3 HARVARD UNIVERSITY. LIBRARY OF THE MUSEUM OF COMPARATIVE ZOÖLOGY. Or. Sr +9),5 AUSGEGEBEN IM JULI 1903. AG BERICHTE NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT FREIBURG I. BR. IN VERBINDUNG MIT { Dr. Dr. F. HıLpEBrann, F. Hımsteot, J. LüRoOTH, J. von Krıes, G. STEINMANN, A. WEISMANN, R. WIEDERSHEIM, PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT FREIBURG, HERAUSGEGEBEN VON Dr. K. GERHARDT. DREIZEHNTER BAND 7 MIT"14 TAFELN UND 42 ABBILDUNGEN IM TEXT. SELBSTVERLAG DER GESELLSCHAFT. KOMMISSIONSVERLAG VoN J. C, B. Mour (Paus Sırgzck) ın TüBıngEen un Leipzie. —F —— i „FREIBURG I. BR. C, A. WAGNERS UNIVERSITÄTS-BUCHDRUCKEREI, 1908. AUSGEGEBEN IM JULI 1903. BERICHTE DER NATURFORSCHENDEN GESELLSCHAFT ZU FREIBURG I. BR. IN VERBINDUNG MIT Dr. Dr. F. HıLpEßrAanp, F. Hınstept, J. LürortH, J. von Kris, &. STEINMANN, A. WEISMANN, R. WIEDERSHEIM, PROFESSOREN AN DER UNIVERSITÄT FREIBURG, HERAUSGEGEBEN VON Dr. K. GERHARDT. DREIZEHNTER BAND MIT 14 TAFELN UND 42 ABBILDUNGEN IM TEXT, SELBSTVERLAG DER (GESELLSCHAFT. KoNMISSIONSVERLAG VoN J. ©. B. MonHr (PauL SIEBECK) In TÜBINGEN UND LEIPpzI6. FREIBURG I. BR. C. A. WAGNERS UNIVERSITÄTS-BUCHDRUCKEREI, 1903. EST met in EN \ r Ar Lk F OH Aust. dr Fr: Inhalt des XIII. Bandes. Ueber die Zersetzungsgeschwindigkeit der Brombernstein- säure in wässeriger Lösung. Von Wolf Müller Ein Beitrag zur Kenntnis der Lagerungsverhältnisse in den Freiburger Alpen. Mit 5 Figuren im Text. Von H. Keidel Beiträge zur Kenntnis des kohlensauren Kalkes. Mit 9 Figuren im Text. Von Wilhelm Meigen Seite Induktionswirkung im Dielektrikum Ad Bewegung des - Aethers. Mit 1 Figur im Text. Von J. Koenigsberger ä Ueber die Ionisierung der Luft durch Wasser. Von F. Himstedt Beiträge zur Kenntnis der Fauna des unteren Lias in der Val Solda. Geologisch - paläontologische Studien in den Comasker Alpen. I. Mit 8 Tafeln. Von Freiherr von Bistram Geologische Untersuchungen im Plessurgebirge um Arosa. Mit 1 Karte, 1 Panorama, 4 Profiltafeln und 20 Figuren im Text. Von Henry Hoek SE ne 7 Die Reste eines neolithischen Gräberfeldes am Kaiserstuhl. Mit 7 Figuren im Text. Von Privatdozent Dr. Eugen Fischer .. . 116 ni ku: se a tet ar ee aa die EMI ngla Pr Res 1 Ai RT bin. rare SEoB wi a kn ch hraaN SH z Bi NT ra “1 N aaa es a % Hub Alu Kara ich Ba eininayt weh 4 5 er BEER Bee: Az en eu 7 te Y Re TR RUN TORE oT e ua gr) Hi seh weni ae u lan cars ice oh FRI? 9-0 Dean. Bee rien. oiizorareaslrd dar erh, Bi yansfags a ar ner En ara Li, a) ON, al uletyuheie ia BTL air u aa Se Ur SR | Ra, % IE A BIDER. Ba... let ine ERETTT PR ee ati Ser ern PER ISA | TR, Jzat Mn in: ur Ueber die Zersetzungsgeschwindigkeit der Brombernsteinsäure in wässeriger Lösung. I. Der Reaktionsverlauf bei 50° *), Von Wolf Müller. Einleitung. Wird die Geschwindigkeit eines chemischen Vorganges durch Zusatz eines Stoffes beeinflusst, der sich nach Ablauf der Reaktion im gleichen Zustande befindet wie vorher, so nennen wir diesen Vorgang einen katalytischen. Wird ein Stoff, welcher eine Reak- tion katalysieren kann, im Verlauf dieser Reaktion selbst gebildet oder verbraucht, so nennen wir eine derartige Reaktion eine Auto- katalyse!. Diese Erscheinung wurde von OstTwALp und HENRY? an der Bildung von Laktonen aus Oxysäuren und gleichzeitig von CoLLan® an dem Uebergang der Oxymethyl-Benzoesäure in ihr Phtalid studiert. Später zeigte H. GoLpscHımipT®, dass der Ver- lauf der spontanen Esterbildung einer Autokatalyse entsprach. Bei allen diesen Vorgängen wirken die Wasserstoffjonen als beschleunigende Katalysatoren. Ausserdem verschwinden im Laufe der Reaktion die katalysierenden ‚Jonen, d. h., die Wasserstoffjonen sind ein Bestandteil des bei der Reaktion verschwindenden Systems. Die interessanten Eigenschaften dieser Jonen lassen es von Interesse * Ueber Versuche bei verschiedenen Temperaturen wird später berichtet werden. ı Ostwaup, Sächs. Ak. Ber. 1890 Bd. 42 S. 189. ® Henry, Zeitschr. f. phys. Chem. 1892 Bd. 10 S. 96. ® Corran, desgleichen, S. 130. * GoLpscHımidTt, BB. Bd. 29 S. 2208. Berichte XIII. a Won Minıes: [2 erscheinen, die Reaktionsgeschwindigkeit in einem Fallzu untersuchen, in welchem sie entstehen. Dies liegt bei dem Zerfall der Brombern- steinsäure in wässriger Lösung vor, dessen Verlauf bei 50° den Inhalt vorliegender Abhandlung bildet. Die Untersuchungen erstrecken sich nun darauf, die Ge- schwindigkeit des Zerfalls in möglichst weiten Konzentrationsgrenzen festzustellen und weiterhin den Einfluss des Zusatzes von starken Säuren zu konstatieren. Da die Reaktion die Erscheinung der chemischen Induktion in hohem Masse zeigt, wurden einige Ver- suche angestellt, die sich auf diese speziell beziehen. Ueber die Produkte der freiwilligen Zersetzung wässeriger Brombernsteinsäurelösungen sind in der Litteratur verschiedene Angaben vorhanden. FırTi und Dorn! fanden eine Notiz von KEKULE?, dass sich bei der Zersetzung Apfelsäure und Bromwasser- stoffsäure bilde, nicht bestätigt, sondern geben an, dass in mässig konzentrierten Lösungen nur Fumarsäure gebildet wird. Ebenso giebt VOLHARDT? das Eindampfen wässeriger Brombernsteinsäure- lösungen als Darstellungsmethode für Fumarsäure an. Im Gegen- satz dazu erhielt TAwATARr* bei längerem Erhitzen verdünnter Brom- bernsteinsäurelösungen vorwiegend Apfelsäure, und WALDEN? fand bei Verwendung optisch aktiver Brombernsteinsäure, dass Gemische von Fumarsäure und optisch aktiver Apfelsäure entstanden. Die Bildung von Brombernsteinsäure erfolgt beim Behandeln sowohl von Fumarsäure‘®, wie auch von Apfelsäure’ mit bei 0° gesättigter Brom- wasserstoftsäure im Rohr bei 100°. Da jedoch Apfelsäure durch konzentrierte Bromwasserstoffsäure leicht in Fumarsäure übergeführt wird, was schon KEKULE gezeigt hat, so geht die Bildung der Brombernsteinsäure wahrscheinlich nur durch Anlagerung von Bromwasserstoff an Fumarsäure vor sich. Um einen Anhalt über diese Verhältnisse zu gewinnen, wurden die Zersetzungsprodukte einer etwa 2» und einer 0,02 n Brombernstein- säurelösung durch Eindampfen isoliert, wobei sich zeigte, dass im ersten Fall keine Spur von Apfelsäure gebildet wurde, im zweiten Fall etwa die Hälfte der zurückbleibenden organischen Säure aus Apfel- säure bestand. ı Fırrıs und Dorn, A. Bd. 188 S. 87. ® Krkur£, A. Sup. Bd. 1 8. 133. 3 VOLHARDT, A. 268, 265. * TANATAR, A, Bd. 273 8. 39. 5 WALDENn, BB. Bd. 32 S. 1840. ® Firrıa, 1.0 ” Kerung, A. 130, 21. 3] ÜEBER DIE ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. 3 Bei der Zersetzung von Brombernsteinsäure mit Alkalien entsteht nur Apfelsäure, es scheint also das Verhältnis von gebildeter Fumar- säure zu gebildeter Apfelsäure von der Acidität der Lösung so ab- zuhängen, dass mit der Menge der vorhandenen Säure die Menge der gebildeten Fumarsäure wächst. Für die Verfolgung der Reaktionsgeschwindigkeit ist es nun gleichgiltig, ob Fumarsäure oder Apfelsäure gebildet wird, weil die Normalität der entstehenden Säure in beiden Fällen die gleiche ist. Ob die Verschiedenheit der bei verschiedenen Konzentrationen ge- bildeten Fumar- bezw. Apfelsäuremengen auf den Reaktionsverlauf einen Einfluss hatte, mussten Geschwindigkeitsversuche in möglichst weiten Konzentrationsgrenzen zeigen. Da ein solcher Einfluss, wie aus dem Folgenden hervorgehen wird, nicht vorhanden war, wurde vorläufig darauf verzichtet, dieses Verhältnis bei verschiedenen Konzentrationen genau zu ermitteln. In den Formeln soll deshalb auch immer der Einfachheit halber nur Fumarsäure geschrieben werden, was bei grösseren Konzentrationen auch sicher richtig ist. Wie schon gesagt, lässt sich die Brombernsteinsäure aus Fumar- säure und Bromwasserstoff darstellen. Es besteht also ein Gleich- gewicht zwischen diesen Körpern, das wir folgendermassen schreiben können: CHE BT ZERO DBr Für dieses Gleichgewichtssymbol gilt folgende Gleichung: (€; H; 0,)- (Hbr) _ (€; H, 0; br) -V == k Hierin bedeuten die eingeklammerten chemischen Formeln die Mengen der reagierenden Stoffe, V das Reaktionsvolumen und A die Gleich- gewichtskonstante. Da nun eine Bildung von Brombernsteinsäure erst bei sehr grossen Konzentrationen, d. h. kleinem Reaktions- volumen vor sich geht, so ist leicht ersichtlich, dass bei grossem Volumen die Reaktion vorwiegend im Sinn des oberen Pfeils im Gleichgewichtssymbol vor sich geht. Dies wurde durch die Ver- suche bestätigt; die Reaktion verlief bei den untersuchten Kon- zentrationen von 0,25 bis 0,0/ » praktisch genommen vollständig. Als Versuchstemperatur wurde die Temperatur von 50° ge- wählt, weil diese einerseits leicht auf längere Zeit konstant gehalten werden konnte und andererseits die Reaktion dabei mit bequem messbarer Geschwindigkeit vor sich ging. 1* 4 Worr Mütter: [4 Versuchsanordnung und Arbeitsmethode. Die Versuchsanordnung war im allgemeinen die von OstwALn ! und seinen Schülern benutzte. Als T’hermostaten dienten grosse mit einem NSiebboden versehene Emailtöpfe. Der Siebboden war über einen Reifen aus Bandeisen ausgespannt, das Gestell des Reifens bestand aus 3 Bandeisen, welche in gleicher Höhe unten recht- winklig abgebogen und im Treffpunkt in der Mitte mit einer Messing- platte vernietet waren. Diese Messingplatte war mit einem Körner versehen, in welchem die zum Rühren benutzte OstwALp’sche Wind- mühle lief. Die Temperaturregulierung geschah durch einen Ost- wAuLp’schen? Toluolregulator mit REICHERT’scher Regulierschraube. Bei den einzelnen Versuchen konnte die Temperatur des schwanken- den Gasdruckes halber nur auf 0,1° bis 0,2° genau konstant ge- halten werden. Die Versuchstemperatur verschiedener Versuche schwankte zwischen 48,8° und 50,5°; die Temperatur wurde an einem in !/5° geteilten Thermometer abgelesen. Zur Aufnahme der zu untersuchenden Flüssigkeiten dienten gut ausgedämpfte Kölbchen aus jenenser Glas von etwa 100 ccm Inhalt. Zum Verschluss waren paraffinierte Korkstopfen verwendet, welche durch Bleikappen am Abfliegen verhindert wurden. Die Kölbchen selbst waren mit Bleiplatten beschwert. Die zu den Ver- suchen dienende Brombernsteinsäure war von Kahlbaum in Berlin bezogen. Sie enthielt wechselnde Mengen (bis zu 15°/o) Fumar- säure und musste deshalb sorgfältig gereinigt werden. Nachdem zu diesem Zweck verschiedene Lösungsmittel, Aceton u. a., benutzt worden waren, stellte sich als das zweckmässigste Verfahren folgendes heraus. Die Brombernsteinsäure wurde in möglichst wenig kaltem Wasser gelöst, wobei die Fumarsäure beinahe vollständig zurück- blieb. Diese wässrige Lösung wurde dann mit reinem Aether ausge- schüttelt, der ätherische Auszug durch Stehen über entwässertem Glaubersalz getrocknet und die Säure durch Verdunstenlassen des Aethers zurückgewonnen. Falls einmalige Reinigung nicht genügte, wurde sie solange wiederholt, bis eine Säure resultierte, die bei der Titration höchstens um 0,1°/o vom theoretischen Werte differierte. Zu den Titrationen wurde Barytwasser in zwei Nor- malitäten (etwa !/ıo und !/so ») verwendet. Die Titerstellung geschah teils gewichtsanalytisch, teils gegen Oxalsäure,‘ der Titer wurde ‘ OstwALp, Journal f. prakt. Chem. Bd. 29 S. 388 u. Bd. 31 S. 308. ” OsıwaLp, Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 35 S. 216. 5] UEBER DIE ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. 5 häufig kontrolliert. Die Herstellung der Versuchsflüssigkeiten ge- schah durch Verdünnen einer Urlösung mit Pipetten. Sämtliche Flüssigkeiten waren vorher auf die Versuchstemperatur gebracht, sodass eine Temperaturkorrektion nicht nötig war. Ebenso wurde bei den Versuchen mit Säurezusatz verfahren. Ein Beispiel kann die er- reichte Genauigkeit am besten zeigen. Gelöst wurden 4,925 Gramm Brombernsteinsäure in 250 ccm Wasser = 0,2n. Durch Titration gefunden 0,7998 n, die Verdünnung geschah nach folgendem Schema. S. W. Ti gef. Ti ber. 100 0 0,1998 0,200 50 50 0,0999 0,100 30 70 0,0602 0,0600 20 80 0,01996 0,0200 0,00995 0,0100 In dieser Tabelle bedeutet S die Anzahl ccm 0,2 » Säure, W die Anzahl cbem Wasser, 75 gef., den durch Titration gefun- denen Titer, 7 ber. den aus 0,2 berechneten Titer. Bei den Versuchen mit Salzsäure wurde genau 2 n Säure zum Zusetzen verwendet. Die Bestimmung der Geschwindigkeit geschah durch Titration von je 5 oder 10 ccm der Versuchsflüssigkeit. Zur Verwendung kamen nur geaichte Messgeräte. Messungen und Berechnung derselben. Im folgenden gebe ich nun die Tabellen über sämtliche Ver- suche, welche zu den Berechnungen verwendet worden sind. In der ersten Kolonne wird die Zeit in Stunden, in der zweiten die jeweils verbrauchten ccm Barytwasser, in der dritten die daraus berechnete Normalität stehen. Bei den Versuchen mit Säurezusatz wird in der vierten Kolonne die Differenz zwischen Gesamtnormalität und Nor- malität der zugesetzten Säure stehen. Zeit Titer Norm Zeit Titer Norm Versuch 1 Versuch 2 0 44,9 0,2466 0,0 17,88 | 0,1998 7,435 | 46,9 0,2580 2,083 18,05 | 0,2017 23,36 49,0 0,2630 5,550 18,64 | 0,2083 48,03 51,1 0,2807 7,367 | 18,86 | 0,2107 102,3 54,3 0,2983 23,034 | 20,20 | 0,2258 198,2 57,2 0,3142 29,450 | 20,69 | 0,2312 311,4 60,2 0,3307 49,617 | 21,0 | 0,2391 73,55 22,14 0,2474 WoLr MÜLLER: Zeit Titer | Norm Zeit | Titer | Norm Versuch 3 Versuch 4 0 16,9 0,1964 0 8,95 0,1043 5,000 17,6 0,2046 1,000 9,05 0,1054 32,66 19,7 0,2192 5,168 9,55 | 0,1138 51,91 20,25 | 0,2353 8,168 9,85 | 0,1147 95,66 21,3 0,2476 18,60 10,50 | 0,1223 167,1 25,8 0,2612 42,42 11,3 0,1316 287,7 27,1 0,2743 66,08 IR; 0,1363 oo 28,8 0,2915 89,25 12,0 0,1398 138,7 12,4 0,1444 oo 13,1 0,1526 Versuch 5 Versuch 6 0 4,50 | 0,1006 0 8,94 | 0,09989 16,92 5,25 | 0,1173 2,167 9,06 | 0,1012 39,92 5,71 | 0,1276 5,417 9,50 | 0,1062 66,33 5,90 0,1319 7,367 9,70 0,1084 142,8 6,30 | 0,1406 23,034 | 10,60 | 0,1184 192,5 6,48 | 0,1448 29,584 10,83 0,1210 241,0 6,55 | 0,1464 49,634 | 11,34 | 0,1267 73,634 | 11,75 | 0,1313 Versuch 7 Versuch 8 0 4,44 | 0,09922 0 8,89 | 0,09934 24,583 5,29 | 0,11824 7,383 9,71 | 0,1085 69,2 5,72 | 0,192782 | 48,85 10,72 | 0,1198 95,2 5,90 | 0,13186 | 79,683 | 11,50 | 0,1285 141,833 6,10 0,13632 102,683 11,80 0,1319 233,333 6,35 | 0,14192 | 120,166 | 12,00 | 0,1341 192,916 | 12,55 | 0,1401 l Versuch 9 Versuch 10 0,0986 0 5,24 0,05854 0,1101 16,633 5,78 | 0,06458 0,1137 24,1 6,58 | 0,07352 0,1192 54,933 | 7,10 | 0,07934 0,1266 78,033 1,25 0,081 0,1338 95,5 7,33 | 0,08191 0,1384 | 168,25 7,66 | 0,08559 7] ÜEBER DIE ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. Norm Zeit | Titer Zeit | Titer | Norm Versuch 11 Versuch 12 ' 0,06024 ' 0,06066 ' 0,0616 ' 0,06463 0,06607 0,07396 0,07582 0,08043 Versuch 13 102,0 198,3 311,4 9,15 10,10 10,95 11,65 12,35 12,9 13,2 Versuch 14 0,05026 ' 0,05509 | ' 0,06015 ' 0,06399 ' 0,06784 0,07086 ' 0,07251 ) 4,49 6,8 4,95 24,267 5,15 55,08 6,15 78,13 6,24 95,63 6,30 168,363 6,57 0,05018 0,05506 0,05755 0,06873 0,06973 0,07039 0,07342 Versuch 15 14,2 14,29 14,7 15,03 15,53 17,98 18,66 19,44 20,52 Versuch 16 0,04025 0,04051 0,04167 0,04261 0,04403 0,05097 0,05289 0,05511 0,05817 10,60 11,05 11,29 11,71 13,94 14,30 14,92 ' 0,03005 0,03133 0,03201 0,0332 0,03952 0,04053 0,0423 Versuch 17 SEE [8 Do Oo con Oro ASIAN SOOoÄSÄSıÄ eur Versuch 0,02055 0,02126 0,02171 0,02259 0,02706 0,02807 ' 0,02906 0 1,167 2,617 5,733 7,483 23,116 29,749 49,949 © 0,01996 0,02016 0,02066 0,02225 0,02296 0,02707 0,02752 0,02888 SO-ISSIS OO mm - 19m 0 ID m er bed oo u Ne) 3,54 3,57 3,74 3,86 4,13 5,00 5,18 ' 0,01003 0,01012 ' 0,0106 0,01094 0,01171 0,01417 0,01468 WoLr MÜLLER: Titer Versuch 19 ) 2,533 5,583 7,416 23,033 29,633 48,833 3,51 3,52 4,00 4,27 4,99 5,15 5,21 0,00995 0,00997 0,01134 0,0121 0,01414 0,0146 0,01477 Versuche unter Zusatz von Bromwasserstoffsäure. Zeit Titer Norm Norm —— Zeit Titer Norm Norm —(A Versuch 20 Versu ch 21 0 5,017 39,67 51,94 95,67 167,1 287,7 oO 19,1 19,3 20,6 21,25 29,3 27,02 28,50 31,2 Versuch 22 0,2219 0,2243 0,2394 0,2470 0,2592 0,2735 0,2885 ' 0,3159 0,1969 0,1993 0,2144 0,2220 0,2342 0,2485 0,2635 0,2909 | 21,1 21,3 22,20 29,8 23,8 28,25 30,35 32,3 0,2452 0,2476 0,2580 0,2650 0,2766 0,2910 0,3073 0,3270 Versuch 23 0,1952 0,1976 0,2080 0,2150 0,2266 0,2410 0,2573 0,2770 0,2952 0,2963 0,3039 0,3097 0,3181 ı 0,3264 | 0,3484 | 0,3886 | 0,1952 0,1963 0,2029 0,2097 0,2181 0,2264 0,2484 0,2886 | 0 5,00 32,60 51,90 95,62 167,2 | 287,7 209 31,35 31,35 31,9 32,2 33,0 38,95 40,7 45,45 0,3643 0,3643 0,3708 0,3743 0,3835 0,3943 0,4120 0,4600 Versuche unter Zusatz von Salzsäure. Zeit | Titer | Zeit 0,1952 0,1952 | 0,2017 0,2052 0,2144 0,2252 | 0,2429 0,2909 Titer | Zeit | Titer | Zeit | Titer Versuch 24 Versuch 25 Versuch 26 Versuch 27 47,0 47,31 47,52 47,53 ) 24,583 66,05 141,583 233,67 48,8 48,9 49,18 49,16 49,40 0 16,58 39,58 66,17 142,42 192,2 240,8 26,28 26,33 26,42 0 24,5 66,083 | 95,166 141,749 233,58 ' 26,56 26,72 26,85 26,84 26,85 97,15 9] ÜEBER DIE ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. 9 Zeit | Titre Norm | ee Zeit | Titre | Versuch 28 Versuch 29 0 , 13,09 | 0,2925 | 0,0997 0 | 13,2 | 0,2950 | 0,0992 16,78 | 13,19 | 0,2947 | 0,1019 | 24,583 | 13,48 | 0,3012 | 0,1054 39,75 | 1325 | 0,2959 | 0,1031 | 69,2 13,55 | 0,3028 | 0,1070 66,25 | 13,40 | 0,2994 | 0,1066 | 141,783 | 13,77 | 0,3078 | 0,1120 142,6 | 13,57 | 0,3032 ! 0,1104 | 95,2 | 13,62 | 0,3044 | 0,1086 192,4 | 13,67 | 0,3055 | 0,1127 |233,533 | 13,99 | 0,3126 | 0,1168 240,9 | 13,70 | 0,3069 | 0,1141 Versuch 20 21 RE ee 28 29 a=0,1 |a=0,1691 | a—0,1983 | a=0,1958 | | Die letzte Tabelle giebt die Normalität «a der in den ver- schiedenen Fällen zugesetzten Säure. Die zur Berechnung der Versuche notwendigen stöchiometri- schen Beziehungen ergeben sich leicht aus der Reaktionsgleichung: C; H,; 0; bi: = 105 H; 0; + H Br. für 1 Molekül zersetzte Brombernsteinsäure nimmt die Normalität um 1 zu. Der Titer, in Normalität gerechnet, ändere sich von 7, auf 7%, dann ist 7x— 7, die gebildete Bromwasserstoffsäure, 2(7x— 7%) die gebildete Fumarsäure, daraus folgt der Titer der noch vorhan- denen Brombernsteinsäure Beh TI UNS RIES STn Te: Zur Bestimmung der Reaktionsordnung wurde nun versucht, die Molekülzahl nach Van’r Horr!, sowie nach der Noyzs’schen? Modifikation dieser Methode zu bestimmen. Dieser Versuch ergab jedoch sehr schwankende Zahlen und es zeigte sich, dass die zur Berechnung verwendeten Anfangs-Werte unter dem Einfluss der chemischen Induktion standen. Da diese ein Ansteigen der Ge- schwindigkeit in der ersten Reaktionsperiode bedeutet, so entsprachen ' Van’t Horr, Studien z. chem. Dynamik. Deutsche Ausgabe, Leipzig 1896. S. 105, ® Noyes, daselbst S. 106, 10 Worr MürtEr: [10 die nach dieser Methode gewonnenen Werte, die alle unter 1 lagen, natürlich nicht dem wirklichen Sachverhalt. Weiterhin wurden Konstanten nach den Gleichungen erster und zweiter Ordnung be- rechnet, die aber auch entschieden einen Gang zeigten. Ein Blick auf die Versuche mit Säurezusatz zeigte nun, dass dieser entschieden verlangsamend auf die Reaktion einwirkt. Es wurde deshalb eine solche Reihe, bei welcher der anfängliche Säurezusatz gross war gegen die im Verlauf der Reaktion sich bildende Säure- menge, zur Berechnung verwendet. Hierdurch wurde eine Aenderung des zu Grunde liegenden Reaktionsverlaufes durch die sich bildende Bromwasserstoffsäure vermieden. Es zeigte sich dabei, dass die Reaktion einen monomolekularen Charakter hatte, wie aus folgender Tabelle über den Versuch No. 26 hervorgeht. t (in Stunden) 142,4 192,2 240,8 Es liegt also ein monomolekularer Vorgang zu Grunde, der durch die sich bildende Bromwasserstoffsäure katalytisch verzögert wird. Es soll nun die Gleichung für diesen Fall aufgestellt werden. Bekanntlich entspricht der Differentialgleichung für die Reaktion erster Ordnung de C a k..c das Integral log = —=khy:t, der Differentialgleichung für die Reaktion zweiter Ordnung de C— Cr a a ae k - c2 das Integral GG In diesen Gleichungen bedeutet Cz die Konzentration der rea- gierenden Molekülart, c, deren Anfangskonzentration, A die Reak- tionskonstante und Z die Zeit. Um die Gleichung auf unseren Fall anzuwenden, müssen wir € durch den oben erhaltenen Ausdruck — Kuda ersetzen, dann ist die Anfangskonzentration 7,. Die Gleichungen 11] UEser vıe ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. I1 lauten dann: — Rs: tb. 2 Wirkt nun die entstehende Bromwasserstoffisäure verzögernd ein, so müssen wir ihre Konzentration in Rechnung setzen. Diese Konzentration ist gleich 7% — 7,. Da nun @«=37, ; . Co — €x — 2 Tx und co = Ty Ist, so 1st C Bromwasserstoffsäure — Ber Wird dieser Ausdruck in den Geschwindigkeitsansatz eingesetzt und zwar unter der Annahme, dass die Geschwindigkeit dem jeweiligen Gehalt an Bromwasserstoffsäure umgekehrt proportional sei, so erhält man dex x __ © { a ex — — S 3° A la dt Cg — Cx Co — Cx Co — Cx Ist von vornherein Säure in der Konzentration «a zugesetzt, so lautet der Ansatz dc cx cx ey, u 238 dt dA+Cg — Cx 2a+o— Cıx 2 Ex 1b = 2a+6 ich Dieser letzte Ansatz geht für den Fall, dass c, — cx klein ist gegen lc k ; A = - Cx über, und dieser Gleichung entspricht das Resultat, das in der obigen Tabelle mitgeteilt ist. Um die anderen Gleichungen zu integrieren, bringt man die gleichen Variabeln auf eine Seite und erhält - (di fü 2a ex e 2A Co —Cx : - etame - dcz = ka [ar 2b x e Die Ausdrücke auf der linken Seite lassen sich leicht in zwei vollständige Differentiale zerlegen; das Integral der Gleichung lautet dann — Co -Mcz + cx = kat + const. 3a — ?a+c)-Incx& + cz = KAzt + const. 3b 12 Wour MÜLLER: [12 Die Integrationskonstante ist dadurch bestimmt, dass für t= 0 auch ex =c, wird. Es lauten dann die Gleichungen Co Ex (24 + cy) In 2 — (09 — 02) = hztı, 4b x oder wenn die andere Ausdrucksweise eingeführt wird und der na- türliche Logarithmus durch den BrıG@’schen ersetzt wird T, I ERRDN ;8 Zn 2,3026 - T, - lo — 2(Te — T,) = kat 7: °— —2(Te— T))=kzt. 5b D) i )* Se er 2,3026 - (2a + Ty) log 37, By Nachdem so die giltigen Beziehungen aufgestellt sind, folgen jetzt zwei Tabellen, in denen als Beispiel die nach verschiedenen Gleichungen berechneten Konstanten gegeben werden sollen. Es folgt dazu Versuchsreihe 7. T, = 0,09922; t in Stunden: 4 3T9 — 23T rn K, 103 24,58 0,06118 | 0,01902 8,5 2 4,6 69,2 0,04202 | 0,0286 6,8 1,9 4,1 95,2 0,03394 | 0,03264 4,9 2,0 4,3 Versuchsreihe 13. T, = 0,05018; t in Stunden: Tx — Ty 0,0185 0,0195 0,0202 0,02324 13] ÜEBER DIE ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. 13 Betrachtet man die hier berechneten Konstanten, so sieht man sofort, dass die Gleichung 5a dem Reaktionsverlauf am besten ent- spricht. Die Gleichung für einen bimolekularen Verlauf, welche eine steigende Konstante erzielt, ist auch deshalb unmöglich, weil die Konstanten für verschiedene Konzentrationen stark differieren. Es folgen Berechnungen der Konstanten nach Gleichung 5a für ver- schiedene Konzentrationen. Versuchsreihe 2. T, = 0,1998; t in Stunden: VE 23,034 0,0260 29,45 ' 0,0314 49,62 0,0393 73,55 0,0476 Versuchsreihe 4. T, = 0,1043; t in Stunden: 5 To mr 2Tx 18,6 0,0683 | 0,0180 4.4 42,42 0,0497 | 0,0273 5,4 66,08 0,0403 | 0,0320 5,3 89,25 | 0,0833 | 0,0855 5,4 0,0241 Versuchsreihe 9. T, = 0,0986; t in Stunden: 319 —2T2Tx— 7, K 108 0,0684 | 0,0151 | 3,6 0,0570 0,0206 2,6 | 0,0426 ' 0,0280 2,6 | 0,0282 | 0,0852 97 | 0,0190 | 0,0398 2,7 | — | | 14 Wour MÜLLER: [14 Versuchsreihe 12. T, = 0,05026 ; t in Stunden: t 37, — 2TxTx— Tg K 10% 23,3 0,03048 | 0,00989 | 9,3 47,68 | 0,0028 | 001373 | 26 102.0 0.0151 0018 | 23 198,3 0.00906 | 0,0206 9,3 311,4 0,00576 0,02225 2,1 2,4 Versuchsreihe 16. To, = 0,02055; I in Stunden: 3Tg — 2Tx K 10% 21,60 0,00753 | 0.006531 | 35 30,783 | 0,00551 | 0,00752 | 3,9 48,35 0,00353 | 0,00851 4,0 Versuchsreihe 19. T, = 0,00995; t in Stunden: 37T, — 2TxTx — Ty 23,03 0,00157 0,00419 29,63 0,00065 0,00465 | 48,83 0,00031 | 0,00482 Bei diesen Berechnungen sind die im ersten Drittel der Re- aktion gelegenen Zahlen weggelassen, weil sie, wie schon oben be- merkt, der Anfangsbeschleunigung wegen steigende Werte ergaben. Auf diese Art und Weise wurde das ganze Versuchsmaterial durchgerechnet; in der folgenden Tabelle stehen die Mittelwerte der Konstanten für die verschiedenen Konzentrationen, wobei die um einen Mittelwert liegenden Konzentrationen einfach zusammen- genommen worden sind. 15] ÜEBER DIE ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. 15 In dieser Tabelle bedeuten die Ueberschriften die Konzentra- tionen, die darunterstehenden Zahlen die erhaltenen Konstanten. Die Uebereinstimmung ist bei der verschiedenen Herkunft der Zahlen eine vollständig genügende, da die Temperatur der Thermostaten bei den länger dauernden Versuchen auf nicht mehr als 0,3° garan- tiert werden kann, und nach Ausweis der Beobachtungsprotokolle von 49,8° bis 50,3° differiert. Da ferner die Versuche an verschie- denen Orten mit verschiedenen Thermometern angestellt wurden, so ist eine Verschiedenheit der Temperatur um 0,5° bis 1° nicht aus- geschlossen. Eine solche Temperaturdifferenz ändert aber die Re- aktionsgeschwindigkeit um 25 bis 30°/0. Eine genaue Temperatur- korrektion wurde nicht angebracht, weil die Konstanten den Gang der jeweiligen Versuchstemperaturen zeigten, welche sich immer in der Nähe von 50° bewegten. Da aber andererseits die Konzentration der Lösungen in den sehr weiten Grenzen von 0,25 n bis 0,01 n, also um das 25fache geändert wurde, so können wir das Mittel aus den obigen Kon- stanten 4,5 - /0- als die Konstante der Reaktion bei 50° ansehen. Geht man nun zur Berechnung der Versuche mit Säurezusatz über, so handelt es sich hier um die Versuche 20—23 mit Brom- wasserstoffsäure, 24—29 unter Salzsäurezusatz. Was die Versuche unter Zusatz von normaler und halbnormaler Salzsäure anlangt, ist bei diesen die Aenderung der Normalität zu gering, als dass Konstanten daraus hätten berechnet werden können. Die Lösung No. 24 z. B. ändert ihren Titer in 230 Stunden von 47,0 auf 47,53 cem, d. i. etwa 1°/o des Gesamtwertes. Auf die Brombernsteinsäure berechnet, sind das ja etwa 10°/o, also von 4,4 auf 5,0 ccm. Die Aenderungen sind jedoch so unregelmässig, dass zufällige Verluste, die bei der langen Versuchsdauer durchaus nicht ausgeschlossen sind, an dieser Aenderung auch beteiligt sein können. 16 Wour MüLter: [16 Man kann also sagen, dass ein Zusatz von normaler Salzsäure zu 1/)o a Brombernsteinsäure die Reaktion beinahe vollkommen hemmt. Die für diese Versuche geltenden Gleichungen sind schon weiter oben abgeleitet worden. Es ist die Gleichung 55 2,306 (2 a + T,) - log I 0 3 Tx — 2 To welche für den Fall, dass die Konzentration der gebildeten Brom- wasserstoffsäure klein ist, in die einfache monemolekulare Gleichung T, FERNE Bid übergeht. Hierfür ist ein Beispiel ebenfalls weiter oben gegeben. a bedeutet die Konzentration der zugesetzten starken Säure in Nor- malität, wobei natürlich die Natur derselben gleichgiltig ist. Die folgenden Tabellen beziehen sich auf Versuchsreihe 20 und 22. a = 0,025 T, = 0,1969; t in Stunden: 51,94 0,1467 0,0251 4,8 95,67 0,1223 0,0373 4,5 167,1 0,0937 0,0516 4,8 287,7 0,0637 0,0666 5,1 AT am OT 0,1798 0,0077 5, 51,9 0,1662 0,0145 6,7 95,65 0,1484 0.0229 6,3 167,2 0,1328 0,0312 5,4 0,0888 0,0532 7 6,2 Die Konzentration der zugesetzten Bromwasserstofisäure war a=0,025 und a= 0,1 n, der steigende Gang der Konstante er- klärt sich durch eine Temperatursteigerung während des Versuches, sie zeigt sich auch an dem Steigen der Konstanten eines Kontroll- 17] ÜEBER DIE ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. 7 versuches ohne Säurezusatz. Die Konzentration der Brombern- steinsäure ist dabei 0,2 n gewesen. Es folgt jetzt eine Tabelle über Versuch 28 mit 0,7 n Brombernsteinsäure und etwa 0,2 n Salz- säure. a= 0,1928 T, = 0,0997; tin Stunden t 379 — 2Tx| To, — Tx| K 10% 39,75 0,0929 0,0034 6,7 66,25 0,0859 0,0069 8,8* 142.6 0.0783 0,0107 6,7 192,4 0,0737 0,0130 6,3 240.9 0.0709 0,0144 5,7 6,4 * Das Mittel ist unter Ausschluss der Beobachtung 2 genommen. Die Grössenordnung der Konstanten, die bei den Versuchen mit Säurezusatz erhalten sind, ist die gleiche, wie bei den Versuchen ohne Säurezusatz. Es folgt daraus, dass das aufgestellte Gesetz auch beim weitesten Variiren der Versuchsbedingungen in grosser An- näherung den Reaktionsverlauf wiedergiebt. Die Aufstellung der Reaktionsgleichung war eine rein empirische, es soll deshalb im nächsten Teil der Untersuchung versucht werden, die gefundenen Thatsachen auch theoretisch zu betrachten. Theorie der ge’undenen Gleichung. Zu diesem Zweck knüpfer wir am besten an die ARRHENIUS!- Eurer’schen? Ansichten über chemische Reaktionsgeschwindigkeit bezw. Katalyse an. Zur Erklärung des abnormen Temperaturkoeffizienten der Reaktionsgeschwindigkeit hat ARRHENIUS eine Theorie aufgestellt, welche seiner elektrolytischen Dissociationstheorie nachgebildet war. Diese Theorie geht von der Anschauung aus, dass in einem Ge- menge, in welchem eine Reaktion mit messbarer Geschwindigkeit vor sich geht, nicht alle Moleküle an der Reaktionsgeschwindigkeit teilnehmen, sondern nur ein kleiner Teil, den er den aktiven nennt. Vermehrt sich nun bei steigender Temperatur der aktive Teil auf Kosten des inaktiven, so muss sich die Reaktionsgeschwindig- ! ARRHENIUS, Zeitschr. f. phys. Chem. 4, 266. ® EULER, Schwed. Akad. Ber. 1899. 309. Berichte XII. 9 18 WOoLr MÜLLER: [18 keit mit der Temperatur ähnlich ändern, wie z. B. der Dissociations- grad des reinen Wassers. Das Gesetz einer derartigen Aenderung lässt sich durch eine Exponentialfunktion darstellen, in welche Form ARrRHENIUS das Gesetz auch gekleidet hat. Aus Versuchen von ERIKSON, welche zeigen, dass die Auflösungsgeschwindigkeit von Zink in verdünnten Säuren von der Temperatur unabhängig ist, kann weiter geschlossen werden, dass die Wasserstoffjonen als vollkommen aktiv zu betrachten sind!. Von dieser Thatsache aus- gehend, stellte EuULER die Hypothese auf, dass der aktive Anteil in den Betrachtungen von ARRHENIUS der elektrolytisch - dissociierte sei. Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich nun jede chemische Katalyse als eine Aenderung des Dissociationsgrades der reagierenden Bestandteile dar. Bei Anwendung dieser Anschauung auf die bis jetzt beststudierten katalytischen Prozesse, die Rohrzuckerinversion und die Esterkatalyse, kam er jedoch zu chemisch nicht befriedigen- den Resultaten, und die Schwierigkeiten einer Erklärung positiver Katalysen auf diesem Wege scheinen noch nicht gehoben zu sein. Anders liegt der Fall bei der hier studierten Brombernstein- säurezersetzung. Es lässt sich leicht zeigen, dass die Annahme der Jonen als wirklich reagierender Bestandteile zu demselben Ansatz führt, welcher weiter oben rein empirisch gefunden worden ist. Der wirklich reagierende Körper wäre in unserem Fall dann entweder das Jon C, H; 0, Br oder (y H, 0, Br, welches von beiden es ist, bleibt für unsere Betrachtungen gleich- giltig, da die Koncentration der beiden durch ein Gleichgewicht mit einander verbunden ist. Betrachten wir der Einfachheit halber das Jon C; Hy O, Br und bezeichnen es mit 27», so gilt die Gleichgewichts- bedingung worin mit den verschieden bezeichneten C' die Koncentration der am Gleichgewicht beteiligten Bestandteile bezeichnet sind. Setzen wir jetzt eine starke Säure zu, so wird dadurch das Gleichgewicht für ' Nach neueren Arbeiten von ErIKSOn und PALMAER (Zeitschr. f. phys. Chem. Bd. 39, S. 1) scheint die Auflösung von Zink allerdings nicht rein dynamisch erklärt werden zu können, weil dabei lokale elektrische Erscheinungen eine Hauptrolle spielen. 19] UEBER DIE ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. 19 die Brombernsteinsäure verschoben. Diese Gleichgewichtsverschiebung ist proportional der zugesetzten Menge starker Säure, solange man .- die Anzahl der #-Jonen proportional der Konzentration der starken Säure setzen kann. Die Eon welche von der Brombernstein- säure geliefert werden, können den anderen gegenüber vernach- lässigt werden, weil die Dissociationskonstante der Brombernstein- säure gegen die der zugesetzten starken Säure klein ist. Die der Fumar- bezw. der Apfelsäure entsprechenden /#-Jonen können schon der Brombernsteinsäure gegenüber vernachlässigt werden. Ueber das Verhältnis der Koncentration der #-Jonen zur Brombernstein- säure geben einige Leitfähigkeits- und Inversionsversuche Auskunft. In der Tabelle steht in der ersten Kolonne die Koncentration der Brombernsteinsäure, in der zweiten die Koncentration der zu- gesetzten Salzsäure, in der dritten die Leitfähigkeit in reciproken Ohms und in der vierten die Leitfähigkeit von 4C/, dann die je- weiligen Differenzen in Einheiten der dritten Decimale, dann die Inversionskonstante und ihre Differenzen. Sämtliche Zahlen beziehen sich auf 25°, die Leitfähigkeiten der Salzsäure sind aus den Zahlen von OSTWALD ! interpoliert. Man sieht, dass die Brombernsteinsäure auf die Wasserstoffjonenkoncentrationen keinen merklichen Einfluss mehr hat, wenn die Koncentration der starken Säure etwa '/s der Brombernsteinsäure beträgt. Diese Zahlen sind natürlich nur An- haltspunkte für eine etwaige genauere Untersuchung der Verhältnisse. Gehen wir nun von der oben gegebenen Gleichung aus, so haben wir Km CBrb: CH — % 1 ÜBrb und CBrb + CBrb = Üx 2 ! Kontrausch und Hotsorn, Leitfähigkeit der Elektrolyte, S. 167. 9%* - 20 WoLr MÜLLER: [20 PETER. Cx daraus Chrb = EC 3 Cxz: CH und ÜBrb = Aa ie Cx 4 Setzt man die aus Gleichung 3 folgende aktive Masse in die Geschwindigkeitsgleichungen, so erhalten wir dann daraus dcex« j k (x De ee Da nun % eine kleine konstante Grösse ist, so können wir sie gegen CH vernachlässigen. Es fragt sich nun, wie CH aus- gedrückt werden kann. Dies ist für die Anfangsstadien der Reak- tion sehr schwierig, lässt sich aber, wie aus der obigen Tabelle her- vorgeht, sehr leicht von da ab durchführen, wo die Koncentration der gebildeten oder starken Säure etwa '/s der vorhandenen Brom- bernsteinsäure beträgt. Man kann dann die Wasserstoffjonenkon- centration in erster Annäherung der starken Säuremenge propor- tional setzen. Diese Säuremenge ist aber G—Ü. 6 — Cr, 3 * bezw. a+ Se setzen wir dies in die obige Gleichung ein, so erhalten wir dcex r (x dc« = Cr — — =K-— —— bew — — =Ä. : dt C— (x dt ara 6 — Ci! 2 2 dies ist aber genau der gleiche Ansatz, zu dem wir oben rein empirisch gekommen sind. Zu demselben Resultat kommt man übrigens, wenn man an- nimmt, dass der nichtdissociierte Anteil reagiert und die Reaktion von Wasserstoffjonen verzögernd katalysiert wird, doch erscheint die erstere Annahme bei weitem die plausiblere zu sein. Versuche über die chemische Induktion. Bei der Berechnung der Versuche war das erste Drittel der Reak- tion der chemischen Induktion wegen nicht berücksichtigt worden. Es konnte deshalb unterlassen werden, eine Formel für die Disso- ciation der Brombernsteinsäure bei Gegenwart von sehr wenig starker Säure aufzustellen. Für den weiteren Verlauf genügen die 21] ÜEBER DIE ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. 2] eingeführten Mengen vollkommen, doch sollte die Möglichkeit nicht aus- geschlossen werden, dass bei genaueren Versuchen sich eine genauere Berücksichtigung der Dissociationsverhältnisse notwendig werden könnte. Könnte die erste Reaktionsperiode mit berücksichtigt werden, so wäre hier ein Eingehen auf diese Verhältnisse möglich; es sind deshalb einige Versuche angestellt worden, um zu sehen, ob diese Anfangsbeschleunigung auf äusseren Gründen beruhe oder nicht. Als Beispiel folge hier ein Versuch, der bezweckte, einen eventuellen Einfluss der Gefässwände zu konstatieren. Die Anord- nung war so, dass ein Geschwindigkeitsversuch wie gewöhnlich an- gesetzt wurde. Als dann nach einiger Zeit die Geschwindigkeit einen höheren Wert erreicht hatte, wurde die Hälfte der noch vorhandenen Flüssigkeit in ein anderes vorgewärmtes Fläschchen gegeben. Folgende Tabelle zeigt das Resultat dieser Versuche: 12°16 2°42 3044 4056 Man sieht, dass die Aenderung während der ersten zwei Stunden ebenso gross ist, wie die in der dritten, und ferner, dass der Wechsel des Gefässes keinen Einfluss hatte. Die Induktion hängt also nicht von der Natur der Gefässe ab. Schluss. Die Resultate der vorliegenden Untersuchung lassen sich kurz in folgendem zusammenfassen: 1. Bei der Zersetzung der Brombernsteinsäure in wässriger Lösung bildet sich Bromwasserstoff und als organische Säure, je nach der Koncentration, Fumarsäure, oder ein (remisch von Fumar- säure und Apfelsäure. 2. Die Natur der gebildeten organischen Säure hat auf die Reaktionsgeschwindigkeit keinen Einfluss. 3. Die Anwesenheit von starken Säuren wirkt verlangsamend auf die Reaktion ein, sodass die Zersetzung das Bild einer ver- zögernden Katalyse zeigt. 22 MÜLLER: ZERSETZUNGSGESCHWINDIGKEIT DER BROMBERNSTEINSÄURE. [22 4. Für die Zersetzungsgeschwindigkeit gelten die Gleichungen r 2,3026 T,, log 371, 27, a und | 7 | 2,2026 T, (2 a+ T,) 108 5 2 2(Tz — T) = kt, ® [W) en 2 Tx welche durch Versuche in den Koncentrationsgrenzen 0,25—0,01 n, sowie für Zusatz von Brom- und Chlorwasserstoffsäure verifiziert wurden. 5. Im Falle, dass sehr viel starke Säure zugesetzt ist, geht die Reaktion nach der monomolekularen Gleichung T, h a log 37, - 2%, — Mt vor sich. Die Reaktion ohne Zusatz ist also eine Autokatalyse, und zwar wirken starke Säuren als verzögernde Katalysatoren. Die Art der Katalyse lässt sich nach der Euter’schen Hypothese als Dissociationsbeeinflussung darstellen. 6. Die Reaktion zeigt die Erscheinung der chemischen Induk- tion, die von der Natur der Gefässwände unabhängig ist. Vorstehende Versuche wurden während der Sommerferien 1899 im physikalischen Institut von Stockholms Hoegskola begonnen, nach längerer Pause im Sommer 1900 im physikalischen Institut zu Münster i. W. weitergeführt und in der philosophischen Abteilung des chemischen Institutes zu Freiburg i. B. vollendet. Ich spreche hier den Herren Direktoren der genannten Institute, Prof. ARRHENIUS und GATTERMANN, meinen besten Dank für ihre Unterstützung aus und gedenke dankbar der Förderung, welche mein verstorbener Chef in Münster, Herr Prof. KETTELER, meinen Bestrebungen zu teil werden liess. Ein Beitrag zur Kenntnis der Lagerungsverhältnisse in den Freiburger Alpen. Von H. Keidel. Mit 5 Figuren im Text. Freiburg, Geolog. Institut, Oktober 1901. Im Herbst dieses Jahres habe ich während einiger Wochen eine grössere Anzahl Begehungen in der Spielgerten-Hornfluhkette unternommen, um einen Einblick in ihre Lagerungsverhältnisse zu gewinnen. Die Ergebnisse scheinen mir nun interessant genug, um eine kurze Mitteilung darüber zu geben, zumal dieser Teil der Freiburger Alpen bisher sehr wenig bekannt geworden ist. Das von mir untersuchte Gebiet umfasst nicht die ganze Spielgerten-Horn- fluhkette, sondern ich habe mich in Anbetracht der kurzen Zeit, die mir zur Verfügung stand, auf die Bergzüge zu beiden Seiten des Simmenthales beschränkt. Die Spielgerten und die Hornfluh bilden tektonisch ein Ganzes, aber sie werden durch das von Süden nach Norden verlaufende Thal der grossen Simme orographisch in zwei Hälften zerlegt. Auf der rechten Thalseite liegen zwischen St. Stephan und Bettelried die Spielgerten. Sie steigen im Nordosten von St. Stephan in jähen Felswänden schnell zu bedeutender Höhe an und erreichen in ihrem hinteren schwer zugänglichen Gipfel 2472 m. Während sie sich nun nach Norden zum Bettelriedbach ab- dachen, kehren sie den Gipfeln der Niesenflyschzone und den Hoch- alpen im Süden steile Felsabstürze zu, deren Höhe zwischen 300 und 400 m schwankt. Diese Steilwände wiederholen sich mehrmals 2 Keiner: [24 hinter einander; sie erstrecken sich nach Nordosten 7—8 km weit bis zum Thal des Grimmibaches, wo sie im See- oder Röthihorn noch eine Höhe von 2283 m erreichen. Der Gegensatz zwischen der ständig wiederkehrenden Steilseite im Süden und der nördlichen flacheren Abdachung wird allerdings ein wenig abgeschwächt durch das Vorhandensein grosser Kare auf der Nordseite, die durch ihre kesselartigen Austiefungen und durch den Terrainabsturz davor das Relief stark beeinflussen. Die beiden Bergzüge, die auf der rechten Thalseite im Norden des Bettelriedbaches auftreten, gehören nicht mehr zur Gruppe der Spielgerten; und während diese nicht auf die linke Thalseite der grossen Simme hinübergehen, haben jene dort ihre Fortsetzung in den Höhen des Geishornes (1895 m), der Saanerslochfluh (1962 m) und der Hornfluh (1901 m), sowie in dem Bergrücken auf der Nordseite der kleinen Simme. Die Formen sind hier milder als in den Spielgerten, der südliche Steilabfall ist flacher; stellenweise verdecken ihn Bergstürze, an anderen Orten Geröllanhäufungen, und aus dem Grunde der Thäler geht der Moränenschutt auch an diesen steilen Flanken weit hinauf. Es fehlen ferner die scharfen und zerklüfteten Grate, die in den Spielgerten die Gestalt der Oberfläche beherrschen. Dieser Gegensatz hat seine Ursache darin, dass an dem Auf- bau der beiden Gebiete jeweils verschiedene Glieder der jurassischen Gesteinsfolge beteiligt sind. Die Spielgerten gehören den „Ohaines calcaires“ an, wenn man die Zoneneinteilung zu Grunde legt, die Scharpr für die Voralpen aufgestellt hat, und zwar zur „Zone Sud“ mit dem Dogger A Mytilus (Zone axiale der Pröalpes medianes wie sie LuGEon benennt). Ueber Gyps, Rauhwacke und Dolomit folgt als unterstes Glied des Jura eine rote ÜÖrinoidenbreccie von feinkörnigem Gefüge. Sie gehört dem Lias an. Ich habe sie zwar nicht anstehend gefunden, wohl aber Bruchstücke auf den Halden, die den Fuss der Dolomit- wände entlang ziehen. So am Brunnenhorn und am Koerbeli- horn. Dann folgt der Dogger, ausgezeichnet durch die Couches ä Mytilus. Er führt ferner Breccien und dunkle Sandkalke, die durch ihre gelbe Verwitterungsrinde auffallen. Sie enthalten Belemniten, Gasteropoden, Korallen u. s. w. Ein guter Aufschluss, besonders der Couches & Mytilus, findet sich auf dem Grat, der zum hinteren Gipfel der Spielgerten ansteigt, im Westen des Rothornes. In den Schutthalden unterhalb dieses Grates liegen grosse Blöcke der 25] Dıe LAGERUNGSVERHÄLTNISSE IN DEN FREIBURGER ÄLPEN. 3 Breccie und des Versteinerungen führenden Sandkalkes. Ein schönes Doggerprofil ist aufgeschlossen am Fusse des Seehornes auf dessen Ostseite. Ueber dem Dogger folgt der Malm, als hellgrauer dichter, unter dem Schlag des Hammers splittrig springender Kalk, wie er in weiter Verbreitung in den „Chaines calcaires“ der Freiburger Alpen und des Chablais auftritt, und wie er auch die Hauptmasse der Mythen zusammensetzt. Hier giebt er den Spielgerten ihre schroffen Formen; er baut ihre beiden Hauptgipfel auf und zieht von dort in einer 300-400 m steil nach Osten abstürzenden Wand über den Pfad und den Frohmattgrat zum Seehorn. Am Fusse dieser Wand finden sich auf den Schutthalden Blöcke mit Nerineen. Mancher- orts, so südlich Frohmatt, am Hinterspielgerten, im Kar des Gant- horn-Geiershubel wird der Malmkalk weiss und rötlich; er ist als- dann sehr krystallin. In allen übrigen Höhenzügen, ausserhalb der eigentlichen Spiel- gerten, wie sie oben abgegrenzt worden sind, wird der Jura durch die sogenannte Hornfluhbreccie vertreten, die ebenso wie der Lias und der Dogger der Spielgerten über Triasdolomit und Rauhwacke liegt. Die Hornfluhbreccie entspricht der Breccie des Chablais, und ihrer Lage nach deren Stirnrand, der im Osten des Drancethales vom Pic de la Corne über St. Jean d’Aulph zieht. Sie liegt wie dieser unmittelbar im Norden der „Zone Sud“, aber sie tritt auch mit Bruchstücken dieser Zone in tektonischen Verband in dem Bergrücken des Flühwalds nordwestlich von Zweisimmen, der einen viel komplexeren Bau besitzt als alle anderen Erhebungen der Spielgerten-Hornfluhkette in der Nähe des Simmenthales. Die Hornfluhbreccie wird in ihren unteren Lagen aus Trias- fragmenten von verschiedener Grösse zusammengesetzt, wie sich das leicht an der Kumigalm beobachten lässt. Dann folgt darüber eine dunkelbraune oder dunkelblaugraue Crinoidenbreccie, in der sich die gelb-weisslich verwitternden Dolo- mitbruchstücke scharf abheben. In den höheren Lagen scheint die (rundmasse der Breccie ein blaugrauer Kalk zu sein, in dem der Dolomit in kleinen Bruchstücken etwa von der Grösse einer Erbse liegt. Mancherorts treten innerhalb der Breccie Kalkschiefer, helle und dunkle Thonschiefer auf, von denen die beiden letzteren häufig Pyrit in Würfeln führen. In einzelnen Lagen sind die Schicht- flächen ganz damit bedeckt, und der Pyrit ist häufig in Brauneisen 4 KEiDEL: [26 umgewandelt. Diese Schiefer sind leicht mit denen des Flysches zu verwechseln, denen sie petrographisch sehr ähneln. Ihre strati- graphische Stellung ist der verwickelten tektonischen Verhält- nisse und der ausgedehnten Moränendecke wegen sehr schwierig zu ermitteln. Vielleicht gelingt das, wenn man alle Vorkommnisse der Hornfluhbreccie, auch die der Rubli-Gummfluh bei Saanen, mit in den Kreis der Untersuchung zieht. Es ist möglich, dass diese Schiefer eine facielle Abänderung der unteren Breccie darstellen, ich glaube aber, dass sie sich zwischen diese und die obere Abtei- lung einschieben. Man findet sie an der Kumigalm oberhalb Muntigen, dann bei Bettelried über der Rauhwacke im Norden des Baches, an der Blankenburg im Thal der Grossen Simme, rings vom Schuttkegel umgeben, der aus dem Bett des Bettelriedbaches herab- kommt. Man könnte sie hier auf den ersten Anblick für dichte und graue Couches rouges halten. IscHER hat sie hier auch als obere Kreide kartirt. Sie finden sich ferner nordwestlich von Zwei- simmen im Flühwald, in der Breccie oberhalb Richenstein und an anderen Orten. Die Schichtköpfe der Hornfluhbreccie sind überall durch die Vergletscherung und durch die Erosion zerstört worden. Da- her die abgerundeten Rücken und die flacheren Südabhänge im Gebiet der Breccie, die auffällig zu denen der Spielgerten im Gegensatz stehen, wennschon hier wie dort die Lagerungsverhält- nisse die gleichen sind. | Von den Bildungen der Kreide fehlt das Neocom hier gänz- lich, das Cephalopoden führend in der „Zone Nord“ mit dem Dogger a Zoophycos, und in der „Zone des cols“ an der Grenze gegen die Hochalpen in grosser Verbreitung auftritt. Dagegen erlangen die Couches rouges mancherorts eine bedeutende Mächtigkeit, wie am Pfad und am Frohmattgrat. Sie sind hier in der Form plattiger mergeliger, rot und blassgrün gefärbter Kalkschiefer ausgebildet. Sie treten am Frohmattgrat und unterhalb des Viehsattels in den Spielgerten aber auch als fleischfarbene Kalke mit dünnen, grün gefärbten mergeligen Zwischenlagen auf, am ersteren Orte auch als dichte, mit scharfen Kanten springende Kalke, in denen das tiefste Rot ganz allmählich in ein lebhaftes Grün übergeht. Die grauen Kalkschiefer der Couches rouges, ausgezeichnet durch die Führung von Pyritwürfeln, die meist in Brauneisen umgewandelt sind, scheinen mir die tieferen Lagen einzunehmen. Die Couches rouges liegen nicht nur über dem Malm der Spielgerten, sondern 27] Die LAGERUNGSVERHÄLTNISSE IN DEN FREIBURGER ALPEN. 5 auch über der Breccie. SCHARDT schreibt allerdings 18981, dass sie im Gebiete der Breccie wie überhaupt alle Kreidebildungen voll- ständig fehlen. Im Nordwesten von Zweisimmen zieht aber ein Band Couches rouges längs der Breccie, von Sparrenmoos bis gegen den Schwarzen See, auf dessen westlicher Seite die Ueberlagerung unzweifelhaft ist, ebenso wie zwischen den Hütten von Hinter- Schwarzensee und Vorder-Hüsliberg dicht am Bachbett auf dessen linkem Ufer. Nun folgt als nächstes Glied der Flysch, auch innerhalb der Spielgerten-Hornfluhkette; er ist von ISCHER auf der geologischen Karte der Schweiz zum Teil als Jura, zum Teil als obere Kreide eingetragen worden. Dieser Flysch unterscheidet sich von dem der Niesenzone und des Hundsrück durch das gänzliche Fehlen der Breccien- und Conglomerate aus krystallin-exotischem Materiale. Wohl aber findet sich Diabas zwischen Stockbrunnen und Romen- stalden auf dem rechten Ufer der kleinen Simme?. Es liegen hier dicht neben einander Blöcke des Diabases, sie bedecken gänzlich den Flysch; es ist aber der dichten Vegetationsdecke wegen schwer zu erkennen, in welcher Verbindung beide mit einander stehen. Diabasblöcke findet man auch auf der anderen Seite der kleinen Simme in der Moräne bei Riedlenen, doch sind sie gewiss vom gegenüber liegenden Ufer durch das Eis herbeigeschaftt. Stellen- weise nimmt der Flyschschiefer eine rote oder grünliche Färbung an; er glänzt dann seidenartig. Man würde in diesen Fällen im Zweifel bleiben können, ob es sich nicht um triadische Bildungen handelt, wenn nicht zugleich das Vorkommen eines glimmerführenden Sandsteines, der völlig ident mit Flyschsandstein ist, und vor allem die Lagerungsverhältnisse die Diagnose auf Flysch zu einer sicheren machten, wie das der Fall ist an der Oeschseite in der Nähe der Strasse Saanen-Zweisimmen. Der dunkle mergelige Flyschschiefer, der im Thale des Bettelriedbaches ansteht und den IscHER als Jura kartirt hat, führt Bänke des glimmerhaltigen Sandsteines, dessen Oberfläche die charakteristischen Wülste zeigt. Die Blöcke von Nummulitenkalk, die sich bei Bettelried und an anderen Orten in der Wildstrubelmoräne finden, sind durch das ! Les Regions exotiques du Versant Nord des Alpes Suisses, Bulletin de la Societe vaudoise des Sciences naturelles, Vol. XXXIV, No. 128, 1898, S. 172. ” Es ist dies das zweite Vorkommen von Diabas im Flysch der Freiburger Alpen, neben dem von STUDER entdeckten und von ScHAarpT beschriebenen im Vallee de Fenils, 6 KEiper: [28 Eis herbeigeschafft worden; sie entstammen den Ketten mit helve- tischer Facies im Süden; und sie lassen ebensowenig auf anstehendes Gestein schliessen wie die Blöcke von Nummulitenkalk, die GILIERON von der Berra-Gurnigelkette, im Norden der Freiburger Alpen erwähnt (GILIERON, Beiträge z. geolog. Karte d. Schweiz, Bd. XII, S. 139, Bd. XVII, S. 193). Diese stratigraphischen Bemerkungen haben nur den Zweck, über das Vorhandensein oder das Fehlen sowie über die Verteilung der einzelnen Formationsglieder einerseits in der „Zone axiale“, also in den Spielgerten und andererseits in der Hornfluh zu orientiren, Es lassen sich nicht nur im Dogger, sondern auch, wie ich glaube, im Malm bestimmte Horizonte ausscheiden. Die dunklen Kalke, die im Nordwesten von Zweisimmen bei Obegg im Walde anstehen, sind vielleicht liassisch; ich habe sie unter den Jurabildungen nicht an- geführt, weil ich Fossilien in ihnen nicht gefunden habe; es ist aber auch möglich, dass sie der Trias angehören, und wenn die Lagerungs- verhältnisse allein entscheidend wären, dann wäre diese Annahme die wahrscheinlichere. RITTENER hat in seiner Arbeit über die Rauhwacken des Pays- d’Enhaut (Eclogae-Geolog. Helvet. Bd. III) dunkle versteinerungs- leere Kalke als „Jurassique ind&terminable“ bezeichnet. Nach seiner Darstellung wechsellagern diese Kalke im Massiv der Gummfluh mit Rauhwacke, mit grau, selbst hellgrau gefärbten dolomitischen Kalken und mit solchen von schwarzer Färbung und feinkrystallinem (Gefüge, bei denen es im Zweifel bleibt, ob sie dolomitisch sind. In seinem sorgfältig ausgeführten Profil durch den Rocher du Midi führt RITTENER auf dessen Südseite, zwischen dem Gipfel und dem Fusse, einen plattigen schwarzen Kalk an, „a surfaces couvertes de vermicula- tions semi-cylindriques comme enchevötrees les unes dans les autres“. Auf diesen Kalk folgt nach unten ein gelb verwitternder Dolomit. Ich habe nun eine ähnliche Schichtfolge in den Spielgerten gefunden, die ja in gerader nordöstlicher Fortsetzung des Gummfluhmassivs liegen. Man kann sie auf der West- und auf der Ostseite des Brunnenhornes beobachten. Wenn ich auf Grund der kurzen Be- zeichnung RITTENER’s vergleichen darf, ohne ein Handstück gesehen zu haben, dann habe ich auch den Kalk mit den wurmförmigen Gebilden angetroffen, der sogleich auffällt. Am Giswyler Stock habe ich diesen Kalk gleichfalls gesehen; er liegt hier in Bruch- stücken am Fusse der Halde auf der Westseite der C-Falte, in der Nähe der Blöcke mit der Retzia trigonella. Auch bier findet sich 29] der Dolomit in dunklen Varietäten (Husı, Die Klippenregion von Giswyl, S. 45f.), denen gegenüber man im Zweifel bleiben kann, ob man sie nicht als Kalke bezeichnen soll. Die Schichtfolge der dunklen, feinkrystallinen dolomitischen Kalk- steine, denen der blauschwarze durch die wurmförmigen Gebilde ausgezeichnete Kalk eingelagert ist, wird durch Bänke unzweifel- haften Dolomites unterbrochen. Dieser verwittert mit einer hellen gelbgrauen Farbe und bedeckt sich dabei mit den feinen Runzeln, die ihn sogleich vom Kalkstein unterscheiden lassen. Ich glaube deshalb, dass in den Spielgerten diese ganze Schichtfolge der Trias zugezählt werden kann, und dass auch ein grosser Teil der von RITTENER als „Jurassique indeter- minable*“ bezeichneten Gesteins- schichten wahrscheinlich triadisch ist. Was nun die tektonischen Verhältnisse der Spielgerten- Hornfluhkette anbetrifft, so sind sie recht verwickelt. Das nebenstehende Profil (Fig. 1) verläuft in gerader Linie quer zum Streichen der Spiel- gerten-Hornfluhkette; es beginnt im Süden bei Birchlauenen im Fermelthale und endet an der Strasse im Thale der Grossen Simme, nördlich von Mannried. Im Fermelthale sieht man auf der rechten Seite des Bachbettes, noch oberhalb des Weges, der S a von St. Stephan nach dem Fusse = Ganthorn Viehsattel Fermel Mieschfluh Auf d. Flühnen 2 INA 1,7%.2% Mamried Simme Bettelriedbach Die LAGERUNGSVERHÄLTNISSE IN DEN FREIBURGER ALPEN. SI, 272 A 7ETE: 2 = RE I 5% E Maassstab 1: 50000 I. Profil durch die Spielgerten. Fig. 1 8 KEiper: [30 des Rothhorns führt, den Niesenflysch, dem starke Bänke der Breccie aus krystallin-exotischem Materiale eingelagert sind, nach Nordwesten unter Rauhwacke einschiessen. Diese Rauhwacke selbst liegt an der Basis der steilen Wand der Mieschfluh, die vom Triasdolomit! aufgebaut wird und zu einer Höhe von 2156 m ansteigt. Der Grat der Wand liegt annähernd 600 m über der Rauhwacke; geht man von ihm aus weiter nach Norden, so sieht man die Dolomitbänke immer mit dem gleichen Fallen nach Nordwesten zur Tiefe gehen. Dann folgt wieder Rauhwacke in breitem Streifen und auf diese in der Lücke zwischen Ganthorn und Brunnenhorn abermals der Do- lomit, der in Nordost-Richtung über das Körbelihorn gegen den hinteren Gipfel der Spielgerten zieht, auf dieser Linie gleichfalls eine steile, nach Süd abfallende Wand von 200 bis 300 m Höhe bildend.. Vom Fermelthal bis hier wiederholt sich die Rauhwacke und der Dolomit zweimal, nach Nordwest einfallend. Es liegt hier eine Schuppe vor. Nun steigt man in das Kar des Viehsattels hinab und über- blickt dabei dessen Boden, der mit Moränenschutt und einem wirren Haufwerk von Blöcken des hellen Malmkalkes bedeckt ist. An ein- zelnen Stellen, so neben den Hütten des Viehsattels, tritt dieser Kalk mit Nordwest fallenden Schichten aus der Moränendecke her- vor. Deutlicher aber lässt sich das Fallen der Kalkbänke verfolgen an der steilen Wand des Ganthorns und des Geiershubel, die halb- kreisförmig das Kar gegen Südwest begrenzt. In der Mitte dieser bogen- artig verlaufenden Wand liegen, konkordant dem allgemeinen Nord- west-Fallen eingeschaltet, graue und rote Kalkschiefer der Couches rouges; sie ziehen eine kurze Strecke den Abhang gegen das Innere des Kars hinab und verschwinden dann unter Schutt und Moräne. Sie tauchen erst wieder unterhalb des Terrainabsturzes vor dem Kar aus dem Weidland hervor, hier deutlich das Nordwest-Fallen zeigend. Dann folgt weiter unten im Sattelwald abermals Malm- kalk in grossen Klippen mit dem Fallen der Couches rouges. Nun folgen diese nochmals; sie fallen unter den Flysch im Thale des Bettelriedbaches nach Nordwest ein. Vom Ganthorn bis hier liegt eine zweite Schuppe. Der Bettelriedbach bildet die Nordgrenze der eigentlichen Spielgerten, also der „Zone Sud“. Was weiter nordwärts folgt, gehört stratigraphisch der Hornfluhkette an. Auf 1 Dieser Triasdolomit weist in seiner Schichtfolge eine ähnliche Zusammen- setzung auf wie der Dolomit des Giswyler Stockes; ich glaube, dass er wie dieser als Hauptdolomit betrachtet werden kann. 31] Die LAGERUNGSVERHÄLTNISSE IN DEN FREIBURGER ALPEN. 9 dieser vom Fermelthal bis zum Bettelriedbach in der Horizontal- projection 4 km langen Strecke ist keine Faltung zu bemerken. Die Schichten gehen alle mit dem gleichen Fallwinkel nach Nordwest zur Tiefe. Aber auch die Aufeinanderfolge der einzelnen Forma- tionsglieder lässt nicht auf das Vorhandensein eines Sattels oder einer Mulde schliessen. Dicht über dem Bett des Bettelriedbaches folgt im Norden wieder Rauhwacke und darüber der Triasdolomit. Verfolgt man beide im Streichen den Bach aufwärts, so sieht man bei den Hütten in der Weid die Rauhwacke sich teilen, um einen Streifen zerknitterten Flyschschiefers einzuschliessen. Sie bricht hier und weiter nach Nordost steil nach Süden ab und fällt nach Nordwesten ein, unter den Dolomit und die auf ihm ruhende Hornfluhbreccie. Diese bildet den Bergrücken, der von der Kumigalm langsam sich senkend gegen Bettelried zieht und hier mit einer Felswand im Walde endet. Auf der Breceie liegt in Nordwest-Richtung wieder Flysch; es ist aber an dieser Stelle die Berührung beider nicht zu sehen die Blockhalden der leicht zerstörbaren Breccie verdecken sie. Der Bergrücken findet jedoch seine Fortsetzung jenseits des Thales der Grossen Simme in dem Gipfel des Geisshornes. Auf dieser Seite ist nun die Ueberlagerung der Breccie durch den Flysch gut zu beobachten. Bis Mannried bleibt das Profil im Flysch, dann folgt wieder die Hornfluhbreccie, die ebenso wie die Flyschschiefer nach Nordwesten einfällt. Vom Bettelriedbach bis hier ist ebenfalls keine Faltung zu bemerken; die zweimalige Wiederholung der Breccie und des Flysches kann aber als eine Schuppe betrachtet werden. Die grosse Breite der Flyschzone zwischen dem ersten und dem zweiten Bergrücken der Breccie erklärt sich dadurch, dass die Thal- erosion des Mannriedbaches die Südwest-Nordost streichende Flysch- Breceienscholle schräg angeschnitten hat. Die Erosion ist auf der weichen Flyschunterlage nicht senkrecht in die Tiefe gegangen, sondern sie ist der immer wieder untergrabenen und abbrechenden harten Kante der Breccie nach Norden in ein immer tieferes Niveau gefolgt. Durch das schräge Anschneiden der Schollen erklärt sich auch die allmähliche Senkung der durch die Erosion heraus modellirten Rücken nach Westen gegen das Thal der Grossen Simme zu, 10 AA "OYIDMYnDy 4 ywojopsplul Ad 'snıyÄW © Saynog 'w „abbor bp ‘aupıopy b !auiayspuog n jpBraunpshyf 7 “sabno saypnoI 49 !uaj1abjards 12p Yoywjow 'w !21224qymyulop q wıbyvunoA] uap pun umpbrumy ap 1aqn ]YO4d II 000G2.[ QWISSSDDN Keiner: numy joy»sJawumg MOISUYUy os = SZ [32 Das zweite hier angefügte Profil (Fig. 2) durchschneidet den nordöstlichen Teildes von mir untersuchten Gebietes, ebenfalls in gerader Linie und quer zum Streichen. Es beginnt am Ankenstock im Südosten, quert dann den Frohmattgrat und endet in der Breceie auf der Nord- seite des Mannriedbaches. Auch längs dieser Linie tritt das stetige Nordwest-Fallen der Schichten hervor. Auch hier ist keine Faltung be- merkbar, wohl aber kann die Wiederholung der Breccie und des Flyschschiefers als eine Schuppe betrachtet werden. Ich will dieses Profil nicht näher beschreiben, sondern nur kurz bemerken, dass auch in dem Gebiete zwischen den beiden Proßil- linien keine Faltung auftritt, dass die Schichten immer Nordwest fallen und dass sie sich zum Teil in Schuppen wiederholen, die von Nord- west nach Südost gerichtet sind. Die steilen Abhänge nach Süden gegen die Hoch- alpen werden durch die Schichtköpfe gebildet, die flacheren Abdachungen nach Norden durch das Schicht- fallen bedingt. Das dritte Profil (Fig. 3) stellt einen Teil des Berg- rückens des Flühwaldes dar, 33] Die LAGERUNGSVERHÄLTNISSE IN. DEN FREIBURGER ALPEN. 11 derin dem Winkel zwischen grosser und kleiner Simme im Nordwesten von Zweisimmen gelegen ist. Hier sind die Lagerungsverhältnisse sehr verwickelt, weil Lappen der „Zone Sud“ mit den Schichten der Hornfluhbreceie in tektonischen Verband treten; Couches rouges und heller Malmkalk liegen hier in Schichten, die nach Nordwesten einfallen in mehrfacher Wiederholung mit Hornfluhbreccie, Trias- dolomit und Rauhwacke. Auch hier tritt also Schuppenstruktur auf, wenn auch in kleinerem Massstabe als in den übrigen Bergzügen der Spielgerten-Hornfluhkette. Sie geht hier selbst ins Kleinste. Eine Schuppe von der Klarheit eines Modells liegt unmittelbar westlich vom Schwarzen See. Es wiederholen sich hier Couches rouges und Hornfluhbreccie. Ich will nicht länger bei den Einzel- II. Profil zwischen Hohlas und hınter den Flühnen NW NW. von Zweisimmen. so Maassstab 1: 10000 Fig. 3. heiten verweilen, die sich nur umständlich beschreiben lassen. Wenn ich recht beobachtet habe, dann kommt auch in diesem Berg- rücken Faltung nicht vor. Aber die Lagerungsverhältnisse sind recht schwierig zu verfolgen, eine ausgedehnte Moränendecke ist vorhanden, welche die Wiederholung der Schichten, die auf schma- lem Gebiet erfolgt, zum Teil verdeckt. Dazu gesellen sich dann Verschiebungen quer zum Streichen, und die Bruchstücke der ein- zelnen Schuppen sind in vertikaler und horizontaler Richtung verschoben worden. Es bedarf zur genauen Aufnahme dieses Teiles der Spielgerten-Hornfluhkette einer Karte von grösserem Massstabe und besserer topographischer Unterlage als sie die Sigfriedkarte bisher bietet. Ich möchte nun noch einen Augenblick bei den Verschiebungen verweilen, welche die Schichten senkrecht zum Streichen erfahren haben. Sie treten besonders deutlich an den Wänden der Spiel- Berichte XII. 3 [34 KEIDEL: 12 gerten hervor, weil sie hier nicht wie im Gebiete der Hornfluh- breccie durch Geröllanhäufungen und durch die Vegetation verdeckt ar S N er so L Einklemmung von Couches rouges (Cr) a IE MR Zwischen Malmkalk (M) längs einer Verschiebung quer z. Streichen. Fig. 4. So sieht man an der steilen Ostwand des Pfad die roten Couches rouges zweimal taschenartig in den hellen Malmkalk ein- werden. 35] Die LAGERUNGSVERHÄLTNISSE IN DEN FREIBURGER ALPEN. 13 gesenkt. Das plötzliche Abbrechen der Couches rouges im Süden des Seehornes erklärt sich gleichfalls durch eine Verschiebung quer zum Streichen. Die Verschiebungen folgen dann nördlich gegen den Gipfel des Seehornes so dicht hintereinander, dass sie die Wand förmlich zerschneiden und die erste Ursache des grossen Schrattenfeldes geworden sind, das die Westseite des Seehornes in grosser Ausdehnung bedeckt. Die nebenstehende Skizze (Fig. 4) stellt eine solche Störung dar, die sich in der Mitte des Frohmatt- grates dem Bergli (Siegfrid-Karte) gegenüber befindet. Sie ist von Westen gesehen. Der Malmkalk tritt mit glatten Schnitt- flächen aus dem Weidland heraus; er wird durch die Couches rouges bedeckt. Aber während der Kalk die Verschiebung deut- lich zeigt, haben sich die Couches rouges wie eine zähe Masse ver- halten und ihren Zusammenhang gewahrt. Sie gehen im Bogen über den hellen Kalk seitlich hinüber, stehen einen Augenblick steil und verschwinden im Weidland. Dicht daneben steht wieder Malm in grösserer Masse an. Diese Verschiebungen aber besitzen für die Tektonik der Spiel- gerten-Hornfluhkette nur eine untergeordnete Bedeutung. Wichtiger sind die Störungen auf der Nord- und auf der Südseite der bei den Spielgerten-Gipfel. Hier ist aus dem Malm ein westöstlich verlaufendes schmales Band herausgeschnitten, das sich heute in höherem Niveau befindet als die angrenzenden Teile; denn während hier die Decke der Couches rouges erhalten ist, hat sie die Erosion von den Spiel- gerten-Gipfeln längst entfernt. Auch das plötzliche Abbrechen der Spielgerten auf der rechten . Seite des Thales der grossen Simme ist durch eine grosse Störung quer zum Streichen zu erklären. Die Wand des Geiershubel stürzt hier, mehrfach absetzend, jäh zur Strasse hinab. Es ist wahrschein- lich, dass die ungewöhnliche Ausdehnung der Geröllhalden am Fusse dieser Wand ihre Ursache in der allmählichen Ueberdeckung staffel- förmig hintereinander auftretender Steilabfälle hat. Auf der anderen Thalseite findet man die Schichten der Spiel- gerten, also der „Zone Sud“, nicht mehr; hier liegt die Hornfluh- breccie mit Rauhwacke an der Basis im Westen von Ried unmittel- bar über dem Niesenflysch. Ich glaube, dass diese Mitteilungen über die Tektonik der Spiel- gerten-Hornfluhkette genügen, um zu zeigen, dass die Schichten durchweg nach Nordwest einfallen, dass sie sich teilweise in Schuppen wiederholen und dass Faltungen nicht vorhanden sind. 53*+ °G ad 14 KEIDEL: [36 Ze Ay 5 2 % 2 a2 4 3 |, ‚eissre ‚ Sag 3 'z a SS Sie i ss. Sieele SD . mn Io = AU SE| -I3 2 & | al Se Ss \ rg = == “u ZEN o 5 = Hl S In Q {e) = = S 3 |, ‚oa [Sa SR \ SE \ Sie t 4 Gl 7 PER Se 8 08 voco6ob u? et} \ Str RT. E > o J N se = [e$} S|\ Tr, b m“ S. rs 3; n2 I: S 5 so Ss e= = m 3 gl ER 5 g nee 2= Qu N: age ® EN v o o = Ss Velen = ı v Er DE: = Sul) ar en 5 5 Lei E (de) 4 =; a} oo >; 219919 Jap segeig. Ampsabueyad 2ueıow jspuesipchls (abrawpsk4 sabno. saypnd) snıuAwe JadH0q TR © YıeyWen oo o o o DER o o b o o o o oo ® oo © oo oo o 0° Htee ompec® ap = en Al 090° Foo 0 0°“... 000° oo. oT oo» sum 0'000, Wal | I | oo 0 ı 0,0 0 10009 o o2ooco ılı [HH N] Hk ArHHı DAHER HH HER NGRHE De et 37] Die LAGERUNGSVERHÄLTNISSE IN DEN FREIBUGER ALPEN. 15 Die Verschiebungen senkrecht zum Streichen möchte ich zum grössten Teile als Blätter auffassen, die mit der Bildung der Schuppen im genetischen Zusammenhange stehen. Die eben geschilderten Verhältnisse lassen sich kurz so zu- sammenfassen: im Süden fällt der Niesenflysch nach Nordwesten ein, es folgen mit gleichem Schichtfallen die Trias- und Jurabildungen der Spielgerten-Hornfluhkette; ihnen sind mehrmals in der allgemeinen Streichrichtung breite Flyschzonen eingeschaltet, denen die Breccien und Conglomerate aus krystallin-exotischem Materiale fehlen. Es ist nicht zu beobachten, dass dieser Flysch den Kern von Mulden bildet, vielmehr scheint Faltung nicht vorhanden zu sein. Im Norden tritt der Flysch der Hundsrückzone ebenfalls mit Nordwest fallenden Schichten an die letzte Scholle der Hornfluhbreccie heran. Dieses ganze Schichtsystem ist nach Absatz der Flyschbildungen durch eine horinzontal wirkende Kraft in seine jetzige Lage ge- kommen: und diese Kraft ist von Nordwesten nach Süd- osten gerichtet gewesen. Die Verbreitung der einzelnen Glieder der mesozoischen Ge- steinsfolge und des Flysches, sowie das Streichen der Schichten, ihr wiederholtes Auftreten hintereinander ist ersichtlich auf der beigefügten Uebersichtskarte. Sie ist während der Begehungen aufgenommen worden, und die wesentlichen Verhältnisse sind auf ihr zur Darstellung gekommen; dagegen ist das nicht der Fall bei manchen Einzelheiten, deren genaue Eintragung eine Karte von grösserem Massstabe erfordert. RITTENER erklärt am Schlusse seiner oben angeführten Arbeit die Einschaltung des Flysches mit konkordanter Schichtung in die steil gestellten Jura- und Triasbildungen des Gummfluhmassivs da- durch, dass er annimmt, das Flyschmeer sei transgredirend in die bereits vorhandenen Mulden und selbst in die aufgebrochenen und zum Teil von der Erosion zerstörten Sättel eingedrungen. Später seien dann durch die letzte Alpenfaltung die Flyschschichten mit den älteren Bildungen steil aufgerichtet und zwischen diese einge- klemmt worden, so dass sie heute die konkordante Schichtung nur vortäuschen. Nun aber hat Rırtexer diese Mulden und Sättel mit Hülfe der von ihm als „Jurassique indöterminable* bezeichneten Gesteins- folge konstruirt, so am Rocher du Midi, am Rocher plat; er ist ausserdem mehrfach im Zweifel geblieben, ob es sich wirklich um Mulden und Sättel oder um Schuppen handelt (l. c., Pl. 2, Fig. 1; 16 KEIDEL: [38 Pl. 2, Fig. 1 und 3). Ich möchte hier nun nochmals die Vermutung aussprechen, dass ein Teil der als „.JJurassique indeterminable* be- zeichneten Gesteine in Wirklichkeit triadisch ist. Dadurch würden dann die Lagerungsverhältnisse nicht unwesentlich beeinflusst, sie würden sich noch mehr denen der Spielgerten-Hornfluhkette nähern; und der Flysch wurde vielleicht die konkordante Lagerung nicht vortäuschen, sondern sie wirklich besitzen. Wenn man die grosse Mächtigkeit der Trias- und der Jura- bildungen, ihr stets gleiches Fallen und die Abwesenheit jeglicher Faltung im Auge behält, dann ist die Annahme nicht unwahr- scheinlich, dass der Flysch entweder über horizontalen Schichten oder über nur sehr flachen Gewölben und Mulden abgelagert worden ist. Es ist ferner möglich, dass in dieser triadischen und jurassischen Unterlage grosse, im Streichen der jetzigen Ketten ver- laufende Brüche vorhanden gewesen sind, die stellenweise den kry- stallinen Sockel der Sedimente haben zu Tage treten lassen. Das andringende Flyschmeer hat diesen Stellen dann das Material der Conglomerate und der Breccien entnommen, die in den Zonen des Niesen und des Hundsrück den Flyschmergeln eingelagert sind. Später sind die Brüche durch die von Norden wirkende Kraft zu Ueberschiebungsflächen ausgebildet und die triadischen und juras- sischen Sedimente mit Einschluss des Flysches zu Schuppen über- schoben worden. Während sich diese Mitteilung im Druck befand, ist eine Arbeit von SarAsın über die äusserste Kette der Voralpen in der Gegend von Chätel-St-Denis erschienen (Les formations infra- cr&taciques d. l. Chaine Pleiades-Corbettes-Niremont, Arch. d. science. phys. et nat. Geneve, 1901). Der Verfasser führt den Nachweis, dass auch in dieser äussersten Zone der Voralpen gegen das Molasseplateau Schuppenstruktur auftritt, und dass die Schuppen gegen die inneren Ketten einfallen. Es sind deren zwei oder drei vorhanden, und sie werden zusammengesetzt aus Bildungen des oberen Jura und der unteren Kreide. Zwischen diese Schuppen ist auch hier der Flysch eingeschaltet. Es ist möglich, dass durch eine genaue Untersuchung Schuppen- struktur auch in den übrigen Lappen mesozoischer Gesteine nach- gewiesen wird, die am Nordrande der äussersten Flyschzone auf- treten. Es könnte alsdann dieser ganze Zug mesozoischer Bildungen, der von COhätel-St-Denis gegen Nordost hart an der Grenze gegen die Molasse hinzieht, als das tektonische Aequivaleut der Spielgerten- 39] Dıe LAGERUNGSVERHÄLTNISSE IN DEN FREIBURGER ALPEN. 1% Hornfluh-Gummfluh betrachtet werden. Und zwischen beiden liegen die Antiklinalen der „Zone Nord“ der „Chaines calcaires* wie eine centrale Axe, im Norden wie im Süden von der Region der Schuppen durch eine breite Flyschzone getrennt. Das wäre dann an Stelle der grossen Ueberschiebungsdecke ein „zusammengesetzter Schuppenfächer“ im Sinne Haug’s!. ı Haus, L’origine des Pröalpes Romandes et l. zones de sedimentation d. Alpes de Suisse et de Savoie, Arch. d. sciences phys. et nat., 15. aoüt 1894. Haus, Les regions dites exotiques du versant nord d. Alpes suisses, Bullet. d. 1. societe vaudoise d. sciences nat., Vol. XXXV, No. 132, 1899, S. 153f, 1 [40 Beiträge zur Kenntnis des kohlensauren Kalkes, Von Wilhelm Meigen. Mit 9 Figuren im Text. Es giebt wohl nur wenige chemische Verbindungen, die von jeher das Interesse des Chemikers wie des Mineralogen und Geologen im gleichen Masse erweckt hätten wie der kohlensaure Kalk. Bei der grossen Zahl wichtiger und grundlegender Fragen, die sich an seine Abscheidung und an sein Verhalten knüpfen, von denen ich nur an die Bildung der marinen Kalkabsätze, sowie an die Ent- stehung vieler Erzlagerstätten erinnern will, kann es daher nicht Wunder nehmen, wenn die Zahl der Arbeiten, die sich mit ihm beschäftigen, fast unübersehbar ist, konnte doch Graf BOoURNON! schon vor nahezu hundert Jahren ein mehrbändiges Werk über die verschiedenen Modifikationen des kohlensauren Kalkes schreiben. Aber trotz der aufgewandten vielen Mühe und des oft grossen Scharfsinns sind doch noch immer zahlreiche Fragen auch bis heute nicht mit Sicherheit beantwortet worden. Einen Beitrag zur Auf- hellung dieses vielfach noch dunklen Gebietes zu liefern, habe ich mit der vorliegenden Arbeit versucht, die nicht den Anspruch er- hebt, nach allen Richtungen hin vollständig abgeschlossen zu sein, die ich vielmehr als Grundlage und Einleitung zu einer Reihe von Arbeiten angesehen wissen möchte, in denen ich die hier begonnenen Untersuchungen über die Eigenschaften und das Verhalten des kohlensauren Kalkes fortzusetzen gedenke. Da die hier in Betracht kommenden Fragen wesentlich zweierlei Art sind, so ergiebt sich für die Gliederung dieser Arbeit ganz natur- ! Traite complet de la chaux carbonatde et de l’arragonite par M. le comte DE BoURNon, Londres 1808. 41] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES, 9 gemäss eine Einteilung in zwei Abschnitte, von denen sich der erste mit der Fällung des kohlensauren Kalkes, der zweite mit dem Ver- halten desselben zu Lösungen von Salzen der Schwermetalle be- schäftigt. Dazu kommt, gewissermassen als Anhang, noch ein dritter Abschnitt über Bildung und Vorkommen des kohlensauren Kalkes in der organischen Natur, den ich nur aus Zweckmässigkeitsgründen von den beiden anderen abgetrennt habe. I. Die Fällung von kohlensaurem Kalk. Schon am Ende des 18. Jahrhunderts war bekannt, dass der natürlich vorkommende kohlensaure Kalk in zwei verschiedenen Kristallformen auftritt, hexagonal-rhomboedrisch als Kalkspat und rhombisch als Aragonrit. Dass Kalkspat und Aragonit die gleiche chemische Zusammensetzung besitzen, wurde bereits 1788 von KrarrorH! durch die Analyse beider nachgewiesen und später von Hauvy? und Gustav Rose? bestätigt, welche beobachteten, dass sich Aragonit in Kalkspat umwandelt, wenn er auf dunkle Rotglut er- hitzt wird. Unter dem Einfluss der Theorie HAuy’s, welcher lehrte, dass jeder chemischen Verbindung eine bestimmte Kristallform, aber auch nur eine einzige, zukomme, nahm man an, dass der Aragonit seine Form einem, wenn auch mitunter sehr kleinen, Gehalt an kohlen- saurem Strontian verdanke. Dieser sollte ein stärkeres Kristalli- sationsvermögen besitzen und seine rhombische Kristallform dem kohlensauren Kalk aufzwingen. Durch eingehende Untersuchungen, besonders von RosE*, wurde jedoch später nachgewiesen, dass es auch strontiumfreien Aragonit giebt und dass der kohlensaure Kalk wirklich dimorph ist, d. h. also die Fähigkeit besitzt, je nach den Umständen in zwei gänzlich verschiedenen Formen zu kristallisieren. ! VATER, Zeitschr. f. Kryst. 21, 434. Wo die Litteraturnachweise nicht den ÖOriginalmitteilungen entnommen sind, habe ich in erster Linie meinen Gewährsmann angeführt und die An- gabe des Originals in Klammern hinzugefügt, soweit mir dies überhaupt mög- lich war. ® G. Rose, Abhandl. d. königl. Akad. d. Wiss. z. Berlin, 1856, S. 8 Anm.1. ® G. Rose, Ueber die Bildung des Kalkspats und Aragonits. Pogg. Ann. 42, 362 (1837). * G. Rose, Ueber die Bildung des Kalkspats und Aragonits. Pogg. Ann. 42, 353 (1837). g MEIGEN: [42 Es galt nun dıese Umstände ausfindig zu machen, eine Frage, mit der sich bereits viele Forscher abgegeben haben, ohne dass sie jedoch bis heute vollständig gelöst wäre. Der erste, welcher sich hiermit eingehend beschäftigt hat, ist Gustav Rose!. Die Thatsache, dass der Tropfstein, wie er sich in den Kalksteinhöhlen bei gewöhnlicher Temperatur bildet, aus Kalkspat, der von den heissen Karlsbader Quellen abgesetzte Sprudelstein dagegen aus Aragonit besteht, brachte ihn auf den Gedanken, dass vielleicht die verschiedene Temperatur, bei welcher die Kristallisation des kohlensauren Kalkes erfolgt, von wesentlichem Einfluss auf die Form sei, in der er sich ausscheidet. Bei seinen zur Prüfung dieser Annahme ausgeführten Versuchen fand er nun folgendes. Aus einer Lösung von Oalciumkarbonat in kohlensäurehaltigem Wasser kristallisiert bei gewöhnlicher Temperatur nur Kalkspat. Ebenso erhielt Rose ausschliesslich Kalkspat, wenn er eine Chlor- calciumlösung bei Zimmertemperatur mit kohlensaurem Ammoniak oder einem anderen kohlensauren Alkali fälltee Als er aber die Lösung von Oalciumbikarbonat auf dem Wasserbade eindampfte oder eine kochende Chlorcaleciumlösung mit heissem kohlensauren Ammon versetzte, entstanden Kristalle von der Form des Aragonits. Der so künstlich dargestellte Aragonit hielt sich nur dann unverändert, wenn er sofort abfiltriert und ausgewaschen wurde; blieb er unter der Mutterlauge stehen, so wandelte er sich im Verlaufe von etwa acht Tagen vollständig in Kalkspat um. Dieselbe Umwandlung fand langsamer auch beim Aufbewahren unter reinem Wasser statt, aber nur wenn der Aragonit frisch gefällt war; war er schon einmal ge- trocknet, so blieb er auch bei wochenlangem Stehen sowohl unter Wasser wie unter einer Lösung von kohlensaurem Ammon un- verändert. RosE zog aus diesen Versuchen den Schluss, dass sich auf nassem Wege sowohl Kalkspat wie Aragonit bilden kann, ersterer bei niederer, letzterer bei höherer Temperatur. Hiergegen wurde von BiscHoF? eingewandt, dass sich diese Ansicht nicht mit dem Vorkommen des Aragonits in der Natur vereinigen lasse, dass dieses vielmehr dafür spreche, dass „sowohl Bildungen des Aragonits 1 G. Rose, Ueber die heteromorphen Zustände der kohlensauren Kalkerde. Abhandl. d. königl. Akad. d. Wiss. z. Beriin 1856, S. 1. * Lehrbuch der chemischen und physikalischen Geologie von Dr. Gustav Bıscnor. Bonn 1855. Bd. II S. 1044. 43] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 4 als auch Umwandlungen desselben in Kalkspat unabhängig von der Temperatur erfolgen können, und dass sich wohl der meiste Ara- gonit aus kalten Gewässern abgesetzt hat“. Eigene Versuche dar- über hat BıscHor anscheinend nicht angestellt. Dass seine Auffassung richtig war, schien jedoch durch eine Beobachtung BECQUEREL’s! bewiesen, wonach Gips durch eine 1—2 Monate dauernde Ein- wirkung einer Lösung von doppeltkohlensaurem Natron in Aragonit umgewandelt sein sollte. Durch neue Versuche stellte Rose? nun zunächst fest, dass sich Kalkspat auch bei höherer Temperatur bilden könne und zwar so- wohl aus einer Lösung von kohlensaurem Kalk in kohlensäurehaltigem Wasser wie auch durch Fällen einer Lösung von doppeltkohlen- saurem Natron mit Chlorcalcium, während bei Anwendung von neu- tralem kohlensaurem Natron unter den gleichen Bedingungen Ara- gonit entstand. Aus diesen Beobachtungen schien hervorzugehen, dass bei höherer Temperatur der kohlensaure Kalk nur dann die Form des Kalkspats annimmt, wenn er von einer Atmosphäre von Kohlensäure umgeben ist oder sich, was im wesentlichen auf das- selbe hinauskommt, unter Entwicklung von Kohlensäure abscheidet. Durch weitere Versuche wies RosE? nach, dass aus gesättigten Lösungen von Calciumkarbonat unterhalb 30° niemals Aragonit entsteht und dass dessen Menge mit steigender Temperatur zunimmt, so dass oberhalb 90° nur Aragonit gebildet wird. Um auch die Wirkung einer Verdünnung zu untersuchen, liess er die beiden Lösungen sich sehr langsam durch Diffusion innerhalb einer grösseren Wassermenge mischen. Nach Verlauf einiger Jahre hatte sich ein Absatz von büschelförmig gruppierten Kristallen ge- bildet, die ihren prismatischen Formen nach nichts anderes als Aragonit sein konnten, der in diesem Falle auch bei gewöhnlicher Temperatur entstanden war. Aehnliche Ausscheidungen erhielt er auch aus einer ganz verdünnten Lösung von Calciumbikarbonat. Die Arbeiten Rose’s ergaben somit als Resultat, dass die Tem- peratur nicht die alleinige Ursache für die Form ist, in der sich der kohlensaure Kalk abscheidet, dass sich vielmehr beide Formen je ı ©. BECQUEREL, Ueber die durch Berührung der festen und flüssigen Körper hervorgerufenen chemischen Wirkungen. J.f. pr. Ch. 56, 476 (1852). 2 G. Rose, Ueber die Umstände, unter denen der kohlensaure Kalk sich in seinen heteromorphen Zuständen, als Kalkspat, Aragonit und Kreide ab- scheidet. Pogg. Ann. 111, 156 u. 112, 43 (1860). G. Rose, Monatsber. d. königl. Akad. d. Wiss. z. Berlin. 1860, S. 369, 5 MEIGEN: [44 nach den Umständen sowohl in der Hitze wie in der Kälte zu bilden vermögen. Diese Untersuchungen wurden 1870 von ÜREDNER! wieder auf- genommen und fortgesetzt. ÜREDNER konnte die Angabe Roske’s bestätigen, dass sich aus Lösungen von Oalciumbikarbonat nach längerem Stehen, also bei grösserer Verdünnung, prismatische Kristalle abscheiden, die auch er für Aragonit ansah. Ausserdem stellte er Versuche an über die Kristallisation des Calciumkarbo- nates bei Anwesenheit noch anderer Stoffe. Hierbei beobachtete er, dass der kohlensaure Kalk aus Lösungen, welche ausserdem noch Strontium- oder Bleikarbonat oder auch Gips enthielten, ent- weder ausschliesslich oder doch teilweise die Form des Aragonits auch bei Anwendung kalter Lösungen annahm. In Uebereinstimmung hiermit fand BAUuER?, dass ein Zusatz von wenigen Prozenten Baryumkarbonat genügt, um aus Lösungen von Caleiumbikarbonat gut ausgebildete rhombische Kristalle von Aragonit zu erhalten. Die eingehendsten und sorgfältigsten Untersuchungen über die Kristallisation des kohlensauren Kalkes aus verdünnten Lösungen sind im Laufe der letzten zehn Jahre von VATER? ausgeführt worden. ! H. CREDNER, Ueber gewisse Ursachen der Kristallverschiedenheiten des kohlensauren Kalkes. J. f. pr. Ch. (N. F.) 2, 292 (1870). * M. BAvER, Ueber eine Pseudomorphose von Aragonit nach Kalkspat. Neues Jahrb. f. Mineral. u. s. w. 1890, I, 21. i ® H. VATER, Ueber den Einfluss der Lösungsgenossen auf die Kristallisa- tion des Calciumkarbonates I. Zeitschr. f. Kryst. 21, 433 (1893). II. Kristallisation des Calciumkarbonates aus sog. verdünnten Lösungen. Zeitschr. f. Kryst. 22, 209 (1894). III. Die Beeinflussung der Homogenität und der Wachstumsgeschwindigkeit der Kalkspatkristalle durch dilut tärbende Substanzen. Zeitschr. f. Kryst. 24, 366 (1895). IV. Die von Gustav Rose dargestellten und als Aragonit beschriebenen garbenförmigen u. dgl. Aggregate sind durch den Einfluss dilut färben- der Substanzen zerfaserte Kalkspatkristalle. Zeitschr. f. Kryst. 24, 378 (1895). V. Die scheibenförmigen Kristalliten des Caleiumkarbonates. Zeitschr. f. Kryst. 27, 477 (1896) VI. Schwellenwert und Höhenwert der Lösungsgenossen bei ihrem Einflusse auf die Kristallisation. Zeitschr. f. Kryst. 30, 295 (1898). VII. Der Einfluss des Caleiumsulfates, Kaliumsulfates und Natriumsulfates. Zeitschr. f. Kryst. 30, 485 (1898). VIII. Ueber die Einwirkung von Alkalikarbonatlösungen auf Gips und An- hydrit. Zeitschr. f. Kryst. 51, 538 (1899). 45] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES, 6 Dieser ging dabei von der Ansicht aus, dass es zur Erklärung eines einzelnen Mineralvorkommnisses nicht genügt, die im allgemeinen zu seiner Entstehung notwendigen Bedingungen ausfindig zu machen, da dasselbe Mineral in den meisten Fällen auf sehr verschiedenen Wegen gebildet werden kann. Man müsse im einzelnen Fall auch die Ausbildung der Kristalle, ihren Habitus, und die auftretenden Flächenkombinationen berücksichtigen, und die Umstände zu er- mitteln suchen, welche die Entstehung gerade dieser Ausbildungs- weise verursachen. Da in der Natur ein Mineral wohl nur in den seltensten Fällen aus einer reinen Lösung auskristallisiert, so musste vor allem der Einfluss der übrigen in der Lösung vorhandenen Stoffe, die VATER sehr treffend als „Lösungsgenossen“ bezeichnet, unter- sucht werden. Es stand zu erwarten, dass dieser Einfluss sich am stärksten bei den Verbindungen geltend machen werde, die sich in den verschiedensten Kombinationen vorfinden. Infolge seines grossen Formenreichtums bot sich daher als das geeignetste Untersuchungs- objekt der kohlensaure Kalk gewissermassen von selbst dar. Für den Zweck der Untersuchung war es wesentlich, möglichst grosse Kristalle zu erhalten. Deshalb liess VATER die Lösungen des Caleiumsalzes und des Alkalikarbonates durch äusserst langsame Diffusion sich vermischen; aus dem gleichen Grunde wurde bisher nur das Verhalten kalter Lösungen untersucht. Mit Ausnahme von vier Versuchen entstand ausschliesslich Kalkspat. Bei den vier ab- weichenden Versuchen hatte sich der kohlensaure Kalk bei Gegen- wart von kohlensaurem Baryt in „sphärischen Aggregaten“ ab- geschieden, die VATER! geneigt ist für eine dritte, neue Modifikation des Caleiumkarbonates anzusehen, da sie nach seinen Bestimmungen ein beträchtlich niedrigeres spezifisches Gewicht (2,54) als selbst der Kalkspat (2,71) besitzen. Da VATER unter den Bedingungen, unter denen nach RosE und ÜREDNER Aragonit entstehen sollte, stets nur Kalkspat erhielt, gab er sich grosse Mühe, diesen Widerspruch auf- zuklären, was ihm auch schliesslich gelang, indem er nachweisen konnte, dass die von RosE und ÜREDNER beschriebenen büschel- förmigen Kristallaggregate auch nichts anderes als Kalkspat sind, der nur infolge der Anwesenheit von Verunreinigungen in der Lösung zerfasert ist?. Nachdem er den einen Fall der Bildung von Aragonit aus kalten Lösungen als Täuschung erkannt hatte, untersuchte er den 1 Ztschr, f. Kryst. 21, 471. 2 Ztschr. f. Kryst. 24, 378. 7 MEIGEX: [46 Einfluss von Sulfaten als Lösungsgenossen, die ja ebenfalls das Auf- treten von Aragonit begünstigen sollten. Aber auch hierbei, wie bei der Einwirkung einer Natriumkarbonatlösung auf Gips, wodurch BECQUEREL, wie oben erwähnt, angeblich Aragonit erhalten hatte, bildete sich in der Kälte stets nur Kalkspat. „Gegenwärtig ist daher eine etwa 30° überschreitende Tempe- ratur die einzige bekannte Ursache, welche unter Umständen be- dingt, dass sich reines Caleciumkarbonat als stabiler Aragonit aus- scheidet.“ Die bisher erwähnten Untersuchungen sind ausschliesslich von Mineralogen in mineralogischem Interesse ausgeführt worden. Diesen lag vor allem daran, die Umstände ausfindig zu machen, unter denen in der Natur Aragonit oder Kalkspat entsteht; sie arbeiteten daher alle in Nachahmung der natürlichen Verhältnisse nur mit sehr ver- dünnten Lösungen. Die den Chemiker am meisten interessierende Frage, woraus die Niederschläge bestehen, die man beim Fällen von kohlensaurem Kalk aus konzentrierteren Lösungen im Labora- torium und in der Technik erhält, blieb bis auf die wenigen und unvollständigen Angaben in Rose’s erster Arbeit gänzlich unberück- sichtigt. Der einzige, der sich mit diesem Problem in neuerer Zeit beschäftigt hat, ist M. ADLER". Wenn man aus dem Verhalten der verdünnten Lösungen einen Schluss ziehen wollte, durfte man wohl erwarten, dass sich bei der gewöhnlichen Fällung eines Caleiumsalzes durch ein Alkalikarbonat bei Abwesenheit sonstiger Lösungsgenossen in der Hitze Aragonit, in der Kälte aber Kalkspat bilden werde. ADLER fand dies nur teilweise bestätigt. Nach ihm kommt es vor allem auf die Kon- zentration des Alkalikarbonates an (er verwandte fast ausschliesslich Ammoniumkarbonat als Fällungsmittel). Den schönsten Aragonit erhielt er bei Anwendung einer Lösung von kohlensaurem Ammon von solcher Stärke, dass auf Zusatz der Chlorcalciumlösung eine dick- gelatinöse Masse entstand, die erst bei langem Rühren dünnflüssig wurde. Die Temperatur der ammoniakalischen Lösung durfte dabei 32° nicht überschreiten, während die Chlorcalciumlösung auch heiss angewandt werden konnte. Bei Anwendung einer dünneren Lösung von kohlensaurem Ammon entstand bei gleicher Temperatur ein milchiger Niederschlag von grossen rhombischen Aragonitkristallen, die sich sehr schnell in Calcit umwandelten. Die theoretische Be- ı M. Anter, Beiträge zur Kenntnis des kohlensauren Kalkes. Zeitschr. t. angew. Chem. 1897, S. 431. 47] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 8 gründung dieses Verhaltens ist nach ADLER folgende. Da nach RosE! sich bei Gegenwart freier Kohlensäure Kalkspat bildet, das neutrale kohlensaure Ammon aber an der Luft durch Abgabe von Ammoniak in das saure Salz übergeht und dieses in der Hitze in Ammoniak, Kohlensäure und Wasser dissoziert, so ergiebt sich daraus, dass man, um die Gegenwart freier Kohlensäure zu ver- meiden, die Lösungen möglichst kalt anwenden muss, wenn man Aragonit erhalten will. In Uebereinstimmung damit fand ADLEr, dass man bei verdünnteren Lösungen nicht über 22° hinausgehen darf. Je kälter die Lösung, um so kleiner, aber auch um so stabiler waren die Aragonitkriställchen. Blieb der gebildete Aragonit in der Chlorammoniumlösung, so lagerte er sich bald in Kalkspat um. Er war um so beständiger, je konzentrierter die Ammoniumkarbonat- lösung war; ein Ueberschuss von Ammoniak wirkte im gleichen Sinne. Ein Zusatz von Gipswasser zu der Chlorcalciumlösung machte den aus verdünnten kalten Lösungen gefällten Aragonit ebenso beständig wie den aus konzentrierten erhaltenen. In den letzten Jahren sind unter den Namen Ktypeit und Conchit zwei neue Modifikationen des kohlensauren Kalkes be- schrieben worden, die man bisher für Aragonit angesehen hat. Nach Lacroıx? bestehen die Erbsensteine von Karlsbad und von Hammam-Meskoutine (Öonstantine) aus einer neuen, vom Ara- gonit wesentlich verschiedenen Form des Calciumkarbonates, die er als „Ktypeit* bezeichnet. Der Hauptunterschied liegt einmal in dem geringeren spezifischen Gewicht (2,58—2,70), sodann im opti- schen Verhalten; die Doppelbrechung ist beim Ktypeit positiv und beträchtlich geringer als bei Aragonit und Kalkspat. Beim Er- hitzen geht Ktypeit ebenso wie Aragonit in Kalkspat über; schon vorher zerspringen die einzelnen Kugeln mit explosionsartigem Knall, was auf starke innere Spannungen schliessen lässt. Die zweite neue Modifikation ist der „Conchit* von AGNES Kerry?. Aus Conchit sollen die Schalen fast aller Mollusken und Cölenteraten, sowie einige natürlich vorkommende Inkrustationen und Sinter bestehen. Auch hier führten hauptsächlich etwas ver- ! Vgl. oben 8. 4. ® Lacromx, Sur la ktypeite, nouvelle forme de carbonate de calcium, diffe- rente de la calcite et de l’aragonite. Compt. rend. 126, 602 (1898). ® Asnes KELLY, Ueber Conchit, eine neue Modifikation des kohlensauren Kalkes. Sitzungsber. d. math.-phys. Klasse d. bayer. Akad. der Wiss. z. München 1900, S. 187. 9 MEIGEN [48 schiedene optische Eigenschaften und geringeres spezifisches Gewicht (2,8) zur Abtrennung vom Aragonit. Vor kurzem hat H. VATER! die Angaben über diese beiden neuen Formen des kohlensauren Kalkes einer sehr eingehenden und sorgfältigen Nachprüfung unterzogen. Bezüglich des Conchits weist er nach, dass das spezifische Gewicht der angeblich daraus bestehenden Gebilde, wenn es richtig bestimmt wird, genau das- jenige des Aragonits ist, und dass auch die optischen. Eigenschaften, wie dies bereits früher von R. BrAauns? hervorgehoben worden ist, von denen des Aragonits nicht wesentlich verschieden sind; der Conchit ist hiernach als besondere Modifikation des kohlensauren Kalkes wieder zu streichen. Dagegen muss es vorläufig noch dahingestellt bleiben, ob der Ktypeit nur ein porenreicher Aragonit oder ein selbständiges Mineral ist. Vielleicht ist er identisch mit den von VATER? künstlich darge- stellten „sphärischen Aggregaten“ vom spezifischen Gewicht 2,54. Ob das, was in der Litteratur als wasserfreier, amorpher, kohlen- saurer Kalk beschrieben ist, wirklich amorph ist, lässt sich zur Zeit noch nicht mit Sicherheit entscheiden. Wahrscheinlich ist ein Teil davon doch sehr fein kristallinisch, der andere aber organischen Ursprungs und besitzt die Struktur der Organismen, denen er seine Entstehung verdankt. A. Fällungen mit neutralem kohlensaurem Natron. Da es bei Anwendung des bisher fast ausschliesslich benutzten kohlensauren Ammons schwer ist, Lösungen von bestimmter Zu- sammensetzung zu erhalten, habe ich zunächst einige Versuche mit kohlensaurem Natron angestellt. Bevor ich auf die Einzelheiten der Versuche eingehe, möchte ich noch einige allgemeine Bemerkungen vorausschicken. Die verwendete Chlorcalciumlösung enthielt 200 g wasserfreies Chlorcalcium, die Lösung von kohlensaurem Natron 150 g wasserfreies Natriumkarbonat im Liter. 50 ccm Chlorcaleiumlösung erfordern in diesem Fall zur vollständigen Ausfällung nicht ganz 64 ccm von der Natriumkarbonatlösung. ı H. Vater, Ueber Ktypeit und Conchit. Zeitschr. f. Kryst. 35, 149 (1901). 2 R. Brauns, Ueber das Verhältnis von Conchit zu Aragonit. Centralblatt f. Mineral. u. s. w. 1901, S. 134. ® Siehe 8. 7. 49] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES,. 10 Die Fällungen wurden alle in Bechergläsern von !/a—?/ı 1 In- halt vorgenommen und zwar derart, dass bei einem Ueberschuss an Chlorcaleium die Sodalösung in die Chlorcalciumlösung, bei einem Ueberschuss an kohlensaurem Natron aber umgekehrt die Chlor- calciumlösung in die Natriumkarbonatlösung gegossen wurde. Dabei wurde nur soviel umgerührt, als zur guten Durchmischung der beiden Lösungen notwendig war. Unter Mutterlauge verstehe ich die nach der Fällung vor- handene Salzlösung. Mit der Aragonitreaktion ist die auf S. 35 dieser Arbeit be- schriebene Reaktion mit Kobaltnitrat gemeint. Versuch 1. (Ueberschuss an kohlensaurem Natron; konzentrierte, kalte Lösung.) 75 ccm Natriumkarbonatlösung wurden bei 15° mit 50 ccm Chlorcalciumlösung versetzt. Hierdurch entstand eine dicke, ganz klar durchsichtige Gallerte, die innerhalb weniger Minuten weiss und undurchsichtig wurde; dabei war sie so dickflüssig, dass man das Becherglas fast ganz umkehren konnte, ohne befürchten zu müssen, dass etwas herausfliesse. Unter dem Mikroskop sah man zunächst nur hellbräunlich gefärbte, amorphe Flocken. Bald aber erschienen darin zahlreiche winzige Punkte, aus denen allmählich etwa 0,3—0,5 u. grosse Rhomboederchen oder Sphärokriställchen hervorgingen. Eine nach fünf Minuten genommene neue Probe zeigte be- ginnende Kristallisation. Der Niederschlag war inzwischen sehr klümperig geworden; die Klumpen bestanden aus amorpher Masse, in die zahlreiche 150—200 » lange und 40—50 u dicke, monokline Kristalle von kohlensaurem Natron eingebettet waren. Daneben begannen einzelne grössere Rhomboeder und zahlreichere kugel- förmige Gebilde aufzutreten, deren Menge mit der Zeit zunahm. Nach einer Stunde war der Niederschlag ganz kristallinisch ge- worden. Er bestand jetzt fast nur aus Sphärokristallen von 2—15 u. Durchmesser; ausserdem zeigten sich nur wenige klare Rhomboeder von 10 ». Kantenlänge und noch vereinzelter einige grössere. Eine abfiltrierte Probe gab sehr starke Aragonitreaktion, auch nach wiederholtem Auskochen mit Wasser. Unter dem Mikroskop zeigten sich nur die Sphärokristalle intensiv lilarot gefärbt, wodurch ihre radialfasrige Struktur (vgl. Fig. 1, S. 13) noch deutlicher erkenn- bar wurde, während die Rhomboeder ganz unverändert und farblos erschienen. Nach fünf Tagen waren die Rhomboeder bis zu 20—30 y. Berichte XII. 4 11 MEIGEn: [50 Kantenlänge gewachsen; die kugelförmigen Gebilde jedoch in rund- liche Kristallaggregate übergegangen, an denen wohl hier und da einzelne Flächen, aber keine bestimmte Formen zu erkennen waren. Der Niederschlag gab jetzt die Aragonitreaktion nicht mehr. Wird der Niederschlag sogleich abfiltriert und ausgewaschen, so sind die Sphäro- kristalle im trockenen Zustande beständig, bei längerem Kochen mit Wasser gehen sie jedoch auch in diesem Fall in Kalkspat über. Die ganz zuerst entstehenden, vollkommen amorphen, bräun- lichen Flocken scheinen bisher noch nicht beobachtet worden zu sein, da weder Rose! noch Link°, die im übrigen die Fällung von Caleiumsalzen mit kohlensauren Alkalien genau beschreiben, etwas davon erwähnen. RosE giebt zwar an, dass bei der Fällung zuerst ein sehr voluminöser Niederschlag entsteht, der aber nach ihm aus kleinen, der Kreide ähnlichen Körnern zusammengesetzt ist. Wahr- scheinlich hat er den Niederschlag nicht sofort nach der Fällung untersucht, so dass dieser bereits vollständig kristallinisch geworden war, als er ihn unter das Mikroskop brachte. Die kreideähnlichen, rundlichen Körner erhielt auch Link, der davon Abbildungen giebt?, die im wesentlichen dem von mir beobachteten entsprechen. RosE hielt sie für Kalkspat, da sie nach seinen Bestimmungen dasselbe spezifische Gewicht wie dieser besitzen. Dass dies jedoch nicht richtig sein kann, geht daraus hervor, dass sie die Aragonitreaktion geben. Da sie aber, wie oben erwähnt, ziemlich schnell in Caleit übergehen, so ist es leicht möglich, dass Rose dass pezifische Gewicht der bereits umgelagerten Substanz bestimmt hat. Wegen dieser Unbeständigkeit ist es nicht leicht, eine einiger- massen genaue Dichtebestimmung zu erhalten. Die Anwendung THouL£er’scher Lösung ist ausgeschlossen, da die Sphärokristalle hierin sehr schnell in Kalkspat übergehen. Zur Vertreibung der Luftblasen dürfen sie auch nicht längere Zeit mit Wasser gekocht werden, weil hierdurch bereits Umlagerung eintritt. Mit Hilfe von Acetylentetrabromid konnte ich feststellen, dass das spezifische Ge- wicht der vorher mit Benzol gekochten und einige Zeit im Vakuum unter Benzol stehen gelassenen Substanz zwischen 2,60 und 2,65 liegt. Bei den Versuchen, das spezifische Gewicht mit Hilfe des ı Rose, Ueber die Bildung des Kalkspats und Aragonits. Pogg. Ann. 42, 353 (1837). ® H. F. Lisk, Ueber die erste Entstehung der Kristalle. Pogg. Ann. 46, 258 (1839). ° A. a. O. Tafel III, Fig. 3, 4 und 6. 51] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 12 Pyknometers oder nach der von Rose angewandten Methode der direkten Wägung unter Wasser zu bestimmen, erhielt auch ich stets die Zahl 2,71. Nach allem dem ist es mir nicht zweifelhaft, dass wir es hier mit der gleichen Form von Calciumkarbonat zu thun haben, die von VATER als „sphärische Aggregate“ beschrieben worden ist. Obwohl VATER kein Bedenken getragen hat, die von ihm erhaltenen Sphärokristalle „künstlichen Ktypeit“ zu nennen, kann ich mich diesem Vorgang nicht anschliessen, da mir die Identität der „sphä- rischen Aggregate“ von VATER mit dem „Ktypeit* von Lacroıx doch noch nicht genügend einwandsfrei erwiesen scheint. Der Ein- fachheit halber werde ich die Sphärokristalle, soweit sie die Ara- gonitreaktion geben, im folgenden kurz als „Kugeln“ bezeichnen. Wenn wir also vorläufig einmal von dem Unterschied zwischen den sphärischen Aggregaten, Ktypeit und Aragonit absehen, so ist bei diesem Versuch, in Uebereinstimmung mit den Angaben ADLEr’s!, in der Kälte Aragonit, allerdings von einer besonderen Ausbildungs- weise, entstanden. Die amorphen Flocken bestehen meiner Ansicht nach aus wasser- haltigem kohlensaurem Kalk. Das Auskristallisieren von kohlensaurem Natron erkläre ich mir dadurch, dass in dem Niederschlag eine ge- wisse Menge Wasser chemisch gebunden ist, wodurch die Lösung an kohlensaurem Natron übersättigt wird. Versuch 2. (Ueberschuss von kohlensaurem Natron; verdünnte, kalte Lösung.) 50 ccm Sodalösung wurden mit Wasser auf 250 ccm verdünnt und bei 15° mit 25 ccm Chlorcaleiumlösung versetzt, die ebenfalls auf 250 ccm verdünnt waren. Der sogleich sich bildende Nieder- schlag war völlig amorph und bestand aus den gleichen bräunlichen Flocken wie bei Versuch 1. Ein Teil wurde nun in eine grössere Menge siedendes Wasser eingetropft, wodurch er sogleich kristalli- nisch wurde. Unter dem Mikroskop sah er genau so aus, als ob er direkt heiss gefällt worden wäre (s. Versuch 6), d.h. er bestand aus büschelförmigen Nadeln, untermengt mit ganz wenigen mittel- grossen (5—10 u) Rhomboedern; Kugeln waren keine vorhanden. Abfiltriert und ausgewaschen gab er starke Aragonitreaktion. Der in der Kälte stehen gebliebene, amorphe Niederschlag war nach einer Viertelstunde der Hauptmenge nach unverändert; da- ı Vgl. 8. 7. 4* 13 MEIGEN: [52 zwischen fanden sich jedoch einzelne grosse, meist verzwillingte Rhomboeder von 20—30 p Kantenlänge und wenige ebensogrosse Kugeln. Nach einer weiteren Viertelstunde war eine wesentliche Aenderung nicht bemerkbar. Die auf dem Objektträger befindliche Probe wurde in der bei Versuch 1 beschriebenen Weise schnell kristallinisch; im Verlaufe einiger Minuten erreichten Rhomboeder und Kugeln eine Grösse von 3—4 p; die Rhomboeder, sämtlich Grundrhomboeder, waren ganz klar durchsichtig und sehr scharf ausgebildet. Nach einer Stunde war ein Teil des Niederschlags immer noch amorph; Rhomboeder und Kugeln waren bis zu 40 ı gewachsen. Nach zwei Stunden war die Umwandlung beendet. Der Nieder- schlag bestand jetzt zum grössten Teil aus 15—50 p grossen, meist zu wenigen zusammengewachsenen Rhomboedern, zum kleineren Teil aus gleichgrossen Kugeln. Wie bei Versuch 1 gaben die letzteren starke Aragonitreaktion, während die Rhomboeder unverändert blie- ben. Die Verdünnung hatte somit den Uebergang aus dem amorphen in den kristallisierten Zustand etwas verzögert und ausserdem die Do Bildung von Kalkspat begünstigt. Wohl infolge der langsameren Um- wandlung erreichten Kugeln und Rhomboeder eine beträchtlichere Grösse. Dieser Versuch beweist ferner, dass der bereits abgeschiedene kohlensaure Kalk, solange er noch amorph ist, sowohl in typischen Aragonit wie in Kalkspat übergehen kann, und dass es wesentlich nur die Temperatur ist, welche die Entstehung der einen oder anderen Modifikation veranlasst. Versuch 3. (Ueberschuss an Chlorcaleium; konzentrierte, kalte Lösung.) 50 ccm Chlorcaleiumlösung wurden bei 15° mit 50 ccm Sodalösung versetzt. Auch hier bildete sich zuerst eine ganz wasserklare Gallerte, die in kurzer Zeit weiss und undurchsichtig 53] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 14 wurde. Unter dem Mikroskop zeigten sich nur die bräunlichen amorphen Flocken; Kristalle waren nicht erkennbar. Nach einer halben Stunde etwa war der Niederschlag ganz kristallinisch geworden. Er bestand jetzt fast vollständig aus kleinen rundlichen Körnern, deren Durchmesser sehr gleichmässig 2—3,5 ı. betrug, nur einzelne waren bis zu 7 u gross. Der Niederschlag gab keine Aragonitreaktion. Nachdem er fünf Tage unter der Mutterlauge gestanden hatte, zeigten sich vereinzelte Rhomboeder bis zu 4 u. Kantenlänge. Nach ferneren fünf Tagen war eine weitere Aende- rung nicht bemerkbar. Durch den Ueberschuss an Chlorcalcium war die Entstehung von Kugeln völlig verhindert worden. Versuch 3a. Der gleiche Versuch wurde wiederholt. Nach etwa 3 Minuten, sobald die Masse dickflüssig geworden war, wurde mit 200 ccm kaltem Wasser verdünnt. Nach einer halben Stunde hatte sich der Niederschlag völlig zusammengesetzt. Er bestand jetzt überwiegend aus kugeligen Gebilden von 5—15 u Durchmesser, daneben zeigten sich vereinzelte Rhomboeder von 5—7 ı Kantenlänge und sehr zahlreiche kleinere von 1,5—2,5 u. Der Niederschlag gab keine Aragonitreaktion. Nach zweitägigem Stehen unter der Mutterlauge war er etwa zur Hälfte aus 10—20 u. grossen Rhomboedern zusammen- gesetzt; die kleineren waren fast vollständig verschwunden. Nach weiteren acht Tagen war keine Veränderung zu bemerken. Die nachträgliche Verdünnung hatte somit keinen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf der Reaktion gehabt. Versuch 4. (Ueberschuss an Chlorcalcium; verdünnte, kalte Lösung.) 25 ccm Chlorcaleiumlösung wurden auf 250 ccm verdünnt und bei 15° 25 ccm Sodalösung, gleichfalls auf das zehnfache verdünnt, hinzugegeben. Der entstehende Niederschlag war völlig amorph. Nach zehn Minuten wurde eine Probe im Reagenzglas aufgekocht, wodurch sie schnell kristallinisch wurde. Unter dem Mikroskop erwies sie sich als nur aus Nadeln bestehend, dementsprechend gab sie auch die Aragonitreaktion sehr stark. Eine andere Probe wurde gleichzeitig abfiltriert und zweimal mit kaltem Wasser gewaschen. Es zeigten sich jetzt einzelne grössere und viele sehr kleine Rhomboeder in die amorphe Grundmasse ein- gebettet. Durch weiteres Auswaschen wurde sie ganz kristallinisch. 15 MEIGEN: [54 Eine nach einer halben Stunde aufgekochte Probe bestand überwiegend aus Nadeln, daneben waren wenige Rhomboeder von 15—20 ıw Kantenlänge vorhanden. Nach einer Stunde war der Niederschlag ganz kristallinisch geworden, Er war jetzt etwa zu gleichen Teilen aus Kugeln und Rhomboedern von 2—15 u Durchmesser bezw. Kantenlänge zu- sammengesetzt (in Fig. 2 sind nur die Kugeln zur Darstellung ge- bracht). Eine aufgekochte Probe besass genau das gleiche Aus- sehen; Nadeln waren keine mehr gebildet worden. Der Niederschlag gab starke Aragonitreaktion; unter dem Mikroskop zeigten sich nur die Kugeln gefärbt. Nach dreitägigem Stehen unter der Fig. 3. Mutterlauge bestand der Niederschlag fast nur noch aus 15—25 u. grossen Rhomboedern oder kugeligen Aggregaten solcher (Fig. 3). Die Aragonitreaktion gab er nun nicht mehr. Gegenüber den beiden vorigen Versuchen waren hier neben den Kalkspatrhomboedern auch Aragonitkugeln entstanden. Die grössere Verdünnung hatte somit dem Einfluss des Chlorcalciumüberschusses entgegengewirkt. Bei allen bisherigen in der Kälte ausgeführten Versuchen hat sich der Aragonit niemals in Nadeln abgeschieden, diese entstanden vielmehr nur durch nachträgliches Erhitzen des amorphen Calcium- karbonates. Versuch 5. (Ueberschuss an kohlensaurem Natron; konzentrierte, heisse Lösung.) 75 ccm Natriumkarbonatlösung wurden zum Sieden erhitzt und mit 50 ccm siedender Chlorcalciumlösung versetzt. Die Mischung 55] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 16 blieb einen Augenblick ganz unverändert, dann schied sich eine klare, durchsichtige Gallerte aus, die beim Umrühren sehr bald trüb und weiss wurde. Die Masse bildete nun einen dicken, kaum noch flüssigen Brei. Erst nach und nach wurde der Niederschlag kristalli- nisch und damit das Ganze wieder dünnflüssig. Die Umwandlung erfolgt sehr viel schneller als in der Kälte und ist in etwa zwei Minuten beendet; durch Umrühren kann sie noch beschleunigt werden. Ein sofort abfiltrierter und ausgewaschener Teil des Nieder- schlags gab die Aragonitreaktion. Er bestand der Hauptmenge nach aus kurzen (5—10 u grossen) Nädelchen und rundlichen Körnern von 0,5—1 u Durchmesser; dazwischen zeigten sich ganz wenige gut ausgebildete Rhomboeder von 2 u Kantenlänge. In dem unter der Mutterlauge stehen gebliebenen Rest waren nach acht Tagen die Nädelchen noch zum grössten Teil erhalten, nach weiteren zehn Tagen waren aber nur nach langem Suchen hier und da einige zu finden. Der Niederschlag gab jetzt auch die Aragonitreaktion nicht mehr. Im Gegensatz zu den in der Kälte ausgeführten Versuchen hatte sich hier der Aragonit in Nadelform ausgeschieden, die sich im Vergleich zu den Kugeln als sehr viel beständiger erwies. Versuch 5a. Der gleiche Versuch wurde noch einmal wiederholt, wobei die Reaktion ebenso wie vorher verlief. Sobald sich die amorphe Gallerte abgeschieden hatte, wurde ein Teil in eine grössere Menge kaltes Wasser gegossen, wodurch sogleich ein kristallinischer Nieder- schlag entstand, der genau so aussah, als ob er kalt gefällt worden wäre, d. h. er bestand zu zwei Drittel aus Kugeln von 10—15 y. Durchmesser; ebenso grosse, meist klar und scharf ausgebildete Rhomboeder bildeten den Rest. Er gab die Aragonitreaktion sehr stark. Der in der heissen Flüssigkeit gebliebene Teil war nach einigen Minuten ebenfalls ganz kristallinisch geworden und bestand aus kurzen Nadeln, zahlreichen rundlichen Körnern und wenigen Rhom- boedern. Auch er gab die Aragonitreaktion. Nach vier Tagen waren die Nadeln verschwunden und an ihre Stelle meistens körnige Aggregate getreten, neben wenigen grösseren Rhomboedern. Die Aragonitreaktion trat jetzt nicht mehr ein. Dieser Versuch beweist ebenso wie Versuch 2, dass es ledig- lich von der Temperatur abhängt, ob der amorphe kohlensaure 17 MEIGEN: [56 Kalk in kugelförmigen Aragonit bezw. Kalkspat oder in nadel- förmigen Aragonit übergeht. Versuch 6. (Ueberschuss an kohlensaurem Natron; verdünnte, heisse Lösung.) 50 ccm Sodalösung wurden auf 250 cem verdünnt und mit 25 auf das zehnfache verdünnten ccm Chlorcalciumlösung in der Siedehitze gefällt. Der Niederschlag war im ersten Augenblick amorph, wurde aber sehr schnell kristallinisch und bestand fast völlig aus 20—35 4. langen Nadeln (Fig. 4); dazwischen fanden sich wenige, nicht klar durchsichtige Rhomboeder. Er gab starke Aragonitreaktion. Fig. 4. Fig. 5. Nach drei Monaten war ein grosser Teil der Nadeln noch er- halten, die Hauptmenge bestand jetzt jedoch aus 15—20 y. grossen Rhomboedern (Fig. 5). Die Aragonitreaktion gab der Niederschlag immer noch ziemlich stark. Die grössere Verdünnung hatte mithin im wesentlichen nur auf die Länge und die Beständigkeit der Nadeln Einfluss gehabt. Versuch 7. (Ueberschuss an Chlorcaleium; konzentrierte, heisse Lösung.) 50 cem Chlorcaleiumlösung wurden zum Sieden erhitzt und mit 50 ccm siedender Sodalösung schnell gemischt. Auch hier bildete sich zuerst eine klare Gallerte, die sich bald in der bei Versuch 5 beschriebenen Weise umwandelte. Der kristallinisch ge- wordene Niederschlag sah ebenso aus wie der bei 5 erhaltene. Nach dreitägigem Stehen unter der Mutterlauge waren keine Nädel- 57] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 18 chen mehr aufzufinden. Der Niederschlag gab jetzt auch die Ara- gonitreaktion nicht mehr. Der Ueberschuss an Ühlorcalcium hatte also auf den Verlauf der Reaktion keinen bemerkbaren Einfluss ausgeübt, beschleunigte aber die Umlagerung des gebildeten Aragonits in Kalkspat. Versuch 7a. Der gleiche Versuch wurde wiederholt, nur mit dem Unter- schiede, dass die heisse Sodalösung langsam unter stetigem Um- rühren zugegeben wurde. Der Niederschlag wurde sehr schnell kristallinisch und war zu etwa zwei Drittel aus rundlichen Körnern von 1—5 ı. Durchmesser, zu einem Drittel aus 5—15 y. langen, dicken, an beiden Enden zugespitzten Nadeln zusammengesetzt; ausserdem waren nur sehr wenige, gut ausgebildete Rhomboeder vorhanden. Eine abfıl- trierte Probe gab nach dem Auswaschen nicht sehr starke Aragonit- reaktion. Unter der Mutterlauge war der Niederschlag bereits nach 24 Stunden ganz körnig geworden. Die einzelnen Körner waren jetzt etwas grösser, Nadeln keine mehr vorhanden. Bei diesem Versuch ist der ungünstige Einfluss eines Chlorcal- ciumüberschusses auf die Aragonitbildung deutlich zu erkennen. Dass dieser Einfluss sich bei dem vorhergehenden und dem folgen- den Versuch nicht so geltend gemacht hat, lässt sich wohl darauf zurückführen, dass bei der schnelleren Mischung der beiden Lösungen an manchen Stellen vorübergehend ein Ueberschuss an kohlensaurem Natron vorhanden ist. Versuch 7b. Der gleiche Versuch wurde nochmals wiederholt. Der noch amorphe Niederschlag wurde zum Teil sofort in eine grössere Menge kaltes Wasser gegossen. Nachdem er kristallinisch geworden war, bestand er aus Rhomboedern von 2—10 yu. Kantenlänge und ebenso grossen Kugeln; dagegen waren keine Nadeln vorhanden. Er gab die Aragonitreaktion nicht sehr stark. Die heisse Hauptmenge wurde sehr bald kristallinisch und be- stand fast nur aus Nadeln; daneben fanden sich wenige 2—5 ti grosse rundliche Körner und Rhomboeder. Dieser Niederschlag gab die Aragonitreaktion sehr stark. Nach drei Tagen waren die Nadeln verschwunden, es zeigten sich nur noch die rundlichen Körner, die wahrscheinlich auch nichts 19 MEIGEN: [58 anderes als undeutliche Rhomboeder vorstellten. Die Aragonit- reaktion trat nun nicht mehr ein. Versuch 8. (Ueberschuss an Chlorcalcium; verdünnte, heisse Lösung.) 25 ccm Chlorcalcium wurden auf 250 ccm verdünnt und in der Siedehitze mit 25 ccm Natriumkarbonatlösung, die ebenfalls auf 250 ccm verdünnt waren, gefällt. Der Niederschlag bestand ausschliesslich aus 10—20 1. langen Nadeln und gab die Aragonit- reaktion sehr stark. Nachdem er 14 Tage unter der Mutterlauge gestanden hatte, war er noch ganz unverändert. Nach drei Monaten war er dagegen vollständig in 5—15 ı grosse, klar und scharf aus- gebildete Rhomboeder übergegangen. Die grössere Verdünnung hatte also auch hier, wie bei Ver- such 6, die Entstehung von Aragonit befördert. Infolge der An- wesenheit von Chlorcalcium in der Mutterlauge waren aber in diesem Fall die Nadeln weniger beständig als bei 6. Fassen wir die Ergebnisse aller mit neutralem kohlensauren Natron angestellten Versuche noch einmal kurz zusammen, so geht daraus folgendes hervor: 1. Bei niederer Temperatur scheidet sich der Aragonit stets nur in Kugeln, bei höherer stets nur in Nadeln ab. 2. Es entsteht um so mehr Aragonit, je alkalischer die Lösung ist; ein Ueberschuss an Chlorcaleium wirkt der Aragonitbildung entgegen und vermag sie unter Umständen ganz zu unterdrücken. 3. Durch Verdünnen wird in der Kälte der Einfluss eines Ueberschusses sowohl an kohlensaurem Natron wie an Chlorcalcium abgeschwächt; in der Hitze wird dadurch in allen Fällen die Ara- gonitbildung begünstigt. 4. Der in der Kälte gefällte kugelförmige Aragonit geht unter der Mutterlauge in längstens 24 Stunden in Kalkspat über. Der heiss gefällte nadelförmige Aragonit ist dagegen unter den gleichen Bedingungen ziemlich beständig; er lagert sich um so schneller in Kalkspat um, je mehr Chlorcalcium die Mutterlauge enthält. B. Fällungen mit doppeltkohlensaurem Natron. Die verwendete Chlorcalciumlösung enthielt 200 g wasserfreies Chlorcaleium, die Alkalilösung 75 g doppeltkohlensaures Natron im Liter. 50 ccm Chlorcaleiumlösung erfordern zur vollständigen Aus- fällung 200 ccm Natriumbikarbonatlösung. 59] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 20 Bei den in der Hitze ausgeführten Versuchen wurde die Lösung von doppeltkohlensaurem Natron auf 95° erwärmt, wobei noch kein wesentlicher Verlust an Kohlensäure eintrat; die Chlorcalciumlösung wurde kochend angewandt. Versuch 9. (Ueberschuss an Natriumbikarbonat; konzentrierte, kalte Lösung.) 100 cem Natriumbikarbonatlösung wurden bei 15° mit 25 ccm Chlorcalciumlösung versetzt. Es entstand sofort ein amorpher, aus bräunlichen Flocken bestehender Niederschlag, ohne dass sich Kohlensäure entwickelte. Erst nach Verlauf von etwa zwei Minuten zeigten sich die ersten Blasen, deren Menge beim Umrühren sehr zunahm. Eine aufgekochte Probe bestand aus undeutlichen Körnern und Nadeln. Nach fünf Minuten begann der Niederschlag kristallinisch zu werden. Eine nach einer Viertelstunde aufgekochte Probe war zu gleichen Teilen aus Kugeln von 15—20 u. Durchmesser, 5— 20 y. grossen Rhomboedern und büschelförmig gruppierten Nadeln zusammen- gesetzt. Der in der kalten Flüssigkeit verbliebene Niederschlag bestand zur Hälfte aus sehr gleichmässig 10—15 u. grossen Kugeln, zur Hälfte aus ebenso grossen Rhomboedern. Die Kugeln gaben die Aragonitreaktion. Nach 24 Stunden waren noch Rhomboeder von 15—20 u Kantenlänge vorhanden, sowie kugelige Aggregate solcher. Der Niederschlag gab jetzt die Aragonitreaktion nicht mehr. Wie bei dem entsprechenden Versuch mit neutralem kohlen- sauren Natron (1) hatte sich demnach auch hier in der Kälte neben Kalkspat Aragonit in Kugelform abgeschieden. Versuch 10. (Ueberschuss an Natriumbikarbonat; verdünnte, kalte Lösung.) 100 ccm Natriumbikarbonatlösung wurden auf 250 cem ver- dünnt und bei 15° 25 ccm Chlorcaleiumlösung, die gleichfalls auf 250 ccm verdünnt waren, hinzugefügt. Die Mischung stellte eine milchige Flüssigkeit dar. Der Niederschlag war zunächst völligamorph; beim Umrühren ballte er sich zu grösseren Flocken zusammen. Nach zehn Minuten zeigten sich einzelne grössere Rhomboeder von 10 u Kantenlänge, zahllose kleine und wenige Kugeln von 2—3 y. Durchmesser, 91 MeEIıGeEx: [60 Nach 20 Minuten war der Niederschlag ganz zusammengefallen. Jetzt begann auch eine schwache Kohlensäureentwicklung, die lang- sam anhielt. Der Niederschlag bestand hauptsächlich aus 5—15 u. grossen, klar und scharf ausgebildeten Rhomboedern; ausserdem waren aber auch noch viele von 1— 2». Kantenlänge vorhanden. Nach einer Stunde waren die Rhomboeder 10--20 » gross geworden; da- zwischen zeigten sich sehr vereinzelte Kugeln von gleicher Grösse. In einer mit Kobaltnitrat gekochten Probe wurden nur die wenigen Kugeln gefärbt. Der Niederschlag wurde nunmehr abfiltriert und ein Teil des Filtrates im Reagenzglas gekocht. Hierdurch fiel unter starker Kohlensäureentwicklung ein geringer Niederschlag, der ganz aus sechsstrahligen Sternen von der Form der Schneekristalle zusammen- gesetzt war. Der beim Kochen des gesamten Filtrates in einem Kochfläschehen gebildete Niederschlag bestand neben wenigen Sternen aus rundlichen bis sechseckigen Scheiben, in deren Mitte sich ebenso wie bei den Sternen eine kleine Kugel oder ein Rhomboederchen befand (vgl. Fig. 6 u. 7). Scheiben wie Sterne gaben starke Aragonitreaktion. Die gleichen Sterne und Scheiben sind auch schon von RosE'!, sowie von VATER? erhalten worden. Beide erklären sie für Kalk- spat. Da sie aber die Aragonitreaktion geben, glaube ich, dass sie ihrer Substanz nach mit den in der Kälte entstehenden Kugeln identisch sind und demnach eine besondere Ausbildungsform des Aragonits vorstellen. Durch die grössere Verdünnung ist bei diesem Versuch die Aragonitbildung sehr zurückgedrängt worden. Versuch 11. (Ueberschuss an Chlorcalecium; konzentrierte, kalte Lösung.) 50 ccm Chlorcaleiumlösung wurden bei 15° mit 100 ccm Natriumbikarbonatlösung versetzt. Der Niederschlag war anfangs völlig amorph und bestand nur aus bräunlichen Flocken. Sehr bald begann eine schwache Kohlensäureentwicklung, die langsam 1 G. Rost, Ueber die Umstände, unter denen der kohlensaure Kalk sich in seinen heteromorphen Zuständen, als Kalkspat, Aragonit und Kreide abscheidet. Pogg. Ann. 111, 162 (1860). ® H. Vater, Die scheibenförmigen Kristalliten des Calciumkarbonates. Zeitschr. f. Kryst. 27, 477 (1896). Hier sind auch die älteren Angaben über das Vorkommen solcher Scheiben ausführlich berücksichtigt. 61] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 22 fortdauerte. Eine sofort aufgekochte Probe zeigte unter dem Mikroskop fast nur kurze Nädelchen und gab die Aragonitreaktion. Nach einer Viertelstunde bestand die Hauptmenge des Nieder- schlags aus Kugeln von 2—15 u Durchmesser, daneben waren aber auch zahlreiche Rhomboeder von etwa 10 » Kantenlänge vorhanden. Die Kugeln gaben die Aragonitreaktion. Nach einer Stunde war keine weitere Aenderung eingetreten. Nach 24stündigem Stehen unter der Mutterlauge waren die Kugeln in Kristallaggregate über- gegangen, die die Aragonitreaktion nicht mehr gaben. Gegenüber dem entsprechenden Versuch mit neutralem kohlen- saurem Natron (3) waren also hier trotz des Ueberschusses an Chlorcalcium doch Kugeln gebildet worden. Versuch 12. (Ueberschuss an Chlorcaleium; verdünnte, kalte Lösung.) 25 cem Chlorcalciumlösung wurden auf 250 ccm verdünnt und bei 15° mit 50 ccm Natriumbikarbonatlösung, die gleichfalls auf 250 cem verdünnt waren, gefällt. Die Mischung blieb noch einige Augenblicke durchscheinend, wenn auch sehr trüb. Die Trübung nahm schnell zu, und nach einer Minute war die Flüssigkeit milchig undurchsichtig geworden. Nach fünf Minuten begann der Nieder- schlag auch ohne Umrühren sich zusammenzuballen, und nach etwa 20 Minuten traten die ersten Kohlensäurebläschen auf. Der Nieder- schlag war jetzt ganz zusammengefallen und die darüberstehende Flüssigkeit nur noch wenig getrübt. Unter dem Mikroskop zeigten sich hauptsächlich klare und scharfe Rhomboeder von 5—15 ı. Kantenlänge und nur ganz wenige Kugeln. Diese waren nach dem Kochen mit Kobaltnitratlösung gefärbt, was aber nur unter dem Mikroskop zu sehen war. Aus der vom Niederschlage abfiltrierten Mutterlauge schieden sich beim schnellen Aufkochen im Reagenzglase sehr schön ausge- bildete sechsstrahlige Sterne von 15—25 y. Durchmesser ab (Fig. 6). Eine andere Probe wurde in eine grössere Menge siedendes Wasser eingetropft. Hierdurch bildeten sich ausschliesslich 5—20 y. grosse, am Rande meist etwas gekerbte Scheiben, die in der Mitte ein kleines, rundliches Korn enthielten (Fig. 7). Nadeln waren in beiden Fällen nicht entstanden, Sterne wie Scheiben gaben die Aragonitreaktion sehr stark. Auch hier war, wie bei Versuch 10, durch die Verdünnung die Bildung von Kugeln zurückgehalten worden, 93 MEIGEx: [6 9 Versuch 13. (Ueberschuss an Natriumbikarbonat; konzentrierte, heisse Lösung.) 200 ccm Natriumbikarbonatlösung wurden auf 95° erhitzt, wobei nur wenig Kohlensäure entwich, und unter Umrühren ziem- lich schnell mit 50 ccm kochender Chlorcalciumlösung versetzt. Unter starkem Aufschäumen entwich sehr viel Kohlensäure, die Temperatur sank dabei auf 85°. Der sofort kristallinisch ausfallende Niederschlag bestand aus 5—40 (meist 20—30) ı langen, garben- förmig vereinigten Nadeln. Dazwischen zeigten sich nur ganz wenige 5—10 y. grosse, klar durchsichtige Rhomboeder. Eine sofort Fig. 7. abfiltrierte und ausgewaschene Probe gab die Aragonitreaktion sehr stark. Der Rest blieb unter der Mutterlauge stehen. Nach 24 Stunden waren die Nadeln zum grössten Teil verschwunden und an ihre Stelle Rhomboeder von durchschnittlich 5 » Kantenlänge ge- treten. Nach weiteren drei Tagen waren gar keine Nadeln mehr vorhanden. Der Niederschlag gab jetzt auch die Aragonitreaktion nicht mehr. In der Hitze hatte sich also trotz der grossen Menge freier Kohlensäure fast ausschliesslich Aragonit in Nadelform gebildet. Versuch 14. (Ueberschuss an Natriumbikarbonat; verdünnte, heisse Lösung.) 100 ccm Natriumbikarbonatlösung wurden auf 250 ccm ver- dünnt und heiss mit 25 cem Chlorcaleiumlösung, die ebenfalls auf 250 ccm verdünnt waren, versetzt, Unter starker Kohlensäure- entwicklung entstand sofort ein kristallinischer Niederschlag, der aus 63] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES, 94 40—70 u langen Nadeln und nur aus sehr wenigen klar durch- sichtigen und scharf ausgebildeten Rhomboedern von 7—10 u. Kantenlänge zusammengesetzt war. Eine sofort in kaltes Wasser gegossene Probe sah genau ebenso aus. Der Niederschlag gab die Aragonitreaktion sehr stark, auch noch, nachdem er 10 Tage unter der Mutterlauge gestanden hatte; sein Aussehen war dabei unver- ändert geblieben. Auch bei diesem Versuch war demnach trotz der freien Kohlen- säure fast nur Aragonit entstanden. Versuch 15. (Ueberschuss an Chlorcaleium; konzentrierte, heisse Lösung.) 50 ccm Chlorcaleiumlösung wurden heiss mit 100 ccm der Lösung von doppeltkohlensaurem Natron versetzt, wobei sich sehr viel Kohlensäure entwickelte. Der Niederschlag bestand aus büschelförmig angeordneten Nadeln von 10—30 u Länge. Ganz vereinzelt fanden sich einige 5—10 ı. grosse, klar durchsichtige Rhomboeder. Ein sogleich abfiltrierter Teil gab starke Aragonitreaktion. Nach drei- tägigem Stehen unter der Mutterlauge hatten sich in der obenauf schwimmenden Decke noch zahlreiche Nadeln erhalten. Die am Boden befindliche Hauptmenge bestand jedoch nur aus 5—10 u. grossen rundlichen Körnern und Rhomboedern; diese gaben die Aragonitreaktion nicht mehr. Auch hier war somit zunächst Aragonit gebildet worden, der sich aber verhältnismässig schnell in Kalkspat umwandelte. Versuch 16. (Ueberschuss an Chlorcaleium; verdünnte, heisse Lösung.) 25 ccm Chlorcalcium, auf 250 ccm verdünnt, wurden siedendheiss mit 50 ccm Natriumbikarbonatlösung, die auch auf 250 ccm verdünnt waren, gefällt. Hierbei entwickelte sich sehr viel Kohlensäure. Der Niederschlag bestand aus einzelnen 30—60 ı langen Nadeln und wenigen 5—10 j. grossen Rhomboedern, deren Zahl etwas grösser als bei dem vorigen Versuch war (Fig. 8). Er gab die Aragonitreaktion sehr stark. Nach einem Monat schien er noch unverändert und gab auch noch immer die Aragonitreaktion. Nach drei Monaten waren nur noch sehr wenige Nadeln erhalten, die Haupt- menge bestand aus 10—20 y». grossen, zum Teil gut ausgebildeten Rhomboedern. 35 MEIGEN: [6 4 Durch die grössere Verdünnung war mithin der Einfluss des Chlorcalciums auf die Umlagerung des Aragonits abgeschwächt. Die mit doppeltkohlensaurem Natron angestellten Versuche haben sonach ergeben: 1. In der Hitze scheidet sich der kohlensaure Kalk trotz der grossen Menge Kohlensäure, die bei der Fällung frei wird, als Aragonit in Nadeln aus; in der Kälte wird um so mehr Kalkspat gebildet, je verdünnter die Lösung ist. 2. Der kalt gefällte Aragonit lagert sich in allen Fällen sehr bald in Kalkspat um; der heiss gefällte thut dies um so schneller, je mehr Chlorcalecium die Mutter- lauge enthält und je konzentrierter sie ist. Im übrigen zeigte sich kein Unterschied gegenüber den Ver- suchen mit neutralem kohlensaurem Natron, und das für diese Gesagte Fig. 8. gilt auch hier. C. Fällungen mit kohlensaurem Ammon. Die angewandte Chlorcalciumlösung enthielt wie bei den früheren Versuchen 200 g wasserfreies Chlorcalcium, die Ammoniumkarbonat- lösung 150 g festes kohlensaures Ammon und die Ammoniakflüssig- keit 60 g Ammoniak im Liter. Unter der Voraussetzung, dass dem festen kohlensaurem Ammon die Formel NH, HCO, + NH,C0; NH, zukommt, sind zur vollstän- digen Ausfällung von 50 cem Chlorcaleiumlösung 67 ccm Ammonium- karbonatlösung oder 52 cem und 13 ccm Ammoniakflüssigkeit er- forderlich. Bei den in der Hitze ausgeführten Versuchen wurde die Lösung von kohlensaurem Ammon schnell auf 75° erwärmt, wodurch noch keine bedeutende Zersetzung herbeigeführt wurde; die Chlorcalcium- lösung wurde kochend angewandt. Versuch 17. (Ueberschuss an Ammoniumkarbonat; konzentrierte, kalte Lösung.) 75 ccm Ammoniumkarbonatlösung wurden bei 15° mit 50 ccm Chlorcaleiumlösung versetzt. Unter starker Kohlensäureentwicklung 65] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 96 fiel ein dicker gelatinöser Niederschlag, der völlig aus amorphen, bräunlichen Flocken bestand. Nach 10 Minuten war er ganz kri- stallinisch geworden und zeigte sich jetzt unter dem Mikroskop als nur aus Kugeln von 5—20 ı Durchmesser zusammengesetzt; Rhom- boeder fehlten vollständig, Eine abfiltrierte Probe gab starke Aragonitreaktion. Nach 24stündigem Stehen unter der Mutterlauge hatten sich die Kugeln vollständig umgelagert; die Aragonitreaktion trat jetzt nicht mehr ein. Trotz Anwesenheit von viel freier Kohlensäure hatte sich also der kohlensaure Kalk als kugelförmiger Aragonit abgeschieden. Versuch 18. (Ueberschuss an Ammoniumkarbonat; verdünnte, kalte Lösung.) 50 ccm Ammoniumkarbonatlösung wurden mit 200 ccm Wasser versetzt und bei 15° mit 25 ccm Chlorcaleiumlösung, die auf 250 ccm verdünnt waren, gefällt. Der sofort sich bildende Niederschlag war anfangs ganz amorph. Nach Verlauf einiger Zeit trat schwache Kohlensäureentwicklung ein. Nach einer Viertelstunde war der Niederschlag zum Teil immer noch amorph, doch waren auch schon viele Rhomboeder vorhanden. Nach einer halben Stunde war er ganz kristallinisch geworden und bestand nun ausschliesslich aus 15—30 y. grossen Rhomboedern. Er gab infolge dessen auch nicht die Ara- gonitreaktion. Durch die grössere Verdünnung war somit die Aragonitbildung vollkommen unterdrückt worden. Versuch 19. (Ueberschuss an Chlorcaleium; konzentrierte, kalte Lösung.) 50 ccm Chlorcaleiumlösung wurden bei 15° mit 50 ccm der Lösung von kohlensaurem Ammon gefällt. Der Verlauf der Reaktion war im wesentlichen derselbe wie bei Versuch 17. Der zuerst entstehende amorphe Niederschlag wurde innerhalb 10 Minuten kristallinisch und bestand grösstenteils aus 5—20 u. grossen Kugeln, ausserdem waren zahlreiche sehr kleine (0,5 u) Körnchen vorhanden; Rhom- boeder waren nicht zu erkennen. Eine abfiltrierte Probe gab starke Aragonitreaktion. Nach 24 Stunden trat diese nicht mehr ein, ein Zeichen, dass die Umlagerung in Kalkspat vollendet war. Trotz des Ueberschusses an Chlorcaleium hatten sich also hauptsächlich Kugeln gebildet. Berichte XII. r 97 MEIGEx: [66 Versuch 20. (Ueberschuss an Chlorcalcium; verdünnte, kalte Lösung.) 28 ccm Chlorcaleiumlösung wurden auf 250 ccm verdünnt und mit 25 ccom Ammoniumkarbonatlösung, die ebenfalls auf das Zehn- fache verdünnt waren, versetzt. Der zuerst amorphe Niederschlag war nach einer Viertelstunde kristallinisch geworden und bestand fast nur aus 5 " grossen unregelmässigen Körnern, dazwischen zeigten sich einzelne gut ausgebildete Rhomboeder von 15— 20 y. Kantenlänge und ganz wenige ebenso grosse Kugeln. Nach dem Kochen mit Kobaltnitrat war makroskopisch keine Färbung zu be- merken, unter dem Mikroskop erschienen die Kugeln gefärbt. Durch die stärkere Verdünnung war mithin auch bei diesem Versuch die Aragonitbildung sehr zurückgedrängt. Versuch 21. (Ueberschuss an Ammoniumkarbonat; konzentrierte, heisse Lösung.) 75 ccm Ammoniumkarbonatlösung wurde auf 75° erwärmt und mit 50 ccm siedender Chlorcalciumlösung versetzt. Unter starker Kohlensäureentwicklung fiel ein sofort kristallinischer Niederschlag, der nur aus Rhomboedern von meist 3—6 u Kantenlänge bestand und keine Aragonitreaktion gab. In Uebereinstimmung mit den Angaben ApLer’s war also that- sächlich in der Hitze kein Aragonit entstanden. Versuch 22. (Ueberschuss an Ammoniumkarbonat; verdünnte, heisse Lösung.) 50 ccm der Lösung von kohlensaurem Ammon wurden auf 250 ccm verdünnt und in der Hitze mit 25 ccm Chlorcalciumlösung, gleich- falls auf 250 ccm verdünnt, gefällt. Der unter starker Kohlensäure- entwicklung entstehende Niederschlag war sogleich kristallinisch und bestand zu gleichen Teilen aus 5—10 y. grossen Rhomboedern und kurzen, büschelig vereinigten Nadeln. Er gab die Aragonit- reaktion. Nach einem Monat erschien er im wesentlichen noch un- verändert; nach zwei Monaten war er vollständig in Kalkspat um- gewandelt und gab die Aragonitreaktion nicht mehr. Infolge stärkerer Verdünnung war also wieder Aragonit ge- bildet worden. 67] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES, 28 Versuch 23. (Ueberschuss an Chlorcaleium; konzentrierte, heisse Lösung.) 50 cem Chlorcalciumlösung wurden in der Hitze mit 50 ccm Ammoniumkarbonatlösung gefällt. Der unter starker Kohlensäure- entwicklung entstehende Niederschlag war sofort kristallinisch und bestand aus 5—10 u grossen, gut ausgebildeten Rhomboedern und aus undeutlichen Körnern; er gab keine Aragonitreaktion. Versuch 24. (Ueberschuss an Chlorcaleium; verdünnte, heisse Lösung.) 25 ccm Chlorcaleiumlösung wurden auf 250 ccm verdünnt und in der Hitze mit 25 ccem Ammoniumkarbonatlösung, die auch auf 250 ccm verdünnt waren, versetzt. Unter starker Kohlensäureent- wicklung fiel ein kristallinischer Niederschlag, der etwa zur Hälfte aus klar und scharf ausgebildeten Rhomboedern von 15 wu Kanten- länge, zur Hälfte aus büschelig ver- einigten Nadeln zusammengesetzt war (Fig. 9). Derselbe gab die Aragonitreaktion sehr stark. Nach 14 Tagen war er noch unverändert; nach einem Monat zeigte ein Teil Fig. 9. der Nadeln beginnenden Zerfall. Nach 50 Tagen waren immer noch ziemlich viel Nadeln vorhanden, auch gab der Niederschlag noch die Aragonitreaktion. Nach weiteren drei Wochen war jedoch die Umwandlung in Kalkspat vollendet. Wie bei Versuch 22 war somit auch in diesem Fall bei stärkerer Verdünnung Aragonit gebildet worden. Versuch 25. (Ueberschuss an Ammoniak; konzentrierte, kalte Lösung.) 75 ccm Ammoniumkarbonatlösung wurden mit 50 com Ammoniak versetzt und bei 15° 50 cem Chlorcaleiumlösung zugegeben. Es schied sich sofort eine völlig amorphe, durchscheinende Gallerte ab. Nach einer Viertelstunde war der grösste Teil des Nieder- schlages noch amorph, ein Teil war aber bereits in Kugeln über- gegangen. Nach fünf Stunden waren nur noch wenige amorphe Flocken 5* 29 MEIGEN: [68 erhalten, im übrigen bestand der ganze Niederschlag nur aus Kugeln von bis zu 40 u Durchmesser. Er gab die Aragonitreaktion sehr stark. Nach zweitägigem Stehen unter der Mutterlauge waren die Kugeln zum grössten Teil noch vorhanden, während nach vier Tagen nur noch wenige aufzufinden waren. Vergleicht man das Ergebnis dieses Versuchs mit dem bei 17 erhaltenen, so sieht man, dass der Ueberschuss an freiem Am- moniak lediglich die Beständigkeit der Kugeln beeinflusst hat, die in diesem Fall eine ungewöhnlich grosse war. Versuch 26. (Ueberschuss an Ammoniak; verdünnte, kalte Lösung.) 50 ccm der Lösung von kohlensaurem Ammon wurden mit 25 ccm Ammoniak versetzt, das Ganze auf 250 ccm verdünnt, und mit 25 ccm Chlorcaleiumlösung, die ebenfalls auf 250 ccm verdünnt waren, ge- fällt. Der sogleich entstehende Niederschlag war vollständig amorph. Nach einer halben Stunde war er im wesentlichen unverändert, nach einer Stunde jedoch ganz kristallinisch. Er bestand jetzt fast nur aus Rhomboedern von 10—20 u Kantenlänge, die meist klar und scharf ausgebildet waren, und wenigen bis zu 10 u grossen Kugeln. Nach dem Kochen mit Kobaltnitrat war mit blossem Auge keine Färbung zu bemerken, unter dem Mikroskop erwiesen sich aber die Kugeln als gefärbt. Durch die grössere Verdünnung wurde die Aragonitbildung, wenn auch nicht wie bei Versuch 18 vollständig unterdrückt, so doch stark zurückgedrängt. Versuch 27. (Ueberschuss an Ammoniak; verdünnte, kalte Lösung.) 50 cem Ammoniumkarbonatlösung wurden mit 200 ccm Am- moniak versetzt und bei 15° mit 25 ccm Chlorcalciumlösung, die auf 250 ccm verdünnt waren, gefällt. Der Verlauf der Reaktion war im allgemeinen derselbe wie bei dem vorigen Versuch, nur ging die Umwandlung des amorphen Niederschlages langsamer vor sich. Der völlig kristallinisch gewordene Niederschlag bestand hauptsäch- lich aus Rhomboedern von der verschiedensten Grösse, die nur zum kleinsten Teil gut ausgebildet, sondern meist zu vielen mit- einander verwachsen waren; daneben waren auch ziemlich zahlreiche bis 40 u grosse Kugeln vorhanden. Nach 24 Stunden waren die 69] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 30 Kugeln grösstenteils noch vorhanden, sehr wenige auch noch nach zwei Tagen, Der grössere Ueberschuss an Ammoniak hatte also ebenso wie bei dem vorhergehenden Versuch die Bildung von Kugeln begünstigt. Versuch 28. (Ueberschuss an Ammoniak; konzentrierte, heisse Lösung.) 75 ccm Ammoniumkarbonatlösung wurden mit 50 ccm Am- moniak versetzt, auf 75° erwärmt und mit 50 ccm siedender Chlorcal- ciumlösung gefällt. Unter starkem Aufschäumen entstand ein zu- nächst amorpher Niederschlag, der aber in wenigen Sekunden kri- stallinisch wurde. Er bestand mit Ausnahme sehr weniger 5—20 u. grosser, gut ausgebildeter Rhomboeder nur aus büschelig gehäuften Nadeln. Die Aragonitreaktion gab er sehr stark. Nach dreiwöchigem Stehen unter der Mutterlauge waren die Nadeln zum Teil bereits zerfallen, gaben aber die Aragonitreaktion immer noch ziemlich stark. Nach weiteren drei Wochen trat diese nicht mehr ein; der Niederschlag war nun ganz körnig geworden. Vergleicht man diesen Versuch mit dem entsprechenden Ver- such 21, so erkennt man, dass durch den Zusatz von Ammoniak die Bildung von Aragonit sehr befördert worden ist. Versuch 29. (Ueberschuss an. Ammoniak; verdünnte, heisse Lösung.) 50 com Ammoniumkarbonatlösung wurden mit 25 ccm Am- moniak versetzt, auf 250 ccm verdünnt und in der Hitze mit 25 ccm Chlorcalciumlösung, die gleichfalls auf 250 ccm verdünnt waren, gefällt. In dem Niederschlage zeigten sich neben sehr wenigen amorphen Flocken und vereinzelten 5—10 u. grossen klaren Rhom- boedern nur büschelförmig verzweigte Nadeln. Nach zwei Monaten war er noch ganz unverändert. Im Vergleich mit Versuch 22 war also auch hier mehr Ara- gonit gebildet worden. Fassen wir die Ergebnisse der Fällungen mit kohlensaurem Ammon kurz zusammen, so zeigt sich folgendes: 1. Bei Anwendung konzentrierter Lösungen wird in der Kälte vorzugsweise kugelförmiger Aragonit, in der Hitze nur Kalkspat gebildet. 31 MEIGEN: [70 2, Aus verdünnten Lösungen scheidet sich der kohlensaure Kalk in der Kälte als Kalkspat, in der Hitze dagegen auch als Aragonit ab. 3. Die Gegenwart von freiem Ammoniak begünstigt in der Kälte die Entstehung von kugelförmigem, in der Hitze die von nadelförmigem Aragonit. Soweit es sich um das Verhalten konzentrierter Lösungen handelt, stimmen die von mir erhaltenen Resultate mit den Angaben ADLER’s! überein, ebenso bei verdünnten kalten Lösungen. Dagegen trifft seine Behauptung, dass in der Hitze niemals Aragonit entstehe, für die verdünnten Lösungen nicht zu. Vergleicht man die Wirkung des kohlensauren Ammons mit der des kohlensauren Natrons, so ist das verschiedene Verhalten der konzentrierten heissen Lösungen besonders bemerkenswert; während sich bei Anwendung von kohlensaurem Natron der kohlen- saure Kalk als Aragonit abscheidet, entsteht mit kohlensaurem Ammon unter den gleichen Bedingungen nur Kalkspat. Dies ver- schiedene Verhalten kann nicht, wie dies von ADLER geschieht, auf die Dissoziation des kohlensauren Ammons zurückgeführt werden, da freie Kohlensäure die Bildung von Aragonit nicht hindert (Ver- such 13) und freies Ammoniak sie sogar befördert (Versuch 28). Es bedarf noch weiterer Untersuchungen, ehe sich eine befriedigende Antwort auf diese Frage geben lässt. II. Einwirkung des kohlensauren Kalkes auf die Lösungen von Schwermetallen. Obgleich eine genaue Kenntnis der Einwirkung des koblen- sauren Kalkes auf Salzlösungen für viele Fragen von grösster Be- deutung ist, sind eingehendere Untersuchungen darüber nur selten angestellt worden. Es handelt sich hier vor allem um geologische und mineralogische Probleme. So pflegt man, um nur ein Beispiel anzuführen, die Entstehung vieler Erzlagerstätten, besonders solcher, auf denen die Erze als Karbonate wie Eisenspat, Galmei u. s. w. vor- kommen, auf eine derartige Einwirkung zurückzuführen. Die Fragen, welche hier in Betracht kommen, sind wesentlich dreierlei Art: 1. Welche Metalle werden durch kohlensauren Kalk gefällt? 2. In welcher Form werden die Metalle gefällt? 1 Siehe 8. 7. 71] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 32 3. Wirken die verschiedenen Modifikationen des kohlensauren Kalkes auf die gleiche Lösung gleich oder verschieden? Die bisher ausgeführten Arbeiten beschäftigen sich mit einer einzigen Ausnahme (KLEMENT) nur mit der Beantwortung der beiden ersten Fragen. Versuche, durch Einwirkung von kohlensaurem Kalk auf die Lösung eines Schwermetalls das Karbonat des letzteren darzustellen, wurden zuerst von BEQUEREL! angestellt. Da es ihm darauf ankam, möglichst grosse, gut ausgebildete Kristalle zu erhalten, die nach Form und Zusammensetzung gut bestimmt werden konnten, liess er Stücke Kalkstein oder Kreide Wochen oder Monate, ja selbst Jahre lang in der Lösung des betreffenden Metalls liegen. Es ge- lang ihm auf diese Weise aus Lösungen von Bleinitrat oder Chlor- blei kohlensaures Blei in der Form des Cerussits zu bekommen; aus Kupfernitrat erhielt er Gerhardtit, basisch salpetersaures Kupfer, ebenso aus Kupfervitriol Brochantit, basisch schwefelsaures Kupfer. Nach DEBRAY? entsteht bei der Einwirkung einer Lösung von Kupfer- nitrat auf Kreide im geschlossenen Gefäss zunächst doppeltkohlen- saurer Kalk uud Gerhardtit, der schliesslich in Kupferlasur über- geht. SENARMONT? konnte durch Erhitzen von Kalkstein mit Eisenchlorür, Manganchlorür oder Chlorzink auf 130—200° Eisen- spat, Manganspat und Zinkspat darstellen. Durch längere Ein- wirkung einer Eisenchloridlösung auf Kalkstein bei 300° erhielt er Eisenoxyd. Nach TscHERMAK* fällt Kalkspat aus einer Lösung von Kupferchlorid das Kupfer als Malachit aus. Wendet man dagegen Kupferchlorür an, so erhält man Kupferoxydul als Pseudomorphose nach Kalkspat (Kxor)’”. MeunıEr® fand, dass Kalkspat aus der Lösung eines Eisensalzes Eisenhydroxyd ausfällt; aus der Lösung eines Mangansalzes entstand ein analoger Niederschlag nur bei An- wesenheit von etwas Eisen. ı 0, BscquErEL, Ueber die durch Berührung der festen und flüssigen Körper hervorgerufenen chemischen Wirkungen. J. f. pr. Ch. 56, 471 (1852). — (C. BEcqUEREL, Ueber chemische Verbindungen, welche beim langsamen Aufeinanderwirken fester und flüssiger Körper entstehen. J.f. pr. Ch. 59, 7 (1853). ® Brauns, Chemische Mineralogie S. 259. ® Brauns, Chemische Mineralogie S. 268 und 269. * Brauns, Chemische Mineralogie $. 259 (TscHErmaR’s mineral. Mitteilungen 1873, S. 41). ° Brauns, Chemische Mineralogie S. 260. % Brauns, Chemische Mineralogie S. 260. MEuxtEr, Compt. rend. 111, 661 (1890). 33 MEIGEn: [7 2 Dass Kalkspat und Aragonit unter Umständen eine verschie- dene Wirkung haben können, geht aus den Untersuchungen von KLEmENT! über die Dolomitbildung hervor. Dieser fand nämlich, dass Magnesiumsalze wohl durch Aragonit, nicht aber durch Kalk- spat gefällt werden. Es sind dies auch die einzigen quantitativen Versuche, welche bisher angestellt worden sind. A. Qualitative Versuche. Ich stellte zunächst einmal durch einfache qualitative Versuche fest, welche Metalle durch kohlensauren Kalk überhaupt gefällt werden. Es wurden gewöhnlich drei Parallelversuche gemacht, einer mit natürlichem Kalkspat, einer mit Aragonit und einer mit künstlich gefälltem kohlensaurem Kalk. Der natürliche Kalkspat war isländischer Doppelspat, der fein zerrieben und gebeutelt wurde. Das Pulver besass im Mittel eine Korngrösse von 9—13 u. Als Aragonit wurden grosse klare, aber etwas gelblich ge- färbte Kristalle von Bilin verwendet, die ebenfalls fein zerrieben und gebeutelt wurden. Die Korngrösse betrug im Mittel 5—13 u». Der künstlich gefällte kohlensaure Kalk war ein von E. MERCK in Darmstadt bezogenes Präparat. Er bestand aus klar und scharf ausgebildeten, fast gleichgrossen Rhomboedern von 10 u Kanten- länge; dazwischen waren nur sehr wenige grössere bis zu 40 u. Kantenlänge vorhanden. Die Versuche wurden derart ausgeführt, dass die abgewogene Menge Caleiumkarbonat mit der Lösung des betreffenden Salzes ge- schüttelt oder gekocht wurde. Die angewandte Kalkmenge betrug meist um ein Viertel mehr als zur vollständigen Ausfüllung theo- retisch erforderlich war. Als Schüttelgefässe wurden starkwandige Glasröhren von 18 mm Durchmesser und 18 cm Länge benutzt, die mit gut passenden Kautschukstopfen verschlossen wurden. Diese Röhren besassen ein Fassungsvermögen von ungefähr 50 cem. 8—-10 solcher Röhren wurden in geeigneter Weise an einer Scheibe von Zinkblech be- festigt, worauf diese durch eine Turbine in langsarne Umdrehung ver- setzt wurde. Durch die hin und her gleitende Luftblase wurde der ı C. KLEmenT, Ueber die Bildung des Dolomits. TscHErMmar’s mineral. und petrogr. Mitteilungen N. F. 14, 526 (1895). 7 3] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 34 kohlensaure Kalk in der Flüssigkeit ganz gleichmässig verteilt. Um bei konstanter Temperatur arbeiten zu können, wurde die ganze Vorrichtung in einen Thermostaten gesetzt. Mangan. Die Lösung enthielt 24 g MnSO, + 5 H,O im Liter. 1. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Mangansulfat- lösung anhaltend gekocht. Noch nach halbstündigem Kochen gab das Filtrat mit Schwefelammonium einen starken Niederschlag. 2. Der gleiche Versuch mit 0,5 g Aragonit hatte dasselbe Ergebnis. 3. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Mangansulfat- lösung bei 15° geschüttelt. Nach 48 Stunden liess sich in der Lösung mit Schwefelammonium noch Mangan nachweisen. 3a. Der gleiche Versuch mit 0,5 g Kalkspat (Merck), sowie 4. mit 0,5 g Aragonit ausgeführt, hatte dasselbe Ergebniss. Die Rückstände waren bei sämtlichen Versuchen manganhaltig. Kalkspat und Aragonit zeigten somit in qualitativer Hinsicht das gleiche Verhalten. Durch beide wird Mangan aus seinen Lösungen zum Teil gefällt. Die Behauptung MEuNIErR’s!, dass Man- gan von kohlensaurem Kalk nur bei Gegenwart von Eisen nieder- geschlagen werde, ist also nicht zutreffend. Zink. Die angewandte Lösung enthielt 29 g ZnS0;, + 7 H50 im Liter. 1. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Zinksulfat- lösung anhaltend gekocht. Nach einer halben Stunde gab Schwefel- ammonium im Filtrate noch einen starken Niederschlag. 2. Der gleiche Versuch wurde mit 0,5 g Aragonit angestellt. Nach halbstündigem Kochen gab Schwefelammonium noch einen beträchtlichen Niederschlag, der aber doch wesentlich geringer als bei 1 war. 3. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Zinksulfat- lösung bei 15° geschüttelt. Noch nach 48 Stunden gab Schwefel- ammonium einen starken Niederschlag. ! Siehe S. 32. 35 MEIGEN: [74 3a. Der gleiche Versuch mit 0,5 g Kalkspat (Merck), sowie 4. mit 0,5 g Aragonit ausgeführt, ergab dasselbe Resultat. Die Rückstände enthielten bei allen Versuchen Zink. Zink wird demnach aus seinen Lösungen, ebenso wie Mangan, nur teilweise gefällt und zwar durch Aragonit anscheinend etwas leichter als durch Kalkspat, jedoch ist der Unterschied nicht sehr gross. Kobalt. Die Lösung enthielt 29 g Co(NO;)s + 6 H30 im Liter. 1. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Kobaltnitrat- lösung versetzt und anhaltend gekocht. Der kohlensaure Kalk blieb während einiger Minuten ganz unverändert; erst nach etwa 10 Minuten langem Kochen begann er sich allmählich hellblau zu färben. Die Lösung war auch nach halbstündigem Kochen noch rosa gefärbt. 2. Der gleiche Versuch wurde mit 0,5 g Aragonit ausgeführt. Sobald die Lösung zu kochen anfıng, entstand ein lilafarbener Niederschlag, der bei weiterem Erhitzen noch dunkler wurde. Die Lösung war nach einer halben Stunde noch rosa gefärbt. 3. 0,5 g Kalkspat wurden mit 10 ccm Kobaltnitratlösung und 30 ccm Wasser versetzt und anhaltend gekocht. Nach einer halben Stunde gab Schwefelammonium im Filtrate einen starken, nach einer Stunde immer noch einen geringen Niederschlag. _ 4. Derselbe Versuch wurde mit 0,5 g Aragonit ausgeführt. Nach halbstündigem Kochen gab Schwefelammonium keine Reak- tion mehr. 5. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden bei 15° mit 40 ccm Kobalt- nitratlösung geschüttelt. Die Lösung war auch nach 72 Stunden noch rosa gefärbt. Der kohlensaure Kalk erschien äusserlich un- verändert, enthielt aber trotzdem eine geringe Menge Kobalt. 5a. Der gleiche Versuch mit 0,5 g Kalkspat (Merck) hatte dasselbe Ergebnis. 6. 0,5 g Aragonit ebenso behandelt, waren schon nach 24 Stunden helllila; das Filtrat war jedoch auch nach 72 Stunden noch rosa gefärbt. Nach diesen Versuchen zeigen Kalkspat und Aragonit Lösungen von Kobaltnitrat gegenüber ein so verschiedenes Verhalten, dass es mit Hilfe dieser Reaktion leicht ist, sie von einander zu unterscheiden. Man hat nur nötig, die feinzerriebene Substanz mit einer nicht zu 75] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 36 konzentrierten Lösung von Kobaltnitrat einige Minuten lang zu kochen; färbt sie sich hierbei lila, so bestand jene aus Aragonit, bleibt sie unverändert oder färbt sie sich hellblau, so war jene Kalk- spat. Der Unterschied in der Färbung ist schon ohne weiteres ın der Lösung zu sehen, wird aber beim Abfiltrieren und Auswaschen noch deutlicher. Zweckmässig ist es, so viel Kobaltnitrat anzuwenden, dass die Lösung auch nach dem Kochen noch rot gefärbt ist. Die Konzentration kann im übrigen in sehr weiten Grenzen schwanken. Ktypeit und Conchit verhalten sich wie Aragonit. Ich habe die Reaktion auf einige natürliche Vorkommnisse von kohlensaurem Kalk angewandt und dabei folgende Resultate erhalten: Es gaben die Reaktion auf Aragonit: Aragonit, Bilin (Böhmen). Aragonit, Sasbach (Kaiserstuhl). Sprudelstein, Karlsbad. Es gaben die Reaktion nicht und bestanden demnach aus Kalkspat: Doppelspat, Island. _Schreibkreide. Bergmilch, Kamor (Appenzell). Travertin, Tivoli b. Rom. Dornstein, Salzuflen (Westfalen). Oligocäner Kalkstein, Doberg b. Bünde (Westfalen). Korallenkalk, Istein (Baden). Korallenkalk, Lauterbrunnen (Schweiz). Hauptrogenstein, Liel (Baden). Jaumontoolith, Gravelotte. Ueber das Verhalten des von Organismen abgesonderten kohlen- sauren Kalkes s. S. 51 u. £. Die gleiche Reaktion wie Aragonit geben auch gefälltes Baryum- und Strontiumkarbonat, sowie Witherit und Strontianit. Ebenso giebt auch künstlich gefälltes (basisches) Magnesiumkarbonat denselben Niederschlag; natürlicher Magnesit ist nach halbstündigem Kochen mit Kobaltnitratlösung ganz schwach blau gefärbt, be- deutend heller als Kalkspat, ebenso verhält sich Dolomit. Gefällter dreibasisch phosphorsaurer Kalk giebt einen blauen Niederschlag mit einem Stich ins Rote. Gefälltes Fluorcaleium färbt sich ganz schwach rosa, während natürlicher Phosphorit, Apatit und Fluss- spat auch nach langem Kochen überhaupt keine Reaktion geben. 37 | Meierx: [76 Nickel. Die Lösung enthielt 28 g NiS0O,;, +7 H5;O im Liter. 1. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Nickelsulfat- lösung anhaltend gekocht. Das Filtrat war auch nach halbstündigem Kochen noch grün gefärbt. 2. Der gleiche Versuch wurde mit 0,5 g Aragonit ausgeführt. Das Filtrat war nach einer halben Stunde noch grün, jedoch viel heller als bei 1; der Niederschlag war dagegen wesentlich dunkler gefärbt. 3. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden bei 15° mit 40 ccm Nickel- sulfatlösung geschüttelt. Die Lösung war auch nach 48 Stunden noch grün gefärbt. 3a. Der gleiche Versuch mit 0,5 g Kalkspat (Merck), sowie 4. mit 0,5 g Aragonit ausgeführt, hatte dasselbe Ergebnis. Die Rückstände waren bei allen drei Versuchen nickelhaltig, obwohl sie kaum gefärbt erschienen. Auch hier zeigte sich also ein, wenn auch nicht so deutlicher, Unterschied im Verhalten von Aragonit und Kalkspat wie beim Kobalt. Eisen. a) Eisenchlorid. Die Lösung enthielt 14 g FeÜl,; + 6 H,O im Liter. 1. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Eisenchlorid- lösung versetzt. Sofort entstand unter starker Kohlensäureent- wicklung ein starker brauner Niederschlag von Eisenhydroxyd. Nach fünf Minuten langem Kochen war im Filtrat mit Ferrocyankalium kein Eisen mehr nachzuweisen. 2. Derselbe Versuch mit 0,5 g Aragonit führte zu demselben Resultat. 3. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 cem Eisenchlorid- lösung bei 15° versetzt. Es fiel sofort unter Entwicklung von Kohlensäure Eisenhydroxyd aus. Nach zwei Minuten langem tüchtigem Durchschütteln liess sich im Filtrat kein Eisen mehr nachweisen. 3a. Der gleiche Versuch mit 0,5 g Kalkspat (MERcK), sowie 4. mit 0,5 g Aragonit ausgeführt, hatte dasselbe Ergebnis. Dreiwertiges Eisen wird demnach sowohl durch Kalkspat wie durch Aragonit aus seinen Lösungen schnell und vollständig gefällt. 77] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 38 b) Eisenvitriol. Die Lösung enthielt 28 g FeSO, + 7 H,O im Liter. 1. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Eisenvitriol- lösung anhaltend gekocht, wobei das Kochfläschehen mit einem Bunsex’schen Ventil verschlossen war. Soweit das Eisen bereits oxydiert war, fiel es schon in der Kälte aus; beim Kochen bildete sich ein grauschwarzer Niederschlag. Das Filtrat gab auch nach einer halben Stunde noch mit Ferrieyankalium einen starken Nieder- schlag. 2. Der gleiche Versuch mit 0,5 g Aragonit ausgeführt, hatte dasselbe Ergebnis, nur war der Niederschlag mehr grünschwarz gefärbt. 3. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden bei 15° mit 40 ccm Eisen- vitriollösung geschüttelt. Es entstand sogleich ein geringer gelber Niederschlag von Eisenhydroxyd, der seine Entstehung einer teil- weisen Oxydation der Lösung verdankte. Auch nach 72stündigem Schütteln gab das Filtrat noch immer mit Ferricyankalium einen Niederschlag. 3a. Derselbe Versuch mit 0,5 g Kalkspat (MERCK) ausgeführt, führte zu dem gleichen Resultat. 4. Der gleiche Versuch wurde ferner mit 0,5 g Aragonit wiederholt. Es bildete sich schon nach sehr kurzer Zeit ein tief- dunkelgrüner Niederschlag, der sich dann nicht weiter veränderte. Im Filtrat war noch nach 72 Stunden mit Ferricyankalium Eisen nachzuweisen. Eisenoxydulsalzen gegenüber verhalten sich mithin Aragonit und Kalkspat in so hohem Grade verschieden, dass sich diese Re- aktion ebenso gut wie die mit Kobaltnitratlösung zur Unterscheidung der beiden Formen des kohlensauren Kalkes eignet. Die Reaktion wird zweckmässig so ausgeführt, dass man in einem Reagenzglase die feingepulverte Substanz mit einer möglichst oxydfreien, neutralen Lösung von Eisenvitriol oder Monr’schem Salz übergiesst und ein- fach in der Kälte stehen lässt. Ueber Aragonit bildet sich dann in sehr kurzer Zeit ein Niederschlag von grüner Farbe, deren Tiefe mit der Zeit immer mehr zunimmt. Ueber Kalkspat bildet sich in dem Masse, als die Lösung durch den Luftsauerstoff oxydiert wird, allmählich ein hellgelber Niederschlag von Eisenhydroxyd. Schütteln ist unnötig und nicht einmal ratsam, da dadurch nur die Oxydation der Lösung begünstigt wird. Die gleiche Fällung wie Aragonit 39 MEIGEN: | [78 geben auch Baryum- und Strontium-, sowie gefälltes (basisches) Magnesiumkarbonat, nicht aber gefälltes dreibasisches Oalicumphos- phat. Dolomit verhält sich wie Kalkspat. Kupfer. a) Kupfersulfat. Die Lösung enthielt 25 g (uSO;, + 5 Hs0 im Liter. 1. 0,5 g Kalkspat (MERcK) wurden mit 40 ccm Kupfervitriol- lösung versetzt und andauernd gekocht. Unter starker Kohlen- säureentwicklung bildete sich ein blaugrüner Niederschlag. Eine nach fünf Minuten genommene Probe gab mit Ferrocyankalium eine schwache Reaktion. Nach 10 Minuten liess sich kein Kupfer mehr nachweisen. 2. 0,5 g Aragonit wurden ebenfalls mit 40 ccm Kupfersulfat- lösung gekocht. Der entstehende Niederschlag hatte das gleiche Aussehen wie bei 1. Eine nach fünf Minuten genommene Probe gab mit Ferrocyankalium einen beträchtlichen Niederschlag. Nach 10 Minuten trat nur noch eine schwache Reaktion ein, und nach einer Viertelstunde war die Fällung vollständig. 3. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Kupfersulfat- lösung bei 15° geschüttelt. Nach sechs Stunden trat mit Ammoniak noch ziemlich starke Blaufärbung ein. Der Versuch konnte nicht fortgesetzt werden, da infolge von Kohlensäureentwicklung der Stopfen herausgetrieben wurde. 3a. Ein mit 0,5 g Kalkspat (MERcK) ausgeführter Versuch ergab dasselbe Resultat und konnte aus dem gleichen Grunde nicht fortgesetzt werden. 4. Derselbe Versuch wurde mit 0,5 g Aragonit angestellt. Nach sechs Stunden gab eine abfiltrierte Probe mit Ammoniak eine starke Blaufärbung, die sehr viel intensiver war als bei den beiden vorigen Versuchen. Auch nach 24 Stunden trat noch immer eine ziemlich starke Reaktion ein. 5. 1 g Kalkspat (isländ.) wurde bei 15° mit 40 ccm Kupfer- vitriollösung geschüttelt. Nach 24 Stunden trat mit Ammoniak keine Reaktion mehr ein; Ferrocyankalium gab noch einen geringen Niederschlag. Nach 48 Stunden war kein Kupfer mehr nachzu- weisen. Der Niederschlag besass eine graugrüne Farbe und war sehr voluminös. 6. Der gleiche Versuch wurde mit 1 g Aragonit wiederholt. Nach 24 Stunden gab eine Probe mit Ammoniak eine starke Blau- 79] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES, 40 färbung. Der Niederschlag sab mehr blaugrün aus. Nach 48 Stunden trat mit Ferrocyankalium nur noch eine schwache Braunfärbung ein. Das Aussehen des Niederschlags war jetzt fast das gleiche wie bei dem vorhergehenden Versuch, nur war er weniger voluminös. b) Kupfernitrat. Die Lösung enthielt 29,5 g Cu(NO;); + 6 H;s0 im Liter. 1. 0,5 g Kalkspat (MErcK) wurden mit 40 cem Kupfernitrat- lösung anhaltend gekocht. Unter starker Kohlensäureentwicklung bildete sich ein blaugrüner Niederschlag. Nach fünf Minuten liess sich im Filtrat kein Kupfer mehr nachweisen. 2. Der gleiche Versuch mit 0,5 g Aragonit hatte dasselbe Ergebnis. 3. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden bei 15° mit 40 cem Kupfer- nitratlösung geschüttelt. Nach 24 Stunden gab Ammoniak eine schwache Blaufärbung, Ferrocyankalium einen geringen Niederschlag. Nach 48 Stunden war kein Kupfer mehr nachzuweisen. 3a. Bei dem gleichen mit 0,5 g Kalkspat (MERCcK) ausge- führten Versuch war die Fällung bereits nach 24 Stunden vollständig. 4. Derselbe Versuch wurde mit 0,5 g Aragonit wiederholt. Nach 24 Stunden gab Ammoniak noch eine starke Blaufärbung. Nach 48 Stunden liess sich kein Kupfer mehr nachweisen. Kupfer wird somit aus seinen Lösungen sowohl durch Kalk- spat wie durch Aragonit vollständig gefällt und zwar im Gegensatz zu den bisher behandelten Metallen durch Kalkspat schneller als durch Aragonit. Ein wesentlicher Unterschied im Verhalten des Sulfats und Nitrats war nicht zu bemerken. Blei. Die Lösung enthielt 33 g Pb(NO,), im Liter. 1. 0,5 g Kalkspat (MErRcK) wurden mit 40 ccm Bleinitrat- lösung anhaltend gekocht. Nach 10 Minuten liess sich mit Schwefel- wasserstoff kein Blei mehr nachweisen. 2. Bei dem gleichen Versuche mit 0,5 g Aragonit gab Schwefel- wasserstoff auch nach halbstündigem Kochen noch einen Nieder- schlag von Schwefelblei. 3. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden bei 15° mit 40 ccm Blei- nitratlösung geschüttelt. Nach sechs Stunden trat mit Schwefel- wasserstoff noch eine geringe Bräunung ein, nach 24 Stunden war die Fällung vollständig. 41 MEIGEN: [80 3a. Der gleiche Versuch mit 0,5 g Kalkspat (MErcK) führte zu demselben Ergebnis. 4. Derselbe Versuch wurde mit 0,5 g Aragonit wiederholt. Nach 24 Stunden gab Schwefelwasserstoff noch einen Niederschlag; selbst nach 72 Stunden trat noch immer eine Braunfärbung ein. Durch Kalkspat wird Blei aus seinen Lösungen vollständig gefällt. Durch Aragonit ist die Fällung bei genügend langer Dauer wahrscheinlich auch vollständig, geht aber sehr viel langsamer vor sich als mit Kalkspat. Der Unterschied in dieser Hinsicht ist beim Blei noch bedeutend grösser als beim Kupfer. Silber. Die Lösung enthielt 17 g AgNO; im Liter. 1. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Silbernitrat- lösung zum Kochen erhitzt. Es entstand sofort ein gelber Nieder- schlag von kohlensaurem Silber; das Filtrat gab aber noch nach einer halben Stunde mit Salzsäure einen starken Niederschlag. 2. Derselbe Versuch mit 0,5 g Aragonit führte zu dem gleichen Ergebnis. 3. 0,5 g Kalkspat (isländ.) wurden mit 40 ccm Silbernitrat- lösung bei 15° geschüttelt. Es bildete sich sofort ein gelber Nieder- schlag von kohlensaurem Silber. Die Lösung gab noch nach 48 Stunden einen starken Niederschlag von Chlorsilber. 3a. Der gleiche Versuch mit 0,5 g Kalkspat (MERCK), sowie mit 4. 0,5 g Aragonit ausgeführt, ergab dasselbe Resultat. Silber wird demnach aus seinen Lösungen durch kohlensauren Kalk nur sehr unvollständig gefällt. Ein Unterschied zwischen Ara- gonit und Kalkspat war nicht zu bemerken. Fassen wir die Resultate der vorstehenden Versuche noch ein- mal kurz zusammen, so kommen wir zunächst zu dem Ergebnis, dass Aragonit und Kalkspat den Lösungen der Schwermetalle gegenüber im allgemeinen ein verschiedenes Verhalten zeigen, und zwar ist es sehr bemerkenswert, dass der Unterschied beider nicht bei allen Metallen den gleichen Sinn hat: während Zink, Kobalt, Nickel und zweiwertiges Eisen durch Aragonit leichter gefällt werden als durch Kalkspat, verhält es sich bei Kupfer und Blei umgekehrt. Im allgemeinen kann man sagen, dass ein Metall durch kohlensauren Kalk um so schneller und vollständiger nieder- geschlagen wird, je stärker die Lösung seiner Salze hydrolytisch gespalten ist. 81] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 42 B. Quantitative Versuche. Quantitative Versuche über die Fällung von Schwermetallen durch kohlensauren Kalk wurden von mir vorläufig nur mit Lösungen von Mangansulfat angestellt. Das Mangan wurde nach der Methode von VOLHARD durch Titration mit Kaliumpermanganat bestimmt. Diese Methode gab bei den hauptsächlich angewandten ungefähr 1/5 normalen Lösungen bis auf !/2°/o des vorhandenen Mangans genaue Resultate. Bei den verdünnteren Lösungen war die Ge- nauigkeit wesentlich geringer. Der verwendete Aragonit war derselbe, der auch zu den qualitativen Versuchen benutzt wurde. An Stelle von Kalkspat wurde von E. MERcK in Darmstadt bezogener, gefällter kohlensaurer Kalk genommen. Das Präparat bestand hauptsächlich aus rundlichen Körnern und undeutlichen Rhomboedern von durchschnittlich 0,5—1 ı Durchmesser; dazwischen fanden sich einzelne grössere, gut ausgebildete Rhomboeder bis zu 10 » Kantenlänge. Da dieses Präparat der Modifikation des Kalk- spats entsprach, werde ich es der Kürze halber im folgenden ein- fach als Kalkspat bezeichnen. Der besseren Uebersicht wegen gebe ich die erhaltenen Resultate in Tabellenform. 1. Einwirkung von Kalkspat. g e 2 | Auf 1 Aequ. | 2 Nr. malität pe efällte des Kane ö „Mangan, Dauer des Tempe- Aenee. Ver- Mangan- | Aequ. | „Versuchs ratur Mangan in suchs lösung CaCO | in Stunden | Prozenten aUO3 1. 0,24 | 50 72 25 1,0 De 0,24 50 120 250 1,2 3E 0,24 50 192 25° 1,4 4. 0,24 50 24 50° 1,8 D. 0,22 100 72 142 2,0 5a. 0,22 100 72 a 3,8 6. 0,22 100 168 212 2,9 ie 0,22 100 8 90° 8,6 8. 0,22 200 72 DI 5,0 9. 0,22 200 168 1° 6,3 10. 0,22 200 8 90° | 13,8 IT. 0,045 50 12 | Ibze® | 2,4 12, 0,045 50 | 168 et 1,9 18. 0,045 100 72 | 7% 2,9 14. 0,045 100 168 ze 2,9 15. 0,045 200 72 ll 6,8 15a. 0,045 200 ’P} 2ALN 49 16. 0,045 200 168 ur 5,8 Berichte XII. 6 43 MEIeen: [82 Die Versuche wurden derart ausgeführt, dass je 40 cem der Lösung mit der abgewogenen Menge Kalkspat mittels der schon früher erwähnten Vorrichtung ständig geschüttelt wurden. Da der kohlensaure Kalk nicht immer vollkommen die gleiche Beschaffenheit hat, auch das Schütteln bei verschiedenen Versuchen nicht immer in der gleichen Weise erfolgt, so darf man natürlich nicht erwarten, dass man bei gleichen Versuchen auch immer genau die gleichen Resultate erhält. Immerhin ist die Uebereinstimmung doch so gross, dass sich folgende Gesetzmässigkeiten erkennen lassen. Die Menge des gefällten Mangans hängt in hohem Grade von der Menge des angewandten kohlensauren Kalkes ab; sie nimmt ferner mit der Dauer der Einwirkung zu. Ebenso hat eine höhere Temperatur einen sehr beschleunigenden Einfluss. Stärkere Ver- dünnung hat dagegen keine wesentliche Bedeutung. 2, Einwirkung von Aragonit. BEN Auf 1 Aequ. n Nr. alität = des erg ; Ben aan > Tempe- ee Ver- Mangan- Aequ. £ San as ratur Mangan in suchs lösung Ca00, use Prozenten 17: 0,22 50 24 17" 50,6 18. 0,22 50 72 17°, 96,5 19. 0,22 50 168 2.) 99,4 20. 0,22 100 0,1 708 3,9 20a. 0,22 100 0,1 17° 4,2 21. 0,22 100 24 172 88,7 22. 0,22 100 72 17° 98,5 23. 0,22 100 168 21° 94,4 24, 0,24 100 24 50° 97,6 25. 0,24 100 48 50° 99,1 26. 0,24 100 96 50 ° 98,6 27. 0,22 100 8 90° 99,8 28. 0,22 200 24 173 93,9 29. 0,22 200 72 17.2 99,1 30. 0,045 50 24 17° 44,8 3. 0,045 50 72 1a 57,3 32. 0,045 100 24 178 44,8 33. 0,045 100 72 172 70,2 34. 0,045 100 168 TR 98,8 35. 0,071 150 0,1 1 5,8 35a. 0,071 150 0,1 177 5,3 36. 0,045 200 24 A 57,0 37. 0,045 200 72 17.2 78,8 38. 0,045 200 168 10 90,0 39. 0,060 100 72 Haie 99,6 Für die Einwirkung von Aragonit gilt im wesentlichen das gleiche wie für Kalkspat. Der Gleichgewichtszustand ist anscheinend 83] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES, 44 erreicht, wenn etwa 99,5 °/o des Mangans gefällt und die Normalität der Mangansulfatlösung ungefähr 0,001 geworden ist. Bei ver- dünnteren Lösungen geht die Fällung langsamer vor sich als bei konzentrierteren. 3. Vergleichung der Wirkung von Kalkspat und Aragonit. $ ‘ormalitä Auf 1 Aequ. | Gefäll ae ns der ar eh PR LEE aoe Tempe- Er | Ver- Mangan- equ. h de ratur | Mangan in | suchs lösung CaCO, ın Stungen | Prozenten | T. 0,24 50 72 29° 1,0 Kalkspat 18. 0,22 50 72 Tale 96,5 Aragonit 5. 0,22 100 72 372 2,0 Kalkspat 5a. 0,22 100 72 AR 3,8 Kalkspat 22. 0,22 100 72 LE, 985 ı Aragonit 7: aa 100 8 90° 86 | Kalkspat 27. 0,22 100 8 90° 99,8 Aragonit 8. 0,22 200 72 er 5,0 Kalkspat 29 0,22 200 | 72 ze Kl Aragonit 11 0,045 50 | 72 1.49 2,4 Kalkspat al 0,045 50 | 72 Ein 57,3 Aragonit 13 0,045 100 72 Warte 2,9 Kalkspat 33 0,045 10077 | 72 L“8 70,2 Aragonit 15 0,045 200 02 7% 6,8 Kalkspat 15a 0,045 200 | 72 27° 4,9 Kalkspat 37 0,045 200 | 72 199 78,8 Aragonit l I I 4. Einwirkung von Kalkspat beim Durchleiten von Luft. Nr. Normalität | "Mangan AU | Gefällte von M en Ben 2. „ Versuchs ge i TER suchs lösung Ca00, in Stunden Prozenten 40. 0,25 0 8 Far 02 41. 0,22 0 48 RE No .8 42, 0,25 100 | 8 id 0,2 43, 0,025 40 8 150 04 44, 0,025 200 8 | 192 | 0,1 Durch diese Versuche sollte festgestellt werden, welchen Ein- fluss ein längere Zeit fortgesetztes Durchleiten von Luft auf die Fällung des Mangans durch Kalkspat hat. Um zunächst einmal zu sehen, wie gross hierbei der durch Verdunstung veranlasste Fehler ist, wurde bei den beiden ersten Versuchen die Luft längere Zeit durch die reine Mangansulfatlösung geleitet. Damit dieser Fehler möglichst klein werde, wurde die aus einem grossen Gasbehälter 6* 45 MEIGEn: [84 entnommene, schon feuchte Luft noch durch eine Waschflasche mit Wasser geleitet. Wie man sieht, ist so die Verdunstung auch bei 48-stündiger Versuchsdauer nur sehr gering und kann bei 8-stündiger Dauer als innerhalb der Fehlergrenzen liegend ganz vernachlässigt werden. Die Lösung befand sich in den gleichen Röhren wie bei den übrigen Versuchen, so dass die Luft eine etwa 15 cm hohe Flüssigkeitssäule zu überwinden hatte. Ein Einfluss des Luftdurchleitens auf die Fällung ist nicht zu bemerken. 5. Einwirkung von Aragonit beim Durchleiten von Luft. Auf 1 Aequ. Nr Normalität Manean DIR Gefällte des der unzeselzte le Tempe- Menge. Ver- Mangan- Aequ. ’ d ratur Mangan in suchs lösung Ca00, in Stunden Prozenten 45. 0,22 50 8 15° 13,6 46. 0,22 100 8 ar 19,4 46a. 0,24 100 8 15% 18,7 47. 0,22 100 | 24 15° 27,2 48. 0,22 | 100 48 15° 33,6 Auch auf die Fällung des Mangans durch Aragonit hat das Durchleiten von Luft keinen bemerkbaren Einfluss. Dass bei Ver- such 47 soviel weniger Mangan gefällt wurde als bei dem im übrigen mit ihm ohne weiteres vergleichbaren Versuch 21, kommt wohl daher, dass durch die aufsteigenden Luftblasen der Aragonit nicht so gut in der Flüssigkeit verteilt wird wie durch Schütteln. 6. Einwirkung von Kalkspat beim Durchleiten von Kohlensäure. | 1 = ie 2 | Norma | iger | Danerden | Tem | ae Ver- Mangan- ZuB eRStziR Versuchs ar Mankan in N Fee Aequ. in Stunden a suchs lösung CaCO, Prozenten 49. 0,25 50 15° 0,0 50. 0, 100 8 15° het ’ 51, 0,2 100 24 15% 3,3 SE 0,025 40 8 15 0,8 Durchleiten von Kohlensäure beschleunigt demnach die Fällung des Mangans durch Kalkspat bedeutend. 85] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 46 7. Einwirkung von Aragonit beim Durchleiten von Kohlensäure. Nr. Normalität ne Gefällte angan Dauer des des der zucesetzte Tempe- Menge Ver- Mangan- ie „ Versuchs ratur Mangan in suchs lösung - in Stunden Prozenten = Ca0O; 53. 0,22 100 8 19 26,7 54. 0,24 100 24 15% 83,9 55. 0,24 200 8 15 49,0 56. 0,071 150 8 ou 22,0 57. 0,071 150 48 mt 65,0 Wie ein Vergleich mit Tabelle 5 zeigt, wird auch die Fällung des Mangans durch Aragonit beim Durchleiten von Kohlensäure sehr befördert. S. Einwirkung von Kalkspat bei Gegenwart von Eisen. Nr. Normalität un Auf 1 Aequ. Gefällte des der zugesetzte Mangan Dauer des Tempe- Menge Ver- Munehn Aequ zugesetzte Be ratur Mangan in suchs ösun ) Aequ. Eisen Prozenten 5 Ca CO; 4 B 58. 0,24 50 0,06 24 2 1,3 59. 0,24 50 0,06 48 290 1,3 59a. 0,24 50 0,06 48 259 1,4 60. 0,18 100 0,71 0,1 ls 1,1 60a. 0,18 100 0,71 0,1 (Su 1,2 Da nach Meunter! Mangan bei Gegenwart von Eisen durch kohlensauren Kalk vollständig gefällt werden soll, so wurde bei diesen und den folgenden Versuchen der Mangansulfatlösung eine gemessene Menge einer Lösung von Eisenammoniakalaun zugesetzt. Aus den Versuchen geht hervor, dass durch Eisen allerdings die Fällung begünstigt wird. Der Einfluss des Eisens scheint sich aber nur ganz am Anfang geltend zu machen und ist selbst bei verhältnismässig grossen Eisenmengen nicht sehr bedeutend. 9. Einwirkung von Aragonit bei Gegenwart von Eisen. Nr. | Normalitäg | AU Aeam | Aurı Acqn. Gefällte des der zugesetzte Mangan Dauer des Tempe- Menge Ver- Mangan- Aequ zugesetzte | „Versuchs ratur Mangan in suchs lösung Ca0o; Aequ. Eisen | !n Stunden Prozenten 61. 0,18 100 0,71 0,1 192 2 6la. 0,18 100 0,71 0,1 5% 2,8 62. 0,064 150 0,14* 0,1 inı0 3,1 63. 0,064 150 0,29* 0,1 19:2 3,3 64. 0,064 150 0,89 0,1 19,9 4,9 64a. 0,064 150 0,89 0,1 192 4,7 65. 0,064 150 0,95* 0,1 19.1 Bl Bei den mit einem Stern versehenen Versuchen wurde das Eisen in Form einer einfachen Ferrisulfatlösung zugesetzt. ! Siehe S. 32. 47 MEIGEN: [86 Wie ein Vergleich mit den entsprechenden Versuchen der Tabelle 2 (20, 20a, 35, 35a) ergiebt, hat die Gegenwart von Eisen auf die Fällung des Mangans durch Aragonit eher einen ungünstigen Einfluss. 10. Einwirkung von Kalkspat bei Gegenwart von Eisen und Durchleiten von Luft. Da die Wirkung des Eisens auf die Fällung des Mangans möglicherweise eine Oxydationswirkung sein konnte, so wurde bei den folgenden Versuchen in der oben beschriebenen Weise Luft durch- geleitet. ee Auf 1 Aequ. i B Tr, Normalität x Auf 1 Aequ. ä au der ee Mangan een An Tempe- er Ver- Mangan- Aequ. zugesetzte | . nae ratur Mangan in suchs lösung Ca00, Aequ. Eisen | !1 stunden Prozenten 66. 0,23 50 0,13 8 15° 0,9 67. 0,22 50 0,26 8 15° 4,7 68. 0,20 50 0,64 8 15° 5,8 69. 0,23 | 100 0,13 8 159,0 | 1,5 70. 0,23 100 0,13 24 15° 2,1 HT. 0,23 100 0,13 72 15° 2,6 72, 0,22 100 0,26 8 15° 2,0 73. 0,20 100 0,64 8 15° 6,6 74. 0,20 100 0,64 24 197 A: 75. 0,23 200 0,13 8 15° 2,7 76. 0,22 200 0,23 8 15° 3,8 I. 0,16 200 1,25 8 1n° 10,3 78. 0,024 40 0,51 8 15° 3,6 79. 0,023 100 2,53 8 19% 10,4 80. 0,024 200 0,51 8 15° 4,3 81. 0,023 200 2,58 8 15° 12,8 82. 0,023 400 2,53 8 15° 13,8 Aus den Versuchen geht hervor, dass bei Anwesenheit von Eisen die durch Kalkspat beim Durchleiten von Luft gefällte Menge Mangan mit der Menge des zugesetzten Eisens zunimmt. Da die gefällten Mengen beträchtlich grösser sind als bei Abwesenheit von Luft (Tabelle 8), so kann man den Einfluss des Eisens vielleicht auf eine Uebertragung des Luftsauerstoffs zurückführen. Dem wider- spricht allerdings der Umstand, dass eine längere Versuchsdauer nicht von wesentlichem Einfluss ist, man müsste denn annehmen, dass das Eisen seine Uebertragungsfähigkeit bald verliert. - 87] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES, 48 11. Einwirkung von Aragonit bei Gegenwart von Eisen und Durchleiten von Luft. Auf 1 Aequ. 4 h "m t ; uf 1 Aequ. allt a E rss ee 5 Bay des Tempe- onen Ver- Mangan- Aequ. zugesetzte | . a ratur Mangan in suchs lösung CaCO, Aequ. Eisen ‚|, M-Stunden Prozenten 83. 0,21 50 0,14 8 5,2 6,2 84, 0,23 100 0,13 8 Kal 8,0 84a. 0,25 100 0,13 8 15° 8,6 8. 0,18 100 0,71 8 152 17,0 86. 0,064 150 0,14* 8 a2 25,0 87. 0,064 150 0,29* 8 15° 16,1 88. 0,064 150 0,89 8 19° 13,8 89. 0,064 150 0,95* 8 1 13,6 Auch aus diesen Versuchen geht hervor, dass Eisen auf die Fällung des Mangans durch Aragonit ungünstig einwirkt; je mehr Eisen zugesetzt wird, um so weniger Mangan wird gefällt. Die Ausnahme des Versuchs 85 vermag ich nicht zu erklären, vielleicht ist der Einfluss des Eisens je nach der Konzentration verschieden. 12. Einwirkung von Kalkspat bei Gegenwart von Eisen und Durchleiten von Luft. | Auf 1 Aequ. Gefällte Nr. Normalität Auf 1 Aequ. des der | rs Mangan Dauer des Tempe- Menge Ver- Mangan- | Aequ zugesetzte v UNE: ratur Mangan in suchs lösun | \ Aequ. Eisen - Prozenten 5 | la 003 4 9. 0,18 100 0,71 8 Kal 3,4 gl. 0,024 40 0,51 8 15 1,8 92, 0,023 200 2,53 8 15° 7,8 Vergleicht man die erhaltenen Resultate mit den entsprechenden Versuchen der Tabellen 6 (50 und 52) und 10 (73, 78 und 81), so sieht man, dass Eisen auch beim Durchleiten von Kohlensäure die Fällung des Mangans durch Kalkspat befördert, jedoch ist in diesem Fall sein Einfluss bei weitem nicht so gross wie beim Durchleiten von Luft. 13. Einwirkung von Aragonit bei Gegenwart von Eisen und Durchleiten von Kohlensäure. Nr. Normalität ae Auf 1 Aegqu. des der isesetzte Mangan Dauer des Tempe- 2: Mangan: Aequ zugesetzte nn ratur suchs ösun 2 Aequ. Eisen nn. 93. 0,23 100 0,13 8 152 94. 0,18 100 0,71 8 19. 95. 0,064 150 0,95* 8 152 I | 1 Gefällte Menge Mangan in Prozenten 49 MEIGEN: [88 Ein Vergleich dieser Zahlen mit den entsprechenden Versuchen der Tabelle 7 (53 und 56) zeigt, dass Eisen die Fällung des Mangans durch Aragonit auch beim Durchleiten von Kohlensäure ungünstig beeinflusst, und zwar thun dies geringe Eisenmengen anscheinend in höherem Grade als grössere. Gegenüber den entsprechenden Versuchen mit Luft (Tabelle 11, Nr. 84, 85 und 89) wird aus konzentrierteren Lösungen durch Kohlensäure mehr, bei ver- dünnteren weniger Mangan gefällt als beim Durchleiten von Luft. Kurz zusammengefasst sind die wesentlichsten Ergebnisse der vorstehenden Versuche folgende: 1. Unter gleichen Bedingungen wird durch Aragonit bedeutend mehr Mangan gefällt als durch Kalkspat. 2. Die Menge des gefällten Mangans nimmt mit der Menge des angewandten kohlensauren Kalkes zu. 3. Höhere Temperatur beschleunigt die Fällung. 4. Durchleiten von Luft hat keinen wesentlichen Einfluss. 5. Durchleiten von Kohlensäure befördert die Fällung. 6. Bei Gegenwart von Eisen wird durch Kalkspat. mehr, durch Aragonit weniger Mangan gefällt als aus reinen Lösungen, sowohl beim einfachen Schütteln, wie beim Durchleiten von Luft oder Kohlensäure. Ill. Bildung und Vorkommen des kohlensauren Kalkes in der organischen Natur. Der kohlensaure Kalk spielt auch in der organischen Welt eine sehr wichtige Rolle. Verdankt er doch seine ursprüngliche Entstehung sicher zum grössten Teil, vielleicht sogar ausschliesslich der unmittelbaren oder mittelbaren Mitwirkung von Organismen. Alle Kalksteine sind ursprünglich Meeresablagerungen. Dass die in ihnen erhaltenen Schalen von Muscheln, Schnecken u.s.w. durch die Lebensthätigkeit dieser Tiere gebildet sind, ist ohne weiteres klar, die Frage ist nur, wie die Hauptmasse des dichten Kalksteines entstanden ist. Das Meerwasser enthält neben Calciumsalzen in noch viel grösserer Menge Magnesiumsalze.. Abgesehen von den Dolomiten, deren Entstehungsweise noch immer streitig ist, die aber jedenfalls nicht von vorneherein als solche im Meerwasser abgesetzt wurden, sind aber fast alle Kalksteine fast vollkommen frei von Magnesium. Der kohlensaure Kalk kann daher nur durch ein Reagenz gefällt sein, durch das Magnesiumsalze nicht nieder- geschlagen werden. Das einzige Fällungsmittel, welches diesen 89] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 50 Anforderungen genügt, ist das kohlensaure Ammon und die einzige Quelle für dieses in der Natur ist die Zersetzung von Eiweiss. Was nun die Art und Weise der Kalkabsonderung durch Organismen betrifft, so sind die Ansichten darüber noch sehr ge- teilt. Von HArTınaG! wurde nachgewiesen, dass der bei Anwesenheit kolloidaler Stoffe wie Eiweiss oder Gelatine erzeugte Niederschlag von kohlensaurem Kalk die gleichen Eigenschaften besitzt, wie die Coccolithen der Meeresabsätze, Kreide u. s. w. STEINMANN! zeigte dann, dass die gleichen Niederschläge auch ohne Zusatz eines Fällungsmittels beim Zusammenbringen von Eiweiss mit Calcium- salzen entstehen. Aus seinen Versuchen zieht er den Schluss, dass die Abscheidung des kohlensauren Kalkes durch Organismen nicht notwendig als ein Lebensvorgang angesehen zu werden braucht. Von Murray und IrvınE? ist durch Versuche an Hühnern und Krebsen festgestellt worden, dass es für die Kalkausscheidung dieser Tiere ganz gleichgültig ist, in welcher Form sie das Calcium in ihrer Nahrung aufnehmen. Ich habe die Versuche STEINMANNs wiederholt und kann dessen Angaben im allgemeinen bestätigen. Wie eine Prüfung mittels der Kobaltreaktion ergab, besteht der beim Vermischen von Eiweiss mit Chlorcaleium entstehende sphärokristalline Niederschlag aus Aragonit. Dass die Schalen zahlreicher Tiere aus kohlensaurem Kalk bestehen, ist schon sehr lange bekannt. Aber auch die Form des- selben, ob Aragonit oder Kalkspat, ist bereits in vielen Fällen festgestellt worden, besonders durch die Arbeiten von G. Rose. Da es mit Hilfe der auf Seite 35 und 38 dieser Arbeit mit- geteilten Reaktionen jetzt sehr leicht ist, Aragonit und Kalkspat von einander zu unterscheiden, so habe ich eine grössere Anzahl Ver- treter des Tier- und Pflanzenreichs daraufhin untersucht und gebe im folgenden die erhaltenen Resultate‘®. ! G. STEINMANN, Ueber Schalen und Kalksteinbildung. Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br. Bd. IV S. 288 (1889). ® Murray and IRrvine, Coral Reefs and other Carbonate of Lime Forma- tions in Modern Seas. Nature 42, 162 (1890). ® G. Rose, Ueber die heteromorphen Zustände der kohlensauren Kalk- erde. Abhandl. der königl. Akademie der Wissensch. zu Berlin 1858, S. 63. Hier ist auch die ältere Litteratur ausführlich berücksichtigt. * Herrn Hofrat Prof. Dr. Stermmann, sowie Herrn Prof. Dr. OLTMANNS, durch deren Güte ich den grössten Teil des untersuchten Materiales erhielt, sage ich auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank. 51 MEIGEN: [90 A. Pflanzen. Im Pflanzenreiche finden sich eigentliche Kalkskelette nur bei den sogenannten Kalkalgen. Nach RosE bestehen die Skelette dieser Algen aus Kalkspat. Ich erhielt folgende Resultate. 1. Chlorophyceen. Siphoneen. o) Codiaceen. Halimeda Tuna, lebend. Aragonit. ß) Dasyeladaceen. Acetabularia medilerranea, lebend. Aragonit. Cymopolia spec., lebend. Aragonit. 2. Rhodophyceen. a) Cryptonemiales. Corallinaceen. Corallina spec., lebend. Kalkspat. Lithothamnion cruciatum, lebend. Kalkspat. Lithophyllum expansum, lebend. Kalkspat. b) Nemalionales. Chaelangiaceen. Galazaura spec., lebend. Aragonit. B. Tiere. 1. Protozoen. Rhizopoden. Foraminiferen. Polytrema spec., lebend. Kalkspat. Nummulites spec., Eocän, Sisikon (Schweiz). Kalkspat. 2. Schwämme. Calcispongia. Petrostroma spec., lebend. Kalkspat. 3. Cölenteraten. a) Hydrozoen. Hydromedusen. Millepora dichotoma, lebend. Aragonit. Distichopora spec., lebend. Aragonit. Stylaster roseus, lebend. Aragonit, 91] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES, b) Anthozoen. 0) Aleyonarien. Corallium rubrum, lebend. Kalkspat. Isis spec., lebend. Kalkspat. Isis melitensis, Pliocän, Messina. Kalkspat. Tubipora musica, lebend. Kalkspat. Heliopora coerulea, lebend. Aragonit. ß) Zoantharien. Montipora spec., lebend. Aragonit. Echinopora flexuosa, lebend. Aragonit. Porites spec., lebend. Aragonit. Stylophora Danai, lebend. Aragonit. Trachyphyllia amarantum, lebend. Aragonit. Fungia patella, lebend. Aragonit. Hydnophora ezxcisa, lebend. Aragonit. Merulina ampliata, lebend. Aragonit. Favia speciosa, lebend. Aragonit. Coeloria sinensis, lebend. Aragonit. Astroides calycularis, lebend. Aragonit. Podabacia crustacea, lebend. Aragonit. Madrepora spec., lebend. Aragonit. Seriatopora spec., lebend. Aragonit. Pocilopora spec., lebend. Aragonit. Galaxea clavus, lebend. Aragonit. Dendrophyllia irregularis, lebend. Aragonit. Goniastraea spec., lebend. Aragonit. Sclerohelia hirtella, lebend. Aragonit. Pterogyra spec., lebend. Aragonit. Cystiphyllum spec., Devon, Harz. Kalkspat. Anabacia complanata, Brauner Jura, St. Privat (Lothringen). Kalkspat. 4. Würmer. Anneliden. Sedentlaria. Serpula spec., lebend. Kalkspat. 53 MEIGEN: [92 5. Echinodermen. Seeigel. Spatangus spec., lebend. Kalkspat. Clypeus Ploti, Brauner Jura, Pfirt (Elsass). Kalkspat. Echinolampas Kleini, Oligocän, Doberg b. Bünde (Westfalen). Kalkspat. 6. Bryozoen. Zwei lebende und eine fossile Art aus dem Oligocän des Do- bergs b. Bünde (Westfalen) bestanden aus Kalkspat. 7. Brachiopoden. Atrypa reticularis, Devon, Eifel. Kalkspat. Rhynchonella varians, Varians-Schichten, St. Privat(Lothringen). Kalkspat. Terebratula spec., lebend. Kalkspat. Terebratula vulgaris, Muschelkalk, Schönberg b. Freiburg i. Br. Kalkspat. Terebratula grandis, Oligocän, Doberg b. Bünde (Westfalen). Kalkspat. 8. Mollusken. a) Lamellibranchiaten. o) Taxodonten. Pectunculus spec., Tertiär, Kreuznach. Aragonit. ß) Schizodonten. Trigonia spec., lebend. Aeussere Schale Kalkspat, innere Aragonit. Trigonia spec., Brauner Jura, Bielefeld. Kalkspat. y) Heterodonten. Cardium spec., lebend. Aragonit. Lucina spec., lebend. Aragonit. Unio spec., lebend. Innere Schale Aragonit. Cytherea spec.,Oligocän, Doberg b. Bünde (Westfalen). Aragonit. Mya spec., lebend. Aragonit. Pholas spec., lebend. Aragonit. Perna spec., Oligocän. Aragonit. Mytilus edulis, \ebend. Aeussere Schale Kalkspat,innere Aragonit. 93] BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. 54 Pecten spec., Oligocän, Doberg b. Bünde (Westfalen). Aragonit. Ostrea edulis, lebend. Kalkspat. Ostrea acuminata, Brauner Jura, St. Privat (Lothringen). Kalkspat. Gryphaea arcuata, Lias, Wutachthal (Baden). Kalkspat. Pinna spec., lebend. Aeussere Schale Kalkspat. b) Scaphopoden. Dentalium spec., Oligocän, Doberg b. Bünde (Westfalen). Aragonit. c) Gastropoden. Natica spec., lebend. Aragonit. Cypraea spec., lebend. Aragonit. Melania albigensis, Oligocän, Kleinkems (Baden). Kalkspat. Melanopsis galloprovincialis, Senon, Le Beausset (Var). Aragonit. Cerithium baccatum, Eocän, Val Ronca b. Verona. Kalkspat. Cerithium pleurotomoides, Ludien. Le Wast b. Gisors. Aragonit. Rostellaria spec., &robkalk, Öephalonien. Aragonit. Fusus deformis, Lutötien, Parnes b. Gisors. Aragonit. Helix pomatia, lebend. Aragonit. Helix obvoluta, lebend. Aragonit. Helix hispida, Löss, Kaiserstuhl. Aragonit. Helix arbustorum, Löss, Kaiserstuhl. Aragonit. Heliz costata, Löss, Kaiserstuhl. Aragonit. Heliz moguntina, Littorinellenthon, Curve b. Wiesbaden. Aragonit. Helix silvana, Miocän, Mörsingen. Aragonit. Clausilia speec., Löss, Kaiserstuhl. Aragonit. Pupa muscorum, Löss, Kaiserstuhl. Aragonit. Pupa dolium, Löss, Kaiserstuhl. Aragonit. Succinea oblonga, Löss, Kaiserstuhl. Aragonit. Bulimus spec., lebend. Aragonit. Cyclostoma elegans, lebend. Aragonit. d) Cephalopoden. Nautilus Pompilius, lebend. Aeussere und innere Schale Aragonit. Argonauta spec., lebend. Kalkspat. Parkinsonia spec., Brauner Jura, Bielefeld. Kalkspat. Spirula spec., lebend. Aragonit. Sepia officinalis, \ebend. Der Schulp besteht aus Aragonit. 55 MEIGEn: BEITRÄGE ZUR KENNTNIS DES KOHLENSAUREN KALKES. [94 9. Arthropoden. Crustaceen. Balanus spec., lebend. Kalkspat. 10. Wirbeltiere. Vögel. Die Schale der Hühnereier besteht aus Kalkspat. Vorliegende Arbeit wurde im Laufe des Jahres 1901 im chemischen Universitäts-Laboratorium (Abteilung der philosophischen Fakultät) zu Freiburg i. Br. ausgeführt. Dem Direktor des ge- nannten Institutes, Herrn Professor Dr. GATTERMANN, sowie den Herren Hofrat Professor Dr. STEINMANN und Professor Dr. GRAEFF, durch deren Vorlesungen ich hauptsächlich zu diesen Untersuchungen angeregt wurde, sage ich auch an dieser Stelle für das meiner Ar- beit stets entgegengebrachte Interesse meinen herzlichsten Dank. 95] 1 Induktionswirkung im Dielektrikum und bewegung (des Aethers. Von J. Koenigsberger. E Wird ein Dielektrikum in einem magnetischen Felde bewegt, so muss in ihm eine elektromotorische Kraft induciert werden, falls die Farapay-Maxwertsche Hypothese der Gleichwertigkeit von Verschiebungsstrom und Leitungsstrom durchweg richtig ist. Aus den Gleichungen, die Hertz (Ges. Werke II S. 261) und “ früher, noch teilweise vom Standpunkt der älteren Theorie aus, HELMHOLTZ'! für die elektromagnetischen Erscheinungen in be- wegten Körpern aufgestellt haben, folgt (HERTZ a. a. O. S. 264 ob.): X=AwM-—PBN) (a Y=4Ad(aN -yL) 6b (1) RETRO IT für y=o it X, =—4-ß-N Hierin sind Z’ M’ N’ die Komponenten der magnetischen Polarisation = u-L, u-M, u-N; X; Y, Z, die inducierten elek- trischen Kräfte, « £ » die Komponenten der Geschwindigkeit des 1 Körpers im magnetischen Felde; 4A Se Die elektrischen und ! Später hat HerLmHoLtz dann die Hertzschen Gleichungen, die etwas einfacher sind als seine früheren, unter das Prinzip der kleinsten Wirkung gebracht. 9 KOENIGSBERGER: 196 magnetischen Kräfte sind in Gaussschem Masse gemessen (vgl. a. a. O. S. 213), also von der Dimension MY/a- L— !/ T—!. HERTZ hebt hervor, dass diese obigen aus seinen Gleichungen abgeleiteten Formeln den älteren Anschauungen entsprechen und leitet ab, wie man bei der Annahme von Gleitflächen auf die gleichen Formeln kommt (S. 294), vgl. Fig. Es ist X,=— 4A: N. ßs, falls ein Körper sich in einem ruhenden Medium bewegt. Ein solcher Fall wäre gegeben, wenn zwischen den Platten eines Kondensators, parallel diesen und normal zur Richtung eines starken magnetischen Feldes, sich ein Dielektrikum z. B. Glas bewegt. Die Kondensatorplatten mit der anliegenden Luft, oder falls sie lackiert sind, Schellack, bleiben ruhig, das Glas bewegt sich. Es lässt sich leicht aus der obigen / Gleichung berechnen, wie gross Ei tor bei einem Felde von 4000 Ein- heiten die Geschwindigkeit sein x TB muss, um in einem Konden- sator von 1 cm Plattenabstand N eine Potentialdifferenz von !/ıoo Volt zu erzeugen; es müsste x dann 8 = 300 ©"- sein. Diese ß würde einer Rotation eines Glascylinders vom Radius 5 cm N bei einer Tourenzahl von 10 entsprechen. Versuche mit einer entsprechenden Anordnung werden vom Verfasser unternommen. Die magnetische Wirkung eines bewegten Dielektrikums lässt sich aber auch aus den bereits durch die Erfahrung bestätigten Maxweuschen Gleichungen, die ja nur für ruhende Körper gelten, beweisen. Falls nämlich der Kondensator, in dem sich das Dielek- trikum befindet, geladen oder entladen wird, so ändert sich natürlich in ihm das elektrische Feld und daher X’. Es ist aber nach den =, Strom m in der Richtung der x-Axe, magnetische Kräfte werden durch beide in gleicher Weise hervorgerufen, und die Annahme ist kaum abzuweisen, dass diese Kräfte ebenso wie den stromdurch- flossenen Draht auch das Dielektrikum in Bewegung versetzen Maxwerıschen Gleichungen gleichwertig mit einem elektrischen ‘ Der mathematische Beweis ist ganz analog wie der vom Verf. Annalen 6. S. 508, 1901 gegebene. 97] INDUKTIONSWIRKUNG IM DIELEKTRIKUM UND BEWEGUNG DES ÄETHERS. 3 können, wenn ein Magnetpol oder -feld Anziehung oder Ab- stossung hervorruft. Bei der Bewegung können aber die ponderomotorischen Kräfte Arbeit leisten und daher ist nach dem Prinzip von der Erhaltung der Energie auch notwendig, dass die Bewegung entgegengesetzte elektrische Kräfte induciert, damit die bei der Entladung des Kon- densators schliesslich übrigbleibende Wärme um den Betrag der ponderomotorischen Arbeit geringer ist!. Es muss nach dem ersten Hauptsatz dA=-dE. Die elektrische Energie des Kondensators ist für die Volumeinheit = ;- e- X?2, Hierbei ist der Einfachheit halber der Abstand der Kondensatorplatten = 1 cm und dessen Oberfläche = 7 gem gesetzt und das Feld ist homogen gedacht. Demnach ist dE= re — dt. Die ponderomotorische Arbeit ist, falls os Gleichwertigkeit des Verschiebungsstromes 1 DICH. Fi, EIN a AR \anscı Ban strom angenommen wird, gleich der Anzahl der vom Strom bei der Bewegung geschnittenen magnetischen Kraftlinien. Es sei die mag- netische Feldstärke M, dann werden von dem Würfel des Dielektri- kums von 1 cbem Inhalt M - von der Grösse mit einem Leitungs- — it Kraftlinien bei der Bewegung in der Richtung von 2 Be Meal und die Arbeit d A ist also EN um, 92, gt. Da d A enhihekosit 2 7 n-4-M-=X. (1) Also die von HERTZ gegebene Gleichung. Wie man sieht, ist Voraussetzung, dass für die Grösse der am Verschiebungsstrom wirkenden ponderomotorischen Kraft das gleiche Gesetz gilt, wie für den Leitungsstrom. Ist die ponderomotorische Kraft nur der s(l) Grösse eines Stromes (e— et u-A-M- X. Dies sind strenge Folgerungen aus den durch HERTZ bewie- senen Gleichungen Maxwerıs. Hierbei ist aber ein Punkt durch ı Diese Annahme steht in Uebereinstimmung mit dem FRESsNELschen re a 01T Oel Fortführungscoöfficienten: ware FRE z) 00 3 -)7 e- yo». v Berichte XIIL, -1 4 KOENIGSBERGER: [98 die Erfahrung noch nicht genügend kontrolliert, ob nämlich die bei der Aenderung der elektrischen Polarisation im Dielektrikum auftretenden magnetischen Kräfte bei der ponderomotorischen Be- wegung voll in Rechnung zu setzen sind, wie z. B. bei einem strom- durchflossenen Draht oder ob nur ein Teil derselben, nämlich der von der Aenderung des (<— 7) X herrührende in Betracht kommt. Letzteres ist das wahrscheimliche und das negative Ergebnis des von BLONDLOT angestellten Versuches über die inducierte elektrische Kraft beim Durchblasen von Luft durch. ein magnetisches Feld wäre dadurch erklärt. Bei dem oben berechneten Beispiel müsste sich im Flintglas die inducierte elektrische Kraft auf ——— 2]; ihres berechneten Wertes erniedrigen, ein Wert, der noch gut messbar wäre. Nach dieser Annahme für die ponderomotorische Wirkung gehen die Gleichungen für die inducierten elektrischen Kräfte, wie ZA) X=4W-M'-B-N) u.s. w. Für Leiter, für welche e sehr gross, ergibt sich dann oben gezeigt, in folgende über: ( e = RR 1; in Übereinstimmung mit der Erfahrung. Die Theorie von LORENTZ muss auf den gleichen Ausdruck führen, da sie ja annimmt, dass auch hei der Bewegung des Dielektrikums der Aether in ihm ruht und dessen Wirkung also in Abzug gebracht werden muss. IL Sehr viel schwieriger stellt sich die Frage über die Bewegung des Aethers und die Induktion in demselben. Die Gleichungen von HERTZ und HELMHOLTZ ergeben ponderomotorische Wirkung auf den Aether und Strömung desselben, und andererseits daher auch inducierte elektrische Kräfte bei Bewegung des Aethers in seinem Magnetfelde. Durch mechanische Mittel ist aber eine Bewegung des Aethers, wie alle bisherigen Versuche gezeigt haben, nicht möglich, daher war eine Prüfung jener Folgerungen so nicht reali- sierbar. Dagegen lässt sich gewissermassen durch Umkehrung der oben beschriebenen Versuchsanordnung eine Prüfung ermöglichen. Statt nämlich den Aether im ruhenden Kondensator und ruhenden Magnet- feld zu bewegen, könnten wir das Magnetfeld und den Kondensator bewegen und den Aether ruhen lassen. Dieser Versuch wird durch die Erdbewegung von selbst ausgeführt, das Dielektrikum, der 99] INDUKTIONSWIRKUNG IM DIELEKTRIKUM UND BEWEGUNG DES ÄETHERS. 5 Aether, ruht hierbei, wenigstens nach der Theorie von LORENTZ. Alsdann muss aber, wie aus den Gleichungen von HERTZ und HELMHoLTz folgt, eine inducierte elektrische Kraft auftreten !. Ihre Grösse ist sehr beträchtlich. Wenn die Erde bei der Trans- lation in ihrer Bahn den Aether nicht mitnimmt, so ist seine relative Geschwindigkeit — 29,5 km, was bei den oben angegebenen Be- dingungen 300 Volt entspräche. Aber W. WıEn hält es auf Grund der MiıcHELson-Morueyschen Versuche für denkbar, dass infolge der Gravitation bei der Bewegung in der Bahn die Erde den Aether mitzieht °. Bei der Rotation ist dies wohl ausgeschlossen, sonst würde sich ein Verlust an kinetischer Energie oder eine Dis- kontinuitätsfläche ergeben. Die Rotationsgeschwindigkeit in Freiburg ist etwa = 342 m und dies müsste cet. par. 3 Volt ergeben?. Auch diesen Effekt konnte ich vorläufig nicht wahrnehmen, doch beab- sichtige ich, mit einem wesentlich verbesserten Elektrometer von geringer Kapazität und Rückstand dies noch einmal zu prüfen. Die Theorie von LoRENTz* erlaubt eine direkte Berechnung der Erscheinung nicht, da sie für bewegte magnetische Ladungen nicht explicite entwickelt ist. Es wäre möglich, dass der bewegte Aether Kompensationsladungen auf den stromführenden Drähten hervorruft; aber selbst bei dieser Annahme müssten die Glieder zweiter Ordnung bei der vom Verfasser benutzten Anordnung noch wahrnehmbar sein. Anmerkung bei der Korrektur. Herr H. A. Lorentz hatte die grosse Liebenswürdigkeit, mir brieflich einen sehr eleganten strengen Beweis für die Unmöglichkeit eines Effekts zweiter Ordnung mitzuteilen. Ein Effekt erster Ord- nung ist, wie Herr LoRENTZ für höchst wahrscheinlich hält, durch ı W. WıEn hat in dem Referat zur Nat.-Vers. in Aachen, Beilage zu Wied. Ann. Bd. 65, 1898, S. XVII darauf ganz kurz aufmerksam gemacht. ® LoRENTZ erklärt das negative Ergebnis des MicHELSon-MOoRLEY-Ver- suches bekanntlich anders. Sex — fü M1! 4A M!= 10# (rund) Ar 2% 10 X Volt 1043. 106 3:10? 3.100 Volt #21083:108° 3.203 03:100 = 3 V. = 300. * H. A. Lorentz, Versuch einer Theorie der elektrischen und optischen Erscheinungen in bewegten Körpern. Leiden 1895, S. 41 u. 47. 7* 6 KOENIGSBERGER: INDUKTIONSWIRKUNG IM DIELEKTRIKUM, [100 die Kompensationsladungen in und um den stromführenden Drähten des Elektromagneten aufgehoben; doch scheint mir diese Annahme aus folgendem Grund nicht ganz zwingend. Wenn man nämlich den Kondensator, zwischen dem sich der Aether hindurchbewegt, mit einer zur Erde abgeleiteten Schutzhülle aus Messing umgiebt, so können die Kompensationsladungen an den Drähten des Elektro- magneten keinen Einfluss mehr haben, die magnetischen Kräfte und die Bewegung des Aethers dagegen würden die Schutzhülle un- gehindert durchdringen; der Effekt müsste dann also vorhanden sein. 101] 1 Ueber die Ionisierung der Luft durch Wasser. Von F. Himstedt. 1. Um die überaus interessanten Versuche der Herren ELsTER und GEITEL über die Elektrizitätszerstreuung in abnorm leitender Luft, (Kellerluft, Bodenluft etc.) nachmachen zu können, habe ich zuerst ein älteres Elektroskop von MÜLLE-ÜURI, später ein nach den An- gaben der genannten Autoren von GÜNTHER und TEGETMEYER in Braunschweig angefertigtes Elektroskop benutzt und mich auch sonst durchweg der von ELSTER und GEITEL! angegebenen Ver- suchsanordnung eng angeschlossen. Das Elektroskop mit Zerstreu- ungskörper und umgebendem CÖylinder stand auf dem Boden eines 36 cm weiten, 43 cm hohen Glasgefässes, das innen vollständig mit zur Erde abgeleitetem Messingdrahtnetz von 1 mm Maschenweite ausgekleidet war. Das Drahtnetz hatte an der Vorderwand des Glasgefässes eine Oeffnung von 3x2 cm, durch welche hindurch mit einem in 1,5 m Entfernung aufgestellten kleinen Fernrohre die Stellung des Goldblättchens an der Skala abgelesen wurde. Es wurde stets nur ein Goldblatt beobachtet und jedesmal die Zeit abgelesen, zu welcher dasselbe einen ganzen Teilstrich passierte, und aus diesen Beobachtungen dann der Verlust für 60 Minuten berechnet. Durch diese Anordnung war eine ausserordentlich scharfe und sichere Ablesung möglich, und ich möchte gleich hier bemerken, dass sich das Elektroskop mit Na-Trocknung vorzüglich bewährt hat. Dass das Drahtnetz im Innern des Glasgefässes einen absolut sicher schützenden Farapayschen Käfig bildete, wurde durch besondere Versuche festgestellt. Der Deckel des Glasgefässes hatte drei Boh- ! Physik. Zeitschrift II 560. 1901. 9 HinsTepr: [102 rungen, durch die mittlere konnte das Elektroskop geladen werden, in die beiden anderen waren Glasröhren mit Hähnen eingekittet für die Zu- resp. Ableitung der zu untersuchenden Gase. Beide Glas- röhren befanden sich ausserhalb des Drahtkäfigs, die eine reichte bis zum Boden des Gefässes, die andere endete direkt unter dem Glas- deckel, aber noch oberhalb des Deckels des Drahtkäfigs.. Ausserdem hing in dem Gefässe noch ein KLINKERFUESsches Haarhygrometer. Wie zu erwarten, war es mir ohne Schwierigkeiten möglich, nach den genauen Angaben der Herren ELSTER und GEITEL deren Versuchsergebnisse zu bestätigen. In einem Keller unter einem vor zwei Jahren errichteten Gebäude wurden drei Wochen Fenster und Thüren geschlossen gehalten. Wurde nach dieser Zeit aus dem Raume ca. 20 Minuten lang Luft durch das oben beschriebene Ge- fäss gesaugt, so zeigte das Elektroskop in 60 Minuten einen Span- nungsverlust von 180—220 Volt, während in Zimmerluft unter sonst gleichen Verhältnissen in derselben Zeit der Abfall 28 Volt betragen hatte. Zu gleicher Zeit mit dem Keller war ein Raum im 2. Stocke des Gebäudes, dessen Voluminhalt etwas grösser als der des Kellers war, abgeschlossen worden, und zwar möglichst luft- und lichtdicht. In diesem Raume war nach vier Wochen keine irgendwie nennens- werte Steigerung der Leitfähigkeit der Luft zu konstatieren. In Uebereinstimmung hiermit liessen sich Drähte und Drahtnetze nach der von ELSTER und GEITEL angegebenen Methode im Keller stark aktivieren, in dem erwähnten Zimmer nur kaum nachweisbar. Auch die Beobachtung, dass aus dem Erdboden gesaugte Luft eine sehr hohe Leitfähigkeit besitzt, habe ich leicht bestätigen können. 2. Bei diesen Versuchen habe ich nun durch Zufall eine Be- obachtung gemacht, deren weitere Verfolgung mir interessant er- schien, weil ich es nicht für unmöglich halte, dass sie zur Erklärung der Ionenbildung in der Luft beitragen kann. Als die untersuchte Luft aus dem oben erwähnten grossen Glasgefässe ausgesaugt werden sollte, war durch ein Versehen der Schlauch nicht an das Saugrohr, sondern an das Blasrohr der mit Gebläsevorrichtung versehenen Wasserstrahlpumpe gesetzt worden. Es wurde also nicht die Luft aus dem Glasgefässe herausgesaugt, sondern es wurde die durch die ° Wasserstrahlpumpe angesaugte und mit dem Wasser fortgerissene Luft in das Gefäss hineingeblasen, in derselben Weise, wie sonst etwa diese Luft zur Bethätigung einer Gebläselampe benutzt wird. Der Irrtum wurde nicht bemerkt, ich glaubte Zimmerluft im Appa- rate zu haben, und war nicht wenig erstaunt, die Blätter des Elektro- 103] UEBER DIE IONISIERUNG DER LUFT DURCH WASSER. 3 skops nach der Ladung zusammenfallen zu sehen mit einer Ge- schwindigkeit, wie ich sie.noch bei keinem Versuche gesehen hatte, Als jetzt der erwähnte Irrtum erkannt wurde, glaubte ich natürlich, den Grund in der eingeblasenen Feuchtigkeit suchen zu müssen, obgleich das Hygrometer nur 56°/o gegen sonst 20—30°/o zeigte. Ich nahm den Apparat sofort auseinander und fand zu meiner Ueber- raschung, dass das Elektroskop nach wie vor vorzüglich isolierte. Das schnelle Zusammenfallen der Goldblättchen konnte also nicht durch Öberflächenleitung, etwa eine auf der Bernsteinstütze gebildete Wasserhaut bedingt sein, sondern musste auf eine enorm gesteigerte Leitfähigkeit der durch die Wasserstrahlpumpe mit- gerissenen Luft zurückgeführt werden. Weitere Versuche bestätigten diese Vermutung vollauf. Um den Einfluss etwa mitgerissener Feuchtigkeit auszuschliessen, wurden bei allen weiteren Versuchen die in den Versuchsapparat zu füllen- den Gase vorher sorgfältig getrocknet, indem man sie durch drei je 50 cm lange Röhren langsam hindurchströmen liess, von denen die erste mit Ca Cl;, die beiden anderen mit P, O, gefüllt waren. Auf diese Weise wurde erreicht, dass das Hygrometer bei keiner Füllung mehr als 15°/o relative Feuchtigkeit anzeigte und dass diese im Ge- fässe angenähert (bis auf 2°/o) immer die gleiche Höhe hatte, sowohl wenn Zimmerluft oder Luft aus dem Freien als auch wenn die durch das Wasser gepresste Luft eingefüllt war. Um eine möglichenfalls vorhandene Elektrisierung der Luft (Wasserfallelektrizität) zu be- seitigen, wurde dieselbe durch ein 100 cm langes Rohr geleitet, das mit zwölf Schichten abwechselnd aus Watte und aus zur Erde abge- leiteter Kupferwolle! gefüllt war. Bei diesen Trockenvorrichtungen hielt das Na-Stückchen in dem Elektroskop 2—3 Wochen lang, und der Spannungsverlust in dem Elektroskop allein, ohne Zerstreuungs- körper, war so gering, dass es kaum je nötig war, ihn in Rechnung zu setzen. Es möge zunächst ein Beispiel für das Verhalten der durch die Wasserstrahlpumpe gegangenen Luft angeführt werden. Am 18./10. 02 wird 15 Minuten lang bei offenem Fenster Zimmerluft durch den Apparat gesaugt. Hierauf wird das Elektro- skop auf 208 Volt geladen?. Für 60 Minuten ergibt sich ein Ver- ı Einer hiesigen Firma, Bühne & Co., ist es gelungen, alle Metalle in so feine Streifen zu schneiden, dass man Metallwolle erhalten kann, die der Glas- wolle an Feinheit nicht nachsteht. 2 Die Ladung des Elektroskops erfolgte bei allen Messungen mittelst einer 4 HinsTEDT: [104 lust von 8,12 Volt. Hierauf wird 15 Minuten lang, von 11h 00m bis 11% 15%, mit dem Wasserstrahlgebläse 'Luft durchgeblasen. Der Verlust, auf 60 Minuten umgerechnet, ergibt sich in Volt: 11h 20m 12h 20m 92h 30m 6h Zgm 632 733 852 786 Die Luft wurde in dem Gefässe gelassen und ergab an den folgenden Tagen 19./10. .20./10,. ;21./10.. 22,/10. 23./10...24./10. ,25/10. 728 630 520 440 370 300 240 Aehnliche Resultate ergaben alle in dieser Weise angestellten Versuche, und man erkennt wohl auf den ersten Blick, dass diese durch das Wasser hindurchgepresste Luft genau dasselbe Verhalten zeigt, wie die Kellerluft resp. die aus dem Boden angesaugte Luft in den ELSTER- und GeITELschen Versuchen. Sofort nach dem Einfüllen ausserordentlich hoch gesteigerte Leitfähigkeit der Luft, die im Verlaufe von einigen Stunden bis zu einem Maximum anwächst, um dann sehr langsam abzufallen. Hierdurch wird aber die Frage nahe gelegt, ob nicht auch bei den Versuchen von ELSTER und GEITEL die grosse Leitfähigkeit der Kellerluft etc. bedingt resp. zum mindesten mit bedingt sei dadurch, dass im Erdboden und auch in feuchten Kellern die Luft durch die mit feinst verteilten Wassertröpfchen bedeckten Erdmassen hindurch- resp. an ihnen vorbeistreicht, dass also auch in diesen Fällen die Luft ihre hohe Leitfähigkeit dadurch erlangt hat, dass sie in innige Berührung mit dem Wasser gebracht ist. Um dies zu untersuchen, wurde ein Blechgefäss von 75 cm Höhe, 20 cm Durchmesser mit fein zerstückeltem Coaks gefüllt, der mehrere Tage auf über 100°C. erhitzt und dadurch vollkommen getrocknet war. In der Mitte des Gefässes war ein 2 cm weites (Glasrohr aufgestellt, das fast bis auf den Boden des Gefässes reichte. Letzteres hatte am Boden einen Hahn, um dort sich ansammelndes Wasser ablassen zu können, Wurde Zimmerluft durch den trockenen Coaks in das Untersuchungsgefäss gesaugt, so konnte niemals eine Erhöhung der Luftleitfähigkeit beobachtet werden, eher in einzelnen Versuchen eine ganz geringe Abnahme, die vielleicht darauf zurück- zuführen ist, dass trotz des Watterohres von dem äusserst feinen Cu, Zn, MgSO,-Batterie, und zwar wurde. stets auf die gleiche Höhe von 208 Volt geladen. 105] UEBER DIE IONISIERUNG DER LUFT DURCH WASSER, 5 Coaks Staub in den Apparat gelangte. Wurde aber nun derselbe Coaks reichlich befeuchtet und dann 20—30 Minuten Luft durch denselben in den Apparat gesaugt, so zeigte sich die erhöhte Leit- fähigkeit genau in derselben Weise wie bei Kellerluft oder aus dem Erdboden angesaugter Luft. Z. B. Zimmerluft, 20 Minuten lang durch trockenen Coaks gesaugt, ergibt in 60 Minuten Spannungs- verlust von 9,1 Volt. Zimmerluft, 20 Minuten lang durch den nassen Coaks in den Apparat gesaugt, ergibt in der gleichen Zeit 39,2 Volt Abfall. Dieselben Resultate wurden erhalten, als der Coaks durch grobkörnigen Sand ersetzt wurde, ja es war möglich, absolut sichere Wirkungen zu erzielen dadurch, dass man ein ca. 50 cm langes Glasrohr mit Glaswolle dicht anfüllte, zuerst in Wasser tauchte, nach dem Herausziehen kurze Zeit abtropfen liess und dann 30 Minuten lang Luft durch die feuchte Glaswolle hindurch in den Apparat einsaugte. Ebenso unzweideutig konnte endlich die erhöhte Leitfähigkeit der Luft erreicht werden, wenn man dieselbe einfach durch mehrere hintereinander geschaltete Waschflaschen mit Wasser streichen liess. Um recht feine Bläschen zu erzielen, waren die Glasröhren, aus welchen die Luft im das Wasser eintrat, nur mit ganz feinen Austrittsöffnungen versehen. 3. Mit Hilfe des Durchsaugens durch Waschflaschen war es nun auch möglich zu untersuchen, ob andere Flüssigkeiten dieselbe oder doch ähnliche Wirkungen hervorbrachten wie das Wasser. Es zeigte sich, dass sorgfältig destilliertes Wasser genau dieselben Werte der Luftleitung erzeugte wie Leitungswasser oder Regen- wasser. Ein Zusatz von NaCl oder CuSO; oder HsS0; gab keine Aenderung, welche die Beobachtungsfehler überstiegen hätte. Pe- troleum (sog. Kaiseröl), Vaselinöl, Benzol hingegen gaben gar keine Wirkung. Wie schon erwähnt, war bei dieser Versuchsordnung die Zu- nahme der Leitfähigkeit der Luft auch dann nur eine geringe, 5—10°/o, wenn die Waschflaschen, durch welche die Luft gesaugt wurde, mit Wasser oder Salzlösungen oder verdünnten Säuren ge- füllt waren. Es wäre deshalb nicht unmöglich gewesen, dass der Effekt bei den isolierenden Flüssigkeiten nur um deswillen nicht beobachtet werden konnte, weil er, in schwächerem Masse auf- tretend, durch die Beobachtungsfehler verdeckt wurde. Ich suchte deshalb nach einem Verfahren, bei welchem es möglich war, stärkere Wirkungen zu erzielen und gelangte auf folgende Weise zum Ziele. 6 HinsTeprt: [106 Mit dem Linpeschen Kompressor wurde Luft auf ca. 180 Atm. komprimiert. Da hierbei gemäss der Konstruktion des Apparates die Luft schon mit fein verteiltem Wasser in innige Berührung kommt, so kann es nicht wundernehmen, dass sie hierbei schon eine grössere Leitfähigkeit erhielt. Man liess die Luft deshalb meist mehrere Tage stehen, damit die Leitfähigkeit wenigstens zum grössten Teile wieder verschwand. Hierauf liess man die Luft aus einem Glasrohre, das am Ende mit einer Anzahl feiner Oefinungen ver- sehen war, oder meist aus einem Metallrohre, dessen eines Ende mit feinmaschigem Drahtnetz verschlossen war, ausströmen in eine Wurrrsche Flasche, durch deren einen Tubulus das eben erwähnte Ausströmungsrohr so geführt war, dass es ca. 1 cm über dem Boden der Flasche endigte. Aus dem anderen Tubulus strömte die ein- geblasene Luft dann durch ein weites Glasrohr in eine ca. 50 1 fassende Glasflasche. Der Hahn des Metalleylinders, in welchem die komprimierte Luft sich befand, wurde hierbei sehr vorsichtig so gestellt, dass ein Manometer, welches zwischen dem Kompressions- cylinder und der Wuurrschen Flasche eingeschaltet war, stets 30—32 cm Hg-druck anzeigte, die Luft also immer unter demselben Drucke ausströmte. Man liess bei jedem Versuche 160 1 aus- strömen, so dass man annehmen darf, dass die 50 l fassende Glasflasche gut mit der Luft ausgespült und angefüllt wurde. Nach dem Durchströmen resp. Füllen der Flasche wurde diese mit einem doppelt durchbohrten Gummistopfen verschlossen, und nun die Luft langsam durch einfliessendes Wasser in die Trockenröhren und den Versuchsapparat geleitet. Eine mit H,S0; gefüllte Waschflasche am Austrittsrohre des Apparates gestattete, die Schnelligkeit des Durch- strömens zu beurteilen. Ein Versuch verlief nun in folgender Weise: a) Man liess 160 1 Luft aus dem Kompressor in der be- schriebenen Weise ausströmen, während die Wuurrsche Flasche leer, sorgfältig getrocknet, war. Die Luft wurde auf ihre Leit- fähigkeit untersucht. b) Man liess 160 1 Luft ausströmen, wobei aber jetzt die Wurrrsche Flasche etwa bis zu halber Höhe mit 21 der zu unter- suchenden Flüssigkeit gefüllt war, so dass die Luft in ganz fein verteilten Bläschen energisch durch die Flüssigkeit geblasen wurde. Die Luft wurde ebenfalls auf ihre Leitfähigkeit untersucht. c) Der erste Versuch wurde wiederholt. Vor jedem neuen Versuche wurde durch den Apparat, in dem das Elektroskop sich befand, zwei Stunden lang getrocknete Zimmer- 107] ÜEBER DIE IONISIERUNG DER LUFT DURCH WASSER. 7 luft durchgesaugt und festgestellt, dass die Leitfähigkeit wieder die normale geworden war. Die Sicherheit, mit der sich hierbei immer die gleichen Versuchsbedingungen wieder herstellen liessen und mit der unter gleichen Bedingungen auch gleiche Resultate erhalten wurden, lässt sich am besten daraus erkennen, dass die bei a und c beobachteten Leitfähigkeiten nie um mehr als 5 °/o von einander verschieden waren. Der Unterschied der bei b beobachteten Leit- fähigkeit gegen das Mittel aus a und c darf angesehen werden als hervorgerufen durch das Durchströmen der Luft durch die betrefienden Flüssigkeiten. Untersucht wurden: Destilliertes Wasser, Leitungswasser, Regen- wasser, wässerige Lösungen von CuSO, (10 °/o), H3S0; (30 ?/o), NaCl (10 °/o), Kaiseröl, Paraffinöl, Benzol, Aethylalkohol, Nitro- benzol. Bei Wasser und wässerigen Lösungen wurde unter gleichen Bedingungen für alle derselbe Betrag der Luftleitfähigkeit be- obachtet, von den übrigen Substanzen liessen nur Alkohol und Nitrobenzol bei einigen Versuchen einen die Versuchsfehler über- steigenden Einfluss auf die Leitfähigkeit der Luft erkennen. Endlich habe ich mit den genannten Flüssigkeiten mich dem Ausgangsversuche mit der Wasserstrahlpumpe soweit als möglich zu nähern gesucht, indem ich eine solche Pumpe dadurch zu be- tätigen suchte, dass ich die Flüssigkeiten aus einem 3 m über dem Fussboden aufgestellten Gefässe in die Pumpe fliessen liess. Die unten angekommene Flüssigkeit wurde stets wieder oben nachgefüllt. Auch hierbei erhielt ich dieselben Resultate. Ob die geringen Wirkungen, welche bei Alkohol und Nitrobenzol erhalten wurden, auf beigemischte Spuren von Wasser zurückzuführen sind, oder ob wirklich diese beiden Flüssigkeiten mit den hohen Dielektrizitäts- konstanten eine dem Wasser ähnliche Wirkung ausüben, vermag ich noch nicht zu entscheiden. Der Alkohol wurde von gebranntem Kalk abdestilliert, das Nitrobenzol war in der Fabrik von Kahlbaum aus krystallisiertem Benzol dargestellt. Mit den beiden letztgenannten Versuchsanordnungen habe ich auch untersucht, ob das Wasser durch längeren Gebrauch die Fähigkeit verliert, durchstreichende Luft leitend zu machen. So wurde z. B. bei einem Versuche durch '/s 1 Leitungswasser eine ganze Woche lang Luft durchgeblasen, wobei etwa die Hälfte des Wassers durch Verdampfen verloren ging. Der Rest machte am Schlusse der Versuche die Luft genau so stark leitend, wie das 8 Hımstepr: [1 08 gleiche Quantum frischen Leitungswassers unter gleichen Bedingungen dies that. Ausser mit Luft habe ich entsprechende Versuche auch mit O und mit CO, angestellt und eine ähnliche Vermehrung der Leit- fähigkeit bei diesen Gasen erhalten. 4. Es entsteht jetzt die Frage, wie kommt diese Leitfähigkeit der Gase zu stande? Wird das Gas bei dem Durchstreichen durch das Wasser direkt ionisiert, oder nimmt dasselbe dabei Spuren einer radioaktiven Substanz in sich auf, oder endlich führt es eine soge- nannte Emanation von einer in dem Wasser enthaltenen radioaktiven Substanz mit sich? Das sind wohl die zunächst sich aufdrängenden Fragen. Dass das Gas beim Durchstreichen des Wassers einfach ionisiert wird, in der Weise etwa, wie dies durch die Einwirkung von ultravioletten oder von X-Strahlen geschieht, muss schon um deswillen als unwahrscheinlich bezeichnet werden, weil es die lange Glasröhre mit dichtgestopfter Watte zu durchsetzen vermag, ohne nachweisbare Einbusse an seiner Leitfähigkeit zu erleiden, Auch spricht entschieden dagegen das sehr langsame Verschwinden der erlangten Leitfähigkeit, das hier ebensoviel Tage erfordert wie dort Minuten. Die Frage lässt sich, glaube ich, endgültig entscheiden, wenn man das Gas durch ein genügend starkes elektrisches Feld leitet. Das elektrische Feld wurde dadurch hergestellt, dass ein 80 cm langer, 0,7 cm dicker Metallstab mit Siegellack in die Axe eines 3,5 cm weiten Metallrohres eingekittet wurde, so dass er die eine, das Metallrohr die andere Belegung eines Üylinderkondensators bildete, der mit Hilfe einer Elektrisiermaschine bis 8000 Volt ge- laden werden konnte. Liess man die Luft durch dieses elektrische Feld, sei es schneller, sei es Blase für Blase, hindurchgehen, so beobachtete man zuweilen unmittelbar nach der Füllung eine ganz minimale Schwächung der Leitfähigkeit, die zwar fast in die Grenzen der Beobachtungsfehler hineinfiel, mich aber doch auf die Ver- mutung brachte, es könnte in dem starken elektrischen Felde in der That ein Verbrauch der vorhandenen Ionen stattfinden, diese Thatsache sich aber um deswillen der Beobachtung entziehen, weil dieselben sehr schnell wieder umgebildet werden. Es wurde deshalb das Elektroskop aus dem Glasgefässe herausgenommen, durch den Deckel dieses ein sorgfältig isolierter Draht geführt, an welchem im Innern des Gefässes der Zerstreuungskörper in der Mitte des zur Erde abgeleiteten. Blechcylinders aufgehängt war. 109] ÜEBER DIE IONISIERUNG DER LUFT DURCH WASSER. 9 Durch den nach aussen führenden Draht konnte nun der Zerstreu- ungskörper entweder mit dem aussen aufgestellten Elektroskope oder mit dem einem Pole einer Elektrisiermaschine verbunden werden. Der Apparat wurde mit der Luft des Wasserstrahlgebläses gefüllt, das Elektroskop angelegt und die Zerstreuung für + und — Elek- trizität gemessen. Hierauf wurde das Elektroskop abgeschaltet und der Zerstreuungskörper 15 Minuten lang auf —8000 Volt geladen, dann wieder das Elektroskop angelegt und wieder die Zerstreuung gemessen u. S. w. Eine einzelne Messung der Zerstreuung dauerte 3—4 Minuten. Ich gebe im folgenden die Spannungsverluste in Volt auf 60 Minuten berechnet; die angeführte Zeit bezieht sich jeweils auf das Ende der fraglichen Zerstreuungsmessung. Also 9" 10m + 1114 soll heissen, dass um 9" 10% die Messung zu Ende war, bei welcher das + geladene Elektroskop einen Spannungsverlust von 1114 Volt (für 60 Minuten berechnet) ergeben hat. garrgMm ga gm 2 a TS a AZ + 1114 — 1146 auf — 8000 Volt geladen 9h 44m gh 47m gh sjm gh 55 g9h zgm 10. jm — 662 — 864 — 942 41275 + 1272 + 1269 10% 3m bis 10% 18m auf — 8000 Volt geladen Een BEIN IH EIFEEEOIN MEET FR gr 3 + 2364 + 1704 + 1544 — 942 - — 1000 — 1032 Der Apparat blieb eine Stunde lang ohne Ladung stehen, dann wurde genau der gleiche Versuch angestellt, nur wurde jetzt der Zerstreuungskörper auf + 8000 Volt geladen. Ich lasse die Zeit- angaben der Einfachheit wegen fort. +1158, — 1114, 15 Minuten auf + 8000 Volt geladen + 480, + 770, + 860, — 1266, — 1158, — 1120 15 Minuten auf + 8000 Volt geladen — 2826, — 1868, — 1576, + 614, + 792, + 872 Die Versuche lassen deutlich erkennen, dass wenn der Zer- streuungskörper eine Zeitlang auf + 8000 Volt gehalten ist, die nega- tiven Ionen in seiner Umgebung stark verbraucht sind, so dass nun bei einer Ladung desselben auf + 200 Volt in den ersten Minuten nur eine verhältnismässig geringe Zerstreuung, weniger als halb so viel wie vor der Ladung auf 8000 Volt, stattfindet. Bei einer Ladung auf — 200 Volt dagegen zeigt sich umgekehrt eine sehr starke Zerstreuung, die + Ionen sind angehäuft. Die Beobachtung 10 Hıustepr: [110 lehrt aber weiter, dass eine recht schnelle Regeneration der Ionen stattfindet. In drei Minuten steigt die Zerstreuung von + 480 auf + 770. Nach einer Stunde ist die Wirkung, welche durch das starke elektrische Feld hervorgebracht wurde, so gut wie vollständig beseitigt und die vorher beobachtete angenähert gleich grosse Leit- fähigkeit für + und — Elektrizität wieder hergestellt. 5. Die Luft, welche durch die Wasserstrahlpumpe gegangen ist, ist also nicht einfach ionisiert wie die den X-Strahlen oder dem ultravioletten Lichte ausgesetzt gewesene Luft. Sie hat eine Ver- änderung erlitten oder einen Zusatz erhalten, der auf längere Zeit ihr die Fähigkeit verleiht, die Zahl der freien Ionen und damit ihre Leitfähigkeit auf konstanter bedeutender Höhe zu halten. Der nächstliegende Gedanke dürfte sein, anzunehmen, dass die Luft aus der wirksamen Flüssigkeit eine Emanation oder geringe Mengen einer radioaktiven Substanz mitreisst. Da Wasser die bei weitem stärkste Wirkung ausübt, vielleicht überhaupt die einzige wirksame Substanz ist, so liegt es nahe, zu versuchen, der Luft nach Möglichkeit alle Spuren des mitgeführten Wassers zu entziehen, um zu sehen, ob die fremde Substanz dann auch verschwindet. Auf dem Boden des Glasgefässes, in welchem sich das Elektroskop befindet, wurden drei Schalen mit P; 0, und zwei mit Stücken von metallischem Na gestellt. In das mit trockener Luft gefüllte Gefäss wurde so- viel Luft aus dem Wasserstrahlgebläse eingeblasen, dass das Hygro- meter 29°/o zeigte und der Potentialabfall (für 60 Minuten berechnet) 795 Volt betrug. Es wurden nun die folgenden Ablesungen gemacht: Tally, Bsb 0,3 0,85 ge Bye 18; H 25 20 15 19,5 8,5 5 P 880 1030 1070 1330 1370 1240 Hierin bedeutet 7 die Zeit in Stunden, welche seit der Füllung des Gefässes verflossen ist, 7 die Ablesung am Hygrometer in °/o, P die Zerstreuung für 60 Minuten in Volt. Man sieht, dass das Hygrometer stark fällt, die Leitfähigkeit aber unabhängig hiervon wie immer zuerst steigt. Man kann gegen diesen Versuch einwenden, dass wenn an dem mitgerissenen Wasser die radioaktive Substanz haftet, sie dann immerhin in dem Gefässe bleiben muss, wenn etwa die Feuchtigkeit von dem P,0, oder Na absorbiert wird. Deshalb wurde die Luft zuerst in einem anderen Gefässe getrocknet und dann ganz langsam herübergesaugt, endlich wurde ihr die Feuchtigkeit direkt beim 111] ÜEBER DIE IONISIERUNG DER LUFT DURCH WASSER. 13 Einleiten in das Gefäss entzogen dadurch, dass man zu den schon erwähnten Trockenröhren noch ein 1 m langes Rohr einschaltete, das mit lose gestopfter Asbestwolle gefüllt war, die in P, 0, um- gedreht und reichlich damit überschüttet war, und weiter noch ein 30 cm langes Rohr, das dicht mit kleinen Stücken von metallischem Na gefüllt war. Obgleich man mit diesen Mitteln der Luft ihren Feuchtigkeitsgehalt, wie er durch ein Hygrometer angezeigt wird, vollständig entziehen kann, war ein Einfluss auf die Leitfähigkeit nicht zu konstatieren. Noch gründlicher kann man die Feuchtigkeit der Luft ent- ziehen, indem man sie auf sehr tiefe Temperatur abkühlt. Es wurde deshalb ein Kupferrohr von 1,8 m Länge zu einem Schlangenrohr ge- bogen und in flüssige Luft getaucht. Die vom Gebläse gelieferte Luft strich Blase für Blase durch zwei Waschflaschen mit H, SO,, eine solche mit KXOH durch ein 1,5 m langes Rohr mit Natronkalk, durch das lange Rohr mit P; O,, dann durch die Kupferspirale und das Watterohr in den Apparat. Nachdem man eine Stunde lang die Luft durchgeleitet hatte, war keine die Versuchsfehler übersteigende Erhöhung der Leitfähigkeit im Apparate zu konstatieren, während ein Vorversuch gelehrt hatte, dass bei der gleichen Versuchsanordnung, nur mit dem einzigen Unterschiede, dass die Kupferspirale Zimmer- temperatur hatte, nach 15 Minuten die Leitfähigkeit auf den 30 fachen Betrag gestiegen war. Es fragte sich nun, war durch die tiefe Temperatur die Ver- änderung resp. der Zusatz, den die Luft beim Durchstreichen der Wasserstrahlpumpe erhalten hatte, und durch welche die abnorm hohe Leitfähigkeit der Luft hervorgebracht war, vernichtet, oder nur im Kupferrohre zurückgehalten, also sozusagen ausgefroren ? Es zeigte sich zu meiner grossen Ueberraschung, dass das letztere der Fall war. Wurde nämlich das Kupferrohr, nachdem ein Ver- such mit flüssiger Luft ausgeführt war, am einen Ende verschlossen, am anderen aber in Kommunikation mit dem Versuchsapparate gelassen, und liess man nun das Rohr sich ganz langsam erwärmen, indem man es Centimeter für Centimeter aus der flüssigen Luft herauszog, so taute der eingefrorene Inhalt der Röhre wieder auf und wurde von der durch die Erwärmung sich ausdehnenden Luft mit in das Versuchsgefäss hinübergeführt. Schon nach 15 Minuten war die Leitfähigkeit in dem Apparate auf das 10fache gestiegen und stieg noch weiter. Wurde dagegen das Kupferrohr, ehe es aus 12 HinsTepT: [112 der flüssigen Luft genommen wurde, ganz von dem Versuchsapparate getrennt und auf Zimmertemperatur erwärmt, während gleichzeitig ein lebhafter Luftstrom hindurchgesaugt wurde, so war nach 15 Mi- nuten an oder mit dem Kupferrohr auf keine Weise mehr etwas nachweisbar, das Einfluss auf die Leitfähigkeit der Luft gehabt hätte. Um zu untersuchen, ob in dem Schlangenrohre eine sichtbare Substanzmenge ausfriert, habe ich das Ou-Rohr durch ein Glasrohr ersetzt. In einzelnen Versuchen glaube ich mit der Lupe an den Wandungen äusserst feine Eiskryställchen gesehen zu haben, doch war die Beobachtung sehr schwierig und deshalb nicht sicher. Dass es nicht abgeschiedene feste Ü’O, war, habe ich durch Untersuchung des aufgefangenen Röhreninhaltes mit XOH festgestellt. 6. Die Herren ELSTER und GEITEL haben zur Erklärung der abnorm hohen Leitfähigkeit der Luft in Kellerräumen etc. eine mögliche Radioaktivität der Luft selbst herangezogen. Ich will auf die mannigfachen Versuche hier nicht näher eingehen, die ich an- gestellt habe, um in dem, was in dem Kupferrohre ausgefroren war, . das radioaktive Agens zu finden. Sie haben alle ein negatives Re- sultat gehabt, sind aber um deswillen nicht beweiskräftig, weil man wird einwenden können, dass für die Hervorbringung der be- obachteten Effekte ja nur ganz minimale Mengen erforderlich sind, und diese können sich der Wahrnehmung entzogen haben. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, dass die abnorm hohe Leitfähigkeit der Luft und die im Vorstehenden beschriebenen Er- scheinungen in anderer und wie mir scheint, besonders einfacher Weise sich erklären lassen, nämlich durch die Annahme, dass das Wasser in ähnlicher Weise wie auf Säuren und Salze, so auch aut Gase eine stark ionisierende Wirkung auszuüben vermag. Man kann sich vorstellen, dass wenn ein Gas durch Wasser in Blasenform hindurchgepresst wird, einzelne Gasmoleküle in so innige Berührung mit dem Wasser kommen, dass sie gewissermassen darin gelöst werden, und sich mit einer, natürlich ganz minimalen Spur von Wasser so vereinigen, dass nachher ein in eine Wasserhülle ge- hülltes oder darin gelöstes Gasmolekül aus dem Wasser in die Luft tritt. Solche Moleküle würden nun, analog wie in Wasser befind- liche Salzmoleküle, die Fähigkeit besitzen, ausserordentlich leicht zu dissoziieren, d. h. Ionen zu bilden, und auf diese Weise die Leitfähigkeit der Luft bedingen. Diese allerfeinsten mit den Luft- molekülen verbundenen Wasserteilchen dürfen natürlich nicht mit den weit beträchtlicheren Wassermengen verwechselt werden, die 113] ÜEBER DIE IONISIERUNG DER LUFT DURCH WASSER. 13 etwa in den Nebelbläschen enthalten sind. Das geht ja schon daraus hervor, dass die letzteren von einigermassen dicht gestopfter Watte zurückgehalten werden, in ruhender Luft sich verhältnismässig schnell absetzen, erstere aber nicht. Dass sich aus der Annahme, das Wasser besitze auch für die Gasmoleküle eine ionisierende Kraft, die vorstehend beschriebenen Versuchsresultate leicht erklären lassen, ist wohl einleuchtend. Je stärker der Druck ist, mit dem die Luft durch das Wasser hin- durchgepresst wird, desto inniger, wird man annehmen dürfen, ist die Berührung und Durchmischung von Wasser und Luft, desto grösser dementsprechend die Anzahl der erzeugten leicht ionisier- baren Moleküle, desto grösser die Leitfähigkeit. In der Nähe eines hoch geladenen positiv elektrischen Körpers tritt ein starker Ver- brauch, eine Erschöpfung der negativen Ionen ein, es bleibt der Raum angefüllt mit positiven Ionen, die einen dorthin gebrachten negativ geladenen Körper sehr schnell entladen. Ueberlässt man den Raum sich selbst, so sind nach kurzer Zeit schon sowohl posi- tive als negative Ionen wieder in grosser Zahl vorhanden. Ob diese aus den angrenzenden Gebieten durch Diffusion dorthin ge- kommen sind, — dann müsste durch genügend langes Elektrisieren der Vorrat sich erschöpfen lassen — oder ob eine Regeneration der verbrauchten Ionen durch lIonenstoss etc. eintritt, müssen weitere Versuche erst entscheiden. Dass die Luft ihre hohe Leitfähigkeit nicht verliert, wenn sie über P,O; ete. geleitet wird, ist leicht verständlich, wenn man be- denkt, wie schwer es ist, der Luft die letzten Spuren gewöhnlicher Feuchtigkeit zu entziehen, dass es sich hier aber nach der oben skizzierten Vorstellung um minimale Mengen in feinster molekularer Verteilung handelt. Dass aber thatsächlich Wasser in der Luft an den Molekülen haftend vorhanden ist, dafür spricht, dass bei ge- nügend tiefer Temperatur ein Erstarren und dann schnelles Zu- bodensinken stattfindet. Wird die Temperatur wieder erhöht, so fliegen die Luftwasserteilchen wieder davon und die Luft wird wieder leitend. Nach dieser Vorstellung würde man sich auch die sog. natür- liche Leitfähigkeit der Luft und besonders ihre Abhängigkeit von den meteorologischen Verhältnissen der Atmosphäre leicht erklären können. In der bewegten Luft bilden sich, wenn sie über feuchte Flächen, durch feuchtes Gebüsch ete. hinstreicht, je nach Umständen eine grössere oder geringere Anzahl leicht dissoziierbarer Moleküle. Berichte XIII. 8 14 HIMsTEDT: [114 Durch Ionenstoss, durch ultraviolettes Licht, durch Strahlen radio- aktiver Substanzen! werden diese in Ionen gespalten, und wird dadurch die Leitfähigkeit der Luft hervorgerufen. Diese zeigt jedenfalls in mehrfacher Beziehung dasselbe Verhalten wie die durch Wasser hindurchgeblasene Luft. Stellt man mit der aus der freien Atmosphäre entnommenen Luft die S, 9 beschriebenen Versuche an, so erhält man Resultate, die den dort mitgeteilten vollkommen ent- sprechen. Leitete ich atmosphärische Luft durch das in flüssiger Luft befindliche Kupferrohr, so beobachtete ich eine Abnahme der Leit- fähigkeit um ein Drittel, ja um die Hälfte ihres Betrages. Der Luft auf diese Weise die Leitfähigkeit ganz zu entziehen, ist mir allerdings nicht gelungen. Ob dies daran liegt, dass die durch das Schlangenrohr streichende Luft bei dem Eintritt in den Versuchs- apparat die dort befindliche Luft selbst bei längerem Durchleiten nicht vollständig verdrängt hat, oder ob die Leitfähigkeit der Luft zum Teil von Ionen herrührt, die nicht ausfrieren, vermag ich noch nicht zu entscheiden. Hat man längere Zeit (1—2 Stunden) atmo- sphärische Luft durch die Kühlschlange geleitet, und man lässt dann die auftauende Kupferspirale ihren Inhalt in den Versuchs- apparat entleeren, so beobachtet man in diesem eine bedeutende Steigerung der Leitfähigkeit, also gerade so wie bei den ent- sprechenden Versuchen mit der Luft des Wasserstrahlgebläses. Möglichenfalls lässt sich die grosse Leitfähigkeit der aus der auf- tauenden Kupferröhre tretenden Luft auch so erklären, dass beim Abkühlen auf tiefe Temperatur die Luft thatsächlich ihre Leitfähig- keit vollständig verliert, — diese also nicht nur, wie oben an- genommen, durch Ausfrieren sozusagen latent wird — und dass dann ! Ich glaube, dass ausser Radium, Polonium, Thorium etc. noch eine grosse Anzahl von Körpern radioaktiv sind, dass in dieser Beziehung zwischen Radium und Blei oder Zink z.B. ein ähnlicher, nur quantitativer Unterschied vorhanden ist, wie etwa hinsichtlich der magnetischen Eigenschaften ein solcher zwischen Eisen und Blei besteht. Ich glaube, bei meinen Versuchen deutliche Unter- schiede in der Radioaktivität verschiedener Metalle beobachtet zu haben. Ich habe, um zunächst wenigstens einen orientierenden Versuch in dieser Richtung zu machen, zwei genau gleiche Gefässe aus Blei und aus Zink anfertigen lassen. Bei den meisten Versuchen ergab sich die Leitfähigkeit der Luft in dem Blei- gefässe grösser als in dem Zinkgefässe, nie umgekehrt, nur einige Male in beiden Gefässen gleich. Die Versuchsanordnung mit dem Elektroskop scheint mir für diese Untersuchung nicht empfindlich genug. Ich gedenke, die Frage auf anderem Wege zu verfolgen. 115] ÜEBER DIE IONISIERUNG DER LUFT DURCH WASSER, 15 beim Auftauen die ausströmende Luft durch Hinstreichen an in der Röhre gebildeten feinsten Eiskryställchen wieder leitend wird. Denn ich habe gefunden, dass Luft auch dann ihre Leitfähigkeit ver- grössert, wenn sie durch fein zerteiltes Eis oder Schnee geleitet wird. 7. Durch die vorstehenden Versuche ist gezeigt worden, dass Luft beim Durchblasen durch Wasser, beim Durch- oder Vorbei- streichen an mit Wasser befeuchteten Flächen eine Vermehrung ihrer Leitfähigkeit erlangt, so dass diese unter günstigen Umständen auf das mehr als hundertfache ihres gewöhnlichen Betrages an- steigen kann. Diese Leitfähigkeit hängt nicht ab von dem Feuchtigkeitsgehalte der Luft, wie er mit dem Hygrometer gemessen wird. Die Leitfähigkeit verschwindet beim Abkühlen der Luft auf genügend tiefe Temperatur, erscheint aber wieder, sobald die Luft in dem Abkühlungsbehälter wieder erwärmt wird. Die abnorm hohe Leitfähigkeit wird nicht zerstört beim Durch- leiten durch ein elektrisches Feld. Sie verschwindet, wenn die Luft in einem geschlossenen Be- hälter sich selbst überlassen bleibt, sehr langsam, erst nach mehreren Tagen, ja Wochen. Ich glaube, dass die von ELSTER und GEITEL beobachtete hohe Leitfähigkeit der Keller- und Bodenluft auf diese Weise entsteht. Ebenso glaube ich, dass zum mindesten ein Teil der stets in freier Luft vorhandenen Leitfähigkeit resp. deren Schwankungen auf die obige Erscheinung zurückzuführen sind, und dass die lonisierung der Luft durch Wasser bei allen elektrischen Erscheinungen unserer Atmosphäre eine wesentliche Rolle spielt. Die Hypothese, dass das Wasser nicht nur auf Säuren und Salze, sondern auch auf die Gase eine hohe dissoziierende Kraft auszuüben vermag, scheint mir geeignet, die beschriebenen Er- scheinungen zu erklären. Freiburg i. B., März 1903. 8* 1 [116 Beiträge zur Kenntnis der Fauna des unteren Lias in der Val Solda. Geologisch-paläontologische Studien in den Comasker Alpen. I. Von A. Freiherr von Bistram. Vorwort. Als ich zum Zwecke der geologischen Kartierung das Gebiet, das sich nördlich vom Luganer See und der Senke von Porlezza zwischen Lugano und Menaggio erstreckt, untersuchte, fand ich unterhalb der Alpe Bolgia, an dem Wege, der von Castello nach dieser resp. dem Passe des Pian da Scagno (Paso Bis- cagno) führt, zwischen den Punkten, die auf dem italienischen Mess- tischblatte mit den Höhenzahlen 942 und 961 bezeichnet sind, schwarzgraue Kalke anstehend, auf denen ausgewitterte Fossilien (Pectines und Gastropoden) zu sehen waren. Dieselben Schichten fand ich auch südlich von der Alpe di Castello anstehend wieder. Etwas westlich vom erstgenannten Punkte, am unteren Ende des Zickzackweges, der von Punkt 961 zur Alpe Bolgia führt, fanden sich zahlreiche, scheinbar nicht verkieselte, schlecht erhaltene Ammoniten. Bei dem Auflösen der mitgenommenen Handstücke in ver- dünnter Salzsäure zeigte sich eine sehr reiche Mikrofauna darin. So schlug ich denn, bei meiner Anwesenheit im folgenden Jahre, ein recht grosses Quantum Stücke am erstgenannten Fundorte, und brachte auch einiges Material von A. Castello mit, während leider eine grössere Anzahl Stücke von dieser Fundstelle, die ich dort ge- 117] CoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 2 lassen und die mir heruntergebracht werden sollten — sie enthielten hauptsächlich Schwämme —, verloren ging. Auch die Stücke aus dem Ammonitenhorizont, aus denen sich nichts mit Nadel und Meissel herauspräparieren liess, gaben in Säure aufgelöst ein recht gutes Resultat, und zeigten sich wenigstens die inneren Windungen der Ammoniten recht gut verkieselt. Im ganzen werden wohl ca. 1!/2 Zentner Gestein von mir aus- geätzt worden sein, wozu ca. 3 Zentner (= 2 Ballons) rohe Salz- säure verbraucht wurden. Ich gewann daraus eine sehr reiche und vielfach gut erhaltene Fauna von zum grössten Teile allerdings sehr kleinen Individuen. Zum Zwecke der Untersuchung und Bestimmung der Fossilien habe ich dieselben, nachdem der Aetzrückstand ausgewaschen, durch Schlämmen vom Thone befreit und darauf getrocknet war, meist unter der Lupe, mit feiner Pincette oder angefeuchtetem Marder- pinsel ausgelesen und einen grossen Teil der gut erhaltenen vergrössert photographiert. Ich benutzte hierzu das Seibertsche mikrophoto- graphische Objektiv mit Irisblende von der nominellen Brennweite von 2!/” (= 64 mm), dessen wahre Brennweite auf den optischen Mittelpunkt bezogen aber nur ca. 4'/s cm ist. Es lassen sich auch körperliche Gebilde durch starkes Abblenden, nach erfolgter Ein- stellung mit voller Oefinung, scharf mit diesem Objektive photo- graphieren und auch zwecks geringerer Vergrösserung die Vorder- linse allein benutzen. Es lag nahe, diese Photographien zu reproduzieren und dieser Arbeit als Abbildungen beizugeben, doch sah ich aus verschiedenen Gründen davon ab. Um die Details der Skulptur auf der Photo- graphie hervortreten zu lassen, muss eine ziemlich einseitige Be- leuchtung verwandt werden, und ist es dabei nicht möglich, die Details verschiedener Richtungen der Skulptur, also etwa sich kreuzen- der Kiele, gleich gut auf einer Photographie hervortreten zu lassen. Es müssten dazu schon drei Aufnahmen gegeben werden, von denen die eine mit Rücksicht auf die allgemeine Form und je eine für die Längs- und Querskulptur beleuchtet worden wäre Nie aber wird eine solche Photographie dasselbe charakteristische Bild wie eine gute Zeichnung geben. Auch treten, besonders bei Vergrösse- rungen, kleine Fehler in der Schale und das Korn, das die sekundär an Stelle der früheren aus Kalk und Chitin bestehenden Schale ge- tretene Kieselsäure zeigt, und das mit der Form und dem Aussehen der ursprünglichen Schale nichts zu thun hat, sehr störend hervor. 9 von BisTram: [118 Ferner fehlt solchen photographischen Bildern, besonders noch in der Reproduktion, das reine Weiss der Lichter und das tiefe Schwarz in den Schatten, alles ist Grau in Grau. Leider ist in neuerer Zeit dieses Verfahren der photographischen Wiedergabe öfters angewandt worden, wodurch ein Bestimmen von Fossilien nach diesen Abbildungen sehr erschwert, oft fast unmöglich wird. Ich halte eine solche Wiedergabe nur bei ganz ausserordent- lich günstigen Erhaltungszuständen für angebracht, und auch da nur als Notbehelf, wenn ein brauchbarer Zeichner absolut nicht zu haben ist oder sich die Kosten für denselben nicht aufbringen lassen. Der Zeichner kann noch durch Anwendung stärkerer Vergrösse- rung oder Betrachten der Stücke in verschiedenem Lichte und von allen Seiten Details sehen und auf die Zeichnung bringen, die bei der Photographie vollkommen verloren gehen. Ich übernehme es von vielen Fossilien, besonders Gastropoden, mit reicher Skulptur, durch verschiedene Beleuchtung photographische Bilder herzustellen, nach denen man aus demselben Individuum verschiedene Arten machen könnte. So wurden denn die Photographien von mir nur benutzt, um mit Ersparung von Zeit und vor allem Schonung der Augen die vorläufigen Bestimmungen zu machen, die typischesten und zur Ab- bildung geeignetesten Exemplare auszusuchen, die Messungen vor- zunehmen (es wurden nur bestimmte, am Apparat markierte und durch Einstellung eines Massstabes in ihrem. Werte festgestellte Vergrösserungen benutzt); dann dienten sie dem Zeichner zur Grund- lage, ihm das Abnehmen der Masse an den kleinen Objekten er- sparend und das Berühren der meist sehr fragilen Stücke unnötig machend, so dass dieselben weniger gefährdet waren. Schliesslich erleichtern die Photographien die Kontrolle des Zeichners. Was die Bearbeitung des Materials anbetrifft, so habe ich mich bemüht, möglichst alle Litteratur, die ja in Bezug auf die Fauna dieser Schichten nicht sehr gross ist, zu vergleichen und möglichst die mir vorliegenden Typen unter beschriebene Arten einzureihen, soweit es mit meinem paläontologischen Gewissen vereinbar war. Besonders bei den Gastropoden, wo man, sobald nur genügendes Material vor- liegt — und dieses war für einzelne Arten bei mir der Fall — alle möglichen Variationen mit allen Uebergängen beobachten kann, überzeugt man sich bald, dass eine grosse Variabilität herrscht, wo- zu noch der verschiedene Erhaltungszustand kommt. Da es sich ferner nur um einen Horizont handelt und viele der Formen sowohl 27 119] COMASKER ALPEn. I. LiIAsSFAUNA DER VAL SOLDA. 4 aus den Planorbis- als aus den Angulatenschichten beschrieben werden, somit dieselben zu feineren Horizontausscheidungen nicht benutzt werden können, die Parallelisierung der Schichten verschiedener Lokalitäten ausserdem hierdurch viel mehr erleichtert wird, als wenn dieselben Arten unter verschiedenen Namen von den einzelnen Orten aufgeführt werden — wobei es kaum schadet, wenn zufällig zwei ganz nahe stehende nicht idente Arten miteinander vereinigt werden — so hielt ich es im Interesse der Sache, das Bild mög- lichst zu vereinfachen und mir ident scheinende Formen zu ver- einigen. Anders ist es natürlich, sobald gewisse feine Unterschiede bei Fossilien als konstant in gewissen Horizonten konstatiert werden können; hier müssen die feinst möglichen Unterscheidungen gemacht werden. Ich gebe von allen Fossilien, die etwa bei dem eben Besprochenen in Frage kommen, Abbildungen, bei verschiedenen vorhandenen Typen auch mehrere von derselben Art, ausserdem im Text die Angabe der meisten Citate, die mir vorgelegen haben, so dass der Leser meine Auffassung kontrollieren kann. Die beschriebenen und abgebildeten Stücke, sowie überhaupt das ganze von mir gesammelte Material befinden sich in den Samm- lungen des Freiburger Geologischen Institutes, in dem ich auch das Material bearbeitet habe. Hierbei habe ich mich der ausgiebigsten Förderung meiner Arbeit durch den Direktor des Institutes, Herrn Professor Steinmann, zu erfreuen gehabt, der mir in liberalster Weise die Bibliothek und Sammlungen des Institutes sowie seine Privatbibliothek zur Verfügung stellte, und mich durch sein reiches Wissen und grosse Litteraturkenntnis unterstützte. Ihm möchte ich daher an dieser Stelle meinen Dank aussprechen. Freiburg i. Br., März 1903 Ya. Geologisches Institut. 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Wähner, Das Sonnwendgebirge im Unterinntale (Leipzig und Wien). — Schrammen, Zur Systematik der Kieselspongien (Mitt. Roemer- Museum, Hildesheim). Stratigraphie. Die stratigraphische Stellung der Schichten, aus denen die in Folgendem beschriebenen Fossilien stammen, lässt sich nur einiger- massen an den Fundstellen unterhalb der Alpe Bolgia beobachten, während die Liasschichten von Alpe Castello einen kleinen Relict in einem Gebiete sehr starker Störungen darstellt. Zu ersterem Punkte vom Dorfe Castello kommend, führt der Pfad auf steilgestellten Dolomiten des oberen Rhät (Oonchodon- dolomit Srtorpanıs). Die klotzigen Dolomiten zeigen nach oben hin bessere Schichtung, der Magnesiagehalt nimmt ab und es tritt ein Wechsel von dolomitischen und kalkigen Bänken ein. Ueber diesen liegen dann die dunklen, gut gebankten Kalke mit glatten Schichtflächen, aus denen der grösste Teil der Fauna mit Ausnahme der Cephalopoden stammt. Es sind hier einige übereinanderliegende Bänke aufgeschlossen, die alle die gleiche Fossilführung zeigen. Wie mächtig der ganze fossilführende Complex ist, lässt sich mangels weiterer Aufschlüsse nicht feststellen. Der offenbar nur geringe Mächtigkeit aufweisende Ammonitenhorizont liegt etwas weiter nach Westen, infolge einiger Lagestörungen lässt sich seine Lage zu den Bänken des ersten Fundpunktes nicht genau ermitteln, doch dürfte er jedenfalls etwas höhere Schichten repräsentieren. Auch hier enthält der Kalk ausser den Ammoniten dieselben Faunen- elemente, doch scheinbar in geringerer Menge. Bei Alpe Castello habe ich nur dem unteren Horizonte entsprechende Schichten N A ne A RE En ee I En A en 125] CoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 10 gefunden, hier dürfte der fossilführende Complex eine Mächtigkeit von mindestens 50 Metern haben. Ich zähle diese Schichten, wie ich es weiter unten beweisen werde, alle zur untersten Etage des Lias « (unteres Hettangien), den Planorbisschichten. Die Mächtig- keit kann nicht weiter überraschen, wenn wir bedenken, dass nach Beobachtungen an anderen Stellen des Gebietes, besonders den Funden bei Alpe Loggio oberhalb Osteno am gegenüberliegenden Seeufer!, die Mächtigkeit des unteren Lias bis zu den Arietenkalken min- destens 500 Meter beträgt. Unterhalb Alpe Bolgia lässt sich beobachten, dass der Rhätische Dolomit durchaus concordant von den Liaskalken überlagert wird, so dass hier eine Fortdauer der Meeresbedeckung ohne Lücke sicher behauptet werden kann. Nur haben sich often- bar die Verhältnisse geändert, ohne dass das Meer sich dabei merk- lich vertieft hat?, eine facielle Aenderung ist allmählig eingetreten, an Stelle der Algen und Korallen der Dolomitriffe ist eine mächtige Entwicklung der Kieselschwämme getreten. Denn massenhaft finden sich, einen grossen Teil der noch organische Formen zeigen- den kieseligen Aetzrückstände bildend, Schwammelemente mo- nactinellider, tretractinellider und hexactinellider Form, die wohl zum grössten Teile neben Radiolarien und Fora- miniferen die Kieselsäure für die Verkieselung der ursprünglichen Kalkschalen geliefert haben. Es finden sich sehr viel kugelige und gestielte Gebilde, die jedenfalls Schwämme darstellen, deren Struktur aber infolge zu weit fortgeschrittener Verkieselung nicht zu be- obachten ist. Der Kieselgehalt nimmt in den hangenden Schichten bedeutend zu, es bilden sich Kieselknollen und ganze Kiesellagen. Damit verschwinden alle Reste einer höher stehenden Fauna. Dabei lässt sich, besonders gut an den hornsteingebänderten Kalken des Steilabsturzes des Monte Bolgia südlich der Alpe Bolla (Schweiz) beobachten, wie in den mehr kalkigen Lagen noch ziemlich in ihrer ursprünglichen Form enthaltene Kieselnadeln einen grossen Teil des Gesteins ausmachen, dann in anderen Lagen sich aussen an die Nadeln Kieselsäure angesetzt hat und sie verkittet, während die Kanäle sich sehr erweitert haben, bis in den noch stärker kieseligen Lagen das ganze Gestein von Kieselsäure durchsetzt ist, während die primäre Kieselsäure der Schwammnadeln weggeführt ist und : Pıroxa, Note paleontologiche sul Lias inf. nelle Prealpi lombarde 1889. ? Da ja wohl beide Ablagerungen, die des Dolomites und die des Lias, in unserem Gebiete ihrer lithologischen Ausbildung nach der Flachsee angehören. 11 VON BISTRAM: [126 durch Kalk ersetzt, so dass nach Aetzen solcher Stücke oder nach- dem die athmosphärischen Niederschläge den Kalk ausgelaugt haben, in dem leichten, tuffartigen Gestein, welches zurückbleibt, sich Schwammnadeln als Hohlräume („Negative“) erkennen lassen. In den ursprünglich kieseligen Elementen unserer Planorbis- schichten, den Schwammnadeln, Foraminiferen, Radiolarien, ist die Kieselsäure umgelagert und subkristallin geworden und lässt keinerlei Struktur erkennen. Interessant ist der Vergleich unserer Planorbisschichten mit der Ausbildung, wie sie an den anderen Fuundorten der gleichen Fauna beschrieben wird. Faciell am nächsten dürften die Ablagerungen am Golfe von Spezia stehen, wo, wie CAPELLINI bemerkt, die Fossilien, auch, wenigstens zum Teil, verkieselt sind. Wenn er auch Spongiennadeln oder sonst Kieseltiere nicht erwähnt, so muss doch wohl angenommen werden, dass solche in den Ablagerungen vielfach vorhanden gewesen sein müssen und vielleicht noch sind, da sonst die Verkieselung der Schalen nicht zu erklären wäre. Er scheint übrigens die Horizonte des Rhät und des untersten Lias nicht genau auseinandergehalten zu haben, so dass wir nicht nur Lias-, sondern auch Rhätfossilien finden, so (ardita austriaca und Avicula contorta z. B., abgesehen von den Bactryllien, denen er einen besonderen, tieferen Horizont anweist. Es fällt auf, wenn man die von ihm mit der von CANAVARI! beschriebenen Fauna vergleicht, wie dieselbe gewechselt und sich in ihrem Charakter so vollständig verändert hat. CAanAvaArıs Fauna, die aus etwas höheren Schichten stammt und typisch die Angulaten- schichten repräsentiert, ist reich an Angulaten und Phylloceraten, ver- hältnismässig arm an anderen Fossilien, und finden sich darin dieselben meist in Schwefelkies verwandelt oder mit solchem angefüllt. CAPELLINI giebt in einer früheren Arbeit? von der West- kette des Golfes, zu der die in der Arbeit erwähnten Fundpunkte gehören, folgendes Profil: 1. Thonige Macigno. . Galestro-Schiefer, rot und grün. . Albarese-Sandstein, ähnlich der Majolika. . Bunte Schiefer, vielleicht dem oberen Jura der Pizaner Berge analog. . Harter, dichter, grünlicher Schiefer—Novaculit. DD sa oo 11882 und 1888. CAnAvARI, Spezia. ® 1862. Studj stratigr. paleont. sull’ Infralias nelle montagne del golfo di Spezia. Bologna. >. REEL FE DE EMI EN hen ee 127] CoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 12 6. Schiefer mit Posid. Bronnii. 7. Roter Ammonitenkalk. 8. Fahle Schiefer und grauer Kalk mit Ammoniten und sonstigen von Eisenerz durchdrungenen Petrefakten. 9, Schwärzliche Kalkschiefer mit Belemniten. 10. Dolomit, abwechselnd mit Schichten geringeren Magnesiagehaltes — oberer Dolomit der Lombardischen Geologen, mächtig ent- wickelt. 11. Marmor— Marnoportoro. Ihm folgt eine kurze Wiederholung von No. 10. 12. Schwarzer, fossilführender Kalk. An mehreren Orten (Coregna, Ca- stellana, Muzerone und auf den Inseln Palmaria, Tino und Tinetto) liegen No. 10 und 12 in verkehrter Ordnung, während sonst die schwarzen Kalke tiefer anstehen. 13. Schiefer mit Bactryllium oder Myacites Faba und Plicatula Mortilleti. Ganz klar erscheint das Profil nicht. Jedenfalls entspricht die Schicht No. 8 den Angulatenschichten CAnAvArıs und haben wir in No. 12 die Planorbisschichten zu suchen. Es erscheint wahr- scheinlich, dass die von ihm als verkehrt angegebene Lage von No. 10 und No. 12, die sich an einigen Orten finden soll, die normale ist, dann hätten wir No. 13 als Oontorta-(Kössener)-Schichten, 10 und 11 als Conchodondolomit (oberen Dachsteinkalk), 12 als Planorbis- schichten und 8 (+ 9?) als Angulatenschichten zu deuten. Der unglückliche Versuch Stoppranıs, Rhätschichten (einmal schon die schwarzen Mergel von Azzarola, dann nur den Conchodondolomit) auf Grund der Plicatula intustriata mit dem Hettangien zu parallelisieren, hat leider hier, wie auch sonst auf die älteren italienischen Geologen, verhängnisvoll eingewirkt und eine richtige Erkenntnis der Schichtenfolge verhindert, so dass auch CAPELLINI sich nicht der Wichtigkeit bewusst worden ist, die es gehabt hätte, den Horizont der Avicula contorta von den Planorbis- schichten zu trennen. So lässt auch CAnAvarı den Lias von Spezia mit den Angulatenschichten beginnen und rechnet die älteren Schichten offenbar zum Rhät. In der Vend6e findet sich eine Gastropoden- und Pelecypoden- Fauna, von der nur die Gastropoden von ÜossMAnN bearbeitet worden sind, während CHARTRON die stratigraphische Uebersicht giebt !. Die beschriebene Fauna lässt wohl keinen Zweifel darüber, dass wir es mit Hettangien hier zu thun haben. Wir finden hier nach ÜHARTRON über alten serieitischen Schiefern transgredierend eine ca. 1 Meter starke Kalkbank, die unten aus oolithischen, oben braunen, 1 1902. CHARTRON und Cossmann, Vendee. 13 von Bistran: [128 stellenweise blauen Kalken besteht. Letztere enthalten taschenartige Linsen von dunkelgefärbtem Quarzsande, aus denen die Fauna, die vor allem aus Gastropoden und Pelecypoden, auch aus Brachiopoden, Echiniden, Korallen und Bruchstücken von Krebstieren besteht, stammt. Die Fossilien sollen verhältnismässig gut erhalten sein, indem die Schale durch den umgebenden Sand metamorphosiert sein soll. Ich kann dieses nur so verstehen, dass die Schalen ver- kieselt sind, und der Verfasser diese Verkieselung der Einwirkung des Quarzsandes zuschreibt. Cephalopoden fehlen, was nicht zu ver- wundern ist, da wir es mit einer reinen Littoralfauna hier zu thun haben. Ueber dieser Schicht finden sich zwei Oolithbänke, die wohl das Sinemurien und untere Liasien darstellen, da die darüberliegende Bank Gryphaea cymbium führt. Eine Fauna, die sich vor allem durch das so reichliche Vor- kommen kleiner Gastropoden und dann auch Zweischaler auszeichnet, während Cephalopoden selten sind, findet sich im Rhönebecken und der Cöte d’Or sowie in Luxemburg und den angrenzen- den Teilen von Belgien, Lothringen und Frankreich, wo die Schichten des unteren Lias vorwiegend aus Sandsteinen und Mergeln bestehen, wozu nur untergeordnet Kalke kommen. Wir haben es hier mit Ablagerungen in seichten Buchten, die sich bei der Trans- gression des Liasmeeres bildeten, zu thun. Die Ablagerungen des Yorkshire zeigen denselben Charakter. Aber auch in Westdeutschland, wo die Bedingungen etwas andere waren, die Sande fehlen und Thone und Kalke die Sedimente bilden, auch die reichlicher sich findenden Cephalopoden auf ein etwas tieferes, wenn auch noch flaches Meer schliessen lassen, finden sich u. a. dieselben kleinen Gastropoden, nur natürlich in schlechterer Erhaltung und wegen Vorherrschens anderer Fossilien weniger be- achtet; — so finden wir solche von der Umgegend von Halberstadt schon von DUNKER! beschrieben, und können auch bei QUENSTEDT® aus dem Malmsteine (Angulatenschichten) des schwäb. Jura ver- schiedene unserer Formen mit seinen allerdings kaum ausreichenden Abbildungen der Mikrofauna identifizieren. Die schwäbische Facies. finden wir auch im Jura und den Westalpen. Wo wir dagegen die dolomitische Ausbildung der Sedimente noch aus der Trias in den Lias sich fortsetzend finden, wie im Languedoc, den See- 846. DunkeEr, Halberstadt. Sa * 1858. QUENSTEDT, Jura. 129] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 14 alpen der Provence, dem südwestlichen Frankreich und Spanien, können wir natürlich nicht auf ein faunistische Ausbeute rechnen. Vielfach scheint der Dachsteinkalk der Ostalpen ausser dem Rhät auch die Schichten des Lias « zu enthalten, und so sind auch hier diese Schichten lithologisch nicht zu trennen!, Wo dagegen der untere Lias in den Ostalpen eine reiche Am- monitenfauna enthält, während Gastropoden fast ganz zu fehlen scheinen, gehört er offenbar einer Gegend tieferen Meeres an. MarTın ? bezweifelt, ob die Schichten bei Halberstadt, ausdenen Dunker seine Fossilien beschreibt, nur dem unteren Lias angehören oder nicht auch noch Teile des Rhät repräsentieren, und macht ferner auf die Vermengung der Formen beider Horizonte bei CAPELLINT, Spezia, aufmerksam. Für ersteren Punkt scheint mir der Zu- rechnung der Schichten zum unteren Lias (Hettangien) allein nichts im Wege zu stehen, während, wie ich schon bemerkte, CAPELLINI von Spezia Formen aus beiden Horizonten beschreibt. Hier scheinen allerdings die Contortaschichten von den Planorbisschichten schwer zu trennen zu sein, während die Trennung dieser letzteren Schichten vom Angulatenhorizont gut durchführbar ist. Auch in der Gegend des Luganer Sees dürfte es nicht überall leicht sein, die genaue Grenze zwischen Rhät und Lias zu ziehen, da, wie ich an manchen Punkten beobachtet habe, bald die Verkieselung schon im oberen Rhät eintritt, und sich z. B. ver- kieselte Lithodendren in Schichten, die ich zum Rhät rechne, finden, anderseits aber Bänke, die ich wegen der vielen Hornsteinlinsen und Bänder für liasisch halte, noch dolomitisch zu sein scheinen. Wo wie in Frankreich, Luxemburg, Westdeutschland und England der Lias aufgeschlossen ist an Stellen deutlicher Transgression und der Rhät fehlt, oder als bone-bed sich findet, lässt sich natürlich der Trennungsstrich zwischen Trias und Lias leicht machen. Bei Vergleich unserer Fossilliste mit denen der anderen oben erwähnten Gebiete fällt es auf, dass ein Teil der von mir aus den Planorbisschichten beschriebenen Fossilien, besonders Gastropoden, dort in höheren Horizonten vorkommt und in den Planorbisschichten fehlt. Einesteils beweist dieses, dass diese Fossilien eine grössere ' Vgl. 1903. WÄHNER, Sonnwendgebirge. ® 1865. Marrtın, Etage rhaetien. Berichte XIII, 9 15 von BISTRAM: [130 vertikale Verbreitung besitzen, sich daher zu einer genaueren Hori- zontausscheidung nicht eignen; anderenteils aber erklärt sich das Fehlen in den unteren Schichten daher, dass aus denselben über- haupt meist nur eine viel dürftigere Fauna, als aus den Angulaten- schichten bekannt ist. Es waren jedenfalls dort zu der Zeit der Ablagerung der Planorbisschichten die Verhältnisse für die Ent- wicklung einer Fauna viel ungünstiger, da wir es wohl mit einzelnen Buchten und flachen Aestuarien zu thun haben, die sich bei Trans- gression des Liasmeeres bildeten, während wir in der Val Solda eine ruhige offene Flachsee auf ähnliche Verhältnisse im Rhät folgen sehen. Den faciellen Wechsel von Dolomit und kieseligem Kalk, also einerseits reichen Gedeihens von Algen und Korallen, anderseits üppiger Schwammansiedelung, können wir uns wohl dadurch zu erklären versuchen, dass, durch die an so vielen Stellen zu beobachtende Transgression des Liasmeeres, sich die Strom- und damit zusammenhängend die Temperatur-Verhältnisse und Ernäh- rungsbedingungen der Organismen im Meere verändert haben. Dass wir es in der Val Solda nur mit Planorbisschichten zu thun haben, beweisen die Ammoniten. Vor allem finden wir die nur mit wenigen Falten geschmückten Planorben und den evoluten Aeg. Johnstoni, dann die niedrigmündigen, involuten Angulaten, die jedoch weniger häufig zu sein scheinen und Aeg. tenerum, alles Formen der Planorbisschichten. Auch spricht die grosse Mächtig- keit (mindestens 500 Meter) der unteren Liasschichten bis zu den Arietenkalken dafür, dass in dem beschränkten Horizonte nur der unterste Lias vertreten sein kann. Bei der Art der Erhaltung der Fossilien durch Verkieselung ist es natürlich, dass die Lobenlinien der Ammoniten nicht erhalten sind. Mehrfach fand es sich, dass die Ammoniten, besonders ihre äusseren Umgänge, auf beiden Seiten verschiedene Erhaltung zeigen, so, dass die Schale der unteren Seite gut durch Verkieselung er- halten ist, während die Seite, die in der Schicht nach oben lag, nur schlechte Erhaltung zeigte und sich auch als unvollkommen verkieselt erwies. Dieser Zustand lässt sich so erklären, dass die im Schlamm eingebettete Schalenseite durch den Schutz, den ihr eben diese Umhüllung gewährte, erhalten wurde, und ebenso die inneren Windungen auf der oberen Seite dadurch, dass sie durch in die Vertiefung des Nabels hineingespülten Schlamm geschützt wurden. Die ungeschützte obere Seite der äusseren Windungen wurde entweder durch äussere Umstände, etwa Abscheuerung der Schale durch vom 131] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 16 Wasser bewegten Sand u. dergl., oder aber durch chemische Vor- gänge zerstört, indem die Schale da, wo sie freilag, rascher auf- gelöst wurde als die Verkieselung eintreten konnte, während an derselben, soweit sie geschützt war, die Auflösung des Kalkes mit der Substitution der Kieselsäure gleichen Schritt hielt. Eineähnliche Erhaltung der Ammonitenschalen erwähnt WÄHNER! in Bezug auf Ammoniten der Adnether Schichten. Hier sind meist nur die unteren, im Schlamm eingebetteten Seiten erhalten, so dass beim Abheben der einzelnen Schichten auf der oberen Seite der Platten nur die Abdrücke, auf der unteren Seite der hangenden Platte aber sich die mit dem Gestein fest verwachsenen Ammoniten finden. WÄHNER erklärt den Vorgang so, dass in der Tiefsee, in der diese Sedimente abgelagert wurden, die Schale, soweit sie frei- lag, rasch aufgelöst wurde, während die vom Schlamm umgebenen Schalenreste viel langsamer gelöst wurden, und so die Sedimente, die nach Zerstörung des freiliegenden Teiles der Schale in die Kammern eingedrungen waren und sie ausfüllten, Zeit hatten, sich zu verfestigen und so für die untere Seite Steinkerne zu bilden. Paläontologischer Teil. Cephalopoda. Familie: Aegoceratidae NEuUM. Schlotheimia Neumayri nov. nom. Tab. I Fig. 1—2, 5—6. Ammonites angulatus auct. pars. 1851. Ammonites angulatus ScHL., CHapvis et Dew. Luxembourg I S. 38—pars. 21862. Ammonites subangularis OPpEL, Palaeontol. Mitteil. I S. 130—pars. 1878. _Aegoceras subangulare OPP., NEUMAYR, Cephalopodentypen S. 64—pars, 1879. Aegoceras subangulare Opp., NEUMAYR, Unterer Lias S. 33—pars. 1879, Aegoceras n. f. cf. angulatum NEUMAYR, Ibid. S. 33 Tab. II Fig. 5. 1886. Angulaten WÄHNER, Unterer Lias III S. 165, pars. 1901. Schlotheimia angulata, var. exeoptycha Wänn., v. Bistram, Luganer und Comer See. Grösse des abgebildeten Exemplars: Dm. 26 mm (100 °/o) wH. ı (42,3) WD. 95 (36,5) N. 9 (34,6) ! Verhandlungen d. k. k. Reichsanstalt 1886, S. 197. 9%* 17 von BISTRAM:. [132 Die Umgänge sind im Verhältnis zur Höhe sehr dick, sub- quadratisch, der Nabelabsturz steil, die Flanken flach, nur ganz mässig gewölbt, der Rücken breit. Das Gehäuse besitzt mittlere Involution. Die Rippen sind scharf, beginnen verhältnismässig niedrig an der Nabelkante, um im oberen Viertel, wo sie nach vorne sichelförmig umbiegen, ihr grösste Stärke zu erreichen. Auf der Externseite sind sie nach vorne geschwungen, so dass sie sich etwa im rechten Winkel treffen würden, wenn sie nicht an einer ziemlich breiten De- pression abbrechen würden. Das Verhältnis der Windungshöhe zur Windungsdicke ist etwa 11:10. Die inneren Windungen sind gerundet und tragen ziemlich dichtstehende, sichelförmig geschwungene, im oberen Viertel am stärksten werdende Rippen, die auf dem Rücken an einer Median- furche sich verlieren. QUENSTEDT! erwähnt das Vorkommen auffallend niedrigmün- diger Angulaten aus den Psilonotenschichten und weisst darauf hin, dass CHapuIs und DEWALQUE dasselbe für die Mergel von Jamoigne bemerken. Er giebt dazu die Abbildung Tab. 3 Fig. 1, auf die. hin ÖPrEL dann die Form subangularis geschaffen hat®. Da damals die Abbildung des Rückens, die QUENSTEDT? später bei nochmaliger Abbildung desselben Ammoniten (als Ammon. angulatus psilonoti) gab, noch nicht vorlag, so kann es zweifelhaft erscheinen, ob OPPEL wirk- lich nur diese „Angulaten“ ohne Rückenfurche gemeint hat, als er den A. subangularis schuf, oder darunter auch solche mit niedrigen, dicken Windungen und mit Rückenfurche verstanden hat. Auch aus NEUMAYRS* Bemerkungen zu Aegoceras subangulare, ÖPPEL, dessen Vorkommen er aus den Alpen erwähnt, ohne Stücke abzubilden, geht nicht hervor, ob er darunter Formen mit oder ohne Rückenfurche verstanden habe, da damals QuEnstEpTs schwäbische Ammoniten noch nicht erschienen waren. Aus dem Vergleich, den NEUMAYR mit Aeg. circumdatum MARTIN? zieht, scheint es beimahe, als ob er die furchenlose Form gemeint habe, während aus einer späteren Bemerkung®, wo er als „Angulaten“ der Planorbisschichten nur Aeg. subangulare erwähnt, man den Eindruck gewinnt, als ob er beide Formen unter diesem Namen verstehe. NEUMAYR erwähnt 11858. Der Jura S. 43. 2 1862. Opreı, Palaeont. Mitteil. IS. 130 Anm. ° QUENSTEDT, Ammoniten des schwäb. Jura. * 1879. NEUMAYR, Fauna d. unt. Lias. ° 1859. Marrın, XXV. Congrös scientifique Tab. I Fig. 1. ° 1878. Neumayr, Cephalopodentypen $. 64. 133] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 18 noch in der erstgenannten Schrift, dass möglicherweise ein Teil der von CHArvIs und DEWALQUE erwähnten Angulaten zu A. subangu- lare gehören könne. Diese Autoren! bemerken, dass unter den kleinen Angulatenformen aus den Mergeln von Jamoignme sowohl solche, deren Rippen auf dem Rücken zusammenstossen (also — A. subangulare OPPEL emend. WÄHNER) als solche mit einer Rücken- furche (= A. Neumayri, nov. nom) vorkommen. Nun will WÄHnErR? den Namen subangulare auf die Formen ‘ohne Furche, entsprechend der später zu der Abbildung in QUEN- STEDTS Jura gegebenen Rückenansicht beschränkt wissen, auf die ÖOPPpEL seine Form begründet, und POMPECKJ? trennt die Form ganz von Schlotheimia und stellt sie zu Psiloceras. WÄHNnER erwähnt aber‘: „Ammoniten, welche noch kräftigere Rippen besitzen als Aeg. angulatum, in dem Verhalten derselben mit diesem vollständig übereinstimmen, aber niedrigere Windungen haben als die niedrigsten Exemplare von Aeg. angulare; sie stimmen in den Windungsverhältnissen mit A. subangulare überein, von welchen sie durch das Verhalten der Sculptur scharf zu trennen sind.“ WÄHNER zweifelt nicht, „dass wir in diesen Ammoniten Vorläufer des Aeg. angulatum und zugleich ein Bindeglied zwischen A. subangu- lare und letztgenanntem vor uns haben.“ Nach der Form der Rippen, die an meinem Exemplare sehr scharf sind, scheint das von NEUMAYR a. a. OÖ. abgebildete Bruchstück gut mit dem meinigen übereinzustimmen; die etwas grössere Höhe der Windungen lässt sich aus der verschiedenen Grösse erklären und der grössere Abstand der Rippen bei dem NEumAYzschen Exemplare ebenso durch die grösseren Proportionen. Dabei hat sich die charakteristische Schärfe der Rippen erhalten, während die Breite der Zwischenräume sich vermehrt hat. Wie man an dem Valsoldaer Exemplare beobachten kann, scheint die Anlage zu Rippenteilung, resp. Einschiebung von Rippen, dieser Art voll- ständig zu fehlen, da die innere Windung ebensoviel Rippen zeigt, wie die darauf folgende, äussere, Indem ich meine Form mit der von NEUMAYR als A.n. f. cf. angulatum identifizieren zu können glaube, widme ich sie NEUMAYR. Untersuchte Exemplare: 1 grosses, 4 Jugendexemplare. Fundort: A. Bolgia. ! 1851. CHapvis und DEWALQUE, Luxembourg I p. 38. ® 1886. WÄHNeER, Unt. Lias III S. 162. ® 1893. PompeckJ, Revision d. Ammoniten S. 69. * Loc. eit. S. 165. 19 von BISTRAM: [134 Aegoceras tenerum, NEun. Tab. I Fig. 3—4. 1879. Aegoceras tenerum NEUMAYR, Unterer Lias S. 31 Tab. III Fig. 4, 5. 1886. = NEuMm., WÄHNER, Unterer Lias III S. 43. Grösse des Exemplares a. d. Valsolda. d. Originales Neumayrs % / Dm. 26,8 mm (100) Dm. 36 mm (100) W.-H. 89 „ (83,2) W.-H.8 „ (80,8) W.-D. 56 „ (20,9) W.-D.:8... (19 N....10)8, 224403) N. ‚116, (44) Sowohl was seine Sculptur, als auch seine Proportionen an- betrifft, stimmt das abgebildete Exemplar durchaus mit dem NEU- MAYRSschen überein. Ich habe oben die von NEUMAYR gegebenen Masse — nach Correktur des Masses der Breite (W.-D.), wo offenbar ein Druck- fehler vorliegt, von 8 auf 5 mm — zum Vergleiche beigefügt. In Bezug auf die Beschreibung verweise ich auf die NEUMAYRsche Arbeit; die Lobenlinie ist natürlich an meinem Exemplar nicht er- halten. NEumAyks Beschreibung wäre nach dem hier abgebildeten Exemplare nur hinzuzufügen, dass sich, von der Biegungsstelle der Rippen ab, diesen noch weitere feine Streifen zugesellen, die ebenso wie sie über den Rücken verlaufen. WÄHNER macht beim Aegoceras calliphyllum', indem er dasselbe Verhalten auch von Aeg. planorbis erwähnt, zuerst darauf aufmerksam, diese feine Streifung gewisser- massen mit „Anwachsstreifen“ vergleichend. Es ist interessant, bei unserer Form auch diese Eigenschaft konstatieren zu können — ein weiterer Beweis zu der Verwandtschaft dieser Formen, auf die beide Autoren schon hingewiesen haben. Untersuchte Stücke: 2 Exemplare. Fundort: unterer Horizont und Ammonitenhorizont von A. Bolgia. Aegoceras Emmrichi Günms. Tab. I Fig. 7—8. 1861. Ammonites Emmrichi GÜMBEL, Bayer. Alpen 8. 473. 21865. — anomalus Tam., TERQuUEM und Pırrtte, Lias infer, S. 27 Tab. I Fig. 1—2. 1882. Aegoceras Gwidonii CANAVARI, Spezia pars, S. 167 Tab. XVIII Fig. 16 (non. 14—15). 1 1886. Unterer Lias III S. 137. 135] COMASKER ALPEN, I, LIASFAUNA DER VAL SOLDA, 20 1886, Aegoceras Emmrichi Güme., WÄHNER, Unterer Lias III S. 54 Tab. XX VI Fig. 4-6, 8—10. 1888. Psiloceras Guidonü Sow. sp. Canavarı, Spezia S. 100 pars. Tab. IV Fig. 16 (non 14—15), Tab. VIII Fig. 8. - Grösse des abgebildeten Exemplares: Dm. 11 mm (100 °/o) WEHR EB „ala %/o) W=B...34 ..2:5.(.27..%0) N, Bat (27 19/0) Das kleine Exemplar, dessen Masse hier angegeben, stimmt in seinen Sculptureigentümlichkeiten sehr gut zu der Beschreibung Wänners. Zwischen die sichelförmig geschwungenen Hauptrippen schieben sich vom äusseren Rande her Secundärfalten ein, die auf dem Rücken ziemlich dieselbe Stärke wie die Hauptrippen haben, auf den Flanken aber an Stärke abnehmen, um auf der Mitte der- selben in verschiedenem Abstande vom Nabel zu verschwinden. Mein Exemplar ist noch hochmündiger und flacher als die be- schriebenen und gleicht darin sehr dem von WäÄnuner abgebildeten Aeg. Guidonii, Sow.!, doch veranlasste mich der Charakter der Sculptur — die so stark ausgebildete Tendenz zur Einschiebung von Zwischenfalten vom Rücken her und die Beobachtung, dass die Rippen beim Uebergang über den Rücken keinerlei Neigung zur Abschwächung zeigen — dazu, es zur erstgenannten Form zu stellen, Die äusserst flache Form des abgebildeten Exemplares ist jeden- falls nicht etwa durch Flachdrücken entstanden, sondern die ur- sprüngliche, da es keine Spur von Verletzungen in dieser Richtung zeigt. Die Tendenz zur Rippenteilung drückt sich schon darin aus, dass die Rippenzahl mit dem Wachstume stark zunimmt. So sehen wir auf dem äusseren Umgang 16 Hauptrippen, auf dem nächst inneren nur 8. Ein zweites kleineres Exemplar scheint auch hierher zu gehören, doch gestattet sein Erhaltungszustand sichere Bestimmung nicht. Wahrscheinlich gehört das von TERQUEM und PIETTE loe. cit. abgebildete Ammonitenbruchstück hierher oder zur Aeg. Gwidonit. Die Exemplare von CAnAvARı sowie TERQUEM und PIETTE stammen aus einem höheren Horizonte, WÄHNER erwähnt diese Form aus den Schichten mit Psiloceras megastoma und denen mit Schloth. marmorea. Untersuchte Stücke: 2 kleine Exemplare, Fundort: A. Bolgia. ! Wänner loc. cit. Tab. XXVI Fig. 3. 2] von BISTRAM: [1 36 Aegoceras calliphyllum Neun. Tab. I Fig. 9—13. Ammonites planorbis auct. pars. 1879. _Aegoceras calliphyllum NEUMAYR, Unterer Lias S. 27. 1886. — n Neum., WÄHNER, Unterer Lias III S. 137. 1895. _ _ Neum., WÄHNER, Ebd. VII S. 32 Tab. VI Fig. 5. Grösse der Exemplare: Fig. 11—13 Fig. 9 nicht abgeb. Dm. 22,4 mm (100 °)o) erg. 13,1 mm (100 °/o) 20 mm (100 °/o) W.H, 83 „= @1,5 °f) 44 „(83,6 °/o) 7 na (85..,,./0) W.-D. 7,6 „ (8 %) 4 en ABL;SE IB) Ei. (BER IN: 8:0 °. 198.590) 4.2 *„. (88,6 ./0) 19 2 Nor Da die äusseren Windungen der Ammoniten nicht oder nur sehr schlecht verkieselt sind, liegen mir nur verhältnismässig kleine Exemplare vor. Das grösste, etwa 35 mm im Durchmesser messende ist nur einseitig verkieselt, zeigt aber auch die niedrigen, dicken Windungen und verhältnismässig starke Einrollung, wie die ab- gebildeten. Diese stimmen sehr gut mit Wänners Abbildung, die ich oben citiert habe, sowie mit Abbildungen mancher kleinerer Pla- norben. NEUMAYR bildet nur ein grösseres Exemplar der ganz glatten Form ab und auch die übrigen von WÄHNER abgebildeten Individuen, die zwar ähnliche Berippung zeigen, sind, abgesehen von ihrer viel bedeutenderen Grösse, evoluter und flacher. Die Sculptur besteht bei meinen Exemplaren aus verhältnis- mässig dicken, faltenartigen geraden Rippen, die auf dem unteren Drittel am stärksten sind, über dem oberen Drittel zu verschwinden scheinen, sich aber bei genauerem Zusehen über den Rücken ver- folgen lassen, wo sie, eben noch angedeutet, nur sehr wenig nach vorne geschwungen und mit den entsprechenden der anderen Seite zusammenlaufend, eine nach vorne schwach bogenförmige Linie bilden. Feine „Anwachsstreifung“! ist ebenfalls zu bemerken. Das ganz junge, in zweimaliger Vergrösserung abgebildete Exemplar zeigt den Beginn der Rippenbildung. Es sind nur eben angedeutete breite, flache Falten, die vom Nabel ausstrahlen. Bei etwas fortschreitendem Wachstume accentuieren sie sich mehr, heben sich und nehmen regelmässigen Abstand an. Sehr ähnlich unseren Exemplaren erscheinen die von WÄHNER abgebildeten Exemplare von ? Arietites minusculus, WÄHN. und ı Vgl. WÄHNER loc. cit. S. 137. 137] COMASKER ALPEN. I. LissFAuna DER VAL SoLDa. 99 De Arietites semicostatulus, Reyn.! ihrer Sculptur und Involution nach, doch sehen wir, dass bei ihnen die Dicke die Windungshöhe über- trifft, während bei unseren Exemplaren das Umgekehrte der Fall ist, — abgesehen davon, dass die erwähnten Formen aus höherem Niveau stammen. Man kann zweifelhaft sein, ob die Psilonoten der Val Solda, wie hier geschehen, zu A. calliphyllum, oder zu A. planorbis zu stellen seien, da sich die Lobenlinie nicht beobachten lässt; doch spricht wohl die Wahrscheinlichkeit, da wir es hier mit einem alpinen Vorkommen zu thun haben, dafür, dass erstere Bezeichnung die richtige sein wird. Untersuchte Stücke: 6 Exemplare. Fundort: Ammonitenhorizont bei A. Bolgia. Aegoceras Johnstoni Sow. Tab. I Fig. 14. 1824. Ammonites Johnstoni SOWERBY, Mineral Conchology vol. V p. 70 Tab. 449 Bios 1. 1842. — torus D’ORBIGNY, Pal. Francaise, terrains Jur. p. 212 Tab. LIII. 1843. — psilonotus QUENSTEDT, Flötzgebirge Württemb. S. 127—128 pars. 1847. —_ raricostatus ZIET., DUNKER, Halberstadt pars S. 114. Tab. XIII Fig. 21 (non VII Fig. ]). 1849. — psilonotus plicatus QUENSTEDT, Cephalopoden S. 74 pars. 1852. — —_ — QUENSTEDT, Petrefaktenkunde 1. Aufl. Tab. 27 Fig. 6. 1856. _ Johmstoni OPPEL, Juraformation S. 74. 1858. — psilonotus plicatus QUENSTEDT, Jura S. 40 (links). 1858. = Johnstoni CHapuis, Luxembourg p. 15 Tab. III Fig. 2. 1865. —_ — SCHLÖNBACH, Jura und Kreideform,. S. 151. 1865. —_ laqueolus SCHLÖNBACH, Ebd. 8. 151. 1879. Aegoceras Johmstoni NEUMAYR, Unterer Lias S. 29 Tab. III Fig. 2. 1879. _ torus NEUMAYR, Ebd. S. 30 Tab. III Fig. 3. 1879. Ammonites Johnstoni Reyx&s, Ammonites Tab. IT Fig. 19—21. 1880. Aegoceras torus-Johnstoni WRIGHT, Lias Ammon. Tab. XIX Fig. 34. 1881. u Johnstoni WRIGHT, Ebd. S. 311. 1883. Ammonites pstilonotus plicatus QuENSTEDT, Ammoniten schwäb. Jura S. 14—17 pars Tab. I Fig. 8 u. 13. 1886. Aegoceras Johmstoni WÄHNER, Unterer Lias III S. 146 Tab. XVI Fig. 6. non 1883. Ammonites Johnstoni QuENSTEDT, Ebd. Tab. I Fig. 20. Der hier abgebildete, nur teilweise erhaltene und deformierte Ammonit ist der grösste, den ich durch Aetzen gewonnen habe. ! Loc. eit. Tab. XXVII Fig. 6—13. 93 von BisTRam: [138 Der abgebildete Teil des äusseren Umganges war nicht vollständig verkieselt, liess sich aber aus dem Gestein präparieren. Er wurde, da sich von der Rückseite die verkieselte, aber auf dieser Seite nicht vollständig erhaltene innere Windung ausgewittert zeigte, ge- zeichnet und darauf das Stück geätzt, wobei der gezeichnete Teil des äusseren Umganges allerdings litt, aber der innere Umgang ge- wonnen wurde. Es zeigen sich an dem Nabelabfall schwach be- ginnende, auf der Mitte etwa am stärksten ausgebildete und dann zum Rücken hin verschwindende gerade wulstige Rippen, die meist etwas nach vorwärts verlaufen. Die Umgänge sind im Querschnitt eiförmig gerundet und zeigen nur ein schwaches Anwachsen, daher starke Evolution. Zwei Bruchstücke kleinerer Exemplare zeigen dasselbe Ver- halten, Untersuchte Stücke: 3 Exemplare. Fundort: Ammonitenbank bei A. Bolgia. Aegoceras cf. Hagenowi Dkr. Neun. Tab. L’Eie- 19, 1879. Aegoceras cf. Hagenowi NEUMAYR, Unterer Lias S. 28 Tab. II Fig. 6. Grösse des abgebildeten Exemplars: Neumayrs Original: Dm. 32,5 mm (100 %) 31,5 W.-H. 10,5 ,„ (32,3 %) 10 W.-D.. 783.4 a25°%o) _ N. 132 „ @ ®%) 14 NEUMAYR giebt keine Masse an. Ich habe sie zum Ver- gleiche der Abbildung entnommen. Sie stimmen ausgezeichnet mit meinem nicht ganz vollständigen Exemplare, welches auf dem äusseren Umgange breite, nicht sehr hohe Falten zeigt, die über der nicht hohen, aber steil abfallenden Nabelkante beginnen, im ersten Drittel ihre stärkste Entwicklung zeigen, um etwa auf der Mitte schon sich abzuflachen und dann ganz zu verschwinden. Diese Falten er- scheinen auf dem inneren Umgang ausgesprochener und scheinen mit zunehmendem Alter des Individuums die Tendenz zu haben, sich abzuschwächen und vielleicht zu verschwinden. Die Windungen sind auf den Seiten abgeflacht, zeigen aber doch immer eine schwache Wölbung und fallen ebenso zu dem schmalen gerundeten glatten Rücken ab. 139] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA, 94 Drei kleine, flachscheibenförmige, scheinbar glatte, sehr schlecht erhaltene Ammoniten gehören vielleicht hierher oder zum typischen A. Hagenowi. Untersuchte Stücke: 4 Exemplare. Fundort: Ammonitenbank bei A. Bolgia. Mollusca. Familie: Aviculidae Lan. (zenus: Zeptodesma HALL. Avicula (Leptodesma) Valsoldae n. £. Tab. II Fig. 4—8. Of. 1855. Avicula Alfredi Terqurm, Hettange p. 314 Tab. XXI Fig. 11. Cf. 1855. — Dunkeri ebd. Fig. 12. C£. 1855. — Bowvignieri ebd. Fig. 14. C£. 1865. — falcata Stoppanı, Contortaschichten S. 135 Tab. XXXI Fig. 6. Schalen ungleichseitig, gleichklappig, fein concentrisch gestreift, schief nach hinten verlängert, Schlossrand lang und gerade mit schmaler Furche für das bandförmige, die ganze Schlosslänge ein- nehmende Ligament. Wirbel vorderständig, nach vorne und innen gekrümmt. Die Schalen in der Mittellinie gewölbt, zu beiden Seiten des Wirbels unter dem Schlossrande flach zusammengedrückt, der Uebergang von der Wölbung zur Abflachung, besonders hinten, con- cav. Die hintere Seite der Schale unter dem Schlossrande aus- geschnitten, so dass derselbe flügelartig wird. Kein Byssusausschnitt, Schalen unter dem vorderen Ohr etwas klaffend, unter dem Wirbel kleines heterodontes Schloss, in der rechten Klappe aus zwei etwas divergierenden Oardinalzähnen bestehend, in der linken aus drei solchen Zähnen / | N. Unsere Form gleicht sehr einigen Abbildungen aus dem unteren Lias von Frankreich, dann einer rhätischen Form bei SToPpPanı, die ich oben angeführt habe, ferner triadischen, carbonischen und devonischen Formen, die anzuführen zu weit führen würde, doch muss sie der Schlosszähne wegen, die jenen zu fehlen scheinen, von hnen getrennt werden. Untersuchte Stücke: eine rechte und eine linke Klappe, ein kleines zweiklappiges Exemplar. Fundort: A. Bolgia. Ich habe lange geschwankt, wohin diese Form zu stellen sei. Die Diagnosen, die für Avicula gegeben werden, stimmen bei den 95 von BISTRAM: [140 verschiedenen Autoren nicht überein. Sie sind wohl meistens, so die von FISCHER (Öonchyliologie) besonders, auf Grund der lebenden Formen gegeben. Nun scheinen mir aber die mesozoischen Aviculen und ihre paläozoischen Vorgänger nicht ganz mit den recenten über- ein zu stimmen. Einerseits sehen wir bei den recenten einen Byssus- ausschnitt und ausgesprochene Ungleichklappigkeit, dann ein schier nach hinten verlaufendes Ligament, welches somit halb äusserlich und halb innerlich ist. _Zähne von heterodontem Typus, sehr klein, sind vorhanden oder fehlen. Die altmesozoischen glatten Avieulae dagegen zeigen ein durch- laufendes äusseres Ligament, keinen Byssusausschnitt und Gleich- klappigkeit. Auch habe ich nirgends in der Litteratur Andeutung von Schlossbezahnung bei den abgebildeten und beschriebenen For- men gefunden ausser bei BITTNER, der eine Innenansicht einer linken Klappe von Avieula Tofanae mit rudimentärem Schloss! abbildet, sowie ein gut ausgebildetes heterodontes Schloss an einer ebenfalls linken Klappe einer „Avicula aus der Gruppe der Cassiana“?, über die er im Texte nichts erwähnt. In der neuen englischen Ausgabe von ZITTELs Lehrbuch findet sich zu Pleria (= Avicula) die Definition „in der Jugend Pseudo- cardinal- und Lateralzähne“, was wohl vielfach zutrifit. ‚Vergleichen wir unsere Form mit Jugendexemplaren von Ger- villia aviculoides’, so tritt uns die grosse Aehnlichkeit im Schlossbau beider entgegen. Bei ganz jungen Exemplaren dieser Art sehen wir ein heterodontes Schloss, das vollständig dem unserer Form ent- spricht, nur können wir schon die Anlage einiger Bandgruben be- merken. Bei weiterem Wachstume haben die Cardinalzähne ihre symmetrische Lage verlassen und verlaufen schräg nach hinten. Die Zahl der Bandgruben hat sich dabei vermehrt. Hierbei fällt es auf, dass der ursprüngliche heterodonte Schlosstypus in der linken Klappe sich länger erhält als in der rechten, wo man nur noch ein paar schräge Leistenzähne sieht. Dieses kommt daher, dass infolge der Tendenz der linken Schale, sich stärker zu wölben, das Bandfeld hier in einer Ebene mit der Schlossfläche bleibt, während auf der rechten Klappe es dadurch, dass die linke Klappe sie gewisser- massen umfasst, einen stumpfen Winkel mit der Schlossfläche bildet. So sehen wir auch, dass bei weiterem Wachstume, wobei 1895. Lamellibranchiaten der alpinen Trias Tab. VIII Fig. 11. 1 ® Loc. eit. ibid. Fig. 23. ® Diese Arbeit, Tab. II Fig. 11 u. 12. 141] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SoLDa. 96 die Schale bedeutende Dicke erreicht, die linke Klappe von der Mitte der Wölbung ab, wo sie die grösste Stärke hat, bis zum Schlossrande fast die gleiche Dicke zeigt, während die rechte Klappe sich zum Schlossrande, fast wie messerförmig, zuschärft. Diesen Charakter sehen wir sehr lange wenigstens an der hinteren Schlossseite erhalten, während vorne auch die rechte Schale all- mählig sich bis zum Schlossrande verdickt. Dieses Verhältnis wird schon von DUNKER und KocH! durch einen Querschnitt gut dar- gestellt. Dabei schiebt sich der Wirbel immer mehr nach vorne, so dass das vordere Ohr fast verschwindet. Noch näher unserer Form steht die @ervöllia pygmaea, DUNKER und Koc#H?. Nur die schon sehr früh sich bildenden Ligamentquerfurchen weisen darauf hin, dass diese Form zu Gervillia zu stellen ist. Somit hat ROEDER® Unrecht, wenn er gegenüber BRAUNS und STUCKMANN, welche die Form zu Gervillia gestellt haben, sie wieder als zu Avicula gehörig ansieht. Aehnliche Entwicklungsvorgänge, welche oben bei Gervillia aviculoides beschrieben wurden, hat PHıLippı bei Gervillia Hagenowi DKR. aus dem untersten Lias beobachtet, wobei er auf den Ueber- gang vom Gervillien — zum Pernenhabitus hinweist und ferner FrREcH’, der die Entwicklungsstadien von Ligamentgruben und Zahnbau an der lebenden Perna ephippium (nach BERNARD) abbildet und beschreibt. In Bezug von Aviculiden meint NEUMAYR®, die Gattung Pteri- naea bilde den Ausgangspunkt für die überaus formenreiche Familie der Aviculiden, von diesen Formen ergebe sich der Weg zu den echten Aviculen durch Reduction des vorderen Muskeleindruckes, Veränderung des Bandansatzes und Obliterieren der Zähne. Gegen diese Auffassung wendet sich FRECH’, indem er hervorhebt, dass an den sog. Pterinaeen des Silurs bisher niemals die bezeichnenden Schlosszähne nachgewiesen seien, während Avicula sich schon im Silur vorfinde. Nun bildet aber PuıLıppı® das Schloss eines Exemplares von Pterinaea retroflexa aus dem Öbersilur ab, an dem deutliche Zähne, die noch ziemlich heterodonten Typus zeigen, sichtbar sind. ı 1837. . Dunker und Koch, Beiträge zur Kenntnis des norddeutschen Oolithgebirges. ® Diese Arbeit, Tab. II Fig. 9 u. 10. 3 1882. RoEDER, Pfirt S. 59. * 1897. Puıtıppr, Lamellibranchiaten von Halberstadt S. 436. 5 1902. FRrEcH, Ueber Gervilleia. 61891. NEUMAYR, Einteilung der Bivalven. ” 1891. Frech, Die devon. Aviculiden Deutschlands S. 184. ® 1899, Pnıttppı, Pterinaea retroflexa. 27 von BISTRAM:. [142 NEUMAYR! sagt, der Heterodontentypus stelle gewissermassen das Normalschloss der Muscheln dar. Die typische Entwicklung eines solchen Schlosses stelle eine beschränkte, nicht über drei steigende Zahl von Cardinalzähnen in jeder Klappe dar, zu denen noch je ein vorderer und hinterer Seitenzahn trete; Abweichungen liessen sich leicht auf den ursprünglichen Typus zurückführen. Wenn wir ferner an den Beispielen der Entwicklung von Gervillia aviculoides und pygmaea, im Jugendstadium ein typisches heterodontes Schloss sehen, dann eine Form mit solchem Schloss in „Avicula aus der Gruppe des Cassiana“ BITTNER, sowie Avicula Valsoldae n.f. finden und uns daran erinnern, dass unter den recenten Aviculen sich eben- falls solche mit einem gleichen Schlosse (z. B. Avicula semisagitta Lam) finden, so kann man wohl als Ursprungstypus der Aviculiden eine Form mit heterodontem Schloss annehmen. NEUMAYR bemerkt?, der heterodonte Schlosstypus komme nur bei Formen mit zwei gleichen Schliessmuskeln vor. Nun sehen wir bei den älteren Aviculidenformen, dass der vordere Muskel zwar kleiner, aber jedenfalls stark entwickelt war und erst bei jüngeren Formen mehr zurücktritt. Reıs bemerkt°, dass die Lage des Liga- mentes und die Schlosszahnbildung mit der Lage der Schliessmuskeln eng zusammenhängen; damit erklärt sich sehr gut die Veränderung des Typus der Schlossbezahnung. Wir haben in der von mir beschriebenen Form einen Ueber- gangstypus von Awiculiden zu Gervillien. Wenn nun dieses der Fall ist, so erscheint es einigermassen befremdlich, dass schon im Paläo- zoicum echte Gervillien sich finden sollen, und kommt man dazu, sich die Frage vorzulegen, ob die als Gervillien beschriebenen älteren Formen wirklich als solche anzusehen oder nicht etwa von den- selben zu trennen sind. Wir haben die Entwicklung einiger Gervillien durch ihre ver- schiedenen Altersstadien verfolgt und können wohl annehmen, dass die Entwicklung der Gattung durch die verschiedenen geologischen Stufen ähnlich verlaufen ist. Nun haben wir im Paläozoicum als sehr alte Form die Pterinaeen, die sich m. E. aus der aviculiden Urform ganz ent- sprechend entwickelt haben können, wie die Gervillien aus den Avi- 11891. Einteilung der Bivalven. ® DLoe. eit. S. 14. ® 1902. Reıs, Das Ligament der Bivalven. 143] CoMASKER ALPEN. I. LiIASFAUNA DER VAL SoLDA. 98 culen des Beginnes der mesozoischen Aera. Die Uebereinstimmung ist gross: die Schale hat sich verdickt, das den ganzen Schlossrand einnehmende, äusserliche Bandfeld ist verbreitert, die Zähne des Schlosses sind verändert, es prävalieren schräg nach hinten gerichtete starke Zähne, dazu kommen noch kleine Zähnchen vorne. Der Wirbel ist stärker nach vorne gerückt. Das hauptsächlichste Unterscheidungsmerkmal von Pterinaea und Gervillia bilden somit nur die, zum Schlossrande senkrechten, Kerben des Ligamentfeldes. Nun ist, wie vielfach betont wird, die Zahl der Kerben sehr wenig con- stant, man sieht sie sich ja auch nur ganz allmählich bei fort- schreitendem Wachstume entwickeln, auch ist ihre Bedeutung nicht etwa die, dass das ganze Ligament sich gespalten und in diese Gruben zurückgezogen habe, sondern im Gegenteil hat sich das Ligament nur differenziert und zwar so, dass das elastische Liga- ment den Hauptteil des Ligamentfeldes zwischen den tiefen Kerben einnimmt und nur das unelastische (sonst äussere) Ligament die Gruben einnimmt!. So sehen wir auch zuweilen die Gruben, duych Verbreiterung des elastischen Ligamentes nach innen, sich ver- schmälern, zusammenlaufen oder gar verschwinden, während am hinteren Schlossende sich neue bilden. Reıs erklärt diese eigen- tümlichen Vorgänge aus dem starken Schalenwachstum nach hinten, So scheint es mir, dass beirn Aufstellen von Theorien über die Abstammung der einzelnen Formen voneinander auf die Ausbildung des Ligamentes nicht so grosses Gewicht zu legen ist und wir vielleicht das Auftreten dieser Erscheinung in verschiedenen Stamm- reihen annehmen können („Isodimorphismus“ bei FrEcH). Dann hätten die paläozoischen „Gervillien* direkt nichts mit den eigent- lichen Gervillien des Mesozoicums zu thun, sondern steliten einen Seitenzweig desselben Stammes dar. Wir haben gesehen, wie die recente Perna ephippium in ihrer Entwicklung ein Bakewellia-Stadium durchmacht, woraus wir schlies- sen können, dass die Permen vielleicht von einer so gestalteten früheren Form abstammen. So hat meines Erachtens FRECH? durchaus Recht, wenn er entgegen v. WÖHRMANN?, der Perna Bouei aus den Raibler Schichten zu @ervillia stellt, hierfür eine neue Untergattung (Odontöperna) geschaffen hat und sagt, er halte die Zurechnung der obertriadischen Art zu Gervillia nicht für statthaft, weil Perna Bouei "1902. Vel. Reıs, Das Ligament der Bivalven. ® 1891. Frech, Devonische Aviculiden 8. 215. ® 1889. von WÖHRMANN, Carditaschichten S. 207. 99 von Bistkau: [144 wie die typischen Pernen durch Gleichklappigkeit, rhombischen Umriss und Dickschaligkeit sich auszeichne. In einer späteren Mit- teilung! dagegen stellt FREcH, der offenbar seine frühere Meinung geändert hat?, seine Gattung Odontoperna zu Gervillia, — ohne zu er- wähnen, dass er seine Auffassung geändert habe, noch einen Grund dafür anzugeben, — und bemerkt dazu, dass er annehme, diese Form sei ein besonderer erloschener Seitenzweig, aber keineswegs etwa ein Uebergang von Gervilia und Perna gewesen. Bereits in der ersten citierten Arbeit hat er die Meinung ausgesprochen, dass die Aenderung der Lebensbedingungen zur Zeit des folgenden Haupt- dolomites und Dachsteinkalkes das baldige Verschwinden dieser Form zur Folge gehabt habe. Nun scheint mir aus dem ganzen Entwicklungsgange der Tier- formen, wie wir ihn aus der Paläontologie erkennen können, alles viel mehr für eine allmähliche Umbildung der einzelnen Formen als für ein plötzliches Verschwinden derselben zu sprechen, und die An- nahme, dass wir in Odontoperna einen Vorläufer der spätmesozoi- schen Pernen vor uns haben, grosse Wahrscheinlichkeit zu besitzen. So stelle ich denn Odontoperna FRECH, als Untergattung zu Perna, halte sie aber nicht für eine Zwischenform zwischen Gervillia und Perna, sondern glaube, dass sie sich aus paläozoischen Pterinaen entwickelt hat, wozu ihre Umrissform auch besser passt. Ein Ver- lust der Zähne erscheint nach Analogie der Pernenentwicklung eher dafür als dagegen zu sprechen. Stellen wir nun einen Teil der älteren @ervillien zu Pterinaea, so bleiben noch zwei Gruppen nach, die sich mit ihnen nicht in Ver- bindung bringen lassen, nämlich die Cassianellen und Hoernesien. Diese fasse ich als einen besonderen Entwicklungstypus der Avwi- culiden auf, bei dem, bei Dickenzunahme der Schale und entsprechen- der Veränderung der Ligamentfelder und des Schlosses, die Linie des stärksten Zuwachses der Schale einen stumpferen, sich dem rechten mehr nähernden Winkel(wenigstens in den früheren Wachstumsstadien) zur Schlosslinie bildet, wodurch auch der vordere Schlossteil nicht so stark verkürzt, daher das vordere Ohr erhalten und der Wirbel mehr mittelständig bleibt. Auch hier sehen wir die den Aviculiden eigene Anlage zur stärkeren Aufwölbung der linken Schale. In diese Gruppe gehören wohl auch einige triadische Gervillien, wie Gervillia inflata, socialis, vielleicht Avicula contorta. "1902. FrEcH, Ueber Gervilleia. ® Vielleicht infolge des Einspruches von Bittner, Bakony 8. 31, 1901. 145] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 30 Jungpaläozoische „Gervillien“, für die Kıns& den Namen Bakewellia aufgestellt hat, bleiben allerdings noch nach. Diese sind m. E. zu Gervillia zu stellen, doch möchte ich für sie die Bezeich- nung Bakewellia als Untergattung nicht missen, da sie zum Teil doch in ihrem arcidenartigen Habitus von den Gervillien s. str. abweichen und sich vielleicht früher schon als besonderer Zweig entwickelt haben. Es bleiben dann noch Formen nach, die am meisten im Umriss der Schale und infolge ihrer Dünnschaligkeit den Typus der recenten Avicula haben. Es sind einerseits die gerippten Formen, für die der Gattungs- name O.xytoma geschaffen wurde, mit flacherer rechten Schale und Byssusausschnitt, sowie schräg nach innen verlaufendem Ligament, dann die glatten Formen, die gleichklappig sind und keinen Byssus- ausschnitt besitzen, und die durchaus an die paläozoische Gattung Leptodesma erinnern. HALL unterscheidet ZLeiopteria und Leptodesma hauptsächlich nach dem Fehlen oder Vorhandensein von Schlossbezahnung. Vergleicht man aber seine Abbildungen, so fällt ein anderes Merkmal sehr in die Augen, nämlich dass bei Leptodesma das vordere Ohr ziem- lich spitz ausläuft und die geradlinige Verlängerung des Schloss- randes bildet, während bei Leiopteria dieses Ohr mehr verkümmert ist, abgerundet erscheint und mit seiner oberen Seite einen Winkel zur Schlosslinie bildet. So müssen wir denn annehmen, dass hier das Ligament nur bis unter den Wirbel sich erstreckte, während es bei Leptodesma wohl durchgeht. Mir scheint es, dass Leiopteria eher in die Nähe von Pferinaea zu stellen ist, während Lepto- desma eine Avicula im weiteren Sinne ist und zu den mesozoischen Gervillien hinüberführt. Infolge Fehlens von Zähnen stellt DE Koninck! Formen, die sonst den Leptodesmen Haus viel mehr gleichen, zu Leiopteria. Wenn wir nun der Bezahnung bei den Aviculiden weniger Wich- tigkeit als Unterscheidungsmerkmal beimessen müssen, da wir sehen, dass zuweilen solche in der Jugend vorhanden ist, mit weiterem Wachstume sich verändert und zuletzt ganz verschwindet, so dürften wohl die Leiopterien DE KoNnIncks und auch die glatten mesozoi- schen Aviculen zu Leptodesma zu ziehen sein. Ich möchte die Gattungsdiagnose von Leptodesma folgender- massen erweitern: 11886. pe Konimck, Calcaire carbonifere. Berichte XIII. 10 31 von BISTRAM: [146 Glatte, gleichklappige oder fast gleichklappige Muscheln, schräg nach hinten verlängert, gerader langer Schlossrand mit spitzen Ohren, Ligament äusserlich in einer schmalen Ligamentgrube, die die ganze Länge des Schlosses einnimmt, kleiner vorderer und grosser hinterer Adduktor, Schloss in der Jugend zuweilen mit heterodonten Zähnen, ausgewachsen zahnlos oder mit kleinen schiefen Zähnen, kein Byssus- ausschnitt, Schale vorne etwas klaffend. Diese Gattung würde einen Teil der bisher zu Avicula ohne nähere Unterscheidung gestellten Formen umfassen und den anderen Aviculidengattungen, wie z. B. Gervillia, Pseudomonotis, Oxytoma gleichwertig sein. Die Form Pteroperna, die nur durch die breite Ligamentfläche und kleine Zähne sich unterscheidet, dürfte vielleicht von Leptodesma abstammen und könnte der Name als Untergattung beibehalten werden. Der Name Avicula, den wohl der von Pteria, der in der neuen englischen Ausgabe von ZırteLs Handbuche an- gewandt wird, trotz Anciennität kaum verdrängen dürfte, würde als allgemeiner, mehrere Gattungen zusammenfassender zu gelten haben, ausserdem recenten Formen, für die er geschaffen wurde, ver- bleiben. In der Regel wird Pterinaea zu den Aviculiden gerechnet, Gervillia zu den Perniden dagegen — wegen der gleichen Ausbildung des Ligamentes. Nach meinen obigen Deductionen aber erscheint mir diese Classificierung unnatürlich zu sein, Gervillia lässt sich von den Aviculen m. E. nicht gut trennen, dagegen dürfte es vielleicht angebracht sein, Pterinaea mit Perna zusammenzustellen, dazu ausser Odontoperna noch Myalina DE Kon. Genus: Gervillia DEFR. Gervillia pygmaea KocH und Dkr. sp. Tab. II Fig. 9, 10. 1837. Avicula pygmaea Kock und Dkr., Beiträge S.37 Tab. III Fig. 6. 1874. Gervillia — KocH und Dkr., BrAuns, Oberer Jura S. 309. 1878. = — KocH und DkR., STRUCKMANN, Oberer Jura 8.38 No. 133. 1882. Avicula — Koch und Dkr., RoEDER, Pfirt. S. 59 Tab. III Fig. 1. Of. 1837. Gervillia ventricosa KocH und Dkr., Beiträge S. 41. Ch. — — KocH und Dkr., v. SEEBAcH, Hann. Jura S. 106. Untersuchte Stücke: 4 Exemplare aus der Pfirt (Ober- elsass). 147] CoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 392 Gervillia aviculoides Sow. Tab;EL Rip.-11, 12, 1814. Gervillia aviculoides SowErRBY, Mineral Conch. S. 16 (830) Tab. 511 (372). 1866. = angustata Rorm., KÖCHLIN-SCHLUMBERGER und DELBROS, Descr. geol. dep. Haut-Rhin Bd. I S. 374. 1874. — aviculoides Sow., Brauns, Oberer Jura S. 309. 1878. —_ —_ STRUCKMANN, Oberer Jura S. 38 No. 136. Auf beide Formen, die zum Vergleiche abgebildet wurden, ist bei Leptodesma Valsoldae n. f. Bezug genommen. Untersuchte Stücke: 7 Exemplare aus der Pfirt (Ober- elsass). Genus: Pseudomonotis BEYR. Pseudomonotis Bolgiensis n. f. Tab. I Fig. 16—20. Linke Schale stark gewölbt, etwas ungleichseitig, gerader breiter Schlossrand, den der nach innen eingebogene Wirbel überragt. Die Sceulptur besteht aus feinen, gerundeten, nahe zusammenstehenden Radialfalten und starken Anwachsstreifen, welche, besonders auf den Kämmen der Radialrippen, aufblättern, und so eine dachziegel- förmige Sculptur hervorrufen. Der Abstand der concentrischen Streifen entspricht ungefähr dem der Radialfalten. Mit zunehmender Grösse der Schale vermehren sich dieselben, wobei diejenigen der hinteren Seite, entsprechend dem stärkeren Wachstume der erst fast gleichseitigen Schale nach hinten, in gewissen Zonen von der ursprünglichen Richtung etwas abbiegen; hierbei tritt auch meist eine Vermehrung der Rippen ein. Leider ist die Zeichnung etwas schematisch geworden, so dass dieses übrigens wenig auffallende Merk- mal nicht hervortritt. Im Innern der Schale ist der Eindruck des ziemlich grossen hinteren Adduktors zu sehen. Auf dem Schlossrande ist von der vielleicht schief nach hinten und innen verlaufenden Ligamentfurche noch nichts zu sehen. Die rechte Klappe glatt, kleiner, weniger gewölbt, mit durch eine scharfe Falte abgesetztem vorderen Ohr, unter dem der Beginn des Byssusausschnittes sichtbar wird. Wir haben es hier offenbar mit Jugendexemplaren zu thun, wo sich der Byssusausschnitt eben bildet, weswegen die linke Klappe auch noch für den Byssus ausgebogen ist und, auf eine ebene Fläche gelegt, vorne klafit. Ich stelle diese 10* 33 von BISTRAM: [148 rechten Klappen ohne Bedenken hierher, in Analogie der Abbildung einer solchen Klappe von Ps. /Claraia] tridentina bei BITTNER!. Wir können verfolgen, wie bei Pseudomonotis das Byssusohr sich zuerst durch Einknickung von der Schale differenziert, dann der Ausschnitt sich bildet und allmählich tiefer einschneidet, wobei an- fänglich das Ohr im Vergleiche zu der übrigen Klappe viel grössere Dimensionen hat, während es später nur wie ein ganz kleiner spitzer Lappen erscheint. Aus der oben geschilderten Richtungsveränderung der Radialrippen können wir schliessen, dass die ausgewachsene Schale ungleichseitiger, nach hinten mehr verlängert, gewesen sein muss, als in diesem Jugendstadium. Die Sculptur ist in ihrem Charakter schon der der Pseudo- monotis echinata Sow. ähnlich, doch scheint bei der uns vor- liegenden Art die Aufblätterung der Anwachsstreifen noch stärker hervorzutreten. Ausserdem stehen diese Anwachsstreifen dichter zusammen, während bei Ps. echinata die Radialrippen etwas grössere Zwischenräume zwischen sich lassen, so dass in Bezug auf die sich voneinander entfernende concentrische Streifung wir eine Reihe haben, an deren einem Ende unsere Form steht, dann die Ps. echinata folgt, während Ps. subechinata LAHUSEN, wie ich sie in den Callovien-Sanden von Popielany an der Windau (Litthauen) ge- funden habe, die noch weiter sich entfernende concentrische Streifung zeigt und so das andere Ende der Reihe bildet. Auch Ps. speluncaria, SCHLH. erinnert in der Sculptur an unsere Form. Untersuchte Stücke: 2 linke, 3 rechte Klappen. Fundpunkt: A. Bolgia. Familie: Pectinidae Lan. Genus: Pecten KLEIN. Subgenus: Chlamys BOLTEN. Pecten (Chlamys) Thiollierei Marrın. Tab. II Fig. 13—15, 1859. Pecten Thiollierei Marrın, Cöte-d’Or. p. 89 Tab. VI Fig. 21—23. 1864, —_ — MARrrT., DumorTIER, Infralias p. 62 Tab. X Fig. 4—7. 21865. — textorius ScHLA., TERQUEM und PIETTE, Lias inferieur p. 103 pars. 21865. — aequalis? 'TERQUEM und PIıETTE, Ibid. p. 102 Tab. 12 Fig. 15—19. 21865. — 5. Srtoprant, Contortaschichten S.138 No.14 Tab. XXXIL Fig. 4 u. 5. ı 1900. Bittner, Ueber Pseudomontis Telleri etc. 149] CoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 34 Gerundet gleichseitig, stark gewölbt, ebenso hoch als breit, beinahe gleichklappig. Die grössten Exemplare aus der Val Solda messen ca. 30 mm in beiden Richtungen bei einer Dicke von etwa 20 mm (DuMoRTIER giebt als grösstes Mass 35 mm hoch, 36 breit und 21 dick an). Die Schale ist recht dick und hat ziemlich grosse Ohren, welche einige Radialfalten tragen. Der Schlossrand ist gerade. Die Sculptur besteht aus sehr gleichmässig ausgebildeten, ziemlich hohen und breiten Radialrippen, ca.20 an der Zahl. Diese Sculptur zeigt sich auch im Innern der Schale, wo flache Rippen von rechteckigem Querschnitt den Mulden der Aussenseite entsprechen. Gegen den Rand zu vertieft sich diese Sculptur, so dass beide Schalen ganz genau ineinander greifen, indem sie eine Zickzacklinie bilden. Beiderseits haben die Schalen eine ‚ziemlich grosse Area, deren feine Querstreifung eine feine Zähnelung des Seitenrandes be- wirkt; desgleichen kann man auf den Ohren die senkrecht auf den Schlossrand verlaufende Querstreifung erkennen. Die linke Schale unterscheidet sich von der, unter dem vorderen Ohr einen Byssusanschnitt tragenden, rechten Klappe ausserdem noch durch etwas stärkere Wölbung und einen kleinen Unterschied in der Sculptur. Während die Rippen der rechten Schale gerundet und die Mulden zwischen denselben mehr scharfeckig sind, tritt auf der linken Schale der umgekehrte Fall ein und erscheinen die Rip- pen schärfer, der Abfall derselben dachförmig oder concav und die Mulden rund, so dass die Rippen der rechten Schale dem Auge dicker erscheinen, mit schmäleren Zwischenräumen, während sie auf der linken Schale schlanker, mit breiteren Zwischenräumen, zu sein scheinen. Eine feine Anwachsstreifung bedeckt gleichmässig die ganze Schale und tritt natürlich je nach dem Erhaltungszustande mehr oder weniger hervor, ist besonders in den Zwischenräumen zwischen den Rippen bemerkbar und giebt der ganzen Muschel bei guter Er- haltung ein sammetartiges Aussehen. Dieser Sculpturunterschied der beiden Klappen scheint allen einfach gerippten Pectines dieser Zone eigentümlich zu sein, immer lässt es sich auch an Bruchstücken erkennen, ob wir eine rechte oder linke Klappe vor uns haben. Auch ist die linke Klappe immer die gewölbtere. Da beide Klappen an ihrem unteren Rande genau mit ihren Falten ineinanderpassen, müssen natürlich die Rippen der einen Seite genau den zwischenliegenden Mulden der anderen Seite entsprechen. 35 von BIsTRAMm: [150 Die ausgewachsenen Exemplare dieser Form, die in den Schichten recht häufig zu sein scheint, sind ein sehr gutes Erken- nungszeichen für dieselben. Dank ihrer Schalenstructur sind sie sehr gut verkieselt und treten, wenn sie auf blossliegenden Schicht- flächen auswittern, sehr deutlich auf dem Gestein hervor und sind ihrer starken Wölbung wegen unverkennbar. In denselben Schichten habe ich noch recht viel kleinere Peetines mit einem Durchmesser von ca. 12—18 mm gefunden, die der Rippen- anzahl, der Sculptur der Schale und dem Verhalten der beiden Klappen zueinander nach durchaus obiger Art entsprechen, nur durchweg geringere Wölbung und daher auch verhältnismässig geringere Dicke zeigen. Es scheint, dass die für Pectines ungewöhnlich starke Wöl- bung dieser Art sich erst bei fortschreitendem Wachstume ausbildet und dürften daher diese Exemplare auch hierher zu stellen sein. Eine ganze Reihe ganz kleiner Jugendexemplare, deren Grösse zwischen 3 und 6 mm im Durchmesser schwankt, lassen sich natür- lich kaum sicher einer bestimmten Art zuzählen. Wahrscheinlich dürfte ein Teil der von TERQUEM und PIETTE beschriebenen zu Pecten textorius gestellten Formen und der als Pecten aequalis? abgebildete hierher gehören. Untersuchte Stücke: 7 Klappen ausgewachsener Exemplare, ferner Bruchstücke, ca. ebensoviel mittlere und kleine Exemplare. Fundpunkte: A. Bolgia und A. Castello. Pecten (Chlamys) valoniensis DErFR. Tab. III Fig. 2. 1825. Pecten valoniensis DEFRANcE, Memoires de M. de Caumont p. 507 Tab. XXII Fig. 6. 1838. — lugdunensis LEYMERIE, Dep. du Rhöne Tab. XXIV Fig. 5. 1864. — valoniensis DEFR., DUMORTIER, Infralias p. 58 Tab. IX Fig. 1—6, Tab. X Fig. 1—3. In seiner Beschreibung verwechselt DUMORTIER die Klappen, indem er den Byssusausschnitt unter das hintere Ohr der linken Klappe verlegt. In folgendem, DumorTiErs Beschreibung kurz wieder- gebend, habe ich die betrefiende Correktur eintreten lassen: Gerundet, gleichseitig, sehr ungleichklappig, ausgewachsen etwas breiter als lang. Die linke Klappe, ziemlich gewölbt, trägt 22 bis 24 Hauptrippen, zwischen denen sich hie und da feine Secundär- rippen einschieben, die jedoch nicht bis zum Wirbel reichen. Die ganze Schale ist mit feiner concentrischer Anwachsstreifung be- 151] CoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 36 deckt, die besonders in dem Grunde der Falten sichtbar wird. Manchmal fehlen die Secundärrippen und die Hauptrippen grup- pieren sich zu zwei. Die Rippen sind alle etwa gleich stark, auch nach den Seiten zu, und ist sogar die äusserste am Hinterrande die am stärksten ausgebildete. Beiderseits besitzt die Muschel eine grosse, fein quergestreifte Area. Der Wirbel reicht nur wenig über den Schlossrand hinaus. Die rechte Klappe ist ganz flach und hat dieselbe Sculptur wie die linke, nur ist die Einschiebung von Secundärrippen viel seltener und dafür die paarweise Anordnung häufiger. Das vordere Ohr der rechten Klappe trägt einen tiefen Byssusausschnitt und zeigt 3—4 Radialfalten. Im übrigen sind beide Ohren ziemlich gleich und mit mehreren Q@uerrippen verziert. Die Ohren der rechten Klappe sind gegen die Schale scharf abgesetzt, so dass sie in einer anderen, der des Schalenrandes parallelen, Ebene verlaufen. Ich kann nur zwei Bruchstücke von Jugendexemplaren, denen übrigens Wirbel und Ohren fehlen, mit dieser Form identifizieren. Ferner glaube ich noch 3 schlecht erhaltene solche Schalen hier- her stellen zu müssen, sowie das Bruchstück einer ausgewachsenen Schale, da dasselbe, ohne irgendwelche Spur von Verdrückung zu zeigen, ganz flach ist, — obgleich es keine Spur von Zwischenfalten oder paarweiser Anordnung der Rippen, vielmehr sonst ganz die Sculptur von Pecten Thiollierei zeigt. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Pecten (Chlamys) dispar Tau. Tab. III Fig. 3. 1855. Pecten dispar Terqauem, Hettange p. 323 Tab. XXIII Fig. 6. Es liegt nur das Bruchstück einer rechten Klappe eines Jugend- exemplares vor. Die Sculptur besteht aus gerundeten Rippen, die grössere Zwischenräume zwischen sich haben, in die sich niedrige, feine Secundärrippen einschalten. Concentrische feine Anwachsstreifen kreuzen diese Rippen und Falten und stellen ein feines Maschwerk her, das die Schale bedeckt. Diese Anwachs- streifen treten an dem hier vorliegenden Exemplare auf der vorderen Area, auf der die Radialberippung zurücktritt, schärfer hervor und bewirken eine feine Zähnelung des Randes. Fundort: A. Bolgia. 37 von BISTRAM: [152 Pecten (Chlamys) aequalis Qusr. Tab. III Fig. 4, 5. 1851. Pecten acuticosta Cuapuss und DEew., Luxembourg p. 211 Tab. XXXIFig.3. 1858. — aeqwalis QUENSTEDT, Jura Tab. IX Fig. 13. Gleichklappig, flach, etwa gleich hoch wie lang, mit 18—20 Radialrıppen, Schlossrand etwas convex, das hintere Ohr recht- winklig, das vordere, nur wenig grössere, spitz mit einigen Radial- falten. Die Sculptur ist flacher, die Rinnen zwischen den Rippen sind weniger tief als bei gleich grossen Exemplaren von Pecten Thiollierei, von dem sich dieser Pecten schon durch die geringere Wölbung unterscheidet. Die rechte und linke Klappe zeigen dieselben Sculpturunter- schiede, auf die schon bei Pecten Thiollierei hingewiesen wurde, indem die Rippen der linken Klappe etwas schärfer, die der rechten ge- rundeter sind. CnapuIs und DEWALQUE, mit deren Abbildung und Beschreibung unsere Exemplare sehr gut übereinstimmen, besonders was die Sculptur anbetrifft, äussern schon Zweifel über die Zugehörigkeit der von ihnen beschriebenen Form zu P. acuticosta LAM. resp. acuticostatus ZIET. Bei der Abbildung fallen die verhältnismässig kleineren Ohren im Vergleich zu unserer Form auf, was jedoch nicht so sehr ins Gewicht fällt, da die Verfasser ein viel grösseres, also älteres Exem- plar abbilden. Die Ohren an der linken Klappe des von mir abgebildeten Exemplares wurden durch punktierte Linien nach einem anderen Exemplare, dessen Schale nicht vollständig erhalten ist, ergänzt. Untersuchte Stücke: 2 linke, 2 rechte Klappen. Fundort: A. Bolgia und A. Oastello. Pecten (Chlamys) Falgeri Mer. Tab. III Fig. 1. 1853. Pecten Falgeri MEr., ESCHER v. D. Lint#, Vorarlberg S. 19 Tab. III Fig. 17—21. 1853. — — WINKLER, ÜOontortaschichten S. 7. 1865. _ — Mer., Srtopranı, COontortaschichten 8. 76 Tab. XIV Fig. 3. C£f. 1864. — Euthymei DuMmorTIER, Infralias p. 64 Tab. X Fig. 8—10. C£. 1865. — jamiriformis SToPPAnı, Ibid. p. 76 Tab. XIV Fig. 4—6. Die vorliegende Form, obgleich der vorigen sehr ähnlich, unter- scheidet sich doch von ihr durch die etwas höheren und dichter 153] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 38 zusammenstehenden Rippen, die durch die feine, aber sehr deutlich hervortretende Anwachsstreifung ein sammetartiges Aussehen haben. Sie steht jedenfalls dem Pecten textorius SCHLH. sehr nahe, unter- scheidet sich von ihm durch etwas geringere Rippenanzahl und dichter zusammenstehende Anwachsstreifung. Würde nicht von DUMORTIER bei Peeten Enthymei, mit dem STOPPANIS janiriformis mir ident zu sein scheint, die Körnelung der beiderseitigen äusseren Rippen — die aber vielleicht nur durch etwas stärkeres Hervortreten der Anwachs- streifung an den betreffenden Exemplaren hervorgerufen sein können, ohne den Wert eines Artenunterschiedes zu haben — hervorgehoben, so hätte ich keinen Anstand genommen, auch diese Formen mit unserer zu vereinigen. Untersuchte Stücke: 3 rechte Klappen. Fundort: A. Bolgia. Subgenus: Entolium MEER. Pecten (Entolium) Hehli D’ORre. 1832. Pecten glaber Heut, ZıETEN, Versteinerungen Württembergs Tab. LIII Fig. 1 (non 1803. P. glaber Montague). 1850. — Hehlü v’OrgBıeny, Prodrome &t. 7 No. 130. Zwei glatte Klappen von ganz jungen Exemplaren, denen dazu noch Schlossrand und Ohren fehlen, liegen mir von A. Bolgia vor. Familie: Limidae v’ORrR. Genus: Lima Brut. Subgenus: Plagiostoma SOW. Plagiostoma giganteum Sow. var. exaltatum Toqm. 1855. Lima exaltata TERrQuEn, Hettange p. 319 Tab. XXII Fig. 2. Cf. 1860. — punctata Srtoppanı, Contortaschichten S. 73 Tab. XIII Fig. 1—6. Cf. 1860. — discus SToPPaAnI, Ebd. Fig. 7. 21864. _—- valoniensis DUMORTIER, Infralias p. 51 Tab. VI Fig. 8—10. 1866. — praecursor QUENST., CAPELLINI, Specia p. 72 Tab. VI Fig. 8. Zwei papierdünne Schalen liegen mir vor, die leider beim Aus- ätzen wegen ihrer bei bedeutender Grösse geringen Dicke in Stücke gingen und auch nicht zusammengeleimt werden konnten. Die Sculptur stimmt genau mit der der Terqueımschen Abbildung und der eines Exemplares aus dem badischen Lias«a (Wutachthal). Auch die äussere Form scheint gut zu dem TErRQuENschen Exemplare sowohl 39 von BiIsTRam: [154 als zu den Exemplaren der typischen Lima gigantea und punctata zu stimmen, da die Teile um den Wirbel zusammenhängend erhalten sind und man an ihnen sieht, dass die Seiten der Schale gegen das Schloss im fast rechten Winkel zusammenliefen. Es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass Lima valoniensis Dum. dieselbe Art ist, viel- leicht ebenso die von StoPpPAnı aus dem Rhät abgebildeten Formen. Von der typischen Zima gigantea unterscheidet sich unsere Form durch die stärker ausgeprägte Sculptur. Sie hat eng aneinander- stehende, dünne, nicht ganz gleichmässig starke Rippen, die nicht ganz gerade radial verlaufen, sondern dazwischen wie schwache Wellen- linien bilden und über der Mitte der Schalenoberfläche etwas schwächer ausgebildet zu sein scheinen, als mehr nach den Seiten zu. Sehen wir nun, wie wechselnd stark die Sculptur der Lima gigantea ist, wie sich alle Uebergänge zu der Lima punctata finden und von dieser wieder zu unserer Form, so erscheint es wohl ge- rechtfertigt, die Formen zusammenzuziehen. Lima gigantea und punctata werden ja wohl schon meistens vereinigt und trage ich kein Bedenken, auch unsere Form anzuschliessen und sie allenfalls als Varietäten zu unterscheiden, so dass wir die in der Mittelregion glatten als Zöima gigantea s.str., die mit schwacher Skulptur als Zima gigantea var. punctata und die mit noch stärkerer Skulptur, die sich aber durch die grössere Zahl und geringere Breite und Stärke der Rippen noch deutlich von Lima succineta SCHLH. — antiquata SOWw. unter- scheidet, als var. eraltata bezeichnen würden. Die unter so mannigfachen Namen in den Faunenbeschreibungen des unteren Lias von den verschiedenen Autoren beschriebenen Formen die nicht in unsere Gruppe gehören, dürften wohl meistens entweder zu Lima succineta SCHLH. = antiquata Sow. oder zu Lima Her- manni ZIET. zu stellen sein. Fundort: A. Bolgia. R Subgenus: Mantellum (BOLTEN, em.) PHILIPPI. PsıtLıppr! macht darauf aufmerksam, dass die „duplicaten* Limeen des Lias wohl kaum als solche aufzufassen sind, sondern der Gattung Mantellum sehr nahe stehen und wohl Vorläufer dieser Gat- tung darstellen dürften. Er weist darauf hin, wie bereits QUENSTEDT hervorgehoben habe, dass „Limea duplicata von Plagiostoma duplica- ' 1900. Phitippr, Morphologie der Lamillibranchiaten III Lima. 155] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 40 Zum kaum spezifisch abweiche und jedenfalls nicht zu den Arcaceen, zu denen die echten Limeen gerechnet werden, gehöre“ !. Allerdings dürfte die Ansicht QUENSTEDTs, dass Limea zu den Arcaceen zu stellen sei, kaum mehr anerkannt werden, vielmehr wird Limea jetzt wohl als zur Familie der Limiden gehörig angesehen. Aus dem Lias der Val Solda liegen mir von solchen dupli- caten „Limeen“ Exemplare von verschiedener Grösse vor, alle zeigen, soweit die Ohren gut erhalten sind, kerbzahnartige Falten zu beiden Seiten der nach innen gerundeten Grube für das innere Liga- ment. Sie verlaufen parallel mit den Rändern der Grube, also schräg nach innen von der Ecke zur Mitte; diese „Schlosszähne“ erscheinen auf verschiedenen Exemplaren verschieden stark ausgebildet, fehlen aber nirgends. Ich habe zum Vergleiche duplicate Limen und Limeen aus dem unteren Lias von Württemberg und Baden, sowie dem badischen Hauptoolith untersucht und dabei eigentlich alle Ueber- gänge von stark ausgebildeten Zähnen bis zu zahnlosem Schloss beob- achten können. Dabei konnte ich bei einigen Exemplaren aus dem badischen Hauptoolith, sowie bei einem kleinen zweiklappigen von Vaihingen in Württemberg? bemerken, wie diese Schlosszahnbildung sich auch auf der äusseren Schalenseite der Ohren als Faltung ganz deutlich ausprägt. Wir haben es hier also nicht mit eigentlicher Zahn- bildung, sondern mit einer gewissermassen Zähne ersetzenden Fal- tung des Schalenrandes zu thun. Es will mir scheinen, als ob die Faltenbildung in der Jugend besonders stark sei, mit dem Alter aber abnehme. Fast sämtliche kleinen Exemplare, die mir aus dem Haupt- oolith vorliegen, zeigen diese „Bezahnung“ mehr oder weniger, während an den ausgewachsenen aus dem unteren Lias Deutschlands, deren Schloss allerdings nicht frei liegt, von der Seite wenigstens, nichts davon zu sehen ist. An ganz jungen Exemplaren, deren ich eine ziemliche Anzahl aus der Val Solda habe, treten die „Zähne“, bei allen gleichmässig, sehr stark hervor, auf der linken Klappe eines grösseren Indivi- duums erscheint die Faltung schon schwächer, während an der rechten Klappe eines noch grösseren Exemplares, bei dem die Ein- schiebung der Zwischenrippen zwischen die Hauptrippen schon über- all stattgefunden hat, nur noch Spuren der Bezahnung als kleine Falten am äussersten Rande zu sehen sind. So erklärt sich viel- leicht Vorhandensein und Verschwinden dieser Schlossausbildung nur ' 1858. QUENSTEDT, Jura S. 436. ® Diese Arbeit, Tab. III Fig. 14—16. 41 von BISTRAM: [156 durch verschiedene Altersstadien, wobei ja bei verschiedenen Indivi- duen, oder vielleicht auch Varietäten derselben Art, die Pseudo- bezahnung, wie ich sie nennen möchte, als ein Jugendmerkmal bald später, bald früher verschwinden mag. Uebrigens habe ich auch bei einigen grossen recenten Limen (z. B. Lima excavata FABrıcıvs) an der Innenseite der äussersten Ecke des hinteren Ohres ein paar kurze Falten gefunden, die noch an den Typus, wie ihn das grösste meiner Exemplare (Fig. 11) zeigt, erinnern. Auch an einer miocänen Lima squamosa Lam. glaube ich noch Spuren solcher Falten sehen zu können. Somit dürfte es wohl feststehen, dass diese Schalenrandfalten nicht mit den Kerbzähnen der Limeen zu identifizieren sind und die „duplicaten Limeen“ des Lias zu Lima zu stellen sind, während, wie schon PHiLippI hervorhebt, Limea margineplicata KLIPST. in ihrer Bezahnung, die aus viel mehr (7—8) senkrecht zum Schloss- rand gestellten Kerbzähnen besteht, wohl eine echte Limea sein mag. Von den jüngeren Arten, die PnıLıppı zu Mantellum stellt, unterscheiden sich unsere Exemplare ausser durch die Bezahnung noch dadurch, dass sie gar nicht klaffen; doch weist schon PHILIPPI darauf hin, dass dieses Klaffen um so geringer ist, aus je älteren Schichten die betreffende Mantellenart stammt, und schon bei ein- zelnen Kreidearten nicht mehr zu beobachten ist. Da nun unsere Form nach PnıLıppı weder zu Plagiostoma noch zu Radula zu stellen ist, so schien es mir angängig zu sein, die- selbe zu Mantellum zu stellen, indem ich davon absehe, eine neue Gattung aufzustellen. Sollte es sich durch Beobachtungen an reichlichem Material ver- schiedener Provenienz erweisen, dass meine Vermutung, dass es sich bei der Pseudobezahnung um ein Wachstumsstadium handelt, richtig ist und sollten diese Formen innerhalb der Gattung Mantellum belassen werden, so würde die Definition der Gattung dahin zu ergänzen sein, dass die mesozoischen Formen (wenigstens zum Teil) in der Jugend eine später verschwindende Pseudobezahnung der Schalenseitenränder unter dem Schlossrande zeigen. Mantellum pectinoide Sow. Tab. II Fig. 6—13. 1815. Lima pectinoides SOWERBY, Mineral Conchol. Tab. 114 Fig. 4. 1850. — Erys D’ORBIGNY, Prodrome I p. 219 (et. 7 No. 122). 1850. — fallax Cnapvis und Dew., Ibid. p.195 Tab. XX VII Fie. 157] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOoLDA. 42 ?1850. Lima Omalusii CHartis und Dew., Ibid. p. 196 Fig. 5. 1850. — duplicata —_ Ibid. p.198 Tab. XXX Fig. 5. Cf. 1850. Limea Koninckana = Ibid. p. 192 Tab. XX VI Fig.9. 1856. Lima hettangensis TERQUEN, Hettange p. 320 Tab. XXIII Fig. 1. ? 1856. — dentata — Ibid. p. 321 Tab. XXIII Fig. 4. 1858. —- tecticosta Route, Liasversteinerungen 8. 16 Fig. 9. 1858. Plagiostoma duplum QUENSTEDT, Jura S. 47 Tab. IV Fig. 4—7. 1858. — pectinoides = Ibid. p. 58 Tab. VI Fig. 1—2. 1864. Lima duplicata DUMORTIER, Infralias p.58u.157 Tab. XXLV Fig. 17. 1865. — — MsTr, TERQUEM und PIETTE, Lias inferieur p. 97. 1866, — subdupla Srtoppanı, Contortaschichten S. 75 Tab. XIII Fig. 11—12. 1866. — hettangensis StoppanI, Ebd. S. 207 Tab. XXIV Fig. 16. Gleichklappig, stark gewölbt, ungleichseitig, nach vorne schief verlängert, der vordere Rand steil abfallend und eine ziemlich grosse etwas concave Lunula bildend, gerader Schlossrand, mit vorne und hinten gleich grossen Ohren zu beiden Seiten des nach einwärts gedrehten Wirbels, Das innere Ligament in einer halbkreisförmigen Grube unter dem Wirbel; die Sculptur besteht in der Jugend aus starken dachförmigen, oben etwas abgerundeten Rippen (ca. 18), zwischen die sich in einem späteren Wachstume feine Secundärrippen einschieben, ausserdem wird die Schale von einer feinen Radialstreifung bedeckt, die von ebensolchen Anwachsstreifen gekreuzt werden. Auf der Lunula und dem hinteren Schalenabfall sind die Rippen eben- falls, nur schwächer, vorhanden. Zu beiden Seiten der Ligament- grube einige schräge Pseudoschlosszähne (Schalenrandfaltung), die mit zunehmendem Wachstume schwächer werden und verschwinden. Sieht man von den Schlosszähnen ab, so kann ich unsere Form (Fig. 10) von der Lima pectionoides = hettangensis nicht unterscheiden. Bei typischen Exemplaren letzterer Form, von Hettingen sowohl als solchen aus dem badischen unteren Lias, sieht man, dass die Zwischenrippen sich erst deutlich bei einer Höhe der Schale von ca. 1 cm zeigen und nicht alle gleichzeitig beginnen. Sobald der Erhaltungszustand nicht ganz vorzüglich ist, kann man sie erst in noch späterem Wachstumstadium erkennen, während bei sehr guter Erhaltung der Schale durch die auf dem Boden der Furchen etwas mehr hervortretende, schon von QUENSTEDT bemerkte, feine Längsstreifung der Schale die Ausbildung der Einschaltrippen ange- deutet erscheint. Bei den kleinen duplicaten bezahnten Limen des Hauptoolithes, die auch etwas breiter im Vergleich zur Höhe zu sein scheinen, ist die Einschiebung von Secundärrippen schon in einem früheren Stadium zu bemerken. 43 von BiIsTRAmM: [158 Bei dem mittleren Exemplare, das ich abbilde, ist nur eben (vom Zeichner nicht genügend hervorgehoben) der Beginn der Ein- schaltung der Zwischenrippen wahrzunehmen, während die kleinen Exemplare einfache Berippung zeigen, — wie die badischen und Hettinger Exemplare auf dem entsprechenden Teile der Schale. Bei der zum Vergleich abgebildeten kleinen Zima von Vaihingen zeigt die linke Klappe keine Spur von duplikater Berippung, während die rechte bei viel flacherer Sculptur schon deutliche Zwischenrippen erkennen lässt. Diese Lima, die ziemlich starke Unterschiede in der Sculptur auf beiden Klappen zeigt und deren rechte Klappe auch kleiner ist als die linke, mit unserer Art zu vereinigen ist, scheint mir nicht angängig, eher ist sie mit Lima Hausmanni zu vergleichen. Eine Bezahnung des Schlossrandes, der unserer Exemplare ziemlich entsprechend und noch mehr der von denen aus dem Hauptoolith gleichend — da solche Zähne in grösserer Anzahl vor- handen sind und sie sich an dem Schalenrande weiter nach unten fort- setzen —, bilden Cnapvis und Dew. loc. cit. als Limea koninckana ab. Ueberblickt man die Litteratur, so findet sich, dass die hier besprochene Art unter sehr vielen Namen aufgeführt wird Brauns! führt eine ganze Reihe Synonima sowohl für Limea acuticosta als Lima pectinoides an, ohne dabei noch die Liste zu erschöpfen. Es erscheint wohl sehr wahrscheinlich, dass man bei Vergleichung der Originale gewisse Arten wird unterscheiden können, auch dass speziell die wohl häufigste Liasart, ZL. pectinoides von der L. duplicata des Doggers sich wird unterscheiden lassen, vielleicht auch eine Art im unteren Lias mit einfachen Rippen, zwischen die sich auch bei grösserem Wachstume keine Secundärrippen ein- schieben; solange aber diese Sichtung nicht einwandsfrei erfolgt ist, scheint es mir das beste zu sein, die duplikaten Limen des unteren Lias als pectinoides zusammenzufassen — ausser denen, die mit Lima Hausmanni zu identifizieren sind — während denen des Dogger der Name duplicata verbliebe. Cuarpvis und DEWALQUE haben eine ganze Reihe von Arten aufgestellt, von denen gewiss ein Teil einzuziehen sein wird. Es fällt dabei auf, dass bei ihnen die Angaben über Rippenzahl nicht mit den Abbildungen übereinstimmen, was wohl daher kommen mag, dass sie auch sämtliche Rippen auf den Areae mitzählen, während andere Autoren nur die auf dem Mittelteile zählen. 1 1871. Der untere Jura $. 378, 380. 159] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOoLDA. 44 Lima hettangensis führt SToPpAxı aus dem unteren Lias von Meillerie am Genfer See an, während er seine Lima subdupla, nur ein Bruchstück, aus den Oontortaschichten, mit Plagiostoma duplum QuEnst. identifiziert. Es dürfte schwer sein zu entscheiden, ob wir die Form hierher oder zu Lima Hausmanni zu stellen haben, Untersuchte Stücke: 18 einzelne Klappen. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Mantellum aff. Hausmanni Dkr. Tab. III Fig. 14—16. Cf. 1836. Limea acuticosta Goupruss, Petrefacta p. 103 Tab. CVII Fig. 8. Öf. 1846. Lima Hausmanni DUNKEr, Lias v. Halberstadt S.41 Tab. VI Fig.26. cf. 18552. — B= Dkr., CHapuıs und Drw., Luxembourg p. 195 Tab. XXVII Fig. 2. Cf. 1856. — vectinoides OPPEL, Jura S. 101. Cf. 1865. — Hausmanni Dkr., TERQUEM und PIETTE, Lias inferieur p. 98. Cf. 1865. Limea acuticosta MsTr., Ibid. p. 96. Cf. 1876. — DBlakeana Tate und BLAKE, Yorkshire Lias p. 368 Tab. XIV Fig. 5. PHıLıppı macht darauf aufmerksam, dass Lima Hausmanni von pectinoides zu trennen sei. Allerdings scheint ihre Gestalt eine etwas andere zu sein, nach oben spitzer, mit kürzerem Schlossrande, so dass eine mehr dreieckige Form entsteht. Ganz dieselbe Form zeigt das bereits erwähnte Exemplar aus dem Lias «von Vaihingen in Württemberg und entspricht die linke Klappe mit ihrer aus gleich- mässig breiten einfachen Rippen bestehenden Sculptur ganz den ci- tierten Abbildungen. Nur zeigt der Schalenrand zu beiden Seiten des Schlosses die erwähnte zahnähnliche, von aussen sichtbare Faltung. Die rechte Klappe ist etwas kleiner und trägt nur schwach erhabene Rippen mit viel grösseren Zwischenräumen, in denen sich je eine feine, sich wenig abhebende Secundärrippe zeigt. Die Zahl der Hauptrippen entspricht der der einfachen Rippen der linken Klappe so, dass jede Rippe genau unter einer Furche der linken Klappe liegt. Untersuchte Stücke: 1 zweiklappiges Exemplar von Vaihingen in Württemberg. Familie: Spondylidae Gray. Genus: Plicatula Lam. Plicatula spinosa Sow. 1819. Plicatula spinosa SOWERBY, Min. Conch. Tab. 245 Fig. 1—4. 1836. — ventricosa MÜNSTER, GoLpFuss, Petrefacta Tab. 107 Fig. 3. 21836. _ nodulosa ZIET., RÖMER, Oolithgebirge S.61 Tab. XIII Fig. 24. 45 von BisTRanm: [160 1855. — spinosa Sow., TERQuEM, Hettange p. 327. 1856. Plicatula ventricosa MSTR., OPPEL, Juraformation $ 14 No. 109. 1858. —_ oxynoti QUENSTEDT, Jura S. 109 Tab. XIII Fig. 24—25. 1864. Harpax spinosus DUMORTIER, Infralias p. 72 Tab. XII Fig. 1—3, 8—9. 1865. Plicatula spinosa TERQUEMm und PIıETTE, Lias inferieur p. 107. Mir liegt nur ein zerbrochenes Exemplar der aufgewachsenen (rechten) Klappe vor. Die Sculptur besteht aus concentrischen, aufblätternden Streifen, die von Radialfalten gekreuzt werden, sich dachziegelartig überlagern und, auf der Höhe der Falten stärker auswachsend und aufgebogen, stachelartige Fortsätze bilden. Fundort: A. Bolgia. Plicatula hettangensis Tau. Tab. I Fig. 20, 21. 1855. Plicatula hettangensis TERQUEM, Hettange p. 326 Tab. XXIV Fig. 3—4. 1865. _- — Tau., TERQUEM und PIETTE, Lias inferieur p. 108. Der vorigen ziemlich ähnlich. Auf dem oberen, gewölbten Teil der Schale stehen die Radialfalten als scharfe, durch die concen- trische Streifung”schuppige, feine Rippen dicht zusammen. Auf dem sich abflachenden äusseren Teile der Schale sind die Falten gröber, stehen nicht so dicht zusammen, und erheben sich die Schuppen zu Stacheln, ganz wie bei Pl. spinosa. Es erscheint mir ziemlich wahr- scheinlich, dass beide Formen zu einer Art gehören und vielleicht nur als Varietäten anzusehen sind, doch habe ich nicht genügendes Material, um es zu entscheiden. Fundort: A. Bolgia. Familie: Dimyidae Fıschrr. (Genus: Dimyopsis BITTNER 1901. Dimyopsis Emmerichi nov. nom. Tab. II Fig. 1—3. 1851. Ostrea placunoides MSTR., SCHAFHÄUTL, Südbayerisches Vorgebirge S. 413 Tab. VIII Fig. 7. 1853. — intustriata EMMERIcCH, Geognost. Beobachtungen S. 52. 1853. Plicatula intustriata Emm., HAvVER Gliederung der Trias etc. S. 24. 1853. Spondylus obliquus Kuirst., EscHEr, Vorarlberg Tab. IV Fig. 44—45. 1860. Plicatula intustriata Emm., Stoprpanı, Contortaschichten S. 80 Tab. XV Fig. 9—16. ? 1855. Spondylus liasinus TERQUEM, Hettange p. 326 Tab. XXIII Fig. 7. 1864. Plicatula intustriata Emm., DuMorTIER, Infralias p. 74 Tab. I Fig. 13—16. 1866. Plicatula intustriata EmMm., CAPELLINI, Spezia p. 74 Tab. VI Fig. 12. 161] COoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 46 Cf. 1889. Dimyodon intustriatum Emm. sp. v. WÖHRMANN, Contortaschichten S. 209 Tab. VIII Fig. 4—6. Cf. 1895. _ Wöhrmanni BiTTNER, Alpine Trias S. 219. Cf. 1901. Dimyopsis intusornata BITTnER, Bakony p. 72 Tab. VI Fig. 27—28. non1900. Dimya? intustriata D’ARCH., OPPENHEIM, Priabonaschichten S. 126, Tab. XVII Fig. 2 u.9. (= 1848. Anomia intustriata D’ArcH., Mem. 8. G. de Fr. ser. II Bd. III p.441. — 1861. Vulsulla internostriata GUEMBEL, Bayerische Alpen S. 661.) Die zwei best erhaltenen Exemplare habe ich abbilden lassen. Leider sind auch diese nicht ganz vollständig, doch ist die innere Schalensculptur an ihnen gut zu sehen. Die „Plicatula intustriata“ gilt vor allem als Leitfossil für die Kössener Schichten, während sie im Lias nur an wenigen Punkten vorzukommen scheint. DUMORTIER bemerkt, dass diese Art in den Planorbisschichten des Rhönebeckens sehr häufig, ja geradezu für die Schichten leitend ist. Die Verbreitung dieser Art im Rhönebecken ist wohl zum grossen Teil der Grund gewesen, dass die Contortaschichten von manchen älteren Autoren (z. B. Stoppanı) für Aequivalente der Planorbiszone angesehen worden sind. Im unteren Lias scheint Pl. intustriata nur noch, wenn auch selten, in der Moselgegend vorzukommen, da wir wohl für Spezia, wie ich bereits früher angeführt habe, annehmen müssen, dass CAPPELLINI hier die Oontortaschichten nicht von der Planorbiszone getrennt hat. v. WÖHRMANN führt die Art schon aus den Raibler Schichten an, doch ist BiTTXER der Ansicht, dass die Raibler Formen von der rhätischen zu trennen sei und nennt die WÖHRMANNsche Art daher Dimyodon Wöhrmanni. WÖHRMANN hatte angegeben, dass D. intustriatum mit der linken Schale aufgewachsen sei; dagegen weist BITTNER nach, dass die rechte Schale die aufgewachsene ist, und glaubt auch aus WÖHRMANNs Bemerkungen folgern zu können, dass er die Klappen verwechselt hat. An der kleineren hier abgebildeten Schale glaube ich ebenfalls den Muskeleindruck erkennen zu können, der beweist, dass wir eine rechte Klappe vor uns haben, was BITTNERs Ansicht bestätigt. Ferner meint Bittner, dass die Arten aus dem Formen- kreise der D. intustriata weder bei Plöcatula belassen, noch zu Dimyodon oder Dimya gezogen werden können. Er bezeichnet sie als Dimyaartige Plicatuliden und benennt sie mit einem neuen Gattungsnamen Dimyopsis. Berichte XIII. 11 47 von BisTRam: 11 62 Dem aus den Raibler, Kössener und untersten Liasschichten uns bekannten Formenkreise der „Plicatula intustriata“ offenbar sehr nahe verwandte Formen finden sich wieder im Oligocän (Priabona- schichten). OPPENHEIM stellt sie zu Dimya?, wobei er sich gegen BITTnEers Ansicht wendet, der diese Formen mit Plicatula in nahe Beziehung bringen will. Bei den tertiären Formen meint OPPENHEIM sicher nachweisen zu können, dass die linke Klappe die aufgewachsene sei, im Gegensatz zu den mesozoischen. Da nun jetzt beide Formen, die EmmericHsche und die von D’ARCHIAC, wohl zu derselben Gattung oder wenigstens Gattungs- gruppe zu stellen sind, ob man sie nun Dimya nennt oder den Birtrtnerschen Namen Dimyopsis acceptiert, so muss jedenfalls eine von beiden mit einem anderen Namen bezeichnet werden. Der Ancienni- tät nach hätte der Name der D’ArchrAcschen Form zu verbleiben. Es läge daher nahe, einen der Namen, unter denen die rhätische Art sonst in der Litteratur angeführt worden ist, zu benutzen. Wenn wir aber dieselben bei den Autoren, die sie geschaffen, verfolgen, so finden wir, dass diese Namen anderen Formen zukommen und nur irrtümlicher Weise für sie verwandt worden sind; so bezeichnet der Name Ostrea placumoides MÜNSTER! eine Form aus dem Muschel- kalk, Spondylus obliquus MÜNSTER? eine der unserigen nahestehende, aber wohl nicht idente aus den Cassianer Schichten; Anomia alpina WINKLER®, die STOPPANI als Synonym anführt, dürfte wohl, wie es MARTIN * annimmt, Synonym von Anomia pellueida, Tam.? sein. Es bleibt noch der Name Spondylus liasinus TQaMm. (loc. eit.) übrig, doch erscheint es mir sehr fraglich, ob StoPppanı mit der Identi- fizierung Recht hat. Uebrigens erscheint dieser Name für eine Art, die sich hauptsächlich im Rhät findet, wenig geeignet. Ich schlage daher vor, die rhätische Dimyopsis intustriata, da dieser Name schon vergeben war, nach dem Autor EMMERICH, der sie zuerst als noch nicht benannte Form erkannt hat, Dimyopsis Emmerichi nov. nom. zu benennen. Sollte es sich bei Vergleich von reichlicherem Materiale, als es mir zur Verfügung stand, herausstellen, dass unsere und DUMOTIERS Liasform von der rhätischen zu trennen sei, was ich jedoch bezweifle, ı 1839. Gouprvuss, Petrefacta II S. 18 Tab. LXXIX Fig. 1. ° 1841. Münster, Beiträge z. Geognos. Tirols IV 8. 74 Tab. VI Fig. 34. ® 1859. WINKLER, Avicula contorta S, 5 Tab. I Fig. 1. : 1865. Marrm, Etage Rhaetien $. 250. ° 1855. Terquem, Hettange p. 112 Tab. XXV Fie. 5. 163] ÜOMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SoLpa. 48 anderseits diese Form mit dem TErQuEnschen Sp. liasinus ident sein, so hätte der TERQuEMsche Name für diese Form einzutreten, während die Rhätform dann allein den Namen Emmerichi zu führen hätte. Untersuchte Stücke: 7 einzelne Klappen. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Familie: Ostreidae Lan. Genus: Ostrea Lin. Ostrea sublamellosa? Dkr. 1846. Ostrea sublamellosa Dvunker, Halberstadt S. 41 Tab. VI Fig. 27—30. 1864, —_ — DKR, DUMORTIER, Infralias p. 79 Tab. I Fig. 8—12, Tab. VII Fig. 12—14. | Ein kleines, zweiklappiges Exemplar, dem die Wirbelregion fehlt, stellte ich hierher. Fundort: A. Bolgia. Ostrea irregularis Msrk. 1834. Ostrea irregularis MsTr., GoLpruss, Petrefacta II S. 20 Tab. LXXIX Fig. 5. 1855. — canomala TERQUEN, Hettange p. 329 Tab. XXV Fig. 5. Zwei kleine Exemplare von ca. 1°?/acm Durchmesser, von denen eines mit der Wirbelregion an eine glatte Fläche senkrecht zur Commissurebene angewachsen war (nur untere Klappe) und dünn- schalig ist, das zweite, doppelklappige etwa mit der halben unteren Fläche aufgewachsen war, stimmen sehr gut mit den Abbildungen von GOLDFUSS und TERQUEM überein. BRAUNS dürfte wohl Recht haben, wenn er O. anomala zu O. irregularis zieht. Ob unsere Art wirklich mit Gryphea arcuata zusammenzuziehen ist, wie es OPPEL und BrAuns wollen, erscheint mir mindestens zweifelhaft. Untersuchte Stücke: 1 untere Klappe und 1 doppelklappiges Exemplar. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. ?Anomia sp. Ein kleines fast kreisrundes, zusammengedrücktes doppelklappiges Exemplar stelle ich zu Anmomia, ohne es näher bestimmen zu können, 11* 49 von BiIsTRAam: [164 Familie: Mytilidae Lan. Genus: Mytilus Lin. Mytilus productus TERQUEM. 1837. Mytilus scalprum GoLpFuss, Petrefacta II Tab. CXXX Fig. 9 (non Sow., non PHILL.). 1855. — producetus Terquem, Hettange p. 311 Tab. XXI Fig. 7. 1856. — Morrisi OPPEL, Juraformation S. 99. 1871. Modiola scalprum Sow., BRAUNs, Unterer Jura S. 348—pars. ÖPPEL unterscheidet seine Art von dem M. scalprum des mitt- leren Lias. TERQUEM unterscheidet sogar im unteren Lias noch die Art M. productus von M. scalprum, doch scheint mir die Unter- scheidung, die darin beruht, dass der Kiel, der auf den beiden Klappen, vom Wirbel ausgehend, sich ausprägt, bei ersterer Form, die er in einem recht grossen Exemplare abbildet, etwas früher verschwinde, ferner sich in der noch stärker ausgebildeten Krümmung der Schalen ausspräche, zu geringfügig zu sein und wohl nur in verschiedenen Alters- stadien ihren Grund zu haben. Ich war im Zweifel, unter welchen Namen ich meine Form aufführen sollte. Ich habe nach OPpEu den Namen scalprum den mittelliasischen Exemplaren allein belassen, da mir genügendes Vergleichsmaterial fehlt. Sollte es sich erweisen, dass die unterliasische und mittelliasische Form ident sind, so wäre natürlich der Name productus einzuziehen und die Form scalprum zu benennen. OPPEL dürfte wohl unter M. Morrisi dieselbe Art im Auge gehabt haben. Mir liegt ein gut erhaltenes zweiklappiges Exemplar von 210 mm Länge, 96 mm Breite und 76 mm Höhe vor. Fundort: A. Bolgia. Familie: Arcidae. Genus: Parallelodon MEER. (Macrodon Lxc.) Parallelodon sinemuriense MARrT. sp. Tab. IV Fig. 3—6. ?1847. Mya? parvula Dunker, Lias v. Halberstadt S. 116 Tab. XVII Fig. 5. 1859. Arca sinemuriensis Marrın, Cöte d’Or 8. 87 Tab. VI Fig. 1—3. 1859. — Collenoti — Ibid. Fig. 4—6. Cf. 1858. Cucullaea psilonoti QUENSTEDT, Jura S. 50 Tab. IV Fig. 22. 165] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 50 Ungleichseitig, gleichklappig, Schale oval vierseitig, gewölbt, der vordere Rand abgerundet, der hintere schief abgeschnitten, Schloss- rand lang, gerade, mit einigen schiefen Querzähnchen vor dem Wirbel und langen, dem Schlossrande parallelen Leistenzähnen hinter dem- selben, Bandarea niedrig. Wirbelnach vorne gekrümmt, etwas vorder- ständig, über denselben verläuft eine flache Furche etwas schräg nach hinten zum unteren Rande. Hinter dem Wirbel anfangend, ziehen sich nach hinten auf der dort abgeflachten Schale, fast parallel dem Schlossrande, zwei flache Furchen, so dass eine Art Kamm zwischen ihnen entsteht. Die Sculptur der Schale besteht aus feinen Radialrippen, die von einer feinen etwas schuppigen Anwachs- streifung gekreuzt werden. Bei einzelnen Exemplaren tritt mehr die doppelte Furche des hinteren Teiles der Schale, bei anderen mehr die Mittelfurche, die über den Wirbel läuft, hervor, so dass man geneigt sein könnte, mit MARTIN zwei Arten zu unterscheiden, doch finden sich Uebergänge, die mich veranlasst haben, beide Arten zu- sammenzuziehen. - Martin hebt die Aehnlichkeit seiner Form mit Cucullea Het- tangensis hervor, doch zeigt die Abbildung bei TERQUEM! eine etwas andere Zahnbildung, indem die vorderen Querzähne schon mehr von der Mitte des Schalenrandes aus beginnen und vor denselben auch noch Leistenzähne sich einzustellen scheinen. DUNKERS Mya? parvula könnte wohl auch dieselbe Form, wie die unserige, darstellen. Während unter Stoprpanıs Fauna aus den Öontortaschichten sich keine unserer ähnlichen Form findet, scheinen sehr ähnliche Formen in den Cassianer Schichten vorzukommen. BITTNER? bildet solche ab. Doch fällt es auf, wie fast jede Art ein etwas anderes Schloss zeigt. BITTNER scheint auch nicht ganz sicher ge- wesen zu sein, wohin die Arten zu stellen, da wir die Bezeichnungen „Cucullea (2 Macrodon)“ und „Macrodon (Oucullea)“ bei ihm finden. Auch ich war zweifelhaft, wohin die vorliegende Art zu stellen sei und ob sie sich überhaupt unter eine bestehende Gattung an- standslos einreihen lasse. Am meisten gleicht die Bezahnung noch der der Formen aus dem Carbon, die DE KoniIck zu Parallelodon stellt. Während FiıscHer® als Subgenus den Namen Parallelodon auf- stellt, und Macrodon als eine „section“ davon ansieht, scheint ZITTEL 11855. Hettange p. 308 Tab. XXI Fig. 3. ® 1895. ‚Bittner, Alpine Trias Tab. XV. ® FıscHEr, Manuel de Conchyliologie. 51 voN BISTRAM: [166 beide Namen als Synonyma anzusehen und giebt in seinem Handbuch dem Namen Macrodon den Vorzug, während in der neuen englischen Ausgabe der Name Parallelodon an erster Stelle steht und Macrodon eingeklammert dahinter. Untersuchte Stücke: 19 zum Teil rechte, zum Teil linke Klappen. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Genus: Nuculina D’ORB. Nuculina liasina n. £. Tab. IV Fig. 2. Kleine gleichklappige ovale Muschel, die stark gewölbten glatten Schalen nach hinten etwas verlängert, der Wirbel nach vorne und innen gedreht, unter dem Wirbel fünf kleine Leistenzähne, senk- recht zum Schlossrand; dahinter ein grosser Seitenzahn, grosser hinterer Muskeleindruck. Die Bezahnung stimmt absolut mit der für Nuculina angegebenen überein. In Zırrens Handbuch hat sich ein Fehler eingeschlichen, wenn von einem vorderen Seitenzahn gesprochen wird. Aus der Lage der Muskeleindrücke auf seiner Abbildung geht hervor, dass wir in derselben die einer linken Klappe vor uns haben. FIscHEr (Ma- nuel de Conchologie) giebt richtig den Seitenzahn als hinteren an. Bisher scheinen Nuculinen nur aus dem Tertiär bekannt zu sein. Ausser der einen linken Klappe, über deren Stellung zu Nuculina kein Zweifel sein kann, liegen mir zahlreiche kleine doppelklappige Exemplare vor, von zum Teil noch geringerer Grösse; sie sind, dem Schalenumriss und übrigen Habitus nach, wohl ebenfalls hierher zu stellen, obgleich das Schloss nicht sichtbar ist. Untersuchte Stücke: 1 einzelne linke Klappe, 18 doppel- klappige Exemplare. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Familie: Astartidae Arar. Genus: Astarte Sow. Astarte subtetragona Msrk. Tab. IV Fie. 11-13. 1839, Astarte subtetragona MsTr., GoLDdFuss, Petrefacta S. 190 u.304 pars Tab. CLIV Fig. 6a u. b. Cf. 1852. — complanata. RoEM., QUENSTEDT, Handbuch S. 542 Tab. LVI Fig. 1. 167] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 592 ? 1855. Astarte irregularis TERQUEN, Hettange p. 294 pars (non) Tab. XX Fig. 5. C£f. 1875. — Heberti TERQUEM und PIETTE, Lias infer. p. 74 Tab. VI Fig. 22—24. Gleichklappig, ungleichseitig, rhombisch-oval. Die Wirbel vorder- ständig, nach vorne gekrümmt. Ovale tiefe Lunula, schmale lancett- förmige Area, die sich scharf abhebt und von der Bandgrube nur halb ausgefüllt wird. Die Sculptur besteht aus concentrischen, scharfen Hauptrippen, die etwa viermal so breite etwas concave Zwischenräume zwischen sich lassen, auf denen drei bis vier concentrische, schwach angedeutete Linien eben noch zu sehen sind. Der Schalenrand innen gekerbt. Die concentrischen Hauptrippen scheinen mit fortschrei- tendem Wachstum an Stärke abzunehmen. GoLDFuss führte die Form erst als excavata Sow. an und ändert die Bezeichnung in subtetragona 8. 304 („Verbesserungen“). Er fasst die A. complana RoEm. als Synonym auf, wogegen ROEMER! Einspruch erhebt, indem er hervorhebt, dass seine complanata aus dem Dogger stamme, während die GOLDFUusssche in dem oberen Lias sich finde. TERQUEM? scheint als A. irregularis zwei verschiedene Formen zusammengefasst zu haben, von denen die eine vielleicht zu obiger Art gehören könnte, während die abgebildete Form jedenfalls nicht mit unserer übereinstimmt. Er erwähnt bei seiner Form eine kiel- artige Erhebung der Schale, die schräg nach hinten über dieselbe weg zieht, was bei unserer Form sich nicht findet. QUENSTEDTS A. psilonoti? dürfte sich, obgleich sonst sehr ähn- lich, durch das Fehlen der inneren Randkerbung unterscheiden, wie solches auch von GoLDFUss? bei der A. integra hervorgehoben wird. Meine Exemplare stimmen durchaus mit GoLprFuss’ Abbildung der „jungen“ A. subtetragona und habe ich sie daher mit derselben identificiert. Es scheint mir zweifelhaft, ob die Fig. a und b wirk- lich mit ce und d dieselbe Art darstellen. Untersuchte Stücke: 3 doppelklappige Exemplare und 23 ein- zelne teils rechte, teils linke Klappen. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. ' 1839. RoENER, Versteinerungen d. norddeutschen Oolithgebirges, Nach- trag S. 40. ® Loe. cit. ® 1858. QUENSTEDT, Der Jura S. 45 Tab. III Fig. 14. * Loe. eit. S. 191. 53 von BistTRan: [1 683 Astarte cingulata Ton. Astarte cingulata TERQUEM, Hettange p. 294 Tab. XX Fig. 6. Gerundete flache Schale mit kleinem Wirbel, ziemlich starker, weit auseinanderstehender concentrischer Streifung, zwischen diesen Streifen sind noch je drei bis vier feine ebensolche Streifen zu bemerken. Schalenrand innen glatt, ungekerbt. Das Schloss ist leider nicht zu sehen, doch stimmt Form und Sculptur sehr gut mit TERQUEMS Beschreibung und Abbildung. Fundort: A. Bolgia. Familie: Lucinidae Desn. Genus: ? Corbis Cuv. Corbis? obscura, Tom. und PIETTE, Tab. III Fig. 17—20. 1875. Lucina obscura TERQUEM et PIETTE, Lias infer. p.88 Tab.VIII Fig. 11—13. 0f.1839. Venus pumila MsTr., GoLpFuss, Petrefacta S. 243 Tab. CL Fig. 7. 0f.1850. Lueina pumila D’ORBIGENY, Prodrome p. 235 No. 176. 0f.1875. — ovula TERQUEM et PIETTE, Lias infer.p.87 Tab.VIL Fig. 14—16. Gleichklappig, ungleichseitig, ziemlich convex, Wirbel etwas hinter- ständig, nach vorne gekrümmt, vorderer Schalenrand zusammen- gedrückt, kleine, kurzovale, tiefe Lunula, lancettförmige Area mit äusserlichem Ligament, concentrisch gestreift. In der rechten Klappe ein starker Oardinalzahn und je ein vorderer und hinterer Seiten- zahn; in der linken zwei Cardinalzähne und je ein Seitenzahn. Ich habe die mir beschriebene Art hierher gestellt, obgleich die Abbildungen, Fig. 11 und 12, nicht ganz übereinstimmen, doch machen dieselben den Eindruck, nicht recht gelungen zu sein. Die- Fig. 13, die die Umrisse in natürlicher Grösse giebt, stimmt aber sehr gut, und auch die Beschreibung, — bis auf die Bemerkung, dass ausser dem Cardinalzahn nur ein hinterer Seitenzahn vor- handen sei, was wohl an dem Erhaltungszustande gelegen haben mag. Die Verfasser erwähnen diese Art aus den Angulatenschichten, während ZL. ovula in dem Planorbishorizonte sich finden soll. Ich war geneigt, die Muschel zu Lucina problematica Tam.! zu stellen, doch scheint sich letztere durch die kaum sichtbare Lunula zu unterscheiden, während die Lunula bei unserer Form sehr deut- lich hervortritt. Von L. ovula unterscheidet sich unsere Form durch "1855. Terquem, Hettange p. 337 Tab. XX Fig. 20. 169] COMASKER ALPEN. I. LiasFAuUNnA DER VAL SoLDa. 54 den weniger über den Schlossrand vorspringenden Wirbel und den glatten Schalenrand, während Tom. und PIETTE für L. ovula eine feine Zähnelung des Randes angeben. L. pumila wird bisher nur aus dem mittleren Lias erwähnt, gleicht aber sonst recht sehr unserer Art. Da Muskeleindrücke nicht zu erkennen sind, ist es nicht leicht, zu entscheiden, ob die Art zu Lucina oder zu Corbis gehört, der ganzen Gestalt nach aber möchte ich sie eher zu letzterer Gattung stellen. Die Angabe von Taım. und PıETTE, dass ZL. ovula einen gekerbten Schalenrand habe, spricht dafür, dass diese Art ebenfalls bei Corbis einzureihen sei. Nach kleinen Schalen von jugendlichen Exemplaren, die voll- kommen mit den ausgewachsenen übereinstimmen, sind die Schloss- zeichnungen in viermaliger Vergrösserung angefertigt, während das abgebildete doppelklappige Exemplar zweimal vergrössert wurde. Untersuchte Stücke: 4 Exemplare und 5 einzelne Klappen von Jugendexemplaren. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Familie: Cardiidae Lam. Genus: Cardium Lin. Cardium Heberti Tau. sp. Tab. IV Fig. 7—10. 1855. Cardita? Heberti TERrQuEm, Hettange p. 302 Tab. XX Fig. 10. 1859. Cardium Terquemi Marrıs, Cöte d’Or p. 86 Tab. V Fig. 16—20. 1865. _ — MART., TERQUEM und PIETTE, Lias infer. p. 71. 1864. Cardita Heberti Tam., DumorTier, Infralias p. 146 Tab. XXI Fig. 10—12. 1871. Cardium — Tam., Brauss, Unterer Jura S. 326. Cf. 1856. — cloacinum QUENST., OPPEL und Süss, Aequivalente S. 540 Tab. II Fig. 2. Cf. 1858. E= QuEnSTEDT, Jura Tab. I Fig. 37. Gerundeter Umriss, Schale gewölbt, Wirbel nach vorne und ein- wärts gebogen, stark über den Schlossrand vortretend. Die Sculptur besteht aus zahlreichen eng aneinanderschliessenden gerundeten Radial- rippen, die von feiner concentrischer Streifung bedeckt und von einzelnen stärker hervortretenden Anwachsstreifen gekreuzt werden. Kleine tiefe Lunula und lancettförmige Area mit äusserlichem Liga- ment. Das Schloss besteht aus einem Hauptzahn in der rechten Klappe, zwei kleineren zu beiden Seiten der breiten Zahngrube in der 55 voN BIsSTRAM: [170 linken Klappe, dazu vorne und hinten je ein Seitenzahn. Der Schalenrand ist innen gekerbt. MARTIN betont, dass sein Ü. Terquemi in äusserer Form und Sculptur durchaus mit erstgenannter Art übereinstimme, seine Form aber ein richtiges Cardiumschloss zeige. Er erwähnt ferner, dass die jungen Exemplare nicht so aufgebläht seien als ausgewachsene, die ca. 8—9 mm Grösse erreichen. DUMORTIER will beide Formen nach der Sculptur unterscheiden, indem bei ©. TERQuENI die Rippen durch ebenso breite Zwischenräume, die von Ü©. HEBERTI dagegen nur durch feine linienförmige Vertiefungen getrennt seien. BRAUNS hingegen glaubt an vielen untersuchten Exemplaren nachweisen zu können, dass diese Unterschiede nur Folge des Erhaltungszustandes seien. Wenn TERQUEM und PIETTE zur Unterscheidung anführen, dass ihnen vorliegende Exemplare, die der Grösse nach der ver- grösserten Zeichnung MArTIns entsprechen, viel mehr aufgebläht erscheinen, sowie stumpfere Rippen zeigen, so kann man darin nach der vorher erwähnten Bemerkung MArTIns im Gegenteil nur einen Grund zur Vereinigung finden. Es liegen nirgends Andeutungen dafür vor, dass TERQuUEM das Schloss seiner Art gekannt habe!. BrAUNSs vereinigt auch noch (. cloacinum mit unserer Form; jeden- falls stehen sich die Formen sehr nahe. Untersuchte Stücke: 27, meist einzelne rechte und linke Klappen. Fundort: A. Bolgia und A. Castello, Genus: Protocardia BEYR. Protocardia Philippiana Dkr. Tab- IV Fig.1. 1847. Cardium Philippianum Dunker, Halberstadt S. 116 Tab. XVII Fig. 6. ? 1853. rhaeticum MERr., ESCHER, Vorarlberg S. 19 Tab. IV Fig. 40. ‘ Für diese Annahme, dass TERQuUEMm das Schloss nicht gekannt hat, spricht der Umstand, dass er, obgleich er das nicht seltene Vorkommen von einzelnen Schalen erwähnt, die Gattungsbezeichnung Cardita unter Reserve mit einem ? giebt. Ferner spricht dafür die Bemerkung von TERQUEM und PIETTE, die, nach- dem sie die oben erwähnten Unterscheidungsmerkmale angeführt haben, zugeben, dass beide Formen sicher nur nach dem Schloss zu unterscheiden seien — 2 Seitenzähne (1 hinterer und 1 vorderer) bei Cardium, 1 (hinterer) Seitenzahn bei Cardita. — Hätten sie ‚bei Cardita Heberti die Schlossmerkmale beobachtet, so würden sie es wohl sicher an dieser Stelle hervorgehoben haben.- 171] CoMASKER ALPEN. I. LiäSFAUNA DER VAL SoLDa. 56 ° 1855. Cardium Philippianum Der., TERQUEn, Hettange p.288 Tab. XVIII Fig. 16. ? 1856. — rhaeticum Mer., OPPEL und Süss, Aequivalente 8.13. Tab. II Fig. 1. ? 1865. = Philippianum Dkr., STOPPANI, Contortaschichten $. 48 Tab. IV Fig. 18— 35. 1871. Protocardia Philippiana Dkr., Brauns, Unterer Jura S. 324. 1897. _ Dkr., PHıLıppı, Halberstadt S. 440. ? 1902. Cardium rhaeticum MEr., Repossı, Val d’Intelvi p. 32. Cf. 1836. = truncatum RoEMER, Oolith S. 39. Cf. 1839. = _ Rorm., GouLpruss, Petrefacta S. 218 Tab. CXLIII Fig. 10 au. b. Es liegen mir aus der Val Solda nur zwei Bruchstücke vor, an denen hauptsächlich der Schlossrand und Teile der Schale zu beiden Seiten desselben erhalten sind. Ich liess den Schlossrand des gut erhaltenen Schlosses wegen abbilden. Der erhaltene Teil der Schale lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass wir die Exemplare zu dieser Form zu stellen haben. STOPPANI (l.c.) vereinigt U. rhaeticum mit der Dunkerschen Lias- form, und ebenso (. truncatum aus höherem Niveau, während DUNKER ausdrücklich Ü'. Philippianum von C. truncatum trennt und BRAUNS (l. c.) auch (©. rhaeticum trennen will. Es lässt sich also auch nicht sicher erkennen, ob Sropranıs Form, falls die letzterwähnte Trennung gerechtfertigt sein sollte, hierher oder zu Ü. rhaeticum zu stellen sei. OPPEL und Süss (l. c.) trennen Ü. rhaeticum ebenfalls von der liasischen Form. Die mir vorliegenden Stücke genügen nicht, um zu entscheiden, ob der Kiel, auf den hin ©, rhaeticum von C. Philippianum getrennt wird, vorhanden ist oder nicht, so stelle ich sie der grösseren Wahrscheinlichkeit wegen zur Dunke£krschen Art. Jedenfalls stehen sowohl die rhätische Form als auch die (€. trun- catum aus den höheren Schichten unserer Form ausserordentlich nahe. BITTxEr! weist nach, wie die Gattung Protocardia kaum vor dem Rhät auftritt, um dann sehr häufig zu werden. Untersuchte Stücke: 2 Bruchstücke von A. Bolgia. Familie: Pholadomyidae Fischer. Genus: Pholadomya SOWw. Pholadomya corrugata K. u. D. 1837. Pholadomya corrugata KocH und Duncker, Beiträge S. 20 Tab. I Fig. 6. 1845. — glabra Acassız, Mues p. 69 Tab. III, 1 Fig. 12—14. ı 1895. Birrser, Lamellibraach. d. alp. Trias S. 225. 57 von BISTRAM: [172 1852. Pholadomya glabra As, Caapuıss und Drw., Luxembourg p. 114 Tab. XVI Fig. 2. 1858. _ —_ Ac., QuExstepot, Jura S. 81 Tab. 10 Fig. 2. 1864. = _ Ac., DumorTIER, Infralias p. 45 Tab. V Fig. 7—8. Zwei mir vorliegende doppelklappige Exemplare, von denen eines fast vollständig ist und, bei 22 mm Länge, 14 mm Breite und 11 mm Dicke zeigt, sowie ein zweites grösseres unvollständiges von 22 mm Breite stimmen sehr gut zu den angeführten Beschreibungen und Abbildungen. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Brachiopoda. Genus: Rhynchonella FISCHER. Rhynchonella variabilis SchLru. 1813 sp. 1832. Terebratula variabilis ZieTEn, Württemberg Tab. XLII Fig. 6. 1852. — triplicata QUENSTEDT, Handbuch 8.451 Tab. XXX VI Fig.1—2. 1861. Rhynchonella Buchi? Rorm., Cuapuss und Dew., Luxembourg p. 247 Tab. XXXVII Fig. 4. 1865. — variabilis SCHLTH. sp. DUMORTIER, Infralias p. 165 Tab.XXV Fie. 5-10. 1861. —_ Deffneri OrrEı, Branchiopod. d. unt. Lias S. 535. 1871. —_ variabilis SCHLTH., BRAUNS, Unterer Jura S. 436. Stark gewölbte bauchige Schalen mit starken Rippen, die meist nach dem Wirbel zu sich abschwächen und verschwinden. Der Sinus in der grossen Klappe trägt zwei bis fünf Rippen, die rechts und links sich anschliessenden, die den Sinus begrenzen, treten am stärksten, kielartig, hervor. Ich unterlasse es, die reichhaltige Litteratur anzuführen und die Synonyma aufzuzählen und will nur bemerken, dass schon CHAPuIs und DEWALQUE bemerken, dass die von ihnen als Rh. Buchii auf- geführte Art vielleicht zu Rh. variabilis zu ziehen sei. Untersuchte Stücke: 19. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Rhynchonella plicatissima QUENST. sp. 1852. Terebratula plicatissima QueEnstept, Handbuch S. 451 Tab. XXXVI Fig. 3. 1856. Rhynchonella — ÖOPrPrEL, Jura S. 109. 1866. = portwvenerensis CAPELLINI, Specia p. 76 Tab. VI Fig. 17—18. 173] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 58 Unterscheidet sich von der vorigen dadurch, dass die Schale eine grössere Zahl feiner einfacher Falten trägt und verhältnis- mässig flach, viel weniger kugelig ist. Untersuchte Stücke: 3 von A. Castello. Gastropoda. Familie: Pleurotomariidae D’Ors. Genus: Pleurotomaria DEFR. Pleurotomaria lens Tom. Tab. IV Fig. 14, 15. 1855. Pleurotomaria lens Terquem, Hettange p. 271 Tab. V Fig. 6. 1865. — — Tam., TERQUEM und PIETTE, Lias inferieur p. 59. Flachgerundete Schale, die Windungen sich zum grössten Teil umfassend, so dass das Schlitzband nur auf der letzten Windung sicht- bar ist; der Windungsquerschnitt auf der oberen Seite eckig (bei den Jüngsten Umgängen einfach gerundet), die untere Seite gerundet, so dass eine gewölbte Basis entsteht. Die Spindel anfänglich hohl und ziemlich breiter Nabel, der sich aber mit dem Alter verkleinert und wohl später ganz verschwindet. Obgleich meine beiden Exemplare einen Nabel zeigen, während TERQUEM für seine Pl. lens ausdrücklich das Fehlen desselben be- tont, so glaube ich aus den angeführten Merkmalen annehmen zu dürfen, dass mit fortschreitendem Wachstume der Nabel sich ganz schliesst und die Terqurxmsche Abbildung nur ein älteres Exemplar darstellt. Sonst stimmt die Form und der Charakter meiner Exem- plare ganz mit denen TERQUEMs überein. Untersuchte Stücke: 2. Fundort: Val Solda. Familie: Trochonematidae Zırter. Genus: Amberleya Moor. und Lyc. (Eucyclus DESLONGCH.) Amberleya decorata Marr. sp. Tab. IV Fig. 17, 18. 1858. Turbo decoratus MARTIN, Congrös scientifique d. Fr. XXV session p. 382 Tab. I Fig. 7. 1858. — suberenatus Marrın, Ibid. p. 383 Tab. I Fig. 8. 1858. — ceristatus — TIpid. p. 383 Tab. I Fig. 9. 1859. — triplicatus — Cöte d’Or p. 73 Tab. I Fig. 37—38. 1859. Purpurina tricarinata — Ibid. p. 75 Tab. II Fig. 6—7. 59 von BiIsTRam: [1 74 1902. Eueyclus tricarinatus MART., CossMann, Vendee p. 194 Tab. IV Fig. 13—14. Masse des abgebildeten Exemplares: Länge 5,4 mm. Spitzenwinkel 58°. Kreiselförmige Schale, Basis ebenso, nur etwas stumpfer, um die Mitte der Windungen ziehen sich zwei Spiralkiele, während ein dritter, schon gewissermassen zur Basis gehöriger nur auf der letzten Windung in der Seitenansicht sichtbar ist, sonst aber von den fol- genden Windungen verdeckt wird. Gekreuzt werden diese Kiele durch Querleistchen, die auf den späteren Umgängen älterer Exem- plare nach unten dichotomieren. An den Kreuzungsstellen beider Sculpturelemente bilden sich Knötchen. Durch diese Sculptur er- scheint die ganze Schale wie von einem sehr elegantem Netzwerk bedeckt, dessen Maschen auf den oberen Windungen rechteckig, bei älteren Exemplaren aber auf den unteren infolge der Dichotomierung der Querrippen dreieckig erscheinen. An älteren Exemplaren kann man auch beobachten, wie auf dem oberen Abfall der Windungen unter den Hauptkielen noch ein bis drei schwache Spiralkiele sich einstellen. Die Basis zeigt dieselbe Sculptur, indem vier Spiralkiele (incl. des schon oben erwähnten) auf derselben hervortreten, die von radialen Leisten gekreuzt werden. Innenlippe etwas schwielig, die Mund- öffnung gerundet mit schwachem vorderen Ausguss, die Mundränder nicht zusammenhängend. Das abgebildete Exemplar stimmt am meisten, wenn auch nicht vollständig, mit dem von MaArTIN unter dem Namen Purp. tricarinata abgebildeten überein, doch kann ich an anderen mir noch vorliegen- den, wenn auch nicht so gut erhaltenen, Exemplaren die verschiedenen, oben erwähnten Uebergänge in der Sculptur beobachten, welche es mir zweifellos erscheinen lassen, dass Marrıns sämtliche oben erwähnten fünf Formen zusammenzuziehen sind. Dabei gebührt dem Namen T. decoratus, als älteren, der Vorrang und erscheint der- selbe auch geeigneter als Zricarinatus, da es sich in Wirklichkeit nur um zwei Hauptkiele (auch auf Marrıns Abbildung von Purp. tricarinata) handelt. Turbo eristatus ist nur ein jüngeres Exemplar, wie es schon MARTIN als möglich hinstellt. Jedenfalls dürfte es sich nicht hier um verschiedene Arten, sondern höchstens um Varietäten derselben Art handeln. Dem Spitzenwinkel und der Skulptur nach sehr ähnlich unserer Art scheint eine St. Cassianer Form, die zuletzt von Kırrı als 175] CoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 60 Worthenia Triton d’ORB.! beschrieben ist, von MÜNSTER Pleuroto- maria decorata genannt wurde, von LAUBE als Turbo decoratus? er- wähnt wird und von demselben später als Pleurotomaria Triton? bezeichnet ist. Ich war daher zweifelhaft, ob unsere Art den Namen decorata behalten dürfe, habe mich aber bei den eben er- wähnten Autoren überzeugt, dass ihre Form, der der Anciennität nach den Namen decorata zukommt, wohl zweifellos eine Pleurotomariide ist, während unsere Art sicher kein Schlitzband hat. Somit unter- scheidet beide Arten schon der Gattungsname. Von jüngeren Formen scheint das Bruchstück, das GoLDFuss* als Tyrochus amaglypticus MSTR. aus dem unteren Oolith abbildet, unserer Art einigermassen ähnlich zu sein. Untersuchte Stücke: 5. Fundort: Val Solda. Familie: Umboniidae An. Genus: Chrysostoma. Chrysostoma solarium PIETTE sp. Tab. IV Fig. 1921. 1856. Turbo solarium PietTE, Aiglemont p. 205 Tab. X Fig. 16. 1865. -— -- — TerquEem und PırTTE, Lias inferieur p. 50 Tab. III Fig. 22—24. ?1902 Ataphrus planilabium Cossmann, Vendee p. 196 Tab. IV Fig. 21. Kleine kugelige, glatte Schale mit kurzem, etwas kantigem Ge- winde und grossem gerundeten letzten Umgange, runder Mundöffnung mit umgeschlagener Innenlippe. Nabel mit schwachen Falten am Abfall der Schale zu demselben. von der Innenlippe fast verdeckt. Er verschwindet bei älteren Exemplaren. Obgleich bei meinen Exemplaren die Schalenfalten um den Nabel nur eben angedeutet erscheinen, glaube ich doch dieselben zur PIETTE- schen Form stellen zu sollen, da sie in Form, Grösse, Querschnitt der Windungen und der Mundöffnung ganz der Abbildung entsprechen. Die Wiedergabe des At. planilabium bei COSSMANN ist zu un- deutlich, um sichere Vergleiche damit anzustellen. Untersuchte Stücke: 5. Fundort: Val Solda. ı 1891. Kırrı, Gastropoden v. St.Cassian S. 198 Tab. III Fig. 17, 18. ® 1864. Lauße, Münstersche Arten v. St. Cassian S. 410. ® 1868. LAUBE, St. Cassian III S. 51 Tab. XXVI Fig. 10. * Petrefacta III p. 55 Tab. CLXXX Fig. 4. 61 von BISTRAM: [176 Familie: Neritopsidae Fischer. (Genus: Neritopsis ARAT. Neritopsis granum Dun. sp. Tab. IV Fig. 16. 1864. Trochus granum DuMmoRTIER, Infralias p. 129 Tab. XX Fig. 15, 16. Kleine stumpfkreiselförmige Schnecke mit vertieften Nähten und runden Umgängen, die 3 Spiralkiele und ca. 20 Querleisten gleicher Stärke tragen, deren Zwischenräume ziemlich gleich sind, so dass eine quadrierte Sculptur entsteht. Auf der gerundeten Basis gleiche Spiralkiele, doch keine Quersculptur. DUMORTIER bemerkt, wie er und gleichfalls MARTIN diese Art ursprünglich mit Trochus „Doris MSTRr.! identificiert hätten, doch sei der Spitzenwinkel letzterer Art viel stumpfer und der Querschnitt der Umgänge eckiger. Untersuchte Stücke: 1. Fundort: A. Bolgia. Familie: Turritellidae Grar. Genus: Mesalia GRAY. Turritella (Mesalia) Zenkeni Dkr. sp. Tab. V Fig. 18, 14. 1847. Melania Zenkeni Dunker, Halberstadt S. 108 Tab. XIII Fig. 1—3. 1847. Chemnitzia Zenkeni v’OrBıcny, Prodome I p. 213 No. 41. 1852. — turbinata Tam., Cuapvss und Dew., Luxembourg p. 77 Tab. XI Fig. 3. 1855. Turritella Zenkenv Dkr., Terquem, Hettange p. 253 Tab. III Fig. 6. 1855. — Deshayesea TERQUEN, Ibid. p. 253 Tab. III Fig. 7. 1858. Melania Zinkeni QUENSTEDT, Jura S. 60 Tab. V Fig. 17—19. 1864. — Zenkeni DkR., DumorTIER, Infralias p. 116 Tab. XIX Fig. 4. 1864. Turritella Deshayesea Tam., DUMORTIER, Ibid. p. 29. 1865. - E Tam., TERQUEM und PıETTE, Lias inferieur RTTE 1865. — Zenkeni Dekr., TERQUEM und PIETTE, Ibid. p. 36. 1866. Chemnitzia Meneghinii CAPELLısı, Spezia p. 39 Tab. I Fig. 13—14. 1876. Turritella Zenkeni Dkr., Tate und BLAkE, Yorkshire lias p. 349. non 1866. _ _ DkB., CAPELLINI, Spezia p. 38 Tab. II Fig. 12. non 1866. -- Deshayesea Tam., CAPELLINI Ibid. p. 39. 11839. Goupruss, Petrefacta III S. 54 Tab. CLXXIX Fig. 10. 177] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 62 Turmförmiges Gehäuse mit wohlgerundeten Umgängen und tiefen Nähten; die Sculptur besteht aus feinen vertieften Linien, so dass die Windungen von schmalen, flachen, gleichmässig breiten Spiral- streifen (auf dem abgebildeten Exemplare ca. 20) bedeckt erscheint. Die von ihm früher als Oh. turbinata benannte Schnecke stellt TERQUEM selbst hierher; die Turritella Deshayesea Tqm. kann nach Abbildung und Beschreibung m. E. nicht von 7. Zenkeni getrennt werden. Die von OAPELLINI als 7. Deshayesea und T. Zenkeni beschrie- benen Formen haben einen viel stumpferen Spitzenwinkel und ge- hören wohlnicht hierher, sondern vielleicht zu Promathildia fragilis Tam. Untersuchte Stücke: 1. Fundort: A. Bolgia. Familie: Pyramidellidae Gray. (Pseudomelaniidae FISCHER.) Genus: Omphaloptycha v. AMMON. Omphaloptycha morencyana PIETTE sp. Tab. V Fig. 1, 2. 1856. Phasianella moreneyana PıErTe, Aiglemont p. 204 Tab. X Fig. 12. ?1858. Paludinenartige Muschel QuENsSTEDT, Jura S. 50 Tab. V Fig. 6. Cf. 1892. Chemnitzia (Mieroschiza) notata v. Ammon, Hochfellen etc. S. 200. 1902. Coelostylina Chartroni Cossmann, pars Vendee p. 186 Tab. IV Fig. 15 (non Fig. 9). Grösse der abgebildeten Stücke: Fig. 1 Fig. 2. Länge 17 mm 5,2 mm Breite gan, 29), Spitzenwinkel 48° 52 Basiswinkel 83° 90° Gehäuse kegelförmig, Windungen wenig gewölbt, stark über- einandergreifend, Nähte nicht sehr tief, Schale glatt, Mundränder scharf, der innere etwas übergeklappt, die Nabelspalte halb verdeckend, die Basis stumpfconisch, Mundöffnung linsenförmig-oval. Ich konnte an einem Exemplare constatieren, dass die Spindel hohl ist, doch deckt die übergeklappte Innenlippe in den meisten Fällen dieselbe. Somit erscheint die Classifikation unter obiger Gattung gesichert, nachdem Kırrı! für die Originale v. Ammoxs die hohle Spindel nachgewiesen hat. "1899. Kırıı, Gastropoden d. Esinokalke S. 106. Berichte XIII, 12 63 von BISTRAM: [178 Die Art scheint in den betreffenden Schichten der Val Solda recht häufig zu sein, da ich viele, wenn auch zum Teil verdrückte oder nicht ganz vollständig erhaltene Exemplare gefunden habe. Die Grösse schwankt zwischen ziemlich weiten Grenzen, so dass man versucht sein könnte, wenigstens an Varietäten zu denken, doch liegen mir auch Zwischengrössen vor. Ich habe ein grösseres und ein kleineres Exemplar abbilden lassen. Recht ähnlich unserer Form erscheint Littorina sylvestris!, die sich aber nach dem Autor dadurch unterscheiden soll, dass die Windungen sich stärker umfassen, ausserdem die Mundöffnung runder sei; letzteres Unterscheidungsmerkmal scheint mir nicht sehr stich- haltig, da bei DUMORTIERS Exemplaren die Mundöfinung, nach den Abbildungen wenigstens, nicht erhalten zu sein scheint. CossMAnNs oben eitierte Abbildung stimmt ebenso wie die Be- schreibung durchaus zu meinen Exemplaren, während Fig. 9 viel gerundetere Windungen zeigt. Untersuchte Stücke: 27. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Genus: Promathildia ANDREAE Sp. 1887. ANDREAE, Glossophoren d. Terrain ä chailles der Pfirt S. 23. Altmesozoische, schlankturmförmige Schnecken mit ausgesproche- ner Spiral- sowie concentrischer Sculptur, die aus feinen Kielen oder Linien besteht, mit ovaler Mundöffnung und eben angedeutetem Ausguss, sind bald zu Turritella, bald zu Cerithium oder C'hemnitzia gestellt worden. Wir haben es in Folgendem mit einer Reihe solcher Formen zu thun, die sich hauptsächlich durch das raschere oder langsamere Anwachsen der Windungen und den Betrag des Spitzenwinkels von- einander unterscheiden, ihrer Sculptur nach aber sich sehr gleichen und eine so nahe Verwandtschaft miteinander zeigen, dass bei dem Vorhandensein von Zwischenformen es fast schwer hält, sie von- einander in verschiedene Arten abzugrenzen. Leider ist die Spitze mit dem Embryonalgewinde sehr selten erhalten (bei meinen zahlreichen Exemplaren konnte ich keines er- kennen), so dass die Frage der systematischen Stellung schwierig ist. Nun meint aber CossmAnN? bei einem Exemplare von Cerithium Semele D’OrB. das heterotrope Embryonalgewinde deutlich erkannt ! 1864. DUMORTIER, Infralias p. 118 Tab. XIX Fig. 7. ®2 1902. Cossmann, Vendee S. 183. 179] CoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 64 zu haben und bereits v. Ammon glaubt die Andeutung des links gewundenen Embryonalendes an Vorläufern unserer Formen, der Turri- tella Bolina MSTr. aus den Raibler Schichten! sehen zu können. Daher glaube ich, alle diese Formen zu der AnprEAzschen Gattung stellen zu müssen. FiscHEer (Manuel de Conchyliologie) stellt Mathilda zu den Turritelliden, ebenso früher ZITTEL in seinem grossen Handbuche, während er im kleinen Handbuche sie von Turritella trennt und zu den Pyramidelliden stell. v. Ammon bemerkt, dass vielleicht bei Beurteilung der systematischen Stellung auf das Merkmal der hetero- tropen Embryonalwindung kein so grosses Gewicht zu legen sei und meint, Promathildia jedenfalls als Turritella (Mesalia) sehr nahestehend ansehen zu müssen, während G. BoEHM? Promathildia zu den Ceri- thüden stellt. KoKEN? bespricht diese Gattung und bemerkt dabei, dass sie zu den eigentümlichen zwischen Opisthobranchiaten und Prosobranchiaten schwankenden Familien gehöre und will sie in die Nähe der Cerithien stellen. Ich habe die Gattung, ZITTEL folgend, vorläufig unter Pyrami- dellidae, des links gewundenen Embryonalgewindes wegen, gestellt. Promathildia Dunkeri Tom. Tab. V Fig. 3—8. 1846. Melania Turritella Dunker, Menkes Zeitschrift f. Malakol. S. 169. 1847. — — Dunker, Halberstadt S. 109 Tab. XIII Fig. 5—7. 1847. Cerithium subturritella D’OrBIeNY, Prodrome p. 214 No. 58. 1851. _- = Dkr, sp., CHapvıss und Dew., Luxembourg p. 105 Tab. XIII Fig. 5. 1855. Turritella Dunkeri Der. sp., TERQUEM, Hettange p. 252 Tab. XIV Fig. 5. 1856. Cerithium plewrotoma PıerTE, Aiglemont p. 202 Tab. X Fig. 6. 1858. Turritella unicarinata QUENSTEDT, Jura S. 61 Tab. V Fig. 27—29. 1858. Cerithium Martinianum v’ORB., MArTIn, XXV Congres scientifique p. 389 Tab. II Fig. 5. 1859. — sinemuriense Marrtm, Cöte d’Or p. 76 Tab. II Fig. 19, 20. 1859. — Collenoti — TIbid. p. 77 Tab. II Fig. 21, 22. 1859. Turritella Humberti — TIbid. p. 70 Tab. II Fig. 11—14. 11892, v. Ammon, Hochfellen S. 203. ® 1895. BoEHm, Gastropoden der Marmolata. ® 1889. Koken, Entwicklung der Gastropoden 8. 458 ft. 65 von BisTRAM [1 s0 1861. Chemnitzia fistulosa SrtoLitzkA, Hierlatzschichten S. 166 Tab. I Fig. 9. 1865. -- —_ DKR. sp., TERQUEM und PıerrE, Lias infer. p- 37. 1892. Turritella eircinnula v. Ammon, Hochfellen etc. S. 195. 1802. — Dunkeri _ Ebd. S. 195. Cf. 1892. Loxonema alpicolum v. Gümg., v. Ammon, Ebd. S. 180. (non 1864. Turritella Dunkeri Tam., DumorrTier, Infralias p. 119 Tab. XX Fig. 1.) Grösse der abgebildeten Exemplare: Fig. 3. Fig. 4. Fig. 7. Fig. 8. Länge 10,5 mm 10,7 mm 11,2 mm 9,83 mm Dicke 25 — 4,0 — 34 — 3,3. — Spitzenwinkel 12° 20° 18° 19° Breite des letzten Umganges 14,5 °/o 18 °%o 19 °% 20 0 Schnecke von geringer Grösse, Gehäuse spitzturmförmig, lang, zahlreiche gerundete Umgänge, scharf eingeschnittene Naht. Die Sculptur besteht aus einigen (1—4) scharfen Spiralkielen und zahl- reichen feinen, dicht gestellten Anwachslinien, die in einem kleinen Bogen, dem äusseren Mundrande entsprechend, quer über die Win- dungen verlaufen. Die Basis ist flachgerundet, die Mundöfinung (an meinem Exemplare nicht erhalten) gerundet mit kleinem Ausguss. Die Sculptur der Schale ist in ihren Details ziemlich wechselnd und auch der Spitzenwinkel schwankt in gewissen Grenzen. Die Anfangswindungen zeigen durch das besonders starke Her- vortreten eines Spiralkieles einen winkeligen Querschnitt, während die grösseren Windungen mehr gerundet erscheinen. Durch Hervor- treten von zwei Hauptkielen wird auf der Mitte der Windungen ein scheinbar flaches Band gebildet. Ueberhaupt erscheint, je nachdem die Spiralsculptur mehr oder weniger stark hervortritt, was zum Teil auch von dem Erhaltungszustande abhängt, der Querschnitt der Win- dungen bald mehr gerundet, bald eckiger, auch spielt, bei der im Ganzen nicht sehr stark hervortretenden Sculptur, die Richtung der Beleuchtung, unter der die Exemplare betrachtet oder abgebildet werden, eine grosse Rolle, ein Punkt der besonders beim Vergleiche der immer kleinen Individuen unter der Lupe oder dem Mikroskope, resp. von Photographien derselben, wobei einseitiger schräger Licht- einfall benutzt werden wird, berücksichtigt werden muss. So ist es denn erklärlich, dass diese Art unter so verschiedenen Namen abgebildet und beschrieben worden ist. TERQUEM!, dem die 1 1855. Loc. cit. 181] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 66 Originale DuNkErs, sowie Stücke von den verschiedenen französischen Fundpunkten vorgelegen haben, hat sie bereits unter einem Namen vereinigt. Nur eines seiner Citate habe ich weglassen zu müssen geglaubt, nämlich das auf Tab. VII Nr. 16 abgebildete, als Turr. Zenkeni bezeichnete Stück, welches er im Texte (er. acuticostatum nennt. TERQUEM und PIETTE ceitieren die betr. Abbildung!, doch ist nicht klar zu ersehen, ob sie die Form, die nach Zeichnung und Beschreibung doch stark abweicht, aufgeben wollen und (er. acuti- costatum auch zu der vorliegenden Art ziehen. Dagegen dass die Formen mit zwei Kielen, mit solchen, wo an den Windungen oben dicht an der Naht noch ein dritter Kiel erscheint oder gar noch ein vierter am unteren Teil der Windung in der Nähe der Naht, zusammengezogen werden, wird sich kaum ein Einwand erheben, da die Anlage zu diesen Kielen ofienbar bei allen Individuen vorhanden ist und es sich im einzelnen Falle nur darum handelt, ob die Kiele bei der Aufrollung der Schale sichtbar bleiben oder durch dieselbe verdeckt werden, — resp. sich nicht bilden können, wenn sie unter die Schale des vorigen Umganges fallen. Man kann dagegen allerdings im Zweifel sein, ob die Formen, die sich durch die viel geringere Dicke als die der Durchschnitts- exemplare auszeichnen und daher auch einen noch spitzeren Spitzen- winkel haben, auch noch zu dieser Art gezogen werden können; ich habe es nach dem Vorgang von TERQUEM und PIETTE gethan, da es schwer fällt, die Grenzen zwischen beiden Formen zu be- stimmen. Wohl aber wäre es vielleicht am Platze, hier zwei Varie- täten zu unterscheiden, erstens die häufigste Form mit einem Spitzen- winkel von ca. 18—20° und in der Regel 2—3 Spiralkielen, die als Prom. Dunkeri s. str. aufzufasssen wäre und eine Varietät mit schlankerem Gewinde (ca. 12°) entsprechend unserer Fig. 3 und der Marrınschen Form Collenoti, sowie der SToLITzkAschen Ch. fistulosa, und v. Ammons Twrr. circinnula, die als Prom. Dunkeri, Tam., var. Martini der erstmaligen Abbildung durch MARTIN ent- sprechend zu bezeichnen wäre?. Nahe Verwandte unserer Art finden sich jedenfalls schon in 11865. Loc. cit. ® TERQUEM und PIETTE haben, nachdem sie den Namen Collenoti als Synonym von Dunkeri eingezogen, denselben für eine andere Form verwandt, sonst hätte ich für die Varietät den Namen Collenoti, den ihr Marrın als Art gegeben, beibehalten. 67 von BISTRAM: [182 der oberen Trias, worauf v. AmMoN schon hinweist!, so Turritella Gümbeli'v. AMMON und 7. Stoppanii WINKLER aus dem Rhät und Turritella (Promathildia) Bolina MsTR. aus den Raibler Schichten?. Untersuchte Stücke: Zahlreiche Exemplare. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Promathildia Semele D’ORre. sp. Tab. V Fig. 18. 1847. Cerithium Semele p’ÖrBIGNy, Prodrome I p. 215 No. 60. 1855. — Jobae Terquem, Hettange p. 277 Tab. XVII Fig. 7. 1856. — Terquemi Pierre, Aiglemont p. 201 Tab. X Fig. 7. 1858. Turritella Melania GQuEnsTEDT, Jura S. 61 Tab. V Fig. 21, 22. 1858. Cerithium Semele D’OrRB., Marrm, Cöte d’Or p. 75 Tab. II Fig. 8—10. Cf. 1864. — viticola DuMmorTIER, Infralias p. 31 Tab. III Fig. 3. 2? 1864. — Falsani DUMoRTIER, Ibid. p. 141 Tab. XXVI Fig. 7. 1866. — Semele D’ORB., CAPELLINI, Spezia p. 33 Tab. II Fig.,1))2 1866. Turritella bicarinata CAPELLINI, Ibid. p. 39 Tab. II Fig. 13, 14. 1866. — Dunkeri Dr. sp.?, Cape, Ibid. p. 37 Tab. II Kie. 10; 111; 1902. Promathildia Semele n’OrB., Cossmann, Vendee p.183 Tab. III Fig. 10. 1902. — terebralis Cossmann, Ibid. p. 184 Tab. III Fig. 28, 29. Grösse des abgebildeten Exemplares: Länge 11,3 mm Spitzenwinkel 22° Letzter Umgang 22 °/o Turmförmige Schale mit tiefen Nähten, die Sculptur besteht aus feiner Quer- und Spiralstreifung. Letztere tritt auf der vor- deren Hälfte stärker hervor, die Spirallinien stehen weiter von einander ab und bilden Kiele (meist drei), deren oberster etwas vor der Mitte gelegener die Umgänge in zwei Teile teilt, so dass der nach der Spitze abfallende Teil von feinem rechteckigen Maschwerk bedeckt erscheint, während die Maschen des Abfalles zur Mündung länglich erscheinen und hier die Spiralstructur durch ihre Stärke überwiegt. Die Umgänge sind in der Jugend eckig, vom obersten Kiel nach beiden Seiten in fast geraden Linien abfallend, runden sich dann mit zunehmender Grösse ab. Es schieben sich dann auch noch feinere Spiralstreifen zwischen die mehr zurücktretenden drei Hauptkiele. MARTIN weist schon auf ! Loc. eit. p. 196. 92 ? v. Ammon, loc. cit. p. 203. 183] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 68 die grosse Variabilität der Sculptur hin. Eine grössere Anzahl mir vorliegender Exemplare zeigt dasselbe, ebenso einen gewissen Wechsel des Spitzenwinkels (zwischen 22 und 28°). Der Sculptur nach gleicht diese Art durchaus der Promathildia Dunkeri sowie der Prom. Terguemi, nur die stumpfere resp. spitzere Form unterscheidet sie. Bei der Prom. Dunk. bleibt ausserdem der eckige Windungsquerschnitt länger erhalten. Ich habe keinen Anstand genommen, die von CossMmanN aufgestellte neue Art Zerebralis mit unserer zu vereinigen nach Vergleich seiner Abbildung und Beschreibung mit meinem Material. Zwei der von TERQUEM als Synonyma von (er. Jobae = Semele erwähnten Artennamen dürften wohl zu Prom. Dunkeri zu ziehen sein und sind daher unter jener Art von mir angeführt. Wahrscheinlicherweise ist (er. viticola Dum. hierher zu stellen; was Cer. Falsani anbetrifft, so würde ich es auch unbedenklich nach der Abbildung, die einen Spitzenwinkel von 22° zeigt, hierher rechnen, nach der Angabe im Text, die ihn mit 16° aufführt, jedoch dürfte dieses (einzelne) Exemplar wohl zur vorigen Art gehören. Sicher gehört Turr. bicarinata Car. hierher und dürfte das mit Zurr. Dunkeri? bezeichnete Bruchstück wohl ebenfalls hierher zu stellen sein. Untersuchte Stücke: Zahlreiche Exemplare. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Promathildia Terquemi nov. nom. (non Cerithium Terquemi PıETTE 1856.) Tab. V Fig. 9—11. 1865. Turbo atavus CH. und Dew., TERQUVEM und PIETTE, Lias infer. p. 51 Tab. III Fig. 28—30. 1865. — Nysti CH. und Dew., TERQUEM und PIETTE, Ibid. p. 50 Tab. III Fig. 25—27. 1862. Turritella lumensis CAPELLINI, Spezia p. 44 No. 26. Cf. 1866. — somervilliana CAPELLINI, Spezia p. 40 Tab. II Fig. 15, 16. Of. 1892. —_ —_ Car., v. Ammon, Hochfellen etc. S. 195. Grösse der abgebildeten Exemplare: Fig. 9. Fig. 10. Piel. Länge 7,7 mm 7,5 mm 5,5 mm Spitzenwinkel 32 42° 40° Breite des letzten Umganges 29 ?/o 31/0 25,5 °/o In der Jugend eckige, später sicb abrundende Windungen mit tiefen Nähten, die Sculptur aus sich kreuzenden Anwachslinien und etwas stärkeren Spirallinien bestehend. Letztere stehen auf der 69 von BISTRAN: [184 unteren Hälfte der Windungen etwas weiter von einander und treten durch ihre Stärke mehr hervor, wodurch gewissermasen ein oder zwei umlaufende Bänder abgegrenzt werden. Die Mundöffnung konnte nicht beobachtet werden. Der ganzen Sculptur nach steht diese Art der vorigen sehr nahe, nur der Spitzenwinkel ist ein stumpferer. Ich zweifle nicht, dass die bei TERQUEM abgebildeten, oben eitierten beiden Exemplare hierher zu rechnen sind, während mir die Zurechnung derselben zu den Arten atavus und Nysti sehr gewagt erscheint, wenn man auch berücksichtigt, dass die Abbildungen der Arbeit von ÜHAPuıs- und Dew. offenbar wenig gelungen sind. Ich schlage daher vor, die Art nach dem Autor, der sie zuerst abge- bildet und beschrieben hat, zu benennen, nachdem derselbe Name (Cerithium Terquemi, PIETTE = Promath. Semele D’ORB) von dem Autor! eingezogen worden ist. Mir erscheint es recht wahrscheinlich, dass die als Turrit. somer- viliana Fig. 15—16 abgebildete Schnecke hierher gehört, doch erwähnt CAPELLINI nichts von irgend einer Anwachsstreifung, sondern nur Spiralsculptur. Sollte eine solche auf den Originalen vorhanden sein, so wäre wohl die Identität ziemlich sicher. Besonders veranlasst mich der Umstand, dass auf der Mitte der Windungen zwei Spiralstreifen etwas stärker hervortreten und ge- wissermassen Kiele bilden, diese Schnecke hierher zu stellen. Untersuchte Stücke: 6 Exemplare. Fundort: Val Solda. Promathildia fragilis Ton. sp. Tab. V Fig. 12. 1865. Turbo fragilis TERQUEM und PıETTE, Lias inferieur p. 49 Tab. III Fig. 13—15. 21864. — Ferryi DUMORTIER, Infralias p. 135 Tab. XIX Fig. 6. Länge 5,2 mm Spitzenwinkel 45° Letzter Umgang 32 °/o Vergrösserung 4,5 Der Sculptur nach den vorigen durchaus ähnlich. Diese besteht aus dünnen Spiralkielen, die auf der unteren Seite der Windungen stärker sind und dem gerundeten Windungsquerschnitt ein etwas eckiges Ansehen, besonders bei den jüngeren Windungen, ' 1865. TerquEm und PIETTE, Lias inferieur p. 65. Er 185] COoMASKER ALPEN. I. LiIAsFAUNA DER VAL SOLDA. 70 verleihen, und feiner Querstreifung. Dieselbe Sculptur sieht man auch auf der Basis. TERQUEM und PIETTE geben eine gerundete Mund- öffnung an. Obgleich das citierte Exemplar (Turbo Ferryi) bei DUMORTIER einen noch stumpferen Spitzenwinkel hat, glaube ich es doch seinem ganzen Habitus nach mit erstgenannter Art vereinigen zu können. Von der vorigen Art scheidet sie hauptsächlich, nächst dem stumpferen Spitzenwinkel, das weniger steile Ansteigen der Windungen. Untersuchte Stücke: 5 Exemplare. Fundort: Val Solda. Familie: Cerithiidae Menke. Genus: Protocerithium n. g. Cerithium auct. pars. 1902. Procerithium Cossmann, Vendee p. 177. 1902. Paracerithium Cossmann, Ibid. p. 173. Die älteren Cerithiöiden lassen sich meist nicht unter bestimmte Gattungen, die nach recenten und tertiären Formen aufgestellt sind, einreihen, weil sie von den jüngeren Formen doch vielfach ab- weichen oder Merkmale mehrerer Gattungen in sich vereinigen. Auch ist das beste Olassificationsmerkmal, der Mundrand, bei ihnen nur in seltensten Fällen erhalten. Von dem Cerithiumtypus, wie er für die jüngeren hierher gestellten Arten festgestellt ist, unterscheiden sie sich durch weniger charakteristische Mündung, der Ausguss ist schwächer. So erscheint es vielleicht nicht unangemessen, diese älteren Formen von den Cerithien i. e. 8. als besondere Gattung abzutrennen und schlage ich daher obigen Namen vor, der andeuten soll, dass wir es mit alten, gewissermassen Collektivformen zu thun haben, von denen wohl, zum Teil wenigstens, die jüngeren Gattungen herzuleiten wären. Als Typus nehme ich die so sehr variabile Art des (er. lugdunense, die mir in ausserordentlich grosser Individuenzahl vorliegt. Die jüngeren Windungen haben ganz den COerithiumcharakter, während die älteren sich abrunden und mehr den Habitus von Diastoma und Exelissa resp. den von Turritella annehmen. Ich schlage als Gattungsdiagnose vor: schlankturmförmige Gehäuse mit eckigen bis gerundeten Windungen, starker Sculptur, aus Spirallinien und @uerfalten bestehend, tiefen Nähten, ovaler Mundöffnung mit scharfen Mundrändern und kleinem vorderen und ebensolchem hinteren Ausguss, glatter Spindel. 71 von BisTRan: [186 CossMmAann hat! zwei neue Gattungen Paracerithium und Pro- cerithium aufgestellt, die sich m. E. nach nur sehr wenig von einander unterscheiden. Beiden soll der vordere Ausguss fehlen, bei Paracerith. jedoch eben noch angedeutet sein. Die eine Gat- tung ist auf die neue Art Parac. acanthocolpum, die in sieben Exemplaren vorliegt, von denen eines abgebildet ist, die andere auf Procer. quinquegranosum, die in drei, abgebildeten, Exem- plaren vorliegt, gegründet. Es erscheint nun an und für sich unpraktisch, so subtile Unterschiede bei diesen alten Formen, die nur in seltensten Ausnahmen wegen ihrer Erhaltung dieselben . erkennen lassen, zur Aufstellung gesonderter Gattungen zu benutzen; besonders aber scheint es nicht gerechtfertigt, solche Arten auf Grund nur weniger und dazu unvollständiger Exemplare zu gründen. Den drei einzigen Exemplaren von Proc. quinguegranosum, auf die der Verfasser noch dazu zwei Varietäten gründet, fehlt die Mundöffnung, und ebenso dem einen abgebildeten von Paracerith. aconthocolpum wenig- stens teilweise und darf man wohl annehmen, dass der Verfasser das besterhaltene abgebildet hat. Woraus er somit die Mündungsform er- kannt hat, erscheint ziemlich unverständlich. Wohin CossmAann mit dieser Gattungsunterscheidung kommt, ersieht man daraus, dass er zwei Exemplare von Cerith. lugdunense, die, wie ich aus meinem überreichen Material nachweisen kann, einen vollständig ausgebildeten vorderen Ausguss besitzen, als zwei neue Arten von Paracerithium (die keinen Ausguss haben sollen!) beschreibt und abbildet, während er auf das dritte Exemplar hin eine neue Exelissa-Art aufstellt. Ueberhaupt dürfte von allen von ihm abgebildeten Para- und Procerithien höch- stens zwei eine auch nur zum Teil erhaltene Mundöffnung besitzen. Uebrigens lässt Paracer. acanthocolpum Fig. 21 auf der Photo- graphie einen ganz ausgesprochenen Ausguss erkennen, so dass es nicht zu dem Gattungsschema, das CossmAnN auf diese Art hin aufgestellt hat, passt. Nebenbei bemerke ich, dass Parac. acanthocolpum CossM. dem Tirbo Hoffmanni CAP.” sehr nahe steht, wenn es nicht mit demselben ident ist. Cerithium (Protocerithium) lugdunense Dun. Tab.. V Fig. 15—19, Tab. VI Fig. 1, 2. ? Cerithium gratum auctor. pars (non Tam.). 1864. Cerithium lugdunense DunmorrTier, Infralias p. 142 Tab. XIX Fig. 11. 1902. Exelissa infraliasica Cossmann, Vendöe S. 182 Tab. III Fig. 19. 102.7 Loe-keit: ® 1866. CAPELLINI, Spezia Tab. II Fig. 21, 22. 187] COMASKER ALPEN. I. LiAsFAUNA DER VAL SOLDA. 72 1902. Paracerithium loxocolpum — Ebd. S. 177 Tab. III Fig. 24. 1902. _ Chartroni — Ebd. S. 176 Tab. III Fig. 27. Masse der abgebildeten Exemplare: Fig. 15. Fig. 16. Fig. 17. Länge 5 mm 7,2 mm 6,4 mm Spitzenwinkel der 6 ersten Umgänge 950 29° 26° Spitzenwinkel der 2 letzten Umgänge 10° 19% Kleine spitzturmförmige Gehäuse, die, durch tiefe kerbenförmige Nähte getrennten, auf ihrer äusseren Seite flachen Windungen runden sich bei weiterem Wachstum mehr ab. Die Sculptur besteht aus Querfalten, die nicht bis an die Nähte hinunterreichen, und Spiral- kielen, anfänglich zwei bis drei, später an Zahl zunehmend; an den Kreuzungsstellen bilden sich Knötchen. Mundöffnung oval mit schwa- chem hinteren und ausgesprochenem, schnibbenartig ausgezogenem, vorderen Ausguss, Innenlippe umgeschlagen. Basis in der Jugend flach kegelförmig, später gerundet, ohne Nabel, mit Spirallinien verziert. Jüngere oder nur in ihrem oberen Teile erhaltene Exemplare stimmen recht gut mit der Abbildung bei DuMORTIER überein, Mit zunehmendem Wachstum nimmt die Zahl der Spiralkiele zu und damit ihre relative Stärke ab, und runden sich dadurch die Windungen zu. Ueberhaupt wird die ganze Sculptur weicher und weniger hervortretend. Auch ändert sich der Winkel, so dass ausgewachsene Exemplare viel schlanker erscheinen als junge. Der Spitzenwinkel der ersten vier bis sechs Umgänge schwankt zwischen 26 und 36° während ältere Exemplare einen solchen von 18 bis 25° zeigen. Die Zahl der Querfalten nimmt zu, doch in unregelmässiger Weise. Die einzelnen Individuen verhalten sich ziemlich verschieden, manche behalten die eckige Jugendform länger als andere, die Vermehrung der Spiralkiele tritt früher oder später ein; ebenso nimmt die Zahl der Querfalten bei einzelnen Individuen ganz allmählich mit dem Wachstum zu, bei anderen erhält sie sich lange dem Anfangsstadium entsprechend (ca. neun), um dann mit einemmale in stark vermehrter bis zu mehr als doppelter Anzahl aufzutreten. So sehen wir eine sehr grosse Variabilität bei dieser Art. Bei stark sich ändernder Wachstumsform entstehen pupoide Gehäuse, auch bemerkt man dazwischen eine gewisse Tendenz der Mundränder, sich abzulösen. Bei Individuen, bei denen die Abnahme des Breiten- wachstumes und damit die pupoide Form am ausgesprochensten ist, erscheint auch die Mundöffnung wie verengt und entstehen Formen, die bei nicht vollständig erhaltenen Mundrändern Exelössa-artig erscheinen. 73 von BISTRAM: [ 188 Wie ja bei dünnschaligen, turmförmigen Schnecken meist der Fall, ist der Mundrand nur sehr selten erhalten, und entdeckte ich erst bei Durchsicht einer grossen Menge, wohl einiger Hundert, Exemplare und Bruchstücke von solchen, dass die Mundöffnung mit vorderem tiefen Ausgusse versehen war, was nur an ca. sechs Exem- plaren, an denen übrigens die Mundränder auch nicht vollständig erhalten sind, sich aber durch Vergleich ergänzen, gut zu sehen ist, an vielen anderen aber, nachdem man die Gestalt einmal kennt, andeutungsweise sich erkennen lässt. Die sehr variabile Gestalt erklärt es einigermassen, dass COoSsSMANN aus drei ihm nur vorliegenden Exemplaren drei Arten gemacht hat. Dabei ist darauf aufmerksam zu machen, dass seine Abbildungen in verschiedener Vergrösserung gegeben sind (Fig. 19 zweimal, Fig. 24 dreimal und Fig. 27 achtmal vergrössert), worauf bei Vergleich der Abbildungen untereinander natürlich zu achten ist, da z. B. Fig. 27 nur den obersten Windungen der beiden anderen Exemplare entspricht. Wie es schon DuUMORTIER für das Rhönebecken hervorhebt, ist auch in der Val Solda diese Art ausserordentlich häufig; sie überwiegt bedeutend an Zahl alle anderen Formen zusammen- genommen und kann als leitende Art neben Prom. Dunkeri und Semele (diese beide in geringerem Grade) angesprochen werden. Von anderen Fundpunkten als denen DUMORTIERS sowie der Vendöe und meinen in der Val Solda ist bisher diese Art nicht beschrieben worden, doch macht DumMoRTIER darauf aufmerksam, dass vielleicht ein Teil der zu Cer. gratum gestellten Exemplare hier- her gehört. Zahl der untersuchten Stücke: Sehr zahlreiche Exemplare. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Cerithium (Protocerithium) abeisum Tau. und P. Tab. VI Bio, 12. 1865. Cerithium abeisum TERQUEM und PIETTE, Lias inferieur p. 66 Tab. VI Fig. 16, 17. 1867. _— Ogerieni DUMORTIER, Lias inferieur p. 198 Tab. XLV Fig. 6. Grösse des abgebildeten Exemplares: Länge 4,85 mm Dicke 1,1 mm Spitzenwinkel 10,5 ° Breite des letzten Umganges 12,5 °/o. 189] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 74 Kleines, ausserordentlich schlankes, turmförmiges Gehäuse mit zahlreichen, flachen, zur kerbenförmigen Naht beiderseits ziem- lich steil abfallenden Windungen. Ihre Sculptur besteht aus drei Spiralkielen, die von ca. elf in der Längsachsenrichtung des Ge- häuses verlaufenden Querfalten gekreuzt werden, so dass sich an den Kreuzungsstellen Knötchen bilden. Auf der convex-kegelförmigen Basis verlaufen einige Spiralrippen. Die Mundöffnung ist leider bei keinem der mir vorliegenden Exemplare erhalten. v. Ammon! stellt diese Art mit zu Promathildia, aus welchem Grunde, vermag ich nicht zu erkennen. Der ganzen Sculptureigen- tümlichkeit nach, die bis auf die schlankere Form ganz an die der oberen Windungen der vorigen Form erinnern, muss man m. E. diese Art, solange keine einwandsfreien Beweise dagegen erbracht werden, zu den Cerithiiden stellen. Das (er. Ogerieni, welches DUMORTIER aus einem höheren Niveau (des Am. oxynotus) abbildet, scheint mir nach Abbildung und Beschreibung mit unserer Art durchaus übereinzustimmen. Untersuchte Stücke: 13 Exemplare. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Cerithium (Protocerithium) costellatum Tau. sp. Tabz’VYIrPiey Ik 1855. Turbo costellatus TERQquEn, Hettange p. 265 Tab. V Fig. 2. 1856. Rissoa frumentum PıETTE, Aiglemont p. 205 Tab. X Fig. 21, 22. 1867. Chemnitzia lessoniana ÜAPELLINI, Spezia p. 28 Tab. I Fig. 21, 22. Grösse des abgebildeten Exemplares: Länge 3,8 mm Spitzenwinkel 24° Letzter Umgang 26 °/n. Kleines turmförmiges Gehäuse mit gerundeten Umgängen und tiefen Nähten; die Sculptur besteht aus verhältnismässig groben voneinander ziemlich entfernten, schräg zu der Längsachse des Ge- häuses verlaufenden Querfalten (neun bis zehn auf den Umgang), dıe beiderseits an dem Abfall der Umgänge zur Naht sich abflachen und vor derselben verschwinden. Die obersten Umgänge noch glatt, ohne Sculptur. Junge Exemplare dieser Art, die eine nur sehr geringe Grösse erreicht, zeigen ein rascheres Anwachsen der Umgänge, so dass sie 11892. v. Ammon, Hochfellen etc. S. 218. 75 von BISTRAM: [190 einen stumpf-kegelförmigen Querschnitt zeigen. Später nimmt das Anwachsen der Umgänge ab, so dass die Gehäuse älterer und aus- gewachsener Individuen die COerithiumform zeigen. Mir liegen zahl- reiche Jugendexemplare, die ganz der Terquenmschen Abbildung entsprechen und nur einige ältere vor, ich habe das grösste abbilden lassen, OAPELLINI hat ein noch grösseres (loc. cit.) vorgelegen, von ca. 6,5 mm Länge. In der Veränderung des Spitzenwinkels älterer Exemplare im Vergleiche zu dem der ersten Windungen, wodurch die (rehäuse eine etwas pupoide Form erhalten, haben wir ganz dieselbe Erscheinung wie bei Üer. lugdunense. Untersuchte Stücke: Zahlreiche Gehäuse. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Familie: Actaeonidae p’OrB. Genus: Cylindrobullina v. AMMON (Orthostoma DESH. pars.) CossmAnn! hat eine neue Untergattung Striactaeonina auf- gestellt für eine Gruppe von kleinen Actaeoniden aus dem unteren Lias, die sich durch fast cylindrische Form infolge Vorwiegens der letzten Windung, auf die sich als kurzer Kegel der freie Teil der oberen, stark überdeckten Windungen aufsetzt, auszeichnen, mit hinten sehr schmaler, vorne sich wenig erweiternder und am unteren Ende abgerundeter Mundöffnung und fast gerade verlaufendem äusseren Mundrande, die Schale verziert durch feine Spiralstreifen, welche nach der Basis zu etwas auseinanderlaufen, und einer Furche, die auf dem oberen Teil der Windungen dicht unter dem Abfall zur Naht eine Art Wulst oder Kiel von dem Hauptteile der Windung trennt. | v. Ammon hat die Gattung Oylindrobullina® aufgestellt, die diese Formen mit umfasst und jedenfalls viel besser dem verwandtschaft- lichen Verhältnisse Rechnung trägt, während die von PIETTE 1856 noch viel weiter gefasste Gattung Tubifer der Hauptsache nach wohl Formen, die zu Ceritella gerechnet werden, umfasst, aus der also unsere Formen ausscheiden müssen. Das specifische Merkmal, worauf ÜossMANN seine neue Untergattung gründet, ist die feine Streifung der Schale; nun wird eine solche nur bei vorzüglichem ' 1895. Cossmann, Gastropodes des terrains jur. p. 25. ° 1878. v. Ammon, Gastropoden d. Hauptdolomites. 191] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 76 Erhaltungszustande, besonders bei so kleinen Individuen, wie die, um die es sich hier handelt, überhaupt sichtbar sein, ausserdem finden sich natürlich alle Uebergänge. Alle mir aus der Val Solda vorliegenden Formen erscheinen z. B. glatt, und nur an einzelnen Stellen weniger Exemplare kann man die Spiralstreifung, ich möchte sagen, gerade noch ahnen. Trotzdem bin ich nicht im geringsten im Zweifel, Formen vor mir zu haben, die CossMmanN zu seiner neuen Untergattung stellt, während ich sie nach-ihm davon trennen müsste. Er reisst eben eine eng zusammenhängende Gruppe von Formen auf m. E. unwichtige Merkmale hin auseinander. Belässt doch CossmanN z. B. Cylindrobullina elongata MOORE aus dem Haupt- dolomit und Ü©. fragilis DKR. bei Oylindrobullina, während er die so äuserst nahe verwandten Formen striata und Bouvignieri in seine neue Untergattung stellt. Ferner lässt er diese Untergattung schon im Bathonien verschwinden, während sich noch im Sequan z. B. Actaeonina lauretana und andere! Arten finden, die sich m. E. in der Gattung nicht von unseren Formen trennen lassen. Meiner Ansicht nach ist daher CossmanNs neue Untergattung Striactaeonina nicht zu acceptieren, sondern nur v. Ammons Gattung Cylindrobullina in der von demselben gegebenen Ausdehnung beizu- behalten. Cylindrobullina sinemuriensis MART. sp. Tab. VI Fig. 3, 4. ? 1842. Tornatella fragilis Dunker, Halberstadt S. 111 Tab. XIII Fig. 19. 1860. Actaeon sinemuriensis Marrın, Cöte d’Or S. 70 Tab. I Fig. 9, 10. 1864. Orthostoma scalaris DunoRrTIER, Infralias p. 126 Tab. XX Fig.12. 1892. Actaeonina Dumortiei HupL. und Wiırs., Brit. jur. Gastrop. p. 27. 1892. — sinemuriensis HupL. und Wırs., Ibid. p. 29. 1902. Striactaeonina — Marr., Cossmans, Vendee S. 27 Tab. I Fig. 40—41 Tab. IV Fig. 42. Grösse der abgebildeten Exemplare: Länge 4,75 mm Breite 26 mm Höhe des letzten Umganges 265 mm Diese Form ist diejenige, die im Vergleich zu ihrer Länge die grösste Dicke zeigt, da die Umgänge sich sehr stark umfassen, so dass der freibleibende Teil der oberen Windungen nur einen ganz kurzen Kegel bildet. Die Windungen fallen oben fast senkrecht zur Naht 11893. GRrEPPIN, Oberbuchsiten Tab. I Fig. 13. 77 voN BISTRAM: [192 ab, dicht unter dem Nahtabfall läuft eine feine vertiefte Furche um die Windungen, eine Art von Wulst oder Kiel von dem Hauptteile abtrennend. Auf dem Abfall zur Naht sieht man zwei Spirallinien. DUMORTIERS 0. scalaris erscheint auf der Abbildung etwas schlanker, dürfte aber wohl hierher zu stellen sein und könnte allen- falls als Varietät angesehen werden. Untersuchte Stücke: 3 Exemplare. Fundort: Val Solda. Cylindrobullina striata PIETTE sp. Tab. “VI Fig, 8, %, 1856. Tubifer striatus PıetTE, Aiglemont p. 203 Tab. X Fig. 22. 1865. Orthostoma striatum PıETTE, TERQUEM und PIıETTE, Lias infer. p. 41 Tab. IV Fig. 12, 13. 1865. Actaeonina Vallei Srtoppanı, Contortaschichten S. 201 Tab. XXV Fig..7. 1895. Striactaeonina striata PIETTE, CossMann, Gastropodes S. 26. 1895. —_ avena Tam., Cossmann, Ebd. S. 30 Tab. I Fig. 36. Grösse des abgebildeten Exemplares: Länge 3,75 mm Breite 1,8 mm Höhe des letzten Umganges 3 mm Der Wulst tritt schwächer als bei voriger Art hervor. Einige Spiralstreifen auf dem Abfall zur Naht geben ihm ein schwach treppenförmiges Ansehen. Das Gehäuse erscheint etwas schlanker. Untersuchte Stücke: 7 Exemplare. Fundort: Val Solda. Cylindrobullina Bouvignieri Tau. sp. Tab. VI Fig. 7. 1855. Tornatella Bouwvignieri TERQaUEMm, Hettange p. 257 Tab. XV Fig. 1. 1858. — fragilis QUENSTEDT, Jura S. 61 Tab. V Fig. 26 pars. 1864. Orthostoma eylindrata DUMORTIER, Infralias p. 125 Tab. XX Fig. 10. 1865. Actaeonina Pilleti STOPPANI, Contortaschichten S.202 Tab. XXX V Fig. 6. 1867. Tornatella Bowvignieri Tam., MooRE, Quart. Journ. vol. XXIII p.565. Cf.1869. Orthostoma fontis DuMmoRrTIER, Lias super. p. 220 Tab. XXVII Fig. 14. 1892. Actaeonina Bowvignieri Tam., Huprt. und Wiırs., Brit. jur. Gastrop. p. 25. 1895. Striactaeonina — Cossmann, Gastropodes S.7 Tab. I Fig.38, 39. er re ET A a a ee ee en el RATEN ENTER EEE ERDE RT 193] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 78 Grösse des abgebildeten Exemplares: Länge 10 mm Breite 3,7 mm Höhe des letzten Umganges 6,6 mm Das Gehäuse ähnelt durchaus dem vorigen, nur ist der Windungs- abfall weniger steil, die Streifung auf demselben weniger zu bemerken und der Wulst auf einen kaum bemerkbaren Kiel reduciert. Der Windungskegel ist im Vergleiche zur letzten Windung etwas höher. Hierher dürfte auch QuENSTEDTS Tornat. fragilis (Fig. 26, links) ge- hören, während das abgebrochene Exemplar (rechts) wohl zu Ü. sine- muriensis zu stellen sein dürfte. Untersuchte Stücke: 5 Exemplare. Fundort: Val Solda. Cylindrobullina avena Tau. sp. Tab. VI Fig. 8. 1855. Orthostoma avena TErQuEn, Hettange p. 260 Tab. XV Fig. 8. 1859. _ graciie Marrın, Cöte d’Or S. 71 Tab. I Fig. 17, 18. 1864. _ — Marr., DumorTIErR, Infralias p. 125 Tab. XX Fig. 11. 1865. — avena Tam., TERQUEM und PIETTE, Lias infer. p. 40. 1867. — — — Moore, Quart. Journ. vol. XXIII p. 564. 1892. Actaeonina — — Hopr.und Wırs., Brit. jur. Gastrop. p. 26. 1895. Striactaeonina avena — ÜossmanN, pars Gastropodes S. 26 Tab. I Fig. 37 (non 36). Cf. 1895. Tornatellaea fontis Dwm., Cossmann, Ebd. S. 12 Tab. I Fig. 2. 1902. Striactaeonina avena Tam., Cossmann, Vendee S. 167 Tab. III Fig. 3, 4. Grösse des abgebildeten Exemplares: Länge 6,1 mm Breite 2,6 mm Höhe des letzten Umganges 4,3 mm Der gerundete Windungsabfall zur Naht, sowie eine etwas schlankere Form des Gehäuses und der verhältnismässig etwas höhere Windungskegel unterscheidet die Form von der vorigen. Nach der citierten Abbildung bei TERQUEM scheint mir das O. gracile hierher zu gehören, während die von Üossmann als solche abgebildeten Exemplare von mir eher zu der folgenden Art gezogen werden, Untersuchte Stücke: 5 Exemplare. Fundort: Val Solda. Berichte XII. i 13 79 von BisTRan: [194 Cylindrobullina oryza Tau. sp. Tab. VI Fig. 9, 10. 1855. Orthostoma oryza TERQUEN, Hettange p. 260 Tab. XV Fig. 9. 1895. Cylindrobullina — Tam., Cossmann, Gastropodes S. 45 Fig. 5. 1902. — — _ — Vendee 8.170 Tab. III Fig. 7 Tab. IV Fig. 22, 23. Cf. 1902. Tornatellaea gracilis MarT., Cossmann, Gastropodes S. 12 Tab. I Fig. 4, 5, Tab. IV Fig. 39. Grösse des abgebildeten Exemplares: Länge 3,6 mm Breite 1,7 mm Höhe des letzten Umganges 2,2 mm Der Windungsquerschnitt mehr gerundet, der Windungskegel höher und die Höhe der letzten Windung entsprechend niederer als bei voriger Art. Untersuchte Stücke: 1 Exemplar. Fundort: Val Solda. Echinodermata. Klasse: Crinoidea. Genus: Pentacrinidae D’ORB. Pentacrinus angulatus Opr. 1856. OPpPpeEL, Die Juraformation S. 151 Tab. 12. 1864. DumorTIER, Infralias p. 166 Tab. XXIII Fig. 3—4, XXV Fig. 11—12. 1874—76. QuENSTEDT, Petrefaktenkunde IV S. 205 Tab. 97 Fig. 36, 37. Es liegen nur zahlreiche einzelne, und auch einige zusammen- hängende Stielglieder vor. Die Erhaltung ist eine nicht sehr gute, die Verkieselung oft nur unvollständig (innen hohl). Ich nenne sie nach DumorTıers Abbildung P. angulatus OrrEL, will aber nicht bestimmt behaupten, dass man sie nicht auch als P. psilonoti Qu.! oder tubercul. MıLL.” ansehen könnte, wenn überhaupt diese wirklich von- einander zu trennen sein sollten. Untersuchte Stücke: Zahlreiche Stielglieder. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. 1 1858. QUENSTEDT, Jura p. 50 Tab. V Fig. 7. ® 1821. MitLer, Crinoiden (Bristol) p. 64. 1856. OPPpeu loc. cit. p. 111. 195] CoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. s0 Klasse: Echinoidea. Familie: Diadematidae. Genus: Diademopsis DESOR. Diademopsis buccalis Ac. sp. 1847. Hemiecidaris buccalis Asassız, Catalogue raisonn€ p. 35. 1858. Diademopis — As., Desor, Synopsis p. 79. 1864. Diademopsis buccalis As., DUMORTIER, Infralias p. 91 Tab. XVI Fig. 11, 12, 13 Tab. XVII Fig. 3. Schalenbruchstücke, die mir allein vorliegen, gestatteten, sie mit ziemlicher Sicherheit auf obige Art zu beziehen. Ferner liegt mir noch ein kleines Bruchstück einer Cidaris- schale, das unbestimmbar ist, vor und viele einzelne Stacheln von verschiedener Länge und Stärke, dünne längsgestreifte lange Stäbe mit kleinem, an der Ansatzstelle etwas diekerem Conus, wie sie DUMOR- TIER (loc. eit.) Fig. 3 abbildet, vor. Nach DumorTIERs Ausführungen und Abbildung (loc. cit.) und der Abbildung Desors! von der jedenfalls unserer Form sehr nahe- stehenden Diademopsis Heeri MERIAN kann es wohl keinem Zweifel unterliegen, dass die erwähnten Stacheln zu obiger Form gehören. Untersuchte Stücke:Schalenbruchstückeundeinzelne Stacheln. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. Coelenterata. Familie: Eupsamidae E. u. H. emend. ÖcILvıE. Genus: Stylophyllopsis FRECH. Stylophyllopsis Haimei Onar. und Dew. sp. Tab. VI Fig. 13—17. 1851. Montlivaultia Haimei CHaprvis und Dew., Luxembourg p. 263 Tab. XXXVIIH Fig. 5. 1859. = sinemuriensis D'ORB., Marrın, Cöte d’Or S. 92 pars. 21859. Thecosmilia . ..? DuMmoRTIER, Ebd. S. 174 Tab. XXIX Fig. 14, 21859. Polypier . . .? _ Ebd. Fig. 11. 1865. Montlivaultia« Haimei CHar. und Dew., TERQUEM und PIETTE, Lias infer. p. 126. 1867. — _ CHar. und Dew., Duncan, Brit. foss. corals ser. II p. IV, p. 35 Tab. X Fig. 24—32. Einfache Zelle, cylindrisch, flach-kreiselförmig, mit der Spitze oft an einem kurzen Stiel aufgewachsen, im Alter vielleicht frei. ! Loc. eit. Tab. XIII Fig. 1, 2. 138 81 von BisTRAM: [1 96 5 Leistencyclen = 9 Ordnungen = 96 Septen. Runzelige Epithek, die bis an den Kelchrand reicht. Die Septen, von denen der erste und zweite Cyclus schon bei geringer Grösse der Individuen gleich stark erscheinen, erheben sich nur wenig über den Rand der Epi- thek, sind auf ihrer oberen Kante ausgezackt und haben wellen- förmige Seitenflächen, so dass der Querschnitt ein perlschnurartiges Bild giebt. Einige Exemplare zeigen noch das erste Stadium mit beginnender Bildung der beiden ersten Cyclen, während auf den meisten jungen Exemplaren bereits drei Oyclen entwickelt sind. Eine Columella ist nicht vorhanden, die sechs Septen des ersten Cyclus treffen im Centrum zusammen, indem sie sich hier in Pfählchen autlösen, der zweite Cyelus reicht ebenfalls bis zur Mitte heran, indem er sich ebenfalls in Pfählchen auflöst, sodass die zu diesen beiden Oyclen gehörenden Pfählchen quasi ein Bündel in der Mitte bilden. Der dritte Cyclus reicht noch bis beinahe zur Mitte vor, ist aber durch einen Zwischenraum deutlich von dem Säulenbündel getrennt, die folgenden Öyclen sind dann entsprechend kürzer und auch etwas schwächer. Der Uebergang der Septen (die ja gewisser- massen nur zusammengewachsene Pfählchen darstellen) der zwei ersten Cyclen zu der Pfählchenbildung ist ein allmählicher, so dass sich eine Grenze nicht ziehen lässt und ich auch nicht angeben kann, wie viel concentrische Reihen das Pfahlbündel aufbauen. Junge Exemplare zeigen eine kelchförmige oder auch halb- kugelige Form der epithekbedeckten Unterseite und sitzen oft auf einem kurzen Stiele, während ausgewachsene Exemplare scheiben- förmig mit flach conischer Unterseite sind. Es sind keinerlei Böden oder Querblättchen entwickelt, sondern die Septen reichen freistehend bis auf die Epithek herab. Die Indi- viduen scheinen nicht gross zu werden, — das grösste mir vorliegende Exemplar misst 12 mm im Durchmesser. Sie pflanzen sich bei calycinaler Knospung durch sog. Verjüngung fort und zwar oft schon in einem frühen Altersstadium. Da bei keinem der zahlreichen Exemplare auch nur eine Spur irgend welcher Endothek zu sehen ist, müssen wir wohl solches als eine Eigentümlichkeit der Art an- sehen. Auch nach COuaP,. und Dew.s und Duncans Bemerkungen scheinen Dissepimente bei dieser Art nie beobachtet zu sein. Die Individuen bleiben eben offenbar bei diesem Jugendstadium stehen, altern rasch, um sich dann wieder zu verjüngen. Spuren von Lateral- knospung oder Teilung konnte ich nirgends sehen. Wir haben es hier offenbar mit einer Form zu thun, die über ein primitives Ent- 197] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 82 wicklungsstadium nicht hinauskommt, oder aber vielleicht mit degene- rierten, kränkelnden Formen, denen die nötige Nahrung zu weiterer Entwicklung fehlte. FrecH hat Formen, deren Septen aus isolierten Dornen be- stehen, als Stylophyllum‘ von den Montlivaultien abgetrennt. Für Formen, die in Bezug auf den Aufbau ihrer Septen etwa in der Mitte zwischen diesen beiden Gattungen stehen und die bisher zu Montlivaultia oder Thecosmilia gestellt wurden, hat er die Gattung Stylophyllopsis? geschaffen. Er stellt hierher Formen mit Septen, die aus Dornen bestehen, welche im Centrum isoliert sind, nach der Peripherie aber sich aus mehr oder weniger lose miteinander verbundenen solchen Dornen aufbauen, wobei der Oberrand der Septen tief ausgezackt ist und die Seitenflächen derselben glatt — oder wenigstens fast glatt und nur regellos fein gekörnt sind —, wäh- rend sie bei Montlivaultia ausgesprochene, in Wellenlinien angeord- nete Granulation zeigen. FRECH unterscheidet beide Gattungen auch noch durch die Beschaffenheit der Dissepimente, worauf wir hier nicht einzugehen brauchen, da bei unserer Art überhaupt keine sich finden. Aus Frechs Definition der Gattungen ergiebt es sich, dass unsere Art zu Stylophyllopsis zu stellen ist. Die von Duncan als Montl. Guettardi?® beschriebene Form scheint ebenfalls hierher zu gehören. Sie muss somit von der Montl. Guettardi BLaınv., die CHapuis und Dew.* beschrieben haben, getrennt werden, welche nach Beschreibung und Abbildung zusammenhängende Septen, die an den Seiten mit ausgesprochener Granulation bedeckt sind, be- sitzt, also typisch zur Gattung Montlivaultia gehört. FRECH stellt die Genera Stylophyllum und Stylophyllopsis zu den Astraeidae. Miss OGıLvıE® wendet sich gegen diese Zusammen- stellung und weist nach, dass diese beiden Gattungen unter die Familie der Eupsamidae einzureihen seien. Ich war zweifelhaft, ob die mir vorliegenden Exemplare zu M. Haimei gestellt werden könnten, da ihre Grösse geringer, immer ı 1890. Frech, Korallenfauna der Trias S. 42 ff. 2 Loc. eit. S. 48. ® 1867—68. Duncan, Brit. fossil corals ser. II part. IV p. 51 Tab. XII Fig. 6—10. * 1851. Cnapvis und Dew., Luxembourg p. 264 Tab. XXXVIII Fig. 6. ° 1895. Ocırvır, Madreporian types of corals p. 301ff. 1896—97. Ko- rallen der Stramberger Schichten p. 248 ff. 83 von BisTran: [198 nur fünf Cyelen (statt sechs bei CHaP. und Dew.) entwickelt sind und dachte an eine Mittelform zwischen M. Haimei und M. Guettardi Dunc.'! (non Blainville®). An den Abbildungen von Duncan habe ich mich überzeugt, dass die Identifizierung wohl angängig ist. Anfänglich war ich geneigt, diese Form zu M. sinemuriensis zu stellen, überzeugte mich aber nach DuMORTIERS und MaArTms Be- schreibungen und Abbildungen, sowie durch gütige Mitteilungen, die mir Herr Dr. Roman in Lyon über die DumorTierschen Origi- nale zukommen liess, dass M. sinemuriensis in der Regel in die Höhe wächst und dabei Endothek bildet, auch grösser wird als unsere Art, welche somit von sönemuriensis zu trennen ist. Dagegen scheint es mir nicht unwahrscheinlich, dass ein Teil der bisher zu M. sinemuriensis als Jugendformen gestellten Exem- plare zu unserer Art gehört: es wäre auch auffällig, dass eine Form, die in der Val Solda so häufig zu sein scheint, in den räumlich sowohl als faciell so naheliegenden gleichen Schichten des Rhönebeckens fehlen sollte. DumorTIERs Fig. 11 dürfte wohl den abgestorbenen Kelch eines Individuums unserer Art darstellen, in dem man als concentrischen Ring die Reste des abgebrochenen durch Verjüngung entstandenen Kelches sieht?. Allerdings bemerkt DUMORTIER, dass dieses Exemplar mit seiner ganzen unteren Fläche auf der Cardinienschale festgewachsen sei, was im Gegensatze steht zu der nach unten spitz zulaufenden oder gestielten Form der meisten Kelche, doch liegt mir auch ein Exemplar vor, das der inneren Seite einer Astartenschale wenigstens mit einem Teile seiner Fläche aufgewachsen erscheint. Fig. 14 (ibid.) stellt vielleicht einen ver- jüngten Kelch über dem älteren vor. Unsere Form steht jedenfalls der M. Guettardi Dunc. recht nahe, nur zeichnet sich letztere, abgesehen von bedeutenderer Grösse, dadurch aus, dass die Septen die Wand mehr überragen, und ge- hört in der Regel einem etwas höheren Niveau an. Untersuchte Stücke: 40-50 Exemplare. Fundort: A. Bolgia und A. Castello. ı 1867—68. Duncan, Brit. fossil corals ser. II part. IV p.51 Tab. XII Fig. 6—10. ° 1851. CHapvıs und Dew., Luxembourg p. 264 Tab. XXXVIII Fig. 6. ® Individuen mit ganz derselben Erscheinung liegen mir in mehreren Exemplaren vor. 199] CoMASKER ALPEN. I, LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 84 Ordnung: Hexactinellida. U.-Ordnung: Dietyonina Zimt. Familie: ?Callodietyonidae Zırr. (Genus: Kudictyon n. g. Becherförmiger Schwamm mit weitem Oentralraum und dünner Wand, diese besteht aus mehreren Schichten verschmolzener regu- lärer Sechsstrahler, welche reihenförmig geordnet, quadratische ziem- lich weite Maschen bilden, die ein äusserst regelmässiges gegittertes Gerüst ergeben (cubische Maschen ZıTTELs). Die Kreuzungsknoten der Arme sind dicht. Auf der äusseren Wandfläche verdichtet sich das Skelett zu einer Deckschicht, in die sich kleine rundliche Canalostien einsenken, die in Verticalreihen angeordnet sind und in flachen Längsfurchen liegen. Diese Ostien sind flach und nur auf die Deckschicht beschränkt, während im Innern der Wand das Skelett aus einem vollständig homogenen Gitterwerk besteht. Dieses Gitterwerk bildet auch die innere Wand- fläche, die gleichmässig eben erscheint und nur eine schwach ange- deutete Streifung erkennen lässt, welche durch eine flache Wellen- form, die wohl den äusseren Furchen entspricht, zu Stande kommt, ohne die gleichmässige Anordnung der Skelettmaschen im geringsten zu beeinträchtigen. Auf die innere Wand legt sich eine Deckschicht hexactiner, feiner, regulär ausgebildeter einzelner Dermalnadeln, die an Grösse und Dicke bedeutend hinter den Skelettelementen zurück- stehen. Von solchen Dermalnadeln ist auf der äusseren Seite keine Spur zu sehen. Nach obiger Diagnose lässt sich die Form in keine der be- stehenden Gattungen einreihen und muss daher eine neue für sie geschaffen werden. Es ist auch nicht ganz leicht, diese Gattung in eine der bisher aufgestellten Familien! einzureihen. Der etwas erweiterten Form der Definition von Craticulariidae RAUFF (= Eure- fidae ZITTEL, non VON SCHULZE), wie sie ZITTEL in seinem kleinen Lehrbuche giebt, wo nur blinde Kanäle im allgemeinen erwähnt werden, nicht aber speciell solche sowohl in der äusseren wie in der inneren Wand (Epirrhysen und Aporrhysen), nach könnte man sie hierher stellen, wegen der festen Beschaffenheit der Kreuzungsstellen des Skelettes; doch müsste man von dem Merkmal, dass die Kanäle bei "1893. Raurr, Palaeospongiologie S. 186 ff. 85 voN BISTRAM: [200 dieser Familie immer im Baue des Skelettes sich ausdrücken, während bei unserer Gattung das eigentliche Skelett aus nur gleichgrossen Maschen besteht ohne Erweiterungen für die Kanäle, absehen, was wohl kaum angeht. Von der Familie der Callodietyonidae, wie sie ZITTEL aufgestellt hat!, würde sie durch die Ausbildung der Kreu- zungsknoten, die octa@drisch durchbohrt sind (Lychnisken), bei unserer Form aber dicht sind, geschieden sein, während sonst alle Merkmale bis auf die Bedeckung der inneren Wandfläche unserer Form durch hexactine Dermalnadeln stimmen. Es frägt sich nun, ob auf das Merkmal der Kreuzungsknoten ein so grosses Gewicht zu legen ist und ob wir es nicht mit einer secundären Ausbildungsweise zu thun haben, die von der primitiveren Form mit festen Kreuzungs- knoten abzuleiten wäre. Macht doch PocTA? bei Craticularia parallela GOLDF. sp. darauf aufmerksam, dass an dem Skelett hie und da um den Kreuzungsknoten gruppierte kleine Oeffnungen zu bemerken sind, die an das Aussehen eines octaödrischen Knotens erinnern. Systematisch wichtiger dürfte wohl für die Unterscheidung der Zu- gehörigkeit der Gattung die Ausbildung des Kanalsystems sein und hier haben wir die vollständige Uebereinstimmung unserer Gattung mit den COallodictyoniden. Bei beiden drückt sich der Verlauf der Kanäle, ebenso wie bei der recenten Farrea, im Bau des eigentlichen Wandskelettes nicht aus?, weil die Kanäle innerhalb der Oeffnungen des ziemlich weitmaschigen Gitters verliefen. Berücksichtigt man nun, dass unsere Gattung geologisch älter ist als die bisher beschriebenen Callodictyoniden, so könnte man wohl dazu hinneigen, die Gattung zu dieser Familie zu stellen und müsste dann nur die Diagnose er- weitern, indem es heissen müsste: „Wand aus weitmaschigem Gitter- gerüst mit Lychnisken oder festen Kreuzungsknoten.“ Wird eine solche Zusammenfassung von Formen mit festen Kreuzungsknoten (Hexactinen) und solchen mit octaödrisch durch- bohrten (Lychnisken) nicht für angängig gehalten, was z. B. A. SCHRAMMEN thut*, so lässt sich die hier beschriebene Gattung in keiner der bestehenden Familien unterbringen, sondern müsste dann eine neue Familie, etwa Pudictyonidae, dafür geschaffen werden. Diese würde in der Tribus der Hexactinosa SCHRAMMEN ein Pen- 1 1877. ZitreL, Fossile Spongien. ® 1886. Pocra, Fünfkirchner Gebirge 8. 114. ® 1893. Raurr a. a. O. S. 128. * 1903. SCHRAMMEN, Zur Systematik der Kieselspongien (Mitt. Römer- Museum Hildesheim No. 19). 201] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SoLDpa. 86 dant zu den Callodietyonidae ZITTEL in der Tribus der Lychniscosa SCHRAMMEN darstellen. SCHRAMMEN glaubt in der Systematik ein besonderes Gewicht auf die Ausbildung der Kreuzungsknoten legen zu müssen und scheidet daher die Hewxactinelliden mit festem Skelett (Hexasterophora F. E. ScHuLzE 1899!) in oben angeführte zwei Tribus. Er meint nachgewiesen zu haben, dass die Annahme, dass Lychniske und Hexactine an demselben Individuum als normale Erscheinung vor- kommen könnten, irrtümlich sei. Er fasst die Hexactinosa einer- seits und die Lychniscosa andererseits als zwei getrennte phylogene- tische Gruppen auf. Eudictyon Steinmanni n. f£. Tab. VII Fig. 1, Tab. VIIL Fig. 15. Becherförmiger Schwamm obiger Gattungsdiagnose entsprechend, mit Gittermaschen von ca. 0,35 mm Seitenlänge. Wandstärke ca. 2,5 mm, die Wand wird von ca. 7 Maschencyclen aufgebaut. Der Becher ist nicht vollständig erhalten, sondern auf der einen Seite aufgebrochen. Auch fehlt der Fuss des Schwammes und ebenso der obere Rand. Der Schwamm dürfte in der Höhe des jetzigen Oberrandes einen Durchmesser von ca. 40—45 mm gehabt haben. Die Detailzeichnungen auf Tab. VIII zeigen die äussere Wand mit der verdichteten Deckschicht (Fig. 1 und 3), die von den unregelmässig geformten, in Längsreihen angeord- neten, nur durch diese reichenden Kanalostien durchbrochen wird; ferner die innere Wand (Fig. 2 und 5), die die regelmässigen Maschen des Skelettes zeigt, auf die sich die kleinen Dermal-Sechs- strahler legen. Fig. 4 giebt nach einem Dünnschliff den Bau des Skelettes. Dieser wurde von einem in Canadabalsam eingebetteten, ausgeätzten Skelettstückchen angefertigt, darauf der Balsam auf- gelöst und das Präparat in Wasser gebettet. Ich widme diese Form Herrn Professor STEINMANN. Untersuchte Stücke: 1 Exemplar. Fundort: A, Bolgia. Problematicum. Tab. VIE Fig. 2, 3, Ich habe ein aus Schwammelementen bestehendes Gebilde ab- bilden lassen, über dessen Natur ich zu keiner genaueren Vorstellung 11899. F. E. Schulze, Amerikanische Hexaktinelliden. Jena. 87 von BIsTRam: [202 gelangt bin. Auch Herr SCHRAMMEN in Hildesheim, an den ich mich gewandt, konnte mir keine Auskunft darüber geben. Ich hatte die Vermutung ausgesprochen, dass es vielleicht den Stiel eines Schwammes darstellen könnte. Er machte mich darauf auf- merksam, dass in einem solchen Stiele die Schwammnadeln in der Längsrichtung angeordnet sein müssen, während sie hier quer zur Hauptausdehnung liegen. Mir liegen mehrere Stücke vor und zwar sowohl solche, die einen Oylinder, dessen Aussenseite von den quer liegenden Schwamm- nadeln gebildet wird, darstellen (Fig. 2), als auch solche, in denen die Nadeln eine Röhre bilden, die von Gesteinsmaterial (verkitteten, unregelmässig liegenden Kieselelementen, hauptsächlich Spongien- nadeln und Bruchstücken derselben) umgeben wird. Der Hauptsache nach werden diese Körper gebildet aus ein- achsigen grossen Schwammnadeln, wie sie sich sonst auch massen- haft in dem Gesteine finden, doch scheinen auch einige Sechsstrahler an dem Aufbau sich zu beteiligen. Man könnte versucht sein, die Erklärung des Gebildes als einer Röhre zu versuchen, die sich irgend ein Geschöpf, etwa ein Wurm, aus den jedenfalls in grosser Anzahl in dem damaligen Meere der Gegend vorhandenen Schwammelementen gebaut hätte, wenn nicht der Aufbau des Cylinders als ein gar zu regelmässiger erschiene. Alle Nadeln liegen nämlich tangential in Ebenen, die auf die Längsachse desselben senkrecht stehen. Hierbei mag erwähnt werden, dass Serpulae sich ziemlich zahl- reich in diesen Schichten gefunden haben, aber nirgends die An- deutung einer solchen Umkleidung mit Spongiennadeln zeigen. Uebersicht der beschriebenen Fossilien nebst Angabe anderweitigen Vorkommens derselben Arten auf dem europäischen Continente. Rh. = Rhönebecken und Cöte d’Or. V.= Vendee. L.— — Luxemburg, Hettange, Ostfrankreich. Sp. = Spezia. I. — Oberitalien. H. — Halberstadt. A. — Ostalpen. D. = Westdeutsch- land. X = verwandte Formen. r r Planorbis- | Angulat.-2. —— zz zone u. höh. Sch. 1. Schlotheimia Neumayrı nov. nom. | = LAD — 2. Aegoceras tenerum NEUM. . . . = AED. — 3. — Emmrichi GümB. . . «| — | A. A.Sp.L. 4. — calliphyllum NEum. . . — A.?Rh,?L. — d. - Johnstoni SoW. . . .» | _ D. H.L. A. — 6. — cf. Hagenowi Neun. . — A. — 7. Leptodesma Valsoldae n. f. . - - 21. ?L. — 203] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 88 x Planorbis- | Angulat.-Z. au Rhät, Zone u. höh. Sch. 8. Pseudomonotis Bolgiensis n. f. . = — m 9. Pecten Thiollierei MArrT. . gas Rh. L 10. — valoniensis DEFR. . Rh Rh. — 1l. — _dispar Tan. >< L —_ 12. — caequalis Qust E= - De 13. — Falgeri Mer. I Rh. — 14. — Hehli v’Ore. _ D. D. Rh. 15. Lima gigantea Sow. . ST. Rh.D. Sp. D. 16. Mantellum peectinoide Sow. al: Rh. L.D. L.D. Rh. 17. Plicatula spinosa _- Rh. L. L. D. Rh. 18. — hettangensis . 2 nal Kb. 16, 19. Dimyopsis Emmericht nov. nom. I. A.Sp. |Rh. ?Sp. ?L E 20. Ostrea sublamellosa DKR. . -- H. Rh. D. 21. Ostrea irregularis MsTR. . - D. ? Rh. DD: 22. Mytilus productus Tau. a. E= L. Rh. D. daD: 23. Parallelodon sinemuriense MART. — Bh. ?’H.>n. Rh. 24. Nuculina hiasinan. fe . . — — 25. Astarte subtetragona MSsTR. . — ?D. "2L. D. 2% 26. — eingulata Tan. — L. = 27. Corbis? obscura Tan. u. P. — 5% L. 28. Cardium Heberti Tam. F ?D. 3.2? D, Rh.D.L. 29. Protocardia Philippiana DKR. EL. 2A, OR, H.TL, D. 30. Pholadomya corrugata K.u.D.. — Rk8D: 1%. DARK: 3l. Rihynchonella variabilis SCHLA. = L. D. Rh. D.L. 32. — plicatissima QUST. — Sp. D. Rh. 33. Pleurotomaria lens Tau. u I. 34. Amberleya decorata MArT. _ Y: Rh. 35. COhrysostoma solarium PIETTE m V. L. 36. Neritopsis granum Dum. - 2 Rh. 37. Turritella Zenkeni DER. ! | — H. Rh. L.S. | L.D. 38. Omphaloptycha morencyana PıerıE | -- |V.?D.?A.?L.| Ih. 39. Promathildia Dunkeri Tam. . | 554 TA. PBrRn N De Rom 40, — Semele D’ORR. . _ Rh. L. Rh. Sp. 41. — Terquemi nov. nom. || — A.Sp. L L. 42. —_ fragilis Tam. E= = ?Rh. L 43. Protocerithium lugdunense Dum. _ V.?D. Rh. 44. -- abeisum Tan. = — Rh 45. — costellatum Tan. u Sp. L. Rh — 46. Oylindrobullina sinemuriensis MART. -- Va Rh. 47. _ striata PIETTE . .| E: Rh L. 48. — Bouvignieri Tam. . T. — Rh. D 49. = avena Tan. . — V.L Rh 50. — oryza Be — Vud, = 5l. Pentacrinus angulatus Opp. D. DD RE. Rh. D. 52. Diademopsis buccalis Ac. . . _ Rh. -- 53. Stylophyllopsis Haimei Cr. u.D. _ I Kh. Rh. L. 54. Eudictyon Steinmanni n. f. . = = — 54 Arten 6 (13) 42 (40) | 37 Durchmustert man die obige Liste, so kann wohl kein Zweifel obwalten, dass wir es mit unterem Hettangien (Planorbis- zone) zu thun haben; zur Bestimmung des Horizontes können natür- lich nur die Ammoniten in Frage kommen, da die übrigen ver- 89 von BisTRam: [204 tretenen Fossilarten überall eine grössere vertikale Verbreitungszone aufweisen, Unter den aufgeführten sechs Ammonitenarten sind fünf dem Planorbishorizonte eigentümlich, während nur eine, Aeg. Emm- richi GÜMB. auch in dem nächsthöheren von Spezia und vielleicht auch von N.-O. Frankreich vorkommt. So habe ich mich denn über- zeugt, dass die fossilführenden Horizonte, deren Fauna ich hier be- schrieben habe, nur die Planorbiszone repräsentieren, während ich früher!, als mir nur ein Teil des Materiales vorlag und ich das- selbe nur oberflächlich bestimmt hatte, angenommen hatte, dass wir hier das ganze Hettangien vor uns hätten. Von Lamellibranchiaten habe ich 24 Arten aufführen können, 3 davon sind neu und 1 unsicher. Somit bleiben uns zum Ver- gleiche 20 Arten nach, von denen 10 (oder wenigstens ihnen sehr nahe verwandte Arten) wahrscheinlich sich schon in der oberen Trias finden und 14 in höhere Horizonte hinaufreichen. Nur auf den Hori- zont beschränkt dürfte von den 20 schon früher beschriebenen keine einzige Art sein. Viel zahlreicher an Individuen und auch an Arten reichlich vertreten sind die Gastropoden, von denen wir 18 Arten zählen. Von ihnen haben nur 2—3 schon in der oberen Trias Vertreter, während alle bis auf 2 in höhere Schichten hinaufreichen, 4 sogar bisher nur in den nächsthöheren Schichten beschrieben sind. Dabei habe ich den Horizont in der Vendee, aus dem ÜossmAnN (1902 loc. cit.) seine Fauna beschrieben hat, als zur Planorbiszone gehörend gerechnet, obgleich es auch nicht ausgeschlossen ist, dass er zur nächsthöheren Zone gehört. In letzterem Falle würde sich das Ver- hältnis etwas zu Ungunsten der Planorbiszone verschieben. Stylophyllopsis Haimei CH. und D. wird auch noch aus den An- gulatenschichten erwähnt, hat aber in Frankreich ihre Hauptverbrei- tung in der Planorbiszone, allerdings hauptsächlich in den höheren Schichten derselben. Deutlich ist in unserer Fauna der Charakter des Ueberganges von der Trias zum Jura ausgesprochen, indem Avscula Valsoldae, Pseudomonotis Bolgiensis, einige Pectines, Lima gigantea, Proto- cardia Philippiana, vor allem aber Dimyopsis Emmerichi (Plie. intu- striata), diese Leitform des Rhät, ferner auch einige Gastropoden, so Omphaloptycha und die Promathildien und Cylindrobullinen durch- ! 1901. v. Bıstram, Briefl. Mitt.: Luganer und Comer See. 205] COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SoLDA. 90 aus an Triasformen erinnern, während die Ammonitenfauna und der grösste Teil der Gastropoden, dann aber auch Mantellum pectinoide und Pentacrinus angulatus uns zu den höheren Liashori- zonten hinüberleiten. Es macht den Eindruck, als ob die auf unsere Schichten fol- genden Horizonte in dem Seengebiete nicht mehr fossilreich ent- wickelt seien, wegen des zunehmenden Kieselgehaltes der Schichten, in welchen bei dem fast durchweg verkieselten Gestein auf keine Fossilausbeute mehr zu rechnen ist. Erst das Sincmurien, in dem der Kieselgehalt wieder zurückgegangen ist, gewährt eine, wenn auch schwächere F'ossilausbeute, doch scheint es nicht ausgeschlossen, dass sich auch Fossilfundstellen in den zwischenliegenden Horizonten des Seengebietes finden können, während Verarbeitung weiteren Mate- riales aus den von mir entdeckten Fundstellen in der Val Solda sicher noch die oben beschriebene Fauna mit manchen weiteren Formen bereichern dürfte. Dabei hat man die begründete Aussicht, weitere Spongienformen zu finden, was, bei der geringen Kenntnis, die wir bisher von solchen des Lias besitzen, von grossem Werte wäre. Kleine Bruchstücke von hexactinelliden Skeletten liegen mir z. B. vor, die nicht zu der beschriebenen Form Enudictyon zu ge- hören scheinen, sondern eher den Typus von Craticularia zeigen. Hier am Schluss möchte ich noch allen den Herren, die mir ausser Herrn Prof. STEINMANN Auskünfte und Ratschläge bei dieser Arbeit haben zu teil werden lassen, besonders Herrn Prof. Dr. BOEHM- Freiburg, Herrn A. ScHrAmMEn-Hildesheim und Herrn Dr. RomaAn- Lyon, meinen Dank für ihre freundliche Unterstützung aussprechen. 91 Fig. 1— 2 Fig. 3— 4 Fig. 5— 6 Fig. 7— 8 Fig. 9 Fig. 10 Fig. 11—13. Fig. 14. Fig. 15 Fig. 16—17. Fig. 18u.19. Fig. 19 Fig. 21 Fig. 22. von BIsTRam: [206 Tafelerklärungen. Tafel I. . Schlotheimia Neumayri nov. nom. (p. 16.). Unterhalb A. Bolgia. . Aegoceras tenerum Neu. (p. 19). Unterer Fossilpunkt unterhalb A. Bolgia. . Schlotheimia Neumayri nov.nom. (p. 16) 2:1. Unterer Fossilpunkt unterhalb A. Bolgia. . Aegoceras Emmrichi Quest. (p. 19) 1,5:1. Unterer Fossilpunkt unterhalb A. Bolgia. Aegoceras calliphyllum Neun. (p. 21). Ammonitenbank unterhalb A. Bolgia. Kleines Exemplar. En — 2:1. Ammonitenbank unterhalb A. Bolgia. Jugendexemplar. Die Rippen, die nur etwas aufgewölbte, unregelmässig gestellte Falten bilden, sind etwas zu regelmässig und schematisch gezeichnet. — — 2:1. Ammonitenbank unterhalb A. Bolgia. Mittelgrosses Exemplar. Die Wohnkammer fehlt. Aegoceras Johnstoni Sow. (p. 22). Ammonitenbank unterhalb A. Bolgia. Das erhaltene Stück des äusseren Umganges war unvollständig verkieselt und konnte präpariert werden. Darnach wurde die Zeichnung desselben angefertigt, darauf die inneren Umgänge durch Aetzen ge- wonnen; das Exemplar war offenbar vor der Fossilisation schon deformiert. Aegoceras cf. Hagenowi DkR. (p. 23) Neum. Ammonitenbank unter- halb A. Bolgia. Pseudomonotis Bolgiensis n. f. (p. 32) 7,8:1. A. Bolgia. Rechte Klappe eines Jugendexemplares von aussen und von innen. _ —_ 6,5 :1. Linke Klappe eines etwas grösseren Jugendexemplars von aussen und von innen ES — Sculpturdetail der linken Klappe (Fig. 18) in noch stärkerer Vergrösserung. Plicatula hettangensis Tau. (p. 45). A. Bolgia. Rechte Klappe von innen. = — A. Bolgia. Rechte Klappe von aussen. COMASKER ALPEN I. LIASFAUNA DER VAL SoLDA. 99 Tafel II. Dimyopsis Emmerichi nov. nom. (p. 45) 3:1. A. Bolgia. Mit ihrer ganzen äusseren Fläche aufgewachsene (rechte) Klappe von innen. _ _ 3:1. A. Castello. Nur mit der Wirbel- region aufgewachsene rechte Klappe von aussen. —_ —_ 3:1. Dieselbe von innen. Leptodesma Valsoldae n. f. (p. 24) 4:1. A. Bolgia. Linke Klappe von aussen. —_ E= 4:1. A. Boleia. Schloss und vorderer Flügel derselben Klappe von innen. —_ — 4:1. Rückenansicht eines doppelklappigen Exemplares (Wirbel und vorderes Ende fehlen). _ -- 4:1. A. Bolgia..e Rechte Klappe eines etwas kleineren Exemplares, Innenansicht mit Schloss. — —_ 4:1. Aussenansicht der rechten Klappe desselben Exemplares. Gervillia pygmaea Koch und DER. sp. (p. 26, 31) 2,6:1. Terrain ä chailles der Pfirt (Oberelsass). Jugend- exemplar. Linke Klappe von aussen. _- — 3,5 :1. Linke Klappe eines anderen Exem- plares von ebenda von innen. Gervillia aviculoides Sow. (p. 25, 32) 2:1. Terrain a chailles des Pfirt (Oberelsass). Jugendexemplar. = — 2:1. Linke Klappe eines anderen Exem- plares von ebenda, von innen. Pecten (Chlamys) Thiollierei Marr. (p. 33). A. Bolgia. Rechte Klappe eines ausgewachsenen Exemplares. = = -- A. Bolgia. Doppelklappiges jüngeres Exem- plar. — — — A. Castello. Linke Klappe eines aus- gewachsenen Exemplares. Tafel III, Pecten (Chlamys) Falgeri MEr. (p. 37) 2:1. A. Bolgia. Rechte Klappe. Die Zeichnung der Rippen ist nicht ganz gelungen, a. d. OÖ. erscheinen die Rippen breiter, gerundeter und die Zwischenräume schmäler. Pecten (Chlamys) valoniensis DEFR. (p. 35) 3:1. A. Bolgia. Bruch- stück einer rechten?) Klappe. 93 Fig. Fig. . 4 ID; . 6— 7. Lima (Mantellum) zei Sow. (p.41) 2:1. A. Bolgia. R. w. 1, . 16. 9.17. 18. 19 u. 20. Fig. 1 Fig. 2. von BISTRAM: [208 Pecten (Chlamys) dispar Tau. (p. 36) 6,5:1. A. Bolgia. Bruch- stück der rechten Klappe eines Jugend- exemplares. Pecten (Chlamys) aequalis Qust. (p. 87) 2:1. A. Bolgia. Linke Corbis 2 obseura Tam. Klappe. Die Conturen der Ohren sind nach einem anderen Exemplare von derselben RL durch punktierte Linien ergänzt. :1. A. Bolgia. Rechte Klappe. Klappe von Jugendexemplaren, von aussen. 4:1. A. Bolgia. Rechte und linke Klappe von Jugendexemplaren, Innenansicht. 2:1. A. Bolgia. Rechte Klappe eines grös- seren Exemplares von aussen und innen. Es ist die grösste von mir gefundene Schale. 2:1. A. Bolgia. Linke Klappe, Zwischen- grösse zwischen den beiden Vorigen. . Hausmanni Dkr. (p. 44) 2:1. Lias « von Vaihingen (Württemberg). Zweiklappiges Exemplar, linke Klappe. 2,4:1. Dieselbe, rechte Klappe (etwas kleiner als die I, mit Einschaltrippen). 2:1. Dieselbe, etwas von oben gesehen, zeigt die Wirbel (der l. abgebrochen) und die von aussen sichtbare Faltung des Schalenrandes neben denselben (Pseudo- schlossbezahnung). und PıETTE (p. 53) 2:1. Grosses zweiklap- piges Exemplar, Ansicht der rechten Klappe. 2:1. Rückenansicht eines anderen Exem- plares (nicht ganz gelungen, da nicht gerade von oben, sondern etwas schräg von hinten gezeichnet; ausserdem die Vorderseite nicht richtig — zu kurz — ergänzt. 4:1. Schloss der linken und der rechten Klappe (die Zeichnungen sind nicht ganz gelungen); die rechte Klappe zeigt einen starken Kardinalzahn, die linke zwei solche. Tafel IV. Protocardia Philippiana Dkr. (p. 54) 4:1. A. Bolgia. Schloss Nuculina liasina n. f£. der rechten Klappe. (p. 51) 6:1. A. Bolgia. Linke Klappe von innen. > 209] Fig. Fig. or Fig. 19—21. Fig. 1 Fig. 2 Fig. 3. Fig. 4 Fig. 5 Fig. 6 Fig.. 7 Fig. 8. Kg. 9 Fig. 10 Fig. 11. Fig. 12. Fig. 13, 14. Fig. 15. CoMASKER ALPEN I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. 94 Parallelodon sinemuriense MARrT. sp. (p. 49) 6:1. A. Bolgia. Linke Klappe von aussen. - — 6:1. A. Bolgia. Linke Klappe von innen, = — 6:1. A. Bolgia. Rechte Klappe von innen. — — 6:1. A. Castello. Rechte Klappe eines etwas grösseren Exemplares von aussen. Cardium Heberti Tau. sp. (p.54) 6:1. A. Bolgia. Rechte Klappe von aussen. —_ —_ 6:1. Rückenansicht eines zweiklappigen Exemplares. SLnz 3; 6:1. Linke Klappe von innen. — — 6:1. Rechte Klappe von innen. Astarte subtetragona MsTr. (p. 51) 6:1. Val Solda. Linke Klappe von aussen. _ _- 6:1. Rechte Klappe von innen. — —_ 6:1. Linke Klappe von innen. Pleurotomaria lens Tan. (p. 58) 6:1. Val Solda. Neritopsis granum Dum. sp. (p. 61) 6:1. A. Bolgia. Amberleya decorata Marr. sp. (p.58) 6,5: :1. Val Solda. Exemplar mittlerer Grösse. Chrysostoma solarium PIETTE sp. (p. 60) 4,5:1. Val Solda. Tafel V. Omphaloptycha morenceyana PIETTE sp. (p. 62) 2:1. A. Bolgia. Grösseres Exemplar. Er u 45:1. A. Bolgia. Kleineres Exemplar. Promathildia Duskeri Tam. sp. var. Martini (p. 66) 45:1. Val Solda. = — 4,5:1. Val Solda. Mit 4 Spiralkielen. E= _ 4,5:1. Val Solda. Junges Individuum mit 3 Spiralkielen. == —_ var, Martini (p. 65) 4,5 : 1. Val. Solda. Junges Exemplar. E —_ 45:1. Val Solda. Mit 3 Spiralkielen. 2.7 — 45:1. Val Solda. Mit 2 Spiralkielen. Promathildia Terquwemi nov. nom. (p. 68) 45:1. Val Solda. Mittlere Form. = — 45:1. Val Solda. Form mit stark gerun- deten Umgängen. Er - 4,5:1. Val Solda. Form mit kantigen Um- gängen. Promathildia fragilis Tam. sp. (p. 69) 4,5:1. Val Solda. Mesalia Zenkeni Dxr. sp. (p. 61) 1:1. A. Bolgia. Protocerithium lugdunense Dum. (p. 71) 6,5:1. Val Solda. Exem- plar mit gleichmässig zunehmenden Quer- rippen. Mundöffnung! Berichte XI. 14 Fig. Fig. Fie. > Fig. Die 16. 18. 19. von BISTRAM: [2 10 Protocerithium lugdunense Dum. (p. 71) 65:1. Val Solda. Die Querrippen vermehren sich anfänglich nicht, um dann plötzlich in viel grösserer Anzahl aufzutreten, wobei sich dann auch die Spiral- kiele vermehren und der Windungsquer- schnitt sich stark rundet. u -- 6,5:1. Val Solda. Form mit kantigem Querschnitt der Windungen. Die Quer- rippen vermehren sich nur langsam. Promathildia Semele d’Ore. sp. (p. 67) 45:1. Val Solda. Protocerithium lugdunense Dum. (p. 71). Val Solda. Mundöffnung. Tafel VI. 1,2, Protocerithium lugdunense Dun. (p. 71). Val Solda. Zum Teil er- 3:7 4. haltene Mundränder. Cylindrobullina sinemuriensis MART. sp. (p. 76) 6,4:1. Val Solda. Unterseite. _ —_ 64:1. Val Solda. Rückenseite eines anderen Exemplares. Cylindrobullina striata PIETTE sp. (p. 77) 7,8:1. Val Solda. Unterseite. — _ 78:1. Val Solda. Rückenseite desselben Exemplares. Oylindrobullina Bowvignieri Tau. sp. (p. 74) 3,4:1. Val Solda. Oylindrobullina avena Tam. sp. (p. 78) 45:1. Val Solda. Oylindrobullina oryza Tau. sp. (p. 79) 7,8:1. Val Solda. Rücken- seite. = — 7,8:1. Unterseite desselben Exemplares. Protocerithium costellatum Tam. (p. 74) 45:1. Val Solda. Aus- gewachsenes Individuum. Protocerithium abseisum Tau. und P. (p. 73) 4,5:1. Val Solda. Stylophyllopsis Haimei Cu. und Dew. (p. 80) 6,4:1. A. Bolgia. Mittleres Exemplar, Ansicht von oben. — — 5:1. A. Bolgia Septendetail eines grossen Exemplares. — = 3,5 :1. A. Bolgia. Unteransicht eines grossen Exemplares. — — 3,5:1. Dasselbe von der Seite. — .— 3:1. A. Bolgia. Profilansicht eines ge- stielten jungen Individuums. Fig. 9—12 sind leider versehentlich beim Zusammenstellen der Tafel auf den Kopf gestellt worden. 211] CoMASKER ALPEN. I. 'LIASFAUNA DER VAL SoLDA, 96 Tafel VII. Fig.1. Eudietyon Steinmanni n. g., n. f. (p. 86). A. Bolgia. Fig.2. Problematicum (p. 86) 7:1. Cylinder aus meist einachsigen Schwamm- nadeln bestehend. A. Bolgia. Fig. 3. _ 5:1. Dasselbe Gebilde, als hohle Röhre erhalten. A. Bolgia. Tafel VII. Eudictyon Steinmanni n. g-, n. f. (p. 86). Details, Fig.1. Stück der äusseren Wand, vergr. 3:1. Fig.2. Stück der inneren Wand, vergr. 3:1. Fig.3. Stück der äusseren Wand, stärker vergr. 15:1. Fig.4. Skelettdetail (Dünnschlift) 50:1. Fig.5. Stück der inneren Wand, stärker, vergr. 25:1, mit aufliegenden Dermal- nadeln. Die Abbildungen auf den acht Tafeln sind bis auf die Tab. I Fig. 15, Tab. II Fig. 9—12 und Tab. III Fig. 15 von dem Freiburger Universitätszeichner Schilling, die aufgeführten sechs von dem Zeichner Johnsen nach den Originalen unter Controle des Verfassers gezeichnet worden. Die Originale befinden sich in den Sammlungen des geologischen Institutes der Universität Freiburg i. Br. Sämtliche Stücke aus der Val Solda sind verkieselt und wurden durch Aetzen mit Salzsäure aus von dem Verfasser gesammeltem Materiale gewonnen, die Stücke aus dem terrain a chailles der Pfirt, ebenfalls verkieselt und aus- geätzt, befanden sich in den Institutssammlungen. 14* 97 von BISTRAM: [212 Alphabetisches Register der beschriebenen Arten, Synonyma sowie sonst erwähnten Formen. Actaeon fontis 78. — gracilis 79. — sinemuriensis 76. Actaeonina avena 78. — Bouvignieri 77. — Dumortieri 76. — lauretana 76. — Pilleti 77. — sinemuriensis 76. — Valleti 77. Aegoceras vide Ammonites. Amberleya decorata 58 (IV 17—18). — triearinata 59. Ammonites angulatus 16. — — var.exeoptychus 16. — anomalus 19. — calliphyllus 21 (T9—135). — circumdatus 17. — Emmrichi 19 (1 7—8). — Guidonii 19. — cf. Hagenowi 23 (I 15). — Johnstoni 22 (I 14). — laqueolus 22. — minusculus 21. — Neumayri 16 (11,2,5, 6). — planorbis 19. — psilonotus 22. — — plicatus 22. — raricostatus 22. — semicostatulus 22. -— subangularis 16. — tenerus 19 (I 3—4). — torus 22. Anomia sp. 48. — alpina 47. — intustriata 46. — pellucida 47. Arca Collenoti 49. — sinemuriensis 49. Astarte cingulata 53. — complanata 5l. — excavata 52. — Heberti 52. — integra 52. — irregularis 52. Astarte subtetragona 51 (IV 11—13). — »pstlonoti 52. Ataphrus planilabium 60. Avicula Alfredi 24. — Bouvignieri 24. — Gr. d. Cassiana 25. — contorta 29. — Dunkeri 24. — falcata 24. — pygmaea 31. — semisagitta 27. — Tofanae 25. — Valsoldae 25 (II 4—8). Bakewellia 30. Callodietyonidae 84. Cardita Heberti 54. Cassianella 29. Cardium cloacinum 54. — Heberti 54 (IV 7—10). — Philippianum 55. — rhaeticum 55. — Terquemi 54. — truncatum 56. Cerithium abeisum 73 (VI 12). — acuticostatum 66. — acanthocolpum Tl. — Chartroni 72. — Collenoti 64. — Collenoti Tqm. u. P. 66. — costellatum 74 (VH 11). — Falsani 67. — gratum 71. — Jobae 67. — loxocolpum 72. — Jugdunense 71 (V 15—17, 19; VI 1-2). — Martinianum 64. — Ögerieni 73. — pleurotoma 64. — quinquegranosum Tl. — »Semele 63, 67. — sinemuriense 64. — subturritella 64. — Terquemi 67, 68. — viticola 67. 213] Chemnitzia fistulosa 65. — lessoniana 74. -— Meneghinii 61. — notata 62. — turbinata 62. — Zenkeni 61. Chlamys vide Pecten. Chrysostoma solarium 60. Coelostylina vide Omphalotycha. Corbis? obscura 53 (III 17—20). Craticulariüdae 84. Craticeularia parallela 85. Cucullaea hettangensis 50. — psilonoti 49. Cylindrobullina (genus) 75. — avena 78 (VI 8). — Bouvignieri 77 (VI 7). — elongata 76. — fragilis 76. — oryza 79 (VI 9—10). — sinemuriensis 76 (VI 3—4). — striata 77 (VI 5—6). Diademopsis buccalis 79. — Heeri 80. Dimya (genus) 46, — intustriata 46. Dimyodon intustriatum 46, — Wöhrmanni 46, Dimyopsis (Genus) 46. — Emmerichi 45 (II 1—3). — intusornata 46. Entolium vide Pecten. Eneyclus vide Amberleya Eudietyon (genus) 84. — Steinmanni 86 (VII 1, VIII 1—5). Exelissa infraliasina 71. Farrea 85. Gervillia angustata 32. — avienloides 25, 32 v- 11—12). — Bowuei 28. — inflata 19. — pygmaea 26, 31 (II 9—10). — socialis 29. — ventricosa 31. Gryphaea arcuata 48, Harpax spinosus 45. Hemieidaris buccalis 79. Hoernesia 29. Leiopteria 30. Leptodesma (genus) 24, 30. — vide Avicula. Limea (genus) 39. — vide Lima. — margineplicata 41. Lima acuticosta 44. — antiquata 39. — Blakeana 44. — dentata 42. — discus 38. — dupla 42. CoMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. yg Lima duplicata 42. — Eryx 41. — (var.) exaltata 38. — excavata 41. — fallax 41. — gigantea 38, — (aft.) Hausmanni 44 (III 14—16). — Hermanni 38. — hettangensis 42. — Koninckana 42. — ÖOmalusiü 42. — pectinoides 41, 44 (II 6—13). — praecursor 38. — punctata 38. — subdupla 42. — succincta 39. — squamosa 41. — tecticosta 42, — valoniensis 38, Bern sylvestris 69. Loxonema alpicolum 65. Lucina ovula 53. — obscura 53. — problematica 53. — pumila 53. Macrodon vide Parallelodon. Mantellum vide Lima. — (genus) 39. Melania turritella 64. — Zenkeni 6l. — Zinkeni 61. Mesalia vide Turritella. Modiola — Mytilus. Montlivaultia Guettardi 82. — Haimei 80. — sinemuriensis 80, Mya parvula 49. Mytilus productus 49. — scalprum 49, — Morrisi 49. Neritopsis granum 61 (IV 16). Nuculina liasina 51 (IV 2). Odontoperna 28, 29. — Bouei 28. Omphaloptycha moreneyana 62 (VI12). — Chartroni 62. Orthostoma avena 77, 78. — Bouvignieri 77. — cylindrata 77, — fontis 77. — gracile 78. — oryza 79. — scalaris 76. — sinemuriense 76. — striatum 77. Ostrea anomala 48. — intustriata 45. — irregularis 48. — placunoides 45. — sublamellosa 48. 99 von BisTRAm: Oxytoma 30. Paracerithium vide Cerithium., Parallelodon 3—6). Pecten acuticosta 37. — acuticostatus 37. — aequalis 33, 37 (Il 4—5). — dispar 36 (III 3). — Euthymei 38. — Falgeri 37 (HI 1). — glaber 38. — Hehli 38. — janiriformis 38. — lugdunensis 35. — textorius 33, 38. — Thiollierei 33 (II 13—55). — valoniensis 35 (III .2). Pentacrinus angulatus 79. — psilonoti 79. — tuberculatus 79. Perna Bouei 28. — ephippium 26. Pholadomya corrugata 56. — glabra 56. Plagiostoma vide Lima. Pleurotomaria decorat« 60. — lens 58 (IV 14—15). — Triton 60. Plicatula hettangensis 45 (1 20—2]). — intustriata 45. — nodulosa 44. — oxynoti 45. — spinosa 44. — ventricosa 44. Procerithium vide Cerithium. Promathildia (genus) 63. — abeisa T4. — Dunkeri 64 (V 3—8). — — (var.) Martini 66 (V 3, 6). — fragilis 62, 69 (V 12). — Semele 63, 67 (V 18). — terebralis 67. — Terquemi 68 (V 9—1]). Protocardia vide Cardium. Protocerithium vide Cerithium. — (genus) 70. Pseudomonotis Bolgiensis 32 (1 16 bis 20). — echinata 33. — subechinata 33. — speluncaria 33. — tridentina 33. Psiloceras vide Ammonites. Pterinaea (Genus) 29, 30. COMASKER ALPEN. I. LIASFAUNA DER VAL SOLDA. sinemnriense 49 (IV | [214 Pterinaea retroflexa 26. Purpurina tricarinata 58. Radula 41. Rhynchonella Buchii 57, | — Deffneri 57. ‚ — plicatissima 57. — portuvenerensis 57. — triplicata 57. | — variahilis 57. Rissoa frumentum 74. Schlotheimia vide Ammonites. ı Spondylus liasinus 45. — obliquus 45. Striactaeonina vide Orthostoma. — (subgenus) 75. Stylophyllopsis Haimei 80 (VL13—17), Stylophyllum 82. Terebratula vide Rhynchonella. Tornatella Bouvignieri 76, — fragilis 77. Tornatellaea vide Actaeon. Trochus anaglyptieus 60. — Doris 61. — granum 61. Tubifer striatus 77. Turbo atavus 68. — costellatus 74, — ceristatus 58. — (decoratus (Martin) 58. — decoratus (Laube) 60. — Ferryi 69. — fragilis 69. — Hoffmanni 71. — Nysti 68. — solarium 60. — suberenatus 58. — triplicatus 58. Turritella bicarinata 67. — Bolina 65. — cireinnula 64, 67. — Deshayesea 61. — Dunkeri 64, 67. — (Gümbeli 64. — Humberti 64. — Junensis 68. — Melania 67. . — somervilliana 68. — Stoppanü 67. — turbinata 61. — unicarnitata 64. — Zenkeni 61 (VI 13, 14). Venus pumila .53. Vulsella internostriata 46. Worthenia Triton 60. 215] 1 (eologische Untersuchungen im Plessurgebirge um Arosa. Von Henry Hoek. Mit 1 Karte, 1 Panorama, 4 Profiltafeln und 20 Figuren im Text. Vorwort. Wer an einem klaren Tage den Gipfel des Hochwang. (2535), der höchsten Erhebung des kleinen Gebirgsastes inmitten von Landquartthal, Fondeipass und Plesswrthal, besteigt, dem muss der ganz eigentümliche Charakter der Aussicht von diesem Berge auffallen. Der Beschauer steht auf dem höchsten Punkte inmitten einer cen- tralen Depression, die von einem grossen halbkreisförmigen Gebirgs- bogen im Norden, Osten und Süden umschlossen wird. Dieser Bogen beginnt im Nordwesten mit dem .Falknis und seinen Vor- bergen, zieht sich über Scesaplana, Drusenfluh und die anderen stolzen Fluhen des Rhätikons. nach Klosters, biegt dort allmählich nach Südosten und Süden um und endet schliesslich mit den Bergen des centralen Plessurgebirges. Während der Wanderer zu seinen Füssen überall die einer Schieferformation eigentümlichen, berasten, zumeist sanften Berg- formen schaut, stellt jener grosse Gebirgsbogen ihm fast überall steile, imposante Mauern entgegen, die seltsam mit der näheren Um- gebung contrastieren. Selbst ein geologisch nicht geschultes Auge wird unschwer er- kennen, dass ein Gegensatz auch im Bau bestehen muss zwischen diesen landschaftlich so eindrucksvoll unterschiedenen Bergen. Der Geologe, der vertraut ist mit den modernen Theorien alpinen Gebirgsbaues, wird unwillkürlich den vorläufigen Eindruck 9 Hoek: [216 gewinnen, als hätte hier von allen Seiten ein Uebergreifen anders gearteter Berge stattgefunden über ein Schieferland, dessen Centrum ungefähr sein Standpunkt ist. Für den nördlichen Teil der geschauten Berge des steilgeran- deten Bergbogens, für die Strecke vom Falknis bis zur Sulzfhıh, hat Dr. LorEnz! den Beweis erbracht, dass hier thatsächlich gross- artige Ueberschiebungen stattgefunden haben, deren sichtbarste Folgeerscheinung die prallen südwest- oder süd-schauenden Steil- wände der Rhätikonberge sind. Für den mittleren Teil des Bogens, für die Strecke Scheienfluh-Strelapass liegen die zu einem analogen Resultate führenden Arbeiten von TARNUZZER und ROTHPLETZ vor; der südliche Teil, das eigentliche Plessurgebirge war für mich Sommer 1903 während dreier, in unerhörter Weise vom Wetterglück be- günstigter Monate der Gegenstand einer Specialaufnahme, deren hauptsächlichste Resultate in den folgenden Blättern niedergelegt sind. Es ist zwar — auch in neuester Zeit — schon manches über das Plessurgebirge gearbeitet und geschrieben worden. Auf Karten- blättern grossen Massstabes geologisch kartiert wurde bislang noch nicht. Jeder, der die Oomplicationen in diesem Gebiet einmal vielleicht auch nur geahnt hat, wird unbedenklich zugeben, dass ohne geologische Specialaufnahme hier wohl nur ein Genie Klarheit schaffen könne. So mag man also in dem Umstande des bisherigen Fehlens einer geologischen Karte eine gewisse Rechtfertigung, wenn man so will, meines Unterfangens erblicken. Auch öffentlichen Dank schulde ich meinem hochgeschätzten Lehrer Herrn Prof. Dr. G. StEINMAnNN dafür, dass er mich auf dieses so hochinteressante Gebiet aufmerksam gemacht, sowie für seine stets mir im reichsten Masse zu teil gewordene Anregung und An- leitung bei Fertigstellung dieser Arbeit. Geographisches und Historisches. Das Plessurgebirge im weiteren Sinne des Wortes umfasst alles, was von Albulathal, Landquartthal und Rheinthal eingeschlossen ist. Dies ist der geographische Gebrauch des Namens. Spricht der Geologe vom Plessurgebirge, so versteht er. darunter das, was Geograph und Tourist als „centrales Plessurgebirge“ bezeichnen, d. h. jenes Gebirgsdreieck, das begrenzt ist von den Thälern: ' Ta. Lorenz 1901: Geologische Studien im Grenzgebiet zwischen hel- vetischer und ostalpiner Facies. II. Der südliche Rhätikon. 217] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEH IM PLESSURGEBIRGE UM ARO0SA. 3 Rabiosa-Heidbach, Albula-Landwasser und Plessurunterlauf-Sapüiner- bach. Es liegt eine Berechtigung in der Einschränkung des Begriffs. Denn das zuletzt umgrenzte Stück Bergwelt steht in mehrfachem, schroffem Gegensatz zu den äusseren Partien des ganzen Plessur- gebirges, sowohl durch den Contrast der Bergformen, durch den Unterschied zwischen steilen Hochgebirgsformen und runden Schiefer- bergen, als auch durch seine ungemeine Complication der Tektonik und seiner Bauelemente im Vergleich mit dem einförmigen Vorlande. Darum fasst der Geologe den Begriff enger, wie wir ihn oben skizziert haben. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich wiederum nur mit einem Teil dieser vielgegipfelten Berggruppe, nur mit dem eigentlichen Quell- und Ursprungsgebiet der Plessur, mit dem süd- westlich ansteigenden Hochthale, in dem Arosa gelegen ist, sowie mit seinen Verzweigungen und umgebenden Höhen und Bergen. Wenn wir uns zunächst rein orographisch über dieses Stückchen Alpenwelt orientieren wollen, so wird es am besten von hoher Bergeswarte geschehen, vielleicht von dem ungefähren Centrum dieser Gegend, von dem Gipfel des Arosaer Weisshornes (2657); es ist leicht auf gutem Pfade erreichbar und auch dem Touristen ohne wissenschaftliche Intuition bietet dieser Berg eine vielgerühmte Aussicht. Uns interessiert hier natürlich nur die nähere Umgebung, nicht die Pracht der Ferne. Nach Osten und Südosten blickend schauen wir im grossen und ganzen ein ziemlich einheitliches Bild. Zunächst zu unseren Füssen ein hügeliges Hochplateau mit unruhigen Conturen, auf dem die Häuser Arosas und Maräns gelegen sind, dann kommt die ziemlich tiefe Thalfurche des Plessurflusses und jenseits dieses Ein- schnittes erhebt sich eine Doppelkette stattlicher braungelber Berge, die uns alle steile, senkrecht erscheinende, wilde Dolomitwände zu- kehren. Es sind von Nord nach Süd aufgezählt die Berge: Küpfen- fluh, Mädrigerfluh, Thiejerfluh, Furkahorn, Amselfluh, Schiesshorn, Leidfluh, Strehl, Valbellahorn. Wenden wir uns etwas weiter südlich: Das Bild wird unklarer. Der Vordergrund bleibt ein unregelmässiges Hochplateau, aber vor der oben genannten Doppelkette taucht, etwa bei Arosa beginnend, ein neuer Gebirgskamm auf, den ersten verdeckend. Es sind zu- nächst von Nord nach Süd gehend wieder steile, wilde Wände: Schafrücken, P. 2545, Aelpliseehorn, P. 2831, Erzhorn; an letzteres grenzt dann ein milder contourierter Berg, das Arosaer Rothorn (2986), der Culminationspunkt der ganzen Gruppe. 4 Ho: [218 Schauen wir jetzt gen Südwesten. Ein ziemlich spitziger und zerrissener Grat, aus den Plattenhörnern bestehend, verbindet unseren Standpunkt mit den steilen, ost-west verlaufenden Wänden des Tschirpen und Parpaner Weisshornes, die uns die Nachbarn des ‚Arosaer Rothornes zudecken. Nach Westen, Nordwesten und Norden trägt die Aussicht einen ganz anderen Charakter. In schauerlichen Abstürzen bricht unser Berg, sowie der ganze Grat, dessen höchste Erhebung er ist (Plattenhörner, Weisshorn, Brüggerhorn), gegen das Urdenthal ab. Weiter draussen treten uns aber Formen entgegen, die fast an Mittelgebirge mahnen, und bis zu den Glarner- Alpen und dem .Rhü- tikon übersehen wir ein relativ einförmiges gerundetes Bergland mit grünenden Hängen. Soviel über die Berge. Zwischen Tschirpen und Erzhornkette entspringt die Plessur, um dann als stattlicher Fluss bei Langwies aus ihrer Südnordrichtung in eine ostwestliche umzubiegen, zwischen Erzhornkette und der „Strela- Amselfluh-Doppelkette* senkt sich der tiefe wilde Welschtobel ein, und durch die nordsüdliche Thalfurche des Urdenbaches fliesst ein kleiner Bach, der sich unter- halb T'schiertschen mit der Plessur vereinigt. Die erste geologische und eigentlich auch einigermassen genaue geographische Kunde des Plessurgebirges verdanken wir STUDER: Er kennt bereits die hauptsächlichsten Gesteine dieses Gebirges, nennt: Granit, Glimmerschiefer, Hornblendeschiefer, Sandstein, Porphyr, Kalkstein, Dolomit, Diorit, Serpentin und „Bündtner Schiefer“. Schon in dieser Arbeit wird hin- gewiesen auf die Analogie zwischen dem Verrucano-Sand- stein und dem deutschen Rotliegenden, schon STUDER ahnt die ungeheure Complication der Tektonik, schon er kennt die Ueber- schiebung des Rothornmassives über den Dolomit des Parpaner Weisshorness — ohne natürlich das Wort „Ueberschiebung“ zu gebrauchen! — und auch ihm schon sind die Bündtner Schiefer ein sehr problematisches Gestein, dem er nur zögernd ein alt-cre- tacisches Alter zuschreibt. „Wir müssen die organischen Ueberreste dieser Formation der unteren Kreide zuzählen, so sehr wir uns auch sträuben mögen.“ Die beigegebene kleine geologische Uebersichtskarte ist im Gesamt- verlauf der Linien, besonders im östlichen Teil auch heute noch richtig. Besonders auffallend erscheint es mir, dass dieses für uns so wichtige Grenzgebiet schon von STUDER als geologisch besonders 219] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 5 interessant erkannt wurde. Spricht er doch von „dem hohen geo- logischen Interesse“ dieser Gegend und seiner „höchst auffallenden Beschaffenheit.“ Von grösserer — und auch jetzt noch grosser! — Bedeutung wurden dann THEOBALDs Arbeiten in diesem Teile der Alpen, Wer jetzt — fast 40 Jahre später und nach dem Verlauf der Decennien, die fast die ganze Entwicklung der modernen Alpen- geologie brachten — mit den Werken dieses Forschers in der Hand in den Bau des Plessurgebirges einzudringen versucht, der muss für diesen Mann die grösste Hochachtung gewinnen und staunt, wie klar seine Beobachtungen wiedergegeben sind. Fast alle Glieder der Schichtfolge sind schon richtig erkannt. Viele tektonische Details können natürlich nicht bestehen bleiben; der Versuch, den ganzen complicierten Bau dieser Gegenden in das Faltenschema hineinzupressen, versagt; seine Karten, bei der Grösse des Gebietes begreiflich, sind oft schematisiert. — Das sind aber alles Dinge, die ja beinahe selbstverständlich klingen, die uns aber in der Wertschätzung seiner Arbeit nicht beeinflussen dürfen und können. Es verging eine lange Zeit, während der in diesem Gebiet so gut wie nichts Neues gefördert wurde. Einen grossen Schritt weiter in der Erkennung der Complication und auf dem Wege ihrer Lösung kommen wir dann durch die Arbeiten StEINMANNs. Leider stand ihm die Zeit zu eingehendem genauen Kartieren nicht zu Gebote; aber schon nach kurzer Begehung der Umgebung Arosas erkannte er die Analogie mit dem KRhätikon, zog eine Grenze zwischen Grund- und Schubgebirge, wies hin auf die ungeheure Complication des Gebietes zwischen der Zone relativ normaler Faltung und dem vorliegenden Schieferland, und prägte für diesen Streifen das bezeichnende Wort „Aufdruchzone*. Genauer auf den weiteren Inhalt dieser Arbeiten einzugehen, deren Hauptziel eigent- lich die Feststellung des Alters der heissumstrittenen Bündtner Schiefer ist, kann hier nicht der Ort sein, da wir es ja nur mit dem Plessurgebirge, resp. mit einem Teil dieser Berggruppe, zu thun haben. Hinweisen muss ich aber doch darauf, dass STEINMANN zuerst die Cenomanbreccie vom Arosaer Hochplateau und den Globigerinenhorizont im Urdenthale beschrieb. Näheres darüber ist im stratigraphischen Teil dieser Arbeit zu finden. Auch beschrieb er einen prachtvollen Aufschluss im Urdenthal, an dem das Eindringen des Serpentin in alle Sedimentschichten 6 Hoek: [220 bis zum Malm einschliesslich beobachtbar ist, und giebt ferner eine genaue Kenntnis der eigentümlichen Contacterscheinungen. Eine Arbeit von A. BOpMER-BEDER in Zürich, die im Jahre 1898 erschien, vermittelt uns die genaue petrographische Kenntnis der jung-eruptiven Gesteine des Plessurgebirges, die haupt- sächlich als Olivindiabase erkannt werden. Im Jahre 1899 erschien dann eine ziemlich umfangreiche Arbeit von A. V. JEnnınGs über „The Geology of the Davos District“. Der westliche Teil seines Arbeitsgebietes deckt sich mit der Ost- grenze des meinigen. JENNINGS hat den normalen Faltenbau bis zur Strela- Amselfluhkette einschliesslich nachgewiesen. Weiter westlich, ausserhalb seines eigentlichen Arbeitsgebietes, ist er naturgemäss sehr kurz und schematisiert, ähnlich wie THEOBALD, in einer stark an des letztgenannten Ergebnissen sich anlehnenden Weise. In der Arbeit JENNINGS’ finden wir auch den Hinweis auf ein neues stratigra- phisches Element, bis dahin unbekannt, die kristalline Breccie, auf die weiter unten näher einzugehen ist. Das Jahr 1900 brachte schliesslich den ersten Teil der „Alpen- forschungen“ von A. ROTHPLETZ. Dem Plessurgebirge ist ein grosser Raum in dieser Arbeit gewidmet. Zu bedauern ist es, dass ROTH- PLETZ nach seiner Aussage nicht die Zeit zum Kartieren zu Ge- bote stand. Daher ist unser Gebiet leider nur durch eine ganze Reihe von Profilen erläutert. Sowohl die letzte normale Falte, wie die Aufbruchzone, als auch das keilförmige Gebirgsstück Parpaner Weisshorn-Tschirpen, alle sind sie mehrfach von den Schnittlinien getroffen. Die genaue kartographische Aufnahme dieser Gegend hat nun ergeben, dass diese Profile nicht immer der Wirklichkeit entsprechen. Wie weit Differenzen vorliegen, wird man aus einem Vergleich zwischen den in dieser Arbeit gegebenen Profilen — die nur das Geschaute wiedergeben und zum grossen Teil auf Constructions- linien verzichten — mit denen von ROTHPLETZ unschwer ersehen. Fassen wir die Ergebnisse der bisherigen geologischen For- schungen im Plessurgebirge kurz zusammen, so kommen wir zu folgendem Resume: Die Linie Brüggerhorn, Weisshorn, Hörnli, Parpaner Weiss- horn bezeichnet eine grosse Ueberschiebung eines ostalpinen Ge- birges über ein basales, hauptsächlich aus Flysch bestehendes 221] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 7 Vorland. Die Schubrichtung war im grossen und ganzen Südost gegen Nordwest. Die genaue Grenze wird verschieden gelegt. Die westlichen Massen des Schubgebirges sind mehr oder minder stark gestört, von Eruptivmassen stark durchsetzt. In dieser Masse selbst herrschen facielle Unterschiede. Ihre genaue Grenze nach Osten gegen die Region relativ normalen Faltenbaues wird von den einzelnen Forschern recht verschieden gelegt. Zum Teil herrscht die Ansicht eines Zusammenhanges der geschobenen Masse mit wurzelndem ostalpinen Gebirge, zum Teil wird ihr Ursprung weit weg verlegt und die Masse selbst als erratische Insel betrachtet. Bevor ich mich zur Stratigraphie des Plessurgebirges wende, mögen zuerst einige — fast hätte ich gesagt „termini techniei“ — er- läutert werden, die viele Umschreibungen ersparen und die im tek- tonischen Teil ihre Rechtfertigung finden werden. In dem untersuchten Gebiete sind vier Regionen scharf aus- einander zu halten. 1. Das östliche Gebiet normalen Faltenbaues. Grenze nach Westen verläuft in der Steilwand der Mädrigerfluh, Thierjerfluh, Furkahorn, Schafrücken, weiter über Aelplisee zur Arosaer Furka. Es umfasst die beiden — orographischen — Ketten: Strela-Amsel- Huh-Guggernell und Schafrücken-Erzhorn- Rothorn. 2. Die Aufbruchzone. Westlich dem erstgenannten Gebiet vorgelagert. Reicht nach Westen bis zu den Steilwänden des Brüggerhornes, Weisshornes, Plattenhornes einschliesslich. 3. Das keilförmige Gebirgsstück des Parpaner Weisshornes und Tschirpen. In mancher Beziehung zur Aufbruchzone gehörig, aber durch verschiedene wesentliche Merkmale doch davon unterschieden, 4. Das nach Westen und Nordwesten. sich ausdehnende Schiefergebirge und Vorland. Ein Blick auf die beigegebene Uebersichtskarte wird die Grenzen der einzelnen Regionen besser klar machen, als viele Worte dies vermögen. Stratigraphischer Teil. Das Grundgebirge. Es tritt in der Form der verschiedensten sogenannten kristallinen Gesteine vielfach im Plessurgebirge zu Tage. Wir haben zwei grössere zusammenhängende Complexe zu unter- scheiden: Sg Hokk: [222 1. Das Massiv Rothorn, Aelplihorn, Parpaner Rothor n, P. 2900. Ein typisches, kleines Oentralmassiv. 2. Eine grosse zusammenhängende Masse nordwestlich der Mädrigerfluh. Unterhalb der steilen Dolomitfelsen etwa von 2400 bis 1920 herabreichend, nördlich bis ‚„ Wangegg“, südlich bis ‚Zhiejer Haupt‘ sich erstreckend. Begrenzung westlich Serpentin in grossen Mengen. Die Fortsetzung dieser kristallinen Massen vielleicht ober- halb der Furkaalp und des Grünseelis? Dann treffen wir beinahe zahllose kleinere Vorkommnisse in der Aufbruchzone: bei Arosa, bei der Alp Pretsch etc. etc., herab- gehend bis zur Grösse von Schollen, die kaum einige Quadratmeter messen (Brüggerhorn). Folgende Gesteine sind im Grundgebirge gut unterscheidbar: Granitit: Ein schönes, frisches, rötliches Gestein, immer sehr feinkörnig. Die Grösse der einzelnen Kristallindividuen 4-5 mm im Durchschnitt nicht überschreitend. Das schönste Ma an der Nordostseite des Aelplihornes. Augengneiss: Ein porphyrisch ausgebildeter Granit, mit grossen parallelgeordneten Einsprenglingen von gerundeten Feldspäthen. In schönster Ausbildung auch wieder am Aelplihorn, und dann unter- halb des Sanatoriums Arosa, an der Strasse, die von Ausser- nach Inner- Arosa führt. Hornblendeschiefer: — früherer Diorit? — Manchmal grob- körnige Aggregate von Hornblendekristallen bis zu mehreren mm Länge; ein schwarzgrünes, stark glänzendes Gestein. — Manchmal sehr feine Aggregate kurzer Kristallnadeln zu einem dichten fast schwarzen Gestein verwachsen. Die Schieferung der gröberen Ab- änderung undeutlicher, die der feineren sehr ausgesprochen. Das Gestein ist häufig durchsetzt von vertikalen Klüften, wodurch es dann in einzelne oft regelmässige Blöcke zerfällt. Wieder ist es das Aelplihorn, das uns die besten Aufschlüsse liefert, dann die basalen Teile des Arosaer Rothornes. Glimmerschiefer: Ein graulich, graugrünlich, braun, braun- grün bis grünliches Gestein; in der Regel stark glänzend und leicht angreifbar von der Verwitterung. Zusammenhängende Lagen seri- citischen Materials wechseln mit mehr oder wenigerzusammenhängenden Quarzlagen in dünnen Blättern. Oft parallel der Schieferung an- geordnete Quarzknoten. Vorkommen: In grösseren Mengen am Arosaer Rothorn, Parpaner Rothorn, P. 2900. Dann fast überall in der Aufbruchzone in bald grösseren bald kleineren Partien. 223] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 9) Der Glimmerschiefer zeigt eigentlich alle Uebergänge zu dem Gestein, das man als Gneiss bezeichnen muss. Ein kristalliner Schiefer, der bekannten wechselnden Zusammensetzung, der im Plessurgebirge eine weite Verbreitung besitzt. Gewöhnlich ein ziemlich gleichartiges Gemenge von Quarz, Feldspath und Glimmer. Auf den einzelnen Lagen reiche Glimmerausscheidungen. Die Schichten sind mässig dick, stets stark gepresst und gefaltet. Als Stellen typischen Vorkommens erwähne ich hier nur die Region unterhalb des Arosaer Untersees sowie die Berghänge west- lich der Mädrigerfluh. Zum Grundgebirge gehört ferner are auch der sogenannte Oasannaschiefer, ein wohl paläozoischer, stark ge- presster Schiefer von altem Charakter. „Es ist schwer, eine zutreffende Beschreibung dieses Gesteines zu geben, die für grössere Entfernungen Gültigkeit hätte. Manch- mal trifft man gefaltete Gesteine, die so cristallin sind, dass man sie als feinkörnige Gneisse ansprechen möchte, manchmal sind es dünne, schwarze, schalige Schiefer von altem Habitus. Das vor- herrschende Gestein ist ein Glimmerschiefer mit deutlich graphi- tischen Lagen und oft grossen Mengen gelben Eisenoxydhydrates.“ ! Ich füge hinzu: Diese Schiefer sind immer absolut kalkfrei, im Gegensatz zu den ihnen sehr ähnlichen liassischen Gesteinen. JENNINGS fährt fort: „Wenn es auch oft schwer ist, eine genaue Definition dieses variablen Gesteines zu geben, wenn auch ihre Grenze gegen das ältere Kristalline schwer zu ziehen ist, so bilden sie doch einen bestimmten Horizont mit bestimmten charakteristischen Merkmalen und nehmen immer ihren Platz ein zwischen Verrucano und dem älteren Kristallinen.“ Das Auftreten des „Casannaschiefers“ im Plessurgebirge ist übrigens recht beschränkt. Einer der besten und grössten Auf- schlüsse ist der Berganschnitt, der in Arosa geschaffen wurde zum Bau des Hötel des Alpes. Westlich der Mädrigerfluh, wo JENNINGS einen Zug dieses Gesteines einzeichnet, konnte ich dasselbe nie auffinden. Aus der Tektonik des Gebietes lässt sich über das genauere Alter der kristallinen Gesteinsmassen wenig sagen. Nur soviel scheint sicher zu sein, dass diese Gesteine alle älter sind als das erste sicher dem Alter nach bestimmbare Sediment, der Verrucano. ! JEnnınss, The geology of the Davos district. 10 Hosk: [224 Zum Grundgebirge gehört vielleicht auch noch die „kristalline Breccie“, ein ganz eigenartiges sehr auffälliges Gestein, auf welches zuerst JENNINGS aufmerksam gemacht hat. Sein Auftreten im Plessurgebirge ist sehr beschränkt. Anstehend kenne ich es nur von einer einzigen Stelle. Nördlich des Berges Tschirpen, schon in der Aufbruchzone, in einer Höhe von 2420—2450 m bedeckt es ein kleines Areal von etwa 200 m Länge und 160 m Breite ungefähr gerade an der Stelle des Wortes „Wüäng“ nördlich von P. 2305 auf der Siegfriedkarte. Seine Verbreitung kann auch sonst nicht gerade gross sein. Nur ein vereinzeltes Geröllstück im Plessur- bett und zwei lose Blöcke gerade oberhalb der Kirche von Inner- Arosa sind mir zu Gesicht gekommen. Beschreibung: Die Componenten dieses Gesteines sind: Heller, weisser Glimmerschiefer, fein- körniger, normaler Granitit, wenig Aplit, Gneiss, dann aber auch Hornblendeschiefer in ziemlich bedeutender Menge. Dadurch ist das Gestein etwas unterschieden von dem, welches JENNINGS von Laret beschreibt. — Ein Cement scheint zu fehlen. Brocken von Kopf- bis Sandkorngrösse sind wild durcheinander gemengt und zusammengepresst, geschweisst möchte man fast sagen. Bei erster Betrachtung fühlt man sich unwillkürlich an eine Dislocationsbreccie erinnert. An den einzelnen Gemengteilen sind zahlreiche Harnische erkennbar, und an diesen entlang zerspringt die sonst sehr zähe Breccie gern beim Anschlagen. Das beschränkte Vor- kommen lässt leider keinen Schluss auf das Alter zu; südlich stösst die MasseanRadiolarit!, westlich stösst sie an kristallinen Glimmer- schiefer oder geht in ihn über. Nach Norden und Osten ist der Contact verborgen. Vielleicht ist diese Breccie wohl auch Verru- cano. Dies erscheint besonders deshalb nicht ganz unmöglich, weil mir aus dem Val Trupchum (Ober-Engadin) Stücke Verrucano zu Gesicht gekommen sind, die grosse Brocken Gneiss enthalten und eine wichtige Mittelstellung in petrographischer Hinsicht einnehmen zwischen normalem Verrucano und der kristallinen Breccie. Jüngere Sedimentär-Formationen. Als ältestes, sicher seinem Alter nach bestimmbares Gestein tritt uns im Plesswrgebirge der Verrucano entgegen. Immer sehen wir ihn als Sandstein, der dem deutschen Rotliegenden zum Ver- wechseln ähnlich sieht, trüb rot oder grün, mit grossen Zwischenschal- ı Radiolarit.“ Diese von STEINMAnN eingeführte Abkürzung für „Radio- larienhornstein*“ ist im folgenden durchgehend gebraucht worden. 225] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 11 tungen von Quarzporphyrmassen. Wo wirdenVerrucano in normaler Lagerung treffen, ist sein Liegendes stets Gneiss oder Granit, sein Hangendes sind typische Triasgesteine. Wo im Plessurgebirge der Verrucano auftritt, fehlt der Buntsandstein und umgekehrt. Aus obigen Gründen wird wohl kein Zweifel über seine Zugehörig- keit zum Perm bestehen bleiben können. Er ist ausschliesslich beschränkt auf das relativ normale Faltungsgebiet, auf die Strela-Amselfluhkette und bildet hier den Kern einer grossen, aufgebrochenen Antiklinale. Sehr schöne, instruktive Profile von Verrucano bis in die mittlere Trias reichend, sieht man an der Amselfluh und am Valbellahorn. Ebenso schön — nur natürlich in umgekehrter Reihenfolge — an den westlichen Gipfeln dieser liegende Falte (Thiejerfluh, Furkahorn ete. etc.) (Taf. XII, No.IX). Stellen- weise reicht der Verrucanosandstein bis auf die Spitzen dieser Gipfel, wie z. B. am Schiesshorn. Jedenfalls ist es höchst beachtenswert, dass sein Vorkommen streng beschränkt ist auf die relativ normale Zone und dass nordwestlich der letzten grossen, zusammenhängenden Falte, im eigentlichen Aufbruchsgebiete, nirgends mehr dieses Gestein zu treffen ist. Was wir hier als ältestes Sediment auf dem kristal- linen Grundgebirge treffen, ist durchweg Hauptdolomit, abgesehen von ganz sporadischen Vorkommen von Buntsandstein, der sich durch seine stark grobkörnige und conglomeratische Beschaffenheit als Küstenbildung zu erkennen giebt. Das scheint darauf hin- zudeuten, dass die östliche Grenze der Aufbruchzone zusammenfällt mit einer alten Küstenlinie und dass erst das Triasmeer diese Gegenden transgredierend nach Westen überflutete. Gesteine des Verrucano: 1. Ein fein- bis grobkörniger, weisser bis trübroter Sandstein, wie schon gesagt von dem Habitus des Rotliegenden. Das Gestein fast ausschliesslich bestehend aus Porphyrbruchstücken und Por- phyrtuffragmenten. So in der Depression des Alteiner Tiefenberges und auf der ganzen langen etwas vertieften Linie zwischen der östlichen und westlichen Bergreihe der Strela- Amselfluhkette (Taf. XII No. VII). 2. Darüber folgt, in wechselnder Mächtigkeit, aber 10—15 m wohl nie überschreitend, ein auffallender, roter Schiefer. Da er die obere Abteilung des Verrucano bildet, so giebt er sich auch schon dadurch als gleichstehend zu erkennen dem ganz gleichen roten Thonschiefer des Rotliegenden. Dieses trüb dunkelschwarzrote Gestein ist auf den ersten Blick verwechselbar mit dem (im west- Berichte XII. 15 12 Hork: [226 lichen Aufbruchsgebiet weit verbreiteten) roten Radiolarit des Malm, unterscheidet sich von ihm aber doch wesentlich einmal durch seine vollständige Fossilfreiheit, dann durch seine leichtere Ver- witterbarkeit und bei weitem geringere Härte und schliesslich durch seine viel ausgesprochenere blätterige Schieferung. Einen sehr guten Aufschluss passiert man zwischen 7höejerfluh und Mädrigerfluh auf dem Wege zum Sfrelapass emporsteigend in der Einsenkung östlich des letztgenannten Berges. Einige wenige kleine Vorkommnisse liegen zerstreut in der ganzen oben skizzierten Verrucanozone, stets zwischen Porphyrsandstein und Rauh- wacke. Speziell erwähnenswert erscheint mir noch der Nordostgrat des Schiesshornes etwa 3 Minuten unterhalb des Gipfels, weil hier von anderer Seite Kössner Schichten angegeben werden (Taf. XII No. VI). 3. Eingeschaltet in den Verrucanosandstein finden wir oft mächtige Massen von Quarzporphyr und seinen Tuffen. „Es ist Feldsteinporphyr, an ähnliche Erscheinungen im deutschen Rotliegenden erinnernd. Es erheben sich die Porphyrspitzen am Kummerhubel bis 2599 m. Die in eine amorphe, grünlichgraue oder rötliche Grundmasse eingebetteten grünlichen oder rötlichen Feld- spathkristalle erheben sich selten zu vollkommener Regelmässigkeit und erscheinen nicht so gross als in dem analogen deutschen Por- phyr, doch ist das Gestein nicht wohl zu verkennen.“! Mächtige, gewöhnlich gerundete Berge bildet dieser Porphyr, so den Schafsgrind, Kummerhubel, Sandhubel u. s. w., u. s. w., fast immer durch seine grusartigen Verwitterungsproducte den Bergen ein charakteristisches Aussehen verleihend. Triasgesteine. Buntsandstein: er fehlt in der ganzen Zone normaler Faltung, soweit die Trias im übrigen fast vollständig ausgebildet auftritt. Erst im eigentlichen Aufbruchsgebiet, wo, wie uns wahrscheinlich dünkt, der Hauptdolomit normalerweise als erstes mesozoisches Sediment auf dem kristallinen Untergrunde liegt, schiebt sich der Buntsandstein an wenigen Stellen zwischen Dolomit und Grund- gebirge ein. Es ist ein fast unverkennbares Gestein. Ein feines Conglomerat nur aus Quarzkörnern zusammengesetzt. Die Grösse der einzelnen ' THEOBALD, Geolog. Beiträge zur Karte der Schweiz 2, 1864. 227] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 13 Körner schwankt etwas, ebenso die Farbe. Gelblich, rötlich bis rot, erinnert er sehr an badische Vorkommnisse. Fast immer ent- halten die Sandsteine grosse Milchquarzgerölle, bis zur Nussgrösse und gelegentlich auch darüber, seltener sind dunkle Quarzite, fehlen aber nie ganz. Soweit das Gestein grobkörnig ist und Gerölle enthält, wird es stets sofort als Buntsandstein erkennbar sein. Anders die feinkörnigen und geröllfreien Abarten. Wie alle Gesteine des Plessur- gebirges in der Aufbruchzone einer starken Pressung ausgesetzt, resultiert aus ihnen eine Masse, die nur durch ihren continuierlichen Zusammenhang mit typischem Sandstein als solcher erkennbar ist, und die sonst nur als weisser Quarzit zu bezeichnen wäre, un- bestimmbaren Alters. Vorkommen: Auf dem Grate, der vom Arosaer Weisshorn direct südöstlich zur „Hinteren Hütte“ herabzieht, ist dieses Gestein zweimal sehr gut aufgeschlossen (Taf. XI No. V). Zahlreiche Trümmer, namentlich der Varietät mit den nussgrossen Quarzgeröllen, in der muldenförmigen Vertiefung zwischen genanntem Grat und dem Brügger- horn machten mich zuerst auf dieses Gestein aufmerksam. Ausser am Weisshorn kenne ich es nur noch aus einer Gegend — aus dem Schaf- walde zwischen Maran und Läitzenrüti, wo es an mehreren Punkten zu Tage tritt, da die Neigung des Gehänges denselben Winkel hat wie das Fallen der Schichten. Weitverbreitet sind ferner Gerölle, wahr- scheinlich vom Weisshorn stammend, in dem Moränenmaterial, das von der Alp Obersäss bis Arosa alles überkleidet und stets von dem grossen Alpweg zur genannten Alp geschnitten wird. Im Schafwalde liegt der Buntsandstein dem kristallinen Untergrunde auf. Sein Hangendes bildet Dolomit von ziem- licher Mächtigkeit, Damit harmoniert das eine Auftreten am Weiss- horn, wo wir in verkehrter Lagerung unter einer Scholle kristal- linen Gneisses den Buntsandstein auf Dolomit liegen sehen. Weiter oben liegt er zwischen zwei Dolomitschichten. Da in der Aufbruchzone der immer fossilfreie Dolomit fast überall dem kristallinen Untergrunde aufliegt, so dass ein Zweifel über sein Alter entstehen konnte, ist es sehr angenehm, in den zwei zuerst geschilderten Vorkommen ein sicheres Kriterium für das triadische Alter dieser strittigen Dolomite zu besitzen. Die Untere Rauhwacke tritt auf als doppelte, wohl ausgebildete Zone in der ganzen Strela-Amselfluhfalte, sowohl über (Ostseite) wie unter (Westseite) dem Verrucano (Taf. XII No. VII). 15* 14 Hokk: [228 Das Westband verschwindet etwa am See Murterus (südlich der Leidfluh), wo die Falte unklar wird und allmählich in eine Ueberschiebung übergeht. Das östliche Band ist bis zum Guggernell verfolgbar und wird nur einmal durch die gewaltige Porphyr- masse des Sandhubels unterbrochen. Als besonders schöne Aufschlüsse sind zu nennen: Mädriger- fluh, beim Abstieg in den Tobel zwischen diesem Berg und der Thiejerfluh ; ferner die Einsattlung zwischen Thiejerfluh und Kummer- hubel, sowie Spitze und Nordgrat des Schiesshornes. Auf dieser ganzen Zone schwankt die Mächtigkeit der Rauh- wacke sehr, zwischen 2 und 40 m. Bald ist sie gelblich mit vielen dolomitischen Lagen und etwas brecciös, bald ein typisches, grosszelliges, schwammiges Gestein. Dies scheint die unterste Lage zu sein. Denn wo wir dieses Merkmal am besten ausgebildet finden, enthält die Rauhwacke immer Fetzen roten Thones aus dem Verru- cano, dem sie aufliegt, und Bruchstücke des porphyrischen Sand- steines. Durch diese Einschlüsse von Thon und Sandstein ist sie auch sehr gut unterscheidbar von der — übrigens in ihrem Auftreten sehr beschränkten — oberen Rauhwacke, die niemals derartige dem Verrucano entstammende fremde Gemengteile erkennen lässt. Die untere Rauhwacke ist, soweit meine Beobachtungen mich gelehrt, nur der normalen Faltungszone eigentümlich. Sie fehlt westlich und nordwestlich derselben im Aufbruchsgebiete vollständig. Untere Kalkgruppe (Muschelkalk und Wettersteinkalk): Es sind dies, zusammen mit dem Hauptdolomit, die Gesteine, die landschaftlich am meisten hervortreten, und die zum grossen Teil die steilen Felsmauern zusammensetzen, die der Kurgast Arosas so gerne für unersteiglich erklärt, und die im Landschaftsbilde der westlichen Aufbruchzone vollständig zurücktreten. Schöne, normale Profile zeigen uns besonders die beiden Berge Amselfluh und Valbellahorn, die mit einem Wandabfall von etwa 300 m sich über den Verrucano der Depression des Alteiner Tiefen- berges u. s. w. erheben. Ebenso schöne Profile, natürlich in verkehrter Lagerung, sehen wir an den imposanten Wänden der westlichen Parallelkette, an den ca. 600—700 mauerartigen Wänden der Berge Thiejerfluh, Furka- horn, Schiesshorn etc. (Taf. XII No. VIII, Taf. XII No. IX). Auf der TueopaLpschen Karte scheinen diese Wände fast ausschliesslich aus Hauptdolomit zu bestehen, im Osten unterlagert 229] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 15 und im Westen überlagert von einer schmalen Zone, die aus Muschelkalk, Partnachschiefer, Arlbergkalk und Lüner- schichten besteht. Schematisierend hat er diese Gesteinsserie überall durch- gezeichnet. Unverständlich bleibt dabei die fast doppelt so mächtige Ausbildung des Hauptdolomits in der westlichen Bergreihe, da doch eine einfache, liegende Falte vorausgesetzt ist. Bei näherer Betrachtung eines der genannten Profile, vielleicht der Wand des Valbellahornes, treffen wir zunächst über der schon besprochenen unteren Rauhwacke den Muschelkalk. Ein harter, schwarzer, unter dem Hammer klingender, in ziem- lich dünne, ca. 40 cm dicke Bänke von ungemeiner Regelmässigkeit geschichteter, manchmal etwas dolomitischer Kalk. Auf den Schicht- flächen fallen uns eigenartige Wülste auf, und schwarze Hornstein- knauer treten besonders auf angewitterten Stücken aus der Ober- fläche hervor. Viele rundliche Hohlräume mit weissen Caleitkriställchen heben sich deutlich von dem dunklen Untergrunde ab und geben dem Gestein ein schwach durchsprenkeltes Aussehen. Seine Mächtigkeit steigt bis SO m in der östlichen Bergkette, bleibt aber für gewöhn- lich ziemlich darunter. Der Muschelkalk ist in der ganzen Strela- Amselfluhkette auf beiden Seiten der Verrucanoerfüllten Depression einmal über und einmal unter der unteren Rauhwacke gut aus- gebildet und aufgeschlossen (Taf. XII No. VIII). Charakteristisch für ihn sind neben den oben erwähnten Merkmalen noch häufige, leider stets unbestimmbare, Bivalvendurchschnitte und nicht seltene Stiel- glieder von Encrinus (gracilis-liliiformis?). Ferner führt ROTHPLETZ an vom YValbellahorn: Eine Ptychites sp. sowie Gyrolepsis Alberti. Der Muschelkalk fehlt der Kette Schafrücken-Erzhorn, sowie der Aufbruchzone und dem keilförmigen Gebirgsstück Parpaner Weisshorn-Tschirpen. Wettersteinkalk: Ueber dem Muschelkalk sehen wir dann die ganzen Steilwände der genannten Berge (Amselfluh, Strehl, Val- bellahorn etc.) aus einer ziemlich einheitlichen Masse bestehen. Mächtige, gelbliche, gut geschichtete, schwach klüftige, dolomitische, dolomitisch-kalkige und kalkige Bänke bis zur Dicke von zwei Metern bauen die Wände bis zu den Spitzen der Berge auf. Da die. Wände bis zu den Gipfeln aus diesem Material bestehen, so können wir hier nichts Genaues über die Mächtigkeit dieser Dolomitkalke aussagen. Anders in den verkehrten Profilen am Schiesshorn ete., wo unter 16 Hozk: [230 diesem Wettersteindolomit der Hauptdolomit erscheint. Wenn auch die Ausbildung schwankt, so sind doch gewiss diese gelblichen Dolomite mit 250—350 m nicht zu gering taxiert (Taf. XII No. IX). Dieser Wettersteindolomit tritt im Plessurgebirge auf: 1. In zwei Zonen in der Strela- Amselfluhkette. Einmal als. die Steilmauern der östlichen Bergreihe (Amselfluh, P. 2700, Strehl, Valbellahorn ete.), normal über Rauhwacke und Verrucano — das Hangende, der Hauptdolomit, ist allenthalben durch Erosion verschwunden — dann in verkehrter Lagerung unter Verrucano. und über Hauptdolomit in der westlichen Bergreihe (Küpfenfluh, Mädrigerfluh, Thiejerfluh, Furkahorn, Schiesshorn, Leidfluh) (Taf. XII No. IV). Br 2. In der Kette Schafrücken-Erzhorn normal unter Haupt- dolomit, teils infolge einer Ueberschiebung nochmals auf Haupt- dolomit lagernd. Der Wettersteindolomit fehlt in der Aufbruchzone ein- schliesslich des Gebirgsstückes Parpaner Weisshorn und Tschärpen. Eine genauere Gliederung dieser Massen wird sich bei der Armut an organischen Einschlüssen schwer durchführen lassen. — Ausser Lithodendron, sowie schlecht erhaltenen und sehr seltenen Spongien, finden sich nur Trochiten und wenige unbestimmbare, kleine Gastropoden. - Gut unterscheidbar, wenn auch anstehend in der Regel schwer auffindbar, aber doch eine nähere Behandlung erheischend, ist ein Horizont in diesem grossen Dolomitcomplex. Es ist eine Lithoden- dronbank von ca. 2 m Dicke. Ihr entstammen die vielen Stücke mit Lithodendron, die man allenthalben auf der Passhöhe der Mayenfelderfurka findet, die so häufig sind in den Schutthalden der Thiejerfluh und Mädrigerfluh, die im Geröll der Amselfluh gefunden werden und die ich sowohl im Schutte des Welschtobels wie an den Hängen der Westseite des Gipfels P. 2545 sammelte. Da die mäandrisch gewundene Structur dieses corallogenen (Gesteines aber nur auf den: Schichtflächen hervortritt und nicht auf den vertikalen Spaltflächen sichtbar ist, und da die Lithoden- dronbank andererseits nicht mehr als 2 m im Ausmass zu besitzen scheint, so hält es sehr schwer, diesen Horizont anstehend nach- zuweisen. Den wenigen Stellen nach zu schliessen, die ich am Furkahorn, an der Amselfluh und hoch oben in den Felsen des Aelpliseehornes 231] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA, 17 finden konnte, scheint es, als ob diese Bank rund 50 m über dem Muschelkalk gelegen ist!. JENNINGs und ROTHPLETZ kannten diese Lithodendronschicht auch, erklärten sie aber für rhätisch, woraus besonders bei JENNINGS ganz unverständliche Lagerungs- verhältnisse resultieren. Auf RorHPpLErz’ Profilen stört dies weniger. Raibler. Meist folgt über dem Wettersteindolomit der Hauptdolomit, stets nur in verkehrter Lagerung beobachtbar. Nur am Schafrücken, am Tschirpen und am Parpaner Weiss- horn ist die jüngere Rauhwacke nachweisbar als zelliges, poröses, typisches „Raubwacken“-Gestein von geringer Mächtigkeit. Sie ist sehr wohl unterschieden von der älteren. Einmal durch ihre geringe Mächtigkeit und gesetzmässige Verknüpfung mit Haupt- dolomit, dann durch das Fehlen der Zwischenlagen gelblichen Dolomits und durch ihre grobzelligere Structur, schliesslich durch das vollständige Fehlen fremder, dem Verrucano entstanmender Ein- schlüsse, sowohl des Quarzporphyrsandsteins wie des roten Thones. Als ganz constante Begleiterin des Hauptdolomits zieht die Rauhwacke in zwei schmalen, nur wenig Meter mächtigen Streifen durch die Nordwand des Parpaner Weisshornes, jeweils das Liegende des doppelt auftretenden Hauptdolomites bildend (Taf. XIII No.]). Am Tschirpen tritt dies Gestein an einer Stelle auf dem Verbindungs- grate genannten Berges mit dem Hörnli unter der Dolomitwand zu Tage, am Schafrücken konnte ich es nur in wenigen losen Bruch- stücken in den Schuttkegeln am Fusse der Dolomitwände auffinden. Es fehlt in der gesamten Strela-Amselfluhkette, wo, wie bereits er- wähnt, gesetzmässig dem Wetterstein der Hauptdolomit auf- zuliegen scheint, es fehlt ferner in der ganzen Aufbruchzone im engeren Sinne des Wortes. Der Hauptdolomit. Ueber dem Wettersteinkalk folgt in der Zone normaler Faltung, unter Ausschluss der Rauhwacke, der Hauptdolomit, nur in verkehrter Lagerung beobachtbar, da er im hangenden Schenkel der Falte durch Erosion verschwunden ist. Pracht- volle Profile zeigen Schiesshorn und Leidfluh (Taf. XII No. VIII). Auch tritt bei einer Betrachtung aus einiger Entfernung die Grenze zwischen Hauptdolomit und Wettersteindolomit sehr schön in die Erscheinung, da der erstere weniger gelblich, klotziger, klüf- tiger und weniger gut geschichtet ist. Quert man z. B. das Profil ' WÄHNER erwähnt in seiner Arbeit über das Sonnwendgebirge auch „Litho- dendronartige Corallen* aus dem Wettersteinkalk, die besonders auf an- gewitterten Oberflächen erkennbar sind. 18 Hoek: [232 am Schiesshorn, beim Aufstieg zum Alteiner Tiefenberg, so wird ein unbefangener Beobachter bei etwas näherer Untersuchung kaum über die Natur der unteren Felsmassen im Zweifel sein können. Es ist typischer obertriadischer Hauptdolomit, von einer Ausbildung, wie sie sonst in den Ostalpen weit verbreitet ist, und mit allen petro- graphischen Merkmalen, die von diesem Gestein zur Genüge bekannt sind. Es ist hell bis dunkelgrau, beim Anschlagen schwach zucker- körnig, von weisslichem Verwitterungsstaub bedeckt, von Caleitadern reichlich durchzogen und zerfällt leicht in eckige Bruchstücke. Wie anderswo zeichnen sich diese Massen auch im Plessurgebirge durch ihre vollständige Fossilfreiheit aus und senden, wie auch anderswo, mäch- tige Schuttströme zu Thal, die fast überall die untere Grenze gegen andere Gesteine dem Auge entziehen. Die Mächtigkeit des Haupt- dolomits mag zwischen 200 und 300 m betragen. Es ist dabei zu beachten, dass in den der Plessur zugekehrten Steilmauern der Berge Furkahorn, Schiesshorn ete. die Mächtigkeit des Haupt- dolomits grösser erscheint, weil hier — wie im tektonischen Teil gezeigt werden soll — eine Verdopplung des Dolomits statt- gefunden hat (Taf. XII No. IX). Der Hauptdolomit ist im Plessurgebirge zu finden: 1. In verkehrter Lagerung mit fehlendem Raibler in der Strela- Amselfluhfalte. 2. Ueber Rauhwacke und unter Rhät zweimal übereinander in dem Gebirgsstück des Parpaner Weisshornes und Tschirpen. 3. Auf dem kristallinen Untergrund namentlich im östlichen Teil der Aufbruchzone. 4. Als zahlreiche Schollen, fast immer in Verknüpfung mit Lias- gesteinen — an wenigen Stellen auch mit Rhät — in der ganzen Aufbruchzone. Rhät. Die jüngste Ablagerung der Trias im Plessurgebirge wird repräsentiert durch die Kössner Schichten. Dachstein- kalk scheint nirgends entwickelt zu sein. Die Hauptmasse der Kössner Schichten besteht aus weichen, dunklen Mergeln. Da- zwischen treten bis 3 m mächtige kalkige Bänke auf, die sich schon von ferne durch ihre helle Farbe von dem umgebenden dunklen, schiefrigen Gestein abheben. An diesen hellen Kalkbändern lässt sich, z. B. am Südost-Abhang des Erzhornes, sehr schön be- obachten, dass die Mächtigkeit der Kössner Schichten eine recht grosse ist, denn eine eventuelle Rückfaltung müsste an diesen auffallenden Kalkbändern unzweideutig in die Erscheinung treten. 233] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 19 Die Mächtigkeit dieses Horizontes schwankt allerdings ziemlich be- trächtlich, ob infolge verschiedenartiger Ausbildung, oder weil das Gestein stellenweise unter starkem Druck ausgepresst wurde, mag dahin gestellt bleiben. Jedenfalls erreichten die Kössner Schichten an manchen Orten bis 90 m in verticaler Ausdehnung. Sie sind sehr fossilreich, wenn auch arm an Arten. Der Er- haltungszustand der Einschlüsse lässt sehr zu wünschen übrig, wie dies bei einem weichen, mergeligen Gestein in einem Gebiet der- artiger Gebirgsstörung auch a priori zu erwarten ist. Denn die Fossilführung ist ausschliesslich auf die mergeligen Lagen beschränkt, und den erwähnten widerstandsfähigen Kalkbändern fehlen organische Reste. Das alles war übrigens schon THEOBALD bekannt und wurde von ihm auch beschrieben. ROoTHPLETZ’ Fossilliste für die Kössner Schichten des Plessur- gebirges weist folgende Arten auf: Pentacrinus propinquus Münster. Cidaris verticillata Stopp. Stacheln. Hypodiadema Stopp. sp. Stacheln. Terebratula gregaria Suess. Terebratula pyriformis Suess. Cardita austriaca Hauer. Thamnastraea rectilamellosa Winkler. Astraeomorpha confusa Winkler. Thecosmilia sp. Isastraea sp. Das sind die am häufigsten gefundenen Fossilien, Ausgiebige Fundpunkte sind schon lange bekannt. Den be- reits beschriebenen am Südosthang des Arosaer Rothornes und am Sattel zwischen Parpaner Weisshorn und Tschirpen können leicht noch weitere reiche Localitäten zugefügt werden (Taf. XIII No. I, Taf. XIII No. II). Ich erwähne hier nur die Nordwand des Parpaner Weisshornes, den Aufstieg von der Arosaer Furka auf diesen Berg sowie den Südostabhang des Erzhornes als besonders ergiebig. Die Kössner Schichten fehlen in der normalen Sirela- Amselfluhfalte. Im östlichen Teile — im hangenden Schenkel — sind sie durch Erosion verschwunden, im liegenden — westlichen — Schenkel wahrscheinlich zwischen dem gedoppelten Haupt- dolomit ausgequetscht. Sehr gut entwickelt sind sie am Erzhorn und Arosaer Rothorn. Ihr normales Liegendes ist bier der Haupt- 20 Hoek: [234 dolomit. ‚Eine Transgression resp. direktes Auflagern auf kri- stallinem Untergrund konnte ich nirgends beobachten. Dann treten sie sehr gut erschlossen auf in dem Gebirgsstück Parpaner Weisshorn-Tschirpen, wo sie durch. ihre dunkle Farbe schon von Arosa aus erkennbar sind. In der Aufbruchzone schienen sie, bisherigen Beobachtungen nach zu schliessen, vollständig zu fehlen. Lose Stücke mit deutlichen Fossilien in den westlichen Schutt- halden der Plattenhörner, Stücke, die nur von diesen Gipfeln stammen konnten, machten mich zuerst darauf aufmerksam, dass die Kössner Schichten wohl auch in der Aufbruchzone ent- wickelt seien. Nach langem Suchen gelang es endlich, ein —. wenn auch beschränktes -— so doch sicher anstehendes Vorkommen aus- findig zu machen. Steigt man auf dem hübschen Fusswege von S.0. NW. Fig. 1. Profil durch den Serpentinbuckel kurz unterhalb des Gipfels des Arosaer Weisshornes. Massstab ca. 1:5000. Einzig anstehendes Vorkommen der Kössner Schichten in der Aufbruchzone. Norden auf das Arosaer Weisshorn, so kommt man vor Erreichung des Gipfelkegels an einem links liegenden kleinen Hügel vorbei. Das Profil durch diese kleine Erhöhung ist folgendes: Ueber Liasbreccie und Malm folgen circa 5 m Serpentin. Darauf lagern etwa 12 m Hauptdolomit. Dann folgen 2 m Kössner Schichten, 5m Liasbreccie und zum Schluss mächtige Massen von Serpentin. Die Kössner Schichten sind unver- kennbar, sind genau so ausgebildet wie z. B. am Arosaer Rothorn, sind ungemein fossilreich und enthalten unter anderem eine Avicula contorta sowie Pecten sp. Das Liegende dieser rhätischen Mergel ist Dolomit, und zwar ein in gar keinem Merkmal von dem übrigen Dolomit des Arosaer Weisshornes wunterscheidbares Gestein. Da wir schon früher sahen, dass dieser Dolomit an einigen Stellen auf Bunt: sandstein liegt, und da hier nun eine Localität vorliegt, wo er von Rhät bedeckt ist, so dürfen wir ihn — abgesehen von allem 235] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 1 anderen — wohl schon aus diesen Gründen für Hauptdolomit an- sprechen. Eine weitere Fundstelle für Kössner Schichten in der Auf- bruchzone, wenn auch nicht gerade in meinem engeren Arbeits- gebiet, möge hier anhangsweise kurz erwähnt werden. Beim Auf- stieg von Wolfyany (nördl. Davos) zur Parsennfurka fand Professor STEINMANN, der mit mir im Sommer 1902 dieses Gebiet beging, einige Bruchstücke rhätischer Mergelkalke mit Fossilien (Kössner Schichten). Sie lagen unweit der Stätzalpen (1971) im Bachschutt und können ihrer Lage nach nur von der Casana oder dem Grün- horn stammen. Anstehend sind sie in diesen Bergen noch nicht aufgefunden worden. Mit den Kössner Schichten schliesst die Reihe der Trias- sedimente im Plessurgebirge. Wo das normale Hangende dieser Schichten zu Tage tritt, besteht es nie aus Dachsteinkalken, sondern stets aus liassischen Schiefern. Juragesteine. Lias. Mit der Besprechung des Lias kommen wir in ein Gebiet viel umstrittener, viel beschriebener Gesteinscomplexe. Was die Ver- breitung des Lias anbelangt, so kann ich im Plessurgebirge, soweit dasselbe auf der kleinen Uebersichtskarte (Taf. X) zur Darstellung gelangt ist, drei getrennte Gebiete unterscheiden. Erstens die oft genannte normale Faltungszone, die Strela- Amselfluhkette mit Ein- schluss von Schafrücken-Erzhornkette. Hier ist nirgends eine Spur von Lias zu entdecken. Es fehlt uns jede Andeutung jüngerer Sedimente, abgesehen von einem Vorkommnis von Lias in Adnether Facies, das, wenige Quadratdecimeter gross, als Kern in der ein- geklemmten Rhätmulde der Nordwand des Erzhornes steckt. Hauptdolomit, resp. Kössner Schichten sind die jüngsten Ablagerungen, die wir kennen. Zweitens das Gebirgsstück Tschirpen- Parpaner Weisshorn. Hier tritt Lias thatsächlich auf, sehr wenig mächtig und in einer Facies, die durchaus abweichend ist von der der Aufbruchzone, Harte, rötlich-weisse, unter dem Hammer klingende, scherbenartig zerspringende Kalke sind hier aufgeschlossen zwischen Rhät und typischem oberjurassischem Radiolarit. Zum Teil findet man diese Kalke als wohl verfolgbare und im Streichen sich ziemlich an Mächtigkeit gleich bleibende Bänke, zum Teil als kleine zerquetschte Schollen zwischen Triasgesteinen eingeklemmt (T'schirpen). Sehr 22 Hoek: [236 deformierte, aber doch noch erkennbare Ammoniten und Belemniten stecken gar nicht selten in diesen Kalken, lohnen aber nicht einmal die Mühe des Mitnehmens. Wahrscheinlich entstammen diesem Horizont auch die losen Bruchstücke mit Ammoniten, die J. BOEHM und andere vom Alp- weg von Lai zur Lenzer Alp beschreiben, und diese Ausbildung des Lias ist wohl auch dieselbe, aus deren losen Blöcken ROTHPLETZ an der Casanna seine Ammoniten fand. Es ist eine Ausbildung, die der Adnether Facies ungemein nahe steht, wenn nicht mit ihr ident ist. Die Basis dieser Kalkbänke ist gebildet von einer groben Breccie mit Componenten bis über Faustgrösse, nur aus Trias- bruchstücken bestehend, die eingebettet liegen in einer roten Grundmasse, die wohl entstanden ist aus der Terra rossa der Obertriadischen Dolomite, die sich vor Ablagerung des Lias bildete. Es ist genau dasselbe Gestein, das am ÖOfenpass zwischen Lindauer und Douglas Hütte im Rhätikon ansteht. Diese Brececie ist nicht sehr verbreitet. Nur an wenigen Stellen des Parpaner Weiss- hornes und des T'schörpen ist sie anstehend zu finden. Lose Blöcke finden sich ganz vereinzelt kurz vor der „Olus“, rechts am Wege (im Sinne des Abstieges), der vom Aelplisee nach Arosa führt. In etwas grösserer Menge fand ich sie westlich vom Nordgrat des T7schörpen unter dem „f“ des Namens „auf dem Grat“ (Siegfriedkarte). Drittens die Aufbruchzone. Hier treten uns liassische Ab- lagerungen in anderer Form entgegen. Mergelschiefer, Kalk- schiefer, T'honschiefer, kieselige Schiefer mit reinen Kieselbänken, sandige Schiefer, Sandsteine, feine und grobe Breccien, das ist alles zweifellos zum Lias zu rechnen und wurde von jeher zum Teil auch dazu gestellt. Die Aehnlichkeit mit sicherem Eocän- Flysch ist aber eine verzweifelte und das Ziehen einer Grenze fast ausgeschlossen. Fossilien fehlen — man kann sagen, so gut wie ganz. Ausser recht seltenen, schlechten Belemniten und unverwendbaren Algen nichts, aber rein gar nichts. Da bleibt es dann in den meisten Fällen eine höchst missliche Sache, über die Stellung der Schiefervorkommnisse in der Aufbruchzone etwas aussagen zu sollen. Die polygenen Breccien sind in der Regel schon leichter zu stellen. Meistens enthalten sie Crinoiden, nie Radiolarit, oft sind sie mit Dolomit verknüpft; auch sind sie es immer, welche die spärlichen Fossilandeutungen enthalten (ausser den Algen). 237] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 23 An manchen Stellen giebt uns allerdings die Lagerung der Schiefer ein ziemlich unzweideutiges Kriterium über das, was sie sind. Sehen wir zum Beispiel am Nordwestabsturz des Arosaer Weisshornes oder Plattenhornes viermal Dolomit und Schiefer sich wiederholen, ohne Einschaltung des weiter unten zu behandeln- den Radiolarits (oder seines Aequivalents des Pretschkalkes), so liegt die Annahme nicht gar zu fern, dass es sich hier um wiederholte Schuppen von Dolomit und Lias handelt. Auch wenn wir in der kristallinen Basis der Mädrigerfluh, Thiejerfluh oder des Furkahornes zusammen mit kleinen Dolomiteinspitzungen Arosaer Parpaner Weisshorn "__ Weisshorn. W. : € \ Br zur? 347 \ e ed“ 4 ‘ eb 102 - / N kr NN ee v VE n MT Doiomit.- ne : 3% RE Male > v2 k \ Dolomitb5 _. — ie ; T— _ ES ee 7 Fig.2. Skizze der Schuppen des Arosaer Weisshorns sowie der Ueberschiebungen des Parpaner Weisshorns. Die Hauptüberschiebung (über Flysch) nur im Vorder- grunde sichtbar. Gez. nach einer Photographie des Verfassers. solche von Schiefer finden, so wird man diese mit früheren Be- obachtern unbedenklich zum Lias stellen (Taf. XI No. X). Aber die Schiefervorkommnisse im Plessurbette unterhalb Arosa? Die Schiefermassen des Mutta oberhalb des Schwellisees ? Und namentlich die weitausgedehnten und so sehr einheitlichen Sandsteine zwischen Schwellisee und Hörnli? Die Frage, ob hier Lias oder Flysch vorliegt, kann ich nicht entscheiden. Petro- graphische, paläontologische und tektonische Kriterien lassen uns gleichmässig im Stich. Zahlreiche Dünnschliffe dieser Gesteine er- gaben ganz ausnahmslos eine vollständige Fossilfreiheit. Wenn es überhaupt angängig wäre, Gefühle — um so zu sagen — mit- sprechen zu lassen, so würde ich mich für Lias entscheiden. Nirgendwo in Bünden sah ich jemals unzweideutig als Flysch er- kannte Gesteine von Eruptivmassen durchbrochen; die oben er- wähnten Schiefer und Sandsteine haben überall Durchbrüche ophiolithischer Gesteine. 24 Hoek: [238 Die sogenannten „echten, kalkfreien Flyschfucoiden“ geben leider kein Kriterium ab. Auf dem Gipfel des Arosaer Plattenhornes kann z. B. ein Schiefer mit solchen „echten“ Flyschfueoiden geschlagen werden — ein Gestein, das kein Mensch je für Flysch erklären wird, und das auch selbst von den intuitivsten Forschern als liassisch betrachtet wurde, Die Frage, inwieweit wir in den Schiefern der Aufbruchzone Lias oder Flysch vor uns haben, muss also einstweilen als noch stets ungelöst angesehen werden. Und demgemäss liegen zwei Möglich- keiten vor, die ich vorwegnehmend kurz streifen will: Entweder: Aller Schiefer etc. der Aufbruchzone ist Lias, oder: über Malm etc. kam noch Flysch zur Ablagerung und wurde in der Aufbruchzone mit zerquetscht, zerbrochen und verarbeitet. Für die Grundzüge der Tektonik ist das nicht einmal von ein- schneidender Bedeutung. Denn, dass nicht der dritte denkbare Fall vorliegt, dass wir nicht in den tiefstgelegenen Schiefermassen im Plessurbett unterhalb von Arosa etc. ein Zutagekommen des basalen Schiefervorlandes zu sehen haben, werde ich weiter unten versuchen plausibel zu machen. Malm (Radiolarienhornstein).. War die Stellung der Schiefer etc., die zum grossen Teil widerspruchslos dem Lias zugerechnet werden, zum Teil aber auch nicht, eine sehr schwierige, ihre Erken- nung eine oft nichts weniger als leichte, so sind die oberjuras- sischen Ablagerungen für den kartierenden Geologen um so be- quemer. Mittlerer Jura ist im Plessurgebirge bis jetzt nicht bekannt geworden. Ueberall, wo wir eine ungestörte Schichtfolge annehmen dürfen, folgen auf den Liasablagerungen rote, grüne, harte Kiesel- schiefer, die ungemein reich sind an Radiolarien: „Radiolarit“. Da dieses Gestein von den Atmosphärilien kaum angreifbar ist, ausserdem durch seine meistens leuchtend rote Farbe sehr auffällt, so kann sein Auftreten kaum irgendwo übersehen werden. Durch seine eigenartige, etwa 5 cm dicke Schichtung, sowie durch den grossen Radiolarienreichtum ist das Gestein vor- züglich charakterisiert. Die rote oder grünliche Farbe ist nicht constant. Namentlich wo der Radiolarit stark zerquetscht ist, sehen wir alle Uebergänge von dem Auftreten einzelner weisser Kieseladern bis zu einer vollständigen Umwandlung in eine durch und durch weissliche Kieselmasse, die aber immer noch die Radio- larien erkennen lässt. 239] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 95 Manchmal ist in einer fortlaufenden Bank der Wechsel der Farbe schön beobachtbar, wie z. B. in dem ziemlich ausgedehnten Radiolaritzug oberhalb der Urdensees, wo, wie auch sonst, dieses Gestein mit liassischen Schiefern verknüpft ist. Vorkommen: Dem normalen Faltengebirge, der Strela- Amselfluh- kette fehlt der Malm, wie ja alle Sedimente von Wetterstein- dolomit an aufwärts. Im Gebirgsstück Parpaner Weisshorn-Tschirpen tritt der Radiolarit als zusammenhängendes Band auf, verknüpft mit liassischem Schiefer. In der Aufbruchzone finden wir ihn beinahe allenthalben, bald als grössere Züge, bald in Form ver- einzelter, isolierter Schollen (Taf. XIII No. III). Nach oben zu zeigt dieses Sediment stellenweise allmählich ein- tretende Veränderungen. Es geht beinahe ganz unmerklich in einen kieselreichen, klingenden Kalk über und wird schliesslich zu einem compacten, graublauen Kalke, der auch wieder alle Uebergänge zeigt zu einem mürben, weissen, feinblättrigen Kalkmergel. Hie und da (Arosaer Furka, unterhalb der Alp Pretsch) liegen auch Radiolarit und das Endglied der oben geschilderten Reihe, Kalk- mergel, unmittelbar aufeinander. Mit Zunahme des Kalkgehaltes nimmt der Radiolarienreichtum ab. Ein sehr schöner Aufschluss, der besonders die Verhältnisse des allmählichen Ueberganges von Radiolarit in compacte Kalkbänke zeigt, liegt etwas nord- östlich oberhalb des Grünseelis. Der Radiolarit ist hier nicht so mächtig, wie anderswo, und vielleicht liegen die Verhältnisse auch so, dass gegen den nörd- lichen Rand der Aufbruchzone der Radiolarit allmählich durch compacte Kalke vertreten wird, resp. anfängt mit ihnen zu wechsellagern. Diese Stellen, die ein allmähliches Uebergehen des Radiolarits in typischen, von allen Seiten für Tithon erklärten, Pretschkalk zu beobachten gestatten, beweisen auch sicher das nicht- permische Alter des Radiolarits, gleichgültig ob man hier eine normale oder verkehrte Lagerung annimmt. Wir müssten dann wohl auch die in der Litteratur mehrfach erwähnte „Pretschkalk“wand, die sich als ziemlich geschlossene Steilvand vom Sapümerbach über Litzenrüti bis beinahe zur Ohurer Ochsenalp verfolgen lässt, für ein zeitliches Aequivalent des Radio- larits nehmen. Diese orographisch sehr in die Erscheinung tretende Kalkwand, die nach Osten und Westen (Sapiün einerseits, Churer Ochsenalp andererseits) allmählich ausdünnt und verschwindet, erreicht etwa in 26 Hozx: [240 der Mitte ihre Längserstreckung, westlich Lützenrüti, ihre grösste Mächtigkeit mit annähernd 80 m. Sie besteht aus einer geschlossenen, ungeschichteten, klotzigen Masse grauen, harten Kalkes. Unter dem Hammer springt das Gestein klingend zu Scherben. Makroskopische Fossilien fehlen fast ganz, Ausser einem unbestimmbaren Belemniten und wenigen Crinoiden bin ich nicht im Besitz von organischen Resten aus diesen Kalken!. Unter dem Mikroskop giebt sich der Kalk als deutlich oolithisches Gestein zu erkennen, Crinoidenbruch- stücke sind nicht selten, ebenso finden sich andeutungsweise F ora- miniferenschalen ähnliche Reste. In der Litteratur fand diese Kalkwand mehrfach Erwähnung und wurde von jeher meistens für Tithon erklärt. Noch an zwei anderen Stellen kenne ich — wie oben schon angedeutet — den Radiolarit in Verband mit kalkigen Schichten. Einmal an der Arosaer Furka zwischen Parpaner Weisshorn und P. 2768. Fast unmittelbar nördlich der Ueberschiebung des kristallinen über die Sedimentgesteine des Weisshornes tritt Radiolarit als kleine secundäre Mulde auf. Sie schliesst weisse, dünnplattige, kalkige Mergellagen ein, deren continuierlicher aber rascher Ueber- gang in Radiolarit. gut aufgeschlossen ist. Dasselbe kann man beobachten auf dem runden Rücken, der sich von der Alp Pretsch (nördlich Maran) südöstlich zu dem kleinen gewundenen Seelein hinzieht, dem der „Seetobelbach“ entspringt. Kreidegesteine. Cenomanbreecie. Wir haben bereits drei Typen von Breccien aus dem Plessurgebirge kennen gelernt. Einmal die „kristalline“, dann die zwei verschiedenen Arten liassischer Breccien. In be- deutend geringerer Verbreitung als die polygene jurassische tritt eine vierte auf, ihr in vieler Hinsicht recht ähnliche, aber doch wieder petrographisch nicht unwesentlich von ihr verschiedene. STEINMANN hat zuerst in seiner Arbeit über das Alter der Bündner Schiefer auf dieses Gestein aufmerksam gemacht. Er beschreibt es folgendermassen: „Das Auffallendste an diesen Breccien liegt in der reichlichen, zuweilen vorwiegenden Beteiligung von Bruchstücken des tithoni- schen Radiolarienhornsteines neben solchen von Kalk und Dolomit, untergeordnet auch von älteren Schiefergesteinen. ! RoTHPLETZ fand auch unbestimmbare Austernschalen. 241] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM ÄROSA. 97 Dadurch wird die meist intensiv tiefrote Färbung bedingt. Da ferner der Radiolarienhornstein ein unverwitterbares Gestein ist, die damit gemischten Dolomite und Kalke dagegen bei der Ver- witterung tiefe Löcher zurücklassen, so wird die Breccie an der eckigen rauhen Verwitterungsfläche ebenfalls leicht kenntlich.“ STEINMANN zählt drei getrennte, wenig mächtige Vorkommen dieses Gesteines auf, und tritt dann in grosser Ausführlichkeit den Beweis an für das cenomane Alter dieser brecciösen Gesteine, sich dabei stützend auf analoge postjurassische Vorkommnisse, die in den Ostalpen weit verbreitet sich finden. Diesen Beobachtungen kann ich noch folgendes hinzufügen: Während STEINMANN die Beteiligung der kristallinen Gesteine nur in untergeordnetem Masse kannte und geneigt war, diese Com- ponenten aus der Aufarbeitung liassischer polygener Breccie zu erklären, fand ich an verschiedenen Punkten Gneisse und Glimmer- schiefer in grösserer Menge und in scharfkantigen, eckigen Stücken bis Kopfgrösse an der Zusammensetzung dieses Gesteines beteiligt, so dass es höchst wahrscheinlich erscheinen muss, dass sich auch ältere Gesteine primär an der Bildung dieser Cenomanbreccie beteiligen. An vielen Punkten überwiegt in der Zusammensetzung der Ra- diolarit über alle anderen Bestandteile zusammengenommen. Dann resultiert für gewöhnlich ein tiefrotes Gestein mit vielen eckigen Löchern und Höhlungen, das in seinem Habitus einigermassen an die „Honeycomb-structure“ erinnert. Es finden sich aber alle Ueber- gänge zu einer Breccie, die nur so verschwindend wenig Stückchen von Radiolarit enthalten, dass dieselben leicht der Beobachtung entgehen können. Oft muss man mehrere Blöcke zerschlagen, bis endlich ein kleiner Fetzen des roten (Gesteines sich zeigt — und wären nicht continuierlich alle Zwischenstufen zwischen dieser Breccie und der tiefroten radiolaritreichen vorhanden, so würde man selbstredend die Diagnose „Liasbreccie“ stellen. Es ist dieser Wechsel der Ausbildung wohl erklärlich, wenn man sich darüber klar wird, dass nach Aufarbeitung des tithoni- schen Radiolaritmaterials nur mehr älteres Material zur Verfügung stand. Was das Alter dieser Breccien betrifft, so möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Gestein bei allen ausgedehnteren mir bekannten Vorkommnissen — also abgesehen von den kleinen Partien in der Schollenregion des Brüggerhornes — stets auf Lias Berichte XII. 16 28 Hoek: [242 oder Dolomit liegt. Ferner fehlt stets der Radiolarit, wo wir diese Breccie treffen — sehr natürlich, da der Hornstein zur Bildung der Breccie verbraucht wurde. Andererseits, wo wir Radiolarit in grösseren Mengen finden, werden wir stets vergeblich nach unserer Cenomanbreccie suchen. Die Verbreitung dieser interessanten Bildungen ist eine viel grössere, als STEINMANN bei einer flüchtigen Begehung annehmen konnte. Am auffallendsten — beinahe möchte man sagen aufdring- lichsten — tritt dem Geologen diese Breccie entgegen an dem von Maran durch das Wäldli nach Arosa führenden Fusswege, etwa 300 m südlich Maran in einer Meereshöhe von 1800—1840 m. Die Ablagerung lässt sich als continuierliche, mässig mächtige Decke etwa 400 m nach Osten und 300 m nach Westen verfolgen. Un- mittelbar südlich Maran an dem kleinen Buckel vor dem Hotel ist NW. P 2160. 8.0. Fig.3. Profil durch das Maraner Aelpli. Massstab ca. 1:12500. Zeigt die Auflagerung der Cenomanbreccie auf Lias mit fehlendem Radiolarit. die Auflagerung auf triadischem Hauptdolomit unzweideutig aufgeschlossen (Taf. XI No. XII). Dann erweist sich das ganze wiesenbedeckte Plateau, das sich zwischen Maran und dem bewaldeten Steilabhang im Osten gegen die Plessur erstreckt, soweit die spärlichen Aufschlüsse dies zu be- obachten gestatten, als bestehend aus Cenomanbreccie, die Do- lomit aufgelagert ist. Nördlich Maran, auf dem guten Wege zur Alp Pretsch, sieht man einen Viehzaun aus diesem Gesteine gehäuft. Eine nähere Untersuchung zeigt, dass hier die Breccie in einer Höhe von 1920—1900 m eine grosse Ausdehnung besitzt... Die Abart mit den wenigen Radiolarit-Componenten herrscht vor. Das Liegende ist wiederum Hauptdolomit. Für die eben aufgezählten Vorkomm- nisse ein Abstürzen vom Brüggerhorn annehmen zu wollen, wie dies thatsächlich gethan wurde, erscheint ganz widersinnig. 243] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 99 Ein weiteres grosses Vorkommen befindet sich an dem runden Buckel, „Maraner Aelpli“ genannt (2162 m). Der Gipfel dieser Er- hebung ist aus Cenomanbreccie gebildet, die mit concordantem Fallen liassischen Schiefern (mit Fucuiden!) aufgelagert ist. Da der Osthang dieses kleinen Berges in seiner Neigung mit dem Fallen der Sedimente übereinstimmt, so treten überall an diesem Hange bald grössere, bald kleinere Partien dieses unverkennbaren Gesteines auf. Ein weiteres kleines Vorkommen — wichtig, weil hier Serpentin in diese Breccie injieiert auftritt — liegt hart am Wege von der „Mittleren Sattelhütte“ zum Arosaer Weisshorn und wurde von STEIN- MANN schon beschrieben. Oestlich vom Brüggerhorn, an dem kleinen Bache, der am Arlen- walde vorbeifliesst, oberhalb des ausgedehnten Serpentinvor- kommens, in einer Höhe von 2140 m kenne ich einen weiteren kleinen Aufschluss. Schliesslich ist dann noch der Gipfel des Drüggerhornes zu erwähnen (2451 m), wo, wild durcheinandergestochen mit Schollen von kristallinen Gesteinen, von Dolomit, Lias, Liasbreccie und Radiolarit, auch einige Partien typischer Cenomanbreccie sichtbar werden (vgl. Fig. 18 S. 261). Am Arosaer Weisshorn und am Plattenhorn gelang mir der Nachweis dieses Gesteines nicht. Ebensowenig Glück wie STEINMANN hatte ich mit meinen Bemühungen, Fossilien zu finden, trotz häufigen stundenlangen Klopfens. Die Frage nach der Entstehungsart dieser Breccie ist nicht einfach zu beantworten. Liegt uns in diesem Gesteine eine Dis- locationsbreccie vor? Oder ist es eine Brandungsbreceie? Während diese Arbeit mich beschäftigt, ist das prachtvolle Werk Fr. WÄnnxers über das Sonnblichgebirge erschienen. Bei dem Studium dieser Arbeit fiel zunächst die grosse tektonische Aehn- lichkeit beider Gebiete auf; dann vor allem aber auch die fast voll- ständige Identität der Wänxerschen „Hornsteinbreccie* mit unserer Cenomanbreccie. Nach langen und detaillierten Unter- suchungen und Beweisführungen neigt WÄHNER schliesslich mehr zur Auffassung, es läge eine Dislocationsbreccie vor. Er spricht sich aber ausserordentlich vorsichtig aus. Die im Plessurgebirge auftretende roteHornsteinbreccie scheint mir für die Erklärung ihrer Entstehungsart eine andere Deutung zu fordern. 16* 30 Hosk: [244 Dafür spricht: 1. Die Mächtigkeit unserer Breccie; sie erreicht bis 30 m, in zum Teil sicher relativ ungestörter Lagerung. 2. Cenomanbreccie und Radiolarit vertreten sich — nicht faciell! — und die Brececie zeigt alle Uebergänge zu einer solchen ohne Hornstein, wie sie naturgemäss nach Verbrauch des tithonischen Materials bei einer Brandungsbreccie entstehen musste, 3. Das Auftreten ist ein recht beschränktes, auf die weitere Umgebung Marans lokalisiertes. 4. Wir treffen diese Breccie in ihren grösseren Vorkommen stets als oberstes an, nie von einem anderen Material bedeckt. Aus diesen Gründen scheint mir die Deutung der Cenoman- breccieim Plessurgebirge als Transgressionsbreccie den grösseren Grad der Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Eruptiva. Junge Eruptiva treten — nicht zur Freude des Geologen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, diese Gegend tektonisch verstehen zu lernen — im Plessurgebirge in grosser Aus- dehnung auf. Von dem klassischen Erforscher dieser Gegenden, von G. THEOBALD, wurden sie 1860—1864 als Spilitdiorite, Dioritmandelsteine oder Spilitporphyre beschrieben. Eine genaue petrographische Untersuchung dieser Gesteine durch BopmEr-BEDER im Jahre 1898 hat ergeben, dass wir es hier zu thun haben mit „Olivindiabasen, vielfach begleitet von Serpentinfels und grünem Schiefer“. Soweit meine Kenntnis der Plessurgesteine reicht, unterscheide ich Serpentin und Spilit (Variolit). Tuffe dieser Gesteine sind mir nicht bekannt ge- worden. Da die oben citierte Arbeit eine erschöpfende petrogra- phische Darstellung der in Frage kommenden Gesteine giebt, so kann ich mich auf die Beschreibung ihres Vorkommens und auf die Discussion der Frage nach ihrem Alter beschränken. Zunächst ihr Vorkommen: Es fehlen die Eruptiva in der ganzen normalen Faltungszone, im Gebiet der Strela- Amselfluhkette (Taf. XII No.VIII). EscHEr und STUDER haben einen kleinen Serpentinfleck oben auf der Mayenfelder Furka angegeben. Es scheint dies aber auf einem Irrtum zu beruhen, denn schon THEOBALD konnte diese Stelle nicht auffinden und auch ich habe vergeblich lange danach gesucht. Wahrscheinlich liegt eine Verwechslung mit grünen Por- phyriten aus dem Verrucano des Kummerhubel vor, wie eine solche bei schneller Begehung ja wohl leicht vorkommen kann. Wir können also daran festhalten, dass junge Eruptiva der 245] (GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 31 Zone Strela-Amselfluh fremd sind. Ebenso fehlen sie in dem Keil- stück Parpaner Weisshorn-Tschirpen, welches wir ja schon öfters eine eigenartige Mittelstellung zwischen normalem Faltengebirge und Aufbruchzone einnehmen sahen. Sobald wir aber weiter westlich gehen, sobald wir irgendwo die landschaftlich so ungemein auffallende Linie der Steilmauern, die sich vom Parpaner Weisshorn über Schafrücken und Schiesshorn bis zum Strelapass zieht, passiert haben, und damit in das Aufbruchgebiet gelangen, stossen wir sofort auf jung eruptive Vorkommnisse, die so ziemlich überall in dem westlichen Teile des Gebirges ver- breitet sind (Taf. XI No. V). N Hornli Fig. 4. Das Hörnli von Westen gesehen (nach Photographie des Verfassers) Spilit concordant zwischen liassischen Schiefern gelegen. Bald durchsetzen die Serpentingänge alle hier vorkommenden Sedimente, bald sehen wir sie fast concordant zwischen Sediment- gesteinen eingeklemmt und einem Schichtgesteine ähnlich mit- dislociert. Das best aufgeschlossene Beispiel für das erste Vorkommen hat STEINMANN in seiner Arbeit über das Alter der Bündner Schiefer! bereits publiciert; es ist der grosse Serpentingang, ! STEINMANN, Geologische Beobachtungen in den Alpen I. Das Alter der Bündner Schiefer S. 593. 32 Hoek: [246 der an der Thalschwelle zwischen Urdenalp und Urden- Augstberg alle Sedimente bis zum Radiolarit einschliesslich durchsetzt. Ein gutes und für die zweite Art des Auftretens überzeugendes Vorkommen liegt z. B. fast unter der Spitze des Arosaer Weiss- hornes, wo in einer Höhe von beiläufig 2550 m Serpentin in con- cordanter ‚Lagerung zwischen Dolomit und Lias sichtbar wird: Auch der turmartige Felsbau des Hörnlis ist, wie eine nähere Untersuchung zeigt, eine zwischen zwei Schiefermassen concordant eingepresste Spilitmasse, die dann durch Erosion freigelegt wurde, und die sogar in derselben Richtung wie das umgebende Gestein geschiefert erscheint (Fig. 4 S. 31 Taf. XIII No. I). Diese basischen Eruptiva hören mit den sicher mesozoi- schen Gesteinen auf und fehlen dem fraglichen Schiefergebiet vollständig. Nordwestlich der Aufbruchzone im „Grundgebirge* ROTHPLETZ’ treffen wir nie und nirgends Serpentin oder andere junge Eruptiva. Es ist dies ein — wenn auch nicht voll beweis- kräftiger — Beleg für die einheitliche Flyschnatur dieser ganzen Massen. Wenn hier wirklich Lias und Flysch vorlägen, so wäre es bei der zweifellos enormen Störung, die diese Massen er- litten haben, zum mindesten höchst auffallend, dass hier nirgends Eruptiva sichtbar werden, wie es ja bei dieser Erkenntnis auch sonderbar erscheinen müsste, dass jede Andeutung älterer Gesteine (Dolomit vor allem, der fast immer mit Liasschiefer verknüpft in der östlichen Hälfte des Gebirges auftritt) sowie des unverwitter- baren Radiolarits fehlen sollte. Es macht wirklich den Eindruck, als ob die basischen Erup- tiva alle Gesteine bis zum Oligocänflysch durchsetzen. Unter dieser — aber auch nur unter dieser — Voraussetzung lässt sich dann auch das Auftreten der Eruptiva:als Kriterium für das Alter der fraglichen Schiefer im Plessurbette unterhalb und bei Arosa verwerten. Ueberall, wo wir im‘ Plessurgebirge den jüngeren Eruptiv- gesteinen begegnen, finden wir auch "stets und ganz constant typische Contacterscheinungen an den durchbrochenen Gesteinen. Im direkten Contact mit den Eruptivmassen lassen sich nach- weisen: Hauptdolomit, Liasschiefer, Radiolarit und Oeno- manbreccie. Das auffallendste Merkmal sind stets apophysenartige Verzweigungen der ophiolithischen Gesteinein den Sedimenten. Einzelne Localitäten für derartige Erscheinungen namhaft zu machen, hat keinen Wert, da so ziemlich überall, wo Eruptiva auftreten, auch Contactbildungen getroffen werden. 247] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 33 Die petrographische Beschreibung dieser Üontactstructuren ist sehr eingehend und genau in STEINMANNs Arbeit: „Geolog. Beobachtungen in den Alpen“! zu finden. Tertiärgesteine. Flysch: Die einförmigen Schiefermassen ausserhalb der Aufbruchzone fasse ich als Flysch auf. Damit befinde ich mich im Einklang mit der Auffassung STEINMANNs und teilweise im Gegen- satz zu ROTHPLETZ, der hier Flysch und Lias unterscheiden und die Trennung hauptsächlich nach Fucuiden durchführen möchte, wozu, wie mir scheint, keine Berechtigung vorliegt. Was den genauen Verlauf der Grenzlinie zwischen Aufbruch- zone und Vorland, oder tektonisch gesprochen, zwischen Basal- und Deckgebirge betrifft, verweise ich auf den tektonischen Teil dieser Arbeit. Wenn wir die Gesteine des Flyschlandes charakterisieren wollen, die in grosser Einförmigkeit dieses ganze Gebiet zusammen- setzen, so hört man so ziemlich dasselbe Lied wie bei der Aufzählung der Liasgesteine: Kalkige Schiefer, sandige Schiefer, mergelige Schiefer, thonige Schiefer, kieselige Bänke, Sandsteine, Kalke, Breceien (zum Unterschied der Liasbreccie, aber nur mit Compo- nenten bis zur Nussgrösse, sonst aber genau so ausgebildet wie die polygene Liasbreccie). Die Schiefer sind in der Regel sehr mürbe und oft ausser- ordentlich dünnplattig. Im grossen betrachtet, herrscht ein bedeu- tenderer Reichtum an Fucuiden und eine hervorragendere Nei- gung zur Bildung „fauler Gesteine“ als sie dem Lias zukommt. Das sind aber beides Kriterien, mit denen wenig anzufangen ist. Eine ungeheure Complication des Baues zeichnet die Flyschberge aus, eine Complication, die bei dem Fehlen kenntlicher Horizonte in der Gesteinsmasse im Detail nur geahnt und nicht entwirrt werden kann. Die Frage, ob wir innerhalb der Aufbruchzone auch Flysch treffen, ist einstweilen, solange ein sicheres Kriterium um Lias und Flysch zu trennen fehlt, nicht sicher zu entscheiden. Nur eine mehr oder minder grosse Wahrscheinlichkeit für die eine oder andere Auffassung kann geltend gemacht werden. Schon bei Be- sprechung des Lias wurde darauf hingewiesen, dass entweder alle ! STEINMANN, Geologische Beobachtungen in den Alpen I. Das Alter der Bündner Schiefer S. 61—63. 34 Hokk: [248 Schiefer in der Aufbruchzone Lias sein können, oder aber dass Flysch ursprünglich die normale Folge der Sedimente geschlossen habe und dann mit seinem Liegenden zusammen zerrissen und ver- schoben sei. Von anderer Seite ist der Versuch gemacht, es wahrscheinlich erscheinen zu lassen, dass der Flysch des basalen Gebirges im tiefen Plessurbett unterhalb Arosas nochmals zu Tage trete. Dem halte ich erstens entgegen, dass diese Schiefer von Eruptivmassen durchbrochen sind, was bei den Schiefern des basalgebürges (gleichgültig ob Flysch, ob Lias und Flysch) nie der Fall ist. Zweitens gebe ich folgendes zu bedenken: Die Ueber- schiebungslinie der Aufbruchzone über das Schiefervorland in unserem Gebiete verläuft, im grossen betrachtet, etwa von Südwesten nach Nordosten. Wo wir den Contact der beiden „Gebirge“ beobachten können, ist die Decke etwa im Winkel von 30° auf das basale @e- birge hinaufgeschoben, im Südwesten etwas steiler als im Nordosten. Die Ueberschiebungsfläche wird im Südwesten, am Urden-Augst- berg, etwa in der Höhe von 2160 m sichtbar und senkt sich dann ganz allmählich in ihrem Verlaufe noch Nordosten. An ihrem nörd- lichsten Punkte (dem „P“ des Wortes „Pretschwald“ auf der Siegfriedkarte) hat sie etwa 1500 m erreicht. Infolge der Erosion des Plessurflusses springt die Linie hier ziemlich scharf nach Süden zurück und gestattet dadurch an dieser Stelle die constante Neigung der Ueberschiebungsfläche zu beob- achten, derart, dass bei dem Orte Rüti die Grenze etwa in der Höhe von 1380 m liegt. Die Schiefermassen der Aufbruchzone im Plessurbette unter- halb Arosas, welche man ja eventuell als Flysch auffassen kann und die ROTHPLETZ als basales Gebirge gedeutet hat, liegen in einer Höhe von 1700 bis 2000 m. Nach dem Gesagten erscheint es mir aber ziemlich unmöglich, dass sie dem Untergrunde angehören, man müsste dann, um diese Behauptung annehmbar zu machen, schon seine Zuflucht nehmen zu der Annahme einer — durch keine Be- obachtung gestützten — starken Wellung der Ueberschiebungsfläche. Bei alledem bin ich mir aber vollständig klar darüber, dass für meine Auffassung der Verhältnisse ein strikter Beweis einstweilen nicht beizubringen ist. Schliesslich mag noch kurz die Frage gestreift werden, ob in dem „Schiefervorlande“ wirklich nur Flysch, oder, wie mehrfach behauptet wurde, auch Lias sichtbar werde. 249] (FEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA: 35 Wenn die anstehenden Schiefergesteine wirklich zum Teil auch dem Lias angehörten — warum findet man dann nirgends eine Spur von dem doch so auffallenden und unzerstörbaren Ra- diolarit, der den Lias sonst so constant begleitet? Es ist dies ein Punkt auf den schon STEINMANN mit allem Nachdruck hinge- gewiesen hat. Und weiter: Warum fehlt auch jede Spur von Haupt- dolomit, der ja stets unter dem Lias Allgäuer Facies ansteht, wenn hier wirklich Synclinalen vorliegen, die uns den Lias zu sehen gestatten ? Noch auf eine besonders interessante, im basalen Gebirge nicht tief unter der Ueberschiebungslinie gelegenen Stelle ist hier noch hinzuweisen. Nicht weil sie für die tektonische Erklärung von be- sonderer Bedeutung wäre, aber weil hier der Flysch reich an Fossilien auftritt. Es sind die Felsen Capetsch, westlich etwa 200 m unterhalb des zwischen Arosa Weisshorn und Plattenhorn durch- führenden Carmennapasses gelegen. Ein grauweisser, blätteriger Kalkmergel steht hier an, der geradezu gespickt ist mit Globi- gerinen-Schalen und zwar nur mit diesen. STEINMANN hat in seiner Arbeit über das Alter der Bündner Schiefer dieses sehr beschränkte Vorkommen für Couches rouges genommen und als solche beschrieben, war aber bei unserer letzten Begehung auch der Ansicht, dass es sich um einen Tertiärhorizont handle, wie solche ja auch in der nordschweizerischen Klippenregion bekannt sind!, zumal da wenig oberhalb der besprochenen Stelle die orographisch so deutlich ausgeprägte Ueberschiebungslinie zwischen F/yschland und Aufbruchzone verläuft. Tektonischer Teil. Kurz muss ich mich leider fassen. Es ist nie schön, auf Ar- beiten zu verweisen, die der Zukunft angehören sollen. Nicht in diesem Sommer, aber hoffentlich später, sobald die genaue geo- logische Aufnahme des ganzen Plessurgebirges vollendet sein wird, soll eine Specialkarte erscheinen, deren Erläuterung dann haupt- sächlich die Tektonik dieses schwierigen Gebietes klarzustellen ver- suchen wird. Es mögen hier aber vorgreifend wenigstens einige Profile durch das Gebiet von Arosa gegeben werden — und sie erfordern not- wendig eine, wenn auch nur gedrängte textliche Erklärung. ! Vgl. QuereAu 1893: Klippenregion vom Iberg. Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz, XXXI. Lief. 36 Hosk: [250 Bei der Betrachtung des beiliegenden Uebersichtskärtchens (Taf. X) unterscheidet man sogleich vier getrennte Gebiete. Sie ent- sprechen ebensovielen Regionen tektonisch verschiedener Ausbildung. Der ganze südöstliche Teil der Karte ist eingenommen von einer nach Westen zu ziemlich geradlinig abgegrenzten Partie. Ich möchte sie bezeichnen als den westlichsten Teil des normalen Faltengebirges. Was noch in den Rahmen dieser Arbeit hineinfällt, ist die „Strela-Amselfluhkette‘, die dritte der von Osten her gezählten Falten des von JENNINGs! bearbeiteten Gebietes. Es ist eine grosse, sehr flachliegende Falte, deren höchsten Teile durch Erosion zerstört sind. Darin liegt auch die Erklärung für die auffallenden hydrographischen Verhältnisse dieser Gebirgs- zone, die orographisch sich als Doppelkette präsentiert. WNW- GT ‚Aktien Teferberg. Amsellluh. 0.5.0. Welterstein D. q, 2, in, he Re 7: % HDolomit. Fig. 5. Profil durch die Strela-Amselfluhfalte. Massstab ca. 1:50 000. In den Bergen Amselfluh, Strehl, Valbellahorn, P. 2790, P. 2806, und Guggernell hat man den hangenden Schenkel der Falte zu er- blicken. Steigen wir aus der Depression des Alteiner Tiefenberges auf einen der genannten Gipfel, so begegnet unser Auge in normalen Profilen von unten nach oben: Verrucano, untere Rauhwacke, Muschelkalk, Wettersteindolomit. Folgen müsste darauf natür- lich Hauptdolomit und Rhät; sie fehlen. Erosion hat diese ehemals höchsten Teile der Schichtfolge von den Bergen weggeschaftt. Und nun umgekehrt: Bei einem Abstieg von einem Gipfel des westlichen Astes der Doppelkette ( Küpfenfluh, Mädrigerfluh, Thiejer- fluh, Furkahorn, Schiesshorn, Leidfluh) hinunter zum Bette der Plessur kreuzen wir in verkehrter Lagerung: Verrucano, untere Rauhwacke, Muschelkalk, Wettersteindolomit, Haupt- dolomit (Taf. XII No. IV). ' JenninGs, The geology of the Davos district. 251] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 37 Zwischen den beiden Reihen von Triasbergen, in der centralen Depression, die den erodierten Scheitel der Falte darstellt, tritt uns überall als tiefstes sichtbares Glied der Verrucano entgegen, stellenweise ausserordentlich mächtig, wo er infolge der Einschaltung von Porphyrmassen über die normale Mächtigkeit anschwillt — wenn man überhaupt von normaler Mächtigkeit sprechen kann, da ja der Verrucano immer von einer ausserordentlich schwankenden Entwicklungsstärke ist, eine Beobachtung, die besonders für den Porphyrsandstein, weniger für den roten Thon, Gültigkeit be- sitzt. Wenn wir so in oben besprochener Weise die steile Felswand, die den wilden Thalboden des Welschtobels im Osten begleitet, queren, WNW. P 2545. Welschtobel. Leidiluh. P2791. 080 u Alteiner Tiefenberg i bersen, u er R En Ba 00 * I: M = H.Dotomit. NG . Wettenstein D "scheidet, Ray = a Ay, Br H Dotmit. Ge 7 Haupt Dotomit. Fig. 6. Profil durch die Strela-Amselfluhfalte, Schafsrücken-Erzhornfalte etwas südwestlich vom Profil No.5. Massstab ca. 1:40000. dann fällt uns die grosse — allerdings auch schwankende — Mäch- tigkeit des Hauptdolomites auf. Sie resultiert aus einer teil- weisen Verdopplung dieser Gesteinsmasse, die in den unteren Par- tien als aufstrebender Schenkel der nächsten Falte zu denken ist. Rhät wird zwischen dem Dolomit nicht sichtbar. Warum mag dahingestellt bleiben. Vielleicht weil er ausgequetscht, vielleicht weil wir gerade die Umbiegungsstelle des Hauptdolomites vor uns haben. Unmittelbar im Anschluss an diesen unteren Hauptdolomit („unten“ im tektonischen Sinn!) beginnen die Unregelmässigkeiten, Einspitzungen, Zerreissungen etc., mit einem Worte westlich dieses Dolomites befinden wir uns in der Aufbruchzone. Dies gilt wenigstens für das Gebirgsstück vom Schiesshorn am nordwärts. 38 Hokk: [25 2 Südlich des Schiesshornes steigt die oben erwähnte Falte — man müsste sie im Sinne JENNINGs’ als die vierte Falte, vom Hochducan an nach Westen gezählt, bezeichnen — noch relativ regelmässig WNW. P 2331. 0.5.0. Bir Gugernell Fig. 7. Profil durch Strela-Amselfluhfalte und Schafrücken-Erzhornfalte. Süd- westlich von Fig. 6. Die Synclinale ist hier in eine Ueberschiebung übergegangen. Massstab ca. 1:40000. [K. S. = Kössner Sch.] in die Höhe. Sie bildet die Bergkette: Schafrücken, P. 2545, Aelpliseehorn, P. 2831, Erzhorn. NW. Erzhomn . S.0. LI en EL 1 Ara Er ma + Me ie Et Fig. 8. Detailprofil der Einspitzungen in der N.-W.-Wand des Erzhornes. Massstab ca. 1:25000. Of. Fig. 9 und 10. [K. S. — Kössner Sch.] Je weiter wir vom Schiesshorn aus südwärts wandern, um so kräftiger ist diese vierte Falte entwickelt und um so mehr dehnt sie sich nach Westen aus, eine Erscheinung, die combiniert ist mit einem langsamen Umbiegen der Streichrichtung aus Nordost- 253] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 39 Südwest nach Ost-West. Es entsteht auf diese Weise mehr Platz, und daraus erklärt sich das Auftreten des Rhäts am Südhange des Erzhornes und von P. 2831. Gleichzeitig zerreisst die dritte Strela- Amselfluhfalte und geht allmählich in eine Ueberschiebung über, so dass am Erzhorn dann Verrucano auf Rhät zu liegen kommt (Taf. XIH No. X). In untergeordneten kleineren Fältelungen steigt diese vierte, Schafrücken-Erzhornfalte, hoch empor, so dass am Erzhorn und Rot- horn der kristalline Untergrund zur mächtigen Entfaltung gelangt. so ErZHOFN 592 ee Fig. 9. Profilansicht des Erzhornes (nach Photographie des Verfassers) von Aelplisee aus gesehen. Hauptdolomit liegt hier, wie auch im Norden unter der Mädrigerfluh ohne Zwischenschaltung älterer Sedimente direkt dem kristallinen Untergrunde auf (Taf. XIII No. XD). Diese kristallinen Massen ihrerseits (Rothornmassiv, Aelpli- horn etc.) sind an einer steilen Fläche auf die Sedimentärmasse des Parpaner Weisshornes und Tschirpen hinaufgeschoben (Taf. XIII No. IN). Verfolgen wir die Linie dieser Ueberschiebung nach Osten und Nordosten. . An der Arosaer Furka zwischen P. 2768 und Parpaner Weisshorn sehen wir das Kristalline teils dem Rhät, teils dem Hauptdolomit 40 Hoek: [254 auflagern. Nach Osten nimmt die Mächtigkeit des Kristallinen bald ab und in der steilen Nordwand des Erzhornes sehen wir es unter dem hangenden Hauptdolomit alsbald auskeilen. Der überschobene Hauptdolomit des 7schirpen tritt in der Höhe von P. 2831 immer näher an den hangenden Hauptdolomit der Schafrücken-Erzhornkette heran und am Fusse der oberen Steil- wand von P. 2545 und Schafrücken sehen wir schliesslich Haupt- dolomit auf Hauptdolomit liegen, nicht entwirrbar als oberer („übergeschobener“) und unterer („überschobener“), wenn wir nicht den Dolomit des 7schirpen im Streichen continuierlich bis in die Basis des Schafrückens verfolgen könnten. Erzhorn u Ye SW H.D. - Hauptdolomit W.D.-: Wettersteindolomit / ; Kr.- Kristallin Fig. 10. Eine Face-Ansicht der Erzhornkette (nach Photographie des Verfassers) vom Aelplihorn gesehen. Zeigt das kurze horizontale Ausmass der Einspitzungen der N.-W.-Wand des Erzhornes. Die Streichrichtung der Schichten macht etwa an der, den ‚Aelplisee abdämmenden, Clus einen ziemlich scharfen Knick aus der Richtung Ost-West in die Nordost-Südwest. Dementsprechend sehen wir hier auch steilgestellte Schichten mit beinahe saigerem, an ein- zelnen Stellen sogar überkipptem Einfallen, und demgemäss hat sich auch hier am Orte minoris resistentiae das Wasser seinen Abfluss geschaffen. Unternehmen wir es nun, die Grenzlinie zwischen dem Gebirge ziemlich normalen’ Faltenbaues und der Aufbruchzone zu ziehen, so würde sie von der Arosaer Furka östlich über den Aelplisee weg bis zur halben Höhe der Schutthänge des P. 2545 verlaufen, hier 255] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA: 41 eine Biegung nach Nordosten machen, die Steilwand des'Schafrückens schneiden, und fernerhin etwa in der Höhe von 2200 m die Dolomit- Sun Pr2788. Parpan.. Weisshom. N Alteiner Rırka. on Liasschiefer. Fire. 11. Massstab ca. 1:25000. © 580. Erzhorn. Tschirpen. N.NW. Schafthali. Fig. 12. Massstab ca. 1:25000. Tsehirpen (st. T) NW $.0. Aeipliseehorn. } Aelplisee, ? H Dotamit Y—- Y Liasschiefer R E S Fig. 13. Massstab ca. 1:25000. Drei Parallelschnitte durch das Keilstück des Parpaner Weisshornes-Tschirpen. Besonders gewählt zur Erklärung des ver- dreifachten Hauptdolomits an der Schnittlinie Aelpliseehorn-Tschirpen. wände des Schiesshornes, Furkahornes, Thiejerfluh, Mädrigerfluh und Kipfenfluh queren. Was westlich und nordwestlich dieser Linie bis zur grossen — unten näher zu behandelnden — Hauptüberschiebungslinie über 42 Hozk: [256 Flysch liegt, das fasse ich in Uebereinstimmung mit STEINMANN als „Aufbruchzone“ zusammen. Besondere Beachtung und Besprechung beansprucht in diesem (rebiet noch ein keilförmiges Gebirgsstück, die Bergmasse des Parpaner Weisshornes und Tschirpen; auch hier herrscht kein normaler Faltenbau mehr, auch hier ist das normale Schema schon durchbrochen, es ist aber noch nicht zu so weitgehender Zer- stückelung und Auflösung gekommen, wie dies sonst in der Auf- bruchzone die Regel zu sein scheint. Betrachten wir also dieses Stück für sich. Es ist eine länglich keilförmige Bergmasse, die zwei Gipfel umfasst: Das Parpaner Weisshorn und den Tschirpen, die eine etwas gewundene Kammlinie zeigen. Im Profil von Osten oder Westen aus gesehen haben wir ausserordentlich elegante Pyramiden vor uns, die ihre etwas weniger steile Seite gegen Süden richten. En Face erblicken wir jähe Mauern, so steil, dass die dem Norden zugekehrte Seite des Berges dem ungeübten Auge leicht senkrecht erscheinen mag. Eine Erkletterung des Parpaner Weisshornes quer durch diese Nordwand führt uns von unten nach oben, vom Lias des Urden- augstberges, an über folgende Gesteine: Zunächt obere Rauhwacke, vielleicht 2 m mächtig; darüber typischer Hauptdolomit (40 bis 50 m), folgt ein von weitem schon auffallendes, dunkles, fast schwarz erscheinendes Schieferband, das den ganzen Berg (von Norden gesehen) umgürtet. In diesem ca. 80 m mächtigen Bande entdeckt man bei näherer Untersuchung blutrote und hellgraue Streifen. Das Schieferband besteht aus rhätischen Mergeln und Schie- fern, Kössner Schichten; die auffallenden, anders gefärbten Bänder erweisen sich als ein ganzes System von Einspitzungen Jüngerer Gesteine (Radiolarit und Liaskalke). Manches dieser Bänder hat an die 200 m Horizontalausdehnung und verschwindet dann plötzlich; andere, linsenförmig, sind oft bloss 10, 20, 30 m lang und keilen dann aus. Manchmal convergieren diese Bänder, verschmelzen sogar. Es resultieren tektonische Bilder, deren Ent- stehung schwer vorstellbar ist. — „Faltungsdiscordanz“. Dieses Band umzieht, wie gesagt, die ganze Nordseite des Parpaner Weisshornes. Da nun der Winkel des Fallens in diesem Bande bedeutend geringer als der Neigungswinkel der Gipfelpyramide des Berges ist, andererseits aber ungefähr gleich gross wie der Neigungswinkel der unteren Hänge, so läuft man von dem secundären Gipfel 2701 257] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 43 ‚zur Arosaer Furka absteigend fast ausschliesslich auf Kössner Schichten. Haben wir dieses schwarze Band im Aufstiege gequert, so be- gegnen wir wieder einer wenig mächtigen Schicht oberer Rauh- NO. - Hauptdolomit - Kössner - Lias - Radiolarienhornst. EN as | Fig. 14. Ansicht der beiden Schuppen des Parpaner Weisshornes. Besonders schön sichtbar sind die linsenförmigen isolierten Partien des Radiolarits im Lias unmittelbar unter der Ueberschiebung. (Nach einer Photographie des Verfassers.) wacke (2 m) und darauf folgt abermals typischer, ungeschichteter, reich zerklüfteter, heller Hauptdolomit, der den eigentlichen, turm- reichen Gipfelkamm des Berges zusammensetzt. Parpaner Weisshorn Fig. 15. Parpaner Weisshorn von S.-O. gesehen. Cf. Fig. 16 und 17. (Nach Photographie des Verfassers.) Die einzig mögliche Deutung dieser Lagerungsverhältnisse ist wohl diese: Der Berg besteht aus zwei Schuppen. Die untere von Rauh- wacke, Hauptdolomit, Rhät, Lias und Radiolarienhorn- stein gebildet, ist auf den Liasschiefer des Urdenaugst- Berichte XII, 17 44 Hork: [258 berges hinaufgeschoben. Die obere, zweite Schuppe aus Rauh- wacke und Hauptdolomit (das andere durch Erosion ver- West-Gipf. d. Parp. Weisshornes. ke jpf.d.Farp ie a pam! rer Urden Furka Fig. 16. Die Ueberschiebung der unteren Scholle des Parpaner Weisshornes (jüngere Rauhwacke, Hauptdolomit, Kössner — mit Lias- und Radiolarienhorn- stein-Fetzen —) über den Lias der Urden-Furka, sowie der oberen Schuppe (jüngere Rauhwacke und Hauptdolomit über die untere). (Nach Photographie des Verfassers.) schwunden?) öst über den Radiolarit der unteren weg auf diese hinaufgeschoben. Dabei haben dann die relativ weichen und plas- N P 2768. Parpan. Weisshorn. S Alteiner Furka. BI: =: Ü Lias uRad.H. Radiolarienhomstein. = Einsp uzungen . Einspitzungen.. ; ne Kristallin. 4 Ar \ \aW e PN 3 Liasschtefer. Radivlartenhormstein mit MergelKalX. Fig. 17. Profil durch die beiden Schuppen des Arosaer Weisshornes. Massstab ca. 1:25000. Einspitzungen von Radiolarit in den Hauptdolomit der oberen Schuppe. Ueberschiebung des kristallinen Grundgebirges auf die obere Schuppe. C£. Fig. 15. tischen Kössner Schichten der unteren Schuppe vielfach unregel- mässige, secundäre Faltungen und Zusammenstauchungen erlitten (Taf. XIII No. I). Diese beiden Schuppen ihrerseits sind von dem Kristallinen des Rothornmassivs überschoben, wie dies an der Arosaer Furka 259] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 45 ausserordentlich schön sichtbar wird!). Diese Stelle ist sehr klar und instructiv. Erstens sieht man hier den Dolomit der oberen Schuppe über den Radiolarit der unteren hinweggeschoben. Dann tritt die secundäre Stauchung des Rhät an einigen hellen Kalkbändern prachtvoll hervor, und schliesslich sieht man das Kristalline auf einer steilgeneigten Fläche auf den Dolomit der oberen Schuppe geschoben und erblickt in dem sehr reducierten und stark gepresstem Dolomit mehrfach Radiolarit und Lias als isolierte Linsen und Fetzen hineingepresst. Dieser Radiolarit sollte natürlich zusammen mit Kössner Schichten und Lias auf dem Gipfeldolomit des Weisshornes liegen, ist hier aber abgetragen worden. Ganz analoge Verhältnisse sehen wir am T'schirpen, der die direkte östliche Fortsetzung des Parpaner Weisshornes darstellt. Ein Unterschied ist bloss insofern vorhanden, als hier die Schichten — nahe der Umbiegungsstelle im Streichen bei der „Olus“ — steiler gestellt, als alle Glieder der Schichtfolge stärker gepresst und mehr reduciert sind, als die untere Schuppe nach Osten ihr Ende findet und etwa an der Olus auskeilt, und als schliesslich die Ueberschiebungsfläche zwischen den beiden Schuppen weniger regel‘ mässig ausgestaltet ist. Die obere Schuppe reduciert sich auf den Dolomit, der, allmählich immer dünner und dünner werdend, noch eine Strecke weit in die untere Steilwand des Schafrückens hinein verfolgt werden kann. Wer vom Parpaner Weisshorn ausgehend und den einzelnen Schichten in ihrem Streichen nachgehend diese Verhältnisse verfolgt, wird sich kaum darüber im unklaren sein können. Ohne Kenntnis der Tektonik des Parpaner Weisshornes dürfte aber der Tichirpen dem kartierenden Geologen schwere Rätsel zu lösen geben. Ob ausserdem zwischen Parpaner Weisshorn und Tschirpen noch eine Verticalverschiebung, eine Blattverschiebung, zu constatieren ist, wage ich nicht zu entscheiden. Manchmal glaubte ich für diese Vermutung J. BorHms Anhaltspunkte gefunden zu haben, ein anderes Mal wieder schienen mir die Verhältnisse nicht so zu liegen, und ich glaubte sie durch Erosion und Umbiegen der Streichrichtung allein erklären zu können. Abgesehen von der Tektonik, veranlasst noch ein Moment die eben besprochene Gebirgsmasse von der Aufbruchzone zu trennen. ' Vgl. J. Bönm 1895: Ein Ausflug ins Plessurgebirge. 46 HoEk: [260 Schon im stratigraphischen Teil wurde kurz darauf hingewiesen. Es ist einmal die Ausbildung des Lias in Adnether Facies, die der Aufbruchzone vollständig fremd ist, und dann das vollständige Fehlen ophiolithischer Gesteine, diegerade einso ausgesprochenes, wenn auch für den Geologen und Aelpler wenig, erfreuliches Merk- mal der stärkst gestörten Zone bilden. Nördlich des Keilstückes Parpaner Weisshorn-Tschirpen und westlich der Strela- Amselfluhfalte kommen wir dann in ein Gebiet von ganz anderem Bau. Auch orographisch prägt sich der Gegensatz scharf aus. Es fehlen die zusammenhängenden Ketten, die Berge von annähernd gleicher Form. An ihrer Stelle erblicken wir ein unruhiges, unübersichtliches Bergland, dem sozusagen die ‚Leitmotive fehlen — „Die Aufbruchzone.“ In unregelmässigen, verschiedenartig contourierten Linien steigt diese Gegend, das Hochplateau, wie es schon genannt wurde, von Arosa nach Nordwest allmählich empor, um in den sanften Gipfeln Brüggerhorn, Arosaer Weisshorn und Plattenhörner seine höchsten Erhebungen zu finden, die dann in unerwartet schroffen und wilden, terrassendurchsetzten Wänden jäh und unvermittelt gegen das Urden- thal abbrechen. Diese Wände lassen natürlich den Aufbau dieser Berge sehr gut erkennen und bieten ausgezeichnete Querschnitte (Taf. XINo.V); dafür ist auf dem ganzen östlich gelegenen, plateauartigen Lande die geologische Beobachtung um so mehr erschwert, eitmal durch eine weitgehende Moränenbedeckung und dann durch grosse Massen jungen Eruptivmaterials; dazu kommt in den tieferen Regionen eine ausgedehnte Wald- und Wiesenbedeckung. Legt man an der Hand einer geologischen Specialaufnahme, die fast überall und ausnahmslos Nordost— Südwest -Streichen und 20°—50° südöstliches Fallen der Schichten ergiebt, Querprofile durch dieses Gebiet, mag das nun sein wo es will, so bekommt man zunächst ein Bild, dem man vollständig hoffnungslos gegenübersteht. Fast durchgängig liegen in grandioser Ungesetzmässigkeit Schichten oder Schichtcomplexe verschiedenalteriger Gesteine auf- einander. Kaum je trifft man mehr als zwei, höchstens einmal drei zu- sammenhängende Schichtglieder im normalen Verbande — und auch in diesem Ausnahmefalle stets in mehr oder minder reducierter Mächtigkeit. Ein Beispiel möge dies erläutern: Die etwa 2000 m messende Profillinie (Taf. XI No. V, VI) von der mittleren Sattelalp 261] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM ÄROSA. 47 durch das Arosaer Weisshorn bis zum Urdenthal trifit folgende Ge- steinselemente: 1. Serpentin. 15. Liasschiefer. 2. Kristallines. 16. Dolomit. 3. Liasschiefer. 17. Liasbreccie. 4. Dolomit. 18. Rhät. 5. Buntsandstein. ' 19. Dolomit. 6. Dolomit. 20. Serpentin. 7. Liasschiefer. 21. Radiolarit. 8. Kristallines. 22. Liasbreccie. 9. Dolomit. 23. Liasschiefer, 10. Kristallines. 24. Dolomit. 11. Dolomit. 25. Lias. 12. Kristallines. 26. Dolomit. 13. Buntsandstein, 27. Lias. 14. Dolomit, 28. Flysch. Nehmen wir eine andere Linie: Vielleicht vom Fusse des Tschirpen über das Hörnli weg durch das Plattenhorn bis ins Urden- thal (1800 m Länge) (Taf. XIII No. III). Es folgen nach einander: 1. Kristallines. 18. Kristallines. 2. Lias. 19. Lias. 3. Radiolarit. 20. Kristallines, 4. Kristallines, 21. Radiolarit. 5. Lias. ı 22. Serpentin. 6. Serpertin. 23. Lias. 7. Dolomit. 24. Kristallines. 8. Lias. 25. Dolomit. 9. Dolomit. 26. Lias. 10. Kristallines. 27. Dolomit. 11. Lias. 28. Lias. 12. Radiolarit. 29. Dolomit. 13. Serpentin. 30. Lias. 14. Kristallines, ' 31. Dolomit. 15. Lias, ı 32. Lias. 16. Spilit. ' 33. Schutt. 17. Lias. 34. Flysch. Versucht man dann in solchen Profilen die einzelnen Elemente nach dem Schema eines Faltengebirges zu verbinden, so tritt sofort das Unnatürliche eines solchen Versuches hervor. Wohl lassen sich natürlich die einzelnen Schichtglieder in ein Faltenschema pressen, » an Hozk: [262 ‚nur fallen ganz ünregel- mässig bald weniger, bald mehr, bald alle Teile des Hangenden, des Liegenden oder gar beider Schenkel der ein- N nie. weiss, ob und wo Z\ \ in den einzelnen Ge- WESEN } B Y,S x 5 AN N steinscomplexen Ver- = x E: Ei ° = © zelnen Falten fort — 2 Se ; > & müssten als zerdrückt © Ss 5 = Ss 1 bezeichnet werden. s NN, R E N NN 5 S Dazu kommt die E N N \\ Ri Ehe 5 N a Hin N Schwierigkeit, dass man B N N Ni N N S 8 ’ NN N \ N "IR \\ ‚spgjdig) sasorp songqyny sop uorwaıdwo,) sıp 817 > So) EN dopplungen vorliegen. AN, | NEN kn) Sieht man dann, \ © N \ dass auf verschiedenen ) m AN IN \ Äh: \ \ Profillinien, die nur in “N wenig hundert Meter ı IN Abstand parallel ge- IR IR N zogen wurden, verschie- ir) dene Bilder erscheinen, "4.1 beginnt man die Schich- Ir IM if ten in ihren Streichen N zu verfolgen und findet 1% dabei, dass sie sich nur selten über einigermas- Ä sen längere Strecken \ verfolgen lassen, oft / schon nach wenigen Metern auskeilen, so wird die Unmöglichkeit evident, in diesem Ge- biet mit dem Schema des Faltenbaues eine befriedigendeErklärung geben zu wollen. Die Einsicht, dass essich hier um eine Zone wild durcheinander ge- Snıgq sop Teydıg aaq "10907 095 "80 Jyaısuy aop odurfunyen "BI "SIT spı7 ‘7 TSUIONUADJOIpDy °Yy "Te70] 'dsoı ‘awquioyos anu 481 9799A1F-ueWouR,) Aap Sundtfogogg Sroupaoosaoyun ar uagqjoseıp oM ‘ouypTszoösne Bp anı puis uSJ[oyag uouj2zurs d9p uozuaan) Arc (S108SBJ19 A sop Olyde1Sooyg Aours Yen) 'uopIoN UOA souLOyLOZ "21222492PI2Ay 4 muojopjdroy an umpIsıay 4 263] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. 49 schobener, bald grösserer, bald kleinerer schuppenartiger Schollen handelt, die Kartenblättern ähnlich durcheinander gestochen wurden, drängt sich ganz von selbst auf. Sie wird fast zur Gewissheit, so bald man die Verhältnisse am Bröggerhorne studiert. Das nebenstehende Bildchen giebt eine Skizze des Berges im Massstabe ca. 1:1250. Aehn- lich ist aber der ganze Berg gebaut. Man ist versucht von einer Riesenreibungsbreccie zu sprechen, deren einzelne Componenten gigantische Dimensionen angenommen haben (Taf. XI No. VII). Besonders aufdringlich wird dieser Vergleich bei der Betrach- tung mancher der grossen Steinblöcke, die auf dem Ostabhange des Brüggerhornes liegen, und die zum Teil aus einzelnen Stücken von zwei bis drei Kubikmeter gradezu zusammengeschweisst erscheinen. Block aus der Quetschzone des Brüggerhornes, h = ne 1 R - Radıolarien Hst. Ki = SR " Fr mn zu NE u Z1 an 4 ur Ti Us = a = —r es ww on TEE Fig. 19. Block am oe des er Enshpee ca.6 m. (Nach Photographie des Verfassers.) So zeigt nebenstehende Skizze einen solchen aus Hauptdolomit und Radiolarit in innigster Verknetung bestehenden Block. Der Versuch, in diese ganze Zone irgend welche Gesetzmässigkeit künstlich hineinzubringen, scheint mir den Verhältnissen direkt Zwang anzuthun. Nur eine Norm scheint ziemlich constant zur Erscheinung gekommen zu sein: Dort, wo diese Zone in den steilen Abstürzen des Dürggerhornes, Arosaer Weisshornes und Plattenhornes etc. gegen Westen ihr Ende findet, scheint die Basis dieses Deckgebirges fast ausnahmslos nur aus Hauptdolomit und liassischen Gesteinen, oft in vielfacher, schuppenförmiger Wiederholung zu bestehen. Im Oberflächenrelief tritt dieser Wechsel zwischen dem harten Hauptdolomit und dem durchgängig weichen Liasschiefer sehr auffällig hervor in dem terrassenförmigen Aufbau dieser Steilwände. Weiter nach Norden, in der Gegend der Ohurer Ochsenalp und des Wolfsbodens sowie gegen den Pretschwald zu scheint auch diese 50 Hokk: [264 Regelmässigkeit zu verschwinden. Jedoch ist zu bemerken, dass einmal der direkte Contact zwischen Schub- und Basalgebirge überall entweder durch Schutt oder durch Vegetation verdeckt ist, und dass wir zweitens wahrscheinlich nirgends den ursprünglichen Stirn- rand der Ueberschiebungsdecke vor uns haben, der hier durch Ero- sion schon ziemlich beträchtlich nach dem Osten zurückverlegt ist. Sobald wir dann von Osten, von Arosa, kommend die steilen West- abhänge von Brüggerhorn, Arosaer Weisshorn, Plattenhorn usw. hinter uns haben, befinden wir uns sofort in einem landschaftlich anders aussehenden Gebiet. Die Hauptüberschiebungsfläche ist orographisch recht schön sichtbar (Taf. XI No. V, VL, VID. Es ist eine ziemlich ebene Fläche mit ca. 30° südöstlichem Einfallen, die sich nach Norden ganz allmählich senkt. An den Felsen Arosaer Parpaner Weisshorn "__ Weisshorn. W. a, Fig. 20. Skizze der Schuppen des Arosaer Weisshorns sowie der Ueberschiebungen des Parpaner Weisshorns. Die Hauptüberschiebung (über Flysch) nur im Vorder- grunde sichtbar. Gez. nach einer Photographie des Verfassers. von Capetsch (2280) kann man sehr gut die Ueberschiebungsfläche unter den steilen Westfelsen des Arosaer Weisshornes heraustreten sehen und den eigentümlichen Contrast zwischen der vorliegenden Flyschlandschaft und den Dolomitklippen der Aufbruchzone beobachten. Westlich der Inneren Urdenalp, zwischen Alpstein und Parpaner Schwarzhorn, liegt die Ueberschiebungslinie etwa 2275 m hoch. Die Grenze zwischen den beiden „Gebirgen“ springt an der Erosions- furche des Urdenthals ziemlich weit nach Süden zurück — bis zu dem Felsriegel vor dem Urdensee! — und senkt sich dabei con- tiunierlich bis ca. 2160 m, läuft dann zunächst etwas ansteigend (weil nach Westen wieder vorspringend) über die Felsen Capetsch (2250) weg im flachconvexen Bogen nach Nordosten bis zum Pretsch- 265] (GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA, 51 walde, dabei sich langsam senkend bis 1440 m, springt dann an dem grossen Erosionsthal der Plessur tief nach Süden zurück und erreicht ihren tiefsten beobachtbaren Punkt bei dem Orte Rüti 1380 m. Auf der östlichen Thalseite geht sie wieder nach Norden, natürlich dabei ansteigend. Ein Blick auf das Uebersichtskärtchen trägt übrigens mehr zur Erkenntnis dieser Verhältnisse bei als viele Worte dies thun können. Die Consequenzen, die sich aus diesem Verlauf der Ueberschiebungsfläche für die Stellung der Schiefer in 1700 bis 2000 m Höhe vom Plessurthale unterhalb Arosas ergeben, habe ich bereits im stratigraphischen Teil im Capitel „Flysch“ besprochen, Recapitulierend möchte ich nur noch einmal darauf hinweisen, dass es äusserst unwahrscheinlich ist, dass wir in den Schiefern unterhalb Arosa Partien des basalen Gebirges zu erblicken haben. Dass durch die Schollenmasse der Aufbruchzone auch hier und da einige grössere Querverschiebungen gehen neben den un- gezählten kleinen und kleinsten zwischen den einzelnen Schollen, ist eigentlich a priori schon wahrscheinlich. Nur ist natürlich bei der geschilderten Complication des Baues ein genauer Nachweis und ein genaues Verfolgen ausserordentlich erschwert. Als Beispiel für die ungeheure Verwicklung im Bau wurde schen oben das Profil durch das dreigipfelige Plattenhorn herangezogen. Wenn man jeden dieser drei nahe zusammenliegenden Gipfel detailliert untersucht, bekommt man dreimal ungefähr dasselbe Bild der Zusammensetzung. Bloss ist der zweite und dritte Gipfel, von Süden gezählt, jeweils um rund 50 m gegen den vorliegenden nach Westen verschoben. Dabei haben die Schichten des südlichsten Gipfels Südfallen, die des mittleren südsüdöstliches, die des nörd- lichen südöstliches; und es macht den Eindruck, als hätte das Umbiegen der Streichrichtung die Zerreissungen veranlasst. Ebenso scheint quer über den Carmennapass zwischen Platten- horn und Arosaer Weisshorn eine ziemlich ausgedehnte Blattver- schiebung zu liegen. Auf der Passhöhe wenigstens sieht man eine ziemlich aus- gedehnte Scholle kristallinen Gesteines des Plattenhornes unmittel- bar an den Dolomit des Weisshornes stossen. Diese Verschiebung würde dann auch die Unterbrechung der Wandflucht Plattenhorn- Weisshorn am Carmennapass, sowie das auffallende Vorspringen des Weisshornes erklären. 52 Hoxk: [266 Die tektonische Deutung der Verhältnisse im Plessurgebirge. Die ersten, naiv beobachtenden Forscher, die diese Gegenden besuchten, ESCHER, STUDER, THEOBALD, sie, die den ungeheuren Vorteil hatten, vorurteilsfrei, unbeeinflusst von selbstgefasster oder angelernter Meinung beobachten zu können, sie hielten natürlich alles, was sie sahen, für anstehendes im Untergrunde wurzelndes Gebirge. STEINMANN prägte das Wort „Aufbruchzome*; er fasste das Ge- biet von Arosa etc. auf als direkte Fortsetzung der normalen öst- lichen, in der Tiefe wurzelnden, anstehenden Falten, gewissermassen als die letzte, weit über das angrenzende Schieferland vorgeschoben liegende Falte, die bei diesem tektonischen Prozess zerstückelt, zer- brochen und zerknittert wurde, wobei vielfach ihre tiefsten, kristal- linen Teile sichtbar wurden, ja sogar oft sich an der Zusammen- setzung der Gipfel beteiligten. JENNINGs konnte in seiner Arbeit über die Umgegend von Davos zu keinem anderen Resultate gelangen, und auch ich schliesse mich dieser Auffassung vollständig an und habe nichts gesehen, was mich veranlassen könnte, eine andere Deutung der vorliegenden Vers hältnisse zu versuchen. Im schroffen Gegensatze befinde ich mich dadurch mit der Auffassung ROTHPLETZ’ und LuGEoNs, welche das gestörte, dem Schiefervorlande aufruhende Bergland als losgelöste weithergeholte Masse deuten. Mit StEmmAann und JEnnInGs erblicke ich also in der Auf- bruchzone des Plessurgebirges eine mit dem anstehenden Gebirge ostalpinen Charakters im Osten zusammenhängende, durch einen Faltungsprocess über das Flyschvorland geschobene Masse, deren Ueberschiebungsausmass ich mit Rücksicht auf den nördlich an- schliessenden ARhätikon und mit Rücksicht auf die beobachtbare Neigung der Ueberschiebungsfläche auf mindestens drei, vermut- lich auf nicht mehr als höchstens fünf Kilometer schätze, dabei ausgehend von dem jetzigen Stirnrande der Ueberschiebungsdecke. 267] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA, 53 Benutzte Arbeiten. Bart 1897. „The serpentin and associated rocks of Davos“, Zürich, Disser- tation. Brass 1902. „Geolog. Führer durch Vorarlberg und Tirol,“ BopwEr-BEDER 1898. „Ueber Olivindiabase aus dem Plessurgebirge*, Neues Jahrb. Beilg. Bd. XVI, S. 238f. Böse 1895. „Triasglieder in Tirol“, Verh.d.k.k.g. R.-A. J. Bönm 1895. „Ein Ausflug ins Plessurgebirge*, Z. d. D. G. G. Bittser 1894. „Ueberschiebungserscheinungen in den Ostalpen“, Verh.d.k.k. g. RA. DiENER 1888. „Südwestliches Graubünden“, Stzbr. d. Ak. Wien. Dırtrmar 1864. „Contorta-Zone“, München. EscHER und Stuper 1839. „Geologie v. Mittelbünden“, Denkschrift d. Naturf. Gesellsch. d. Schweiz. — 1853. „Geologische Karte der Schweiz.“ Hem. „Geolog. Karte der Schweiz“, Blatt XIV. JEnNInes 1899. „The Geology ofthe Davos District“, Quart. Journ. Geol. Soc. vol. 55. In#or 1891. „Itinerar des S. A. 0.*, 1890—91, Plessurgebirge. Lorenz 1900. „Monographie des Fläscherberges.“ — 1901. „Geologische Studien im Grenzgebirge zwischen helvetischer und ostalpiner Facies“, Berichte der naturf. Gesellsch. Freiburg i. B., Bd. XII 1901 Heft 1. v. Mossısovics 1892. „Beiträge zur Altersbestimmung einiger Schiefer- und Kalkformationen der östlichen Schweizer Alpen“, Verhandl. R.-A. v. RicHTHoFEn 1859. „Kalkalpen v. Vorarlberg und Nordtirol“, Jahrb. d. k.k.g. R.-A. Ror#pL£tZz 1895. „Ueber das Alter der Bündner Schiefer“, Z. d. D. 6. 6. — 1900. „Geologische Alpenforschungen.“ Qurreau 1893. „Klippenregion von Iberg“, Beitr. z. geol. Karte d. Schweiz, XXXI. Lief. STEINMANN 1895. „Geolog. Beobachtungen in den Alpen.“ — 1897. „Das Alter der Bündner Schiefer.“ Stuper 1837. „Die Gebirgsmassen zwischen Chur und Davos“, Bd. I d. Denk- schrift f. d. schw. naturf. Gesellsch. TArnUzzErR 1891. „Der geologische Bau des Rhätikongebirges“, Jahrb. d. naturf. Gesellsch. Graubündens, Bd. XXXV. — 1893. „Wanderungen in der Bündner Trias“, Jahrb. d. naturf. Gesellsch. Graubündens, Bd. XXXVL 54 Hoek: [268- TaeEoBaLD 1860. „Zur Kenntnis des Bündner Schiefers“, Jahrb. d. naturf. Gesellsch. Graubündens. Chur 1860. — 1863. „Geologische Beschreibung der nordöstlichen Gebirge G@raubündens.* Neuenburg 1863. — 1864. „Geologische Karte der Schweiz“, Blatt XV (Davos und Martins- bruck). — 1864. „Geologische Beschreibung Graubündens.“ Wänner 1902. „Das Sonnblick-Gebirge — ein Typus alpinen Gebirgsbaues.* Tafelerklärung. Tafel IX. Als Uebersicht über die bisher besprochenen stratigraphischen Elemente mag die schematische Zusammenstellung der Schichtfolge im Plessurgebürge südöstlich des Schiefervorlandes dienen. Es ist der Versuch gemacht, durch Einteilung in verticaler Richtung die Beteiligung der einzelnen Formationen an dem Aufbau der drei von mir im Plessurgebirge unterschiedenen Regionen zur Anschauung zu bringen. In der Zone normaler Faltung treffen wir die im stratigraphischen Teil der Arbeit behandelte Schichtfolge vom Kristallinen bis zum Malm. Letz- terer ist überall durch Erosion verschwunden, im östlichen Teil ging die Ab- tragung tiefer und umfasst auch noch Lias, Rhät und Hauptdolomit. Nur die Raibler-Schichten und der Buntsandstein scheinen diesem Gebiet primär zu fehlen. Gleichzeitig soll die Transgression über den kristallinen Untergrund dargestellt sein. Wo uns in der Zone normaler Faltung Liasrestchen begegnen, haben wir es stets mit einer Ausbildung Adnether Facies, also einem Tiefsee- sediment zu thun. i In dem Zwischenstück des Parpaner Weisshornes kenne ich als älteste Ablagerung Rauhwacke II, darüber die ganze Folge bis zum Radiolarit, zum Teil bereits vertreten durch Kalkmergel. In der Aufbruchzone treffen wir als ältestes Sedimentgestein durchgehends den Hauptdolomit, nur in einzelnen Depressionen, wie es scheint, ist Bunt- sandstein zur Entwicklung gelangt. Als neues Element begegnet uns die Cenomanbreccie, eine locale Brandungsbreecie; die Vertretung des Radio- larit durch Kalkmergel und compacte graublaue Kalke („Pretschkalk“) nimmt immer grössere Dimensionen an. Das ganze Gebiet ist durchsetzt und durch- brochen von Eruptivgesteinen, die der Uebersichtlichkeit wegen in der Zeichnung vernachlässigt wurden. Gleichzeitig gestattet diese schematische Zeichnung das Ablesen einer anderen, etwas mehr hypothetischen Beobachtung. Wir sehen die Linie stärkster Störung zusammenfallen mit einer ausgesprochenen Transgressionsgrenze, gewisser- massen als hätte die Zerstückelung der Sedimentdecke an dem ersten Orte ge- ringeren Widerstandes eingesetzt. Tafel X. Tektonische Kartenskizze des Plessurgebirges um Arosa im Massstabe 1:60000. Eingetragen sind die vier von mir unterschiedenen Gebiete: Strela- 269] GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM ÄROSA, 55 Amselfluhkette, Parpaner Keilstück, Aufbruchzone und Schiefervorland. Die Profiltracen sind durch schwarze Linien angegeben und mit römischen Ziffern bezeichnet. Zu Grunde gelegt sind dieser Kartenskizze die Blätter 418 und 422 des Siegfriedatlasses im Massstab 1:50000. Tafel XI, XH, XII. Speeialprofile durch das Plessurgebirge um Arosa. Längen und Höhen stets im gleichen Massstab. Massstab bei jedem Profil angegeben. Die Lage der Profillinien ist ersichtlich aus der Einzeichnung auf dem Uebersichtskärtchen (Taf. X). Aus zeichnerisch-technischen Gründen sind die Profile ein wenig schema- tisiert worden. Natürlich setzen in einem so complicierten Gebiet, wie es uns im Plessurgebirge vorliegt, die Schichten nicht mit derartig geraden Linien an- einander ab. Ebensowenig wie dies zeichnerisch zum Ausdruck gelangte, sind auch die kleinen secundären Stauchungen, Fältelungen und Zerreissungen inner- halb der einzelnen Gesteinsschichten wiedergegeben worden. Ausser im Gebiete relativ normaler Faltung, der Strela-Amselfluh-Leidfluh- kette, war es nicht möglich, die Profile auch nur einigermassen in die Tiefe gehen zu lassen, da abgesehen von einzelnen wenigen, senkrecht zum Streichen stehenden Aufschlüssen kaum anders als vermutungsweise die Erstreckung der Schichten in verticaler Richtung sich erschliessen lässt. Tafel XIV. Die Ansicht des Plessurgebirges auf Tafel XIV ist eine Skizze nach einer photographischen Panorama-Aufnahme des Verfassers. Der Standpunkt der Aufnahme ist eine kleine Anhöhe (ca. 1900 m) un- mittelbar nördlich des Dorfes Maran oberhalb Arosas; die natürliche Länge des dargestellten Gebirgsbogens beträgt beiläufig 13 Kilometer. Zu seinen Füssen sieht der Betrachter eine hügelige, unregelmässig con- tourierte Landschaft, grösstenteils mit Moränen bedeckt oder von Wiesen und Wald überkleidet. Wo Aufschlüsse vorhanden sind, wie namentlich unterhalb der Steilwände von Furkahorn, Schafrücken, Tschirpen etc., enthüllen sie ein auf den ersten Blick sehr schwer entwirrbares Bild des geologischen Aufbaues. Dies ganze — bis zu der gestrichelten Linie reichende — Gebiet ist die „Aufbruchzone“. Jenseits des tiefen Thales der Plessur haftet das Auge dann gerne an den imposanten Wänden geschlossener Bergketten. Es ist einmal die Doppelkette Strela- Amselfluh-Leidfluh und zweitens die Kette Schafrücken bis Erzhorn. Die Strela- Amselfluhkette stellt, wie wir wissen, eine liegende Falte dar. Demgemäss sehen wir an der östlichen Bergreihe (Amselfluh, Valbellahorn, Sand- hubel) normale Profile von dem Verrucano bis zum Wettersteindolomit und in der westlichen verkehrte Schichtfolge von Verrucano der Central- depression zwischen den Ketten bis zum Hauptdolomit, der den Hauptanteil der Steilwände der Berge Thiejerfluh, Furkahorn, Schiesshorn und Leidfluh bildet. Die Kette Schafrücken-Erzhorn ist, wie in den vorliegenden Blättern aus- geführt wurde, der aufsteigende Schenkel einer nächsten Falte, nur am Erzhorn treten noch secundäre Fältelungen auf. 56 HoEK: GEOLOGISCHE UNTERSUCHUNGEN IM PLESSURGEBIRGE UM AROSA. [270 Im äussersten Südwesten, sehr verkürzt, erblickt man dann das „Parpaner Zwischenstück“. Am Tschirpen ist bloss die untere der beiden Schuppen dieses interessanten Gebirgsteiles, aus Hauptdolomit und Kössner Schichten bestehend, sichtbar; am Parpaner Weisshorn erscheint über den Kössner Schichten nochmals der Dolomit der oberen zweiten Schuppe. Zwischen Erzhorn und dem „Zwischenstück“ erscheinen dann noch einige Spitzen (Arosaer Rothorn und Aelplihorn), die aus kristallinem Grundgebirge bestehen und tektonisch die direkte Fortsetzung der Erzhornkette sind, die nur ihrer Sedimentärdecke beraubt wurden und nun durch ihre gerundetere Urgebirgs- form im deutlichen Contrast mit den wilden Dolomitwänden der anderen Berge stehen. 271] 1 Die Reste eines neolithischen Gräberfeldes am Kaiserstuhl. Von Privatdocent Dr. Eugen Fischer. Die allerletzten Jahre brachten eine Menge Untersuchungen und Beobachtungen über Siedelungs- und Gräberreste aus der so- genannten jüngeren Steinzeit. Eifrig ist man dabei, die Rätsel, die uns jene Ueberreste aufgeben, zu lösen, eine chronologische Glie- derung, eine Deutung und Erklärung der verschiedenen kulturellen Typen zu geben. Entsprechend diesem regen Interesse wuchs auch die Zahl der Funde aus jener Zeit. Ich ‚möchte in folgenden Zeilen ebenfalls über einen solchen aus derselben Zeit berichten, möchte mich aber auf theoretische Erörterungen nicht einlassen, ebensowenig zur Frage Stellung nehmen, ob eine Gliederung des betr. Zeitraumes auf Grund verschiedener Typen der Keramik möglich ist (KöHt) oder nicht (SCHLITZ, REINECKE u. a.) — mein Material ist viel zu dürftig, um da mitentscheidend gelten zu können. Aber eben als Material — dazu aus einer Gegend stammend, die bis jetzt solches noch nicht lieferte — möchte ich meine Fundstücke durch genaue Be- schreibung und Abbildung zugänglich machen und damit indirekt an der Förderung jener Probleme helfen. Auf die Litteratur werde ich im Genaueren nicht eingehen, wenn ich an die zahlreichen und wichtigen Arbeiten Könts, besonders im „Korrespondenzblatt“, an diejenigen von SCHLITZ, von REINECKE, GÖTZE u. a. erinnere (bei REINECKE siehe die Litteratur und Funde zusammengestellt, Westdeutsche Zeitschr. XIX 1900) dürfte das meinen Zwecken genügen. 2 FiscHER: [272 Der Fund wurde zufällig gemacht. Der Landwirt Wiedemann (jung) in Bischoffingen fand beim Pfügen schon sehr oft Knochen- reste, kürzlich ein Steinbeil und brachte dieses ins hiesige geologische Institut. Ich bin Herrn Hofrat Prof. STEINMANN zu grossem Danke verpflichtet, dass er mich auf diesen Fund aufmerksam machte und ihn mir überliess. Ich beschloss, genauere Grabungen vorzunehmen. Der Naturforschenden Gesellschaft Freiburg möchte ich auch an dieser Stelle danken, dass sie mich finanziell reich unterstützte, den Herren Wiedemann, Vater und Sohn, muss ich Dank sagen, dass sie gegen angemessene Vergütung mich auf ihrem Acker graben liessen und eifrigst förderten. Das freundliche Dörfchen Bischoffingen liegt an der Westseite des Kaiserstuhles, umrahmt von dessen rebenbesetzten Hügeln, sonnig und warm in einer kleinen Thalmulde, noch an den Berg- hang anlehnend; etwa eine Stunde westlich davon zieht der Rhein. Diese schönen warmgelegenen Hänge hatten nun offenbar auch schon in jener von uns als Neolithieum bezeichneten Zeit zur Be- siedelung angelockt. Die Reste der Wohnungen, des steinzeitlichen „Dorfes“ fand ich nun nicht, wohl aber eine der Ruhestätten seiner Bewohner. Gerade kürzlich hat Prof. PFAFF bei Heidelberg reiche Funde von Resten steinzeitlicher Siedelungen gemacht, die sich ja wohl an viele andere Funde am Neckar und in der ganzen pfälzi- schen Rheinebene anschliessen. Aus Südbaden, aus dem Breisgau sind neolithische Funde, sicher Gräberfelder meines Wissens noch nicht bekannt. Wohl also zur selben Zeit, wo jene Gegenden, besonders um Worms, so dicht bewohnt waren, bestanden auch am Oberrhein An- siedelungen, deren Kultur, soweit meine dürftigen Funde sprechen, mit jenen übereinstimmt. Gerade im Hinblick auf die geographische Verbreitung solcher Niederlassungen erscheint mir mein Fund recht erfreulich. Das Grabfeld liegt am westlichen Ausgang des vorhin genannten Dorfes Bischoffingen, im Gewann Breitenfeld; der betr. Acker zieht sich allmählich am Berge hinan, oben begrenzt von der nach Jech- tingen führenden Strasse. Die Nachbaräcker liegen alle etwas tiefer — sie wurden nach Angabe der Leute vor einigen Jahren um soviel abgetragen. Eine systematische Durchgrabung des ganzen Ackers ergab in dessen unteren zwei Dritteln eine grosse Menge schwarzer dicker T'honscherben, eine bedeutende Zahl Knochen- stücke, bestehend aus kurzen Trümmern (wo erkennbar) mensch- 927 3] DıE RESTE EINES NEOLITHISCHEN GRÄBERFELDES AM KAISERSTUHL, 3 licher Knochen, alles im ganzen Gebiet zerstreut. Weiter wurden hier die unten zu beschreibenden Steingeräte ebenfalls einzeln zer- streut zu Tage getördert. Ich gab die Hoffnung, ausser diesen zerstörten Resten etwas Brauchbares zu finden, bereits auf, als wir im oberen Teil des Ackers doch noch auf unverletzte Gräber stiessen. Das Vorhandensein dieser völlig intakten Hockergräber (um solche handelte es sich) im oberen (höchsten) Teil des Ackers macht es mir fast sicher bewiesen, dass die zerstreuten Knochen im unteren Teil die durch tiefere Beackerung zerstörten Reste eines Grabfeldes sind. Dass im oberen Teile sich Gräber un- versehrt erhielten, danke ich wahrscheinlich dem Vorhandensein einer Reihe von Kirschbäumen, welche den Rand des Ackers (an der Strasse) einnehmen. Im Bereich der weithin sich verzweigenden feinen, äussersten Wurzelenden dieser Bäume war nie tief gegraben worden, auch jetzt wurde nur unter Bedauern seitens des Besitzers bis in deren Bezirk eingegangen. Wie weit sich das Grabfeld nach rechts und links hinzog, kann ich nicht sagen, die Nachbaräcker waren mit Saat bestellt, so dass ich nicht graben konnte. Dass sie früher einmal etwas abgetragen wurden, mindert die Aussicht auf erfolgreiche Nachforschung bedeutend. Bis jetzt fand ich folgendes: Etwa 60 cm unter der Oberfläche lagen ohne jede Andeutung einer Grabwand die Skelette; etwa 20 bis 30 cm ist die Höhe des dunkelbraunen oberflächlichen Humus, unter ihm folgt gelber, weicher, trockener Löss. In diesem Löss eingebettet ruhen die Skelette in typischer Stellung als „liegende Hocker“. Steine oder Spuren, wo einst die Wand der gegrabenen Grube war, liessen sich nicht finden; der einzige Unterschied im Boden war der, dass die Farbe der Lösserde unmittelbar um das Skelett herum etwas dunkler, brauner war als sonst. Skelette solcher Hocker waren es vier, Alle lagen mit dem Kopfe nach Osten, mit dem Gesicht nach Süden, also auf der linken Seite; die Beine waren in Hüft- und Kniegelenk stark gekrümmt, die Arme ebenso im Ellenbogengelenk, die Hände lagen vor dem Gesicht, kurz, es war die typische Lage; statt einer Abbildung verweise ich auf die verschiedenen derartigen Abbildungen, welche KöHL gegeben (z. B. Korrespondenzbl. 1900 S. 139, 140, 141). Dadurch, dass die langen Röhrenknochen, welche ziemlich mürbe waren, noch genau in der richtigen gegen- seitigen Lage ruhten, ist sicher bewiesen, dass es sich um völlig unberührte Gräber handelt. Berichte XII. 18 4 FiscHEr: [274 Zwei lagen nebeneinander, etwa fünf Schritte voneinander ent- fernt (b und ce genannt); die zwei anderen lagen weiter oben (und nördlich) davon, ebenfalls wieder nebeneinander und in gleicher Ent- fernung unter sich (a und y). Es sind also dadurch zwei (recht spärlich belegte) Reihen an- gedeutet. Irgend welche Beigaben hatten diese Skelette nicht, keine Schmucksachen, keine Geräte oder Scherben, auch von Asche oder roter Farbe war nichts zu finden. Oberhalb des Kopfes eines der beiden letztgenannten Skelette lag ein anderes quer zu diesem (x), mit dem Kopf nach Südosten, in der Hüfte winklig abgeknickt, mit den Beinen also nach Südwesten. Noch etwas nördlich von diesem lag nach Aussage Herrn Wiedemanns noch ein Skelett (z), eben- falls gestreckt; bei dessen Ausgrabung war ich nicht anwesend. In der Hand dieses Skelettes lag ein etwa 5 cm grosser Feuerstein, rings mit länglichen Bruchflächen versehen, wie die Nuclei sie aufweisen. Ein kleines, ganz rohes Feuersteinmesserchen lag in der Nähe. Die beiden letztgenannten Skelette sind etwas oberflächlicher ge- lagert, wohl von einer anderen Beisetzung stammend wie die „Hocker“. Gleichweit von einem dieser Skelette und dem einen Hockerskelett lag eine gut erhaltene Urne; bei der Herausnahme zerbrochen, liess sie sich wieder zusammenfügen, ihre Verzierung zeigt, wie die unten folgende Beschreibung lehren wird, Spiralbandtypus. Im Anschluss an diesen Fundbericht möchte ich nun die Fund- stücke kurz schildern. Steingeräte sind als Meissel und durchlochte Hämmer vorhanden. Die Meissel sind typische Breitmeissel. Die Bestimmung des Ge- steines zu übernehmen, hatte Herr Medizinalrat Dr. SCHULTZE die grosse Güte; ich möchte ihm dafür auch an dieser Stelle meinen allerherzlichsten Dank sagen. Nach seinen liebenswürdigen Mit- teilungen bestehen die Meissel und Hämmer aus ausserordentlich festem, zähem Gestein. Von den Meisseln sind drei aus eigentüm- lichem, graugrünem, quarzitischem Amphibolgestein hergestellt. (Von (uarz und Magnetit durchsetztes Filzwerk von grünem Amphibol.) Dieses Material ist sehr schwer schleifbar, ausserordentlich dauerhaft. Nur ein Meissel ist aus weniger resistentem Gesteine hergestellt, er ist basaltischer Natur, dicht, schwarz. Von den Hämmern bestehen die zwei grossen (siehe unten) aus schönem, grünem, serpentinisiertem (estein (nicht eigentlicher Serpentin) einer Vereinigung von Serpen- tin, Magnetit, Limonit ete. — auch dieses Material sehr widerstands- fähig und zäh. Der kleinste Hammer dagegen ist ein relativ weicher, 275] Die RESTE EINES NEOLITHISCHEN GRÄBERFELDES AM KAISERSTUHL. 5 dunkelgrauer, unreiner, eckige Quarzkörner enthaltender Kalkstein. — Das ganze Material mag aus den vom Rhein ans Ufer geschleppten Gesteinen ausgelesen sein, so dass über dessen genauere Herkunft sich nichts vermuten lässt; mit sehr grosser Sachkenntnis und Sorg- falt scheinen gerade bestimmte (nicht häufige) Gesteinsarten bevor- zugt worden zu sein. Die Breitmeissel zeigen folgende Eigentümlichkeiten: Die Form ist aus Fig. 1 zu ersehen, sie weicht von bekannten Formen nicht wesentlich ab. Die Schneide ist ausserordentlich scharf und genau gearbeitet, von der Fläche gesehen, nie ganz symmetrisch. Von den beiden Flächen ist eine sehr stark gebogen, die andere flach, etwa in der Art wie bei einem länglichen Brot- Fig 1. a) Seiten- und Flächenansicht. b) Querschnitt. !/s nat. Grösse. laib (siehe Querschnitt). Die gewölbte Seite ist ohne weitere Kunst- hilfe die gewölbte und durch das Rollen im Wasser mit natürlicher, glänzender Politur versehene ursprüngliche Oberfläche bezw. Aussen- seite eines länglichrunden Steines, von dem der Meissel abgespalten wurde. Die Spaltfläche wurde künstlich poliert und ist die jetzige flache Seite. Gewisse Unebenheiten und die Form der gewölbten Fläche lassen jenen Schluss zu. Solcher Beile hatte ich fünf, von denen mir leider eines während der Grabarbeit entwendet wurde. Alle haben ganz genau bis in alle Details die gleiche Form, difierieren nur in der Grösse von 13 zu 12, zu 11,5, zu 9 cm Länge, und von 3,5 zu 3,5 zu 4, zu 3 cm grösster Breite bei 2'/.—3 cm Höhe. Von diesen Meisseln unterscheidet sich ein kleines flaches Beilchen durch Form und Grösse. Es ist (wie Fig. 2 zeigt) sehr flach, ebenfalls mit sehr schön gearbeiteter regelmässiger Schneide und 18* 6 FiscHEr: [276 sehr glatter Oberfläche, 65 mm lang, 32 breit und 5 dick, Es besteht aus demselben Material wie die grossen Meissel. Ausser diesen Meisseln oder Beilen sind drei schön polierte durchlochte Hämmer vorhanden. Die Politur ist überall die natür- liche, wie sie die Gerölle am Rheinufer alle aufweisen. Der eine dunkelgrüne Hammer, flach, oval, ist 14 cm lang, 8!’ breit und 4 b und ce E Br Fig. 2. a) Flächenansicht. b) Seitenansicht. c) Querschnitt. "/» nat. Grösse. dick (Fig. 3). Durch die Mitte geht ein glattes, rundes, nach einer Richtung sich etwas verengendes Loch, es ist mit sehr scharfen Rändern versehen; in seiner Mitte hat es eine unregelmässige, ring- förmige Rille auf der sonst glatten Wand. Sein Durchmesser be- trägt 2'/a—2 cm. Fig. 3. Seitenansicht. !/a nat. Grösse. Kleiner, aber viel dicker und schwerer ist ein zweiter Hammer (Fig. 4). Er hat etwa die Form eines Herzens (anatomisch). Vorder- und Rückseite, oder Ober- und Unterseite sind etwas abgeflacht; diese Abflachungen sind wohl künstlich anpoliert, alles andere ist die natürliche Oberfläche des Steines, glatt, glänzend, hellgrün mit dunkleren Flecken. Der Klotz ist 10 cm lang, 9 breit, 5 dick. Durch die Dicke geht ein glattwandiges, scharfrandiges Loch, von 22 auf 18 mm Durchmesser sich von einem zum anderen Ende verengend. 97 7] DiE RESTE EINES NEOLITHISCHEN GRÄBERFELDES AM KAISERSTUHL. 7 Der dritte Hammer, der weiche aus Kalkstein, ist kleiner, er ist flach, etwa linsenförmig, nicht ganz regelmässig; der grössere Durchmesser der Linse ist 8'!/s, der andere 7 cm, die Dicke beträgt 2!/—3 cm. Die Oberfläche ist wohl die ursprüngliche des flachen am Flussufer in dieser Form oft vorkommenden Steines. Durch Fig. 4. Seitenansicht. '/s nat. Grösse. die Mitte ist ein 17 mm weites, cylindrisches Loch gebohrt, das auf einer Seite einen sehr scharfen, gut gearbeiteten Rand aufweist, während auf der anderen dieser Rand rundgeschliffen ist, wie man es z. B. am Rand des Loches in Senksteinen an Fischernetzen sehen kann. In der That könnte dieser weichere „Hammer“ sehr gut ein- fach als Senkstein gedient haben. Fig. 5 und Fig. 6. Je ?/s nat. Grösse. Das schon erwähnte Feuersteinmesserchen ist rotbraun, 6 cm lang, 2 breit, im Querschnitt dreieckig; es ist roh zugeschlagen und zeigt nichts besonderes, ebensowenig der ca. 5 cm lange und 2'/2 cm dicke Nucleus aus grauweissem Feuerstein. Die Keramik ist einmal durch viele Scherben aus schwarzem, schlechtgebranntem Thon vertreten. Es sind zum Teil Stücke von 8 FiscHER: [278 über 1 cm Dicke, aussen rot gefärbt, flach, also von relativ sehr grossen Gefässen stammend, ohne jede Verzierung. Daneben finden sich dünnere Scherben, aussen und innen schwarz; an einzelnen Stücken sieht man den leicht abgesetzten Hals; an seinem Umfang zieht eine Reihe dreieckiger Eindrücke, an einem anderen Stück mehr strich- oder auch punktförmige Eindrücke, während die übrige Fläche glatt ist (Fig. 5 und 6). Ueber zwei kleine Scherben ziehen U Fr Te SEREFERS> SERIE JE Em EI: L Tr Fig. 7. ?/s nat. Grösse. gerade, scharf eingeritzte Linien. Dann ist ein grosses Stück, etwa !/a einer halbkugeligen, glattrandigen unverzierten Schüssel vorhanden; sie ist aus schwarzem Thon, etwa 8 mm dick, mag 8—9 cm hoch und oben 17—20 cm weit gewesen sein. Auch einige wenige Scherben eines hellgrauen, härteren, klingenden Thones sind vorhanden, aber nur ganz kleine Bruchstücke, eines mit Resten einer Warze (oder Henkelansatz).. Von den schwarzen unverzierten Stücken waren sehr grosse Mengen vorhanden; all dies war zerstreut im ganzen Acker. Endlich noch das relativ wohlerhaltene Stück. 279] Die RESTE EINES NEOLITHISCHEN GRÄBERFELDES AM KAISERSTUHL. 9 Das Gefäss, dessen Form Fig. 7 zeigt, ist 15 cm hoch, 8'/a cm ist die Weite der oberen Oefinung, ca. 13 cm der grösste Durch- messer des Bauches. Das Material ist ein hellgrauer, feiner Thon. Der Boden ist ganz leicht gewölbt, immerhin so wenig, dass man das Gefäss stellen kann. Der Rand ist glatt, gleichmässig. Als Verzierungen sind zunächst sechs Warzen angebracht, drei etwas grössere auf der stärksten Wölbung des Bauches, drei etwas kleinere auf der tiefsten Einziehung am Hals und zwar so verteilt, dass sie je auf einer Lücke zwischen zwei der unteren Warzen sitzen. Die übrigen Verzierungen bestehen aus scharf eingeritzten geraden oder leicht gebogenen Linien und Reihen eingedrückter 2—3 mm grosser Tupfen. Das Muster, das daraus entsteht, zeigt zunächst eine Doppelreihe der Tupfen unterhalb des Randes, ihm entlang ziehend. Von jeder oberen läuft zu jeder unteren Warze (also schräg ab- wärts) ein Linienpaar, die beiden Linien sich an den Warzen fast berührend, in der Mitte einen gegenseitigen Abstand von 1 cm wahrend; jede von ihnen wird aussen begleitet von einer Tupfen- reihe. Dadurch entsteht ein grosses Zickzackband, das rings um das Gefäss läuft und dessen Zacken je durch eine Warze markiert sind. Von jeder unteren Warze zieht weiter je eine Tupfenreihe senkrecht nach oben gegen den Rand, nach unten zum Boden, nach rechts und links zur nächsten Warze. Von der Mitte zwischen zwei unteren Warzen zieht dasselbe Muster, wie es eben für die oberen Warzen beschrieben wurde, also Doppellinie, flankiert von je einer Tupfenreihe, nach abwärts, so dass hier ein dem ersten paralleles und gleiches Ziekzackband entsteht, dessen Zacken ein- mal auf der (freien) Mitte zwischen zwei unteren Warzen, dann auf dem Boden des Gefässes sich finden, also mit den oberen Zacken correspondierend stehen. Die Löcher der Tupfenreihen und die Striche scheinen, wie ja schon oft beobachtet, mit weisser Kreidemasse ausgefüllt gewesen zu sein; Farbe wurde sonst nicht wahrgenommen. Es sind also nur Gefässe vorhanden, deren Verzierung sie zur Gruppe der Bandkeramik weisen. Herr Dr. Könt hatte die grosse Güte, mir (da ich eigene Erfahrung in diesen Fragen noch nicht sammeln konnte), nach einer ihm eingesandten Probe und Skizze zu bestimmen, dass es sich bei dem ganzen Gefässe um Spiralband- keramik handle; ich möchte ihm auch an dieser Stelle für seine Liebenswürdigkeit danken. Wie ich schon oben erwähnte, ist der Fund zu gering (auch im zerstörten Teil des Feldes nicht Mischung 10 FiscHEr: [280 verschiedener Bestattungen auszuschliessen), so dass ich genauere Vergleichungen mit den Funden von KöHL und ScHLiZ nicht an- stellen will. Endlich seien hier noch einige kurze Angaben über die Skelettreste beigefügt, wobei ich mich ebenfalls auf eine ganz kurze Charakterisierung beschränken will: ich hoffe, es werde mir durch weitere Nachforschung gelingen, in unserer Kaiserstuhl- gegend noch mehr ähnliche Funde zu machen; erst eine grössere Zahl und noch besser erhaltene Skelettfunde würden eine ge- nauere osteologische Bearbeitung und Beurteilung des neolithischen Menschen erlauben, worüber, wie mir scheint, noch recht wenig bekannt ist. Meine Skelette sind alle recht schlecht erhalten; von den langen Knochen fehlten fast sämtliche Gelenkenden; sie waren fast spurlos verschwunden, oder zu einer mehligen, bröckligen Masse verwandelt. Von den Schädeln ist nur einer (b) relativ vollständig erhalten, von den übrigen nur die Calvarien. Als Beitrag zu künftiger Arbeit gebe ich hier, ohne irgend welche Vergleichungen mit in der Litteratur niedergelegten Daten zu ziehen, folgende Maasse und deskriptiven Angaben: Am besten erhalten ist wie gesagt Schädel 5; hier fehlen nur Teile an der Schädelbasis, der Sphenoidkörper, Teile vom rechten Palatinum, Maxillare, Temporale, der linke Jochbogen. Schädel a besteht nur aus der hinteren Hälfte der Calotte; ce aus der ganzen Calotte, ebenso x, wobei das rechte Scheitelbein zum Teil zer- brochen ist; bei der Calotte y fehlt das rechte Scheitelbein beinahe ganz, die Calotte z war in sieben grosse Stücke zerfallen, welche sich aber zusammenfügen liessen. Eine sichere Geschlechtsbestimmung lässt sich nicht vornehmen, bezüglich des Alters geht aus dem Verhalten der Nähte, Zähne und sonstigen Merkmalen hervor, dass wir es nur mit völlig aus- gewachsenen, zum Teil sehr alten Individuen zu thun haben. Die Schädel sind nicht alle gleich, zwei fallen durch ihre dolicho- cephale Form auf (z und c), während die anderen mesocephal und der eine in geringem Grade brachycephal sind; der eine der beiden dolichocephalen (z) ist von allen Schädeln absolut der längste und zugleich absolut der schmalste; der andere (c) ist absolut klein, aber im Verhältnis zur Länge ist die Breite ganz besonders gering. So kommt es, dass der Längenbreitenindex für z = 73,12 und für ce = 72,99 ist, während die Werte für b x y beziehentlich 78,80, 281] Die RESTE EINES NEOLITHISCHEN GRÄBERFELDES AM KAISERSTUHL. 11 78,65 und 80,92 sind!. Auch aus anderen Maassen ergiebt sich die Schmalheit jener beiden Schädel. Höhenvergleiche lassen sich nicht anstellen, der Längenhöhenindex für b ist 76,09, die absolute Höhe ist ziemlich beträchtlich, 140 mm; der Breitenhöhenindex ist 96,55. Ich will der nun folgenden Schilderung den vollständigsten Schädel (b) zu Grunde legen und jeweils die Abweichungen der anderen angeben, den Schluss soll eine Zusammenstellung der Zahlenwerte bilden. Von einer umfangreicheren Beifügung von Kurven und Abbildungen muss ich leider aus äusseren Gründen absehen. Bevor die Normenbeschreibung folgt, seien hier einige Angaben über die allgemeinen Grössenverhältnisse gemacht. Der Inhalt des Schädels b beträgt etwa 1370 ccm (Hirsemessung); eine genaue Messung ist unmöglich, da an der Basis einige Lücken sind; die angegebene Ziffer ist das Mindestmaass. Gewichtsbestimmungen haben beim Erhaltungszustand meines Materials keinen Wert. Auch die Umfänge lassen sich kaum bestimmen, für 5b ist der Horizontalumfang 515 (alle Maasse in mm), für c (den Lang- schädel) 478. In der Norma verticalis betrachtet, stellt der Schädel ein kurzes Oral dar, dessen vorderes Ende gegen das hintere nur wenig verjüngt ist; die Stirnbreite ist ziemlich beträchtlich, der transversale Frontoparietalindex beträgt bei db, x, y die Werte: 68,97, 71,43 und 75,00, der für c und x — 72,44 und 69,85, so dass also für dieses Verhältnis die beiden Schädel sich nicht von den anderen scheiden. Dagegen erscheint ihre Form, wie es der Längenbreitenindex vorhin anzeigte, viel länglicher; gegen die Stirngegend zu besonders schmäler; diese Verjüngung ist derart, dass von den Parietalhöckern aus die Seitenkontur des Schädels nicht im Bogen, sondern mehr geradlinig nach vorn zieht. Ein weiterer Unterschied ist der, dass die Scheitelgegend bei allen Schädeln ziemlich flach ist, nur bei c ist die Wölbung in der Querrichtung ziemlich stark bis nach vorn in die Stirngegend. Der flache Scheitel der anderen Schädel wölbt ' Bei z die Gesamtbreite durch Verdoppelung einer halben Breite ge- wonnen; ebenso einzelne sonstige Maasse. 12 Fischer: [282 sich nach allen Seiten gleichmässig sanft abwärts, Scheitel- und Stirnhöcker sind schwach entwickelt. Die grösste Schädelbreite liegt im Gebiet der Parietalhöcker. An Schädel x bemerkt man die bekannte durch Altersschwund bedingte starke Abplattung der Scheitelgegend sehr deutlich; stellenweise geht hier der Knochen- schwund soweit, dass die Mitte der Parietalia nur halb so dick ist wie die Knochen der Nachbarschaft. Auch bei c sind ähnliche Verhältnisse, doch nicht so stark wahrzunehmen. Beide Schädel lassen ihr Alter auch durch völlige Öbliteration der Sagit- talnaht und Coronalnaht erkennen (ce hat noch geringe Reste davon). Die Nähte der übrigen Schädel sind schwach gezahnt, y hat eine persistierende Stirnnaht. Norma lateralis. Von der Seite betrachtet erscheint der Schädel Db mässig hoch; die Sagittalkurve wölbt sich sehr regelmässig, einen flachen Bogen darstellend; weder an Stirn noch am Hinterhaupt besteht starke Abknickung; letzteres springt in toto ein wenig vor; in der Form und Beschaffenheit der Kurve sind alle Schädel recht ähn- lich, nur bei y ist sie etwas flacher, dagegen weicht ce und z nicht von den anderen Schädeln ab. Die Länge des ganzen Nagittal- bogens ist für b = 376. Der Frontalbogen ist bei db recht flach, ohne vorspringende Glabella oder Augenbrauenwüllste; die Nasalia sind gegen die Frontallinie kaum nach vorn erhoben; bei x sieht man den Glabel- larwulst deutlicher (die Nasalia fehlen den anderen Calvarien); die relative Länge des Frontal-Parietal-Oceipitalbogens ist ungleich bei den einzelnen Schädeln, bei 5 und „, ist der Frontalbogen kleiner als der parietale, bei x und z grösser (bei c nicht zu bestimmen); die Einzelwerte siehe Tabelle S. 14. Die Höhe des Schädels 5 wurde oben schon angegeben, die der anderen ist nicht messbar. Die Calottenhöhe, über der Nasion- Inionebene, die ich dafür maass, betrug überall fast dasselbe, für bu LO 2 a a OL: aa Die Schläfengegend lässt zunächst eine ziemlich scharfe, als schwache Leiste sich erhebende Temporallinie erkennen, die aber nur kurz ist, nicht über die Coronarnaht hinausgeht; sie zieht dabei sehr flach; sie ist an allen Schädeln sichtbar. Was dann die Nahtverhältnisse hier anlangt, so zeigt b beiderseits einen Schalt- knochen im Pterion, der aussieht, als ob er ein selbständiger Pro- 283] Dis RESTE EINES NEOLITHISCHEN GRÄBERFELDES AM KAISERSTUHL. 13 cessus frontalis des Temporale wäre, indem er in eine leichte Ein- buchtung in dessen oberem Rande eingefügt ist. An den anderen Calvarien ist diese Gegend jeweils zerstört. Auch der Gesichtswinkel lässt sich nur bei Schädel b bestim- men und zwar zu 81° (nach der Frankfurter Verständigung ge- messen). Man sieht die Prognathie sehr gut an der Sapittalkurve, die ganze Profillinie, von der Stirn an, geht einheitlich nach vorn. Mittelgesichts- und Alveolarwinkel lassen sich wegen Fehlen der Spina nasalis und deren Umgebung nicht bestimmen. Die Zähne sitzen ziemlich senkrecht in der Alveole. In der Norma frontalis erscheint das Gesicht mässig schmal (nur bei Schädel b ist das Ge- sicht erhalten), der Korrmannsche Gesichtsindex ist 91,54, die Jochbögen sind sehr wenig gewölbt; nach VırcHow ist der Gesichts- index relativ geringer: 122,68. In der Stirngegend fällt die Flach- heit, das Fehlen einer Einbuchtung am Nasion besonders auf. Die Augenhöhlen sind geräumig, der Orbitalindex ist 84,62; der obere Augenhöhlenrand ist scharf, das Dach stark nach oben gewölbt; die Interorbitalbreite sieht wegen der Flachheit dieser Strecke grösser aus, als sie ist, der Interorbitalbreitenindex (Schwalbe) ist 22,77. Die Nase ist schmal, genaue Maassangaben der Oeffnung lassen sich nicht geben, da oben und unten Stücke der begrenzen- den Knochen fehlen, der Nasalindex ist 48,08. Die Norma oeceipitalis gleicht etwa einem regelmässigen, auf einer Seite ruhenden Fünfeck mit stark abgerundeten oberen (drei) Ecken. In der Mitte wölbt sich vom Inion an die Hinterhauptschuppe gleichmässig rundlich vor. Protuberantia occipitalis externa ist im allgemeinen wenig ent- wickelt, nur bei y springt sie als torusartiger Querwulst vor. Die Lambdanaht ist ziemlich reich gezackt, bei z finden sich in ihrer linken Hälfte mehrere kleine Nahtknochen, oberhalb ihrer Spitze auf der rechten Seite ein grösserer Knochen, davor ein kleinerer (Interparietale und Praeinterparietale [?], die betr. Stücke links wären dann mit dem Parietale verbunden, die Lambdanaht geht fast quer, ohne Spitze nach oben). Bei Schädelstück a findet sich ein richtiges Interparietale bipartitum;, die beiden Knochen sind zu- sammen 53 mm breit, 42 lang, die Nähte sind sehr stark und fein gezackt. 14 FiIscHER: [284 Ueber die Norma basilaris kann ich nichts sagen, auch Schädel b zeigt hier zu viel Verletzungen; der Gaumen scheint kurz und breit zu sein; die Zähne sind gut entwickelt, gross, stark abgekaut, so dass ausgedehnte Abnützungs- flächen bestehen; der hinterste Molar ist unter diesen der kleinste. Der Unterkiefer zeigt ein sehr gut entwickeltes Kinn mit ziemlich spitzem Höcker; der ganze Bau ist ein ziemlich derber (Maasse vgl. Tabelle). Ich gebe noch kurz die wichtigeren absoluten und Verhältnis- Zahlenwerte für die Schädel an: Schädel b € © Yy 2 Grasster Range 0. au 0 une m 174 | 178 173 186 5 Brett e® BI, BEENFITHELIRS, 145 127 140 140 136 h Höbesbiasmit sunuwt- 140 u; — = = Längen-Breiten-Index . . . . 18,80 | 72,99. | 78,65 |: 80,924 73,12 N Höhen- „ ,. AAN 76,09 | — — — — Breiten- „ e es 96,55 | — — — Far Sasıhlalmumtang u in u.e zur srae 5 DRG _- — — — Frontalbogen"? 27, 2ER | 945 137 117 134 Parietalbogen . . ERERTERELET ER ART 124 | 122 197 Sagitt. Fronto- par. Ind. I... 004 812.00, — 90,51 | 104,27 | 94,78 Oceipitalbogen . . . a — — —_ — Horizontalumfang . . . . . . 1515 478 —_ — Yert. Querumfang. „ ..=.: ...| 30 — =- —_ — Olrhabere u... u EAN DS — — _ _ Calatlenhuhesg Ki ee, RO 115 112 101 111 Kleinste Süirnbreite . . . . . | 100 92 (ca.)100, 105 95 Frontc- pariet. Ind. (transv.) . . 68,97 | 72,44 | 71,43 | 75,00 | 69,85 Schädelbasislänge . . . . . . 99 — — _ En Schädelbasisbreite. . . . . . | 101 — _ — _ Gesichtsmaasse für Schädel b. Jochbogenbreite. . . . . 130 Orbitalindex . .. . «oe... 8468 Obere Gesichtsbreite . . . 107 Nasenbreite . » . 2.23 Mittelgesichtsbreite . . . 97 Nasenlänge 7. w. Ind ur sHiedß Gesichtshöhe,;, ‚cf. 5.089 Nasalindex.,. .. ;» +20 6 Fass Öbergesichtshöhe . . . . 70 Maxillarlange. 2. me ee Gesichtsindex (KoLLmann) . 91,54 ! „ . (Vırenow). . 122,68 Unterkiefer: Obergesichtsindex (Ro) 202 7 00,80 Condylenbreite „ . .. .109 IV) ir ‚Wall Winkelbreite „si . Wa ar ıH0ı89 Interorbitalbreite . . . . 238 Kinnhöhag 2.145 0 0, Sue Orbitalbreite » 9» 0 2 a AsSthon&r. „U ns Re rNEN ER Orbitalhöhe . . . etalbial Astbreite wen time mike, 88 Interorbitalbreitenindex CN Prohilwinkelo 2 ee er Eine Trennung der Schädel in zwei Gruppen lässt sich bei deren mangelhaftem Erhaltungszustand nicht vornehmen; so kann 285] Dis RESTE EINES NEOLITHISCHEN GRÄBERFELDES AM KAISERSTUHL. 15 man nach der Schädelbeschaffenheit keineswegs die beiden Nicht- hocker herausfinden; wohl sind diese sich (x und z) in einzelnen Punkten gleich, aber auch die anderen Schädel zeigen in diesen oder anderen Merkmalen keine scharfe Sonderung. Das übrige Skelett lohnt seines Erhaltungszustandes wegen eine ausführliche Beschreibung nicht; soweit eine einfache Betrach- tung belehrt, scheint es Besonderheiten nicht aufzuweisen, insbesondere entspricht die Länge der langen Extremitätenknochen durchaus den Werten, wie sie unsere recenten Knochen zeigen; ebenso sind Krümmungsverhältnisse und Knochenrelief scheinbar die gewöhn- lichen, doch halte ich auf Grundlage von genügendem Material eine Bearbeitung dieser Fragen für äusserst wichtig. Man sieht aus vorliegender Beschreibung, dass ich leider nur dürftige Fragmente schildern konnte, ich glaubte aber trotzdem, dies thun zu sollen; bei derartigem prähistorischen Material scheint mir für eine künftige genaue Bearbeitung der Skelettverhältnisse der Hockergräberbevölkerung einstweilen jede, auch die bescheidenste Beisteuer von Material nötig und berechtigt, bis man diese kleinen Bausteine wird endgültig zusammenfügen können zu einem Bilde vom Aussehen der einzelnen prähistorischen Menschenrassen. Die vorliegende kleine Skizze hatte den Zweck, das Vorkommen von Hockergräbern in Südbaden festzulegen. Es bestand also auch im Oberrheinthal Siedelung zur sogenannten jüngeren Steinzeit; die Keramik weist den Typus der Spiralbandkeramik auf, gehört also in den Kulturkreis, der uns in den Funden der pfälzisch-rheinischen Ebene entgegentritt. Eine genauere kritische Bearbeitung der sich hierbei aufdrängenden Fragen ist mir nicht ausführbar gewesen, so mögen diese Zeilen einfach als Materialbeitrag angesehen werden. Freiburg i. Br., Juni 1903. denen. age aachen rd ugronkaa | PER” ua u if TEIL: 6 ubeatahieg, Or, di = uch stone ‚ugrinmusskika de s anndichüm chkr Bein ia age N bern. oaunden) zung; usdaon 2l, uaslnnn sarere, ante Be WEN: ads Yeilaaraıaon A. bau, aanisstlälkgrg sane Lorirlle" usahıa} sun ar sun ae. lyk ea: ao itılaier tersänak lt oT rede! 'gm un rg That er ah ud 1ahdsnatkibr ie here ah ra ar ‚alien nah ‚terug TE ade Irene nadyertorsichrag nasitnarsb ad ld Hk ab, baarahäkhentsin dd ah yunliadinsdl aucasz th ee seien Si daun ;,obar slim lanian Saren ich rer ur id daran ylün Ka able sense u ara EEREENE BR UEN ka bi rt usmewrrsdsaaslli sad eo dailirg ig a adernyk Er EST TETEEE ESCHE MEET URL. € 2 DENE PREIS RE) BEINESE CCHRITTTENG 01) 1205 9 PEN ar fie Kart: TR ISIN NEEDERE LÄR “iulebart iF schtndvadek os zohkas ‚wa iiaeAlnedienge 19H aurrW TE Wwar > V\ ar ENT an or eabru hui ka. ahtsa Tate A Kiki ee ai Eng. AHrmlaoyeairn aa Ballen dor rar a agent nshneauitiilus: te ‚rabsra . naar erh ea sale sea op Berichte d.naturf. Ges. Freiburg i.B. Ba.X. 1905. v. Bistram, Val Solda Taf. I. b VeWu—t a een SE Fi q. +. Fig. 22. Fig.18. Fig. 20. Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart. Berichte d.naturf. Ges. Freiburg i.B. Ball. 1905. v. Bistram, Val Solda Taf. I. Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart. Berichte d.naturf. Ges. Freiburg iB. Ba.XI. 1903. v.Bistram, Val Solda Taf.ll. Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart rn. Berichte d.naturf. Ges. Freib urg i.B. Ba.Xll. 1905. v. Bistram, Val Solda Tat. W. fig. 19. Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart Berichte d.naturf. Ges. Freiburg i.B. Ba. 1903. v. Bistram, Val Solda Taf. V. Lichtdruck v.Carl Ebner, Stuttgart. Berichte d.naturf. Ges. Freiburg iB. Ba.Xl. 1903. v.Bistram, Val Solda Taf. I. * ’ DE ML, REN ß 3 1% ® Tr Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart. Berichte d.naturf. Ges. Freiburg i.B. Ba.XIl. 1905. v.Bistram, Val Solda Taf. \1. Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart Berichte d.naturf. Ges. Freiburg i.B. Ba.XI. 1905. v. Bistram, Val Solda Tat. \ll. .- + > ET rn E BEE A Er a DET Er a v 1‘ 9 : j Lichtdruck v. Carl Ebner, Stuttgart Normaler r Aufbruchzone Faltenbau i Ü ' mit bas. Eruptivgest. 7 m w “ Buntsandstein N Ranmarke I —E Afuschelkalk ee r- zZ Drasschiefer, \AO Madiolarıen IN) Ziasbreccir i Tornstein Hauntdolomit Berichte d. Naturf. Gesellsch. Freiburg i, B.» Band XIM. 1903. H. Hoek: Arosa. Taf. IX. [eh u Maran c Tektonische Skizze von Arosa Sfreichen und Fallen. Grenzen der wichtigsten tektonischen Regionen . Profillinien. Massstab 1:60000 Beriehte d Naturf, Gesellschaft Freiburg i. BB Band XII. 1903. H. Hoek: Arosa. Taf. \. De a TEE 2 Bun nt ZZ 3 Y D ’ N r) ar if! Ralall: > Pa _. ® 11:8 = a % ‘& Re 4 ‘ L ı$ be u er 2 - $) he . h. . r ‚ 24 5. ? 7 er er Io 4 ei > 4 : ® FES : , we SE ee 2 an ; GN a FRE i . be W ’ he N. Brüggerhorn Tschuggen Ausläufer des Schafrücken Weisshorn. N Grat Aro H, Hoek; Arosa. Taf, X]. Berichte der Naturf, Gesellsch, Freiburg i, B, Band XII. 1903. Schafwald. Plessurtal RRIRRQ - _ Schiesshorn. X ET RI TE DeroRR - Alteiner Tiefenberg, Welschtobel NsWV 1:12500 Ne vIn 1:12500 Berichte der Naturf, Gesellsch, Freiburg i.B. Band XII. 1903. H. Hoek: Arosa. Taf. XII. Tschirpen Östl. Aroser Rothorn. Plattenhorn x NN Y Erzböden Hörnli 1:12500 Urder Augstberg 1:12500 Parpaner Weisshorn D SIur Aroser Furka 1:6250 Berichte der Naturf, Gesellsch, Freiburg i.B. Band XII. 1903, H. Hoek: Arosa. Taf. XII Strela-Amselfluhkette und Schafrücken Erzhornkette („Zone normaler Faltung“), sowie Tschirpen und Parpaner Weisshorn („Zwischenstück“) von Maran gesehen. oNO. Thigerfluh Furkahorn Amselfluh / w.D 2 IAH, N NS — f BG \ pi ZNH\D Saz ZN RR N IS \ \i IN N N an Um I MM) Neon la ai un I Da N, a „Sergertäin | Illu ER 7 EM = y= \ x Gy 1 3 ES: SM " u) f N D, / 5 u PT (ta Kin. Berichte d, Naturf, Gesellsch. Freiburg i. B. Band XIII. 1903, Im Vordergrund das Plateau von Arosa („Aufbruchzone"). 5. Schiesshorn Valbellahorn Sandhubel rauen ' Leidfluh l Rauhwacke Zu S uschellcalk > n zaÄN Ö\ NN NR NN NN TEN); sh YA, Wir- AR Sr re In.FÄn 7 Kristallin | Melm u U My 7% P 1 Ba: il, Fi ij Mn | A ee "N and ae vu ılk, 1 Aue ı M st. st Null > munz nie! ha Sc j N EHHHHN, SW. Erzhorn Aelplihorn u Weissh. Arosaer Rothorn; Tschirpen l We 1 I j | össmer ‚| Kristallin Kössn® H, Hoek; Arosa, Taf, XIV, P} L fi \ Berichte der Naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br. Erseheinungsweise und redaktionelle Bestimmungen, Die „Berichte“ erscheinen in zwangloser Folge. 24 Druckbogen, wobei auch jede den Raum einer Druckseite einnehmende Tafel als 1 Druckbogen gerechnet wird, bilden einen Band. Der Abonnementspreis ist auf M. 12.— festgesetzt. In den „Berichten“ finden Aufnahme: I. Abhandlungen aus dem Gebiete der Naturwissenschaften. U. Kürzere Mitteilungen über bevorstehende grössere Publikationen, neue Funde etc. etc. Die für die „Berichte“ bestimmten Beiträge sind in vollständig druck- fertigem Zustande an ein Mitglied der Redaktionskommission einzusenden. - Ueber die Aufnahme .und Reihenfolge der Beiträge entscheidet lediglich die von der Naturforschenden Gesellschaft ernannte Redaktionskommission. Auch ist mit dieser über die etwaige Beigabe von Tafeln und Illustrationen zu verhandeln. Der Autor erhält 50 Freiexemplare und ausserdem jede beliebige Anzahl von Sonderabdrücken von der Druckerei (C. A. Wagner) zum Selbstkostenpreise. Die Sonderabdrücke müssen spätestens bei Rücksendung der Korrektur bestellt werden. we Sonderabdrücke von Abhandlungen können dem Autor unter Um- ständen erst am Tage der Ausgabe des betr. Heftes zugestellt werden, solche von „kleineren Mitteilungen“ dagegen sofort. Die Redaktions-Kommission. Professor Dr. A. Gruber. Prof. Dr. J. Lüroth. Prof. Dr. G. Steinmann. Dr. K. Gerhardt. ’ f x 4 Le EÄERT ER ÄRTETE reg Als Sonderabdrücke sind durch i J. 6. B. Mohr (Paul Siebeck) in u und ig : zu beziehen: \ | E Lorenz, Th. ‚Geologische Studien im Grenz- ; gebiete zwischen helvetischer und ost- alpiner Facies. Il. Teil. Südlicher Rhae- tikon. Mit 9 Tafeln und 19 Figuren im Bay M.A—. Meyer, G. Erdmagnetische Untersuchungen m Kaiserstuhl. Mit 4 Tafeln. 1902. M. 3—. E Bistram, Freiherr von. Beiträge zur Kenntnis. | 2 der Fauna des unteren Lias in der Val s Solda. Geologisch-paläontologische Stu- : dien in den Comasker Alpen. I. Mit | 8 Tafeln. 1903. | M. A4.—. Hoek, Henry. Geologische Untersuchungen im Plessurgebirge um Arosa. Mit I Karte, Y 1 Panorama, 4 Profiltafeln und 20 Figuren = 3 im Text. 1903. MA, AALHNNMNNNN Date Due u Er hB \an i j IE NEN u 0% iM