoff zu liegen, vielleicht sogar gerade in einem der in fester Form auftretenden, denn die mit nichtmilchigem Saft versehenen Blätter derselben Pflanze wurden gefressen, die anderen dagegen nicht. Im Zusammenhang mit den Resultaten der anderen Versuche aber, bei denen der Milchsaft die Tiere nicht abhält, zeigt auch der Fall der Mascarenhasia nur, daß eine- Verallgemeinerung der Annahme, Milch- oder Kaut- schuksaft schütze vor Schneckenfraß, unstatthaft ist. Münster (Westf.), Botanisches Institut d. Kgl. Universität. Dezember 1913. /% ^/h^^^^^^^^^^ Bericht über die am 6. Oktober in Berlin-Dahlem abgehaltene dreißigste Generalversammlung der Deutschen Botanisehen Gesellschaft. Am Sonnabend, dem 4. Oktober, bereits hatte sich eine große Anzahl Mitglieder eingefunden, um am 5. Oktober an der Exkursion nach dem Reservat des Plagefenns teilzunehmen. — Da auch in diesem Jahre die beiden anderen botanischen Vereinigungen ihre Versamm- lungen zu gleicher Zeit mit unserer Gesellschaft abhielten, und da ferner eine erhebliche Mitgliederzahl in Groß-Berlin ihren Wohnsitz hat, so ist es nicht zu verwundern, daß die Beteiligung eine recht große war. In die Präsenzliste hatten sich folgende Mitglieder eingetragen : ANISITS-Berlin. APPEL-Berlin. BAUR-Berlin. BEHRENS-Berlin. BEYER-Berlin. BOGEN-Berlin. BUDER-Leipzig. BüRRET-Berlin. BUSCALIONI-Catania. BUSSB-Berlin. CLAUSSEN-Berlin. CONWENTZ-Berhn. DIELS-Marburg a. d. L. DlNGLER- Aschaffenburg. DRUDE-Dresden. DUYSEN-BerHn. EWERT-Proskau. EEDDE-Berlin. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. FiSOHER-Berlin. FUCHS-Berlin. FÜNFSTÜCK-Stuttgart. GniG-Berlin. V. GUTTENBERG-Berlin. Hillmann Berlin. HÖCK-Berlin. HÖSTERMANN-Berlin. IRMSCHER-I^erlin. JAHN-Berlin. KIENITZ-GERLOFF -Weilburg. Kleb AHN- Hamburg. KNISCHEWSKI-Flörsheim a. M. KOEHNE-Berlin. KOERNIÜKE-Bonn. KOLKWITZ-Berlin. KRAUSE-Berlin. KRÖMER-Geisenheim a. Rh. (1) (2) Eericht über die dreißigste Generalversammlung. LAKOWITZ-Danzig. LIESKE-Dresden. Lindau- Berlin. LOESENER-Berlin. P. MAGNUS-Berlin. W. MAGNUS-Berlin. MlYOSHI-Tokio. MOEWES-Berlin. MÜCKE-Erfurt. MUNK-Heilbronn a. N. MUTH-Oppenheim a. Rh. NATHANSOHN-Leipzig. NIENBURG-Frohnau (Mark) ORTH-Berlin. PETERS-Berlin. PlETSCH-Halle a. S. PiLGER-Berlin. PRINGSHEIM-Halle a. S. PRITZEL-Berlin. RiEHM-Berlin. EÖSSLER-Berlin ßUHLAND-Halle a. S. SCHIEMANN-Berlin. SCHIKORRA-Berlin. SOHLUMBERGER-Berlin. SCHWEINFURTH-Berlin. SCHWENDENER-Berlin. SEELTGER-Berlin. SHüLL-Cold Spring Harbour (N. Y.). SiMON-Dresden. SiMON-Göttingen. SNELL-Kairo. STRAUSS-Berlin. TESSENDORFF-Berlin. THOMS-Berlin. THOST-Berlin. TiSCHLER-Braunschweig. TOBLER-Münster i. W. TOBLER-WOLFF-Münster i. W. V. UBISCH- Berlin. ULBRICH-Berlin. ÜLE-Berlin. ÜRBAN-Berlin. VOIGT-Hamburg. VOLKENS-Berlin. WÄCHTER-Berlm. WARBURG-Berlin. WEHMER-Hannover. WEISSE-Berlin. WERTH-Berlin. V. WETTSTEIN -Wien. DE WlLDEMAN-Brüssel. WINKELMANN-Stettin. WiTTMACK-Berlin. Als Gäste nahmen an den Verhandlungen teil die Herren: Brandt, v. Beke, Freudenberg, Rothe, Swarts, Torka, Wagner (Hildesheim), WERSOHBITZKI, WHETZEL und die Damen MC DOWELL und J. ZOPF. Um 9 Uhr 20 Minuten eröffnete der Präsident R. V. WETT- STEIN die Versammlung im großen Hörsaal des Botanischen Museums, begrüßte den anwesenden Ehrenpräsidenten, Herrn S. SOHWENDENER, die Mitglieder und Gäste und erstattete einen kurzen Bericht über den Stand der Gesellschaft, Die Mitglieder- zahl hat wieder zugenommen, und die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft sind als günstig zu bezeichnen. Der Präsident verliest darauf die Namen der seit der letzten Generalversammlung verstorbenen Mitglieder: Bericht über die dreißigste Generalversammlung. C3) H. Graf ZU LUXBURG-Stettin, gest. am 26. Mai 1912, G. HERPELL-St. Goar, „ „ 22. Juli 1912, J. MÜLLER-Ziegenlials, „ „ 5. Dezbr. 1912, W. MITLAOHER-Wien, „ „ 15. Januar 1913, P. ASOHERSON-Berlin, „ „ 6. März 1913, A. FISCHER-Leipzig, „ „ 27. März 1913, Th. M. FRIES-Uppsala, „ „ 29. März 1913, H. Sommerstorf -Wien, „ „ 27. Mai 1913, W. BLASIUS-Braunschweig, „ „ 31. Mai 1913, B. LIDFORSS-Lund, „ „ 23. Septbr. 1913, und spricht den Wunsch aus, daß bis zum Schluß des Jahres Nekrologe auf die Verstorbenen eingeliefert würden. Die Anwesenden ehren das Andenken an die Verstorbenen durch Erheben von ihren Sitzen. Hierauf erstattete der Schatzmeister, Herr 0. APPEL, den Kassenbericht über das Jahr 1912 und teilte den Voranschlag für das Jahr 1913 mit (siehe Anlage I). Eine Diskussion fand nicht statt, der Voranschlag wurde ge- nehmigt und der Präsident sprach dem Schatzmeister den Dank der Gesellschaft für seine Mühewaltung aus und erteilte ihm Ent- lastung. Der Vorsitzende berichtet sodann über den Antrag APPEL- GILG. Der Antrag APPEL-GiLG, dessen Wortlaut den Mitgliedern der Gesellschaft bekannt ist, wurde dem Ausschusse zur Beratung zu- gewiesen. Die Ausschußmitglieder haben sich der großen Mehr- heit nach*) für den Antrag günstig ausgesprochen, nur einzelne^) derselben erhoben Bedenken wegen der sich eventuell ergebenden finanziellen Belastung der Gesellschaft und befürworten Be- schränkung der geplanten Vorträge auf die Generalversammlung. Auf Grund der Äußerungen des Ausschusses und einer neuerlichen Beratung mit den Antragstellern wird der Antrag nunmehr in folgender Form zur Beratung gestellt: Die Deutsche Botanische Gesellschaft wird bestrebt sein, zu- sammenfassende Vorträge über spezielle Forschungsrichtungen der Botanik sowie Vorträge über neue und wichtige Entdeckungen zu veranstalten. Von solchen Vorträgen sind zunächst etwa sechs im 1) Beck, Büsgen, Czapek, Diels, Dingler, Drude, E. Fischer, Karsten, Wehmer. 2) MÖBIÜS und WiELER. (1*) ^4) Bericht über die dreißigste Generalversammlung. Jahre in Aussicht genommmen, von welchen zwei bis drei für die Generalversammlung zu reservieren sind, während die anderen ge- legentlich der Monatsversammlungen in Berlin oder der Versamm- lungen in Ortsgruppen gehalten werden. Die Vortragenden erhalten für diese Vorträge ein Honorar von je 100 M. Der Wortlaut dieser Vorträge wird in einer eigenen Publikation, "betitelt „Vor- träge aus dem Gesamtgebiete der Botanik, herausgegeben von der Deutschen Botanischen Gesellschaft" veröffentlicht. Der Vorstand der Gesellschaft wird ermächtigt, mit einem Verlagsbuchhändler einen Vertrag, betreffend die Veröffentlichung dieser Vorträge, zu schließen. Dieser Vertrag soll den Ersatz der Honorarkosten durch den Verleger, die Versendung der Vorträge an alle Mitglieder gegen Bezahlung eines Pauschalbetrages durch die Gesellschaft, sowie eine Anteilnahme der Gesellschaft an dem eventuellen Rein- gewinne vorsehen. In bezug auf die Durchführung des Beschlusses wird beantragt, daß alljährlich die Ausschußmitglieder eingeladen werden, Vorschläge wegen der abzuhaltenden Vorträge zu er- statten, die Auswahl der Vorträge erfolgt durch den Berliner Vor- stand im Einvernehmen mit dem Präsidenten. Der Antrag wurde mit allen gegen eine Stimme an- genommen. Ein Antrag JAHN, die zur Unterstützung wissenschaftlicher Arbeiten ausgesetzten 500 M. in Zukunft zu streichen, wurde nach kurzer Diskussion mit Stimmenmehrheit angenommen. Darauf berichtet Herr APPEL über die Angelegenheit der in Freiburg (s. Ber. 1912 S. (3)) eingesetzten Kommission zur Prüfung unseres Vertrages mit der Verlagsbuchhandlung. Die Kommission besteht nach Ausscheiden des Herrn OLTMANjSTS, nach Ablehnung seitens des Herrn OTTO MÜLLER nunmehr aus den Herren V. Wettstein, V. Kirchner, Gilg, Reinhardt und Appel, und beantragt, den Vertrag nicht abzuändern, da die Kommission der Ansicht ist, daß die pekuniären Interessen der Gesellschaft durch den bestehenden Vertrag gewahrt seien. Nach kurzer Dis- kussion, die sich hauptsächlich um die Höhe der Korrekturkosten drehte und an der sich die Herren P. MAGNUS, TISCHLER, ÜLE, Drude, Fünfstück und Lindau beteiligten, wurde nahezu ein- stimmig beschlossen, dem Antrag der Kommission Folge zu leisten. Die Tätigkeit der Kommission ist damit beendigt. Ein Gegenantrag P. MAGNUS, mit dem Verleger über die Herabsetzung der Korrekturkosten zu verhandeln, wurde ab- gelehnt. Bericht über die dreißigste Generalversammlung. (5) Herr DRUDE berichtet über die Ortsgruppe Dresden, die sich sehr gut bewährt und regt die Bildung weiterer Ortsgruppen an. Von der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Arzte ist an die Vorstände der deutschen und deutsch-österreichischen natur- wissenschaftlichen Vereine eine Anfrage ergangen, „ob es rätlich wäre, daß die oben gekennzeichneten Gesellschaften ihre Jahresversamm- lungen in je einem Jahre für sich allein, im zweiten Jahre aber in Gemeinschaft mit den anderen Gesellschaften auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte abhielten". Der Präsident berichtet, daß er als Vertreter unserer Gesellschaft an einer Sitzung verschiedener Vereine in Wien teilgenommen hätte, in der dieser Gegenstand verhandelt wurde. Er regt an, den Vorschlag der Naturforscher-Gesellschaft auf die Tagesordnung unserer nächsten Generalversammlung zu setzen. Der Vorschlag wird angenommen und soll den Ausschußmitgliedern zur Äußerung übermittelt werden. Als nächster Punkt steht auf der Tagesordnung die Wahl des Ortes und der Zeit der nächsten Generalversammlung. Herr J. Behrens bringt München in Vorschlag und als Zeit Anfang August, vorausgesetzt, daß der Vorschlag die Zustimmung der Münchener Kollegen findet. Der Vorstand wird deshalb ermächtigt, eventuell einen anderen Ort zu wählen. Dieser Vorschlag des Herrn J. BEHRENS wurde angenommen. Schließlich erkundigte sich Herr DiNGLER noch nach dem Stand der Denkmalsangelegenheiten. Herr BEHRENS beantwortet die Frage dahin, daß für die Denkmäler SPRENGELs und KOEL- REUTERs die privaten Sammlungen fortgesetzt werden. Damit war der geschäftliche Teil der Generalversammlung erledigt und es konnte zu dem wissenschaftlichen Teil überge- gangen werden. Zunächst hielt Herr G. SHULL einen Vortrag „Über die Vererbung der Blattsorten bei Melandrium" und demonstrierte 24 Lumiere-Lichtbilder (vgl, S. (40)). Dann sprach Herr L. WlTT- MACK über „Einige wilde knollentragende Solanuma,r ten'' (s. S. (10)) und unter Vorlegung von Originalabbildungen über ,, Klippen mit rotem Schnee in der Baffinsbai" und über ,,Die venetianische Traube oder den bunten Wein" (vgl. S. (35) und (38)). Herr BUDER (Leipzig) berichtete über „ChJoronium mirabüe'' (s. S. (80j) und Herr C. WEHMER über „Natürliche Diapositive von Microorganismen-Vegetationen." „Als ,, natürliche Dia- positive" kann man eingetrocknete Agar- oder Gelatineplatten (6) Bericht über die dreißigste Generalversammlung. bezeichnen; die von solchen entworfenen Lichtbilder i) geben angetrocknete Kolonien von Bakterien, Hefen und Mycelpilzen in der Regel gut wieder, so daß man nicht erst Photographien anzufertigen braucht. Natürlich darf man keine mikroskopischen Feinheiten erwarten, Hyphenverzweigung und Zjgosporen bei Mucorineen, Zonenbildung, Kristallabscheidungen (Oxalat), Yer- flüssigungsringe z, B. kommen sehr schön und deutlich heraus. Haltbar sind solche Objekte jahrelang. Agar- oder Gelatineschicht müssen langsam eintrocknen, dürfen auch nicht zu dick sein, keine überflüssigen Salze enthalten usw. Bei gelungener Herstellung liegt das glasige Substrathäutchen samt der Vegetation der Glas- platte fest an. Besonders empfiehlt sich die Methode zur Auf- bewahrung instruktiver Platten, wie man sie gelegentlich beim Arbeiten im Laboratorium erhält, durch Eintrocknen kann man solche in jedem Entwicklungsstadium fixieren." Schheßlich machte Herr J. WINKELMANN (Stettin) eine Mit- teilung über Glathrus cancellatus Tournf. in Pommern. ,,In der letzten Septemberwoche wurde mir im Geschäftszimmer der städti- schen Gartenverwaltung mitgeteilt, daß sich auf dem alten Fried- hofe in Neutorney (einem westlichen Vororte von Stettin) ein eigen- tümlicher Pilz befände. Der Friedhof stößt an die städtische Gärtnerei, ist zum Teil eingegangen, und diese Stellen bilden mit Bäumen bestandene Grasplätze. Auf einem von diesen fand ich Clathrus cancellatus in allen Entwicklungsstufen: junge noch nicht aufgebrochene Pilze, einem Bovist sehr ähnlich; andere schon größer, halb aufgebrochen und das rote Gitter zeigend ; ferner ganz entwickelte in schöner roter Farbe, aber leicht zerfallend. (Diese drei Zustände in Formalin aufbewahrt wurden der Versammlung vorgezeigt.) Der starke üble Geruch, den dieser Pilz verbreitet, ließ ihn leicht auffinden; sein durch dieselbe Eigenschaft sich aus- zeichnender Vetter Phallus impudicus ist dort auch reichlich vor- handen. Zugleich wurde mir mitgeteilt, daß der Clathrus seit einigen Jahren regelmäßig im warmen Spätsommer erscheint; man wird ihm also das Bürgerrecht erteilen müssen. Über die Herkunft des Pilzes konnte ich nichts erfahren." Damit war das Programm erledigt, und der Präsident schloß die Generalversammlung um 12 Uhr 10 Minuten. An den Vor- 1) Vorführung solcher mußte leider unterbleiben, weil die vom Vor- tragenden mitgebrachten Holzrahmen — mit kreisrundem Ausschnitt für die PETRischalen — für den Schlitz des Berliner Projektionsapparates zu breit waren Bericht über die dreißigste Generalversammlung. (7) sitzenden des Berliner Vorstandes, Herrn Gr. HABERLANDT, der durch Krankheit am Erscheinen auf der Versammlung verhindert war, sandte der Präsident ein Begrüßungstelegramm, das von Meran aus erwidert wurde. Am Nachmittage fand unter Führung des K. Hofgartendirektors ZeiNINGER eine Besichtigung des Parkes von Sanssouci statt. Nach den Sitzungen der beiden anderen Vereinigungen in den nächsten Tagen hatten die Teilnehmer Gelegenheit, die Dahlemer Institute, den botanischen Garten und den Versuchsgarten des Herrn BAÜR in Friedrichshagen zu besuchen. Die im gemein- samen Programm vorgesehene Exkursion in den Spreewald mußte des schlechten Wetters wegen unterbleiben. R V. WETTSTEIN, W. WÄCHTER, Präsident. Schriftführer. (8) Rechnungsablage für das Jahr 1912. Anlage I. Rechnungsablage für das Jahr 1912. Vermögen am 1. Januar 1912 Einnahmen: Mit gliederbei träge. (Zu zahlen sind für 1912: 568 Mitglieder ä 20 M ^ 1 1 360 M. davon vorausbezahlt . . 122,06 M. 1912 bezahlt 11237,95 „ 11360 „(w.v.) G ezahlt wurden 1912: für 1912: a) Beiträge . . 11237,95 M. b) Mehr- zahlungen 29,01 ,. „ frühere Jahre . . . 120, — „ „ spätere Jahre . . . 114.65 ,, Zinsen aus dem Depot und Konto- korrent Gevpinnanteil an Band XXX 11 501,51 M. 662,50 497,70 Ausgaben : Band XXX der Berichte, 582 Exemplare . . . Formulare und Drucksachen Honorare Ehrungen Wissenschaftliche Förderung , Porto: für Schriftwechsel 200,72 M. für Berichte 1 205,02 „ Sonstiges Vermögen am 31. Dezem.ber 1912 Es haben betragen: die Einnahmen aus den Beiträgen . . 11501,61 M. die Ausgaben 11 220,58 „ so daß die Einnahm.en um . höher sind als die Ausgaben. 280,93 M. Bei 568 zahlenden Mitgliedern entfallen auf jedes Mitglied 20,25 M. Einnahmen, 19,76 M, Ausgaben. M. Pf. M. Pf 14 672 12 661 71 38 6 559 43 469 05 1780 66 140 500 I— 1405 449 74 96 27 334 11220 58 09 16 113 51 Rechnungsablage für das Jahr 1912. (9) M. Pf. M. Pf. Voranschlag- für 1913. Yermög'en am 31. Dezember 1912 Einnahmen: Beiträge (570 ä 20 M.) 11400,— M. Zinsen 670 — 16 113 12 586 51 49 28 700 12 550 Gewinnanteil . 616 49 Ansgaben : Berichte . . 7 000 500 2 000 150 1000 1450 460 — FoiTüiilare und Drucksachen Honorare Ehrun2;en Wissenschaftliche Förderung , . . . Porto Sonstiges Vermög-en am 31. Dezember 1913 16 160 — Dahlem, dea 23. Juni 1913. Der Schatzmeister: 0. Appkl. Revidiert und richtig befunden. Dahlem, den 23. Juli 1913. M. 0. Reinhardt. G. Lindau. (10) L. WiTTMACK: Mitteilungen. 87. L Wittmack: Einige wilde Icnollentragende Solanum- Arten. (Mit 4 Abbildungen im Text.) (Eingegangen am 7. Januar 1914.) Seitdem ich in THIELS „Landwirtschaftlichen Jahrbüchern" Band 38, Ergänzungsband 5 (1909), S. 551, eine ausführliche Ar- beit über „Die Stammpflanze unserer Kartoffel" und in den „Be- richten der Deutschen Botanischen Gesellschaft" Band 27 (1909) Seite (28) einen Auszug daraus, aber mit wichtigen Zusätzen, unter dem Titel „Studien über die Stammpflanze der Kartoffel" ver- öffentlicht habe, sind von verschiedenen Autoren wertvolle Ar- beiten über den Gegenstand erschienen. Von mehreren Seiten sind auch weitere Kulturversuche mit wild wachsenden Solanum -Arten. unternommen, und darum erscheint es mir angebracht, an dieser Stelle einen Überblick über das inzwischen Geleistete zu geben. Kurze Darstellungen habe ich bereits in der ,, Illustrierten landwirtschaft- lichen Zeitung", Berlin 1911, Nr. 29, und 1913, Nr. 15 mit Ab- bildungen gebracht^). Für die ältere Literatur verweise ich auf meine beiden oben angeführten Arbeiten, I. Die neuere Literatur. 1. Ich wende mich zunächst zu dem Artikel, den der in- zwischen verstorbene Graf VON ARNIM-SOHL AGENTHIN (Berichte d. Deutsch. Bot. Ges. 1909 S. 547) mit Bezug auf meinen im gleichen Jahrgange S. (28) erschienenen Aufsatz veröffentlichte. Mir stehen zwar lange nicht so viele Erfahrungen mit Kartoffel- sämlingen zur Seite, wie sie Graf VON ARNIM hatte; aber es er- scheint mir seltsam, daß Geschwister von Kartoffeln mit rad- förmigen Blumen ganz sternförmige Blumen haben können. Ich glaube, daß V. ARNIM unter sternförmig etw^as anderes verstand l) Inzwischen ist auch ein Vortrag von mir: ,,Die Kartoffel und ihre wilden Verwandten" in „Nachrichten aus dem Klub der Landwirte" zu Berlin, Nr. 578, 15. Januar 1914, erschienen. Einige wilde knollentragende Solanum-Arten. (11) als ich. Es gibt bekanntlich sehr verschiedene Sternformen; ich verstehe unter einer sternförmigen Blumenkrone eine solche, die mindestens fünfteilig, d. h. bis über die Mitte in 5 Zipfel geteilt ist, mitunter noch tiefer. Was den Kelch anbetrifft, so habe ich a. a. 0. S. (30) selbst gesagt, daß auch bei unserer Kartoffel es einmal vorkommt, daß ein Kelchzipfel kürzer wird und umgekehrt bei Solanum Commer- sonii einmal etwas länger. Die zu letzterem Punkte abgebildeten Kelchzipfel von S. Commersonii sind übrigens etwas zu schmal ge- zeichnet. — Neuerdings fand ich auch eine Blüte von S. Maglia, an der einzelne Kelchzipfel kürzer waren als sonst. Sehr interessant ist, was V. ARNIM über das Auftreten schwefelgelber „Leisten" auf den Blumenblättern sagt. Gelb ist eine seltene Farbe bei Solanum, aber S. lycopersicum, die Tomate, hat bekann thch gelbe Blumen und neuerdings hat BITTER ein gelbes kn oll entragendes, dabei sogar epiphytisches Solanumy 8. morelliforme Bitt. et Muench beschrieben, das in Astlöchern in Mexiko lebt (FeddEs Repert. fasc. XII 1913 S, 154 m. Taf. II). — Die „Leisten" sind die Gefäßbündel, welche die Mitte der fünf Zipfel der Blumenkrone durchziehen; meist sind sie grünlich, mit- unter auch etwas grünlichgelb, bei V. ARNIM wird das Grünliche also wohl noch mehr verschwunden sein. . 2. Ed. GRIFFON, Professor an der Ecole nationale d'Agri- culture in Grignon und Direktor der Station de Pathologie vege- tale in Paris, der sich auch viel mit Variationsfragen beschäftigt, schrieb mir unter dem 4. Dezember 1909, daß er in Grignon Solanum Commersonii kultiviert, aber keine Mutationen gefunden habe. Er teilte mir weiter mit, daß sein Assistent PlERRE BERTHAULT mit einer großen morphologischen und biologischen Arbeit über die knollentragenden Solanum beschäftigt sei. Als Vorläufer dieser Arbeit erschien schon nach einigen Wochen, am 3. Januar 1910, in den Oomptes rendus von P. BERTHAULT eine kurze Übersicht: „Sur les types sauvages de la Pomme de terre cultivee" und ferner in Kevue generale de Botanique Bd. XXII (1910) S. 345: „Apropos de l'origine de la pomme de terre". Im Jahre 1911 erschien BERTHAULTs ausführliche Darstellung: ,,Re- cherches botaniques sur les varietes cultivees du Solanum tuberosum et les especes sauvages de Solanum iuherißres voisins" in Annales de la Science agronomique francaise et etrangere Nancy, 1911, 8 °, 211 S. mit 51 Textabbildungen und 9 Tafeln. BERTHAULT be- handelt darin die Geschichte, die Biologie und die Anatomie der (12) L. WlTTMACK: Kartoffel, wobei er manches Neue bringt ^j. Leider sind ihm die schönen Arbeiten von HUGO DE VRIES: Keimungsgeschichte der Kartoffelsamen, Keimungsgeschichte der Kartoffelknollen und Wachstumsgeschichte der Kartoffelpflanze, alle drei in den Land- wirtschaft!. Jahrbüchern von V. NaTHUSIÜS und THIEL Band, 7, Berlin 1878 erschienen, nicht bekannt gewesen. In systematischer Hinsicht nimmt BerthaULT dieselben vier Hauptgruppen an, wie ich in diesen Berichten 1909 S. (30) getan. Während ich aber bei den Kelchzipfeln nur lange und kurze unter- schied, geht er darin noch weiter, wie sich aus seiner im folgen- den kurz dargestellten Übersicht ergibt. L Krone radförmig. 1. Kelch mit weichspitzigen Zipfeln (sepales mucronees) (d. h. Kelchzipfel lang L. W.) a) Mucro lang zungenförmig (wie bei ;S'. tuberosum), b) ,, ziemlich lang, c) ,, mittellang, d) ,, reduziert. 2. Kelch mit nicht weichspitzigen Zipfeln (d. h. Kelchzipfel kurz L. W.). a) Zipfel spitz, b) „ abgerundet. II. Krone sternförmig. 3. Kelch mit w^eichspitzigen Zipfeln. 4. „ „ nicht weichspitzigen Zipfeln. Ich fürchte, daß bei 1 die Unterschiede zwischen a bis d sich oft schwer werden genau feststellen lassen. 3. Die wichtigsten systematischen Arbeiten sind die treff- lichen Untersuchungen von GEORG BITTER, Direktor des Bota- nischen Gartens in Bremen. Wie ich bereits in Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1913 S. 173 darlegte, hat BITTER in FeddEs Reper- torium specierum novarum vom Fase. X 1912 S. 529 ab in vielen der folgenden Hefte höchst sorgfältige Diagnosen unter dem Titel: „Solana nova vel minus cognita" (bis jetzt 13 Abhandlungen) ver- öffentlicht, darunter gegen 70 zur Gruppe Tuherarium zu rechnende, während DUNAL s. Z. in DE CANDOLLEs Prodromus XIII, 1 nur etwa 40 aufführte. Besonderen Wert legt BITTER u, a. auf die 1) Einige-* davon habe ich in dena oben genannten Vortrage in ,, Nach- richten aus dem Klub der Landwirte zu Berlin", Nr. 678, S. 3, auch schon in £11. landw. Zeitung 1913 Nr. 15, mitgeteilt. Einige wilde küoUentragende Solanum-Arten. (13) Haare. Ein Teil hat nach BITTER „Bajonetthaare". Darunter muß man sich aber nicht Haare mit einem oben rechtwinklig ab- gesetzten Endgliöde denken, wie es z. B. der Grriffel von Geum zeigt, sondern Haare, die nur aus zwei Zellen bestehen, von denen die unterste größer und dickwandig, die obere kleiner, spitz und dünnwandig ist. BITTER legt ferner großen Wert auf die Gliede- rung der Blütenstielchen. Diese ist allen Tuberarien eigen; die Gliederung kann entweder nahe der Basis sein oder weiter oben. Darnach unterscheidet BITTER die zwei Gruppen: Basar- thrum und Hyperhasarthrum. Die erstere hat Bajonetthaare und Bitter trennt sie jetzt ganz von der Sektion Tuberarimn ab, weil diese Arten wahrscheinliah nie Knollen tragen. Die Gruppe Hyperbasarthrum ist eine sehr umfangreiche, die Gliederung kann da unterhalb der Mitte, in der Mitte oder weiter oben bis nahe am Kelch sein. Zu bedenken ist dabei aber, daß öfter die Blütenstielchen sich während des Abblühens oder des Fruchttragens unterhalb der Gliederungsstelle verlängern, so daß man zu verschiedenen Zeiten verschiedene Maße erhalten kann. Häufig verdicken sich die Blütenstielchen während der Fruchtreife oberhalb der Gliederung, was man auch bei gewöhnlichen Kar- toffeln sieht. Die Art wie diese Verdickung erfolgt, wäre noch näher zu untersuchen. Offenbar geschieht sie, um die schwere Frucht besser tragen zu können. Aber warum verdickt sich dann der untere Teil nicht? Die interessanteste Entdeckung, die BITTER machte, sind die Papillen am Griffel vieler wilder Arten. Ich selbst fand sie auch an gewöhnlichen Kartoffeln. Von etwas oberhalb der Basis bis etwa zur Mitte, selten noch höher hinauf, sind die Epidermis- zellen zu kurzen, nur mikroskopisch oder unter starker Lupe, be- sonders nach dem Aufkochen der Herbarexemplare, sichtbaren stumpfiichen Papillen ausgezogen. Welchen Zweck mögen diese haben? Da die Solanum-Arten keinen Honig absondern, können sie nicht etwa dazu dienen, diesen aufzufangen, und den Blüten- staub sollen sie doch wohl auch nicht aufnehmen. Man könnte allerdings fast an den kürzlich von A. W. HELL in Ann. of Bot. XXYII 1913 p. 479 m. Abb. (Referat in Bot. Zentralblatt 1913 Bd. 123 S. 659) bei Sebaea (Gentianaceae) beschriebenen Fall denken. Sehaea ist, wie MARLOTH sich ausdrückt, ,,diplostigmatisch", d. h. sie hat außer der eigentlichen Narbe entweder noch zwei im rechten Winkel zu den beiden Narbenlappen sich von der Narbe herabziehende Haarleisten, oder diese Leisten sind von der eigent- lichen Narbe getrennt. In vielen Fällen sind aber statt der Leisten (14) L. WlTTMACK: an zwei Seiten des Griffels halbkugelige oder halbbirnenförmige Wülste, die mit Haaren besetzt sind. HILL schnitt die Narbe ab, bestäubte aber die Wülste und erntete reifen Samen, und zwar mehr, als wenn die eigentliche Narbe bestäubt wurde. Sebaea und ihre Verwandten sind aber protandrisch, die Kartoffel ist protogynisch. Vielleicht könnte man in diesen Griffelpapillen immerhin eine Annäherung der Solanaceen an die Gentianaceen sehen. Beide haben auch Leptomstränge im Innern des Xylems, also bikollaterale Gefäßbündel. Daß die Griffelpapillen bei Solanum doch vielleicht mit der Bestäubung zusammenhängen oder in früheren Formen damit zusammengehangen haben, dürfte aus dem Umstände zu folgern sein, daß die Papillen, wie ich fand, in der Knospe noch nicht entwickelt sind, sondern erst in der auf- geblühten Blume^). 4. Auch E. Hassler hat in TEDDEs Repertorium ver- schiedentlich neue Solanum-AYten beschrieben, so besonders in Fase. IX (1910/11) S. 115, ebenso UDO DaMMER in ENGLERs bot. Jahrbüchern usw. 5. Vererbungsfragen bei Solanum- Axien studierte Dr. med. E-EDCLIFFE N. SALAMAN in Barley bei Cambridge, England, den ich 1909 besuchte. Seine erste Arbeit im Journal Linnean Soc, Botany Bd. 39, Oktober, London 1910 S. 301 führt (übersetzt) den Titel: Männliche Sterilität bei Kartoffeln, ein dominierendes MENDELsches Merkmal, nebst Bemerkungen über die Form des Pollens bei wilden und domestizierten Varietäten. Die zweite größere Arbeit (im Journal of Genetics Bd. 1 Nr. 1 Nov. 18, 1910, Cambridge, mit 20 Tal, davon eine farbig) behandelt: ,,Die Vererbung von Farbe und anderen Charakteren bei der Kartoffel". Seine Ergebnisse sind: 1. Drehung des Blattes z. B. bei der Sorte Bed fir apple (roter Tannenzapfen) ist ein rezessives Merkmal. 2. Bei den Knollen ist lang dominierend gegenüber rund. 3. Tiefe der Augen ist dominierend. 4. Purpurn dominiert bei Knollen über Rot. 5. Bot dominiert bei Knollen über Weiß, hängt aber von der Gegenwart zweier Faktoren und einem Chromogen ab. 6. Solanum etuberosum Sutton non Lindley (das jetzige 8. edi- nense Berthault) ist nicht denselben Gesetzen der Prävalenz unter- worfen. 1) Herr Prof. Dr. UDO Dammer, ebenfalls ein trefflicher Kenner der Solanaceen, wies mir nach, daß auch in anderen Gruppen von Solanum Haare am Griffel vorkommen; das sind aber größere Haare, meist Sternhaare. Einige wilde knollentragende Solanum- Arten. (15) 7. Unter den Sämlingen von S, edinense sind einige bis jetzt immun gegen Phyiophthora infest ans. 8. Diese Immunität ist bei S. edinense ein rezessiver Charakter. 9. S. edinense ist vielleicht ein Bastard, Wenn das der Fall, sind seine Eltern möglicherweise ursprüngliche Arten. 6. Einige knollentragende Solanum- Arten sind auch- in den von Fräulein Dr. J. PERKIN.S veröffentlichten „Beiträgen zur Flora von Bolivia" (ENGLER, Bot. Jahrb., Bd. 49, Heft 1, S. 215) auf- geführt. Was ich dort zögernd als S. edinense Berthault bestimmte (K. PFLANZ Nr. 95), hält BITTER eher für S. acaule Bitt. Nach Pflanz wird diese Planze (Nr. 95) von den Eingeborenen nicht beachtet. Besonders wichtig aber ist das, was PFLANZ daselbst über Chuno und Tunta sagt. II. Die Kulturversuche. 1. Solanum Maglia. (Hierzu Abb. 1 ) Zunächst habe ich Herrn Prof KARL REICHE, bis vor wenigen Jahren in Santiago de Chile, jetzt in der Hauptstadt Mexiko, herz- lichst zu danken für zwei Sendungen Knollen von Solanum Maglia. In seinem Briefe vom 5. November 1909, der gleichzeitig mit der ersten Sendung am 16. Dezember 1909 eintraf, schrieb er: „Die il/a^?m- Knollen stammen aus Vifia del Mar bei Valparaiso und sind am 1. November vor meinen Augen ausgegraben worden. Sie müssen im deutschen Winter, vor Frost geschützt, in lockerer Erde aufbewahrt werden. Von Mai ab sind sie zu treiben, w^eil um diese Zeit die chilenischen Winterregen einsetzen. Die Pflanzen müssen reichlich Luft und Sonne haben, da die Mutterpflanzen an solchem Orte gewachsen sind." Reiche hatte auch die Absicht, im Janaar 1910 zu versuchen, aus den Cordilleren von Linares^) das echte Solanum tuberosum TAX beschaffen, er habe es zwar trotz aller seiner Reisen noch nie am natürlichen Standort gesehen. Er hatte bereits von dem Direktor des Museums in Lima, PHILIPPI, die Genehmigung zu dieser Reise erhalten, da auch PHILIPPI daran lag, durch Be- schaffung authentischen Materials zur Klärung der 6'o7anwm -Frage beizutragen; leider aber starb PHILIPPI bald darauf, die Reise nach den Cordilleren mußte unterbleiben und REICHE ging dann nach der Hauptstadt Mexiko. Die erhaltenen Knollen von Solanum Maglia waren sehr klein, 1) Linares liegt südlich von Santiago, etwa auf 36 ° s. Br. und 71 ° westl. Länge am Greenwich. Da wäre also vielleicht weiter nachzusuchen. (16) L. WlTTMACK: meist kugelig. Die größte, etwas längliche war 2 cm lang und 1,5 cm dick, sie wog 3,5 g; die zweitgrößte maß 1,7X1,5 cm und wog 2,5 g; die meisten hatten nur etwa 1 cm Durchmesser und wogen auch nur ca. 1 g. Die Schale war grauviolett und glatt; Lentizellen waren wenig sichtbar und nur in Form kleiner matter Punkte, nicht erhabener Wärzchen vorhanden. Blattnarben und Augen traten auch wenig oder gar nicht hervor. Trotz der Kleinheit enthielten die Knollen doch recht große Stärkekörner. Eine Knolle von nur 1 cm Durchmesser zeigte als Maximalmaß der Stärkekörner 85 x 89 |t*. Die größeren Knollen mochte ich nicht zerschneiden. — Gewöhnliche Kartoffeln (Sorte Up to dato von R. SUTTON & SONS in Reading, England), die ich 1913 untersuchte, ergaben an verschieden großen Knollen derselben Staude: Knolle 1,3x1,2 cm, Stärkekörner im Maximum 44x22 {jb „ 3x2 cm „ „ „ 56x36 „ „ 7x5,5 cm „ „ „ 80x50 „ Man sieht, daß mit der Größe der Knollen die Größe der Stärkekörner zunimmt^), wenigstens dürfte das bis zu einem gewissen Grade der Fall sein. Übrigens scheint es auch etwas auf die Sorten anzukommen. Eine am 21. März 19 lO gleichzeitig init der Knolle von S. Maglia untersuchte gewöhnliche Kartoffel ohne Namen hatte bei nur 5 cm Durchmesser bis 93 X 50 //- große Stärke- körner. Im allgemeinen sind die Stärkekörner von S. Maglia etwas schmäler als bei S. tuberosum, wie ein Vergleich der herumgehen- den Photographien ergibt. Auch Hermann SIERP kommt bei Kartoffeln zu dem Resul- tat, daß die kleinknollige Sorte „Blaue Mandel", die eine Zwerg- form darstellt, kleinere Stärkekörner hat als die großknollige Sorte „Expreß". Die Größe der Knollen änderte sich bei ihm in der Kultur sehr, die der Stärkekörner allerdings nur wenig^). Nach BerTHAULT^) hat die Größe der Knollen keinen Ein- fluß auf die Größe der Stärkekörner, vorausgesetzt, daß man reife 1) Das faad auch KÜSTER bei seinen Untersuchungen über die Schich- tung der Stärkekörner. Diese Berichte XXXI, 1913, S. 342 u. 343. 2) Hermann Sierp, Über die Beziehungen zwischen Individuengröße, Organgröße und Zellengröße, mit besonderer Berücksichtigung des erblichen Zwergwuchses. Jahrb. f. Wiss. Bot., Bd. LIII, Heft 1, Leipzig 1913. 3) Berthault, Recherches botaniques sur les varietes cultiv^es du Solanum tuberosum et les especes sauvages de Solanum tuberiferes voisins Nancy 1912 (Extrait des Annales de la Science agronomique fran9aise et ^trangere) S. 85. Einige wilde knollentragende Solanuna-Arten. (17) Abb. 1. Solanum Maglia Molina. Vom Versuchsfelde der Berliner Kgl. Land- wirtscbaftlichen Hochschule in Dahlem, 23. Juli 1912. Man beachte die locker stehenden, keine|n Kegel bildenden Staubbeutel. Ber. der deutschen bot. G eselisch. XXXI. (2) (lö) L. WiTTMACK: Knollen vor sich hat. Dies trifft nach meinen obigen Messungen nicht zu. Die untersuchten Knollen von Up to date u'urden am 18. September 1913 herausgenommen, da waren die Pflanzen ober- irdisch schon fast abgestorben. Die kleinste von 1,3x1,2 cm war auch schon ganz prall voll von Stärke. Beachtenswert ist aber BerthauLTs Beobachtung, daß manche Sorten mehr kleine Stärkekörner als große haben, und andere Sorten wieder umgekehrt. Nach seinen Zählungen hat die wenig stärkereiche Frühkartoffel „Marjolin" (unsere lange Sechswochen- kartoffel) 74 pCt. große und nur 26 pCt. kleine, dagegen die Futter- und Industriekartoffel „Blaue Riesen" nur 30 pCt. große und 70 pCt. kleine. Um wieder auf SoJanum MagUa zurückzukommen, so ist das eine in der Kultur etwas veränderliche Pflanze. Im ersten Jahre 1910 erwuchsen aus den so kleinen Knollen in dem gut mit ßindermist gedüngten lockeren Boden des Gartens der Landw. Hochschule riesige, bis Vj.^ m lange Pflanzen, die wir wegen ihrer Länge an Stöcke banden. Die Knollen waren am 20. Mai gelegt, die ersten Blüten erschienen am 4. Juli. Die unteren Blätter waren außerordentlich groß, mit dem kurzen Stiel- teil 27 cm lang, das Endblättchen 13 cm lang und 7 cm breit, die an der Basis sehr unsymmetrischen Seitenblättchen bis 10 cm lang, 5 cm breit. Die oberen Blätter wurden aber allmählich immer kleiner, so daß die der obersten Zweige fast denen der gewöhn- lichen Kartoffel, S. tuberosum, glichen. Charakteristisch ist für-S'. Maglia der weinrot angelaufene Stengel und die ebenso gefärbte Blatt- spindel. Die Blütezeit dauerte vom Juli bis Ende September und bei der Größe der schön weißen Blumen mit orangegelben Staub- beuteln gewährten die Pflanzen einen herrlichen Anblick. Die Staubbeutel bilden keinen Kegel wie bei der Kartoffel, sondern stehen einzeln um den Griffel. Leider setzten die Pflanzen gar keine Beeren und vor allem auch gar keine Knollen an. Die bis 1^2 ja 2 m langen weißen ßhizome kamen schon während des Sommers wieder über die Erde und entwickelten sich zu neuen Plauzen, so daß zuletzt ein dichtes Gebüsch entstand. Im Herbst fanden sich auch noch keine Knollen, höchstens waren die Enden der im Boden gebliebenen Rhizome zu kleinen erbsengroßen Knöllchen ange- schwollen. Über Winter wurden die erst sehr spät im Jahr oberirdisch abgestorbenen Pflanzen mit Dünger bedeckt, in der Hoffnung, daß vielleicht doch einige Rhizome oder deren Knöllchen überwintern würden. Einige wilde knollentragende Solanum-Arten. (19) Diese Hoffnung hatte uns nicht getäuscht. Im Mai 1911 er- schienen nicht nur einige, sondern eine ganze Anzahl Pflanzen über der Erde. Diesmal wurden die Pflanzen nicht an Stöcke ge- bunden; sie sollten ungezwungener wachsen. Die langen reich verzweigten Stengel lagen nun mehr oder weniger auf dem Boden und bildeten ein noch stärkeres Dickicht als im Jahre vorher, zu- mal immer wieder neue Ausläufer in Gestalt grüner Pflanzen über der Erde erschienen. Wir gruben Anfang Oktober den Boden auf, fanden aber keine größeren Knöllchen als im Jahre vorher. Ende Oktober oder Anfang November wurde wieder aufgegraben, da zeigten sich wenigstens eine Anzahl Knöllchen bis zu Haselnuß- größe. Die Knollen sind in der Jugend weißlich, mit dem Alter färben sie sich rötlichviolett und diese Farbe wird am Licht nach einigen Tagen grauviolett. Das Fleisch ist weiß, aber violett mar- moriert. Die Blätter waren 1911 untereinander nicht mehr so ver- schieden wie im ersten Jahre. Solch große Blätter wie 1910 kamen überhaupt gar nicht mehr vor. Die oberen rollten sich oft etwas zusammen, als wenn sie von der Blattrollkrankheit befallen wären. Die Stengel und Blattstiele waren aber ganz gesund, namentlich auch die Gefäße ohne Mycel im Innern. Wiederum wurde das Beet im Winter mit Dünger bedeckt und im Frühjahr 1912 noch oben auf mit Stalldünger gedüngt. Abermals erschienen aus der Unterwelt eine Menge neuer Pflanzen, aber auch ihre Blätter zeigten vielfach Einrollung. Ein Teil der Pflanzen wurde im Juli mit Jauche begossen, ein anderer Teil mit einem Aufguß von Hornspänen, ein dritter Teil erhielt keine Kopfdüngung, Unterschiede in der Entwicklung waren nicht zu sehen. Auffallenderweise erschienen im Jahre 1912 nur wenig Blüten, während die noch zu besprechenden Pflanzen auf dem Versuchsfelde der Landw. Hochschule in Dahlem herrlich blühten. Ende Oktober wurde aufgegraben; aber die Rhizome hatten noch keine Knöllchen angesetzt. Da das Kraut an manchen Stöcken noch grün war, während das von S. tuberosum längst abgestorben, konnte man die Hoffnung hegen, daß vielleicht sich doch noch Knöllchen bilden würden. Mitte November 1912 wurde deswegen noch einmal aufgegraben, natürlich immer an anderen, vorher noch nicht ausgegrabenen Stöcken, aber fast vergebens. Es fanden sich nur einige winzige Knöllchen, kaum von Erbsengröße. Es bestand aber die Hoffnung, daß vielleicht doch noch im Laufe des Winters die Reservestoffe der Rhizome in die an deren Enden sitzenden (2*) (20) L. WlTTMACK: Knöllchen wandern und diese vergrößern würden. Wir fanden nämlich stets im Frülijalir die Rhizome alle abgestorben. Di© Rhizome gehen z. T. tief in den Boden, bis 1 m. Auffallend war es jedes Jahr, wie aus den kleinen im Boden gebliebenen Knollen groüe Pflanzen erwuchsen. Unsere Hoffnung hatte uns abermals nicht getäuscht, im Frühjahr 1913 erschien wieder eine ganze An- zahl Pflanzen. Da der Platz z. T. anderweitig gebraucht wurde, ließ Herr Prof. BAUR sie auf das Beet pflanzen, auf welchem schon eine Anzahl seit Jahren gestanden hatte. Sie blieben dies Jahr (1913) niedriger, waren nur 60 bis 80 cm lang und blühten Mitte .Juli bis Ende September. Ganz anders verhielten sich die von Prof. Dr. REICHE ge- sandten Knollen, die in dem schweren Lehmboden auf dem Versuchsfelde der Landw. Hochschule in Dahlem gebaut wurden, trotzdem sie doch von demselben Material herrührten. Hier machten sie bei weitem nicht so lange Ausläufer, setzten dafür aber einige Knollen an und blühten alljährlich reichlich. Im Jahre 1912 war aber der Knollenertrag nur gering. — Granz herrlich blühten, auch die S. Maglia in der Kaiserlichen Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Dahlem^). Nach alledem scheint es, als wenn in lockerem Boden die Rhizome in die Länge wachsen und bald wieder an die Oberfläche kommen, um sich zu neuen Pflanzen zu entwickeln, während auf schwerem Boden, wo die Rhizome mehr Widerstand finden, sie kürzer bleiben und dafür ihre Enden zu Knollen ausbilden. Wir setzten deshalb im Garten der Landw. Hochschule einige Knollen in große Töpfe, und obwohl der Boden ebenso locker war wie auf dem Beet, hatten wir doch 1912 die Freude, wenigstens einige Knollen zu erhalten, und diese saßen meist an der Topf- wandung. Am Boden des Topfes hatten sich ^die Rhizome kreis- rund angeordnet, ohne dort Knollen zu bilden, während, wie ge- sagt, auf dem Beet keine einzige von nennenswerter Größe sich ausgebildet hatte. Herr Prof. Dr. WEBERBAUER hatte mir im August 1911 ge- schrieben, daß die Knollenbildung des S. Maglia von C. REICHE im Garten wohl unterblieben sei, w^eil die Pflanzen begossen seien; im Yaterlande erhielten sie keinen Regen! Obwohl sich dies we- ll Die Kaiserl. Biologische Anstalt f. Land- u. Forstwirtschaft in Dahlem hat gütigst die Weiterkultur meiner wilden Kartoffelarten übernommen, wofür ich ihr, wie allen übrigen, welche dieselben weiterbauen, herzlichst danke. L. W. Einige wilde knollentragende Solanum-Arten. (21) niger auf S. Maglia in Chile als auf verwandte Arten in der Lomaformation in Peru bezieht, unterließen wir 1912 im Garten das Begießen, aber wie gesagt, ohne Erfolg. Im Nachsommer trat viel Regen ein. Da dieser aber auf dem Versuchsfelde in Dahlem, wo übrigens nie gegossen wurde, die Knollenbildung nicht verhindert hat, so dürfte der Hauptanlaß zur Knollenbildung in dem dichten Gefüge des Bodens liegen. Leider wissen wir über die Ursachen der Knollenbildung trotz der schönen Untersuchungen VON VÖCHTINGs noch recht wenig, und erscheint es dringend wünschenswert, der Sache noch weiter auf den Grund zu gehen. Ahnlich wie in der Landw. Hochschule ist es in der Kaiser- lichen Biologischen Anstalt für Land- und Forstwirtschaft in Dahlem, der wir im Frühjahr 1910 Knollen von der EEICHEschen Sendung übergaben, ergangen. Auch da haben die Rhizome von Solanum Maglia mehrere Jahre überwintert und im folgenden Jahre neue Pflanzen geliefert (sicherlich auch aus den Knöllchen). Im Jahre 1912 und 191S blühten sie herrlich, wie ich mich unter Führung der Herren Geh. Regierungsrat Dr. APPEL und Dr. SCHLUMBERGER, die sie in Kultur genommen, überzeugen konnte; aber Knollen sind fast nicht angesetzt. Herr Geh. Rat BEHRENS, Direktor der Biologischen Anstalt, hat die Güte gehabt, mehrere erst im September in Töpfe ge- setzte Exemplare hierher bringen zu lassen, die im Kalthause ge- halten wurden, um sie gegen ev. Nachtfröste zu schützen. Sie stehen heute, am 6. Oktober, noch in schönster Blüte. Wir hatten 1912 auch selbstgeerntete Knollen (Ernte 1911) an die Biologische Anstalt abgegeben. Diese wurden in Töpfen kultiviert, haben aber trotzdem keine oder wenige Knollen gebracht. Von Fruchtansatz war dort wie bei uns keine Spur zu sehen. Im Kgl. botanischen Garten zu Dahlem wurden die uns von Reiche übersandten Knollen nur in Töpfen kultiviert und haben geringe Mengen Knollen ergeben. Alle Knollen, die in den genannten Anstalten erhalten wurden, hatten keine bedeutende Größe, höchstens die eines Taubeneies. Ganz anders war es bei Herrn Prof. Dr. VON ECKENBREOHER, dem Leiter der Deutschen Kartoffelkulturstation in der Seestraße zu Berlin. Derselbe hatte die Knollen in einem in der Erde stehenden Zementkasten kultiviert und erhielt schon 1911 eine ziemlich reiche Ernte von z. T. recht ansehnlichen Knollen. In den folgenden Jahren wurden sie im freien Lande erzogen und (22) L, WlTTMACK: brachten Knollen, die bis 8 cm lang und 4 cm dick waren, bei einem Gewicht von 40 g. Im Jahre 1912 befruchtete der Gärtner Herr GOESE sie mit Pollen einer gewöhnlichen Kartoffel, und es wurden wenigstens einige halbreife Beeren erzielt. Ahnlich große Knollen hatten schon Prof. HEüKEL in Mar- seille und Herr J. LABERGERIE in Verrieres (Dep. Vienne) und zwar durch Überernährung erzielt. Bei Prof. VON ECKENBRECHBR war normal gedüngter Boden verwendet worden, Stallmist mit der üblichen Zugabe von Kali und Phosphorsäure. Möglicherweise haben unsere violettfleischigen Salatkartoffeln, die sog. Neger- oder Araukaner-Kartoffeln Blut von S. Maglia in sich, da die Knollen der letzteren im Innern, wie oben gesagt, violett mormoriert sind. 2. Solanum- Kvien vom U. S. Department of Agriculture in Washington. Dem Department of Agriculture verdanke ich eine Anzahl Kartoffelknollen, die mir der Vorsteher des Bureau of Plant In- dustry Herr FAIRSOHIELD durch Herrn R. A. YOUNG in Takoma Park bei Washington übersenden ließ. Dieselben stammen nach dem Bulletin Nr. 148 des Bureau of Plant Industry 1909 S. 25 aus dem südlichen Chile, wo sie Herr JOSE D. HUSBANDS in Limavida besorgte. Gefunden wurden sie nach diesem in dem Ur- buschwerk (virgin bush) auf den Hügeln, Abhängen und Ebenen auf den Inseln des Archipelagus von Chiloe und Guaitecas. ,,Sie bilden die einzige Nahrung der Chilote-Indianer und anderer Ein- geborener. Sie wachsen oft sehr tief im Boden. Sie vervoll- kommnen ihre Größe und Form nach fünfjährigem Anbau und sind alle gut zu essen." . . . Ich muß gestehen, daß mir nach der hier nur im Auszuge wiedergegebenen Beschreibung scheint, als wenn dies gar keine wilden Kartoffeln sind. Die Knollen, die ich erhielt, waren schon in Nordamerika kultiviert worden und die bei uns daraus erwachsenen Pflanzen sind alles gewöhnliche Kar- toffeln, aber verschiedene Sorten. Sie werden jetzt in der Kaiser- lichen Biologischen Anstalt in Dahlem weiter gezogen. Manche haben leider im letzten Jahre kaum Knollen angesetzt. 3. Knollen aus Peru von Prof. Dr. WEBERBAUER. Herr Prof. WEBERBAUER in Lima sandte mir freundlicher- weise dreimal Knollen. Die erste Sendung vom 1. August 1910 bestand aus kleinen rundlichen roten Knollen von einer auf den Einige wilde kaollentragende Solanum- Arten. (23) Amancaesbergen bei Lima, in der Lomaformatiön (200 — 360 m ü. M.) wild wachsenden Art „mit hell-lila Blüten und schmäleren, zahlreicheren Blattabschnitten als S. tiiberosum^\ Leider kamen die Knollen, trotzdem sie in Holzkohle verpackt waren, verfault an. Wahrscheinlich war es Solanum medians Bitt. Die 2. Sendung, vom 7. November 1910, war in Holzwolle verpackt in einem Kistchen mit Luftlöchern, und kam gut an. Es w^aren kleine runde glatte schön weiße (gelbliche) Knollen vom Berge „Morro Solar" bei Chorillos aus Steingeröll in der Loma- formatiön (200 m). „Auf diesem Berge fallen die Niederschläge nur als feine Nebel und nur von Mai bis September". Leider gelang es aber nur an wenigen Orten sie zar Blüte zu bringen. Das war u.a. der Fall bei Prof. Dr. LOUIS PLANCHONin Montpellier, wo sie auch einige wenige Knollen ansetzten, die aber in der 2. Genera- tion eingingen, bei J. LabERGERIE in Verrieres (Vienne) und bei dem schottischen Geistlichen lleverend AlKMAN PATON in Soul- seat, Castle Kennedy. Dieser erzielte im Kalthause, da er die einzige Pflanze, die sich entwickelte, ,,gut gefüttert" hatte, Blumen von außerordentlicher Größe, bis 5 cm Durchmesser. Knollen und Beeren setzte sie nicht an. Im März 1913 erhielt ich eine dritte Sendung von Prof. WEBERBAUER, wiederum, wie die zweite, vom Berge Morro Solar bei Chorillos in Peru, nahe der Küste. Ich verteilte sie wieder an Interessenten, sie blühte bei Herrn Prof. BAUR, bei R. SUTTON & Sons in ß-eading, bei Herrn J. LABERGERIE, früher in Verrieres (Vienne), jetzt in Fontliasme (Dep. Vienne), bei ViLMORIN, AN- DRINUX & ClE. Paris, bei Prof. Dr. BITTER im Bot. Garten in Bremen und bei ßev. AlKMAN PATON. Bei letzterem waren die Blumen diesmal nicht so groß, weil er sie auf Anweisung WEBERBAUERs in magerem sandigen Boden gezogen hatte. Am besten aber wohl entwickelte sie sich bei Prof. LOUIS PLANCHON in Mont- pellier. Dieser ließ eine schöne farbige Zeichnung davon machen, die ich in der Juli-Sitzung 1913 der Dtsch. bot. Ges. vorlegte^). Ich habe durch Frl BARTUSCH eine Kopie davon anfertigen lassen und lege auch diese vor. Im August erhielt ich von L, PLAN- CHON sogar einen kleinen blühenden Zweig und konnte nun um so mehr feststellen, daß es sich wirklich um eine neue Art handelt, die ich bereits früher ^S'. Neoweherhaueri benannt hatte. Der Name S. Weherhaueri ist schon von BITTER in FEDDEs llep. XI, 365, für eine andere Art aufgestellt, die ich als S. Maglia abgebildet habe 1) Diese Berichte 1913 S. 320. (24) L. WlTTilACE: Abb. 2. Solanum Commersonü Dunal vom Versuchsfelde der Berliner Kgl. Landwirtschaftlichen Hochschule in Dahlem, 31. Juli 1912. Blumenkrone tief geteilt, sternförmig; Beere herzförmig. Einige wilde knollentrager.de Solanura-Arten. (25) 3 J a m A o O w a o ^ _u ■f^i «4-H ;-< C3 O o ■M -u' -*-» 05 _ q ^ Ol ■ w l-t a iH 03 uj d Tb 0) «4-1 M ^ 'ö5 kl 13 TS ■ pH ^ ^ ;h (D s m S o O «■^ (f^ grün weiß (8) X (4) 12200 101 ___ (19) X (3) 12226 97 (22) X (4) 12237 57 — (28) X (4) 12240 87 — (31) X (4) 12243 97 — (35) X (4) 12246 73 — (36) X (4) 12247 93 — (88) X (3) 12249 59 — (40) X (4) 12251 87 — (42) X (3) 12262 95 . — (43) X (3) 12263 96 — (46) X (3) 12264 56 — (49) X (4) 1^267 96 — Sa. 1092 I — Da die Vaterpflanzen geprüfte Heterozygoten waren, müssen alle Mutterpflanzen Homozygoten gewesen sein. Außerdem wurden 9 weitere Schwesterpflanzen mit einer Bruderpflanze gekreuzt, die ganz zweifellos homozygotisch war. Aus diesen Kreuzungen stammen 839 grüne Sämlinge und nur 1 weißer. Die Resultate sind in Tabelle III zusammengestellt. Tabelle IIT. Erbformeln: XXZZYYNN X XXZZYYNN und XXZzYYNN X XXZZYYNN. Eltern Saat Nr. Keimlinge 11335 grün weiß (9) X (t) 122U1 97 — (11) X (1) 12202 91 — (12) X (1) 12203 87 — (13) X (1) 12204 101 — (14) X (1) 12214 95 — (17) X (1) 12224 87 1 (21) X (1) 12236 92 — (37) X (1) 12248 99 — (39) X (1) 12260 90 — Sa. 839 1 1 Der einzige weiße Keimling in Saat Nr. 12224 war sehr wahrscheinlich eine Mutante; denn wäre 11335(1) heterozygotisch gewesen, so hätte ungefähr die Hälfte der in Tabelle III ange- führten Kreuzungen 25 pOt. weiße Keimlinge liefern müssen. Leider habe ich die Mutterpflanze 11335(17) in keiner anderen Kreuzung verwendet, und deswegen kann ich nicht unbedingt sicher sagen» ob diese Pflanze heterozygotisch oder homozygotisch war. (46) George Harrison Shull: III. Die „t7;Zorma"-Sippen. Im Jahre 1902 erwähnte CORRENS^) kurz eine samenbeständige, chlorophyllarme, gelbgrüne Sippe von Mirahilis Jalapa, die, wenn mit den dankelgrünen typicaSippen gekreuzt, nur einheitlich dunkel- grüne Fj-Pflanzen gibt; die F,-Pflanzen waren aber merklich heller als ihre fyj^ica-Filtern. In einem späteren Bericht^) geht er aus- führlicher auf die unvollkommene Dominanz des ^^jjica-Merkmals ein. Er gibt die Yerhältniszahlen der Fg-Generation nicht an, doch glaubt er, daß es sich bei der gelbgrünen Färbung um eine mendelnde, rezessive Eigenschaft handelt. Diese Sippe war früher als aurea bezeichnet worden, vor kurzem aber hat CORRENS^) vor- geschlagen, alle die Sorten chlorina zu nennen, bei denen „die Quan- tität des Chlorophylls und des Xanthophylls sowie der Carotine ab- genommen hat, ohne sehr auffällige Verschiebung im Verhältnis der grünen und gelben Bestandteile zueinander", und den aurea- Namen auf jene Sorten zu beschränken, „bei denen der alkoholische Blattauszug gegenüber dem der typischen Sorten relativ viel mehr Xanthophyll und Carotin enthält". CORRENS glaubt, daß sich auf diesem Wege wenigstens eine künstliche Grenze zwischen den zwei Rassen ziehen lasse, doch er hofft, daß auf Grund genetischer Untersuchungen eine schärfere und zugleich natürlichere Trennung zu erzielen sei, da, wie er meint, BAURs aurea dominiert, während seine eigene chlorina rezessiv ist. Hierin kann ich nicht mit CORRENS übereinstimmen, da es sich bei BAURs aurea-Sippe von Antirrhinum gar nicht um einen echten Fall von Dominanz handelt; denn bei vollkommener Dominanz eines positiven anrea-Merkmsih wären nur die rezessiven, grünen Pflanzen lebensfähig, während die heterozj^gotischen a^^rm-Individuen genau wie die homozy- gotischen schon als ganz junge Sämlinge absterben müßten^). Außerdem dominiert die typisch grüne Form von Mirahilis Jalapa auch nicht vollkommen über die chlorina-¥ ovm, wie ja aus CORRENS' Versuchen zu ersehen ist. Meiner Meinung nach gibt es über- haupt keinen prinzipiellen Unterschied zwischen aurea- und ehlorinaSippen. Ich glaube, daß die gelben Pigmente in den meisten Fällen vollkommen unabhängig von den grünen vererbt 1) OORRENS, C, Über Bastardierungsversuche mit Mirabüis-SiTp^en. Ber. ■d. Deutsch. Bot. Gesell, 20: S. 594-608, 1902. 2) OORRENS, 0., Über die dominierendtn Merkmale der Bastarde. Ber. d. Deutsch. Bot. Gesell., 21: S. 133—147, 1908. 3) Zeitschr. f. ind. Abstaram. u. Vererb., 1: S. 291, 1909. 4) Baur, E,, Einführung in die experimentelle Vererbungslehre. S. 293, 1911, Berlin, Gebr. BORNTRAEGER. Siehe S. 119. über die Vererbung der Blattfarbe bei Melandrlum. (47) werden, und daß auf diese Weise die verschiedene Färbung der Chloralbinisten und der chloralbinotischen Flecken zu erklären ist. Bei einem Blatt, das viel Chlorophyll führt, können wir nichts über die gelbe Unterfärbung aussagen; sie ist vollkommen ver- deckt. Ist nun aber das Chlorophj'll aus irgendeinem Grunde weniger oder gar nicht ausgebildet, dann kommen die vorher ver- deckten, gelben Pigmente zum A^orschein. Als Beispiel hierfür sollen M. alhmn und M. rubrnm dienen, die in ihren ausgewachsenen Blättern fast die gleiche Menge Chlorophyll haben. Dennoch ist in der Blattfarbe ein Unterschied zwischen den beiden. Die Blätter von M. rubrum sind etwas dunkler grün als die von M. alhum. Dagegen ist der Unterschied in den jungen Blättern, in denen noch relativ wenig Chlorophyll gebildet ist, viel deut- licher; bei M. rubrum sind sie entschieden gelber als bei M. cdbmn. Verschwindet nun das Chlorophyll gänzlich, wie bei den chloral- binotischen Sämlingen oder den mosaikartig zusammengesetzten, grün-weißen Chimären, so erhält man von M. album gelblichweiße Sämlinge bzw. Blattteile; für M. riihrum nehme ich an, daß die chloralbinotischen Sämlinge oder Blattteile gelb sind; leider habe ich aber noch keine ^). Dasselbe gilt auch wohl für NILSSON-EHLEs^) chloralbino- tische Koggensämlinge, die des öfteren weißlich und seltener gelb waren. NILSSON-EHLE glaubt daraus schließen zu müssen, daß Chlorophyllbildung überhaupt von zwei Faktoren abhängt. Ich glaube nicht, daß diese Folgerung nötig ist, da die gelbe Farbe ebenso gut durch Chlorophyll überdeckt sein kann wie die weißliche. Den ersten sicheren Beweis, daß blaßgrüne Sippen in F.^ regelrecht aufmendeln, haben PRICE und DriNKARD^) mit Tomaten- kreuzungen erbracht. CORRENS*) und BAUR^) haben dies für die cÄ/orma-Sippen von Mirabilis, Urtica, Antirrhmum und Aquüegia bestätigt. Ich kann nun dasselbe für Melandrium mitteilen. 1911 traten bei mir ganz unerwartet in drei verschiedenen Aussaaten von Melandrium in jeder etwa 25 pCt. cMorma-Pflanzen auf. In Tabelle IV sind die genauen Zahlen angeführt. 1) Das Aussehen von grün-weißen ühimären der Bastarde, (M. album X rubrum und reziprok) bestätigt diese Annahme. Siehe S. 62 und 65. 2) Zeitsch. f. ind. Abstamm. u. Vererb. 9: S. 298, 1913. 3) Price, H. L., und DßiNKARD, A. W , Jr., Inheritance in tomato hy- brids. Virginia Agr. Exp. Sta. Bull. Nr. 177. S. 17—53, 1908. 4) Zeitschr. f. ind. Abstamm. u. Vererb. 1: S. 291, 1909. 5) Zeitschr. f. ind. Abstamm. u. Vererb. 4: S. 81, 1910. (48) George Harrison Shull: Tabelle IV. Erbformel: XXZZYYNn X XXZZYYNn. Eltern Saat Nr. Nachkommen grün chlorina 09256 X 09255 09266 X 09266 09260 X 09260 10191 10196 10199 75 60 71 20 26 24 Gefunden : Theoretisch ; Sa. 206 207 70 69 Ich war erstaunt über das dreimalige, unerwartete Auftreten der c/??orma-Pflanzen. Um das Rätsel aufzuklären, verfolgte ich den Stammbaum der drei Aussaaten und fand, daß alle drei Sippen die Enkelkinder einer weiblichen Pflanze aus der ersten Aussaat meiner HARRISBURGschen Sippe waren (siehe Fig. 1). Um die Aufspaltung zu verstehen, braucht man nur anzunehmen, daß die Pflanze 08248(2) heterozygotisch grün(X cA^orm«) war und ur- sprünglich nur von homozygotisch grünen Pflanzen befruchtet worden war. Die Nachkommen müssen dann zu etwa 50 pCt» Heterozygoten bzw. Homozygoten sein, die allerdings nicht za unterscheiden sind. Verbastardiert man diese Geschwisterpflanzen miteinander, so wird dem Zufallsgesetz entsprechend jede vierte Kreuzung eine Heterozygotenkreuzung sein, deren Deszendenzen zu 25 pCt. rein rezessiv chlorina sind. Aussaaten 10191, 10195 und 10199 sind die Nachkommenschaften solcher Heterozygoten- kreuzungen. Die c/iZorma-Pflanzen sind als Sämlinge in bezug auf die Blattfarbe ziemlich einheitlich und sind in diesem Entwickelungs- stadium sehr leicht von ihren dunkelgrünen Geschwisterpflanzen zu unterscheiden. Bei den ausgewachsenen cÄ/orma-Pflanzen ist die gelbgrüne Blattfarbe keineswegs einheitlich, sie wechselt sogar an ein und derselben Pflanze. Allen cÄZorma-Blättern gemeinsam — den dunkelsten wie den hellsten — ist die Eigenschaft, im hellen Sonnenlicht zu bleichen. Ganz besonders stark bleichen die Blattmitten, was wohl mit der stärkeren Bestrahlung zusammen- hängt. Diese Eigenschaft habe ich bei den typisch grünen Sippen nie wahrgenommen. Im Jahre 1912 habe ich die Farbenzusammen- setzung der hellen und der dunklen cA/orma- Blätter mit dem Farbenkreisel bestimmt. Die dunkelste Blattfarbe konnte mit 14 pCt. grün, 24 pCt. gelb, 62 pCt. schwarz, die hellste mit 45 pCt. grün, 20 pCt. orangegelb, 12 pOt. weiß, 23 pCt. schwarz an- nähernd wiedergegeben werden. Vergleicht man diese Resultate t5ber die Vererbung der Blattfarbe bei Melandriam. (49) mit den oben für die dunkelgrünen Sippen mitgeteilten, so fällt dort der bedeutend höhere Prozentsatz an schwarz (81,5 bis 86,5 pCt.) auf. Es ist keineswegs überraschend, daß die chlorina-Vilanzen viel weniger Chlorophyll als die typisch dunkelgrünen haben. Ver- gleicht man alkoholische Blattauszüge kolorimetrisch, so findet man, daß die dunkelsten Blattteile von chlorina nicht halb so viel Chlorophyll enthalten wie die Blätter von M. rubrum^). 08 248 {2) 0846i) i)X() 10191 oxo 08I28( ) OXO 10195 10199 7 5 grün 20 chlorina 60 grün 26 chlorina 71 grün 24 chlorina Fig. 1. Die Klammern bedeuten je ein Individuum aus der Saat, mit deren Nummer sie in direkter Verbindung stehen. Die gemeinsame Großmutter meiner ersten cÄ/orma-Familien stammte von einer wildwachsenden Pflanze ab. Ob chlorina- Formen von Melandrium wild vorkommen, weiß ich nicht. Es ist möglich, daß eine derartige Sippe im Kampf ums Dasein unter- liegt, und dann könnte das c/i^oriwa-Merkmal nur mit Hilfe eines 1) Für die kolorimetrischen Messungen wurden gleiche Gewichtsteile frischer Blätter jeweils mit einer gleichen Menge Alkohol extrahiert. Die Extrakte wurden in einander gleiche Probiergläser gegossen und zwar immer so viel, bis sie bei gedämpftem Licht von oben gesehen alle die gleiche Farbendichte hatten. Die Menge der Flüssigkeit ist dann umgekehrt propor- tional dem Ohlorophyllgehalt dieser Flüssigkeit. Ber. der dentschen bot. Gesellseh. XXXI. C4) (50) George Harrison Shull; heterozygotischen Ergänzungsfaktors, den ich N nennen will, potentiell existieren. Im Garten und unter anderen günstigen Be- dingungen kann die chlorina-¥orm fortkommen. Ich habe die ursprünglichen cMorina-PÜSinzen. miteinander ge- kreuzt und 9 Nachkommenschaften mit insgesamt 815 Individuen erhalten. Als Sämlinge waren sie alle gelbgrün; als ausgewachsene Pflanzen, wie schon oben erwähnt, von sehr verschiedener Inten- sität der Blattfarbe. Zwei der 815 Pflanzen waren in diesem Ent- wicklungsstadium von den dunkelgrünen Sippen nicht zu unter- scheiden. Möglicherweise gibt es noch eine ganze Reihe bisher unbekannter Chlorophyllfaktoren, die diese Abstufungen hervor- rufen. Ich habe Versuche eingeleitet, die hoffentlich zu einer be- friedigenden Entscheidung dieser Frage führen werden. Kreuzt man chlorina mit typica, so erhält man zwei ver- schiedene Nachkommenschaften, je nachdem, ob die typische Form homozygotisch oder heterozygotisch ist. Im ersten Falle sind alle unmittelbaren Nachkommen dunkelgrün (aus 14 solchen Kreuzun- gen erhielt ich insgesamt 874 dunkelgrüne Pflanzen); während im zweiten Falle annährend 50 pCt. dunkelgrün und 50 pCt. cÄZorma-farben sind. Die Resultate von fünf derartigen Kreuzungen sind in Tabelle V zusammengestellt. Mit Ausnahme von Saat Nr. 12294 stimmen die gefundenen Zahlenverhältnisse mit den theoretisch zu erwartenden recht gut überein. Tabelle V. Erbformel: XXZZYYnn X XXZZYYNn. Nachkommen EJtern Saat Nr. pCt. grün grün chlorina 10195(21) X 188 (4) 11220 24 21 53,33 11229(19) X 209 (36) 12288 48 44 52,17 11229(lii) X 209 (36) 12289 40 41 49,38 11229(19) X 213 (2) 12292 41 49 45,66 11229(19) X 254 (2) 12294 ,^6 30 65,12 Gefunden: Sa. 209 : 185 53,05 Theoretisch: 197 197 50,00 Im Jahre 1911 entdeckte ich noch eine zweite blaßgrüne Form in meinem Versuchsgarten. Es handelt sich um zwei Pflanzen, die aus Samen gezogen worden waren, der mir vom Samenlaboratorium des ü. S. Department of Agriculture, leider ohne nähere Angaben, zugeschickt worden war. Ich vermute, über die Vererbung der Blattfarle bei Melandrium. (51) daß der Same von wildwachsenden Pflanzen stammt. Alle übrigen Individuen der gleichen Aussaat (Nr. 10208) waren dunkel- grün und glichen M. album. Die blaßgrünen Pflanzen hatten auf- fallend große Blüten, die Kelche waren gebauscht und die großen Samenkapseln lieferten sehr viel Samen. Glücklicherweise war eine Pflanze männlich und die andere weiblich. Die Nachkommen- schaft war in bezug auf die blaßgrüne Blattfarbe völlig einheitlich, und gut von allen anderen Sippen zu unterscheiden. Nach der Definition von CORRENS gehören sie zu dem chl or in a-Typns; um Verwirrung zu vermeiden, habe ich diese neue Sippe „pallida"' ge- nannt, Sie unterscheidet sich von meinen chlorina-F ormeu in der Intensität und besonders in der Verteilung der grünen Farbe. Pallida ist etwas dunkler grün als chlorina durchschnittlich ist. Die Farbe ist gleichmäßig über die Blattspreite verteilt, also nicht wie bei chlorina, deren Blattmitte heller ist als Basis und Spitze; das Bleichen im Sonnenlicht habe ich bei pallida nie bemerkt. Die Blattfarbe kann auf dem Farbenkreisel mit 30,5 pCt. grün, 12,0 pCt. orangegelb, 57,5 pCt. schwarz v/iedergegeben werden. Um den Unterschied dieses Resultates mit den oben gefundenen zu erkennen, vergleicht man am besten nur den Prozentsatz an schwarz. Für die dunkelste c7i?orma-Farbe war 62 pCt. schwarz gefunden worden, für typica 81,5 — 86,5 pCt, Pallida liefert, mit homozygotisch dunkelgrünen Pflanzen gekreuzt, ebenso wie chlorina, nur dunkelgrüne Nachkommen, Ich führte vier derartige Kreuzungen aus und erhielt 345 dunkelgrüne Pflanzen (FJ. Ich habe nur zwei Geschwisterkreuzungen unter den Fj-Individuen ausgeführt. Die F.^-Eesultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt. Tabelle VI, Erbformel: XXZZYyNN x XXZZYyNN, Eltern Saat Nr. Nachkommen pOt. grün grün pallida 11320(2) X (12) 11351(53) X (30) 12300 12329 39 63 32 27 54,93 70,00 Gefunden : Theoretisch: Sa. 102 121 59 40 63,35 75,00 Die gefundenen Zahlen weichen hier ziemlich beträchtlich von den theoretisch erwarteten ab. Man darf aber darauf wegen der geringen Anzahl von Pflanzen keinen zu großen Wert legen, (4*) (52) George Harrison Shull; Allerdings habe ich öfters einen deutlichen Überschuß von blaß- grünen Pflanzen erhalten, wie aus einigen der nachfolgenden Tabellen ersichtlich ist. Diese Tatsache kann verschiedene Ur- sachen haben. So scheint mir als wahrscheinlich, daß Pflanzen, die alle Erbeinheiten, die für dunkelgrüne Blattfarbe wesentlich sind, enthalten, trotzdem gelbgrün oder blaßgrün sein können. Die Gründe hierfür kennen wir heute noch nicht. CORRENS') hat bei Mirdbilis Jalapa solche phaenotypisch blasse Pflanzen gefunden. Mit Rücksicht auf die Blattfarbe variieren die verschiedenen homo- zygotischen Melandrium-^'\^])Qn mit Ausnahme der cÄiorma-Sippe sehr wenig. Möglicherweise steht die phaenotypische Blässe der Bastarde auch mit unvollkommener Dominanz in Zusammenhang. Bei Bückkreuzungen von typica ( X palUda) Heterozygoten mit pallida werden die erwarteten 50 pCt. grün und 50 pCt. pallida annähernd erreicht (Tabelle VII), Tabelle VII. Erbformeln: XXZZYyNNx XXZZyyNN und umgekehrt. pjltern Saat Nr. Nachkommen pCt. grün grün pallida 11320(2) X 324(34) 11324(7) X 351(49) 11351(63) X 324(34; 12301 12326 12332 48 38 42 51 59 40 48,48 39,18 51,22 Theoretis Sa. 128 ch: 139 160 139 46,04 50,00 Wir sehen also, daß sich chlorina und pallida gegen typica in gleicher Weise verhalten. Beide sind mendelnde Rezessiven und stellen deshalb aller Wahrscheinlichkeit nach beide Verlustmutationen dar. Da sie ganz zweifellos nicht identisch sind, ist es billig an- zunehmen, daß jede Sippe ursprünglich einen verschiedenen Faktor verloren hat. Wenn diese Vermutung zutrifft, so müßte eine Kreuzung zwischen pallida und chlorina eine einheitlich dunkel- grüne Fj-Generation ergeben. Ich habe fünf solche Kreuzungen ausgeführt, und alle gaben das gleiche Resultat. Ich erhielt ins- gesamt 432 Fj-Pflanzen, die alle ebenso dunkelgrün waren wie normale ^?/^ica-Pflanzen. Von drei dieser fünf F, -Familien wurde die Blattlarbe je einer typischen Pflanze mit dem Farbenkreisel gemessen. In Tabelle VIII sind diese Messungen, sowie zum Ver- gleich einige schon erwähnte, zusammengestellt. 1) Zeitschr. f. ind. Abstamm. u. Vererb. 1: S. 293, 1909. über die Vererbung der Blattfarbe bei Melandrium. (53) Tabelle Vm. Saat Nr. 11223 11321 11322 11,0 pCt grün 12,0 pOt. grün 14,0 pOt. grün 2,6 pCt. orangegelb 4,5 pCt. orangegelb 5,0 pOt. orangegelb 86.4 pCt. schwarz 88.5 pOt. schwarz 81,0 pCt. schwarz Zum Vergleich; dunkel chlorina: 14,0 pCt. grün 24,0 pCt. gelb 62,0 pCt. schwarz pallida : 30,5 pOt. grün 12,0 pOt. orangegelb 67,6 pOt. schwarz hellste typica: 12.0 pOt. grün 6,5 pCfc. gelb 81,6 pCt. schwarz dunkelste typica: 10,5 pCt. grün 3,0 pCt. orangegelb 86,5 pCt. schwarz Die kolori metrische Bestimmung der alkoholischen Blattaus- züge aus chlorina- und ^«///(Za-Pflanzen sowie aus deren Bastarden gab ein entsprechendes Ergebnis. Setzt man die für die F^- Pflanzen gefundene Dichte des Blattauszuges gleich 100, so ergibt sich im Durchschnitt für chlorina 42,9, für pallida 64,7. Die Lös- lichkeit der Blattfarbstoffe ist auffallend verschieden. Pallida hat schon nach einstündigem Kochen in Alkohol alles Chlorophyll ver- loren, während man in chlorina und der Bastardform selbst nach vierstündigem Kochen noch Spuren von Chlorophyll in den Blättern finden kann. Es fragt sich nun, wie sich diese dunkelgrünen Fj-Pflanzen verhalten, erstens wenn man sie untereinander kreuzt, und zweitens wenn man sie mit pallida und chlorina rückkreuzt. Die Voraus- setzung, daß es sich um zwei unabhängig voneinander mendelnde Faktoren, und um vollkommene Dominanz der dunkelgrünen Farbe handelt, läßt uns die dihybriden Spaltungszahlen, 9 grün: 3 chlorina : 3 pallida : 1 ?? erwarten. Das Schachbrettschema (Fig. 2) macht dies ohne weiteres verständlich. Wie die Pflanzen, die für die Faktoren Y und N rezessiv sind, aussehen, läßt sich ohne weiteres nicht sagen, da ihr Aussehen von den Genen X und Z abhängt. Z ist der Grundfaktor für Chlorophyllbildung über- haupt und X ist die Bezeichnung^) für den noch nicht ana- lysierten Rest des Genotypus. BaUR^) behauptet für Melandrium und Äniirrhinum, daß alle XXzz- Pflanzen „rein weiß" sind und daß Z, ohne die Gegenwart eines der anderen Blattfarben- faktoren, mit X gelbe Farbe bewirkt. In beiden Fällen sind die 1) JOHANNSEN, W., Elemente der exakten Erblichkeitslehre, I. Auflage, 1909, S. 804; II. Auflage, 1913, S. 387. 2) Zeitschr. f. ind. Abstamm. u. Vererb. 4: S. 89, 1910. (54) George Harrison Shull: Pflanzen nicht selbständig lebensfähig. Wenn dies auch für meine cUorina- und pallida-^xp^Qia. richtig wäre, dann müßte ihre Fa-Gene- ration Chloralbinisten liefern (je eine in 16). Dies ist aber nicht der Fall, denn unter mehr als 1000 Fa-Pflanzen trat kein einziger chloralbinotischer Sämling auf. Nach meiner Ansicht muß man aus diesem Resultat schließen, daß entweder bei alleiniger Gegen- wart von X und Z überhaupt keine Keimlinge gebildet werden, 6- XZYN XZYn XZyN XZyn XZYN XZYn XZvN XZyn XZYN XZYn XZyN XZyn XZYN XZYN XZYN XZYN grün grün grün grün XZYN XZYn XZyN XZyn XZYn XZYn XZYn XZYn grün chlor ina grün chlorina XZYN XZYn XZyN XZyn XZyN XZyN XZyN XZyN grün grün pallida paUida XZYN XZYn XZyN XZyn XZyn XZyn XZyu XZyn grün cUorina pallida ??? Fig. 2. oder aber, daß diese genügend Chlorophyll haben, um lebensfähig zu sein. Dann wäre dies eine neue chlor hia-Yorm. (XXZZyynn), die ich fernerhin als suhchlorina bezeichnen werde. Subchlorina ist äußerlich wohl nur sehr schwer von pallida und chlorina zu unter- scheiden; bei Yerbastardierung müßte sich diese Form aber ganz anders als diese verhalten. Mit pallida und chlorina gekreuzt müßten alle Nachkommen blaßgrün sein; mit typica wäre eine ein- heitliche, dunkelgrüne F^-Generation zu erwarten, während Fg in 9 über die Vererbung der Blattfarbe bei Me!andriura. (55) dunkelgrün zu 7 hellgrün aufspalten müßte. Die hellgrünen Pflanzen wären zum Teil paUida (je 3), zum Teil chlorina (je 3) und zum Teil snhchlorina (je 1). Ich habe viele Kreuzungen aus- geführt, um eine ÄW&cÄZor 2^««- Pflanze zu finden; doch man braucht wenigstens noch die Fg-Generation, und diese habe ich noch nicht gezogen. Ich konnte leicht feststellen, daß die zweite Generation wenigstens aus drei verschiedenen Typen zusammengesetzt war, — grün, cMorina und pallida. Da es aber nicht immer möglich war chlorina und 2)cdli da absolut sicher zu unterscheiden, habe ich die F2-Generation nur in dunkelgrüne und blaßgrüne Pflanzen eingeteilt. Je nachdem nun suhchlorina-Indiyidnen existieren oder nicht, muß man die Spaltungszahlen 9 dunkelgrün zu 7 blaßgrün (3 chlorina + 3 pallida -f 1 subchlorina) oder 9 dunkelgrün zu 6 blaßgrün (3 chlorina -f 3 pallida) erwarten. Der schon oben erwähnte häufige Über- schuß von blaßgrünen Pflanzen erschwert die Entscheidung, um welche dieser beiden Spaltungsverhältnisse es sich handelt. Der folgenden Tabelle habe ich das Verhältnis 9:7 als theoretisch zu- grunde gelegt. Erbformel : Tabelle IX. XXZZYyNnxXXZZYyNn. Eltern Saat Nr Nachkc mmen pOt. dunkel- y^oLOitj xi 1 dunkelgrün blaßgrün grün 11223(5) X (7) 12286 45 36 56,25 11321(3) X (4) 12302 39 47 45,36 11321(3) X 223(7) 12304 41 55 42,71 11321(3) X 322(31) 12305 40 48 48,19 11322(8) X (8)*) 12307 6'.) 43 57,84 11322(16) X (15)*) 12308 53 39 67,61 11322(40) X (40)*) 12309 51 43 54,26 11322(61) X (33) 12310 54 48 62,94 11322(51) X 223(7) 12311 44 59 42.72 11322(61) X 32r(5) 12312 66 25 72,63 11322(51) X 321(2) 12313 48 50 4S.9S Gefunden : Sa. 540 487 62,58 Theoretisch : 578 449 56,25 *) Selbstbefruchtete Hermaphroditen. Bei Bückkreuzung der dunkelgrünen Fj-Individuen mit den blaßgrünen Individuen ist es einerlei, ob man eine pallida- oder cMon'w«- Pflanze benutzt, solange es sich nur um eine Unterschei- dung zwischen dunkelgrün und blaßgrün handelt. In dem einen Fall sind eben die öOpCt. blaßgrünen Nachkommen pfl//?(irt-Pflanzen,. im anderen Falle cÄ^orma -Pflanzen. Zu den zwei ersten Kreuzungen der Tabelle X wurde eine f^Zorma-Pflanze benutzt, zu den übrigen drei verschiedene pallida-Pi\Q.nzQn. (56) George Harrison Shull: Tabelle X. Erbformeln: XXZZ YyNn X XXZZYYnn, XXZZYyNnX XXZZyyNN und XXZZyyNN x XXZZYyNn. Eltern Saat Nr Nachkommen pOt. dunkel- dunkelgrün blaßgrün grün 11223 (5) X 211 (81) 12286 42 47 47,19 11321 (3) X 211 (81) 12303 42 46 48,28 11223(5) X 324(34) 12287 42 36 53,86 11321(3) X 324(34) 12306 42 46 47,73 11322(61) X 324(31) 12314 84 48 41,46 11328(19) X 324(34) 12316 48 33 59,26 11324(7) X 223(7) 12321 46 42 62,27 11324(7) X 321(4) 12322 38 68 39,68 11324(7) X 322(40) 12323 43 52 45,26 Sa. 377 407 48,09 Theoretisch : 392 392 50,00 Aus dieser Tabelle ist abermals ein kleiner Überschuß von blaßgrünen Pflanzen zu ersehen. Doch ist in dieser sowie in der vorhergehenden Tabelle die Übereinstimmung der gefundenen mit den theoretischen Zahlen wohl gut genug, um die Richtigkeit meiner Annahme zu bestätigen. Besonders möchte ich auf die Saat Nrn. 12286, 12287 und 12303, 12306 hinweisen; denn aus ihnen ist klar zu ersehen, daß die Fj-Pflanzen für beide Genen (Y und N) heterozygotisch waren, da in diesen Fällen die Fj- Pflanzen sowohl mit pallida als auch mit clilorina gekreuzt worden waren. Das Verhalten der cMorina- und jja^/zcia-Pf lanzen bei Vererbung erinnert uns an zwei andere wohlbekannte Merkmalskategorien; als Vertreter der ersten Kategorie seien die rote Kornfarbe dos Weizens (NILSSON-EhLE)^) und die gelbe Endosperm färbe des Mais (EasT)") angeführt. Die Blütenanthocyane mögen die zweite Ka- tegorie repräsentieren. AVir haben schon gehört, daß die typiea- Pflanzen von Melandrinm fast genau so viel Chlorophyll enthalten wie chlorina und pallida zusammen, und deswegen könnte man ver- muten, daß es sich um einen Fall der ersten Kategorie handelt. Es wären also die Gene Y und N gleichsinnig, d. h. jedes Gen für sich erzeugt schon Chlorophyll, und es tritt lediglich eine Ver- 1) NilssON-Ehle, H., KreuzungsuntersuchuQgen an Hafer und Weizen. Lunds Universitets Ärsskrift N. F. Afd. 2, Bd. 6, Nr. 2, S. 122, 1909. 2) East, E. M , A Mendelian Interpretation of Variation that is apparentlj continuous. Amer. Nat. M: S. 65-82, 1910. über die Vererbuno; der Blattfarbe bei Melaadrium. ■■& (57) mehrung des Chlorophylls ein, wenn die beiden Grene gemeinsam vorhanden sind. Bei genauer Betrachtung wird man aber finden, daß die G-ene Y und N, obwohl sie schon beide allein etwas Chlorophyll zu erzeugen scheinen, doch nicht gleichsinnig sein können, denn dann müßten die Bastarde (XXZZYyNn) interme- diär^) sein zwischen rein chlorina (XXZZYYnn) und rein paUida (XXZZ3'yNN) und nicht dunkelgrün wie sie es tatsächlich sind. Nach meiner Meinung handelt es sich bei der Erzeugung von dunkelgrüner Blattfarbe um einen Fall, der mit der zweiten Kate- gorie viel Ähnlichkeit hat, allerdings mit dem Unterschied, daß bei Anthocyanbildung der Ausfall von C bzw. R gänzliche Farb- losigkeit bedingt, während in unserem Falle die Abwesenheit von Y bzw. N nur eine Verminderung des Chlorophyllgehalts von etwa 50 pCt. hervorruft. Möglicherweise ist dies aber gar kein prinzipieller Unterschied, da das Chlorophyll der paUida- und chlorina- Sippen vielleicht gar nicht von Y und N, sondern von andern bisher unbekannten Faktoren gebildet wird. Vielleicht sind also Y und N lediglich Gene, die eine gemeinsame Unterlage geringfügig modifizieren. Der volle Chlorophyllgehalt der dunkel- grünen Rassen entstände dann nur, wenn Y und N auf der gemein- samen Unterlage zusammenträfen. Das wahrscheinliche Vor- kommen der siibchlorina-'&\^^Q (XXZZ3'ynn), die ja nicht von chlorina und iKdlida zu unterscheiden ist, stützt diese Erklärung wesentlich. Mit einem ganz ähnlichen Fall haben wir es viel- leicht auch in der Vererbung von bläulicher Aleuronfarbe bei Mais^) zu tun, wo das Zusammenwirken von zwei Genen C und P blaue Farbe bewirkt, während jeder Faktor allein ganz hellblaue Farbe hervorruft. BauR (1911) hat bei Antirrhinum die Bezeichnungen Z, Y und N für die Chlorophyllfaktoren benutzt. Ich habe diese Be- zeichnungen für Melandr'mm übernommen, da gewisse Überein- stimmungen offenbar bestehen; ich will aber damit keineswegs sagen, daß Y und N bei Melandrium mit Y und N bei Antirrhi- num identisch sind. Es wäre keineswegs ausgeschlossen, daß mein Y BauRs N entspricht und vice versa. Genetisch läßt sich die 1) yyNN = pallida = 60 pCt. Chlorophyll (d. i. N= 30pCt.) YYnn - chlorina = -^0 pOt. Chlorophyll (d. i. Y = 20 pCt.) YyNn = Bastard = 100 pCt Chlorophyll (gefunden); wenn aber N und Y gleichsinnige Faktoren wären, dann dürfte der Bastard nur 60 pCt. Chlorophyll haben (d. i. N + Y - 30 + 20 = BO pOt.). 2) East, E. M., und Hayes, H. K., Inheritance in maize. Connecticut Agr. Exp. Sta. Bull. 167: S. 142, 1911. Siehe S. (68). (58) George Hareison Shull: Identität ja nicht beweisen, da eine Bastardierung der zwei in Frage stehenden Spezies unmöglich ist. Nur auf chemischem Wege könnte diese Frage ev. entschieden werden. Wir wollen zunächst ruhig annehmen, daß Z, Y und N bei Antirrhinum entsprechend sind mit Z, Y und N bei Melandrium und die Verschiedenheiten und Übereinstimmungen kurz betrachten. In beiden Spezies ist Z der Grundfaktor für Chlorophyllbil- dung. BaUR ist der Ansicht, daß ZZ oder Zz ohne Y Gelbfär- bung bedingen; dagegen glaube ich, daß Z lediglich ein Chloro- phyllfaktor ist und keinen Einfluß auf die gelben Blattpigmente ausübt ; diese werden ganz unabhängig von Z vererbt. Antirrhinum und Melandrium sind c/tZorma-farben, wenn die Pflanze bei Anwesenheit von Z homozygotisch für Y ist; in beiden Fällen ist chlorina rezessiv gegen normaldunkelgrün. Nach BaURs Annahme ist seine aw-rm-ßasse von Antirrhinum bei Gegenwart von Z und N heterozygotisch für Y; bei der m/rm-Basse handelt es sich demnach um unvollständige Dominanz der Erbeinheit Y. Bei Melandrium dagegen haben wir es mit vollkommener Dominanz dieses Faktors zu tun; die Heterozygoten (YyNN) sind von den dunkelgrünen Homozygoten nicht zu unterscheiden. Der Faktor N bedingt sowohl bei Antirrhinum als auch bei Melandrium mit ZZ und YY normal dunkelgrüne Blattfarbe. Hier aber hört die Übereinstimmung auf; denn während bei Antirrhinum XXZZYyNN die genotypische Formel der awrea-Sippe ist, sind Melandrium-Filanzen dieser Kombination dunkelgrün. Ferner er- halten wir bei Abwesenheit von Y die paUida-JlsiSse (XXZZyyNN) von Melandrium, während Antirrhimim in diesem Falle anscheinend chlorophyllfrei und deswegen nicht selbständig lebensfähig ist. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, diese Verschiedenheiten zwischen Antirrhinum und Melandrium zu erklären. Wir können z. B. annehmen, daß in beiden Spezies Y und N Ergänzungsfak- toren sind, die, wenn sie zusammentreffen, normal dunkelgrüne Blätter geben, ohne aber gezwungen zu sein, für Y und N immer die gleichen Werte vorauszusetzen. Wir wollen dies an Zahlen illustrieren; so wollen wir für sattgrün den Wert 10 annehmen. Die zwei Ergänzungsfaktoren sollen wechselnde Werte haben, die sich aber jeweils zu 10 ergänzen; also: YY =r 1, NN =r 9; Y"Y =2, NN = 8; YY = 3, NN = 7; . . . . YY = 9, NN = 1. Wenn nun bei Antirrhinum YY = 9, NN=:1 wären, dann wäre es durchaus möglich, daß bei Abwesenheit von Y ein so geringer Wert N nicht genügend Chlorophyll bilden könnte, damit die Pflanze lebensfähig wäre. Wenn dagegen hei Melandrium YY=4, NN = 6 über die Vererbung der Blattfarbe bei Melandrium. (59) wären, dann wäre es nicht unmöglich, daß bei Anwesenheit von Z schon jeder Faktor allein genug Chloroph^'ll zum selbständigen Leben hervorbringen könnte. Wir ^^rhielten so die zwei lebens- fähigen MelandriumSip pen cMorina und pallida. Mit der Annahme verschiedener Werte für Y und N bei Antirrhinum und Melandrium ist es möglich, die Verschiedenheiten zu erklären. Die o^rm-Sippe (XXZZYvNN) von Antirrhinum hätte nur den Wert 5,5 statt 10 (sattgrün), der grüne (x c/i?örma) Heterozygot (XXZZYyNN) von Melandrium aber den Wert 8 statt 10; die nicht lebensfähige Form von Antirrhinum (XXZZyyNN) hätte den Wert 1 statt 10; die» pallida-QippQ von Melandrium (XXZZyyNN) aber 6 statt 10. Eine andere Erklärung, die violleicht den Vorteil größerer Einfachheit hat, ergibt sich aus BAURs ursprünglicher Deutung des „rt?alli 1*1 1x1 yj XA \jLm. Nummern Neo- Allo- chlorophyll chlorophyll 12249(36) M. alhum 72 28 12263(43) M. alhum x rubrum F^ 72 28 12337(6) OS H- Sippe 70 30 12290(31) chlorina 74 26 12317(2) pallida 74 26 12319(7) pallida x chlorina F^ 68 32 12286(41) pallida x chlorina Fj (grün) 68 32 12286(42) pallida ■ chlorina Fg {chlorina) 68 32 12286i77) pallida x chlorina Fj {pallida) 74 26 123:JÜ(68) „aurea" 70 30 Literaturverzeichnis. Baur, E., Zur Aetiologie der infektiösen Panachierung. Ber, d. Deutsch. Bot. Gesell., 22: S. 463-460, 1904. — Über die infektiöse Chlorose der Malvaceen. Sitz.-Ber. d. Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss., 1: S. 11—29, 1906. — Über infektiöse Chlorosen bei Ligustram, Laburnum, Fraxinus, Sorbiis und Ptelea. Ber. d. Deutsch. Bot. 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Mit dem Namen Chloronium mirabile will ich einen eigen- artigen Organismus bezeichnen, den ich bei einer systematischen Durchforschung der Mikroflora in den Wasserbehältern des Leip- ziger Botanischen Gartens entdeckte und im Laufe des Jahres an mehreren anderen geeigneten Standorten wiederfand. Ich habe ihn nunmehr über ein Jahr in Rohkulturen, in größeren Stand- zjdindern wie in Objektträgerkulturen, beobachtet und gebe in fol- gendem einen ersten kurzen Bericht über die wichtigsten Ergeb- nisse der bisherigen Untersuchung. II. Habitus. Die kleinen, grüngefärbten Wesen erinnern den Beobachter, der sie zuerst unter dem Mikroskope mit den üblichen starken Trockensystemen erblickt, an die kleineren Chromatium-'Formen. (vom Typus des Chromatium minus und vtnosum), in deren Ge- sellschaft sie sich oft befinden. Diese äußere Ähnlichkeit fiel bis- her allen Botanikern auf, denen ich die Organismen zu zeigen Gelegenheit hatte. Sie w- ird im wesentlichen durch folgende Züge bedingt. Die Gestalt der Chloronien ist wie bei jenen ein ziemlich dicker, an den Enden abgerundeter Zylinder, der gelegentlich auch eine leichte Krümmung aufweisen kann. Ganz wie bei den Chro- matien wird sie besonders bei längeren und in Teilung befind- Ohloronium mirabile. (81) liehen Exemplaren deutlich, ist aber immerhin viel seltener als bei jenen. Die Länge eines Exemplars von mittlerer Größe ist 5 fi, seine Breite 2 — 2,5 /*, der ganze Organismus also sehr un- scheinbar. Es versteht sich, daß man mit Trockensystemen nur wenig Einzelheiten erkennen kann. Immerhin wird an längeren Exemplaren häufig eine leichte Einschnürung in der Mitte erkenn- bar, die sich auch als eine hellere Querlinie abhebt und auf eine beginnende Teilung deutet. Nicht selten findet man auch Teil- hälften, die zwar schon deutlich auseinandergerückt sind, aber noch in einem gewissen Zusammenhange stehen. Eine weitere Ähnlichkeit mit den von Schwefelkörnchen er- füllten Chromatien liegt in der körnigen Beschaffenheit des ganzen Körpers und vor allem in der Art der Bewegung. Diese geschieht in der Längsrichtung unter steter Drehung um die Achse, ein Vorgang, der — so gewöhnlich er an sich ist — hier wie dort durch die granulöse Struktur') ein besonderes Gepräge erhält und die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die Bewegung ist meist etwas langsamer und plumper als bei den behenden Chromatien, oft sogar auffallend unbeholfen und schwerfällig, kann aber andrerseits auch zu ganz ansehnlicher Geschwindigkeit anwachsen. Dabei bleibt bisweilen die Körperachse genau in der Be- wegungsbahn, oder es findet ein Hin- und Heroscillieren statt, das durch eine leichte Körperkrümmung oder dadurch bedingt werden kann, daß die Achse des ganz geraden Körpers einen Kegelmantel beschreibt. So kommt jene eigenartige Bewegung zustande, die als das „Wackeln durch das Gesichtsfeld" allgemein bekannt ist. Außerdem beobachtet man auch Schreckbewegungen und zwar ganz ähnlich denen, die von den Chromatien her geläufig sind. Der Organismus bewegt sich plötzlich mit einem E.ucke mehrere Körperlängen rückwärts, wobei also das bisherige Hinterende zum Vorderende wird, dann richtet er sich senkrecht auf, während die Rotation um die Achse beibehalten wird, verharrt einen Augen- blick in dieser Stellung, um schließlich wieder, mit dem ursprüng- lichen Vorderende voran, weiterzuschwimmen"). 1) Es sei dieser Ausdruck als tertium comparationis für die körnige Beschaffenheit der Ohloronien einerseits, den Schwefelgehalt der Chromatien andrerseits, gestattet. 2) Dies ist wenigstens die häufigste Art ^der j Schreckbewegung. Sie kann aber in einzelnen Phasen auch anders verlaufen, z. B. der Organismus nach dem Zurückfahren noch eine kurze oder längere Zeit, gleichsam wie ge- lähmt, am Orte verharren. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. (6) (82) Johannes Buder: Analogien zu den Chromatien finden sich noch mehr; wie bei diesen können auch bei den Chloronien Lichtreize zur Aus- lösung der Schreckbewegung führen. Während aber die Chro- matien auf Verdunkelung reagieren, geschieht es bei den Chlo- ronien, wenn überhaupt, nur auf plötzliche starke Beleuchtung. III. Befunde der genaueren Untersuchung-. a) Im Hellfelde. Ist hiermit schon ein Unterschied zu den bisher heran- gezogenen Vergleichsobjekten gegeben, so erweist sich beim Studium der Organismen mit stärkeren Systemen überhaupt der ganze erste Eindruck einer Chromatienähnlichkeit als vollkommen, trügerisch. Wenn ich ihn hier dennoch schilderte, so geschah es einmal deswegen, um überhaupt einen Anknüpfungspunkt zu liaben und das Wiederfinden der Chloronien von anderen Be- obachtern zu erleichtern, dann aber vor allem, um von vornherein das durchaus einheitliche Verhalten des Organismus gebührend zu betonen. Es verdient deswegen hervorgehoben zu werden, weil er, wie wir bald sehen werden, ans zwei ganz heterogenen Kompo- nenten zusammengesetzt ist. Bei der Anwendung stärkerer Objektive (Immersion V12 ^^^^ und Apochrom. 2 mm) fällt zunächst der Mangel einer den ganzen Organismus abgrenzenden Membran auf. Man erblickt nichts als eine Anzahl meist in Reihen geordneter, locker zusammenhängen- der Körnchen von hellgrüner Farbe, die sich aber von dem freu- digen Grün der Euglenen und Chlamydomonaden durch einen etwas fahleren Ton und einen Stich ins Gelbliche unterscheidet, was natürlich am meisten bei gleichzeitiger Beobachtung im selben Gesichtsfelde auffällt. Die Körnchen sind bald klein und dann rundlich, etwa von einem 0,75 fi betragenden Durchmesser, bald größer und dann mehr stäbchenförmig, etwa 1 — 2 }i lang und 0,7 — 1 ^i breit. Je nach der Größe des ganzen Organismus und ihren eigenen Ab- messungen schwankt ihre Zahl von etwa 10 bis über 30. Fast stets aber zeigen sie eine deutliche Anordnung in 4 — 6 Längs- reihen und berühren sich dann beinahe unmittelbar sowohl mit den Seiten als den Enden. Die Reihen liegen peripher, bilden also einen Hohlzylinder, was besonders deutlich wird, wenn man auf den Organismus von oben heraufsieht. Dazu ist des öfteren Gelegenheit, da die beweglichen Exemplare hin und wieder mit dem einen Pole (dt-m Geißelpole, wie sich später zeigen wird) am Chloronium mirabile. (83) Objektträger haften und sich senkrecht aufrichten. Weiteres ist an den intakten Chloronien auf diesem Wege zunächst nicht mehr zu entdecken. Man erkennt zwar, daß der von den grünen Stäbchen umschlossene zentrale Raum nicht leer ist, kann aber, durch jene gehindert, nichts näheres über seinen Inhalt aussagen. Von den grünen Stäbchen zeigen besonders die größeren eine ganz scharf umgrenzte Kontur und lassen gar nicht selten auch Teilungs- stadien erkennen. Man erblickt dann eine mittlere, leichte Ein- schnürung und in vereinzelten Fällen auch eine feine Trennungs- linie, die sich quer durch das Stäbchen hinzieht. Wieder häufiger sind Fälle^ wo die Situation der ganzen Umgebung die Annahme einer vor kurzem geschehenen Trennung solcher Hälften nahelegt. Es sind also ganz ähnliche Bilder, wie sie uns von den Chloro- phyllkörnern oder noch besser von kurzen Bakterien geläufig sind. Bei manchen in ßuhe befindlichen Exemplaren schließen die Körnchen nicht überall unmittelbar aneinander an, sondern er- scheinen durch helle Zwischenräume getrennt. Dann ist auch die reihenweise Lagerung meist mehr oder weniger gestört. Das G-anze macht dann den Eindruck einer von durchsichtigen Gallert- oder Schleimmassen zusammengehaltenen Kolonie von stäbchenförmigen grünen Zellen. Wollte man aber diese Deutung auch auf die be- weglichen Exemplare übertragen, so stoßen sofort Schwierigkeiten auf. Die ganze Art der Bewegung gleicht so typisch der von polar be- geißelten Organismen (Ohromatien), daß man auch hier von vornherein endständige Geißeln vermutet. Wo sollte man nun deren Insertion erwarten? Auch jene schon erwähnten Teilungsstadien des ganzen Organismus wären mit bekannten Teilungserscheinungen von Kolonien beweglicher Organismen nicht in Parallele zu stellen, er- innern vielmehr an die Teilungs Vorgänge von Einzelformen. All diese Schwierigkeiten wurden gelöst durch Zuhilfenahme von Dunkelfeldbeleuchtung und Färbungsmethoden. b) Befunde im Dunkelfelde. Die Dankelfeldbeleuchtung wurde mittelst eines Paraboloid- kondensors und einer mit ca. 15 Amp. brennenden Bogenlampe bewerkstelligt, deren Licht durch eine Linse von 7 cm Brenn- weite parallel gemacht und durch ein ca. 85 cm langes Kühlgefäß und eine FeS04-Küvette zur Absorption der Wärmestrahlen ge- leitet wurde. Ganz intakte Exemplare der Chloronien ließen auch hier zunächst nicht wesentlich mehr erkennen als im Hellfelde. Die grünen Stäbchen erwiesen sich als völlig homogen und frei von Einschlüssen, optisch fast leer und von ganz scharfen (6*) (84) Johannes Buder: Konturen begrenzt. Auffallend war der deutlich blaue Ton der Farbe im Gegensatz zu der gelblichen Färbung im durchfallenden Lichte. Beobachtet wurde mit einem ZEISSschen Apochromat 4 mm und Komp.- Okular 8 und 18 (oder Leitz 8 mit Okular 5). Zwei- mal gelang es mir, an Exemplaren, die offenbar eben zur Kühe gekommen waren, Geißeln zu beobachten. Sie waien von außer- ordentlicher Feinheit und recht schwer zu sehen. Wie nach dem Bewegungsmodus erwartet, war. nur eine polare Geißel vorhanden. Ihre Anheftungsstelle war zwar an diesen Exemplaren nicht mit aller Deutlichkeit zu erkennen; doch ließen weitere Beobachtungen über den einzig möglichen Ort ihrer Insertion keinen Zweifel. Durch den Druck des Deckglases, der während der Beobachtung allmählich durch geringe Verdunstung der schon von vorn- herein äußerst dünnen Wasserschicht verstärkt wurde, wichen die grünen Stäbchen auseinander. Das gleiche Resultat hatte eine durch Fortnahme der FeS04-Küvette bewirkte geringe Er- wärmung des Präparates. (Dabei hatten die Strahlen noch die 35 cm lange Wasserschicht des Kühlgefäßes zu durchsetzen.) Es war ein eigenartiges Schauspiel, die grünen Stäbchen sich ganz langsam unter BROWNscher Molekurbewegung vonein- ander trennen und von dem Organismus gewissermaßen abbröckeln zu sehen. Auch jetzt war von einer Membran oder irgendeinem andern sie umgebenden Medium nicht die Spur zu sehen, wohl aber wurde der Inhalt des von ihnen ursprünglich gebildeten Hohlzylinders sichtbar. Zu meinem nicht geringen Erstaunen ent- puppte er sich als ein mit deutlicher Membrankoutur versehenes farbloses Stäbchen von spindelförmiger Gestalt, das bisweilen ein oder zwei leuchtende Punkte in seinem Inneren aufwies. Zeigten die Exemplare der Chloronien in intaktem Zustande Teilungs- symptome, so waren auch jene Stäbchen in Teilung begriffen. Irgendwelche Andeutung von einem die grünen und das weiße Stäbchen bergenden gemeinsamen Medium fehlte. Sie hoben sich scharf und klar von dem völlig dunklen Untergrunde ab. Nun war auch der Ort der Geißelinsertion klar: Wenn auch die Geißel selbst bei diesen Beobachtungen nie sichtbar wurde, so konnte sie nach Lage der Dinge nicht gut an eine andere Stelle als an das Ende der zentralen Stäbchen verlegt werden. c) Befunde an gefärbten Exemplaren. Mit diesen Ergebnissen stimmten die Beobachtungen an ge- färbten Präparaten völlig überein. Sie wurden auf verschiedenem Wege hergestellt. Ohloronium mirabile. (85) 1. Ein Tropfen der chloronienhaltigen Flüssigkeit wurde auf einem mit einer ganz dünnen Schicht von Eiweißglyzerin be- strichenen Objektträger ausgebreitet und ein Tröpfchen FLEMMING- scher Lösung zugesetzt. Die Organismen sinken in kurzer Zeit zu Boden und viele von ihnen haften dann so fest an der Objekt- trägerfläche, daß man die weiteren Handgriffe des Auswaschens und Färbens bei genügender Vorsicht ohne großen Materialverlust durchführen kann. Gefärbt wurde teils nach HEIDENHAIN mit Eisenhämatoxjlin, teils mit Fuchsin. 2. Es wurden ferner auch gewöhnliche Ausstrichpräparate (auf Deckgläsern) hergestellt und mit Säurefuchsin oder Methylen- blau gefärbt. 3. Schließlich wurden Geißelfärbungen nach der LÖFFLER- schen Methode in Anlehnung an die dafür von A. MEYER gegebene Vorschrift durchgeführt. Für die uns hier zunächst interessierenden Fragen leisteten alle Methoden das gleiche. Die zarten Geißeln gelangten natür- lich nur im dritten Verfahren zur Darstellung. Auf einzelne Unterschiede der Präparate wird weiter unten noch kurz zurück- gekommen werden. Die mit Hilfe der bakteriologischen Fixierungs- uud Färbe- methoden gewonnenen Bilder gleichen auffallend gewissen Stadien der soeben beschiiebenen Zerfallserscheinungen im Dunkelfelde. Bei dem Antrocknen auf dem Deckglase spielen sich also offenbar ähnliche Vorgänge des Auseinandervveichens ab wie dort. Man erblickt überall in den Präparaten statt der erwarteten ein- heitlichen Ghloronien außerordentlich charakteristische Gruppen von Kurzstäbchen, die in einigem Abstände voneinander liegen und in deren Mitte das spindelförmige Stäbchen, oft in der Teilung- begriffen, liegt. (Vgl. Fig. 8— 12.) Figur 10— 12 zeigen auch, daß die Geißel tatsächlich am zentralen Stäbchen sitzt. Sie ist an allen Stellen gleich dick und erreicht eine beträchtliche Länge, die den Körper um das 3 — 4 fache übertreffen kann. Stets liegen die peripheren Stäbchen völlig frei daneben, sind aber bisweilen, wie in Figur 12, ziemlich weit vom Zentral- stäbchen abgeschwommen. Seltener fand ich die ganze Gruppe auf einem ganz schwach gefärbten, ziemlich homogenen Felde, das kaum anders als eine zarte, angetrocknete Gallert- oder Schleim- schicht gedeutet werden kann. Daß solche in der Tat vorhanden sein können, zeigte auch die Beobachtung lebender Ghloronien in Tusche. Während bei den lebhaft beweglichen Exemplaren die Tuschepartikel bis unmittelbar (86) Johannes Buder: an die grünen Stäbchen heranreichten (Figur 13), erschienen die ruhenden von einem meist ganz schmalen, gelegentlich aber auch recht ansehnlichen hellen Saume umgeben. (Fig. 14.) Hier ist dann auch die sonst vorhandene Regelmäßigkeit in der Anordnung der grünen Stäbchen meist gestört. IV. Deutung- des Organismus als ein Konsortium. Aus der Gesamtheit der bisher geschilderten Befunde läßt sich mit Sicherheit der Schluß ziehen: Die als Chloronien bezeichneten, wohlcharakterisierten Organismen sind nicht einzellige, sondern mehrz ellig e Wesen. Siebestehen aus einer farblosen zentralen, polar begeißelten und zahl- reichen grünen peripheren Zellen. Es erhebt sich zugleich die Frage, ob wir die Zellen als verschieden differenzierte Organe einer systematischen Einheit aufzufassen haben, oder ob sie als artverschieden anzusehen sind. Für die erste Annahme spricht nichts. Keine einzige Beobachtung, die die Möglichkeit einer Eatstehung der einen aus der anderen Zellart oder einen gemeinsamen Ursprung beider nahelegte, konnte beigebracht werden. Auch in Anbetracht dessen, daß unter den überhaupt in Frage kommenden Organismenklassen eine ähnliche Differenzierung in ,,Assimilatoren" und ,,Lokomotoren" gänzlich unbekannt ist, scheint die zweite Auffassung von vornherein als wahrscheinlicher. Demnach hätten wir es mit einer Verkettung von artverschiedenen Zellen zu tun und ich stehe nicht an, für den Gesamtorganismus den Begriff des Konsortiums anzuwenden. Das gegenseitige Verhältnis der Komponenten wäre also eine Symbiose. Über die Umgrenzung des Begriffes Symbiose herrscht be- kanntlich keine Einigkeit. Jedenfalls ist aber das eine klar, daß die enge räumliche Verknüpfung zweier Komponenten zu einer höheren Einheit die Voraussetzung für die Anwendung dieses Begriffes ist. Sie involviert ohne weiteres das Bestehen irgendwelcher engerer physiologischer Beziehungen. Welcher Art diese aber jeweils sind, ist in den Fällen, die gemeinhin als Sym- biosen gelten, nur ausnahmsw^eise ganz sicher ermittelt. Für die Pfropfsymbiosen im weitesten Sinne läßt sich ein rein mutualistisches Verhalten wohl ohne weiteres behaupten, schon für die Flechten aber wird der Grad der „Gegenseitigkeit" fraglich. Noch schwie- riger ist ein Urteil über manche der Mykorrhizapilze zu fällen, kann man doch eine fast kontinuierliche Reihe von "Übergängen zwischen vermutlich mutualistischem bis zum offensichtlich antago- Ohloroniuin mirabile: (87) nistischem Verhältnis in dem Zusammenleben von Pilzen mit höheren Pflanzen konstruieren. Diese Bemerkungen sollten nur dazu dienen, daran zu erinnern, daß die Grundlage für den Begriff der Symbiose ein morphologisches Moment ist, eben die räumliche Zusammengehörig- keit der Komponenten. Von diesem Gesichtspunkte aus ist es be- rechtigt, den neuen Organismus als ein Konsortium anzusprechen, ohne über die Art und Weise der „Symbiose", also über die Art und den Wert der vorhandenen trophischen oder sonstigen Be- ziehungen etwas Sicheres zu wissen oder Bestimmtes anzunehmen. Der klarste morphologische Ausdruck der symbiontischen Verkettung der beiden Partner des beschriebeneu Organismus ist seine gleichförmige und einheitliche Gestaltung, von der ja bereits im Abschnitt II ausführlich die Rede war. Sie wird dadurch ge- währleistet, daß die Wachstums- und Teilungsgeschvvindigkeiten der beiden Partner genau aufeinander abgestimmt sind, wenigstens unter den für das normale Wachstum der Ohloronien günstigen Bedingungen. Dieses Schritthalten bewirkt die Regelmäßigkeit, mit der die grünen Stäbchen das zentrale völlig und gleichartig um- schließen. Es hat aber auf der anderen Seite auch den Erfolg,, daß der Anschluß der peripheren Komponenten aneinander in der Längsrichtung sich dann lockert, wenn durch die Teilung des zen- tralen Stäbchens die Teilung des ganzen Konsortiums ange- strebt wird. V. Näheres über die Komponenten. a) Die peripheren Symbionten. Wenn der Gesamtorganismus unter dem Gesichtspunkte des Konsortiums betrachtet wird, muß natürlich die Frage nach dem Wesen und der systematischen Zuordnung der Komponenten auf- geworfen werden. Beginnen wir mit den peripheren grünen Zellen! Ihre Kleinheit erlaubt es auch bei den stärksten Ver- größerungen nicht, Einzelheiten ihres Baues deutlich zu erkennen. Auch aus den gefärbten Präparaten läßt sich nicht allzuviel schließen. Mit einiger Sicherheit kann eine gesonderte Membran an- genommen werden, woraus sie aber besteht, muß einstweilen dahingestellt bleiben. Mit Jod und Schwefelsäure oder Chlorzink- jod gelang es nicht, eine Zellulosereaktion zu erhalten. Der Zellraum erscheint m.eist ganz homogen in der geschil- derten Farbe Bisweilen ist jedoch in der Mitte des Stäbchens (88) Johannes Büder: eine hellere Zone bemerkbar, vielleicht eine Vakuole. Meist aber, vor allem bei den kleineren Exemplaren ist davon nichts zu sehen. Von großem Interesse mußte es sein, über den Farbstoff einiges in Erfahrung zu bringen, da hieraus wertvolle Anhalts- punkte für die Zuordnung zu irgendeiner Organismengruppe zu gewinnen wären. Die hierauf gerichteten Untersuchungen sind noch nicht zum Abschlüsse gelangt. Mit Sicherheit ist aber eine Komponente des Pigmentes Chlorophyll. Die grüne Farbe bleibt im kochenden Wasser erhalten, ver- schwindet aber im Alkohol. Die Chlorophyllreaktion von MOLISCH mit konzentrierter Kalilauge gelingt stets gut. Auf Chlorophyll läßt auch das optische Verhalten schließen. Untersucht man Klümpchen von ruhenden Chloronien mit dem Mikrospektralokular, so ist freilich mit Sicherheit nur eine Endapsorption am violetten und roten Ende zu konstatieren. Sie ist besonders stark für die Stelle im ßot, in der das Chlorophyllband liegt, doch wird auch der darüber hinausreichende Teil des ßot absorbiert. Dies spricht aber natürlich nicht gegen die Anwesenheit von Chlorophyll, sondern vielmehr für die Anwesenheit anderer Komponenten, viel- leicht Phycocyan. Jedenfalls zeigen gewisse hellgrüne Oscillarien, die oft mit den Chloronien vergesellschaftet sind und den gleichen Farbton besitzen, ein ganz ähnliches Spektrum. Mit solchen Cyanophyceen stimmt auch eine andere Seite ihres optischen Ver- haltens überein. Es gelingt bekanntlich, durch starke Bestrahlung mit ultra- violettem Lichte zahlreiche Körper zu charakteristischer Fluores- cenz zu bringen. Schickt man die Strahlen einer mit Eisenkohlen brennenden Bogenlampe durch ein LEHMANNsches Filter, das nur die Wellenlängen von ca. 400 bis 300 /* hindurchläßt, und konzen- triert sie durch Quarzlinsen und einen geeigneten Quarzkondensor auf das (auf einem Quarzobjekträger liegende) Präparat, so kann man auch die Fluorescenz mikroskopischer Objekte untersuchen. Die Chloroplasten der höheren Pflanzen bis zu den Chlorophyceen herab erstrahlen dann in einem prachtvoll rotem Lichte, auch Diatomeen, sowie manche Cj^anophyceen zeigen eine starke Chloro- phyll-Fluorescenz, während sie bei den genannten Oscillarien so schwach ist, daß sie nur unter besonderen Vorsichtsmaßregeln als schwacher Schimmer zu beobachten ist^). Ganz so verhalten sich 1) Ich fasse mich hier über diesen Punkt kurz, da ich über die Fluores- cenz-Erscheinungen pflanzlicher Objekte in einem anderen Zusammenhange ausführlicher berichten werde. Chloronium mirabile. (89) auch die grünen Komponenten der Chloronien und mit ihnen ein bestimmter unter den gleichen oder ähnlichen Vegetationsbedin- gurigen leidender Formenkreis von winzigen kokken- und stäbchen- förmigen grünen Organismen, von der Größenordnung typischer Bakterien, bei denen es schwer fällt zu entscheiden, ob man sie als farbige Bakterien oder bakteroide Cyanophyceen ansprechen soll. Die Wuchsformen der zirka 6 — 8 Arten, die ich im Laufe des Jahres verfolgte, sind die typischer Bakterien: Zoogloeen von Stäbchen und Kokken, ganz lockere, fadenartige Verbände von Stäbchen, aber auch netzförmige Kolonien, die auffallend an das Thiodydium WiNOGRADSKYS erinnern. Über all diese Organismen ist, soweit ich die Literatur verfolgt habe, so gut wie gar nichts bekannt. Es ist natürlich notwendig, diesen ganzen Formenkreis näher zu studieren: es unterliegt für mich keinem Zweifel, daß die peripheren Komponenten der Chloronien zu ihm gehören. Auch die Mehrzahl der bereits beobachteten aber durchweg nur ganz unzureichend untersuchten „grünen Bak- terien" wird hierher zu stellen sein. Erst nach dem Abschluß dieser Untersuchungen wird sich ein begründetes Urteil darüber fällen lassen, ob es angebracht ist, die genannten Organismen unter den Bakterien zu belassen und eine besondere Gruppe der „Chloro- phyllbakterien" daraus zu- macheu, wie es manche Autoren ') tun, oder ob außer der Ähnlichkeit der Färbung auch noch andere Momente dafür sprechen, sie den Cyanophyceen anzugliedern. Ausdrücklich sei hervorgehoben, daß in all den genannten Formen nie das Bakteriochlorin MOLISCHs, die grüne Farbkom- ponente der Purpurbakterien, vorhanden ist. Dieser Farbstoff ist durch sein Absorptionsband in der Nähe der D-Linie so gut charakterisiert, daß man ihn an Flöckchen auch ganz blasser Purpurbakterien mit Hilfe eines Mikrospektralokulares leicht nach- weisen kann. Bei den fraglichen Organismen war davon nie etwas zu sehen. Daß es sich bei den peripheren Komponenten der Chloronien um primitive oder stark reduzierte Formen der Chlorophyceenreihe handeln könnte, erscheint mir nach meinen Befunden für ganz un- wahrscheinlich. Vor allem ist das optische Verhalten ihrer Farb- stoffe wesentlich verschieden, dann stehen sie ja auch durch den Besitz einer Zellulosemembran, eines differenzierten Chloroplasten und eines ziemlich leicht nachweisbaren Kernes und der als Assi- milationsprodukt auftretenden Stärke auf einer ganz anderen Orga- 1) W. Kruse, Allgemeine Mikrobiologie, Leipzig 1910, p. 1160. (90) Johannes Buder: nisationshöhe. Auch ein weiteres Moment, das zwar mehr äußer- licher Natur ist, aber nicht unterschätzt werden darf, spricht da- gegen: die wesentlich andere Größenordnung. Auch die kleinsten bekannten Chlorophyceen, also etwa Stichococcus und Verwandte sind noch Biesen gegen unsere Formen, deren Durchmesser 1 p selten erreicht, und deren Länge 1 — 1,5//- auch in günstigen Fällen kaum übersteigt. b) Der zentrale Symbiont. Noch weniger als über die peripheren läßt sich einstweilen über den zentralen Symbionten aussagen. Er ist, wie bereits oben erwähnt, und aus den Figuren der Tafel erhellt, ein ganz zartes, hyalines, spindelförmiges Stäbchen mit einer polaren Geißel. Im lebenden Zustande ist das Gebilde bei Hellfeldbeleuchtung in intakten Chloronien überhaupt nicht, bei den im Zerfall begriffenen auch nur nach einiger Übung sichtbar, und es ist mir nie ge- lungen, Einzelheiten seines Baues mit Sicherheit zu konstatieren. Das Dunkelfeldbild zeigt eine verhältnismäßig scharfe Kontur und bisweilen ein bis zwei helle Körnchen im mittleren Teile. Die Länge des Stäbchens, an gefärbten Präparaten gemessen, beträgt ungefähr '^ (jo, seine Breite etwa 0,8 //-. In den durch Antrocknen und nachfolgende Beizung gewonnenen Präparaten ist die Breite in der Mitte etwas größer, was auf die mit diesem Verfahren ver- bundenen Deformationen des zarten Stäbchens zurückzuführen ist. Auch mit den bisher angewandten Färbungsmethoden ließen sich bei der Kleinheit des Organismus nicht viel Einzelheiten erkennen. Die Färbung des ganzen Stäbchens blieb sowohl bei Anwendung von Hämatoxylin-, wie Fuchsin- und Methylenblau- lösungen an Intensität stets hinter den peripheren Zellen zurück. Nach Behandlung mit LÖFFLERscher Beize (für Geißelfärbung) wurde dieser Unterschied recht gering oder verschwand ganz. Gelegeatlich waren die im Dunkelfeld beobachteten Körnchen im Farbpräparate als dunkle Punkte sichtbar. Bisweilen waren auch mittlere Partien blasser gefärbt als der ßand, doch läßt sich mit diesen Beobachtungen zunächst nicht viel beginnen, und ich möchte mich nicht auf die Seite derer stellen, die ohne weiteres jedes distinkt gefärbte Körnchen als Kern verehren. Die Teilung der Stäbchen erfolgt in der Querrichtung. Gleichzeitig mit einer deutlich differenzierten Trennungslinie der Tochterzellen macht sich eine leichte Einschnürung bemerkbar. In diesen Stadien er- halten die Stäbchen besonders in den durch Antrocknen am Deck- gläschen gewonnenen Präparaten ein recht charaktei istisches Aiis- Chloronium mirabile. (91) sehen infolge der spindelförmigen Zuspitzung der Enden. Dies Bild verdankt zu einem Teile sein Zustandekommen gewissen De- formationen, denen das Stäbchen beim Antrocknen unterworfen ist. Die spindelförmige Zuspitzung sowohl als die mittlere Einschnürung werden dadurch, daß die dazwischen liegenden Teile des Stäbchens sich stärker abflachen können, natürlich besonders betont. Die Qaerteilung und das sonstige Verhalten des zentralen Stäbchens lassen für seine systematische Zuordnung zunächst an die Bakterien denken, unter die ja zurzeit noch sehr heterogene Wesen subsumiert werden. So trage ich auch keine Bedenken, es einstweilen zu ihnen zu stellen, zumal sich für eine Zugehörigkeit zu den Elagellaten,. die man ja auch in Erwägung ziehen wird, bisher keinerlei sichere Anhaltspunkte ergeben haben. Die Quer- teihing spräche ja sogar dagegen. VI. Mög-lichkeit einer selbständi§:en Existenz der Kompo- nenten. Ihre muimasslichen Beziehung-en im Konsortium. Wird über die im vorigen Abschnitt behandelten Fragen schließlich erst eine dauernde Kultur des Konsortiums und seiner Komponenten ein weiteres Urteil erlauben, so gilt dies in noch höherem Maße für die Klarstellung der gegenseitigen physiologischen Beziehungen, die zwischen räumlich so eng verknüpften Organismen bestehen müssen. Am erfreulichsten wäre es natürlich, wenn es gelänge, Rein- kulturen der beiden Partner zu erhalten und dann das Konsortium synthetisch herzustellen. Doch möchte ich den Versuch, einen Ein- blick in die Beziehungen der Syrabionten zu erlangen, nicht nur ausschließlich von dem fürs erste jedenfalls zweifelhaften Gelingen der Reinkultur abhängig machen. Man sollte nicht vergessen, daß unter Umständen auch ohne sie schon wertvolle Ergebnisse über den Haushalt von Mikroorganismen gewonnen wurden. Ich erinnere nur an WiNOGRADSKYs Arbeiten über die Schwefel- und Eisen- bakterien. Reinkulturen zu erlangen, habe ich bisher nur in bescheide- nem Umfange vorgenommen. Sie haben auch bis jetzt noch keinen endgültigen Erfolg gehabt. Hingegen führte die ständige Be- obachtung von Objektträgerkulturen zu dem bemerkenswerten Re- sultate, daß die grünen Symbionten dauernd, die zentralen zum mindesten vorübergehend unabhängig voneinander zu leben vermögen. Zur Herstellung dieser Kulturen wurde auf einem Objekt- träger ein kleines Schlammpröbchen, das ruhende und bewegliche (92) JOHANNES BUDEE: Exemplare enthielt, gebracht, vorsichtig mit dem Deckglas bedeckt und mit einem Gemisch von Paraffin und weißer Vaseline^), das mir für derartige Zwecke gute Dienste leistet, abgeschlossen. Beobachtet wurde dann, um das lästige Entfernen des Immersions- öles zu umgehen, mit einer Wasserimmersion von ZeiSS. So konnte verfolgt werden, wie in einzelnen der zur Ruhe gekommenen Chloronien im Laufe weniger Tage sich hie und da grüne Zellen lösten und in einiger Entfernung nun selbständig weiterwuchern, sich teilten und kurze fadenartige Verbände lieferten. Nicht selten sah ich auch junge „Kolonien" der grünen Komponenten in einer Lage, die ihre Entstehung aus einem Chloronium noch mehr oder weniger deutlich erkennen läßt (Fig. 15, 16). Da die Zellen Chlorophyll enthalten, dürften sie wenigstens einen Teil ihres C- Bedarfes durch Assimilation der stets reichlich vorhandenen COg decken. Fraglos stehen ihnen ja in ihrer Umgebung auch fertige organische Körper zur Verfügung, doch bleibt einstweilen ganz unentschieden, ob und in welchem Maße sie verwertet werden können. Im Lichte erfolgt jedenfalls eine Og-Produktion, die sich mit der ENGELMANNschen ßakterienmethode nachweisen ließ. Zu diesem Zwecke wurde ein Flöckchen ruhender Chloronien, das unter dem Mikroskope auf möglichste Freiheit von anderen Orga- nismen untersucht wurde, auf einen neuen Objektträger mit einer Aufschwemmung der Indikatorbakterien zusammengebracht, das Flöckchen durch den Druck des aufgelegten Deckglases in einzelne Fragmente zerlegt und nun das Präparat mit dem Paraffin Vase- line-Gemisch abgedichtet. Nun wurde ein von fremden chlorophyll- haltigen Organismen ganz freies Stückchen aufgesucht und dann das Präparat verdunkelt, bis die Indikatorbakterien zur ßuhe ge- kommen waren. Mit der einsetzenden Beleuchtung gewannen sie ihre Beweglichkeit wieder zurück. Auch für die zentralen Komponenten der Chloronien scheint mir die Möglichkeit einer selbständigen ireien Existenz gesichert. Bisweilen lassen sich „unvollständige" Chloronien beobachten, bei denen der Mantel der peripheren grünen Zellen durch zahlreiche Lücken unterbrochen ist. Dessenungeachtet können die Konsortien eine lebhafte Bewegung zeigen. Exemplare mit 4 — 5 peripheren Zellen habe ich oft gesehen, solche mit nur zweien oder dreien wenigstens 15 — 20 mal. Einige Male kamen mir auch bewegliche 1) Paraifin vom Schmelzpunkt 45" und weiße Vaseline in ungefähr gleichen Volumteilen. Das Gemisch wird in einem Gefäß gelinde erwärmt und flüssig mit einem Röhrchen auf den Rand des Deckglases so aufgetragen, als ob man einen Lack- oder Balsamring herstellen wollte. Chloronium mirabile. (93) Exemplare mit nur einer grünen Zelle ins Gesichtsfeld. Schon daraus dürfte man wohl auf die Existenz gaaz isolierter Zentral- stäbchen durch Extrapolation schließen. Ich habe auch einige Male am Rande von Elöckchen und Lagern mit zahlreichen, ruhenden Exemplaren, die z. T. ein sehr lockeres Gefüge besaßen, solche isolierten Stäbchen beobachten können. Doch bedarf dieser Punkt noch weiterer Prüfung, da im letzten Falle die Möglichkeit einer Verwechslung mit gleichgestalteten fremden Bakterien, wenn auch nicht wahrscheinlich, so doch nicht völlig ausgeschlossen ist. In den gefärbten Präparaten habe ich isolierte Zentralstäbchen auch vereinzelt beobachtet. Besonders in den zur Geißelfärbung her- gerichteten Präparaten ist die Form der aufgetrockneten Stäbchen so charakteristisch, daß ihre morphologische Identität mit den Zentralstäbchen zweifelsfrei festgestellt werden kann. Doch bleibt hier wieder die Möglichkeit offen, daß durch unkontrollierbare Zufälle bei der Präparation die ursprünglich vorhandenen peripheren Komponenten verloren gegangen seien. Über all diese Fragen werden weitere Kulturversuche Aus- kunft zu geben haben. Dabei wird vor allem auch die Entwick- lungsgeschichte der soeben genannten Phasen genauer zu ver- folgen sein. Eine erfolgreiche Diskussion über die im Konsortium herr- schenden gegenseitigen Beziehungen zwischen den Komponenten kann erst recht nur auf Grund eines viel ausgiebigeren Beobach- tungsmateriales durchgeführt werden. Hier will ich mich deshalb nur auf einige Andeutungen beschränken, auf welche Punkte dabei vor allem zu achton sein wird. Am nächsten läge ja wohl, den grünen Komponenten eine ähnliche Holle zuzuweisen wie den Flechtengonidien. Es ist aber auch an eine andere Möglichkeit zu denken. Die Standorte der Chloronien in der Natur zeichnen sich durch eine geringe Sauer- stofftension aus, worauf am Schluß noch einmal zurückgekommen wird. Da nun die grünen Symbionten bei Beleuchtung Sauerstoff produzieren, so wäre vielleicht auch noch unter solchen Um- ständen eine ausreichende Versorgung des ganzen Konsortiums er- möglicht, die dem zentralen Stäbchen allein nicht zusagen würden.. Für einzelne Glieder der Organismen -Gesellschaft, in der sich die Chloronien in der Natur befinden, Schwefel- bakterien u. a., ist ja eine bestimmte obere und untere Grenze für den Sauerstoffgehalt des Mediums nachgewiesen, für andere wahr- scheinlich. So könnte man wohl die Annahme machen, daß ähn- liches auch für unsere Organismen gilt. Dann würde also der (94) Johannes Büder: Vorteil, den das zentrale Stäbchen von der Symbiose hat, auch darin liegen, daß es durch den Besitz von Sauerstoffproduzenten noch Regionen, die ihm sonst versagt wären, aufsuchen und ihre Nährstoffe ausnützen könnte '). Dieser Gresichtspunkt der Sauerstoffproduktion im Lichte könnte auch für das Verständnis der Schreckbewegungen infolge plötzlicher starker Beleuchtung eine Holle spielen. Die Zahl der ganz farblosen Organismen, die deutliche Lichtreaktionen zeigen, ist ja recht gering. Vor allem ist, soweit ich sehe, niemals ein farbloses Bakterium oder bakteiienähnliches Wesen gefunden worden, das mit Schreckbewegungen auf Lichtreize reagierte. MO LISCH macht sogar gelegentlich darauf aufmerksam, daß die Lichtreaktion (auf Verdunkelung) sogar als ein Indizium für den Besitz von den Farbstoffen der Purpurbakterien angesehen werden kann, auch wenn die einzelnen Stäbchen und Spirillen usw. so blaß sind, daß die Färbung im isolierten Exemplare leicht übersehen werden kann. Nun könnte ja auch irgendein Pigment in ähnlich mini- malen Mengen vorhanden sein, doch fehlt jeder Anhaltspunkt hierfür, und die Farbe der Zentralstäbchen ist sowohl im Dunkel- wie im Hellfelde rein weiß. So müssen wir also die Perzeption des Lichtreizes entweder den pigmentfreien Zontralstäbchen zu- g'estehen, oder aber sie auf die gefärbten, jedoch selbst nicht bewegungsfähigen peripheren Komponenten verlegen. Die Schwierig- keit der Annahme einer Reiztransmission von ihnen zur loko- motorischen Zelle ist bei näherem Zusehen gar nicht so groß, als es im ersten Augenblicke erscheint: Es könnte sich dabei um die plötzliche Produktion von Sauerstoff handeln, und die „Photo- kinesis" des Konsortiums wäre damit auf die „Chemokinesis" seines zentralen Symbionten zurückgeführt. Damit stünde auch die Be- obachtung im schönsten Einklänge, daß die Reaktion meist nicht in unmittelbarer Folge auf die Beleuchtung eintritt (also nicht „im selben Momente"), sondern eine deutlich meßbare Zeitspanne, manchmal fast eine Sekunde, vergeht, ehe sie reagieren. So lange „Reaktions- zeiten" sind für einen frei beweglichen Organismus sehr bemerkens- wert. Sie würden sich, falls die angedeutete Erklärung zutrifft, ungezwungen als Folge der Diffusion des Sauerstoffes durch die Zellwände ergeben. Natürlich könnten auch Grründe anderer Art diese Verzögerung der Reaktion hervorrufen! 1) Auf eine vermutlich ähnliche ökologische Rolle des Chlorophylls bei bestimmten Algen habe ich an anderer Stelle hingewiesen. (Aufsatz im Biologenkalender 1914, S. 93.) Chloronium rairabile. (95) Lassen sich, wie die vorigen Abschnitte zeigen, auf Grund der Assimilationsfähigkeit der peripheren Komponenten mannig- fache Konjekturen über die ökologischen Vorteile dieser Symbiose iür den zentralen Partner aufstellen, so fehlen für etwaige „Gegen- leistungen" von seiner Seite — ohne jede Kenntnis seines Stoff- wechsels — zunächst alle Anhaltspunkte. Der einzige, der sich natürlich ohne weiteres ergibt, bezieht sich auf die Vorteile, die die Lebensweise eines frei beweglichen Organismus vor dem un- beweglichen voraus hat. Wir hätten es dann hier also mit ähnlichen Verhältnissen zu tun, wie sie bei den mit Zoochlorellen ausgestatteten Infusorien realisiert sind. Nur stehen bei den Chloronien die grünen Orga- nismen schon infolge ihrer peripheren Lage in einer viel geringeren Abhängigkeit von dem farblosen. Der Zusammenhalt wird ver- mutlich lediglich durch eine Adhäsion, ein „Aneinanderkleben", gewährleistet. Dabei werden fraglos wohl dünne Schleim- oder Gallertschichten eine Rolle spielen, deren Anwesenheit wenigstens um den zentralen Partner sich auch auf Grund solcher Bilder, wie sie z. B. die Fig. 13 gibt (in Tuschelösung), natürlich nicht in Abrede stellen lassen. Dadurch, daß durch den Zusammentritt der Symbionten eine neue charakteristische morphologische Einheit geschaffen wird, ent- fernen sich die Chloronien von den soeben zum Vergleich heran- gezogenen Infusorien beträchtlich und lassen höchstens die Flechten als eine Parallele für dies Verhalten erscheinen. Sie repräsen- tieren einen neuen Typus symbiontischer Vereinigung. VII. Vorkommen und Verbreitung-. Um das Lebensbild der Chloronien zu vervollständigen, sei noch zum Schlüsse kurz auf ihre Standorte hingewiesen. Das erste Mal, als sie mir entgegentraten, stammten sie aus einem flachen Eisenbecken, auf dessen Grunde stets moderndes Laub und andere Pflanzenreste liegen. Es ist eine Fundgrube für die mannigfachsten Mikroorganismen und gibt durch die langsame Ent- wicklung von HgS an seinem Grunde auch für Schwefelbakterien günstige Lebensbedingungen ab. In der Folge fand ich ihn auch im großen Freilandbassin des Leipziger Gartens an einer Stelle, die ebenfalls Schwefelbakterien enthielt. Ich untersuchte nun auch in der Umgebung Leipzigs Tümpel mit Schwefelbakterien auf Chloronien. Zu meiner großen Überraschung habe ich sie in kemer Probe, die ich überhaupt mit nach Hause nahm, vermißt. (96) Johannes Buder: So habe ich sie bisher an fast 10 Lokalitäten gefunden. Von einer brachte mir Herr Dr. FRITZ MÜLLER Material, an einen anderen ausgezeichneten Standort für Schwefelbakterien hatte Herr Pro- fessor MIEHE die Liebenswürdigkeit, mich zu führen, wofür ich auch an dieser Stelle danken möchte. Meist finden sich neben den schwärmenden Exemplaren (ganz ähnlich, wie wir dies von den Chromatien her kennen) auch ruhende. Sie sind oft zu Hunderten in kleinen Flöckchen und Lagern vereinigt, die meist irgendwelchen verrotteten Pflanzen- partikeln anhängen. Sie kommen nur gelegentlich fast ganz rein vor. Meist befinden sie sich in einer nicht nur „bunten", sondern sogar farbenprächtigen Gesellschaft von gelb- und blaugrünen Gyanophyceen, braunen Diatomeen und mannigfachen Formen der roten Schwefelbakterien, die vom leuchtenden Purpurrot bis zum schmutzigen Violett in allen Übergängen schimmern. Die Glieder dieser Gesellschaft finden sich auch meist an allen Standorten vollzähhg oder fast vollzählig wieder ein; da ich einzelne der Gyanophyceen, Diatomeen und Flagellaten noch nicht bestimmt habe, verzichte ich aber an dieser Stelle auf eine aus- führliche Liste. An den geeigneten Standorten ist also unser Chloronium gar kein seltener Gast, und es ist fast auffällig, daß es bisher so im Verborgenen bleiben konnte. Fraglos wird es ja zahlreichen Forschern beim Studium der Schwefelbakterien begegnet sein. Vielleicht ist einer der Organismen, die ENGELMANN gelegentlich als Baderium chJorinum oder Bacterium viride (ohne nähere Be- schreibung) anführt, damit identisch. Meist wird man aber beim Anblick der unscheinbaren grünen Wesen sich mit der Annahme begnügt haben, daß es sich um kleine Algen oder auch jene „grünen Bakterien" handle, auf die WiNOGRADSKY bereits als die ständigen Gesellschafter der Schwefelbakterien hinwies. Erklärung der Tafel XXIV. Die Figuren sind nach Skizzen ausgeführt, die meist nait einem Abbe- schen Zeichenapparate bei Apochromat 2 mm (Zeiss) und Komp.-Ok. 18 in der Ebene des Arbeitstisches entworfen wurdea. Die Vergrößerung ist in allen Figuren annähernd 3000 : 1 (also entsprechen 3 mm einem fi). Fig. 1—4. Lebende Chloronien. Fig. 1. Mittelgroßes Exemplar mit wenigen größeren grünen Stäbchen, a) Dasselbe Exemplar, von einem Pole aus gesehen. Chloronium mirabile: (97) Fig. 2. Größeres Exemplar mit zahlreichen kleinen grünen Stäbchen und Körnchen. Fig. 3. Exemplar mit deutlichen Teilungssymptomen. Fig. 4. Zwei Tochterexemplare noch in lockerem Verbände. Fig. 6-6. Chloronien im Dunkelfelde. Fig. 5. Intakte«, soeben zur Ruhe gekommenes Exemplar, die zarte, lange Geißel zeigend. Fig. 6. Während der Beobachtung in seine Komponenten zerfallenes Exemplar. Fig. 7—9. Mit Fuchsin gefärbte Chloronien. Fig. 7. Exemplar, das seinen Zusammenhalt gewahrt hat. Fig. 8 u. 9. Exemplare, bei denen sich die peripheren Komponenten vom Zentralstäbchen gelöst haben. Zentralstäbchen in Fig. 9 im Beginne der Teilung. Fig. 10-12. Geißelpräparate (nach LÖFFLER). Fig. 10. Zahlreiche periphere Komponenten sind in Teilung begriffen, das Zentralstäbchen ungeteilt. Fig. 11. Zentralstäbchen in Teilung begriffen, die peripheren Komponenten durch die Präparation etwas von ihm entfernt. Fig. 12. Die peripheren Komponenten noch weiter entfernt. Fig. 13 — 14. Chloronien in Tusche. Fig. 13. Bewegliches Exemplar ohne erkennbare Schleim- oder Gallerthülle Fig. 14. Ruhendes Exemplar mit starker Gallerthülle. Die regelmäßige An- ordnung der Stäbchen gestört. Fig. 15—16. Exemplar mit auswachsenden grünen Komponenten. Näheres im Text. Fig. 17. Zentralstäbchen mit nur drei peripheren Komponenten. Näheres im Text. Fig. 18 u. 19. Zum Vergleiche der Größe. Fig. 18. Chromatium vinosum. Fig. 19. Chromatium Okenii, mittelgroßes Exemplar. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. ' (7) (98) P. Magnus: Nachrufe. Gustav Herpeli. Von P. Magnus. Am 22. Juli 1912 starb in seinem Wohnorte St, Goar am Ehein GUSTAV JACOB HerPELL, der sich durch die Erforschung der Moose und der Hutpilze des Niederrheins große Verdienste um die Botanik erworben hat. Für die freundliche Mitteilung der Lebensdaten desselben bin ich Herrn FERDINAND WiRTGEN in Bonn zu Dank verpflichtet. Von Herrn WiRTGEN selbst erscheint ein bereits vor längerer Zeit eingereichter Nachruf in den Berichten des Botanischen und Zoologischen Vereins für Rheinlande und Westfalen. G. Herpell wurde in St. Goar am 31. Oktober 1828 ge- boren. Seine Schulbildung erhielt er auf der höheren Bürgerschule zu Neuwied. Er widmete sich sodann dem Berufe des Apothekers. Er absolvierte zunächst seine Lehrzeit in einer Apotheke in Neu- wied, konditionierte darauf an verschiedenen Orten. Er studierte die Pharmazie in Berlin und bestand daselbst die staatliche Prüfung als Apotheker. Da er sich damals keiner festen Gesundheit er- freute, gab er im Jahre 1858 die weitere Tätigkeit als Apotheker auf und nahm seinen Wohnsitz in St. Goar, seiner Vaterstadt, in der er bis an sein Lebensende in Gemeinschaft mit seiner Schwester lebte. Schon früh hatte HERPELL eine große Neigung zur Botanik, der er sich jetzt ganz widmete. Spezieller studierte er namentlich, wie schon gesägt, die Moose und die Hymenomyceten. Er studierte zunächst besonders die Moose der Umgebung seines Wohnortes, des Mittelrheingebietes, und legte eine schöne sorgfältig präparierte Sammlung derselben an. Die Resultate seiner genauen Studien veröffentlichte er in der Arbeit „Die Laub- und Lebermoose in der Umgegend von St. Goar" in den Verhandlungen des Natur- historischen Vereins für ßheinlande und Westfalen. Bd. XXVII, Gustav Herpell. (99) 1870, S. 133 — 157. Die Sammlung schenkte er etwa 1905 dem Botanischen Museum der Universität Berlin in Dahlem bei Berlin, wo sie einen wichtigen Teil der Vertreter der deutschen Mooswelt bildet. Er wandte sich nunmehr dem Studium der Hymenomyceten, besonders der fleischigen Agaricineen zu. Auch bei diesen er- strebte er eine schön präparierte Sammlung für das Herbarium an- zulegen. Sein Streben war vor allen Dingen darauf gerichtet, die fleischigen schwer zu konservierenden Hutpilze so als Herbar- pflanzen zu erhalten, daß sie als solche noch auf ihre spezifischen Charaktere untersucht und verglichen werden können. Er arbeitete zu diesem Zwecke ausdauernd an der geeignetsten Methode zum Präparieren und Einlegen der Hutpilze für das Herbar, worüber er von Zeit zu Zeit berichtete. Seine erste diesbezügliche Ver- öffentlichung erschien 1877 in den Verhandlungen des Natur- historischen Vereins für Rheinlande und Westfalen, Bd. XXXIV, Sitzungsber. S. 332 unter dem Titel: Verfahren zum Trocknen von Fleischpilzen. Ebenda in dem Sitzungsber. S. 382 erschien auch 1877 von ihm eine Mitteilung über das Auftreten der Puccinia Malvacearum bei St. Goar, dieser durch ihre Einwanderung aus Chile so interessanten Art, die zuerst im April 1873 aus Europa von Bordeaux in Frankreich bekannt wurde^). HERPELL hat damit einen Beitrag zur Geschichte ihrer Verbreitung in Europa geliefert. Im Jahre 1880 veröffentlichte er in ausführlicher Darstellung in den Verhandl. d. naturhist. Vereins der preußischen Rheinlande und Westfalens Bd. XXXVII, S. 99—156, seine Methode und Erfahrungen über das Präparieren und Einlegen der Hutpilze. Er behandelte dort auch ausführlich die Herstellung der Sporenpräparate, indem er die Vorzüge der verschiedenen Papiersorten zum Auf- fangen der Sporen und die verschiedenen Fixierungsmittel zum Festliegen derselben auf dem Papiere eingehend schildert und be- spricht. Auf 2 Tafeln sind präparierte Hutpilze in farbiger Dar- stellung und Spqrenpräparate abgebildet; sie legen schön den Wert 1) In England wurde sie im Juni und Juli 1873 beobachtet cf. Grevillea Vol. II (1873) S. 47. — In Rabenhorst Fungi Europaei Nr. 1774 ist sie aus Castelserds in Spanien 1869 von LOSCOS gesammelt ausgegeben, doch erschien diese Oenturie erst 1874 gleichzeitig mit den von SCHROETER im Oktober und November 1873 bei Rastatt gebammelten Exemplaren. Berücksichtigt man ihre so schnelle Ausbreitung in Europa im Jahre 1873 und daß ihr Auftreten vor dieser Zeit in Europa absolut unbekannt war, wie DüRlEU DE MaisoNNEUVE mit Recht in den Actes de la Societe Linneenne de Bordeaux A, XXIX. 2e livr. 1878 hervorhebt, so erscheint es als wahrscheinlich, daß die Angabe 1869 auf einem Irrtum beruht. (7*) (100) P. Magnus: der ausgearbeiteten Methode dar. Noch schöner und überzeugen- der geschah das durch die Herausgabe der Sammlung präparierter Hutpilze, von der, soviel ich weiß, sechs Lieferungen von 1880 bis 1892 erschienen sind. Sie enthalten 135 schön präparierte Arten; von jeder Art ist die Seitenansicht des halbierten Hutes mit dessen Oberfläche, der Längsschnitt des Hutes, der genau den Verlauf und Ansatz der Lamellen, sowie die Verhältnisse des Stieles und der Hülle (vagina, velum, annulus) zeigt und das Sporenpräparat zum mindesten ausgegeben. Häufig sind auch Präparate von Entwicklungsstadien, Varietäten und Formen beige- fügt. Diese instruktive Sammlung hat allgemein Anerkennung gefunden und ist weit verbreitet. Eine Sammlung ist als sehr in- struktive Schausammlung im Berliner Botanischen Museum aufge- stellt. Er war fortwährend bemüht, seine Methode zu verbessern und zu vereinfachen und gab seine Resultate, wie schon im all- gemeinen erwähnt, von Zeit zu Zeit heraus. So brachte er 1881 und 1885 Mitteilungen in den Verhandlungen des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg. Zur Verbreitung der Kenntnis seiner Methode unter Pilzfreunden veröffentlichte er eine Darstel- lung derselben in der Zeitschrift für Pilzfreunde. Bd. 11, 1885, S. 211 u. 228. Im Jahre 1888 gab er einen Nachtrag zu der 1880 in den Verhandl. des Naturh. Vereins d. preuß. Rheinl. und West- falens, Bd. XLV, S. 112 fg. heraus. Grleichzeitig erschien die zweite Ausgabe dieser Arbeit vermehrt um den Nachtrag im Buch- handel bei R. FRIEDLÄNDER und Sohn in Berlin. 1893 veröffent- lichte er in der Hedwigia, Bd. 32, S. 38 — 43 seine Erfahrungen bei den verschiedenen Pilzarten über die von ihm nach seiner Methode hergestellten Präparate. Seine letzte auf die Präparation der Hut- pilze bezügliche Veröffentlichung möchten die Ergänzungen sein, die er 1909 in der Hedwigia, Bd. 49, S. 129 — 133 in Beiträge zur Kenntnis der Hutpilze in den Rheinlanden angegeben hat. Ich habe schon oben erwähnt, daß er zur Ausbildung dieser Methode geführt wurde durch sein Studium der Arten der Hutpilze und das Bedürfnis, die im durchforschten Gebiete auftretenden Formen miteinander vergleichen zu können. Mit rastlosem Eifer studierte er die in den Rheinlanden auf- tretenden Hymenomyceten, die er genau bestimmte. Er präparierte sie nach seiner Methode und verwahrte sie in seinem Herbar mit eingehenden beschreibenden und vergleichenden Notizen. Die Resultate dieser Studien veröffentlichte er 1909 in der Hedwigia Bd. 49, S. 128 — 212 in seiner Arbeit: Beitrag zur Kennt- nis der Hutpilze in den Rheinlanden und einige Ergänzungen zu Gustav Herpell. ,(101) meiner im Jahre 1880 erschienenen Methode „Das Präparieren und Einlegen der Hutpilze für das Herbarium". Letzteren Teil habe ich bereits oben erwähnt und kurz be- sprochen. Danach bespricht der Vf. zunächst kurz das Florengebiet, wobei er das pflanzengeographisch interessante Auftreten einiger in Frankreich und Belgien vorkommender Arten in den Rheinlanden hervorhebt. Es folgt nun die Aufzählung der Arten und Varietäten der Hymenomyceten, von denen er über 1100 aufzählt, während FUCKEL, der seine Studien mehr den mikroskopischen Pilzen zu- gewandt hat, in seinen Symbolae mycologicae nur relativ wenige Hymenomyceten aus den Eheinlanden angibt. So gibt z, B. FUOKEL nur 30 Agaricineen an, während HERPELL 938 Agaricineen im Gebiete beobachtet hat, wobei noch zu bemerken ist, daß er in dieser Arbeit noch nicht die von ihm als neu angesprochenen Arten aufzählt, die er später in der Hedwigia 1912 beschrieben hat. Um einen Begriff des Reichtums der von ihm beobachteten Arten zu geben, sei hier erwähnt, daß er von Tricholoma 54 Arten, von Collyhia 42 Arten, von Mycena 41 Arten, von Cortinarius im weiteren Sinne (d. h. mit Einschluß der pRIESschen Subgenera) 154 Arten, von Lactarius 47 Arten, von Russula 51 Arten, von Boletus 33 Arten im Gebiete beobachtet hat. Bei jeder Art sind die beobachteten Standorte und die Jahreszeit ihres dortigen Auf- tretens genau angegeben und häufig beschreibende und vergleichende Bemerkungen beigefügt, sowie namentlich die genauen Maße der Sporen. Wie schon erwähnt, hat er die von ihm als neu bestimmten Arten beschrieben in der in seinem Todesjahre 1912 in der Hedwigia, Bd. 52, S. 364 — 392 erschienenen Arbeit: Beitrag zur Kenntnis der zu den Hymenomyceten gehörigen Hutpilze in den ßheinlauden. Eine Ergänzung der im Bande 49, Seite 128, unter diesem Titel enthaltenen Veröffentlichung, mit Beifügung der Beschreibungen der von mir bestimmten neuen Arten. In dieser Arbeit teilt er den Standort von weiteren 151 in den Biheinlanden von ihm beobachteten Arten mit, von denen 78 als neue Arten aufgestellt und beschrieben werden. Unter diesen 151 Arten befinden sich 31 Cortinarien, so daß HERPELL im ganzen 185 Arten aus der Gattung Cortüiarius in den Rheinlanden festgestellt hat. Mit Eecht hebt HERPELL schon 1909 in der Hedwigia S. 128 in der Einleitung hervor, daß ebenso LASCH in der Provinz Brandenburg und BRITZELMAYR in Südbaj^ern eine große Anzahl neuer Hymenomyceten, namentlich Agaricineen, nachgewiesen haben. (102) L. WiTTMACK: Sein reiches Privatherbar, das, abgesehen von der Schönheit der präparierten Pilzexemplare, durch die Originalexemplare der neuen Arten, durch die Belegsexemplare der beobachteten Arten, durch die Sporenpräparate und die Präparate vieler Entwickelungs- stadien von besonderem wissenschaftlichen Werte ist, hat er dem Berliner Botanischen Museum vermacht, wo sie der wissenschaft- lichen Benutzung stets zugänglich bleiben. Durch die Ausbildung der Präparationsmethode der fleischigen Hymenomyceten und die so sorgfältige und genaue Erforschung der Hymenomyceten der Rheinlande hat er sich bleibende große Verdienste um unsere Wissenschaft erworben. Paul Ascherson. Von L. WITTMACK. (Mit Bildnistafel 1).) Schon hatten die Freunde ASOHERSONs zu Anfang des Jahres 1913 beraten, in welcher Weise sein ins Jahr 1914 fallender 80. G-eb'irtstag am würdigsten gefeiert werden könnte, da trat der Todesengel ihnen entgegen und entriß uns den weltberühmten, so hoch verdienten Forscher nach kurzem Krankenlager am 6. März 1913. — Ein Jahr ist seitdem vergangen und immer deutlicher tritt der Nachwelt die Wahrheit des Spruches entgegen; „Das Verlieren ist noch nicht so schlimm als das Vermissen." — Ja! Wir alle vermissen den treuen Freund, den weisen Berater, den großen Kenner der Pflanzenwelt. Wir wollen aber sein Bild im Geiste festhalten und uns seinen Werdegang noch einmal vor Augen führen. Sein Leben ist in der Festschrift, die zu seinem 70. Geburts- tage erschien^), von IGNAZ ÜRBAN kurz und treffend geschildert; 1) Das Klischee wurde mir freundlichst vom Bot. Verein der Provinz Brandenburg überlassen. 2) Festschrift zur Feier des 70. Geburtstages des Hrn. Prof. Dr. PAUL Ascherson (4. Juni 1904), verfaßt von Freunden und Schülern. Heraus- gegeben von IGN. URBAN und P. GRAEBNER. Mit dem Bildnis ASCHERSONs in Photogravüre, 1 Taf. und 2S Abb. im Text. Leipzig, Verlag von Gebr. BORNTRAEGER. 1904. Gr.-S». 568 S. Paul Ascherson, (103) ebenso sind bei den Trauerfeiern vom Pfarrer D. Dr. P. KiRMS und den Herren JAHN, TORNIER, LINDAU und dem Schreiber dieses ') die vielen Verdienste des Entschlafenen, vor allem auch sein edler Charakter, hervorgehoben worden, endlich hat er selbst in verschiedenen Lexika die wichtigsten Daten seines Lebens an= gegeben, so daß es nicht schwer fiele, ein abgeschlossenes Bild bieten zu können. Nur die Fülle des Stoffes bereitet Schwierig- keit. In letzterer Beziehung sei darauf hingewiesen, daß in der erwähnten Festschrift K. W. VON DALLA TORRE sich die un- endliche Mühe gegeben hat, ein ganz genaues Verzeichnis der Veröffentlichungen ASCHERSONs zusammenzustellen. Sie sind daselbst zwar nicht nummeriert, aber ihre Zahl ist auf etwa 1500 zu schätzen. Paul Friedrich August Ascherson, Dr. med. und Dr. phil. h. c, ordentlicher Honorarprofessor an der Universität Berlin, Geh. ßegierungsrat, war ein echtes Berliner Kind. Er wurde geboren am 4. Juni 1834 als Sohn des 1879 als Geh. Sanitätsrat verstorbenen Arztes Dr. FERDINAND MORITZ ASOHERSO.^ und dessen Gemahlin HENRIETTE geb. ODENHEIMER. Schon als Knabe muß A. sozusagen ein Wunderkind gewesen sein: Nachdem er erst die MAUGGRAFFsche Knabenschule und dann das FRIEDRICH- WERDERsche Gymnasium besucht, verließ er das letztere bereits vor dem vollendeten 16. Jahre, Ostern 1859, mit dem Zeugnis der lleife und bezog die Universität Berlin, um auf Wunsch seines Vaters Medizin zu studieren. Im Jahre 1852 aber war ALEXANDER Braun aus Gießen nach Berlin berufen, und dieser sowie dessen späterer Schwiegersohn ROB. CaSPARY und N. PRINGSHEIM zogen den von Jugend auf der Flora seiner Heimat Ergebenen so an, daß er sich immer mehr der Botanik zuwandte und bei seiner Promotion am 4, Januar 1855 kein medizinisches Thema, sondern ein pflanzengeographisches als Dissertation vorlegte: „Studiorum phytographicorum de Marchia Brandenburgensi specimen, continens florae Marchicae cum adjacentibus comparationem", abgedruckt in Linnaea XXVI (1855), p. 385—451. Aber schon vorher hatte er als Student zwei Aufsätze in der Zeitschrift f. d. ges, Naturwissenschaften veröffentlicht; 1853: „Nachträgliche Bemerkungen zur Flora von Magdeburg" und 1854: „Die verwilderten Pflanzen in der Mark Brandenburg. Ein Bei- 1) Die meisten Reden sind abgedruckt in Verhandlungen der Bot. Ver. d. Prov. Braodenburg. LV. 1913, S. (1)— (14) mit AsCHERSONs Bildnis. — Siehe auch meinen Nekrolog in Gartenflora 1913, S. 180 mit A.s Bildnis. (104) ^- WlTTMACK: trag zur Geschichte der Pfhmzen." — Ja, das Studium der Ge- schichte der Pflanzen und der Bedeutung ihrer Namen ist bis an das Lebensende ihm eine Lieblingsbeschäftigung gewesen; das hat auch mich mit ihm, der mir oft Rat erteilte, so nahfi zusammen- geführt. — Nachdem er im Winter 1855/56 die medizinische Staatsprüfung abgelegt hatte, war er einige Jahre als praktischer Arzt tätig; aber die Botanik wurde ihm immer mehr Hauptsache. Kein Geringerer als ALEX. BRAUN hatte ihn, den 21jährigen Jüngling, schon 1855 aufgefordert, eine neue Flora der Mark Brandenburg zu schreiben und das ward nun sein nächstes Ziel. Er setzte sich mit zahlreichen Floristen in Verbindung, durch- wanderte selbst die Mark nach allen Richtungen, lernte dabei Land und Leute, deren Geschichte und Gebräuche kennen, studierte zu dem Zwecke sogar Wendisch und wurde sozusagen der „bota- nische Fontane". Wie Fontane liebte er seine Mark; wie dieser kannte er sie in geographischer, historischer und folkloristischer') Hinsicht, aber eins hatte er vor FONTANE noch voraus : Er kannte ihre Pflanzen in geradezu staunenerregender Weise. Trotzdem er von Jugend auf kurzsichtig war, sah er mehr als viele andere. Er sah sich die Pflanzen an Ort und Stelle an; er war der erste, der die scharfe Unterscheidung der Arten nach ihren Stand- orten und der Verbreitung betonte (siehe auch seine Pflanzen- geographie in Leunis Synopsis, 3. Aufl., 1. Bd.). So entstand von 1859 bis 1864 seine klassische „Flora der Provinz Brandenburg". Berlin. Verlag von A. HiRSOHWALD. Wegen des kleinen Formats wurde das Buch 1034 Seiten stark, und die Studierenden nannten es später oft scherzhafterweise „der würfelförmige ASOHERSON". Bezüglich des Formats hatte A. sich übrigens M^ohl die „Flora marchica" von ALBERT DiETRIOH, Berlin 1841, zum Muster genommen, diese zählt auch schon 820' Seiten. ASCHERSONs Flora der Prov. Braodenburg ist geradezu ver- bildlich geworden für alle folgenden, und wenn wir heute fordern: „mehr Biologie, mehr Ökologie": in ASCHERSONs Flora war schon ein guter Anfang gemacht. Peinliche Sorgfalt bei der Unterscheidung der Arten verknüpft sich in ihr mit einer aus- gezeichneten Morphologie, mit der Lebeusgeschichte der Pflanzen, der Bedeutung ihrer Namen, den volkstümlichen Benennungen, den 1) Das Wort „Folklore" ist, wie ich einem Aufsatz „Väter von Wörtern" von „Dr. M. P." in der Vossischen Zeitung Nr. 13, 1914, entnehme, 1846 von William Thomas aus dem Angelsächsischen gebildet. Paul Ascherson: (105) an die Pflanzen geknüpften Gebräuchen (Folklore) usw. — Was sie aber noch ganz besonders wertvoll macht und ihr eine allge- meine Bedeutung verleiht, ist der Timstand, daß in ihr auch eine Übersicht des natürlichen Pflanzensystems nach Alexander Braun gegeben ist, welches dieser selbst nie ver- öffentlicht hat. In demselben Jahre, als der I.Teil der Flora erschien, 1859, wurde auch auf Anregung ALEX. BRAUNs und ASCHERSONs zu Eberswalde der „botanische Verein der Provinz Branden- burg" begründet. Der junge ASCHERSON wurde der erste Schrift- führer; er blieb es 36 Jahre lang und hat als Redakteur der „Ver- handlungen" diese zu einer hoch angesehenen Zeitschrift gemacht. Gar manchen Aufsatz hat er ergänzt, und hier wie bei vielen anderen Veröffentlichungen seiner Freunde und Schüler sein eigenes Wissen mit hineingelegt; alle Artikel arbeitete er selbst durch und viele auch in anderen Zeitschriften erschienenen haben ihren Wert nur durch A. erhalten. Aus regellosen Notizen u, dgl. machte er eine „Flora" oder Florula, ohne daß sein Name genannt wurde. Als er das Amt aufgab, ernannte ihn der Verein 1896 zu seinem Ehrenpräsidenten, wie auch die deutsche Gartenbau-Gesell- schaft ihn zum Ehrenmitgliede erwählte. Gewissermaßen eine zweite Auflage der Flora, aber in er- weitertem Sinne, bildet die mit seinem Schüler und Freunde PAUL GrAEBNER herausgegebene „Flora des nordostdeutschen Flachlandes". Berlin 1898—99. 8". 875 S (seltsamerweise mit Ausschluß von Ostpreußen). In dieser werden auch viele kultivierte Pflanzen behandelt. Einen Auszug daraus bildet die „Norddeutsche Schulflora" von ASCHERSON , GRAEBNER und Beyer. Von Jugend auf reiselustig und in der Geographie durch K. E/ITTER trefflich ausgebildet, suchte A. auch andere Floren- gebiete zu erforschen. Mit OTTO REINHARDT besuchte er 1863 Sardinien und Italien, 1864 mit ENGLER, M. KUHN u. a die Karpathen, 1865 Ungarn, 1867 Dalmatien, 1^70 Paris, 1871, 1900 und 1932 England, 1883, 1885 Oberitalien, 1895 mit GRAEBNER wiederum Oberitalien, 1896 mit GRAEBNER Norwegen und noch einmal, 1901, zog es ihn nach Italien. Außerdem benutzte er auf den Reisen, die er nach Ägypten unternahm, die Gelegenheit, unterwegs zu botanisieren, so 1879 n Südfrankreich, 1880 bei Athen, 1887 bei Konstantinopel. Immer und immer zog es ASCHERSON nach den Ländern des Mittelmeeres, besonders aber nach Ägypten, dessen Flora er durch (106) L. WlTTMACK: SCHWEINFURTHs Sammlungen kennen gelernt und in die er sich schon früh hineingearbeitet hatte. Infolgedessen erhielt er den ehrenvollen Auftrag, GERHARD EOHLFS während des Winters 1873/74 auf seiner Expedition in die libysche Wüste zu begleiten. Über die Ergebnisse erstattete er einen vorläufigen Bericht in der Bot. Zeitg. 1874 Sp. 593 ff. und gab 1875 Ausführlicheres in EOHLFS': Quer durch Afrika II und in ROHLFS': Drei Monate in der libyschen Wüste. Gleich im nächsten Jahre, 1875, reiste er noch einmal in die libysche Wüste, nach der „Kleinen Oase", von welcher eine genaue Karte angefertigt wurde. Es folgte die dritte üeise nach Ägypten 1879 — 80, eine vierte, 1887, hauptsächlich um das Küstengebiet von Alexandrien bis nach El-Arisch Kalaat an der Grenze von Pa- lästina zu erforschen, und endlich, mehr der Erholung wegen, eine fünfte bis Unternubien im Winter 1902/03. Viele dieser Ileisen machte er in Gemeinschaft mit seinem Freunde SCHWEINFURTH und mit diesem zusammen gab er 1887 die Illustration de la Flore d'Egypte und 1889 ein Supplement dazu heraus. Von 1860 — 1876 war A. Assistent bei der Direktion des Bo« tanischen Gartens, 1865 wurde er zugleich erster Assistent am Kgl. Herbarium und 1871 zweiter Kustos desselben, trat aber 1884 von diesem Amte zurück. Seine großen floristischen Verdienste erkannte besonders auch ßÖPER in Rostock, und dieser veran- laßte, daß die dortige Universität ihn 1863 zum Dr. phil. honoris causa ernannte. Nun konnte sich ASCHERSON in der philosophi- schen Fakultät der Berliner Universität habilitieren und begann im April 1863 seine Vorlesungen über spezielle Botanik und Pflanzen- geographie, wobei er besonders die Nilländer berücksichtigte. Im Jahre 1873 wurde er außerordentlicher Professor, 1908 ordentlicher Honorarprofessor, 1904 hatte er den Titel Geh. Regierungsrat erhalten. Vor längeren Jahren war er zum ordentlichen Professor (Cathedratico) an der Universität Cordoba in Argentinien ernannt^ lehnte aber nachträglich ab und F. KURTZ trat an seine Stelle. ASOHERSON hatte zahlreiche Schüler, Schüler, die nicht der Not gehorchend, sondern dem eigenen Triebe, dem großen Meister wissensdurstig folgten. Vor allem nahmen viele auch an seinen botanischen Exkursionen teil, die er im amtlichen Auftrage fast jeden Sonntag im Sommersernester ausführte und die er am Ende des Semesters meistens mit einer mehrtägigen Exkursion beschloß, unter denen die nach Helgoland besonders beliebt war. Durch eigene Anschauung der Pflanzen im lebenden Zustande wie durch das Studium im eigenen reichen Herbarium und in Paul Ascherson: (107) allen größeren Herbarien Europas hatte A. eine solche gründlichem Kenntnis erworben, daß er den Plan faßte, eine Synopsis der mitteleuropäischen Flora zu schreiben. Aber da er immer fast zu bereitwillig anderen half, kam er lange nicht dazu. Erst 1894 begann er die Ausführung in Gemeinschaft mit seinem Schüler Paul GR aebner. Leider hat er die Vollendung des Werkes nicht mehr erlebt; aber 7 Bände sind noch unter ihm erschienen, davon der erste schon wenige Jahre nach der Veröffentlichung in zweiter Auflage. AsCHERSON und GRAEBNERs Synopsis ist aber auch ein Werk, das einen Triumph der deutschen Wissen- schaft darstellt, ebenso reich an kritisch gesichtetem floristischen und systematischen Detail wie an morphologischen und ökologi- schen, an geschichtlichen und linguistischen Darlegungen, wird es,. einem Scheinwerfer gleich, auf viele, viele Jahre hinaus den For- schern den Weg erhellen. ASOHERSON war aber nicht nur Botaniker, er war auch Geo- graph, vor allem Pflanzengeograph. Größere zusammenfassende Werke hat er darüber zwar nicht veröffentlicht, sondern viele ein- zelne Abhandlungen; als zusammenfassend ist aber sein Abriß der Pflanzengeographie in LEUNIS Synopsis, 3. Aufl., i. Bd. zu er- wähnen. Er war ferner Ethnograph, Historiker und Linguist, kurz, er war ein „lebendiges Wörterbuch", zumal er ein ganz ausge- zeichnetes Gedächtnis besaß. Sein geschichtlicher Sinn bewog ihn auch, dahingeschiedenen Botanikern gern einen Nekrolog zu wid- men, wovon die Verhandlungen des bot. Vereins der Provinz Brandenburg wie unsere Berichte vielfach Zeugnis ablegen. Groß'^ Verdienste hat A. sich auch um die Deutsch» botanische Gesellschaft erworben. Zwar war er, als es sich bei ihier Gründung (1882) darum haadelte, den botanischen Verein der Provinz Brandenburg in der Deutschen botanischen Gesellschaft aufgehen zu lassen, ein Gegner dieses Antrages '), aber er hat treu sowohl der einen wie der anderen Gesellschafc seine Kräfte ge- 1) Siehe die ausführlichen Mitteilungen hierüber von G. VOLKENS, Die- Geschichte des bot. Ver. der Prov. Brandenburg 1859 — 1909 in Verhandl. de& Bot. Ver. LT., 1909. S. (27) ff. Sie enthält zugleich die Gründungsgeschichte der Deutsch, bot. Gesellsch. Ich selbst hatte als damaliger Vorsitzender des- Bot. Vereins einen schweren Stand. Jetzt muß auch ich, der ich mit ElCHLER, Frank, Kny, Koehne, Pringsheim, Schwendener, Strasburger, TsCHlRCH, VOLKENS, ÜRBAN u. a. für Auflösung des Vereins war, bekennen,^ daß beide Vereinigungen sehr gut nebeneinander bestanden haben und auch, gewiß ferner bestehen werden. L. W. (108) L. WlTTMACK: liehen. Auf sein Betreiben wurde in § 6 der Satzungen der Deutschen botanischen Gesellschaft Absatz 2 insbesondere auch die Erforschung der Flora von Deutschland als eine Aufgabe der Gesellschaft hingestellt. Ein eigenes Statut regelt die Tätigkeit der zu diesem Zwecke eingesetzten Kommission für die Elora von Deutschland. (Diese Berichte Jahrgang I, 1883, S. III.) ASCHERSON ward schon 1883 der Obmann dieser Kommission und ist es bis zu seinem Tode geblieben. Zahlreiche eingehende Berichte legen Zeugnis von der vielseitigen Tätigkeit der Kom- mission ab, ASOHERSON gebührt aber sicherlich der Löwenanteil daran. Auch in den Sitzungen der Deutschen botanischen Gesell- schaft war er fast regelmäßig anwesend, wie er überhaupt für alles Vereinsleben ein reges Inteiesse zeigte. Galt auch seine Haupttätigkeit den beiden genannten Gesell- schaften, so war er doch nicht minder eifriger Teilnehmer an den Versammlungen der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin, zu deien ordentlichen Mitgliedern er gehörte (ihre Zahl betrug über ein Jahrhundert lang nur 12, jetzt ist sie auf 20 er- höht), ferner der Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin, der Berliner anthropologischen Gesellschaft, des Vereins für die Geschichte Berlins usw. Zahlreiche Gesellschaften er- nannten ihn zum Ehren- bzw. korrespondierenden Mitgliede, und überall, wo er konnte, beteiligte er sich durch wissenschaftliche Abhandlungen oder durch tätiges Eingreifen bei den Besprechungen der Vorträge. Auch das Besprechen von Büchern machte ihm besondere Freude; aber er hatte nicht umsonst als Mediziner ge- lernt, die Sonde anzulegen, er übte oft scharfe Kritik, wie er über- haupt kritisch veranlagt war. Er wollte die Wahrheit, und er sprach sie aus ohne Rücksicht auf sich selbst, noch auf andere. So steht er vor uns, der große Pflanzenkenner, ein LiNNE unserer Zeit. So wollen wir sein Bild festhalten. ASCHERSON war unverheiratet. Nach dem Tode seiner Eltern führte er eine eigene Wirtschaft, der in den letzten Jahren als Hausdame Fräulein KITTEL vorstand. Sie hat es verstanden, ihm sein Heim so recht behaglich zu gestalten, und sie hat ihn treu bis zu seinem Tode gepflegt. Einen schönen Familienanschluß aber fand er, der Einsame und doch die Geselligkeit so Liebende, neben dem innigen Verkehr mit seinem ältesten Freunde SCHWEIN- FURTH (zwischen beiden gab es keine Geheimnisse) im Hause seines Freundes PAUL GRAEBNER und in dessen Verwandtschaft. An einem Donnerstage war A. entschlafen, am nächsten Sonntage, dem 9. März, fand in seiner Wohnung, Bülowstraße 50, Paul Ascherson: (109) eine erhebende Trauerfeier statt, an der etwa zweihundert Personen teilnahmen. Die Universität war durch den Rektor, Seine Magni- fizenz Graf VON BAUDISSIN, vertreten, die Deutsche bot. Gesell- schaft und der Bot. Verein der Prov. Brandenburg durch die in Berlin anwesenden Vorstandsmitglieder SCHWENDENER, HABER- LANDT, Jahn, KOEHNE, Lindau usw. und viele andere Mitglieder, desgl. die Gesellschaft naturforschender Freunde und viele andere, insbesondere auch sein langjähriger Freund Prof. Dr. ED. HAHN mit Schwester. Chargierte des Mathematischen Vereins an der Uni- versität und des Akademischen Vereins für Astronomie und Physik hielten mit umflorten Bannern die Ehrenwache in dem schwarz drapierten Zimmer. Ergreifend war die Rede des Pfarrers D. Dr. KiRMS; ihr folgten Ansprachen des Vertreters der Deutsch, bot. Ges. (der Schreiber dieses), des Vorsitzenden des Bot. Vereins der Prov. Brandenburg, Prof. Dr. JAHN, und des Vorsitzenden der Gesellschaft naturforschender Freunde, Prof. Dr. TORNIER. Am folgenden Tage fand die Einäscherung der Leiche im städtischen Krematorium in der Gerichtstraße statt. Die Aschen- reste wurden auf dem Lichterfelder Parkfriedhof beigesetzt, und inzwischen ist von einigen Freunden die Büste des Dahin- geschiedenen daselbst aufgestellt worden, ihm zum Gedächtnis,. uns zur Nacheiferung. Kleinere Verölfeutlicliim^en Aschorsons in den letzten Jahren. (Die Veröffentlichungen AsCHERSONs bis zum Jahre 1904 sind in der Fest- schrift zu P. AsCHERSONs 70. Geburtstage von K. W. VON Dalle TORRE genau aufgeführt. Eine Ergänzung findet man im Verzeichnis der in den Verhand- lungen des Bot. Ver. d. Prov. Brandenburg. Bd. XXXE— L enthaltenen Arbeiten und Mitteilungen, zusammengestellt von C. SCHUSTER. Beilage zu Bd. LI der Verhandlungen des Bot Ver. d. Prov. Brandenburg. — Das Verzeichnis geht bis einschließlich 1908.) 1909. Nekrolog auf H. LlNDEMUTH, Berichte der Dtsch. Bot. Ges. 1909. Bd. 27, S. (43). Ansprache beim BO. Stiftungsfest und Überreichung der Adresse der Natur- forschenden Gesellschaft in Danzig und des dem Bot. Ver. f. d. Prov. Brandenburg gewidmeten .31. Berichts des Westpreuß. Bot. zool. Vereins. — Verhandlungen d. Bot. Ver. d. Prov. Brandenburgs LI (96). Festrede ebenda (109). Über die Heimat der ßesetZa ebenda LI (129). Nachruf auf 0. HOFFMANN LI (153). Zusatz zu dem Nachruf auf BARNEWITZ LI (159). ^110) L. WiTTMACK: Paul Ascherson. 1910. Ansprache in Sperenberg ebenda LH (2). Neue Getreideart (Pankuiii exile) aus Afrika LH (34). Standort und Nomenklatur der Betula humilis LH (35). Besprechung der Arbeit von M. Eaciborski, AzaJea Toniica im San- domierer Walde und ihre Parasiten LH (36). Nachruf auf W. RetzdORFF LH (46), Nachruf auf F. PaESKE LK (65). Zusätze zu dem Aufsatz von H. Ardres (über die Pirolacecn |^des AsCHERSONschen Herbars). Ein neues Vorkommen der Betula humilis in d. Prov. Brandenburg LH, 151. 1911. Ansprache: Über die bot. Erforschung von Havelberg ebenda LIII (3). Über Sophora LIII (24). Unterirdische Ausläufer bei Cnidium venosum LHI (25j. Nachruf auf KARL SgheppiG LIH (46). Nachruf auf PETER PRAHL LIII (48). 2912. Über die historische Erforschung des Joachimsthaler Gebietes ebenda LIV (7). Vorlage der von P. Decker-Forst gesammelten f. d. Prov. Brandenburg neuen Calamagrostisiormen LIV (20). Nachruf auf Bmil LevieR LIV (60). Zum Gedächtnis an den Verstorbenen sind bisher erschienen: 1913. Gedenkblatt für PAUL AsCHERSON j^Todesanzeige) ebenda LV S. IH, Trauerfeier au P. AsCHERSONs Sarge LV (1). Trauerfeier zum Gedächtnis unseres Ehrenpräsidenten P. AsCHERSON in der Sitzung d. Bot. Ver. d, Prov. Brandenburg v. 20. März 1913 LV (10). L. WiTTMACK, Nekrolog in Gartenflora 1913, S. 180, mit A.s Bildnis. J. Behrens: Alfred Epischer. (111) Alfred Fischer. Von J. Behrens 1). Tief erschüttert wurden Freunde und Fachgenossen, als sie erfuhren, daß ALFRED FISCHER am 27. März 1913 freiwillig aus dem Leben geschieden ist. A. Fischer war geboren zu Meißen am 17. Dezember 1858 als Sohn des Kaufmanns FISCHER. Er besuchte zunächst die I. Bürgerschule seiner Vaterstadt und vom 12. Lebensjahre ab die Annen-Realschule zu Dresden, die er nach bestandener Abschluß- prüfung 1876 verließ. Er widmete sich dem Studium der Natur- wissenschaften ZLunächst in Leipzig, von Ostern 1877 ab in Würz- burg und vom Herbst 1878 ab bis Herbst 1879 in Jena. Seine botanischen Lehrer waren demnach während der eigentlichen Studien- zeit besonders A. SCHENK, J.SACHS und STRASBURGER. Eine Frucht seiner Tätigkeit im STRASBURGERschen Institut war die Arbeit über die Embryosackentwickelung einiger Angiospermen, auf Grund deren A. FISCHER im. November 1879 in Jena zum Doktor der Philosophie promoviert wurde. Nach der Promotion begab er sich zu DE BARY nach Straßburg, in dessen Laboratorium er bis zum Herbst 1881 arbeitete, worauf er nach Leipzig übersiedelte. Nachdem er sich im Juni 1882 am Kgl. Gymnasium einer Nachprüfung in Latein, Gritchisch und Geschichte unterzogen hatte, habilitierte er sich im Herbst 1882 (25. Oktober) als Privatdozent für Botanik an der Universität. 1889 wurde er zum außerordent- lichen Professor ernannt. Im Jahre 1902 folgte er einem Rufe als ordentlicher Professor und Direktor des botanischen Gartens an die Universität Basel. Leider vermochte er dort nicht heimisch zu werden. Nervöses Leiden beeinträchtigte in den letzten fünf Jahren mehr und mehr das, was ihn früher stets aufgerichtet hatte: das Interesse und die Freude an der Arbeit, die er immer wieder aufzunehmen versuchte. Schließlich legte er im Herbst 1912 seine Professur nieder und kehrte nach Leipzig zurück, wo er indessen 1) Zahlreiche Einzelheiten aus dem Lebensgang A. FisCHERs verdanke ich der Schwester des Verewigten, Frau Landgerichtsrat H. HERBIG in Dresden - Loschwitz. Auch seinem langjährigen Freunde, Herrn Professor Dr. H. Held in Leipzig, bin ich zu besonderem Danke verbunden. (112) J. BEHRENS: die von seinen Freunden erhoffte Erholung von schwerer seelischer Depression nicht fand. Das Bewußtsein der Arbeitsunfähigkeit und die Furcht vor geistiger Umnachtung haben dann schließlich zur Katastrophe geführt. Die Dissertation A. FiSCHERs behandelt, im Anschluß an Strasburgers eben erschienene Untersuchungen über „Die Angio- spermen und Gymnospermen" (Jena 1879) und in gleichem Sinne wie die gleichzeitig ebenfalls auf STRASBURGERS Anregung und in Strasburgers Laboratorium ausgeführte Arbeit JÖNSSONs, die Embryosackentwickelung einiger Angiospermen. Während JÖNSSON^) eine Anzahl gamopetaler Dikotylen untersuchte, bestätigte A.FlSUHER für eine große Zahl von Monokotylen und dialypetalen Dikotylen das von STRASBURGER zuerst erkannte Schema der Entstehung des Embryosacks, wobei allerdings Unterschiede sekundärer Natur keineswegs fehlten. Auf die Einzelheiten einzugehen, ist hier nicht der Ort, Unter dem Einfluß DE BaRYs, jedenfalls in dessen Labora- torium in Straßburg, beschäftigte sich A. FISCHER dann mit den Algen und Pilzen. Während DE BaRY die Morphologie und Entwickelungsgeschichte der Saprolegniaceen bearbeitete, löste A. Fischer in zwei exakten und mustergültigen Arbeiten die Rätsel, welche die in den verschiedensten Teilen der Saprolegnien vorkommenden Stachelkugeln schon früheren Beobachtern auf- gegeben hatten. A. FISCHER zeigte, daß die früher meist als Organe der Saprolegnien gedeuteten Gebilde, mit denen sich schon sein eister Lehrer SCHENK beschäftigt hatte, in der Tat Chytri- dineen angehören, die in den Saprolegnien parasitieren und in bezug auf ihre Wirte außerordentlich spezialisiert sind. Die Stachelkugeln der Saprolegnien sind die Sporangien von zwei Arten der Gattung Olpidiopsis Cornu (Olpidiaceen), Rosella Cornu und Woronina Cornu (Synchytriaceen). Auf Achlya und Saprolegnia kommen verschiedene Arten von Olpidiopsis und Rozella vor. Eine Infektion des einen Wirtes mit Parasiten des anderen Wirtes gelang nicht, und da auch Aphanomyces weder von Olpidiopsis Saprolegniae noch von 0. fusiformis (auf Achlya) befallen wurde, so dürfte auch die von Cornu auf Aphanomyces gefundene Olpidiopsis eine eigene Art sein. Eine besonders dankenswerte Frucht von A. FiSCHERs Arbeiten auf dem Gebiete der Mycologie bildet seine außerordentlich 1) Om embrjosackens utveckling hos Angiospermerna. Acta Universi- titis Lundensis. Bd. 16. Alfred Fischer: (113) kritische und sorgfältige Bearbeitung der Phycomyceten in BABEN- HORST-WlNTERs Kryptogamenflora. Auch die Untersuchungen über die Gonjugaten knüpfen an DE BARYs Untersuchungen über diese Familie an. Die Studien über die Zellteilung der Closterien bringen Aufschlüsse insbesondere über die Art und Weise, wie die Tochterindividuen durch ent- sprechendes Wachstum sich wieder zu einem in der Gestalt der Mutter gleichenden Individuum ergänzen, und über die eigen- (schachtel-)artige Struktur der Zellwand. Die Untersuchungen über das Vorkommen von Gipskristallen beziehen sich keines- wegs allein auf diese, die auf eine Anzahl von Desmidiaceen be- schränkt sind, sondern berücksichtigen auch andere Bestandteile der Zelle, besonders allerdings ähnliche tote (Oxalatkristalle ei wei ßartige Zersetzungskörper). Danach wandte sich A, FISCHER einem ganz anderen Gebiete zu, der Stoffwanderung. Zunächst widmete er sich eingehend der Erforschung des Siebröhrensystems, dem bezüglich der Wanderung der organischen Stoffe schon SACHS eine wichtige Holle zuge- schrieben hatte. Durch sorgfältige und langwierige anatomische Untersuchungen über den Verlauf und den Inhalt der Siebröhren schuf A. Fischer zum Teil die Grundlagen für ganz neue An- schauungen auf diesem Gebiete und hellte insbesondere auch das Zustandekommen der Eiweißpfröpfe an den Siebplatten auf, indem er zeigte, daß es sich hier um Kunstprodukte handelt, die in- folge der Verletzung des Siebröhrensystems auftreten. Durch seine Untersuchungen über die Physiologie der Holzgewächse wurde sichergestellt, daß die Eeservestärke in Rinde und Holz unter dem Einfluß des Temperaturwechsels im Laufe des Winters eine mehr oder weniger vollständige Umwandlung (in Glykose oder in Öl) erleidet, daß aber bei einbrechender Vegetation diese Umwand- lung rückläufig wird, und daß dann der aus der Stärke entstehende Zucker wesentlich mit dem Wasserstrom in den Gefäßen den Ver- brauchsorten zuströmt. Ob der daraus gezogene Schluß, daß die aufsteigenden Nährstoffe im Heizkörper, die absteigenden im Weich- bast, beide streng geschieden, wandern, durchaus richtig ist, wird allerdings wohl meist bezweifelt, schon mit Rücksicht darauf, daß in den Gefäßen der krautigen Pflanzen der Zuckergehalt stets sehr gering ist. Indessen wird auch in Holzpflanzen der Zucker- gehalt des in den Gefäßen aufsteigenden Wassers nach oben hin um so geringer, je näher die Stätten des Verbrauches liegen. Bei Krautpflanzen, wo die Speicherstätten den Stellen des Verbrauches außerordentlich nahe liegen, spricht daher der geringe Zucker- Ber. der deutschen bo^. Gesellsch. XXXI. (8) (114) J. Behrens: gehalt des Blutungssaftes noch keineswegs unzweideutig dagegen, daß der Zucker wesentlich in den Gefäßen emporsteigt. Nur in zwei Arbeiten hat A. FISCHER das Gebiet der Kraft- wechselphysiologie betreten. Eine außerordentlich wertvolle, zu neuen Auffassungen und neuen Fragestellungen Veranlassung gebende Arbeit ist seine Untersuchung über den Einfluß der Schwerkraft auf die Schlafbewegungen der Blätier, darch die A. FISCHER da- zu geführt wurde, zweierlei Typen von Pflanzen, soweit sie Blätter mit Schlafbewegungen besitzen, zu unterscheiden, auto- und geo- nyktitropische (oder besser — nastische), je nachdem die Schlaf- bewegungen bei Ausschluß der Schwei'ewirkung (auf dem Klinostaten) fortdauern oder aufhören. Es ist hier nicht der Ort, auf die in- zwischen gegen A. FiSCHERs Deutung erhobenen Einwände seiner Versuchsergebnisse einzugehen, zumal die Frage erneuter Unter- suchung dringend bedürftig ist. Jedenfalls erschien seinerzeit das gewonnene Ergebnis einwandfrei, und es gebührt A. FISCHER das \'erdienst, gemäß dem damaligen Stande unserer Kenntnisse in die kausalen Zusammenhänge tief eingedrungen zu sein und die Bahn für neue Fragestellungen gebrochen zu haben. Die zweite derartige Arbeit, die letzte, die wir A. FISCHER verdanken, ist ein Torso geblieben; sie beschäftigt sich mit der Wirkung der Wasserstoff- und Hydroxylionen auf die ausgereiften Samen der Sagittaria sagittifolia und einer Anzahl anderer Wasser- pflanzen, bei denen die Keimung sowohl durch Wasserstoff- wie durch Hydroxylionen ausgelöst oder wenigstens ungemein gefördert wird, aber nicht in gleicher Weise, sondern derart, daß nach Ein- wirkung von Wasserstoffionen die Keimung in anderer Art erfolgt als nach Einwirkung von Hydroxylionen. Eine Fortsetzung ist der vorläufigen Mitteilung leider nicht mehr gefolgt. Seit dem Ende der 80er lahre widmete A. FISCHER seine hervorragende Arbeitskraft in erster Linie der Erforschung der Organisation der Bakterien und im Zusammenhange damit einiger, wenn auch vielleicht nicht gerade verwandte)', so doch gemeiniglich in ihre Nähe gestellter, zum Teil ähnlich organisierter Lebewesen (Flagellaten, Spaltalgen). Ihm gebührt das Verdienst, klar her- vorgehoben zu haben, daß die Bakterienzelle ein ähnliches osmo- tisches System darstellt wie die behäutete Pflanzenzelle; er zog daraus die entsprechenden Folgerungen für die Deutung älterer und neuerer Beobachtungen über die Widerstandsfähigkeit der Bakterien bei Übertragung in neue Nährmedien, in. Salzlösungen usw., sowie für die Beurteilung der in der Bakteriologie üblichen Präpa- rations- und b ixierungsmethoden. Mag er auch vielfach über das Alfred Fischer. (115) Ziel hinausgeschossen haben, wenn er die Abtötnng der Bakterien in baktericiden Sera u. dgl, die von der medizinischen Bakterio- logie so vielfach auf eigene, mit mehr oder minder komplizierten Eigenschaften ausgestattete, mehr oder minder spezialisierte bak- tericide Stoffe verschiedenster Nomenklatur zurückgeführt wird, als Zerstörung des osmotischen Systems, das die Bakterienzelle eben ist, zu erklären suchte: jedenfalls hat A. FiSCBER die Auf- merksamkeit auf diese verhältnismäßig klaren, durchaus nicht hypo- thetischen Eigenschaften und Tatsachen gelenkt und gezeigt, daß sie gewiß in manchen Fällen durchaus zur Erklärung des Beob- achteten genügen würden. Auch einzelne wirkliche Irrtümer, wie die ursprüngliche Erklärung der Plasmoptyse (des Platzens der Zellen bei Übertragung in hypertonische Lösungen), ändern an diesem Verdienste nichts. Daß seine Untersuchungen unsere Kenntnisse über den inneren Bau der Bakterien und der Cyanoph^^ceen und über die Geißeln jener und der Flagellaten außerordentlich gefördert haben, soll hier nur kurz erwähnt werden. A. FiSOHER war da- her auch der gegebene Mann, als es sich darum handelte, an Stelle des klassischen, aber veralteten Werkes von DE BaRY eine neue botanische Übersicht über die Bakterien zu geben. Seine Vorlesungen über Bakterien, deren letzte (11.) Auflage leider schon 1903 erschienen ist, sprechen für sich selbst. Schon bei seinen Untersuchungen über die Siebröhren war A. Fischer darauf aufmerksam geworden, wie leicht und gründ- lich anscheinend harmlose und fast unvermeidliche Eingriffe den Zellinhalt verändern können. Dasselbe bestätigten ihm seine Unter- suchungen über die Bakterien, und so kann es nicht auffallen, wenn er seine Erfahrungen auf diesem beschränkten Gebiet dann auf das Gebiet der Protoplasmaforschung anwandte, die üblichen Methoden der Fixierung und Färbung des Protoplasmas kritisch prüfte. Das Ergebnis ist hauptsächlich niedergelegt in der 1899 erschienenen Schrift: Fixierung, Färbung und Bau des Protoplasmas, die den Nachweis lieferte und vertiefte, daß man mit der Über- tragung von Beobachtungen an fixiertem Material auf den leben- den Zustand nicht vorsichtig genug sein kann, daß jedenfalls auf diesem Gebiete Täuschungen außerordentlich leicht möglich sind. Auch hier ist A. FISCHER vielleicht in seinen Forderungen zu weit gegangen. Die Zukunft wird darüber entscheiden. Schon heute aber ist darüber gar kein Zweifel möglich, daß eine .Reaktion gegen die bisher fast allein übliche Untersuchung fixierter Prä- parate durchaus notwendig und in ihren Folgen außerordentlich wohltuend und heilsam war. (8*) (116) J. BEHRENS: In den letzten Jahren seines Lebens nahm die Arbeitskraft, nicht aber der Arbeitseifer A. FiSCHERs ab. Zahh-eiche aus seinem Institut hervorgegangene Arbeiten von Schülern legen bis in die letzte Zeit Zeugnis von dem Schaffenseifer ab, der in dem ihm uaterstellten Institute herrschte, zum großen Teil auch von A> Fischers anregender und helfender Mitwirkung^). Ks ist eine müßige Frage, ob unter anderen Verhältnissen A. FiSCEfER, dessen ernstes und schwermütiges Wesen nur unvoll- kommen durch Neigung zu sarkastischem Witz und Ironie verhüllt wurde, noch länger hätte arbeitsfähig bleiben können und seine Ver- dienste um dieFörderung der botanischen Wissenschaft noch vermehrt und vertieft haben würde: Das Schicksal hat es anders gewollt. In frühem Tode fand A. FISCHER die Erlösung von schwerem Leiden. Jeder aber, der dem Verstorbenen einmal nahe treten und seines Wesens echte Güte, seine Liebenswürdigkeit und seinen Ernst er- kennen durfte, wird seiner hochbefähigten, gemütstiefen und cha- rakterfesten Persönlichkeit, der, wie es in der Leichenrede seines Freundes Prof. Dr. HELD treffend heißt, die Natur Witz, Humor, Neigung zur Ironie und feinem Sarkasmus als prächtiges Gewand um den schwermütigen Kern seines Wesens gelegt hatte, auch menschlich ein herzliches und wehmütiges Andenken bewahren. Verzeichnis der Arbeiten A. Fischers. Zur EmLiryosackentwicklung einiger Angiospermen. Jenaische Ztschr. f. Natur- wiss., 1880, Bd. XIV, S. 90. Über die Stachelkugeln in Saprolegniaschläuchen. Bot. Ztg. 1880 Nr. 41 ff, S, 689. Untersuchungen über die Parasiten der Saprolegnieen (Habilitationsschr.). Jahrb. f. wiss. Bot. 1882, Bd. 13, S. 286. Über die Zellteilung der Closterien. Bot. Ztg. 1883, Nr. 16—18, S. 225 ff. Über das Vorkommen von Gipskristalle a bei den Desmidieen. Jahrb. f. wiss. Bot. 1888, Bd. 14, S. 133. Das Siebröhrensjstem der Cucurbitaceen. Vorl. Mitteilung. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. 1883, Bd. I, S. 276. Untersuchungen "über das Siebröhrensjstem der Cucurbitaceen. Ein Beitrag zur vergleichenden Anatomie der Pflanzen. Berlin 1884. Über den Inhalt der Siebröhren in der unverletzten Pflanze. Ber. d. Deutsch. bot. Ges. 1886, Bd III, S. 230. 1) Vgl. insbesondere FßÖHLlCH, Jahrb. f. wissensch. Bot. 1908, Bd. 45, S. 256; FLUßl, Blora 1909, Bd. 99, S. 81; STAHEL, Jahrb. f. wissensch. Bot. 1911, Bd. 49, S. 579; Ch Ternetz, ebenda, 1912, Bd. 51, S.»435; Bassalik, ebenda, 1913, Bd. 53, S. 256; Zeitschr. f. Gärungsphysiologie 1913, Bd. 2, S. 1, Bd. 3, S. 16. Alfred Fischer. (117) Über ein abnormes Voi kommen von Stärkekörnern in Gefäßen. Bot. Ztg. 1886, S. 89. Studien über die Siebröhren der Dicotylenblätter. Ber. d. EgJ. Sachs. Ges. d. Wiss. Math.-physik, Ol. 1885, Bd. 37, S. 244. Neue Beiträge zur Kenntnis der Siebröhren. Ber. d. Kgl. Sachs. Ges. d. Wiss. Matb.-physik. Cl. 1886, S. 291. Neue Beobachtungen über Stärke in Gefällen. Ber. d. Deutsch, bot. Ges. 1886, Bd. 4, S. XOVII. Zur Eiweißreaktion der Zellmembran. Ber. d. Deutsch, bct. Ges. 1887, Bd. 5. S. 423. Zur Eiweißreaktion der Membran. Ber. d. Deutsch, bot. Ges. 1888, Bd. 6, S. 113. Glykose als Reservestoff der Laubhölzer. Bot. Ztg. 1888, S. 405. Beiträge zur Physiologie der Holzgewächse. Jahrb. f. wiss. Bot 1890. Bd. 22, S. 73. Über den Einfluß dtr Sch-weikraft auf die Schlafbewegungen der Blätter. Bot. Ztg. 1890, Bd. 48, S. 673. Die Plasmolyse der Bakterien. Bericht über die "Verhandlungen der Kgl. Sachs. Ges. d. Wiss. zu Leipzig. Math.-physik. Klasse. 1891, Bd. I, S. 52. Phycomj'ceten. RabenhORST-Winter, Kryptogamenflora von Deutschland, Österreich und der Schweiz. Bd. I, IV. Abt., Lieferung 45 bis 62. Leipzig 1892. 605 S. Über die Geißeln einiger Flagellaten. Jahrb. f. wiss. Bot. 1894, Bd. 26, S. 187. Zur Kritik der Fixierungsmethoden und der Granula. Anatom. Anzeiger 1894, Bd. 9, S. 678. Neue Beiträge zur Kritik von Fixierungsmethoden. Anatom. Anzeiger 1896, Bd. 10, S. 769. Untersuchungen über den Bau der Cyanophyceen und Bakterien. Jena 1897. Vorlesungen über Bakterien. Jena 1897; II. Aufl. Jena 1903. Engl. Über- setzung: The structure and function of bacteria Translatedby A.C. JONES, London 1900. Russische Übersetzung von Raskinoj. St. Petersburg 1906. Untersuchungen über Bakterien. Jahrb. f. wiss. Bot. 1898, Bd. 27, S. 1. Brücke, Pflanzenphysiologische Abhandlungen. Herausgegeben von A. F. OST- WALDs Klassiker der exakten Wissenschaften. Nr. 96. Leipz'g 1898. Die Bakterieokrankheiten der Pflanzen. Antwort an Herrn Dr. E. F. Smith. Centralbl. f. Bakteriol usw. II. 1899, Bd. V, S. 279. Fixierung, Färbung und Bau des Protoplasmas. Jena 1899. Die Empfindlichkeit der Bakterienzelle und das 1 aktericide Serum. Zeitschr. f. Hygiene. 190% Bd. 35, S. 1. Über Plasmastrultur. Antwort an 0. BÜTSCHLl. Archiv für Entwickelungs- mechanik. 1901, Bd. 13, S. 1. Die Zelle der Cyanophyceen. Bot. Ztg. 1905, Bd 68, S. 51. Über Plasmoptyse der Bakterien. Ber. d. Deutschen bot. Ges. 1906, Bd. 24, S. 65. Erklärung. Ebenda. 1907, Bd. 25, S. 22 Wasserstoff- und Hydroxylionen als Keimungsreize. Ebenda. 1907, Bd. 26, S. 108. (118) Otto RObBNBERG: Bengt Lidforss. Von Otto Rosenberg. Am 23. September 1913 ist BENGT LiDFORSS, Professor an der Universität Lnnd, gestorben. Er hatte während der letzten Monate an einer schweren Brustkrankheit geHtten, die jedoch nicht im geringsten seine geistige Tätigkeit beeinträchtigte. Noch am selben Tage hatte er im botanischen Institut die Arbeiten der Studierenden geleitet, und am Abend starb er still und ruhig — ■ ein Mann von hervorragender Begabung, von welchem die botanische Wissenschaft, seinen ideenreichen Werken nach zu urteilen, noch bedeutende Förderung hätte erwarten dürfen; zugleich ein Mann mit viel- seitigen, literarischen und sozialen Interessen, eine fesselnde, inter- essante Persönlichkeit, die einen starken Einfluß auf seine Umge- bung, Schüler und Freunde, ausgeübt hat. Einem solchen Manne in einem kurzen Nachrufe gerecht zu werden, ist eine schwierige Aufgabe; die folgenden Zeilen wollen denn auch weiter nichts, als in flüchtigen Zügen die hervorragendsten Seiten von LiDFORSS' wissenschaftlicher Tätigkeit andeuten. Bengt Lidforss wurde am 15. September 1868 in Lund- geboren als Sohn des hervorragenden Philologen V. E. LiDFORSS, Professor an der Universität Lund. Im Juni 1885 machte er das Abiturientenexamen; im September desselben Jahres wurde er an der Universität Lund immatrikuliert. Das Kandidatesamen absol- vierte er im Jahre 1888, das Lizentiatexamen 1892. Er disputierte für den Doktorgrad am 15. März 1893 und wurde im selben Jahre promoviert. 1897 habilitierte er sich als Privatdozent für Botanik in Lund. Als Assistent am pflanzenphysiologischen Institut leitete er die anatomischen und physiologischen Arbeiten der Doktoranden in Lund, bis er im Januar 1910 zum Professor für Botanik an der Universiät Uppsala ernannt wurde. Hier hatte er indessen nur l^/^ Jahre gewirkt, als er im Mai 1911 als Nachfolger BENGT JÖNSSONs an die Universität seiner Vaterstadt Lund be- rufen wurde. BENGT LiDFORSS' Studienjahre fielen in eine Zeit, wo F. W. 0. AresohOUG Vorstand des botanischen Instituts in Lund ßENGT LlDKORSS. (119) war. ArescHOUGs Persönlichkeit hat sicherlich bestimmenden Einfluß auf LTDFORSS' botanische Entwicklung gehabt. Nicht so jedoch, daß er sich den pflanzenanatomischen Studien, die damals in Lund mit Vorliebe getrieben wurden, in besonders hohem Grade widmete. Aber die Anregungen, die ARESOHOUG in so eminentem Grade seinen begabteren Schülern zu geben verstand, lassen sich klar in der Forschungsart LiDFORSS' verspüren. LiDFORSS selbst hat in einem Nekrolog über ARESOHOUG hervorgehoben, daß dieser stets seinen Schülern nachdrücklich einschärfte, wie wichtig gründ- liche chemische und physikalische Kenntnisse für eine moderne pflanzenphysiologische Forschung sind. Während des Sommersemesters 1892 hat er in Tübingen unter der Leitung von Dr. ALBREOHT ZIMMERMANN die moderne Mikrotechnik näher studiert und dabei seine schon 18'J0 begonnenen Studien über die sog. Elaiosphären im Mesophyll der Blätter aus- gearbeitet. Diese in schwedischer Sprache geschriebene Abhandlung wurde zugleich seine Doktorarbeit. Er gibt hier eine eingehende Charakteristik der von ihm als Elaiosphären bezeichneten eigen- tümlichen Ölkörper der Blattzellen zahlreicher Pflanzen. Die Elaiosphären unterscheiden sich bestimmt von den sog. Elaioplasten (Ölkörper mit plasmatischer Unterlage) und sind in physiologischer Hinsicht als Exkret zu charakterisieren. Schon diese Arbeit zeichnet sich durch die klare Disposition und kritische Behandlung des auf- gestellten Problems aus, die für die Arbeiten LiDFORSS' so kenn- zeichnend sind. In einigen späteren Abhandlungen hat er einige speziell zytologische Probleme behandelt, so 1897 die um diese Zeit viel diskutierte Frage nach der Ohromatophilie der Sexual- kerne. Seine wichtigste zytologische Arbeit ist ohne Zweifel die- jenige über kinoplasmatische Verbindungsfäden zwischen Zellkern und Chromatophoren. LiDFORSS hat für diese Untersuchung eine besondere Methode ausgearbeitet, wodurch es ihm gelungen ist, faserige Strukturen im Zytoplasma festzustellen, welche direkte Fortsätze der Kernmembran darstellen und andererseits gegen die Chloroplasten hin ausstrahlen. Bei Anwendung der gewöhn- lichen in der Mikrotomtechnik benutzten Methoden bleiben die genannten Fäden nur sehr schlecht, wenn überhaupt erhalten. Daß es LiDFORSS gelungen ist, diese für das Verständnis der Be- ziehungen zwischen Kern und Zytoplasma bzw. Chromatophoren sicher sehr wichtige Entdeckung zu machen, beruht wohl in nicht geringem Grade darauf, daß er zu den nicht gerade zahl- reichen Zytologen gehörte, die nicht ausschließlich mit dem Mikrotom arbeiteten. (120) Otto Rosenberg: Während der Jahre 1893—1896 hat LiDFORSS die botanischeu Institute in Berlin, Leipzig und Jena besucht, um dort pflanzen- physiologische Studien zu machen. Der Aufenthalt an den deut- schen Instituten ist sicher von ungemeiner Bedeutung für seine wissenschaftliche Entwicklung gewesen. In Leipzig unter PFEFFER, in Jena unter STAHL hat er die pflanzenphysiologischen Methoden gründlich studiert und vielerlei Anregungen von diesen Forschern empfangen, die er weiter selbständig, nach seiner Eigenart, aus- gebaut hat. So zum Beispiel in seinen wichtigen Untersuchungen über die Keizbewegungen der Pollenschläuche und Spermatozoiden. Seine Methoden zur Ausschaltung der hier so reichlich vorhandenen Fehlerquellen sind sehr sinnreich ausgedacht, und die Diskussion und Behandlung des Problems ist stets klar und distinkt. Schon früher hat MOLISCH und nach ihm MlYOSHl das Vorhandensein einer chemotropischen, und zwar saccharo-chemotropischen ßeiz- barkeit bei den Pollenschläuchen festgestellt, außerdem auch einen negativen Aerotropismus. LiDFORSS suchte nun die Mechanik dieser ßeizbewegung näher zu beleuchten, er konnte durch zahl- reiche Experimente nachweisen, daß auch eine große Anzahl pro- teinartiger Stoffe einen ßeiz auf die Pollenschläuche ausübt, und daß eine chemotropische Reizbarkeit gegenüber diesen Stoffen eine den Pollenschläuchen der Angiospermen allgemein zukommende Eigenschaft darstellt. Da aber diese Stoffe gerade zu den besten Nährstoffen der Pflanze gehören, so geben diese Untersuchungen eine schöne Bestätigung der Annahme STRASBURGERs, nach welcher der Pollenschlauch auf seinem Wege nach der Mikropyle durch Trophotropismus geleitet wird. Ein besonderes Interesse hat LiDFORSS der Pollenbiologie und verwandten Fragen gewidmet, so vor allem in den 189ö und 1899 in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik er- schienenen Arbeiten. Auf Grund sehr genau ausgeführter Ex- perimente konnte er nachweisen, daß die besonders von KerNER vertretene Ansicht von der unbedingt schädlichen Einwirkung des Wassers auf den Pollen keineswegs allgemeine Gültigkeit hat; in chemisch reinem Wasser, also auch im Regenwasser keimen die Pollenkörner zahlreicher Pflanzen ebensogut wie in Zuckerlösungen; es sind eben die im Leitungswasser vorhandenen Mineralsalze, die das Absterben der Pollenzellen bewirken. Ökologisch interessant ist die Beobachtung, daß gegen Benetzung resistente Pollenzellen vorwiegend bei solchen Pflanzen zu finden sind, die offen expo- nierte, gegen Niederschläge ungeschützte Sexualorgane besitzen. Ausnahmen von dieser Regel kommen zwar auch vor — exponierte Bengt Lidforss. (121] Sexualorgane und regenempfindliche Pollenzellen — , aber hier werden die Nachteile der mangelnden Pollenresistenz durch be- sondere Verhältnisse kompensiert, z. B. durch eine Vermehrung des Pollens, der auf viele, zu verschiedenen Zeiten aufgehende Blüten verteilt wird. Durch die Untersuchungen von NÄGELI, ELFVING und vor allem MOLISOH wissen wir, daß das Vorkommen von Stärke im Pollen keineswegs eine seltene Erscheinung ist. Sehr interessant ist nun LiDFORSS' Beobachtung, daß von etwa 140 untersuchten, in Skandinavien einheimischen Windblütlern alle einen sehr stärkereichen Pollen führen. LiDFORSS sieht hierin eine ökonomische Anpassung; die Anemophilen produzieren eine übermäßig große Anzahl Pollenkörner im Verhältnis zu ihren assi- milierenden Blattflächen, und eine Materialersparung ist daher not- wendig, die dadurch realisiert wird, daß die Stärke in den Pollen- zellen vorläufig nicht in Ol übergeführt wird, bei welchem Prozeß ja Energie gebunden wird. Von ganz spezieller Bedeutung für LiDFORSS sind jedoch die Anregungen, die er von seinem Lehrer in Jena, ERNST STAHL, erhalten hat. Einige seiner wichtigsten Arbeiten bewegen sich auch in derselben physiologisch-biologischen Jüichtung, wie sie für den ge- nannten hervorragenden Forscher so charakteristisch ist. Sprach er doch immer mit besonderer Vorliebe von den in Jena zuge- brachten Jahren. Hier hat er seine wichtigen Untersuchungen über die wintergiüne Flora begonnen, auf welche Frage er während der folgenden Jahre immer wieder zurückkommt. Diese Unter- suchungen, die erst 1907 unter dem Titel „Die wintergrüne Flora, eine biologische Untersuchung" zu einem gewissen Abschluß kamen, bilden wohl die wichtigste Forschungsarbeit von LiDFORSS. Die Disposition dieser Arbeit ist geradezu musterhaft, die Problemstellung ist kurz und bestimmt, und die vorliegenden Fragen werden in einer einfachen und überaus klaren Weise behandelt. Ausgangs- punkt seiner Betrachtungen sind u. a. die Beobachtungen, die KjeLLMANN in den arktischen Gegenden gemacht hat, daß die dort lebenden Pflanzen mit äußeren Schutzmitteln gegen Kälte in sehr geringem Grade ausgerüstet sind, weshalb der hauptsächliche Kälteschutz wahrscheinlich im Plasma selbst zu suchen sei. Indessen ist es LiDFORSS aufgefallen, daß die Blätter zahl- reicher wintergrüner Pflanzen unseres Klimas während des Winters in einem anscheinend lebenskräftigen Zustande sich befinden, so daß dieselben Blätter beim Eintritt des Frühlings wieder anfangen zu assimilieren. Andererseits sieht man oft, wie eben solche Pflanzen, deren Blätter die Winterkälte gut vertragen haben, im (122) Otto Rosenberg: Frühling oft bei relativ niedriger Temperatur absterben. Als Haupttliema seiner Arbeit bot sich ihm demnach die Frage: worauf beruht es, daß gewisse Pflanzen vollständig gefrieren können, ohne ihre Vitalität zu verlieren, während andere auch bei sehr geringer Eisbildung zugrunde gehen? Als erstes wichtiges Resultat seiner Untersuchung fand nun LiDFORSS, daß die Blätter der betreffenden Pflanzen während der kalten Jahreszeit durchgängig stärkefrei, aber zuckerreich sind; also ungefähr dasselbe Resultat, wie es MÜLLER-THURGAU, FlsCHER u. a. früher an anderen Pflanzenorganen gefunden hatten. Über die eventuelle Bedeutung dieser Stof f metamorph osen als Kälteschutz haben jedoch diese und andere Forscher, die das gleiche Thema behandelt haben, keine Ansicht ausgesprochen. Im Anschluß an die von STAHL aufgestellte Unterscheidung der Blätter, von physiologischem Gesichtspunkt aus, in Stärkeblätter und Zucker- blätter, von denen jene für die besonders kräftig transpirierenden, diese aber für die schwach transpirierenden Pflanzen charakte- ristisch sind, untersuchte LiDFORSS die Frage, ob die Blätter der wintergrünen Pflanzen, die im Winter auf einem physiologisch sehr trockenen Substrat wachsen, vielleicht eigentlich den saccha- rophyllen Typen angehören. Durch Heranziehung eines um- fassenden Untersuchungsmaterials kam er zu dem Schluß, daß bei den untersuchten Pflanzen, die dem skandinavischen und nord- deutschen Florengebiet angehören, eine Art Saison-Chemismus vor- liegt. Im Winter 1897-138 unternahm LiDFORSS eine Reise nach Ober-Italien, um die wintergrüne Vegetation eines südlicher ge- legenen Florengebietes zu untersuchen. Es zeigte sich, daß auch in diesem Gebiete mit so mildem Winterklima ganz analoge Stoff- umwandlungen sich vollziehen. Auch die submerse Flora hat er in bezug auf die nämlichen Verhältnisse untersucht. In den konstant submersen Pflanzen, wie Elodea, Stratiotes u. a., wird die aufgespeicherte Stärke im Winter, wo das Wasser in tieferen Schichten normal nicht gefriert, nicht aufgelöst, während in den gewissermaßen amphibischen Wasserpflanzen, wie BanuncuUis Lingua, welche im Frühjahr normale Luftsprosse entwickeln, bei andauernder Kälte die Blattstärke in Zucker umgewandelt wird. Um nun die biologische Bedeutung der winterlichen Zucker- anhäufung zu erklären, geht LiDFORSS von einer Beobachtung, die oft gemacht werden kann, aus, daß nämlich im zeitigen Frühjahr, wenn die Sonne die Pflanzen zu erwärmen beginnt, viele Pflanzen, die die Winterkälte gut vertragen haben, jetzt von den Nacht- BENGT LIDFORSS. (123} frosten stark geschädigt werden. LiDFOUSvS zeigt, daß nicht die Erwcärmung an und für sich die Schuld an dieser größeren Kälte- empfindhchkeit trägt, denn Zweige, die im Dezember mehrere Wochen in geheiztem Zimmer wuchsen, erwiesen sich ungefähr ebenso unempfindlich gegen Kälte wie sonst. Im Dezember findet aber bei Erwärmung noch keinerlei Stärkeregeneration statt, im. Frühjahr dagegen, wenn die Sonnenstrahlen die Blätter erwärmen, öffnen sich, die Spaltöffnungen, die Stärke wird regeneriert, und nun ist die Kälteresistenz erheblich geschwächt. Diese Beob- achtungen führen nun LtdfORSS zu dem Schluß, daß die gelösten Kohlehydrate eine gewisse Schutzwirkung gegen die nachteiligen Folgen der Kälte ausüben. Durch sinnreiche Versuche ist es ihm gelungen, die ßichtigkeit dieser Schlußfolgerung zu beweisen; so z. B. zeigten Blätter, die auf künstlichem Wege Zuckerlösungen aufgespeichert hatten, eine erheblich größere Kälteresistenz als die Kontrollblätter. Die nächste Frage war die, in welcher Weise der durch Zucker bewirkte Kälteschutz zustande kommt. Im allgemeinen wird, wie LiDPORSS mit GORKE (1906) annimmt, das Erfrieren der Pflanzen durch eine Ausfälluno; von Eivveißstoffen veranlaßt, die von den Mineralsalzen der Zelle herbeigeführt wird, wenn der Zellsaft eine gewisse Konzentration erreicht. Eine solche Kon- zentration tritt aber ein, wenn bei der Abkühlung Wasser aus der Zelle herausfriert. Auf Grund der Resultate einiger Versuche mit Erfrieren salzhaltiger Eiweißsubstanzen mit und ohne Zusatz von Zucker kommt LTDFORSS endlich zu dem interessanten Schluß, daß der Zucker das Plasma gegen Erfrieren schützt, indem er die sonst beim Gefrieren eintretende Denaturiorung der im Plasma erhaltenen Eiweißkörper verhindert. In einer kleineren Arbeit über den biologischen Effekt des: Anthocyans hat er einen Fall geschildert, der eine sehr schöne Bestätigung seiner Anschauungen liefert: eine rotblätterige Form von Veronica hederaefoUa hatte im Frühling, als kalte Nächte auf warme Tage folgten, sehr durch die Kälte gelitten, während die grüne Normalform gut aushielt. Durch das Anthocyan tritt ein& starke Erwärmung der Blätter ein, dadurch wird die Stärkere- generation gefördert, und durch den so auftretenden Zuckerverlust nimmt die Widerstandsfähigkeit gegen Kälte ab. Seine Experi- mente haben diese Annahme auch bestätigt. Dies hindert nicht, daß in anderen Fällen das Anthocyan als wärmeabsorbierendes Mittel im Sinne STAHLs eine große Bedeutung erlangen kann^ (124) Otto Rosenberg: weil die Pflanzen dadiircli in den Stand gesetzt werden, noch bei Temperaturen zu assimilieren, bei denen die grünblätterigen Formen dies nicht mehr tun können. Der physiologischen Natur der von VÖCHTING zuerst beob- achteten sogenannten psychroklinischen Bewegungen hat LlDFORSS in einigen Arbeiten 1901, 1902 und 1908 eingehende Unter- suchungen gewidmet. LlDFORSS gebührt das Verdienst, die experi- mentelle Analj^se dieser biologisch sehr interessanten Phänomene geliefert zu haben. Er kommt zu dem Schluß, das die psychro- klinisch reagierenden Sprosse bei niederen Temperaturen diageo- tropisch, bei höheren dagegen negativ geotropisch reagieren; zu- gleich tritt, aber nur am Licht, eine starke Epinastie auf. Unter der Bezeichnung Psychroklinie werden, w^ie LlDFORSS zeigt, sehr verschiedenartige Phänomene zusammengefaßt, die durchaus nicht physiologisch gleichwertig sind. Eine anatomische Untersuchung lehrt, daß auch hier bewegliche Stärke vorkommt, ganz den An- forderungen der NEMEC-HABERLANDTschen Statolithentheorie ent- sprechend. Schon als junger Student interessierte sich LlDFORSS für das Studium der polymorphen Gattung Rubus, zuerst nur von rein fioristischem Gesichtspunkt aus. Aber bald* hat er mit experi- mentellen Kulturen von Bubus- Arten angefangen, in der Absicht, die Verwandtschaft der zahllosen Formen zu erforschen. Auch Kreuzungsversuche wurden gemacht und die Nachkommen der Bastarde genau verfolgt. 1905 wurden die ersten Resultate seiner Erblichkeitsforschungen publiziert, und im Jahre 1907 ist ein aus- führlicher Bericht der bis dahin gewonnenen Resultate erschienen. "Wenn man bedenkt, daß bei Ruhus eine Generation mindestens drei Jahre dauert, daß LlDFORSS unter sehr ungünstigen Verhält- nissen arbeitete, daß seine Kulturen aus Mangel an einem geeigneten Versuchsgarten nur in kleinem Maßstabe ausgeführt werden konnten und daher nur langsam fortgeschritten sind, und viele Kulturen außerdem sehr schlecht gediehen und ausstarben, so muß man die zielbewußte Energie und die Geduld LlDFORSS' bewundern. Glücklicherweise hat LlDFORSS vor seinem Tode ein Manuskript über die neuesten Resultate seiner wichtigen Ruhus- Forschungen zum Abschluß bringen können, das wohl über diese während mehr als 15 Jahre genau verfolgten Ver?uche näheren Aufschluß bringen wird. In dem Folgenden sollen nun in aller Kürze die wichtigsten Resultate von LlDFORSS' jRmJw5- Untersuchungen angeführt werden. Zuerst kann er konstatieren, daß eine große Anzahl von Ruhus- Arten sich in einem Stadium der Mutation BENGT LiDFOßSS. (1-5) befinden, in Analogie mit den von D3 VriES bei Oenothera gefundenen Verhältnissen. Granz besonders unter den Bastarden treten neue Merkmale auf, die als Bastardmutationen gedeutet werden. Sehr interessant sind die Angaben über das Vorkommen von „falschen Hybriden". B amerkenswert ist, daß er bei der Kom- bination B,. caesius und R. polyanthemos niemals echte Bastarde erhielt, dagegen über hundert „falsche Bastarde". Da die Rubus- Arten ohne Bestäubung nie Samen bilden können, so ist es nicht möglich, diese Bildung von mutterähnlichen Bastarden einfach als durch Apogamie hervorgerufen zu erklären. Am wahrscheinlichsten ist die Erklärung, nach LiDFORSS, daß diese „falschen Bastarde" aus einer Art Pseudogamie hervorgegangen sind, die durch den Reiz der Pollenschläuche ausgelöst wird. Er wollte selbst diese Frage durch zjtologische Untersuchungen näher beleuchten, aber der Tod hat es ihm nicht vergönnt. Wenn man jetzt, nach den neuen Erfahrungen aiif dem Erb- lichkeitsgebiet, die Resultate seiner vieljährigen Rubus - Unter- suchungen überblickt, so ist wohl nicht ganz außer Frage zu lassen, daß viele seiner als Mutanten beschriebenen Formen vielleicht als Neukombinationen bei Bastardspaltungen zu deuten sind. Sicher werden die nachgelassenen Aufzeichnungen LiDFORSS', die schon in Korrektur vorliegen, hierüber nähere Auskunft geben. In einer Darstellung der wissenschaftlichen Bedeutung LiD- FORSS' darf eine andere Seite seiner schriftstellerischen Tätig- keit nicht vergessen werden, nämlich seine ausgezeichneten populär- wissenschaftlichen Schriften. In seinen in schwedischer Sprache geschriebenen Naturwissenschaftlichen Plaudereien, „Naturveten- skapliga käserier", hat er den skandinavischen Ländern einen wirk- lichen Schatz von überaus schön und klar geschriebenen Schil- derungen der neueren Fortschritte der biologischen Wissenschaften, und ganz besonders der Botanik, hinterlassen. Seine Schilderungen sind stets frei von den leider allzu oft in dergleichen Schriften vorkommenden pathetischen Phrasen über die Wunder und Schön- heiten der Natur, klar und distinkt und dennoch fesselnd ge- schrieben. Dazu trägt wohl auch eine andere Seite seiner reichen Begabung bei, die hier nur angedeutet werden soll, nämlich sein in bestem Sinne journalistischer Stil, welcher zusammen mit einer stets gewahrten Achtung vor wissenschaftlicher Exaktheit seinen Schilderungen einen eigenartigen Reiz verlieh. ^126) Otto Rosenberg: Bengt Lidforss. Botanische Veröffentliclinng'en. 1885. Nägra växtlokaler tili Skänes Flora. Botaniska Notiser. Lund. 1890. Växternas .«kyddsmedel emot yttervärlden. Verdandis Smäskrifter. Uppsala. 1892. Über die Wirkungssphäre der Glukose- und Gerbstoffreagentien. K. Fysiografiska Sällskapets Handlingar, Bd, 4. Lund. 1893. St^jidier öfver elaiosferer i örtbladens mesofyll och epidermis. Ibid. Bd. 4. 1896. Zur Biologie des Pollens. Jahrb. f. wissensch. Botanik, ßd, XXIX. — Zur Physiologie und Biologie der wintergrünen Flora. Vorl. Mitteilung. Botan. Oentralbl, Bd. LXVIII. 1897. Zur Physiologie des pflanzlichen Zellkernes. K. Fysiogr. Sällsk. Handl., Bd. 7. Mit 1 Tafel. 1898. Über eigenartige Inhaltskörper bei Potamogeton praelongus. Botan. Centralbl., Bd. LXXXIV. 1899. Weitere Beiträge zur Biologie des Pollens. Jahrb f. wiss. Botanik, Bd. XXXIII. — Batologiska iakttagelser. Öfversigt K. Vet. Akademiens Handl. 1899, Nr. 1, Stockholm. — Über den Ohemotropismus der Pollenschläuche. Vorl. Mitteilung. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch., Bd. XVII. 19C1. Nägra fall af psykroklini. Bot. Notiser. Lund. — Batologiska iakttagelser. II. Öfversigt K. Vet. Akad. Handl. Stockholm — Studier öfver poUenslangarnes irritationsrörelser I. K. Fysiogr. Sällska. Handl. Bd. 12, Nr. 4. Lund. 1902. Über den Geotropismus einiger Frühjahrspflanzen. Jahrb. f. wiss. Botanik. Bd. XXXVIII. Mit 3 Tafeln. 1904. Über die Reizbewegungen der ikZf/rcÄanf/aspermatozoiden. Jahrb. f. wiss. Botanik, Bd. XLI. 1905. Studier öfver artbildningen hos släktet Rubus. K. Vetensk. Akademiens Arkiv f. bot. Bd. 4. Stockholm. — Über die Chemotaxis der Equüeinms'peTma.tozoidien. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch. Bd. 23. 1906. Studier öfver poUenslangarnes irritationsrörelser IE. K. Fysiogr. Säll- skapets Handl. .Bd. 16, Nr. 6. Lund, 1907. Studier öfver artbildningen hos släktet Rubus II. K. Vet. Akademiens Arkiv f. bot. Stockholm. Mit 16 Tafeln. — Die wintergrüne Flora. Eine biologische Untersuchung. K. Fysiogr. Sällsk. Handlingar N. F. Bd. 2. Lund. Mit 4 Tafeln. — Über das Studium polymorpher Gattungen. Bot. Notiser Lund. 1908. Über kinoplasmatische Verbindungsfäden zwischen Zellkern und Chro- matophoren. K. Fysiogr. Sällsk. Handl. N. F. Bd. 19. Lund. Mit 2 Tafeln. — Weitere Beiträge zur Kenntnis der Psychroklinie. Ibidem, N. F. Bd. 19, Lund. — Untersuchungen über die Reizbewegungen der Pollenschläuche. I. Der Ohemotropismus, Zeitschr. f. Botanik. Bd. 1. Mit 1 Tafel. 1909. Über den biologischen Effekt des Anthocyans. Bot. Notiser. Lund. 1911. BenGT JönssON. Nachruf. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch., Bd. XXIX, 1912. Über die Chemotaxis eines Thiospirillum. Ber. d. deutsch, bot. Gesellsch , Bd. XXX, W. GOTHAN: H. POTONIE, (127) H. Potoni§. Von W. GOTHAN. (Mit Bildnis.) Am 28. Oktober 1913 starb in Licliterfelde bei Berlin der Königl. Landesgeologe Prof. HENRY POTONIE nach langem schweren Krankenlager. Er war am 16. November 1857 in Berlin geboren, wo sein Vater, der auch als Schriftsteller hervorgetreten ist, die Vertretung einer größeren Pariser Firma hatte. Jedoch bereits in seinem fünften Jahre kam er zur weiteren Erziehung nach Paris, Seine Familie war französisch, und er wurde nun zu- nächst ganz als Franzose erzogen und besaß auch die französische Nationalität. Jedoch währte der Aufenthalt in Paris nicht allzu lange, denn bald nach dem Ende des deutsch - österreichischen Krieges 1866 schickte sein Vater die Familie wieder nach Berlin, in der Voraussicht des kommenden deutsch-französischen Krieges, und weil er Berlin „für den sichersten Platz der Welt" hielt. Seitdem hat H. POTONIE Deutschland nie mehr auf längere Zeit verlassen und erlangte auch die deutsche Nationalität. Schon früh (128) W. Gothan: befaßte er sich mit den Naturwissenschaften und speziell mit der Botanik, in der ihn zunächst am meisten die Floristik anzog. So wandte er sich dann nach der Absolvierung der Schulzeit der Bo- tanik als Fachstudium zu und studierte von 1878 -1881 in Berlin besonders Botanik. Bereits 1880 wurde er zweiter Assistent am Königl. Botanischen Garten in Berlin unter ElCHLER und blieb dort bis gegen Ende 1883. Seine Promotion fällt in das Jahr 1884. Er kam mit der Königl. Geologischen Landesanstalt in Fühlung, trat bald ganz zu dieser über und widmete sich von der Zeit an dem Studium der fossilen Pflanzen, dem er in erster Linie seinen E.uf verdankt. 1891 w^urde er Dozent für Paläobotanik an der Königl. Bergakademie und 1898 Bezirksgeologe. Bald darauf (190Ö) erhielt er den Professortitel und 1901 habilitierte er sich für Paläo- botanik an der Universität auf Wunsch der philosophischen Fa- kultät. In demselben Jahre wurde er Königl. Landesgeologe. Noch während seines Krankenlagers, im Sommer 1913, erfolgte seine Ernennung zum Geheimen Bergrat. Der Deutschen botani- schen Gesellschaft gehörte er seit der Zeit ihrer Gründung an. Wie sich aus dem Vorigen ergibt, war die erste Periode seiner wissenschaftlichen Tätigkeit etwa bis zum Jahre 1890 durch die Beschäftigung mit der Botanik ausgefüllt. Seine Dissertation be- schäftigt sich mit der Anatomie der Leitbündel der Farne, also mit den Gewächsen, die ihn durch ihre fossilen Vertreter sein ganzes Leben hindurch intensiv interessiert haben. Außer kleine- len Veröffentlichungen, die wir hier nicht weiter nennen wollen, fällt in diese Periode das Erscheinen seiner auf Veranlassung E[CHLERs verfaßten „Illustrierten Flora von Nord- und Mittel- deutschland", deren erste Auflage 1885 erschien und die in ziem- lich kurzen Zeiträumen vier Auflagen erlebte; nach längerer Pause konnte er sie dann in neuem Gewände in der fünften und noch auf dem Krankenbette in der sechsten Auflage bearbeiten. Seiner- zeit ebenfalls ziemlich bekannt waren seine Elemente der Botanik, die von 1889 bis 1894 in drei Auflagen erschienen. Suchen wir nunmehr einen Überblick über seine weit be- kannteren paläobotanischen Leistungen und Veröffentlichungen zu gewinnen. Als Botaniker mußten ihn naturgemäß die fossilen Pflanzen als Vorgänger der heutigen Pflanzenwelt besonders inter- essieren, und dies um so mehr, als bei ihm eine ausgesprochene philosophische Veranlagung hinzukam, die ihn befähigte und be- stimmte, große Züge in der Entwicklung der Pflanzenwelt zu erfassen und in phylogenetischem und morphogenetischem Sinne zu erkennen und zu verwerten. Er verstand es wie selten einer, H. POTONlE- (129) diese großen Zusammenhänge zu übersehen und mit prinzipiellen Gedanken zu durchtränken. Auf diesen Zwaig seiner Tätigkeit hat er selbst stets den größten Wert gelegt. Seine Anschauungen über die Herkunft der höheren Pflanzen von wasserbewohnenden Gabel- algen hat er in zahlreichen kleineren Aufsätzen niedergelegt, von denen die wichtigsten sind: „Ein Blick in die Geschichte der bo- tanischen Morphologie und die Perikaulomtheorie", 1903 und „Die Grundlinien der Pflanzen-Morphologie", 1912. Er nahm an, daß die Entwöhnung der als Gabelalgen von Fuciis-GharaktQY gedachten Primitiv-Pflanzen an das Landleben die Umwälzungen allmählich hervorgerufen habe, die zum Aufstieg der Pflanzenwelt zu den späteren Höhepunkten führte. Die GOETHE-BRAUNsche Morpho- logie, die Stengel und Blatt als etwas Konträres auffaßte, verwarf er und leitete den beblätterten Sproß ab von den genannten Gabel- stücken durch sukzessive Übergipfelung von Gabelteilstücken, wo- durch dem übergipfelnden Teil Achsennatur, dem übergipfelten Teil Blattnatur zugewiesen wurden. Den Stengel der höheren Pflanzen dachte er sich entstanden durch Verwachsung der Blatt- basen, die den Urstengel, das „Urcaulom", umgaben; hierher rührt der Name Perikaulomtheorie. Als besonders wichtige Stützen er- schienen ihm hier die Stämme der carbonischen Lepidophyten, die Lepidodendren und Sigillarien, bei denen man das von ihm ange- nommene Verhältnis noch deutlich ausgeprägt sieht. Seine eigentliche paläobotanische Tätigkeit konzentrierte sich in erster Linie auf die Steinkohlen-Flora, mit der er sich als Be- amter der geologischen Landes-Anstalt eines der kohlenreichsten Länder auch aus praktischen Gründen, nämlich zur Gewinnung einer horizontierenden Vergleichung der verschiedenen Kohlen- becken bewogen sah. Seine Veröffentlichungen über die Stein, kohlenpflanzen sind sehr zahlreich, und ein Teil davon ist in dem hinten folgenden Schriftenverzeichnis aufgeführt. Am wichtigsten und bekanntesten sind seine „Flora des Rotliegenden von Thü- ringen", 1893, seine „Silur- und Kulmflora des Harzes und des Magdeburgischen" 1901, dann die von ihm begonnenen (1903) und bis jetzt in 9 Lieferungen erschienenen „Abbildungen und Be- schreibungen fossiler Pflanzenreste", 1903—13. Eine Frucht seiner Tätigkeit für die Zw^ecke der Geologie ist seine „Floristische Glie- derung des deutschen Carbons und Perms", 1896. Auch sein ,, Lehr- buch der Pflanzen-Paläontologie", 1897—1899, beschäftigt sich zum weitaus größten Teile mit den Steinkohlenpflanzen, während die Pflanzen der übrigen Perioden ihm ferner lagen, wiewohl er auch über mesozoische und tertiäre Flora einiges veröffentlicht Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. (9) (130) W. GOTHAN: hat. Unter den Steinkohlenpflanzen selbst lagen ihm, wie schon vorn bemerkt, in erster Linie die Farne (einschließlich der heute als Pteridospermen bezeichneten) am Herzen, die deswegen auch in seinem Lehrbuch einen außerordentlich breiten Raum einneh- men. Auch sonst hat er über sie in Spezial-Abhandlungen ein« gehendere Studien veröffentlicht. Die häufige Beschäftigung mit den Steinkohlenfloren führte POTONIE zu einem weiteren Hauptzweig seiner wissenschaftlichen Tätigkeit, zu der Beschäftigung mit dem Problem des wertvollsten Produktes, das uns die fossilen Floren und speziell die Steinkohlen- flora hinterlassen haben, nämlich mit den Kohlen, Die Entstehungs- weise der Stein- und Braunkohlen von geologisch -biologischem Standpunkt aus hat POTONIE über ein Vierteljahrhundert beschäftigt, und seine Erfolge auf diesem Grebiete haben ihn auch in rein geo- logischen Kreisen noch bekannter gemacht, als dies seine paläo- botanische Tätigkeit vermocht hat. Insbesondere war es die noch im letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts recht unklare Frage von der Autochthonie und Allochthonie der Kohlenlager, die vor- her durch die Arbeiten der französischen Forscher, namentlich FaYOLs und GRAND' EURYs, in den Vordergrund des Interesses gerückt war, POTONIE hat selbst unter Führung der beiden Genannten das von FAYOL als Modell eines Kohlenbeckens mit allochthonen Kohlenlagern bearbeitete Vorkommen von Commentry besucht, ohne sich mit den Anschauungen der Franzosen identi- fizieren zu können. Vielmehr w^ar ihm schon damals — worauf allerdings schon längere oder kürzere Zeit vor ihm Männer wie BEROLDLNGEN, BRONGNIART, GÖPPERT und GÜMBEL hingewiesen hatten — klar geworden, daß wenigstens die Überzahl der fossilen Kohlenlager mit den heutigen Torfmooren zu vergleichen sei und deswegen autochtbonen Ursprungs seien. Die erste bemerkenswerte Arbeit auf diesem Gebiet, betitelt: Über Autochthonie von Carbon- kohlenflözen und des Senftenberger Braunkohlenflözes (1896; eine kleinere Arbeit darüber schon 1893) führte einerseits für die be- kannten Senftenberger Braunkohlenflöze mit ihren aufrechten Stammstümpfen, andererseits für Steinkohlenflöze, besonders Ober- schlesiens, den Beweis der Autochthonie. Bei den genannten Braunkohlenvorkommen stützte er sich auf die offensichtlich in situ befindlichen Braunkohlenstämme, bei den Steinkohlenflözen in erster Linie auf den regelmäßig an vielen Stellen im Liegenden der Flöze nachweisbaren Stigmarienboden (Underclay), auf dessen Bedeutung in Amerika schon LOGAN und ROGERS hingewiesen H. POTONIE. (131) hatten. Er betonte besonders unter Zuhilfenahme der Anatomie der Stigmarien, daß diese Stigmarienböden unmöglich anders als autochthon aufgefaßt werden könnten^ und daß nach Analogie unserer Torflager, die ebenfalls über autochthonen Wurzelböden liegen, die überlagernden Flöze ebenfalls autochthon sein müßten. Mit der Zeit erweiterte er seine Studien auf die brennbaren organogenen Gesteine überhaupt, die er unter dem Namen Kau- stobiolithe zusammenfaßte. Hierzu gehören außer den Torflagern, mit denen er sich als den lebenden Analoga der fossilen Kohlen- lager schon früh eingehender befaßte, zunächst die verschiedenen Arten der Braunkohlen, ferner gewisse Abarten der Steinkohlen (Kännel- und Bogheadkohlen) auch die bituminösen Gesteine im weitesten Sinne, z. B. der tertiäre Dysodil, die bituminösen Kalke und Schiefer und auch die Diatomeenerden. Das wichtigste Er- gebnis der auf alle diese Bildungen bezüglichen Studien ist seine Klassifikation der Kaustobiolithe, die er in die drei Hauptgruppen der 1. Sapropelite (Faulschlammgesteine), 2. Humusgesteine und 3. Liptobiolithe einteilte. Zu den Sapropeliten wurde er zunächst durch Studien an ganz jungem Material geführt; er erkannte, daß die durch das öl- und fettreiche Pflanzen- und Tierplankton ge- lieferten schlammigen Ablagerungen, die auch oft mit Mineralsub- stanz gemischt auftreten, sich von den Torfen, also Humusgesteinen, in ähnlicher Weise unterscheiden wie die bituminösen Gesteine und die Kännel- und Bogheadkohlen einerseits von den Humus- kohlen andererseits. Erleichtert wurden ihm diese Arbeiten aller- dings bedeutend durch die früheren Untersuchungen BERTRANDs und EENAULTs über die Bogheads, Die Liptobiolithe schließlich umfassen die besonders harz- und wachsreichen Kohlen und Ge- steine, meist jüngeren Alters. Der Name bedeutet: zurückgelassene Gesteine, wobei POTONIE die Anschauung vorschwebte, daß durch Aufbereitungs- und Verwitterungs- Prozesse in den betreffenden Kohlen der Harz- und Wachsgehalt angereichert wurde. Seine Untersuchungen über die Kaustobiolithe hat er in dem vor einigen Jahren (1910) in 5. Auflage erschienenen Werk ,,Die Entstehung der Steinkohle" zusammengefaßt. Seine gerade in den letzten Jahren mit doppeltem Eifer betriebenen Studien über die Moore und jüngeren Humuslagerstätten überhaupt hat er in einem drei- bändigen Werk veröffentlicht „Die rezenten Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten" 1907 bis 1912. Bei den Mooruntersuchungen legte er das Schwergewicht auf die biologische Seite und hat außer den bisher unterschiedenen Hoch-, Zwischen- und Flachmooren (9*) (132) W. Gothan: noch Unterstadien der Flach- und Hochmoore unterschieden. Ein näheres Eingehen auf diese Punkte müssen wir uns leider ver- sagen. Wie sehr ihm durch seine Studien die Moore lieb geworden waren, zeigt er auch durch seine Bemühungen, diese so arg ge- fährdeten und gegen äußere Einflüsse so empfindlichen Pflanzen- formationen zu schützen. So ist er stets energisch für die Er- haltung der kleinen Moore im Grunewald bei Berlin eingetreten, was allerdings bei der fortwährenden Ausbreitung der Riesenstadt von vornherein eine verlorene Sache war. Dagegen hat in erster Linie auf sein Betreiben das Landwirtschafts-Ministerium die Er- haltung des riesigen Zehlau-Moores in Ostpreußen wenigstens bis auf weiteres zugesagt. In dieser Provinz bewegten sich in den letzten Jahren seine Studien mit Vorliebe, da hier an verschiedenen Stellen die ursprüngliche Moorvegetation sich noch am wenigsten verändert erwies. Leider scheint es, als ob diese Moorstudien mit den Keim zu seinem frühen Ende gelegt haben. Er zog sich da- bei Malaria zu, die er, rücksichtslos gegen sich selbst, wie er war, vernachlässigte, und die schließlich in unheilbare Leukämie aus- artete, die ihn so lange auf ein qualvolles Krankenlager fesselte. So ist ihm leider auch das Schicksal nicht erspart geblieben, daß er an so manchem Naturforscher bedauerte, nämlich durch seine eigenen Studien selbst an der Gesundheit geschädigt zu werden. Das Feld der Tätigkeit dieses ungewöhnlich vielseitigen und rastlos tätigen Mannes ist damit nicht erschöpft. Gerade in weiteten Kreisen ist er durch seine populär wissenschaftliche Tätigkeit viel- leicht noch bekannter denn als eigentlicher Gelehrter. Im Jahre 1888 gründete er die seitdem von ihm geleitete „Naturwissenschaft- liche Wochenschrift" die zuletzt im Verlage von GUSTAV FISCHER in Jena erschien. Zahllos sind die populären Artikel aus seinem Forschungsgebiet, die er selbst in dieser Zeitschrift veröffentlicht hat, die er zu hohem Ansehen gebracht hat. Außerdem erschienen von ihm früher auch einzelne populäre Sonderschriften, wie in Bernsteins Volksbüchern u. a. m. Schließlich dürfen wir nicht seiner philosophischen Tätigkeit und der dahin gehörigen Schriften vergessen, auf die er selbst immer großen Wert gelegt hat. Wir hatten vorn schon auf seine philosophische Veranlagung hinge- wiesen, die sich bereits in der letzten Zeit seiner Schulzeit bei ihm zeigte. Seine philosophischen Schriften beschränkten sich im all- gemeinen auf kürzere im Plauderton gehaltene, nichtsdestoweniger sehr gehaltvolle Essays, die meist in der naturwissenschaftlichen Wochenschrift erschienen. Schon lange hatte er diese Plaudereien H. POTONIE. (133) sammeln wollen, jedoch erst während seines Krankenlagers ist er dazu gekommen, diese zu einem bei FisCHER in Jena erschienenen Buche zusammenzustellen. Als Philosoph bekannte er sich zur positivistischen Bichtung, und besonders AVENARITTS und seine Schule zählten ihn zu seinen Anhängern. Noch vor kurzem be- teiligte er sich an der Gründung der ,, Gesellschaft für positivisti- sche Philosophie", deren Vorstand er angehörte. Am Schluß sei hier ein Verzeichnis der wichtigsten Schriften H. POTONlEs in chronologischer Reihenfolge gegeben. 1880. Über die Bedeutung der Steinkörper im Fruchtfleisch der Birnen und der Pomaceen überhaupt. Kosmos. 1881. Anatomie der Lenticell?n der Marättiaceen. Jahrb. Kgl. Bot. Mus. Berlin 1883. Übi.'r die Zusammensetzung der Gefäßbündel bei den Gefäßkryptogamen. Jahrb. Kgl. Bot. Garten u. Museum. Bd. II, S. 1-46, t. VIII. Zugleich Dissertation.) 1886. Illustrierte Flora von Nord- und Mittel-Deutschland mit einer Einführung in die Botanik. 1.— 4. Auflage bei J. SPRINGER, Berlin. 5. u. 6. Aufl. (1910 u. 1913) bei G. FISCHER in Jena mit getrenntem Text und Atlas. 1886. Die Entwickelung der Pflanzenwelt Norddeutschlands in den verschie- denen Zeitepochen, besonders seit der Eiszeit. Slg. gemeinverst. wissensch. Vortr. von ViRCHOW & HOLTZENDORF. N. F. H. 11. Hamburg, J. F. RICHTER. 1887. Aus der Anatomie lebender Pteridophyten und von Cycas revoluta. Ab- handl. Kgl. Pr. Geol. Landesanstalt., 1887, p. 296—322, t. XVI— XXI. 1888. Über die fossile Pflanzengattung Tylodecdion. Jahrb. Kgl. Preuß. Geol. Landesanst. für 1887 (1888), p. 311-331, t. XII— Xllla. 1890. Der im Lichthof der Kgl. Geolog. Landesanstalt und Bergakademie auf- gestellte Baumstumpf mit Wurzeln aus dem Karbon. Jahrb. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanst. für 1889, p 246—267. t. XLS— XXIT, 18!iO. 1890—1893. Über einige Karbonfarne. I— IV. Jahrbuch Kgl. Preuß. Geol. Landesanst. für 1889, p 21—27, t. II— V, 1890 (Teil I). Ebenda für 1890, p. 11—39, t. VII -IX, 1891 (Teil II). Ebenda für 1891 (1892), p. 1—36, t. I— IV (Teil III). Ebenda für 1892 (1893), p. 1—11, t. I--III (TeU IV). 1892. Der äußere Bau der Blätter von Annularia stellata (Schloth.) Wood mit Aushlicken 3i\ii Equisetites zcaeformis (Schloth )Andrae und auf die Blätter von Calamites varians Sternberg. Ber. Deutsch. Bot. Ges., Bd. X, p. 561 — 568. (Über denselben Gegenstand auch an anderen Stellen.) (134) W. Gothan: ] 893. Anatomie der beiden „Male" auf dem unteren Wangenpaar und der beiden SeitenDärbchen der Blattnarbe des Lepidodendreen-BIattpolsters. Ber. Deutsch. Bot. Ges.. Bd. XI, p. 319-326, t. XIV. (Auch an anderer Stelle über dasselbe.) — Die Flora des Rotliegenden von Thüringen. Abhandl. Kgl. Preuß. Geol. Landesanst. N. F., H. 9, T. IT. — Die Zugehörigkeit von Halonia. Ber. Deutsch. Bot. Ges. Bd. XI, p. 486-493, T. XXIIC z. T. — FollicuUtes kaltennordheimensis und .F. carinatus. Neues Jahrb. Min. Geol. Pal. 1898, II, p. 86—118, t. V-VI. 1894. Die Wechselzonenbildung bei Sipillarien, Jahrb. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanst. für 1893, p. 24—67, t. III— V, Berlin 1894. — Über die Stellung der Sphenophyllaceen im System. Ber. Deutsch. Bot. Ges , Bd. XII, H. 4, 1894, p. 97—100. 1895. Die Beziehungen zwischen dem echt gabeligen und dem fiedrigen Wedelaufbau der Farne. Ber. Deutsch. Bot. Gesellsch. Bd. XIIl, p. 244—257. 1896. Die Beziehung der Sphenophyllaceen zu den Oalamariaceen. N. Jahrb. Mio. Geol. Palaeont. 1896, II, p. 141—156. — Ober Autochthonie von Garbonkohlenflözen und der Senftenberger Braun kohlenflöze. Jahrb. Kgl. Preuß. Geol. Landesanst. für 1896, p. 1—31, t. III u. IV, Berlin 1896. — Die floristische Gliederung des Deutschen Carbons und Perms. Abhandl. Kgl. Preuß. Geol. Landesanst. K F., H. 21. 1897 — 1899. Lehrbuch der Pflanzenpalaeontologie. DÜMMLERs Verlag, Berlin. 1897. Die Metamorphose der Pflanzen im Lichte palaeontologischer Tatsachen. Naturwiss. Wochenschr. Bd. 12, p. 608 — 616; auch Separat. — Die Pflanzenwelt unserer Heimat sonst und jetzt. BERNSTEINS naturwiss. Volksbücher. 5. Aufl. 1898. 1899. Eine Landschaft der Steinkohlenzeit. Mit Text. Gebr. BORNTRAEGER, Leipzig. — Abstammungslehre und Darwinismus. (BERNSTEINS naturwiss. Volks- bücher. 18). Berlin, Ferd. DÜMMLER. 1900. Fossile Pflanzen aus Deutsch- und Portugiesisch-Ostafrika. In: BORN- HARDT, Zur Oberflächengestaltung und Geologie von Deutsch-Ostafrika, p. 1—19. 1901. Die von den fossilen Pflanzen gebotenen Daten für die Annahme einer allmählichen Entwickelung vom Einfachen zum Verwickelteren. Natur- wiss. Wochenschr. N. F., Bd. I, p. 4 — 8 (auch Separat). (Zugleich HabilitationsvorlesuDg.) — Die Silur- und Culmflora des Harzes und des Magdeburgischen. Ab- handl. Kgl. Preuß. Geolog. Landesanst. Berlin, N. F., H. 36. — Bearbeitung der fossilen Farne, Oycadofilices, Lepidophyten usw. in EnGLER-Prantl, Die natürlichen Pflanzenfamilien, Teil I, Bd. 4. H. POTONIE. (135) 1902. Die Art der Untersuchung von Carbonbohrkernen auf Pflanzenreste. 1902. Naturwiss. Wochenschr., N. F., Bd. I, p. 265—270. Auch Separat. Jena 1902. — Erwiderung auf Prof. Westermaieks Besprechung meiner Rede über die von fossilen Pflanzen gebotenen Daten usw. N. Jahrb. Min. Geol. Pal. 1902, Bd. II, p. 97—111. — Die Pericaulomtheorie. Ber. Deutsch. Bot. Ges., Bd. XX, p. 502—520. 1903. Ein Blick in die Geschichte der botanisclieu Morphologie und die Peri- caulomtheorie. Naturwiss. Wochenschr., N. F., Bd. II, S. 3—8, 13 — 15. Auch Separat. Jena 1903. — Pflanzenreste aus der Juraformation. In: FUTTEREß, Durch Asien, Bd. 3, Lief. 3, Berlin 1908. — Zar Physiologie und Morphologie der fossilen Parn-Aphlebien. Ber. Deutsch. Bot. Ges., Bd. XXI, p. 162 — 165, t. VIII. 1903 — 1913. Abbildungen und Beschreibungen fossiler Pflanzenreste. Lief. I — IX. Herausgegeben von der' Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt. Unter Mitwirkung von GOTHAN, FISCHER, KOEHNE, HÖRICH, FRANKE, HUTH u.a. 1904. Eine rezente organogene Schlammbildung von Cannelkohlentypus. Jahrb. Kgl. Preuß. Gl>o1. Lai.desanstalt, Bd. XXIV, H. 3, p. 405-409. — Flore D6vonienne de l'Etage H^a de Barrande. (Mit BERN ARD). 1905. Zur Frage nach den Urmaterialien des Petrolea. Jahrb. Kgl. Preuß. Geol. Landesanstalt, Bd. XXV, H. 2, p. 342—368. — Die Entstehung der Steinkohle und verwandter Bildungen einschl. des Petroleums. Gebr. BORNTRAEGER, Berlin. — 5. Aufl., sehr erweitert 1910 unter dem Titel: Die Entsteh der Steink. und der Kaustobiolithe über- haupt. Ebenda. (Axißerdem Einzelschriften darüber.) 1906. Klassifikation und Terminologie der rezenten brenr-baren Biolithe und ihrer Lagerstätten. Ablu Kgl. Pieuß. Geol. Landesanst., N. F., H. 49. 1906—1912. Vegetationsbiider der Jetzt- und Vorzeit. (Mit GOTHAN). J. F. Schreiber ia Eßlingen. Bisher 5 Tafeln mit Text. 1906. Die Entwickelung der Pflanzenwelt. In: Weltall und Menschheit, p. 341—408. BONG & OlE., Berlin. 1907. Entstehung und Klassifikation der T'ertiärkohlen. In: Handbuch für den Deutschen Braunkohlenbergbau von G. KLEIN, 1. Aufl. 1907, p. 1 — 17, 2. Aufl. 1912, p. 1—22. 1908 — 1912. Die rezenten Kaustobiolithe und ihre Lagerstätten. Bd. I: Die Sapropelite. 1908. Bd. II: Die Humusbildungen. 1911. Bd. III: Die Humus- bildungen (Schluß) und die Liptobiolithe. 1912. Abhandl. Kgl. Preuß, Geol. Landesanst , N. F., H. 55, T. I — III. (Außerdem Einzelschriften darüber.) 1908. Zur Genesis der Braunkohfenlager der südlichen Provinz Sachsen. |Jahrb. Kgl. Preuß. Geol. Landesanst. für 1908, Bd. XXIX, T. I, H. 3, p. 639- 650. 1909. Die Bildung der Moore. Zeitschr. Ges. f. Erdkunde, Berlin 1909, p. 317—331. — Die Tropen-Sumpfflachmoor-Natur der Moore des produktiven Carbons, Jahrb. Kgl. Preuß. Geol. Landesanst., Bd. XXX, T. I, H. 3, p. 389-443. (136) W. Gothan: H. Potonie. 1910. s. unter 1905 — Kaustobiolithe. Geolog. Rundschau 1910, Bd. I, H. 6, p. 327—336. 1911. Eine im Ögelsee (Prov. Brandenburg) plötzlich entstandene Insel. Jahrb. Kgl. Preuß. Geol, Landesanst., Bd. XXXII, T. I, H 2, p. 187-218 1912. Grundlinien der Pflanzenmorphologie. Jena, G. FiSCHER. — Der Grunewald bei Berlin, seine Geologie, Flora und Fauna. (Mit "WAHNSCHAFrE, GrÄBNER, Hanstein.) 2. Aufl. 1912. (Jena). 1. Aufl. 1907. — Gründung der Palaeobot. Zeitscbr. 1913. Palaeobotanisches Praktikum. (Mit GOTHAN.) Berlin, GEBR. BORN- TRAEGER. — Naturphilosophische Plaudereien. Jena, GUSTAV FISCHER. (Meist vor- her in der Naturwiss. Wochenschr. erschienen.) Verzeichnis der Pflanzennamen Abutilon (76). Acalypha 328, 329, 330, 333. Acanthus ilicifolius 279. Acer 468. — campestre 470. — platanoides 127. Achlya prolifera 65. Achromatmm 190, 194. — Müller i 190, 194, 200. — oxaliferum 200. Aconitum 581. .AfZocca 340. — moschatellina 340. Aecidium thelymitrae 155. Aegiceras majus 278, 279. Aegilops cylindrica 230. Aesculus 387. — Hippocastanum 605, 607. Agrimonia 60. Albizzia 152, 154, 157. — montanum 151, 162, 153, 166. Albugo 526. — jBZ«fo" 519, 520, 624, 526, 526, 527, 628. — Candida 526, 528. Alchemilla 50, 467, 469. — i77/osa 162, 153, 154, 166. Alectorolophus 238. ^?^cn 154, 323, (40).' Allium 19. — C^i?a 40, 44, 308. — Porrum 40, 44. — sativum 40, 44. vlZoe 39, 41, 44, 46. — vulgaris 39, 41, 44, 46. Ampclopsis 468, 673, 576. — hederacea 463, 672—674, 677, 605. Amylomyces 383. — Rouxii 382. Ana&aena 184, 185. — delicatula 186, 188. — Halbfassi 184, 185, 187. — spec. 186. Ananas 19. Anaphalis 151, 162, 154, 156. — javanica 151, 162, 153, 157. Androcymbium leucanthum 582. Angiospermen 494, (40). ^«owa squamosa 825. Anthoceros 14, 493, 495, 497, 499. — Husnoti 496, 499. — punctatus 496. Anthyllis 132. — vulneraria 132, 135. Antirrhinum (47), (53). (57), (68), (59), (78), (79). — „aurea-Sippe" (46), (58), (59). — latifoUum (43). — majus (78). — rupestre (43). Apfelsinen 1 27 . Aphanothece microscopica 185. Aquilegia 686 (47), (79). — vulgaris (60). Arachis 34. ^raKa 347. Araliaceae 19 Aristolochia 273. Artemisia 83. Arthrogonium fragile 65, 67. Artocarpus integrifolia 326, 326, 328 — 333. 4rttn(Zo Donax 96. Asimina triloba 682. Asparagus 19. — officinalis 494. Aspergillus 138, 223, 224, 262, 264, 266. (138) Verzeichnis der Pflanzennamen. Aspergillus fumigatus 257, 258, 269, 26], 264, 265, 267. — glaucus 219. — minimus 266. — nididans 266. — niger 21-4, 216, 218, 219, 220, 221, 222, 223, 268, 261, 266, 352, 357, 358, 359. — Orysae 266, — Ostianus 266. — Rehmii 266. Aster 19. Asterionella 188. Atrichum undulaium 546, 552. . A utobasidiomycctes 518. Avena 233, 417, 560. — pratensis 593, 694. — sativa 235. Averrhoa 331, 332. — BilimU 325. Avicennia alba 278, 279, 280 — officinalis 278, 279. Bacillus amylobacter 286. — Pasteurii 286. — probatus 286, 287. — ureae 287. Baderium chlorinum (96). — ?treae 287. — viride (96). — xylinum 364, 365 — 368. Balsamina 137. Banisteria 473, 477. — chrysophylla 472, 476, 478, 482. Bartramia pomiformis 546. Basarthrum (13). Basidiobolus 261. — ranarum 258. Bartschia 238. Batrachium 582. Baumwolle 21, 24, 28, 34. Beggiatoa 196, 199, 200. — mirabilis 190, 192, 193, 196, 198, 199. Beggiatoaceae 196. Begonia spec. 605. Berberis 582. 5ete rapa 40. JBefa spec. 39. Biophytxim 282. — apodiscias 282, 283, 284, 286. Biophytum Beinivardiii 282, 284. — sensitivum 282, 284. „Blauer Burgunder" (39). Bombaceen 324, 325. Bombax 325, 327, 331. — Munguba 326, 326, 328—330. — spec. 329, 330. Bonnemaisonia asparagoides 35. Borago officinalis 132, 136. Botryococcus Braunii 187, Botrytis 261, 518. Brachythecium rutabulum 546, Brasenia 346. Brassica 19. — juncea 164, 166. — xVrtpws 39, 40, 44. — oleracea var. capitata 34. — Bfljja 127. Bromeliaceae 19. Bromus erectus 593, 594. Bniguiera caryophylloides 278, 279. — gymnorhiza 278, 279. Bryophyllum 493. — calydnum 492. Sryww 323, 324, 494. Bulbocodium 582. „Bunter Wein" (38), (39). Butomus 466, 583. — umbellatus 589. Buxbaumia aphylla 544, 551. Cajanus 19, 24, 34. Calamintha umbrosa 152, 153. Calchaqui-Mais (27). CaZ^/ja 584. — palustris 683, 584. Capsicum 19. Caragana 531. — arborescens 531, 532. Canca Pfli?a?/a 326, 331, 332, 473, 477. Carpinus Betulus 398. Carteria 180, 182. Cor?/« 347. Caryophyllaceac. 19. Cassia 19. — /is^M^a 325, 327, 329, 330, 332. — florida 325, Celastrales 581. Centaurea 536. Centranthus 686. Verzeichnis der Pflanzennamen. (139) Ceratium Jiirumlinella IS-i, 188. Ceratodon purpurcus 5i4, 551. Ceratozamia 472. Ceriops Candolleana 279. Ceropegia 481. — Sandersoni Decne 480, 482. Chamaccyparis 347. Champignon 125. Cheiranthus Cheiri 458. Ch'in. Faselbohne 34. CJilamydomonas 176, 180, 181, 182. — media 181. — nivalis 320. — parietaria 181. Chlorangium 184. „CMorina" (48), (46), (47), (48), (49), (50), (61), (52). Chlorogonium 181. Chloromonas 182. Chloronium (95), (96). — ■ mirabile (6), (80). Chlorophgceae 56. Chlorophyllbakterien (89). Chromatium 201, (80). — minus (80). — vinosum (80). Chroolepus 3, 4, 6, 6— 8, 10, 11. Chrysalidocarpus lutescens 582. Cicer 19, 24, 34. Citromyces 261. Citridlus 19, 34. — vulgaris 31. Ci^rMS 326. Cladophora spec. 39, 41, 44, 45. Clathrus (6). — cancellatus (6). Clematis Pitcheri 582. — viorna 682 Closterium moniliferum 599. Clostridium 137. Cocconema spec. 39, 41, 44. Coelosphaerium Kützingianum 185. Coffea arabica 332. Colchicum 582. „CoZ(Z Spring Harbor' (42). Colocasi,a aniiquorum 543. Columniferae 581. CoZwfea 132, 136. — arborescens 132. Combretum argenteum 477. Compositae 19. Conferva 441. Coniferen (40). Coniophora 149. Conocephalus 490, 491. — ovatiis 488. Convolvulaceae 19. Convolvulus arvensis 132, .136. Coprinus 150. Corydalis 585. Cosmarium Corbula 186. — pyramidatum 187. Cotoneaster 467. Crassula 489. Crataegus 386, 467. Crithodium aegilopoides 226. Crticiferae 19. Cucumis 19. Cucurbita 19, 78, 79. — Pepo 79. Cueurbitaceae 19. Cyanophijceen 220, 596, (89). (96). Cycadaceen 323. Cyclamen 670. Cydonia japonica 12, 13. — vulgaris 12, 13. Cymbella amphicephala 185. Cyperaceae 346. Cystococeus 3, 72. Cytisus 136. — austriacus 132, 136. Dahlia variabilis 606. Daucus Carola 127. Delphiniwu 135, 136, 581. — Ajacis 135. — consolida 132. Desmidiaceen 186, 188. Desmidieae 57. Desmidium Sioartzii 186. Dianthus 19, 136, 137. — deltoides 132, 135. Diatoma 39, 41, 44. Diatomeen 290, 568, (96). Dicentra 686. Dicranella heteromalla 544, 546. Dicranum scoparium 644, 646, 651. Dicrocephala tanacetoides 162, 156. Dictyosphaerium 184. — elegans 184, 187. (140) Verzeichnis der Pflanzennamen. Dictyosphaeriuni. pulchellum 185, 187. Dikotyledonen 19, 589. Dinohryon divergens 186. — hispanicum 186, 188. — Sertularia 186. — sociale 184. Dioscorea sativa 479, 482. Discolor (sect.) 32. DJ atibau m 32B. Dulichium 346—348. — spathaceum 346, 348, 349. — vespiforme 346, 347—349. Dunaliella 181. — salina 181. Echeveria 468. Eibisch, eßbarer 22. Eiche 466, 468. Eierpflanze 19, 22, 28. Elegans (sect.) 31, 32. Elodea 602. — canadensis 39, 41, 42, 44, 47, 603 — f/cnsa 603. Endomyces 518. — Lindneri 276. Ephedra campylopoda 587, 590. EpiloUum 136, 168. — angustifolium 132, 135. Bastarde 169, 171. — hirsutum 132, 135, 136. 167, 169, 170, 171. — hirsutum cruciatum 167 — 172. — hirsutum X -E. hirsutum cruciatum 168, 170. — hirsutum cruciatum X -S- hirsutum 168, 170, J71. — hirsutum X Hirsutum X hirsutum cruciatum 171. — hirsutum cruciatum X hirsutum X i?. hirsutum 170. Epimedium diphyllum 582. Equihetales 570. ^r6se 22, 102, 108, 118, 352. Eremurus robustus 503, 506. ^j-/m 136. — virens 132. — viridis 132. Eriodendron anfractuosum 325. Erythrina 325, 330, 331. Erythronium dens canis 682. Euastrum denticulatum 185. Eudorina 182. — elegans 187. Eunotia flexuosa 185. Eupatorium 467. Euphrasia 238. Eurhynchium spedosum 544, 546, 65 J . Eutriticum (sect.) 226, 227. Eutriticumform 226. Evonymus 387. — europaeus 471. Farnhräuter (40). • Ferraria undulata 582. Festuca nuligena 152, 153, 164. — own« 593. — spadicca 591, 593, 594. — r«r/a 591, 593. .F/cMs 331, 489, 490. — Couperi 489. — diversifolia 489. — c/flsfica 326, 331, 488—491. — eriobotryoides 489. — leucosticta 489. — neriifolia 489. — Porteana 489. Filipendula 467, 470. FlagcUaten (96) Fragaria 467, 469. Fiagilaria 188. — crotonensis 184. Fraxinus 387, (78). — excelsior 38, 39, 44, 46. Fritillaria 135, 682. — re^f«« 132, 135. J^wcM.s 35, 36, 567. — ceranoides 168. — platycarpus 39, 44, 168. — vesiculosus 35, 36, 168. — virsoides 36, 39, 44. Fumaria 585. Funaria 15, 323, 494, 549. — hygrometrica 16 (Fig. 1), 324, 544, 546—648. Furtgi 154. Fusarium 17, 19, 20, 21, 23, 30, 32, (34). — blasticola 26. — coer Zeit/M 30. — conglutinans 18, 31, 34. — discolor var. sulpihureum 30. Verzeichnis der Pflanzeonamen. (141) Fusarium hjcopersici 27, 29, 30, 31, 34. — metachroum 30. — niveum 27, 31. — ortkoceras 18, 81. — oxysporum 18, 20, 21, 30. — redolens 80, 81. — Rhizoctonia (^34). — Sclerotium 30, 31. — trachciphilum 18, 26, 31, 34. — trichothecioides 30. — uäum 24. — vasinfectum 20, 22, 28, 29, 30. 31, 34. — var. inodoratum 31. Gagea 682. Galaxia graminea 582. Galeopsis tetrahit 132. Galinsoga parviflora 153. Galium rotundifolium 162, 163, 156. Garcinia 326, 328, 329, 330, 331, 333. — mangostana 325, 331. Gaultheria nummulär ioides 152, 163, 154. Geigeria 53ri. Genicularia spirotaenia 57. Genipapa americana 326, 326, 328—330, 333. Gentiana 686. — quadrifaria 152, 153. Gentianaceae (13). Geraniiun 83, 84, 86. — ardjunense 152. — Berteroanum 86. — crenophilum 84, 87. — dissectum 83. — nepalense 84, 87, 152, 153, 154, 155 iFig.), 166 (Hg.). — Bichardsonii 85, 87, 88. — Robcrtianum 83. — rotundifolium 83, 86, 87, 88. — sessiliflorum 86, 88. — silvaticum 83, 86, 87. — t?enos?tw 85, 87. Gerste 515. Gerstenflugbrand 336. (?ewm 470, (13). Gibbosum (sect ) 30, 32. Giberella 30. Ginseng 19, 23. Gladiolus 132, 136, 136. Gloeocapsa 10. Gloeocystis Naegeliana 72. Gloeosporinta fructigenum 13. Ö^^cme 19, 20. Gnaphalium 166. — involucratum 152, 153. — sa.ratile 96. Gnetales 587, 588. Gnetum 687, 689. Gomortegaccae 682. Gomphonenia acuminatum var. coro- natum 185. — capitatuiii 185. Gonium 182. Gossgpiam 19, 34. — hcrbaceum 31, 34. — barbadense 31, 34. Grimmia pidvinaia 546. Gruinalcs 5S1. Gyalecta cupularis 10. Gymnogramme elongata 486. Gymnospermen 494. Gymnostomum tortile 319. Gymnozya moniliformis 186. Habenaria, 156. — tosariensis 152, 163, 154. Halenia 586. Hamamelis 535. „Harrisburg" (42), (43). Hartwegia comosa 39, 44. Hedychium 586. — Gardnerianum 690. iTe/e 135, 518. Helianthus annuus 89, 91, 92, 249, 308. Herminium angustifolium 152, 154. Heterangium 568, 569. Heteropteris 477. — chrysophylla 472, 47 7. Hibiscus 19. — esculentus 17, 3l, 34. — rosa smensis 328, 329, 330, 332, 333. — schizopetalus 832. — tiliaceus 331, 332. Homalothecium sericeum 544, 546, 561. Hopfen 466. Hordeum 871, 379. — safivum 601. Hormidium 64 — 68, 71. — cremdatum 68, 70. — flaccidum 64, 68. (142) Verzeichnis der Pflanzennamen. Hormidium fragile 67. — moniliformc 72. — parietinum 68. Hormiscia 67. Hormisica 66. 67. Humulus 466. — Lupulus 481 Hyacinthus orientalis 40, 41, 44. 46, 47. Ht/alotheca dissiUens 186. Mydrocharis 582. Syperhasarthrum (18). Hypericum Hookerianum 162, 154. — Leschenaultii 152. Hypnmn purum 545. — velutinum 545, 552. Hypomyces 23. — • ipomoeae 23. -T/ex aquifolium 467. Inäigofera 19, 24, 34, 241. Jonaspis 3. — melanocarpa 9, 10. — Prevostii 10. Ipomoea 19. Jn's pseudacorus 582. Isoetes 14. Isopyrum hiternatum 582. Kapokbaum 825. Kartoffel 19, 22, 28, (10), (18). — „Araukaner" (22). — „Blaue Mandel" (16). — „Blaue Riesen" (18). — ..Daher sehe" (26). — „Express" (16). — .jimperator" (26). Kartoff'elknollen „Magnum bonum" 127. Kartoffel „Marjolin" (18). — „Neger- (22). — „fie£^ ^r apple" (14). — „roter Tannenzapfen" (14). — „I/p to dafe" (16), (18). Kirschenbaum 466. Koeleria cristata 693. — cristata subsp. gracilis 594. Kopfkohl 34. Laburnum (78). Laminaria 35, 36, 38, 39, 46. — digitata 35, 44. Lamium 133, 135, 138, 139. Lamium album 132, 135, 605. Lapageria rosea 582. Laihraea 238, 239, 240, 241. — Clandestina Lam. 238. — Squamaria L. 238. Lathyrus 19, 20, 136, 531, 534. — latifolius 534, 535. — odoratus 584. — sllvestris 132, 135. Laubmoose 494, (40). Lauraceae 682. Lebermoose 494, (40). Lecidea Caerulea 8. Leguminosae 19. Leontice 582. Lepidium sativum 127. Lichenen 154. Licuala grandis 583. Ligustrum (78). Liliaceae 19. Lilium 582. — giganfeum 500. 502, 503. Linaceae 19. Linaria 132, 136. — vulgaris 132. Linum 19. Liquidambar 347, 387. Liriodendron 347. Livistona 472. Lloydia serotina 682. Lolium temulentum 370, 568. Lonicera Loureiri 152, 153. — oxylepis 152. Lotus 531. Lumnitzera racemosa 279. Lunaria annua (79). — biennis (60). — — aZ6o marginata (60). Lunularia cruciata 645. Lupinus 19, 20, 353, 631. — aZ&MS 89, 92, 249, 25 J. — ZttfeHs 358, 369, 360, 361. Lychnis coeli-rosa (64). — dioica (42). Lycium barbarum 132. Lycoperdon 293, 303. Lycopodiales 14, 570. Lycopodium 14, 293, 300. — clavatum var. divaricatum 153. Lyginodendron 568, 569. Verzeichnis der Pflanzennamen. (143) Maglia- Knollen (15). Magnolia 347. Mahonia 582. Mais 102, 118, 353. Makabopflanzeii 543. Malpighiaceae 472, 473, 476, 477 Maltal-artoffeln (33). Malvaceae 19, (76). Mangifera 330. — ^W^■ca 325, 328, 329, 332. 333. Mangroven 277. Manihot Glaziovii 619. Mascarenhasia 618, 620. — anceps 618. — elastica 618, 620. Maratti Romulea 582. Medicago 19. Medusomyces 248. — 6r^■sm^■ 243, 247, 364. Melampyrum 238. Melandrium (6), (40), (42), (43), (47), (49), (52), (63), (56). (57), (68), (59), (60), (61), (64), (71), (76), (78), (79). — album (42), (43), (47), (51), (65), (76), (78). — album X rubrum (47), (62), (65), (76), (78), (80). — .,aurea--Sij)pen (67). (69), (70) -(74), (76), (78), (80). — „aurea'- (chlorina)X„aurea" (chlor ina) (72). — „aurea" (chlorina) X chlorina (72). — „aurea" (chlorina) X pallida (72). — „aurea- (pallida) X „aurea" (pallida) (72). — „chlorina" (52), (53), (62), (63), (65), (66)-(69), (76), (78), (80). — CX „chlorina") (63). — „chlorina" X „aurea" (chlorina) (72). — „chlorina" X „aurea" (pallida) (72). — ..chlorinomaculata" (63), (65)— (67), (76), (80). — „chlorina" X ^//i«'ca (60), (63). — , (56), (69), (76). — typica (y, pallida) (52). Melanthiuin virginicum 582. Melia Azedarach 326. Melosira cremdata 184. — distans 184. — granulata 186. Merismopedia tenuissima 185. Merulius 147, 148, 149, 311—315. — lacrymans 149, 311, 313. — sclerotiorum 147 — 150. Mcspilus 467. — germanica 464, 471. Microcystis fios aquae 185. Micropuccinia (sect.) 83. Microspora 441, 442, 443, 446. — amoena 441, 442, 443, 446, 446. — floccosa 443, 444, 445. — TnVicfljia 441, 442, 443, 446. Mimosa pudica 282, 283. Mimusops 380. — 5ato^a 331. — coriaeea 325, 328, 329, 331, 333. Mirabilis (46), (47), (79). — Ja/apa (46), (52), (79). „albo-maculata" (60), (67). „albo-marginata" (64). — — aurea (46). — — chlorina (46). — — typica (46). — — „variegata" (60). i¥«67?eZ 464. MmwOT 322, 823, 494. (144) Verzeichnis der Pflanzennamen. Mniuni hornu)ii 544, 661. — punctatum 544. — rostratum 560. — unchdatuni 644. Monas 196. — Mülleri 190, 191, 193—202. Monimiaceae 682. Monokotyleäonen 19, 682. Monokotylen 680, 581, 589. Moose 164. Moraea tristis 682. ..Morillon noir" (39). Mtfcor 136, 138, 383. — Muccdo 261. — racemosus 220, 260, 261. Mucor Rouxianus 882. — Rouxn 383. — spinosus 261. ' Jfifcsa 19. Musaceae 19. Mycoderma 247, 24S, 368- Myrtales 581. Nectria 261. — ipomoeae 23. Neocosmospora 29, 22 — 24, 33. — vasin fecta 24, 34. Nicoiiana 137. — a/"j^ms 132, 136. — affinis -\- tahacum 136. — tabacuin 132, 136. lYostoc 497, 499. — lichenoides 497. Nuphar 136. — luteum 132. iVi/ssa 847. Odontites 288 — verna 242. Oedogonium undulatum 187. Oenothera 168, 169, 171, 334. Oenothera-Bastarde 169, 334. — 6?ewms 166 -172, 334. — biennis (^ 171. — hiennis cruciata 166, 167, 168, 169. 171, 172. — hiennis cruciata (^ 171, — hiennis cruciata X 0. hiennis 168, 170. (Oenothera biennis cruciata X 0. biennit) X 0. hiennis 171. (Oenothera biennis X 0. biennis cruciata^ X 0. biennis 171. — hiennis X 0. hiennis cruciata 168, 170. — biennis X Lamarckiana 334, 336. — biennis $ X muricata ^f 334, 835. — Lamarckiana X biennis 334. — muricata 171, 834. — muricata X biennis 334. Oidium 135. Oocystis solitaria 187. Opegrapha gyrocarpa 10, 12. Ophelia oxyphylla 162. Ornithopus 19, 20. Orobus 631. Orthantha 238. Orthotrichum obtusifolium 546. — pumilum 646. OsciVarien 658, 694. Oscillatoria formosa 695. Osmunda 669. 0/^eZm 582. Oa:aits 60. — crassicaulis 60. ,,Pallida'- (43), (61), (.52). Pahnella 8, 70. Palmen 472. Panax 19. — quinque folia 23. Pandorina 182. Papilionaceen 529, Pappelbakterium 138. Paprika 19. Parietales 581, 585. Pedaliaceae 19. Pelargonium 465, (64). — .jonöie (78). — zonale „albo-marginata" (60), (64). Pellionia 339, 342, 316. Pclmella 6. Peltigera 64. — Icpidophora 62 — 54. — nigripunctata 62. — rufescens var. lepidophora 54. Penicillium 135, 138, 210, 216—218, 224, 261, 518, 568. Verzeichnis der Pflanzennamen. (145) Penicillium glaucmn 210. — luteum 275. — variahile 211, 216, 261, 264, 265. Penium Cucurbitum 186. Peridineen 290. Peridinium 184. — cinctum 185. — minimum 185. — Wülei 186, 186. Periploca yraeca 479. Petractis exanthematica 3, 10. Pflaumenbaum 466. Phallus impudicus (6). Phascum cuspidatum 546, 549. Phaseolus 19. — multifloru^ 481. — vulgaris 122. PWocc 137. — Drummondii 132. Phycomyces 816, ^62. — m^eMs 316, 363. Physcomitrium pyriforme 544, 651. Phytophthora infestans (151. P/L-c 617. Pimpinella javana 152, 1 53, 1 55, 156 (Fig.) Pinnidaria parva 185. P insing allo-Mais (27). Pmws 347. — Laricio 347. — silvestris 408. Pm«s 467, 469. Pisonia alba 325, 331, 332. PiSM/H 19, 132, 136. — sativum 31, 132, 135. Pistillaria 160. Plagiothecium 15. Plantago 166. — Hasskarlii 152, 153, 165. — incisa 153, 156. Pleodorina illinoisensis 179. Pleurococcaceen 65. Pleurococcus 6, 72. Pleurotaenium Ehrenbergii 185, 186. Plumhaginales 584, 586. Pogonatum aloides 544, 545. — nanum 544, 545. — urnigermn 544, 545. Poineiana regia 326. Polycarpicae 681, 682—588. Polygonum chinense 152, 153, 155, 156. Ber. der deutschen bot. Gesellsch. XXXI. Polypodium angvstimi 486, 488. — incanum 486. — lanceolatum 485, 487, 488. — var. clongatum 488. — var. serratum 486, 487, 488. — var. sinuatum 488. Polyioma 176, 181. Polytrichum 323, 494. — juniperum 646, 646. — piliferum 324. Populus 468, 470. — pyramidalis 132. Poteniilla 50, Pottia truncatula 544, 549. PrimuJa sinensis 305. Prototheca 558. — .^Oi?^/ 558. Prunus 467. — «OTMHi 4 63, 466. — domestica 468, 466. — Laurocerasus 466, 470, 471. — P(uZns 127, 469, 470. PifeZea (78). Pteridium aquilinum 154. Pteridophytai 164, 494. Puccinia 84—88. — Absinthii 83. — Bistortae 819. — Callaquensis 86, 88. — Geranii 83, 84, 86, 87, 88. — Geranii silvatici 83 — 87. — Leveillei 83. — Saniensis 84, 87. — semireticidata 85. — silvatica 85. Pulsatilla 582. Pustularia vesiculosa 518. Pyramimonas 180, 182. Pyrus communis 605. Quercus 408, 466, 468. — pedunculata 408. — Pofewr 408. Ranuneulus 582, — «cer 582. — diffusus 162, 156. — lapponicus 582. — verticillatiis 582. (10) (146) Verzeichnis der Pflauzennamen. Raphanus sativus 469, 462. Resedaceen B85. Rhamnales 581. Rheuni 386. Rhinanthaceen 238, 242. Rhinantheae 238, 242. Rhizoctonia potomacensis 30. — solani 30. Rhizophora conjugata 278, 279. — mucronata 278 — 280. Rhizopus 261. — nigricans 225. Rhoeadales 681, 586. Ricinus communis 381, 332. Rohinia Pseudacacia 408, 605. i?osa 467, 470. Rosaceen 467, 471. Rosales 681, 685. Roseum (sect.) 32. iiofe Salatrübe 39, 40, 44. Rubiales 585. i?w6ws 166, 467, 491, 492. — fruticosus 470. — JfZaeMS 467, 469, 491. — lineatus 156. Saccharum 241. Saccharomy Codes Ludwigii 365, 867, 368. — forma apicidaius 366. — forma exignus 365. Salmacis Hansg. (sect ) 65. Sambucus nigra var. awrea 613. Sanguisorba 467. Saponaria 136. — officinalis 132. Sarcina 136. Sarracenia purpurea 683. Sassafras 347. Satureia umhrosa 152. Saure Aepfel .,Anton" 127. ScaUosa 182, 186. Schizogonium 66, 67, 70—72. — cremdatum 70. — parietinum 67, 68. Schizosaccharomyces Pombe 366, Schwefelbakterien 189. Sclerotium Rolfsii 30, 31. Scytonema 3, 10. Sefcaea (13), (14). SfcaZe 371. — anatolicum 229. — cerea/f- 229. — var. Satiirnm 371, 877, 378, 880. Segerhafer 233, 234, 286. Selaginella 14, 16. Sesamum 19. Sesleria caerulea 381, 598, 594. Smilax ospera 582. Solanaceae 19, (14). Solanum 19, 33, 173, (5), (10), (11) (13)-(15), (22), (27), (29), (30), (32), — rtcawZe (16), (30)- (38). var. caulescens (30), (31). — aemidans (82), (33). — ^z7fm (27). — Caldasii (27). — — glabrescens (29). — chacoense (27), (28, Abb. 4), (29), (38). — Commersonii 174, (11), (24, Abb. 2), (25, Abb. 3), (26), (27), (29), (30), (33). OToZeif (26), (27). — demi'isum (32), (38). var. Klotzschii (32). — edinense (14), (15), (38). — etuberosum (14), (33). — guaraniticum (27). — immite (31). — Jamesii (33). — lycopersicum 31, 84, (11). — i^/ö^^^■a 174, (11), (15), (16), (17). Abb. 1), (18), (20), (21), (22), (28), (26), (29)-(32). — medians (23), (30), (31), ^88). — melortgena 31, 84. — morelliforme (11). — Neoweberbaueri 820, (23), (26), (38). — Ohrondii ^26), (27), (38). — Pscudomaglia (27), (29). — tuberosum 31, 84, 174, (11), (12), (16), (16), (18), (19), (28), (26), ^(30)— (32). — M^«7c (32), (38). — Weberbaueri (23), (32). Sommergerste 515. Sommerroggen 512, 513, 514, 616. Sonncratla alba 278, 279. ÄorÖMs 60, 467, (78). Sorghum 241. Spathodea campanulata 325. Verzeichnis der Pflanzennamen. (147) Spermatozopsis 174. 176, 177—180, 182 — exsultans IIA, 183. Sphaerella nivalis 320. Sphaerozosma excavatuin var. spinulosum 184, 186. Sphagnum 74. -- papillosiim 74. Spiraea 467. Spiranthes 157, 158, 159, 160, 162, 163. — australis 167. Spirogyra 65—59, 65, 185, 266. — areolata 66. — Calospora Oleve 65, 68. — Orevilleana 56. — Naivaschini 55, 59. — reticulata 55, 58. Spondylomorum 182. Staurastrum 184. — annotinum var. Jongibr achiatum 183 187. — Arctiscon 184, 186. — cuspidatum 183. ^ denticulatum 184. — furcigerum 187. — paradoxum var. longipes forma j;er- magna 187. — Pseuiosebaldii 187. — subnudibraeliiatum 184. Stdlaria saxatilis 163. Stichococcus 64—67, 70, (90). — bacillaris 64, 66. — forma major 64. — forma »linor 64. — dissectus 67. — fragilis 66. — minor 66. — mirabilis 66. Ä^zpa 698. — capillata 593. Stratiotcs aloides 682. Strepfopus 682. S^n^frt 238-242. — elegans 239. — euphrasioides 241. — hermonthica 239, 241. — hirsuta 240. — Zwfea 238-241. — multiflora 239, 240. — orobanchoides 239, 241. — pubiflora 239. Striga senegalensis 239, 241. — TJmnbergii 239, 241. ÄM/fe Aepfel „Sinap" 127. Sweertia oxyphylla 162. Symphorkarpus 267. Symphytum 136. — officinale 132. Syringa 386, 387, 607. — ^7»o^?i 601. — vulgaris 127, 606. TaiaÄ; 536, 538, 639. Tabellaria fcnestrata 184—186. — flocculosa 186, 186. Taxodium 347. Tectona yrandis 326-327, 329—332. Terminaha Catappa 331. Thalictrum JavanicMii 162. Thamnidium 261. Tha 0 u dar 226. Tlielymitra javanica 152, 156. Therebintales 581. Thiodyctium (89). Thiophysa 200, 201. — volutans 189, 198, 200. Thiothrix 196. Thiovolum 191, 195, 197, 198, 200. — wajws 196, 199, 202. — maxiiiium 199. — minus 195, 197. T/izy« 402, 404, 405. Thymus 136. — odoratus 132. — serpyllum 591. ra«fl, 132, 135, 136. ~ pubcscens 132, 135, 138. Tillandsien 324. Tofieldia 583. — calyculata 583. — palustris 683. ro»V. : Über die Erneuerung der verbrannten alpinen Flora der Merbaboe-Gebirges in Zentral-Java. (Mit 3 Abbil- dungen im Text) 151 Faber, F. C. von: Über Transpiration und osmotischen Druck bei den Mangroven. (Vorläufige Mitteilung) 277 — — Biophytuin apodiseias, eine neue sensitive Pflanze auf Java. (Vor- läufige Mitteilung) 282 Register. (185) Seite Oaßner, G., und C. Grimme: Beiträge zur Frage der Frosthärte der Getreidepflanzen 507 Glaubitz siehe Lindner 316 Grimme, €., siehe Gassner 507 Heinriclier, E.: Einige Bemerkungen zur Rinantheen-Gattung Striga. (Mit 2 Textfiguren) 238 Hildebrand, Friedrich: Üoer eine ungewöhnliche Blütenbildung bei Lilium glgantenm. (Mit 1 Abbildung im Text) 500 — — Über einen ungewöhnlichen Blütenstand von Ereinxrus robustus. (Mit 2 Abbildungen im Text) 603 Hinze, G. : Beiträge zur Kenntnis der farblosen Schwefelbakterien. (Mit Tafel IX) 189 Ibele, J. : Zur (Jhemie der Torfmoose (Sphagna). (Vorläufige Mitteilung aus dem Chem. L.iborat. d. K. b. Moorkulturanstalt) 74 Iwanowski, D.: Über die Rolle der gelben Pigmente in den Chloroplasten 618 Kamerling-, Z. : Kieselsäureplatten als Substrat für Keimungsver:^uche . 139 — — Zur Frage des periodischen Laubabfalls in den Tropen. (Mit 1 Textfigur) 324 Kleine Notizen. (Mit 4 Fig. im Text) 483 Kasanowsky, V.: Die ChlorophyJlbänder und Verzweigung derselben bei Spirogyra Naioaschini (sp. nov.). (Mit Tafel HI) 55 Koriba, K. : Über die Drehung der Sjnranthcs-Ähre. (Vorläufige Mit- teilung.) (Mit Tafel VII) 157 Korschikoff, A.: Spenuntosopsis cxsultans nov. Gen. et Sp. aus der Gruppe der Volvocales. (Mit Tafel VIII) 174 Kostytschew, S.: Über das Wesen der anaeroben Atmung verschiedener Samenpflanzen . . 125 und A. Scheloumoff: Über Alkoholbildung durch Weizenkeime . . 422 W. Brilliant und A. Scheloumoff: Über die Atmung lebender und getöteter Weizenkeime 432 Kubart, Bruno: Zur Frage der Perikaulomttieorie. (Mit 2 Abbildungen im Text) 567 Küster, Ernst: Über die Schichtung der Stärkekorner - 339 Lang'e, Reinhold: Über den lippenförmigen Anhang an der Narben- öffnung von Viola tricolor. (Vorläufige Mitteilung.) (Mit Tafel XII und einer Textfigur) 268 Lewitsky, G.: Die Ohondriosomen als Sekretbildner bei den Pilzen. (Mit Tafel XXI) (Vorläufige Mitteilung) 517 Lindau, G. : Über Medusomgces Gisevii, eine neue Gattung und Art der Hefepilze. (Mit Tafel XI) 243 Lindner, P. : Die vermeintliche neue Hefe Medusomyces Gisevii (Mit Doppeltafel XV) 364 — — und Glaubitz: Verlust der Zygosporenbildung bei anhaltender Kultur des +- und Stammes von Phycomyccs nitens .... 316 Linkola, K. : Über die Thallusschuppen bei Peltigera hpidopJiora (Njl.). (Mit Tafel II) 52 Löffler, B.: Über den Entwicklungsgang einer Banisteria chrysophylla Lam. und Regeneration des Gipfels bei Windepflanzen. (Mit Tafel XIX) 472 (186) Register. Seite Löwschin, A. M. : „Myelinformen" und Ohondriosomen 203 Ludwigs, Karl: Über die Kroepoek-Krankheit des Tabaks in Kamerun. (Mit 4 Abbildungen im Text.) (Vorläufige Mitteilung) .... 536 Lvoff, Sergius: Zymase und Reduktase in ihren gegenseitigen Be- ziehungen. (Aus dem Pfianzenphys. Institut d. K. Univers, zu St. Petersburg.) (Vorläufige Mitteilung) 141 Magnus, P. : Die Verbreitung der Puccinia Gerann Sw. in geographisch- biologischen Rassen. (Mit Tafel IV) 83 — Werner: Über zellenförmige Selbstdifferenzierung aus flüssiger Materie. (Mit Doppeltafel XlII) 290 Meyer, K.: Über die Microspora amoena (Kütz.) Rab. (Mit Tafel XVII) . 441 Möbius, M.: Über MeruUus sclerotiorum. (Mit Tafel VI) 147 Paäl, Arpäd: Temperatur und Variabilität in der geotropischen Re- aktionszeit. (Vorläufige Mitteilung) 122 Palladin, W. : Atmung der Pflanzen als hydrolytische Oxydation. (Vor- läufige Mitteilung) 80 Peclie, K.: Mikrochemischer Nachweis des Myrosins. (Aus dem pflanzen- physiol. Institute der k. k. Universität Wien, Nr. 50 der 2. Folge.) (Mit Tafel XVIII) 458 Über eine neue CTerbstoffreaktion und ihre Beziehung zu den Anthokyanen. (Aus dem pflanzenphysiol. I^astitute der k. k. Uni- versität Wien, Nr. 57 der 2. Folge.) (Mit 2 Textfigaren) ... 462 Peklo, Jaroslav: Über die Zusammensetzung der sogenannten Aleuron- schicht. (Mit Doppeltafel XVI) 370 Pieper, Arthur: Die Diaphototaxis der Oscillarien 594 Pietsch, Wilh. : Trichoseptoria fructigena Maubl. Eine für Deutschland neue Krankheit der Quitten und Äpfel. (Vorläufige Mitteilung) 12 Porodko, Th.: Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. IV. Mitteilung. Die Gültigkeit des Energiemengengesetzes für den negativen Chemotropismus der Pflanzenwurzelo. (Mit 3 Textfiguren) 88 — — Vergleichende Untersuchungen über die Tropismen. V. Mitteilung. Das mikroskopische Aussehen der tropistisch gereizten Pflanzen- wurzeln 248 Porsch, Otto: Die Abstammung der Monokotylen und die Blütennektarien 580 Renner, 0.: Über die angebliche Merogonie der OewoiÄcj-abastarde. (Vor- läufige Mitteilung) 384 Rippel, August: Anatomische und physiologische Untersuchungen über die Wasserbahnen der Dicotylen- Laubblätter m.it besonderer Berücksichtigung der handnervigen Blätter 48 Ruhlaud, W.: Zur Kenntnis der Rolle des elektrischen Ladungssinnes bei der Kolloidaufnahme durch die Plasmahaut 304 — — Weitere Untersuchungen zur chemischen Organisation der Zelle . 653 — — Zur Kenntnis der Wirkung einiger Ammoniumbasen und von Spartein auf die Zelle 578 Sapehin, A. A.: Untersuchungen über die Individualität der Plastide. (2. vorläufige Mitteilung.) (Mit 1 Textfigur) 14 — — Ein Beweis der Individualität der Plastide. (3. vorläufige Mit- teilung.) (Mit Tafel XIV) 321 Register. (187) Seite Scheloumoff, A.: siehe KOSTYTSCHEW 422 siehe KOSTYTSCHEW 432 Scherrer, Arth. : Die Chromatophoren uod Ohondriosomen von Änthoceros. (Vorläufige Mitteilung) (Mit Tafel XX) 493 Schikorra^ W. : siehe BßOlLi 336 Schlumberg-er, Otto: Über einen eigenartigeo Fall abnormer Wurzel- bildung an Kartoffelknollen. (Mit 2 Abbildungen im Text) . . 60 Schmidt, Ernst Willy: Der Kero der Siebröhre -78 Schiilow, Itv.: Versuche mit sterilea Kulturen höherer Pflanzen. (Mit 2 Abbildungen im Text.) 1. Assimilation des Phosphors orga- nischer Verbindungen. 2. Zur Frage nach den organischen Wurzelausscheidungen. 3. Erklärung des lösenden Einflusses von Ammoniumnitrat auf in Wasser unlösliche Phosphate . . *J7 Schalz, A. : Über eine neue spontane Eutriticumform : Trit/rum dicoccoides Kcke. forma Straussiana. (Mit Tafel X) 226 Schuster, Ing. Vaclav, und Vladimir Ülehla: Studien über Nektar- organismen. (Vorläufige Mitteilung.) (Mit Tafel V) 129 Shnll, George Harrison: Über die Vererbung der Blattfarbe bei Melan- drhim. (Mit Doppeltafel XX [II und 2 Abbildungen im Text) . (40) Steinbrinck, C: Bemerkungen zu SCHIPS' Veröffentlichung: „Zur Öff- nungsmechanik der Antheren" 448 — — Der Öffoungsapparat von Papilionaceen-Hülsen im Lichte der „Strukturtheorie" der Schrumpfungsmechanismon. (Mit 1 Text- figur) 529 Stomps, Theo J.: Das Cruciata-Merkmal 166 Tobler, F.: Zur Physiologie des Milchsattes einiger Kautschukpflanzen. (Vorläufige Mitteilung) 617 Tröndle, Arthur: Über die geotropische Reaktionszeit. (Vorläufige Mit- teilung) 413 Ubisch, G. V.: Sterile Mooskulturen. (Mit 10 Textfiguren) 543 Ulehla, Vladimir: siehe ^chüSTER 129 Ursprung, A.: Zur Demonstration der Flüssigkeits-Kohäsion. (Mit einer Textfigur) ". 388 Über die Bedeutung der Kohäsion für das Saftsteigen. (Mit 2 Textfiguren) 401 Viehoever, Ai'no : Botanische Untersuchungen harnstoffspaltender Bakterien mit besonderer Berücksichtigung der speziesdiagnostisch ver- wertbaren Merkmale und des Vermögens der Harnstoffspaltung 285 Vries, Marie S. de: Die phototropische Empfindlichkeit des Segerhafers bei extremen Temperaturen. (Mit 3 Textfiguren) 233 Wehmer, C: Selbstvergiftung in PewJciWmm-Kulturen als Folge der Stick- stoff-Ernährung. (Mit 3 Abbildungen im Text) 210 Übergang älterer Vegetationen von AspercjiUus fumigatus in „Riesen- zellen" unter Wirkung angehäufter Säure. (Mit 7Figuren im Text) 257 — — Keimungsversuche mit MeruliusS'^oren 311 Werth, E.: Dulichium vespiforme aus [der Provinz Brandenburg. (Mit 1 Abbildung im Text) 346 Wittmack, L.: Einige wilde knolientragende Solanam-ATien. (Mit 4 Ab- bildungen im Text) (10) (188) Register. Seite Wittmack, L. : Vorlage der Original-Abbildung von „Klippen mit rotem Schnee in der Bafiinsbai" (35) Vorlage einer Abbildung der „venetianischen Traube oder des bunten Weines" (38) WollenTveber, H. W. : Pilzparasitäre Welkekrankheiten der Kulturpflanzen 17 Zaleski, W.: Über die Verbreitung der Carboxylase in den Pflanzen. (Aus dem pflanzenphysiol. Institut der Universität Charkow) . 349 — . — Beiträge zur Kenntnis der Pflanzenatmung. (Vorläufige Mitteilung.) (Aus dem pflanzenphysiol. Institut der Universität Charkow) . 354 Zettnow, E. ; Über die abgeschwächte Zjgosporenbildung der LiNDNER- schen Phi/comyces-St3imme. (Mit 3 Figuren ina Text) 362 Verzeichnis der Tafeln. Tafel I zu E. Bachmann, Erklärung auf Seite 11. Tafel II zu K. Linkola, Erklärung auf Seite 54. Tafel III zu V. Kasanowsky, Erklärung auf Seite 59. Tafel IV zu P. Magnus, Erklärung auf Seite 88. Tafel V zu Ing-. Vaclav Schuster und Vladimir Ülelila, Erklärung auf Seite 139. Tafel VI zu M. Möbliis, Erklärung auf Seite 150. Tafel VII zu K. Koriba, Erklärung auf Seite 165. Tafel VIII zu A. Korschikofi", Erklärung auf Seite 182. Tafel IX zu G. Hinze, Erklärung auf Seite 201. Tafel X zu A. Schulz, Erklärung auf Seite 230. Tafel XI zu G. Lindau. Erklärung auf Seite 248. Tafel XII zu Reluhold Lang-e, Erklärung auf Seite 273. Tafel XIII zu Werner Mag'nus, Erklärung auf Seite 303. Tafel XIV zu A. A. Sapehin, Erklärung auf Seite 824. Tafel XV zu P. Lindner, Erklärung auf Seite 867. Tafel XVI zu Jaroslav Peklo, Erklärung auf Seite 384. Tafel XVII zu K. Meyer, Erklärung auf Seite 447. Tafel XVIII zu K. Peche, Erklärung auf Seite 462. Tafel XIX zu B. Löffler, Erklärung auf Seite 482. Tafel XX zu Arth. Scherrer, Erklärung auf Seite 499. Tafel XXI zu G. Lewitsky, Erklärung auf Seite 627. Tafel XXII zu H. Brockmann-Jerosch, Erklärung auf Seite 594. Tafel XXin zu George Harrison Shnll, Erklärung auf Seite (80). Tafel XXIV zu Johannes Burter, Erklärung auf Seite (96). Register. (189j Übersicht der Hefte. Heft 1 (S. 1—72), ausgegeben am 27. Februar 1913. Heft 2 (S. 73—94), ausgegeben am 27. März 1913. Heft 3 (S. 96—172), ausgegeben am 24. April 19] 3. Heft 4 (S. 173—230), ausgegeben am 29. Mai 1913. Heft 5 (S. 231—274), ausgegeben am 26. Juni 1913. Heft 6 (S. 275-318), ausgegeben am 24. Juli 1913. Heft 7 (S. 319—368), ausgegeben am 10. September 1913. Heft 8 (S. 369— 516)j ausgegeben am 27. November 1913. Heft 9 (S. 517— 5B6), ausgegeben am 29. Dezember 1913. Heft 10 (S. 567—620), ausgegeben am 29. Januar 1914. Generalversammlungsheft [S. (1)— (189)], ausgegeben am 25. März 1914. Berichtigungen. S. 85 Zeile 3 von unten in der Anmerkung lies statt „silvatica" — „Gerann silvatici". S. 450 Zeile 16 lies „makroskoskopische" statt „mikroskopische". S. 633 Zeile 23 lies „Wölbung" statt „Wirkung". BerirJite dJ)mtschaißot. GesellschMdJiXXI. T(ü:i. ^ «^ — ^ ■#■■ Ak \ ^^. W -V** p^"^ *■'■ ;.5i?//. J.~'2»/;. > .^^Ä' > - 7^. . — 1^ "- > \ V- ' Z.S6/r. ■*^-.i4F|g---^ '.'^ : '/-sw//. £(xdunän7hgts l'f.-i^O/j, ^ aßto/i. £.laae-läh Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXXI. Taf. IL * *• f*i m^ •* # belichte dJ)eutschm Bot. GeseUschMdJDiXr. TafM. / '^ -> a J b 7 GaZaschemsky gez. o 5e :( % 5cL '1, ;:> '^■ 3a, rziM r -'X,' ^-■^: Berichte dMeatsdmißot. Gese2isch£dJ[XXI. Taf.IK A Zörvinsohnges. ülowläk Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXXI. Taf. V. ^ i:> > i^' m % •5^J m S 70 ■'*,#>/ // sT^. ■'I *J /^ Q> m ß /3 Or Sa^ 13 OOCÄO V^öl '3"<^o 5^, /.7 /^! «»> 75 = ' TX 77 70 /* 8 A.A ■ Sapekin. gez. E.Louüue.liih. Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXXI. ':^^ '.-p*i^'' .,-«* I •^t^^^^^*' * '-SJ %^ IL^Af: jtft: ""T^. .'S» V^/''^ ^■ r.-' •'*^- r» Abb. 1. MitJodbehandelte Teehaut. (Kurland.) Hefennester im Bakterienschleim. 125 fach. Abb. 2. Dasselbe uno;efärbt. Bacteriwm xi/lini(»i und Mi/codernid. BOUl'ach. 13 ,„ , ^- - ^ , ^ i»- '*ö V ^->/^ i- - ^^^^H ^■Q ■<• o, ?. ^ ' i'ä ^ Ol O 1 <*. - ■ ■ J "■■■■*' ■-■■ ;,■ 1 Abb. 3. Aus einem 24 Std. alten Vaselin- einschlußpräparat einer Teehaut in Bierwürze. B. xylininii Mijroderma, Torida- und elliptische Hefen in Sprossung. 600 fach. Abb. 4. Dasselbe. Links unten noch Saccliaromycodes Ludu-i(jii. 500 fach. Oben exiguiiSdt.vl\^Q Formen. ^v/ p- ^9{ 9 O c p o- k_ o >^^:i^- 'b. * '^ ;0 ■ 9 o Abb. 5. 3/^f0f/6'r;y;rt-Insel auf der frischen B. xi/linum-Raut. 600 fach. 1/30 Sekunde. Abb. 6. Auf dem Bodensatz eines meh- rere Tage alten oeimpften Teeaufgusses. Vorwiegend Torvla-B.eie. 500 fach. ^/3j Sekunde. Taf. XV. Abb. 7. Geimpfter Teeaufguß. (Kur- land.) Vom 15. — 23. Juli hat sich eine durchsichtige Schleimhaut von Bacle- rittiii xijVmwm gebildet, die .stellen- weis von MycodcrmaAns.Qln ül)erdeckt ist. In der Mitte ein Metallplättcliea auf der Bakterienhaut 1/3 nat. Gr. aufliegend. Abb. 8. Hefennest aus einer Teehaut (Berlin). N. Liidic/yi/' mit Sporen Toriild, Mi/iixlcruKi 500 fach. V30 Sekunde.' , o ^ -f-> -* -.' ' --^v. >> .'k.' - .y^-^" -^1 ^^P^'.- it^Wifl|gyjt)ff ^^^<>5> ^^öfeWiQß 0 S^^'"^^ |'?3JB" J&.'f HJJ l^^?nf ^^' -« • ^y^;*0;*- /. CSlS ^ä^' ••' ' ^^ sjStw^ * rP-: •,' Abb. 9. Aus einer Tröpfchenkultur von der Berliner Teehaut. Oben: Elliptische Hefe, unten: Sdcchdroiiiy- codes Ludivigü. 250fach. Vgo Sekunde. Abb. 10. Aus einer Tröpfchen kultur von der Berliner Teeliaut. Tonthi- Kolonie zwischen zwei Ali/codernut- Kolonien. 500 fach. 1/30 Sek. Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXXI. 3. Peklo goz. Taf. XVI. Benc/d^ d.Deiilsc/ien Bot. GeseüscA.Bd.XXXf. Taf.XVH. Berichte dDmtsdimßot. GeseüschMd. XXXI. Taf.XlW. TJh Fij/ /. RgJ. K.Tv^ giz ZIcair. h'lh Berichte d. Deutschen Bot. Gesellschaft. Bd. XXXI. Taf. XIX. B. Löffler phot. Berichte d. Deutschen Bot. Gesellschaft. Bd. XXXI. Taf. XIX. B. Löffler phot. Berichte' d. Dezäschen. Bot. GesellscA.Bd.ÄXXl. 7'af.XX. ArtA .Scherrer qe^. -i'.Zaae lü/i. Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXXI. %^ 'Tlfe.^ r\ :f".;>.? '*. • • • * • • ' ,• *><• • •.^-^•W. 8 Q ^-- ^ •> 10 11 • 4 • 1* - :. .-.y^,M ■^ 12 G. Lewitsky phot. u. gez. Berichte d. Deutschen Bot. Gesellsch. Bd. XXXI. Tafel XXII. ^. //. Brochiuauu-Jerosch ^ez. Berichte d. Deutsch. Bot. Gesellsch. Bd. XXXI. Tafel XXIIl. Berichte d-Devisckm Bot .Ge^eUsch.BdJ(XXr. Taf.XM< 2 Joh, Bilder gez. FXaxjbt liih. New York Botanical Garden übr^^ 3 5185 00259 1756 «r# "!v< •. -*?•: ■i«A*t. ^ ;».;^.jh V,», .. (^ >\ ♦ t ^T-i*;^ ■^•,-%- VIVi.! ^^W"^- 'A^.:'^'^!^- 4 A. A r v: .H^' ..^UtülS^ .tJLJ*Ä2u.