eher ree, FY ees eh eretetete: ; ‘ Pf msehoteden, r Fee ehehebe ne innen interne fol Hehe ienanaer. 0 oehedere 3 Meirbebreebemie sistahe ht inte heheh eheheheh os Sa TEN ONG Fis naturwissenschaftlich- medizinischen Druck und Verlag der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung. - BERICHTE des YEREINEsS oom INNSBRUCK. V. Jahrgang 1874. INNSBRUCK: 1875. _ BERICHTE naturwissenschaftlich- medizinischen VEREINES in i SENS BU Cake V. Jahrgang. Ben INNSBRUCK. Druck und Verlag der Wagner’schen Universitäts-Buchhandlung. 1872. Anis Da a Erte MiG N re a Lo tae. = A. Sitzungs-Berichte, ei ase | Fass EN I. Sitzung am 7. Jänner 1874. Beginn der Sitzung 7Y, Uhr Abends. I. Der Vorsitzende des Vereines Herr General v. Sonklar legt die Einläufe vor: 1. Verhandlungen des naturhistor. Vereines d. preuss, Rheinlande u. Westphalens. 29. Jahrg. 2. Hälfte u. 30. Jahrg. 1. Hälfte. 2. Verhandlungen der k. k, geologischen Reichsanstalt No. 15 u. 16, Jahrg. 1873. 3. Leopoldina. Heft IX. No. 7 u. 8, Dez. 1873. 4. Monatsbericht d. k. preuss, Akad. d. Wissensch. zu Berlin, Sept. u. Oct. 1873. 5. Medic.-chirurg. Rundschau, Nov. u. Dez. 1873. 6. Sitzungsber. des Vereines der Aerzte in Steiermark 1872—1873. II. Herr Prof. Schott demonstrirt eine Missbildung. III. Herr Prof. Albert stellt der Versammlung mehrere Kranke vor, an denen Operationen vorgenommen worden ‘waren. 1) Eine in 10 Tagen geheilte Enucleation der linken Unterkieferhälfte wegen Phosphorkornekrose unternommen. 2) Einen Kranken, an dem beiderseits Enucleationen in der Fusswurzel nach Chopart vorgenommen wurden. 3) Eine transcondiläre, sehr schön geheilte Oberschenkel- amputation. Endlich demonstrirt er eine grosse Ovariumcyste, welche durch Ovariotomie an einer jungen Frau entfernt wurde. Die Kranke starb an Bauchfellentzündung. Schluss der Sitzung 8%, Uhr Abends. II. Sitzung am 21. Jänner 1874. Beginn 7%, Uhr Abends. I. Eingelaufen sind: 1. Proceedings of the Royal Society. Vol. XX. No. 138, Vol. XXI No. 139—145. 2. Jahresbericht des Lesevereins d. deutsch, Studenten Wiens über das Jahr 1872—73. II. Ihren Beitritt zum Vereine meldeten an die Herren: Robert Ritter v. Ebner, k. k. Statthalterei-Sekretär und Dr. Franz Rigos, klinischer Assistent, II. Herr Prof. Kerner spricht über Asyngamie (siehe Originalabhandlung). Schluss der Sitzung 8%, Uhr Abends. III. Sitzung am 4. Febr, 1874. Beginn 71/, Uhr Abends. I. Der Vorsitzende Herr General v. Sonklar legt die Einläufe vor: 1. Sitzungsber. d. phys.-med. Gesellschaft in Würzburg, Jahrg. 1873. 2. Sitzungsber. d. kgl. böhm, Gesellsch. der Wissensch. in Prag, 1873, No. 7. 3. Vierteljahrsschr. d. naturforsch. Gesellsch. in Zürich, XVIL Jahrg., 1.—4, Heft. 4. Jahresber. d. Gesellsch. f. Natur- u. Heilkunde in Dresden. Oct. 1872 bis Juni 1873. 5. Monatsber. d. kgl. preuss, Akad. d. Wissensch, in Berlin, Nov. 1873. 6. Nova acta reg. soc. scientiarum Upsaliensis. Ser. 3. Vol VIL . Mase: et II. 7. Pathol. u. Therapie d. Riickgratsverkriimmungen von Ulrich, Bremen 1874. Vil II. In den Verein wird als Mitglied aufgenommen: Herr Johann Reichardt, k. k, Major u. Commandant d. Zeugsart.-Comm. in Innsbruck. II. Herr Prof. Pfaundler gibt in längerem Vortrage einen Auszug aus drei Abhandlungen, welche er später aus- führlich in den Akademieschriften zu veröffentlichen beab- sichtigt. Die erste derselben handelt: „Ueber die beim Mischen von Schwefelsäure mit Wasser auftretenden -Wärmen und Temperaturen im Zusammenhange mit den Molecularwärmen und Siedepunkten der dabei entstehenden Hydrate,* Der Vortragende weist zuerst darauf hin, dass bezüg- lich der Wärmemengen, die bei der Bildung der Schwefel- säurehydrate frei werden, noch immer keine genügende Ueber- einstimmung unter den damit beschäftigten Autoren erzielt sei, indem speciell die Versuche von Favre und Quaillard in Paris und noch mehr die von J. Thomsen in Kopen- hagen zu erheblich anderen Werthen geführt hätten, als sie der Vortragende selbst vor 6 Jahren erhalten und veröffent- licht hat. Um darüber ins Reine zu kommen, hat er eine Reihe neuer, möglichst sorgfältiger Messungen ausgeführt und die älteren einer Revision bezüglich deren Berechnungen unter- zogen. Das Resultat bestätigte seine früheren Untersuchungen. Der Vortragende gibt hierauf eine ausführliche Dar- legung seiner Operations- und Rechnungsmethode und leitet schliesslich eine die Versuchsresultate nahe wiedergebende Gleichung ab, welche sich nur durch die Grösse der Con- stanten von der J. Thomsen’s unterscheidet. Von dem analytischen Ausdruck für die Wärmemengen geht er dann auf jenen der Temperaturerhöhungen über, dessen Differentiation ihm dann den Ort und die Grösse des Temperaturmaximums liefert, welches beim Mischen von Schwefelsäuremonohydrat und Wasser hervorgebracht werden kann, Er zeigt zuletzt, in welcher Weise die Siedepunkts- VHI curve der verschiedenen Schwefelsäurehydrate die berechneten Temperaturerhöhungen modifieire und wie sich hieraus die äusseren Erscheinungen ableiten lassen, welche den Vorgang der Mischung von concentrirter Schwefelsäure und Wasser erfahrungsgemäss begleiten, Die zweite Abhandlung, deren experimenteller Theil von E. Schnigg bearbeitet wurde, handelt: „Ueber die Er- starrungstemperaturen der Schwefelsäurehydrate und die Zu- sammensetzung der ausgeschiedenen Crystallmassen nebst Erörterung der erhaltenen Resultate,* Im experimentellen Theile werden zunächst die Vor- arbeiten, speciell die Graduirung des Weingeistthermometers durch ein Luftthermometer und die Methode der Bestim- mung der Erstarrungstemperaturen mitgetheilt. Hierauf folgen Tabellen über die Erstarrungspunkte der verdünnten, sowie der concentrirten Säure. Geht man von Wasser aus. all- mälig zu höheren, Procentgehalten an Monohydrat bis zu diesem selbst über; so findet man, dass die verdünnte Säure nur Eis abscheidet, wobei der Erstarrungspunkt bis gegen 35%, immer rascher sinkt, zuletzt nicht mehr erreicht wird, Zwischen 35%, und 73%, erstarrt dann die Säure auch bei den tiefsten Temperaturen im Kohlensäureätherbade nicht. Bei etwas höherem Gehalte beginnt wieder das Erstarren, aber bei sehr tiefer Temperatur, die Crystalle sind Bihydrat ; nun steigt die Erstarrung rasch bis zum Maximum von -+ 8.81°, welches mit dem Procentgehalt 84.48 des reinen Bihydrats zusammenfällt. Hierauf folgt rasches Sinken bis zu einem Minimum von —- 40 bis — 45° bei 93.49%. Von dort an crystallisirt nun Monohydrat; der Crystallisations- punct steigt wieder, bis er beim reinen Monohydrat selbst + 6.79° erreicht. Die ausgeschiedenen Crystalle wurden mehrfach untersucht. Festes Mono- und Bihydrat geben zusammengerieben eine sehr tiefe Temperatur, entsprechend dem Erstarrungspunkte ihres Gemisches. Der. theoretische Theil beschäftigt sich mit der Berech- IX nung von Gleichungen für die Erstarrungscurven, dann mit Erörterungeu über die Constitution der verdünnten und der concentrirten Säure, welche letztere innerhalb der Procente 84.48 und 100 als „gegenseitige Lösung der beiden Hydrate“ bezeichnet und speciell untersucht wird. Zuletzt wurden noch die gefundenen Abweichungen der ausgeschiedenen Crystalle von ihrem theoretischen Procentgehalte besprochen. Die dritte Abhandlung, welche sich auf die beiden vor- hergehenden stützt, betrifft: „Die Kältemischungen im All- gemeinen und speciell jene aus Schnee und Schwefelsäure.* Der Vortragende erwähnt zunächst den Mangel quanti- tativer Angaben über die Effecte der gebräuchlichen Kälte- mischungen, sowohl hinsichtlich des erreichbaren Tempera- turminimums als insbesondere der Mengen von Wärme, welche sie zu absorbiren vermögen. Er wendet sich dann zur Berechnung einer der bekannteren dieser Mischungen, nämlich der aus Schnee und Schwefelsäure, für welche die nöthigen Daten aus zwei vorausgegangenen Untersuchungen des Verfassers zur Verfügung standen. - Der erste Abschnitt ist den Mischungen aus Schnee und Monohydrat gewidmet, Die Gleichungen für die Wärme-, resp. Kältemengen und für die Temperaturen der Mischungen nach den verschiedenen Verhältnissen werden entwickelt und durch deren Differentiation die Orte und Grössen der Maxima der Wärme- und Temperaturentwicklung bestimmt. Ebenso wird jenes Verhältniss ermittelt, wo keine Temperaturände- rung eintritt. Dann wird gezeigt, wie die Temperaturminima und damit die Kältemengen durch die Erstarrungstemperaturen der Mischung bedingt sind. Es ergibt sich hieraus für diese Materialien ein erreich- bares Temperaturminimum von — 22°C. Der Vortragende untersucht dann die Mischungen mit Schneeüberschuss, deren Temperaturen in einem ziemlich verwickelten Zusammenhange zu den Mischungsverhältnissen stehen. Die Rechnung führt aber zu dem praktisch interessanten Resultate, dass gerade x diese Mischungen, obwohl etwas weniger tief reichend, bei weitem die vortheilhafteren zu Abkühlungszwecken sind. Im zweiten Abschnitte wird gezeigt, dass die vortheil- hafteste Säure für die Kältemischungen, die von der Formel SO,H, + 2.87H,0 sei, deren Procentgehalt 66.19 beträgt. Auch für diese Säure werden die Wärme- und Tem- peraturgleichungen für ihre Mischungen mit Schnee abgeleitet und unter Beiziehung der Gleichung für die Erstarrungs- temperatur das Temperaturminimum zu — 37° C. berechnet, welches einem Gemische von 1 Theil Säure und 1.097 Theilen Schnee zukommt. Auch hier zeigt sich dann, dass die Mischungen mit Schneeüberschuss für praktische Zwecke eine hervorragende Bedeutung haben, indem ihre Abkühlungs- werthe weitaus grösser sind als die anderen Gemische von tieferer Temperatur. Im dritten Abschnitte werden die Ergebnisse der Theorie in eine praktisch handsame Form gebracht und die Benützung einer die Resultate umfassenden Tabelle an mehreren Bei- spielen dargelegt. Einige angestellte Versuche zeigen die Uebereinstimmung der theoretisch gewonnenen Resultate mit der Erfahrung. Im vierten Abschnitte wird auf theoretischem Wege eine eigenthümliche Mischungsmethode von Schnee mit Schwe- felsäure abgeleitet, welche zur Erzeugung sehr tiefer Tem- peraturen, deren untere Grenze sich bis jetzt noch gar nicht bestimmen lässt, dienen kann. Es werden schliesslich die Grundzüge eines Apparates angedeutet, welcher es ermög- lichen soll, solche tiefe Temperaturen auf eine einfache und continuirliche Weise hervorzubringen. Der Vortragende erläuterfe seine Mittheilungen durch graphische Constructionen und bestätigte dieselben durch Vorführung einiger Experimente. Schluss der Sitzung 81, Uhr Abends. ay Aura a Ai a Te XI IV. Sitzung am 25. Februar 1874. Of Beginn 714, Uhr Abends. “ I. Der Vorsitzende Herr General Sonklar meldet den Beitritt des Herrn Grafen Franz Schlick als Vereins- mitglied an. II. An Druckschriften sind seit der letzten Sitzung ein- gelaufen: A 1. Verhandlgn. d. k. k. geol. Reichsanst. No. 17, 1873. 2. Titel und Inhalt der Verhandlungen der k. k. geol. Reichsanstalt 1873. 3. Jahresber. d. k.k. geol. Reichsanstalt, Jahrg. 1873, XXII Bd., No. 4, Oct. bis Dez. 4. Medic.-chirurg. Rundschau, Jänner 1874. 5. Leopoldina, Heft IX., No. 9, 10, Jan. 1874. 6. Abhandl. d. schles. Gesellsch. f. vaterl. Cultur, Ab- theilung f. Naturwissensch. u. Medizin, 1872/73. 7. Abhandlungen d. schles, Gesellsch. f. vaterl. Cultur, philos.-histor. Abthlg. 1872/73. 8. Fünfzigster Jahresbericht d. schles. Gesellschaft für vaterl. Cultur, 1872. 9. Smithsonian institution, Board of regents, annual report 1871, Wash, 10. Statistical report of the secretary of war on the sickness and mortality in the army of the united states, from Jan, 1855 to Jan. 1860, Wash. III. Hierauf stellt Herr Prof, Lang einen Fall von Area Celsi vor. Nach einigen einleitenden Bemerkungen über die pathologisch- anatomischen Veränderungen, welche bei den verschiedenen Formen von frühzeitigem Haarverlust beobachtet werden, erwähnt der Vortragende der von einigen Autoren bei Area Celsi hervorgehobenen Befunde. Der Redner war nicht in der Lage, in seinem Falle eine Bestätigung der Angaben Gruby’s oder Rindfleisch’s zu finden. Dagegen seien in seinem Falle Störungen in der Nervensphäre — entsprechend den Beobachtungen anderer Praktiker — XII zu verzeichnen. Der 35 Jahre alte ledige Taglöhner J. G. aus Hötting, der vordem nie erheblich krank war, will vor etwa 10 Monaten von Schmerzen befallen worden sein, die ohne bekannte Veranlassung aufgetreten seien und jeden zweiten bis dritten Tag Nachmittags oder Abends durch 1), bis Y, Stunde gewährt und hauptsächlich die Stirn- und Hinterhauptsgegend occupirt haben sollen. Einen Monat später; nachdem die Schmerzen gewichen, sei ihm auf- gefallen, dass über der Pfeilnaht- und rechten Scheitelbeingegend drei kreisrunde kahle Stellen auftauchten. Während in der nächsten Zeit immer andere Partien der Kopfhaut in der- selben Weise haarlos wurden, vergrösserten sich die älteren kahlen Felder zu stets grösseren Kreisen, die durch ihr all- mäliges Aneinanderrücken zu verschiedenen Figuren führten, Seit 3, Monaten bemerkte der Patient kein weiteres Aus- fallen von Haaren. Bei der vor wenigen Tagen erfolgten Aufnahme war bereits die ganze behaarte Kopfhaut von theils runden, theils Ser- und kleeblattförmigen, nagelglied- bis thalergrossen Einzelglatzen eingenommen, von denen einige bereits mit Wollhärchen bedeckt und von festsitzenden Haaren umsäumt, andere aber noch im Zunehmen begriffen waren. Ausser den Eingangs erwähnten Angaben allgemei- meiner Art macht Patient weder über die Reihenfolge, in der die Glatzen erschienen, noch über die Verbreitung der die gegenwärtige Krankheit einleitenden Schmerzen irgend welche Mittheilungen, aus denen der Schluss für Erkrankung bestimmter Nervenbahnen gestattet wäre. Mit Ausnahme eines geringen Katarrhes links rückwärts unten wurde an den Respirationsorganen nichts Krankhaftes vorgefunden; die Untersuchung der Circulations- und Harnwerkzeuge erwies keine Abnormität. IV. Sodann spricht Herr v. Trentinaglia über Tem- peratursoscillationen und metereologische Beobachtungen in den Alpen. V. Herr Prof. Heller demonstrirt einige thierische Missbildungen und zwär: einen gegen das grosse Hinter- XI hauptsloch ‘einfachen nach vorne verdoppelten Schädel des Schafes; einen Ziegenschädel, wobei es durch Ausfall des Siebbeinstückes zu einem Ineinanderfliessen beider Augen- höhlen — einer Cyklopenbildung — kam; ein erwachsenes Huhn mit 4 Füssen; ein Hühnerembryo mit doppeltem Ober- und einfachem Unterkiefer; und zum Schlusse einen Maikäfer, bei dem das hinterste Fusspaar der rechten Seite verdrei- facht war. VI. Herr Prof. Oellacher spricht über einen Fall partieller Multiplieität des Rückenmarkes an einem viertägigen Hühnerembryo (siehe Originalabhandlung). Schluss der Sitzung 9 Uhr Abends. SRL FrV 70 ” Ani £ sp 2 qt LI V. Sitzung den 11. März 1874. <=) ian “ae Beginn der Sitzung 71/, Uhr Abends. Nga de (Generalversammlung). I. Der Vorsitzende Herr General v. Sonklar lässt die Einläufe circuliren : 1. Mediz. Jahrbiicher von Stricker, Jahrg. 1874, 1. Heft. 2. Verhandlungen der k. k, zoolog.-botan. Gesellschaft in Wien, Jahrg. 1873, Bd. XXIH. 3. Sitzungsber. der mathem.-phys. Classe. d. k, Akad, d. Wissensch. zu München, 1873, Heft IL. vi = 4. Monatsber. der k. preuss. Akad. d. Wissensch. zu Berlin, Dez. 1873. 5. Bulletino della soc, entomol. italian. Anno V, Tri- mestre IV. (Ott. Nov. Dec. 1873). 6. Sitzungsber. d. kgl. böhm. Gesellsch. in Prag, No. 8, 7. Leopoldina,- Heft IX., No. 11, 12, Febr. 1874. 8. Der Antheil der k. k. Akad. d. Wissensch, an der Electricitatslehre. Vortrag von W. Beetz. 9. J. D. Möller’s Preiscourant seiner Mikroskope und mikroskop. Präparate. XIV II. Zum Eintritt in den Verein hat sich gemeldet Herr Landesschulinspector Dr. Ernst Gnad; die Aufnahme er- folgt einstimmig. II. Hierauf erstattet der Vorsitzende folgenden Bericht über die Thätigkeit des _naturwissenschaftlich-medizinischen Vereines in Innsbruck während des Vereinsjahres 1873/74. Meine Herren! Wenn wir auf die Thätigkeit unseres Vereines in dem eben abgelaufenen Vereinsjahre zurück- blicken, so können wir mit Genugthuung constatiren, dass dieselbe gegen die Thätigkeit der früheren Jahre nicht zurücksteht. Die stille geräuschlose Natur seines Wirkens, die nur die Erweiterung des naturwissenschaftlichen Erkennt- nissgebietes und keine anderen, die öffentliche Theilnahme anregenden Zwecke im Auge hat, war gleichviel seiner Ent- wicklung nichts weniger als abträglich. Wir dürfen diese Wahrnehmung als ein erfreuliches Zeichen betrachten, dass hier in Innsbruck das Interesse an geistigem Fortschritt und an den Resultaten freier Forschung eher in Aufnahme als in Abnahme steht und dass die Strebungen unseres Vereines Anerkennung finden. Was ich so eben ausgesprochen findet seine Bestäti- — gung zunächst in dem zahlreichen Besuche der Vereins- sitzungen und in der steigenden Anzahl seiner Mitglieder, die sich in dem labgelaufenen Vereinsjahre (bei 7 neuen Beitritten gegen 3 Austritten) um 4 Mitglieder vermehrt hat. Die wissenschaftliche Thätigkeit des Vereines hat sich ferner während dieser Zeit in 16 Sitzungen kund zu geben Gelegenheit gefunden. Alle diese Sitzungen wurden, wie im Vorjahre, im physikalischen Hörsaale der Universität abge- halten. Nachstehende Herren haben sich hiebei theils durch Vorträge theils durch Demonstrationen wissenschaftlich inte- ressanter Gegenstände betheiliget und zwar durch Vorträge: Prof. Dr. Albert 2mal, Prof. Dr. v. Barth 1mal, Prof. Dr. Dantscher 1 mal, Dr. Donath Imal, Dr. Gan- ner 1mal, Prof. Dr. Heine 1mal, Prof. Dr. Kerner er oh ee. Ul ag ee ee ar a eee XV imal, Prof. Dr. Oellacher 1mal, Prof. Dr. Pfaundler 5 mal (worunter 2 Mittheilungen), k. k. Hofrath v. Schwind 1mal, Prof. Schott 1mal, k. k. Generalmajor v. Sonklar 2mal, H. v. Trentinaglia 1mal und Prof, Dr. Vintsch- gau 1 mal. Durch Demonstrationen: Prof. Dr. v. Barth 1 mal, H. Gremblich 1 mal, Prof. Dr. Heine 1mal, Prof. Dr. Heller 1 mal, Dr. Lang 4mal, Prof. Dr. Oellacher 1mal, Dr. Tertsch 1mal und H. Dalla Torre 1 mal. Die abgehaltenen Vorträge behandelten folgende Materien: Am 7. Mai 1873 sprach Herr Prof. Dr. Heine über Radicalbehandlung der Prostata-Hypertrophie. Am 21. Mai las Dr. Ganner einen Aufsatz über „Hall als Curort* und sprach Prof, Pfaundler über die mittlere Erhebung der Oetzthaler und Stubaier Gebirgs- gruppe. Am 4, Juni referirte Prof. v. Barth über einige chemische, in seinem Laboratorium ausgeführte Untersuch- ungen. Am 18. Juni hielt Prof. Dantscher einen Vortrag über die Placenta und die Corrosionsanatomie, Am 2. Juli sprach Prof. Dr. v. Vintschgau über den Geschmackssinn, Am 16. Juli trug Dr. Donath über die Chemie der Knochen vor. i Am 22. October sprach Herr Generalmajor v. Sonklar „über Wetterprognose“, Am 5. November hielt Herr Prof. Albert seinen Vor- trag „zur Physiologie der thierischen Wärme“, Am 20. November sprach Prof. Pfaundler „lie einige neue akustische Experimente“, Am 3. Dezember hielt Herr Hofrath v. Schwind einen Vortrag „über Rechenstäbe* und macht Prof. Dr. Pfaundler eine vorläufige Mittheilung „über verästelte Stimmgabeln“, XVI Am 17. Dezember sprach Prof. Dr. Oellacher „über Doppelmissbildungen* und macht Prof. Dr. Pfaundler eine vorläufige Mittheilung „über die Methode zur Bestim- mung der Spannkraft von Lösungen und Mischungen“. Am 7, Januar 1874 hielt Prof. Dr. Schott einen Vortrag „über Missbildung* und demonstrirt ein missbildetes Kalb, worauf Prof. Dr. Albert „über die Lehre vom Fieber“ spricht. | Am 21. Januar Vortrag des Prof. Dr. Kerner „über Asyngamie, “ Am 4. Februar spricht Prof. Dr. Pfaun pe " „über Kältemischungen“, Am 25. Februar hielt Herr Jos. Trehtikagtie einen Vortrag „über Temperatur-Oscillationen und über die Schnee- grenze in der Selvrettagruppe*. Am 11. März d.i. heute wird Generalmajor v. Sonklar einen Vortrag „über die Menge des freiverdunstenden Wasser“ halten. Kaum minder zahlreich war die Reihe interessanter und belehrender Demonstrationen ; ich will sie hier wie die Vor- träge kurz und in chronologischer Ordnung anführen. Am 4, Juni zeigt Herr Prof. v. Barth der Versamm- lung zwei etwa 4 Wochen alte Steinadler. Am 16. Juli demonstriren Prof. Dr. Heine einen Kranken mit transcondylär amputirtem “Oberschenkel und Prof, Dr. Lang eine Kranke mit Missbildungen an Händen und Füssen. Am 5. November stellt Prof. Dr. Lang eine Kranke mit einem erworbenen Defecte am Stirnbeine vor und demon- strirt Herr Dalla Torre am Schlusse der Sitzung zwei lebende Murmelthiere. Am 3. Dezember legt Herr Gremblich der Versamm- lung mehrere Funde aus prähistorischer Zeit aus der Gegend von Ampass und Thauer vor und demonstrirt Prof. Lang ein ungewöhnlich grosses Präputial-Conkrement, XVII Am 25. Februar endlich demonstriren Prof. Dr. Lang einen Kranken mit Area Celsi, Prof. Heller eine Zahl thierischer Missbildungen und Professor Dr. Oellacher mehrere mikroskopische Präparate, an welchen eine Ver- vielfältigung der Medulla spinalis eines Hühnerembryos zu sehen ist. Einladungen zum Schriftentausch ergingen von dem Vereine der Naturfreunde in Reichenberg und von dem naturforschenden Vereine in Brünn. Auch sind unserem Vereine vor wenigen Tagen die in der heutigen Sitzung vor- gelegten ‚Wiener medizinischen Jahrbücher‘ zugekommen. Endlich ist auch von dem Lesevereine der deutschen Stu- denten in Wien das Ansuchen um geschenkweise Ueberlas- sung der Vereinsschriften gestellt und dasselbe in der Sitzung am 2. October bewilligt worden. Von besonderen Ereignissen ist der Rücktritt des für das abgelaufene Vereinsjahr gewählten Vorstandes Prof. Dr. C. Heine von der Vorstandschaft zu erwähnen. Dieser Rücktritt erfolgte bekanntlich wegen der Berufung Dr. Heine’s an die Prager Universität und seine Mittheilung hierüber geschah mittelst eines Schreibens, welches in der Sitzung am 2. October zur Verlesung kam und dem auch ein der Vereinscasse von ihm gewidmetes Geschenk von 100 fl. 6. W. anlag. Der damalige Vorstands-Stellvertreter hat in derselben Sitzung warme Worte des Bedauerns über das Scheiden unseres Vorstandes ausgesprochen, die anwesenden Mit- glieder haben durch Erhebung von ihren Sitzen diesen Wor- ten beigestimmt und den Vorsitzenden ermächtigt, ihm von den Vorgängen in jener Sitzung, so weit sie ihn betreffen, so wie von dem Danke des Vereines für sein Geschenk, die geeignete schriftliche Mittheilung zu machen, was auch sofort geschah, Noch in derselben Sitzung erlaubte sich der Vorstand- Stellvertreter die Wahl eines neuen Vorstandes auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu setzen. Diese fand am 5. November statt und in dieser wurde der bisherige Naturw.-med, Verein. 1874. b SA ee a ty ee XVI Vorstand-Stellvertreter für die noch übrigen 4 Monate des Vereinsjahres zum Vorstande gewählte Mit der heutigen Sitzung hat diese Würde ihr Ende erreicht. Indem ich sie nun wieder in Ihre Hände zurücklege, danke ich Ihnen meine Herren für das ehrenvolle Vertrauen, das sie in mich setz- ten und für die Nachsicht, die Sie mir in dieser Zeit zu- wendeten. Schliesslich erlaube ich mir den versammelten Herren mitzutheilen, dass sich die Publicationen unseres Vereines für das Solarjahr 1873 gegenwärtig unter der Presse befinden und ausser den Sitzungsprotokollen noch folgende Original- arbeiten enthalten werden, und zwar: 1) Untersuchungen über das Fieber von Prof. Dr. Eduard Albert. : | 2) Beitrag zur Spectralanalyse des Blutes von Prof. Dr. Eduard Hofmann. | 3) Bericht über die im medizinisch-chemischen Labora- torium zu Innsbruck vom Januar 1872 bis Juli 1873 aus- geführten Arbeiten, mitgetheilt von Prof. R. Maly. 4) Bericht über die in der pathologisch-anatomischen Anstalt zu Innsbruck in den Jahren 1872 und 1873 voll- führten Obductionen von Prof. Dr. Schott. 5) Beiträge zur leichteren Einbürgerung rationell zu- sammengestellter Receptformeln im metrischen Gewichte von Dr. M. J. Diet]. 6) Ueber die Menge des freiverdunstenden Wassers von Generalmajor ©, v. Sonklar. 7) Resultate der metecrologischen Beobachtungen zu Innsbruck im Jahre 1872, zusammengestellt von C, W. von Dalla Torre, Lehramtskandidat. IV. Bericht des Cassiers, Herrn Regierungsrathes Prof. Dantscher. V. Nun gelangen folgende Anträge zur Verhandlung: Herr Regierungsrath Prof. Dantscher beantragt, es möge dem Diener des physikalischen Kabinetes die übliche Re- XIX muneration von 10 fl. zuerkannt werden; die Versammlung stimmt dem Antrage bei. Ferner ersucht derselbe die Versammlung möge be- stimmen, dass die aus eigenen Mitteln von dem Anatomie- diener zu Vereinszwecken für Porto verausgabte Summe dem- selben als Entlohnung zugewiesen werde; wird bewilligt. Derselbe stellt weiter den Antrag, dass statt des abtretenden Vereinsdieners Kliefer, der Anatomiediener Mitterer zum Vereinsdiener ernannt werde — nach Zurück- weisung der von einzelnen Mitgliedern dagegen vorgebrachten Einwendungen findet der Antrag Annahme. Herr Prof. Pfaundler stellt den Antrag, die Ver- sammlung möge in Anbetracht des Umstandes, dass es für die Vereinsmitglieder mit grossen Umständlichkeiten ver- knüpft ist, Exemplare der bereits der Universitäts-Biblio- thek übergebenen Bücher zu erhalten und in Berücksichtigung dessen, dass die Bücher in dem zu gründenden Professoren- Lectorium oder in dem schon bestehenden akad. Lesevereine leichter zugänglich sein dürften — ,,Die Aufhebung des $ 20 der Statuten beschliessen und sich freie Verfügung über die erworbenen Druckschriften vorbehalten“ Nachdem viele Aeusserungen sich dagegen erhoben und Prof, Pfaundler seinen Antrag zurückgezogen, wird derselbe von Prof. Barth als der seinige aufgenommen. Bei der Abstimmung fällt der Antrag. Hierauf einigen sich die Vereinsmitglieder dahin, die Vereinsleitung habe zur grösseren Bequemlichkeit seiner Mitglieder die Universitätsbibliothek zur Anlegung eines Specialcataloges der vom Vereine zugesandten Bücher und zur Unterbringung derselben in einem eigens hiezu bestimm- Fache, in welchem die Bücher durch 1—2 Jahre zu ver- bleiben hätten, zu verhalten, sowie der Universitätsbibliothek das Verzeichniss der Vereinsmitglieder zu übergeben. Herr General v. Sonklar bringt sodann in Vorschlag, die Versammlung möge beschliessen, es sei, um eine Con- tinuität in der Geschäftsleitung herzustellen, eine Bestimmung in die Statuten aufzunehmen, nach der der Vorstand-Stell- b* XX vertreter des abgelaufenen Vereinsjahres zum Vorstande des nächsten gewählt werden solle. Herr Prof. Pfaundler schlägt vor, es sei vielmehr zu bestimmen, dass der Vorstand des abgelaufenen Jahres zum Vorstand-Stellvertreter des folgenden gewählt werde. General v. Sonklar zieht seinen Antrag zurück und bringt den des Prof. Pfaundler zur Abstimmung, der an- genommen erscheint. Prof, Albert beantragt, es seien dem ärztlichen Lese- zimmer des k.k. allgem. Krankenhauses in Wien die Vereins- schriften als Geschenk zuzusenden — wird bewilligt. VI. Der Vorsitzende fordert sodann die Mitglieder auf zur Wahl der Vereinsleitung zu schreiten und bestimmt die Professoren Stolz und Oellacher zu Scrutatoren. Abgegeben wurden 23 Stimmzettel. Es erschienen als gewählt: Prof. Dantscher zum Cassier (mit 19 Stimmen), Prof. Sennhofer zum Secretär (mit 14 ,„ ) Für die Vorstandsstelle vereinigten die meisten Stim- men: v. Sonklar (10) und Kerner (9), für die des Vor- stand-Stellvertreters v. Barth (9) und Rembold (8). Da eine absolute Majorität nicht erzielt wurde und die Wieder- wahl v. Sonklar dem $ 18 der Statuten widerspricht, so wird für die Vorstände eine neue Wahl nöthig. Beim zwei- ten Wahlgange gehen als gewählt hervor: Prof. Kerner als Vorstand (mit 17 Stimmen), Prof. Rembold als Vorstand-Stellvertr. (mit 15 St.) Der von Herrn General v. Sonklar angekündigte Vor- trag „über die Menge des frei verdunstenden Wassers‘ muss wegen vorgerückter Zeit auf die nächste Sitzung verschoben werden. Schluss der Sitzung 9 Uhr Abends, axel er. es XXI VI. Sitzung am 29, April 1874, Beginn %/,8 Uhr Abends. (Ausserordentliche Generalversammlung). I. Der Vorsitzende Herr General v, Sonklar legt der Versammlung ein schriftliches Uebereinkommen mit der k, k, Universitätsbibliothek vor, das die Rechte der Vereinsmit- glieder bei Benützung des der Bibliothek überlassenen Bücher- einlaufes sichert, Das Schriftstück lautet: Der Gefertigte erklärt sich, angesichts der Vortheile, welche der k, k. Universitätsbibliothek durch Ueberlassung der vom hiesigen naturw.-medizin. Vereine im Wege des Schriftentausches erworbenen Werke und periodische Schriften zu Theil werden, gerne bereit, die ausgedehnteste Benützung dieser Werke von Seiten der Vereinsmitglieder in folgender Weise zu ermöglichen. 1. Der Verein lässt der k. k, Bibliothek ein Namens- verzeichniss seiner Mitglieder zukommen, 2. Die Bibliothek wird einen Catalog der ihr vom Verein bereits übergebenen und ihr noch fernerhin zukommenden Werke ehethunlichst anfertigen, der den Vereinsmitgliedern jederzeit zugänglich sein soll. 3. Jedes Vereinsmitglied hat das Recht, die oben be- zeichneten Schriften jederzeit unter Beobachtung der all- gemeinen Ausleihevorschriften zur häuslichen Benützung zu entlehnen, wobei er vor jedem dem Vereine nicht ange- hörigen Entlehner in der Weise bevorzugt ist, dass, wenn das betreffende und gewünschte Werk bereits in den Händen eines Nichtmitgliedes dieses Vereines sich befinden sollte, “es von diesem zurückgefordert und dem Vereinsmitgliede ehestens zugänglich gemacht werde. 4, Der gefertigte k. k. Bibliothekar bemerkt jedoch im Interesse sowohl der Bibliothek im Allgemeinen, als auch des Vereines, rücksichtlich der oben erwähnten Schriften, dass für letztere, in so ferne sie nicht schon gebunden an- XXII kommen, eine Frist zum Einbinden derselben einberaumt werden müsse, welche Frist am Besten auf den Monat Januar zu verlegen wäre, Innsbruck am 16. März 1874. Dr. F. Leithe, k. k. Bibliothekar. II. Zur Aufnahme in den Verein meldeten sich folgende Herren : Feldmarschall-Lieutenant Graf Fr, Thun, Dr. Emil Rochelt, Assistent an der chirurg. Klinik, Doctorand Leo Liebermann, Assistent der med, Chemie, Matthäus Meyer, Franziskanerordenspriester und Professor am Gym- nasium zu Hall. Die Aufnahme erfolgt einstimmig. III. Der Vorsitzende lässt den Einlauf cireuliren: 1. Jahresber. des Lesevereins der deutschen Studenten, 1872/73 Wien, 2. „Lotos“ Zeitschr. f. Naturwissensch., Prag 1873. 3. Monatsber. d. k. preuss. Akad. d. Wissenschaften, Berlin, Januar u. Febr. 1872. 4. Sitzungsber. der naturwissensch, Gesellschaft „Isis“, Dresden, April bis Dez. 1873. 5. Verhandlgn. d. Berliner medizin. Gesellschaft 1871, 1 a ee IV. Der Vorsitzende forderte sodann die Mitglieder auf zur Wahl eines Vorstandes zu schreiten, da Herr Professor Kerner die in der vorigen Sitzung auf ihn gefallene Wahl abgelehnt hat, Bei einer Abgabe von 13 Stimmzetteln erscheint Herr Prof. Stolz mit 12 Stimmen zum Vorstand gewählt. V. Herr Statthaltereirath v. Barth berichtet, dass er den Cassabericht revidirt und richtig befunden habe. VI. Herr General v. Sonklar trägt vor „über die Menge des frei verdunstenden Wassers“, Schluss der Sitzung 8%, Uhr Abends, XXI VII. Sitzung am 13, Mai 1874. Beginn %,8 Uhr Abends, I. Der Vorsitzende Herr Prof, Stolz bringt zur Kennt- niss der Versammlung, dass Herr Prof. Rembold die Wahl zum Vorstand-Stellvertreter angenommen hat, Il, Zum Eintritt in den Verein hat sich gemeldet Herr Franz Greil, Assistent an der internen Klinik. ill. Der Herr Vorstand bringt für die nächste Sitzung resp. ausserordentliche Generalversammlung die Streichung des § 18 der Statuten in Vorschlag, IV, Einlauf: 1. Jahresber. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, 1. Heft. 2. Verhandlungen d. k. k. geolog. Reichsanstalt, 3. Rundschau, med.-chirurg., XV. Jahrg. II. Bd. 1., 2., 3. Heft. | 4. Bullet. de la Soc. imper. de Natur de Moscou, No. 3. VY. Herr Prof. Albert bespricht unter Vorzeigung von anatomischen Präparaten die Form des menschlichen Hüft- gelenkes. Während die Mehrzahl der Anatomen seit jeher in der Kugel und Pfanne des Hüftgelenkes Segmente zweier tleichen Kugeln sahen, stellte Prof. König eine alte Ansicht von Paletta von Neuem auf, nach welcher die Pfanne einen grösseren Radius haben sollte, als der Kopf. Der Vortra- gende demonstrirt die Kongruenz beider Kugeln und formulirt seine Ansicht dahin, dass die Articulation zwischen Kopf und Pfanne als Zonenberührung zweier gleichen Kugeln auf- zufassen sei. VI. Herr Prof. Oellacher gibt Mittheilungen über Beobachtungen von Zellentheilung, VI. Herr’ Prof. v. Barth fragt an, ob der Verein ge- neigt sel, Recensionen in die Zeitschrift des Vereines aufzu- nehmen. Die Beantwortung wird auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung angesetzt. Schluss der Sitzung %,9 Uhr Abends. XXIV VIH. Sitzung am 3. Juni 1874. Beginn %,8 Uhr Abends. I. Der Vorsitzende Herr Prof. Stolz macht bekannt, dass Herr Bibliothekar Dr. A. Leithe seinen Austritt aus dem Vereine angemeldet hat. II. Der Vorstehende meldet Herrn Barach Rappa- port, k. k. Univ.-Professor als Mitglied an. III. Einlauf: 1. Ueber die Naturkräfte, welche neben der Gravitation die Bewegung der Himmelskörper vermitteln und anderes Einschlägiges von F. L. Beck. 2. Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft Graa- bünden, XVII. Jahrg. 1872—73. IV. Die Verhandlung über die Aufnahme von Recen- sionen in die Vereinszeitschrift wird auf die Tagesordnung der nächsten zahlreicher besuchten Sitzung verschoben. V. Herr Prof. v. Vintschgau zeigt ein Kaninchen, an welchem er vor zwei Wochen die Durchschneidung des rechten Trigeminus in der Schädelhöhle vorgenommen hatte, Nebst der Unempfindlichkeit der entsprechenden Gesichts- hälfte sind auch die Degeneration des rechten Augapfels und die Schiefheit der Kaufläche an den Schneidezäbnen sehr deutlich ausgeprägt. Prof. v. Vintschgau knüpft an diese Demonstration einige Bemerkungen an. VI. Herr Prof. Pfaundler hält einen Vortrag „über den Kampf ums Dasein unter den Molekülen.“ Derselbe ist seinerzeit im Jubelband der Poggendorff’schen Annalen ver- öffentlicht worden. Schluss der Sitzung 9'/, Uhr Abends, XXV IX. Sitzung am 17. Juni 1874. (Ausserordentliche Generalversammlung). Beginn der Sitzung %/,8 Uhr. I. Zum Eintritt in den Verein hat sich Herr Director Dr, Eduard Mach gemeldet. II. Herr Prof. Barach Rappaport wird einstimmig als Mitglied des Vereines aufgenommen. III. Einlauf: Atti, d. Soc. venet. trent. d. scienz, nat. R. in Padua, Dez. 1873. IV. Bei der Verhandlung über die Aufnahme von Recen- sionen in die Vereinszeitschrift beschliesst der Verein nach längerer Debatte an der sich die Herren Statthaltereirath Barth, Prof. Maly, Albert, Oellacher und Barth besonders betheiligen, dass in die Zeitschrift des Vereines Recensionen Aufnahme finden können. V. Nachdem $ 18 der Vereinsstatuten mit dem Beschlusse des 11. März in Widerspruch steht, beantragt der Vorsitzende die Streichung des genannten Paragraphes. Herr Statt- haltereirath v. Barth beantragt an Stelle des $ 18 den Wortlaut „die Wiederwahl der Vorstehung ist statthaft“* zu setzen. Prof. v. Barth beantragt die Aufnahme des Satzes „die abgetretenen Mitglieder der Vorstehung können ohne Einwendung wieder gewählt werden.“ Bei der Abstimmung wird einstimmig 1) die Streichung des Wortlautes des $ 18 angenommen. 2) Die Streichung des Beschlusses vom 11. März be- schlossen. 3) Beschlossen, dass der $ 18 künftig zu lauten habe „die Wiederwahl der abtretenden Mitglieder des Bureau des Vereines ist zulässig.* VI. Herr Prof. Kerner hält einen längeren Vortrag über Autogamie der Pflanzen. Ende der Sitzung 9, Uhr Abends. XXVI X. Sitzung am 7, Juli 1874. Beginn %,8 Uhr Abends. I. Einlauf: Med.-chir. Rundschau, XV. Jahrg. II. Bd. 2. und 3. Heft. II. Herr Director Dr. Eduard Mach wird cnet als Mitglied aufgenommen, III. Der Verein stimmt dem Antrage der physikalisch- medizinischen Gesellschaft in Erlangen auf Austausch der Vereinsschriften bei. IV. Herr Prof. Dr. Lang trägt vor „über die Bedeu- tung der sog. Riesenzellen im Lupus.* Den schon seit Jahren innerhalb mancher pathologischer Produkte vorkommenden Gebilden, welche unter Umständen einer Riesenzelle ähnlich sehen, ist auch der Vortragende während seiner mikroskopischen Studien über Geschwülste nicht gar so selten begegnet. Er konnte sich in der ersten Zeit über die Deutung dieser Gebilde durchaus nicht klar werden; erst bei fortgesetzter Beobachtung befestigte sich die Ansicht bei ihm immer mehr und mehr, dass die fraglichen Gebilde als Ausdruck einer retrograden Metamorphose, denen Zellenconglomerate anheimgefallen sind, aufzufassen seien, Selbst als Schüppel mit der bestimmten Behauptung her- vortrat, die Riesenzellen seien als Keimstätte der Tuberculose, d. h. als der Brutstock, von dem die die Tuberculose aus- machende Zellenbildung ausgehen soll, anzusehen, konnte der Vortragende in seiner Ansicht nicht erschüttert werden, Nachdem der Redner einiges auf die Anatomie des Lupus Bezugnehmende mitgetheilt, erwähnt er, dass man in vor- geschrittenen Stadien innerhalb massenhaft angehäufter Lupus- zellen einmal Nester von in Zerfall begriffenen Elementar- organismen findet, ein anderes Mal aber Bildungen antrifft, welche wegen ihrer Aehnlichkeit mit manchen vielkernigen — Elementarorganismen, den Riesenzellen, geradezu mit dem- selben Namen bezeichnet worden sind. Der Vortragende beschreibt und demonstrirt die Form und das Aussehen der XXVII sog. Riesenzellen, ihr Vorkommen innerhalh der Lupushaufen und hebt über ihren Fundort in Bezug auf die Topographie der Haut hervor, dass man diese vielkernigen Gebilde zu gewissen Zeitabschnitten ganz regelmässig in der Schweiss- driisenregion und manchesmal innerhalb Talgfollikelformen zu sehen bekommt. Nach der Vorstellung des Vortragenden sind diese vielkernigen Massen als retrograd metamorphosirte Zellenconglomerate anzusehen und denkt sich dieselben auf folgende Weise entstanden: Die im Centrum eines Lupushaufens befindlichen Zellen werden, je mehr der Lupusherd angewachsen, um so sicherer einer Unregelmässigkeit des Stoffwechsels zum Opfer fallen; hiebei ist es aber durchaus nicht nöthig, dass die Zelle zer- falle, sie kann ihre Form noch lange Zeit, nachdem jede physiologische Function in ihr erloschen ist, beibehalten. Sind nun mehrere benachbarte Elementarorganismen in dieser Weise metamorphosirt, dann verkleben sie mit einander, ihre Leiber verschmelzen, es verwischen sich die Zellenconturen und nur die Kerne, als die widerstandsfähigsten Theile der Zelle, bleiben noch lange Zeit innerhalb der mattbraunen, zusammengebackenen Masse erkennbar. Es kommt aber zur Bildung solcher kernreicher Klumpen nicht nur mitten in einem Lupushaufen, sondern auch durch Aneinderlegen und Ineinanderfliessen von zelligen Elementen, die in röhrigen Gebilden liegen, oder in anderer Weise aneinandergereiht sind. Am häufigsten drängt sich einem die Vorstellung auf, als entständen die in Rede stehenden Gebilde innerhalb der Blutgefässe: die die Gefässe zumeist umlagernden Zellen werden bei ihrer allmäligen Anhäufung das von ihnen um- ringte Gefäss schliesslich erdrücken; das Lumen wird näm- lich immer enger, somit die Circulation an dieser Stelle ver- langsamt, in Folge dessen werden die im Blute suspendirten Elemente an den Blutgefässwandungen immer zahlreicher hängen bleiben, bis die kleinste Lücke im Gefässe durch .das letzte schwimmende zellige Element verlegt wird; nun ist die Haupternährungsquelle des Lupusherdes abgeschnitten und XXVIII es kann dessen so verändertes Centrum derselben Metamor- phose aus denselben Gründen, wie früher erörtert, anheim- fallen. Insoferne aber als die Lupuszellen am häufigsten um die Gefässe herum angetroffen werden, und als letztere um die Schweiss- und Talgdrüsen herum am dichtesten ge- sponnen sind, werden die zelligen Elemente dieser Drüsen den der Lupusinvasion anhängenden Ernährungstörungen am meisten und frühesten unterworfen sein, Es gibt aber auch noch einen andern Entstehungsmodus für diese vielkernigen Klumpen. Man findet nämlich im Lupus gar nicht so selten da und dort sog. Corpuscula amylacea von glasiger Transparenz oder mit einem bouteillen- grünen Schiller versehen. Um diese Corpuscula amylacea nun pflegen die benachbarten Zellen sich anzulegen, mit einander zu einem schaligen Haufen, in dem nur die Kerne deutlich sichtbar bleiben, zu verschmelzen und so das Bild einer Riesenzelle, deren Inneres ein Corpusculum amylaceum beherbergt, vorzutäuschen. Redner hält die von ihm in der lupösen Haut vorge- fundenen vielkernigen Gebilde für vollkommen identisch mit den von.Schüppel beschriebenen, oder noch richtiger mit den durch Langhans bekannt gewordenen, auf die sich ja auch Schüppel bezieht. Uebrigens haben ja auch drei andere Untersucher (Friedländer, Bizzozero und Pantlen) dieselben Gebilde in der Haut und zwei von ihnen in lupöser Haut angetroffen; einer derselben hat ja sogar auf Grund seiner mit Schüppel übereinstimmenden Befunde den Lupus, die Serophulose und die Tuberculose geradezu als gleichwerthig hingestellt. Der Vortragende führt nun, nachdem er Schüp- pels Doctrin kritisch beleuchtet, folgende Thatsachen, welche seine Ansicht über die sog. Riesenzelle zu stützen im Stande sind, auf: 1) Findet man dieselbe am häufigsten da, wo auch sonst die retrograde Metamorphose zu beginnen pflegt, d. i. im Centrum des Lupusherdes. 2. Muss es auffallen, dass in der Mehrzahl der sog. Riesenzellen nur randständige und oberflächlich gelegene Kerne beobachtet werden, (Nach XXIX der Ansicht des Vortragenden ist diese von den Kernen angeführte Erscheinung darin begründet, dass bei der durch Zusammenschmelzen ganzer Zellengruppen entstandenen sog. Riesenzelle entweder nur der jüngste um den Klumpen sich lagernde Zellensaum noch imbibitionsfähige Kerne besitzt, oder dass die Masse des Klumpens undurchsichtig geworden und desshalb nur die periphersten Kerne erkennen lässt.) . 3. Beobachtet man die randständigen Kerne gewöhnlich radiär gestellt, während die oberflächlich gelegenen in gewissen Zügen parallel aneinander gereiht sind, (Diese Anordnung findet ihre Deutung in der vom Vortragenden angeführten Annahme, dass neben den Elementen der Gefässwände (Endothelzellen etc.) auch die Drüsenschlauchzellen an der- selben Metamorphose theilnehmen und man wird, je nachdem dieselben im Quer- oder Längschnitt erscheinen, radiär ge- stellte und randständige, oder oberflächlich gelegene und mit einander parallel ziehende Kerne an den sog. Riesenzellen beobachten. 4. War der Vortragende in einigen Fällen noch sehr gut in der Lage, die Entstehung des Gebildes zu studiren und zu verfolgen; namentlich gelingt es nicht selten, an sog. Riesenzellen die ihnen noch anhaftenden glasig ver- quollenen Endothelien (Mantelzellen, Langhans) zu erkennen. 5. Kann der Vortragende längsgetroffene Gefässchen mit einem bräunlichen, punktirten, starrgewordenen Inhalt auf- weisen, an dessen Rande die Kerne der Gefässwandelemente deutlich zu sehen sind. 6. Trifft man neben dieser von ihm geschilderten noch eine ganze Reihe anderer augenscheinlich retrograder Metamorphosen (Detritus, Corpuscula amylacea und gleichförmig aussehende colloide Schollen, glasige Ver- quellung). Endlich 7. findet man die Degeneration zu einem vielkernigen Klumpen in Combination mit andern Degenera- tionsformen. Auf diesen letzten Punkt bezugnehmend führt der Vortragende aus, dass das Corp. amyl. frei entsteht und dass um dasselbe metamorphosirte und miteinander ver- schmolzene Zellen mit ihren lange Zeit erkennbaren Kernen sich anlegen. Für diese, im Gegensatz zu Schüppel aufge- stellte Behauptung macht er geltend, dass er oft genug bis- euitförmige oder mehrköpfige geschichtete Körperchen vor- fand, an deren kolbigen Enden Anfänge von Riesenzellen- ansätzen zu sehen waren, während die verbindende Mitte noch ganz unbelegt erschien ; oder es kamen solche Körper- chen zur Beobachtung, welche zur Hälfte in, zur Hälfte ausser- halb der sog. Riesenzelle lagen; schliesslich erschienen ihm Bilder, nach welchen nothwendiger Weise angenommen werden musste, dass eine sog. Riesenzelle bei ihrer durch Anlagerung erfolgten Grössenzunahme auch ein der Nähe befundenes Corpusculum amylaceum einzuverleiben pflegte. Abgesehen aber von diesen Thatsachen, welche voll- kommen geeignet sind, der Anschauung des Redners: die . sog. Riesenzellen sind als retrograd metamorphisirte Zellen- conglomerate anzusehen, Geltung zu verschaffen, sieht man sich vergebens nach Zuständen dieser Gebilde um, welche sie als lebens- und fortpflanzungsfähige Elementarorganismen charakterisiren könnten. Auf eine Discussion über die mit der „Enstehung dieser Riesenzelle im Tuberkel* sich be- schäftigende Arbeit von Schüppel möchte der Vortragende darum nicht eingehen, weil ihr sehr viele Mängel ankleben. Die Bedeutung der sog. Riesenzelle als pro- liferirendes Gebilde ist somit zu läugnen, die vielkernige Masse ist vielmehr als der Ausdruck einer retro- graden Metamorphose en masse anzusehen. In diese Meta- morphose können sowohl lymphoide, als auch Blut-, Gefäss- und Drüsenzellen eingehen, und es ist diese Degeneration gerade so weuig, wie irgend eine andere nur an ein bestimm- tes Gewebssystem gebunden. Man kann somit wegen der Anwesenheit dieser vielkernigen Massen in der Scrophulose, dem Lupus und der Tubereulose diese Krankheiten nicht als gleichartig hinstellen, man kann nur sagen, es etabliren sich in ihnen dieselben retrograden Metamorphosen. Es kommen ja selbst bei den differentesten pathologischen Vorgängen oft genug gleiche Entartungen zur Beobachtung; wird man desshalb aus einem gleichartigen Ausgange auf eine Gleich- . F- > XXXI artigkeit des ursprünglich vorhanden gewesenen pathologischen Prozesses schliessen dürfen ? In Bezug auf das fernere Schicksal des Gebildes er- wähnt der Vortragende, dass es, wie auch Schüppel annimmt, zu einer Punktmasse zerfällt, die einen Verschärmungs- process einleitet, oder aber resorbirt wird. Im Falle der Resorption wird die Haut, da die Degeneration zu vielker- nigen Klumpen auch die im Lupus eingebetteten Schweiss- und Talgdrüsen und Papillen betrifft, über diese Parthien einsinken, sie wird ihre von den Drüsen und Papillen her- rührende normale Körnung verlieren, glatt und glänzend werden, kurz das Aussehen einer Narbe bekommen, ohne dass an der Stelle je ein Verschwärungsprocess stattgehabt hätte. Schluss der Sitzung 9 Uhr Abends. XI. Sitzung am 15. Juli 1875. Beginn der Sitzung %,8 Uhr Abends. I. Einlauf: 1. Proceedings of the royal. Societ. Vol. XXI. No. 146 und 147, Vol. XXII. No. 148, 149 u. 150. 2. Sitzungsber. der k. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. in Prag. . II. Der akadem. Leseverein von Innsbruck sucht an um die Ueberlassung eines Freiexemplars der Vereinszeitschriften, was einstimmig bewilliget wird. III. Hierauf macht Herr Prof. Albert chirurgische Mit- 'theilungen, indem er drei Operirte vorstellte und hierauf vorträgt über den Schüttelfrost bei Transfusionen. IV. Herr Prof. Oellacher demonstrirt ein Hühnerei mit 2 Dottern. Ende der Sitzung 9 Uhr Abends. XXXII XII. Sitzung am 28. October 1874. Beginn 7'/, Uhr Abends. I. Einlauf: 1. Monatsber. der k. Akad. der Wissenschaften, April bis August. 2. Worte der Erinnerung von Hessenberg. 3. Sitzungsber. Isis, 1874. 4, Bulletin soc. imp., Moseou 1873, No. 4. 5. Sitzungsber. mathem,-physik. d. Akadem. d. Wissen- schaften in München, 1874, Heft J., IL, II. 6. Annual Report. et Smithson. institut 1872. 7. Jahresber, d. Lesevereines der deutsch, Studenten in Wien. Ill. 1873—1874. 8. Jahresber, der Gesellsch. f, Naturheilkunde, Dresden Oct. 1873 bis Mai 1874. 9. Ueber die Naht getrennter Sehnen v. Dr. Rochelt. 10. Medie,-chirurg. Rundschau, XV. Jahrg. III. Band, ie; Bo 3 Heft: . 11. Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, No. 7, 1874. 12. Jahrbuch d. k. k. geolog. Reichsanst. Jahrg. 1874, XXIV. Bd. April bis Juni. 13. Sitzungsber, der k. böhm. Gesellsch. der Wissen- schaften, 1874 No. 4 und 5. 14. Mittheilungen der naturf. Gesellschaft, Bern 1873. 15. Abhandl. der schles. Gesellsch. für vaterl. Cultur. Philosoph.-histor. Abth. 1873— 1874. 16. 51. Jahresbericht der schles. Gesellsch. für vaterl. Cultur. Philos.-hist. Abth. 1873. 17. Verhandl. der schweiz. naturf. Gesellsch. z. Schaff- hausen, 1873, 56. Jahresversammlung. 18. Zeitschrift des Ferdinandeums. IH. Folge, 18. Heft, II. Der Herr Vorsitzende zeigt an, dass die von der Versammlung beschlossene Statutenänderung die Genehmigung der k. k. Statthalterei erhalten hat. XXXIU Ill. Herr Prof. Kerner hält einen Vortrag über die botanischen Resultate der Hall’schen Nordpolexpedition. IV. Herr Docent Dr. Diet] trägt vor über ein Eisen- albuminat und dessen terapeutische Bedeutung. Ende der Sitzung 81/, Uhr Abends. XIII. Sitzung vom 11. November 1874. Beginn der Sitzung 7, Uhr Abends. I. Einlauf: 1. Mediz.-chir. Rundschau, IV. Bd. 1. Heft. 2. Leopoldina, X. 3—4, 5—6. 3. Inhaltsverz. der k. Akadem. d. Wissensch. in Berlin. 4. Die Seminkarte in rationeller Behandlung v. Weyer. (Abhandl. d. k. böhm. Gesellsch. d. Wissenschaften. Prag, VI. Folge 6. Bd.) 5. Steiner’sche Polygone über die Curve III. Ordnung, von Küpper. 6. Baumfarrnreste der böhm. Steinkohle von O. Feist- mantel. 7. Steinkohlen- und Permablagerung bei Prag von O. Feistmantel. 8. Sitzungsber. der k. böhm. Gesellsch. der Wissensch. in Prag, 1872, Juli bis Dezember. Il. Herr Hofrath Straub meldet sich zum Beitritt in den Verein an. II. Herr Prof. Stolz trägt vor über einige Sätze der Integralrechnung. IV. Herr Prof, Rembold trägt vor über Paulus An- ginata. V. Der Vorsitzende gibt bekannt, dass die Herren Naturw.-med. Verein. 1874. c XXXIV Dr. Bereitter, Dr. Donath und Schulinspector Gnad ihren Austritt aus dem Vereine angemeldet haben. Ende der Sitzung 81, Uhr Abends. XIV. Sitzung am 2. Dezember 1874. Beginn 7‘, Uhr Abends. I. Einlauf: 1. Med. Bericht d. k. Gesellsch. d. Aerzte, IL, HI, IV, 2. Das vitale Gleichgewicht von Liebermann. 3. Verhandlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt, 12 und 13. ; 4, Sitzungsberichte der Aerzte Steiermarks, XI. Ver- einsjahr. 5. Jahrbuch der k. k. geol. Reichsanstalt. II. Herr Hofrath Straub wird einstimmig als Mitglied des Vereines aufgenommen. II. Herr Prof. Mauthner trägt vor über den grauen Staar und die Graef’sche Extraktion, IV. Zum Beitritt zum Vereine haben sich gemeldet die Herren Baron de Fin, k. k, Hauptmann und Berthold Stein, k. k. Garteninspektor. Schluss der Sitzung 84, Uhr Abends. XV. Sitzung am 16. Dezember 1874. Beginn 7Y, Uhr Abends. I. Einlauf: 1. Med.-chir. Rundschau, XV. Jahrg. IV. Bd, 2. Heft. 2. Atti soc, ital. Milano, fase. HL, IV. II. In den Verein werden als Mitglieder einstimmig aufgenommen die Herren Baron de Fin, k. k. Hauptmann und Berthold Stein, k. k. Garteninspektor. XXXV II. Herr Prof. Stolz setzt die in der Sitzung vom 11. November d. J. gegebene Mittheilung über einige Sätze der Integralrechnung fort und legt eine Abhandlung, „Be- merkungen zur Integralrechnung“ für die Vereinszeitschrift vor, welche die Ausführung dieser Mittheilungen enthält. IV. Herr Prof. Heller hält einen Vortrag über schäd- liche Insekten. Schluss der Sitzung 8 Uhr Abends. cr “tuna ala end age a: a With. erin 38 ol Ditty or noniules a pOunoearg HE B. Original-Berichte. Naturw.-med. Verein. 1874. iy é ch a4 119 Sine [3 Vorläufige Mittheilungen über die Bedeutung der Asyngamie für die Entstehung neuer Arten. Vortrag, gehalten in der Versammlung am 21. Jänner 1874, von A. Kerner. Die Befruchtung der Pflanzen kann immer nur dann stattfinden, wenn die der Reproduktion dienenden Theile ihre volle Reife erlangt haben. Der Eintritt der Geschlechtsreife aber, von sehr mannigfachen Umständen abhängig, ist unter andern auch an eine bestimmte Periode des Jahres gebunden. Sowohl jene Arten, deren mit Reproduktionsorganen ver- sehene Individuen nach erfolgter Befruchtung und Samen- bildung zu Grunde gehen als auch jene langlebigen Orga- nismen, welchen die Fähigkeit der geschlechtlichen Vereini- gung periodisch wiederkehrt, müssen den Akt der sexuellen Vereinigung in einer bestimmten Jahresperiode vollziehen können. Erfolgt die Reife der Reproduktionsorgane zu früh oder zu spät, so kommt es auch nicht zur Bildung ent- wicklungsfähiger Samen. Wie genau die Anthese d. i. die Zeit, in welcher die Belegung der Narbe mit Pollen erfolgt, von den Pflanzen eingehalten wird und wie sehr der Eintritt der Geschlechts- reife mit der ganzen Organisation einer Art im innigsten Zu- sammenhange steht, zeigen unter Anderem die Bastarte. Wenn man aus zwei Arten, von welchen die eine zeitlicher, die andere etwas später zu blühen beginnt, die Bildung eines Bastartes künstlich veranlasst, so zwar, dass man den Pollen der letzten Blüthe von der frühblühenden Art auf die Narbe 1* ee see der ersten Blüthe der späterblühenden Art überträgt, so blüht der erzeugte Bastart weder so früh wie die eine Stamm- art noch auch so spät wie die zweite Stammart auf, sondern die Anthese fällt in die Mitte, und es öffnet sich die erste Blüthe des Bastartes etwas später als die erste Blüthe der früherblühenden Stammart, aber auch etwas früher als die erste Blüthe der späterblühenden Stammart. Wenn aber auch die Anthese jeder Art an eine be- stimmte Periode des Jahres gebunden und die Bildung keim- fähiger Samen von der in dieser Periode den Pflanzen zu- kommenden Wärme, von der Länge der Tage, beziehungs- weise von dem Verhältniss zwischen Tag- und Nachtarbeit einer Pflanze und von noch zahlreichen anderen Umständen abhängig ist, so lehrt doch anderseits die Erfahrung, dass die Pflanzenarten in Betreff der Blüthe- und Reifezeit ge- radeso wie in anderen Eigenschaften Variabilität zeigen, d. h., dass einzelne Individuen in Erscheinung treten können, welche von der grossen Mehrzahl ihrer den gleichen äusseren Verhältnissen ausgesetzten Geschwister etwas abweichen. Die weitaus grösste Zahl der Individuen einer Art blüht unter gleichen äusseren Verhältnissen allerdings gleichzeitig, die Belegung ihrer Narben mit Pollen erfolgt innerhalb einer eng begrenzten Periode des Jahres und man kann sie als Syngamisten bezeichnen. Neben diesen kommen aber unter gleichen äusseren Einflüssen auch Vorläufer und Nachhinker vor. Dieselben sind in der Anthese von der grossen Masse der gleichzeitig blühenden Geschwister isolirt und ich bringe für diese zeitliche Isolirung, deren grosse Bedeutung für die Abzweigung neuer Arten aus dem Nachfolgenden her- vorgehen wird, die Bezeichnung Asyngamie in Vorschlag. *) Asyngamische Individuen sind an der Stätte, an welcher sie entstanden sind, gegenüber den dort wachsenden zahl- reichen syngamischen Individuen derselben Art für gewöhnlich *) Noch treffender wäre die Bezeichnung: Asynchronogamie; doch ist dieser Name schwerfällig und aus diesem Grunde „Asyngamis“ wol vorzuziehen. pis ee im Nachtheil, da sie es entweder gar nicht zur Samenbildung bringen oder doch nur wenige und unvollkommen entwickelte Keime erzeugen und daher früher oder später ohne Nach- kommenschaft erlöschen. — Es können aber mit der Ver- änderung der Blüthezeit auch Veränderungen in der ganzen Organisation beziehungsweise Veränderungen der Gestalt des betreffenden asyngamischen Individuums Hand in Hand gehen; mit einem Wort es kann eine individuelle Varietät entstehen, welche nicht nur eine von der Mutterpflanze abweichende Blüthezeit hat, sondern auch in ihrer äusseren Erscheinung, in diesem oder jenem Merkmale von jener abweicht, ja es können diese Veränderungen geradezu in Correlation stehen, wie z. B. an einer ausdauernd gewordenen individuellen Va- riation einer einjährigen Art, welche regelmässig zu anderer Zeit in Anthese tritt als die annuelle Mutterpflanze, oder an einer individuellen Varietät mit dicht behaartem Laubwerk, welche immer später zur Blüthe kommt, weil der Auf- bau behaarter Laubblätter mehr Arbeit und Zeit beansprucht als der Aufbau kahlen Laubes. — Es kommt aber auch vor, dass eine individuelle Abart morphologische Aenderungen zeigt, welche mit der Asyngamie nicht in Correlation stehen, und es können beide Erscheinungen zunächst von einander unabhängig an dem Individuum auftauchen. Es ist aber doch möglich, dass die morphologische Aenderung dem In- dividuum nur dann einen Vortheil bringt, wenn dasselbe gleichzeitig auch asyngamisch ist. Gewisse Schutzmittel des Nektars, z. B. drüsige klebrige Haare an den Blüthenstielen einer Art, welche die Entwendung des in den Blüthen ge- borgenen Honigs durch aufkriechende Ameisen verhindern und diesen Honig für die anfliegenden die Belegung der Narben vermittelnden Insekten schützen und reservieren, mögen für eine etwa im April blühende Pflanzenart überflüssig sein; wenn dieser klebrige Ueberzug aber an einem spät blühen- den Individuum auftaucht, so wird derselbe wichtig und vor- theilhaft, weil sich zu dieser Zeit gewisse Ameisen einfinden» welche zu den Blüthen aufkriechen, den Nektar holen, so NG RE die Blüthen des für die anfliegenden Insekten berechneten Lockmittels berauben und dadurch die Bildung reichlicher keimfähiger Samen verhindern würden, wenn eben der Zu- gang durch den klebrigen Ueberzug der Blüthenstiele nicht behindert wäre. — Was in dem einen Monat überflüssig, unvortheilhaft oder geradezu vom Nachtheil ist, kann in einem andern Monat unter geänderten äusseren Verhältnissen für dieselbe Pflanze vortheilhaft sein, und anderseits kann die Asyngamie, welche für das eine Individuum unvortheilhaft ist, in Combination mit einer morphologischen Aenderung einem zweiten Individuum zum Vortheil werden; es kann die geänderte Blüthezeit mit der ganzen Organisation, mit den äusseren Verhältnissen der Lokalifät, an welcher die indi- viduelle Variation entstanden ist, derartig in Harmonie stehen und auch mit Rücksicht auf die an eben dieser Lokalität gleichzeitig blühenden anderen Gewächse einen solchen Vor- theil bieten, dass das asyngamische Individuum keimfähige Samen zu Stande bringt *), dass sich dasselbe vermehrt, allmählig einen Verbreitungsbezirk erobert, und so zum Aus- gangspunkt einer neuen Art wird. Eine Zurückführung einer solchen abgezweigten Art zur Stammart durch Kreuzung mit den syngamischen Individuen eben dieser Stammart ist durch die Asyngamie verhindert und es kann die zur Art gewordene individuelle Variation mit der Stammart sogar auf derselben ° *) Eine Mehrzahl solcher asyngamischen Individuen ist zur Erzeu- gung keimfähiger Samen nur ‘bei den sehr wenigen Arten mit zwei- häusigen Blüthen nothwendig. Bei allen andern genügt ein Individuum. Es kann selbst ein einblütiges Individuum einer Art mit Zwitterblüthen zum Ausgangspunkt einer Art werden. — Kreuzung mehrerer Blüthen ist nicht unbedingt nothwendig. Ich werde in einer ausführlichen Ab- handlung an anderer Stelle den Nachweis liefern, dass die Kreuzung allerdings einen gewissen Vortheil bringt, dass sich aber bei der weitaus grössten Mehrzahl der Pflanzen in den Blüthen eigene bisher übersehene oder irrig gedeutete Mechanismen finden, welche für den Fall der aus- bleibenden Kreuzung eine Autogamie veranlassen. Die Zahl der durch Autogamie erzeugten keimfähigen Samen ist in vielen Fällen allerdings geringer, in den meisten Fällen aber nicht geringer als nach vorherge- gangener Kreuzung. Be qe Lokalität zusammen vorkommen. Auf dem gleichen Gelände ist jede der beiden gesellig, wachsenden nahe verwandten Arten durch ihre Organisation, durch ihre Gestalt, durch ihre Merkmale für die Zeit, in welcher die grosse Masse ihrer Individuen knospet, blüht und fruchtet am besten adaptirt. *) Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist die Asyn- gamie auch in Zeiten, in welchen sich eine Aenderung der klimatischen Verhältnisse vollzieht. Gesetzt, das Klima einer Lokalität werde rauher, die Jahresperiode innerhalb welcher die Pflanzen sprossen, blühen, fruchten und sich einwintern müssen, verkürze sich durch langdauernde Winter mehr und mehr und auch das während der Vegetationszeit gebotene Wärmemass nehme allmälig ab. Die syngamischen Individuen einer Art, welche bisher mit ihrer jährlichen Arbeit gerade noch vor Thorschluss fertig zu werden vermochten, werden diess nur mehr an besonders günstig gelegenen Standorten, endlich aber auch da nicht mehr zu Stande bringen und allmälig ganz aussterben. Jene individuellen asyngamischen Variationen aber, welche zeitlicher blühen und zeitlicher Früchte reifen, und welche einstens gegenüber den syngamischen Individuen im Nachtheil waren, sind jetzt im entschiedenen Vortheil, werden sich er- halten und vermehren und an die Stelle der späterblühenden Individuen treten, Umgekehrt werden sich bei einer klimatischen Ver- änderung, welche eine Verlängerung der Vegetationszeit und eine vermehrte Wärmezufuhr zur Folge hat, jene asyngamischen Individuen erhalten, welche später als die grosse Zahl der syngamischen Individuen der betreffenden Art zum Blühen und Fruchtreifen gelangen. Die letzteren standen bisher zu der für sie geeignetsten Zeit in Blüthe; nun aber kommen sie unter den Einfluss des wärmer ge- *) Vergl. A. Kerner: Die Schutzmittel des Pollens, in. den Berichten des naturwiss. Vereins zu Innsbruck III. Jahrg, 1873. p. 162. a Rah wordenen Klima’s und einer längeren Vegetationszeit früher zur Blüthe, das Gleichgewicht zwischen der Nachtarbeit einerseits und der im Lichte erfolgenden Assimilation ander- seits ist in ihnen jetzt verschoben; die Zeit zur Assimilation ist zu sehr verkürzt, die tägliche Lichtdauer ist noch zu beschränkt, die Entwicklung der ganzen Pflanzen ist daher eine kümmerliche und sie gehen früher oder später zu Grunde, Dagegen ist jetzt für die der grossen Masse syngamischer Individuen in ihrer Entwicklung nachhinkenden asyngamischen Individuen die rechte Zeit gekommen und es werden diese jetzt in jenem Jahresabschnitte, beziehungsweise bei jener Tages- und Nachtlänge, bei jener Lichtdauer und Temperatur blühen und Früchte reifen, bei welcher die syngamischen In- dividuen früher vortrefflich gediehen waren. Beides kann ge- schehen, ohne dass dabei eine andere Aenderung der über- lebenden asyngamischen Individuen stattfindet, als etwa eine Verkleinerung oder Vergrösserung der Pflanzenglieder, eine Verringerung oder Vermehrung der Laubblätter, Blüthen und Seitenaxen; gewiss aber wird eine Aenderung der Gestalt, das Auftreten solcher Merkmale, welche mit Rücksicht auf das rauher oder wärmer gewordene Klima den sich erhalten- den asyngamischen Individuen noch irgend einen weiteren Vortheil bringen, die Vervielfältigung derselben noch wesent- lich fördern und beschleunigen und zur Entstehung neuer Arten oder vielleicht besser gesagt zur Umprägung in neue Arten führen. Die hier geschilderten Vorgänge müssen sich auf ein und demselben Fleck Erde im Laufe der Zeiten abspielen und es werden so die Arten einer warmen Periode durch ähnliche Arten einer kalten Periode, und umgekehrt, ersetzt. Die Umprägung der Arten wird in diesen Fällen dadurch vermittelt, dass das Gelände, auf welchem die Pflanzen wachsen, einem geänderten Klima ausgesetzt wird. Diese Umprägung kann aber auch dadurch vermittelt werden, dass eine auf Wanderschaft begriffene Pflanze unter den Einfluss eines anderen Klima’s gelangt, und es spielen sich dann ganz DA. analoge Vorgänge ab. — Auf dem Mittelfelde ihres Ver- breitungsbezirkes wird jede Pflanzenart unter den ihrer Or- ganisation zuträglichsten Verhältnissen, an der klimatischen Grenze des Verbreitungsbezirkes dagegen unter ungünstigeren äusseren Einflüssen leben. Das gilt aber wieder nur für die grosse Masse der syngamischen Individuen einer Art. Asyn- gamische Individuen, welche auf dem Mittelfelde kein Fort- kommen finden, haben gerade an der Nord- und Südgrenze oder auch an der oberen und unteren Grenze günstigere Existenzbedingungen. Ein frühblühendes Individuum einer den Höhengürtel von 500—1500 Met. bewohnenden Art, welches in der Seehöhe von 1500 Met. aufgekeimt ist, wird dort oben auch noch reife keimfähige Samen erzeugen kön- nen, während dagegen späterblühende Individuen derselben Art es dort nicht mehr zur Ausbildung keimfähiger Samen bringen. Unter der Nachkommenschaft jenes frühblühenden Individuums mögen immerhin auch wieder einige späterblühende Individuen erscheinen, die Mehrzahl der Sprösslinge wird doch gewiss die Eigenschaft der Mutterpflanze geerbt haben Während die für jene hohe Lage ungeeigneten Individuen zu Grunde gehen, wird sich die Mehrzahl ihrer Geschwister dort erhalten, ja es werden von diesen vereinzelte besonders frühblühende Individuen sogar die Seehöhe von 1500 Met. noch überschreiten und so das Areal der Art allmälig erweitern. Während auf diese Weise frühblühende Individuen zur Einwanderung in Gebiete mit enger Vegetationszeit befähigt sind, eignen sich die spät blühenden Individuen zum Vor- dringen in die Gebiete mit langer Vegetationszeit. *) *) Zahlreiche Culturversuche haben mich auch gelehrt, dass jene Individuen einer weit verbreiteten Art, welche hochgelegenen oder nörd- lichen Standorten entnommen und neben Individuen derselben Art aus tiefgelegenen oder südlichen Standorten gepflanzt wurden, viel früher zum Blühen und Fruchten gelangten, als die letzteren, so wie ander- seits die der südlichen Arealgrenze entnommenen Individuen einer Art auf das nördlichere Mittelfeld der Verbreitung eben dieser Art über- pflanzt, bedeutend später blühten als die dort spontan vorkommenden Individuen derselben Art. Versuche mit Samen derselben Arten aus nörd- lichen und südlichen Gegenden ergaben mir dasselbe Resultat. NO Solche, die Arealgrenzen einer Art erweiternde asynga- mische Individuen zeigen wieder nicht nothwendig auch wesent- liche Aenderungen ihrer äusseren Gestalt, und die einzige Veränderung, welche an ihnen häufig bemerkt wird, isteine Ver- längerung oder Verkürzung der Axen, eine Vermehrung oder Verminderung der Laubblätter und der Blüthen. Es kann aber auch hier mit der Asyngamie eine Abänderung der Ge- stalt zusammentreffen, und zwar können diese beiden Er- scheinungen entweder unabhängig von einander an einem In- dividuum vorkommen oder aber es können dieselben sich gegenseitig bedingen und in Correlation stehen. Ist das an einem asyngamischen Individuum an der Arealgrenze auf- tauchende Merkmal für dasselbe unvortheilhaft, so geht das Individuum wieder zu Grunde ohne Nachkommenschaft zu hinterlassen, steht das an demselben in Erscheinung getretene Merkmal aber mit der Umgebung und mit den äusseren Ver- hältnissen unter denen sich das asyngamische Individuum an der Arealgrenze der Stammart befindet in Harmonie und bietet es der Pflanze dort einen Vortheil, so kann, ja es muss dann das Individuum auch zum Ausgangspunkte einer neuen Art werden. Aehnliche Arten, von welchen die eine das Hochgebirge die andere das Thal, die eine den Norden, die andere den Süden bewohnt, die sich also in zwei Gebieten gewissermassen vertreten und deren Areale gewöhnlich an- einandergrenzen (z. B. Soldanella montana und S. alpina, Calamintha Nepeta und C. nepetoides, Draba aizoides und D. lasiocarpa u, v. a.) sind auf diese Weise entstanden, Wie schon wiederholt bemerkt, stellt sich die Asynga- mie zunächst als eine Variation einzelner Individuen einer Art dar und tritt entweder ohne oder mit Gestaltänderung der asyngamischen Individuen in Erscheinung. So wie aber in der Folge der Generationen Individuen auftauchen können, die in der Zeit des Blühens und Fruchtens von den Eltern und von der grossen Masse der Geschwister abweichen, ohne dabei auch nothwendig eine Gestaltänderung zu zeigen, ebenso treten umgekehrt individuelle Variationen auf, deren Gestalt EB he von jener der Eltern und Geschwister abweicht, ohne dass aber diese Variationen zugleich asyngamisch sind. Solche zwischen ihren Geschwistern entstehende individuelle Ab- artungen sind von diesen natürlich nicht zeitlich isolirt, d. h. ihre Anthese fällt mit jener der unverändert gebliebenen Ge- schwister und Aeltern zusammen und eine Kreuzung mit diesen ist nicht verhindert. Solche Variationen werden darum auch viel schwerer zu Ausgangspunkten neuer sich abzwei- genden Arten, und die Stammarten erscheinen dann mit den Abarten gewöhnlich durch eine Reihe von Kreuzungen ver- kettet und zusammengeflossen. (Die Gattung Rubus, in welcher ich niemals asyngamische Individuen auftreten sah, ist ein hieher gehöriges sehr auffallendes Beispiel.) — Damit soll übrigens durchaus nicht behauptet werden, dass nur jene Variationen zu Ausgangspunkten von Tochterarten werden können, die auch asyngamisch sind. Es gibt ja auch noch andere Mittel, durch welche die Kreuzung oder vielleicht besser gesagt der Erfolg der Kreuzung einer entstandenen Variation mit den unverändert gebliebenen Individuen der Stammart verhindert und so eine Zurückführung, beziehungs- weise ein Erlöschen der entstandenen Abart veranlasst wird. Nicht wenige Vorkommnisse haben in mir auch die Ueber- zeugung festgestellt, dass unter gewissen Umständen auch aus Bastarten Arten werden können *), und dass überhaupt die Kreuzung nicht immer nur die Zurückführung zur Stamm- art bezweckt, sondern als Anstoss zur Entstehung der Va- riationen bei der Differenzirung der Arten eine nicht minder wichtige Rolle spielt, Es ist nicht die Aufgabe meines Vortrages hierauf aus- führlicher einzugehen, und ich wollte heute nur die grosse Bedeutung der Asyngamie für die Entstehung, respective Ab- zweigung neuer Arten konstatieren. Auch die diessbezüglichen Resultate konnte ich übrigens heute nur in den allgemeinsten Umrissen mittheilen, und *) Vergl. A. Kerner: „Können aus Bastarten Arten werden“ in Oest. Bot. Zeitschr. XXI, (1871), S. 34. ase sr" as ich verweise in dieser Richtung auf meine demnächst erscheinende ausführlich dieses Thema behandelnde Arbeit, in welcher auch die Ergebnisse einschlägiger Culturversuche, Beobachtun- gen über die Anpassung der Pflanzenarten an verschiedene Jahresperioden und Untersuchungen über die geographische Verbreitung nahe verwandter asyngamischen Arten mitge- theilt sind. Zum Schlusse möchte ich nur noch bemerken, dass nach den Mittheilungen von Zoologen, welche den biologischen Verhältnissen der von ihnen speziell studierten Thiergruppen eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben, die Asyn- gamie auch bei der Differenzirung vieler Thierspezies eine wichtige Rolle gespielt zu haben scheint. Die mir mitge- theilten Notizen über nahe verwandte aber asyngamische Arachniden, Lepidopteren ete. werden gleichfalls in meiner oben angezeigten Abhandlung publizirt werden, Ueber eine im befruchteten Forellenkeime vor den einzelnen Furchungsacten zu beobachtende radiäre Structur des Protoplasmas. Von Prof. Dr. Josef Oellacher. Im zweiten Capitel meiner Abhandlung „Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Knochenfische* *) habe ich eine radiäreStructur desProtaplasmas vonFurchungszel- len beschrieben, welche zeitweilig und in verschiedenen Stadien des Furchungsprocesses in allen oder blos in einigen Ele- menten des Keimes auftritt. Diese Erscheinung, welche ich in meiner Fig. 26. 1. c. an mehreren Elementen an dem Durchschnitte eines schon weit gefurchten Keimes abge- bildet habe, beobachtete ich sowohl an in Chromsäure als auch in Chlorgold erhärteten Objecten. Ich nahm damals an (pag. 18—26), dass diese eigen- thümliche Structur, welche einzelne oder alle Elemente des erhärteten Keimes boten, einem bestimmten physiologischen Zustande derselben entspreche. Diese Annahme konnte, da man es mit Elementen zu thun hatte, die durch Chromsäure oder Chlorgold getödtet worden waren, bedenklich erscheinen, was mich schon damals zum Versuche einer Rechtfertigung derselben verannlasste. Ich kann es mir ersparen, die Gründe, welche ich damals zur Rechtfertigung dieser An- nahme ins Feld führte, hier zu wiederholen, da erst jüngst Flemming in einer Arbeit „über die ersten Entwickelungs- *) Zeitschr. f, wissensch. Zool. Bd, XXI. 1872. DER SE | a a erscheinungen am Ei der Teichmuschel* *) ganz ähnliche Structurverhältnisse im Protoplasma lebender Furchungs- zellen beschrieben und abgebildet hat (Fig. 22. 24. 26. 27. und 28 l.c.) Einer brieflichen Mittheilung des Hrn. Professors Flemming, entnehme ich ferner, dass schon früher Kowa- levsky und nach ihm Kupffer, dasselbe am Ei der Ascidien als der Zelltheilung voraufgehend und letzterer auch am Eierstockseie rings um das Keimbläschen beobachtet hat. Seit meiner oben citirten Publication habe ich nun jeden Winter weitere Beobachtungen über diese Erscheinung angestellt, ohne jedoch bisher — aus Gründen, in die ich hier nicht weiter eingehen will — zu einem befriedigenden Abschlusse hierüber zu gelangen. Wenn ich mich dennoch veranlasst fühle, hier von meinen weiteren leider noch unvoll- kommenen Erfahrungen über diesen Gegenstand eine vor- läufige Mittheilung zu machen, so sind es drei Gründe, die mich hiezu bewegen, erstens weil ich fürchte, vielleicht auch im nächsten Winter noch zu keinem viel befriedigenderen Resultate zu gelangen, als bisher, zweitens weil sich Flem- mings und meine Beobachtungen bis zu einem gewissen Grade ergänzen und drittens weil ich geneigt bin, auf die Beobach- tungen Flemmings hin meine bisherige Ansicht von der Rolle, welche die Kerne in jenen eigenthümlichen radiär angeord- neten Protoplasmamassen spielen, etwas zu modificiren. Be- vor ich jedoch auf meine neueren Erfahrungen eingehe, werde ich zuerst die Beobachtungen und Anschauung Flem- mings und dann die Anschauung, welche ich bis zum Abschluss meiner oben citirten Abhandlung von der Sache besass, einander gegenüber stellen. Flemming gibt an (I. c. pag. 286.), dass er an vier- zelligen Furchungsstadien öfter auf Druck, die eine oder die andere Zelle kernlos fand. Bei einer grossen Zahl solcher Cytoden fand er dagegen zwei central gelegene helle Flecke ohne Körner, die das Centrum je eines Radiärsystemes bil- *) M. Schultzes Arch. f. mikroscop, Anatomie. Bd. 1874. Zn deten. Hie und da schien blos ein solches Radiärsystem vorhanden zu sein „also mit einfachem hellen Centrum“, wobei es jedoch Flemming unentschieden lassen musste, ob sich nicht zwei Radiärsysteme deckten. Sicher jedoch gibt ‚Flemming an, Radiärsysteme überhaupt nur in Zellen ohne Kerne gesehen zu haben, eine wie grosse Anzahl er auch controlirte. Hierauf folgte dann ein Stadium, in welchem die Zelle zwei Kerne besass, Flemming schliesst nun aus seinen Beobachtungen, dass eine und dieselbe Furchungs- zelle des Anadonteneies ein gewisses Stadium durchmachen kann, indem sie kernlos ist, in dem man ein Gebilde, wel- ches die Kriterien eines Kernes trägt, nicht in ihr finden könne, während sie vorher ein solches besass, und etwas später wieder zwei solche Gebilde beherbergt. Mit der Neu- bildung der beiden Kerne, welche die Zelle kurz vor ihrer Theilung erhält, bringt nun Flemming die Radiärsysteme und ihre hellen centralen Flecke in Verbindung. Dagegen hatte ich (I. ce.) an Keimen des Forelleneies, welche oberflächlich in 8 Segmente getheilt waren, eine radiäre Structur gefunden, die sich deutlich fast über die ganze Durchschnittsfläche. jedes sich abschnürenden Segmentes er- streckte und in deren Centrum ich hie und da ein Gebilde traf, das ich nicht blos wegen seiner eigenthümlichen Be- gränzung und Körner, sondern auch weil es im Centrum der Zelle lag, an welchem Platze ich sonst bei ähnlichen Furchungszellen ganz unzweideutige Kerne oder Kernhäufchen fand, für einen Kern ansprechen muss. Allerdings fiel es mir schon damals auf, dass ich nicht in allen solchen Furchungszellen mit radiärer Structur die Kerne, d.h. deut- lich umschriebene körnige Gebilde, wahrnehmen konnte, in- dessen suchte ich diess aus der Schwierigkeit in dem offen- bar verdichteten Protoplasma mit Sicherheit ein subtiles Ge- bilde zn erkennen, theils aus der öfters zu grossen Dicke der Schnitte zu erklären, umsomehr als ich gerade dort, wo die radiäre Structur am deutlichsten, das Gefüge aber auch am dichtesten war, stets einen hellen Punkt im Centrum u re durchscheinen sah, von dem ich glaubte, dass er sich unter günstigeren Verhältnissen als richtiger Kern entpuppen würde. An den Furchungszellen späterer Stadien (Fig. 26. 1. c.) hatte ich eben solche Radiärsysteme beobachtet und zwar eines oder zwei. An solchen Furchungszellen war jedoch noch nirgends eine Spur beginnender Trennung ihrer Masse, wie in dem vorigen Stadium im Inneren des Keimes wahr- zunehmen, auch nahmen das scheinbar (?) einzige oder selbst beide vorhandene Radiärsysteme oft nicht den ganzen Durch- schnitt der Zelle ein. Diese Bilder nun, zusammengehalten mit denen an den oben in der Trennung begriffenen Furchungs- zellen der Keime (Fig. 21. und 22. 1. c.) mit 8 oberflächlich angedeuteten Segmenten, brachten mich auf die Idee, dass die radiäre Anordnung im Protoplasma der Furchungszellen mit den Vorgängen bei der Zelltheilung und zwar in folgen- der Weise zusammenhänge: Wenn eine Furchungszelle sich theilen soll, so zieht sich ein Theil des Protoplasmas um den Kern oder das Kern- häufchen zusammen und als Ausdruck dieser Contraction entsteht ein Radiärsystem, das jedoch noch nicht die ganze Masse der Zelle einnimmt. Hat sich der Kern oder wurde das Kernhäufchen in zwei getheilt, so entstehen zwei Radiär- systeme in deren Centren die Kerne liegen. Die Radiär- systeme mit dem Kerne oder dem Kernhäufchen als Inhalt rücken nun auseinander bis die letzteren an die Stelle der Centra der künftigen Theilungsprodukte kommen. Dabei nehmen die Radiärsysteme an Umfang zu, bis die ganze Masse des Protoplasmas in sie aufgegangen ist, dann reissen die beiden sich theilenden Protoplasmastücke an verschiede- nen Punkten, an denen sich die beiden Radiärsysteme be- rühren auseinander, und hiemit beginnt die wirkliche Theilung der Zelle in zwei. Diese Vorstellung, welche sich mir damals durch Bilder aufdrängte die ich nicht an einem und demselben Theilungs- stadium gewonnen hatte, wurde seither in mir durch weitere Beobachtungen, die ich an Keimen vor der ersten Theilung A Te machte, noch weiter befestiget; nur die Frage, in welcher Beziehung zu diesem Vorgange die Bildung des ersten Kernes, und dieser selbst steht, war ich bisher nicht mit Sicherheit zu lösen im Stande. In Bezug auf diese nun haben die Beobach- tungen Flemmings mir wichtige Fingerzeige gegeben. Zunächst habe ich also im Forellenkeime 10—11 Stun- den nach der Befruchtung an Durchschnitten ein Radiär- system beobachtet. Dasselbe war von ganz geringer Aus- dehnung und lag. sehr nahe der Oberfläche des Keimes, Einen Kern konnte ich in demselben nicht nachweisen, wohl aber einen hellen körnerlosen Punkt im Centrum. Als ein nächstes Stadium dieses Entwickelungsvorganges muss ich ferner die Beobachtung zweier solcher, ebenso kleiner Radiär- systeme bezeichnen, die einander ganz nahe lagen, so dass sie an der Berührungsstelle in einanderzufliessen schienen. Sie nahmen den gleichen Platz im Keime ein, wie das vorige einfache Radiärsystem und enthielten wieder keinen deut- lichen Kern sondern blos je einen hellen Punkt. Als ein weiteres Stadium muss ich das bezeichnen, in welchem an derselben Stelle des Keimes fast unmittelbar nebeneinander zwei deutliche Kerne lagen, von einem Strahlen- kranze umgeben, von dem ich jedoch gerade nicht behaupten kann, dass er einfach gewesen sei, da offenbar die kleinen centralen Flecke der beiden früheren Strahlen- kränze oder Radiärsysteme jetzt durch die relativ grossen und nahe aneinander liegenden Kerne auf Kosten der früher vorhandenen Brücke der beiden Radiärsysteme ausgedehnt waren; es konnte also das Radiärsystem blos scheinbar ein- fach sein. Aus diesen Beobachtungen schiene Zunächst hervorzu- gehen, dass die beiden (ersten) Kerne gleichzeitig in je einem der naheliegenden Radiärsysteme als Neubildungen entstanden seien. Dem steht jedoch gegenüber meine unzweideutige Beobachtung eines einfachen Kernes im ungefurchteten Keime, der grösser war als jeder von den beiden zuletzt beschriebe- nen. (l. c.). Ich habe nun leider diesen einfachen Kern Naturw.-med. Verein 1875. 2 RR 2 auf Durchschnitten nie gesehen, und kann somit nicht sagen wie er sich zu den Radiärsystemen verhält. Diese letztere Beobachtung ist mit den vorhergehenden auf den ersten Blick nicht zu vereinbaren, eine Vereinbarung wird aber sofort möglich durch die Annahme, dass die Kerne im Forellenkeim, wie diesFlemming für die des Anodonten- keimes angibt, in gewissen Fällen wenigstens wieder ver- schwinden; d. h., dass ihre Substanz diejenige Form, in der wir sie als Zellkern bezeichnen, zeitweise oder für immer auf- gibt, in welch letzterem Falle eine völlige Kernneubildung zu folgen hätte. Alsdann lässt sich annehmen, dass nach der Befruch- tung ein erstes Radiärsystem auftritt, in demselben der erste Kern entsteht, der aber als solcher später wieder verschwin- det. Dann entstehen zwei Radiärsysteme (aus dem ersten?) und in jedem ein neuer Kern. Die weiteren Schicksale der beiden Kerne konnte ich nicht genau verfolgen, jedoch fand ich, dass die Radiärsysteme immer grösser werden und immer- mehr auseinanderrücken, bis ihre Centra zu denen der zu- künftigen zwei ersten Furchungszellen geworden sind. Dann ist die ganze Keimmasse in die beiden Radiärsysteme auf- gegangen, und es beginnt die Trennung derselben in zwei discrete Furchungsmassen dort, wo die Radiärsysteme sich berühren, An allen Präparaten, an denen ich diesen Vor- gang so ziemlich successive beobachtete, befand sich jedoch an Stelle der Kerne eine offenbar durch Schrumpfung ent- standene unregelmässige Lücke in den Centren der Radiär- systeme, so dass ich die Abwesenheit der Kerne mir dadurch erklären möchte, dass sie beim Schneiden ausfielen. Es erübriget mir nun nur noch eines zu erörtern, nämlich den Widerspruch in den Angaben Flemmings und den meinen über die Gleichzeitigkeit von Kernen und Radiärsystemen. Diesbezüglich muss ich erwähnen, dass in allen meinen Präparaten die radiäre Anordnung des Protoplasmas gewöhn- lich um so undeutlicher wird je mehr sie ausgedehnt ist; was schon durch den Mangel eines starken Gegensatzes und re noch mehr dadurch erklärt wird, dass sie dann dichter und feiner ist. Dass eine solche Anordnung unter diesen Um- ständen in dem unverletzten immerhin opaken Anodonteneie sich der Beobachtung ganz entziehen kann, dürfte wohl nicht befremden, | Schliesslich erlaube ich mir es noch besonders hervor-* zuheben, dass eine so eigenthümliche Structur des Proto- plasmas, wie sie Flemming am lebenden Anodontenei beo- bachtete, unter dem Einflusse von Erhärtungsmitteln wie Chlor- gold und Chromsäure erhalten bleibt, eine Thatsache, die den Werth dieser Reagentien für histologisch-physiologische Unter- suchungen nur erhöhen kann, und uns eine erfreuliche Per- spective in die Zukunft unserer Erkenntniss vom Baue und den Lebensvorgängen der Zellen zu eröffnen scheint. De Uebereinen FallpartiellerMultiplieitätdes Rücken- markes in einem viertägigen Hühnerembryo. Von Prof. Dr. Josef Oellacher. (Mit einer Tafel.) Am 13. Juli 1873 entnahm ich meinem Brütapparate ein Ei, das vier Tage in demselben bebrütet worden war.’ Der Embryo der sich in diesem Ei befand, war lebend, zeigte jedoch einen wenig energischen Kreislauf. im übrigen konnte ich zunächst an demselben keinerlei auffallende Abnor- mität entdecken. Erst beim Anfertigen successiver Durch- schnitte entdeckte ich am Rückenmarke desselben eine Miss- bildung, die, soweit mir bekannt, bisher noch nicht beobachtet worden ist, Dieselbe besteht darin, dass unmittelbar hinter der vorderen Exträmität der Querschnitt des Rückenmarkes mehrfach wird. Diese Anomalie erhält sich auf 22 succes- siven Durchschnitten, worauf wieder ein normales einfaches Rückenmark auftritt. Alle übrigen Durchschnitte durch den ganzen Leib des Embryo, vom Kopf bis zum Steiss zeigen völlig normale Verhältnisse. Ich habe aus den 22 Durchschnitten des Brusttheiles des Embryo fiinf abbilden lassen, welche geniigen werden, um dem Leser ein ziemlich anschauliches Bild jener anoma- len Strecke des Rückenmarkes zu geben. Die Anomalie be- ginnt damit, dass zunächst der obere Theil des Centralcanals etwas verbreitert erscheint, und nach der linken Seite ver- zerrt, Fig. 1, bald darauf erscheint oberhalb des Querschnittes des eigentlichen Rückenmarkes R, der Querschnitt eines dünn- wandigen Rohres r. das aus ähnlichen zelligen Elementen be- steht, wie sie die Epidermis des Hiihnerrembryo oder die ; ke. ‘are Riickenmarke Ch Chorda Ao Aorta Dr Dar. a eg ne Ug Urnierengang Ve Vera cardinalis ein Rt} 723: ‘sche Ltth.Ln Wagner ist Unterste: Bin Tete ye NE N u. . 4 a ha + r Bikers, A aie ee Bedi De ty He 3 BR Ae ne amd y eb A kr. nr hg verdünnten Parthien der oberen Wand des vierten Ventrikels während einer späteren Embryonalperiode zusammensetzen. Gleichzeitig senkt sich links eine tiefe Furche zwischen die Urwirbelmasse und die entsprechende Bauchplatte ein, die, von der Epidermis ausgekleidet, bis an das untere Ende der betreffenden Rückentafel und bis hart an die Vena car- dinalis reicht. Rechts fehlte diese Furche. Die Furche er- hält sich fernerhin an allen Durchschnitten, welche die in Rede stehende Anomalie des Rückenmarkes zeigen, und ver- schwindet eben so successive, in dem sie immer seichter wird, als die Anzahl der Querschnitte des Rückenmarkes sich auf 1 reducirte. = Nebst dem kleinen Rohre r spalten sich auf den näch- sten Durchschnitten vom Gesammtrückenmarke R zwei weitere Röhren ab Fig. 2. r’ und r”, die erstere liegt schräg-quer über dem Rest des Hauptmarkes R, die letztere ist zwischen diesem R, r’, r und ‘der linken Rückentafel eingeschlossen. Noch weiter rückwärts Fig.3. verschwindet der Durchschnitt des Rohres R, es blieb r! und statt r” der Fig. 2 treten drei übereinanderliegende Querschnitte von Röhren auf, die ich in Fig. 3. mit r”, r”’ und r’”” bezeichnet habe, und die aus r” der Fig. 2. hervorgegangen zu sein scheinen. Somit ist hier das Rückenmark in fünf Abtheilungen der Länge nach. zerlegt, und dies ist die grösste Anzahl, welche überhaupt in diesem Falle erreicht wird. Dass die secundären Stücke dem Rückenmark angehören, dafür spricht ihr centraler Canal, ihre Structur und die Ver- bindung derselben mit den Urwirbelmassen, welche ich für die Anlage der hinteren Wurzeln halten muss. Auf den fol- genden Durchschnitten wechselt die relative Lage und Grösse der secundären Rückenmarksquerschnitte, ein Bild hievon gibt die Fig. 4, doch erhält sich noch einige Zeit lang die Zahl 5 derselben; endlich verschmelzen sie untereinander und mit dem Hauptmark und zwar relativ rasch, und kehrt dann der einfache Rückenmarksquerschnitt wieder. Gleichzeitig ver- schwindet auch die oben besprochene Furche zwischen lin- SE BIN Le kem Urwirbel und der daranstossenden Bauchplatte. Fig. 5. zeigt einen Durchschnitt mit einfachem Querschnitte des Markes, dessen Centralcanal jedoch oben nach rechts ver- zogen ist, wie der in Fig. 1. nach links. Bei oberflächlicher Betrachtung dieser Missbildung könnte man versucht sein, dieselbe, da es sich um eine Verviel- fachung eines Axenorganes handelt, zu der Klasse der Monstra multiplicia zu zählen, und würde sich dieselbe was den Ort anlangt, an welchem sie auftritt, nämlich mitten in einem Axengebilde, das vorn und hinten wieder einfach ist, offenbar den von Lereboullet*) und mir **) beschriebenen Mesodidymianreihen, Es liegt jedoch hier offenbar keine Vermehrung eines Abschnittes eines Organes, sondern blos eine Zerspaltung eines einfachen Organes in mehrere ungleich- werthige Stücke vor, die nur in ihrer Gesammtheit das Rückenmark repräsentiren. f Trotzdem diirfte die Veranlassung zu dieser Missbildung wohl sicher in eine sehr frühe Periode fallen, in eine Periode, in der der Centralcanal noch offen war, und möchte viel- leicht schon die einstige Medullarrinne an der betreffenden Stelle aus einer Reihe nach vorn und rückwärts confluiren- der, secundärer Rinnen bestanden haben, deren jede beim Schluss des Medallarrohres sich für sich geschlossen haben dürfte, Ich kann mir über die Ursachen, welche zu dieser Missbildung geführt haben mögen, keine Vorstellung machen, halte es jedoch für möglich, dass beträchtliche Schwankun- gen der Brüttemperatur, die zu jener Zeit zufällig in meinem Brütofen vorkamen, Veranlassung dazu gegeben haben möchten. Ebenso wenig bin ich in der Lage zu entscheiden, ob dieser Embryo die Fähigkeit besessen hätte, seine volle Ent- wickelung durchzumachen, und welchen Einfluss die in seinem *) Ann. des sciences nat. Ser. IV. tom. XX. 1863. **) Sitzungsber. d. Wiener Akad. 1874. Bd. LXVIII, Pre Ware Rückenmarke bestehende Anomalie auf die weitere Aus- bildung des Embryo und auf die Funetionen seiner Organe ausgeübt haben würde. Ich habe daher diesen Mittheilun- gen nichts weiter hinzuzufügen, als den Wunsch, dass sie vielleicht im Zusammenhange mit anderen Beobachtungen einen kleinen Beitrag zur einstigen Aufklärung über die Genese der Missbildungen bieten möchten. ri Be Bemerkungen zur Integral-Rechnung. Von O. Stolz in Innsbruck. I. Ueber Doppelintegrale und Differentialquotienten einfacher bestimmter Integrale nach einem verän- derlichen Parameter. 1. Es werden hier Doppelintegrale mit constanten Grenzen ; b b' | | te nace ste a’ betrachtet. Wenn die Function f(x, y), die man sich als reelle oder complexe Function der reellen Veränder- lichen x, y denken kann, innerhalb und an den Grenzen des Integrations-Gebietes endlich und stetig ist und dieses Gebiet selbst ganz im Endlichen liegt, so haben die In- tegrale b' b‘ \ dx \ f(x, y) dy \ dy we dx (1) a a a a bekanntlich denselben Wert. Trifft aber eine der angege- benen Bedingungen nicht mehr zu, so können diese Aus- drücke verschiedene Grenzwerte bedeuten. Es giebt jedoch einen allgemeinen Fall, in welchem dieselben den nämlichen Wert besitzen. en 1. Satz: „Ist das Integral b | ren = wo a (bei beliebigen Grenzen) in dem endlichen Intervalle y= a bis y=b’ und an diesen Grenzen eine stetige Function von y, so ist b’ b b b' fa lean — Jax fran @ a! a a a' da nun auch rechte Seite dieser Gleichung eine endliche be- stimmte Grösse darstellt.“ Beim Beweise dieses Satzes sind drei Fälle zu unter- scheiden. a) Die Function f (x, y) seiin den endlichen Punkten des Integrations-Gebietes durchaus endlich und stetig in Be- ziebung auf x und y Dann hat man nur den Fall, dass das Intervall b—a unendlich ist, näher zu untersuchen. Es - sei z. B. b unendlich. Bezeichnet c eine beliebig grosse, aber endliche Zahl, so ist immer noch b! ® c b/ (3) \ dy \ ed Sao \ dx | f (x, y) dy. a! a oa : a! Diese Gleichung gilt auch noch für Lim e — OO, falls nur ihre linke Seite sich einer bestimmten Grenze nähert. Es besagt dieses eben, dass der Grenzwert auf der rechten Seite von (2) existirt. Links kann man einsetzen c (4) \ fa ya = voten a wo nach Voraussetzung die Grösse p (c, y) ihrem absoluten Betrage nach beim unbeschränkten Wachsen von c unendlich klein wird, ee. Ohm fees Analytisch ausgedrückt: es ist immer bp (c, ¥) a wenn nur |[c| > w genommen wird. Dabei bezeichnet ¢ eine beliebig kleine vor- gegebene positive Zahl. Die Grösse w hängt ausser von e auch von y ab und wird daher besser durch w (y) dar- gestellt. Wenn man nun annehmen dürfte, dass die positive Grösse » (y), während y das Intervall a’ bis b’ durchläuft, eine endliche obere Grenze &, habe, so könnte man aus der Gleichung b' c b’ b! \ dy \ f(x, y) x = \ ¥ (y) dy + \ p (c, y) dy a a a' a! sofort schliessen, dass b! c b‘ b Lim : a! a a! a Denn ich brauchte nur c so anzunehmen, dass |c | > ®,), so wäre das zweite Glied seinem absoluten Betrage nach sicher < e. | b’—a’ | d. i. beliebig klein. Diese Annahme, an sich keineswegs selbstverständ- lich, wie zuerst in ähnlichen Fällen von Weierstrass be- merkt wurde — ist hier in der That zulässig. Man braucht nur zu zeigen, dass w (y) sich mit y stetig ändert; denn dieses vorausgesetzt, erreicht w (y) — ebenfalls nach einem Satze von Weierstrass — seine obere Grenze selbst; dieselbe kann also nicht unendlich sein. Der Nachweis der Stetigkeit von w (y) in Bezug auf y scheint direct nicht leicht zu führen; dagegen erkennt man sofort, dass die Annahme einer Stetigkeits-Unterbrechung in dem vorliegenden Falle überhaubt unzulässig sei. Denn würde eine solche bei dem Werte y = ce’ stattfinden — so könnten Werte von c gefunden werden, so dass |p (c, de) | Se dagegen |p (c, c’ + y)|> = wie klein auch y angenommen würde d. i. die Function | p (c, y) | wäre selbst unstetig, Se Oa ee Dieses widerspricht aber der Gleichung (4), welche zeigt, dass p(c, y) also auch |p (ec, y)| für jeden bestimmten Wert von c ein stetige Function von y sei. b) Die Function f x, y) werde längs eines Stückes der von den Punkten (b, a’) und (b, b’) begrenzten Strecke un- stetig oder unendlich; wobei jetzt b als endlich angenommen ist, während a ganz beliebig gelassen wird. Nun gelten unter den hier bestehenden Voraussetzungen wieder die Gleichungen (3) und (4), wenn nur c eine zwischen a und b gelegene Zahl bedeutet, so nahe an b gewählt, als man will, Und es kann der obige Schluss wörtlich wiederholt werden; — denn die untere Grenze für die positive Grösse ö (y). welche so definirt ist, dass für alle der Be- dingung | c—b |< 5 (y) genügenden Werte von c |p (c, y)| Ss sei, — kann als von Null verschieden be- trachtet werden. c) Endlich kann bezüglich f (x, y) angenommen werden, dass sie in einer endlichen Anzahl von Punkten und zur y - Axe parallelen Strecken innerhalb des Integrations- gebietes unstetig sei. Dann hat man nur das Intervall a ‘ bis b entsprechend zu zerlegen. Für die Partial-Doppel- integrale gilt immer die Gleichung (2). Anmerkung. Dass die Stetigkeit von W (y) an den Grenzen y = a’ und y = b’ nicht allein hinreichende, son- dern auch, „allgemein zu reden, nothwendige Bedingung des vorstehenden Satzes sei, zeigt schon das bekannte Beispiel von Moigno: 1 1 1 1 \ dy \ö a dx und \ dx \ N arena dy sind ver- 0 0 0 1 : i : BE y?2—x? schieden. Es hört eben die Stetigkeit von \ 2 Ger dx 0 für y= o auf, indem das Integral unendlich wird. ak 2. Aus dem oben gegebenen Satze fliesst unmittelbar der folgende Satz. „Angenommen die reelle Grösse u werde auf ein solches Intervall beschränkt, dass innerhalb und an den Grenzen desselben die Integrale zwischen von u unabhän- gigen Grenzen b b ‘ dex, m raya oe) | Par Ir a - nicht allein endlich und bestimmt, sondern das letztere auch stetig sei in Beziehung auf u; — dann existirt ein Differentialquotient von ® (u) in Beziehung u und es ist Dan) = An Denn ist u, bis u, ein beliebiges Intervall, welches in den eben bezeichneten enthalten ist, so hat man nach Nr. 1 u b u \ Y (u) du = | dx er qu = ©(u,) — O(a), a u Up 0 also ®’(u,) — W(u,), da W(u) endlich und stetig bei 1 —"u;. Anmerkung. Ist die Function Wu) bekannt, so hat man nach diesem Satze P (u) = \ Y(u) da + Conmtt.. e Die Bestimmung dieser Constanten gestaltet sich am einfachsten, wenn fiir einen besonderen Wert u, von u das entsprechende ® (u) ermittelt: werden kann. Dieses Ver- fahren setzt jedoch voraus, — was gewöhnlich ausser Acht b gelassen ist — dass das Integral \ f(x,u) dx bei a u = u, stetig sei, 2 ne N ee Fe 3. Dem Satze in Nr. 1 kann noch der folgende ange- schlossen werden. 2. Satz. „Ist in dem Integrale. b \(ana- VO), a welches für endliche Werte von y stetig sein soll, das In- tervall b—a endlich, so besteht die Gleichung (2) auch noch im Falle eines unendlichen Intervalles b’—a’, wenn nur die rechte Seite derselben als endlich und bestimmt vor- ausgesetzt wird.“ Es sei z.B. b’ unendlich, Wir gehen nun aus von on \ ES yay De: at . Wire dieses im Intervalle a bis b und an den Grenzen desselben stetig, so hätte man wieder den Fall des ersten Satzes, Es kann aber dieses Integral auch unstetig sein in Bezug auf x. Es genügt anzunehmen, dass die Unstetigkeit an einer der Grenzen z.B. für x == b ein- trete, — Nun sei ce zwischen a und b genommen, c’ eine sehr grosse positive Zahl. Man hat dann nach dem ersten Satze: c! (er Cr c' \ dy \ Eisy)dx—= \ dx \ f(x,y) dy. BEN a a a! Hier setze man c \ fxd = VO) + play) Nf) dy = OG) 4 vm es (5) a . . wodurch sich ergiebt BE i Sa ry \ WO) dy =2 ( o(c, y) dy = @ (x) dx + ( v (x, c’) dx. (6) a Lässt man zuerst ce gegen b cönvergiren, während c’ fest bleibt, so verschwindet der zweite Theil links, da y noch iminer endlich ist. Somit folgt gemäss Voraussetzung - c' b b \ hy) ay = \ ® (x).dx + \ v (x, ec’) dx. ; a! a a Allerdings ist y (x, €’) für x — b nicht mehr definirt, b aber das Integral \ vy (x, ec’) dx bleibt nach der Bedeu- a tung von y (x, c’) in (5) doch angebbar. Indem also die Endlichkeit dieses Integrales feststeht, so kann man setzen b \ v(x, c’)dx = v(é,c’). (b—a), a wo € einen mittleren Wert zwischen 4 und b bezeichnet, verschieden von b, Wird nun der zweite Grenzübergang: Lim d = 00 ausgeführt, so wird y(&,c’) nach Voraussetzung beliebig klein; daher findet man aus (6) (oa) b \ WiGy)dy = \ © (x).dx “qe. di a a Ey ige Man bemerkt leicht, dass dieser Satz für unendliche Intervalle b—a nicht mehr allgemein gilt, z. B. a ee WB TEs Pig tior orale \ey \ermi- 4" \ ax aaa amt 1 1 1 1 II. Ueber die gleichmässige Convergenz von Reihen, deren Glieder von einer reellen Veränderlichen abhängen. 1. Im Folgenden wird der Versuch gemacht, einen Satz zu zeigen, der von Heine als ungewiss bezeichnet wurde. (Borchardt. J. LXXI p. 353) 00 Satz. „Wenn die convergente Reihe Lr pr (x) die 0 Eigenschaft besitzt, dass in einem endlichen Intervalle xX = a bis x = b, diese Grenzen eingeschlossen, nicht bloss alle Functionen gr (X), sondern auch die Summa f(x) der Reihe sich stetig mit x ändert, so convergirt die Reihe im genannten Intervalle in gleichem Grade.‘ Dabei können die $r (x) reelle oder complexe Func- tionen der reellen Veränderlichen x sein. Die Convergenz von Ler ist schlechtweg zu nehmen, d. h, im Allgemeinen nur bestehend bei der gegebenen Auf- einanderfolge der Glieder. Die gleichmässige Convergenz einer Reihe £pr im In- tervalle x == a bis x = b besteht darin, dass die ganze Zahl m (x), welche dadurch definirt ist, dass für alle a n > m(x) Dirpr (x) | see nt Cas) n-+ 1 bleibt, eine endliche obere Grenze hat, während ae x das genannte Intervall durchläuft. e bezeichnet, wie immer, eine beliebige vorgegebene Zahl. Dass dieses unter den hier gemachten Voraussetzungen wirklich zutreffe, wird auf folgende Weise gezeigt. Da f(x) im Intervalle a bis b in Bezug auf x stetig ist, so giebt es zu jedem x innerhalb desselben eine von Null verschiedene Zahl 6 von der Art, dass für alle &, welche der Bedingung genügen EI 6, welche lfa+)—f@)| Se machen, Bei der Stetigkeit von f(x + &) — f(x) in Be- ziehung auf € miissen die Zeichen > in diesen Ungleichun- gen als simultan betrachtet werden. Nun betrachte man die Partialsummen n on (x)= > ror(s), 0 welche ebenfalls stetige Funktionen von x sind, wie gross auch n sein mag. Man kann daher hier eine Zahl ön de- finiren auf ganz dieselbe Weise, wie eben 6. — Dann lässt sich zeigen, dass fiir Lim n= OO Lim én = 6 sei, Der Beweis wird indirect geführt, indem man nach- weist, dass n immer so gross angenommen werden könne, dass On sich unmöglich um eine endliche Grösse von 6 unterscheiden könne. Es sei erstens 6n <6. Dann folgt notwendig, dass es eine Grösse 6’ zwischen 6n und 6 gebe, so dass Dr { pr (x FO) — or (x) > é. Das Doppelzeichen vor 6’ ist hier im Allgemeinen alter- native zu verstehen. Zwischen den beiden Seiten dieser Um- gleichung kann man sich eine Zahl e’ —>e eingeschaltet ER - denken. Bemerkt man dann, dass vermöge der Convergenz der Reihe = { or (x+ 0) — or (x)} der Rest 0 CO Ir { er@ + —er@}|< e—- n+1 wird, wenn nur n über einer bestimmten, von x, +6’ und e’ — s abhängigen Zahl m’ liegt, — so würde sich ergeben | f(x + 6’) — f(x) | >!’ — @— :) d. i. > e, was offenbar einen Widerspruch enthält. Würde zweitens Ön > Ö angenommen, so müsste es eine Zahl 6” zwischen ön und 6 geben, so dass [f(x+e”") — f&@)|>s daher auch > e”, wenn dieses > es. Nimmt man n> m” (welches obigem m’ entspricht), so könnte man schliessen Jon (x + 8”) — on (x)| > e” — (e” — 5) d. i. >, was ebenfalls ein Widerspruch. Wenn nun Lim 6n = 6, so ist für alle n > N n=—90 lön — 6| <_k, wo k eine beliebige vorgegebene Grösse, Somit hat man fiir ' n>N |[&[=6—k |on (K+ &) — on (x)| Ss also nach (b) jedenfalls CO [0 6) | Sr gr (e+ 8) — Ste aaa 2 n+1 Die Zahl N hängt (ausser von k) nur von x ab, ähn- lich wie m(x) oben. Bezeichnet M die grössere der Zahlen N und m(x), so folgt aus (a) und (c), dass im Interfalle §——o-+k bis § = 6 — k CO [Srora eh] = ae, n-+1 wenn nur n > M vorausgesetzt wird. Während x das Intervall a bis b durchläuft, hat die Naturw.-med. Verein, 1874 3 a VER Grösse 6 bekanntlich eine von Null verschiedene untere Grenze A. Theilt man das Intervall b—a in Theile, deren jeder kleiner als 2A ist, so erhält man für den Mittel- punkt eines jeden dieser Theile ein bestimmtes M. Da die Anzahl dieser Zahlen M eine endliche ist so hat man nur die grösste derselben M® zu nehmen um sicher zu sein, dass im ganzen Intervalle a bis b für alle n > M® CO | >rer@ | < 3«. n+r was zu beweisen war. 2. Die Wichtigkeit des vorstehenden Lehrsatzes leuchtet von selbst ein: er erleichtert den Gebrauch von unendlichen Reihen in der Integralrechnung wesentlich, Wenn £r pr (x) — f(x) im Intervalle x —a bis x — b, diese Gren- zen eingeschlossen, eine stetige Function von x ist, so hat man stets — wie aus der gleichmässigen Convergenz der Reihe unmittelbar folgt — 5 a... Sb \ f(x) dx — = \ or (x). dx. (d) J : J Hört an einer der Grenzen z. B. bei x — b die Stetigkeit von f(x) auf, so muss in dieser Gleichung b durch einen innerhalb des Intervalles liegenden Wert c ersetzt und hier- auf lim e — b genommen werden. Dabei geht die linke b Seite sicher in \ fx dx über, wenn dieses Integral existirt. a b bi in Rechts aber darf Yr \ gr (x) dx — die Convergenz die- 0 a ser Reihe vorausgesetzt — nur gesetzt werden, wenn das c 00 Integral ir \ gr (x) dx fiir c—b stetig ist, Ist 0 a a aber diese Stetigkeit erwiesen, so folgt daraus sowohl die b Existenz des Integrales ie dx als auch die Gleichung (d). a Man erhält ferner noch folgenden Satz, der bisher, wie es scheint, noch nicht bewiesen worden ist: Satz. „Ist f(x) Xr (x) im Intervalle a bis b mit Einschluss dieser Grenzen stetig; ist ferner die Reihe & o'r (x) in demselben Intervalle convergent und hat sie eine stetige Summe —- letzteres mit Ausschluss einer endlichen Anzahl von speziellen Werten von x; so hat man, diese Stellen ausgenommen, überall 9 6) af = = ares (x)." o Der Beweis ergiebt sich unmittelbar, indem man & o'r (x) über Strecken integrirt, welche ganz innerhalb je eines der Theile liegen, in welche das Intervall a bis b durch die Unstetigkeitsstellen von Zp’r (x) zerfällt. Es ge- hört aber hierher noch die Bemerkung, dass alle Unstetig- keitsstellen von % pr (x) solche Stellen sein müssen, in welchen die gleichmässige Convergenz von Lg’r (x) jedenfalls, vielleicht auch die Convergenz selbst, aufhört. Denn soweit £ o'r (x) stetig ist, ist nach dem Vorstehenden & or (x) jedenfalls auch stetig, Es kann ja x Do = dx D9 (x). + Const. a gesetzt werden. 3. Es ergiebt sich nun eine wesentliche Eigen- schaft der trigonometrischen Reihen: ‘Ye Ao + Ay + Ag +... (a) wo An = an cos nx + bn sin nx. 3* aa a Satz. „Hat die trigonometrische Reihe (a) zwischen — — z und x —-++ r mit Ausnahme einer endlichen Anzahl von Punkten ¢ eine Summe f(x), a mit x sich stetig ändert, so ist die Reihe 0) » (x) = ha x+ ie an aa cos nxX (b) 1 eine stetige Function von x durch das ganze Intervall von — rund x mit Einschluss dieser Grenzen, falls nur das Integral +n \ f(x) dx ro existirt. *) Somit wird das Integral von f(x) über jedes beliebige Intervall gefunden durch Integration der Glieder von (a). Es seien c, c’ zwei aufeinanderfolgende Ausnahme- Punkte im Intervalle —r bis +7. (x) ist innerhalb des Intervalles c bis e’ sicher stetig; ferner ist dp Ax = f(x). Da mithin, wenn a, x im Intervalle c bis c’ liegen, x p(x) — g(a) = \ f (x). dx a ist, so folgt, dass sich g (ce + a) und 9 (c’ — a) bei unbe- *) Im Sinne von Riemann (Darstellbarkeit etc, p. 18). Be- zeichnen €, ¢,.... cr die ausgeschlossenen Punkte, so muss die _Summe C,- Oy r-1 es+1l— ds+1l +r \ tas am \ ta fi \ teas 1 £ es-es ‘er +er sich einer endlichen und bestimmten Grenze nähern, wenn alle Grössen Sn 6 und unabhängig von einander gegen Null convergiren, grenzter Abnahme des positiven « endlichen Grenzen nähern, welche mit (ce+ O) und @ (c’ — O) bezeichnet werden mögen. Nach dem zweiten Lehrsatze von Riemann (Ueber die Darste!lbarbeit einer Function durch eine trigonometrische Reihe p. 29) folgt, wie schon G. Ascoli (Mathematische Annalen VI. p. 237) bemerkt hat, unmittelbar, dass gp (c — 0) = ¢ (c+ 0) sein müsse. Denn wäre »(¢-+ 0) — o(c— O) nicht Null, so könnte unmöglich Fx+20o)— 2Fx+F(c—a) 0, mit « verschwinden. Hier bezeichnet, wie bei Riemann a. a. O., F (x) die durch zweimalige unbestimmte Integration der einzelnen Glieder aus f(x) hervorgehende Reihe Beak ape x2 AY As dag a, Seay Leet ee Wenn nun auch » (c — o) und p (c + 0) zusammen- fallen in einen Wert 7, so kann doch keineswegs sofort ge- schlossen werden, dass die Reihensumme (b) d. i. » (c) = 7 sei. Hierzu gehört vielmehr noch ein Satz von Ascoli (a. a. O. p. 239): „In den ausgeschlossenen Punkten c hat eine trigonometrische Reihe wie (a), wenn sie überhaupt convergirt, die Summe Lim fe) + t+) N (= 0)#. Dabei ist es nicht notwendig, dass f(ce—o) und f(c-+.a) für sich einer bestimmten Grenze zustreben. — Den Beweis dieses Satzes können wir hier in folgender Art geben, wo- bei wir den Einwand vermeiden, dass der von Hrn. Ascoli a. a. O. zweimal gebrauchte Mittelwert ® verschiedene Be- deutung haben kann. Nach dem Satze von Nr. 2 hat man mit Ausnahme der Punkte c überall a e (x) d (x) — f(x); dx : somit a BOR F(l+a+P) = F(le+o)+Bp(c+o) + F{fe+a)+e(ap} F(—a—ß) = F(e—a) — By (c—a) + £ {f(e—a) +p (a -6) } Hier denken wir aus «, ß beide positiv. Nun folgt F(c+a+Bß) + F(c—a—8) = F(c-+a)+F(—a) +8 (¢@e+a)—e—a)) i pr {flo Hay f(e—a) + p at an Und hieraus für Lim « — 0 bei nicht verschwindenden ß F (6 FERN NE G2 a0 ne Limos 85 =e f(c—a) 4 aes Beim Grenziibergange Lim 8 = o wird jetzt nach dem ersten Lehrsatze von Riemann (a. a. O. p. 26) geschlossen Lim f(c-+ a)+ f(e—a), 2 Ae) ee denn pa? wird mit ß bei beliebigem « unendlich klein, Es existirt somit der rechts stehende Grenzwert und er ist gleich der Summe der Reihe (a). Wenden wir diesen Satz auf die Reihe (b) an, so folgt, falls dieselbe in dem Punkte ce überhaupt con- vergirt, für ihre Summe ee = 9 (c — Seele oT Dieses gilt natürlich auch für die Punkte x = + 7, wenn dieselben zu den ausgeschlossenen gehören sollten. : Um das Verhalten der Summe der Reihe (b) in den ausgeschlossenen Punkten ce mit Sicherheit beurtheilen zu können, ist nach dem Vorstehenden noch der Nachweis not- wendig, dass die Reihe für diese singulären Werte TR, an IE BON von x wirklich convergire, Es lässt sich dieses auf folgende Art zeigen. Betrachten wir die Function W (x), welche in allen Punkten ausser den e mit ee) eae i. sg lon =n an = cos nx () übereinstimmt, in diesen letzteren aber den bezüglichen Wert —", a © annimmt. Diese Fuuction ist mithin stetig im ganzen Intervalle — x — bis 4 z mit Einschluss dieser Grenzen. Da dieselbe in allen Punkten ausser den c die Abtheilung f(x) — 14, a, besitzt, somit die Differenz f(x + a) — f(x) mindestens von der Ordnung « ist, so lässt W (x) nach einem Satze von Lipschitz (Borchardt. J. LXIII. p. 308) die Fourier’sche Entwickelung zu. Wegen der Stetigkeit von W(x) im ganzen Intervalle — x bis -++ x ist die Summe der entsprechenden Fourier’schen Reihe überall gleich W (x). Nach einem Satze von G. Cantor (a. a. O. LXXII. p. 139) muss diese Fourier’sche Reihe mit (c) identisch sein, Somit convergirt (b) auch in den ausge- schlossenen Punkten. Das Vorstehende zusammengefasst liefert das Ergebniss, dass die Reihe (b) in allen Punkten des Intervalles — x bis + rn stetig sei, womit der am Eingange der Nr. aufge- stellte Satz erwiesen ist. 4. Wenn eine trigonometrische Reihe, deren Summe mit Ausnahme einzelner Punkte stetig ist, durch unbestimmte Integration der Glieder eine Reihe liefert, die in einigen dieser Punkte eine Unstetigkeit aufweiset, so wird man schliessen, dass das Integral der genannten Summe, ausge- dehnt über das Intervall — x bis + z, nicht angebbar sei. Dies tritt z. B. ein bei der Sinusreihe N SIND sin 3 x f(x) = te aes 9 (d) indem die Reihe en cos? x hr cos 3 x et für x — o eine unendliche Summe hat. Da nach Nr. 2 mit Ausnahme von x = 0 122) — 10), so nähert sich f(x) bei unbeschränkter Abnahme des Argu- mentes x der Grenze + OO, ohne dieselbe jedoch zu er- reichen. Nach dem Bemerkten muss nun \ f(x) dx unendlich sein. Beiläufig möge noch erwähnt sein, dass auch die Reihe (d) eine Fourier’sche ist. Es ist dies einer jener Fälle, wo die Fourier’sche Sinus-Entwickelung gilt für eine für x = 0 unendliche Function, die zwischen. o und z nicht integrirt werden kann. 5. Aus den Sätzen von Nr. 2 und 3 folgt ein Satz, der im Wesentlichen mit dem von Ascoli (a. a. O. p. 231) übereinstimmt. „Lässt sich eine Function f(x), die mit Aus- nahme einer endlichen Anzahl von Punkten c stetig ist, im Intervalle — x bis + z in eine trigonometrische Reihe (a) entwickeln, deren Summe mit ihr übereinstimmt, die Punkte c abgerechnet; so muss dieses die Fourier’sche Reihe sein, Dabei ist aber noch vorausgesetzt, dass das Integral +r f (t). dt -T endlich und bestimmt sei.“ Um zu beweisen, dass ir (e) zAmn = | £02), 008m (t—x)dt (m=0, 1,2...) —T sei, multiplicire man die Reihe (a) mit cos m (x — t) dx und SE tee Du sary 1, az integrire unbestimmt die einzelnen Glieder, Dadurch erhält man die Reihe n (an sin nx — bn cosnx cos m (x—-t) a, m u — m sinm( cy on (f) wo n alle ganzen Zahlen von O bis OO dnrchläuft mit Aus- nahme der Zahl m. Diese Reihe ändert sich aber stetig mit x im Intervalle von — z bis 4 x, diese Grenzen ein- geschlossen. Da der zweite Theil augenscheinlich für alle Werte von x gleichmässig convergirt, *) so hat man nur den ersten zu betrachten, welcher durch die Substitution n 1 m? 2m — a + ı@—m) in eine für alle Werte von x gleichmässig convergente Reihe und die Reihe (c) zerfällt, von der bereits bekannt ist, dass sie im genannten Intervalle durchaus stetig, Man darf also behaupten, dass das Integral +r \ f (x). cos m (x — t) dx It, existirt und gleich rt Am ist. Will man von der eben benützten Eigenschaft der Reihe p(x) keinen Gebrauch machen, so kann man auch so ver- fahren. Man bemerkt, dass die Reihe (c) eine Fourier’sche sein müsse; denn bildet man dafür den Ausdruck (f), findet man — cos m ( on aa Sia (x t) > &n sin nx — bn cos nx 4 n (n?— m?) somit eine für alle Werte von x gleichmässig convergente Reihe. Demnach ergiebt sich die Formel *) Dieses setzt voraus, dass die Coefficienten an, bn in’s Unend- liche ahnehmen. Dies ergibt sich aus einem Satze von G. Cantor (Borchardt. J. LXXIII. p. 294.) BT, ae Am sin mx — bm cos mx I mo rt gr \ (y (t)— % a t) cos m (t—x) dt, —r woraus durch partielle Integration wegen » (e— 0) = » (co) und eu — DE > c) folgt an sin mx — bn cos mx — (— 1)m sin mx oe aa ae m m 0 (— 1)m sin mx { p(n — 0) — 9(—2+ 0) } +r Zar = \ f (t). sinm (t—x) dt. —r Weiss man nun (s. u.), dass gm ra — \ WEHR) F(-rt0) @ TE so erhält man unmittelbar die beiden Theile der Gleichung (e). G. Ascoli hat den vorstehenden Satz auch ohne Be- nützung des Satzes von Nr. 2 bewiesen. Dann muss man auf die Reihe F (x) — '/, a, x*=— A, — = es = zurückgehen, deren gleichmässige Convergenz für alle Werte von x unmittelbar einleuchtet. Diese Reihe ist somit sicher eine Fourier’sche; man hat also rn en \{e (t) — 1/4 a th cos m (t — x) dt (m= 1,22 a; Da F (t) für alle Werte von t stetig nnd mit Ausnahme der Punkte c die Ableitung 9 (t) besitzt, von welcher be- eh AT kannt ist, dass » (c—0) — P (c-+o); da ferner 9 (t) mit Ausschluss der c die Ableitung f(t) hat, so kann in dieser Gleichung die partielle Integration zweimal angewandt wer- den. Daraus folgt die Existenz der Integrale in Gl. (e) und diese selbst, wenn noch der Wert von a, ermittelt werden kann. Denselben bestimmt Ascoli (a. a. O. p. 238) durch zweimalige Differenzirung der Identität ante sera be EO marge ng Onaiegry: Dabei ergiebt sich, mit Ausschluss der Punkte c f= sa +3 (0 -% Integrirt man diese Formel zwischen — zx und + 7, so ver- schwindet der 2. Theil wegen (rt — 0) = o(x-+ 0); — denn daraus folgt, dass die Reihe (c) für cr — o und x + o, somit auch für z—o und — z-o dieselben Grenz- “werte liefert. Es erscheint also die Gleichung (g). 6. Ueber die Summe der Reihe (a) in den ausge- schlossenen Punkten c ist bereits in Nr. 3 ein Satz von Ascoli bemerkt. Es würde nun nahe liegen, denselben umzukehren: „Existirt der Grenzwert km fe =) + f (c+o) für <= 0 so convergirt die Reihe (a) für x — c.* Der Beweis dieses Satzes scheint schwierig zu sein, wenn man f(x) nicht weiter beschränken will, als es bisher geschehen ist. In solchen Fällen, wo die. Ermittelung der Summe der Fourier’schen Reihe auf die Sätze von Dirichlet und Lipschitz zu- “ rückgeführt werden kann, ergiebt er. sich unmittelbar. Innsbruck, 24. Dezember 1874. Sanitätisch-statistische Mittheilungen über Tirol und Vorarlberg für das Jahr 1872. Zusammengestellt nach der im Jahre 1871 vom k. k. Ministerium des Innern für die Verfassung des Landessanitätsberichtes herab- gelangten Norm von Dr. J. Pircher. Der Gesundheitszustand der Bevölkerung im Allge- meinen war im bezeichneten Jahre ein befriedigender. In Betreff des Herrschens der Krankheitsformen zu den ver- schiedenen Jahreszeiten kann angegeben werden, dass in den Winter- und Frühlingsmonaten Katarrhe und Entzündungen der Athmungsorgane, Gesichtsrosen, Gelenks- und Muskel- rheumatismen und in der wärmeren Jahreszeit Krankheiten der Digestionsorgane sich häufiger zeigten. Einen wesent- lichen Einfluss auf das Vorkommen gewisser Krankheits- formen hatte ferner die Lebensweise. So wurden im Be- zirke Reutte die Frauen viel häufiger von Krankheiten der Athmungs- und Digestionsorgane befallen als die Männer, weil selbe während der Abwesenheit der Männer im Sommer im Auslande als Maurer oder Stuccaturarbeiter die ganze Haus- und Feldwirthschaft zu besorgen haben und dazu eine spärliche, bloss aus Fett und Mehl bestehende Nahrung ge- niessen, Ebenso kam, in Folge der ungünstigen Wohnungs- verhältnisse der ärmeren Klasse, in der Stadt Bozen Rachi- tis und Scrofulose häufiger bei derselben vor. Von Tuber- culose wurde in Vorarlberg die auf den Fabriksverdienst und die [Stickerei auf dem Tambourin angewiesene Bevölkerung stark heimgesucht. Aber auch schlechte Bodenverhältnisse ev ee nS ae ae gaben zur Entstehung von Krankheiten Veranlassung. So beobachtete man das häufigere Vorkommen von Wechsel- fieber in den Innundationsgebieten der Bezirke: Kufstein (Ebbs, Niederdof und Langkampfen), Meran (Tschars, Na- turns, Staben, Plaus, Rabland, Burgstall etc.) und Bozen (Salurn, Auer). Von epidemischen Krankheiten sind zu nennen: Keuchhusten. In der Stadt Bozen herrschte derselbe von Juni bis Jänner 1873. Die Todesfälle betreffen meist Kinder unter 1 Jahre in Folge von Eclampsie. Auch im östlichen Theile des Bezirkes von Meran, in 11 Gemeinden des Bezirkes von Brixen, in einzelnen Ortschaften der Be- zirke von Innsbruck, Bruneck, Feldkirch, Bludenz, Cavalese, Cles, Riva, Tione und Trient hatte er seine Verbreitungs- sphäre. Masern zeigten sich in ein paar Gemeinden des Be- zirkes Bozen, in den Bezirken Bregenz, Cavalese, Cles, Roveredo, Tione und Trient, in welch letzteren 2 Bezirken sich 27 und 18 Todesfälle in Folge dieser Krankheit er- geben. Scharlach herrschte von November bis Ende De- zember in der Stadt Kufstein, wo er von 40 Kindern 6 wegraffte, in den Bezirken von Meran, Brixen, Bozen, Bruneck, Ampezzo, Imst, in der Stadt Innsbruck und in den welsch- tirolischen Bezirken, in welch letzteren allein 130 der Krank- heit unterlagen. In Lustenau (Bezirk Feldkirch) erkrankten vom 15. April bis 23. Mai 33 Kinder daran und starben 8. Die Behandlung bestand gewöhnlich in Verabreichung von Emetiea, Eccoprotica, Acida mineralia und Chininum sulf. Blattern. Ende October brach in der Berggemeinde Stilfes (Bezirk Brixen) eine Blatternepidemie aus und zwar wurde sie durch eine Weibsperson , welche von einer Wall- fahrt zurückkehrte, eingeschleppt. Die Weiterverbreitung geschah sehr rasch, indem während der kalten Jahreszeit die Einwohner eines Hauses sich nur in der geheizten Stube, in welcher auch die Kranken gewöhnlich untergebracht werden, 5 3 En a aufhalten, zudem die Reconvalescenten vor der völligen Ab- schuppung die Kirchen besuchten und beinahe die Hälfte der dortigen Einwohner ungeimpft war. In demselben Be- zirke kamen auch noch Blatternfälle in Tschöfs, Trens und Mauls vor. Im Bezirke Bruneck tauchten die Blattern in St. Martin auf, wohin sie im Juni durch eine Familie aus Triest gebracht wurden. Hier starben von 23 Personen 2 ungeimpfte Mädchen. In Kufstein, wohin sie aus Baiern im Frühjahre eingeschleppt wurden, starben von 76 Er- krankten 6, wovon 2 geimpft waren. Einzelne Fälle kamen auch in Brandenberg, Breitenbach, Söll, Ellmau und Walch- see vor. Nach Patznaun (Bezirk Landeck) brachte ein Bett- ler aus Grins die Blattern. Es starben dort von 72 Er- krankten 8. Unter den Blatternkranken im Bezirke Inns- bruck kam 1 Todesfall vor. Im Bezirke Lienz kamen 9 Blatternfälle durch Einschleppung aus anderen Kronländern in Gödnach-Görtschach, Lenzburg und Lienz vor. In Dorn- birn (Bezirk Feldkirch) herrschten die Blattern von März bis October und ergriffen 230 Personen, wovon 28 starben. Einzelne Fälle kamen auch in Lichtenau und Hohenems vor, In Bürserberg (Bezirk Bludenz) starben von 94 Ergriffenen 13, in Lorüns von 12 zwei, in Hörbranz von 26 vier und in Bregenz von 74 fünf ungeimpfte Kinder, Im Bezirke Cles entwickelte sich die Krankheit im November und befiel 17 Gemeinden. Von 226 Blatternkranken starben 16. In den Bezirk von Roveredo wurden sie aus Verona eingeschleppt. Es starben von 50 drei. Auch im Bezirke Tione starben von 50 Erkrankten 8. Endlich kamen einzelne Blattern- fälle im Bezirke und in der Stadt Trient vor. Diphteritis herrschte im Bezirke Borgo (Levico, Barco und Tenno) während des Sommers, Herbstes und Winters. Es starben von 137 Kindern 77. Bei 3 davon befallenen Müttern hatte die Krankheit einen gutartigen Ausgang. Bei der gutartigen Form war die Krankheit auf den Larynx und Pharyux localisirt, von wo aus sie sich aber _ zuweilen auch auf die Bronchien und den Oesophagus aus- | i sas bay G greats breitete und selbst mit Pneumonie und Enteritis vergesell- schaftet war. Die bösartige Form breitete sich mehr gegen die Nasenhöhle aus und raffte dann in kurzer Zeit das Opfer unter den Erscheinungen von Erkalten der Haut und Collapsus fort. Immerhin charakterisirten die Symptome der Anaemie, Albuminurie und consecutiver Paralysis die Krank- heit als eine allgemeine Erkrankung der Blutmasse. Obwol diese Krankheit in früheren Jabren dort unbekannt war, so kann doch als Gelegenheitsursache zur Entwicklung der- selben die dort herrschende Unreinlichkeit auf den Verkehrs- wegen und in den Wohnungen nicht unberücksichtigt bleiben. Die Behandlung bestand in Anwendung kalter Waschungen des Halses, von Kalk-, Nitras-Argenti-, hypermangan- saures Kali- oder Chlorhältigen Gurgelwässern, von Ein- pinslungen mit Jodtinktur oder Einstäuben derselben mittelst des Pulverisateurs, in Verabreichung von Eisenpräparaten und Chinin, nur zuweilen von Brech- und Abführmitteln. Zur Hintanhaltung gesundheitsschädlicher Effluvien wurde durch eine eigene Sanitätscommission besonders auf die Un- rathsstellen das Augenmerk gerichtet, indem die Misthaufen mit einer Y, Fuss dicken Schichte Erde bedeckt wurden. — Leichte diphterische Halsentzündungen kamen auch in Inns- bruck Mitte Juli und Mitte November vor. Typhus. Im Bezirke Bruneck trat derselbe in Gsiess, im Thale Ahrn und in der Stadt Bruneck in vereinzelten Fällen, hingegen in Pfalzen und Enneberg epidemisch auf. In Enneberg kamen bis zum April 33 Erkrankungen vor, worunter 12 einer Familie angehörten. Das Prodromal- stadium dauerte 3—7 Tage, dann überkam die Kranken ein Fieberfrost und Unterleibsschmerzen, Diarrhoe, Bronchial- katarrh sowie eine Woche später auftretende Hirnsymptome liessen über das Vorhandensein einer typhösen Erkrankung nicht mehr im Unklaren. Bei leichteren Erkrankungen war zuweilen eine Woche hindurch Stypsis vorhanden. In der dritten Woche nahm entweder das Fieber ab oder es trat unter den Symptomen allgemeiner Lähmung und Verfall der ers. Kräfte der Tod ein. Das Erscheinen von Roseolaflecken war stets ein ominöses Zeichen. Während der Epidemie wurde die Desinfizirung der Aborte vorgenommen und die Leib- und Bettwäsche in SO, Zinklösung getaucht. Inner- lich wurde Chinadecoct mit Acidum phosphoricum, Campher, Ferrum lacticum mit Chinin angewendet und für die De- cubitusgeschwiire ein Verbandwasser von Carbolsäurelösung (1 Theil auf 100 Theile Wasser) gebraucht. An der Ent- wicklung der Krankheit scheinen schlechte Wohnung und Nahrung nebst anstrengender Arbeit einen wesentlichen An- theil gehabt zu haben. In Pfalzen erkrankten vom 20. bis 29. Dezember 17 Personen an Abdominaltyphus, während die Witterung feuchtwarm war und dichte Nebel das Thal erfüllten, — Nach Reutte wurde der Typhus durch heim- kehrende Arbeiter aus dem Auslande eingeschleppt und er- griff 12 Personen. — In der Gemeinde Fliess (Bezirk Landek) kamen mehrere Typhusfälle vor, ebenso in Braz (Bezirk Bludenz) wo die Krankheit vom Auslande einge- schleppt wurde. — In der Stadt Riva herrschte der Typhus vom 2. October bis 24. Dezember. Von 62 Kranken starben 7. Heftige Regengüsse, Unreinlichkeit in den Wohnungen und auf den Strassen, Genuss verdorbener Früchte und schlechten Wassers scheinen den Ausbruch der Krankheit begünsfiget zu haben. Im Bezirke Roveredo kamen 76 Fälle vor. In Banale (Bezirk Tione) erkrankten vom August bis Dezember 170, wovon 16 starben. Typhöse Pneumonien. In Ampezzo kamen in der ersten Jahreshälfte mehrere solche Fälle vor und endeten häufig lethal. In Alpach (Bezirk Kufstein) erkrankten vom April bis Ende Mai 43, wovon 13 starben. Die Krankheit begann mit Schüttelfrösten und bei den lethalen Fällen trat entweder schon nach einigen Tagen der Tod durch Lungen- oedem ein oder auch erst nach längerer Andauer der fieberhaften Erscheinungen durch Verfall der Kräfte. Ver- abreichung von Expectorantien, Digitalis und Chinin bildeten den wesentlichen Theil der Behandlung, — In ER Te BER Schmirn (Bezirk Innsbruck) erkrankten zur Winterszeit 44 an Lungenentzündung und davon erlagen 11 der Krankheit. Das Mortalitätsverhältniss im Allgemeinen war für Tirol 2.4 %, und für Vorarlberg 2.6 %. Die auf die einzelnen Todesarten fallenden Zahlen lassen sich aus nach- stehender Tabelle entnehmen. Tirol. Vorarlberg. Anzahl der Spee nn männl. | weibl. | zus. | männl. | weibl. | zus. .. /Lodtgeborene 293 195 488 38 19 57 8 | Lebensschwiiche 1142 931 | 2073 90 79 169 „ | Blattern 55 46 101 sl 41 72 © | Masern 46 +4 90 1 1 2 ‚a |Scharlach 131 95 226 16 7 23 S |Typhus 356 | 349 | 705 22 22 44 © |Ruhr 187 185 372 16 14 28 > | Cholera 2 = 2 2 2 4 a | Keuchhusten 182 196 378 13 14 PAE, 3 jentziindliche Krank- a { heiten der Athmungs- ga organe 1218 | 1081 | 2299 120 116 236 3 |Lungenschwindsucht | 1048 | 850 | 1898 | 249 | 294 | 543 = | Darmkatarrh 290 | 293 | 583 67 49 116 g plötzliche Krankheits- 4 A zufälle 409 357 766 44 37 81 % |krebsige Entartungen} 212 | 247 | 459 37 39 76 8 Altersschwäche 861 937 | 1797 112 135 247 —|sonstige Krankheiten] 3333 | 3278 | 6611 | 441 | 464 | 905 | Zufällige Beschä- 3 ( digung 249 88 | 337 25 4 29 SE (Gift Didi tae ee eee ee 5 g JErhängen 9 1 10 5 — 5 2 3 \Erschiessen 17 2 19 4 eal 4 S = \ertränken 33 7 40 1 — 1 2% \Erstechen 3 2 5 — — = 235 (Gift 1 _ 1 = = = = 3 | Erschlagen 8 = 8 — _ _ 3 3 Erschiessen 10 10 zn = = 5 & \Erstechen 3 2 5 _ -- _ &0 = |Hinunterstürzen 3 1 4 = — _ 32 unbestimmte 2S (Todesveranlassung 35 23 58} — _ _ Zusammen 10123 | 9215 |19338 | 1334 | 1335 | 2669 Demnach ist das Verhältniss der todtgeborenen Kinder in Deutschtirol zur Gesammtsumme der Verstorbenen 2.2 %, in Welschtirol 2.8 %,; der an Lebensschwäche verstorbenen Kinder in Deutschtirol 8.7 %, in Welschtirol an %. Be- Naturw.-med, Verein. 1874. =a züglich dieses für Welszhtirol ungünstigen Verhältnisses wird angegeben, dass die dortigen Frauen auf dem Lande durch die grossen Strapazen und die während der Schwangerschaft gebrauchten Aderlässe nicht selten in der Ernährung her- untergekommene Individuen sind, wodurch aller Wahrschein- lichkeit nach eine entsprechende Entwicklung der Kinder behindert wird. Ferner machten die an epidemischen Krank- heiten Verstorbenen in Tirol 9.5 %, von der Gesammtsumme der Verstorbenen, in Vorarlberg 7.6 °% aus. An Lungen- schwindsucht starben in Deutschtirol 0.3 °4 der Bevölkerung, in Welschtirol 0.1 %, und in Vorarlberg 0.5 %. Von den 372 an Rohr Verstorbenen in Tirol kamen 331 auf die welschtirolischen Bezirke. — Durch krebsige Erkrankungen starben in Deutschtirol 0.08 %, der Bevölkerung, in Welsch- tirol 0.03 %, und in Vorarlberg 0.07 °4. Es walten hier so grelle Unterschiede in der Häufigkeit des Vorkommens dieser Todesarten in den genannten 3 Landestheilen ob, dass man versucht ist, dem Clima, der Nahrungs- und Lebens- weise einen entscheidenden Einfluss darauf einzuräumen. — Vom Procentverhältnisse des Todes durch Altersschwäche trifft es auf die deutsche Bevölkerung Tirols 0.3%, auf die italienische 0.1 %,, auf die vorarlbergische 0.2 %,. Von der Gesammtsumme der Verstorbenen entfällt auf die durch zufällige Beschädigungen Verstorbenen 1.7 %, in Tirol und 1 %, in Vorarlberg. Hinsichtlich des Todes durch Selbst- mord entfällt auf die deustche Bevölkerung in Tirol 0.008 %, auf die italienische 0.01 %, und in Vorarlberg 0.009 %, und hinsichtlich des Todes durch Todschlag oder Mord für Deutsch- tirol 0.002 %, und für Welschtirol 0.004 %,. Vom Sanitätspersonale befanden sich in Tirol mit 897 Ortsgemeinden 304 Doctoren der Mediein. Darunter waren 39 vom Staate angestellte, nämlich 16 für die Sani- tätsverwaltung, 21 im medic. Lehrfache und 2 als Heilärzte für die Salinen- und Tabakfabriksarbeiter, 167 von der Gemeinde oder dem Lande angestellte, 8 von Körperschaften, z, B. der Bahngesellschaft angestellte, und 90 nicht ange- Aa 7 Pages stellte. Von den Wundärzten, wovon 12 Magister und 160 Patrone der Chirurgie und Geburtshilfe sind, waren 1 vom Staate, 101 von der Gemeinde, und 70 nicht angestellt. Von den Thierärzten waren 1 vom Staate, 4 von der Ge- _ meinde und 3 nicht angestellt. Kurschmiede, zu denen auch die sogenannten Gemeindethierärzte gezählt wurden, waren 18. Von Hebammen zählte man 1 vom Staate, 752 von den Gemeinden und 176 nicht angestellte. Vorstände öffentlicher Apotheken gab es 93 mit 60 Assistenten und 23 Lehrlingen und Hausapotheken wurden 173 gehalten, worunter 2 geist- lichen Corporationen gehörten. Indem es nun auf Deutsch- tirol 148 Döctoren der Mediein und 156 Wundärzte und auf Welschtirol 156 Doctoren der Medicin, 16 Wundärzte ; traf, so kamen in Deutschtirol 1.16 Qu.-M. Flächeninhalt auf 1 Arzt und in Welschtirol 0.63 Qu.-M. — In Vorarlberg waren 2 vom Staate, 17 von der Gemeinde, 1 von der _ Bahnverwaltung und 20 nicht angestellte Doctoren der Me- _ dicin. Unter den 30 Wundärzten befanden sich 2 Magister 4 der Chirurgie und 23 waren von der Gemeinde angestellt. 7 Von den 4 Thierärzten waren 2 von der Gemeinde ange- a stellt. Kurschmiede, die sogenannten Gemeindethierärzte _ einbegriffen, gab es 9. Von 111 Hebammen waren 102 von : der Gemeinde bestellte Hebammen. Die 6 Vorstände 6ffent- ER licher Apotheken hielten sich 5 Assistenten und 1 Lehrling - und Hausapotheken zälılte man 44. Im Allgemeinen zählte : man auf 0.64 Qu-M. 1 Arzt. Auf die Krankenanstalten Tirols (26 öffentliche und 40 private) kamen 2843 und auf die 9 Privat-Spitäler Vorarlbergs 278 Betten. Der Krankenstand war folgender: | Verblieben [Im Jahre 1872]Summe der be- vom wurden aufge- handelten Entlassen | Jahre 1871 nommen Kranken geheilt |< E - | _.] = | za = =F. aia a = ees = Te = 2 ite a i= a = - =| m a —— a/2)a}2/2)2]2/2)2]2|2| Ti ER EEE. EEE EA EEE EEE EEE BEE U Tirol 771604 136515302 1920|7222|6073|2524|8597]3855' 1180 5035 Vorarlb. | 57, 56 113] 300) 126) 426] 357) 182) 539 191, 56) 247) 4* IE. Mit Ende Entlassen __| Gestorben |Abgangssumme |des J. 1872 gebessert | ungcheilt verblieben @l2 ;Ie l2|.[E 2|; l@ | Sue ala ste EjSlalelslelE lade N Be ee 9728478115281|1912'7193]793|612]1405 vv. 35) 26] 61) 11 8 19 Here 86| 281 122 403| 76, 60) 136 Die grösste Summe der behandelten Kranken fiel auf die Spitäler von Innsbruck mit 1272, von Bozen mit 1027 und von Trient mit 900. In den Spitälern Deutschtirols wurden 5877 und in jenen von Welschtirol 2701 behandelt. Das Heilungsprocent in den Spitälern Tirols war 58%, und das Mortalitätsprocent 9°/,, hingegen in jenen Vorarlbergs das Heilungsprocent 45°, und das Mortalitätsprocent 14%, wei] mehrere der dortigen Spitäler Krankenversorgungsanstalten sind, wo meist an Marasmen leidende Pfleglinge zur Be- handlung kommen. Die durchschnittliche Verpflegungsdauer war für die in den Spitälern Tirols behandelten 46 Tage und für die Spitalkranken Vorarlbergs 38 Tage. Die öffent- lichen Spitäler hatten einen Geldaufwand von 168,349 fl. 20 kr. mit einem durchschnittlichen Kostenbetrag per 52 kr. für Kopf und Tag. Auf die in denselben 7347 behandelten Kranken entfielen 322,328 Verpflegungstage. In den zwei Landesirrenanstalten: Hall mit einem Belegraum für 250 und Valduna mit einem Belegraum für 120 Geisteskranke war der Krankenstand folgender: 53 a nen - ade: h A ER: Irrsinn mit | Irrsinn mit | Tobsucht‘ | Trübsinn Verücktheit| Blödsinn Lähmung | Fallsucht | m. | w. |zus.| m. | w. |zus.| m. | w. |zus.| m. | w. |zus.| m. | w. |zus.| m. | w. |zus.| m. | w. | Zus. ————————————— nn Zusammen Hall vom Vorjahr verblieben] 24 | 18 | 42} 29 | 34 | 63157 |53 1110110 | 5/15] 1|— | 1] 7! — | 7128110238 aufgenommen wurden im Jahre 1872 17 | 7124110|22|32| 4| 7 | 11l— | 2| 2] 4|— | 41 1/— | 11 36| 38) 74 zusammen 41| 25 | 66 | 39 | 56 | 95 | 61 | 60 [121] 10 | 7/17] 5|—| 5] 8|—| 8]164|148]312 bo (geheilt entlassen T| zlıa| 41B 7] 3| 1] -|—-|—-I—-|—-|-1—-|—| 1014| 21) 35 =] ungeheilt entlassen} 31 — | 3] #| 2| 6] 5| 3| 8l— | ı| 11— | —- | —I—|-|-—-1 12 6| 18 ‚Eu | gestorben a ers PSM allzu lee < (zusammen 12| 9|21]11]16|27] 9| 5| 14] 2| 1) 3] 2|—| 2] 1]—| 1] 37| 31] 68 verblieben mit Ende | | 1872 29| 16} 45 | 28 | 40 | 68[52|55 |107| 8| 6)14] 3|— | 3] 7| —| 7]127|117|244 Valduna vom Vorjahrverblieben] 5| 9/14] 4] 3| 7] 4| 3] I 1] 1| 2|— aufgenommen wurden — | 1] 1] 13) 20] 33 im Jahre 1872 | 6| 7|13| 8| 6|14| 9| 1) 10] 2| — aes ae 1] 26] 14] 40 zusammen a6 [27 [12 | 9j21] 8] a] Spt 4) =—J=—l— Pf EB] 27897847783 geheilt entlassen | 3| 2| 5] 6] 2] 8/—|—|—]—/]—|—]—|—!|—[—|—|[—] 9 4 13 = lungeheiltentlassen} 1/ 1/ 2{—{ 1/ 1]—/ ıl 17—/—/—]—]—|]—] 1}/—] 1] 2} 3] 5 ‚Su gestorben 201 |, Bee Blige a Pe =< 61: 7 < (zusammen 8| 4/12] 6| 3] 9] 1] ı| 2] EI = LE = ara | 1] 17) 8| 25 verblieben im Jahre | 1872 5lı8s/a5| 6| 6]12]12] 3| 15] ı| 1] 2|— 25| 23] 48 ET ur, > = Be Reel chirurgischen Instrumenten, deren Aufzählung keinen Zweck hätte, vor allem die Waage, dieses bahnbrechende Werk- zeug für alle quantitativen Untersuchungen, Dann erwähne ich hier das Myographion, welches die feinsten Bewegungen gereizter Muskeln registrirt, Die Hydrodynamik liefert ihre Injektionsappa- rate, das Blutmanometer, das Kymographion zur Beobachtung des Pulses, den Sphygmograph zur näheren Untersuchung der Wellenform des Pulses, Die Aörodynamik liefert die verschiedensten Pum'- penkonstruktionen, Inhalationsapparate us. w, die Wärmelehre das Thermometer als wichtigsten Wegweiser bei der Untersuchung des Fiebers, die Elek- trieität wurde in den Händen geschickter Physiologen ein unentbehrliches Hilfsmittel zur raschen Uebe rtragung von Signalen aller Art, sie lieferte den Multiplikator zur Auffindung des Nerven- und Muskelstromes, die Induktions- spirale zu Reizversuchen, die Thermosäule zu Tempe- raturmessungen, dann die vielen elektro-therapeuti- schen Apparate, z. B. die elektrische Sonde zur Auffindung und Extraktion metallener Geschosse, die gal- vanokaustische Schlinge, welche das glühende Eisen ersetzt. Die Akustik lieferte das Hörrohr, das Steto- skop zur Auskultation der Lungen- und Herztöne. Die Optik endlich, wenn sie der Medicin Nichts geschenkt als das Mikroskop und die Brille, stünde doch in erster Linie da, Ihr danken wir aber noch eine ganze Reihe der heilbringendsten Instrumente, z. B. den Augenspiegel, das Ophtalmometer, den Kehlkopfspiegel, das Sacharometer zur Untersuchung des Harns, das Spek- trometer zur Untersuchung des Blutes, den Polari- sationsapparatu.s.fi.u.s. f Ein Hinweis auf die zahlreichen, hier nur lückenhaft aufgezählten physikalischen Hilfsmittel ist gewiss genügend, um Jedermann zu überzeugen, dass schon deshalb die Physik dem Mediciner unentbehrlich geworden, Hierüber dürften Alle einig sein. Eher dürften die Meinungen in der Weise auseinander gehen, dass Manche es für unnöthig halten, dass der Medieiner die Theorie der physikalischen Hilfsmittel verstehe, wenn er sie nur zu ge- brauchen wisse. Allein diese Ansicht ist in vielen Fällen deshalb nicht stichhältig, weil eben der richtige Gebrauch des Instrumentes von dem Verständniss seiner Theorie abhängt. Auch wäre dann der Arzt allzusehr der Gefahr ausgesetzt, in die grösste Verlegenheit zu kommen, wenn einmal die Theile . des Apparates ausser Ordnung gerathen sind. So ist z. B. die Anwendung der galvanischen Batterien ohne Kenntniss des Ohm’schen Gesetzes geradezu gefährlich, so ist das Thermometer ohne genaue Bekanntschaft mit seinen Eigenthümlichkeiten ein ganz unzuverlässiges, irre- führendes Instrument. Wie überall ist auch hier halbes Wissen oft schlechter als gar kein Wissen. Aber selbst, wenn es thunlich wäre, Instrumente zu gebrauchen, ohne ihre Theorie wenigstens in den Grundzügen zu kennen, so wäre das doch unwürdig für einen Jünger der Wissenschaft. Wer würde sich nicht unbefriedigt fühlen das Mikroskop zu gebrauchen, ohne seine Wirkungsweise zu verstehen. Sucht man aber die Theorie auch nur der oben aufge- zählten Instrumente sich klar zu legen, so wird man bald entdecken, dass dies ziemlich ebensoviel heisst, als Physik studiren; denn es gibt nicht Ein Gebiet derselben, welches nicht in näherer oder fernerer Beziehung zu einem der Instru- mente stünde. Doch mit all dem sage ich den verehrten Vereinsmit- gliedern nichts Neues; ich muss mich vielmehr entschuldigen, dass ich der Vollständigkeit wegen solches angeführt habe, Nicht darin liegt die Hauptrolle der Physik gegenüber der Medicin, dass sie als Hilfswissenschaft ihr die Werkzeuge besorgt, ihr Einfluss ist ein viel tiefer gehender. AT oe Damit gelange ich an den zweiten Gesichtspunkt. Es ist nun ungefähr 30 Jahre her, dass durch die wichtigste physikalische Entdeckung, die je gemacht wurde, die Unzerstörbarkeit der Kräfte, ebenso festgestellt ist, wie seit viel längerer Zeit die Unzerstörbarkeit der Materie feststeht. Nennen wir das Gesetz der Unzerstörbarkeit der Ma- terie das Grundgesetz der Chemie, so können wir das Gesetz von der Erhaltung der Kraft das Grundge- setz der Physik nennen. Diese beiden Gesetze zusam- men beherrschen die ganze Naturwissenschaft und kein natürlicher Vorgang ist auch nur annähernd verständlich, wenn man ihn nicht auf der Basis dieser beiden Gesetze zu verstehen sucht. So ist es nun auch mit dem Lebensprocess und ebenso mit dem gestörten Lebensprocess, mit dem Krank- heitsprocess. Dies näher auszuführen ist nicht Sache einiger Minuten, auch nicht einiger Stunden; dies auszuführen ist vielmehr eben die grosse, schwierige Aufgabe der heutigen Medicin im Bunde mit den Naturwissenschaften, Ich kann nur einige höchst flüchtige Andeutungen geben, die uns eine Ahnung gestatten von der Grösse, von der Schwierigkeit, aber auch von der Herrlichkeit der Aufgabe, die uns da gestellt ist. Unter allen Erscheinungen des Thierprocesses muss dem unbefangenen Beobachter stets das Vorhandensein will- kührlicher Bewegungen am auffallendsten sein. Sie sind es, die uns die Hauptmerkmale des Thieres abzugeben scheinen und sie sind es auch, welche am meisten zur An- nahme einer eigenen Lebenskraft beigetragen haben, einer Kraft die, so schien es, von sich selbst entsteht und vergeht. Beobachtete man dagegen einen physikalischen Apparat, eine Maschine, so entdeckte man darin keine willkührlichen Bewegungen, d. h. keine Bewegungen, die nicht ihr Aequi- Naturw.-med. Verein 1875, 5 N Ta valent in einer anderen Bewegung gefunden hätten, die wir von Aussen in den Apparat übertragen haben. Drücken wir da einen Hebelarm nieder, so steigt dort dafür einer auf, und soll er noch einmal aufsteigen, muss er noch einmal niedergedrückt werden, Der Mensch dagegen erhebt seinen Arm so oft er will, ohne dass man bemerkte, dass von aussen eine Be- wegung auf ihn übertragen worden. Wir bemerken nur, dass der Mensch Nahrung und Licht zu sich nimmt. Aber diese verlassen seinen Körper vollständig wieder, wenn auch in anderer Gruppirung ihrer chemischen Bestandtheile. Dieses Entstehen von Bewegungen, dieses Auftreten von Kräften, ohne dass wir bemerkten, dass solche von aussen eingeführt wurden, hat uns so lange Zeit in die Irre geführt, dass wir eine eigene Lebenskraft im Körper anzu- nehmen verleitet wurden. Und doch konnten wir, wenn wir nur aufmerksam um uns blickten, auch mechanische Apparate entdecken, bei welchen ebenso Kräfte plötzlich auftreten und zur Wirkung kommen, die ausser Verhältniss gross sind gegenüber den Veran- lassungen von Aussen, welche diese Kräfte wecken. Setzen wir den Fall ein wildes Thier nähere sich einem Fangeisen; behutsam tastet es mit der Pfote nach dem Köder; trotz der leisen Berührung erwacht in dem Augenblicke in dem Instrumente eine Kraft, es regt seine Arme, greift nach dem Thiere, packt es und hält es fest. Ist das nicht wie Willkühr? Wird das Thier, das auch durch Erfahrung gewöhnt ist, Ursache und Wirkung in äquivalenter Grösse zu sehen, nicht auch hier getäuscht werden und in dem Fangeisen ein willkürlich handelndes, aus eigener Kraft sich bewegendes Wesen erblicken, das ihm aufgelauert hat und von dem es überlistet worden ist, Wir täuschen uns in diesem Falle nicht, Wir er- blicken in der gespannten Feder das Aequivalent für die Bewegung, wir wissen, dass wir ebensoviel Arbeit auf- Be GU tee wenden mussten, um die Feder zu spannen, als diese dann wieder leistete, als sie sich entspannte, Wir nennen den Zustand eines solchen gespannten Apparates den des labilen, d. i. unbeständigen Gleichgewichtes und den Vorgang, der dieses Gleich- gewicht stört, die Auslösung. Wir wissen, dass diese Auslösung nicht die Ursache, sondern die Veranlassung zur Arbeit der Feder ist. Ich nehme nun einen anderen Fall: Eine Flinte ist geladen, der Hahn gespannt, der Stecher eingedrückt. Die leiseste Berührung des Stechers löst die aufgezogene Feder aus, der Hahn fällt, sein Fall bewirkt die Explosion des Zündhütchens, diese die Explosion des Pulvers. Hier haben wir drei Auslösungen nach ein- ander. Jede der Ursachen ist von einer an Grösse über- ragenden Wirkung gefolgt. Aber wir werden hiedurch nicht getäuscht; es fällt uns nicht ein, in der leisen Berührung des Drückers die Kraft zu suchen, welche das Geschoss schleuderte. Diese Kraft schlummerte vielmehr im Schiesspulver. Die geladene Flinte ist ein im labilen, d. i. unbeständigen Gleichgewichte stehendes System, das in sich Kraft aufgespeichert enthält, und keiner erheblichen Kraftzufuhr, sondern nur einer Aus- lösung bedarf, um Kraft hervortreten zu lassen, Ein Jäger ergreift die geladene Flinte, ein Vogel fliegt auf und sogleich trifft ihn der Schuss. Uebersetzen wir diesen Vorgang ins Physikalische. Der Vogel berührte den Schützen nicht, aber ein Bündel Sonnenstrahlen gelangte, _reflektirt von der Oberfläche des Vogels, durch das Auge des Jägers auf seine Netzhaut. Die Schwingungen des Licht- _ athers wirken dort auf den Nerv und dies veranlasste in R noch geheimnissvoller Weise die Auslösung zuerst der Be- wegung des Muskels im Arm und Finger und weiterhin des Schusses. Da haben wir Jäger und Flinte zusammen zu einem Jabilen System vereint, das durch ein Minimum von lebendiger Kraft, durch einige Schwingungen des Lichtäthers 5* BE ee veranlasst wird, eine Reihe aufgespeicherter Arbeitsvorräthe zu entwickeln. Die Analogie liegt auf der Hand. Die willkührlichen Bewegungen der Thiere und Menschen verlieren einen Theil ihrer Unbegreiflichkeit, indem wir sie als Aequivalent, als Verwandlungsprodukt eines in ihnen vorher aufgespeicherten Arbeitsvorrathes erkennen. Dass dieser Arbeitsvorrath von Nahrungsmitteln stammt und von diesen eingeführt und hinterlassen worden ist, das lehrte uns die chemische und physikalische Untersuchung des Ernährungsprocesses. Das Verdienst der physikalischen Forschung während der letzten 50 Jahre ist es eben, gezeigt zu haben, dass eine einmal irgendwo vorhandene Arbeitsmenge nie vergrössert oder verkleinert werden, am wenigsten vernichtet werden könne, dass dieselbe jedoch die verschiedensten äusseren Formen annehmen könne. Bald hat sie die Form sichtbarer Bewegung, dann nennen wir sie „lebendige Kraft“, bald die einer ge- spannten Feder, dann nennen wir sie „mechanische Spannkraft*, bald die eines gehobenen Gewichtes, dann nennen wir sie „Energie der Lage“, bald die unsicht- barer Bewegung der kleinsten Theilchen, dann heissen wir sie „Wärme“, bald die chemischer Anziehung, dann heissen wir sie „chemische Spannkraft*, bald tritt sie auf als Bewegung rhythmisch schwingender Luft, dann heissen wir sie Ton, bald als Schwingungen des Lichtäthers, dann heissen wir sie Licht, oder endlich sie erscheint in jener noch räthselhaften Form, die wir Elektrieität nennen, So wandert ein einmal vorhandenes Arbeitsquantum in der Welt herum, wechselt Form und Namen, bleibt aber unverändert an Grösse. Wollte ich ein Bild hiefür gebrau- chen, so würde ich es mit einer Geldsumme vergleichen, die bald in Form von Thalern, bald als Dukaten, bald als Francstiicke, bald als Banknote von Hand zu Hand geht. So wie wir hier den gemeinschaftlichen Namen Geld ge- brauchen, so wurde für die verschiedenen Formen eines SER oe be pen VAP es < eee Arbeitsvorrathes in der Physik von Clausius der Name Energie eingefiihrt und das wichtigste Gesetz der Physik in die kurzen stolzen Worte gefasst: ,der Energievor- rath der Welt bleibt konstant“, Und so wie wir Umrechnungstabellen haben fir die Berechnung der Anzahl Thaler, die einer Anzahl Francs äquivalent sind, so machen wir bereits de Umrechnung von Energie der Lage in Energie der sichtbaren Bewegung oder in Wärme u. s. w. Woher also stammte die Kraft des Pulvers bei dem Schusse? Hören wir, was Cliemie und Physik hierüber lehren: Sonnenlicht, die Energie schwingenden Aethers, wirkt auf Pflanzen mit grünen Blättern, diese enthalten eine Werk- stätte, wo diese Form der Energie umgewandelt wird in Energie chemischer Spannkraft. Die Kohlensäure der Luft wird nämlich unter Aufwendung des Sonnenlichtes zerlegt, der Kohlenstoff in der Pflanze konzentrirt, der Sauerstoff freigegeben. Beide erfahren nun mannigfaltige Schicksale, bis endlich der Kohlenstoff in die Form pulverisirter Holz- kohle übergeführt, der Sauerstoff im Salpeter konzentrirt wird. Nun werden sie im Schiesspulver wieder einander genähert. Würden sie sich sogleich wieder vereinigen, so erschien auch sofort das Licht und die Wärme wieder, welche früher zu ihrer Trennung verbraucht wurden. Sie bleiben aber vorderhand getrennt, wenn auch mechanisch vermengt. Die Energie chemischer Spannkraft ruht nun im Schiess- pulver aufgespeichert, ein Funke löst diese Spannung aus und nun verwandelt sich dieselbe in Energie mechanischer Spann- kraft der entwickelten Gase, diese setzt sich um in Energie sichtbarer Bewegung, indem das Geschoss hinausfliegt. Dasselbe schlägt z. B. an einen Stein, die Kugel wird dadurch nahe zum Schmelzen erhitzt; das heisst man Um- wandlung der Energie sichtbarer Bewegung in Wärme und nun verbreitet sich diese Wärme in der Umgebung, wir ver- lieren vielleicht ihre Spur, aber sie geht nie zu Grunde, sie wird nie vernichtet, Wir könnten vielleicht die Spuren N a eines Theiles derselben noch weiter verfolgen. Der Stein war betaut; die Wärme verwandelt den Tau in warmen Wasserdampf. Hiedurch erhielt derselbe Steigkraft. Er steigt in die Höhe und nun ist die Wärme verwandelt in „Energie der Lage“, denn eine gehobene Last ist eine Vor- ratsquelle von Energie. Der Wasserdampf wird auf Bergeshöhe wieder zum Tautropfen, im Verein mit Milliarden von Schicksalsgenossen fliesst er im Bache wieder nieder ins Thal, d. h. seine Energie der Lage geht über in Energie sichtbarer Bewegung und diese verwandelt sich dort an der Mühle in Energie rotiren- der Bewegung, um bald darauf auf dem Mühlstein durch Reibung wieder in Wärme umgeformt zu werden. Freilich wurde auf diesem langen Wege der grösste Theil als Wärme verzettelt und verstreut, aber nicht ver- nichtet. Diese über den Erdboden verstreute Wärme strahlt in der nächsten hellen Nacht hinaus in den Weltenraum, um nie wiederzukehren. Dieses Bild, im Einzelnen ein Phantasiebild, aber im Ganzen durchaus getreu, möglich und der Wirklichkeit ent- sprechend, muss nun in Ermangelung einer längeren Aus- einandersetzung genügen, um das Folgende vorzubereiten. Da es feststeht, dass in dem Kreislauf der Stoffe und bei Verwandlung der Kräfte den Pflanzen und den Thieren besondere Rollen zugetheilt sind, die in einem gewissen Gegensatz zu einander stehen, indem die Pflanze vorherrschend Wärme (und Licht) in chemische Spannkraft, das Thier chemische Spannkraft in mechanische Arbeit und Wärme umsetzt, so ist es über jeden Einwand erhaben und sicher, dass ein volles und gründliches Verständniss des Thier- processes d.i. des Lebens, nur möglich ist, wenn man über die Stoffe und Kräfte, deren Kreislauf und Verwandlungen und die darauf bezüglichen Gesetze unterrichtet ist, d. h. wenn man Chemie und Physik studirt hat. Ohne diese Kenntniss muss das Wesen des Lebensprozesses jedenfalls ein unauflösliches Räthsel bleiben. 5 Eg a en — 4 in Je mehr wir im thierischen oder menschlichen Körper die Processe oder Organe studiren, desto mehr überzeugen wir uns, dass wir eben lauter chemische oder physikalische Vorgänge und Apparate vor uns haben, Da ist das Auge eine vollkommene Camera obscura, das Ohr ein zum Theil noch räthselhafter akustischer Apparat mit schwingenden Resonatoren zur Analyse der Klänge, die Zunge ein chemisches Laboratorium für Flüssig- keiten, die Nase ein solches für Gase, der Tastsinn ein Aufnahmsbureau für eine Reihe elektrischer Telegraphen- linien, der Mund mit den Zähnen ein Mahlwerk, der Magen und die Gedärme ein Digestionsapparat mit Dialysator- vorrichtungen, das Herz eine komplette Saug- und Druck- pumpe, die Lunge ein Blasebalg verbunden mit Heizappa- rat. Ausserdem finden wir schwingende Membranen, Reso- natoren, Scharniere, Hebel und eine Menge anderer theils verständlicher, theils noch unenträthselter Organe, die der physikalischen oder chemischen Deutung noch harren. Ich begegne nun der Frage, ob denn der Mensch wirk- lich nur ein chemisch-physikalischer Apparat sei, in wel- chem angehäufte Energievorräthe durch Auslösung von aussen in eben derselben Weise zur Wirkung gelangen, wie in einem mechanischen Systeme von labilem Gleichgewichte. Ist der Mensch nur eine sehr vollkommene Maschine ? Welche Rolle bleibt denn dann dem Geiste in diesem Körper? Sie dürfen nicht fürchten, dass ich mich jetzt in dieses heikelste aller Themata, in diese schwierigste aller Fragen vertiefe, noch weniger, dass ich darüber irgendwie absprechend mich äussere, Nur so weit bestimmte Thatsachen vorliegen, lassen Sie mich dieselben verfolgen. Bleiben wir also fest bei der naturwissenschaftlichen Methode. Die Gedanken sind Thatsache. Ein erster Versuch, sie unter die Stoffe zu reihen, missglückte, ein zweiter Versuch, sie als von den Stoffen ausgehende Kräfte aufzufassen, muss ebenfalls als miss- Ba ee glückt bezeichnet werden, denn wenn die Gedanken eine Form der Kraft wären, so unterlägen sie dem Gesetze der Erhaltung der Kraft, man müsste sie in Wärme verwandeln können, und umgekehrt müssten aus Wärme Gedanken ent- stehen können. Dies ist nicht der Fall. Das Gehirn des anstrengend denkenden Menschen erwärmt sich allerdings. Ein Mensch, in dessen Gehirn der Energievorrath durch An- strengung oder Nahrungsmangel erschöpft ist, denkt weniger gut. Aber die Billanz für die im Gehirn stattfindenden Energie- änderungen wird nicht durch die Gedanken hergestellt, Nicht die Gedanken sind das Aequivalent, sondern diese gehen neben her. Thatsache ist nur das Eine und das ist von enormer Wichtigkeit, dass, so oft Gedanken entstehen, jedesmal gleichzeitig eine Verwandlung von Energievorräthen stattfindet und zwar in gewisser Richtung. Sollte. also etwa der Vorgang dieser Verwandlung selbst identisch mit dem Denken sein? Diese Frage. fiele zusammen mit der folgenden: Ist umgekehrt jede solche Verwandlung (Zunahme der Entrogie) mit Entstehung von Gedanken verknüpft? Dann müsste jeder Wasserfall sowie jedes Feuer denken, denn beide führen dieselbe Art der Verwandlungen in derselben Richtung aus. Weiter reichen unsere Beobachtungen nicht, weiter will ich auch dieses Thema nicht verfolgen; es wird uns wohl immer dunkel bleiben. Ich kehre vielmehr nach dieser Abschweifung zu meinem Gegenstande zurück und fasse das Vorgebrachte zusammen. Ich habe zuerst darauf hingewiesen, dass die Physik als Hilfswissenschaft der Mediein diese mit Apparaten ver- sorgt, deren Kenntniss allein schon dem Mediciner physi- kalische Studien auferlegt. Ich habe dann nachzuweisen gesucht, dass alle Natur- wissenschaft auf dem Verständniss fundamentaler die Materie und die Kräfte beherrschender Gesetze beruht und dass daher die Medicin, insoweit sie einen Theil der Naturwissen- 1 a) er i schaft bildet, dieses Verständniss, welches durch die Chemie und Physik vermittelt wird, nicht entbehren kann. Aber — so höre ich den erfahrenen praktischen Arzt mir einwenden — was hilft mir dieses Verständniss der physikalischen Theorie und wäre sie noch so schön und richtig, in der Praxis, da stehe ich am Krankenbette; was nützt mir da die Lehre von der Erhaltung der Kraft, wenn ich sie nicht verwerthen kann, dem Kranken seine Kraft zu erhalten. Dieser Einwurf ist deshalb sehr beachtenswerth, weil er von höchst respektabler Quelle kommt. Es muss zugegeben werden, dass noch heine breite, bequeme Brücke die physikalische Theorie mit der medici- nischen Praxis verbindet und derjenige wäre im Irrthume, welcher von der Physik einen sofortigen eklatanten Auf- schwung der Heilerfolge erwartete. Die physikalische Mediein ist vielmehr ein Hoff- nungsbau, bestimmt, uns nach Jahren die tiefer vergra- benen Schätze des Wissens nutzbar zu machen, wenn die Erze, die wir bisher von der Oberfläche geschürft haben, uns nicht mehr genügen werden. Dass übrigens der geniale praktische Arzt auch heute schon den Zusammenhang seines Faches mit den besproche- nen physikalischen Lehren auffinden kann, das geht un- zweifelhaft aus einer merkwürdigen Thatsache hervor: Wer war es denn, der zuerst durch die Entdeckung der Aequivalenz von Arbeit und Wärme den Satz von der Erhaltung der Kraft definirte? Es war der praktische Arzt J, R. Maier in Heilbronn. Und wer war derjenige, der die Anwendung dieses Satzes auf die übrigen Kraft- formen ausdehnte und seine Bedeutung in der ganzen Trag- weite zuerst erkannte? Es war der frühere praktische Arzt, jetzt Prof. der Physik, H. Helmholtz. Das war kein Zufall, das war vielmehr begründet in dem fundamentalen Zusammenhang von Mediein und Physik. Wenn also diese Männer eine Brücke fanden, die sie hinüber- N En führte von der praktischen Mediein zur Physik, so muss dieselbe auch hierüber führen von der Physik zur praktischen Medicin. Dass die Physik von Seite der Medicin nicht schon früher gewürdigt worden ist, erklärt sich leicht, wenn man die Entwicklung der letztern verfolgt. In den alten Zeiten des Autoritätsglaubens waren die Schriften der älteren berühmten Aerzte die Hauptquelle des medicinischen Wissens, Daher verlangte man vom Mediciner vor Allem Kenntniss der alten Sprachen, die ihn be- fähigten, jene Schriften zu lesen. Dann erwartete man von ihm, da es noch keine Apo- theker gab, die Herstellung der Arzneimittel und nöthigte ihn desshalb, Mineralien, Pflanzen und Thiere und ihre Fundorte kennen zu lernen. Als dann die Mixturen immer komplizirter und seit dem Anfbliihen der Alchemie immer mehr aus dem Mineralreiche entnommen wurden, verlangte man chemische Kenntnisse, Nachdem dann durch Aufhebung des Verbotes und Ueberwindung des Vorurtheils die Sektionen häufiger wurden, gesellte sich die Anatomie zu den früheren An- forderungen und blieb bis heute neben der Pathologie der wichtigste Zweig der Medicin und wird es auch bleiben. So kam man bis in die neuere Zeit herauf, der Medi- einer musste demnach, wenn wir von den Unterabtheilungen und Nebenfächern absehen, lateinisch und etwas griechisch lernen, dann Mineralogie, Botanik, Zoologie, Chemie, Phar- makognosie, Anatomie und Pathologie studiren. Dass man Physik nicht verlangte, erklärt sich einfach daraus, dass diese bis in die neuere Zeit der Medicin keine wesentlichen Dienste leisten konnte, da sie dazu selbst noch zu wenig entwickelt war. Diese Entwicklung hat nun aber seit Ende des vorigen Jahrhunderts und insbesondere in den letzten 30 Jahren riesige Fortschritte gemacht. Um diesen gerecht zu werden, fügte man noch ein Fach zu den anderen; dasselbe sollte Ben gewissermassen alle die Anwendungen der Chemie und Physik auf den thierischen Körper umfassen. Man nannte dieses Fach Physiologie. Allein wie kann von einer Anwendung der Physik die Rede sein, wenn die Grundlehren dieser Wissenschaft selbst im Unterrichtsplane fehlen? Wollte der Lehrer der Physio- logie nicht selbst erst Physik vortragen, so fehlte die Basis für sein Fach, Die Studirenden waren für dasselbe gar nicht vorbereitet. Es war daher nur unvermeidliche Consequenz, dass auch Physik aufgenommen wurde. Wird sie die letzte sein im Kreise ihrer Schwestern ? Ich glaube nein, es wird noch eine letzte folgen müssen, Erschrecken Sie nicht, denn es wird noch eine Weile dauern, aber gewiss wird noch die Mathematik nachfolgen. Ohne sie gibt es keine exakte Wissenschaft. Das ist so selbst- verständlich, dass es nicht mehr bewiesen zu werden braucht, Schon Kant hat dies ausgesprochen, Was soll aber dann aus den armen, vielgeplagten Me- dicinern werden? Werden sie nicht tiber dem Integriren die Anatomie vergessen? Werden sie nicht verzagt tiber das Uebermass der auferlegten Bürde um so mehr geneigt sein, der grauen Theorie den Riicken zu kehren und nach den griinen Zwei- gen des goldenen Lebensbaumes zu greifen? Diese Gefahr wiirde in der That eintreten, wenn nicht auf andere Weise dagegen gesorgt würde Man darf nicht jedem Mediciner zumuthen ein Helmholtz zu werden, man soll aber dafür sorgen, dass, wenneein solcher darunter wäre, er auch Gelegenheit zur Ausbildung finde. Für die Geister zweiten Ranges muss dann eine zweck- mässige Arbeitstheilung nachhelfen, Welche Aenderungen zu diesem Zwecke in dem ganzen Erziehungsplane des künftigen Mediciners einzutreten hätten, dies auszuführen ist heute hier nicht möglich, Das aber glaube ich bestimmt andeuten zu können: dem Mediciner ~ 0-16 — wird wenig Zeit fiir mineralogische Studien bleiben, auch die Schmetterlinge und Käfer wird er müssen fliegen lassen und da er nicht mehr wie einst selbst die Wurzeln und Kräuter zu sammeln, zu trocknen und zu kochen hat, so wird man ihm eher verzeihen, wenn er eine Anzahl radices verwechselt, als wenn er Nichts weiss von der Erhaltung der Kraft. Ich glaube also, gewisse Spezialitäten der betreffenden Naturwissenschaften werden zurücktreten, dafür Chemie und Physik etwas mehr in den Vordergrund treten müssen, Die harte, aber den Verstand schärfende und den Geist klärende Schule der exakten Wissenschaften wird dann auch beitragen, dem Arzte jenes geistige Uebergewicht zu geben, welches ihm ermöglicht, seinem wohlgemeinten Rathe das nöthige Ansehen zu verschaffen und welches stets hoch- gebildete Menschen befähigt, die Geister ihrer Mitmenschen zu ihrem Heile zu leiten, denn: Wer sie nicht kennte, A Die Elemente, Ihre Kraft Und Eigenschaft, Wäre kein Meister Ueber die Geister! Bee rte het über die k.k. Augenklinik der Universitit zu Innsbruck fiir das Studienjahr 1872/73. Zusammengestellt von Dr. Ferdinand Plenk, klin, Assistenten, Im Studienjahre 1872/73 wurde die k. k. Augenklinik der hiesigen Universität von 761 Patienten frequentirt. Von diesen wurden 500 im Ambulatorium behandelt, 261 in der Anstalt selbst verpflegt. Von den ersteren wurden 40 Männer und 32 Weiber in die Klinik aufge- nommen. Unter den Ambulanten erreichten die männlichen Besucher die Zahl 306, die weiblichen 194; von den klini- schen Patienten waren 141 männl., 120 weibl. Geschlechtes. Von den letzteren wurden entlassen : a, geheilt. . 80 männl, 77 weibl. Geschl. = 157 Pers. be gebessert. „MA2P 5 720% EHRE ¢. udeeheilt .; 7, LOWS PR Atransterirt . KO. ©, RR Eee ER Zusammen 130 männl,, 112 weibl. Geschl. = 242 Pers. Zur weiteren Behandlung verblieben : 1lmännl, 8 weibl. Geschl. = 19 Pers. Zusammen 141 minnl., 120 weibl. Geschl. — 261 Pers. Die grösste Frequenz des Ambulatoriums weist der Monat Mai auf mit 59 Kranken, die geringste der Monat September mit 24 Patienten, hieran reihen sich die übrigen Monate in folgender Ordnung : Se Ra Juni mit 55, November mit 49, März mit 48, Jänner mit 47, April mit 44, Juli mit 42, Oktober mit 40, August mit 32, Februar mit 31 und endlich der Dezember mit 29 Kranken. Die Krankheitsformen, welche an den Ambulanten zur Beobachtung kamen, sind folgende: I. Krankheiten der Lider: M. WwW Blepharitis ciliaris 5 1 Ectropium. wet 1 Chalazion . 3 ge Hordeolum 3 1 Neoplasma ; - : : I 2 Eczema 1 a= Vulnus scissum _ 1 2. Krankheiten der Bindehaut: M. W, Conjunctivitis catarrhalis, . : 37 20 5 granulosa. . 1 1 ‘ phlyctaenulosa > 11 15 ‘ blennorrhoica \ 2 3 2 traumatica 1 1 Neoplasma : h ; : 1 = Ecchymoma 3 1 Pterygium . 1 — 3 Krankheiten der Lederhaut: M. W. Scleritis . A ‘ : : 1 1 4. Krankheiten der Hornhaut und Regenbogen- haut: a) der Hornhaut: Keratitis . ; ; E : 1 > traumatica : : 8 1 -] M. Keratitis ulcerosa 9) i phlyctaenulosa 10 = parenchymatosa — Maculae et cicatrices . - 2 Staphyloma corneae tot. et part. 4 Uleus serpens . _ Keratoconus s , 4 — Phthisis corneae 1 Corpus alienum 24 b) der Regenbogenhaut : Jritis parenchymatosa (darunter eine gumosa . : ; , i » serosa. : ; — Prolapsus iridis . 2 Synechia posterior 1 c) der Hornhaut und Regenbogenhaut: Kerato-iritis . : h : 3 5. Krankheiten der Aderhaut: M Chorioiditis traumatica 2 > exudativa ; 2 5 cum opacit. corp. vitr. 6 Exudatum in macul. lut. 2 Iridochorioiditis . 6 6. Krankheiten der Netzhaut: M Retinitis idiopathica 2 - albuminurica : 1 a specifica : 4 : 1 5 pigmentosa . 1 Hyperaesthesia retinae == Amotio retinae 3 a bo Oe De he pe oO me 0 — open ere 4 Moe el 7. Krankheiten des Sehnerven: M. W. Hyperaemia : - 3 : 1 —_ Neuritis . ; : - : — 1 Decoloratio Ä : ‘ > 2 — Atrophia . - : : E 6 4 8. Glaucom. 2 M. W. Glaucoma chronicum . 5 simplex . ä h 1 — 9. Krankheiten der Linse: M. W: Aphakia - ) - 2 Luxatio . £ £ i : 2 _ Cataracta incipiens . 19 4 ‚ Cataracta dur. mat. et IT a, 14 10 a perinuclearis . : 3 2 “ mollis 1 — 5 secundaria . : : 4 2 4 complicata . 3 i a traumatica 4 —_ 10. Krankheiten des Augapfels: M. W. Phtihsis . h : 2 : 3 2 Buphthalmus . > ; 2 — 2 Neoplasma } : B , — 1 11. Störungen des lichtempfindenden Apparates: Scotoma centrale Amblyopia 2 potatorum Amaurosis 3 - d Nyctalopia : : == Hemiopia lat. . F - - — ae” a | we UN Ales, h d ae Ye. x Pr je u ER u se ae ee a Se a a ea” ae E os iene =e OPO 2. 12. Refractionsanomalien: M. Myopia. 4 : : . 37 Hypermetropia . : 11 Astigmatismus . . : : 6 Presbyopia > - x ; 9 13. Motilitätsstörungen: M. Strabismus concomit. convergens 4 = = divergens . m Nystagmus rotat. 1 Paresis musc. rect. intern. . : — Paralysis musc. trochlear, . — = plur. muse, oculi. 1 muse. Brück. et sphinct, pup. . : . 3 : 3 Ptosis R : 2 i : 1 14. Krankheiten der Thränenorgane: Blennorrh. sacc. lacrymal . : 2 15. Verletzungen: M. Trauma ‘ : 2 16. Neural gien: M. Neuralgia nerv. front. 4 3 ” >» supraorbit . 13 Kranken. Naturw.-med. Verein. 1874 6 3 ro A Von den auf die Klinik aufgenommenen Kranken fällt die grösste Zahl auf den Monat Mai mit 42 Kranken; daran reihen sich die übrigen Monate in folgender Ordnung: Juli mit 29, April und Oktober mit je 27, Jänner mit 20, Juni mit 19, Februar, März und August mit je 18, November mit 16, September mit 14 und endlich der Dezember mit 312 — An diesen wurden folgende Krankheitsformen beobachtet: 1. Krankheiten der Lider: M. Abscessus & 4 A . 1 Ectropium 1 Entropium x 3 2 Trichiasis . : ‘ i ; Al Chalazion . ; : 5 3 Neoplasma 2 Vulnus scissum , 1 Oedema 1 2. Krankheiten der Bindehaut: M. Conjunctivitis catarrhalis 2 R granulosa 5 ‘ trachomatosa 1 u phlyctaenulosa 3 5 blennorrhoica . — “ traumatica er | Ecchymoma 3. Krankheiten der Hornhaut und Regenbogen- haut: a) der Hornhaut: M. Keratitis . ‘ . ‘ 10 + traumatica . ; : 4 . ulcerosa 3 1 phlyctaenulosa 6 parenchymatosa . 2 Ulcus serpens ; ma Maculae et cicatrices : ; 5 Staphiloma tot. et part. . : 2 Phthisis corneae 2 : 2 Corpus alienum 1 W. 1 a bo ee oe De = OD OD ei BER. b) der Regenbogenhaut: M We Iritis parenchymatosa (darunter eine gummosa) : \ Ä 2 2 Iritis serosa. : : - 1 2 Occlusio pupillae ; 3 ; 1 2 c) der Hornhaut und Regenbogenhaut: Keratoiritis : - : : 7 2 4. Krankheiten des Glaskörpers: M. W. Opacitates . . : ; i 1 — 5. Krankheiten der Aderhaut: M W. Chorioiditis traumatica : 2 — 2 exudativa : : 3 2 ® serosa 2 — Exudatum in macul, lut. — 1 Irido-chorioiditis 9 9 6. Krankheiten der Netzhaut: M Ww. Retinitis albuminurica — 1 Amotio retinae . a 5 i 2 1 Hyperaesthesia . 1 2 Glioma retinae . = be 7. Krankheiten des Sehnerven: M. Ww. Atrophia nerv. opt. . 2. 6 2 8. Glaucom: M W. Glaucoma simplex. : 5 —_ 1 fe acutum ; : ; — 1 a chronicum . : ‘ 3 — — ies 9, Krankheiten der Linse: M. Cataracta dur. mat, et nond. mat. 21 us mollis : : — 3 perinuclearis > : 2 = secundaria . k . 5 s traumatica . 5 . c. complicatione . 4 10. Krankheiten des Bulbus: M. Buphthalmus 2 ; _— Phthisis . : ; : . 2 Neoplasma 1 11. Störungen des lichtempfindenden Apparates; M. Hemiopia lat. . : : . — Hemeralopia . : : ‘ — Amblyopia : \ 4 > 2 a potat, 2 12. Refractionsfehler: M. Myopia . : : . : 4 Hypermetropia 1 13. Motilitätsstörungen: M Strabism. concomit. convergens — > i divergens . 1 Paresis musc. Bruck. et sphinct. pup. — Paralysis nerv. facial. _ Spasm. muse. orbicul. : = pm 3 oe Wer Ee Eo RS 14. Krankheiten der Thränenorgane: M. Blennorrh. sacc. lacrymal. . ; — Epiphora . . : : — w. 4 1 0: — 15. Neuralgien: M. WE Neuralgia nerv, frontal, . ; — 1 Operations-Ausweis. Staaroperationen: Extractionen mit peripherem Linearschnitt (Graefe) 49 Lappenschnitt nach unten 2 : : 2 4 1 Discissionen . { : 2 : : : : 3 Nachstaaroperationen . : 2 ; ; 5 13 Extractionen nach Liebreich . : f : 4 1 67 Andere Operationen am Bulbus: Irideetomien . : 3 : : - ä - 64 Iridodesis . : - i ; - 2 Enucleationen 5 Staphylomoperationen nach Critchett : ' 2 as Air Beers ine : : f 1 Exstirpation eines Neopl. von der Cornea 1 Punctionen der Cornea 8 83 Operationen an den Lidern und Muskeln: Entropiumoperation 5 : . 2 Trichiasis Operat. nach Bieter 3 Chalazion Exstirp. . 3 Abtragung eines Neoplasm. 1 Blepharoplastik 1 Myotomien 10 Vornähung des stiterril ach alineeret ib Ptosis Operation 1 22 Tatowirungen 3 Summe aller Operationen: 175 BR 62 Beiträge zur Behandlung der Amblyopien mit Strychnin, 1. Fall. A. Peter, 50 Jahre alt, Müller, überstand vor 25 Jahren den Typhus, seither soll er stets gesund gewesen sein. Nach seiner Aussage erfreute er sich sehr guter Augen sowohl zum Sehen in die Ferne als auch in der Nähe. Grosser Verdruss in Familie und Geschäft führten ihn dem Trunk in die Arme, dem er sich auch masslos ergab. Bald stellten sich die schlimmen Folgen des Branntweingenusses ein. Er begann allmählig trüber zu sehen, die Gegenstände er- schienen ihm wie in einem Nebelschleier, dazu kam noch der unangenehme Uebelstand, dass das Gesehene z.B. Buch- staben nicht ruhig blieben, sondern bald kamen, bald ver- schwanden, jetzt deutlich hervortraten um sogleich wieder zu verschwinden, Dieser Zustand nun verschlimmerte sich seit ungefähr einem Jahre allmahlig. Zur Zeit der Dämme- rung, besonders früh morgens, soll das Sehen stets merklich besser gewesen sein als am hellen Tage. Am 24, Jänner bewarb sich Patient, ein grosses, kräftiges, gesund aussehendes Individuum, um die Aufnahme auf die Klinik. — Die äussere Besichtigung der Augen sowie auch die Untersuchung mit dem Augenspiegel ergaben vollkommen normale Ver- hältnisse. Das Sehvermögen nach Snellen ausgedrückt war beiderseits 194). Das periphere Sehfeld mit dem Förster’schen Perimeter aufgenommen erweist sich als nicht eingeengt. Am Tage der Aufnahme wurde eine subcutane Injection von Y,, Gran Strychn. nitr. an der Schläfe applicirt. Nach 24 Stunden ergab die Prüfung beiderseits BAU voll: Trotz weiterer 9 Injectionen von 4/5, 49 und Yan Gran Strychn. nitr. besserte sich das Sehvermögen nicht weiter. Das Schwanken der Buchstaben ist nur in ganz geringem Maasse vorhanden. u, Sear 2. Fall. G. Ehrenreich, 43 Jahre alt, Jäger-Lieutenant, war nach seiner Angabe nie krank und hat stets gut gesehen. Seit einigen Monaten bemerkte er eine Verdüsterung des Sehens, die sich besonders für die Nähe in höchst unange- nehmer Weise bemerkbar macht. Seit ungefähr 14 Tagen ist Patient nicht mehr in der Lage weder Gedrucktes noch Geschriebenes zu lesen. — Während der Dämmerung soll das Sehen beträchtlich besser sein als am hellen Tage. Am 2. Jänner stellte sich Patient, der ein sehr starker Weintrinker ist, im Ambulatorium der hiesigen Klinik zur Behandlung. Die Untersuchung seiner Augen weist keine Abnormitäten nach. RS=1%o0 liest einzelne Worte von No. 16 der LS=1!1%,0o Jäger’schen Schriftproben. — Die Buchstaben werden nur unsicher erkannt, schwanken ungemein und sind nur schwer fest zu halten, 2/1 Injection Strichn. nitr. 44, Gran, 3/1 S= 1%, PT mit jedem Auge Inject. 14, Gran, eee oh voll, (> 55 ss ey UE ty Des 19/,, Peta > ” 5 „ 6/1 S= Yo ” ” ” ” Yo ” 1 ay ae a ee A, 8/1 S = 1%, nahezu; liest J. No. 5 gut auf 8”, mit schwachen Convex-Gläsern etwas besser. Nach 14 weiteren Einspritzungen hebt sich das Seh- vermögen nicht mehr. Das Schwanken der Buchstaben hat bedeutend abgenommen ohne jedoch völlig verschwunden zu sein. 3. Fall. E. Josef, 76 Jahre alt, Beamter, gibt an nie schwer krank gewesen zu sein. Am rechten Auge sah er soweit seine Erinnerung zurück reicht immer schlecht, zudem war das Auge seit jeher nach innen abgelenkt. Das linke Auge war stets sehtüchtig; seit vielen Jahren trägt Patient zum Lesen und Schreiben Convex-Gläser, gegenwärtig + 377 4 BB Vor einigen Monaten beobachtete er eine Abnahme des Sehens in ganz bedenklicher Weise, welche beständig zu- nahm, so dass er seit einigen Wochen nicht mehr im Stande ist, seine gewohnte Zeitung zu lesen, trotz des oben ange- gebenen starken Convex-Glases dessen er sich in letzter Zeit bediente. Der alte Herr trinkt sehr viel Spirituösen. Die Besichtigung des vordern Augapfel- Abschnittes zeigt mit Ausnahme des Strabism. converg. ocul. dextr, keine auffallende Veränderung. Der Augenspiegel ergibt rechts eine grosse physiologische Excavation, nach aussen unten mit anschliessenden Conus, mit Pigmentbildungen, mittlere Hypermetropie; links normale Verhältnisse, geringe Hyper- metropie. R zählt Finger in einigen Fuss, L S= 7%) kaum mit + Yo S = Yo: Das periphere Sehfeld ist nicht eingeengt. 24 Stunden nach einer Inject, Strychn. nitr. zu Y,, Gran steigt das Sehvermögen auf ?%,,, D wird für O gelesen. Eine zweite Einspritzung hebt das Sehvermögen auf ?%,,. Trotz fort- gesetzter Injectionen, 10 an der Zahl, verbessert sich das Sehvermögen nicht. 4. Fall. S. Vincenz, 54 Jahre alt, Kaufmann, war stets gesund und soll bis vor 4 Jahren sehr gut mit beiden Augen ge- sehen haben. Mit einem Male bemerkte er, dass er am linken Auge sehr schlecht und trübe sehe. Er konsultirte mehrere Aerzte, diese behandelten ihn mit inneren Mitteln, jedoch ohne Erfolg. Vor einigen Wochen trat am rechten Auge eine suppurative Keratitis auf, welche ihn bewog auf der hiesigen Klinik Hilfe zu suchen. Patient pflegt sehr wenig zu trinken und wenig zu rauchen. Die Untersuchung des linken hier in Betracht kommenden Auges zeigt voll- kommen normale Verhältnisse. S = %00 Gläser verbessern nicht. Trotz 10 Einspritzungen von Strychn. nitr. zu Y;, und /,, Gran zeigt sich nicht die Spur einer Besserung. Na) 5. Fall. U. Anton, 52 Jahre alt, Uhrmacher, erfreute sich stets guter Gesundheit und ausdauernder sehkräftiger Augen. Sein Arbeitslokale ist nach seiner Angabe für das Handwerk eines Uhrmachers der dort herrschenden Dunkel- heit wegen sehr ungeeignet. Patient glaubt in diesem Umstande die Ursache suchen zu müssen, dass sich das Sehvermögen seiner Augen vor 31, Monaten rasch ver- schlechterte und so seit jener Zeit ohne wesentliche Ver- änderung geblieben ist. Früh Morgens und Abends, wenn die Dämmerung eintritt, soll das Sehen schlechter sein als untertags. Patient pflegt ungemein viel zu rauchen. Die äussere Besichtigung der Augen ergibt nichts Ab- normes. Der Augenspiegel zeigt die äusseren Hälften beider Sehnerven-Querschnitte äusserst blass, die inneren Hälften leicht geröthet, die Gefässe ohne Abweichung vom Normalen. Das periphere Sehfeld ist nicht eingeengt. BETH == 196; Es, mith—i4/,, oS 1%, ohne), Inject. Strychn. nitr. zu 449 Gran. 7/3. ,, beiderseits S = 1%, Inject. von Y,, Gran, 8/8. 3 is SE irol: Weitere ‘10 Injectionen zu ";, und 1, Gran geben keine weitere Verbesserung. Der Augenspiegelbefund hat sich nicht geändert. 6. Fall. L. Johann, 54 Jahre alter Bauernknecht, hat nie eine schwere Krankheit überstanden und erfreute sich guter Augen, obwohl er in die Ferne gerade nicht so gut sah, wie viele andere Leute. Seit ungefähr 9 Monaten beobachtet er, dass das Sehen allmählich trüber wird, seit einem Monat ist es so weit gekommen, dass er nicht mehr lesen kann, auch keine feinere Handarbeit zu verrichten im Stande ist. Am 25./5. 74 suchte Patient Hilfe im Ambulatorium der hiesigen Augenklinik. Er ist weder Trinker noch Raucher in höherem Grade. ET nd Bf | BR i Die Untersuchung mit dem Ophthalmoskope ergibt die Zeichen der Sehnerven-Atrophie, sehr blasse Papille, ver- dünnte Gefässe, vorzüglich am rechten Auge. RS %oo mit — hy S Moo L S= !% 9 mit — 4, S 1%, unsicher. Das periphere Sehfeld ist nicht eingeengt. 14 Injectio- nen von 4/5, 43, und Y,, Gran Strychn, nitr. verbesserten das Sehen gar nicht, 7 Fall. O. Michael, 50 Jahre alt, Kaufmann, war immer gesund gewesen, nur leidet er von jeher an manchmal sehr heftig auftretenden Congestionen zum Kopfe. Bis zu seinem 20. Lebensjahre sah er mit Concav- Gläsern — Y., sehr gut in die Ferne, ohne Gläser ausge- zeichnet in der Nähe. In den folgenden Jahren nun be- merkte er, dass er an trüben Tagen, ganz besonders aber Abends mit eintretender Dämmerung schlechter sehe; dieses Schlechtsehen steigerte sich mit zunehmenden Jahren lang- sam aber stetig, so dass er seit ungefähr 10 Jahren bei missiger Dunkelheit gar nichts mehr sieht. Am hellen Tage sah er vor dieser Zeit noch immer gut, doch hat auch das Sehvermögen bei guter Beleuchtung allmählig abgenommen. Zu diesem Unglücke kam noch eine fortschreitende Einengung des Gesichtsfeldes, die gegenwärtig sehr hochgradig ist, so dass Patient selbst mit der grössten Vorsicht überall anstösst. Die Untersuchung der Augen ergibt das Bild der Re- tinitis pigmentosa, Sehr zahlreiche charakteristische Pigment- formationen, über den ganzen Augengrund verbreitet, grünlich- gelbe Verfärbung der Sehnervenpapille mit bedeutender Ver- engerung der Venen und Arterien. Einzelne Streifen als Andeutung einer hintern Polarkatarakta. RS = Yo mit — Ya S= Yo LS 1m mai ,,8—= 1%, DE wor ook, Patient muss immer einige Zeit verwenden bis die Buch- staben zum Erkennen deutlich hervortreten, um dann bald RER. In wieder zu verschwinden. Das periphere Sehfeld ist sehr eingeengt und zwar konzentrisch bis auf 5—10° vom Fixa- tionspunkte aus. Der Lichtsinn mit dem Förster’schen Photometer ge- messen ist im Vergleiche zum normalen um 5 mal geringer. 12 Injectionen von Strychn. nitr. zu 1/,) und 149 Gran geben keine Spur einer Besserung. Die angeführten Fälle bekräftigen mich in meiner An- sicht, welche ich über die Wirkung der Strychn. Injectionen in dem Berichte des naturw.-med. Vereines zu Innsbruck IT. und III. Jahrg. 1872 ausgesprochen habe. Hier wie dort sehe ich bei Ambyopia ex abusu. spirituos. et nicot. ohne Einengung des Gesichtsfeldes und mit nega- tivem Augenspiegelbefunde Besserung eintreten und zwar beständig schon nach den ersten drei Injectionen; die weiteren verbessern nur selten. Sind einmal die Zeichen der Atrophie zweifellos zu konstatiren, also Verfärbung der Papille und ganz vorzüglich Verdünnung der Gefässe, dann dürfte wohl nie eine dauernde Hebung des Sehvermögens eintreten. Was die Dauer und Haltbarkeit der Besserung, welche durch die Strychn. Injectionen erzielt wird anbelangt, so glaube ich, dass dieselbe zufriedenstellend sei, denn von den Behandelten ist bis jetzt, also in Zeiträumen von 3 bis zu 1 Jahre, Niemand wiedergekommen, obwohl die meisten Patienten entweder in loco wohnen oder doch nicht allzu ferne sind. In dem einen Falle von typischer Pigmentartung, ebenso auch in einigen Fällen von einfachen Glaucom, welche gut operirt waren, jedoch das Sehvermögen trotzdem allmählig verfiel, konnte durch Injectionen nichts erreicht werden und sind diese Fälle wohl den Atrophien des Sehnerven gleich zu achten in Beziehung auf Strychnin-Behandlung. iets OBERE Ein Fall von Retinitis albuminurica. Johanna W., 47 Jahre alt, Buchbindersgattin, gibt an, dass sie in ihrem 14, Lebensjahre zum ersten Male menstruirt wurde; nach einigen Monaten blieben die Katamenien aus und durch 3), Jahre litt Patientin an Chlorose. In ihrem 18. Jahre besserte sich dieser Zustand allmählig bis zur vollkommenen Gesundheit, Mit 20 Jahren heirathete W. und zeugte 8 Kinder, von denen 3 in früher Jugend starben, die übrigeu sich dauernder Gesundheit erfreuen. Während dieser Zeit war W. immer gesund gewesen und hat auch stets in die Ferne und Nähe gut gesehen. Im Jahre 1863 soll Patientin eine „nervöse* Krankheit überstanden haben; die Erscheinungen, welche dabei aufge- treten, waren heftige Kopfschmerzen, Reissen in den Ge- lenken, welche zudem steif waren, Anschwellen der Füsse bis zu den Knien. Dieser ganze Krankheitsprozess lief in einigen Wochen ab mit Hinterlassung einer gewissen Ge- dächtnissschwäche. Seit einem Jahre leidet W. sehr häufig an Kopfschmerzen ohne bestimmte Lokalisation und Herz- klopfen, nebst sehr profusen Menstrualblutungen. Zugleich mit diesen Erscheinungen verschlimmerte sich » allmählig ihr Gesicht, so dass sie seit einigen Wochen nicht mehr im Stande war die Thurmuhr ihrer Dorfkirche zu sehen. Am 2. April d. J. erhob sich Patientin früh Morgens vom Bette und freute sich ihres relativen Wohlbefindens. Sie kleidete sich an um die Kirche zu besuchen, da mit einem Male legte es sich wie ein dichter Nebel vor das rechte Auge; Patientin schloss das linke und gewahrte mit Schrecken, dass sie an jenem gänzlich erblindet sei; wieder- holte Sehversuche ergaben dasselbe trostlose Resultat. Nachmittags des gleichen Tages kehrte eine gewisse Lichtempfindung wieder, und zwar besonders deutlich gegen die Schläfenseite des rechten Auges. Seitdem ist das Sehen unverändert gebliebent Am 7. April stellte sich W. auf der hiesigen Augenklinik mit folgendem Befunde vor: Patientin ist von mittlerer Grösse und zartem Körperbaue, sieht blass und abgemagert aus, die Haare sind für ihr Alter un- verhältnissmässig grau. Die Augen sind frei beweglich, die Spannung derselben nicht merklich verändert. Die Gebilde des vorderen Bulbus- Abschnittes beiderseits normal, nur die Pupille des rechten Auges bedeutend weiter als die des linken, auf Licht und Schatten erfolgt keine prompte Reaction; bei verdeckten inken Auge erweitert sich die rechte Pupille sehr und wird durch veränderten Lichteinfall kaum merklich alterirt. L ohne Glas S 1%,, mit — 1, einzelnes von 20, R wird auf 10’ der Schein einer hellbrennenden Lampen- flamme erkannt. Das periphere Sehfeld des linken Auges mit dem Förster- schen Perimeter erforscht, zeigt sich normal; rechts ist nur mit dem lichtstarken Spiegel Lichtperception hervorzurufen. Die ophthalmoscopische Untersuchung ergibt folgenden Befund: Im rechten Auge sind die brechenden Medien rein, es wird vom Augengrunde auffallend viel Licht reflectirt; geringe Myopie. Der Sehnerve erscheint geröthet zentral excavirt, die Lamina cribrosa gedeckt, die Grenzen nach allen Rich- tungen leicht verwischt, nur nach aussen ziemlich deutlich, mit einem Conus von 1, des Papillendurchmesser. In der Umgebung der Papille eine grauliche streifige Trübung, besonders auffallend nach aussen oben und aussen unten, Die Arterien erscheinen verdünnt, kaum ‘/, des Lumens der Venen und stellen sich als zarter, hellrother, faden- förmiger Streifen dar, umgeben von einem weisslichen scharf- begränzten schmalen Saume. Diese Gefässe werden, nach oben und unten strebend, noch zarter, verschwinden !/,—1 Papillen Diameter vom Sehnerveneintritt entfernt, um mehr periphär wieder aufzutauchen, in ihrem untern Laufe gegen den Aequator an Dicke zunehmend. An einer Ärterie nach oben innen vom oe Ga Ss Sehnerven ein streifiges Blutextravasat. Die Venen sind weder durch Schlängelung noch durch Verbreiterung auffallend. | Papillendurchmesser nach aussen vom Sehnerven präsentirt sich ein weissgelblicher , fettglänzender, nierenför- miger Fleck, im senkrechten Durchmesser 2% im horizontalen !/, des Papillen Diameter haltend. Der macula lutea entsprechend erscheint eine nicht scharf begränzte, in ihrer Form rundliche dunkelrothe Partie, in deren Mitte ein Stecknadelkopf grosser, weisser Punkt wahr- zunehmen ist, nebst zahlreichen kleinen, gelblichen Stippchen. Im linken Auge sind die brechenden Medien rein, geringe Myopie. Der Sehnervenquerschnitt erscheint leicht geröthet, seine Gränzen deutlich, nach aussen ein Y, Papillen Diameter breiter Conus. Die arteriellen und venösen Gefässe nicht auffallend verändert, die Umgebung der Papille leicht graulich getrübt; nach oben und unten von dieser, dann vorzüglich zwischen ihr und der macula lutea sind ungemein viele stecknadelkopf- bis stecknadelspitzgrosse, gelbliche, glänzende Fleckchen und Punkte sichtbar. Die Untersuchung des Urins ergab massenhaften Eiweiss- gehalt. Ein Herzfehler kann nicht nachgewiessen werden. Patientin wird entsprechend ihrem pathologischen Zu- stand sehr sorgfältig genährt und in einem mässig dunklen Zimmer gehalten, Nach 5 Tagen ergibt die Untersuchung des Augenhintergrundes am linken Auge eine bedeutende Zunahme jener Stippchen im Bereiche der macula lutea, welche jetzt eine ausgesprochene konzentrische Anordnung zeigen. Die fovea central. zeichnet sich durch keine wahrnehmbaren Veränderungen aus. Die Gränzen des Sehnerven sind ver- schleiert, trübe. Das rechte Auge zeigt keine wesentlichen Veränderungen mit Ausnahme einer leicht merklichen Ver- engerung der Venen. Das Sehvermögen ist beiderseits das- selbe geblieben. Nach etwa 2 Tagen sind die Gränzen des Sehnerven im rechten Auge ganz unkennbar, die Gefässe äusserst dünn, kaum wahrzunehmen. Die Netzhaut im Um- kreise von 1—1Y, P. D. von der Stelle der Papille intensiv = oa grau getriibt. Die Papille selbst geschwellt. Im linken Auge an Stelle der macul. lut. von der forea central. etwas nach oben und innen ein beinahe kreisrunder, scharfbegränz- ter, dunkelrother Fleck aufgetreten. S am linken Auge 1/, mit — 1,, Urin gleich eiweisshältig, wie bei der ersten Untersuchung. Im Verlaufe der nächsten 14 Tage macht sich in der rechten Sehnervenpapille unter Rückgang der Schwellung eine grünlichweissliche Verfärbung geltend. Die Gefässe äusserst verdünnt, repräsentiren sich theilweise als weisse, schmale Fäden ohne jede Spur von roth. Lichtempfindung ist vorhanden, doch werden keine Finger gezählt. Patientin tritt aus der Anstalt aus und stirbt nach 3 Monaten im Kreise ihrer Angehörigen. Gerichtsärztliche Untersuchung von Knochen. Eine Ferialarbeit von Prof. Eduard Hofmann. Werden Menschenknochen unter verdächtigen Umständen aufgefunden und zur gerichtsärztlichen Untersuchung über- geben, so wird es sich zunächst darum handeln, das Alter der Person zu bestimmen, der die betreffenden Knochen an- gehört haben. Für die Bestimmung des Fruchtalters aufgefundener Kindsknochen eignet sich am besten der Vergleich mit Tabellen, in denen theils zu dem hier behandelten, theils zu anderen ‚Zwecken von verschiedenen Forschern die Dimensionen des Skelettes und seiner Bestandtheile in den verschiedenen Perioden der foetalen Entwicklung zusammengestellt wurden. Von älteren derartigen Zusammenstellungen sind die von Nikolai und Güntz*), von neueren die von Engel**) und Landois***) von praktischem Werthe. Nach Nikolai beträgt die: *) Kanzler: Zur gerichtlich-medieinischen Skeleto-Necroscopie, Casper’s Vierteljahrsschrift V. u. VI, *®) Die Schädelform in ihrer Entwicklung. Prager Vierteljahrs- schrift 1863 IV. *=*) Ueber das Wachsthum der Diaphysen der Röhrenknochen des Menschen während des intrauterinen Lebens. Virchow’s Archiv. 45. Bd, 1869 p. 77. oh oT Im Im Im Im Im Im Im Im 10. Monat Monat Monat Monat Monat Monat Monat Monat Höhe des Skeletts. gg!” 31—33” 51% 6" 8— 9” 111,114" 111, -12 4%,” 14— 15” 16—18” Schädels Höhe des höchsten Punkte des Scheitels. 3_4n 6—7'" In" 21— 24" 24— 27" 28— 30" 31,31," 441," vom|Schädels foramen mag-| hervorragend- num bis zumisten Theil des Scheitelbeines der einen oder andern Seite. | \ } Ti ayn Breite des 9—2 Ne Den Im 18—19'” 18—22” 26— 27" 22," 3” 31,3%" vom Länge des Schädels von der pars nasa- lis oss. bis zur spina occipitalis. Ve: ot Rao 1921” 2426” 24-33" 24— 34" Byes} Y, „ Bid” front. Länge des Stammes vom letzten Hals- wirbel bis zum Steissbein. 3 3/, —4" 14—16” 924," 31h" 5—5 be 5 1,—6" 6—6 4," 7 1, —8" Länge der oberen Extre- junteren Extre- mität, 8— ik 17 22" 21,3" 3%4—41/." 44p—5" 43/,—5 In" 7—7 2% um Lange der mitiit. 6—8"" 18—21” 2,29)" 3— BY," 4—4 Ra A=H5% 6-64,” | Naturw.-med. Veroin. 1874. 98 — Landois’s Untersuchungen ergaben fiir die Diaphysen in nachstehenden foetalen Perioden folgende Maasse: er tag 9 Wochen | 10 Wochen | 11 Wochen | 12 Wochen | 13 Wochen | 14 Wochen | 15 Wochen | 16 Wochen | 19 Wochen SS ————— Humerus 2 9/, |131/,—141/,|151/, -171/, 19 211/, 23 27 36 Radius 2 —" | 9%—11%,| say | ey, | avi, | 18%, | 22%, | 80%, Ulna 2 ER 11, 13°/,—15 18'/, 197; 21 25"); 35 Femur 1%, 9, 13 151, — 17% 19%, 21 23 27), 59 Tibia 1%, 7 s—11 |1247142/) 16%, 18%, 20 24 34 Fibula 1%, 61/, 91/,—10 |117/,—13%, 16 17*/, 19%, 231), 32%), Costa = — 5 7 7 72, 9%, 6%, 10 151/, ” = 14'/, 17’ 211), 25 26 28'/; 31’, 46'/, ‘i ae == 31, _ 31), 6%, 7 + 8 = Maxilla inf. von der | Mitte bis z. Angulus _ tf, 10%, 10 13 12%, 131/, 164/, 19 | ee Maasse "n 190 Wochen | 21 Wochen | 22 Wochen 6. Monat | 7. Monat | 8. Monat | 9. Monat | 10. Monat Aus- Millimetern. getragenes ED RE NET Humerus 37 (891,40, 41 4349 | 49-54 | 54—561/, | 581/,— 71 (Ce Radius 31 3234, | 34%, | 38-404, | 42-46 | 46-47, | 47521, | 551, | 59%, 61 Ulna 351/, | 39/,—40 | 39 Si, | #4477), | 467,53 | 53%), 50 557,-807,| 64 4 | Tl Femur 39%, | 43—451/, 51-56 | 542,65 | 64-64, 654,721, 911, 97 Tibia 351), | 38—392/, 39 47—481/, | 49—-561/, 153Y,—574,| 59—661/, 70 80—86 Fibula | 33% sense) 38 45,—46¥,| 4854 | 55-564, | 574,64 69 TTS Costa I. 171/, 16 20 254), 231/, 30 34 351/, 44 WT. 43 45 Bil 57 551, 68 68 86 97 SER 17 16 a 14 18 23 231/, 331/, 20 Maxilla inf. von der Hitte bis z. Angulus 21 21—251/, 24 27'/,—29 |26/,—301/,| 31—32 | 33—361/, 361/, 411/, 49 Für die einzelnen Knochen reifer Neugeborner hat Güntz folgende Durchschnittsmaasse gefunden: Höhe der pars frontalis des Stirnbens . 2 Zoll 3 Linien Breite derselben a RE A, Ny SEEN, Wepee der pars orbitalisı „N... ee Las la Breite derselben . . . . GN nen Scheitelbein vom vorderen Ben bie zum hinteronsuntercive Winkel © zu a Co es Boss Scheitelbein vom vorderen unteren bis zum hinteren oberen Winkel 3 Hohe der pars occipit. des Bec lanp heine bo 09 | ws Breite derselben . . . . Bl RR 0 re Höhe der pars sqamosa des Schläfenbeins vom oberen Rande des Gehörringes an 1 „ — 5, Durchmesser des Gehörrings . . . .— » 5 » PR sdochbemieie.. Rah Se n Ogg Breite des Jochbeins . . . : Roy ae as Höhe des Oberkiefers von proc. tise: bis zur Spitze des.proc.masalis. . . 1 4, — 4 Länge des Oberkiefers von der spina nasalis anter. bis zur Spitze des process. zygomat. Länge jeder Hälfte i Unfeckioföns Höhe des Unterkiefers . Höhe der 7 Halswirbel ae a Höhe der 12 Riickenwirbel . . . . . Hohe der 5 Lendenwirbel Höhe des Kreuz- und Steissbeins . Länge des Schlüsselbeins . Länge des Schulterblattes . Länge des Oberarmknochens. Länge der Ulna . Länge des Radius : Länge des Oberschenkelbeins Länge des Schienbeins . Länge des Wadenbeins — | anrtwwonwnnrnor . > EN = bo o> DO © {ge} ee oe m m =] A — 10 — Engel fand bei seinen Messungen der Schädel reifer Neugeborener für nachstehende Dimensionen folgende Mittel- zahlen: Für die gegenseitige Entfernung der Mitte der Tubera frontalia nach der Sehne 4.795, nach dem Bogen gemessen 5.02 Centimeter; für die Breite des ganzen Stirnbeins von einem zum andern Ende der Kranznaht, nach der Sehne 7.46, nach dem Bogen 10.71 Ctm.; für die Distanz der Glabella und der Mitte der Kranznaht für die Sehne 5.92, für die Bogenlinie 6.85 Ctm.; Entfernung der Tubera parie- talia für die Sehne 8.96, für den Bogen 10.97 Ctm.; Ent- fernung von der Mitte der Kranznaht zum Tuber oceip. extern. nach der Sehne 8.1, nach dem Bogen 11.5. Ent- fernung der Glabella von dem Tuber. occip. 10.99 Ctm, Ausser derartigen Messungen ist für die Bestimmung des Fruchtalters der Grad in Betracht zu ziehen, bis zu welchem die Ossification des Skelettes bereits fortgeschritten sich findet, Das neugeborene reife Kind bietet in dieser Beziehung folgende Verhältnisse: Am Schädel ist in Folge der noch geringen Entwick- lung des Kieferapparates die Praevalenz des Hirnschädels gegenüber dem Gesichtsskelett auffallend. Die Knochen zeigen durchwegs noch foetale Struktur, besonders die Deckknochen ein deutlich straliges Gefüge. Die vordere Fontanelle ist vorhanden und weit offen. Die seitlichen Fontanellen sind nicht selten, die hintern häufig schon geschlossen. Die Naht- ränder der einzelnen Knochen erscheinen entweder als gerade oder gebogene Linien oder sie sind durch das Vortreten der Ossificationsstralen einfach gezackt. Zusammengesetzte in- einandergreifende Nahtzacken finden sich nicht. Das Stirn- bein besteht aus zwei Theilen, die durch die Stirnnaht von einander getrennt sind. Das Schläfenbein besteht ebenfalls aus zwei Theilen, dem Felsenbein mit der Schläfenschuppe und dem Warzentheile, an welchem jedoch noch keine Spur — 101 — eines Warzenfortsatzes sich befindet; der knöcherne Theil des äusseren Gehörganges bildet den nach oben offenen sog. Paukenfellring. *Das Grundbein besteht aus folgenden Stücken: der Hinterhauptsschuppe, den beiden Gelenkstheilen, dem Grundbein, dem hintern und vordern Keilbeine mit den Keil- beinsfliigeln. An der Hinterhauptsschuppe bemerkt man die bekannten drei embryonalen Spalten und in der Regel als Rest einer vierten Spalte eine mehr weniger tiefe Einkerbung in der Mitte der hintern Begrenzung des Hinterhauptsloches. Auch die Scheitelbeine zeigen häufig embryonale Spalten, insbesondere im hinteren Drittel der Pfeilnaht. Der Ober- kiefer fällt durch seine verhältnissmässig geringe Höhe auf, bedingt durch die mangelhafte Entwicklung des Zahnfort- satzes, der nur die Kronen der Zähne enthält, Die Sutura ineisiva ist bei Neugeborenen sowohl an der Gaumen- als an der Nasenfläche sehr deutlich. Der Canal. ineisivus ist medianwärts offen. Der Unterkiefer besteht aus zwei seit- lichen durch eine mediane Synchondrose verbundenen Hälften und zeichnet sich durch die geringe Höhe der Aeste und durch den stumpfen Winkel aus, welchen diese mit dem Körper bilden. An der Wirbelsäule besteht die Mehrzahl der Wirbel aus drei Knochenstücken, aus dem Körper und zwei Wirbel- bögen. Im Atlas finden sich nur diese zwei Bogenstücke; sein vorderer Bogen ist noch ganz knorpelig. Der Epistro- pheus besitzt ausser dem Knochenkern des Körpers einen oder zwei dicht zusammenliegende Knochenkerne im Zahn (Henle). Die Kreuzwirbel sind von einander getrennt und die drei oberen haben je einen besonderen Knochenkern. Die Steissbeinwirbel sind noch knorpelig. Am Schulterblatt ist das Acromion, der Proc. coracoid. der untere Schulterblattwinkel und ein Streifen der Basis noch knorpelig. Ebenso die Epiphysen sämmtlicher Röhren- knochen der oberen Extremitäten. Das Brustbein besteht aus einer Längsreihe rundlicher Knochenkerne, von denen in der Regel einer dem Griff, die übrigen dem Körper entsprechen. Der schwertförmige Fort- satz ist unverknöchert. Das Hüftbein besteht aus den be- kannten drei Stücken, die in der Pfanne noch weit aus- einanderstehen. Die Enden dieser Stücke, sowie der Darm- beinkamm und der ganze aufsteigende Ast des Sitzbeins sind knorpelig. Die Enden des Oberschenkelbeins und der Unterschenkelknochen zeigen knorpelige Epiphysen, In der unteren des Oberschenkels findet sich in der Regel, in der oberen der Tibia häufig ein Knochenkern. Für Altersbestimmungen an Knochen aus den späteren Lebensperioden bis zur vollendeten körperlichen Entwicklung muss ausser der zunehmenden Höhe des ganzen Skelettes und den wachsenden Dimensionen der einzelnen Knochen *) der jeweilige Fortschritt der Verknöcherung der einzelnen Skeletttheile herbeigezogen werden. In dieser Beziehung er- geben sich folgende Anhaltspunkte, die ich aus den Angaben Henle’s in seinem Handbuch der Anatomie zusammenstellte. Im Laufe des ersten Lebensjahres beginnt die Ver- schmelzung der beiden Stirnbeinhälften vom unteren Ende der Stirnnaht aus und schon in den ersten Monaten nach der Geburt verschwinden die seitlichen Fontanellen, während sich die grosse gegen das Ende des ersten Jahres bedeutend *) Sue (Orfila’s Lehrbuch d. gerichl. Med. I. 103) hat in dieser Beziebung folgende Verhältnisse gefunden : Ein Kind von 1 Jahre, dessen Grösse 66 Ctm. betrug: Länge des Stammes 39 Ctm., der oberen Ex- tremitäten 27 Ctm., der unteren Extremitäten 27. Ctm. Kind von 3 Jahren dessen Grösse 99 Ctm. betrug: Länge des Stammes 57 Ctm., obere Extremitäten 42, untere 43 Ctm. Kind von 10 Jahren, dessen Grösse 132 Ctm. betrug: Länge des Stammes 72 Ctm., der oberen Ex- tremitäten 57, der unteren 61 Ctm. Kind von 14 Jahren von 1 Meter 65 Ctm. Grösse: Länge des Stammes 84, der oberen Extremitäten 73, der unteren 81 Ctm. Individuen von 20—25 Jahren deren Gesammt- höhe 1 Meter 92 Ctm. betrug: Länge des Stammes 96, der oberen Ex- tremitäten 90, der unteren Extremitäten 96 Ctm. Tabellarische Zusammenstellungen des Verhältnisses der Länge der Extremitätenknochen zur Höhe des ganzen Skelettes finden sich an der eitirten Stelle bei Orfila sowie in Taylor’s Medical Jurisprudence 1873 I. 154. — 1038 — . verkleinert. Der Warzentheil verwächst mit dem übrigen Schläfebein und es bildet sich die Andeutung eines Warzen- fortsatzes. Die foetalen Spalten am occiput verschwinden; die Temporalflügel des Keilbeins wachsen an den Körper an und es vereinigen sich die beiden Unterkieferhälften. Der vordere Bogen des Atlas enthält einen Knochenkern und es beginnt die knöcherne Vereinigung der Wirbelbögen zuerst an der Brust- oder untern Hals-, dann an den Bauchwirbeln und zuletzt am Atlas. Die Knochenkerne im Brustbein vermehren sich und es entstehen neue im Proc. coracoideus, im Caput humeri und im Oberschenkelkopf. In der Regel im 7. Monate erfolgt der Durchbruch der Milchzähne meist in folgender Ordnung. Zuerst brechen die unteren mittleren Langer (Wachsthum des menschlichen Skelettes mit Bezug auf den Riesen. Denkschriften der k. Akademie der Wissenschaften mathem.- ‘naturw. Klasse. 31. Bd. 1872.) verzeichnet folgende Maasse für die einzelnen Lebensalter : : 2 | 2 1 2 2 C= rq . . 3 © Fei 8 8 = Maasse in Centimetern, ae| jis |» at le on Pe ro — Ganze Länge der freien Wirbelsäule sammt Bandscheiben 19,5 131.5 33.0 45,6 |58.5 Aeusserer Längsdurchmesser d. Hirnschädels. Von der Verbindungslinie der Tubera front. zur Mitte der ‚oberen Hälfte der Hinter- hauptschuppe 11.2 115.6 117.0 }17.9 | — Aeussere Höhe des Hirnschädels. Vom hinteren Rande: der Nasenscheidewand zur Kronennaht 171.21196110.5/11.3| = ‘IGrösster Durchmesser des Schädels über den Ohren 8.6 112.6 113.4 113.7 | — Länge des Femur vom Scheitel des Trochen- ter major zur Mitte der Berührungslinie beider Condylen 9.8 119.0 124.8 137.2 43,0 Länge der Tibia, aus der Mitte der latera- len Condylusfläche in der Incisura fibul.| 8.2 114.8 | — [30.4 135.5 Lange des Humerus, von der Scheitelhöhe des Kopfes zur Berührungslinie der Rolle; 8.3 115.4 19.6 128.3 33.0 Länge des Radius. Längs der Crista in die, Incisura ulnaris 6.1| 9.6 | — [19.5 123,4 — 104 — Schneidezähne hervor und bald darauf die Schneidezähne des Oberkiefers; nach einigen Wochen die oberen äusseren Schneidezähne und dann die unteren äusseren, so dass mit Ende des ersten Jahres in der Regel alle 8 Schneidezähne zum Vorschein gekommen sind, Im Verlaufe des zweiten Jahres verknöchern am Schädel die meisten aus der Foetusperiode in das Säuglings- alter herübergenommenen Knorpelverbindungen und nur die permanenten Nähte bleiben. Insbesondere ist mit dem Ende des zweiten Jahres die gänzliche Verwachsung des Stirnbeins und die Verschliessung der grossen Fontanelle vollendet. Die knöcherne Vereinigung der Wirbelbögen schreitet vor und Knochenkerne bilden sich im grösseren Höcker des Oberarm- kopfes, in den unteren Enden des Radius, der Tibia und Fibula und in‘ den Köpfchen der Mittelhand- und Mittel- fussknochen. Der Durchbruch der Milchzäbne schreitet vor- wärts. Etwa im 15. Monat zeigen sich die ersten Backen- zähne, im 18,—22., die Spitzzähne und zuletzt die zweiten Backenzähne, so dass mit Ende des zweiten Jahres in der Regel 20 Zähne in den Kiefern sich finden. Im dritten Lebensjahre verwächst die Hinterhaupts- schuppe mit dem Körper; der Warzenfortsatz des Schläfen- beins erhält die dem reifen Zustand entsprechende Grösse, der Zahnfortsatz verschmilzt mit dem Körper des Epistro- pheus und die knöcherne Vereinigung der Wirbelbögen wird vollendet. Im vierten Jahre bilden sich Ossificationspunkte im schwertförmigen Fortsatz, Knochenkerne treten auf im grossen Trochanter und im oberen Ende der Fibula und die Verknöcherung der Patella beginnt. Im fünften Jahre sind Kopf und Höcker des Humerus zu einer Epiphyse ver- wachsen; Knochenkerne bilden sich im medialen Epicondylus des unteren Endes des Humerus und im oberen Ende des Radius. Im sechsten Jahre beginnt die Verschmelzung der Knochenkerne der Kreuzwirbel (in den unteren früher) und die Bogentheile verwachsen mit dem Körper, beginnt Verknöcherung der beiden Enden der Ulna und die Ver- > > — 15 — > knöcherung der Patella und der aufsteigenden Aeste des Sitzbeins ist vollendet. Im siebenten Jahre erfolgt der Zahnwechsel. Nachdem bereits frither in der Regel der rechte Mahlzahn durchgebrochen, fallen die abgeniitzten Milchzähne aus und werden durch die bleibenden ersetzt. Mit dem Beginn des achten Jahres sind meist sämmtliche bleibende Schneidezähne bereits zum Durchbruch gekommen, denen dann die beiden Backenzähne und im 10. und 11. Jahre die wahren Eckzähne folgen. Um dieselbe Zeit vollzieht sich die Verknöcherung der Steisswirbel; im 12. Jahre tritt ein Knochenkern in der Trochlea des Oberarmbeins, im 13.—14. Jahre ein solcher im lateralen Epicondylus dieses Knochens auf und es verknöchert gleichzeitig der kleine Trochanter. Der zweite Mahlzahn ist bereits vorhanden, Um die Zeit der Pubertät finden sich unbeständige kleine Knochenkerne an den Spitzen der Dorn- und Quer- fortsätze sämmtlicher Wirbel; beständig erhält jeder Wirbel- körper an der oberen und unteren Fläche eine scheibenför- mige Epiphyse, die nach Vollendung des Wachsthums mit dem Körper verschmilzt. Gleichzeitig entstehen an Köpfchen und Höcker der Rippen besondere Knochenkerne, welche bald mit dem Körper verschmelzen. Der Proc. carocoid. ver- wächst mit dem Schulterblatt, das Acromion verknöchert und es bildet sich ein Knochenstreif längs der Basis und ein Knochenkern im Winkel der Scapula. Am Sternalende der Clavicula tritt eine Epiphyse auf in Form einer dünnen Lamelle, welche einige Jahre später mit dem Körper ver- wächst. Die obere Epiphyse der Ulna verschmilzt mit der Diaphyse. In der Pfanne vereinigt sich das Darmbein mit dem Sitzbein, dann mit dem Schambein. Im 18. Lebens- jahre verschmelzen die Kreuzwirbel mit einander. Nachdem 20. Jahre obliterirt die Naht zwischen Keil- und Hinter- hauptsbein, verschwindet die letzte Quernaht des Körpers des Brustbeins und verschmelzen die Epiphysen des Humerus, des unteren Endes der Ulna, des Radius, die Epiphysen des Femur, der Tibia und Fibula sowie die der Mittelhand- und — 16 — Mittelfussknochen und Phalangen mit den betreffenden Dia- physen. Vom 22. bis zum 25. Jahre erfolgt die vollständige Verknöcherung des Schulterblattes und die vollständige Ver- wachsung der Epiphysen des Hüftbeins, am spätesten die der Epiphyse am oberen Rande des Darmbeins und die Ent- wicklung des Knochengerüstes ist vollendet, Um diese Zeit erfolgt gewöhnlich erst der Durchbruch des sog. Weisheits- zahns, In der Periode bis zum 40. Lebensjahre treten keine wesentlichen Veränderungen am Skelette auf und der Grad der Abnutzung der Zähne ist so ziemlich der einzige An- haltspunkt, auf welchen Altersbestimmungen sich basiren können, In der Periode von 40—50 Jahren verwächst Körper und Schwertfortsatz des Brustbeins, seltener Körper und Griff und es beginnen die Kehlkopfknorpeln und die Rippenknorpeln zu verknöchern, letztere zuerst an der Ober- fläche und vom Brustbeinende aus. Im höheren Alter findet häufig eine Obliteration der Schädelnähte statt, welche von der inneren Tafel gegen die äussere fortschreitet, zuerst ge- wöhnlich in der Scheitelnaht, dann in der Kronen- und Hioterhauptsnaht. Die höchsten Altersstufen werden am Skelett durch den fortschreitenden senilen Schwund der Knochen gekennzeichnet. Derselbe macht sich in der Regel am Schädel am deutlichsten bemerkbar. Der Schädel wird im Ganzen leichter, seine Wandungen dünner, Der Schwund zeigt sich namentlich an schon früher dünn gewesenen Stellen des Schädels, so entsprechend den Pacchionischen Granulationen, an der Decke der Paukenhöhle, an den grossen Flügeln des Keilbeins, besonders aber an den Orbi- talwänden, woselbst die Knochen papierdünn, durchscheinend und sehr häufig ganz durchbrochen werden. ' Häufig finden sich die Scheitelbeinhöcker durch Usur wie abgeschliffen. In Folge des Ausfallens der Zähne atrophiren und: verstrei- chen schiiesslich die Alvevlarfortsätze, der Oberkiefer ver- schmälert sich und tritt immer mehr zurück ; der Körper des Unterkiefers bildet, nachdem die Alveolen 'abgeschliffen — 107 — ‚sind, einen rippenförmigen Bogen, der mit seinem mittleren Theil immer weiter über den Rand des Oberkiefers hervor- tritt und seine Aeste bilden wieder mit dem Körper einen stumpfen Winkel, ähnlich wie in der ersten Zeit nach der Geburt*). — Auch an den Knochen des Rumpfes wird der senile Schwund immer deutlicher. Die Knochen werden dünner, leichter und brüchiger und es schwindet die spongiöse Substanz, was sich in bekannter Weise besonders am oberen Ende des Oberschenkelknochens **), dann am Schulterblatie und den Darmbeinen bemerkbar macht. Gleichzeitig schrei- tet die Ossification in dem Kehlkopfe und den Rippenknorpeln vor und schliesslich verknöchern auch die Zwischenwirbel- scheiben. Bei der Beurtheilung der letzterwähnten Befunde ist nicht zu vergessen, dass die cenile Körperbeschaffenheit über- haupt nicht immer durch hohes Alter bedingt ist, und dass Schwund, der gesammten sowohl, als insbesondere nur gewisser Knochen z, B. der Kiefer, sich auch aus anderen Ursachen ausbilden kann. Für die Bestimmung des Geschlechtes der Per- son, von welcher aufgefundene Knochen herrühren, lassen sich folgende Momente verwerthen. Im Allgemeinen ist beim Weibe das ganze Skelett kleiner und schwächer als das männliche und auch die einzelnen Knochen sind verhältniss- mässig weniger stark entwickelt, doch ist bekannt, in welcher Weise Alter, Beruf und Individualität dieses im Grossen und Ganzen richtige Gesetz alteriren können. Was die einzelnen Skelettbestandtheile anbelangt, so ist der weibliche Kopf im Allgemeinen kleiner als der männliche, der Hirn- *) Formen des Unterkiefers in verschiedenen Lebensaltern nach Gray siehe Heitzmann’s Atlas der Anatomie. 1871. I. 34. *#) Nach Merkel: Betrachtungen über das Os. femoris Virch- Arch. 59. Bd. p. 285 schwindet im hohen Alter auch der sog. Schenkel- sporn, der erst mit Beginn oder Mitte des 2, Jahres anfängt sich zu bilden und dann bis ins mittlere Alter immer weiter vom Trochanter minor abrückt. — 108 — \ schädel aber im Verhiiltniss zum Gesichtsschädel grösser, | Ebenso sind nach Henle die Augenhöhlen des weiblichen Schädels verhältnissmässig grösser, alle übrigen Höhlen und Kanäle aber minder geräumig, der Unterkiefer enger ge- krümmt. Die weibliche Wirbelsäule ist durchschnittlich um einen Zoll kürzer als die männliche (Krause, Arnold). Der Bauchtheil ist verhältnissmässig länger, das weibliche Kreuz- bein ist breiter und kürzer und liegt geneigter. Der Thorax ist beim Weibe im Allgemeinen kürzer, aber weiter, beson- ders im oberen Theile. Am weiblichen Thorax ist die Flachenkriimmung des hinteren Theiles der Rippen stärker, dagegen die Kantenkriimmung (nach unten) schwächer als beim Mann; die erste und zweite Rippe sind absolut länger (Meckel). Das Brustbein ist kürzer aber breiter als beim Manne. Der Körper des Brustbeins hat beim Manne min- destens die doppelte Länge des Griffes; beim Weibe über- trifft der Griff an Länge die Hälfte des Körpers (Hyrtl). Schulterblätter und Schlüsselbeine sind meist schwächer beim Weibe als beim Manne; letztere beim Weibe in der Regel minder kantig und weniger gekrümmt. Das Becken ist derjenige Theil des Skeletts, in welchem sich der Geschlechtsunterschied am bestimmtesten und zwar ebensowol in der Form, wie in den Dimensionen ausspricht. Henle beschreibt diesen Unterschied folgendermassen: Die Flächen der Darmbeine nähern sich beim Weibe in der Regel mehr der horizontalen Lage als beim Manne; das Promontorium springt beim männlichen Becken meistens - weiter vor, und so ist für das männliche Becken die Herz- form, für das weibliche Becken die quereliptische Form der oberen Apertur die normale. Das untere Becken des Weibes ist absolut niedriger als das männliche, aber geräumiger, Bei beiden Geschlechtern nimmt die Weite der Höhle des unteren Beckens gegen den Ausgang ab, bei dem Manne aber in stäıkerem Masse als beim Weibe, so dass also die untere Apertur des weiblichen Beckens absolut und relativ weiter ist. Hiemit steht in Verbindung, dass die unteren — 19 — Ränder des Leistenbeins am männlichen Becken unter einem spitzigeren Winkel zusammenstossen als am weiblichen. Der Schambogen des Weibes ist eine Curve, der Schambogen des Mannes gleicht mehr einer gebrochenen Linie. - Der Unterschied der Durchmesser gestaltet sich nach Krause durchschnittlich wie folgt: | Männlich Weiblich Grösster Durchmesser d. oberen Beckens] 9" 6" 256mm] 9" 6'' 256mm Entfernung der beiden vorderen oberen Darmbeinstachel von einander 9" |243mm| 9" 1243mm Conjugata des Beckeneingangs 4" 3'"/1l5mm| 4 [108mm Querdurchmesser 5“ 135mm] 4" 9°'|128mm Diagonaldurchmesser (von d, Synchondr. sacroiliaca zur Eminentia ileo pectinea)| 4 8'"|126mm} 4" 6''|122mm Conjugata des Beckenausgangs 3" 4'"| 90mm | 2" 9 | 74mm Querdurchmesser des Beckenausgangs (zwischen den Sitzhöckern) 4" ı108mm| 3" [81mm Höhe der hinteren Wand (Sehne der Krümmung zwischen Promontorium und Steissbeinspitze) 4" 9'"\128mm] 5” 3‘ 142mm Höhe der Synchondrosis d. Schambeinej 1" 8'"}45mm} 2" |54mm Am Oberschenkelbeine ist ausser der Länge desselben besonders der Winkel zu beachten, den die Längsaxe des Schenkelhalses mit der Längsaxe des Körpers bildet. Dieser Winkel ist beim Weibe kleiner, einem rechten nahe *). Ausser den Alters- und Geschlechtsmerkmalen sind etwaige konkrete Eigenthümlichkeiten des betreffenden Skeletts zu erheben, da diese begreiflicher Weise für die Sicher- stellung der Identität des Individuums von grosser Wichtig- *) Merkel (I, c. p. 245) hält die Angabe, dass beim Weibe der Schenkelhalswinkel mehr einem rechten sich nähere, für nicht konstant und will bei ausgewachsenen Schenkeln beider Geschlechter aus allen Altern alle nur möglichen Winkeln, sehr stumpfe sowohl, als dem rechten sich nähernde, gefunden haben. — 110 — keit sind. Neben der Grösse des Skelettes sind besonders angeborene oder erworbene Anomalien oder Deformitäten an den Knochen zu berücksichtigen. Interessant in dieser Be- ziehung ist der in Orfila und Lesueur’s gerichtl. Aus- grabungen II, p. 431 mitgetheilte Fall, wo die Identität des aufgefundenen Skelettes mit dem eines vor einigen Jahren verschwundenen Italieners, der rechts 6 Finger und 6 Zehen gehabt hatte, dadurch zweifellos sicher gestellt wurde, dass am fünften Mittelhandknochen des betreffenden Gerippes in der That eine Theilung in zwei Aeste konstatirt wurde, von denen jeder eine Gelenksfläche besass. In einem anderen von diesen Autoren angeführten Falle zeigte das in einem Keller vergraben gefundene Skelett auffallende rhachitische Verkrümmung beider Unterschenkel. — Ebenso beschreibt Maschka im 4. Bande seiner Gutachten einen Fall, bei welchem als individuelle Eigenthümlichkeit des untersuchten Gerippes eine hochgradige Skoliose des Schädels gefunden wurde, Schlüsse aus der Beschaffenheit der Knochen auf die Beschäftigung des Individuum zu ziehen, wird wohl nur sehr selten gestattet sein. So schloss z.B. Maschka in seinem Falle aus der stärkeren Entwicklung des rechten Schlüssel- beins bei dem offenbar weiblichen Skelett, dass dieses Indi- viduum der arbeitenden Klasse angehört habe. Die Bestimmung der Zeit, wie lange die betreffenden Knochen an ihrem Fundorte liegen, resp. wie viel Zeit seit dem Tode des Individuums verflossen ist, ist in der Regel die schwierigste Aufgabe im konkreten Falle. Vor allem wird es darauf ankommen ob an den Knochen noch Reste von äusseren Weichtheilen haften oder nicht. In ersteren Falle ist man in der Regel zur Annahme be- rechtigt, dass der Körper nur verhältnissmässig kurze Zeit an dem Fundorte sich befindet. Doch sind auch dann -prä- cise Zeitbestimmungen schwierig, da die Zeit, welche zur vollständigen Zerstörung der Weichtheile erforderlich ist, von den mannigfachen Einflüssen abhängt, die den Gang — ili — der Fäulniss entweder beschleunigen oder verzögern. An der Luft genügen bei günstiger Jahreszeit wenige Wochen zur vollständigen Bloslegung der Knochen, wobei insbesondere die in den faulenden Weichtheilen massenhaft sich etabliren- den Maden und Würmer sehr thätig sich betheiligen. Ein interessanter Fall von vollständiger Skelettisirung eines Man- nes durch Würmer und Insekten nach blos 2 Monaten findet sich beschrieben im XIII. Bande der Vierteljahrsschrift für gericht]. Medicin. Was die in der Erde begrabenen Leichen betrifft, so lassen sich in der fraglichen Beziehung trotz zahlreichen Beobachtungen, die aber vorzüglich an in Särgen beerdigten Leichen gemacht wurden, keine allgemein giltigen Gesetze aufstellen. Im Allgemeinen lehrt jedoch die Erfahrung, dass 2—3 Jahre Liegens in der Erde genügen, um die fleischigen Weichtheile verschwinden zu machen. Die Bänder und Knorpel halten sich länger und werden gewöhnlich erst nach 5 und mehr Jahren zerstört. In dem erwähnten Falle von Orfila und Lesueur fand man, trotzdem seit dem Tode des Individuums kaum 3 Jahre verflossen waren, nur noch die Zwischenwirbelbänder erhalten. Dagegen fand Moser*) noch nach 15 Jahren das Becken und die Schenkelknochen durch eingetrocknete Bänder verbunden. Das Zerfallen des Skeletts geht nach seinen Erfahrungen stets in folgender Ordnung vor sich: zuerst der Unterkiefer, dann der Schädel, selten beide in ihrer Ver- bindung auf einmal; hierauf lösen sich die Brustknochen, weiter die Oberarmknochen, dann die Schenkelknochen, hierauf erst die Kniescheibe und zuletzt die Finger- und Zehenglieder. Die knorpeligen Belege der Hand- und Fussknochen faulen nach Moser schnell, ebenso das Lig. transversum des Atlas, Die Ligamente der Wirbelsäule widerstehen am längsten. *) „Eine Zusammenstellung der Befunde an 45 exhumirten Leichen auf dem Friedhofe zu Hohenwart im Jabre 1864“, Aerztliches Intelligenz- blatt 1866, p. 50, — 12 — Die weiteren Veränderungen in den Knochen gehen nur äusserst langsam vor sich tnd ihre Entfettung beansprucht noch viele Jahre. Am spätesten pflegen die spongiösen Theile der Knochen, besonders die Enden der langen Knochen auszutrocknen. Bis dahin wird gewöhnlich ein Zeitraum von durchschnittlich 10 Jahren als erforderlich angenommen, Noch später werden die Knochen morsch und brüchig, können sich aber auch unter günstigen Umständen be- kanntlich durch Jahrzehnte und Jahrhunderte unversehrt erhalten. Wichtig ist zu wissen, dass auch uralte und selbst aus geologischen Zeiten stammende Knochen noch Knochenknorpel enthalten. Menschenknochen, welche 600 Jahre gelegen hatten, gaben nach Orfila bei der Analyse 27 %, Gallerte und beinahe 10 %, Fett, ein Verhältniss, welches dem in frischen Knochen ähnelt, denn die Gallerte macht hier nicht mehr als 30 %, aus. Aeby (Medic. Centralblatt 1871 Nr. 14) fand diese Unzerstörbarkeit der Knochensubstanz durch Fäulniss in ihrer Starrheit begründet, durch welche die wichtigste Bedipgung der fauligen Zersetzung, die Wasser- aufnahme verhindert wird, Doch gilt dies nur von ganzen Knochen. Knochenpulver quillt im Wasser auf und fault*). Dass die Knochen von Kindern und unreifen Individuen aber auch solche von marastischen Personen viel früher und leichter der Zerstörung unterliegen werden, braucht wohl nicht erst besonders auseinandergesetzt zu werden, Bezüglich der Farbe ist bekannt, dass an der Luft liegende Knochen sehr bald bleichen. In der Erde erschei- *) Bei sehr alten fossilen Knochen wird der Knorpel nicht erst durch Kochen in Leim verwandelt, sondern das Ausziehen der minera- lischen Bestandtheile durch verdünnte Salzsäure lässt schon den Knorpel als flüssigen Leim zurück, Diese Beobachtung wurde von Scheurer-Kestner bei dem Schädel von Egisheim im Elsass und schon früher von Bibra und Schaffhausen an dem Neanderthaler Schädel gemacht. (Arch, f, Anthropol, 1872. V. 563.), se Se nen die Knochen nach dem Abfaulen der Weichtheile in der Regel gelblich bis gelblichbraun, eine Farbe, die theilweise von dem umgebenden Erdreich, theilweise von den fauligen Zersetzungsproducten der Weichtheile herrühren dürfte, Häufig finden sich auf dem gelblichen Grunde hie und da röthliche Flecken und Streifen. An einzelnen Stellen können diese vom Blutfarbstoff herstammen und Schaffhausen (Archiv für Anthropologie V. 125) will an Knochen römi- scher Schädel, meist im inneren Schädelraume, in den rothen Streifen, welche sich häufig beobachten lassen und die Rich- tung der grossen Venensinus bezeichnen, sogar noch die Formele- mente des Blutes, die Blutscheibehen, aufgefunden haben *). In vielen Fällen werden solche Flecken durch Eisenoxyd be- wirkt. Bei Gegenwart von Eisen kann sich in alten Knochen phosphorsaures Eisenoxydul (Vivianit) bilden, wodurch die Knochen eine blaue, grünlichblaue oder violette Farbe erhal- ten. Ich besitze Reste eines aus einer alten Prälatengruft stammenden Schädels, der mit theils grünen, theils violetten Vivianitkrystallen durchsetzt ist. Auch Nikles (Schmidt's Jahrb. 1856, 90. Bd. p. 403) beschreibt einen solchen Fall. Durch Kupfer grün gefärbte Knochen wurden ebenfalls be- obachtet, Werden Haare bei dem Skelette gefunden, so wird man sich erinnern, dass dieselben sehr lange der Verwesung widerstehen können. Moser beobachtete an allen seinen exhumirten Leichen wohl erhaltene, höchstens in der Färbung geänderte Haare, und zwar selbst nach 14jahrigem Liegen im Grabe. Casper fand bei einer nach 11 Jahren vor- genommenen Exhumation den Schiidel noch mit Haaren be- *#) Ein solcher Befund ist natürlich bei Knochen von Leichen, die die coliquative Fäulniss durchgemacht haben, nicht möglich. Ich habe eine ziemliche Zahl alter ausgegrabener Schädel untersucht und gefunden, dass die regelmässig in den Hinterhauptsgruben vorkommenden röthli- chen Flecke aus Hämatin und meist aus massenhaft angehäuften Fett- krystallen bestehen, (Vide meine Arbeit über Untersuchung von Blut» spuren. Vierteljahrschr, f, ger. Med. N, F, XIX, p. 120.). Naturw.-med. Verein 1875, 8 — 114 — deckt und Sonnenschein berichtet von einem Fall, wo mehr als 20 Jahre nach der Beerdigung der Schädel noch röthlichbraune Haare zeigte. Noch erhaltene Reste von Kleidungsstücken lassen im Allgemeinen schliessen, dass seit dem Verscharren der Leiche kein allzulanger Zeitraum verstrichen ist. Doch fand Moser in einem seiner Fälle noch nach 20 Jahren die Sohlen der Fussbekleidung in ganz gutem Zustande vorhanden, und in einem anderen Falle fanden sich noch nach 14 Jahren von den Kleidungsstücken viele recht gut erhaltene Ueber- reste, so z. B. Bänder mit noch ganz frischen grünen und weissen Farben; so waren auch die weissen baumwolle- nen Strümpfe noch wenig morsch und die Schuhe fast noch brauchbar. — Man darf jedoch nicht übersehen, dass alle diese Beobachtungen an in Särgen auf Friedhöfen beerdigten Leichen gemacht wurden. Bei einfach verscharrten Leichen wird der Zerfall der Kleidungsstücke zweifellos rascher vor sich gehen. Bei dem obenerwähnten nach kaum 3 Jahren ausgegrabenen Italiener fanden sich ausser einem zusammen- gelegten Taschenmesser in der Gegend der linken Brustseite, die Schuhe, und hölzerne und metallene Knöpfe, sonst aber nur einige Stückchen Zeug, die die Halswirbel einwickelten und einige Fetzen Tuch und Sammet. In einem anderen von Orfila und Lesueur beschriebenen Falle wurden an den verseiften Ueberresten einer in einem feuchten Keller vergraben gefundenen männlichen Leiche, die daselbst bei- läufig drei Jahre gelegen haben mag, nur Reste der Gama- schen und einige Fetzen grober Leinwand, sowie eine ver- rostete an einem Stück Leder hängende Schnalle gefunden. Dass solche Befunde für die Sicherstellung der Identi- tät des Individuums von grossem Werthe sind und daher sorgfältig erhoben werden müssen, ist wohl selbstverständlich. Andererseits ist nicht zu vergessen, dass die Leiche nackt verscharrt worden sein konnte. Die letzte Frage, die bei der Begutachtung von auf- gefundenen Knochen zu beantworten kommt, ist die; ob im — 15 — konkreten Falle auf ein begangenes Verbrechen geschlossen werden kann oder nicht. Die Umstände unter welchen, namentlich der Ort wo die Knochenreste gefunden wurden, sind wohl in den meisten Fällen allein im Stande eine Auf- klärung zu geben und dieselben sind, soweit sie noch in das Bereich gerichtsärztlicher Beurtheilung fallen, genau zu - würdigen. Jeder Fall hat in dieser Beziehung seine Eigen- thiimlichkeiten, Während z. B. in den citirten Fällen von Orfila und Lesueur bei dem Auffinden der betreffenden Skelette schon im Vorhinein über ein begangenes Verbrechen kaum ein Zweifel bestehen konnte, wird sich, wenn wie so häufig z. B. beim Grundgraben von Häusern ein Gerippe gefunden würde, die Sache sofort als unverdächtig hinstellen, wenn die Knochen alt und morsch sind und wenn der Fundort als eine alte Begräbnisstätte erkannt wird, woselbst vielleicht schon früher Knochen ausgegraben wurden. Ebenso wird ein Verdacht in der Regel entfallen, wenn die betreffenden Knochen als verschiedenen Individuen angehörig sich herausstellen. Bezüglich der Erkennung der Todesart des Individuums sind wohl nur etwaige Continuitätstrennung der Knochen, besonders der Schädelknochen zu verwerthen, wenn sich an denselben Erscheinungen ergeben, die dafür sprechen, dass sie während des Lebens oder wenigstens vor dem Verscharren der Leiche zugefügt worden sind. An dem von Orfila und Lesueur beschriebenen im Keller vergrabenen Skelette fand man die Knochen der rechten Schläfegegend zertrüm- mert und man bemerkte in der Schläfe- und Jochbeingrube derselben Seite deutliche, ziemlich lebhaft rothe Flecke, welche vom getrockneten Blut enstanden und durch die darüberliegenden Haare geschützt zu sein schienen; die Gerichtsärzte schlossen aus diesem Befunde, dass die Zerschmetterung des Schädels noch während des Lebens zu- gefügt worden war. In diesem Falle mag der Schluss richtig gewesen sein; bei der Beurtheilung analoger Befunde wird man aber daran denken müssen, dass, wie bereits oben bemerkt, von Blutfarbstoff herrührende rothe Flecke sich gk — 116 — an den Knochen auch ohne vorausgegangene Verletzung bilden können. Zu erheben wird auch sein cb die betreffende Knochen- verletzung einem bestimmten noch erkennbaren Werkzeuge entspricht oder nicht, und es ist möglich, dass das ver- letzende Werkzeug selbst noch gefunden wird, so z.B. in den Knochen eingetriebene oder in der Schädelhöhle befind- liche Projektile. In der älteren Literatur (Ossiander) finden sich Fälle mitgetheilt, in denen nach biblischem Beispiel Personen durch in den Kopf eingetriebene Nägel getödtet wurden und wo nach Jahren der im exhu- mirten Schädel steckende Nagel die That ans Tageslicht brachte. Dass morsch gewordene Knochen auch im Grabe zer- fallen und brechen können, noch leichter aber erst beim unvorsichtigen Aufdecken derselben brechen, ist bekannt und wird bei der Beurtheilung von Knochenverletzungen an auf- gefundenen Skeletten stets in Betracht zu ziehen sein. Dass mitunter auci, andere Befunde als die erwähnten Knochenverletzungen noch nach Jahren Licht über die Todes- art des betreffenden Individuums verbreiten können, beweist der im I, Bande von Orfila’s Lehrbuch der gerichtlichen Mediein beschriebene Fall der Wittwe Houet, deren Leich- nam 11 Jahre nach dem Tode im Garten eines Hauses ausgegraben wurde und an welchem man noch die Hals- wirbelsäule von einem 2—3 Linien dicken in 6 Touren verlaufenden Strick umschlungen fand, der noch Weichtheile zurückhielt. — Dieser Fall bietet auch die interessante Seite, dass die Leiche der Ermordeten mit Kalk bedeckt worden war, ein Umstand, dem - offenbar zu verdanken war, dass noch nach 11 Jahren an dem Skelette Reste von Weich- theilen und das erwähnte Detail gefunden werden konnte. Schliesslich soll nicht unerwähnt bleiben, dass aufge- fundene Thierknochen für Menschenknochen gehalten wurden, Wie folgenschwer ein solcher höchstens Laien zu verzeihender - jedi io — 117 — Irrthum werden kann, beweist die Judenverfolgung in Damaskus, welche 1840 in Folge einer solchen fatalen Verkennung aus- gegrabener Skelette ausbrach und deren in Taylor’s Medical Jurisprudence 1873 I. 141 Erwähnung geschieht. Ebendort findet sich aber auch ein Fall mitgetheilt, dass die Knochen eines achtjährigen Mädchens, welche ohne Schädel aufgefunden wurden, anfangs für das Skelett eines — Hundes angesehen worden waren! Ueber die chemische Zusammensetzung und physiologische Bedeutung der Peptone. Von Prof. Richard Maly.*) I. Die chemische Zusammensetzung der Peptone. Ich hatte den Wunsch, die Kenntniss vom nächsten Verhalten der Eiweisskörper, welche im Magen den Process der sog. Pepsinverdauung durchgemacht haben, zu fördern, also vor allem zu erfahren, was die Peptone für Substanzen seien in Bezug auf ihre Muttersubstanzen die Eiweisskörper, und dann ferner, was diese Peptone für eine Rolle spielen, ob nämlich das Eiweiss, welches zu Pepton wird, als Eiweiss für den Körper verloren ist und seinem Zerfalle entgegeneilt, oder ob es physiologisch noch gleichwerthig mit Eiweiss ist und also noch gewebeernährend und gewebebildend wirken kann, Behufs des ersten Theiles dieser Arbeit war es dem- nach vor allem nöthig, thunlich reines Pepton herzustellen. Es ist begreiflich, dass es sich dabei nicht darum handeln konnte, Formeln, auch nur empirische, für das Pepton zu gewinnen, sondern einzig darum, an der procentischen Zu- sammensetzung von reinem Eiweiss (Fibrin etc.), verglichen mit der, mittelst neuer Mitfel dargestellten reinen Peptons zu entnehmen, ob letzteres durch prononeirten N- oder C- Gehalt etc, als ein Spaltungsprodukt anzusehen ist, oder ob *) Aus Pfliiger’s Archiv in gekürzter Form mitgetheilt, ee — 119 — die Zusammensetzung beider Körper so wenig verschieden ist, dass man nur Differenzen hat, die innerhalb jener der einzelnen Eiweisskörper überhaupt fallen, oder ob endlich die Zusammensetzung völlig gleich ist und man es also mit isomeren Körper zu thun hat, Als Eiweisssubstanz wurde Fibrin vom Ochsen gewählt. Die vorhandenen Fibrinanalysen sind alle ziemlich alt und differiren ungemein stark. Ich habe es daher nicht überflüssig halten können, reines Fibrin — solches, das auch als Ausgangspunkt für die Peptongewinnung dienen sollte — noch einmal mit aller Vorsicht zu analysiren. Das Fibrin wurde aus frischem, in reinen Laboratoriumsgefässen aufgefangenem Ochsenblute ausgeschlagen, unter fliessendem Wasser bis zur völligen Weisse geknetet und zur Wasserentziehung in öfter gewech- selten Alkohol gelegt. Nachdem es möglichst entwässert war, wurde es in einem passenden Extractionsapparate tage- lang mit Aether behandelt. Dadurch wurde es, ohne seine gewöhnliche Gestalt einzubüssen, spröde, so dass man es zwischen den Fingern brechen und zerdrücken konnte, war kreideweiss und etwa aussehend wie Papiermaché. War es nach dem Herausnehmen aus dem Alkohol stark abgepresst worden, so sah es wohl auch hornartig aus. Man muss diese Extraction mit Aether lange fortsetzen, da viele fettige Substanzen in den Aether übergehen. Das blose Digeriren oder Waschen mit Aether reicht lange nicht aus, der Ex- tractionsapparat kann dabei nicht umgangen werden. Ich habe in dieser Art grosse Mengen von Fibrin dargestellt, da es nicht blos zur Analyse, sondern auch zur Darstellung der Peptone dienen sollte. Die anhaltende Behandlung mit Aether hat auf die charakteristischen Eigenschaften des Fibrins keinen Einfluss. Wurde es in Wasser gebracht, das schwach salzsauer war, trat bald Quellung ein zu glashellen Flocken. Selbst die Zerlegung des Wasserstoffsuperoxyd zeigte dieses Fibrin — 20 — noch und zwar in den verdünntesten Lösungen; sofort über- zog es sich mit unzähligen Gasbläschen. Das Material zu den folgenden Fibrinanalysen, von denen einige mein früherer Assistent Dr. med. Jul. Donath ausgeführt hat, stammte von drei Darstellungen. Die Kohlen- stoff- und Wasserstoffbestimmungen wurden mit chromsaurem } Blei, Kupfer- und übergeleitetem Sauerstoff im Platinschiff- chen gemacht, die Stickstoffbestimmungen nach Dumas mit der Modification, dass vorher noch 12 Stunden lang Kohlen- x säure durch die Röhre geleitet wurde. Die Präparate waren bei circa 110°C. getrocknet; die Asche wurde im Schiffchen zurückgewogen, Auf aschefreie Substanz in pCt. { a, 52.54 6.95 — 0.7 Fibrin I b. — _ 17.08 = ee = 17.20 e 2 (a. 52.05 6.50 3% 1.04 Fibrin II \ b. wi Ri 17.36 Aa f a 52.98 1.05 — 1.00 Fibrin III b. 52.51 6.96 — 0.85 aly ee = 17.70 2 Mittel 52,51 6.98%) 17.34 0.8 In diesen Analysen war der Aschegehalt gering, etwa halb so gross wie in den älteren Fibrinanalysen. Nach Abzug der Asche erhält man Zahlen, die zu den von Dumas und Verdeil in Kohlenstoff- und Wasserstoff- gehalt vorzüglich stimmen, während der Stickstoff bei mir etwas höher erscheint, was ich auf die andauernde Aether- extraction schreiben möchte. Dies gilt in noch viel höherem Grade vom Stickstoff der älteren Analysen Scherer’s, die deshalb auch einen viel zu hohen Kohlenstoffgehalt zeigen, nämlich bis zu 55.00 pCt. Hingegen stimmen ausser Dumas’ und Cahour’s Analysen noch eine von Verdeil (in Gmelin) und die von Rüling gut mit den meinen zusammen. Es ergiebt daher diese Revision der Analysen folgende Uebersicht: *) Mit Ausschluss von II. — 121 — Mittel meiner Dumas und Cahours, Verdeil. Rülin neuen Analyse. Ochs Hund Mensch RN ae Cc 52.51 527 52.70 52.78 52.13 52.18 H 6.98 7.0 6.97 6.96 7.07 7.06 N 17,34 16.6 16.60 16.88 pale a Ich wende mich nun zu den Peptonen und verweise bezüglich des gegenwärtigen Standes der Kenntniss über die Peptone auf das Original dieser Arbeit, woselbst die Ver- suche von Lehmann, Meissner und Thiry besprochen sind. Das zu den eigenen Versuchen benützte Fibrin war das, dessen Analysen vorher mitgetheilt wurden. Aber auch die Pepsinlösung musste thunlichst frei von fremden Stoffen sein. Es wurde zuerst die Pepsinlösung verwendet, wie man sie in der bekannten Weise mittelst Cholestrin darstellt. Später hat sich gezeigt, dass man eine ebenso reine, d. h, substanzarme und doch kräftige Pepsinlösung bekommt, ohne die Hantirung mit Cholesterin vorzunehmen. Sie gründet sich auf die Undiffusibilität des Pepsins, die schon von Krasilnikoff, neuestens von Hammarsten“*) wieder her- vorgehoben wurde, und ist im Allgemeinen eine Combination der Verfahren von Krasilnikoff und von Brücke. Die Schweinemagenschleimhaut wird in der bekannten Weise mit Phosphorsäure digerirt, das Flüssige abgeseiht, mit Kalkwasser gefällt, der Niederschlag filtrirt, gut gewaschen und in verdünnter Salzsäure gelöst. Diese Lösung bringt man auf einen Pergamentpapier-Dialysator und lässt sie bei häufig gewechseltem Wasser so lange in der Zelle, bis alle Salze hindurchgegangen sind, was man leicht an dem Nicht- mehreintreten der Chlor- und Phosphorsäurereactionen erkennt. Die Innenflüssigkeit wird nun herausgenommen und wenn nöthig filtrirt. Sie ist ebenso wirksam als arm an festen Stoffen. Beispielsweise zeigte eine Pepsinlösung wie sie zur Ver- dauung verwendet wurde, und von der ein Tropfen schöne *) Jahresbericht f, Thierchemie Band III, 160, pro 1873, — 122 — Verdauungswirkung gab, in 3 CC. nur einen Riickstand von 1.5 Milligramm, also 0.05 pCt. Ich führe dieses an, um zu begriinden, dass durch meine Pepsinlésung dem zu ver- dauenden Fibrin nicht fremde Stoffe in irgend bemerklicher Menge zugefiihrt wurden. Bei der Verdauung grösserer Mengen entfetteten Fibrins mit 0.2 pCt. HCl und Pepsin bis 35°C. trat sehr bald Verflüssigung ein, aber gleichwohl war auch hier die ver- daute Flüssigkeit nicht complet klar, sondern auch opali- sirend, aber wohl viel klarer als bei rohem Fibrin. Die Flüssigkeit wurde mit Marmorstückchen, dann mit gefälltem Caleiumcarbonat versetzt, um die zugesetzte HCl zu neutra- lisiren, und so den noch fällbaren Eiweisskörper (Parapepton, Syntonin) auszufällen. Nach dem Aufkochen und Ausfällen konnte die nun erkaltete Flüssigkeit nur mehr Pepton ent- halten und nur höchstens kleine Reste eigentlicher Eisweiss- körper. Um nun diese sicher wegzubringen, war die Absicht, die so oft betonte Diffusibilität der Peptone zu Hülfe zu nehmen und aus dem Diffusat, das sicher frei war von Eiweiss, das Pepton (oder den Peptonkalk) zu fällen, wäh- rend das Chlorcaleium in Lösung bleiben sollte. In den ersten 24 Stunden ging in die Aussenflüssigkeit des Dialysators viel Chlorcalcium, aber nur wenig Pepton über, denn die stark eingeengte Flüssigkeit trübte sich nur wenig auf Alkoholzusatz. Das zweite Diffusat verhielt sich ähnlich. Da entsprechend den Erfahrungen über die schwach sauren Eigenschaften der Peptone es nun wahrscheinlich wurde, dass Peptoncalcium entstanden war, und dieses nicht diffundire, so wurde in das Innere der Zelle HCl gebracht. Nun vermehrte sich wieder der Durchschnitt von Chlorcal- cium, aber Pepton ging gleichwohl nur wenig hindurch. Die Diffusibilität der Peptone ist eben nicht so gross, als man sie eine Zeitlang auf die Angaben von Funke hin hielt. v. Wittich’s Mittheilung *), stimmt damit überein, indem *) Jahresbericht für Thierchemie II, 19, — 123 — auch Wittich die Diffusibilität der Peptone als eine geringe bezeichnet. Dieses Nichtdurchgehen der Peptone durch das vegi- tabilische Pergament hat nun zwar die Möglichkeit genom- men, diffundirtes Pepton darzustellen, es hat aber einen viel grösseren Vortheil gebracht, nämlich den, durch die Diffusion das Pepton von den beigemengten Salzen, den Chloriden namentlich, zu befreien, dann aber auch von etwas vorhan- denen kleinen Mengen bei der Verdauung entstandener krystalloider Spaltungsproducte. Nachdem nach wiederholtem Wasserwechsel keine Salze (kein Chlor) mehr übergingen, wurde die Innenflüssigkeit herausgenommen, eventuell filtrirt, zu Syrup verdampft und mit starkem Alkohol ausgefällt. Das Pepton schon dieses ersten Versuches war so frei von Chlor, das in der salpeter- sauren Flüssigkeit durch Silber nicht einmal mehr eine Opalescenz erzeugt wurde, und ebenso verhielten sich alle anderen Präparate. Der Aschegehalt sinkt bei dieser Pep- tondarstellung auf die geringen Mengen von circa 1 pCt. und darunter, und da kein anderes Agens als Diffusion und Alkohol bei der Darstellung ins Spiel kommen, so wird man von unbeabsichtigten Zersetzungen nichts zu fürchten haben. Es war daher so ein Weg gefunden, die für die Ana- lyse störenden Chloralkalien, so wie überhaupt das Gros der Aschebestandtheile zu entfernen, eine Schwierigkeit, der Thiry nur dadurch ausweichen konnte, dass er die durch Pepsinverdauung entstandenen Peptone ganz bei Seite liess, und nur die durch anhaltendes Kochen mit Wasser ohne HCl “entstehenden Peptone (Peptonbaryte) analysirte. Es war ferner dadurch auch möglich, die freien Peptone selbst, nicht blos deren Barytverbindungen zu analysiren, wie dies Thiry gethan. Bei den späteren Darstellungen meiner Peptonpräparate wurde meist statt mit kohlensaurem Kalk, der nunmehr keinen Vortheil bot, mit Soda neutralisirt und das Pepton schliesslich fractionirt mit Alkohol gefällt. — 124 — Es gestaltete sich demnach die Darstellung folgenderart: eine Portion von 20—30 Grm. trockenen Fibrins wurde nach dem Quellen in verdiinntem HCl mit Pepsin verdaut, bis das Neutralisationspracipitat nur mehr sehr gering war, wozu 2—3 Tage nöthig waren. Nun wurde mit Soda neu- tralisirt. aufgekocht, von der Trübung abfiltrirt, das Filtrat eingeengt und auf einen oder mehrere mit Pergamentpapier überspannte Kautschuckringdialysatoren gebracht, deren Aussenfliissigkeit 3—4 Mal im Tage gewechselt wurde, bis kein Chlor mehr nachweisbar war. Dabei ist ein gewisser Verlust an Pepton natürlich nicht zu vermeiden. Ich habe daher später während der Nacht die Flüssigkeit aus dem Dialysator herausgenommen, dafür am Tage öfter gewechselt. Man kommt in 2—3 Tagen damit zu Stande. Hatte sich im Innern des Dialysators, wie das namentlich in der wär- meren Jahreszeit (die daher hiezu nicht günstig ist) geschieht, Trübung erzeugt, so wurde filtrirt. Die klare, stark einge- engte Peptonlösung wurde nun mit starkem Alkohol versetzt, so lange, bis ein Theil des Peptons sich in zusammenkleben- den Flocken abgeschieden hat (Fraction 1), das Filtrat resp. die davon abgegossene Flüssigkeit neuerdings mit Alkohol gefällt (Fraction 2) und endlich die übrig bleibende alkoho- lische Lösung abgedampft (Fraction 3). Diese Fällungen sind natürlich nicht so aufzufassen, als ob Fraction 1 und 2 in Alkohol unlösliches, Fracktion 3 in Alkohol lösliches Pepton wäre. Es sind vielmehr alle 3 von gleichen Eigenschaften und Reactienen, und es fällt um so mehr Pepton aus, je mehr und je stärkeren Alkohol man hinzufügt. Hat man daher bei der Darstellung von Fraction 2 so lange starken Alkohol zugefügt, als noch etwas fällt, dampft dann die alkoholische Flüssigkeit zur Trockne ein, löst den weissgelben spröden Rückstand in sehr wenig Wasser, so fällt Alkohol neuerdings eine gewisse Menge aus, während ein anderer kleinerer Theil sich wieder der Fällung entzieht, In solcher Art wurde auch verfahren bei der Darstellung der letzten (3. resp. 4.) Fraction zum Zwecke der Analyse, — 12 — Auch hinsichtlich der übrigen Eigenschaften habe ich nur wenige im Originale nachzusehende Unterschiede zwischen den einzelnen Fällungsfractionen bemerken können, sie ver- hielten sich gleich, und dies gilt auch ebenso von einem Pepton, das ohne Pepsin durch tagelanges Kochen von Fibrin mit Wasser dargestellt worden ist. Die Analyse der Peptone wurde wie die des Fibrins vorgenommen. Ihr Schwefelgehalt wurde nicht besonders be- stimmt. Die Asche ist im Schiffchen zurückgewogen worden, Präparat I war durch Alkoholzusatz in 3 Fractionen zerlegt worden, deren Aschegehalt in den ersten beiden nur 1/, pCt. betrug. Präparat II war Pepton ohne Pepsineinwirkung, erhalten durch blosses Kochen des in verdünnter HCl gequollenen Fibrins mit Wasser während 8 Tage, Die weitere Behand- lung bei der Darstellung durch Fällung des Neutralisations- präcipates, Einengen und Dialysiren war wie bei den andern Proben. Die salzfrei gewordene Flüssigkeit wurde in zwei Portionen mit Alkohol gefällt, aber nur die zweite analysirt, Das Präparat III war wie I dargestellt worden, aber dadurch, dass die erste Menge noch bedeutende Alkoholfäl- lung mit verdünntem Alkohol digerirt und in weitere zwei Portionen, eine darin sich lösende a und eine andere (in Folge ungenügender Menge des Lösungsmittels) ungelöst bleibende b zerlegt wurde, sind im Ganzen hier 4 Fractionen erhalten worden. Peptonanalysen in Procenten *). C H N Asche (Fr. 1 51.00 6.78 17.11 0.50 Priparat I Fr, 2 50.80 6.83 16.70 0.60 \ Fr 3 623) (7.13) wn 1.00 Präparat II 52.50 7.30 -- 1.00 Fr. 1a 52.10 7.25 2 0.76 : Epo soba 95 oe ib Präparat IT ¢ 3 5148 6.96 17.58 0146 Fr. 4 (52.70) (7.38) = (1.60) *) Auf aschefreie Substanz berechnet. — 126 — Am geringsten sind die Differenzen im Wasserstoff, am grössten beim Kohlenstoff. Es mag wohl sofort bemerkt werden, dass alle die erhaltenen Procentzahlen entweder solche Zahlen sind, welche der procentischen Zusammen- setzung der Eiweisskörper überhaupt entsprechen, oder die doch denselben sehr nahe stehen; das Pepton, welches ohne Pepsinwirkung dargestellt ist (Präp. I.), entspricht fast genau dem Mittel der Fibrinanalysen. Schliesst man diese. Analyse und je die letzte Fraction aus, so erhält man fol- gende Zahlen als Mittel: C 51.40 pCt. H 6.95 . ” N. 17.13 ” Aus den vorstehenden Peptonanalysen und aus dem daraus gezogenen Mittel kann Folgendes entnommen werden: 1. Unter Pepton oder Peptonen ist eine Substanz zu verstehen, die nicht ein Gemenge von Spaltungsproducten der eiweissartigen Muttersubstanz ist, sondern die im Wesent- lichen einheitlicher Natur ist und die durch Alkohol in Fractionen von völlig oder fast völlig gleichen Eigenschaften und ditto Zusammensetzung zerlegt werden kann. 2. Das Pepton unterscheidet sich in seiner Elementar- zusammensetzung nur wenig von der Muttersubstanz (dem Fibrin) keineswegs so weit, dass es als ein durch weiter- gehende Veränderung entstandenes Zersetzungsproduct auf- zufassen ist. Wahrscheinlich wird dadurch ferner, dass das Pepton noch ein Körper ist von nahe derselben Molekular- gewichtsgrösse als das Eiweiss im weiteren Sinne, und dass es vielleicht nur die Elemente des Wassers sind, die es mehr als Eiweiss enthält; dafür liesse sich das Minus im Kohlenstoff- und im Stickstoffgehalt gegenüber der Mutter- substanz anführen: Fibrin Fibrin-Pepton C 52.51 51,40 H 6.98 6.95 N 17.34 17.13 4 j — 127 — II. Physiologische Bedeutung der Peptone. Es hat fiir unsere Anschauungen von der Verwendung der Eiweisskörper immer etwas Sonderbares und Verwirren- des gehabt, dass, während das genossene Eiweiss im Körper doch wieder der Hauptmasse nach das werden soll, was es vorher, vor dem Kochen war, nämlich lösliches und gerinn- bares Eiweiss, dass also dieses genossene Eiweiss in der Magenverdauung seine charakteristische Eiweissnatur immer mehr verliert, immer löslicher, unfällbarer wird, und so seine gewebebildenden Eigenschaften immer mehr einzubüssen scheint, wie dies in den gummiartig aussehenden, syrupdicke Lösungen bildenden Peptonen der Fall ist. Die vorzüglich von Funke angegebene Beobachtung, dass das Pepton oder die Peptone sehr leicht Membranen durchwandern, hat Veranlassung gegeben, die Peptonisirung als ein nothwendiges Vorbereitungsstadium anzusehen, deren Zweck es sei, die Aufsaugung zu ermöglichen. Es musste daher auch angenommen werden, dass der Organismus Ein- richtungen besitze, welche das Pepton zu coagulablem Eiweiss regeneriren. Diese Vorstellung hatte nichts Gezwungenes aber sie ist nur schwierig an den Mann gekommen und hat namentlich auch eine Abschwächung dann zu erleiden gehabt, als man bestrebt war nachzuweisen, dass Eiweiss, welches nicht peptonisirt war, auch aufgesaugt werden könne. Dieses zugegeben, glaube ich aber, dass die Frage nach dem Schick- sal der Peptone dadurch nur bei Seite geschoben aber nicht gelöst worden ist. Von jenen Autoren aber, welche der Peptonfrage selbst direct zu’ Leibe gehen, sind nur Fick (Thierchem. Ber. 1, 197) und Leube (Thierchem. Ber. 2, 318) zu nennen. Ich habe die Versuchsreihen dieser Forscher genauer im Originale besprochen und gezeigt, dass von denselben aus demselben Resultat ganz Verschiedenes er- schlossen wird: Fick halt dafür, dass das Pep- ton zerfalle, in Folge dessen nach einer Mahl- — 128 — zeit die Harnstoffeurve ansteigen mache und daher zum Eiweissbestand des Körpers nichts beitrage; Leube schliesst aus derselben That- sache d. i. der Harnstoffvermehrung nach Pep- toneinverleibung, dass das Pepton im Körper mit dem Eiweiss den Werth und die Art des Zerfalls theile und empfiehlt es deshalb thera- peutisch ernährungsbedürftigen Individuen. Die fundamentale Frage, um die es sich handelt, ist die, ob Pepton dem Eiweiss als Nahrungsäquivalent ist oder nicht, ob es also noch zu Organeiweiss werden kann, oder ob es immer nur die Rolle eines Körpers zu spielen hat, der sofort der Zersetzung preisgegeben ist; und diese Frage ist eine offene. Ich glaube, dass man sich viel directer an den Ver- such machen müsse, um hier etwas zu entscheiden; die Schwierigkeiten dabei sind von einigen Seiten anerkannt, aber nicht überwunden worden. Das directeste wäre der Weg, einem Thiere statt Eiweiss nur Pepton zur Nahrung zu geben und zwar ein von allem fällbaren völlig freies Prä- parat, daneben aber auch alle anderen Nährstoffe in passen- der Quantität und Qualität. Man kann annehmen, dass der Erfolg einer der beiden folgenden sein werde. Entweder wird Pepton zu Eiweiss regenerirt, dann wird eine normale Ernährung statthaben und das Thier auf seinem Lebendge- wichte bleiben; oder zweitens, Pepton wird nicht zu Eiweiss reconstruirt, dann ist das Thier im partiellen Hunger (Eiweiss- hunger), wird Körpersubstanz einbüssen, an Gewicht ver- lieren und endlich unter den Erscheinungen des Eiweiss- hungers zu Grunde gehen. Ich habe solche Versuche an einer Taube mit in Form von Pillen gebrachten (eiweissfreiem) Peptonfutter ausgeführt. Die Composition meines künstlichen Körner- (Pillen)- Futters will ich genau hier beschreiben, da die Erfolge der Fütterung nur unter genauer Kenntniss der Futterzusammen- setzung werden beurtheilt werden können. Da, mehrere — 129 — Wochen lang, bevor die erste Versuchsreihe begann, die Taube auf Weizenfutter eingewöhnt war und sich damit im Stoffgleichgewichte befand, so schloss die Construction der künstlichen Peptonnahrung an die Zusammensetzung des Weizens an. Ich habe die neuesten unter Neubauer’s Leitung von Pillitz*) ausgeführten zahlreichen Weizen- analysen zu Grunde gelegt und darnach den künstlichen Peptonweizen zusammengesetzt. Bei der künstlichen Zusammensetzung wurde statt Dex- trin und Zucker arabisches Gummi genommen; statt der Extractivstoffe. (die ja unbekannte Stoffe bedeuten) wurde der Stärkegehalt und die übrigen grösseren Zahlen abgerundet, Als Fett kam Olivenöl zur Anwendung, Man kam so zu einer Zusammenstellung wie die folgende: Feuchtigkeit 12.6 Stärke 66.1 Asche 1.6 Fett 2.0 Zellstoff 3.5 Protein (Pepton) 10.2 Gummi 4.0 100.0 Ueber die Materialien der Pillenkörper Folgendes: Die Stärke war käuflich und bei 100 getrocknet. Zur Dar- stellung von Cellulose wurde von grösseren Portionen Kleie das gröbere Pulver weggesiebt, das feinere mit Kali- lauge in einer Schale erwärmt, wobei es kleisterartig wurde, in viel Wasser eingegossen, nach einigem Stehen die am Boden abgesetzte Kleie colirt, in Wasser gekocht, dann in Essigsäure oder auch Salzsäure gekocht, noch einmal mit Lauge und viel Wasser, endlich mit Alkohol und Aether behandelt. Die so erschöpfte Cellulose ist N-frei, dunkel- braun gefärbt und stellt eine zerreibliche, aus Schuppen be- stehende geruchlose Masse dar. Die Asche war durch Verkohlen von Weizen dargestellt. Eine grössere Portion *) Zeitschrift f, analytische Chemie XI. 46. Naturw.-med. Verein. 1874, 9 — 130 — von Weizen wurde in einer eisernen Schale verkohlt, fein gerieben, dann in kleinen Portionen im Porcellantiegel stark ausgeglüht und mit Wasser ausgekocht, welches also die löslichen Aschebestandtheile aufnahm. Darauf wurde das Kohlenpulver getrocknet, nochmals ausgeglüht, nun mit ver- dünnter Salzsäure ausgezogen und die salzsaure Lösung mit Soda neutralisirt und gefällt. Der Niederschlag, im wesent- lichen Erdphosphate enthaltend, wurde abfiltrirt und mit dem zur Staubtrockene eingedampften wässerigen Auszug vereinigt. Das Pepton war Fibrinpepton, das zu diesem Zwecke in grösserer Menge dargestellt war. Es ist begreiflich, dass dabei nicht in diesem Maasse Sorgfalt angewendet zu werden brauchte, als bei dem für die Analyse bestimmten Pepton. So wurde nämlich nicht entfettetes, sondern nur mit Alkohol aus- gewaschenes Fibrin zur Verdauung verwendet, und die nach der Verdauung und Entfernung des Neutralisationspracipitates resultirende Lösung brachte man nicht auf den Dialysator, sondern engte stark ein und fällte mit Alkohol. Es konnte daher noch ein wenig Kochsalz in dem Pepton enthalten sein, ein Umstand, der für die Zwecke der hier angestellten Ernährungsversuche irrelevant war. Der weitaus grösste Antheil von Kochsalz wird aber durch die Alkoholfällung entfernt. Die Ueberführung dieses Materials in Körner- oder Pillenform war leicht. Es wurden die löslichen Substanzen, also Pepton und Gummi, in etwas Wasser in einer grossen Reibschale gelöst, das Fett darin emulgirt, die Asche zu- gesetzt und endlich das Gemenge von Stärke und Cellulose nach obigem Verhältniss nach und nach eingetragen und das Ganze durchgeknetet. Mitunter wurde auch ein kleinerer Theil von der Stärke früher mit etwas Wasser zu einem dicken Kleister in der Wärme aufquellen gelassen und dann der Hauptmenge zugemischt; es wurde dadurch die Plasticität der Masse erhöht. Wenn durch passenden . Wasserzusatz und tüchtiges Durchkneten die richtige Consistenz erreicht war, wurden daraus Körner von der Grösse kleiner Erbsen era: 4 — 131 — geformt, theils mittelst einer gewöhnlichen Pillenmaschine, theils ohne diese. Auf Sieben wurde dieses Peptonfutter lufttrocken gemacht; es hat sich gezeigt, dass mit kleinen Schwankungen schon von selbst darin derselbe Feuchtigkeitsgrad zurückblieb, wie in dem in demselben Raume aufbewahrten Weizen, Jedoch hat man es dabei nicht bewenden lassen, sondern es wurde nach ab und zu gemachten Wasserbestimmungen das Pillengewicht noch {corrigirt durch zeitweises Hinstellen an einen lauen Ort. Wenn z, B. die getrockneten Materialien für 100 Grm. Pillen bestimmt waren, so wurden die fertigen Pillen auf einer Wagschale an einem lauen Orte so lange liegen gelassen, bis sie nur 100 Grm. wogen; ausserdem wurde darin dann noch der Wassergehalt direct bestimmt und eventuell richtig gestellt. Dieses künstliche Futter, welches also gleich war, Weizen — Eiweiss + Pepton, konnte bei seiner körner- artigen Beschaffenheit leicht der Taube beigebracht werden ohne irgend einen Verlust. Später als sie daran gewohnt. war, pickte sie dasselbe von selbst, wenn es in den Käfig gebracht wurde, quantitativ auf. Jeden Tag wurde die Taube in einem Tuche eingeschlagen gewogen und das Tuch- gewicht abgezogen, Zu Beginn der ersten Reihe, nach vorausgegangener Fütterung mit 12 Grm. Weizen pro Tag, war das Lebend- gewicht der Taube 337,0 Grm. Man wollte, um die Taube allmählig an das Futter zu gewöhnen und die sonst leicht eintretende Diarrhoe zu verhüten, recht allmählig mit den Pillen steigen, und wurde dies namentlich an den späteren Reihen XV und XVI befolgt, in der Art, dass zu sinkendem Weizengewicht steigende Mengen Peptonpillen gesetzt wurden, bis endlich kein Weizen (kein Eiweiss), sondern nur Pepton- futter verabfolgt wurde. Reihe I. Datum. Dauer. Weizen. Pillen. Lebendgewicht im Mittel, 17. Febr.—3. Marz 15Tage, 6Grm. 6Grm, 335,8 Grm. 1873. g% — 132 — | Auf diese Reihe folgte eine solche, bei der die Pillen wieder ganz weggelassen und wieder Normalfutter gegeben wurde. Reihe JI. Datum. Dauer. Weizen. Pillen, Lebendgewicht im Mittel. schwankend von 4.—19. März 1873. 15 Tage, 12 Grm. 0 333,0Grm. 332—334. Die folgende Reihe ist gleich der ersten und also darin die Hälfte des Eiweisses des normalen Futters durch Pepton ersetzt. Reihe III. 20.—27. März 1873. 8 Tage. 6 Grm. 6Grm. 325 Grm. 334,5—335,5. Reihe IV. wie II. 28. März — 4. April 8 Tage. 12 Grm. 0 332,5 Grm. 331—333,5. 1873. Reihe V. wie I. und II. 5.—12. April 1873. 8 Tage. 6Grm. 6Grm 329,8 Grm. 327—331,5. Reihe VI. 13.—17. April 1873. 5 Tage. 3Grm. 9 Grm. 327,3 Grm. 327—327,5. Reihe VII. wie II. und IV, 18.—27. April 1873. 10 Tage. 12 Grm. 0 328 Grm, Die Taube hat die Peptonkörner gut vertragen und sie haben ihr so gut wie Weizen angeschlagen; in Reihe I. und II. hat das Pepton so wohl ernährt, dass ein Plus im Körpergewicht gegenüber den Reihen II. und IV. mit blossem Weizen ersichtlich ist. Erst in Reihe V. und VI, wird das Lebendgewicht etwas kleiner, aber die unmittelbar darauf folgende Reihe VII. mit Weizen allein, wobei keine bemerkenswerthe Hebung im Körpergewichte stattfand, zeigte, dass die Peptonnahrung nicht Schuld war, sondern es ist vielmehr wahrscheinlich, dass die schon ziemlich lange dauernde Gefangenschaft und die Laboratoriumsluft einer besseren Ernährung im Wege standen, Die Taube bekam daher zur Erholung frische Luft, Freiheit und beliebig Weizen. Bei den folgenden Reihen betrug das Gewicht des täglichen Futters 14 Grm. — 13 — Reihe VIII. (Zur Feststellung des Gewichtes bei 14 Grm. Weizen). Datum. Dauer. Weizen. Pillen. Lebendgew. im Mittel. 12.—18. Mai 1873. 7 Tage. 14 Grm. 331,8 Grm. Reihe IX. 19.—25, Mai 1873. 7 Tage. 7 Grm. 7 Grm. 331,9 Grm. Reihe X. 26.—30. Mai 1873. 5 Tage. 4 Grm. 10 Grm. 329,4 Grm. Das raschere Steigen der Pillenmenge verursacht Diar- rhoe, desshalb mit den Pillen wieder gesunken, Reihe XI, 31. Mai— 10. Juni 11Tage. 6 Grm. 8 Grm. 332,0 Grm, 1873. Reihe XII. 11,—14. Juni 1873. 4 Tage. 5 Grm. 9 Grm, 333,0 Grm. Reihe XIII. 15.—19. Juni 1873. 5 Tage. 4 Grm. 10 Grm. 333,1 Grm. Auf diese Reihe XIII. mit 5, Pepton und %, Eiweiss ‚in der Nahrung liess man nun wieder eine Reihe folgen ohne Pepton, bloss mit Weizen, um umgekehrt den Einfluss zu beobachten, nachdem von Reihe VIII. bis XIII, das Steigen des Peptons und die Verminderung des Eiweisses in der Nahrung ein Steigen des Körperge- wichts erkennen liessen. Reihe XIV, Datum. Dauer. Weizen. Pillen. Lebendgewicht im Mittel. 20.—29. Juni 1873. 10 Tage. 14 Grm. 0 330,1 Grm, Schwankend von 334 am ersten Tage an sinkend bis 828 am 10. Tage. Der Uebergang zum gleichen Gewichte reinen Weizens hat das Körpergewicht sich deutlich verringert. 7 > | — 134 — Reihe XV. Datum. Weizen, Pillen. Lebendgewicht.' 1873, 13.—17. Juli. 14 Grm. 0 329 Grm. 18.—21. „ i= 4 Grm. Sp lie 22,23. „ 90 Bak abo Hg 24.—25. „ Bias Bae 330,2° 5 26. Juli. ft; hae 330.4 = OF: je 6 & Rs 330,5 „ 29. | sr ER ET rg Je", u 10 > BBa ee 304.5, at as 832,55 31. Juli bis3. Aug. 2 4 19, 4 Ban Noch eclatanter als in den früheren Reihen zeigt sich in dieser letzten die Brauchbarkeit des Peptons zur Ernährung und seine Fähigkeit, die Eiweissstoffe des Weizens zu substituiren. Von vornherein liess sich im besten Falle erwarten, dass das Pepton ebensoviel leistet als Eiweiss; aber weit mehr als dies zeigte sich, indem das Körpergewicht nicht nur gleich blieb, sondern zunahm. Es bleibt nur die Annahme übrig, dass das Pepton viel besser im Darme aus- genutzt wird, als das unlösliche Eiweiss, das erst den Pep- tonirungsprocess durchzumachen hat, und von dem sich leicht ein kleiner Antheil dieser Löslichwerdung entziehen kann, Ich glaube, dass, wenn man einmal durch das Experiment auf diesen Umstand aufmerksam gemacht worden ist, nichts natürlicher erscheinen kann. Es wurde deshalb das merkwürdige Resultat noch ein- mal durch eine längere Reihe bekräftigt, wieder mit einer neuen, aber gleich wie vorher dargestellten Portion Pepton- pillen. Um bezüglich des Feuchtigkeitsgrades des Futters versichert zu sein, wurde mitten in der Reihe, nachdem schon im Beginne der Wassergehalt controlirt war, nochmals eine Wasserbestimmung gemacht; es fanden sich in den Pillen 11%, im Weizen 10,5%, Wasser. — 135 — Reihe XVI, (Mit je 13 Grm. Futter.) Datum. Weizen. Pillen. Lebendgewicht. 1874, 12.—18. Januar. 13 Gm. 0 360,5 Grm. 19.—24. , LE 2 Grm. 360,5 „ 25.—28. , 10%, 35.5 360,0 „ 29. Januar. G.n 4 „ 360,0 ,, 30. Py) 8 ” 5 ” 360,0 ” SU LEE Bk in G5 361,0 , he Febr. 6 5 7 Pr) ” 2" 3 6 oF) 7 62, ” 3. £ 5 Py) 8 5 363 N 4. ” 4 ” 9 ” 362 ” 5. Py) 3 Py) 10 „ 362,5 „ 6. ” ia Py) 11 Py) 363 ” 7. PP) yy) 0 ” \ 8. yy) 13 ry) 0 ” ane si 9.» 2 » 1 „ 364 ” 10,3, PA aes LEN, 367 9 ee ae Is 368,1 „ 12. «4 29, 12! 3 369 3 1a. 7, 0 his, 12,5 „ 372 5 14,» 0 » 12,5 „ 369 2) anna 366 = Te 372 c ION ES 368 5 18. u. 19, Febr. 366 (Mittel) 20.—22. „ 365,5 4 23.—26, „ von nun an täglich 365,5 ,, 27.u:28. | 4 363,0 „ 1. März, 13 Grm. Weizen. 365 3 NE SB a BiH 363,5 „ 4. u. 5. März, 361 > 6,—8. „ 360 4 9.—10. „ 359 i ee) Die Durchsicht dieser Zahlen lässt ein zusammenstim- mendes Verhalten desselben zu den früheren erkennen, Nach- dem durch 6 Tage bei Normalfutter das Körpergewicht 360,5 war, fängt nach 3 Wochen (2. Februar), als mehr als die Hälfte des Weizens durch Peptonpillen ersetzt worden war, das Körpergewicht langsam zu steigen an, kommt auf 362 und 363 und dieses Steigen setzt sich fast proportional der Menge des Peptons fort. Als am 7. und 8, Januar *) Am 14. hatte die Taube einige Pillen zerstreut und aus dem Käfig geworfen, was sonst nie vorgekommen ist; daher der Abfall am 15. **) Von nun an bleibt das Gewicht der Taube um 357 Grm. herum. — 136 — mit einem Ruck plötzlich Pepton ausgesetzt und die gleiche Gewichtsmenge Weizen gegeben wurde, war richtig am näch- sten Tage, 9. Januar, das Körpergewicht um ein Geringes gesunken, hob sich aber sofort und nun rapid bei der stei- genden Menge von Pillen. Das Maximum des Körpergewichtes wird am 12.—14. erreicht bei ausschliesslicher Füt- terung mit Peptonpillen, wobei sogar an 2 Tagen je 1% Grm. an Futtergewicht ausfiel. Als nunmehr wieder und bleibend auf 13 Weizen zurückgegangen wurde, fiel das um mehr als 10 Grm. (= 3%) durch die Peptonfütterung erhöhte Körpergewicht wieder langsam ab und erreichte nach 3 Wochen die ursprüngliche Grösse von 360 Grm. wieder, von der ausgegangen wurde. Später sieht man das Gewicht noch etwas sinken, bis es endlich auf circa 357 angelangt ist. Es ist dies leicht begreiflich; der Darmkanal der Taube war an die leicht aufsaugbare, schon vor der Einverleibung, der Verdauungsarbeit unterworfen gewesene Eiweissnahrung gewöhnt, resp. dadurch verwöhnt, so dass er nun das rohe, schwerer zugängliche Körnerfutter nicht mehr so vollständig auszunutzen vermochte. Das Pepton aber war für die Taube Eiweissnahrung. Die gesammten Reihen zeigen so klar den hohen Werth des Peptons, dass ich sie glaubte abschliessen zu dürfen, wenigstens in der Form, und bei der Thierspecies, bei der sie angestellt worden sind. Obwohl nicht zu erwarten ist, dass im Säugethierchemismus das Pepton eine weniger wichtige Rolle spielen sollte, so habe ich gleichwohl den Wunsch, auch an einem solchen Thiere analoge Versuche anzustellen. Kehren wir nun zu der Ausgangsfrage zurück, zu jener, welche um die Peptone sich dreht, seit man sie kennen ge- lernt hat, so stehen die Sachen folgendermassen. Man hat, wie schon Eingangs erwähnt, zuerst nur dem der Pepton- bildung verfallenen Eiweissantheil die Möglichkeit zugeschrie- ben, Bestandtheil des Säftestromes zu werden. Es schloss dies die Folgerung in sich, dass die Verwerthung der Eiweiss- — 137 — stoffe ein complicirter Vorgang sei, ein Process, bei dem erst auf einem Umwege das genossene Eiweiss im Körper das wieder werden kann, was es schon vor der Einverleibung war. Dieser Vorgang in seiner unteleologischen Art hat viele nicht angesprochen, und es scheint fast, als hat man es vermieden, davon zu sprechen, oder gar ein decidirter Anhänger derselben sein zu wollen. Da kamen dann die Ver- suche zu Tage, welche die directe Aufnahme unpeptonisirten Eiweisses zeigen sollten, und nun hielt man den Peptonzirkel wenigstens von einigen Seiten stillschweigend oder offen für abgethan. Namentlich hat sich am energischsten Brücke (|. c.) gegen die damalige Peptontheorie, nunmehrige that- sächliche Umwandlung ausgesprochen und er glaubte, wie es scheint, fast, dass ausschliesslich nur unpeptonisirtes Eiweiss im Körper zur Anbildung komme, wie aus der Frage erhellt: „wäre es nun nicht aber möglich, dass so viele Eiweisskörper resorbirt würden, dass die Ernährung ihren Gang ginge, auch wenn sich aus den Peptonen nichts rege- nerirte, nichts reconstruirte ?* Wie man aber aus den obigen Ernährungsreihen sieht, hat die ältere Meinung, die so schwer an Mann kommen wollte, das richtige getroffen. Ich will ganz absehen von der Ansicht, ob gerinnbares Eiweiss resorbirt wird, ob diese Menge nur ganz klein oder ob sie recht bemerklich ist, es hat dies für die Bedeutung der Peptone weiter keinen Ein- fluss; aber so viel möchte ich bemerken, dass die Pepton- bildung in Procenten der genossenen Eiweissmenge ausge- gedrückt nicht gering sein kann, denn sie scheint im gröss- ten Theile des Darms und in den Geweben (Eichwald) stattzufinden. Bleiben wir nun bei diesem der Peptonbildung verfalle- nen Antheil des Nahrungseiweisses, so müssen wir sagen, dieses Pepton ist noch ein eiweissersetzendes ungespaltenes, für den Organismus werthvolles und verwerthbares ,Protein*-molekul; das — 138 — Pepton ist ein zu Eiweiss reconstruirbares, organisationsfähiges Verdauungsproduct, Aber noch ein anderes als wissenschaftliches, ein prak- tisches Interesse folgt aus der Regenerirung des leicht lös- lichen, gummiartigen Peptons zu Eiweiss, ich meine dessen Verwerthung in der Therapie von Verdauungskranken. Die wohlthätige Medicamentation Leube’s findet darin ihre letzte Begründung. ‘Bericht über die anatomische Anstalt der Universität Innsbruck. Von Prof. Dantscher. Als im Tiroler Landtage die Verhandlungen über die Wiederherstellung der medizinischen Fakultät an der hiesigen Universität begannen, erhoben sich von vielen Seiten Be- denken gegen dieselbe und es wurde vor Allem betont, dass es unmöglich sein werde, das nöthige Leichenmaterial zu erhalten, Durch lange Jahre mit den hiesigen Verhältnissen ver- traut, musste ich diese Bedenken für wohl begründet halten, denn durch die Transferirung der Strafanstalt nach Garsten erlitt die Anatomie einen sehr empfindlichen Verlust, indem sämmtliche dort verstorbene Straflinge der Anatomie zur uneingeschränkten Benutzung überlassen wurden. Während des Bestandes der medizinisch-chirurgischen Lehranstalt war der Unterricht in der Anatomie nur dadurch möglich, dass ich zugleich die pathologische Anatomie vor- trug und daher die im Spitale entfallenden Leichen auch für die descriptive Anatomie verwenden konnte. Mit der Errichtung einer selbständigen Lehrkanzel für pathologische Anatomie und mit den höheren Anforderungen an eine medizinische Fakultät änderten sich diese Verhält- nisse gänzlich, denn Leichen, die bereits zu pathologischen Sectionen verwendet wurden, sind für die beschreibende Ana- tomie wohl nur von geringem Werthe, indem nur die Ex- tremitäten daran benützt werden können, andererseits konnte — 140 — ich fiir meine Anstalt aus dem Grunde nichts erwarten, weil der grésste Theil der im Spitale Sterbenden Einheimische oder Mitglieder des Leichenvereines sind und deshalb nicht auf die Anatomie gebracht werden diirfen. Ich musste daher bedacht sein, mir das nöthige Material von Aussen zu beschaffen und eröffnete nach eingeholter Ge- nehmigung der Regierung Unterhandlungen mit den Gemeinde- vorstehungen und Spitaldirectionen jener Orte in Tirol, die an der Eisenbahn liegen mit dem Ersuchen, mir die Leichen Fremder, die dort keine Bekannten und Verwandten hätten und von Niemanden reclamirt würden, zu überlassen und wandte mich gleichzeitig an die Direction der k. k. priv. Südbahn um Ermässigung des für Leichen ziemlich hohen Frachtsatzes. Es ist mir eine angenehme Pflicht, hier der kräftigen und erfolgreichen Unterstützung des hohen Landesausschusses von Tirol, des bereitwilligen Entgegenkommens der deut- schen Gemeinden, sowie der Siidbahn-Direction für die sehr bedeutende Ermässigung des Transport-Tarifes meinen wärm- sten Dank und meine volle Anerkennung im Namen der Anstalt auszusprechen, da es nur durch das Zusammenwirken aller dieser Faktoren möglich war, dieses Unternehmen in’s Leben zu rufen um die Schwierigkeiten zu überwinden, die sich bei der Neuheit derselben, bei der Abneigung und den Vorurtheilen der Bevölkerung demselben entgegen stellten. Auch finanzielle Schwierigkeiten kamen dabei in Betracht, da ich zu diesem Zwecke keine Dotation hatte, um eine solche mich aber an das Ministerium nicht wenden konnte, bis ein günstiger Erfolg nachweisbar war, weshalb ich im ersten Jahre die Transportkosten aus Eigenem bestreiten musste, Aus den Spitälern Deutschtirols wurden mir Leichen eingeschickt, aber ihre Zahl war bei Weitem nicht hinreichend und belief sich in den ersten drei Jahren im Durchschnitte auf dreizehn, mit welchen ich die Bedürfnisse für die Vor- lesungen und Uebungen nicht decken konnte, um so weniger, — 141 — da gerade in diesen Jahren die Zahl der Studirenden eine ziemlich grosse war. Ein Versuch, den ich am Ende des Jahres 1872 machte, aus weiter entfernten Orten fiir die Anatomie neue Bezugs- quellen zu eröffnen, blieb trotz der Intervention der hohen Ministerien des Innern und des Unterrichtes erfolglos und gelang mir erst im nächstfolgenden, worauf dann das letztere für den Leichentransport für 3 Jahre eine Dotation a 1400 fi. bewilligte. Ich bedaure, dass ich in eine nähere Angabe nicht ein- gehen kann, weil der etwas heikle Gegenstand für eine öffentliche Besprechung ungeeignet ist, indem mir die bezüg- liche Erlaubniss nur auf „Widerruf“ ertheilt wurde und bei dem Eintreten der „geringsten Unzukömmlichkeit* zurück- genommen würde. Durch frühere Erfahrungen belehrt, halte ich es nicht für überflüssig, ausdrücklich zu bemerken, dass alle Ueber- sendungen von auswärtigen Leichen mit Wissen und Geneh- migung der hohen Behörden geschehen und dass selbstver- ständlich kein ungesetzlicher Vorgang dabei stattfindet. Es dürfte aber vollkommen genügen, die Anzahl der im Wintersemester 1874 und 1875 auf die Anatomie ge- brachten Leichen mit jener der Studirenden zu vergleichen, um alle jene Gerüchte, es mangle hier an anatomischen Materiale, gründlich zu widerlegen, wie die folgende Tabelle zeigt: Für Secciribungen Inscribirte: Leichen: Wintersemester 1874 22 39 dtto. 1875 18 31 In Gruppen zu 4 und 4 Studirende getheilt, kamen auf jede derselben wenigstens sechs Leichen, ein Verhältniss, wie es selbst an den grössten Universitäten sich nicht gün- stiger gestaltet; die Hörer des ersten Jahrganges sind doch mehr auf das Studium der Extremitäten angewiesen, die wir in hinreichender Menge aus dem Spitale erhielten, daher die — 142 — ; ganzen Leichen vorzugsweise für die Studirenden der höheren Curse bleiben. Es lässt sich nicht läugnen, dass der in den ersten ; Jahren bestandene Leichenmangel auf die Frequenz unserer | Fakultät nachtheilig einwirkte; ich hoffe aber mit Gewissheit - auf eine Besserung derselben, wenn die jetzigen günstigeren | Verhältnisse in weiteren Kreisen bekannt sein werden. — | Es sind solche Vorkehrungen getroffen, dass auch bei einer grösseren Zahl von Studirenden eine genügende Anzahl von Leichen zu Gebote stehen wird. Zur Methode der Schwefelsäurebestimmung als schwefelsaures Baryum. Von Dr. Leo Liebermann, Assistent am medizinisch-chemischen Laboratorium. Jedem Chemiker ist die unangenehme Eigenschaft des schwefelsauren Baryums, trotz aller Vorsicht, durchs Filter zu gehen nur zu gut bekannt. Da man diese Eigenthüm- lichkeit des genannten Körpers, einer ausserordentlichen Fein- körnigkeit zuschreiben muss, lag der Gedanke nahe, durch irgend ein Klebemittel den Niederschlag grobkörniger zu machen. Dieses gelang mir denn auch vollständig mit Amy- lum. Versetzt man nämlich die Flüssigkeit, in der Ba SO, gefällt wurde, mit einer kleinen Federmesserspitze Amylum und erwärmt 5—6 Minuten, indem man fortwährend mit einem Glasstabe umrührt, so lässt sich der schwefelsaure Baryt, gleichviel ob heiss oder kalt, ob abgesessen oder auf- gerührt, bei richtiger Manipulation auch durch ordinäres Filtrirpapier, mit vollkommen klarem Filtrat trennen und mit kaltem Wasser waschen. Wohl zu beachten ist jedoch, dass dies nicht gelingt, wenn der Flüssigkeit, in der die Schwefelsäure bestimmt werden soll, vor deren Ausfällung Amylum zugesetzt wird, namentlich, wenn die Flüssigkeit stark sauer ist. Dieses Verfahren wurde sowohl von mir, als auch auf meine Veranlassung von mehreren Praktikanten versucht, für sehr bequem und auch für quantitative Bestimmungen tauglich befunden. Noch sei erwähnt, dass mehrere Ver- Vee: MEM ee suche ergaben, dass ein halber C.Cm. von einem Wasser, das in 500 C.Cm. 1 Grm. Amylum suspendirt enthält, also eine Menge von ungefähr 0.0002 Grm. Amylum genügt, um 0.5—1.0 Grm. Ba SO, filtrirbar zu machen. Zu folgenden 3 Beleganalysen wurde immer eine kleine Federmesserspitze Amylum verwendet. Wie die nachfolgenden Beleganalysen zeigen, ist die Reduction des schwefelsauren Baryts durch die Kohle des Amylums, beim Glühen des Niederschlages, von keiner wesentlichen Bedeutung. Belege: I. 3.044 Grm. FeSO, +7H,0 gaben mit BaCl, und Amylum = 2.573 Grm. BaSO,. Demnach an Schwefelsäure: gefunden 35.54 pCt. berechnet 35.25 pCt. IL. 2.032 Grm. CuSO,-+5H,O gaben mit BaCl, und Amylum = 1.896 Grm. Ba SQ,. Demnach an Schwefelsäure: gefunden 39.240 pCt. berechnet 39.278 pCt. II. 10 C.Cm. einer Normal-Schwefelsäure mit BaCl, und Amylum gab = 1.186 Grm. BaSQ,. Demnach an Schwefelsäure: berechnet 0.400 pCt. gefunden 0.407 pCt. Tafel zur Abhandlung Uber das electrische Leitungsvermög en ele. Fig. 3. : — Tr era (760) (200) 20 Ueber das electrische Leitungsvermögen eini- ger Körper bei verschiedenen Temperaturen und Aggregatzuständen. Von Anton Ritter v. Trentinaglia, Seitdem der englische Physiker Gray im Jahre 1727 durch seine Entdeckung des elektrischen Leitungsvermögens die frühere Ansicht über die Unmöglichkeit der Hervorrufung eines electrischen Zustandes in einem anelectrischen Körper gänzlich gestürzt hatte, stellte sich die Nothwendigkeit ein, wenigstens die allergewöhnlichsten Körper des organischen und anorganischen Naturreiches in Bezug auf ihr Leitungs- vermögen einer näheren Untersuchung zu unterwerfen. Die ausführlichsten Untersuchungen in dieser Hinsicht sind von Riess, Wiedemann, Karsten, Munck af Rosenschöld, Morgan, Davy etc. angestellt worden. Sie beziehen sich im Wesentlichen auf das Leitungsvermögen einiger Mineralien in krystallisirtem und pulverförmigem Zustande, einiger chemi- scher, organischer und anorganischer Verbindungen, einiger luftförmiger Stoffe und des Vacuums, sowie auf die gewöhn- lichsten Modifikationen des Leitungsvermögens durch Wärme- zufuhr. Die vorliegende Abhandlung verfolgt nun einen vier- fachen Zweck. Erstens soll sie die Anzahl der bisher in Bezug auf ihr Leitungsvermögen unter gewöhnlichen Umstan- den untersuchten Körper vermehren, zweitens die Resultate einiger Messungen in Betreff der Entladungszeit von Halb- leitern enthalten, drittens die bei einer Aenderung des Aggre- Naturw.-med. Verein 1874. 10 — 146 — gatzustandes auftretenden Modificationen des Leitungsver- mögens von Isolatoren darlegen und zum Schlusse noch einige Aufklärungen geben über das Leitungsvermögen der- selben Isolatoren bei Temperaturen, welche unter den Schmelzpunkt der betreffenden Substanzen zu liegen kommen, Ich will nun vorerst das Arrangement etwas näher be- leuchten, welches zu den diesbezüglichen Versuchen getroffen wurde, a. Den gegebenen electrisirten Körper repräsentirte ein Goldblattelectroscop, bei welchem eine Divergenz der Blätt- chen mittelst Vertheilung hervorgerufen wurde. Um die Grösse und Schnelligkeit der Abnahme der electrischen Ladung am Electroscop genauer schätzen zu können, wurde statt der directen Beobachtung der Blättchen das Projections- verfahren angewendet, welches darin bestand, dass der Aus- schlagswinkel durch eine Laterna magica auf einen weissen Schirm projicirt wurde, auf welchem ein Gradbogen ver- zeichnet war. Das Arrangement ist aus Figur 1 Tab. I. ersichtlich. A repräsentirt die Laterna magica (Dubosq’sche Lampe mit Gasbeleuchtung). B das Goldblattelectroscop. C eine Linse. D den weissen Schirm. Die zu untersuchenden Körper wurden nun, wenn in Krystallform, in eine Metallfassung gebracht, wenn in Pulver- form, in ein Metallschälchen gefüllt und wie Fig. 2 und 3 Tab. I. zeigt, mit dem Knopf ce des geladeneu Electroscopes in Berührung gebracht, während der Griff d eine gute Ab- leitung besass. Der resultirende Effect wurde an dem Schirm D be- obachtet. Die der Untersuchung unterworfenen Körper bestanden aus Metallsalzen, einigen organischen Verbindungen und einer kleinen Anzahl von Harzen. Bevor ich zur Aufstellung der Tabelle schreite, welche BT eo er en Ze nn Be ai FOREN Be eilt > die Versuchsresultate über das unter gewöhnlichen Umständen geprüfte Leitungsvermögen der fraglichen Körper enthält, sei noch ein Wort über die bei derlei Untersuchungen noth- wendige directe Zeitbestimmung gestattet. Wie bekannt, diente schon ursprünglich eine ungefähre Zeitmessung als Grundlage, um alle in Untersuchung gezo- genen Stoffe in 3 Reihen einzutheilen, nämlich in die Reihe der guten Leiter, Halbleiter und Isolatoren. Einige wenige Versuche zeigen jedoch zur Genüge, dass von einer Zeit- messung im eigentlichen Sinne des Wortes bei derlei allge- meinen Untersuchungen keine Rede sein konnte. Denn ent- weder fielen bei einem derartigen Versuche die Goldblättchen fast momentan zusammen, und man hatte einen guten Leiter, oder innerhalb kurzer Zeit, und man hatte einen Halbleiter, oder endlich gar nicht, und man hatte einen Isolator vor sich. Ob im zweiten Falle die Reduzirung des Ausschlags- winkels auf Null innerhalb einer, zwei oder mehrerer Sekun- den vor sich geht, ist für die ursprüngliche Eintheilung ganz werthlos. Von wirklichem Interesse dürfte die Zeitbestimmung wohl nur für Halbleiter und im Falle anderweitiger mit einem Körper vorgenommener Veränderungen sein und wäre für diesen Zweck, wenn grosse Genauigkeit gefordert wird, auf electrischem Wege mittelst eines Sekundenpendels und Stimmgabelschwingungen auf die bekannte Weise auszuführen, während für gewöhnliche Versuche eine genaue Sekundenuhr genügen würde. Bei der von mir unternommenen Versuchs- reihe stellte sich die Nothwendigkeit ein, die frühere Ein- theilung in 3 Reihen um eine zu vermehren, da sich Körper vorfanden, -deren Leitungsvermögen auf Grund der hiebei vorgenommenen Zeitmessung dazu berechtigte, ihnen eine Stellung zwischen den guten Leitern und den Halbleitern anzuweisen, Diejenigen Körper ferner, die sich durch den Versuch als Halbleiter herausstellten, wurden in Betreff ihrer Leitungsfähigkeit zum grössten Theile ebenfalls einer Zeit- messung unterworfen und zwar theils auf electrischem Wege 10* — 148 — mittelst Stimmgabelschwingunger, theils mit Zuhilfenahme einer genauen Sekundenuhr. Die folgende Tabelle enthält nun die Resultate der allgemeinen Versuchsreihe ohne die Messungen der Entladungszeit der Halbleiter. Die Lufttemperatur des Raumes, in welchem die Ver- suche ausgeführt wurden, betrug zwischen 12 und 15° Cels. et dr iia I. i, Gute Leiter. Mittelreihe. 1. Kali chlor. crystall. 1. Kali forrocyan. flav. 2. Kali carbon, pur. 2. Kali tartar. cryst. 3. Kali oxalicum. 3. Kali nitr. pulv. 4. Kali cyan. fus. alb. 4. Kali caust. fus. 5. Kali ferrocyan. rubr. 5. Natr. sulfur. 6. Natr. carbon. 6. Natr. acetic. 7. Natr. chlorat. 7. Cupr. acetic. 8. Natr. subsulfuros. 8. Zine. sulfur. 9. Ammon. carbon. 9. Cale. sulfur. 10. Ammon. chlorat. 10. Acid. citric. 11. Baryum chlor. 11. Acid. borac. 12. Stront. nitric. 12. Alumen. 13, Magnes. sulf. fed H> . Ferr. sulfur, . Ferr. sulfuric. . Kali chromic. . Plumb. nitric, . Hydrarg. chlor. mit. . Argent. nitric, . Argent. chlorat. . Stib. sulfur. . Acid. oxal. pur. . Acid, tartar, . Acid. acet. glac. . Acid, carbol. cryst, albiss, . Scammonium. . Kino. ae ~1 0 Qt bo ee OS © bD bo bO Oo bo bo bw bb 1D OF een — 19 — II. IV. Halbleiter. Isolatoren, 1. Plumb. acet. oxyd. 1. Hydrarg. nitr. oxyd. cryst. 2. Hydrarg. bichl. corros. 2. Zine. acet. 3. Zinc, acetic. 3. Bernstein, 4. Cupr. acetic. 4, Myrrhen, 5. Acid. borae. 5. Pech. 6. Acid. oxal. pur. 6. Canada Balsam. 7. Acid, tartar. 7. Venet. Terpent. 8. Olibanum. 8. Weihrauch, 9. Scammon. 9. Sandarac. 10, Galbanum, 10. Mastix. 11. Styrax. 12. Elemi. 13. Jalappenharz. In der ersten Reihe wurden die Körper 1, 4, 5, 6, 8, 9, 10, 11, 14, 15, 17, 21, 24, 25, 26 in Krystallform, die übrigen in Pulverform, ebenso in der zweiten Reihe die Körper 1, 2, 7, 10, 12 in Krystallform, die übrigen in Pulverform, unter den Halbleitern endlich in der dritten Reihe die Körper 1, 2, 6, 7, 8, 11 in Krystallform, die übrigen ebenfalls in Pulverform der Untersuchung unterzogen Bei diesen Versuchen bot sich nun fast von selbst die interessante Frage dar, welche Modifikation des Leitungs- vermögens eine Transferirung eines dieser Körper aus der ‘Krystallform in die reine Pulverform zur Folge haben würde, Fünf von den angeführten Körpern wurden unter diesen Umständen untersucht, allein die gewonnen Resultate zeigten sich ziemlich widersprechend, indem drei dieser Körper, näm- lich: Acid. tartar., Acid. oxalic. pur. und Acid. borac, in feiner Pulverform ein besseres Leitungsvermögen zeigten und in dieser Form von der dritten Reihe in die erste und zweite versetzt wurden, während sich bei den andern zwei Körpern, nämlich bei Cupr. acet. und Zinc. acet. gerade das Gegen- theil herausstellte und letzterer Körper sich in Pulverform — 150 — geradezu als Isolator erwies. Mit Rücksicht auf diese letzt- erwähnten Resultate wäre nur noch hinzuzufügen, dass sich das Acid. borac, in einer Form befand, welche als ein Con- glomerat von Pulver und sehr kleinen Krystallen aufgefasst werden konnte, Um den bei derlei Untersuchungen fast immer auf- tretenden störenden Einfluss des Wasserdampfes zu beseiti- gen, wurden diejenigen Körper, welche kein Krystallwasser enthielten, unter der Glasglocke der Luftpumpe über concen- trirter Schwefelsäure von den anhaftenden Wasserdämpfen befreit und erst dann der Untersuchung auf ihr Leitungs- vermögen uuterworfen, während die Krystallwasser enthal- tenden Substanzen direct vor dem Versuche über der Flamme eines Bunsen’schen Brenners einige Male vorübergeführt wurden. Was nun die directe Zeitbestimmung betrifft, so wurde dieselbe für die Körper der zweiten und dritten Reihe aus- geführt und zwar für die zweite Reihe mittelst Stimmgabel- schwingungen und ebenso für jene Körper der dritten Reihe, welche die Entladung des Electroscopes in weniger als 5’ veranlassten, während für die mehr Zeit zur Entladung be- anspruchenden Halbleiter eine genaue Sekundenuhr in An- wendung gebracht wurde, Die Körper der zweiten Reihe veranlassten die Ent- ladung des Electroscopes in sehr nahe übereinstimmenden Zeiträumen, als deren Mittel sich 1.2” ergab, während bei den Körpern der 3. Reihe die Zeitdauer der Entladung zwischen 2.1” und 3.1” zu liegen kam. Ausserdem zeigten zwei dieser Körper die Eigenthüm- lichkeit, dass sie bis zu einer gewissen Grenzstellung, die einige Grade betrug, sich als Halbleiter, von hier an jedoch als Isolatoren erwiesen, Die folgende Tabelle enthält die Versuchsresultate für die Körper der dritten Reihe. — 151 — Name der Substanz. Entladungzeit. Bemerkungen. 1. Plumb. acetic. 4,5” 2. Hydrarg. bich]. corros. 30 3. Zincum acetic. 181.67 4. Cuprum acetic. 4.5” 5. Acid, tartaric. ASO! 6. Acid. oxal. pur. 31.07 Bis zur Grenzstel- lung, dann Isolator. 7. Acid. boracic. 3.4” 8. Olibauum. vp Ws 9, Scammonium, Pe Bis zur Grenzstel- lung, dann Isolator. 10. Galbanum. 2.7" Was die in der ersten Tabelle sub II. und IV, ver- zeichneten Harze. betrifft, so erwiesen sich selbe mit Aus- nahme der sub III, verzeichneten, sämmtlich als Isolatoren. Als dieselben jedoch in den flüssigen Aggregatzustand über- geführt wurden, ergab sich für sämmtliche Harze das Resul- tat einer sehr guten Leitungsfähigkeit, In welchem Zusammenhange nun die Leitungsfähigkeit von Isolatoren im Allgemeinen und Harzen im Besonderen, bei dem Vorhandensein eines flüssigen Aggregatzustandes, mit der inneren Constitution der betreffenden Substanzen steht, lässt sich dann vielleicht einigermassen erkennen, wenn diese Körper in Bezug auf ihre Leitungsfähigkeit bei Temperaturen untersucht werden, welche unter ihrem Schmelz- punkte liegen. Derartige Versuche wurden von mir mit 4 Körpen an- gestellt, welche sich im festen Zustande als vollkommene Tsolatoren erwiesen, nämlich mit Paraffin, Canada Balsam, Ventian. Terpentin und Schwefel, von welchen besonders letzterer Körper wegen seines merkwürdigen Verhaltens bei den bekannten vier ausgezeichneten Temperaturen von 111.5°C., 160°C., 200°C. und 400°C. ein hohes Interesse darbot. — 152 — Das fiir diese Versuche getroffene Arrangement war folgendes: Ein Reagenzgläschen A (siehe Fig. 4 Tab. I.) von ungefähr 9 Cm. Länge und 1.5 Cm. Weite wurde ge- hörig ausgetrocknet und mit der betreffenden Substanz bis etwas über %, der Höhe angefüllt. Das Gläschen wurde sodann mit einem Korke B ver- schlossen, welcher zwei Bohrungen besass, durch welche zwei mit dünnen, gut ausgetrockneten Glasröhrchen a und b um- gebene Messingdrähte ce und d führten, welche im Abstande von 0.5 Cm. von einander im Inneren des Glasgefässes mit dem darin befindlichen Körper in innige Berührung gebracht wurden. Die zwei Drähte ragten oberhalb und unterhalb der sie umgebenden Glasröhrehen ungefähr 1 Cm. bis 1.5 Cm. über dieselben hinaus und wurden bei e und f behufs voll- kommener Isolation mit etwas Schellak überzogen. Fig. 4 Tab. I, repräsentirt diesen Apparat in ungefähr % der natür- lichen Grösse, Nach diesen Erläuterungen will ich nun auf die einzel- nen Versuche selbst etwas näher eingehen. Was die dies- bezügliche Untersuchung mit Paraffin betrifft, so wurde der mit reinem Paraffin bis zu etwa 2/, der Höhe gefüllte Apparat, wie ihn Fig. 4 Tab. I. zeigt, in ein Quecksilberbad gebracht und langsam erwärmt. In dem Quecksilberbade befand sich ausserdem noch ein Thermometer, um gewisse constante Temperaturen zu erzielen. Da der Schmelzpunkt des Paraffins bei 51.5° C. zu liegen kommt, so handelte es sich darum, zu ermitteln, ob die Leitungsfähigkeit dieser Substanz bei einer Aenderung des Aggregatzustandes eine sprungweise Modification erfährt, oder ob die Zunahme der Leitungsfähigkeit eine successive ist, ob sich also schon bei Temperaturen unter 51.5° C. Spuren von Leitungsfähigkeit vorfinden. Zu diesem Zwecke wurde das Quecksilber zunächst bis 35° C. erwärmt und auf dieser Temperatur konstant erhalten. Nach einiger Zeit, wenn man annehmen konnte, dass Glasgefäss und Paraffin ebenfalls diese Temperatur erreicht, wurde das Glasgefäss A — 13 — schnell aus dem Quecksilberbade herausgenommen und mittelst des Gelenkes h (Fig. 4 Tab. I.) der Knopf des Goldblatt- electroscopes mit dem Knöpfchen g des Instrumentes in Be- rührung gebracht. Derselbe Versuch wurde bei den Temperaturen von 37°, 39°, 41°, 430, 450, 47°, 49° und 51.5° C. ausgeführt. Nachdem das Paraffin durch fortwährende Wärmezufuhr end- lich gänzlich geschmolzen war, wurde der Apparat aus dem Quecksilberbade entfernt, der allmähligen Abkühlung über- lassen und in diesen Abkühlungsstadien das Paraffin einer umgekehrten Versuchsreihe unterworfen. Die gewonnenen Resultate lassen sich folgendermassen zusammenfassen. Bis zur Temperatur von 41° C. zeigte sich keine Spur von Leitungsfähigkeit, von hier an trat dieselbe jedoch in geringem Maasse auf und nahm bei den höheren Tempera- turen von 43°, 45° ete. successive zu, bis endlich bei 47° sich das Paraffin als Halbleiter mit einer Entladungszeit von 10--15” erwies. Nachdem bei fortdauernder Wärmezufuhr ein Theil des Paraffins bereits geschmolzen war, die unteren Enden der beiden Messingdrähte sich jedoch noch im festen Theile des- selben befanden, stellte sich die Leitungsfähigkeit in noch gesteigertem Maasse ein. Die Zeitdauer der Entladung dauerte 6—10”. Nach vollständiger Schmelzung ergab die Zeitmessung bis zur voll- ständigen Entladung 4—5”. Dass diese Zeitmessungen keinen Anspruch auf Genauigkeit erheben können, sondern nur approximative Werthe darzustellen im Stande sind, ergibt sich aus dem Versuche selbst, da ja während der Zeitdauer der Entladung die Temperatur der betreffenden Substanz nicht unbedeutenden Aenderungen unterworfen ist und in der That ergaben eine grössere Anzahl eigens zu diesem Zwecke angestellter Versuche und eine aufmerksame Beobachtung das Resultat, dass vom Momente der Berührung bis zur Reduction des Ausschlagswinkels auf eine bestimmte Grenz- — 154 — lage, die Geschwindigkeit des Zusammenfallens der beiden Goldblättchen merklich im Abnehmen begriffen war. Mit Rücksicht auf die umgekehrte Versuchsreihe in den verschiedenen Abkühlungsstadien ergab sich, den früheren Versuchen entsprechend, eine fortwährende Abnahme der Leitungsfähigkeit, bis sich dieselbe in der Nähe der Temperatur 40° auf Null reduzirte. Zu bemerken wäre noch, dass die Verminderung der Leitungsfähigkeit, bei der Ueberführung in den festen Aggre- gatzustand, anfangs sehr langsam, in der Nähe der erwähn- ten Temperatur jedoch ziemlich rasch vor sich ging. Auf dieselbe Art wurden derartige Versuche mit Canada Balsam und Venetian. Terpentin angestellt und ergaben das- selbe Resultat, nur mit dem Unterschiede, dass bei der umgekehrten Versuchsreihe die Leitungsfähigkeit, vom Mo- mente der Abkühlung an gerechnet, eine geraume Zeit hin- durch unverändert blieb. | Sehr interessante und mit dem Vorhergehenden über- einstimmende Resultate lieferte eine Untersuchung des Schwe- fels in Bezug auf seine Leitungsfähigkeit bei den vier aus- gezeichneten Temperaturen, Das Arrangement des Versuches war dasselbe, nur wurden diesmal die unteren Enden der beiden Drähte vorher erhitzt und sodann in ein Stück Stangenschwefel eingeschmol- zen, welches das Volum des schon bekannten Gläschens A bis zu 24 seiner Grösse ausfiillte. Das Resultat des Ver- suches war folgendes: Einige Grade unter 111.50C. zeigten sich schon Spuren von Leitungsfähigkeit, welche mit stei- gender Temperatur bedeutend zunahmen, bis bei 111.50 C,, bei welcher Temperatur der Schwefel bekanntlich ein gelb- liches, dünnflüssiges Liquidum darstellt, die Leitungsfähigkeit sich als sehr gut herausstellte und zugleich ihr erstes Maxi- mum erreichte, Von dieser Temperatur an nahm bei fortwährender Wärmezufuhr die Leitungsfähigkeit successive ab, bis bei der Temperatur 160° C., wahrscheinlich in Folge der hiebei — 155 — eingetretenen molecularen Modification, der früher gute Leiter in einen Halbleiter transferirt wurde. Bei weiterer Erhitzung nahm die Leitungsfähigkeit, anfangs langsamer, in der Nähe der Temperatur von 200°C. jedoch ziemlich rasch ab. Nachdem diese Temperatur er- reicht war, zeigte sich der Schwefel auch noch als Halbleiter, erforderte jedoch zur Entladung des Electroscopes eine be- deutend grössere Zeitdauer, als bei der Temperatur von 160° C. Als die Wärmezufuhr fortgesetzt wurde, um den Siedepunkt des Schwefels zu erreichen, nahm seine Leitungs- fähigkeit allmälig wieder zu, bis dieselbe bei der Siedetem- peratur von 400° C, sich wieder als sehr gut herausstellte und somit ihr zweites Maximum erreichte. Die bei der letzterwähnten Untersuchung des Paraffins, Canada Balsams, Venetian. Terpentins und Schwefels gefundenen Resultate liessen sich vielleicht, wie Fig. 5, 6 und 7 (Tab. I.) zeigt, graphisch versinnlichen. Fig. 5 repräsentirt die Curven für Paraffin (A die directe, B die Umkehreurve). Fig. 6 repräsentirt die Curven für Canada Balsam und Venetian. Terpentin (A die directe und B die Umkehrcurve), Fig. 7 repräsentirt die Curve für den Schwefel bei den vier ausgezeichneten Temperaturen. Was nun diese graphische Darstellung der gewonnenen Resultate betrifft, so möchte ich bemerken, dass dieselbe keinen Anspruch auf absolute Genauigkeit macht, sondern nur einen approximativen Werth besitzt und als Ausgangs- punkt für eingehendere Untersuchungen dienen soll. Fragen wir nun um die Ursache dieser Erscheinungen des zu- und abnehmenden Leitungsvermögens bei einer Aen- derung der Temperatur und des Aggregatzustandes, so dürf- ten wir dieselbe wohl in der durch Temperaturvariationen hervorgerufenen Modification der inneren Bewegungszustände der betreffenden Körper zu suchen haben. Sichere Schlüsse hierüber zu ziehen, ist bei der gegen- wärtig vorhandenen Menge des hiezu nöthigen Materials — 156 — wohl nicht leicht möglich, Zu diesem Zwecke müssten nicht nur grosse Versuchsreihen über die Leitungsfähigkeit der verschiedenen Körper vorausgehen, sondern auch eine grosse Menge in Bezug auf ihre innere Constitution verschiedener Körper, müsste, jeder für sich allein, den mannigfaltigsten Aenderungen seiner Temperatur, seines Aggregatzustandes etc, unterworfen, und in allen diesen Zuständen genauen Unter- suchungen in Betreff der Leitungsfähigkeit unterzogen werden, An der Hand eines auf diese Weise gesammelten Materials dürfte es dann gelingen, nicht nur die Ursachen der Modificationen des electrischen Leitungsvermögens bei gewissen Zustandsänderungen der Körper zu ergründen, son- dern auch tiefer in das Wesen der electrischen Erscheinungen einzudringen und zu näheren Aufschlüssen über die innere Bildung der Materie zu gelangen, C. Verzeichniss der in der Zeit vom 16. Dezember 1873 bis Ende Dezember 1874 eingelaufenen Druckschriften. a) Von wissenschaftlichen Gesellschaften und Vereinen: Berlin, 1) Monatsbericht der Akademie der Wissen- schaften, Septemb, bis Dezemb. 1873, Jänner bis August 1874: » 2) Inhaltsverzeichniss der Abhandlungen der Aka- demie der Wissenschaften, 1822—1872. » 3) Verhandlungen des botanischen Vereines der Provinz Brandenburg, 1873. » 4) Verhandlungen der medizinischen Gesell- schaft, IV. Band, 1871—1873. » ©) Verhandlungen des naturhistorischen Ver- eins der preussischen Rheinlande, Jahr- gang 29, IL, Jahrgang 30, I. Bern, 6) Mittheilungen der naturforschenden Gesell- schaft, 1873. Breslau, 7) Abhandlungen der schlesischen Gesell- schaft für vaterländische Kultur, Philo- sophisch-historische Abtheilung 1872/73; medizin.- naturwissenschaftl. Abtheilung 1872/73. » 8) Jahresbericht der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur, 1872, 1873, — 18 @_ Brünn, 9) Verhandlungen des naturforschenden Ver- eines. Dresden, 10) Sitzungsberichte der naturwissenschaftl., Gesellschaft „Isis“, 1873. » 11) Leopoldina, Berichte der kaiserlich Leopol- dinisch-carolinischen deutschen Akade- mie der Naturforscher, IX, 7, 8237235 11,32: „ Jahresbericht der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde, October 1872 bis Mai 1874. Erlangen, 13) Bericht der medizinisch-physikali- schen Gesellschaft. Florenz, 14) Bulletino della soc, entomol., ital., anno V,, trimestr. IV., 1873. Graubünden, 15) Jahresbericht der naturforschenden Gesellschaft, XVH. Jahrgang, 1872/73. Graz, 16) Sitzungsberichte des Vereins der Aerzte Steiermarks, 1872/73. Innsbruck, 17) Zeitschrift des Ferdinandeum IV., 18. London, 18) Proceedings of the royal societ., XX. XXL, XXIL Mailand, 19) Atti soc, italiana di scienza naturali, i TY; Moscau, 20) Bulletin de la société impériale des Naturalistes, 3. Miinchen, 21) Sitzungsberichte der mathem.-phys. Classe der k. bayr. Akademie der Wissenschaf- ten, 1873, IL, 1874, L—IIL Padua, 22) Atti della societa veneto-trentina de scienz.-nat., 1873, Prag, 23) Sitzungsberichte der k. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften, 1872, 1873, 1874. » 24) Lotos, 1873. — 159 — Prag, 25) Berichte der b. Gesellschaft der Aerzte, 17, -URr2JW. Reichenberg, 26) Mittheilungen aus dem Vereine der Naturfreunde, 18i3. Schaffhausen, 27) Verhandlungen der schweizer natur- forschenden Gesellschaft, 1873. Upsala, 28) Nova acta reg. soc. scient. ser. III., vol. Wil taser rd 2; ‘Washington, 29) Annual reports of the board of regents of the Smithsonian Institution, 1871/72. Wien, 30) Verhandlungen der zoologisch-botanischen Gesellschaft, 1873, XXIII Band. » 1) Verhandlungen der k. k. geolog. Reichs- anstalt, 1873, 1874. „» 932) Jahresbericht derk.k.geolog. Reichsanstalt, 1. He » 93) Jahrbuch der k. k. geolog. Reichsanstalt, 1873, XXIII. Band, 1874, XXIV. Band. ra) Jahresbericht des Lesevereins deutscher Studenten, 1872/73. Würzburg, 35) Sitzungsberichte der phys.-med, Ge- sellschaft, 1873. Zürich, 36) Vierteljahrschrift der naturforschenden Gesellschaft, XVII, Jahrgang, I—IV. b) Andere Druckschriften : F. L. Beck, Ueber die Naturkräfte, die neben der Gravi- tation die Bewegung der Himmelskörper vermitteln. W. Beetz, Der Antheil der k. b. Akademie der Wissen- schaften an der Entwicklung der Elektricitiitslehre. 0. Feistmantel, Baumfarrnreste. » Steinkohlenablagerungen bei Prag. Hessenberg, Worte der Erinnerung. Kolliker, De Pennatulide umbellula, — 160 — Küpper, Ueber Steiner’sche Polygone. Liebermann, Das vitale Gleichgewicht. Möller, Mikroskope und mikroskopische Präparate, Rochelt, Ueber die Naht getrennter Sehnen. ° Stricker, Medizinische Jahrbiicher, 1874. Ullrich, Pathologie und Therapie der Riickgratsverkriim- mungen. Weyer, Lemniscate, Wiener mediz.-chir. Rundschau, II, II, 1873, 1874. D. Personalstand. — Vereinsleitung pro 1874: Vorstand: Dr. Otto Stolz, k. k. Universitätsprofessor. Vorstandstellvertreter: Dr. Otto Rembold, k. k. Universitätsprofessor. Cassier: Dr. Carl Dantscher, k. k. Universitätsprofessor. Sekretär: Dr. Carl Sennhofer, k. k. Universitätsprofessor. Vereinsleitung pro 1875: Vorstand: Herr Dr. Richard Maly, k. k. Universitäts- professor, Vorstandstellvertreter: Herr Dr. Carl Barrach- Rappaport, k. k. Universitätsprofessor. Cassier: Herr Dr. Carl Dantscher, k. k. Regierungsrath und Universitätsprofessor. Sekretär: Herr Dr. Emil Rochelt, klinischer Assistent der Chirurgie. Mitglieder: Herr Albert Eduard, Dr. k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck, | >, Anderlan von Eduard, k. k, Ministerialsekretär in Innsbruck. „ Arz Graf Anton, k. k. Statthaltereirath in Innsbruck. », Ausserer Anton, Dr. k. k. Gymnasialprofessor in Graz. », Barrach-Rappaport Carl, Dr. k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Naturw.-med. Verein. 1874. ll \ ee PEP ican Herr Barth Ritter v. Franz, k. k. Hofrath in Innsbruck, — Barth Ritter v. Ludwig, Dr. phil. k. k, Universitäts- professor in Innsbruck. i Baumgarten Anton,‘ Dr. phil. k. k, Universitätspro- fessor in Innsbruck, Buckeisen Friedrich, Dr. k. k. Realschulprofessor in Innsbruck. Dantscher Carl, Dr. k. k. Universitätsprofessor und Regierungsrath in Innsbruck. Daimer Josef, Dr. prakt. Arzt zu Taufers. Diet] Michael, Dr. Privat-Docent in Innsbruck. Ebner Ritter v. Johann, k, k. Hofrath in Innsbruck. Ebner Ritter v. Robert, k. k. Statthaltereisekretär in Innsbruck. : Ebner Ritter v. Victor, Dr. k. k, Universitätsprofessor in Graz, ; Enzenberg Graf Hugo in Innsbruck. Fedrigotti v. Wilhelm, k, k. Oberlandesgerichtsrath in Innsbruck, Ferrari v. Ludwig, landschaftl. Hilfsimterdirektor in Innsbruck, de Fin, Baron, k, k. Hauptmann und Commandant der Cadettenschule in Innsbruck. Fizia Bernhard, Dr. k. k. Bezirksarzt in Reutte. Ganner Johann, Dr. k. k. Berg- u. Salinenarzt in Hall. Gassner Theodor, k. k. Schulrath in Innsbruck. Gilhuber Josef, Dr. prakt. Arzt in Innsbruck, Glatz Josef, Dr. Stadtarzt in Innsbruck. Grabmayer v. Ernst, k. k. Bezirksrichter in Lana. Greil Franz, Dr. Assistent an der medizinischen K.linik in Innsbruck, P. Gremblich Julius, Gymnasialprofessor in Hall. Hausmann Raphael, Dr., prakt. Arzt in Meran, Heine Carl, Dr., k. k, Universitätsprofessor- in Prag. Heinisch Anton, Dr., k. k. Bezirksarzt in Bozen. Heller Camill, Dr., k. k. Universitätsprof. in Innsbruck. § — 16a = Herr Hinterwaldner Johann, k. k. Professor an der Lehrer- bildungsanstalt in Innsbruck. Hofmann Eduard, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Innerhofer Franz, Dr., Assist. an der geburtsh. Klinik, in Innsbruck. Kerner Anton, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Kölle Theodor, Dr., prakt. Arzt in Innsbruck. Lang Eduard, Dr. k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Lantschner Ludwig, Dr., prakt. Arzt in Innsbruck. Laschan Ignaz, Dr. med., k. k. Statthaltereirath in Innsbruck. Lechleithner Christian, Dr., k. k. Gymnasialprofessor in Innsbruck. Liebermann Leo, Dr., Assistent der medizin. Chemie in Innsbruck, Malfertheiner Anton, Dr., prakt. Arzt in Innsbruck, Maly Richard, Dr, k. k. Uhniversitätsprofessor in Innsbruck, Mauthner Ludwig, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. P. Mayer Matthäus, Gymnasialprofessor in Hall. Mayrhofer Ritter v. Virgil, Dr., k. k, Universitäts- professor in Innsbruck. Messmer Alois, k. k. Realschulprofessor in Innsbruck. Mörz Isidor, Dr., prakt. Arzt in Innsbruck. Müller Friedrich, Universitätsmechaniker in Innsbruck. Oellacher Josef, Apotheker in Innsbruck. Oellacher Josef, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Paulweber Michael, k. k. Gymnasialprofessor in Inns- bruck. Peche Ferdinand, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck, 11* — 14 — Pfaundler Leopold, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Pietsch Carl, Dr., Assistent an der chirurg. Klinik in Innsbruck. f Pircher Johann, Dr. med., k. k. Statthalterei-Coneipist in Innsbruck. Plaseller Josef, Dr., k. k. Kreisarzt in Innsbruck, Platter Hugo, Dr. phil., Director der Bürgerschule in Innsbruck. Plenk Ferdinand, Dr., Assistent an der oculistischen Klinik in Innsbruck. Pusch Carl, Dr., prakt. Arzt in Innsbruck, Putz Gottlieb, Dr. in Meran. Reichardt Johann, k. k. Oberstlieutenant in Pension in Innsbruck. Reinisch Ritter v. Ferdinand, k. k, Landesgerichts- adjunkt in Innsbruck. Rembold Otto, Dr, k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Rigos Franz, Dr., Assistent an der dermatologischen Klinik in Innsbruck. Rochelt Emil, Dr., Assistent an der chirurg. Klinik in Innsbruck, _ Rhomberg Rudolf, Fabriksbesitzer in Innsbruck. Schlemmer Josef, Dr., Primararzt in Pressburg. Schlick Franz, Graf, Hörer der Rechte in Innsbruck. Schmidt von Wellenburg Josef, Dr., k. k. Statthalterei Rechnungsrath in Innsbruck. Schnopfhagen Franz, Dr., Assistent der pathologischen Anatomie in Innsbruck. Schott Ferdinand, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Schumacher Anton, Universitätsbuchhändler in Inns- bruck, Schwind Ritter v., k. k. Hofrath in Innsbruck. Seeger Rudolf, Dr., k. k. Stabsarzt in Innsbruck. — 165 — Herr Sennhofer Carl, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Setari Franz, Dr. in Meran. Sonklar Carl v. Innstädten, k. k. Generalmajor in Innsbruck, - Sperk Bernhard, k. k. Landesthierarzt in Innsbruck. Stein Berthold, k. k. Garteninspector in Innsbruck. Stolz Otto, Dr. phil, k. k. Universitätsprofessor in . Innsbruck. Strasser Josef, Dr, k. k. Regimentsarzt in Inns- bruck. Strassnicki Johann, Dr., k. k. Stabsarzt in Innsbruck, Straub Adolf Ritter v., k. k. Hofrath in Innsbruck. Stummreich Josef, Dr., k. k. Regimentsarzt in Inns- bruck, Taaffe Eduard, Graf, Excellenz, Statthalter etc. in Innsbruck. Thun Graf Franz, k. k. F.-M.-L. u. Truppendivisionär in Innsbruck. Toggenburg Georg Ritter v., Excellenz in Innsbruck. Trentinaglia Josef Ritter v., k. k. Landesgerichtsad- junkt in Innsbruck. Tschurtschenthaler Anton, Dr., k. k, Universitätspro- fessor in Innsbruck. Ullmann Emanuel, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Vintschgau Max Ritter v., Dr, k. k. Universitäts- professor, Rector magnif, in Innsbruck. Weiler Josef, k. k. Realschulprofessor in Innsbruck. Wildner Franz, Dr., k. k. Universitätsprofessor in Innsbruck. Inhaltsverzeichniss. Seite - A. Sitzungsberichte . . 2 . - . I—XXXV B. Originalberichte . ; . > > . . 1 Vorläufige Mittheilungen über die Bedeutung der Asyngamie für die Entstehung neuer Arten von Prof. A. Kerner . 3 Ueber eine im befruchteten Forellenkeime vor den einzelnen « Furchungsakten zu beobachtende radiäre Struktur des Pro- toplasmas, von Prof. Dr, Josef Oellacher . : : 13 Ueber einen Fall partieller Multiplicitit des Riickenmarkes in einem viertägigen Hiibnerembryo, von Prof. Dr. Josef Oellacher . - - . - : . - . 20 Ueber Doppelintegrale und Differentialquotienten einfacher be- stimmter Integrale nach einem veränderlichen Parameter, von Prof. O. Stolz . 5 ’ . 5 : - 24 Ueber die gleichmässige Convergenz von Reihen, deren Glieder von einem reellen Veränderlichen abhängen, von Professor 0. Stolz ; { a ‘ E - - : - 31 Sanitätisch-statische Mittheilungen über Tirol und Vorarlberg, von Dr. J. Pircher . : : : B N . 44 Ueber die Bedeutung der Physik für die Medizin, von Professor L. Pfaundler . . ; : 5 ; F ; 60 Bericht über die k. k. Augenklinik der Universität zu Inns- bruck, vom klinischen Assistenten Dr. F. Plenk . ~ 77 Gerichtsärztliche Untersuchung von Knochen, von Professor Ed. Hofmann . . } : : 5 ; . 96 Ueber die chemische Zusammensetzung und physiologische Be- deutung der Peptone, von Prof. R. Maly 3 3 - 118 Bericht über die anatomische Anstalt der Universität Innsbruck, von Prof. Dantscher , . a 2 : R ‘ 139 48515 — 167 — Zur Methode der Schwefelsäurebestimmnng als schwefelsaures Baryum, von Dr. L. Liebermann E : ® Ueber das elektrische Leitungsvermögen einiger Körper bei ver- schiedenen Temperaturen und Aggregatzuständen, von A. v. Trentinaglia. : . . . . . . €. Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften D, Personalstand . : a - e . 4 ° ar Bl Sn ln. Inter > RN Sic LESE oT aye iy Wek Toy, ROR ML TK Kr; iR UT. RE SON hi beg 1 Si ale Sh \ : Y A ted x 3 02 f SE » d‘ a) ay . 5 * N a \ ¢ ‘ae | hae EN i je . we mk I u ‘ ‘ * “ Ss H f : 2 | ) ‘ ~ eS + ~ , wpe i ID BR, * + | « ) £ = fr 2 er MA M iti ‘ : ’ v ur « ba > if he ry ; ; a, i 2” . | Fa « / i ig ni ß vs oi ». ye i . oe ee eC a =a wee. «* mn h N Se SET: oD NEE nf Ye te BL WHO! 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