nein ee me ee pet he a ma . 2 AR X “ Mr “ KR ee S = @ S = O6 X Q iR » IN PURCHASED 1923 FROM Tirana Nic, GARDEN ; STE) Wy ÜBER TRANSPLANTATION AM PFLANZENKÖRPER. | UNTERSUCHUNGEN FH STOLOGCIE UND FATHOEOETE VON Dr. HERMANN VÖCHTING PROFESSOR DER BOTANIK AN DER UNIVERSITÄT TÜBINGEN. MIT XI LITHOGRAPHIERTEN TAFELN UND 14 FIGUREN IM TEXT. TÜBINGEN 1892 VERLAG DER H. LAUPP’SCHEN BUCHHANDLUNG ÜBER | TRANSPLANTATION AM PFLANZENKORPER Be j r4 > € NEE, N? np ag ÜBER TRANSPLANTATION AM PFLANZENKÖRPER. UNTERSUCHUNGEN BESZSIO TOTER ZZ UND PATEOTO/GEH Dr. HERMANN VOCHTING PROFESSOR DER BOTANIK AN DER UNIVERSITÄT TÜBINGEN. LITTART REW Yara 7 en] MIT XI LITHOGRAPHIERTEN TAFELN UND 14 FIGUREN IM TEXT. TÜBINGEN 1892 VERLAG DER H. LAUPP’SCHEN BUCHHANDLUNG ‚Müsset im Naturbetrachten Immer eins wie alles achten; Nichts ist drinnen, nichts ist draussen, Denn was innen, das ist aussen, Goethe, Be DRUCK VON H, DAUPP JR. IN N " £ % Pueiiei 1923 AUG? LITWARY muw rumk n7 »MICAah VORREDE Das vom älteren de Candolle als „operation merveilleuse“* bezeichnete Veredeln der Gewächse hatte schon seine anziehende Wirkung auf mich ausgeübt, lange bevor ich ihm mit einer bestimmten Fragestellung gegenübertrat. Dies aber geschah zu der Zeit, als ich mich mit meinen ersten Unter- suchungen über Organbildung beschäftigte. Damals entstand das Problem, das den Hauptgegenstand der vorliegenden Arbeit bildet. Auf seine nahen und mannigfachen Beziehungen zu jenen früheren Untersuchungen braucht kaum hingewiesen zu werden. Eines Umstandes sei hier jedoch besonders gedacht. Die Polarität der Pflanzenteile, die an den Regenerations-Erscheinungen nachgewiesen wurde, und die sich in ihnen besonders deutlich ausspricht, bedurfte einer tieferen, vor allen Dingen anatomischen Grundlage. Das Ergebnis einiger einleitenden Versuche und Beobachtungen liess erhoffen, dass es gelingen werde, dieses Ziel zu erreichen. So wurde der Gegenstand, der sich während der Arbeit mehr und mehr ausdehnte, lange Zeit hindurch verfolgt, anfangs neben anderen Aufgaben und zeitweilig von diesen unterbrochen, später vorwiegend oder ausschliesslich. Ob nun der Gewinn der aufgewandten Zeit und Arbeit entspreche, sei dem Urteile geneister Leser anheimgestellt. Neben der experimentellen und histologischen Untersuchung her lief das Studium der Geschichte der Transplantation und der zahlreichen Erfahrungen, die sich unter den Händen der Züchter all- mählich gehäuft haben. Das eigentlich Historische ist in der Einleitung als kurze Uebersicht vor- gelegt, die aber, da sie aus ihrem natürlichen Zusammenhange mit der gesamten Obstbaumzucht ge- löst, selbstverständlich sehr unvollkommen sein muss. Doch hoffe ich, dass in dem Mitgeteilten der Gang, den die Dinge genommen, der Hauptsache nach richtig dargelegt sei. Den Gegenstand erschöpfend und in Verbindung mit der Baumzucht zu behandeln, würde eine eigene und umfangreiche Arbeit für sich darstellen, an deren Ausführung hier nicht gedacht werden konnte. Wohl aber lag die Absicht vor, die Sammlung der zahlreichen wichtigeren Einzelerfahrungen der Züchter zu ordnen und zur Ableitung allgemeiner Regeln zu benutzen. Je mehr ich mich jedoch in das umfangreiche Material vertiefte, um so lebhafter wurde das Bewusstsein, dass es hier weiterer eigenen experimentellen Arbeit bedürfte, und so wurde auf die Mitteilung jener Zusammenstellung vorläufig verzichtet und dieselbe späterer Gelegenheit vorbehalten. Dies zum Verständnis des zweiten Abschnittes unserer Arbeit, der die fragliche Zusammenstellung enthalten sollte, nun aber ausser eigenen Versuchen nur die bedeutungsvollsten Erfahrungen der Obstbaumzüchter bringt. Zur Darstellung der Ergebnisse aller wichtigeren Versuche sei bemerkt, dass sie sich stets, wenn nicht besondere Angaben gemacht sind, auf eine beträchtliche Zahl von Experimenten beziehen , die VI während mehrerer Jahre immer von Neuem angestellt wurden. Diese Wiederholung fand in der Regel auch da statt, wo, wie in den meisten Fällen, das Ergebnis, wenn auch nicht immer gleich ausgesprochen, so doch stets übereinstimmend und eindeutig war. — Alle in der vorliegenden Arbeit erörterten Versuche und Kulturen wurden mit eigener Hand ausgeführt. Schliesslich erfüllte ich noch die angenehme Pflicht, zwei Männern auch an dieser Stelle meinen Dank auszudrücken: Herrn Professor Dr. A. Soein, meinem verehrten Kollegen in Basel, der mich vor Jahren in iiberaus zuvorkommender Weise mit Litteratur über die Transplantation am Tierkörper unterstützte, und meinem Verleger, Herrn Kommerzienrat Kötzle, für sein liebenswürdiges und immer bereites Entgegenkommen und für die Sorgfalt, mit der er die äussere Ausstattung der Arbeit überwachte. Tübingen, im Mai 1892. H. Vöchting. INHALT. Einleitung : E Zur elite der Mr nsplantatien Griechen und Römer des Altertums Das Mittelalter ; Zeitalter der Renaissance . Das 17. Jahrhundert Das 18. Jahrhundert. Das 19. Jahrhundert Untersuchungs-OÖbjecte und Weblolden Die Formen der Transplantation am Pflanzenkörper I. Transplantation gleichnamiger Teile A. Transplantation mit normaler Stellung der Teile a. An der Wurzel . b. Am Spross 1l- Transplantation Ynospentihrender Sroasteile a. Das Okulieren, Aeugeln b. Das Pfropfen ce. Das Ablaktieren Transplantation bilateral gebauter ne Sprdsse 2. Transplantation knospenloser Sprossteile ec. Am Blatt B. Transplantation mit abnor naar Stellung der Teile a. An der Wurzel . 1. Fleischige Formen 2. Holzige Formen b. Am Stengel : ‘ 1. Die Stücke führen keine Knospen a. Fleischige Stengel b. Holzige Stengel 2. Die Stücke besitzen Knospen . a. Verkehrt eingesetzte Knospen b. Verkehrt eingesetzte Reiser II. Transplantation ungleichnamiger Teile 1. Verbindung von Wurzel und Stengel . 2. Verbindung von Wurzel und Blatt 3. Verbindung von Stengel und Wurzel . a. An krautigen Pflanzen b. An holzigen Gewächsen vıl 4. Verbindung von Stengel und Blatt 5. Verbindung von Blatt und Wurzel 6. Verbindung von Blatt und Stengel Ueber einige Einschlüsse von besonderer Art . Ueber künstliche Höhlen im Innern des Körpers RIO De Rückblick auf den ersten Abschnitt und allgemeine Folgerungen. Polarität der Pflanzenteile Ueber die Wechselbeziehungen zwischen Reis und Grundstock (Symbiose) Verbindung ein- und zweijähriger Pflanzenteile derselben und verwandter Rasse Verbindung annueller und perenner Gewächse Verbindung der Geschlechter bei diöcischen Pflanzen > Verbindung von Pflanzen verschiedener Farben und Formen . Versuche mit Coleus-Formen > Versuche mit Tradescantia-Arten und -Rassen Versuche mit Runkelrüben ME: a. Verbindung von Körpern mit eh Fach b. Verbindung von Körpern verschiedener Grösse e. Verbindung von Rassen mit verschiedener Form Versuche zur Herstellung von Pfropfhybriden Ueber disharmonische Verbindungen Die Erfahrungen der Obstbaumzüchter Rückblick und Schlussbetrachtung Histologische Untersuchung rt A. Verwachsung nleischreen Rene e a. Verbindung homogener Gewebe mit gleichsinniger Ortenkierng b. Verwachsung homogener Gewebe mit ungleichsinniger Orientierung Verwachsung heterogener Gewebe desselben Körpers a. Verbindung von Wurzel und Spross b. Verbindung von Wurzel und Blatt Verbindung unter verschiedenen Rassen B. Verwachsung an holzigen Körpern Cydonia japonica ER A. Bau des normalen Freies a. Zusammensetzung des Holzkörpers b. Bau des Bastkörpers - > - B. Ueber die durch Transplantation verur achten Störnigen im BL 1 ER 1.) Normal eingesetzter Rindenring 2.) Verkehrt eingesetzter Ring a. Störungen im Holzkörper b. Störungen im Bastkörper i Ueber die lokale Herstellung normaler Verhältnisse in der kraikhahen Gescher ulst Picea excelsa 2 Verwachsung beim Okulieren A a. Aufrecht eingesetzte Knospen b. Verkehrt eingesetzte Knospen Verwachsung beim Pfropfen und Ablaktieren Verwachsung von Spross und Wurzel Ueber den Wulst an heterogenen Verbindungen Ueber die Cambium-Bildung Die Polarität der Zellen e Zur Transplantation am Tierkörper * * - » 2 9 « ER ee | © re er Ger nn nn w Einleitung. Mit der Baumzucht wurden den Völkern des Abendlandes vom Orient die wichtigsten der Kunst- griffe überliefert, welche unsere Muttersprache seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts unter der Bezeichnung der „künstlichen Veredlung“ zusammenfasst, deren einzelne Benennungen die heutigen Kultursprachen jedoch nahezu sämtlich dem klassischen Altertum verdanken. Die emst dem prak- tischen Leben entsprungenen und für dieses hochwichtigen Methoden, auf deren Existenz die Er- haltung der edlen Obstsorten beruht, haben auch Denker und Forscher im alter und neuer Zeit be- schäftigt, und sind in den verschiedenen Perioden von wechselnden Gesichtspunkten betrachtet worden. Bald waren es lediglich die realen Verhältnisse, die man zum Ausdruck zu bringen suchte, bald waren es metaphysische Vorstellungen, in denen die Auffassung des Sachverhaltes zur Darstellung gelangte. Die Thatsache, dass eine Knospe, aus ihrem mütterlichen Zusammenhange gelöst und auf einen anderen Stock übertragen, mit diesem verwächst und auf dem fremden Boden ihre spezifischen Eigen- schaften bewahrt, wurde schon von den Griechen des klassischen Altertums als eines der beredtesten Zeugnisse für ihr imdividuelles Leben hingestellt. Sie war eine der, allerdings nur scheinbaren, Stützen, auf welche die Erasmus Darwin, du Petit-Thouars u. A. ihre Anschauung über die Indivi- dualität der Knospe am Pflanzenkörper gründeten. Aehnlichen Gedanken, jedoch in geläuterter Form, begegnen wir bei Johannes Miller '). In seinen tief eimdringenden Betrachtungen über vegetative Zeugung bei Pflanzen und niederen Tieren erörtert er das Verhältnis der Teile des Organismus zu emander und bemerkt im Anschluss an den Versuch T’rembley's, nach dem die Hälften geteilter Hydren, wenn richtig zusammengefügt, wieder verwachsen und ein eimheitliches Ganzes bilden, während sie isoliert zu selbständigen Individuen sich ergänzen: dass etwas Aehnliches auch am Pflanzenkörper möglich sein müsse. Ein Blatt, das, von der Mutterpflanze getrennt und in die Erde gesetzt, zur Erzeugung einer Knospe fähig sei, müsse, wenn nach der Trennung dem Mutterstock wieder aufge- impft, mit diesem verwachsen , und nichts als ein Teil desselben bleiben. Dieser Versuch gelangte aber bis in die jüngste Zeit nicht zur Ausführung. Während auf botanischem Boden die Behandlung der eben berührten Fragen so gut wie völlig unterblieb, wurden sie auf zoophysiologischer Seite von keinem Geringeren als (7. Bernard ?) wieder- holt und eingehend in’s Auge gefasst. Indem er die zahlreichen neueren, für die Chirurgie teilweise bedeutungsvollen Erfahrungen über Transplantation am Tierkörper mit den aus der gärtnerischen Praxis am Pflanzenkörper bekannten vergleicht, gelangt er zu folgender Anschauung. Tierische und pflanzliche Transplantation unterscheiden sich trotz aller Analogie, die sie darbieten, doch in wesent- lichen Punkten. Bei der ersteren verpflanzt man lediglich Gewebe oder Gewebs-Elemente, bei der letzteren dagegen einen spezifischen Teil des Individuums, Ei oder Knospe. Daraus ergiebt sich, dass 1) Müller, J. Handbuch der Physiologie der Menschen. Koblenz. I. Bd.4. Aufl. 1844. II. Bd. 1840. II. S.591 und 596. 2) Bernard, Cl. De la Physiologie generale. Paris, 1872.p.174. Lecons sur les Phenomenes de la Vie communs aux animaux et aux vegetaux. Paris, 1878. T. I. p. 360. Vöchting, Ueber Trausplantation. j! 2 man bei jener mur die Fortsetzung, die Erhaltung eines bestimmten Gewebes erreichen kann, bei dieser dagegen die Entwickelung eines neuen Individuums auf einem andern hervorruft. Bernard gedenkt sodann der Versuche Bert’s über Transplantation der Rattenschwänze und setzt seine Betrachtungen tiber die Verschiedenheiten zwischen pflanzlicher und tierischer Transplantation fort. Der Schwanz, in’s subkutane Gewebe übertragen, geht dort Gefässverbindungen ein und ent- wickelt sich in gewissen seiner Gewebe, während er in anderen abstirbt. Zu den ersteren gehören die passiven Gewebe, Knochen, Knorpeln u. s. w., zu den letzteren die aktiven, Muskeln und Nerven. Dasselbe lehren die Ollier'schen Knochen-Transplantationen, die ebenfalls einen ganz anderen Verlauf zeigen, als die pflanzlichen. Der Grund, dass die verpflanzten tierischen Glieder keine unbegrenzte Entwickelung haben, liest offenbar darin, dass sie die Beziehungen zu ihrem morphologischen Zentrum („centre morphologique*) verloren haben, dass sie aus ihrem entwickelungsgeschichtlichen Zusammen- hange mit den Teilen gerissen sind, zu denen sie gehören. Soviel einstweilen über die allgemeinen Anschauungen, die von Seiten der vergleichenden Physio- logen über die Transplantation in den beiden Reichen entwickelt wurden. Werfen wir nunmehr zu- nächst einen Blick auf die besonderen Aufgaben, um deren Lösung man sich bisher bemüht hat. Im Bereich der Botanik stand seit alter Zeit das Problem im Vordergrund, in welcher Art sich die verbundenen Glieder, Reis und Grundstock, wechselseitig beeinflussen. Eine besondere Seite dieses Problems bildet die Frage nach der Existenz der sogenannten vegetativen Bastarde, der „ Pfropfhybriden*. Sodann war man bestrebt, die Grenze zu bestimmen, innerhalb deren sich systematisch verschiedene Formen verbinden lassen, und damit zugleich festzustellen, in welchem Verhältnis vegetative und ge- schlechtliche Verbindung zu eimander stehen. Endlich drittens suchte man die histologischen Vorgänge aufzuhellen, die bei der Verwachsung von Reis und Grundstock stattfinden. Auf zoophysiologischem Boden war die Fragestellung ähnlich, nahm aber wegen des ungleich verwickelteren Baues des Körpers der höheren Tiere eine etwas abweichende Gestalt an. Vor Allem handelte es sich hier zunächst darum, zu bestimmen, ob die Transplantation einzelner Gewebeformen, sanzer Gewebe-Komplexe und schliesslich ganzer Glieder möglich sei, ob und wie lange die ver- pflanzten Teile ihre Vitalität behalten. Daran schlossen sich die weiteren Fragen nach dem Prozess der Ver- wachsung, und nach den histologischen Veränderungen, die sieamneuen Orte eingehen. Und endlich wurde auch hier das Problem erörtert, ob sich die Gewebe systematisch verschiedener Organismen verbinden lassen. Sowohl die hohe Bedeutung, welche den Transplantationen am Tier- und Menschenkörper für die Chirurgie zukommt, — es sei nur an die Hautpfropfungen und Knochenverpflanzungen erinnert, — als das allgemeine Interesse, das sie für die Physiologie beanspruchen, haben in neuester Zeit eine lebhafte Thätigkeit auf diesem Gebiet zur Folge gehabt und eine reiche Litteratur in’s Leben gerufen. Das Studium der letzteren lehrt jedoch, dass, so wertvoll die errungenen Erfolge auch sind, manche der gestellten Fragen ihrer endgültigen Lösung noch harren , und dass selbst über verhältnismässig einfache Gegenstände noch verschiedene Ansichten bestehen. Mit dieser lebhaften Thätigkeit ging auf botanischem Boden keineswegs eine entsprechende Hand in Hand. Im Ganzen wurde hier die Transplantation nur wenig gewürdigt. Während die älteren Lehr- und Handbücher der Wissenschaft den Pfropfmethoden kürzere oder längere Abschnitte wid- meten, sucht man in den meisten neueren vergeblich darnach. Nur die Darstellungen der Patho- logie ') gewähren ihnen die nötige Behandlung. Besonders auffallend aber ist, dass in der lebhaften 1) Vergl. Frank, A. B. Die Krankheiten der Pflanzen. Breslau, 1880. S. 26, 135. — Sorauer, P. Handbuch der Pflanzenkrankheiten,. II. Aufl. Berlin, 1886. Bd. I. S. 672. B) Diskussion, welche im Verlaufe der letzten Jahre die Erscheinungen der Symbiose hervorgerufen, der „veredelten“ Pflanzen niemals gedacht wurde. Und doch stellen Reis und Grundstock, sobald sie spezifisch verschieden sind, nichts Anderes als Symbionten dar, die zu einer bald mehr, bald minder erfolgreichen Lebensgemeinschaft zusammentreten. — Hier offenbarte sich wieder die Wahrheit des alten Satzes, dass das Alltägliche zugleich auch den Schem des Selbstverständlichen mit sich führt, und darum nicht beachtet wird. Indem wir nunmehr unsern Blick zu dem allgemeinen Problem zurückwenden, fällt es auf, dass eine bestimmte Seite desselben bisher nicht behandelt wurde. So zahlreiche Untersuchungen auch vorliegen, die Frage, innerhalb welcher Grenzen die Transplantation der Teile eines Körpers an ihm selbst möglich sei, ist nicht erörtert worden. Einige Bemerkungen mögen die Sache näher erläutern. Zu denjenigen Eigenschaften, die Pflanze und Tier aus den höheren Regionen der beiden Reiche am schärfsten unterscheiden, gehört die Art ihres Wachstums. Das Tier bildet schon im embryonalen Zustande seine sämtlichen wichtigeren Glieder aus, die sich während der weiteren Entwickelung des Organismus nur entfalten, zu denen sich aber keine neuen mehr gesellen. Das Ganze bildet eine ge- schlossene Einheit, deren Teile wie um em morphologisches Zentrum gruppiert erscheinen. — Anders die Pflanze. Von der Jugend bis zum Alter erzeugt sie fortwährend neue Glieder; sie sprosst, so lange sie lebt. Alle Glieder aber, so mannigfaltig sie auch sein mögen, stellen nur Wiederholungen dreier Grundformen dar, der Wurzel, des Stengels und des Blattes, denen als gemeinsames Element die Zelle zu Grunde liest. Im Hinblick auf diese Verhältnisse lässt sich dem vorhin bezeichneten Problem folgender Ausdruck geben: Kann man die Teile des Körpers von ihren durch die Entwickelung ge- sebenen Orten entfernen und an beliebige andere verpflanzen? Lassen sich die Bausteine, aus denen der Körper zusammengesetzt ist, unbegrenzt ver- schieben und vertauschen, oder sind hier Schranken gesetzt? An diese Frage schliesst sich unmittelbar die weitere: Wie werden die Elemente, wenn an einen fremden Ort übertragen, von der neuen Umgebung beeinflusst, und umgekehrt, welche Einwirkung er- fährt diese durch die eingefüsten Teile? Dieses Problem für die Pflanzenkörper, soweit als möglich, seiner Lösung zuzuführen, ist die Hauptaufgabe der vorliegenden Arbeit. Zwar sind wir nicht im Stande, das einzelne Element letzter Ordnung, die Zelle, zu verpflanzen, wohl aber gelingt dies, wie sich zeigen wird, mit Zellengruppen, mit Gewebe-Komplexen; und wir vermögen sonach die gestellten Fragen in den wesentlichsten Punkten zu beantworten. Bis zu welchem Grade die gewonnenen Ergebnisse auch für den Tierkörper Geltung haben, muss einstweilen dahingestellt bleiben. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sich auch auf diesem Gebiet die prinzipielle Einheit in den beiden Reichen bewahrheiten. Die hier behandelten Fragen stehen in unmittelbarem Zusammenhange mit der Teratologie. Es ist bekannt, dass sowohl im Pflanzen- als Tierkörper nicht selten spezifische Organe an solchen Orten auftreten, die sie unter normalen Verhältnissen nicht einnehmen. Die pflanzliche Teratologie !) bietet hierfür zahlreiche Beispiele, denen sich nicht minder häufige aus dem Gebiete der tierischen Anomalieen ?) an die Seite stellen lassen. Bekannt ist auch, dass man diese Erscheinungen durch die Annahme erklärt hat, es seien im Laufe der embryonalen Entwiekelung Elemente jener Organe durch unbe- xannte Ursachen an die ihnen fremden Orte gelangt und hier zum Wachstum gekommen. — Das, 1) Masters, M. Pflanzen-Teratologie. Bereicherte deutsche Ausgabe. Leipzig, 1886. — 2) Geoffroy Saint-Hilaire, -J. Histoire generale et particuliöre des Anomalies de l’organisation chez l’homme et les animaux. Paris, 1832. 1* was die Natur als Ausnahme erzeugt, auf künstlichem Wege hervorzubringen, Anomalieen zu schaffen, ist eine der Aufgaben, die wir uns in einem grossen Teile unserer Arbeit stellen; ja unser vorhin näher bezeichnetes wichtigstes Problem ist, streng genommen, nur ein anderer Ausdruck dieser Aufgabe. In Verbindung mit ihrer Hauptaufgabe dehnte sich unsere Untersuchung auch auf die Frage nach den Wechselbeziehungen zwischen Reis und Unterlage aus, wenn diese spezifisch verschieden sind; und endlich führte der Gang der Arbeit selbst zur Untersuchung der histologischen Verhält- nisse, die bei der Verwachsung der beiden Teile stattfinden. In diesen Umständen ist zugleich die Gliederung der vorliegenden Schrift gegeben. Der eigentlichen Darstellung seien jedoch einige hi- storische und methodische Bemerkungen vorausgeschickt. Zur Geschichte der Transplantation. Die Geschichte der Transplantation bildet einen Abschnitt aus der Geschichte der Baumzucht und mit dieser einen Zweig der allgemeinen Kulturgeschichte der Menschheit. Den Anfängen der Baum- zucht nachzugehen, ist nicht unsere Aufgabe. Was sich bis in die neueste Zeit über ihren Ursprung und ihre Wanderung hat ermitteln lassen, ist in Zehn’s') klassischem Werke zusammengestellt. Indem wir darauf hinweisen, verziehten wir auf eine Aufzählung der in der älteren orientalischen Litteratur vorhandenen, auf die Veredlung sich beziehenden Angaben, und wenden uns alsbald zu den aus dem klassischen Altertum erhaltenen Ueberlieferungen. Griechen und Römer des Altertums In den Schriften des griechischen Altertums findet sich die älteste, eigentlich in Betracht kommende Angabe in der Abhandlung des Pseudo-Hippoerates ?) über die Natur des Foetus. Die Thatsache, dass das Reis auf der Unterlage seine Eigentümlichkeiten in Lebensweise und Frucht bewahrt, ist es, die diesen Autor beschäftigt, und die er sich auf folgende Weise zu deuten sucht. Das Reis nimmt zwar anfänglich seine Nahrung vom Grundstock, sendet aber, sobald es getrieben, durch diesen Wurzeln in den Boden, und ernährt sich also von hier aus selbständig und auf seine spezifische Weise. Ge- pfropfte Bäume können also zweierlei Früchte tragen, da sie beide von der Erde leben. — Mit Recht weist Meyer auf die Aehnlichkeit dieser Vorstellung mit den Anschauungen du Petit-Thouars' °) über das Dickenwachstum unserer Bäume him. Zu den wichtigsten Dokumenten über die allgememen botanischen Anschauungen der Griechen gehören bekanntlich die Werke des Theophrast *). In ihnen wird das Verhältnis zwischen Reis und Unterlage wiederholt und eingehend erörtert. In der Hauptsache huldigt er der Ansicht des Pseudo- Hippoerates, und spricht klar und bestimmt aus, dass Reis und Unterlage sich gegenseitig nicht ver- ändern. Das Reis bedient sich der Unterlage gewisser Maassen wie des Bodens; die Inoculation ist 1) Hehm, Vietor. Kulturpflanzen und Hausthiere in ihrem Uebergang aus Asien nach Griechenland und Italien, sowie in das übrige Europa. 5. Aufl Berlin, 1887. Wertvolle Angaben finden sich ferner inden Werken: YVolz. K. W. Beiträge zur Kulturgeschichte. Leipzig, 1852. — Sickler, F. K. L. Allgemeine Geschichte der Obstkultur. 1. (einziger) Bd. Frankfurt, 1802. — Schönebeck, C. v. Vollständige Anleitung zur Vermehrung und Pflege der Obstbäume etc. nebst einer kurzen Geschichte der Obstkultur. Köln, 1806. Der Verfasser des zuletzt genannten Buches verfügt über eine ungewöhnliche Belesenheit und ein reiches Wissen, deren Verwertung jedoch durch die Darstellung erschwert wird. — 2) Meyer, E. H. F. Geschichte der Botanik. 1. Bd. Königsberg, 1854. S. 69. Die Schrift des Pseudo-Hippo- erates dürfte etwa um das Jahr 424 v. Chr. entstanden sein. — 3) Du Petit-Thouars, A. Essais sur la Vegetation consideree dans le developpement des Bourgeons. Paris, 1809. p. 37 f#. — 4) Theophrasti Eresii Opera quae super- sunt omnia. Ed. F. Wimmer. Parisiis, 1866. Die wichtigsten Stellen finden sich in: De causis plantarum, I, 6 und II, 14; kürzere und teilweise spezielle Bemerkungen in: Historia plantarum, II, 1; de causis plantarum, V,5 und a.a.0. 5 eine Einpflanzung, kein blosses Aneinanderlegen. Dann folgt die wichtige Vorschrift. dass man am besten Aehnliches mit Aehnlichem verbinde '). Am vollkommensten gedeihe die Verbindung dann, wenn beide Teile in Bezug auf Rinde, Zeit des Austreibens und Fruchtreife von ähnlicher Natur sind. Obwohl wir allen Grund zu der Annahme haben, dass die ursprüngliche, von der Natur selbst gelehrte Form der Veredlung das Ablaktieren sei, beschreibt Theophrast doch nur die beiden, prak- tisch allerdings wichtigeren Methoden des Pfropfens und Okulierens, epyureiz und Evopdarntapös. Beiläufig sei noch erwähnt, dass man schon zu Theophrast's Zeiten gelegentlich mehrere Obst- sorten auf einem Baume veremiste. In den phytologischen Fragmenten des Aristoteles ?) ist leider keine Angabe über unsern Gegen- stand vorhanden, doch dürfen wir unbedenklich annehmen, dass die Anschauungen seines Schülers Theophrast auch in diesem Punkte mit denen des grossen Philosophen übereinstimmten. Aus den wenigen eben mitgetheilten Sätzen erhellt, dass die Griechen des klassischen Altertums über das Verhältnis des Reises zur Unterlage in der Hauptsache richtige Vorstellungen hesten. Um so überraschender ist es, dass sich bei den Römern, seltsamer Weise auch bei ihren Praktikern, un- richtige Anschauungen eimbürgerten, die von da an für das Altertum und die von ihm abhängige Folge- zeit verhänenisvoll wurden. Die Litteratur, aus der wir unsere Kenntnis schöpfen, bilden die Bücher der Scriptores rei rusticae ?), Cato, Varro, Columella und Palladius Rutilius, die Naturgeschichte des die Georgica des Virgil’). Hierher gehören ferner die oO Plinius *) und, wenngleich minder wichtig, Schriften der späteren griechischen Autoren Florentinus, Didymus und Diophanes in der Sammlung der (reoponica °). Ueberblickt man diese ganze Litteratur, so kann es nicht entgehen, dass die fraglichen Irrtümer sich, und zwar in steigendem Maasse, entwickeln, ein Umstand, auf den besonders Hehn ') hingewiesen hat. Cato°) scheint noch völlig frei von falschen Vorstellungen zu sein; seine Angaben beziehen sich lediglich auf die praktischen Kunstgrifte des Veredelns.. Aus Varro’) aber entnehmen wir, dass die Wahrsager sich der Sache bemächtigt hatten, doch verneint er noch ausdrücklich, dass ein Birnen- reis sich mit einem Eichbaum verbinden lasse. Nach Virgil '°) dagegen propft man schon Nüsse auf den Erdbeerbaum, Aepfel auf die Platane, Bucheckern auf die Kastanie, Birnen auf die Esche, Eichen auf die Ulme. Wäre man geneigt, bei Firgil an eine poetische Ausschmückung zu denken, so fällt jede der- artige Annahme weg: bei dem Praktiker Columella ''). Dieser stellt zunächst den allerdings dehnbaren Satz auf, dass man jedes Reis jedem Baume einfügen könne, vorausgesetzt, dass ihre Rinden nicht unähnlich seien; dass sie sich aber vortrefflich vereinigen lassen, wenn sie zu derselben Zeit ähnliche Früchte reifen. In demselben Kapitel !?) folgt aber später eine Stelle, worin er die Ansicht der Alten zurückweist, dass man nicht jedes Reis auf jeden Baum setzen könne. Und im Anschluss daran wird ein Verfahren beschrieben, nach dem ein Olivenzweig sich einem Feigenbaum einfügen lassen soll !?). — 1) „Eönodo-purov HREL T@ Öuolo To Buoov‘ 6 dt Öpdeluos Doneo Öuoyevic.“ — 2) Wimmer, Fr. Phytologiae Aristotelicae fragmenta. Vratislaviae, 1838. Uebersetzt von Meyer, Geschichte der Botanik, I, S. 94. — 3) Seriptores rei rusticae veteres latini. Illustravit J. @. Schneider. Lipsiae, 1793—1796. — 4) ©. Pliniüi Secundi naturalis historia. Rec. Detlefsen. Berolini, 1866—1873. — 5) Virgilü. georgieorum libri IV. — 6) Meyer. Geschichte der Kotanik. II, 218, 256,259. — Auszüge aus den Schriften dieser drei Autoren giebt Mizaldus. De Hortensium arborum Insitione Lutetiae, 1560 p. 3 ff. — 7) Hehn, V. Kulturpflanzen und Hausthiere. S. 351. 8) Cuto. De re rustiea. c. 41 et 42. — 9) Varro. De re rustica. I. 40, 5. — 10) Virgilius. 1. e. II, 69. Die berühmte Stelle lautet: Inseritur vero et nueis arbutus horrida foetu; Et steriles platani malos gessere valentis; Castaneae fagus ornusque incanuit albo Flore piri glandemque sues fregere sub ulmis. — 11) Columella. De rerustica. V, 11. „Omnis surculus omni arbori inseri potest, si non est ei, cui inseritur, cortice dissimilis. si vero etiam similem fructum et eodem tempore offert, sine serupulo egregie inseritur.“ — 12) l. ec. V. 11, 12. — 13) Aehnliche Angaben im liber de Arboribus e. XXVI. u. XXVII. 6 Schon Columella gibt die wichtige Itegel’), dass ein gepfropfter Baum fruchtbarer sei, als ein nicht gepfropfter, was mit einer gewissen Einschränkung richtig ist. Bei Plinius finden wir eine Zusammenstellung alles Wesentlichen, das bis dahin ber Veredlung geschrieben war. An die Spitze stellt er den Satz, dass die Bäume sich am leichtesten verbinden lassen, welche zugleich blühen, zur selben Zeit ausschlagen, gleichartige Rinde und verwandte Säfte haben. — Diese richtige Vorschrift wird aber getrübt durch die Angabe, dass man trotzdem jedes Reis auf jeden Baum pfropfen könne, und Plinius ?) selbst will bei den tullianischen Tiburten einen Baum gesehen haben, der an einem Ast Nüsse, an einem anderen Beeren, an wieder anderen Wein- trauben, Feigen, Granaten, Birnen und an einem endlich noch Aepfel trug. Doch lebte dieser Baum nicht lange. Am besten soll man auf Platanen pfropfen können, dann folgt die gewöhnliche Eiche, (doch verderben beide den Geschmack der Früchte. Auf einige Bäume, wie Feigen und Granaten, lässt sich alles setzen. Durch derartige Verbindungen kann man sogar Mittelbildungen, wie Nuss- pflaumen, Apfelpflaumen, Mandelpflaumen und Lorbeerkirschen erhalten °). Man sieht, die Lehre von den Pfropfhybriden ist schon alt. — Aber die Bedeutung des Pfropfens geht noch weiter: ihm ver- danken wir nicht bloss die Erhaltung, sondern auch die Entstehung unserer zahlreichen Obst-Rassen. Wichtig ist endlich noch die Angabe des Plinius *), dass man die Reiser auch verkehrt einfüge. Der Zweck dieses Verfahrens sei, dass der Baum sich mehr in die Breite, als in die Höhe entwickle. oenannten Autoren über heterogene Verbindungen > Noch überboten werden die Angaben der oben durch Palladius Rutilius 5) und die erwähnten Schriftsteller der Geoponica. Unter den letzteren giebt besonders Diophanes ®) eine lange Liste solcher Pfropfungen, die entweder einfach unmöglich sind, oder denen mindestens jedes Gedeihen abgeht. Auf die Aufzählung der einzelnen Angaben dürfen wir je- doch nach dem schon Mitgeteilten verzichten. Wir können die Schriftsteller des Altertums nicht verlassen, ohne die oft behandelte Frage zu berühren, wie die seltsamen Ueberlieferungen über heterogene Verbindungen bei den Römern und späteren Griechen entstanden seien. Und wie konnten sich in einer grossen Litteratur Jahrhunderte lang Irrtümer erhalten, ja noch steigern, die jeder neue Versuch als solche erweisen musste? Wictor Hehn ”), der feinsinnige Kenner des Altertums, giebt auf diese Fragen eine geistvolle Antwort. Er weist darauf hin, dass durch syrische Sclaven das seit alter Zeit im Orient gebräuchliche Raffinement in Behandlung der Tiere und Pflanzen nach Rom verpflanzt wurde. Von dort her stammten die Ent- mannung, die Bastarderzeugung, das Schneiden der Bäume, die Erzeugung von Monstrositäten und vieles andere, im welchem nicht sowohl das reine Naturgefühl Ausdruck suchte, als „sich die List daran übte, die Natur, die ewig schaffende, auf fremden wunderbaren Wegen zu Formen und Zwecken zu verführen, die sie nicht gewollt hatte. Die hohen Bäume wurden in Zwerggestalt, die zarten Früchte in Riesengrösse hervorgebracht, und was in Wirklichkeit sich nicht leisten liess, das wurde wenigstens in dem allgemeinen Volksglauben, bei praktischen Gärtnern, wie bei denkenden Natur- betrachtern, als vollbracht und möglich vorgestellt. Die allmählige Steigerung darin liegt in der Reihe der Schriftsteller über diesen Gegenstand deutlich vor“ ®) u. s. w. Gerne stimmte man dieser einleuchtenden Darstellung zu, wenn jene Reihe von Autoren nur Dichter, wie Förgil, und Compila- toren, wie Plinius, umfasste. Aber sie schliesst auch die Männer des nüchternen praktischen Lebens, wie Columella, ein, und wie diese sich zu Verbreitern von Lehren hergeben konnten, deren Unwahrheit 1)1. e.V, 10. — 2) 1. ce. XVII, 26. — 3) 1. c. XV, 12. — 4)1.c. XVII, 2. — 5) Palladius Rutiius. De re rustica. $. bes. das Gedicht „de Insitionibus“. Schneider’s Ausgabe, III, 1,2. p. 258. — 6) Diophanes. Einen Auszug aus seiner Schrift gibt Mizaldus 1. c. p. 6 unter „Partieularia de Insitione ex Diophane“. — 7) Hehn. V. 1. c. S. 350. her nn 1 ihnen aus der Erfahrung bekannt sein musste, wird wohl ein Rätsel bleiben. Vielleicht kommt man der Lösung desselben noch am nächsten mit der Annahme, dass hier und da thatsächlich paradoxe Vereinigungen heterogener Formen stattgefunden haben, wie sie in neuerer Zeit zuverlässige Reisende auch in China gesehen haben; Angaben, wie die oben von Plinius mitgeteilten, sind ohne die Voraus- setzung einer thatsächlichen Grundlage völlig unverständlich. In allen solchen Fällen wird es sich aber nicht um eine wirkliche Verwachsung der verschiedenen Arten, sondern um eine sonstige Ver- einigung, vielleicht um eine Wurzelung der emen auf der andern, gehandelt haben. Gestützt auf dergleichen Vorkommnisse mag dann die schaffende Phantasie ihr Spiel getrieben haben. a oO Wie dem aber auch sei, mit Sicherheit dürfen wir annehmen, dass die so realistisch gesinnten Römer in der Praxis des Veredelns nach den im allgemeimen richtigen Regeln verfuhren, die sowohl Columella als Plinius voranstellen; und dass man sich im wirklichen Leben von phantastischen Vorstel- lungen nicht leiten liess. Schliesslich sei noch erwähnt, dass die Römer neben dem Pfropfen und Okulieren auch die Me- thode des Ablaktierens !) anwandten. Das Mittelalter Welche Wandlungen die Anschauungen der Alten im Mittelalter erfuhren, wurde nieht näher verfolgt. Mystik und Aberglaube umranken hier die Vorstellungen der thatsächlichen Verhältnisse in so üppiger Weise, dass der Naturforscher auf ein tieferes Eindringen in diese Welt glaubte ver- zichten und sie dem Historiker der Philosophie *) überlassen zu dürfen. Nur das spätere Mittelalter wurde in Betracht gezogen, und zwar darum, weil eine der bedeutendsten Persönlichkeiten dieses Zeitraumes, der in besonderem Maasse für die Geschichte der Botanik wichtige Albertus Magnus ?), in seinen Schriften eine für unsern Gegenstand nicht zu unterschätzende Quelle bot. Albertus geht von den Vorstellungen Pseudo-Hippoerates’ und Theophrast's aus, dass die Unter- lage für das Reis gleichsam den Boden darstelle, in den es gepflanzt sei. Ueber das durch die In- sition zu Veremigende stellt er die Regel *) auf, dass man am besten Aehnliches mit Aehnlichem ver- binde, z. B. Apfel mit Apfel, Birne mit Birne u. s. w. Doch seien auch Pfropfungen zwischen unähnlichen Bäumen möglich, wie zwischen Olive und Morus, zwischen diesen und vielen anderen Bäumen. Derartige Veremisungen gedeihen aber nicht so gut, wie die unter ähnlichen Formen. Ueber das Verhältnis zwischen Reis und Unterlage hat Albertus sehr bestimmte Vorstellungen. Beide halten sich gänzlich getrennt von einander; jedes wächst nach seiner Art und hat seime eigene Ernährungsweise °). Mit dieser richtigen Anschauung steht jedoch eme Angabe °) in befremdendem Gegensatz. Unter den vier Formen der Insition wird als zweite die angeführt, in welcher einem querdurchschnittenen Stamme einer seiner eigenen Zweige als Reis aufgesetzt wird. Das letztere soll, wenn herangewachsen, ganz neuen und abweichenden Früchten den Ursprung geben. Nach der Ansicht derer, die über 1) Varro. 1. e. I, 40. — 2) Vergl. Siebeck, H. Geschichte der Psychologie. I. TI. 2. Abt. Gotha, 1884; ferner die Handbücher der Geschichte der Philosophie. — 3) Albert Magni de Vegetabilibus libri VII. Ed. Meyer et Jessen. Berolini, 1867. — 4) L. I, p. 89. „Estque melior insitio similium in genere proximo in similia sibi se- cundum proximum genus, quam diversorum in genere proximo insitio sit ad invicem. Haec enim, quae est simi- lium, et eitius convaleseit propter similitudinem organorum et nutrimenti similem digestionem et melius fructificat, et diutius durat, quam illa, quae est dissimilium et non proportionalium secundum genus proximum.“ Ferner L. VII, €. X. „Optima tamen insitio est, ut diximus, similis, quantum fieri potest, in similem.“ — 5) L. V, p. 299 et 300 „Ex eo hoc scimus, in arbore duas esse digestiones, licet ad invicem sint satis similes, quarum una est in radice, et altera in stipite et in ramis.*“ — 6) L. VII, e. 10 p. 622. ferner in L. V, p. 313 und p. 316. S erosse Brfahrung in der Veredlung gebieten, sind auf diese Weise die zahlreichen Rassen des Apfel- und Birnbaumes, sowie der übrigen Fruchtbäume entstanden. Diese Angabe ist völlig unbegreiflich. Zum Verständnis Albert's ist jedoch ein, wenn auch nur flüichtiger, Blick auf seine philosophischen Vorstellungen ') über die Veredlung unerlässlich. Mit seinem grossen Lehrer Aristoteles betrachtet er die Pflanze als beseelt. Die Seele selbst ist actu in der Pflanze nur eine, kann aber, wie aus der Vermehrung durch Stecklinge und Ableger hervorgeht, geteilt werden. Umgekehrt werden beim Pfropfen verschiedene mit Seelen begabte Einheiten verbunden, und es entsteht die Frage, in welches Verhältnis dabei die psychischen Einheiten zu einander treten. Viele Platoniker sind der Ansicht, dass sie einfach mit einander verschmelzen; dies, sagen sie, sei die Natur der Incorporation der Seele, die aus einem Körper in einen andern übergehen und ferner mit einer anderen zu einer einzigen sich vereinigen könne. — Dagegen wendet nun Albertus ein, dass die gepfropften Formen, wenn sie ver- schiedener Art sind, wie Apfel und Birne, keineswegs vollständige Einheiten bilden. Wäre dies der "all, so müssten die Eigenschaften der verbundenen Teile sich vermischen. Dies geschieht aber that- sächlich nicht, vielmehr bleiben beide durchaus eigenartig in ihrem Wachstum: und dasselbe gilt. wenn man mehr als zwei verschiedene Formen mit emander verbindet. Da nun das, was eine Seele haben soll, auch aus einer Substanz bestehen muss, so kann die Ansicht jener Platoniker nicht richtig sein, die dem gepfropften Baume nur eine Seele zuschreiben, sondern er besitzt offenbar so viele Seelen, als spezifisch verschiedene Teile im ihm vereinigt sind ?). — Auf eine nähere Erörterung dieser metaphysischen Spekulation einzugehen, liegt ausserhalb des Planes unserer Arbeit. Die gegebenen Andeutungen mögen genügen, um zu zeigen, in welchem Sinne die uns beschäftigenden Thatsachen verwertet wurden, und in welchen weit abliegenden Gebieten man sie benutzte. Den Leser von heute mutet die ganze Betrachtungsweise fremdartig an. Bei näherer Erwägung aber sieht man bald, dass sich bei Albertus hinter der metaphysischen Form nur das Ringen mit einem Problem verbirgt. das heute so ungelöst ist, wie damals. Wie ist es möglich, dass zwei spezifisch verschiedene Orga- nismen zu einer physiologischen Einheit zusammentreten? Auf diese Frage vermögen wir heute so wenig eine Antwort zu geben, wie einst unsere Altvordern. Der Unterschied besteht nur darin, dass wir die Beantwortung im Bereich des Realen suchen, während sie dieselbe in’s Transscendente verlegten. Im Ganzen betrachtet, zeichnen sich die Anschauungen Albert’s, soweit sie das thatsächliche Verhältnis zwischen Reis und Unterlage betreffen, durch ihre Richtigkeit und Klarheit aus; sie erfahren, wie oben erwähnt, nur einmal eine Trübung, die wahrscheinlich auf römische Einflüsse zurückzuführen ist. Durch seinen Anschluss an die grossen Griechen und durch eigene Beobachtung der Natur stellt er sich hoch über die späteren Römer und Griechen, und — wie wir alsbald sehen werden, — auch über seine nächsten Nachfolger. Zeitalter der Renaissance. Jene gewaltige Geistesbewegung, die wir als Renaissance bezeichnen, erzeugte in den von ihr er- griffenen Ländern neben der allgemeinen Litteratur auch eine reiche über Gartenbau und Baumzucht im Besonderen. Der Charakter der hieher gehörenden Schriften trägt die bezeichnenden Merkmale der allgemeinen Litteratur des Zeitalters: Wiederanknüpfung an das römische Altertum, hohe, ja un- bedingte Verehrung für seine Ueberlieferungen selbst dann, wenn sie, wie in unserem Falle, der eigenen Erfahrung widersprechen. Einige Beispiele mögen dies zeigen, und die Italiener dabei, wie billig. vorangestellt werden. 1) L.V,c4p. 301. — 2) 1. c. „Propter quod dicendum esse videtur, quod tam insita quam ea, cui fit insitio, proprias animas retinent, et operationes et virtutes inconfusas, et non unitas. Quod autem in loco insitionis vi- dentur esse continuae, non faeit unitionem et permixtionem aut etiam confusionem in animabus et formis,“ ete. I An der Grenze von Mittelalter und Renaissance tritt uns die bedeutende Gestalt des Petrus de Ürescentüs ') entgegen. Er unternahm es, zum ersten Male wieder seit den Tagen des Palladius Rutilius und der Geoponiker, ein allgemeines Gartenbuch zu schreiben und schuf ein Werk, das für die nächsten Jahrhunderte Bedeutung gewann. Hier feiert die römische Landwirtschaft ihre Aufer- stehung: hier wird die Lehre der Alten, obenan die des Palladius, wieder in’s Leben emgeführt,. und durch eigene vieljährige Beobachtung bereichert. Dem Veredlen wird ein Kapitel von beträchtlichem Umfange gewidmet: „De insitionibus et in- sertionibus per quas plantae silvestres domesticantur*. Petrus ist offenbar ein Freund dieser Operationen und beschreibt die einzelnen Methoden, alte und neuere, mit Ausführlichkeit und auf Grund eigener Beobachtung. Hinsichtlich dessen aber, was man vereinigen soll, steht er gänzlich unter der Herrschaft der Römer; hier kehren alle jene Irrtümer, jene unmöglichen Verbmdungen wieder, die uns bei Palla- dius, Plinius, Columella u. a. begegneten. Lässt sich bei Petrus, wenigstens in Bezug auf den operativen Teil, noch eine gewisse Selbständig- keit erkennen, so gibt dagegen der Neapolitaner Porta?) lediglich das Verfahren der Römer wieder. In seines Werkes „Villae“ viertem Buche: „Cultus et insitio“ wird mit hohen Worten das Lob des Pfropfens gesungen. „O mira insitionis potestas“ ! ruft unser Autor ?). _„Arborem non solum alieno germine proficisei, sed suomet surculo in semetipsam comprehensam, multo nobiliorem,, uberiorem fieri“. Und nun folgt eine ausführliche Darstellung der Lehren der alten Römer, denen nur wenig aus neuer Zeit zugefügt wird. Unter ausdrücklicher Zurückweisung *) der Anschauung des Theophrast über das Verhältnis vom Edelreis zum Grundstock wird der Satz verfochten, dass man durch geeignetes Verfahren jeden Baum mit jedem andern verbinden könne. In Porta stellt sich uns demnach ein typischer Vertreter des Geistes der italienischen Renaissance dar, der mit semem ganzen Denken ausschliesslich im römischen Altertum wurzelt. Man wolle hiezu die klassische Darstellung des Zeitalters bei Jacob Burckhardt ®) nachsehen. Ganz ähnlichen Erscheinungen aber begegnen wir anderwärts. So veröffentlichte im Jahre 1560 ein Pariser Arzt, Mizaldus ®), eine Schrift über das Veredeln, die in einzelnen Kapiteln die Lehren der Geoponiker Florentinus, Didymus und Diophanes, ferner die von der Insition handelnden Ab- schnitte aus Virgil’s Georgica, aus den Werken des Columella, Plinius und Palladius, sowie endlich des Petrus de Orescentüs und Pontanus aus späterer Zeit, wiedergiebt. Es ist bezeichnend, dass die Angaben des Theophrast und Albertus keine Erwähnung finden. Aus den wenigen Bemerkungen, mit denen der Verfasser seine Reproduktionen einleitet und beschliesst, geht nicht hervor, dass er eigene Erfahrung besessen habe. Fast gleichzeitig mit der eben genannten erschien aber eine ungleich erfreulichere Schrift: das „künstlich Obstgarten-Büchlein“ des Kurfürsten August zu Sachsen ?), vom Verfasser zu weiter Ver- breitung in seinem Volke bestimmt und in der Absicht geschrieben, diesem die Pflege des Obstbaumes an’s Herz zu legen. Sie bietet in der Hauptsache Selbsterfahrenes, zeigt daneben aber schlagend die Macht der Ueberlieferung. Nachdem die verschiedenen Methoden des Veredelns beschrieben sind, wird im IV. Kapitel ®) die Frage behandelt, auf welche Stämme man pfropfen solle. Das Pfropfen, heisst 1) Petri de erescentiis Civis Bononiensis in commodum ruralium cum figuris libri duodeeim. Lib II. cap. 22. Zu dieser Ausgabe vergl. Meyer. Geschichte ete. Bd IV, S. 141. — 2) Porta, Joh. Baptista. Villae. Francofurti, 1592. — 3) l. ec. p. 106. — 4) 1. c. p. 106-108, — 5) Burckhardt, Jacob. Die Cultur der Renaissance in Italien. 3. Aufl. Leipzig, 1877. I, S.290 ff. — 6) Mizaldus, Ant. De hortensium arborum insitione opuseulum. Lutetiae, 1560. — 7) Des Churfürsten August zu Sachsen künstlich Obstgarten-Büchlein. 1564. Die letzte Original-Ausgabe erschien 1620; nach dieser ist ein Wiederabdruck besorgt durch Laffert und Sickler. Weimar, 1802, Auf diesen beziehen sich meine Angaben, — 8) 1. ce. S. 16. [80] Vöchting, Ueber Transplantation, 10 es hier, geschieht entweder in einen Stamm der eigenen Art oder auch seines Geschlechts, oder in einen fremden Stamm. Verbindungen der ersteren Art haben die Alten eine Ehe, solche der zweiten einen Ehebruch genannt, und die Früchte dem entsprechend als eheliche und uneheliche bezeichnet ’). „Es ist aber gar kein zweiflel, das je näher die Arth und Natur dess Stamms dem Pfropffreisslein ist, je besser, geschmackter, kräftiger und seiner eigenen Natur neher wird die Frucht, Alss wann Borstorfer Oepfel nicht allein auff Oepfelstiämme zahm oder wilde, doch einer andern Arth. Sondern wiederumb auf Borstorffer Stämme gesetzt und gepfropfit werden“ u. s. w. Kann man aber nicht Stämme des gleichen Geschlechts haben, so nehme man solche gleicher Art; so setzt man den Borstorfer besser auf einen andern zahmen oder wilden Apfelstamm als auf Birnen, Pflaumen, Pfirsich oder die Vogel- kirsche. Denn auf den Stämmen anderer Art bekommen die Früchte eine fremde Natur. Gleich nach diesen allgemeinen folgen die besonderen Angaben über die zu verbindenden Stämme. Weniges sei daraus angeführt. Mandelbäume werden gepfropft auf Morellen, Pfirsiche, Weiden, Pflaumen, Kastanien, Hagebuchen, Weissbuchen. Apfelbäume pfropft man auf Birnbäume, Pfirsichbäume, Erlen, Weiden, Quitten, Aepfel, Pflaumen. Mispel, Damascener-Pflaumen, Ahorn (hierauf erhält man rothe Aepfel). Birnbäume setzt man auf den Mandelbaum, Granatapfel, Hagedorn und andere Dornstauden. Pflaumen, Mispel, Eibischbäume, Maulbeeren (giebt rothe Birnen), Terebinthen. Auf weitere Einzelheiten können wir verzichten. Während unser Autor in seinen allgemeinen Regeln den Satz aufstellt, die beste Verbindung finde unter den Stämmen gleicher Rasse statt, zählt er in seinen speziellen Angaben. all’ jene unmöglichen Verbindungen auf, die eine alte Ueberlieferung vorschrieb. Welche Macht des Autoritäts-Glaubens selbst bei einem Manne, dem zweifellos eigene Erfahrung zu Gebote stand! Das 17, Jahrhundert, Mit dem Ausgange der Renaissance und im folgenden Jahrhundert tritt in der Litteratur eine stets wachsende Reihe von Gartenbüchern auf, die praktische Gärtner oder doch mit der Praxis ver- traute Männer zu Verfassern haben. Diesem Umstande entsprechen die allgemeinen Eigenschaften der fraglichen Schriften. Der Ueberlieferung gegenüber tritt die eigene Erfahrung mehr und mehr in den Vordergrund. Ueber das, was zu verbinden sei. werden zwar anfänglich noch die alten Irr- tümer wiederholt, nach und nach aber verlieren sie ihren Werth, werden angezweifelt und schliess- lich gänzlich verlassen und als Unmöglichkeiten hingestellt. So pfropft man bei Anabe*?) um das Jahr 1620 noch Kirschen und Pfirsich auf Maulbeerbäume, und ähnliche Angaben finden sich bei Lauremberg ?) um 1638, und bei Dümmler *) um 1652. Elsholz°) dagegen vertritt schon 1666 die richtigen Grundsätze, und in der französischen „Instruction * *) von 1670, dem ‚Jardinier royal”) von 1677 und in der Schrift iiber den Baumschnitt von Dahuron*®) aus dem Jahre 1694 wird der alten un- richtigen Angaben gar nicht mehr gedacht. De la Quintinye?) endlich, dessen grosses Werk für Jahrzehnte von maassgebender Bedeutung war, weist die Behauptungen der Alten ausdrücklich als Irr- tümer zurück. Fortan treten diese nur bei vereinzelten Autoren als rückläufige Erscheinungen auf. 1) 1. e. S. 16 und 17. — 2) Knabe, M. Hortipomolegium, das ist ein sehr liebreich und auserlesen Obstgarten- und Peltzbuch ete. Nürnberg, 1620. S. 34. — 3) Laurembergius, P. Hortieultura libris I] comprehensa. Franco- furti, 1631. — 4) Dümmler, C. W. Obstgarten ete. Nürnberg 1652. — 5) Elsholz, J. S. Neuangelegter Gartenbau etc. Cölln a. d. Spree, 1666. — 6) Nouvelle Instruction pour connoistre les bons fruits ete. Paris, 1670. p. 2. — 7) Le Jardinier royal. Paris, 1677. p. 19. — 8) Dahuron, R. Nouveau Traite de la Taille des Arbres fruitiers. Paris, 1794. p.40. — 9) De la Quintinye. Instruction pour les Jardins fruitiers et potagers. Paris, 1790. T. II, p. 241. 1 Aber es handelt sich nicht bloss um die Beseitigung der Irrtümer der Alten, mit dem Hinweis (darauf wäre nur die eine Seite der Sache getroffen. Die historische Gerechtigkeit erfordert, dass wir auch, was bisher nie geschehen, eine andere und zwar positive Seite hervorheben. Die zahlreichen Tastversuche der älteren Zeit umtfassten auch diejenigen, in denen, und zwar mit Erfolg, verwandte (Geschlechter verbunden wurden. Hierbei aber konnte dem Blicke nicht entgehen, dass ein und die- selbe Form em Wachstum von sehr verschiedener Intensität erfährt, je nachdem sie auf den einen oder den anderen Grundstock gesetzt wird. Die meisten Versuche wird man natürlich mit den wichtigsten Obstarten, mit dem Apfel- und Birnbaum angestellt haben, und als Niederschlag aus den mancherlei Experimenten blieb die Erfahrung zurück, dass der Birnbaum auf der Quitte langsamer wächst und früher und reichlicher trägt, als auf dem Sämline und dem wilden Stamm, und dass der Apfelbaum ein ähnliches Verhältnis aufweist, je nachdem man ihn auf den Paradies- oder Johannis-Stamm, oder auf den Sämling oder Wildling setzt. Im Anfang des 17. Jahrhunderts nahm die Obstbaumzucht jene bedeutsame Wendung, welche die Spaherbaumzucht !) zu ihrem eigentlichen Mittelpunkte machte. Für sie aber waren die frag- lichen Erfahrungen von grundlegender Bedeutung, und sie ergriff dieselben daher so rasch, dass schon um die Mitte des Jahrhunderts die oben genannten Unterlagen für die Spalierbaumzucht em- pfohlen werden. Auch für diesen Entwickelungssang bietet die Litteratur Anhaltspunkte. So führt um 1620 Knabe”) neben allerlei unmöglichen Verbindungen auch die der Birne mit der Quitte, mit Prunus Myrobalana, mit der Mispel auf; er will ferner Aepfel auf Quittenstiämme geimpft haben. Dies alles sind aber lediglich Tastversuche; feste Regeln kennt man noch nicht. Aber schon 1652 empfiehlt /e Gendre®), einer der Väter der Spalierbaumzucht, für Birnspaliere die Quitte, für Aepfel- spaliere den Paradies-Stamm und Douem als Unterlage, für Hochstämme dagegen die aus Samen ge- zogenen Stämme der eigenen Art. Von allen sonstigen Verbmdungen spricht er gar nicht mehr. In der Vorrede zu seiner berühmt gewordenen kleinen Schrift macht le Gendre dazu die wichtige Be- merkung, dass er in seinem Bestreben, Spalierbäume zu ziehen, durch die Erfindung der Veredlune auf Quitte wesentlich gefördert worden sei. Ueber den Erfinder selbst sagt er nichts aus,. und konnte es auch schwerlich thun, da es sich hier nach dem schon Mitgeteilten offenbar nicht um einen Erfinder handelt. Von grosser Bedeutung ist diese Stelle für uns jedoch deshalb, weil sie bestimmt angiebt, dass die Kenntnis des Einflusses der fraglichen Veredlung damals noch neu war. Um die Ausbildung, Festigung und Verbreitung dieser Kenntnis hat sich le Gendre zweifellos das grösste Verdienst erworben, und in Anbetracht der hohen Bedeutung, die sein Buch für die Zeitge- nossen gewann, überrascht es daher nicht, dass in der Litteratur von 1670 an die Empfehlung jener Unterlagen zur festen Regel geworden ist. Den schon citierten Schriften sei noch „der eurieuse Pfropff- und Oculier-Meister *)* zugefügt, der unseren Gegenstand eingehend behandelt und auch schon die Unterlagen für die meisten übrigen Obstbäume erörtert. Mit voller Ausführlichkeit, und zwar für alle Obstarten, stellt de la Quintinye®) die Sache dar, und schreibt die Unterlagen für die verschie- denen Formen der Zwergbäume und des Hochstammes in emer Weise vor, die man nieht anders denn modern bezeichnen kann. 1) Vergl. Vöchting, H. Ueber Organbildung im Pflanzenreich. JI. Teil. Bonn, 1884. S 142. — 2) Knabe, M. Hortipomolegium ete. S. 34, 35, 70 u. a.a. O. — 3) Le @endre. La Maniere de cultiver les Arbres fruitiers, Paris, 1652. p. 4 ff. „En quoy jay este beaucoup aide par l’invention de greffer sur le Coignassier, pouvant dire que j’ay este aussi un des premiers qui les (espaliers) ait mis en vogue; et qui en ait reconnu le profit et la commodite*“. — 4) Der eurieuse Pfropff- und Oculier-Meister, ete. Frankfurt und Leipzig, 1690. S. 8 ff. — 5) De la Quintinye. l. ec. II. p. 257 fi. I% = 12 So haben die planlosen Tastversuche der Alten doch eine bedeutsame Folge gehabt: sie sind un- trennbar verbunden mit unserer heutigen Formbaumzucht, einem der höchst ausgebildeten Zweige des gesamten Gartenbaues. Die Möglichkeit, die verschiedenen Formbäume überhaupt herzustellen, beruht in erster Linie auf der Existenz gewisser Unterlagen, die auf das Wachstum der Rassen mässigend und hemmend emwirken. Die Kenntnis dieser Grundstöcke aber ist der bleibende und wertvolle Ge- winn aus jenen zahlreichen meist verfehlten und darum so oft verspotteten Versuchen unserer Altvordern. Mit diesem versöhnenden Blick auf so viele Irrtümer könnten wir die Besprechung des 17. Jahr- hunderts schliessen, wenn nicht noch zu erwähnen wäre, dass auch die Technik des Veredelns in diesem Zeitraume manche Verbesserungen erfuhr. Als wichtigste derselben darf fraglos das Kopulieren bezeichnet werden, das 16953 von Holyck zwar nicht erfunden, aber doch zuerst genau beschrieben und damit der weiteren Verbreitung übergeben wurde. Das 18 Jahrhundert, Aus dem Anfang dieses Jahrhunderts stammen zwei bemerkenswerte Schriften, beide in demselben Jahre, 1716. veröffentlicht. Die Verfasser, Agricola und Küffner, der erstere ein Arzt, der letztere ein Pfarrer, gehören zu den von der Natur zuweilen erzeugten eigentümlichen, gärenden Köpfen, die zwar mit nicht gewöhnlichem, experimentellem Talent ausgerüstet sind, jedoch einer klaren Methode und gründlicher allgemeiner Durchbildung entbehren. Dunkle Vorstellungen, die einen richtigen Be- standteil enthalten, sowie ein Hang zum Abenteuerlichen, treiben sie zu allerlei Versuchen, die ausser- halb der gewöhnlichen Bahnen liegen. Erweist sich auch manches dabei Gefundene als wertlos. so treffen sie daneben auch das, was den Fortschritt darstellt, und in der Wissenschaft wie im prakti- schen Leben sind solche Männer daher niemals zu unterschätzen. Die Bedeutung des Agricola’schen ') Buches liegt zwar hauptsächlich in der Bereicherung, die es der Vermehrung der Pflanzen durch Stecklinge brachte, doch kommt es auch für die Veredlung in Betracht. Hier ist vor allem das Wurzelpfropfen ?) zu nennen, das er zuerst beschrieben und das sich. wenngleich nicht in der ihm von seinem Urheber gegebenen Verallgemeinerung, so doch in einer Reihe von Fällen auch in der Folge als brauchbar erwiesen hat. Sodann versuchte Agricola?) dem Stamm Knospen und Reiser in verkehrter Stellung einzufügen. um dadurch bestimmte Pyramiden- formen zu Stande zu bringen. Wie wir früher sahen, sind ähnliche Versuche schon von den Alten ausgeführt worden, aber erst Agricola bemühte sich. sie für die Praxis zu verwerten. Dass das frag- liche Verfahren in der That möglich ist, wird im experimentellen Teile unserer Arbeit gezeigt werden. praktisch kommt ihm aber nur geringe Bedeutung zu, und es hat sich daher auch nicht gehalten. Während Agricola’s Buch nur teilweise vom Veredeln handelt, dreht sich die ebenfalls umfang- reiche Schrift Küffner’s*) ausschliesslich um diesen Gegenstand, und zwar in erster Linie um das Ablaktieren ), von dem er fünf Formen unterscheidet und eingehend erörtert. Soweit wir wahrge- nommen, ist er der erste, welcher lehrte, wie man von Zweigen entblösste Stellen an Aesten durch Ablaktieren wieder bekleiden kann, eine für die Formbaumzucht wertvolle Errungenschaft; er ist der 1) Agrieola, G. A. Neu und nie erhörter doch in der Natur und Vernunft wohlgegründeter Versuch einer Uni- versalvermehrung aller Bäume, Stauden und Blumengewächse. 2 Theile. Regensburg, 1716. Das Buch hat mehrere Auflagen erlebt, und ist in verschiedene Sprachen übersetzt worden. Meine Citate beziehen sich auf die Ausgabe von 1772. — 2) 1. e. I, S. 161 #. Abb. S. 162. 3) l.e. I, 8. 121 ff. Abb. S. 126. — 4) Küffner, Fr. Sciagraphia Architecturae- viv- arboreo- neo-synemphyteuticae, pomoneae, horologicae, floralis, hydraulicae. sylvestris, forti- ficatoriae, henoticae et hypomnematicae. Oder kurtzer Vor-Entwurff der mit Gott instehenden Jahres vom 1. April an monatlich 4. 5. 6 Bogenweiss heraus zu gebenden Neu-erfundenen Bau- und Peltz-Kunst mit lebendigen Bäumen etc. Hof, 1716. H)Fleie. 8. He 13 erste, welcher die manniefaltigsten Verbindungen zwischen Nachbarstimmen zum Zweck der Her- stellung von freilich oft recht seltsamen Formen ausführte. — Auch den Einfluss der Unterlagen für das Wachstum des Edlings hat er klar erkannt und dargestellt. Uebergehen dürfen wir nicht, dass Küffner ') schon emen Versuch beschreibt, der später bei Hales eine Rolle spielt. Verbindet man von drei neben emander stehenden Bäumen den mittleren mit den beiden seitlichen durch Ablaktieren, so kann man dem mittleren Stamm, wenn er mit den beiden anderen verwachsen ist, seine Wurzeln nehmen, ohne dass er zu Grunde geht. Er wird dann von den beiden Nachbarstämmen aus mit Wasser versorgt, das sich nun in den verschiedensten Rich- tungen bewegt, sowohl aufwärts und horizontal, als abwärts. Zu diesem Versuche findet sich bei Hales ’) eine allen Physiologen bekannte Abbildung, die neben anderen lehrt, wie mannigfaltis die Bewegung des Wassers in der Pflanze sem kann. — Merkwürdiger Weise sind diese Dinge vor nicht langer Zeit als neu beschrieben und zur Grundlage ganz haltloser Folgerungen benutzt worden. Die Schritt Köffner’s leidet an starken Uebertreibungen und mag deshalb vor der Zeit in Ver- gessenheit geraten sein. Ihr Inhalt hat aber fortgewirkt, und es läs st sich nicht läugnen, dass das bei der Herstellung mancher künstlicher Formbäume heute vielfach angewandte Ablaktieren der Zweige auf Köffner zurückzuführen ist. Nachdem sich in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Ansichten über die Wechsel- beziehungen zwischen Reis und Unterlage geklärt hatten, wurden nunmehr Versuche ausgeführt, die beim Stande der allgemeinen Kenntnisse jener Zeit geeignet waren, von neuem Unklarheit her- vorzurufen. Englische Züchter pfropften auf gewöhnlichen Jasmin und Passionspflanzen deren Formen mit bunten Blättern, und fanden nun, dass aus der Unterlage unterhalb der Veredlungsstelle Zweige mit bunten Blättern hervoreingen. Nach Bradley®) soll dies zuerst von Wats in Kensington um das Jahr 1700, sodann 10 Jahre später von Fairchild in Hoxton beobachtet worden sein. Wie Bradley *) mitteilt, ist derselbe Versuch auch dem Gärtner Turber gelungen. Eime genaue Beschreibung des Fairchild’schen Experimentes giebt Bradley au anderem Orte?). Der in seiner Zeit vielgenannte Züchter besass eime Pflanze des gewöhnlichen Jasmins, die an einer Mauer stand und zwei, in der Nähe des Bodens entspringende Hauptäste von 4 und 6 Fuss Länge führte. Auf den niedrigeren Ast setzte Fairchild durch Okulation ein Auge der bunten Jasmin-Form, das sich entwickelte und mehreren Trieben den Ursprung gab. Im nächsten Jahre aber entstanden auch an dem andern Aste gefleckte Blätter. Die Wirkung der Veredlung hatte sich somit von der Knospe aus durch den kür- zeren Ast auf den Stamm und von da auf den längeren Ast fortgepflanzt, eine Thatsache, die in jener Zeit selbstverständlich für die Lehre von der Circulation des Saftes verwertet wurde. Dass sie nicht mit Notwendigkeit zu der Annahme des Kreislaufes führte, zeigte schon Hales °), der bekanntlich ein sogenanntes „Balancement“ der Säfte annahm. Ja dieser grosse Experimentator scheint den Vorgang schon als Uebertragung emer Krankheit aufgefasst zu haben, denn er spricht von der Mitteilung des „gilding Miasma ’)* der bunten Knospe an den Saft anderer Zweige. Die eben angeführten Thatsachen hatten zur Folge, dass hier und da die Vorstellungen der Alten wieder auflebten, im Ganzen und Grossen aber behielten die seit dem vorigen Jahrhundert gewonnenen Anschauungen die Herrschaft. Eine Wiederanknüpfung an jene Beobachtungen und deren Erwei- terung erfolgte erst in unserem Jahrhundert. 1) 1. e. S. 182 und 183. — 2) Hales, St. Statical Essays. 1I. Ed. London. 1731. p. 132. — 3) Bradley, R. Bo- tanick Essays. London, 1720. p. 383. — 4) Bradley, R. New Improvements of Planting and Gardening. London, 1717. p. 70. — 5) Bradley, R. Botanick Essays. p. 383 and 384. — 6) Hales, St. ]. e. p. 144. — 7). c. p. 146. 14 Indem wir verschiedene Gartenbticher, in denen die Veredlung eine im Ganzen zeitgemässe Dar- stellung fand, tibergehen, wenden wir uns nunmehr zu Duhamel. Er hat unseren Gegenstand haupt- sächlich in zweien seiner Werke !) behandelt, und die hier gegebenen Ausführungen können nicht nur als das Beste bezeichnet werden, was die Litteratur bis dahin aufweist, sondern gehören auch heute noch zum Besten, was über das Veredeln geschrieben ist, Unter Verzicht auf alle Einzelheiten seien nur einige Andeutungen über den Inhalt seiner Darstellung gegeben. Nachdem Duhamel die wichtigsten Formen der Verbindung beschrieben, versuchte er. und zwar zum ersten Male, in den histologischen Vorgang bei der Verwachsung einzudringen ?). Er beobachtete, dass sich drei Wochen nach der Pfropfung an den Stellen, an denen das Reis von den Rindenlappen der Unterlage umschlossen war, sowie an allen bei der Operation zwischen Reis und Unterlage ent- standenen Unebenheiten, eine zarte Substanz („substance tendre herbacee et comme grenue*) gebildet hatte; Wülste derselben waren ferner an dem Teile des Reises entstanden, der auf der Fläche der Unterlage ruhte. Diese Substanz allem stellte die Verbindung zwischen dem Reis und der Unterlage her; die Holzkörper waren dabei nicht beteiligt. Als einige Zeit später untersucht wurde, hatte sich die fragliche Substanz in festes Holz verwandelt; ferner war eine Verbindung der inneren Rinden des Reises und des Grundstockes gebildet, und zwar so vollständig, dass man die beiden nur noch an den Farben unterscheiden konnte. Auch die beim Okulieren stattfindenden Prozesse wurden von Duhamel untersucht. Er fand zwischen den Flächen des Schildes und der Unterlage die gleiche zarte Substanz, und hebt ausdrick- lich hervor ?), dass an ihrer Bildung sowohl der Grundstock, als die Knospe beteiligt sei. Diese Sub- stanz erzeuge bald nachher eine Rindenschicht, und aus dieser das neue Holzgewebe. So innig aber auch die Verbindung sein mag, stets bleiben die Gewebe von Reis und Unterlage getrennt, ein Schluss, der sich aus dem Verhalten verschieden gefärbter Verbindungen mit Sicherheit ergiebt. Dass Duhamel die erwähnten Vorgänge mit den Erscheinungen, die bei sonstigen Verwachsungen auftreten, m Zusammenhang bringt, sei nur beiläufig erwähnt. In emem eigenen Abschnitt bespricht Duhamel sodann das Verhältnis, welches zwischen Reis und Unterlage vorhanden sein muss, wenn die Verbindung gelingen soll. Auf Grund eigener Unter- & [o) suchungen werden die Angaben der alten Autoren über heterogene Verbindungen zurückgewiesen und seine Anschauungen darnach von Duhamel in dem Satze zusammengefasst: Es muss eine gewisse Analogie in der Organisation vorhanden sein, wenn die Verbindung von günstigen Folgen begleitet sein soll. Am grössten ist diese Analogie unter den Formen des gleichen Individuen-Kreises; sie findet sich jedoch auch bei verwandtschaftlich ferner stehenden Formen, weist hier aber zahlreiche Ab- stufungen auf. — Diesen Satz stützt Duhamel durch eine Reihe von Versuchen, auf die wir hier nicht eingehen können. Bemerkt sei nur die wichtige Thatsache, dass Verbindungen zwischen Formen ohne genügende Analogie zuweilen zwar anfänglich gut gedeihen, dass sich aber später langsam oder plötzlich die üblen Folgen durch das Zugrundegehen des einen oder der beiden Teile offenbaren. Auch die Frage behandelt Duhamel, ob der Grundstock auf das Reis einen dessen Natur ver- ändernden Einfluss ausübe, und gelangt auf Grund seiner Untersuchungen zu dem Schluss, dass dies nicht der Fall sei, dass vielmehr die spezifische Natur der verbundenen Formen unverändert bleibe. Verschiedenheiten träten zwar häufig auf, wenn man Reiser einer und derselben Form auf verschie- 1) Duhamel du Monceau. La Physique des Arbres. Paris, 1758. T. II. p. 65 f. Hier die allgemeine und eingehende Behandlung des Gegenstandes. — Die praktische Seite desselben wird besonders betont im „Traite des Arbres fruitiers. Paris. 1758. Grosse Ausgabe, T. II. p. 14 f. — 2) La Physique des Arbres. II. p. 80. — 3). 1. e. p. 83, dene Unterlagen setzte. So ergäben sich z. B. beträchtliche Unterschiede, wenn man das Reis der Birne „bon chretien* auf die Quitte oder den wilden Birnstamm pfropfe; ım ersteren Falle sei das Fleisch der Frucht feiner, zarter und saftiger, als im zweiten. Diese Unterschiede beträfen aber nicht die innere Natur der Frucht, sondern beruhten lediglich auf ungleicher Ernährung, die ja offen- bar auf verschiedenen Unterlagen entstehen müsste. — Ganz allgemein gilt für Duhamel der Satz, dass durch die Veredlung die Formen und Arten erhalten, niemals aber innerlich verändert werden. Einige Jahre nach dem Erschemen von Duhamel’s Hauptwerk veröffentlichte Cabanis ') eine besondere kleine Schrift über das Veredeln, die in allen allgemeinen Punkten mit Dahamel's Auf- fassung übereinstimmt. Auch nach ihm ist eine Analogie der Pflanzen (er drückt dies aus durch Analogie „des seves“) notwendig, wenn die Vereinigung gelingen soll. Besonderen Nachdruck legt er dabei auf den Umstand, dass die Säfte „du meme concours“ seien, d. h. dass Unterlage und Reis im Frühjahr zu gleicher Zeit zu treiben beginnen. Auch die ausführliche Darstellung, die Mustel”) von unserem Gegenstande gegeben, unterscheidet sich in der Hauptsache von der Duhamel’s nicht. Er geht von der Vorstellung aus, dass das Reis der Unterlage eingepflanzt werde, und erklärt daraus die nach der Verbindung eintretenden Er- scheinungen. Dass damit nichts Neues geboten war, erhellt aus unserer historischen Uebersicht zur Genüge. Schliesslich sei noch auf die gute Erörterung hingewiesen, die unser Gegenstand in dem um diese Zeit von Rozier °) herausgegebenen landwirtschaftlichen Wörterbuche findet. Das 19, Jahrhundert, In einer Schrift, die, wie die vorliegende, in nahem Zusammenhange mit der Baumzucht steht, müsste der Name Anight auch dann genannt werden, wenn er nie eine Zeile über ihren besonderen Gegen- stand geschrieben hätte; um wieviel mehr, wenn er m bedeutsamer Weise in dessen Entwickelung em- gegriffen hat. Die Erfahrungen und Anschauungen des gefeierten Züchters sind teils im kurzen Auf- sätzen °), teils in besonderen Schriften niedergelegt. Der grossen Mehrzahl nach entstammen diese Arbeiten dem ersten Drittel unseres, einige wenige, freilich sehr wichtige, dem Ausgange des vorigen Jahrhunderts; alle zeichnen sich durch reichen Inhalt aus und besitzen den Zauber, den allem echte Originalität zu geben vermag. Mit Duhamel gehört er zu den wenigen wissenschaftlichen Männern, die ihre Zeit und ihr Nachdenken dem Problem der Veredlung gewidmet haben, und sein Urteil ist daher für uns von besonderer Bedeutung. Was zunächst den Einfluss der Unterlage auf das Edelreis betrifft, so hat sich Anight®) darüber wiederholt geäussert. Das Ergebnis seiner durch fünf und vierzig Jahre fortgesetzten Versuche und Beobachtungen lässt sich in folgenden Sätzen zusammenfassen. Werden Spezies oder Varietäten mit einander verbunden, die nicht zusammen stimmen, so entsteht an der Verwachsungsstelle eine Wulst. Dadurch wird die Bewegung der Säfte gehemmt, ein Umstand, der wieder eine Beschränkung des vegetativen Wachstums des Reises, dagegen eine Steigerung seiner Fruchtbarkeit nach sich zieht. 1) Cabanis. Essai sur les Principes de la Greffe. Die erste Auflage erschien 1764, die mir vorliegende in Paris im Jahre 1804. — 2) Mustel. Traite theorique et pratique de la Vegetation. Paris et Rouen, 1784. T. IV. p. 325. — 3) Rozier. Cours complet d’Agrieulture ete. T. V. Paris, 1787. p. 353 ff, — 4) Knight’s Aufsätze erschienen in einer Sammlung: A Selection from the physiologieal and horticultural Papers published in the Transactions of the Royal and Horticultural Societies by the late Thomas Andrew Knight. London 1841. Auf diese Sammlung beziehen sich meine Citate. — 5) Knight, T. A. On the effects of different kinds of stocks in grafting, Transactions of the Hortie. Society, Febr. 1816. Selection of Knight's Papers p. 221. 16 Diese Vorgänge finden aber auf Kosten der Lebensdauer der Objekte statt, Der Erfolg ist ungefähr derselbe, wie wenn man eine Ringelung ausführt oder eine Ligatur anbringt. Stimmen aber die verbundenen Formen gut zusammen, so erfolgt keine Wulstbildung, das Wachstum des Reises ist kräftig, und die Lebensdauer der Verbindung eine entsprechend längere. Auf Grund dieser Verhältnisse ist man im Stande, schwer fruktifizierende Obstbäume dadurch zum Prüchtetragen zu zwingen, dass man sie auf Formen pfropft. die sie zwar nicht gänzlich. aber doch bis zu einem gewissen Grade abweisen. Für den Apfelbaum bietet eine solche Unterlage der Birn- baum. So brachte in dieser Verbindung ein Reis des ersteren schon 20 Monate nach der Pfropfung eine reiche Fruchternte, und zwar in einem Jahre, in dem ein starker Frost die sämtlichen Blüten der gleichen Rasse zerstört hatte. Die Früchte, obschon äusserlich normal, hatten schwarze Gehäuse und entbehrten jedes Samens. Das Reis selbst ging schon im folgenden Jahre zu Grunde. — Weitere besondere Mitteilungen giebt Knight’) über den Einfluss der Unterlage auf die Moorpark- Aprikose. Mit dieser Form wurden genaue Vergleichsversuche angestellt. Zwei Reiser wurden auf Pflaumen-, zwei auf Aprikosen-Unterlage gepfropft; die Reiser entstammten demselben Stock. und das Wachstum aller vier Bäume geschah unter gleichen Bedingungen. Die Früchte der beiden Ver- bindungen aber zeigten beträchtliche Verschiedenheiten. Die auf den Stämmen mit Aprikosen-Grund- stock erzeugten waren in jeder Beziehung vollkommener, als die über der Pflaumen-Unterlage ge- bildeten; jene waren „much more melting and suceulent*. und unterschieden sich auch sonst so sehr von diesen, dass manche Gärtner. denen man die beiderlei Früchte vorlegte. an der Identität der Formen zweifelten. Alle diese Unterschiede beruhen aber nicht auf inneren spezifischen Veränderungen, die die Früchte etwa erführen, sondern lediglich auf verschiedener Ernährung; die Verschlechterung der Früchte könnte vielleicht ebenso gut durch eine Ringelung hervorgerufen werden. Soviel über diese Versuche Änight's. Seine weitaus grösste Bedeutung aber erhielt unser Autor ?) durch die schon 1795 aufgestellte Lehre, dass die durch künstliche vegetative Vermehrung fortge- pflanzten Kulturgewächse eine beschränkte Lebensdauer besitzen und allmählich aussterben. Er stützte seine Darlegung auf eine Reihe von Beobachtungen und Versuchen an Apfel- und Birnbäumen, sowie auf historische Untersuchungen über einzelne Rassen. Die Wichtigkeit des Gegenstandes veranlasst uns, hier kurz darauf einzugehen. Die Krankheit, an der unsere Obstsorten am meisten leiden und am häufigsten zu Grunde gehen, ist der Krebs. Den Ausgangspunkt seiner Untersuchung bildete für Anight die Beobachtung, dass nieht nur die alten, sondern auch die jungen Stämme solcher Rassen, die am Anfang und um die Mitte des vorigen Jahrhunderts noch in Blüte standen, von der Krankheit befallen waren. Als nächste Erklärung dieser Thatsache bot sich die Annahme dar, dass man in der Wahl der Reiser nicht die nötige Vorsicht geübt habe, dass die dazu verwandten Zweige schon zur Zeit der Pfropfung befallen gewesen seien. Zur Vermeidung dieses Fehlers nahm Knight die besten Reiser, die er an alten Bäumen erhalten konnte, und pfropfte sie auf junge kräftige Stämme. Um den Zusammenhang mit den alten Bäumen so weit als möglich aufzuheben, nahm er aus jenen Reisern hervorgegangene Sprosse und setzte sie auf junge Stämme, ein Verfahren, das sechs Jahre hinter einander wiederholt wurde; 1) Knight, T. A. An account of the injurions influence of the plum-stock upon the Moorpark-apricot. Horticult. Society. Apr. 1823. Selection etc. p. 272. — 2) Knight, T. A. Observations on the Grafting of trees. Philos. Tran- sactions. April 1795. Selection ete. p. 81. — Eingehend behandelt wird unser Gegenstand ferner in der wichtigen Schrift: A Treatise on the culture of the Apple and Pear. 5 Ed. London, 1818. (Nach Loudon erschien die erste Ausgabe 1797.) stets wurden die Reiser den zuletzt gepfropften Bäumen entnommen. Als Unterlagen dienten dabei verschiedene Formen, bald Sämlinge, bald Stecklmge (euttings). — Allein alle Mühe war vergebens. Nach drei Jahren stellte sich fast überall die Krankheit ein, so dass Knight schliesslich die Hoffnung aufgab, die alten Obst-Rassen durch Veredlung zu erhalten. Im Anschluss an dieses Ergebnis führte Knight weitere wichtige Versuche aus. Wenn, sagt er, das Reis seme sämtlichen Eigentümlichkeiten, gute und schlechte, überträgt, gleichviel wie man es sonst behandelt, dann muss ein solches, das einem ganz jungen Baume entnommen und auf einen älteren übertragen wird, ım Blühen und Früchtetragen sich nicht der Unterlage anpassen, sondern auch darin seiner Natur folgen; es wird erst dann Blüten hervorbringen, wann es dies auf seinem Stamm gethan hätte. Der Versuch rechtfertigte diese Erwartung. Reiser von 5jährigen Sämlingen, auf alte Bäume gesetzt, trieben sehr kräftig, ohne aber in den nächsten Jahren zu fructifizieren. — Nunmehr nahm Anight Reiser von den Enden der fruchttragenden Zweige eines alten unveredelten Birnbaumes, sodann weitere von solchen Sprossen, die aus den Wurzeln eines älteren Stammes ent- sprungen waren und in ihrem ganzen Wachstum, in der Bildung der Dornen u. s. w., jungen Samen- pflanzen lichen, und pfropfte diese beiden Formen von Reisern auf gleichartige Unterlagen. Auch hier ging die Voraussetzung in Erfüllung. Die Reiser der ersten Form bildeten keine Dornen, wohl aber schon im zweiten Jahre Früchte; die der anderen dagegen zeigten ganz die Eigenschaften der Sämlinge, bedeckten sich mit Dornen und blühten einstweilen nicht. Aus diesen Thatsachen zieht Knight den Schluss, dass jedes Reis bis zu einem gewissen Grade die Eigenschaften des elterlichen Stockes, selbst den Alters-Zustand, in dem dieser sich befindet, über- trage, und dass das Schicksal jeder durch Pfropfen herbeigeführten Verbindung durch diesen Um- stand hauptsächlich bedingt werde. Dies die nächsten aus seinen Erfahrungen gezogenen Folserungen Anight's. Allein unser Autor geht noch einen Schritt weiter. Gestützt auf zahlreiche Beobachtungen entwickelt er die allgemeine Anschauung 5! dass jedes pflanzliche Individuum eme begrenzte Lebensdauer hat, und, wenn nicht äussere Einflüsse vorher störend eintreten, eines natürlichen Todes stirbt. Zwar ist em Unterschied zwischen den verschiedenen Teilen der Pflanze zu machen. Die Wurzel und die ihr angrenzenden Teile erfreuen sich emer grösseren Dauerhaftigkeit, als die Krone, wie aus der Entstehung von Adventiv- Sprossen, Räubern u. s. w. an jener hervorgeht. Doch ist die vegetative Fortpflanzung dureh diese Bildungen offenbar nicht unbegrenzt. Wären Bäume mit Wurzelsprossen emer dauernden vegetativen Fortpflanzung fähig, so müssten sie in unsern Wäldern bald alles übrige verdrängen. Thatsächlich geschieht dies aber nicht. Den Wurzeln der Zitterpappel entspringen gewöhnlich Tausende von Adventiv-Sprossen, und doch kommt der Baum nur sehr zerstreut in England vor. Die Himbeere, welche sich ausserordentlich leicht von der Wurzel aus vermehrt, stirbt ab, wenn sie, von der Keimung an gerechnet, em Alter von zwanzig Jahren erreicht hat. Ist diese Ansicht von der begrenzten Lebensdauer der Gewächse richtig, und übt das Pfropfen keinen verändernden Einfluss auf das Reis aus, so erklärt es sich, warum wir die alten Obst-Rassen nicht erhalten können: sie sterben an Altersschwäche. Wohl vermag Sorgfalt in der Pflege das Ende hinauszuschieben, jedoch nicht aufzuheben. — Der Züchtung aber erwächst daraus die wichtige Aufgabe, immer neue und vollkommenere Rassen hervorzubringen. Die eben wiedergegebenen Anschauungen Knights haben die für die Praxis wie für die Wissen- schaft gleich bedeutsame Frage nach dem Aussterben der auf vegetativem Wege vermehrten Pflanzen zum ersten Male in Fluss gebracht. Soweit ich gesehen, hat die Folgezeit ihm in der Hauptsache oO Vöchting, Ueber Transplantation. B) 18 kkecht gegeben, und sein Name wird daher in der Lehre vom „Veredeln* der Obstbäume für alle Zeiten in erster Linie stehen. An dieser Stelle sei auch Diel’s ') gedacht. Ihm vor Allen verdanken wir die Ausbildung des Verfahrens, Obstbäume in Töpfen zu ziehen. Hierbei aber ist, wie ohne weiteres einleuchtet, die Unterlage von maassgebender Bedeutung, und Diel hat daher das Wachstum der seit le Gendres Zeiten in Gebrauch befindlichen Grundstöcke für den Apfel- und Birnbaum, sowie ihren Einfluss auf die Reiser, einem so gründlichen Studium unterworfen, wie keiner vor ihm. Hier darauf näher einzu- gehen, scheint jedoch um so weniger erforderlich, als wir auf diese Dinge im Text unserer Arbeit zurückkommen werden. Um die Wende des Jahrhunderts erfuhr die Lehre von der Veredlung eine der in praktischer Beziehung bedeutendsten Bereicherungen, die sie in neuerer Zeit überhaupt erhalten hat. Wir meinen damit die Verbindung krautiger Pflanzen und krautiger Teile holziger Gewächse, eingeführt durch den Baron T'schoudy?). So sicher es nach verschiedenen Angaben auch ist, dass dies Verfahren ge- legentlich schon in älterer Zeit geübt wurde, seine wahre Bedeutung für die Praxis erhielt es erst durch Tschoudy. Vom wissenschaftlichen Standpunkte aus mag es befremdlich erscheinen. dass die blosse Ausdehnung emes Verfahrens von holzigen auf krautige Pflanzen einen wichtigen Fortschritt be- zeichnen soll. Allein es ist zu bedenken, dass die Praxis auf diesem Gebiete nur langsam voran schreitet, und — dass dasselbe in manchen Zweigen der Wissenschaft nicht minder der Fall ist. Tschoudy versuchte sehr verschiedene Arten zu verbinden, hauptsächlich unter Coniferen. Bei diesen Bemühungen erkannte er die hohe Bedeutung der verschiedenen Glieder des Verzweigungs- o oO Systems dieser Bäume für die Veredlung, und unterschied hiernach allgemein drei Baumformen ®), arbres unitiges, omnitiges und multitiges. Die ersteren, wie Tannen und Verwandte, sind dadurch ausgezeichnet, dass sie nur eine Hauptaxe führen ; die zweiten dadurch, dass sie eigentlich gar keine Hauptaxe haben, so der Weinstock; die dritte endlich weist Arten auf, bei denen jeder Zweig zur Hauptaxe werden kann. Will man die ersteren unter sich verbinden, so muss man das Reis dem Scheitel der Hauptaxe einfügen; das Pfropfen auf eine Seitenaxe führt zu keinem Ziele. Bei den Formen der zweiten Gruppe ist es durchaus gleichgültig. auf welchen Zweig man das Reis setzt, und ähnlich ist es auch in der dritten Gruppe. Besonderes Augenmerk verdienen T'schoudy's Verbindungen unter krautigen Gewächsen. Hier sei nur hervorgehoben, dass er die Artischocke auf die lancettblättrige Distel setzte, dass er ferner den Liebesapfel, Solanum Lycopersicum, mit der Kartoffel als Unterlage verband. und schliesslich die Frucht der Melone dem Spross der Gurke einimpfte. Die sämtlichen Versuche waren von Erfolg gekrönt. Die Melonenfrucht gelangte auf der Gurkenpflanze zu stattlicher Entwickelung. und die Ver- bindung des Liebesapfels mit der Kartoffel ergab in der Erde eine reiche Knollenernte, über derselben einen entsprechenden Ertrag von Liebesäpfeln. 1) Diel, A. F. 4. Ueber die Anlegung einer Obstorangerie in Scherben. Frankfurt, 1804. Bd. I, S. 80 #. — 2) Tschoudy, le baron. Essai sur la Greffe de l’herbe des plantes et des arbres. Metz. Diese Schrift habe ich trotz aller Bemühungen nicht zu Gesicht bekommen können. Ausführliche Berichte darüber finden sich bei Thouin. Monographie des Greffes. p. 81. — Fourquet. Das Pfropfen krautartiger Gewächse. Uebersetzt in den Verhand- lungen des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den K. Preuss. Staaten. Berlin, 1830, — Poiteau. De la greffe avec des parties herbacees. Revue horticole. Paris, 1851. p. 104—109 und 129—137 und an anderen Orten. — 3) Diese Einteilung der Bäume bei 7schoudy erregte mein hohes Interesse Auf Grund ganz verschiedener Unter- suchungen war ich, allerdings viel später, zu einer ähnlichen Einteilung der Bäume und Sträucher gelangt. Ich unterschied monocormische und polycormische Gewächse, über deren nähere Beschreibung man meine Schrift: Ueber Organbildung im Pflanzenreich. II. Bonn, 1874. S.2 ff. vergleichen wolle. — Die zweite und dritte Gruppe Thouin’s lassen sich schwerlich von einander trennen. 118) Diese interessanten Versuche erfuhren durch Fourgquet, Noisette u. a. Wiederholungen, sodann in der ‘Folge beträchtliche Erweiterungen. Von Tschoudy wenden wir uns zu T’howin, dem Manne, der als der eigentliche Monograph der praktischen Veredlungskunst zu bezeichnen ist. Niemand hat auf die Ausbildung der Methoden der Verbindung zweier Organismen, auf das Variieren des Verfahrens, so viel Zeit und Mühe verwandt, wie dieser Autor. Das Ganze seiner Erfahrungen ist niedergelegt in einer eigenen Monographie !), deren Inhalt im Nachfolgenden angedeutet werden soll. Die Schrift zerfällt in emen kurzen allgemeinen und in einen ungleich längeren besonderen Teil. Im ersteren nimmt hauptsächlich der Abschnitt das Interesse in Anspruch, der das Wechselverhältnis zwischen Reis und Unterlage behandelt. Es heisst hier: „Les sujets ne changent pas le caractere BR 8 essentiel des arbres dont ils recoivent les greffes; mais il le modifient souvent.“ Diese Modifikationen erstrecken sich auf die Grösse, Tracht, Widerstandsfähigkeit, Fruchtbarkeit und Lebensdauer des Baumes, auf den Umfang und Wohlgeschmack der Frucht, und endlich auf die Qualität der Samen. Auf die Aufzählung der Beispiele können wir hier um so mehr verzichten, als die wichtigsten der- selben in dem besonderen Teile unserer Untersuchung Erwähnung finden werden. Mit Thowin’s Sätzen sind der Hauptsache nach diejenigen Punkte berührt, in denen alle eines sicheren Urteils fähigen Männer überemstimmen. Die zahlreichen Angaben, die sich zerstreut bei den verschiedenen Schrift- stellern finden. treten uns hier zum ersten Male geordnet und klar gegenüber. Der zweite Teil der Arbeit Thowin’s behandelt die einzelnen Methoden der Verbindung zweier Organismen. Er unterscheidet vier Grundformen, Sektionen : das Ablaktieren (greffes par approche), das Pfropfen (greffes par scions), das Aeugeln, Okulieren (greffes par gemma), und das Pfropfen krautartiger Teile (greffes des parties herbacees des vegetaux). Es ist jedoch klar, dass die letzte Gruppe keine gesonderte Stellung beanspruchen kann, da das praktische Verfahren, krautartige Teile zu verbinden, von dem bei holzigen Organen geübten nicht abweicht. Jene Sektionen nun werden in Reihen emgeteilt und unter diesen die einzelnen Methoden auf- gezählt und beschrieben. Im Ganzen erörtert er 119 Formen von Verbindungen. die teils wirklich ausgeführt, teils nur als möglich angenommen wurden, und die meistens mit dem Namen des Erfinders oder emes mit dem Verfahren m irgend welchem Zusammenhange stehenden Autors benannt werden. Die Angaben aller oder auch nur eines Teiles dieser Formen würde hier nicht am Platze sein; so weit als erforderlich werden sie im Laufe unserer Untersuchung Erwähnung finden. An diesem Orte sei nur folgendes bemerkt. Die Mehrzahl der 119 Formen ist nur auf unbedeutende Merkmale, kleine Abweichungen im Schnitte, Verschiedenheiten im Alter und sonstigen Eigenschaften der verbundenen Organe u. dgl. mehr, gegründet. Für die Praxis hat nur ein sehr beschränkter Teil dieser Methoden Bedeutung, und Männer, die den Gegenstand nur von diesem Standpunkte aus beurteilen, die das Verfahren nur als Mittel zum Zweck betrachten, haben es daher gelegentlich an geringschätzigen Be- merkungen nicht fehlen lassen. Für unsere Aufgabe ist die Arbeit Thowin’s von grosser Wichtigkeit. Gerade der Umstand, dass er die Verbindungen weniger aus Rücksicht auf ihren Zweck, als um ihrer selbst willen ausführt, macht seine Leistung für uns wertvoll. Indem er die Methoden so verschieden als möglich ausbildet, 1) Thowin, A. Monographie des Greffes ou Description technique des diverses sortes des Greffes employees pour la multiplication des Vegetaux. Ohne Ort und Jahreszahl. — Diese Schrift ist der Hauptsache nach ein Wieder- abdruck der Aufsätze, die der Verfasser in den Annales du Museum d’histoire naturelle T. XII, XVI und XVII. Paris, 1809. 1810 und 1811 veröffentlichte. — Noch einmal gedruckt in dem Cours de Culture et de Naturalisation des Vegetaux. Par A. Thouin. Paris, 1827. p. 347 ff. Man vergl. ferner den Artikel Greffe des Verfassers im Nou- veau Cours d’Agriculture. x 20 zeigt er, wie weit die Verbindungen nach gewissen Richtungen sich ausführen lassen. Das Thouin eine derartige Arbeit ohne jeden theoretischen Gesichtspunkt, lediglich aus Freude am Versuch, unter- nahm, bringt ihn in die geistige Verwandtschaft Afffner's, dessen er in seiner Arbeit zwar erwähnt. den er aber nicht gentigend gekannt zu haben scheint. Noch emen Schritt weiter in der Ausbildung der einzelnen Methoden. als Thouin, geht sein Schüler Noisette ’), einer der zu seiner Zeit bekanntesten Gärtner Frankreichs. Er fügt den 119 Formen Thowin’s noch 18 weitere hinzu, und unterscheidet somit im Ganzen 137 Methoden, die grösste Zahl. die je beschrieben worden ist. Es ist selbstverständlich, dass für sie in erhöhtem Maasse alles gilt. was eben über Thowin gesagt wurde. Eine gute Uebersicht der wichtigsten zu jener Zeit in Frankreich gemachten Erfahrungen findet man bei Sageret ?). Seine Darstellung stützt sich hauptsächlich auf die Arbeiten Thowin’s und v. Tschoudy s. deren Inhalt z. T. wörtlich wiedergegeben wird. Eigene Beobachtungen teilt Sageret nicht mit. be- spricht aber die sämtlichen hierher gehörenden Gegenstände mit Umsicht und Sachkenntnis. Während sich selbst Männer wie Thowin und Sageret um die histologischen Vorgänge der Ver- wachsung gar nicht kiimmerten, machte Turpin?) gerade diese zum Hauptgegenstande seiner Be- trachtung. Er untersuchte besonders eme Verbindung des Epiphyllum truncatum mit Cereus trian- oularis als Unterlage und beobachtete, dass die Gewebe beider zwar vollständig verwachsen, aber keine eigentliche Verschmelzung eingehen, dass sie sich an der Grenze streng gesondert halten, eine That- sache, die auch Duhamel, dessen Twrpin nicht gedenkt, wohl bemerkt hatte. Aehnliche Wahrneh- mungen machte er an Bäumen und wies bestimmt darauf hin, dass jede Form in der Verbindung ihre spezifische Wachstumsweise bewahrt, und dass sich dies auch histologisch nachweisen lässt. Die von ihm hierzu gegebenen Abbildungen stellen die besten dar, die bis dahin überhaupt über diese Dinge geliefert worden waren. — In seiner allgemeinen Betrachtung geht er von dem Satze aus, dass alle Verwachsung auf der Thätigkeit lebendiger Zellen .beruhe, und bringt nun die zahlreichen in der Natur vorkommenden Verwachsungen von Stengeln, Blättern, Blüten u. s. w. als „greffes na- turelles“ mit den künstlich herbeigeführten Verbindungen in Zusammenhang. Er weist ferner auf die Verwachsungserschemungen am Thierkörper, auf die Nasen- und Hautpfropfungen hin, und betont die prinzipielle Einheit der fraglichen Erscheinungen in den beiden Reichen. Dies alles aber genügte semem Verallgemeinerungs-Drange noch nicht. Er suchte auch in der unorganischen Natur nach etwas, auf das er seinen Begriff „greffe“ anwenden könne, und fand dies in der gegenseitigen Anziehung der Molekeln. Welche Bedeutung er dieser Anschauung beileste, erhellt am besten aus dem seiner interessanten Abhandlung vorgesetzten Motto: „L’action de la soudure vitale entre des tissus organiques analogues, est toute dans l’attraetion mutuelle des molecules dont se composent les masses tissulaires conjointes*. Wir können diesen Zeitraum nicht behandeln, ohne des Namens van Mons *) zu gedenken. Be- kanntlich war er es, der die Lehre Anighfs vom Aussterben der alten Obst-Rassen wieder autgriff, und sie zum Ausgangspunkt seiner eigenen Theorie machte, die eine ausserordentliche Bewegung in der betreffenden Litteratur hervorrief. Diese Theorie selbst liegt ausserhalb des Rahmens unserer Arbeit und ist daher hier nicht zu erörtern; nur einer Aeusserung van Mons’ über das Veredeln sei gedacht. Seine Anschauung über das Verhältnis zwischen Reis und Unterlage drückt er in Sätzen 1) Noisette, L. Manuel complet du Jardinier. 2. Ed. 5 T. Paris, 1835. T. II. p. 1 ff. — 2) Sageret. Pomologie physiologique. Paris, 1830. p. 13 ff. — 3) Turpin, J. F. Memoire sur la greffe ou le collage physiologique des tissus organiques. Annales des Sciences naturelles. T. XXIV. Paris, 1831. p. 280 ff. Tab. 15—17. — 4) Van Mons, J. B. Arbres fruitiers. 2. T. Louvain, 1835 et 1836. 21 aus wie diesem !): „La greffe fait au pied prendre toutes ses habitudes et l’oblige A renoncer A toutes les siennes. Le pied ne force la greffe a rien de pareil.“ Es bedarf kaum der Bemerkung, dass diese Behauptung unrichtig ist. Sie steht mit der Thatsache im Widerspruch, dass das Wachstum eines Reises je nach der Unterlage sehr verschieden ist, Dinge, die van Mons sehr wohl bekannt waren, und die er selbst in einem besonderen Abschnitte eingehend behandelt ?). Offenbar ist jene Aeusserung nebst anderen ähnlichen durch den Umstand hervorgerufen, dass nach Anight's und seinen eigenen Erfahrungen keine, auch nicht die gesundeste, Unterlage im Stande ist, ein mit krankhaften Eigenschaften behaftetes Reis dahin zu beeinflussen, dass es sich zu einem gesunden Stamm entwickle. Es leuchtet jedoch em, dass diese Thatsache zu dem erwähnten Schlusse keine Berechtigung verleiht. Verbände man em gesundes Reis mit krankhafter Unterlage, so würde man finden, dass die Ver- bindung ebenfalls zu Grunde ginge. Auf diese Bemerkungen über die Anschauung des berühmten Pomologen wollen wir uns hier beschränken. Seine Theorie und alles, was damit zusammenhängt, bedarf emer erneuten Behandlung, die ich an anderer Stelle zu geben gedenke. An diesem Orte sei auch kurz der Darstellungen erwähnt, die unser Gegenstand in den bekannten Handbüchern der Pflanzen-Physiologie aus der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts gefunden hat. Die Bemerkungen Senebier's ’) stützen sich, so weit ersichtlich ist, auf die Angaben Duhamel’s und Cabanis’, und gehen darüber nicht hinaus. Viel ausführlicher ist der das Veredeln betreffende Abschnitt bei de Candolle’), der die „ope- ration merveilleuse“ ®) mit offenbar grosser Neigung behandelt. Er giebt eine gute Darstellung der wichtigsten bis dahin gemachten Erfahrungen, sowohl der praktisch als der mehr theoretisch wichtigen. Was seine besonderen Vorstellungen über die Vorgänge beim Veredeln, die dabei stattfindende Be- wesung der Säfte u. s. w. betrifft, so muss darüber auf das Werk selbst verwiesen werden. Der kurzen, von Treviranus °) gegebenen Erörterung liegen hauptsächlich die Darstellungen Knight’s und Thowin’s zu Grunde. Beträchtlich umfangreicher ist das die Veredlung behandelnde Kapitel in Meyen’s') Physiologie. Dieser Autor beschreibt die wichtigsten Operationen und stellt sodann allgemeime Regeln über das Verhältnis der zu verbindenden Pflanzen auf, die wir hier jedoch nicht näher zu besprechen brauchen. Im Anschluss an die Handbücher der Physiologie sei hier zunächst zweier Schriften über die Theorie des Gartenbaues gedacht, in denen ihrer Natur nach die Lehre von der Veredlung einen wich- tigen Platz einnimmt. Sehr eingehend beschäftigt sich Zindley°) mit unserem Gegenstande. Er er- örtert zahlreiche, hauptsächlich m England gebräuchliche, Veredlungs-Methoden, und knüpft daran allgemeine Betrachtungen von mehr theoretischer Natur. In ähnlicher, jedoch weniger ausführlicher Weise behandelt Zegel®) die Sache. Da die Darstellungen beider Männer jedoch nichts wesentlich Neues enthalten, so erscheint ein näheres Eingehen auf dieselben nicht erforderlich. Indem wir damit die allgemeine litterarische Erörterung schliessen, wenden wir uns nunmehr zu einer kurzen Betrachtung der Fragen, die hauptsächlich in den letzten Decennien die Forschung bewegten. o' oO Wie früher hervorgehoben, wurde schon im Anfang des vorigen Jahrhunderts beobachtet, dass die 1) 1. ec. I, p. 31. — 2) 1. e. I, p. 110. „Influence du sujet sur le fruit de la greffe.* — 3) Senebier, J. Physio- logie vegetale. Geneve, 1800. T.-IV. p. 398 fi. — 4) de Candolle, A. P. Physiologie vegetale. Paris, 1832. T. II. p. 782 ff. Uebersetzung von Roeper. Bd. II. S. 501 ff. — 5) An einer anderen Stelle, p. 812, heisst es: „La greffe est certainement l’un des resultats les plus etonnans de la vegetation“. — 6) Treviranus, L. C. Physiologie der Ge- wächse. Bonn 1835—1838. S. 647 ff. — 7) Meyen, F. J. T. Neues. System der Pflanzen-Physiologie. Berlin, 1837—1839. Bd. III. S..72 #£. — 8) Lindley, J. The Theory and Practice of Hortieulture. 2. Ed. London, 1855. p. 303 ft. — 9) Regel, E, Die Pflanze und ihr Leben in ihrer Beziehung zum Gartenbau. Zürich, 1855. S. 353 ff. 2) sogenannte Panachtire, die Weissbuntblättrigkeit, vom Kdelreis auf den Grundstock übertragen werden kann. In unserem Jahrhundert zunächst von Noisette’) wieder wahrgenommen. fand die Thatsache weitere Bestätigung durch Lemoime?), Wrot und Morren*) und Andere. Lindemuth*) endlich unter- warf die Sache einer eingehenden Untersuchung, durch die nicht nur die Angaben seiner Vorgänger festgestellt, sondern auch der Gang und die Verbreitung der Infeetion denn um eine solche handelt es sich von Reis auf die Unterlage verfolgt wurden. In nahen Zusammenhang mit der Uebertragbarkeit der Panachiüre steht die Frage nach den sogenannten Pfropfhybriden, d. h. Pflanzen mit den Bigenschaften der Bastarde, die aber nicht auf geschlechtlichem, sondern auf vegetativem Wege, durch „Vermischung der Säfte“ beim Veredeln ent- standen sein sollen ?). Solchen Ursprungs ist angeblich die Bizarria-Orange. 1644 von einem Gärtner in Florenz gezüchtet. Den eigentlichen Ausgangspunkt der neueren lebhaften Erörterung der Frage bildet aber der berühmte Cytisus Adami Poit. Nach der von Poiteau ®) wiedergegebenen Darstellung des Gärtners Adam im Paris beruhte die Entstehung der merkwürdigen Pflanze auf folgenden Um- ständen. „En 1825, jai greffe en ecusson, selon mon usage, un certain nombre de Oytises pourpres (Oytisus purpureus) sur autant de sujets de Öytise des Alpes (Oytisus Laburnum): Yun de ces Eeussons a boude un an, comme cela arrive assez souvent, et pendant ce temps l'oeil s’est beaucoup multiplie, comme cela arrive egalement assez sonvent; Ja seconde annee, tous les yeux de cet &cusson ont parti, et parmi les rameaux qui en sont provenues, jen ai remarque un qui se distinguait des autres par un plus grand developpement, par une direction verticale, et par des feuilles beaucoup plus grandes, assez semblables a celles du Cytise des Alpes. Alors, j'ai greffe et multiplie ce rameau, esperant que ce serait une variete interessante; mais ayant toujours vendu les arbres ä mesure que je les multi- pliais de greffe, je n’en ai jamais vu la fleur. * So die Angaben Adams. Es lässt sich nicht läugnen, dass sie an Unbestimmtheit leiden und mancherlei Emwürfen Raum geben. Darauf beruht es offenbar, dass verschiedene Autoren — es sei hier nur Nägeli ?) genannt, — sie ganz unbeachtet gelassen und den Cytisus Adami einfach für einen gewöhnlichen Bastard erklärt haben. Das seltsame Verhalten der Pflanze aber, die häufig vorkom- menden Rückschlagsbildungen °) zu den beiden Elternformen , sei es in ganzen Sprossen mit Blüten- ständen , sei es in einzelnen Blüten oder deren Teilen, hat die Frage nach ihrer Entstehung immer von neuem wachgerufen. Von besonderer Bedeutung wurde der Umstand, dass Darwin?) sich für die Pfropfhybriden aussprach, und diese Bildungen durch seine Hypothese der Pangenesis zu erklären versuchte. Seine Aeusserungen gaben die Anregung zu einer Reihe von Untersuchungen, sämmtlich zu dem Zwecke angestellt, die fraglichen Bastarde herzustellen. Da verschiedene Bemühungen. den eigentümlichen Cytisus noch einmal zu gewinnen, fehlgeschlagen waren, so griff man nunmehr zu 1) Noisette, L. Manuel complet du Jardinier. Paris, 1835. T. II. p. 20. — 2) Journal de la Societe imper. et centr. d’Hortieulture de France. 1869. p. 47. — 3) Bulletin de l’Academie royale de Belgique, 2, Serie. T. NXVIIL Bruxelles, 1869. p. 434. — 4) Lindemuth, H. Vegetative Bastarderzeugung durch Impfung. Landwirthschaftliche Jahrbücher, herausgeg. von Thiel. 1878, Heft 6. Sep.-Abdruck, S. 20 ff. — 5) Hierüber handeln ausführlich: v. Gärtner, ©. F. Versuche und Beobachtungen über die Bastarderzeugung im Pflanzenreich. Stuttgart, 1849. S. 606 ff. — Caspary, R. Ueber Pfropfhybriden. Bulletin du Congres international de Botanique et d’Horticulture reuni a Amsterdam, 1865. p. 65 ff. — Darwin, Ch. The Variation of Animals and Plants under Domestication. 2. Ed. London, 1885. p. 413 ff. In diesen Schriften findet man auch Angaben über die reiche Litteratur dieses Gegenstandes. — 6) Annales de la Societe d’hortieulture de Paris. VII, p- 95. Da mir das Original nicht zur Ver- fügung steht, so gebe ich das Citat nach: Morren, E. Notice sur le Cytisus X. purpureo-Laburnum ou Cytisus Adami Poit ete. Gand, 1871. p. 6. — 7) Nägeli, C, Botanische Mittheilungen. Bd. II, München, 1866. S. 291. — 8) Vergl. bes. Braun, A. Betrachtungen über die Erscheinung der Verjüngung in der Natur. Leipzig, 1851. S. 337 #. — 9) 1. e. 1. Aufl. London, 1868. I. p. 387 ff.; II, p. 364 und 387. 23 anderen Objecten und glaubte besonders in der Kartoffel emen geeigneten Körper zu finden. Der erste, der sie verwandte, war schon 1867 rail‘). An seine Angaben schlossen sich die Versuche und Beobachtungen Hildebrand’s ?), Taylor’s°), Fitepatrick’s*), Fenn’s®), Rintoul’s°), Reuter’s ?), Magnus’ °), Neubert’s ®) , Reuters”) und Anderer. Alle Genannten behaupten, Pfropfbastarde her- gestellt zu haben; em Theil der angeblich hybriden Knollen wurde öffentlich in Gesellschaften vor- gelest. In Versuchen dagegen, die von Darwin !®), Regel, Lindemuth’') u. A. ausgeführt wurden, gelang die Bildung der Bastardformen nicht. Der zuletzt genannte Autor, dessen Urteil sich auf zahlreiche, mit aller Sorgfalt angestellte Experimente stützt, unterzieht die Angaben seiner Vorgänger einer kritischen Besprechung, die, soweit ich nach eigenen Erfahrungen schliessen darf, die richtigen Punkte berührt. Auch mir ist es höchst wahrscheinlich, dass die eigentümlichen Erschemungen, welche die angeblich hybriden Knollen darbieten, eine andere Deutung fordern, als die ihnen gegebene. Dass meine eigenen Bemühungen, solche Mischknollen zu gewinnen, erfolglos waren, wird im experi- mentellen Teile dieser Arbeit näher angegeben werden. Im Anschluss an die Pfropfbastarde wurde ferner das Verhältnis erörtert, in dem die vegetative Verbindung zur geschlechtlichen steht. Besonders Gärtner '?), der grosse Kenner der Bastarde, be- handelte diese Frage. Er stellte erstens fest, dass die Fähigkeit der Gewächse, sich vegetativ ver- binden zu lassen, viel grösser ist, als die zur Bastardbildung. So kann man die Glieder zahlreicher Gattungen durch Pfropfung vereinigen, während Gattungsbastarde eine seltenere Erscheinung sind. Zweitens wies er darauf hin, dass die Neigung zu vegetativer Verbindung kemeswegs mit einer Nei- sung zu geschlechtlicher Vereinigung Hand in Hand geht. Die Gattungen der Pomaceen, Amyg- daleen und Rosaceen bieten gegenseitigen Pfropfungen nur germge Schwierigkeit, zeigen aber keine Neigung zur Bastardbildung. Die vegetative und die sexuelle Affinität können also neben einander bestehen, aber es kann auch die eine vorhanden sein, die andere dagegen gänzlich fehlen, — eine wichtige Thatsache. Eine Reihe von Arbeiten endlich beschäftigte sich mit der Aufhellung der histologischen Vor- gänge bei den verschiedenen Formen der Veredlung. Der älteren Bemühungen Duhamel’s und Tur- pin’s ist oben gedacht worden. Bei seinen Untersuchungen über das Ueberwallen der Tannenstöcke berührte Göppert '?) auch die Frage nach dem Verwachsen beim Pfropfen. Er fand, dass die Ver- bindung zwischen Reis und Unterlage durch ein besonderes diekwandiges Parenchym hergestellt wird, das er als intermediäres Zelloewebe bezeichnete. Erst die im zweiten Jahre sich bildenden Holzringe beider Teile hatten sich vereinigt, und nun jenes Zellgewebe eingeschlossen. Zum Gegenstande einer besonderen Untersuchung machte Zink !*) die Verwachsungserscheinungen. Auch er beobachtete, dass die Verbindung zwischen Reis und Grundstock durch ein anfänglich zart- wandiges Parenchym eingeleitet wird und gab eine Abbildung !°) dieses Gewebes, die, soweit mir be- kannt, erste, die bis dahin hergestellt worden ist. Erst später, nach der Entstehung des Paren- chyms, geht die Vereinigung der Holzkörper vor sich. War diese erfolgt, so konnte Link von dem 1) l. ec. 2. Ed. p. 420. — 2) Botanische Zeitung, 1868. S. 321 ff. — 3) Gardener’s Chronicle etc. f. 1869. p. 220. — 4) ibidem. 1869. p. 335. — 5) ibidem. 1869. p. 1018. — 6) ibidem. 1870. p. 1506. — 7) Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforschender Freunde. Oktober 1871. — 8) ibidem. November 1872. — 9) ibidem. November 1874. 10)1. e. I. Aufl. I, p. 444 — 11) Lindemuth, H. Vegetative Bastarderzeugung durch Impfung. Berlin, 1878. Sonderabdruck aus den Landwirthschaftlichen Jahrbüchern. 8.37. Hier auch eine genaue Beschreibung der'Methode der Knollenpfropfung, sowie eine eingehende Darstellung der Litteratur. — 12) 1. ce. S. 629 ff. — 13) Göppert, H. R. Beobachtungen über das sogenannte Ueberwallen der Tannenstöcke. Bonn, 1841. S. 21. — 14) Link, H. F. Ueber Wachsen und An- wachsen im Pflanzenreiche. Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des Gartenbaues in den K. Preuss, Staaten. 20. Bd. Berlin, 1851. S. 179 ff. — 15) Taf. III, Fig. 2. Die Zeichnungen sind von (€. F. Schmidt’s Hand ausgeführt 24 Parenchym nichts mehr wahrnehmen eine allerdings mangelhafte Beobachtung. Auch die Ver- wachsung fleischiger Körper untersuchte er und sah, dass bei einer Verbindung von Epiphyllium Alten- steinii mit einem Stamm derselben Art in der Naht zahlreiche Gefüsse mit verschiedenen Wandver- diekungen gebildet waren. Die Schlüsse jedoch, die er an diese richtige Wahrnehmung kntipft, sind nicht ganz stichhaltig, bedürfen hier aber keiner weiteren Erwähnung. Auch Hanstein*) wandte den Verwachsungen sein Augenmerk zu; seine Arbeit ist mir jedoch nicht zu Gesicht gekommen. Wie ich aus Sorauer’s?) Angaben entnehme, führt Hanstein die ge- samte Neubildung an der Verwachsungsstelle auf die Thätigkeit des Cambiums zurück. Die Aeusse- rungen, die sich in den Schriften der Praktiker *) über Hanstein’s Angaben gelegentlich finden, zeugen nicht von völligem Verständnis derselben. Seinen friiheren, nur gelegentlich gemachten Bemerkungen liess Göppert*) im Jahre 1874 eine monographische Bearbeitung unseres Gegenstandes folgen, aus der wir hier nur wenig hervorheben wollen. Die Vereinigung von Reis und Unterlage wird durch ein parenchymatisches Gewebe her- gestellt, das sich aus den Markstrahlen entwickelt und mit dem des Pfröpflings in Verbindung tritt °). Gleichzeitig mit der Entstehung dieses intermediären oder Verbindungs-Gewebes treten die Cambial- lagen des „Pfröpflings“ und „Subjeets“ in einen so innigen Zusammenhang, dass man ihre Grenze nicht auf dem Querschnitt, sondern nur noch auf dem Längsschnitt wahrnimmt. Hier ist sie jedoch stets deutlich erkennbar und wird von unserem Autor als „Demarkations-Linie* bezeichnet. Dieser inneren Linie entspricht eine äussere, die an der Peripherie der Stämme in der Regel sichtbar ist. Während Göppert sich vorwiegend auf die von fertigen Verwachsungen gebotenen Bilder stützt, sucht Sorauer ®) in den Vorgang der Entwickelung der letzteren selbst einzudringen. Vor allem zeigt er hierbei, dass das Verbindungs-Gewebe, von ihm „Kittgewebe“ genannt, verschiedenen Ursprungs sein kann. Es wird sowohl gebildet an der Oberfläche des Holzkörpers der Unterlage, als an der Innenseite der abgehobenen Rindenlappen der letzteren, als endlich an der Innenseite der Rinde des Edlings. Der Prozess ist für das Okulieren eingehend beschrieben, es muss hier jedoch bezüglich aller Einzelheiten auf das Original selbst verwiesen werden. Zuletzt gab Strasburger ‘) eine Darstellung der Verwachsungs-Verhältnisse, die bei der Ver- bindung einer Kirschenknospe mit ihrer Unterlage durch Okulation nach Verlauf eines Jahres einge- treten waren. Er beschreibt den Bau der Grenzzone zwischen Knospe und Wildling, in welcher die eigentliche Grenze als eine vielfach unterbrochene gelbbraune Linie hinläuft. Diese Farbe rührt teils von gebräunten Zellwänden, teils von Wundgummi her, das in den Zellen und Gefässen gebildet wurde. Strasburger erörtert ferner die Zusammensetzung des Verbindungsgewebes aus parenchymatischen Zellen, sowie den Ursprung dieser Elemente, und weist sodann auf das Uebergangsgewebe hin, das sich zwischen dem genannten Parenchym und dem normalen Holze findet. Endlich wird die Ver- einigung des Cambiums der Unterlage mit dem des Knospenschildes genau beschrieben. Indem wir damit die historische Uebersicht verlassen, sei ausdrücklich bemerkt, dass alle beson- deren, zu unserer Untersuchung Beziehung bietenden. Angaben im Nachfolgenden an den geeigneten Orten Besprechung finden werden. Zum Schluss wollen wir noch einige der wichtigsten Schriften 1) Hanstein, J. Das Reproductions-Vermögen der Pflanzen in Bezug auf ihre Vermehrung und Veredlung. Wiegandt’s Volks- und Gartenkalender. 1865. S. 100. — 2) Sorauer, P. Handbuch der Pflanzenkrankheiten. 2. Aufl. Berlin, 1886. I. S. 680 Anm. — 3) Z. B. bei Teichert. Gärtnerische Veredlungskunst. 2. Aufl. Berlin, 1880. S. 6. — 4) Göppert, R. H. Ueber innere Vorgänge bei dem Veredeln der Bäume und Sträucher. Cassel, 1874. — 5) 1. ce. S. 2. — 6) Sorauer, P. Vorläufige Notiz über Veredlung. Botanische Zeitung. Leipzig, 1875. S. 201. — Ausführ- licher im Handbuch der Pflanzenkrankheiten. I. S. 672, — 7) Strasburger, E. Das botanische Praeticum. 2, Aufl. Jena, 1887, S. 281. 25 aus neuerer und neuester Zeit nennen, in denen die Veredlungs-Methoden und die damit zusammenhäng- enden Gegenstände vom lediglich oder doch vorwiegend praktischen Standpunkte aus behandelt werden. Ausschliesslich der Veredlung gewidmet sind: Förster, €. F. Die Impfungen, der Triumph der künstlichen Pflanzen-Vermehrung. Leipzig, Dresden und Wien. Ohne Jahr. Eine der besten Schriften, in der auch die theoretischen Fragen mit Sachkenntnis dargestellt werden. Teichert, 0. Gärtnerische Veredlungskunst etc. 2. Aufl. bearb. von Fintelmann. Berlin, 1880. Enthält auch einen längeren geschichtlichen Abschnitt über die Entwickelung der Veredlungs-Methoden in Deutschland. Baltet, Ch. L’Art de Greffer. IV. Ed. Paris, 1888. (464 5.) Sehr ausführlich. Giebt eine Beschreibung aller wichtigeren Methoden und die Anwendung derselben auf mehr als 160 Pflanzen-Gattungen. Mehr oder minder eingehende Darstellungen der Veredlungs-Arten finden sich ferner in den Schriften über Pflanzen-Vermehrung, von denen wir nur nennen wollen: Neumann. Die Kunst der Pflanzenvermehrung u. s. w. 4. Aufl. bearb. von J. Hartwig. Weimar, OT STOFFE: Carriere, J. Guide pratique du Jardinier multiplicateur. Vergriffen. Von A. Courtin deutsch bearbeitet und herausgegeben unter dem Titel: Die Pflanzen-Vermehrung. Stuttgart. 8. 140 ff. Sckell, J. Anleitung zur Vermehrung der Pflanzen. 2. Aufl. Leipzig, 1867. S. 39 #. Besondere, teilweise ausführliche Abschnitte widmen den Veredlungen ferner die Schriften über Baumzucht, von denen nur genannt seien: Hardy, J.-A. Traite de la Taille des Arbres fruitiers. VI. Ed. Paris, 1875. p- 324 f. Du Breuil, A. Prineipes generaux d’Arborieulture. Paris, 1876. p. 148 ft. Jäger, H. Die Baumschule. Hannover und Leipzig, 1877. 8. 90 ft. Lucas, E. und Medicus, F. Die Lehre vom Obstbau. 7. Aufl. Stuttgart, 1886. S. 45 ff. Untersuchungs-Objekte und -Methoden, Die Lösung der im Eingang bezeichneten Aufgaben setzt dazu geeignete Objecte voraus. Ein grosser Teil der das Hauptproblem zusammensetzenden Teilfragen lässt sich nur mit fleischigen Kör- pern beantworten, und auch unter diesen ist nicht jeder passend. Von allen am geeignetsten erwiesen sich die fleischigen Wurzeln mit raschem Wachstum. und unter diesen war es die Runkelrübe, die sich besonders auszeichnete. Der Bedeutung wegen, die dieser Körper für unsere Untersuchung hat, dürfte es nicht überflüssig sein, seine Wachstumsweise, wenn auch nur kurz und lediglich erinnernd, vor Augen zu führen '). Die Runkelrübe, Beta vulearis, ist ein zweijähriges Gewächs. Im Frühjahr aus Samen gezogen, führt sie in der ersten Vegetations-Periode der Regel nach ein ausschliesslich vegetatives Leben. Sie bildet in raschem Wachstum oben den, auch als hübenkopf bezeichneten, Stamm mit der Blätter- krone, unten den Rübenkörper, bestehend aus dem hypoeotylen Gliede und der Hauptwurzel, die mit zahlreichen dünnen Seitenwurzeln besetzt ist. Das Verhältnis zwischen der Grösse des Kopfes und der Rübe, ferner die Gestalt, Farbe und Grösse des ganzen Körpers sind bei der grossen Zahl der von den Züchtern hervorgebrachten Rassen sehr verschieden. — In der zweiten Periode findet kein Wachs- 1) Ausführliche Angaben findet der Leser in folgenden Schriften: de Vries, H. Beiträge zur speciellen Physio- logie landwirthschaftlicher Culturpflanzen. VI. Keimungsgeschichte der Zuckerrübe. VII. Wachstumsgeschiehte der Zuckerrübe. In den Landwirthschaftlichen Jahrbüchern, herausgegeben von Thiel. Bd. VIL Berlin, 1879. 8.13 und 479. — Ueber die Formen vergleiche man: Knauer, F. Der Rübenbau. 6. Auflage. Berlin, 1866. Vöchting, Ueber Transplantation. 4 26 tum der Rübe mehr statt; nunmehr entwickelt sich die Axe und erzeugt den Blüten- und weiterhin den Fruchtstand. Nach der Ausbildung des letzteren stirbt die Pflanze ab. Während des vegetativen Lebens im ersten Jahre leistet die Pflanze eine höchst energische Pro- duktions-Arbeit. Das Ergebnis derselben ist erstens der umfangreiche, bis zum Schluss des Herbstes erzeugte Körper, sodann ein Nahrungsüberschuss, der in der Gestalt von Rohrzucker in Rübe und Stengel abgelagert wird. Im zweiten Jahre ist die Produktions-Arbeit nur gering; der reiche Bedart an plastischer Substanz, den Blüten und Früchte zu ihrer Ausbildung erfordern, wird jetzt der Haupt- sache nach durch die im ersten Jahre aufgespeicherten Reserve-Stoffe gedeckt. Das starke Wachstum der Rübe in der ersten Vegetations-Periode. der Gehalt ihrer Zellen an Nährstoffen, die stete Zufuhr von Reserve-Material. bilden Eigenschaften, die diesen Körper zu einem vorzüglichen Untersuchungs-Objeet machen. Dazu gesellen sich noch andere Umstände. vor allem die grosse Widerstandsfähigkeit der Gewebe. Stücke, aus der Wurzel oder dem Rübenkopf geschnitten, zeigen so gut wie keine Spannung und behalten, wenn vor Verdunstung geschützt, längere Zeit ihre Gestalt, ohne sich zusammenzuziehen. Bei vorsichtiger Operation gehen fast nur die vom Schnitt ge- troffenen Zellen zu Grunde, während alle übrigen lebendig bleiben. Wichtig für unsern Zweck ist ferner der Modus des Diekenwachstums der Rübe ’). Indem wir hier von der ersten Gewebe-Differenzierung und der Anlage des primären Cambiums absehen und auf die betreffende Litteratur verweisen, erinnern wir nur daran, dass der Rübenkörper nicht vermittelst eines dauernd thätigen Cambium-Ringes wächst, sondern dass das Cambium nach einer begrenzten Zahl von Teilingen sein Wachstum einstellt und in Dauergewebe übergeht, indes in der sekundären Rinde die Anlage eines neuen Cambium-Ringes erfolgt, der in seinem Verhalten dem früheren gleicht. Das Gewebe der Rübe erweist sich sonach als in hohem Grade fähig zur Cambium-Bildung. eine Eigenschaft, die unsern Körper zur Lösung verschiedener Fragen besonders geeignet macht. Von den vielen Rassen der Runkelrübe gelangte eine beträchtliche Zahl zur Anwendung, je nach der besonderen Aufgabe bald diese, bald jene Form. Was die genaueren Angaben betrifft. so sei auf die Versuche selbst verwiesen, hier jedoch schon hervorgehoben, dass da, wo es sich um die Trans- plantation von Gewebestücken handelte, hauptsächlich solche Formen benutzt wurden, die eylindrische, kegelförmige oder verlängert ovale Gestalt, ein kräftiges Diekenwachstum und die Eigentümlichkeit besitzen, den oberen Teil ihres Wurzelkörpers aus dem Boden zu erheben. Ausser der Runkelrübe wurde, jedoch in ungleich geringerem Grade, auch die grosse weisse Rübe. Brassica Rapa L. f. eseulenta, zum Experiment verwandt. Die eben genannten Objecte können selbstverständlich nur zu solchen Versuchen benutzt werden. die keine längere Dauer beanspruchen. War diese erforderlich, dann wurde zu holzigen Gewächsen gegriffen. Unter ihnen ergab hauptsächlich Cydonia japonica ein zur Beantwortung der meisten hier gestellten Fragen geeignetes Object. Daneben kamen andere Pomaceen, ferner Salix-Arten, Coni- feren, Corylus u. s. w. m Gebrauch. Um nun zu den Operationen selbst zu gelangen, so sind sie sämtlich sehr einfach und bei einiger Vorsicht leicht auszuführen. Für die Holzgewächse wird nichts vorausgesetzt, als die Kenntnis der gebräuchlichen gärtnerischen Veredlungs-Methoden, über die sich der Nichteingeweihte in jedem Gartenbuche oder in den früher angeführten besonderen Schriften Rats erholen kann. Dagegen mögen hier einige Bemerkungen über die Operationen an fleischigen Wurzeln Platz finden. In der Regel handelt es sich dabei um das Schneiden und Herausheben würfelförmiger oder rechtwinklig parallel- 1) de Bary, A. Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane der Phanerogamen und Farne. Leipzig, 1877. S 616. — Droysen, K. Beiträge zur Anatomie und Entwickelungsgeschichte der Zuckerrübe. Halle, 1877. S. 27 #. 27 epipedischer Gewebestücke, wozu einiges Geschick und Uebung erforderlich sind. Das dabei ange- wandte Verfahren besteht in Folgendem. Die zu den Operationen benutzten bald grösseren, bald kleineren Messer haben die in der Figur 1 bezeichnete Gestalt. Damit ausser den vom Schnitt getroffenen möglichst wenig Zellen verletzt werden, besitzen sie sehr flache Klingen, die, was zu bemerken fast überflüssig scheint, zur Vermeidung von Rissen stets scharf geschliffen sein müssen. Nach- dem der Körper der kübe in geeigneter Weise so aufgelegt worden ist, dass er sich nicht verschieben kann, werden die Schnitte geführt, und zwar zwei Paar paralleler, das eine Paar senkrecht, das andere parallel zur Längsaxe des Körpers. Alsdann wird dieser 90° um seine Längsaxe gedreht, und nun noch ein Längsschnitt ausgeführt, der senkrecht zu den vier früher angebrachten und parallel zu der Längsaxe der Rübe gerichtet ist Fig. 2 8. Länge und Tiefe dieses Schnittes sind derart. dass durch ihn die hintere Fläche des Stückes hergestellt wird. Die sämmtlichen fünf Schnitte erhalten eine Tiefe, die etwas über das erforderliche Maass hinausreicht. Ist die Operation gelungen, so genügt ein leichter Druck auf die Hinterfläche des Stückes. um es hervortreten zu lassen. Je nach der Aufgabe wird nun das Stück in seiner ursprünglichen oder in einer davon abweichenden Lage wieder eingesetzt. Soll die Wiedereinfügung so geschehen, dass die Vorderseite zur Hinterseite wird. so hebt man, um das Anwachsen zu erleichtern, den Kork und das unmittelbar darunter liegende Gewebe ab. Will man das Stück in seiner ursprünglichen Stellung wieder einfügen, so kommt es, wie ohne Weiteres einleuchtet, nicht darauf an. ob die Schnitte genau senkrecht geführt werden. Anders aber, wenn es eine abweichende Lage erhalten soll; dann bedarf es einer regelmässigen Formung des Stückes, die nur durch sorgfältige Operation zu erreichen ist. Anfänglich gelingen nicht alle Versuche, nach und nach aber stellt sich einige Sicherheit em, sodass nur wenige Experimente fehlschlagen. Beiläufig sei bemerkt. dass die Summe der vom Verfasser dieser Zeilen ausgeführten Operationen sich auf Hunderte beläuft. — Als Regel wurde beobachtet, dass, wenn die Herstellung des Stückes in der gewünschten Form nicht vollständig gelungen war, das Objekt einfach entfernt wurde. Die Zahl der bereit gehaltenen Pflanzen war stets so gross, dass der Verlust einzelner nicht in Betracht kam. Leichter ist die Operation, wenn die Stücke dreiseitig-prismatische Gestalt haben sollen. Man führt dann zwei zu einander geneigte Längsschnitte und zwei dazu senkrechte, quer zur Axe des Organs verlaufende, aus. Ist das Gewebestück an seinem Ort in die erforderliche Lage gebracht, so bedarf es eines Ver- bandes, über den jedoch wenige Worte genügen werden. Wird das Stück in seiner normalen Stellung wieder eingesetzt, so reicht ein einfacher, fest umgelester Verband von gutem, weichem Lindenbast, der sich stets als bestes Bindemittel bewährte, aus. Ist das Stück aber an seiner äusseren oder inneren Seite durch Abheben von Gewebeflächen verkleinert, so wird, wenn es dem Grunde der Höhle fest eingefügt werden soll, eine Ausfüllung des an seiner Oberfläche entstehenden Raumes erforderlich. 4* 28 Zu diesem Zweck dient eine dem Umfang der Lücke entsprechend grosse Lage weissen Schreibpapiers. deren Dieke nach der Tiefe des Raumes bemessen wird. Bei meinen ersten Versuchen wurde das Papier mit Oel getränkt, um etwa eindringende Feuchtigkeit abzuhalten. Spätere Erfahrung lehrte uber, dass zu diesem Mittel gar nicht gegriffen zu werden brauchte, und dass das einfache Papier genligte. Der Verband ist stets fest um den Körper zu legen. Er gewährt ein Mittel, um die Schnittflächen in innige Berührung zu bringen und etwa vorhandene kleine Unebenheiten an denselben unschädlich zu machen. Ist die Verwachsung erfolgt, so wird der Verband gelockert und später ganz entfernt, Soviel iiber die Operation und den Verband. Es sei nunmehr die sonstige Behandlung und Pflege der Objecte in’s Auge gefasst. Da die Rüben nur während des ersten Sommers energisch wachsen, so sind die Operationen, wenn sie ein entscheidendes Ergebnis liefern sollen, so früh im Jahre als möglich auszuführen. Zu dem Ende werden die Aussaaten am besten schon zu Ende Februar oder Anfang März in Mistbeet- kästen gemacht; dann sind im Mai oder spätestens Juni die Pflanzen stark genug, um die Operation zu gestatten. — Um diese anzustellen, enthebt man die Objecte vorsichtig dem Boden, feuchtet die Seitenwurzeln an, und nimmt dann nach sorgfältiger Reinigung der betreffenden Körperteile die Ope- yationen vor. Nach deren Vollendung werden die Pflanzen in ihrem Umfang entsprechende, nicht zu grosse Töpfe gesetzt, und nun in den feuchten Raum eines temperierten Glashauses gebracht. Hier erfolgt meist rasches Wachstum. Nach zwei bis drei Wochen ist der Verband zu lockern, und kann nach vier bis sechs Wochen, höchstens zwei Monaten, gänzlich entfernt werden. Ist die Verwachsung vollständig erfolgt, so werden die Objecte mit den ihnen anhaftenden Ballen an eine warme und geschützte Stelle in’s ‚Freie gepflanzt. Sind, was bei manchen Versuchen unvermeidlich, an den operierten Stellen Lücken, Oeffnungen vorhanden, so verschliesst man diese zuvor mit einem guten Baumwachs. Im Freien erfahren die Pflanzen meist rasche Entwickelung, und zeigen die Folgen der Operation bis zum Schluss des Herbstes in emer den Wünschen des Experimentators entsprechenden Weise. — Um sie im Winter in aller Ruhe untersuchen zu können. werden sie vor dessen Beginn aufs Neue in Töpfe oder Schalen gepflanzt, und nun im Mistbeetkasten oder Kalthause aufgestellt. Auf einen Punkt sei hier noch besonders hingewiesen. Es empfiehlt sich, bei dem im Frühjahr zum Zweck der Operation stattfindenden Herausnehmen der Pflanzen aus dem Boden die sämtlichen entwickelteren Blätter zu entfernen, um eine starke Verdunstung und die dadurch eintretenden Störungen zu ‚verhindern. Die Hemmung im Wachstum, die durch das Entfernen der Blätter entsteht, wird bald wieder ausgeglichen, da die Objecte in gleichem Schritt mit der nach dem Wiedereinpflanzen stattfindenden Neubewurzelung eine neue Blätterkrone erzeugen. Damit glauben wir die Bemerkungen über die im Ganzen einfache Pflege unserer Objecte schliessen zu können. Da die Runkelrübe ausserordentlich widerstandsfähig ist und selbst die ärgsten Miss- handlungen nicht nur erträgt, sondern dabei sogar noch vortrefflich gedeiht. so scheint sie zu unsern Versuchen geradezu wie geschaffen. Nachdem wir die normale Wachstumsweise des wichtigsten Untersuchungs-Objeetes. ferner die Operationen und die Behandlung der Pflanzen nach diesen betrachtet haben, mögen hier zunächst einige Angaben über das Regenerations-Vermögen der Runkelrübe Platz finden. Wir bringen die- selben hier an, da sich im experimentellen Teile unserer Arbeit kein rechter Ort dafür bieten wollte. die Thatsachen selbst aber auf manche der später zu besprechenden Erscheinungen Licht werfen. Dass die Hauptwurzel ihre Spitze, wenn man diese bis zu grösserer oder geringerer Höhe ent- fernt, durch eine Seitenwurzel oder deren zwei und selbst noch mehrere ergänzt, ist nach bekannten Erfahrungen selbstverständlich und braucht hier deshalb nicht näher erörtert zu werden. Erwähnt aa 29 sei aber, dass, wenn man im Frühjahr den dünnen langen Teil der Hauptwurzel von dem stärkeren trennt, und den letzteren der Länge nach bis zu einiger Tiefe spaltet, man bei vorsichtiger Behand- lung statt einer Hauptwurzel deren zwei erhält, die sich abrunden und ihr eigenes Wachstum erfahren. — Die entsprechenden Verhältnisse lassen sich auch beim jungen Stengel herbeiführen. Das Bestreben der Pflanze, stets eine verdickte Hauptwurzel zu bilden, erhellt am besten aus dem Verhalten der Stecklinge. Stellt man sich solche aus der Region der Blütenstände, und zwar aus den unteren, mit noch unentwickelten Knospen besetzten Teilen der Seitenzweige dar, so bewurzelt sich bei umsichtiger Pflege eine Anzahl derselben. An der Basis dieser Sprosse entstehen mehrere, selbst zahlreiche, feine, zunächst horizontal oder schwach abwärts gerichtete Adventiv-Wurzeln. Von diesen erlangt weiterhin eine den Vorzug: sie richtet sich abwärts und gestaltet sich nach und nach zu emer meist kräftig anschwellenden und je nach der Rasse verschieden geformten Hauptwurzel, die in gewohnter Weise mit Seitenwurzeln besetzt ist. (Taf. I. Fig. 1 a u. b.) Während dieser Vorgänge an der Basis der Stecklinge entwickeln sich aus ihren apicalen Knospen auffallend gestaltete Triebe. Dieselben bleiben kurz, erhalten aber beträchtlichen Umfang, sind fleischig und dicht mit anfangs kleinen, später aber grösser werdenden Laubblättern besetzt. Die ganze Form dieser Sprosse erinnert lebhaft an die Rübenköpfe mancher Rassen. Der sie tragende, ursprünglich dünne Spross nimmt ebenfalls, jedoch nicht bedeutend an Umfang zu, bildet aber, den gesteigerten Anforderungen an seine Festigkeit, seine Fähigkeit, Wasser zu leiten, u. s. w. ent- sprechend, im Innern einen kräftig gebauten Holzkörper. Die ganze so geformte Pflanze gewährt, mit einer normalen verglichen, einen eigentümlichen Anbliek. Aehnlichen Gestalten werden wir im Laufe unserer Untersuchung wieder begesnen, und gerade mit Rücksicht darauf wurde das Verhalten der Stecklinge hier erörtert. Zum Schluss noch einige terminologische Bemerkungen. In der Morphologie betrachtet man be- kanntlich die Vegetationspunkte des Sprosses und der Wurzel als analoge Bildungen, und es beruhen auf diesem Umstande die Ausdrücke „Scheitel“ oder „Spitze* und „Grund‘, „Basis“. Diese Bezeich- nungen sind schon seit langer Zeit in Gebrauch, auf ihre morphologische Bedeutung wurde aber erst durch Mohl°) in seinem bekannten Aufsatze bestimmt hingewiesen. In früheren Untersuchungen ?) habe ich auf experimentellem Wege bewiesen, dass jeder Pflanzen- teil, Spross, Wurzel und Blatt, polar gebaut ist; ich zeigte ferner, dass wir annehmen müssen. die Polarität sei auch in dem letzten Element jener Organe, der Zelle, vorhanden. Als Grundlage für die Beweisführung dienten die Resenerations-Erscheinungen. Ein Wurzelstück erzeugt an seinem Scheitel Wurzeln, an seiner Basis Knospen, ein Sprossstück dagegen umgekehrt an seiner Basis Wurzeln, an seinem Scheitel Knospen. Das Spross- und das Wurzelstück bilden also an ihren Scheitel- enden das morphologisch Gleichartige, an den basalen Enden aber das Uneleichartige. Den Pro- dukten nach entspricht also die Basis des Sprosses dem Scheitel der Wurzel, und umgekehrt der Scheitel des Sprosses der Basis der Wurzel. — Beim Blatt ist der Gegensatz zwischen Scheitel und Basis ebenfalls vorhanden, spricht sich aber in der Regeneration anders aus, als bei Wurzel und Spross: am Blatt oder Blattstück erzeugt die Spitze keine adventiven Organe, die Basis hingegen in manchen Fällen nur Wurzeln, in andern beides, Knospen und Wurzeln. 1) Mohl, H. Ueber die Symmetrie der Pflanzen. Erschien 1836 als Dissertation und wurde wieder abgedruckt in den „Vermischten Schriften botanischen Inhalts.“ Tübingen, 1845. S. 12. Man vergleiche ferner hiermit die von Schleiden gegebene vorzügliche Darstellung in dessen Grundzügen der wissenschaftlichen Botanik. Zweite Auflage. Leipzig, 1845 und 1846. 2. Theil. Allgemeine und specielle Morphologie. — 2) Vöchting, H. Ueber Organbildung im Pflanzenreich. 1. Theil. Bonn, 1878. 30 Da in der Biologie das Wort „Polarität* eines, noch aus den Zeiten der Naturphilosophie her- rührenden, etwas bedenklichen Rufes genoss, so vermied ich es in meiner ersten Arbeit völlig; wohl wurde der Ausdruck „polarer Gegensatz“ angewandt, im Uebrigen aber suchte ich mit den Bezeich- nungen Spitze, Scheitel und Basis auszukommen. So bestimmt aber auch die Angaben über die Be- deutung und Anwendung dieser Ausdrücke lauteten, die ich meiner Arbeit vorausschickte, sie waren doch nicht im Stande, Missverständnisse zu verhüten, die um so mehr störten, als sie sich noch mit anderen unriehtigen Vorstellungen über meine Arbeit verbanden. Inzwischen ist das Wort Polarität von anderen Autoren ohne Anstand gebraucht worden. und es ist in der That die richtige Bezeichnung für den tiefen inneren Gegensatz, um den es sich hier handelt, und dessen Natur und Bedeutung in der vorliegenden Arbeit eine neue Feststellung erfahren werden. Um die Missverständnisse, welche die morphologischen Ausdrücke mit sich bringen können, zu ver- ıneiden, wollen wir für die beiden Enden am Spross, an der Wurzel und an beiden Teilstücken fortan die Bezeichnung Wurzelpol oder positiver Pol, und Sprosspol oder negativer Pol ge- brauchen. Dieselben sind dadurch gekennzeichnet, dass am Sprosspol der beiden Organe Sprosse, am Wurzelpol Wurzeln entstehen. Was ihre Orientierung zum Erdradius betrifft, so gilt im allge- meinen die Regel, dass an der aufrechten Pflanze die Sprosspole nach oben, die Wurzelpole nach unten gerichtet sind. An der Wurzel ist ferner der Sprosspol das dickere, am Zweige das dünnere Ende. Wie aber gestalten sich die Verhältnisse am Blatt? Nach dem, was eben über seine Regene- rations-Erschemungen gesagt wurde, schemen für dasselbe die oben eingeführten Ausdrücke nicht zu passen. Von der Pflanze getrennt, bildet es an seiner Basis Wurzeln, und, wenn überhaupt. dann Sprosse am gleichen Orte; der Gegensatz in den Neubildungen ist hier nicht vorhanden. Nichts desto weniger aber lassen sich die Bezeichnungen Spross- und Wurzelpol oder, wenn man lieber will. po- sitiver und negativer Pol auch auf das Blatt und Blattstück anwenden, denn aus der vorliegenden Untersuchung wird sich ergeben. dass das basale Ende am Blatt anatomisch dem Wurzelpol am Spross und an der Wurzel, und damit das entgegengesetzte Ende dem Sprosspol der beiden Organe entspricht. Auf Grund dieser Analogie werden wir daher die fraglichen Ausdrücke auch beim Blatt anwenden, fügen jedoch ausdrücklich hinzu, dass es sich bei ihrem Gebrauch ledielich um bestimmte Bezeichnungen handelt, die für die Darstellung notwendig sind und die keineswegs etwa die innere Identität der gleichnamigen Pole an den verschiedenen Organen andeuten sollen. Wenn sie nicht gänzlich befriedigen, so ist zu bedenken, dass dies bei keinen Ausdrücken möglich sein wird. die für die drei verschiedenen Grundformen an der Pflanze zugleich gelten sollen. Dass dies der Fall sei, scheint aber aus mehr als einem Grunde wünschenswert, und deshalb werden wir sie auch beim Blatt gebrauchen, in der Hoffnung, dass durch die eben gegebenen Erörterungen allen Missverständnissen vorgebeugt sein werde. Da es sich, wie schon angedeutet, bei zahlreichen der im Nachfolgenden besprochenen Versuche um die Transplantation von Gewebestücken handelt, so seien der leichten und sicheren Orientierung halber auch für diese feste Bezeichnungen eingeführt. Wir wollen an jedem Stück drei Axen unter- scheiden, die longitudinale oder Längsaxe, die radiale und tangentiale Axe. Unter der ersteren verstehen wir die, welche der Längsaxe des Organes, dem das Stück entnommen wurde, parallel läuft. Man kann selbstverständlich eine beliebig grosse Schaar solcher Axen unter- scheiden; sie alle wollen wir jedoch auf die mittlere beziehen und daher nur von einer Längsaxe reden. (Fig. 37%.) Die radiale Axe stellt die in die Richtung des Radius fallende dar, den man sich durch das Mutter-Organ gezogen denkt (Fig. 3rr‘); und die tangentiale endlich ist die hierzu senkrechte Axe (Fig. 3 4‘). ol Man kann nun das Stück an seinen oder einen anderen entsprechend grossen Ort in verschie- dener Stellung wieder einsetzen. Fügen wir es in seiner ursprünglichen Lage wieder ein, so be- zeichnen wir diese als normal, jede andere dagegen als abnormal. Drehen wir das Stück vor dem Wiedereinsetzen 130" um die radiale Axe, so weit also, dass sein Sprosspol s nach unten, sein Wurzelpol « nach oben ge- richtet ist, so heissen wir seine Stellung longitudinal verkehrt oder invers. Findet die Drehung um die Längsaxe, und zwar ebenfalls um 180 °, statt, so demnach, dass die morphologische Aussenseite des Stückes nach innen, die Innenseite nach aussen gewandt ist, so wird seine Lage radial verkehrt. Drehen wir endlich das Stück erst 150° um seine longitu- dinale und dann ebenso viel um seime radiale Axe, so erhält es radial und longitudinal verkehrte Stellung. Die übrigen abnormen Lagen kommen seltener vor und bedürfen daher keiner besonderen Benennung. Was endlich die Bezeichnungen der in unserer Arbeit behandelten Operationen betrifft. so sei auch darüber noch eme Bemerkung beigefügt. Als allgemeiner, die sämtlichen Operationen umfassender Ausdruck wurde das Wort .Trans- plantation“ gewählt, und zwar erstens desshalb, weil es in der Zoophysiologie und Chirurgie angewandt wird, und mit seinem Gebrauch auf botanischem Gebiet die prinzipielle Einheit der Prozesse in den beiden Reichen angedeutet werden soll; sodann aber darum, weil wir einer geeieneten deutschen Be- zeichnung entbehren. Man könnte dafür „Verpflanzen“ setzen. wenn mit diesem Worte nicht in der Garten-Litteratur ein bestimmter abweichender Begriff verbunden wäre. Trotz dessen werden wir uns des deutschen Wortes häufig bedienen, da hier jedes Missverständnis ausgeschlossen ist. Der seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts ') bei uns allgemein angewandte Ausdruck „Veredeln“ trifft den Sinn der Sache nicht, und kann höchstens für eine bestimmte Klasse von Operationen gebraucht werden; soweit es sich um solche handelt, wollen wir uns seiner bedienen. — Für die bei den Operationen verbundenen Teile sollen die in der Praxis eingebürgerten Bezeichnungen „Reis“ und „Unterlage‘ oder für die letztere „Grundstock“ angewandt werden; und zwar bedeutet „Reis“ ganz allgemein den Teil, der verpflanzt wird, „Unterlage“ oder „Grundstock“ den Boden, dem man das Reis einfügt. Ihnen entsprechen die Begriffe „sujet“ und „greffe“, „greffon“ in der französischen Sprache. Bei allen Einzelbezeichnungen werden wir die in der Garten-Litteratur gebräuchlichen Ausdrücke ?) anwenden. 1) Vergl. Schönebeck, C.v. Vollständige Anleitung u. s. w. S.261 Anm. Nach diesem Autor sind die Ausdrücke Veredlung, Edelreis zwischen 1780 und 1790 aufgekommen. — 2) Ueber den Ursprung der Benennungen der ver- schiedenen Veredlungs-Methoden wolle man das wiederholt genannte Werk von Hehn, S. 353 nachsehen. Ferner einen Aufsatz von Pott „Zur Culturgeschichte“ in den Beiträgen zur vergleichenden Sprachforschung von Kuhn und Schleicher. 2. Bd. Berlin, 1861 S.401. Endlich noch das eben erwähnte Buch von v. Schönebeck. — Bei den beiden zuerst genannten Autoren finden sich weitere, den Gegenstand betreffende litterarische Angaben, Die Formen der Transplantation am Pflanzenkörper. In diesem Abschnitt sollen die wichtigsten der verschiedenen Formen der Transplantation erörtert werden, die am Körper der höheren Pflanze möglich sind. Bei allen diesen Formen handelt es sich zunächst darum, ob die zu verbindenden Teile von mor- phologisch gleicher oder ungleicher Natur sind, d. h. ob wir Wurzel mit Wurzel, Spross mit Spross, Blatt mit Blatt, oder ob wir Wurzel mit Spross oder Blatt, Spross mit Wurzel oder Blatt, Blatt mit Wurzel oder Spross vereinigen. Hieraus ergeben sich zwei Hauptgruppen von Transplantationen mit den entsprechenden Unterabteilungen. Der zweite Hauptpunkt. der in Betracht kommt, besteht darin, ob die transplantierten Teile normale oder abnormale Stellung in dem im der Einleitung bezeichneten Sinne erhalten. Hierin liegen weitere Gründe für die Eimteilung unserer Arbeit. Die in diesem Abschnitt zu besprechenden Versuche werden nahezu sämtlich je an derselben Pflanze ausgeführt. Da, wo dies nicht möglich ist, verwenden wir Glieder derselben Art oder Varietät. Dem- nach geschieht die Ernährung des transplantierten Teiles stets durch die der Pflanze eigenen spezifischen Nährstoffe. Die Folgen, welche die Operation nach sich zieht, beruhen somit niemals auf fremdartiger Ernährung, niemals findet hier eigentliche Symbiose statt. I. Transplantation gleichnamisger Teile. A. Transplantation mit normaler Stellung der Teile. a An der Wurzel, Wir wollen mit der Wurzel beginnen und zwar zunächst fleischige Formen ins Auge fassen. Als Versuchs-Object diene die Runkelrübe. Zuerst sei festgestellt, m wie weit Seitenglieder sich an der Hauptaxe verschieben lassen. Die zahlreichen gewöhnlichen Seitenwurzeln an der Runkelrübe smd zu klem, um mit Erfolg zum Experiment verwandt zu werden. Unter einer grösseren Anzahl von Objeeten findet man jedoch immer einige, die vereinzelt kräftigere Seitenglieder erzeugt haben. Trennt man nun ein solches un- mittelbar an der Ansatzstelle von der Hauptwurzel ab, spitzt es an seinem basalen Ende keilförmig zu, macht alsdann über oder unter seiner früheren Ansatzstelle in die Hauptwurzel einen Einschnitt, der von unten schräg nach innen und oben verläuft, schiebt das zugespitzte Ende der Seitenwurzel in diesen Einschnitt, und sorgt für geeigneten Verband: so findet fast ausnahmslos ein vollständiges Anwachsen und eine kräftige Entwickelung derselben statt. Es ist dabei ganz gleichgültig, wie weit man das Glied von seiner Ursprungsstelle aus nach oben oder unten verschiebt, stets wächst es gleich leicht an. Vöchting, Ueber Transplantation. 2 34 Wie in longitudinaler, so können wir die Seitenwurzel auch in tangentisler Richtung ver- schieben. Verpflanzen wir sie von ihrem Ursprungsorte aus nach rechts oder links, so fügt sie sich auch jetzt jedem Orte oleich leicht ein, trotzdem der Gefässkörper der Wurzel seiner Anlage nach diarch gebaut ist. Die angeführten Thatsachen lehren, dass man die Seitenwurzel unserer Pflanze an der Hauptwurzel nach oben und unten, nach rechts und links beliebig verschieben kann, soweit die Dicke der letzteren nach der Spitze hin die Ausführung des Experimentes überhaupt gestattet. Die weitere Frage, ob die Seitenwurzel, wenn in longitudinaler Richtung verschoben, je nach dem ihr gegebenen Orte eine verschiedene Entwickelung erfahre, lässt sich an der Rübe, ihrer kurzen Lebensdauer halber, nicht mit der nötigen Sicherheit beantworten. Zur Lösung derselben sind wir auf Knospen und Sprosse verwiesen. Wohl aber lässt sich schon hier ein verwandter Gegenstand behandeln. Es sei die Frage ge- stellt, ob eine Hauptwurzel, wenn an den Ort einer Seitenwurzel, und eine Seitenwurzel, wenn an den Ort der Hauptwurzei gebracht, sich den ihnen gegebenen Orten entsprechend entwickeln, d. h. ob die Seiten- jetzt zur Haupt-, und die Haupt- zur Seitenwurzel werde. Zur Beantwortung dieser Frage wurde in folgender Weise verfahren. Von der Rübe einer Rasse, die sich dureh starkes Längenwachstum auszeichnet, wurde der apicale Teil in einer solchen Ent- fernung durch einen Querschnitt getrennt, dass sein oberes Ende etwa 5 mm im Durchmesser hatte. Nachdem dieses keilförmig zugespitzt war, wurde es sodann dem oberen Teile der Wurzel, und zwar 5 em oberhalb der Schnittfläche, wieder eingefügt (Taf. I, Fig. 2 h). Im zweiten Falle wurde emer Hauptwurzel ebenfalls ihr unterer Teil in der entsprechenden Ent- fernung genommen, in das bleibende Stück aber nicht das abgetrennte Ende, sondern die einer andern Wurzel gleicher Rasse entnommene Seitenwurzel von 5 mm grösstem Durchmesser emgesetzt. Die Entfernung dieser Wurzel von der Schnittfläche war die gleiche wie im ersten Versuch. (Taf. I, Fig. 3 s.) Einer dritten Wurzel endlich wurde wieder das apicale Ende genommen, statt dessen aber eine Seitenwurzel von etwa gleicher Stärke, und zwar dem Scheitel selbst, eingefügt. Zur Ausführung der Versuche sei beiläufig bemerkt, dass sich die mit Verbänden versehenen Teile der Objeete über der Erdoberfläche, die tiefer gelegenen dagegen unter dieser befanden. Das Ergebnis dieser Experimente war, dass in den beiden ersten Fällen die Haupt- und Seiten- wurzeln sich in etwa gleicher Stärke entwickelten; ein in Betracht kommender Unterschied zwischen den beiderlei Gliedern war nicht zu beobachten. (Vgl. die beiden Figuren.) Die Mutterwurzeln er- zeugten an den apicalen Schnittflächen Callus-Wülste, die in einzelnen Fällen als starke halbkugelig ge- staltete Ballen vortraten. Oberhalb der Wülste waren regelmässig eine, zwei oder auch mehrere Seiten- wurzeln kräftiger ausgebildet, als die zahlreich vorhandenen Schwesterglieder und hatten teilweise beträchtliche Länge erreicht. Im dritten Versuche hatte die Seitenwurzel sich dem Ende der Hauptwurzel so vollkommen ein- gefügt, dass beide beim Schluss der Vegetations-Periode einen dem normalen ähnlichen, einheitlichen Körper darstellten. Die Seitenwurzel war hier also an den Ort der Hauptwurzel getreten. Im Anschluss an den eben beschriebenen soll gleich noch ein weiterer Versuch besprochen werden, dessen Bedeutung jedoch erst später im Zusammenhange wird dargelegt werden können. Es wurde oben gezeigt, dass bei der Verschiebung der Seitenwurzel an der Hauptwurzel der diarche Bau des Gefässkörpers der letzteren nicht maassgebend ist. Dieser Punkt war noch für den ganzen Wurzel- körper zu erledigen; es war festzustellen, ob man durch Transplantation eme ganze Wurzelhälfte um 90" drehen könne. Zu dem Ende wurde wieder eine junge Rübe quer durchschnitten. Nachdem das abgeschnittene SI (St) >} Stück so zugespitzt worden, dass die von Seitenwurzeln freien Hälften abgetragen waren, wurde der nit der Laubkrone versehene Teil der Hauptwurzel an seinem unteren Ende bis zu einiger Tiefe in zwei Hälften gespalten. Die Richtung dieses Schnittes stand senkrecht zur Ebene der Seitenwurzel- reihen. In diesen Spalt wurde nun der zugespitzte Teil der unteren Wurzelhälfte geschoben. Die oO beiden Hälften hatten somit eine Lage, in der sie um 90° zu emander gedreht waren. Daneben wurde ein zweiter Versuch angestellt, in dem durch zwei schräg geführte Schnitte der untere Teil der Wurzel vom oberen getrennt, in gleicher Lage aber alsbald wieder eingefügt wurde. Bei diesen Experimenten ist das Augenmerk neben der Orientierung der Hälften auch auf die sonstige Art des Ineimanderfügens derselben zu richten. Im zweiten Falle schliessen die Stücke ohne Verlust denkbar innig an einander; im ersten dagegen ist die untere Hälfte um die den abgetragenen Geweben entsprechende Länge kürzer. Damit hängt zusammen, dass an diesem Objeet die den Keil umgebenden Teile der oberen Hälfte etwas vortreten. Die Verwachsung geschah in beiden Fällen rasch und vollständige, und ebenso war die weitere Entwickelung ungestört. Die Verhältnisse, die sich bis zum Ablauf des Herbstes herausgestellt hatten, sind in den Figuren 4 und 7 auf Tafel I angedeutet. Die kübe, an der die untere Hälfte in gleicher Stellung wieder eingesetzt war, liess zwar die Narbe in der Region der Verwachsung beim ersten Blick erkennen, aber die Ineinanderfügung war so vollständig wie möglich und ohne alle Wulstbil- dung vor sich gegangen (Fig. 4). Der untere Teil hatte, der Rasse entsprechend, ein beträchtliches Wachstum erfahren. Die ganze Form des Körpers machte durchaus den Eindruck des Normalen. An der zweiten Rübe, deren untere Hälfte mit einer Drehung von 90° wieder eingesetzt wurde, sind die durch die Operation entstandenen Ungleichheiten nahezu, jedoch nicht völlig ausge- glichen (Fig. 7). Der zugespitzte Teil der unteren Hälfte liegt auch jetzt noch etwas unter der Oberfläche der oberen Hälfte; die Ausfüllung der Vertiefungen wurde erstrebt, aber nicht gänzlich erreicht. Betrachtet man jedoch den äusseren Umriss des ganzen Körpers, so tritt alsbald die Form hervor, die der Rasse eigentümlich ist. Dabei ist zu beachten, dass nieht nur die untere, sondern auch die beiden Flügel der oberen Hälfte dicht mit klemen Seitenwurzeln besetzt sind, dass aber die kräftigeren unter diesen, welche die bei der Operation entfernte Wurzelspitze ersetzen, lediglich aus dem freien Ende der unteren Hälfte hervoreingen. Aus diesen Versuchen folgt, dass die Drehung der einen Hälfte des diarchen Körpers unserer Rübe um 90° von keinerlei störendem Einfluss auf die Verwachsung der beiden Hälften und die Ent- wickelung des Ganzen ist. In unseren bisher ausgeführten Versuchen verwandten wir grössere Glieder, sowohl Haupt- als Seitenwurzeln. Wir wollen nunmehr mit blossen Gewebestücken experimentieren. Hierzu am geeig- netsten sind die Rüben solcher Rassen, die vorwiegend in die Länge wachsen. Nimmt man im Monat Juni oder spätestens Juli derartige Rüben, nachdem sie genügenden Um- fang erreicht haben, schneidet in der in der Einleitung beschriebenen Weise würfelförmig oder pris- matisch gestaltete Stücke heraus, und setzt sie an die gleichen Orte in normaler Stellung wieder ein, so wachsen sie rasch und vollständig auf allen Seiten an, und halten im Wachstum mit dem um- gebenden Gewebe gleichen Schritt. Der Mutterboden bildet keinen Wulst und die Narben, welche die einst vorgenommene Operation verraten, sind stets gering entwickelt (Taf. I, Fig. 6). Solche Gewebestücke lassen sich aber auch im beliebiger Weise transplantieren. Setzt man sie in entsprechend grosse Höhlen über oder unter ihrer Ursprungsstelle, so fügen sie sich leicht ein und wachsen in normaler Weise. Und ebenso gut kann man ihren Platz in tangentialer Richtung verändern, kann ein Seitenwurzeln führendes Stück an emen Ort verpflauzen, der keine solchen besass, I stets wird es leicht anwachsen. und sich in der, durch seine Entstehung gegebenen. ihm eigenen Art entwickeln. 7a diesen Versuchen sei bemerkt, dass, wie in der Einleitung angegeben, die zur Aufnahme der Gewebestiicke bestimmten Höhlen einen der Grösse der Stücke möglichst genau entsprechenden Umfang haben sollen. Doch wird, so lange diese normale Stellung erhalten, das Gelingen der Versuche durch geringe Ungleichheiten in der Grösse der beiden Teile nicht beeinträchtigt. Kleine Lücken ver- hindern die Verwachsung nicht, und werden später selbst ausgefüllt. Wie eine Reihe eigens zu diesem Zweck angestellter Experimente lehrte, treten erst dann im Verwachsen zweier Flächen Schwierig- keiten ein, wenn ihre Entfernung grösser wird, wenn sie 1—2 mm oder noch mehr beträgt. Dann erzeugen sie zunächst kräftige Korkschichten, die nun das Anwachsen sehr erschweren. Sind solche Liicken an der oberen Querschnittsfläche vorhanden, so bildet der Mutterboden darüber einen Wulst, und es bleibt der Einschluss, auch wenn er sich sonst gut eingefügt hat, in der Entwickelung zu- rück. Minder schädlich sind sie auf den Längsseiten, ein Umstand, über dessen Erklärung auf den anatomischen Teil verwiesen werden muss. Als allgemeine Regel für normal einzusetzende Gewebe- stiicke ist daher zu beachten, dass sie besonders an den oberen und unteren Flächen fest anschliessen sollen, während kleine Lücken an den Längsseiten ohne Nachteil vorkommen dürfen. Wir können somit ein jedes Gewebestück sowohl in longitudinaler als in tangentialer Richtung beliebig transplantieren, eine Thatsache, die in Anbetracht des Umstandes, dass die Wurzel zwar einen diarchen Gefässkörper besitzt, aber sonst von radiärem Bau ist, ohne Weiteres begreiflich erscheint. Es entsteht nunmehr die Frage, ob man Gewebepartieen auch in radialer Richtung verpflanzen könne. Um hierüber Klarheit zu erlangen, wurde folgender Versuch ausgeführt. Wieder wurden den Wurzeln Stücke entnommen, die eine Tiefe von mindestens 10—12 mm hatten. Durch Schnitte, welche den hinteren Flächen parallel gerichtet waren, wurden von diesen Stücken Platten abgehoben, deren Dicke 3—6 mm betrug, und nunmehr die äusseren Hälften wieder in normaler Stellung an ihre Orte zurückgeführt mit dem Unterschiede jedoch, dass sie bis an die hintere Wand der Höhlen vorgeschoben wurden. Dadurch liess sich erreichen, dass die fraglichen Gewebestücke um 3—65 mm von aussen nach innen, d. h. in radialer Richtung, verschoben waren. Auf den Berührungsflächen stiessen jetzt Gewebe verschiedenen Alters zusammen. — Die Wurzeln zeigten, von aussen betrachtet, grosse und tiefe Wunden, und es ist selbstverständlich, dass jetzt im Wachstum der ganzen Körper grössere Störungen entstehen müssen, als in unseren früheren Versuchen. Bezüglich des Verbandes dieser Objecte sei bemerkt, dass auch hier die Wunde durch eine Papier- lage abgeschlossen wurde, nachdem der Raum des fehlenden Gewebes durch eine entsprechend dicke Platte weichen Korkes ausgefüllt war. Schon nach kurzer Zeit liess sich feststellen, dass die Stücke im Grunde der Höhlen ringsum angewachsen waren, und dass demnach der Verband entfernt werden konnte. Bis zum Schluss der Vegetations-Periode waren folgende Verhältnisse herausgebildet (Taf. I, Fig. 5 u. Taf. VII. Fig. 19). Der Mutterboden hatte um die Stücke herum kräftige Wülste gebildet, die über den Einschlüssen am stärksten, etwas schwächer an deren beiden Längsseiten und am geringsten unter ihnen entwickelt waren. Diejenigen Stücke, — und dies war die Mehrzahl —, die ringsum gleichmässig angewachsen waren, hatten auf ihrer ganzen Fläche ein beträchtliches Wachstum erfahren: sie liessen kemerlei Wulstbildung, die auf innere Störungen hingewiesen hätte, erkennen. War dagegen. was in zwei Fällen geschehen, die Verwachsung auf der Unterseite nur unvollständig vor sich gegangen, dann zeigten die Stücke in ihren unteren Teilen eine stärkere Entwickelung, und sprangen hier wulstartig, im einen Falle sogar um 3 mm, vor. Von diesem Umstande abgesehen, deutete die ganze Verfassung DA der Stücke auf durchaus normale Verhältnisse, und wir werden später sehen, dass der anatomische Bau der äusseren Erschemung vollständig entsprach. Wir gelangen daher auf Grund unserer Versuche zu dem Schlusse, dass man einen Gewebe-Complex am Körper unserer Wurzel in radialer Richtung beliebig verpflanzen kann, und dass er sich — sonst normale Stellung vorausgesetzt —, stets ohne innere Störung einfügt. Die Wulstbildung am Mutter- boden um die bei der Operation entstandene Lücke steht, worauf noch beiläufig hingewiesen werden mag, mit dem Wachstum der Stücke in keinem unmittelbaren Zusammenhange. Bevor wir ein Experiment ausführen, das dem zuletzt erörterten verwandt ist, sei zunächst eines anderen Versuches gedacht. In allen bisher besprochenen Füllen besassen die verpflanzten Stücke Cambium, und es war dieses bei ihrem An- und Weiterwachsen in besonderer Weise beteilist. Allein die Versuche gelingen auch dann, wenn man die Stücke ihres Cambiums beraubt. Um dies zu zeigen, wurde solchen Stücken, nachdem sie der Wurzel enthoben waren, die Korkschicht und das darunter liegende Gewebe bis zu 2 mm Tiefe genommen, und dieselben dann wieder an ihren Ort eingesetzt. Bei sorgfältiger Ausführung des Versuches wuchsen sie ringsum gleichförmig an, erzeugten später ein neues Cambium unter ihrer Aussenfläche, und entwickelten sich durch dessen Thätigkeit in die Dicke. Da aber zur Herstellung des neuen Cambiums längere Zeit erforderlich war und während dessen der Mutterboden wuchs, so war die durch die Abtragung des Gewebes bedingte Vertiefung auch im Herbst noch erhalten, ja der Mutterboden zeigte über den Stücken einen, jedoch nur schwach vortretenden, Wulst. Wie schon das äussere Ansehen der Stücke, genauer aber noch die anatomische Untersuchung lehrte, begann die Cambium-Bildung nicht gleichförmig auf der ganzen Fläche eines Stückes, sondern zu- nächst lokal und vorwiegend in der unteren Hälfte, ein Umstand, der meist ein geringes Vortreten der letzteren zur Folge hatte. Aus dem eben Mitgeteilten ergiebt sich, dass das Cambium zum Anwachsen der Stücke nicht erforderlich ist, dass es sich vielmehr, wenn entfernt, nachträglich neu bildet und nun das Dicken- wachstum derselben vermittelt. Nachdem wir die Bedeutung des Cambiums für die uns beschäftigenden Vorgänge festgestellt haben, wollen wir nunmehr noch einen zweiten Versuch der Transplantation in radialer Richtung ausführen. Wohl entwickelten Rüben wurden Gewebestücke von 15—16 mm Tiefe enthoben, diese ihrer Länge nach parallel zur hinteren Schnittfläche halbiert, sodann die äusseren Hälften ihres Kork- und Rindengewebes bis in die Nähe des Cambiums beraubt. und nunmehr die beiden Teile so wieder in die Höhlungen eingesetzt, dass die einst inneren jetzt zu den äusseren und die früher äusseren jetzt zu den imneren wurden. Es fand also gleichzeitig eine Verschiebung der Gewebe von aussen nach innen und von innen nach aussen statt. War die Operation gut gelungen, so zeigten sich bis zum Schluss des Herbstes folgende Verhält- nisse. Die innere Hälfte war regelmässig auf allen den Mutterboden berührenden Seiten angewachsen, die äussere bald ebenfalls, bald nur mit kleinen Unterbrechungen; stets aber war die letztere auf ihrer Hinterseite mit der Vorderfläche der inneren Hälfte verwachsen. Mochte die Verbindung jedoch mehr oder minder innig sein, immer hatte es die äussere Hälfte an ihrer Aussenseite bis zur Bildung des Cambiums gebracht und in einzelnen Fällen eine nicht unbeträchtliche Diekenzunahme erfahren. Die innere Hälfte dagegen hatte stets, sobald sie mit der äusseren verwachsen war, die Thätigkeit ihres Cambiums eingestellt und sich somit dem Orte eingefügt, den sie jetzt einnahm. Die Beschaffen- heit ihres Cambiums und der angrenzenden Gewebe war im Herbste der Hauptsache nach unverändert. Dieser Punkt soll jedoch genauer erst dann besprochen werden, wenn die künstlich gemachten Ein- schlüsse ihre Erörterung finden. Hier handelt es sich nur um den Beweis, dass man ein Gewebestück 38 unseres Körpers von aussen nach innen und von innen nach aussen transplantieren kann, und dass dasselbe sich ohne innere Störungen dem neuen Orte einfügt. Dass bei Versuchen, wie den zuletzt beschriebenen, der Mutterboden über und zu den Seiten der Einschlüsse stark vortretende Wülste erzeugt, ist selbstverständlich. Es bedarf längerer Zeit, ehe die zwei Stücke sich einfügen und das schon verhältnismässig alte Gewebe der äusseren Hälfte zur Cambium-Bildung gelangt; während dieser Prozesse aber geht das Wachstum der Rübe ununterbrochen vor sich. Wir brauchen jedoch nicht besonders hervorzuheben, dass die fraglichen Wiilste die Richtig- keit der eben gezogenen Schlüsse nicht beeinträchtigen. Alle bis jetzt besprochenen Versuche wurden an unserer fleischigen Wurzel ausgeführt, und waren zum Teil, wie ohne weiteres einleuchtet, nur an einer solchen möglich. Ein Teil lässt sich aber auch an holzigen Gliedern anstellen und wurde thatsächlich mit solchen ausgeführt. Es dienten dazu haupt- sächlich die Wurzeln von Ulmus campestris. Mit deren Hilfe wurde gezeigt. dass die Transplantation ganzer Seitenglieder sowohl, als blosser Rindenstücke in longitudinaler wie in tangentialer Richtung keinerlei Schwierigkeiten begegnet. In Rücksicht auf das für fleischige Wurzeln Gesagte scheint aber eine nähere Besprechung der einzelnen Versuche und deren Ergebnisse nicht erforderlich zu sein. bb Transplantation am Spross, Bei der Transplantation am Spross sind zwei Hauptfälle zu unterscheiden. Im einen führt der verpflanzte Teil Knospen, im anderen nicht. Es empfiehlt sich, die beiden Fälle getrennt zu betrachten. 1. Transplantation knospenführender Sprossteile. Hierher gehören die wichtigsten der bekannten zahlreichen „Veredlungs-Methoden“. So ver- schieden diese auch gestaltet sind, lassen sie sich doch sämtlich auf drei Grundformen zurückführen : das Okulieren, das Pfropfen und das Ablaktieren. Wir behandeln sie hier mit dem Zusatz, dass die mit ihnen ausgeführten Transplantationen je an demselben Körper stattfinden, und setzen ferner zunächst voraus, dass Reis und Grundstock radiären Bau haben. a. Das Okulieren, Aeugeln. Unter dem Okulieren versteht man die Uebertragung einer einzigen Knospe mit einem kleinen zugehörigen Stück der Rinde, das schildförmige Gestalt erhält, und deshalb als „Schildchen * bezeichnet » wird (Fig. 4a). Dieses besteht entweder nur aus dem abgelösten Rindenlappen. oder aus dem letzteren und einer dünnen Holzlage, die mit jenem vom Mutter- spross abgehoben wird. Die Trennung der Knospe und des nur aus einem Rindenstück bestehenden Schildes vom Zweige ist zur Zeit der Saftfülle leicht auszuführen und bedarf keiner näheren Beschreibung. Nur darauf sei hinge- wiesen, dass der kleine Holzkörper der Knospe von dem des Muttersprosses glatt abzulösen ist. Die Uebertragung der Knospe an den ihr bestimmten neuen Ort bietet ebenfalls keinerlei Schwierigkeit. Man führt an diesem zwei bis auf den Holz- Si körper vordringende Schnitte, einen quer und einen längsverlaufenden, hebt die beiden Rindenflügel ab, und schiebt nun die Knospe mit dem Schilde unter die Flügel (Fig. 4b). Hierbei ist zu beachten, dass die gerade Querschnittsfläche des Schildes mit der entsprechenden Fläche der Unterlage in innige Berührung kommt, und dass ferner durch den Verband die Innenfläche des Schildes der blossgelegten Oberfläche des Holzkörpers der Unterlage dicht angeschmiegt wird. Wenn man im der Litteratur der Vorschrift begegnet, es sei beim Okulieren das Cambium des Schildes mit dem der Unterlage in Berührung zu bringen, so ist dazu zu bemerken, dass bei dem Prozesse der Rinden-Ablösung das Cambium beider Teile gewöhnlich zerstört wird, und dass man daher nur die in der Nähe des Cambiums gelegenen Elemente vereinigen kann. Ausser der eben beschriebenen giebt es noch eine zweite Form des Okulierens, die jedoch nur selten in Anwendung kommt, das sogenannte „Pfeifen“, „Köhrlen“, „Okulieren mit dem Ringe‘. Bei diesem Verfahren löst man die Rinde mit der Knospe nicht in Gestalt eines Schildes, sondern in der eimes vollständigen Ringes ab, der dann einer entsprechend grossen, ihrer Rinde entblössten Stelle eines anderen Zweiges eingefügt wird. Dass der letztere von passender Dicke sein muss, ist selbst- verständlich, ebenso, dass man mit dem Ringe auch zwei oder selbst noch mehr Knospen übertragen kann. Bevor wir das Okulieren verlassen, mag noch einer interessanten praktischen Regel gedacht werden. Wenn junge, noch in den Achseln ihrer Blätter stehende Knospen verpflanzt werden, so entfernt man die Lamina, lässt aber den Stiel bis zu mässiger Länge stehen. Wird derselbe nach einiger Zeit glatt abgeworfen, so gilt dies als ein Zeichen, dass Schild und Knospe angewachsen seien. Bleibt der Stiel aber stehen und trocknet allmählich ein, so betrachtet man die Operation als miss- lungen. — Die Richtigkeit dieser Regel leuchtet ohne Weiteres ein. Ihrer Blattflüche beraubte Stiele werden bekanntlich, wie manche andere funktionslos gewordene Organe, durch emen Wachstums-Pro- zess abgeworfen. Ist die transplantierte Knospe und ihr Schild rasch angewachsen, und findet somit eine genügende Ernährung statt, so wird der Stiel abgestossen. Geht dagegen die Vereinigung von Knospe und Unterlage nicht vor sich, so fehlt der ersteren die Nahrung, den Stiel abzulösen , und dieser trocknet nun samt Schild und Knospe ein. b. Das Pfropfen. Unter der Bezeichnung Pfropfen fasst man alle Fälle von Transplantation zusammen, in denen mit Knospen besetzte, von ihrem Mutterstock getrennte Zweigteile auf die Unterlage übertragen werden. Der verpflanzte Teil selbst führt den Namen „Reis“. Die Zahl der im Laufe der Zeit und fiir die einzelnen Arten ersonnenen Pfropf-Methoden ist, wie in der Eimleitung ausgeführt wurde, sehr gross, allgemeine Verbreitung aber kommt nur wenigen zu. Die Gesichtspunkte, welche den Züchter bei Anwendung der Methoden hauptsächlich leiten, sind folgende: Herstellung einer genügend grossen Berührungs-, bez. Verwachsungsfläche an Reis und Unterlage, Vermeidung des Blosslegens grösserer innerer G@ewebeflächen mit Ausnahme der zur Ver- wachsung bestimmten; Ausführung der Operation mit möglichst geringem Zeitaufwand. — Zum ersten Punkte ist zu bemerken, dass die Grösse der in Berührung gebrachten Flächen je nach der grösseren oder geringeren Leichtigkeit, mit der die Gewebe einer Species verwachsen, sehr verschieden ist, und dass gerade dieser Umstand zur Einführung einer Reihe von Pfropfformen Veranlassung gegeben hat. Von den verschiedenen gebräuchlichen Methoden seien hier nur einige kurz erörtert. 1) Das Propfen in den Spalt. Dieses Verfahren wird hauptsächlich bei der Verbindung krautiger Gewächse, ferner aber. auch dann angewandt, wenn es sich um die Vereinigung älterer, holziger Stämme und Aeste mit jungen Zweigen handelt. Es besteht darin, dass man das Reis an seinem basalen Ende keilförmig zuspitzt und einfach in die durch einen Längsschnitt gespaltene Unterlage schiebt, oder dass man in der letzteren eme Oeffnung herstellt, die der Form des Keiles möglichst genau entspricht. Bei der Vereinigung holziger Gewächse ist darauf zu achten, dass die Cambial- Regionen von Reis und Unterlage genau aufeinander treffen. Dieselbe Re gel ist auch für krautige Gewächse zu beachten,‘ doch kommt ihr in den Fällen geringere Bedeutung zu, in denen auch die 40 parenchymatischen &ewebe des Markes und der Rinde leicht verwachsen. Auf die Einzelheiten des Verfahrens gehen wir hier nicht ein. In unserer Untersuchung kommt es hauptsächlich zur Anwendung. Eine besondere, verbreitete Form des Spaltpfropfens ist das „Pfropfen mit dem Gaisfuss.* Fig. 5, die keiner Erläuterung bedarf, zeigt dieses Verfahren. 2) Das Pfropfen in die Rinde. Eine sehr einfache Operation, bei der das Reis einseitig zugespitzt und unter die lokal emporge- hobene Rinde des Scheitels der Unterlage geschoben wird. In ähnlicher Weise kann man das Reis auch seitlich an der Unterlage einfügen. 3) Das Kopulieren wird in mannigfach verschiedener Weise aus- geführt. Haben Reis und Unterlage etwa gleiche Durchmesser, so besteht die am leichtesten ausführbare Form darin, dass man beide gleichmässig schräg zuspitzt (Fig. 6), die Schnittflächen aufeinander lest und in dieser Lage durch den Verband befestigt. Sind grössere Berührungsflächen herzustellen, so werden Reis und Unterlage in Winkel- form oder gelegentlich auch mit zwei Zungen zugeschnitten. 4) Das Sattelschäften wird vielfach angewandt, wenn Reis und Unterlage von ungleichem Durchmesser sind. Es steht dem Kopu- Fig. 6. lieren sehr nahe, unterscheidet sich aber dadurch. dass das Reis ein- seitig angelegt wird. Auch hier hat sich unter den Händen der Züchter eine Reihe verschiedener Schnittformen gebildet. c. Das Ablaktieren. Das unter der Bezeichnung Ablaktieren bekannte Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, dass das Reis so lange mit seinem Mutterstock in Ver- bindung bleibt und von diesem ernährt wird, bis es mit der Unterlage verwachsen ist. Die Formen der Vereinigung sind verschieden und gleichen bald dieser, bald jener Art des Pfropfens. Vermittelst des Ablaktierens kann man ganze Zweige verpflanzen, und von Sprossen entblösste Stellen an Aesten künstlich mit solchen bekleiden (Fig. 7). In diesem Um- stande beruht hauptsächlich seine Anwendung in der Baumzucht. Nachdem wir im Vorstehenden die ver- Fig. 7. schiedenen in der Praxis gebräuchlichen Me- thoden der Transplantation kurz betrachtet haben, wollen wir nunmehr noch einen näheren Blick auf die Teile werfen, die verpflanzt werden. Wie erwähnt sind dies bald Knospen, bald kurze, mit wenigen Knospen besetzte Zweigstücke, bald ganze Zweige. Die übertragenen Knospen, gleichviel ob in Ein- oder Mehrzahl, sind in der Regel nicht 41 differenzierte Laubknospen. Sie sind meist zur Bildung der Hauptaxen bez. ganzer Kronen, oder der Hauptäste bestimmt. Daneben kommt es aber auch, wenngleich seltener, vor, dass man schon differenzierte Knospen verpflanzt. So werden einzelne Blütenknospen und selbst kurze mit Blüten- bez. Fruchtknospen be- setzte Zweige transplantiert (Fig. 8). Bei richtiger Ausführung der Ope- ration fügen sich diese dem neuen Orte unschwer ein, und man ist somit im Stande, sterile Stellen eines Baumes mit fertilen Zweigen oder Knospen zu versehen. Um zu den noch nicht differenzierten Knospen zurückzukehren, so erhalten diese in der Praxis gewöhnlich eleich zu Beginn des Versuches oder später eine Stellung am oberen Ende der Unterlage, und haben die Aufgabe, kräftige Laubsprosse zu erzeugen. Dies ist jedoch nur ein be- sonderer Fall, und ganz allgemein gilt die Regel, dass eine noch nicht differenzierte Knospe sich nach Maassgabe des Ortes entwickelt, den man ihr bei der Transplantation erteilt. Sie wird sich zu einem stärkeren Laubspross gestalten, wenn sie der Spitze, zu einem schwächeren, wenn sie einer mittleren Region der Unterlage eingesetzt wird: sie wird endlich früher oder später zu einer Blütenknospe oder zu einem „Fruchttriebe“ werden, wenn man sie der Basis der Unterlage einfügt. Der Experimentator hat es also auch hier in seiner Gewalt, eine Knospe lediglich durch Wahl des ihr erteilten Ortes sich zu einem kürzeren oder längeren Laub- oder zu einem Blütenspross entwickeln zu lassen. Die eben gemachten Angaben setzen jedoch voraus, dass die zu den verschiedenen Versuchen verwendeten Knospen von gleicher und normaler Entwickelung seien. Trifft diese Bedingung nicht zu, sind die Knospen bald klein, bald gross, dann kommt dieser Umstand für die nächste Entwickelung selbstverständlich mit in Betracht. Eine kleine Knospe kann zunächst nur einen kleinen Zweig hefern, gleichviel, wohin sie gesetzt wird. Doch wird, wenn man sie der Spitze der Unterlage einfügt, die anfänglich schwache Bildung allmählich erstarken, und in Folge des ihr verliehenen Ortes zu einem kräftigen Triebe werden. Mit diesen Verhältnissen steht die Regel der Züchter in Zusammenhang, dass man zu Reisern nur kräftige, normal gebaute und mit gesunden Knospen besetzte Zweige wählen soll. Durch Transplantation lassen sich noch weitere, für die Gestaltenlehre verwertbare Thatsachen feststellen. So wurde erstens gezeigt. dass, wenn man einem radiär, aber vierkantig gebauten Stengel seinen oberen Teil nimmt, um ihn als Reis wieder einzufügen, man dieses um 45° drehen, d.h. die Kante einer Fläche einsetzen kann, und dass es in der abnormen Lage leicht und sicher anwächst. Die innere Organisation, welche in der sichtbaren Gestalt zum Ausdruck kommt, setzt dem Gelingen des Versuches somit kein Hindernis entgegen. Das Objeet, an dem das Experiment angestellt wurde, war Heterocentron diversifolium. An der gleichen Pflanze wurde zweitens die Fläche eines Zweiges mit halbem Knoten einem ent- sprechend zugespitzten Internodium angelegt, der Ort des Knotens also verschoben. Auch dieser Ver- such gelang leicht auf die Fig. 17, Taf. V angedeutete oder auf eine andere Weise. Mit Hilfe der vorhin beschriebenen Transplantations-Methoden wird in der Praxis, ausser den schon genannten, eine Reihe von Versuchen ausgeführt, die noch einer besonderen Erwähnung ver- dienen und wissenschaftliches Interesse beanspruchen. So verbindet man in der Formbaumzucht Vöchting, Ueber Transplantation. 6 die Glieder eines Baumes oder die Teile verschiedener Bäume oft in eigentlimlicher Weise, verändert dadurch den Ort der Knospen im System, und bestimmt den Gang ihrer Entwickelung in einer den Aufgaben des Ztichters entsprechenden Art. Man führt eine Bewegung des Wassers und der pla- stischen Substanzen im Körper herbei. wie sie in der Natur teils gar nicht, teils sehr selten vor- kommen. Man ernährt schwache Glieder durch kräftige, ja leitet selbst einzelnen Früchten besonders reiche Nahrung zu '). Weiter dienen jene Methoden zu Operationen, die man als plastische Chirurgie am Pflanzenkörper bezeichnen kann. Nur weniges daraus sei hier angedeutet. Dass man von Zweigen entblösste Stellen am Baume leicht neu bekleiden kann, wurde schon erwähnt. Man ersetzt aber auch ganze, durch äussere Ein- sriffe beschädigte oder sonst krank gewordene Stämme). In Figur 9 sind zwei Wege angedeutet, auf denen dies erreicht wird. Der Stamm des zwar noch jungen, aber schon mit Krone versehenen Baumes hat in einiger Entfernung vom Erdboden eine Verletzung erfahren, in Folge deren seine Rinde ringsum zerstört worden ist. Entsteht unter der entblössten Stelle noch ein Spross, so kann dieser zur Ergänzung benutzt werden, indem man sein oberes Ende mit dem über der Wunde gelegenen gesunden Teile des Stammes durch Ablaktieren verbindet, Fig. 9 b, und nach und nach die Stelle des absterbenden Teiles ein- nehmen lässt, bis dieser endlich ganz entfernt werden kann. — Das zweite Verfahren zeigt die linke Seite unserer Fig. 9, bei a. Neben dem verletzten Fig. 9. Baum wird ein gesunder von gleicher oder etwas geringerer Stärke gepflanzt. Nachdem diesem seine eigene Krone genommen, wird er jenem in dessen oberem Teile eingefügt. Ist die Verwachsung vollständig erfolgt, so tritt der gesunde Stamm an die Stelle des absterbenden. Anders ist das Verfahren, wenn die Verletzung des Stammes in einem vor- geschrittenen Alter eintritt, und er einen so grossen Umfang erreicht hat. dass man ihn nicht mehr durch einen Spross oder jungen Stamm ersetzen kann. In diesem Falle verbindet man das gesunde Gewebe über und unter der Wunde durch Zweige, die mit keilförmigen Zuspitzungen an beiden Enden eingepfropft werden (Fig. 10). Die Verwachsung findet auch jetzt unschwer statt, und es stellen alsdann die Zweige die durch die Verletzung unterbrochenen Leitungs- bahnen wieder her. Ueber das Wachstum der Zweige bei längerer Dauer des Versuches liegen in der Litteratur keine Angaben vor; die von mir selbst aus- geführten Experimente sind noch zu jung, um ein Urteil zuzulassen. Es soll darüber später an einem anderen Orte berichtet werden. Transplantation bilateral gebauter Sprosse. Alle bisher erörterten Versuche wurden mit Sprossen von radiärem Bau ausgeführt. Es sei jetzt noch eines Experimentes gedacht, in dem die Teile bilaterale Gestalt hatten. Jungen Pflanzen der Opuntia Labouretiana und OÖ. maxima, die als einzige Sprosse ihre kräftigen Hauptaxen besassen, wurden diese auf halber Höhe quer durchschnitten. Die oberen Hälften dienten als Reiser und wurden den unteren auf zweierlei Weise wieder eingefügt. Im ersteren Falle erfuhren sie an ihren basalen Enden parallel der grossen Durchschnittsebene die Zuspitzung. mit der sie den 1) Vergl. bes. dw Brewil. 1. ec. p. 160 fi. — 2) S. Hardy. 1. e. p. 355. — Baltet. 1. c. 388 und 389. 45 gleichgerichteten Spalten der unteren Hälften eingesetzt wurden. Im zweiten Falle fand die Zuspitzung der oberen Hälften nur im mittleren Teile der basalen Enden statt, und es wurden diese den unteren Hälften nicht parallel, sondern senkrecht zur grossen Median-Ebene wieder eingefügt. In dieser neuen Stellung kreuzten sich also die Symmetrie-Ebenen der beiden Hälften. (Taf. V, Fig. 18.) In beiden Fällen ging die Verwachsung leicht und sicher von Statten. Die oberen Sprosshältten oaben an ihren Scheiteln neuen Gliedern den Ursprung. Schon am Schluss entwickelten sich und & der ersten Vegetations-Periode war die Verbindung an den gekreuzten Hälften so innig, dass sie geradezu wie in einander gegossen erschienen. An einem dieser Objecte gingen bald nach der Ope- 'ation aus den oberen äusseren Knospen der unteren Hälfte Sprosse hervor. Später blieben diese jedoch in der Entwickelung zurück, während die aus dem Scheitel der oberen Hälfte entstehenden ein starkes Wachstum erfuhren. Diese Versuche lehren, dass bei der Transplantation bilateraler Sprosse die Veränderung der Symmetrie-Ebene für den Vorgang der Verwachsung ohne Einfluss ist, vorausgesetzt, dass die Glieder im Uebrigen normale Stellung haben. Hiermit wolle man das später mitzuteilende Ergebnis der Ex- perimente vergleichen, in denen die oberen Hälften den unteren longitudinal verkehrt eingefügt wurden. 2. Transplantation knospenloser Sprossteile. In unserer bis jetzt gegebenen Erörterung handelte es sich um Zweigteile, die mit Knospen be- setzt waren. Wir wollen nunmehr knospenlose Stücke ins Auge fassen. Die sämtlichen Experimente, die an der Wurzel mit Gewebestücken angestellt wurden, lassen sich in entsprechender Weise am Stengel wiederholen. Nimmt man rasch wachsende, fleischige Formen des letzteren, wie die Kohlrabi, so kann man damit die verschiedenen Transplantationen der Stücke in longitudinaler, tangentialer und radialer Richtung mit dem gleichen Erfolge ausführen, der für die Runkelrübe beschrieben wurde. Eine nähere Besprechung dieser Versuche erschemt daher nicht notwendig. Dagegen dürfen die an holzigen Pflanzen mit Rindenstücken angestellten Experimente hier nicht übergangen werden. Es dienten dazu Pflanzen von sehr verschiedener Art. Soweit meine Erfahrungen yeichen, erweisen sich Pomaceen, besonders Cydonia japonica und Pirus Malus, als die geeignetsten Objecte; auf diese beziehen sich deshalb hauptsächlich die nunmehr zu machenden Angaben. Hebt man im Frühjahr zur Zeit der Saftfülle von gesunden Zweigen Rindenstücke ab, — in un- seren Versuchen hatten diese gewöhnlich viereckige Gestalt, — und setzt sie an ihren eigenen oder an anderen gleich grossen, von ihrer Rinde entblössten Stellen wieder ein, so erfolgt sehr regelmässig . ihr Anwachsen und weiterhin normale Entwickelung. Zwar entsteht zuweilen an der oberen Wund- lippe ein schwach hervortretender Callus als Ausdruck der durch die Operation verursachten Störung, allein derselbe ist nicht von dauerndem Wachstum, und am Schluss der Vegetations-Periode sieht man an den einstigen Schnittflächen eine nur wenig in die Augen fallende Narbenbildung. Ebenso wie kleine Stücke kann man auch ganze Rindenringe abheben und entweder ihren Orten wieder einfügen oder auf gleich grosse, ihrer Rinde beraubte Stellen anderer Zweige übertragen. Im ersteren Falle ist es dabei ganz gleichgültig, ob man den Ring in der gleichen Lage wieder einsetzt, oder um beliebig viele Grade dreht. Das Anwachsen erfolgt gleich leicht, wenn das Stück sonst nur normale Stellung hat (Taf. VI, Fig. 2). Auch an solchen Ringen entsteht manchmal an der oberen Wundlippe ein kleiner Callus, doch gleicht sein Verhalten durchaus dem an den viereckigen Stücken beobachteten. Das eben auseinandergesetzte Verfahren ermöglicht es, durch Verwundung entblösste Rindenteile 6* 44 an wertvollen Objeeten neu zu bekleiden. Unter gewöhnlichen Verhältnissen wird man freilich zu diesem Hilfsmittel nicht greifen, sondern der Natur überlassen, die Heilung zu besorgen. Während die genannten Pomaceen der Transplantation der Rindenstücke nur geringe Schwierig- keiten bieten und nach mehreren Jahren kaum wahrnehmbare Spuren der Operationen hinterlassen, verhalten sich andere Arten weniger günstig. Rindenringe, die mehreren Zweigen von Corylus Avellana enthoben und an ihren Orten wieder eingesetzt wurden, wuchsen zwar auch vollständig an, doch bil- ddete sich an der oberen und unteren Wundlippe, besonders an der ersteren, ein stärker hervortretender Gallus und ein ähnlicher, wenn auch minder entwickelter, an der Längsschnittfläche. Ebenso verhielten sich Zweige der Crataegus sanguinea und einiger Ribes-Arten:; nach zwei- und dreijähriger Dauer aber traten hier die Wülste nicht mehr so stark hervor. — Auch Coniferen. wie Picea excelsa und Taxus baccata, gestatten die Ausführung des Versuches, doch bilden sie, besonders die erstere, starke Wundlippen; auch werden bei ihr die Ringe anfänglich fast völlig in Harz eingehüllt. — Grosse Hindernisse dagegen setzen die Zweige von Öytisus Laburnum dem Gelingen des Experimentes ent- gegen. Von vier Versuchen, die unter den scheinbar günstigsten Bedingungen angestellt wurden, gaben drei ein vernemendes Resultat. Während der eine Ring unter geringer Callus-Bildung anwuchs. starben an den drei übrigen Objeeten nicht nur die Ringe und die über ihnen befindlichen Zweigteile. sondern merkwürdiger Weise auch die unter ihnen gelegenen bis zu einiger Tiefe ab. Auch mehrere Weiden- arten, mit denen experimentiert wurde, Salix caprea, aurita und andere, zeigten sich auffallender Weise weniger günstig, als die früher genannten Pomaceen. Nur ein Teil der Ringe wuchs an, und diese bildeten zudem einen hauptsächlich an der oberen Wundlippe ungleich stärker hervor- tretenden Callus, als die jener Pomaceen. Wenn, wie in den zuletzt genannten Fällen, das Anwachsen der Ringe unter grösseren Schwierig- keiten vor sich geht, dann zeigen sich die Folgen der Operation auch am Wachstum der über der Verwundung stehenden Zweigteile. Es wird die Entwickelung der Laubtriebe etwas beeinträchtigt. die der Fruchtsprosse dagegen gefördert. Ferner erfährt der über dem Ringe gelegene Teil des Zweiges ein gesteigertes Dickenwachstum. Allein diese Störungen werden ausgeglichen, sobald die Einfügung der Stücke vollständig geworden ist, und nach Verlauf einiger Jahre gewahrt man in der Regel nichts mehr davon. G@ Transplantation am Blatt. Stengel und Wurzel, mit denen wir bisher experimentierten, haben unbegrenztes Wachstum; an ihnen sind, wie wir gesehen, die Transplantationen sicher und zum Teil leicht auszuführen. Anders als jene ist das Blatt gestaltet. Neben dorsiventralem Bau hat es begrenztes Wachstum, und es könnte beim ersten Anblick scheinen, an einem so geformten Gebilde sei eine Transplantation überhaupt un- möglich. In der That schlugen die meisten Versuche, die mit gewöhnlichen Laubblättern angestellt wurden, fehl. Ein befriedigendes Ergebnis wurde erst gewonnen, als die Blätter gewisser fleischigen Pflanzen, besonders aus der Gattung Mesembryanthemum, benutzt wurden. Die Blätter von Mesembryanthemum linguaeforme haben einen annähernd dreieckigen Querschnitt: die Oberfläche wird von der einen Seite eingenommen, während die beiden anderen etwas mehr ge- wölbten Seiten die untere Hälfte bilden. An den so gestalteten Blättern wurde die Transplantation in folgender Weise ausgeführt. Zunächst wurde ein Blatt, das nahezu seine volle Grösse erreicht hatte, in seiner Mitte quer durchschnitten, die untere Hälfte sodann in ihrem apicalen Teile mit einem Längsschnitt versehen, welcher der Oberseite parallel lief und bestimmt war, das Reis aufzunehmen. Als solches diente die 45 vordere Hälfte eines anderen Blattes, die an ihrem basalen Ende durch Abtragung des Gewebes der Ober- und Unterseite keilförmig zugespitzt, in normaler Stellung in den Spalt geschoben (Taf. V. Fig. 12) und in diesem durch einen geeigneten Verband festgehalten wurde. Nach einiger Zeit waren die Wundflächen so fest mit einander verwachsen, dass der Verband entfernt werden konnte. Ebenso gelang es, das Object durch allmähliche Entfernung der Glocke an die Luft des Gewächshauses zu gewöhnen. Dieses Blatt nebst anderen, mit denen der gleiche Versuch angestellt wurde, blieb frisch während der ganzen Lebensdauer, die ihm zukam. Dieser Versuch lehrt, dass man die Teile emes Blattes transplantieren kann. Durch leichte, hier nicht weiter auszuführende Aenderung des Experimentes lässt sich zeigen, dass man den basalen Teil des Blattes nach der Spitze und umgekehrt den apicalen Teil nach der Basis verschieben kann, und dass bei übrigens normaler Stellung der Teile die Verwachsung derselben stets unschwer erfolgt. — Dass für diese die Form des Spaltes gleichgültig ist, und dass man statt der oben angegebenen auch die dazu senkrechte wählen kann, ist selbstverständlich. Besonders sei noch hervorgehoben, dass die Verwachsung auch dann vor sich ging, wenn der eingepflanzte Blattteil um 180° oedreht, mit seiner morphologischen Unterseite also nach oben ge- richtet war (Taf. V. Fie. Schliesslich sei hier noch eines Versuches gedacht, der in Figur 10, Taf. V angedeutet ist. Auf 9). Derartige Objecte erreichten das gleiche Alter, wie die zuvor besprochenen. [0 je] etwa halber Länge eines Blattes wurde durch eimen schräg von oben nach unten bis etwa zur Mitte des Blattdurchmessers geführten Schnitt ein Spalt hergestellt, in diesen das keilföürmig zugespitzte Ende einer vorderen Blatthälfte geschoben, und die beiden Teile sorgfältig verbunden. Auch jetzt fand völlige Verwachsung statt, und es war somit künstlich eine Blattgestalt erreicht, die m der vorderen Hälfte eine doppelte Lamina besass, oder, wenn man will, in der Vertikal-Ebene verzweigt war (Taf. V, Fig. 10). Dass man das Reis auch seitlich einfügen und die Verzweigung damit in die Horizontal-Ebene verlegen kann, sei nur angedeutet. In beiden Fällen ist aber die Tragfähigkeit der unteren Blatthälfte der ungewohnten Belastung nicht angepasst, und das Ganze bedarf daher einer Stütze. B. Transplantation mit abnormaler Stellung der Teile. Die uns nunmehr beschäftigende Aufgabe besteht darin, Teile in abnormaler Stellung zu trans- plantieren, und festzustellen. ob überhaupt ein Anwachsen stattfindet; sodann, wenn dies der Fall, ob das Verhalten der Teile, vor allem ihr Wachstum, durch ihre eigene innere Struktur oder durch die Umgebung. von dem Ganzen aus bestimmt wird, in das wir sie jetzt einfügen. a Ander Wurzel, 1. Fleischige Formen. Was die Darstellung anlangt, so wollen wir hier einen anderen Weg einschlagen, als früher, und die Behandlung der Gewebestücke derjenigen ganzer Glieder vorausschieken. Vorbemerkt sei ferner, dass die Stücke in den nun zu beschreibenden Versuchen möglichst regel- mässige Gestalt haben müssen. In manchen Fällen lässt sich allein die Würfelform, in anderen auch die des drei- oder vierseitigen geraden Prismas verwenden. In unseren ersten Versuchsreihen wurden die Stücke stets an ihren eigenen Ort wieder eingesetzt, später dagegen, wie schon in der Einleitung erwähnt, häufig die zur Ausfüllung der Höhlen bestimmten Stücke anderen gleich starken küben derselben Rasse entnommen. Auf diese Weise kann man durch vorsichtiges Zuschneiden 46 leichter Stticke erhalten, welche die Höhlen genau ausfüllen. Bei Umkehrung der Stücke in radialer Richtung ist noch ein weiterer Vorteil geboten. Um deren Anwachsen auf der inneren Seite zu ermöglichen, muss man den Kork und das unmittelbar an denselben grenzende Rindengewebe ab- tragen. Die dadurch bei der Einfügung des Stückes am gleichen Orte unvermeidlich entstehende Lücke lässt sich bei der Uebertragung eines Stückes von einer anderen Rübe leicht vermeiden, indem man hinten so viel Gewebe zufügt, als vorn wegfällt. Für das Anwachsen und die weitere Entwicke- lung des Stückes ist es gleichgültig, ob es der gleichen Wurzel oder der eines andern Individuums derselben Rasse entstammt, ein Punkt, der später noch genauere Krörterung finden wird. Nach diesen Bemerkungen wollen wir damit beginnen, dem Stück nach Entfernung seiner Kork- schieht eine derartig veränderte Lage zu geben, dass es in Bezug auf seine Längsaxe normale Stel- lung behält, mit seiner radialen und tangentialen Axe aber um 90° gedreht ist, dass seine einstige Aussenseite also in radiale Richtung gelangt. Das Verhalten des Stückes bleibt dasselbe. gleichviel ob die Drehung rechts (im Sinne des Zeigers der Uhr) oder links herum geschieht. Der leichteren Beschreibung halber wollen wir annehmen, die Drehung habe rechts herum stattgefunden, die einstige Aussenseite des Stückes sei also zur linken Hand des Beschauers gelesen. Eine Reihe derartiger Versuche ergiebt bis zum Schluss der Vegetations-Periode übereinstimmend folgende Verhältnisse. Von aussen betrachtet erscheint das Stück auf der Iimken Seite vollständig angewachsen, ebenso auf der oberen und unteren; in seiner linken Hälfte hat es ferner annähernd gleiche Stärke mit dem zunächst angrenzenden Mutterboden. In der rechten dagegen ist es im Wachstum zurückgeblieben und tritt hier daher etwas zurück. Auf der rechten Radial-Seite zeigt sich dazu eime bald von oben nach unten reichende, bald unterbrochene, mehr oder weniger tiefe Furche. — Der Mutterboden hat über dem Stück und parallel zu dessen beiden Längsseiten einen Wulst erzeugt. der im Ganzen mur von mässiger Entwickelung ist und auf der rechten Längsseite am weitesten vortritt. Nach unten setzen sich seme beiden Flügel über den Einschluss hinaus auf kurze Strecke fort. um dann allmählich zu verschwinden. Dem äusseren Anblick entsprechen die anatomischen Verhältnisse. Es ergiebt sich, dass das ganze Stück in vortrefflichem Ernährungszustande ist. Auf seiner linken Radial-Seite ist es vollständig und innis mit dem Mutterboden verwachsen. (Vergl. die Abbildung des Querschnittes Taf. VII. Fig. 2.) Die Verbindung ist ferner auf der oberen und unteren Fläche vor sich gegangen, hier jedoch vor- wiegend jedesmal in der linken Hälfte. Angewachsen ist weiter die hintere Fläche, aber nur lokal und minder innig; zumal in der mittleren Region finden sich manche Unterbrechungen. Am mangel- haftesten ist die Verbindung auf der rechten Radial-Fläche: hier hat die Verwachsung nur in der hinteren Region und an den Orten stattgefunden, an welchen die von aussen sichtbare Furche unter- brochen war. In verschiedenen Regionen durch das Stück geführte Querschnitte lehren ferner, dass es in seiner einst inneren, nunmehr rechten Hälfte nicht in die Dicke gewachsen ist, dass es dagegen auf der Aussenseite der linken Hälfte Cambium gebildet und vermittelst dessen an Umfang zugenommen hat. Als wichtig hervorzuheben ist ie Thatsache, dass das ursprünglich vorhandene Cambium des Stückes an dem neuen Orte seine frische und jugendliche Beschaffenheit bewahrt hat, in seiner Thätigkeit aber stehen geblieben ist und zwar offenbar darum, weil es an Raum mangelte. Die hier gemachte Erfahrung gilt, was gleich hinzugefügt werden mag, ganz allgemein. Das Cambium eines Stückes ist nach der Transplantation nur so lange thätig, als Raum für seme Produkte geboten ist: fehlt dieser, so teilt es sich nicht mehr, bleibt aber frisch und geht. soweit sich nach dem Aussehen schliessen lässt, nicht in Dauergewebe über. Von zerdrückten oder sonst gestörten Geweben, deren 47 Zustand etwa durch die Thätigekeit des Cambiums verursacht sein könnte, ist m der Regel keine Spur zu gewahren. Indem wir bezüglich aller histologischen Einzelheiten, sowie des Verhaltens des Mutterbodens um das Stück auf den diesen Gegenständen gewidmeten besonderen Teil unserer Arbeit verweisen, be- merken wir nur noch, dass das vorhin erwähnte Cambium auf der einen Hälfte der Aussenseite des Stückes sich an das schon beim Beginn des Versuches vorhandene Cambium anschliesst und offenbar von diesem aus begonnen hat. (Taf. VII, Fig. 2 bei c.) oO Damit gelangen wir zu emem weiteren Versuche. Wir wollen auch jetzt das Stück mit semer Längsaxe in normaler Stellung belassen, die radiale und tangentiale Axe dagegen um 180° drehen, so demnach, dass seine einstige Aussenseite jetzt nach innen gewandt ist. Selbstverständlich werden auch jetzt der Kork und die äusseren Rindenzelllagen entfernt. Bei Wochen, oft auch schon früher, hat die Verwachsung stattgefunden ; das Stück erscheint frisch, zeigt gut gelungener Operation ist der Verlauf des Versuches folgender. Nach drei bis vier auf seiner ganzen Aussenfläche keine Verletzungen und füllt die Höhle vollständig aus. Nach und nach jedoch, wenn die Pflanze im Freien der ferneren Entwickelung überlassen wurde, stellen sich Veränderungen ein, die bis zum Schluss der Vegetationsperiode ein völlig verändertes Bild geben. Das Objeet gewährt jetzt einen entschieden pathologischen Anblick. (Taf. I, Fig. 10; Taf. II, Fig. 5; Längsschnitt Taf. VIII, Fig. 2.) Die Wurzel bildet um das Stück einen mehr oder minder stark vorspringenden Wulst, der jenes selbst wie einen Fremdkörper umgiebt. Der Einschluss erscheint jetzt abgerundet, oft mit kleinen Unebenheiten versehen und mit einer Korkschicht überzogen. In seinem unteren Teile springt er etwas vor und ist hier oft auch breiter als im oberen. Auf seiner rechten und linken Längsseite finden sich meist tiefe Höhlen, während er oben und unten mit dem Substrat fest verbunden ist. Doch kommen in diesem Punkte Verschiedenheiten vor; es kaun auch oben oder unten eine Kluft vorhanden sein. Wie die anatomische Untersuchung solcher Stücke lehrt, findet deren Verwachsung hauptsächlich in der nach innen gewandten Längshälfte statt, und zwar erstens an den beiden Radial-Flächen, wo sie gewöhnlich am innigsten ist, sodann an der oberen und unteren, oder auch nur an einer von beiden, und endlich an der hinteren Fläche. Im günstigsten Falle ist die letztere vollständig ange- wachsen. in der Regel jedoch finden sich Unterbrechungen. Den beim vorigen Versuche gemachten Beobachtungen entsprechend ist das ursprünglich vor- handene Cambium dieser Stücke wohl erhalten und bei der Verwachsung an den radialen Seiten, sowie der oberen und unteren Fläche beteiligt. Ziemlich regelmässig gewahrt man, dass sich im Anschluss an dasselbe auf beiden Radial-Seiten des äusseren nicht angewachsenen Teiles der Stücke zarte Cambium-Platten gebildet haben, in denen selbst kleine Gefässbündel erzeugt wurden. Auf die Aussenseite setzt sich die Cambium-Bildung bald gar nicht fort, bald tritt sie, jedoch erst spät, in der unteren Hälfte auf und bedingt das oben erwähnte, etwas stärkere Wachstum dieses Teiles. Selten zieht sich ein dünner Cambium-Mantel über die ganze Aussenseite hin (Taf. VII, Fig. 3 unter v. Vergl. die Erklärung der Figur). Allein auch dann ist der Eindruck des Ganzen durchaus pathologisch. Indem wir auf die Besprechung aller Einzelheiten verzichten. erwähnen wir hier nur eines Falles, der ein besonderes Interesse beansprucht. Im Herbst 1885, und zwar erst spät im September, wurde einer Rübe zum Zweck der Beobachtung im Winter ein Stück in radial verkehrter Stellung eingefügt. Dasselbe wuchs rasch oben und unten, auf den beiden radialen Längsseiten, nicht aber auf der Hinter- seite an. Am innigsten war die Verbindung auf der einen radialen Längsseite, und zwar auf der ganzen Fläche, erfolgt. Ausnahmsweise gelangte diese Rübe im folgenden Frühling nicht zum Blühen, 48 sondern setzte ıhr vegetatives Wachstum fort, und erzeugte nun um den Kinschluss einen stark vor- tretenden Wulst (Taf. II, Fig. 7). Das Stück selbst nahm auf der Aussenseite nicht mehr an Dicke zu, behielt aber seine Form, auch deren scharfe Kanten, fast vollständige bei. Aus der Unter- seite entwickelten sich allmählich stumpfe, wulstförmig vortretende Fortsätze. Im dritten Jahre blühte die Pflanze. Bis zur Samenreife erhielten sich die Wurzel und ihr Einschluss frisch. ohne aber ihre Gestalt zu ändern. Als nun die anatomische Untersuchung vorgenommen wurde, fand sich. dass der Einschluss auf der Aussenseite nur einen Korkmantel, aber kein Cambium gebildet hatte; ebenso war auf der Innenseite kein Wachstum erfolgt, obwohl es hier an Raum zur Ausdehnung nicht fehlte. Von der Wulstbildung an der Unterseite abgesehen, hatte das Stück keine Aenderung erfahren. wenn- gleich es vortrefflich angewachsen war, sich im besten Ernährungszustande befand und eine ausser- gewöhnlich lange Zeit zur Entwickelung gehabt hatte. Ausser den eben beschriebenen beiden abnormen Stellungen kann man dem Einschluss solche geben, die zwischen diesen und der normalen liegen. Es erscheint jedoch nicht notwendig. die in diesen Fällen eintretenden Erfolge zu beschreiben. Der nächste Versuch, den wir anstellen, besteht darin, dass wir das würfelförmig zugeschnittene Stick mit semer radialen Axe in normaler Stellung lassen, die longitudinale und tangentiale dagegen um 90° drehen. In der neuen Lage haben die Gefässbündel in dem Einschluss horizontalen Verlauf. Das Verhalten solcher Stücke und ihrer Umgebung wird, soweit es die äusserlich sichtbaren Verhältnisse betrifft. durch Fig. 6. Taf. II veranschaulicht, die einen Fall darstellt, in dem die Drehung rechts herum stattgefunden hatte. Das Stück ist auf der linken Radial-Seite fast vollständig ange- wachsen und hat hier einen mässig vorspringenden Wulst erzeugt. Es tritt ferner vor an der oberen ebenfalls völlig angewachsenen Seite, die Erhebung nimmt hier aber von links nach rechts ab. Auf der rechten Seite unten tritt die Oberfläche des Stückes hinter die des Mutterbodens zurück, und in der Nähe dieser Stelle findet sich zwischen beiden eine Vertiefung. in der keine Verwachsung erfolgt ist. (Diese Vertiefung ist in der Figur nicht deutlich sichtbar. da hier an dem Wachs. mit dem die Wunde verschlossen worden, Erdteilchen kleben geblieben waren, die sich ohne Verletzung der Ober- fläche nicht entfernen liessen.) Der Mutterboden hat rings um das Stück mit Ausnahme der Unterseite des letzteren eine wall- artige Erhebung gebildet, deren Entwickelung da am stärksten ist, wo sie emem Wulst des Ein- schlusses gegenüber liegt. Bei der anatomischen Untersuchung ergab sich, dass der Grad der Verwachsung im allgemeinen der Wulstbildung entsprach (Taf. VII, Fig. 5). Am innigsten war die Verbindung auf der linken, d. h. der basalen. Seite des Stückes, etwas minder fest auf der entgegengesetzten Fläche. Ziemlich innig und gleichförmig war sie an der oberen, sehr unregelmässig dagegen auf der unteren und, wenn auch besser, so doch im Ganzen lückenhaft, auf der hinteren Seite. Es tritt uns also auch in diesem Falle die Erscheinung entgegen, dass ein Einschluss, sobald er sich nicht in normaler Stellung befindet, das Bestreben zeigt. in seinem basalen Teile am stärksten zu wachsen. Indem wir die Reihe der Versuche fortsetzen, drehen wir nunmehr das Stück. dessen radiale Axe ihre Stellung behält, mit seiner longitudinalen und tangentialen um 180°, dergestalt also, dass sein oberes Ende nach unten, sein unteres nach oben gerichtet ist, und dass die rechte und linke Hälfte vertauscht sind. Das äusserlich sichtbare Verhalten solcher Stücke ist annähernd übereinstimmend folgendes. (Taf. II. Fig. 5. Dazu die Längsschnitte Taf. VII, Fig. 18 und Taf. VII, Fig. 1: ferner der Längsschnitt 49 Taf. I. Fig. 12, der den Erfolg einer in ihrem zweiten Jahre an einer Rübe vorgenommenen Operation darstellt). Es findet vollständige Verwachsung statt an der oberen Wundfläche, sodann gewöhnlich an der rechten und linken Radial-Fläche, doch ist sie hier minder innig. und oft auf die inneren Teile beschränkt. Am mangelhaftesten ist die Verbindung an der unteren Fläche: in der Regel be- obachtet man hier eine mehr oder minder tief eindringende Furche. Was den Mutterboden anbetrifft, so erzeugt derselbe über dem Stück einen starken Wulst. der sich auf den beiden Längsseiten, jedoch unter steter Höhenabnahme, nach unten fortsetzt. Auch der Einschluss nimmt an der Wulstbildung Teil, aber lediglich an seinem basalen nach oben gewandten Ende und meist in geringerem Grade, als der Mutterboden. Dem äusseren Bilde entsprechen die inneren Verhältnisse. An der oberen Fläche ist die Ver- wachsung meist lückenlos und innig. Die hintere Wand verwächst ebenfalls mit dem Mutterboden, aber weniger innig und mit mancherlei Unterbrechungen. Ziemlich feste Verbindung findet auf der rechten und linken Längsseite statt, doch zeigen sich auch hier, besonders im unteren Teile, öfters Lücken. Höchst unvollkommen erweist sich die Verwachsung an der unteren Schnittfläche. Sie geht hier gewöhnlich nur in der hinteren Region vor sich, meist lokal und mit mehr oder minder grossen Unterbrechungen. Gelegentlich unterbleibt sie auch vollständig. Im letzten und wichtigen Experiment, das wir auszuführen haben, ist dem Einschluss eine nach jeder Richtung verkehrte Stellung zu geben. Um dies zu erreichen, werden Oeffnung und Einschluss möglichst genau würfelföürmig zugeschnitten. und dem letzteren auch jetzt selbstverständlich der Kork und die äussere Rindenschicht genommen. Die Einfügung des Stückes geschieht, nachdem es mit seiner longitudinalen und radialen Axe um je 180° gedreht worden ist. In der neuen Lage sind somit das obere und untere Ende und die vordere und hintere Fläche vertauscht. An den radialen Längswänden berühren sich zwar die ursprünglich zusammengehörenden Flächen, haben aber eine solche Lage, dass die des Einschlusses in longitudinaler wie in radialer Richtung verkehrt orientiert sind. Dass bei diesem Versuch die grösste Vorsicht in der Präparation erforderlich ist, braucht nicht besonders betont zu werden. ebenso wenig. dass er möglichst früh im Sommer ausgeführt werden muss. Das Bild. welches die so behandelten Objeete im Herbst gewähren, ist m der Regel sehr auf- fallend. Der Mutterboden hat um den Einschluss einen meist sehr stark, oft sogar schnabelartig vor- springenden Wulst erzeugt. der in seiner Tiefe das Stück umschliesst (Taf. II, Fig. 3. — Taf. I, Fig. 13. Dazu der Längsschnitt Taf. VII. Fig. 20). Die Oberfläche des letzteren ist bald eben, bald rissig; seine Farbe in Folge der Korkbildung braun. In seinem oberen Teile ist es meist etwas stärker entwickelt. als im unteren. Dort erscheint es auch am besten angewachsen. während es sonst ringsum, besonders an der unteren Fläche, durch mehr oder minder tief eindringende, oft klaffende, Lücken vom Mutterboden getrennt wird. — Das Ganze macht einen durchaus pathologischen Eindruck. Mit der äusseren Form stimmen die‘anatomischen Verhältnisse überein. Im Allsememen ist die Verwachsung dieser Stücke mit dem Mutterboden mangelhafter , als in allen früheren Fällen. Am besten ist sie in der Regel noch auf der oberen Querfläche ; dieser folgen die beiden radialen Längs- seiten und die Hinterseite. Sehr lückenhaft, nicht selten ganz unterblieben, ist die Verbindung an der unteren Fläche. Auf den radialen Längsseiten ist die Verwachsung gewöhnlich auf die innere Region beschränkt. in der sie bald nur auf kurzer, bald auf weiterer Strecke stattfindet. Mit ihrer mangelhaften Verbindung geht das weitere Verhalten der Stücke Hand in Hand. In der Regel erfahren sie kein Wachstum, oft vielmehr von aussen eine Abnahme. Wie erwähnt, bilden sie an den freien Teilen Kork. Doch geht gelegentlich auch das ganze äussere Gewebe bis zu einiger Tiefe zu Grunde. Vöchting, Ueber Transplantation. - 50 In Fällen guter Verwachsung bleiben die Stücke auf ihren Aussenseiten glatt und erzeugen unter dem Korkmantel selbst eine Cambium-Schicht, doch ist die letztere stets nur schwach entwickelt, besteht aus wenigen Zellenlagen und beschränkt sich lediglich auf den oberen Teil der Aussenfläche. Sie ist hier bald nur als Andeutung vorhanden, bald reicht sie bis zu einem Drittel oder zur Hälfte der Höhe hinab (Taf. VII, Fig. 20). Der eben beschriebene Versuch wurde während mehrerer Jahre oft wiederholt, und zwar im wesentlichen immer mit dem gleichen Ergebnis. Nur unter den im Sommer 1888 ausgeführten Kul- turen fand sich ein Fall, der in gewissem Sinne eine Ausnahme darstellte und daher einer besonderen Erwähnung bedarf. Das Stück war an seiner Oberseite ziemlich vollständig angewachsen; an den beiden radialen Längsseiten fanden sich zwar tief eindringende Wunden, dazwischen aber Gewebe- brücken von teilweise beträchtlicher Breite (Taf. II, Fig. 4. Hierzu der Längsschnitt Taf. VII, Fig. 13). An der unteren Fläche war im vorderen Teile zwar keine Anwachsung erfolgt, wohl aber im hinteren. Die innere Fläche hatte sich, jedoch nur lückenhaft, mit dem Mutterboden verbunden. Aeusserlich trat das Stück m seinem oberen Teile stark vor, im unteren nur wenig zurück. Dort war es glatt und bildete mit dem angrenzenden Teile der Mutterwurzel einen beträchtlich entwickelten Wulst; hier hatte es eine rissige und unebene Oberfläche. Als wichtig hervorzuheben ist, dass dieses Stück auf seiner ganzen freien Aussenseite eine (am- bium-Schicht erzeugt hatte (Taf. VII, Fig. 13), die im oberen Teile kräftig, im unteren dagegen schwächer entwickelt und offenbar erst später entstanden war. In jenem hatte sie kleine Bündel ge- bildet und die Diekenzunahme bewirkt, während es im unteren noch nicht zur Anlage von Strängen gekommen war. Im Ganzen also hatte dieses Stück ein ungewöhnliches Wachstum erfahren. Ausser den im Vorstehenden erörterten abnormalen Lagen wurden den Einschlüssen noch ver- schiedene andere erteilt, deren eimgehende Besprechung jedoch unterlassen werden darf. Erwähnt sei nur, dass sich unter den fraglichen Stellungen auch die befand, welche durch Drehung der longitu- dinalen und radialen Axe um die tangentiale herbeigeführt wird. In dieser Lage hatten die Gefäss- bündel des Einschlusses radialen Verlauf, und es war je nach der Drehungsriehtung die organische Aussenseite bald nach oben, bald nach unten gerichtet. Dass auch in diesen Fällen die Verwachsung stattfand, braucht kaum gesagt zu werden. Am innigsten war sie auf den ursprünglich radialen Längsseiten und auf der einstigen Aussenfläche. Nach dem Abschluss des Wachstums traten die Stücke in derjenigen Hälfte zurück, die aus dem einst inneren, älteren Gewebe bestand. während der jüngere, gefässbündelreichere Teil mit dem angrenzenden Gewebe des Mutterbodens einen mässig vor- springenden Wulst bildete. Auf eine weitere Erörterung des Verhaltens solcher Stücke darf hier verzichtet werden. Unsere bisher ausgeführten Versuche mit abnormaler Stellung der transplantierten Teile geschahen lediglich mit Gewebestücken. Es sollen nun noch zwei Experimente beschrieben werden. in denen ganze Glieder oder doch grössere Teile derselben verwandt wurden. In einem früheren Abschnitt zeigten wir, dass man Seitenwurzeln in normaler Stellung leicht transplantieren kann. Es werde nun der dort besprochene Versuch wiederholt, jedoch mit dem Unter- schiede, dass die Wurzel nicht normale, sondern verkehrte Stellung erhält. Die Ausführung ist sehr einfach. Man nimmt einer Pflanze von geeigneter Grösse den Stengel mitsamt dem hypocotylen Gliede, entfernt weiter den ganzen dünnen Teil der Wurzel, schneidet nunmehr das apicale Ende keilförmig zu, und schiebt das letztere in einen seitlich an der Wurzel eines anderen Objeetes ange- brachten, schief einwärts von unten nach oben verlaufenden Schnitt. Die geeignetsten Objecte zur Aus- 51 führung dieses Versuches liefern solche Rassen, deren Wurzeln mit ihren oberen Teilen beträchtlich aus der Erde hervortreten, und hier genügenden Raum zur Operation darbieten. Dass das Glied trotz seiner abnormen Lage anwachse, darf nach unseren bisherigen Erfahrungen erwartet werden. In der That fügt es sich ein, die Erscheinungen aber, welche dabei eintreten, sind sehr auffallend. Es schwillt das Glied in seinem keilförmigen, mit der Unterlage verwachsenen Teile allmählich und immer stärker an, während das äussere, freie Ende nur geringes oder gar kein Wachstum erfährt. Auch die Unterlage entwickelt sich an der Verwachsungsstelle in abnorm starker Weise; besonders ist es der äussere Lappen, der an Umfang gewinnt. Am Schluss der Vegetations-Periode erhält man ein Bild, wie das in Fig. 7, Taf. III gegebene. Das Wurzelstück erscheint in seiner ganzen angewachsenen Region ungewöhnlich verdiekt, und macht mit dem zugehörigen Teile des Mutterbodens den Eindruck einer krankhaften Geschwulst. Der äussere freie Teil dagegen ist in der Entwiekelung völlig zurückgeblieben und gleicht einem verkümmerten Gebilde. In dem dargestellten Falle war die Verwachsung an der äusseren Berührungsfläche am innigsten, weniger fest und in ihrem unteren Teile nur lokal auf der inneren Fläche. Das ganze eingesetzte Glied war übrigens äusserlich, und, was gleich hinzugefügt werden mag. innerlich durchaus frisch und saftig. Merkwürdiger noch als der Verlauf des eben besprochenen ist der des folgenden Versuches, ja dieser dürfte zu den eigentümlichsten gehören, die überhaupt in dieser Arbeit beobachtet wurden. Es handelte sich um die Aufgabe, zwei Wurzeln in entgegengesetzter Richtung zu verbinden und dann den einen Teil des Objectes die Ernährung aus dem Boden, den andern mit seinen grünen Organen die Assimilation in der Atmosphäre vollziehen zu lassen. Längere Zeit schien es, als sei dieses Ex- periment nicht ausführbar; schliesslich aber gelang es in verhältnismässig einfacher Weise. Es wurden je zwei längere, etwa gleich starke Pflanzen gewählt, die bald der gleichen, bald ver- schiedenen Rassen angehörten. Die eine Pflanze des Paares wurde ihres Stengels und hypocotylen Gliedes beraubt und sodann nach Entfernung des dünnen apicalen Endes in der Region der Seiten- wurzeln durch zwei Schnitte keilförmig zugespitzt. Diese wurden in einer solchen Entfernung von der basalen Fläche geführt, dass auf der Streeke zwischen ihr und dem Keil eine beträchtliche Zahl kleiner unverletzter Seitenwurzeln vorhanden war; sie hatten ferner eine solche Richtung, dass im Bereich der keilförmigen Stelle alle Seitenwurzeln abgehoben waren. Die andere Pflanze behielt ihren Stengel; nachdem auch an ihr der dünne Teil der Wurzel bis zu einer Höhe entfernt war, die der keilförmigen Region der anderen Wurzel entsprach, wurde sie hier bis zu passender Tiefe gespalten, der Keil in den Spalt geschoben und nun der Verband angelegt. Hierauf wurde der stengellose Wurzelteil so tief in die Erde eines Topfes gesetzt, dass er bis zu geringer Entfernung vom Ver- bande bedeckt war. Um den Wasserverbrauch des oberen Teiles möglichst herabzusetzen, wurden die sämtlichen Blätter bis auf die eben aus der Knospe hervortretenden entfernt, der Topf unter eine Glocke gestellt und auf die Pflege des Objectes die grösste Sorgfalt verwendet. Der Versuch wurde im ersten Sommer fünfmal ausgeführt. Trotz aller Vorsicht in der Behand- lung gingen drei Objeete zu Grunde, ein Zeichen, dass der Verwachsung der abnorm zusammenge- setzten Teile erhebliche Hindernisse im Wege stehen. Die übrigen zwei Objecte aber blieben erhalten. Ihre heterogenen Flächen verwuchsen, die gegenseitige Ernährung der beiden Teile ging anfangs langsam, dann immer besser von Statten, und nach und nach entwickelten sich charakteristische, stets auffallender werdende Wachstumsverhältnisse. Die bis zum Abschluss der Vegetations-Periode erreichten Gestalten sind in den Figuren 1 und 2 auf Tafel II nach photographischen Bildern wiedergegeben. In der Abbildung 2 ist Alles dargestellt mit Ausnahme der alten Blätter, die entfernt wurden; auch fehlen an dem einen Objeet einige Wurzeln. Figur 1 zeigt besonders den mittleren Teil des Objectes. * 7 )Z Das Object Fig. 2 besteht aus zwei Hälften von gleicher, das in Fig. 1 dargestellte dagegen aus solchen von verschiedenen Rassen. Was an den beiden Körpern sofort auffällt, sind die an den Verwachsungsstellen erzeugten mächtigen Geschwülste. In den beiden Fällen tibertrifft deren Durchmesser den der dicksten Stellen der Rüben, im einen sogar um ein sehr Beträchtliches.. An der Bildung der Geschwulst ist haupt- sächlich das ursprünglich keilförmig zugeschnittene Stück der unteren Rübe beteiligt. Die Verwach- sung hat an dem einen Object fast regelmässig und auf der ganzen Berührungsfläche,. an dem an- deren vorwiegend auf der linken Seite und im Ganzen minder gleichförmig stattgefunden. An beiden Objecten finden sich die stärksten Seitenwurzeln an den möglichst nahe der Erdober- fläche gelegenen Teilen der unteren Hälften, d. h. möglichst nahe an deren über die Erde ragenden morphologischen Spitzen. Das diekere apicale Ende führt im einen Falle keine, im anderen nur schwache Seitenglieder. In beiden Fällen sind die Hauptwurzeln auch an den über und unter den Verwachsungen gelegenen Orten in die Dicke gewachsen. Besonders gilt dies von dem oberen Teile desjenigen Körpers, der aus zwei der gleichen Rasse angehörenden Hälften zusammengesetzt ist. während der untere Teil der unteren Hälfte, der bei Beginn des Versuches gleich stark entwickelt war, wie der entsprechende Teil der oberen Rübe, nur wenig an Umfang zugenommen hat. Hier ist offenbar das zum Wachstum der Hauptwurzel verfügbare Material in erster Linie auf die Bildung der Geschwulst verwandt worden. An dem anderen, aus Individuen verschiedener Rassen zusammengesetzten, Körper ist neben dem oberen Teile, der sich freilich nur mässig entwickelt hat, auch das untere Ende der unteren Rübe etwas in die Dieke gewachsen. doch wurde auch hier die Hauptmasse der Nahrung zur Erzeugung der Geschwulst verbraucht. Bezüglich des allgemeinen Zustandes der beiden Objeete sei noch bemerkt. dass ihr ganzes Aus- sehen durchaus frisch und gesund war. Die Blätter hatten dunkelgrüne Farbe, waren straff und ertrugen, nachdem sie allmählich daran gewöhnt waren, die intensivste Beleuchtung. — Besonders hervorzuheben ist, dass die unteren Schnittflächen der in der Erde befindlichen Hälften vollkommen erhalten waren. Sie besassen in beiden Fällen glatte Oberflächen und waren mit einer wohlausgebildeten Korkschicht überzogen. Mit den Abbildungen der beiden Objeete wolle man die Figuren 4 und 7 auf Taf. I vergleichen. welche früher von Wurzeln gegeben wurden, die ebenfalls aus zwei getrennten Hälften. aber mit normaler Stellung der letzteren, hergestellt waren. Unsere zuletzt ausgeführten Versuche, in denen es gelang, ganze Glieder in abnormer Lage zu verbinden, beanspruchen ein besonderes Interesse. Vor allem ist die Thatsache bemerkenswert. dass. nachdem die Verwachsung stattgefunden, die Ernährung, die Stoffwanderung zwischen beiden Hälften offenbar ergiebig vor sich ging, ein grosser Teil der Stoffe selbst aber zur Bildung der Geschwulst verwandt wurde. Eine Hemmung des Stoffwechsels, die sich in krankhaftem Wachstum der grünen Organe des Objectes äusserte. — wie man sie hätte vermuthen dürfen —. trat nicht ein. Vielmehr bewegte sich von unten das Wasser, strömten von oben die plastischen Stoffe durch die Verwachsungs- fläche, scheinbar ohne grosse Schwierigkeit. Hemmungen bot jene Fläche zwar zweifellos dar, doch waren sie offenbar nicht bedeutend genug, um das Wachstum des Körpers. besonders der Geschwulst zu verhindern. Beachtung verdient ferner der Umstand, dass in dem Versuch mit dem seitlich verkehrt eingesetzten Wurzelstück dieses: in seinem apicalen, unter der Verwachsung gelegenen, Teile im Wachs- tum fast völlig zurückblieb. In geringerem Grade galt dies auch von den beiden anderen Versuchen, denn auch hier erfuhr die unterhalb der Geschwulst befindliche Region trotz der an ihr erzeugten Seitenwurzeln eine verhältnismässig geringe Entwickelung. Für diese Erscheinungen eine Erklärung zu geben, ist zur Zeit unmöglich, und wir müssen uns daher einstweilen mit der Feststellung der Thatsachen begnügen. Die sämtlichen bisher besprochenen Versuche wurden mit der Runkelrübe ausgeführt. Dass man bei Anwendung anderer fleischigen Wurzeln gleiche oder ähnliche Ergebnisse erhalten wird, darf mit Sicherheit angenommen werden. Um dies näher festzustellen. wurden einige der wichtigsten Expe- rimente mit der weissen hübe angestellt. In der That war das Verhalten dieser Objecte im wesent- lichen dem gleich, das an der Runkelrübe unter ähnlichen Verhältnissen beobachtet wurde und bedarf aus diesem Grunde keiner näheren Beschreibung. Statt alles weiteren sei hier auf die zwei Abbil- dungen Fig. 9 und 8, Taf. I mit den zugehörigen Querschnittszeichnungen Fig. 9 und 10, Taf. II hingewiesen. Die erste, Fig. 9, Taf. I stellt ein Object mit einem normal wieder eingesetzten Stück dar, das vollständig angewachsen ist und mit dem Mutterboden fast gleichen Schritt im Dieken- wachstum gehalten hat (Taf. I, Fig. 8). An dem zweiten m Fig. 9, Taf. Il abgebildeten Object war das Stück longitudinal und radial verkehrt eingesetzt, nachdem ihm die äussere Rinde und das Cam- bium genommen worden. Auch dieser Einschluss ist angewachsen, zeigt aber dieselbe mangelhafte Entwickelung, die für die entsprechend eimgefügten Stücke der Runkelrübe beschrieben wurde (Fig. 10). Bezüglich der anatomischen Verhältnisse sei hinzugefügt, dass an kemem der in radialer Rich- tung verkehrt eingesetzten Stücke der weissen Rübe eine Bildung von Cambium an der Aussenseite stattgefunden hatte. Offenbar ist die Erzeugung dieses Bildungsgewebes hier schwieriger. als bei der Runkelrübe, em Umstand, der vielleicht damit in Zusammenhang steht, dass die weisse Rübe ver- mittelst eines nur einmal erzeugten, dauernd thätigen Cambium-Ringes in die Dicke wächst, die Runkel- rübe dagegen durch wiederholt neu gebildetes Cambium ihre Umfangzunahme bewirkt. 2. Holzige Wurzeln. Nachdem wir das Verhalten fleischiger Wurzeln, an denen auch das innere parenchymatische Gewebe leicht an der Verwachsung teilnimmt, näher untersucht haben, entsteht die Frage, ob und inwieweit auch holzige Wurzeln die entsprechenden Versuche gestatten, und ob auch für sie die oben gewonnenen allgemeinen Regeln gelten. Es leuchtet von vornherein ein, dass die anatomische Beschaffenheit holziger Wurzeln die Aus- führung eimiger der am fleischigen Körper möglichen Versuche nicht zulässt. Vor allem ist es nicht möglich, den Stücken eine radial verkehrte Stellung zu erteilen. Höchstens könnte man ver- suchen, Rindenstücke in dieser Lage einzusetzen, ein Verfahren, von dem aber wegen des voraus- sichtlich sehr zweifelhaften Erfolges abgesehen wurde. Dagegen fanden ein paar andere Experimente statt, die, wie nicht anders zu erwarten war, in den Hauptpunkten die Ueberemstimmung zwischen fleischigen und holzigen Wurzeln darthaten. Das erste bestand in Folgendem. Frisch dem Boden entnommene Wurzeln der Ulme, Ulmus campestris, von etwa Daumensdicke wurden in Stücke von 20—25 cm Länge zerschnitten und diese nunmehr mit ihren apicalen Enden so weit im Töpfe gesetzt, dass die mittleren und basalen Teile frei in die Luft ragten. Den letzteren wurden sodann vermittelst seitlich angebrachter, von unten nach oben verlaufender Spalte kurze Wurzelstücke, deren eines Ende jedesmal keilförmig zugespitzt war, eingefügt, so zwar, dass die Cambial-Regionen der beiden Teile auf einer möglichst grossen Fläche in Berührung kamen. Die einen dieser Stücke erhielten aufrechte, die anderen verkehrte Stellung. Leider ging die Mehrzahl dieser Objecte zu Grunde, da die als Unterlagen benutzten Teile meistens a 54 die Bildung der Adventiv-Wurzeln versagten. Die wenigen gelingenden Versuche entsprachen aber durchaus der gehegten Erwartung. War das Stück mit seinem basalen Ende, also in normaler Stellung. eingefügt, dann zing die Verwachsung leicht von statten; es entstand an der Berührungsfläche ein nur wenig vortretender Callus, aus dem, besonders im oberen Teile, hier und da Adventiv-Knospen hervorgingen. Hatte das Reis dagegen verkehrte Stellung, war es mit seinem apiealen Ende in die Unterlage eingeführt. dann bildete sich an der Verwachsungsfläche ein allmählich immer mehr vorspringender Callus; auch aus diesem entwickelten sich vereinzelt Adventiv-Knospen, jedoch ausschliesslich aus seinem der Unterlage angehörenden Teile. Verschiedener noch verhielten sich die frei in die Luft ragenden unteren Enden der Reiser. Am normal eingesetzten Stück entstanden hier ausser einem Callus von geringem Um- fang keinerlei Neubildungen, während sich am verkehrt eingefügten ein kräftiger Callus bildete und aus diesem zahlreiche Adventiv-Sprosse entwickelten, die auch jetzt, im zweiten Jahre, noch fröh- lieh wachsen. Im zweiten Versuch wurden Wurzelstücke von 20—30 cm Länge quer halbiert, die untere Hälfte jedes Stückes mit ihrem apicalen Ende dem Boden eingepflanzt und nun die obere Hälfte bald in aufrechter, bald in verkehrter Stellung der unteren wieder eingefügt; die Verbindung selbst geschah mit keilförmig zugespitztem Ende und entsprechend gestaltetem Spalt. An der Berührungsstelle stiessen also bald ungleichnamige, bald gleichnamige Pole zusammen. Das Ergebnis dieses Versuches gestaltete sich folgender Maassen. Bei normaler Zusammenfügung der Hälften ging die Verwachsung unter verhältnismässig geringer Callus-Bildung vor sich; die wenigen Adventiv-Sprosse, die am Callus und in dessen Nähe entstanden, gehörten sämtlich dem basalen Ende der unteren Hälfte an. Ein dichter Kranz von Adventiv-Sprossen ging dagegen aus dem Oallus der oberen Schnittfläche der oberen Hälfte hervor, dem eine kräftige Wurzelbildung an dem in Erde befindlichen unteren Ende der unteren Hälfte entsprach. — Ganz anders die Objekte, an denen sich in der Mitte gleichnamige, und zwar die Sprosspole, berührten. Hier entstanden am oberen freien Ende ausser einem Callus keinerlei Neubildungen, an der Verwachsungsstelle aber entwickelte sich ein umfangreicher Wulst, dessen beiden Seiten reichlich Adventiv-Sprosse entsprangen. Adventiv- Wurzeln gimgen nur aus dem unteren, in der Erde befindlichen Teile hervor. Durch diese Versuche ist erwiesen, dass die holzigen Wurzeln sich im wesentlichen den fleischigen gleich verhalten. Auch an ihnen verwachsen die gleichnamigen Pole, doch führt deren Verbindung ebenfalls zur Bildung krankhafter Geschwülste. Auch hier geht durch die letzteren die Bewegung der Nährstoffe vor sich, doch. wurde nicht entschieden, ob nur auf begrenzte oder auf unbegrenzte Zeit. Lehrreich sind diese Versuche auch deshalb, weil die Sprosspole der Wurzelstücke leicht Ad- ventiv-Sprosse hervorbringen, was an den entsprechenden Enden der Runkelrübe nicht geschieht. b, Am Stengel. Wir wollen nunmehr sehen, ob sich Transplantationen mit abnormer Stellung auch am Stengel und Stamm ausführen lassen. Je nach dem Vorhandensein oder Fehlen der Knospen sind auch hier wieder zwei Fälle zu unterscheiden. 1. Die Stücke führen keine Knospen. a. Fleischige Stengel. Bei der Anwendung geeigneter fleischiger Stengel lässt sich unschwer zeigen, dass die allgemeinen Regeln, die für die Wurzeln gewonnen wurden, auch für jene Organe Geltung haben. Zu unseren 55 Versuchen dienten hauptsächlich zwei Sprossformen, erstens die dieken, manchmal knollenförmig ge- stalteten Stengelteile, die manche Runkelrüben-Rassen oberhalb der Wurzeln im ersten Jahre erzeugen. Der Umstand, dass diese Organe neben der Wurzel als Reservestoff-Behälter dienen, macht sie um so geeigneter zum Experiment. Zweitens wurde die sogenannte Oberkohlrabi, Brassica gongylodes, be- nützt, deren Stengel in seinem oberen Teile bekanntlich kugelförmig anschwillt und aus saftigem Gewebe besteht. Andere Objecte dagegen, wie fleischige Cacteen, mit denen anfänglich ebenfalls experimentiert wurde, erwiesen sich als weniger geeignet. Die mit den bezeichneten Stengelformen ausgeführten Versuche sollen und brauchen im einzelnen nicht beschrieben zu werden. Die Herstel- lung der Gewebestücke, das Einsetzen derselben in den Mutterboden, die weitere Behandlung der Objecte: alles geschah in der für die Wurzel beschriebenen Weise. Auch die Erfolge waren in der Hauptsache die gleichen: das Wachstum der Stücke, sowie des sie umgebenden Mutterbodens stimmte in allen wesentlichen Punkten mit den an der Wurzel wahrgenommenen, jedesmal entsprechenden Verhältnissen überein, mit dem Unterschiede jedoch, dass die gesamte Entwickelung der Stücke und ihrer Umgebung schwächer war, als an der Wurzel und dass daher die Erscheinungen im ganzen weniger ausgesprochen waren, als dort. Beiläufig mag hier bemerkt werden, dass auch an den schlanken Internodien der im zweiten Frühjahr sich entwickelnden Hauptaxe der Runkelrübe Transplan- tationen vorgenommen wurden und zwar zu einer Zeit, in der das Gewebe noch jung und saftıg war und die Gefüssbündel noch wenig verholzte Elemente gebildet hatten. Wider Erwarten gelangen diese Versuche aber nur in seltenen Fällen. Die Mehrzahl der verpflanzten Stücke erhielt sich zwar längere Zeit frisch, starb aber dann ab. Es liegt hier somit der beachtenswerte Fall vor, dass das Ge- webe der einen Region eines Organes, hier des Stengels, sich in Bezug auf die Verwachsung ver- schieden verhält von dem einer anderen. Ausdrücklich sei hierzu bemerkt. dass die Transplantations- Versuche an dem unteren verdickten Stengelteile nicht bloss im ersten, sondern auch im zweiten Jahre leicht und mit Erfolg auszuführen sind, trotzdem hier die Gefässbündel reichlich verholzte Elemente führen. Auf den zuletzt berührten Umstand, die Bedeutung des Alters der Gewebe, wird später noch besonders zurückzukommen sein. b. Holzige Stengel. Wir gelangen damit zu den entsprechenden Versuchen an holzigen Gewächsen, wobei es sich selbstverständlich nur um Rindenstücke handeln kann. Diese Versuche sind darum wichtig, weil sie uns gestatten, die Folgen der Operationen während eines längeren Zeitraumes zu beobachten, als dies an dem fleischigen Körper der Kübe möglich ist. Cydonia japonica. Wiefrüher erwähnt, eignen sich die Pomaceen und unter ihnen die genannte Oydonia in vorzüglicher Weise zu unsern Versuchen. Zur Zeit der Saftfülle löst man von kräftigen Zweigen Rindenstücke, am besten von viereckigem Umriss, ab und setzt sie an den gleichen oder an anderen, gleich grossen, ihrer Rinden entblössten Stellen in longitudinal verkehrter Richtung wieder ein. Will man noch sicherer verfahren, so schiebt man die Stücke nach der Art des Okulierens unter emporgehobene Rindenlappen, und legt über diese den Verband. Ist die Verwachsung vor sich gegangen, so werden die die Stücke deckenden Lappen entfernt. Selbstverständlich ist dieses Ver- fahren stets mit einer Ortsveränderung der Stücke verbunden. Im einen wie im anderen Falle gelingen die Versuche bei richtiger Anstellung regelmässig. Die Stücke zeigen anfänglich von den in normaler Stellung eingefügten keine Unterschiede, später aber treten solche ein. Es schwillt nämlich schon in der ersten und stärker noch in der zweiten Vegetations-Periode das basale, nach oben gewandte Ende des Stückes abnorm an, ebenso der daran- 56 stossende Teil der Unterlage. Auch das entgegengesetzte apieale Ende tritt über die Oberfläche vor. aber in ungleich geringerem Grade, als das basale. Viel schärfer noch treten diese Erscheinungen bei einer andern Versuchsform hervor. Wie früher gezeigt wurde, kann man knospenlose Rindenringe in normaler Stellung leicht transplantieren. Wir wollen nun jenen Versuch von Neuem anstellen. mit dem Unterschied jedoch, dass wir die Ringe longitudinal verkehrt wieder einsetzen. Um im UVebrigen Alles unverändert zu lassen, möge die Wiedereinfügung zunächst am gleichen Orte geschehen. Bei sorgfältiger Ausführung des Experimentes findet auch jetzt ausnahmslos Verwachsung zwischen Ring und Mutterboden statt, und es werden die längs- und querlaufenden Schnittwunden durch Ver- narbung vollständig geschlossen; nach und nach aber treten immer grössere Abweichungen von dem Verhalten normal eingesetzter Ringe hervor (Taf. VI, Fig. I und 3). Schon in der ersten Vegetations-Periode verdickt sich das basale,. an der oberen Verwachsungs- stelle gelegene Ende in abnormer Weise. Von dort aus nimmt die Anschwellung nach der Mitte des Stückes hin allmälig ab, um an dessen unterem Ende, in unmittelbarer Nähe der Verwachsung, sich noch einmal, jedoch nur um ein Geringes, zu erheben. Ausser dem oberen Teile des Ringes verdiekt sich ferner sehr beträchtlich der über demselben gelegene Teil des Mutterzweiges. und zwar bis auf erhebliche Entfernung von der oberen Schnittwunde. Die Anschwellung ist an und nahe über der letzteren am stärksten und nimmt nach oben allmählig ab. Unterhalb des Rindenringes er- fährt der Zweig zwar an und in unmittelbarer Nähe der unteren Ringwunde ein etwas gesteigertes Dickenwachstum, bleibt aber auf seiner übrigen Länge bis zum nächsten Spross im Wachstum zurück. Im zweiten und dritten Jahre werden die oben bezeichneten Verhältnisse immer ausgesprochener (s. die oben angegebenen Figuren und vergl. damit Fig. 2 auf derselben Tafel, die einen normal eingesetzten Ring darstellt. S. S. 43); daneben aber stellen sich, besonders vom zweiten Jahre an, noch andere Erscheinungen ein. Die über dem Ringstück gelegenen Zweigteile beschränken die Bildung ihrer Laubsprosse mehr und mehr, während die der Blüten und Früchte sich steigert: gelegentlich wurde an solchen Zweigen eine ganz abnorm reiche Fruchtbildung wahrgenommen. Sie verhalten sich also ähnlich, wie geringelte Zweige, d. h. wie Individuen, deren Wurzelbildung gehemmt wird. Zu erwähnen bleibt noch, dass das Ringstück und besonders auch der darüber gelegene Teil des Zweiges eine eigentümliche gelbe Farbe annehmen, die von der gesunden dunkelgrünen auffallend absticht und einen krankhaften Eindruck macht. Die abnorme Verdickung, die der verkehrt eingesetzte Ring erfährt, stellt eine krankhafte Ge- schwulst dar. deren nähere Beschaffenheit im histologischen Teile unserer Arbeit dargelegt werden wird. Ebenso sind die unmittelbar unter und über dem Ringe gelegenen Zweigteile von krankhaftem Bau, ja oberhalb des Ringes erstreckt sich die Störung in der histologischen Zusammensetzung des (Gewebes auf weite Entfernung. Die genannten, sich im Wachstum und Bau der Objecte aussprechenden Störungen bedingen nun, dass im vierten oder fünften Jahre der Zweig oder das Zweig-System bis an die untere Grenze des verkehrt eingesetzten Ringes abstirbt. Gewöhnlich wird auch noch der unterhalb des letzteren gelegene Teil des Zweiges bis zur nächsten Knospe in Mitleidenschaft gezogen. Soweit meine Erfahrungen reichen, erfolgt das Absterben des Zweiges nur dann nicht. wenn es ihm gelingt, in der krankhaften Geschwulst eine Längsleiste normalen gesunden Gewebes zu bilden. Bei meinen in Basel ausgeführten Versuchen wurde dieser Fall nicht beobachtet. wohl aber in Tübingen, ja hier fand an der Mehrzahl der Objeete die nachträgliche teilweise Heilung statt. Diese geht so vor sich, dass an dem Ort, wo die Lippen der Längswunde sich berühren, ein anfänglich schmaler, 597 später immer breiter werdender und sich vorwölbender Streifen Gewebes mit normalem Bau entsteht, der eine Brücke zwischen den ober- und unterhalb des Ringes gelegenen Zweigteilen darstellt und die durch jenen gehemmten Leitungsvorgänge wieder vermittelt (Taf. VI, Fig. 9 bei b). Die Bildung des Streifens beginnt in der Regel unter der oberen Querwunde und schreitet von da aus langsam nach unten fort. bis die Verbindung vollendet ist. Die Geschwulst bleibt dabei bestehen, wächst sogar noch in die Dicke, vermag aber jetzt. wenngleich sie nachteilig ist, keinen das Leben des Sprosses vefährdenden Schaden mehr zu stiften. Soviel einstweilen über die Vorgänge an Uydonia japonica. Im Wesentlichen die gleichen Erscheinungen wurden wahrgenommen, als die Operation an Zweigen von Pirus Malus stattfand: auch an den Zweigen von Crataegus-Arten stellten sich dieselben Verhält- nisse ein. Uebereinstimmende Beobachtungen wurden ferner an den Zweigen von Prunus Padus und Acer Pseudo-Platanus gemacht. doch konnten an diesen Arten die Folgen der Operation nur während zweier Jahre studiert werden. In diesem Zeitraum traten bei der ersteren der beiden Arten an den oberhalb der übrigens kräftig entwickelten Geschwulst die geringsten Störungen im Wachstum ein, die über- haupt bei einer der zum Versuch verwandten Pflanzen beobachtet wurden. Von anderen, zu unserem Experiment benutzten Arten seien hier noch folgende genannt. Oytisus Laburnum. Unter fünf, während der Zeit höchster Saftfülle verkehrt eingesetzten Ringen wuchs auch nicht einer an. Man wolle sich jedoch erinnern, dass unter vier normal eingesetzten sich auch nur einer einfügte, ein Zeichen, dass die Zweige des Oytisus allen solchen Versuchen Schwie- rigkeiten bereiten. Corylus Avellana. Hier wurden drei Ringstücke verkehrt eingesetzt. Alle wuchsen an und er- zeugten an den oberen Ringwunden kräftige Wülste, die aber mehr lokalisiert waren, als bei Öydonia, und die sich nach unten nicht in dem Maasse fortsetzten, wie dort. Aehnliche, aber minder starke Wiilste bildeten sich an den unteren Ringwunden. Auffallend verhielt sich das eine der Stücke. Es warf seinen Korkmantel ab und zeigte nun eine unebene, aus zahlreichen, kleinen Protuberanzen bestehende Oberfläche. Ribes aureum. Die Zweige dieser Art zeigten ähnliche Erscheinungen, wie die der Corylus. Auch hier war an den Stücken die untere Ringwunde durch einen verhältnismässig starken Wulst ausgezeichnet. Salix nigrieans. Hier wurden die am stärksten entwickelten Geschwülste beobachtet. Fig. 7 auf Taf. VI giebt das in natürlicher Grösse gezeichnete Bild einer solehen, die sich in zwei Vegetations- Perioden gebildet hatte. Picea excelsa. Vier gesunden Zweigen von Daumensdicke wurden im Frühjahr Ringe enthoben und verkehrt wieder eingesetzt. An den Wunden und fast auf der ganzen Oberfläche der Stücke fand ein ausserordentlich reicher Harzerguss statt. Das weitere Verhalten der Ringe und der übrigen Zweigteile war dem bei Cydonia beobachteten ähnlich. Oberhalb der Stücke erfuhren die Zweige en abnormes Dickenwachstum. blieben aber schon im ersten Jahre in der Entwickelung der Laubtriebe zurück, und verrieten auch durch die gelbliche Farbe der Blätter ihr mangelhaftes Gedeihen. Der eine, dem Absterben nahe Zweig wurde im ersten Winter zur anatomischen Untersuehung benutzt; der zweite starb im folgenden Frühjahr zur Zeit der Blätterentfaltung plötzlich bis zum nächsten Sprosse unterhalb des Ringes ab. Die zwei anderen Objecte erhielten sich vorläufig noch, bildeten kurze Triebe und fielen durch die ungesunde Farbe ihres Laubes dauernd auf. Im Laufe des dritten Sommers ging auch der dritte Zweig zu Grunde, indes der vierte noch, wenn auch nur schwach, fortvegetiert. — Es sei hier daran erinnert, dass die Zweige mit den normal eingesetzten Ringen die durch die Operation verursachten Störungen bald überwanden und in der Folge normale Entwiekelung erfuhren. Vöchting, Ueber Transplantation, >) 583 2. Die Stücke besitzen Knospen. Wie im historischen Abschnitt bemerkt. setzte man schon im Altertum ’) Reiser in verkehrter Richtung zu dem Zweck ein, dass die Bäume mehr in die Breite als in die Höhe wlichsen. Aus viel späterer Zeit stammen die Angaben von Porta ?). der es versuchte, den Weinstock und Pflaumenbaum mit umgekehrten Reisern zu veredeln. Er fand jedoch, dass die aus diesen sich ent- wickelnden Triebe ebenso hoch wurden, wie diejenigen, welche aus normal aufgesetzten Reisern hervorgingen. Am ausgedehntesten ist die Veredlung mit verkehrter Stellung der Reiser durch Agricola”) und Küffner betrieben worden. Sie bedeekten solche Stämme, die sie zu Pyramiden und ähnlichen Formen oestalten wollten, von unten bis oben mit abwärts gerichteten Reisern, so Küffner *) und Agricola, oder nur mit Knospen, so Agricola. Der letztere verfuhr dabei, um regelmässige Pyramiden zu er- halten, in der Art, dass er die kräftigsten Knospen in der unteren, die schwächeren in der oberen Region des Stammes. der als Unterlage dienen sollte, anbrachte. Nach der Versicherung beider Autoren sind die so eingefügten Reiser und Knospen fast regelmässig angewachsen, und die auf diese Weise gebildeten Baumformen nach Jahren noch vorhanden gewesen. Erwähnt sei ferner, dass Kiüffner auch Reiser quer zu ihrer Unterlage einsetzte. Die Angaben Küffner's und Agricola’s, zumal die des letzteren, haben verbreitetes Interesse er- regt und sind zweifellos vielfach nachgemacht worden. So setzte Rammelt®) auf einen 7 Fuss hohen Apfelbaum 40 Reiser in verkehrter Stellung, von denen 39 glücklich anwuchsen. Leider fehlen die Angaben über das weitere Schicksal dieser Reiser. Andere dagegen, und darunter Praktiker ersten Ranges, sind dem Verfahren unserer beiden Autoren nicht geneigt. So sagt Schabol ®). nachdem er es beschrieben: „Tout ce qui est contre nature et qui sans necessite tend a changer l’ordre de la AERT vegetation, n’eut jamais d’attrait pour moi.“ Der Erwähnung verdient eine Bemerkung Senebier's '), nach der aus einem verkehrt eingesetzten Reise, dessen Knospe abwärts gerichtet ist, sich ein Trieb entwickelt, der. anfänglich ebenfalls nach unten gewandt, durch Aufwärtskrümmung allmählig in seine natürliche Lage gelangt. Solche Sprosse entwickeln sich aber langsamer, als aus normal emgefügten Reisern hervorgehende, „parce- que les vaisseaux tordus dans le retournement genent sans doute le passage des sucs nonrriciers“. Besonders sei noch hervorgehoben, dass Thowin°) das Pfropfen mit verkehrtem Reis als „Greffe Le Nötre“ bezeichnet mit der Bemerkung: „Non employee dans la pratique habituelle. Pouvant ser- vir ä häter la fructifieation“. — Auch das Okulieren mit umgekehrtem Auge wird mit besonderem Namen „Greffe Knoop“ °) belegt, und dazu gesagt: „Usages. Pour obliger (disait-on) les bourgeons a croitre dans une direction differente de celle dans laquelle ils eroissent ordinairement, et afin d’ac- celerer la fructification des greffes et de leur faire produire de plus gros fruits. D’un usage tres-limite paree qu'elle remplit mal sa destination. Les bourgeons se redressent et ne donnent pas de fruits plus precoces ou plus gros que s’ils avaient et€ greffes en ecusson ordinaire.“ — Thouin beschreibt auch das Ablaktieren der Zweige und Wurzeln in entgegengesetzter Richtung ''). Man biegt zwei Stämme einander entgegen und verbindet sie in geeigneter Art (Greffe Malpighi),. ein Verfahren, das man auch 1) Plinius. Historia naturalis. XVII, 24. — 2) Porta, J. B. Villae. Francofurti: 1592. L.IV. c. 24. p. 215. — 3) Agricola, @. A. Neu und nie erhörter ete. Versuch einer Universalvermehrung ete. Regensburg 1772. S. 161 #. Abb. S. 162 — 4) Küffner, Fr. Seiagraphia ete. Hof, 1716. .S. 40—42. — 5) Oeconomische Abhandlungen. 1. Teil. S. 109. — 6) Schabol, R. La Pratique du Jardinage. T. I. Paris, 1774. p. 82. — 7) Senebier, J. Physiologie vegetale. Geneve, 1800. T. III. p. 183. — 8) Thouin, A. Monographie des Greffes. p. 43. — 9) 1. e. p. Tl. — 10) 1. e. p. 22 und 31, 32. 59 bei den Wurzeln der Bäume anwenden kann. Im letzteren Falle soll es dazu dienen, kranke Stämme durch Verbindung mit gesunden unterirdischen Organen zu heilen. Einen Fall, m dem eime solche Heilung m der That ausgeführt wurde, beschreibt (arriere ?). Ein in seinem unteren Teile entrindeter Birnbaum wurde dadurch ernährt, dass man seme eigenen Wurzeln bis zu einem Teile ihrer Länge dem Boden enthob und mit ihren Spitzen dem Stamm über der Verwundung einpfropfte. Der Erfolg zeigte sich an dem Gedeihen des Baumes schon im zweiten Jahre, doch fehlen die Berichte über das weitere Verhalten des Objeetes. — Der Versuch selbst wurde von Carrelet angestellt. Ein besonderes Interesse gewährt folgender, von Verlot ?) beschriebener, aber ebenfalls von dem Züchter Carrelet ausgeführter Versuch. Von zwei auf Quitte veredelten Birnstämmen, die je 1,50 m Höhe besassen. wurde der eine vermittelst emer „greffe par approche* in verkehrter Stellung auf den anderen geimpft. Die Verbindung fand etwa 30 cm unter dem Gipfel jeder Pflanze statt. Die obere Pflanze ragte nunmehr mit ihren Wurzeln in die Luft. Im Laufe des ersten Sommers trieb sie nur wenig und ihre Blätter blieben klein, doch gingen aus der Hauptwurzel der Quitte Sprosse hervor, die S—-10 cm Länge erreichten. Im zweiten Jahre entwickelte der obere Baum seine Knospen, blühte und brachte zwei Früchte von normaler Grösse hervor. Die Sprosse der Quittenwurzel wuchsen bis zu einer Länge von 20—30 cm heran. Der untere Baum gedieh fortwährend vortrefflich. Um die Selt- samkeit des Ganzen noch zu steigern, propfte Carrelet im zweiten Jahre auf vier der stärksten Quitten- wurzeln des oberen Objectes vier Birnenreiser, von denen zwei anwuchsen und 4—5 cm lange Sprosse bildeten. — So standen die Sachen im Jahre 1867), als sich im Innern des oberen Baumes eine Larve „de gros scolyte“ entwickelte und semem Leben ein Ende machte. — Hierzu sei bemerkt, dass die Ursachen, die den Tod des Objectes herbeiführten, wahrscheinlich anderer Art waren, als an- genommen wird, ein Umstand, der sich im anatomischen Teile unserer Arbeit näher ergeben wird. Endlich sei noch erwähnt, dass in der heutigen Baumzucht die Vereinigung von Zweigen ın entgegengesetzter Richtung gelegentlich bei der Zucht der sogenannten Cordon-Bäumchen und sonstigen Formbäumen in Anwendung kommt. Besonders hierzu empfohlen wurde dieses Verfahren von Hofmann %), der semen Angaben die Bemer- kung zufüst, dass die Zweige „die mit der Spitze gegen einander zusammengeimpft worden, reichlichere Früchte getragen haben wie die, welche in einer und derselben Richtung gehen. Wo die Saftströme, wenn sie sich begegnen, in entgegengesetzter Richtung gehen, dauert es etwas länger mit dem Zusammen- wachsen, aber die Verbindung gelingt doch vollständig“. Diese Form der Vereinigung soll dann die Fruchtbarkeit auch der unter der Pfropfstelle stehenden Teile erhöhen, eine Ansicht, gegen die sich be- oründete Einwürfe erheben lassen. Nach dieser litterarischen Uebersicht gelangen wir zur Darstellung unserer eigenen Versuche. a. Verkehrt eingesetzte Knospen. Okulationen mit verkehrtem Auge wurden an mehreren Arten vorgenommen, in beträchtlicher Zahl an Zweigen von Uydonia japonica und Syringa vulgaris, in geringerer an verschiedenen Salıx- Arten. In der Regel wurde die Operation „auf das schlafende Auge“ ausgeführt. Es braucht kaum hinzugefügt zu werden, dass stets zum Vergleich auch emige Knospen in aufrechter Stellung einge- setzt wurden. 1) Revue horticole. 1884. p. 489. — Verlot, B. Une greffe exceptionelle. Revue horticole. 1867. p. 328 — 3) Carrire, E. A. Revue horticole. 1875. p. 192. Hier auch Abbildungen des merkwürdigen Objectes. — 4) Hofmann, N. E. Die Obstzucht auf zwerg- und niedrigstämmigen Bäumen. Berlin, 1872. S. 24 ff. S*+ ir. a a 4 War 2 BE 2 u ii 60 Auch diese Versuche waren bei Cydonia von stetem Gelingen begleitet. Knospen und Schilder wuchsen ausnahmslos an, mochten sie aufrecht oder verkehrt eingesetzt sein; obwohl die Augen in Ruhe blieben, war unter den Schildern schon im ersten Herbst regelmässig eine Holzlage von einiger Dicke erzeugt. Im Uebrigen aber verhielten sich diese Rindenstüicke ähnlich, wie die knospenlosen. deren Wachstum oben beschrieben wurde. An den verkehrt eingefügten Augen bildete der basale Teil des Schildes einen stärker vortretenden Wulst. als der apieale, während an den normal einge- setzten die Verwachsung und Vernarbung überall gleichmässig vor sich ging (vergl. die Fig. 5 und 14 auf Taf. VI). Auffallend war jedoch, dass trotz der vortrefflichen Verwachsung die aus den sämt- lichen Knospen, verkehrt und aufrecht gesetzten, hervorgehenden Triebe nur ein geringes Wachstum erfuhren, und dass dies sich selbst dann nicht steigerte. als über den Knospen partielle Ringelschnitte angebracht wurden. Die Ursache dieser Erscheinung muss einstweilen dahingestellt bleiben. Während bei Oydonia japonica die Verbindung zwischen Knospe und Unterlage ausnahmslos er- folste, fand sie bei Syringa vulgaris unter einer Zahl von 40 nur in verhältnismässig wenigen Fällen statt, trotzdem die Operation unter den günstigsten Bedingungen und mit aller Sorgfalt ausgeführt wurde. Diejenigen aber, in denen die Verbindung gelang, waren sehr lehrreich. In Bezug auf die Vorgänge bei der Verwachsung zeigten sich zunächst die gleichen Verhältnisse. wie bei der vorigen Art. Auch hier trat an den verkehrt eingesetzten Knospen der basale Teil des Schildes stärker vor. als der apicale; wichtiger aber war, dass die Augen eine kräftigere Entwickelung erfuhren. als bei jener Pflanze. Im zweiten Jahre bildeten sie zunächst schwache, sich im Bogen emporkrümmende Triebe. Aus diesen gingen im dritten Jahre Sprosse hervor, die ein energisches Wachstum zeigten. nachdem im Frühjahr die über ihnen stehenden Teile der Muttersprosse entfernt worden waren. In ihrem ganzen Aussehen, m der Grösse und Farbe ihrer Blätter. in ihrer Knospenentwickelung — kurz in allen Punkten glichen sie jetzt normalen gesunden Trieben. Das einzig Auffallende bestand nur darin, dass der Callus am Fuss eines solchen Sprosses stärker entwickelt war, als an einem normal eingefügten. ein Umstand. der im anatomischen Teile seine Erklärung finden wird. Viel Interessantes boten auch die an den Weiden. Salıx viminalis,. nigricans ete. gemachten Beobachtungen. Hier wurden nur wenige Knospen im normaler. eine grössere Anzahl jedoch, nämlich 24, m verkehrter Stellung eingesetzt. In fast allen Fällen erfolgte Anwachsung. doch boten sich auch hier ähnliche Erscheinungen dar, wie sie früher beschrieben wurden. Der Mutterboden bildete rings um die Schilder stark vortretende Callus-Massen, die in mehreren Fällen sogar über die Schildflächen hinwuchsen. Während diese sich lange frisch erhielten. gingen von den Knospen nur wenige in Sprossbildung über. gleichviel ob sie aufrecht oder verkehrt eingefügt waren. Die lebhafte Wuche- rung der Gewebe des Mutterbodens machte den Eindruck, als sei dieser bestrebt. den Einschluss aus- zuscheiden. Ganz besonders war dies dann der Fall, wenn die Knospen verkehrt eingesetzt waren. Von den sich entwickelnden Knospen bedürfen die normal eingesetzten keiner Erörterung, wohl aber die verkehrt eingefügten. Die aus ihnen hervorgehenden Triebe zeigten im Wesentlichen die gleichen Erscheinungen. wie die entsprechenden der Syringa. Sie waren anfünglich schwach und krümmten sich im Bogen empor. erstarkten aber, nachdem die über ihnen stehenden Zweigteile entfernt waren. allmählig und wurden schliesslich zu kräftigen Zweig-Systemen. Dabei war bemerkenswert. dass die Anfangs gebildete Krümmung nach und nach schwand und die Zweige gerade wurden. Die ein- zige Abweichung, die ein solches System, verglichen mit einem normal eingefügten, nunmehr darbot. bestand in dem stark entwickelten Sockel an seiner Ansatzstelle (Taf. VI. Fig. 11 und 12). Mit dem Wachstum des Ganzen nahm dieser Sockel fortwährend an Umfang zu, während er an dem aufrecht eingesetzten immer weniger sichtbar wurde. 61 b. Verkehrt eingesetzte Reiser. Unsere Erfahrungen erstrecken sich hier besonders auf krautige Gewächse. mit holzigen wurde weniger experimentiert. Zahlreiche Versuche wurden während mehrerer Jahre mit der Runkel- rübe angestellt. In einer Reihe von Experimenten erhielten die Reiser zunächst normale Stellung. Die im Frühling sich rasch entwickelnden Hauptaxen wurden, so lange das Gewebe noch weich war, in einiger Entfernung über der hübe quer durchschnitten, und nun durch Pfropfen in den Spalt mit Reisern versehen. Diese wurden aus den Seitenästen schon weiter entwickelter und dem Blühen sich nähernder Verzweigungen anderer Pflanzen gleicher Rasse hergestellt. Ausnahmslos fand Verwachsung und kräftige Entwickelung der Reiser statt. Nach und nach ersetzten diese die ursprünglich ent- fernten Axenteile und wurden zu viel verzweigten Blütenständen. Besonders hervorgehoben sei noch. dass solche Reiser an ihren oberen Schnittflächen keinen Callus bildeten und dass sie erst nach der Samenreife im Herbst abstarben. Gänzlich verschieden war das Verhalten der verkehrt eingesetzten Reiser. Sie gingen entweder zu Grunde, ohne irgend welche Producte erzeugt zu haben, oder entwickelten Sprosse von meist geringer Länge und sonst grosser Schwächlichkeit, der eine verhältnismässig kurze Lebensdauer entsprach. An ihren basalen, nach oben gerichteten Schnittlächen brachten diese Reiser einen mehr oder minder entwickelten Callus hervor. Zu näherer Beleuchtung des Gesagten mögen einige Beispiele ange- führt werden. 1. Fall. Am 25. April wird ein Reis mit zwei Knospen eingesetzt. Nach der Verwachsung bildet es an seiner basalen Schnittfläche einen wulstförmigen Callus und aus der unteren Knospe einen schwächlichen Spross von 5em Länge. Das Object muss fortwährend unter Glocke gehalten werden und stirbt bis zum 4. Juni ab. 2. Fall. Der Versuch wird am 28. April ausgeführt. Die untere Knospe des Reises entwickelt nur ihre ersten Blätter, ohne eine Streckung der Axe zu erfahren. Das Object geht in den letzten Tagen des Mai zu Grunde. Wie die Untersuchung lehrt, hat die Verwachsung auf der ganzen Be- rührungsfläche stattgefunden. 3. Fall. Die Verbindung wird am 4. Mai vollzogen. Das Reis erzeugt einen Trieb, der 35 mm Länge erreicht und dieht mit kleinen Blättern besetzt ist. in deren Achseln sich kleine Blütenansätze finden. Das Object geht in den ersten Tagen des ‚Juni zu Grunde, nachdem es fortwährend unter einer Glocke hat gehalten werden müssen. 4. Fall. Pfropfung am 4. Mai. Das Reis bildet einen Spross von 26 cm Länge, der grössten, welche hier überhaupt beobachtet wurde. Dieser Trieb ist jedoch höchst dürftig, unverzweigt und bis auf ein kurzes basales Ende mit Blüten bedeckt. Auch dieses Objeet lebt nur bis Mitte Juni. 5. Fall. Als letzten sei hier noch eines Versuches gedacht, der am 7. Mai eingeleitet wurde. Der Scheitel der Unterlage erhielt zunächst ein verkehrtes, dieses selbst aber an seinem oberen Ende wieder ein aufrechtes Reis eingefügt. An beiden Berührungsflächen fand Verwachsung statt. und es hielt sich das Objeet bis zur Mitte des Juli und starb dann von oben nach unten ab. Aus dem oberen aufrechten Reise entwickelte sich ein zwar sehr schmächtiger und unverzweigter, aber doch 27 cm langer Trieb, der dicht mit Blüten bedeckt war. Das untere Reis brachte aus seiner unteren Knospe einen nur 4,5 cm langen Spross hervor, der im Uebrigen die gleichen Eigenschaften besass, wie der des oberen. — In dieser doppelt verkehrten Verbindung erfährt somit das obere, aufrechte Reis einen Vorzug in der Entwickelung; der Umstand aber, dass zwischen ihm und der Unterlage ein verkehrtes Zweigstück eingeschaltet ist, bedingt das im Ganzen doch sehr mangelhafte Wachstum semes Productes. 62 Versuche mit verkehrt dem oberen Ende der Unterlage eingesetzten Reisern wurden ferner mit Heterocentron diversifolium ausführt (Taf. V. Fire. 20). Auch diese Reiser zeigten dasselbe mangel- Kg hafte Gedeihen, wie die der Runkelrübe. Kin überraschendes Ergebnis lieferten Versuche, die mit den Sprossen der Opuntia Labouretiana angestellt wurden. Gleichzeitig mit den früher besprochenen Experimenten. in denen die oberen Hälften der bilateral gebauten Sprosse den unteren in aufrechter Stellung bald normal, bald mit Kreuzung der Symmetrie-Ebene wieder eingefügt wurden, bemühte ich mich, mit der oberen Hälfte Umkehrungsversuche zu machen. Zu dem Ende wurden an Samenpflanzen, welche zwei einander auf- gesetzte Sprosse führten, die oberen Glieder quer durchschnitten, sodann die abgetrennten Hälften an ihren Scheitelenden zugespitzt, diesmal jedoch parallel zur grossen Median-Ebene, und nun mit diesen Enden in die entsprechend gespaltenen unteren Hälften wieder eingesetzt (Taf. V. Fig. 5). Dieser Versuch wurde dreimal ausgeführt. In allen drei Fällen fand, wie nach dem Aussehen der Objeete zu schliessen war, rasche Verwachsung statt; die verkehrten Hälften nahmen an Dicke zu, wurden auffallend prall, bildeten jedoch keine Seitenglieder. Einen ebenso gesunden Anblick boten die unteren Sprosshälften. — An zwei Pflanzen gingen aus den unteren Sprossen kräftig emporwachsende Seiten- triebe hervor; an der dritten entstand ein solcher an der unteren aufrechten Hältte des oberen Sprosses, und aus dem Scheitel dieses Tochtergebildes bildete sich später ein weiterer Trieb. Die Glieder, an denen die Operationen vollzogen waren, behielten ihr gesundes Aussehen länger als ein Jahr bei. Dann aber traten zunächst an dem eimen Object, beträchtlich später an den beiden anderen, Zeichen von innerlich vorgehenden Störungen auf. Sowohl die verkehrt eingesetzten. als (lie aufrechten Hälften, denen jene eingefügt waren, begannen einzuschrumpfen, während ihre Farbe matt wurde. Diese Prozesse schritten langsam fort. An der Pflanze, die in der Nähe des abnorm eingepflanzten Teiles den Seitenspross erzeugt hatte, starb das Glied, an dem die Operation vollzogen war, zuerst ab: von ilım aus griffen die Störungen aber weiter um sich, bis schliesslich das ganze Object erlag. Der operierte Spross der zweiten Pflanze verfiel ebenfalls, doch sind die übrigen Teile noch frisch und gesund. Das dritte Object zeigt die gleichen Verhältnisse: ihm wurde nunmehr das operierte Glied zum Zweck der histologischen Untersuchung genommen. Diese ergab, dass die beiden Hälften imnig verwachsen waren. Die Parenchym- Flächen hatten sich völlig zusammen gefüst, und die Gefässbiündel der beiden Teile waren durch starke Stränge mit eimander verbunden. Im Uebrigen aber liessen sich bedeutende Störungen wahrnehmen. Die dieser Art eigenen Schleimgänge hatten sich teilweise beträchtlich vergrössert, und waren statt des fast durchsichtigen Schleimes mit einer weissen gallertartigen Substanz erfüllt, deren nähere Betrachtung lehrte, dass sie aus gequollener Zellsubstanz bestand. Auch das parenchymatische Gewebe war stellen- weise in solche Gallert verwandelt. — Aehnliche Erscheinungen traten an dieser Pflanze ein, als sie mit Sprossen der Rhipsalis paradoxa verbunden wurde, und es sei hier bezüglich alles Weiteren auf (las dort Gesagte verwiesen. Nach dem eben Angeführten bietet unsere Opuntia das Beispiel einer Pflanze, in der die Um- kehrung eines Gliedes allem Anschein nach anfänglich keinerlei Schwierigkeiten erfährt. Die Ver- wachsung geht vollständig vor sich, und in Folge dessen ist die Ernährung offenbar von günstiger Art. Sehr spät erst, nach mehr als Jahrestrist, stellen sich Störungen ein, die den Tod des von der Operation getroffenen Teiles herbeiführen, in dem einen der beschriebenen Fälle aber auch den Unter- sang der ganzen Pflanze nach sich zogen. Die beiden in verkehrter Stellung verbundenen Teile wirkten hier also auf einander wie Gifte. Soviel über die Pfropfungen mit umgekehrtem Reis an krautigen Pflanzen. 65 Wir wenden uns num zu den entsprechenden Versuchen an holzigen Gewächsen, die. wie schon erwähnt. in geringerer Zahl ausgeführt wurden. Es fand dabei sowohl das Pfropfen in verschiedenen Formen, als das „Röhrlen“. d. h. Ablösen emes Rindenringes mit Knospen und Wiederemfügen des- selben, hier in verkehrter Lage, Anwendung. Ueber den Erfolg dieser Experimente sei nur ganz im Allgemeinen berichtet, dass er dem entsprach, der bei der Runkelrübe beobachtet wurde. Sowohl beim Pfropfen in den Spalt und in die Rinde, als beim Kopulieren, ging die Mehrzahl der Objeete zu Grunde, beim Röhrlen dagegen fand meist eine Vereinigung von Reis und Unterlage statt. In allen Fällen aber waren die aus dem ersteren hervorgehenden Producte schwächlich und von kurzer Lebensdauer; niemals wurde em solches Gedeihen beobachtet, wie es bei den entsprechenden Ökulations - Versuchen vorkam. Obwohl ich nun nicht bezweifeln will, dass bei der Anstellung einer grossen Anzahl von Experimenten einzelne Fälle vorkommen mögen, in denen die aus den ver- kehrten Reisern hervorgehenden Zweige sich kräftiger entwickeln. als es in den angegebenen Ver- suchen geschah — und in dem von Verlot beschriebenen, S. 59 erwähnten Experimente war dies zweifellos der Fall. — so glaube ich dennoch, dass das bei diesen beobachtete Verhalten als allge- meine Regel betrachtet werden darf. Mit den bei den entsprechenden Okulationen gewonnenen Er- fahrungen scheint diese Annahme zwar nicht im Eimklang zu stehen; doch dürfte sich der Wider- spruch in emer alsbald zu entwickelnden Weise erklären lassen. Zuvor sei noch eines Versuches gedacht, in welchem zwei Zweige der Runkelrübe durch A b- laktieren in entgegengesetzter Richtung verbunden wurden, und der wieder vom vollkom- mensten Erfolge begleitet war. Im Frühjahr wurden in einen grossen Topf zwei annähernd gleich starke Küben m einiger Ent- fernung von einander gepflanzt. Nachdem «die Hauptaxen genügende Länge erreicht hatten, wurden sie mit ihren oberen Teilen in weitem Bogen einander entgegen gekrümmt, und in dieser Lage ein- ander berührend befestigt. Im Bereich der Berührungs-Region wurde sodann von jedem Spross ein Ge- webestück von etwa 4 mm Tiefe und 5 cm Länge abgetragen, die Schnittflächen aufeinander gelegt. so dass Cambium auf Cambium traf, und nun fest verbunden. Die Operation rief an den oberhalb dieser Stelle gelegenen Teilen der beiden Axen nur gerimge Störungen hervor. Nach kurzer Zeit schon konnte festgestellt werden, dass die Verwachsung stattgefunden hatte, und bald darauf wurde begonnen, den einen Spross unterhalb der Berührungs-Region von semem Mutterstock zu trennen. Der Stamm wurde hier Anfangs bis zu einem, dann bis zu zwei Dritteln und schliesslich vollständig durch- schnitten. Die Verwachsung war mittlerweile so mnmig geworden, dass die der Nahrungszufuhr von ihrer eigenen Axe beraubte Hälfte keime Störung mehr erkennen liess. Vielmehr bildete sie reich- lich Seitenäste mit Blättern von frischem Grün, Blüten und später zahlreichen normalen Früchten. Die Wasserleitung durch die Verbindungsfläche war so ausgiebig, dass man das Objeet der imten- sivsten Beleuchtung aussetzen konnte, ohne dass es welkte. Dieses Ergebnis stimmt wieder mit dem überein, das wir beim Okulieren gewannen. Bemerkt sei noch, dass ähnliche Versuche auch mit den Zweigen holziger Gewächse, und zwar mit gleichem Erfolge, angestellt wurden. Auf die nähere Besprechung derselben darf aber ver- ziehtet werden. Zum Schluss wollen wir versuchen, das ungleiche Gedeihen der bald in der einen, bald in der anderen Weise dem Grundstock verkehrt eingepflanzten Glieder auf seine nächste Ursache zurückzuführen. Wie aus der histologischen Untersuchung erhellen wird, geht die Verwachsung des dem Scheitel der Unterlage eingefüsten verkehrten Reises schwieriger und mit grösserem Zeitverlust vor sich, 64 als die des aufrechten. Während dessen wird die Ernährung des über der letzten Knospe gelegenen /weigteiles der Unterlage, dem das Reis aufgesetzt wurde, nach bekannten Erfahrungen rasch schwächer und es erfährt dabei derselbe wahrscheinlich innere Veränderungen. Diese aber erschweren das An- wachsen des Reises, und bewirken nach demselben dessen mangelhaftes Gedeihen und frühzeitiges Ab- sterben. Ganz anders sind die Verhältnisse beim Okulieren. Hier findet unter dem Schilde eine dauernde lebhafte Stoffwanderung nach den höher gelegenen Zweigteilen statt, Die Knospe, dabei reichlich ernährt, kann die anatomischen Schwierigkeiten beim Anwachsen allmählig überwinden, und sich so zwar langsam, aber vollständig ihrem Orte einfügen. Ist dies geschehen, dann darf ohne Gefahr der über ihr befindliche Teil der Unterlage entfernt werden. Sie selbst verursacht jetzt eine ausreichende Stoffwanderung und vermag sich. wie wir gesehen haben, zu einem kräftigen Zweige zu entwickeln. Ganz ähnliche Verhältnisse aber treten beim Ablaktieren ein. Für die Richtigkeit dieser Auffassung spricht ausser den schon angeführten auch der in Fig. 11 Taf. V abgebildete Versuch. Hier war einem Zweige des Heterocentron diversifolium seitlich in der angedeuteten Art ein Spross verkehrt eingefügt. Dass die Verbindung nicht den natürlichen Verhält- nissen entsprach, zeigen die Wurzeln, die reichlich aus der Basis des Reises, wie aus der Unterlage hervorgingen. Dennoch war das Wachstum dieses Reises bedeutend günstiger. als das der Sprosse, (die dem Scheitel des Grundstockes eingesetzt worden waren. Die eben gegebene Erklärung hat selbstverständlich nur für die Fälle Geltung. in denen ledige- lich anatomische Schwierigkeiten bei der Verwachsung das mangelhafte Gedeihen des verkehrten Reises verursachen. Dass wir berechtigt sind, auf diesen Umstand allein die fragliche Erscheinung zurück- zuführen, lehrt die Thatsache, dass die Hindernisse durch günstige Formen der Verbindung überwun- den werden können, und dass sich dann das Reis vortrefflich entwickelt. So wurde es beobachtet bei Salıx, Syringa, Beta u. s. w. Ganz anders aber verhält sich Opuntia. Hier verwachsen die verkehrten Glieder. anatomisch be- trachtet, in vorzüglicher Weise, und dem entsprechend ist auch das anfängliche Gedeihen der beiden Teile. Später erst stellen sich Störungen ein, die nun langsam, aber sicher, zum Verfall der Glieder führen. Offenbar sind die Ursachen der Störung hier anderer Natur. als bei den vorhin genannten Pflanzen, doch lässt sich zur Zeit nicht sagen, welcher Art. Die-in verkehrter Stellung verbundenen Teile wirken auf einander geradezu wie Gifte. Wir wollen nicht unterlassen, hierbei an eine viel- leicht ähnliche Erscheinung auf geschlechtlichem Gebiete zu erinnern. Die Uebertragung des Pollens gewisser Orchideen !) auf die Narben der Blüten derselben Pflanze führt nicht nur keine Befruchtung herbei, sondern zieht die Zersetzung der beiden Geschlechtsorgane nach sich. II. Transplantation ungleichnamiger Teile. Im Nachfolgenden werden wir die wichtigsten der Verbindungen behandeln, die zwischen mor- phologisch ungleichen Teilen stattfinden können. Da wir am Körper der höheren Pflanze drei Haupt- formen von Gliedern haben, Wurzel, Stengel und Blatt, so ergeben sich sechs Verbindungen: der Wurzel mit Stengel und Blatt, des Stengels mit Wurzel und Blatt, und des Blattes mit Wurzel und Stengel. Bei jeder einzelnen Verbindung ist dann wieder zwischen normaler und abnormaler Stellung der Teile zu unterscheiden; die auf die beiderlei Weise hergestellten Vereinigungen sollen hier je- doch nicht, wie im vorigen Abschnitt, gesondert, sondern neben einander behandelt werden. 1) Nach Fritz Müller. Vergl. Darwin, Ch. The Variation of Animals and Plants under Domestication. II. Ed. London, 1885. Vol. Il. p. 113#. 65 1. Verbindung von Wurzel und Stengel. Die Kenntnis der Thatsache, dass man Pfropfreiser auf Wurzeln setzen kann, verdanken wir Agricola ?), der seine allerdings neue Erfahrung mit der ihm eigenen, starken Uebertreibung vorträgt. Die Zukunft. welche der Entdecker semem Verfahren voraussagte, hat es zwar nicht erhalten, doch wird es in der heutigen gärtnerischen Praxis in einer Reihe von Fällen?) als willkommenes Mittel gewissen Paeonia-Formen. die auf zur Vermehrung angewandt. Mit Vorliebe geschieht dies z. B. bei die Wurzeln der krautigen Arten und Rassen, hauptsächlich der P. sinensis, gesetzt werden. In ähn- licher Weise verbindet man Kultur-Formen der Clematis mit den Wurzeln der Cl. viticella. Selbst bei Rosen ist das Verfahren in Anwendung gekommen, ganz besonders aber bei solchen Pflanzen, die sich durch Stecklinge nicht vermehren lassen und sich dabei durch Seltenheit auszeichnen, wie Exo- chorda grandiflora. Indem wir damit zur Erörterung unserer eigenen Versuche schreiten, wollen wir wieder mit der Transplantation von Grewebestücken beginnen. Dass man der Wurzel emen Zweig einsetzen kann, erscheint im Hinblick auf die natürliche Stellung der beiden durchaus begreiflich. Anders aber steht es mit einfachen Gewebestücken. Hier erhält die Frage, ob auch sie sich verpflanzen lassen, Berechtigung, wenn man bedenkt, dass sie ringsum von ungleich gebauten Elementen umgeben werden sollen. Um diese Frage zu entscheiden, wurden an solchen Rassen der Runkelrübe, die schon im ersten Jahre längere verdickte Stengelteile bilden, den letzteren würfelförmige oder parallelipipedische Ge- webestücke ohne Knospen enthoben und in entsprechend grosse Löcher der Wurzel gesetzt. Die Orien- tierung der Stücke war dabei derart, dass sie am neuen Ort ihre natürliche Stellung behielten, ihre Sprosspole nach oben gerichtet waren. Wenn anders der Versuch richtig angestellt wurde, so wachsen die Stücke regelmässig und zwar auf der ganzen Berührungsfläche an. Geschieht die Verpflanzung zu möglichst früher Zeit im Sommer, und erfährt die Wurzel nach der Operation noch ein genügendes Dickenwachstum, dann tritt ihr Ge- webe um den Einschluss allmählich hervor, so dass dieser schliesslich in einer Vertiefung liegt (Tat. IV, Fig. 7). In keinem der beobachteten Fälle aber erreichte der Wulst hier eine solche Aus- bildung, wie sie bei vielen abnorm eingepflanzten Wurzelstücken wahrgenommen wurde. Nur oben g, trat er etwas vor, während das Gewebe an den Längsseiten des Einschlusses mit dem übrigen, auf derselben Höhe gelegenen, im Wachstum gleichen Schritt hielt. — Die ganze Erscheinung erklärt sich einfach daraus, dass die Wurzel rascher in die Dicke wächst, als der Stengel, und dass daher das verpflanzte Stück des letzteren, das seine Natur auch am neuen Orte bewahrt, hinter seiner Umge- bung zurückbleibt. Als die Objecte im folgenden Winter näher untersucht wurden, fand sich, dass sie ringsum fest angewachsen und ihrer ganzen Masse nach frisch und gesund waren. In einem Falle nur war die Epidermis und das unmittelbar darunter liegende Gewebe in Zersetzung übergegangen, ohne dass aber der übrige Körper dadurch eine Beschädigung erfahren hatte. Wurde der Versuch mit knospenführenden statt mit knospenlosen Stücken angestellt, so war das Ergebnis, wie nicht anders zu erwarten, das gleiche. Eine Entwickelung der Knospen fand nicht statt, ein Umstand, der durch ihre Stellung am Organismus genügend erklärt wird. Die oben beschriebenen Experimente beanspruchen insofern Interesse, als sie zeigen, dass man 1) Agricola, A. Neu und nie erhörter ete. I, S. 161 #. Abb. S. 162 — 2) Förster, ©. F. Die Impfungen. Leipzig, Dresden und Wien. S. 81 ff. Vöchting, Ueber Transplantation. B) 66 Gewebe - Komplexe an Orte von ganz verschiedenem anatomischen Baue verpflanzen kann. und dass sie sich hier vollkommen einfügen. Besonders zu beachten ist dabei die Thatsache, dass jene Kom- plexe ringsum vom heterogenen Gewebe umgeben sind. Es soll nicht unterlassen werden, zu den Versuchen zu bemerken. dass die Stücke sich auch in der zweiten Vegetations-Periode frisch erhielten und es blieben bis zum Absterben der Pflanzen. Wir wollen nunmehr unser Experiment wiederholen, mit der Abweichung jedoch, dass die Ge- webestiicke nicht aufrechte, sondern longitudinal - verkehrte Stellung erhalten, so zwar, dass ihr ur- sprünglich am Stengel nach oben gewandtes Ende jetzt an der Wurzel nach unten gerichtet ist. Auch in dieser Lage verwachsen die Einschlüsse mit dem Mutterboden, aber nicht gleichmässig ringsum, sondern mit manchen Unterbrechungen, die auf der Unterseite am zahlreichsten sind. Am besten ist die Verbindung an der Oberseite. etwas minder innig an den radialen Längsseiten. An der oberen Verwachsungsfläche bilden Einschluss und Mutterboden einen kräftig vortretenden Wulst, — kurz, es treten die sämtlichen Erscheinungen ein, die wir früher am verkehrt eingesetzten Wurzelstick beobachteten. Gibt man den Stücken endlich longitudinal und radial verkehrte Stellung, so erfolgt meist sehr mangelhafte Verwachsung und es bilden sich alle jene pathologischen Verhältnisse heraus, die für die entsprechend eingefügten Wurzeleinschlüsse beschrieben wurden, mit dem Unterschiede nur, dass sie sich meist noch weiter entwickeln, als dort. Auf eine «genaue Erörterung dieser Verhältnisse dürfen wir daher im Hinblick auf früher Gesagtes verzichten. Um die Erscheinungen der Transplantation grösserer, mit Knospen besetzter Sprossstücke auf die Wurzel, des sogenannten Wurzelpfropfens, näher zu beobachten, wählen wir wieder die Runkel- rübe. Junge Wurzeln verschiedener Rassen wurden, nachdem sie eine genügende Grösse erreicht hatten, auf etwa halber Höhe quer durchschnitten und die unteren Hälften alsdann mit einem, zwei oder unter Umständen auch mehreren Reisern versehen. Die letzteren wurden stets an ihrem basalen Ende zweiseitig - keilförmig, wie mit dem sogenannten Gaisfuss, zugeschnitten und in entsprechende Ausschnitte an der Peripherie der Wurzeln eingefügt (Taf. III, Fig. 2). Die Reiser entstammten in der Regel den basalen Teilen der seitlichen Blütenstand-Aeste zweijähriger Pflanzen der gleichen oder einer anderen Rasse, was für das Ergebnis des Versuches auf eins herauskommt. und waren meistens schon etwas verholzt; sie führten gewöhnlich zwei oder drei in der Entwickelung zurückgebliebene Laubknospen. Die Zeit der Anstellung dieser Versuche war Mitte bis Ende ‚Juni. sobald die Ob- jeete die nötige Stärke erlangt hatten. Auch in diesen Fällen verwuchsen Reis und Unterlage aus- nahmslos. Das Verhalten der Objecte war eigentümlich und beansprucht das Interesse in mehr als einer Beziehung. Es gehen nämlich aus den Knospen der Reiser kurze, kräftige, die Dicke ihres Muttersprosses um das Mehrfache übertreffende Triebe hervor, die langsam wachsen und an ihrem Scheitel verhält- nismässig grosse Laubblätter erzeugen. Bald entsteht nur ein solches Organ am Reis, bald deren zwei oder selbst drei; in den letzteren Fällen erreicht das terminale den grössten Umfang (Fig. 1. Taf. I). Ihrer ganzen Beschaffenheit nach erinnern diese Sprosse an die mehrerwähnten verdickten Stengelteile, die sogenannten Rübenköpfe, die manche Rassen im ersten Jahre bilden und die wir auch an den Stecklingen beobachteten. (S. Einleitung S. 29 und Taf. I. Fig. 1.) Erst längere Zeit nach ihrer Entstehung erfährt auch die Axe des Reises ein nachträgliches Diekenwachstum. das jedoch lokalisiert und auf die Region unter jenen Sprossen beschränkt ist. Ist an den Objecten eine genügende Blätterzahl gebildet, dann sieht man bald auch die Wurzel an Umfang zunehmen, und zwar geschieht dies, was besonders beachtenswert ist, stets in excentrischer 67 Weise auf der Seite der Rübe, der das Reis eingesetzt wurde. Sind zwei Reiser vorhanden, so findet das gesteigerte Diekenwachstum an den beiden entsprechenden Seiten statt. — Wurden die Operationen bei der Pfropfung mit der nötigen Vorsicht ausgeführt, so erfolgt sowohl an der Ein- fücungsstelle des Reises, als an der Schnittfläche der Rübe vollständige Vernarbung und Abschluss der Wunde durch Korkbildung. Derartige Objecete kann man rechtzeitig ins freie Land pflanzen, und sich bis zum Spätherbst entwickeln lassen. Bis dahin gelangen die bezeichneten Erscheinungen zu vollendeter Ausbildung. Besonders lehrreich war ein Versuch, in dem als Unterlage eine runde sogenannte Salatrübe mit tief dunkelroter Farbe und als Reiser die Sprosse eimer grossen langen weissen Futterrübe benutzt wurden. Die Reiser waren auch hier den unteren Teilen der Aeste eines Blütenstandes entnommen, dünn und schon verholzt. Die Form des Ganzen gleich nach der Pfropfung ergibt sich aus Fig. 2, Taf. II. Die Gestaltänderungen, die an einem dieser Objeete vor sich gingen, lehrt Fig. 1 auf Taf. II. Das eine der Reiser hat sich beträchtlich stärker entwickelt, als das andere. Ihre dicken Seitensprosse mit gestauchten Internodien fallen an beiden in die Augen. Auch ihre Hauptaxen sind in die Dicke gewachsen ; dass es einseitig unter dem Seitenspross geschah, zeigt besonders das grössere Reis zur linken Hand in seinem oberen Teile. Der Rübe ist dieses Reis mit verbreiterter Basis eingefügt, ein Umstand, der an dem zweiten seiner geringeren Entwickelung halber nicht so deutlich hervortritt. Unter dem ersteren hat en ganz excentrisches Wachstum stattgefunden, und zwar sowohl in radialer Richtung, als nach unten. Auch unter dem kleinen Reis ist eine einseitige, jedoch be- trächtlich geringere Entwickelung erfolgt, als unter dem grösseren. In Folge der starken Zunahme der Rübe in ihrem linken unteren Teile hat die ursprünglich horizontale obere Querschnittsfläche jetzt geneigte Lage. Um ein genaues Bild dieser Verhältnisse zu geben, wurde der Körper, an dem die ungleiche Entwickelung den höchsten Grad erreicht hatte, nach der Beendigung des Versuches sorgfältig ge- zeichnet (Taf. VII, Fig. 21) '), ebenso der dazu gehörige Querschnitt (Fig. 16). An dieser Abbil- dung bedeuten R, R die Orte, an denen die Reiser eingefügt waren; das kleinere ist in seinem un- teren Teile vom Schnitt getroffen. Unter dem grossen Reise hat die Wurzel das ungewöhnlich starke einseitige Wachstum erfahren (Fig. 21 rechts), ein geringeres, doch auch excentrisches, unter dem kleinen Reise links. Der Radius der am meisten excentrisch gebauten Region misst 36 mm, während die zwischen den Exeentrieitäten gelegenen Teile einen Radius von nicht ganz 15 mm aufweisen. Wie der Querschnitt lehrt, beruht die lokale Vergrösserung des Umfanges sowohl auf der Zunahme des parenchymatischen Gewebes, als auf der Zahl der Gefässbündelringe und der Grösse der einzelnen Stränge. Um die Schnitte unter den Reisern haben sich eigene kleine Bündelringe gebildet, unter dem grossen Reise sogar deren zwei, — eine Erscheinung, auf die wir im histologischen Teile in dem Abschnitt über Cambium-Bildung zurückkommen werden. Wurden die Reiser nicht runden, sondern vorwiegend in die Länge wachsenden Rüben aufge- setzt, so erfuhren auch diese lokal gesteigertes Wachstum, ergaben jedoch aus naheliegenden Gründen nicht so abweichende Gestalten, wie bei der runden Form. Die eben beschriebenen Thatsachen lehren uns, dass die bestimmte einer Rasse eigene Wurzel- form nicht allem durch den erblich überkommenen Wachstums-Modus hervorgebracht wird, sondern dass rioch andere Bedingungen dabei beteiligt sind. So erreicht unsere Rasse ihre runde Wurzelform teils offenbar auf Gwmund hereditärer Bigentümlichkeit: sie wächst vorwiegend in radialer, und nicht in longitudinaler Richtung. Daneben aber hängt die runde Gestalt offenbar auch von der Stellung 1) Der Umriss wurde durch Auflegen des Objeetes auf das Papier und durch genaue Messung gewonnen. g* 68 der Blätter und der dadurch bewirkten allseitig gleichförmigen Stoffwanderung, des gleichförmigen Stoffwechsels und damit der ringsum gleichförmigen Ernährung der Gewebe der Kühe ab. Ist dieses Verhältnis nicht vorhanden, treffen die genannten Bedingungen nicht gleichartig für den ganzen Umfang des Körpers, sondern nur lokal zu, dann ist auch sein Wachstum örtlich gesteigert, und seine Gestalt wird demnach excentrisch werden. Bekanntlich versuchten Hartig') und Wieler ?) im Laufe der letzten Jahre, den Beweis zu liefern, dass die Unterschiede im Bau des Frühjahrs- und Herbstholzes unserer einheimischen Bäume wenn nicht ganz, so doch zum Teil auf ungleicher Ernährung beruhen. Auf die verschiedenen Anschau- ungen, sowie auf die Versuche, die zu deren Begründung ausgeführt wurden, näher einzugehen, ist hier nicht der Ort. Ebenso wenig können hier die kritischen Betrachtungen erörtert werden, die Krabbe *) und besonders Jost *) an die Arbeiten der beiden Genannten knüpften. Doch glaube ich darauf hin- weisen zu sollen, dass sich unser letzter Transplantations-Versuch zur Lösung eines Teiles der auf- geworfenen Fragen verwerten lassen dürfte. Soweit ich sehe, sind in keinem der von den verschiedenen Autoren beschriebenen Experimente die Bedingungen für die einseitige Entwickelung eines Körpers, einseitige Ernährung u. s. w., so einfach und bestimmt gegeben, wie in unserem Versuch. Die Frage selbst ist freilich sehr verwickelter Natur, und würde, wenn überhaupt. dann eine eingehende Bespre- chung verlangen, die wir ihr hier nicht gewähren können. Auf einen weiteren wichtigen Punkt, der sich an dieses Experiment knüpft. auf die gegenseitige Beeinflussung von Reis und Unterlage, kann erst im folgenden Abschnitt eingegangen werden. Hier sei nur noch bemerkt, dass unser Object aus seinen Seitensprossen mit gestauchten Glie- dern im zweiten Jahre Blütenstände hervorbringt, und somit nach dieser Richtung dem Verhalten normaler Pflanzen gleicht. Im Uebrigen macht sein ganzer Bau einen höchst eigentümlichen Ein- druck. Es stellt eine Pflanze dar, der das ganze hypocotyle Glied mit den oben und unten daran grenzenden Teilen, somit der ganze anatomische Uebergang von der Wurzel zum Stengel fehlt. ‚Jener sitzt unmittelbar ein Teil des Blütenstandes auf, der sich aber vegetativ entwickelt, und an dem nun abnormer Weise Rübenköpfe gebildet werden. Offenbar wird auch hier die restitutio ad integrum erstrebt. kann aber nur teilweise erreicht werden. Das ganze Verhalten des Objectes lehrt wieder, ein wie plastisches Wesen die Pflanze ist. Die anatomischen Verhältnisse der Verwachsungs- Region werden am geeigneten Orte behandelt werden. Vorgreifend wollen wir hier jedoch schon anführen, dass die Gewebe der Wurzel und des Stengels sich trotz der vollkommenen Verbindung streng gesondert halten. Zum Schluss ist noch zu erwähnen, dass auch beim Wurzelpfropfen während mehrerer ‚Jahre Versuche mit umgekehrten Reisern angestellt wurden. Wie bei den entsprechenden Experimenten am Stengel fand auch hier ziemlich regelmässig die Verwachsung zwischen Reis und Unterlage, nie- mals aber kräftiges Gedeihen derselben statt. Im günstigsten Falle erreichten die Objeete unter Her- vorbringung kurzer beblätterter Sprosse ein Alter von zwei Monaten, und starben dann regelmässig ab. Auch hier war die unnatürliche Verbindung offenbar von grossen Störungen begleitet, deren Be- seitigung nicht gelang. 1) Hartig, R. Das Holz der deutschen Nadelwaldbäume. Berlin, 1885. S. 32. — 2) Wieler, A. Beiträge zur Kenntnis der Jahrringbildung und des Diekenwachsthums. Pringsheim’s Jahrbücher f. wissensch. Botanik. Bd. XVIIL Berlin, 1887. S. 70 ff. — 3) Krabbe, G. Einige Anmerkungen zu den neuesten Erklärungsversuchen der Jahrring- bildung. Berichte der deutsch. botan. Gesellschaft. Bd. V. Berlin 1887. S. 222. — 4) Jost, L. Ueber Diekenwachsthum und Jahresringbildung. Botanische Zeitung. 1891, Nr. 30—38. Sep.-Abdr. 64 2. Verbindung von Wurzel und Blatt. Da in der Natur niemals Blätter auf Wurzeln vorkommen, so erscheint die Verbindung beider beim ersten Anblick, wenn nieht unmöglich, so doch jedenfalls mit Schwierigkeiten verbunden. Die Untersuchung lehrt. dass die thatsächlichen Verhältnisse dem ersten Eindruck entsprechen: bei zahl- reichen Pflanzen ist die fragliche Verbindung nicht ausführbar. Wohl aber gelingt der Versuch wie- der bei der Runkelrübe, diesem für unsere Zwecke einzigen Object. Auch hier wurden wieder zwei Versuche angestellt: ım einen Falle wurde das Blatt der Rübe in aufrechter, im anderen im verkehrter Stellung eingefügt. Mit dem ersteren wollen wir beginnen. Die Ausführung dieses Versuches fand in verschiedener Weise statt. Entweder wurde eine Rübe von passender Grösse quer durchschnitten, und nun in den seines Stengels und seiner Blätter be- raubten unteren Teil das Blatt eingesetzt; oder es wurde die noch mit dem Stengel und einem Teile der Blätter versehene Rübe seitlich mit einem Einschnitt versehen und in diesen das Blatt eingefügt. War das letztere angewachsen, so wurden über semer Ansatzstelle der Wurzel durch einen Querschnitt ihre oberen Teile entfernt, so dass das Blatt den Scheitel einnahm. Das eine wie das andere Ver- fahren führte zum Ziel. Die Gestaltung des Blattes zum Reis geschah in der Art, dass ein junges, kräftiges, noch nicht völlig ausgewachsenes Blatt in der unteren oder mittleren Region seines Stieles entweder senkrecht oder parallel zur Median-Ebene keilförmig zugespitzt. mit diesem Ende in den ent- sprechend tiefen Schnitt an der Wurzel geschoben und hier durch einen geeigneten Verband befestigt wurde. Die dem Blatt verliehene Stellung war zunächst normal. d. h. seine Oberseite war dem Wurzel-Centrum zugewandt. — Selbstverständlich erfordert die Pflege solcher Objecte grosse Sorg- falt. Sie wollen längere Zeit unter der Glocke gehalten sem, und ertragen das direkte Sonnenlicht nicht. Tritt nur einmal ein stärkeres Welken des Blattes ein, so kann der Versuch als misslungen betrachtet werden. Bei aufmerksimer Behandlung aber vereinigen sich die beiden Teile allmählig so vollständig, dass man die Glocke erst zeitweise, dann gänzlich entfernen und schliesslich das Ob- jeet selbst der vollen Sonnenbeleuchtung aussetzen kann. An solchen Objecten sind die Blätter dunkelgrün und straff: ihr Gewebe ist fest und wider- standsfühig. Dabei erfahren sie, und darin besteht eine Abweichung von Blättern am normalen Ort. eine einseitig stärkere Ausdehnung der Oberseiten, in Folge deren die beiden Längshälften sich abwärts krümmen. das ganze einzelne Blatt also gewölbt erscheint. Worauf diese Epinastie beruht, ob bloss auf Zellstreckung oder auch auf Teilung, wurde nieht untersucht. — Die Verwachsung der Blatt- Basis mit dem Grundstock war stets vollständig und ging auf beiden Seiten vor sich: der aussen sichtbare Wund- Callus war normal und von mässiger Entwickelung. Die Wurzel bildete im Be- reich der Erde ein vielverzweigtes Wurzelgeflecht, und erfuhr nicht unbeträchtliches, auf der Blatt- seite bevorzugtes Diekenwachstum. (Taf. III, Fig. 10.) Erwies sich somit die Verbindung von Wurzel und Blatt wohl ausführbar und sogar günstig für beide Teile, so ging doch die Anfangs gehegte Erwartung, dass das Blatt unter den besonderen Um- ständen eine erheblich längere Lebensdauer, als gewöhnliche Blätter, erlangen und den Winter über- dauern werde, nicht in Erfüllung. Zur Begründung unserer Erwartung wollen wir an die schon von Knight ') gemachte Beobachtung erinnern. dass von der Pflanze getrennte und bewurzelte Blätter der Mentha sich den Winter hindurch frisch erhielten. Dies geschah in unserem Falle niemals; regel- 1) Knigth, T. A. On the action of detached leaves of Plants. Transactions of the Royal Society. June, 1816. — Seleetion ete. p. 168. 70 ınässig starben die Blätter bis zum Herbst ab, ohne auch nur Adventiv-Sprosse an der Basis erzeugt zu haben. Die zugehörigen Wurzeln dagegen blieben den ganzen Winter hindurch gesund. Wir wollen nunmehr das Verhalten solcher Objeete betrachten, an denen den Blättern abnorme Stellungen gegeben wurden. Im ersten derartigen Versuch wurde das Blatt der Peripherie der Wurzel so eingefligt. dass seine Oberseite nach aussen, seine Unterseite nach dem Centrum gewandt war, Soweit sich äusserlich wahr- nehmen liess, hatte diese Aenderung auf den Verlauf des Experimentes keinen Einfluss. Die Ver- wachsung, Callus-Bildung und Ernährung gingen in derselben Weise vor sich. wie am normal einge- setzten Blatt. Ebenso wenig fand eine Abweichung in Bezug auf die Lebensdauer statt. Ob. was wohl möglich, in der Region der Verwachsung innere Unterschiede vorhanden waren. wurde nicht festgestellt. Der zweite Versuch bestand darin, dass dem Blatt longitudinal-verkehrte Stellung an der Wurzel gegeben wurde. Nach dem, was früher über die Verbindung von Winrzeln in verkehrter Richtung gesagt wurde, bot die Ausführung des Experimentes keine Schwierigkeit. Es wurde das Blatt in den apicalen, statt im den basalen Teil emer zu diesem Zweck präparierten Wurzel eingefügt, und diese, nachdem sie ihres Stengelteiles beraubt war, in verkehrter Stellung in den Boden gepflanzt. Die S. 51 gegebenen Andeutungen überheben uns der Beschreibung aller Einzelheiten des Versuches. Auch unter diesen etwas seltsamen Verhältnissen fand eine innige Verwachsung der beiden Teile statt, und ebenso erhielt sich das Blatt bis zum Herbst (Taf. III, Fig. 8. Man wolle an dieser Figur die Epinastie der Blattfläche beachten). Die Wurzel bildete zahlreiche Seitenglieder und an der un- teren Fläche einen vollkommenen Korkverschluss; im einen Falle entstand hier auch ein Adventiv- Spross, der bis zum Schluss des Versuches nahezu die Erdoberfläche erreicht hatte (Taf. III. Fig. 9). — Vom normal eingesetzten Blatt fand aber eine wichtige Abweichung insofern statt, als an der Verwachsungsstelle der beiden Glieder ein auffallend starker Wulst erzeugt wurde. In dem in Fie. 9 dargestellten Falle hatte der letztere seinen grössten Umfang an derjenigen Hälfte, welcher die Oberseite des Blattes zugewandt war; es machte den Eindruck, als quölle seine Masse hier geradezu hervor. Seine Oberfläche war von zahlreichen kleinen Längsfurchen durchzogen und erschien daher uneben, eine Erscheinung, die in dieser Form nur hier wahrgenommen wurde. Die Bildung der (Ge- schwulst beruhte fast ausschliesslich auf der Thätigkeit der Wurzel, das Blatt war nur in unterge- ordneter Weise dabei beteiligt, ein Zeichen, dass seinen Elementen eine geringere Teilungsfähigkeit innewohnt, als denen der Wurzel. Die eben besprochene abnorme Wulstbildung lehrt uns, dass eine günstige Verbindung von Wurzel und Blatt nur dann möglich ist, wenn beide ihre natürliche Stellung einnehmen. Wird diese Bedingung nicht eingehalten, so reagiert das Object mit Wulstbildung gegen das Verfahren. Bezüg- lich der Verwachsung entspricht also, worauf schon in der Einleitung hingewiesen wurde, die Basis des Blattes der Basis des Sprosses und dem Scheitel der Wurzel — eine für unsere gesamte Auf- fassung wichtige Thatsache. Der Versuch, auch die Spitze eines Blattteiles der Wurzel in geeigneter Weise einzufügen, war nicht von Erfolg begleitet. Die Lebenseinheiten, die wir auf künstlichem Wege durch die Verbindung von Wurzel und Blatt herzustellen im Stande sind, gewähren ein hohes Interesse. In morphologischer Beziehung sind sie sehr unvollkommen; es fehlt ihnen jeglicher Stengelteil vollständig. Trotzdem vermögen sie ihr Dasein nicht nur längere Zeit zu fristen, sondern sogar nicht unbeträchtlich zu wachsen. Sie stellen somit Ernährungs-Einheiten dar, in denen jeder Teil sich so lange zu erhalten vermag, als er vom anderen (al die ihm nötige Nahrung empfängt. Diese Objekte beweisen uns von Neuem und in besonders schlagender Weise, wie gross die Selbständigkeit, die Unabhängigkeit der einzelnen Teile am Pflanzen- körper ist. 3. Verbindung von Stengel und Wurzel. a. An krautigen Pflanzen. Wir transplantierten früher Stengelteile auf die Wurzel; es soll nunmehr die umgekehrte Ope- ration ausgeführt werden. Auch hierzu wollen wir uns wieder der Runkelrübe bedienen. Um auch jetzt mit der Verpflanzung von Gewebestücken zu beginnen, wählen wir Objeete mit langem Rübenkopf und setzen in würfelförmige Höhlen des letzteren entsprechend gestaltete Wurzelstücke in natürlicher Stellung. so dass ihr Sprosspol auch am neuen Ort nach oben gerichtet ist. Wie zu erwarten, erfolgt auch hier vollständige Verwachsung. nach dieser aber tritt bei genügender Dauer des Versuches die interessante Erscheinung ein, dass der Einschluss sich über den Mutterboden mehr oder minder. manchmal erheblich, vorwölbt. Zumal dann findet dies statt, wenn der Versuch mit einer Form angestellt wird, deren Wurzeln ein vorwiegendes Dickenwachstum erfahren. Diese That- sache ist ebenso verständlich, wie das früher beschriebene Zurückbleiben im Wachstum von Stengel- stücken, die m Wurzeln verpflanzt wurden. Der Umstand, dass die Wurzel unter sonst gleichen Ver- hältnissen sich rascher m die Dicke entwickelt, als der Stengel. bedmst das Hervortreten des Stückes über die Stammoberfläche. vorausgesetzt, dass. was thatsächlich der Fall ist, jeder Einschluss seine spezifischen Eigentümlichkeiten auch am fremden Orte bewahrt. Wir schreiten damit zur Verpflanzung grösserer Glieder, und führen zunächst folgenden Versuch aus. In die stärkere Seitenaxe eines Blütenstandes wird (Taf. IV. Fig. 1) seitlich im normaler Stel- lung eine ihres Stengels beraubte Rübe eingefügt, die von entsprechender Grösse ist, und der alle Seitenwurzeln und das apicale Ende genommen waren. Bei geeigneter Behandlung im dampfgesättigten Raum erfolgt auf der ganzen Berührungsfläche Verwachsung. Sobald dies geschehen, sieht man die Wurzel stärker werden und sich bestreben, Seitenwurzeln zu bilden. Ist dieser Zustand erreicht, dann wird der Spross oder das Spross-System. in das die Wurzel eingefügt wurde, durch einen dicht unter der Ansatzstelle der letzteren geführten Schnitt von der Pflanze getrennt, und nun mit der ihm ange- wachsenen Wurzel in einen Topf gesetzt. Um Wachstumsstörungen zu vermeiden, thut man am besten, die oberen Sprossteile mit den schon vorhandenen Blüten zu entfernen. Unter den neuen Be- dingungen geht die Entwickelung der Wurzel sehr rasch von Statten, und bald sieht man oben auch neue Sprosse entstehen. An diesen fällt auf, dass ihre Internodien zwar anfänglich noch, wie im Blütenstand, lang und gestreckt sind, dass sie später aber allmählig kürzer und kürzer werden, wäh- rend sie gleichzeitig an Dieke zunehmen. Hand in Hand damit geht eine Aenderung in der Gestalt der Blätter. Anfänglich, ihrem ursprünglichen Ort im Blütenstand entsprechend, von geringem Um- fang. nimmt ihre Grösse nach und nach zu, bis sie an den kurzen Internodien der Sprossscheitel end- lich stattliche Flächen erzeugen. Auf diese Weise entstehen wie in früheren Versuchen, so auch jetzt an den Sprossenden Gestalten. die an die Rübenköpfe erinnern und lediglich vegetativen Aufgaben dienen: in keinem Falle wurden an einer solchen Pflanze in dem betreffenden Jahre noch Blüten er- zeugt, die Bildung derselben war vollkommen erloschen, eine Erscheinung, auf die wir erst m dem Abschnitt über den gegenseitigen Einfluss, den Reis und Grundstock auf einander ausüben, näher ein- gehen werden. Objeete dieser Art, rechtzeitig hergestellt, wurden im Sommer in’s freie Land ge- setzt, während des Winters in hellem frostfreiem Raum gehalten, und im Frühjahr von Neuem in’s Freie gepflanzt. Hier bildeten sie verhältnismässig stattliche Blüitenstände und starben nach der Kruchtreife ab. Die eigentümliche Gestalt, die diese Objecte bis zum Herbst erlangen, erhellt aus Fig. 5. Taf. III, die den Habitus und Fig. 11, Taf. II, welche die Hauptwurzel mit den angrenzenden Teilen darstellt. Wie diese Abbildung zeigt, sitzt die Wurzel dem Stengel auch jetzt noch einseitig an. Die Zweighälfte, die bei der Propfung die iiber die Wurzel hingreifende Zunge bildete, hat sich in auf- fallender Weis« vergrössert und lappenartige Fortsätze erzeugt. Die Gewebe von Wurzel und Stengel sind äusserlich scharf geschieden. — Hinzuweisen ist noch darauf, dass die Seitenglieder im Spross- System dieses Objectes an ihren Ansatzstellen ungewöhnlich entwickelte fleischige Anschwellungen hervorbrachten. Dem in den Figuren dargestellten Object glichen noch mehrere andere in der Hauptsache so voll- ständig, dass alle näheren Angaben über dieselben überflüssig erscheinen. Doch wollen wir die Bemerkung nicht unterlassen, dass auch dieser Versuch mit der Abweichung angestellt wurde, die Wurzel nicht normal, sondern verkehrt, d. h. mit ihrem apicalen Ende in den Spross einzufügen. In keinem dieser Fälle fand aber eine gedeihliche Entwickelung statt, vielmehr starben die Wurzeln regelmässig rasch ab. Wir gelangen damit zu einem weiteren hierher gehörenden Experiment. Im vorigen wurde die Wurzel dem Stengel seitlich eingefügt; wir wollen nunmehr sehen , ob sie sich auch dem Ende der Axe einpflanzen lässt. Nachdem saftige, in frischer Entwickelung begriffene Stengel vorjähriger Rüben auf einer Höhe von 25—30 cm je über einem Knoten quer durchschnitten waren, wurden in ihre oberen Enden ver- müttelst Spaltpfropfung junge, kürzlich aus Samen gezogene Wurzeln gesetzt, deren Stengelteile zu- vor entfernt worden waren. Hatten diese Rüben aufrechte Stellung. so ging ausnahmslos die Ver- einigung vor sich, doch war ihre Entwickelung stets nur gering, obschon sie sich bis zum Absterben der Grundstöcke im Herbst frisch erhielten. Verkehrt. d. h. mit der Basis eingefügte Wurzeln starben erheblich früher ab. "Die eben beschriebenen Verhältnisse führen zu einem Schlussversuch mit unserer Pflanze, der darin besteht, dass wir dem Ende der durchschnittenen Laubaxe nicht eme blosse Wurzel, sondern eine Wurzel mit ihrem Stengel, also eine ganze Pflanze, einfügen. Die so verbundenen Objeete sind verschiedenen Alters. die untere Pflanze stammt aus dem vorigen, die obere aus diesem Jahre. Bezüg- lich der Ausführung des Versuches sei hinzugefügt, dass der oberen Pflanze ausser ihrem langen api- calen Wurzelteile die sämtlichen grösseren Blätter genommen wurden, während die untere ihre Seiten- zweige und Blätter zunächst noch behielt. Auch hier ging, wie nicht anders zu erwarten, die Vereinigung leicht von Statten. Die obere Pflanze begann bald, ihre vorhandenen jungen Blätter zu entfalten und neue dazu zu bilden. In dem Grade, wie dies geschah, wurde die Anfangs üppige Sprossbildung der unteren Pflanze beschränkt, bis schliesslich alle Seitenglieder entfernt waren. Die derartig gestalteten, eigentümlichen Objeete gediehen vortrefflich. Ihre oberen Rüben wuchsen ununterbrochen, wobei deren unterer Teil sich wulstartig über die Verwachsungsstelle ausbreitete, indess der Stengel em, soweit sich aus dem Ver- gleich mit normalen Pflanzen beurteilen liess, gesteigertes Längen- und vielleicht auch Diekenwachs- tum erfuhr. Eines dieser Objecte ist m Fig. 3, Taf. III abgebildet. Am Schluss der Vegetations- Periode waren die unteren Rüben frisch, hatten jedoch, wie aus Messungen hervorging, an Umfang nicht oder jedenfalls sehr wenig zugenommen. Ihr Stengel, zur Zeit der Operation noch weich und fleischig, war jetzt fest gebaut und stark verholzt. Während des Winters hielten sich die Objecte im Kalthause in allen Teilen frisch und in ge- sundem Zustande, eme Thatsache, die um so überraschender war, als die unteren Pflanzen unter nor- malen Bedingungen im Herbst abgestorben sein würden. Im Frühjahr verlängerten sich die Axen der oberen Pflanzen, um Blütenstände zu bilden. Da es keinem Zweifel unterliegen konnte, dass die oberen jungen Teile durch Unterhaltung eines raschen Stoffwechsels in belebender und erhaltender Weise auf die unteren alten emgewirkt hatten, so entstand die Frage, ob es nicht möglich sei, durch eine erneute Verbindung mit einem jungen Object die Lebensdauer des Komplexes um ein weiteres Jahr zu verlängern. Von diesem Gedanken geleitet, pfropfte ich auf die durchschnittene junge Axe der oberen Pflanze des kräftigsten Komplexes eine neue, erst kürzlich aus Samen gezogene Pflanze. Auch jetzt ging die Verwachsung vor sich, und das jüngste Objeet in dem Komplex begann zu wachsen, die Anfangs gehegte Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht. Schon im Anfang des Juli traten am Stengel der unteren Pflanze in geringer Entfernung von der Wurzel Zersetzungserscheinungen auf, die rasch um sich griffen und nach kurzer Zeit grosse Störungen im Stoffwechsel, besonders in der Wasser- bewegung. hervorriefen. Die künstliche Entfernung der Stelle brachte keine Heilung, und bald ging die ganze Verbindung zu Grunde. Weitere Versuche in dieser Richtung wurden mit der Runkelrübe nicht angestellt. Hinsichtlich des Zuckergehaltes der unteren Rübe am Schluss des zweiten Jahres sei auf die im Abschnitt über die Verbindung von Geweben verschiedenen Alters gemachten Angaben verwiesen. Aus den im Vorstehenden mitgeteilten Thatsachen ergeben sich einige beachtenswerte Folgerungen. Zunächst lehren sie, dass man eine ganze Pflanze mit ihren Hauptteilen auf eine andere setzen, und dass dabei eine gedeihliche Entwickelung stattfinden kann. Diese Verbindung ist eine der auf- fallendsten, die überhaupt hergestellt wurden. Aus ihr folgt die physiologisch wichtige Thatsache, dass die Wurzel im Stande ist, ihren ganzen Wasserbedarf auf abnormale Weise, aus einem mit ihr verwachsenen Stamm, zu befriedigen, dass sie nicht an die gewöhnliche Aufnahme aus dem Boden gebunden ist. Dabei hat man wohl zu bedenken, dass in unserem Falle der Wasserverbrauch der oberen Pflanzen in den Komplexen sehr erheblich war, da sie während langer Zeit die intensive Sonnen- bestrahlung erfuhren. Aus dem Vergleich unserer Versuche geht aber ferner hervor, dass die Wurzel das zu ihrem Wachstum erforderliche Quantum plastischer Substanzen durch den Stamm von unten her nicht beziehen kann. Wie wir gesehen, ist die Entwickelung der Wurzeln ohne Stengel nur sehr schwach. Dass Stoffe der fraglichen Art einwandern, unterliegt wohl keinem Zweifel, die Menge derselben ist aber jedenfalls gering. — Ob umgekehrt von der assimilierenden oberen Pflanze plastische Substanzen in grösserer Menge an die untere abgegeben werden , wurde mit Sicherheit nicht festgestellt, ergab sich aber als sehr wahrscheinlich. Endlich folgt aus unserem Versuch der schon angedeutete wichtige Schluss, dass wir die Lebens- dauer einer Rübe dadurch um ein Jahr verlängern können, dass wir sie mit einem jungen Object in eine Verbindung bringen, in der beide Teile in den wichtigsten Ernährungs-Funetionen von einander abhängig sind. Dieser Gegenstand wird an einer späteren Stelle noch genauer verfolgt werden. b. An holzigen Gewächsen. Mit diesen wurden Versuche nur von einer Form ausgeführt, die in der Transplantation von Rindenringen bestand. Als wichtigstes Object diente auch diesesmal wieder Cydonia japonica. Zur Zeit der Saftfülle wurden dem Boden Wurzeln von der Dicke eines Fingers, zum Teil aber auch von grösserer Stärke, enthoben. Zu ihnen wurden entsprechend dicke Zweige ausgewählt und Vöchting, Ueber Transplantation. 10 nn 14 nun die den Wurzeln entnommenen Rindenringe auf gleich grosse, ihrer Rinde entblösste Stellen der Zweige gesetzt. Ein Teil der Ringe wurde in aufrechter Stellung. d. h. so eingefligt, dass ihre Sprosspole auch in der neuen Stellung nach oben sahen; der andere dagegen erhielt die umge- kehrte Lage, in der ihr einstiges Oben also nach unten gewandt war, Wie bei den Experimenten mit den Zweigringen, s0 sing auch von diesen Wurzelringen kein einziger zu Grunde, ja die Verwachsung erfolgte sogar überraschend schnell und sicher. Die Ringe fügten sich vollständig in die Lücken und bildeten an den Schnittflächen völlig abschliessende Narben. Schon im ersten Jahre zeigte das Wachstum der auf die beiderlei Weise eingesetzten Ringe deutliche Unterschiede. Die aufrecht eingefügten bildeten an der oberen und unteren Ringwunde etwa gleich starke, wenig vortretende Öallus-Wiülste; in einzelnen Fällen war auch der obere etwas stärker. als der untere. Die Dicke des Ringes aber in seinem oberen und unteren Teile, sowie der Umfang des Zweiges oberhalb und unterhalb des Ringes blieben gleichmässig (Taf. VI, Fig. 4). Anders die verkehrt eingesetzten Ringe, deren Scheitel der Zweigspitze zugekehrt war. An ihnen traten ähnliche Erscheinungen ein, wie an den verkehrt eingefügten Zweigrindenringen. Sie bildeten an der oberen und unteren Verwachsungsfläche Wiilste, besonders kräftige an der ersteren: der obere Teil des Ringes entwickelte sich stärker als der untere, in einzelnen Fällen trat auch der ganze Ring wulstig über die Zweigoberfläche vor. Dabei nahm der über dem Ringe gelegene Zweigteil abnorm an Dicke zu, während der darunter befindliche im Wachstum zurückblieb (vergl. Taf. VI. Fig. 8). Die eben angedeuteten Verhältnisse erfuhren im zweiten Jahre eine erhöhte Ausbildung (Taf. VI. Fig. 8 u. 10), dazu gesellten sich noch weitere Folgen. Die Zweigteile oberhalb des Ringes ver- langsamten ihr vegetatives Wachstum, während ihre Blüten- und Fruchtbildung zunahm. Gleichzeitig zeigte sich unterhalb des Ringes die Neigung zur Hervorbringung langer Laubsprosse. In der Folge steigerten sich die Störungen in den oberen Teilen einzelner Zweige so sehr, dass diese von den Spitzen aus allmählich abstarben und schliesslich bis zu den nächsten Trieben unter den Ringstücken zu Grunde gingen. An der Mehrzahl der operierten Zweige trat dagegen jener eigentüm- liche Heilungsvorgang ein, der ebenfalls schon bei den verkehrt eingesetzten Zweigringen wahrge- nommen wurde. Es entstand an der longitudinalen Verwachsungsnaht eine gesteigerte Wulstbildung, die oben begann, sich langsam nach unten fortsetzte und stets breiter und höher wurde (Taf. VL Fig. 8 u. 10 bei b). Mit der Bildung dieses Wulstes ging die Rückkehr zum normalen Wachstum in den ober- und unterhalb des Ringes gelegenen Zweigteilen Hand in Hand. Indem wir bezüglich des histologischen Baues der fraglichen Wülste auf den betreffenden Abschnitt dieser Schrift ver- weisen, sei auch hier schon im Voraus bemerkt, dass in ihnen wie in den Brücken der verkehrt eingesetzten Zweigringe, das Gewebe normal gebaut ist, während es sonst im Bereich des ganzen um- gekehrten Ringstückes pathologische Struktur besitzt. Dieselben Versuche, die wir eben für Cydonia beschrieben, wurden an jungen Stämmen von Fraxinus excelsior wiederholt. Der Erfolg war gleich, doch mit dem Unterschiede, dass an den im Wachstum zurückbleibenden oberen Zweigteilen keine Blütenbildung stattfand. Auch hier trat später die teilweise Heilung in der Geschwulst ein, doch war, nachdem sich längst eine stark ent- wiekelte Brücke normalen Gewebes gebildet hatte, noch im vierten Jahre das Wachstum der oberen Teile der Bäumchen wenig ergiebig. Um die Unterschiede zwischen zwei Stämmehen, das eine in 30 cm Höhe über der Erde mit aufrechtem, das andere in etwa gleicher Höhe mit verkehrtem Wurzelringe versehen, näher zu erläu- tern, seien die Maasse von vier Jahrestrieben angegeben. Die Operation fand rechtzeitig im Frühjahr statt, und der erste Trieb wurde in demselben Jahre gebildet. Stämmcehen mit aufrechtem Ringe: Stämmcehen mit verkehrtem Ringe: 1. Jahrestrieb 67 cm 17 cm 2. & DH, SE) & ab n 66.5. DE 4. " bo IK = Die Länge der Seitenzweige des dritten Jahrganges betrug an dem Stümmehen mit aufrechtem Ringe 36 ganze übrige Verhalten der Stämmchen. Die teilweise Heilung der Geschwulst durch eine Brücke 38 cm, an dem mit verkehrtem Ringe höchstens 4 em. Der Länge entsprach die Stärke und das normalen Gewebes war hier somit von ungleich weniger günstigen Folgen begleitet, als bei den Zweigen von Oydonia japonica. Bemerkenswert ist, dass das Stämmehen mit aufrechtem Ringe selbst im ersten Sommer nach der Operation keine Störung im Wachstum erfuhr, während sich an anderen ähnlich behandelten Objeeten kleine Hemmungen nachweisen liessen. Aus den im Vorstehenden dargelegten Erfahrungen über die Transplantation von Wurzeln und Wurzelstücken auf Sprosse folgt der wichtige Schluss, dass in Bezug auf seinen inneren polaren Bau das basale Ende eines Wurzelteiles dem Scheitelende eines Sprossteiles, und umgekehrt die Basis des letzteren der Spitze des ersteren entspricht; ein Schluss, der sich auch aus dem Verhalten der beiden Enden bei der Regeneration ergibt. Die nähere Verfolgung dieses Gegenstandes wird uns später be- schäftigen. 4. Verbindung von Stengel und Blatt. Da diese beiden Glieder stets in natürlicher Verbindung auftreten, so scheint die Erwartung berechtigt, dass auch ihre künstliche Vereinigung leicht ausführbar sein müsse. Hier aber bieten sich beträchtliche Schwierigkeiten dar, die nur durch die Wahl günstiger Objeete und besondere Sorgfalt in deren Behandlung überwunden werden können. Zunächst sei hier einiger misslungenen Versuche gedacht, die der Erwähnung verdienen dürften. Es handelte sich dabei um die Beantwortung der Frage, ob Blattstielstücke, wenn in geeigneter Weise in entsprechend grosse Stengellücken eingefügt, in diesen anwachsen und die Stoffwanderung in nor- maler Weise nach beiden Richtungen zu vermitteln im Stande seien. Die Experimente wurden wieder mit der Runkelrübe angestellt. Von frischen, noch mit saftigem Mark erfüllten Stengeln wurden Anfangs Mai peripherische Internodial-Stücke von der Breite eines Blattstieles abgehoben, und nun in die Lücken, deren Tiefe bis an die äussere Markgrenze reichte, gleich grosse Blattstiel- stücke eingeschaltet. Um ihr Anwachsen auf der inneren, der morphologisch oberen, Seite zu er- möglichen, wurde deren Parenchym bis zu einiger Tiefe abgehoben, und überhaupt für eine mög- lichst innige Berührung aller Schnittflächen gesorgt. — Der Versuch wurde acht Mal ausgeführt. In vier Fällen hatten die Stücke aufrechte Stellung, d. h. ihre Basis war nach unten gewandt; in den übrigen vier erhielten sie die entgegengesetzte Lage. Die sämtlichen Objeete blieben während der ersten 10—12 Tage frisch und grün, dann aber nahmen die verkehrt eingesetzten Stücke eine bräunliche Farbe an, welche den Beginn der Zersetzung verriet. Dieselbe Erscheinung trat nach und nach an den übrigen Objecten ein, und nach 18 Tagen waren alle transplantierten Stücke abgestorben. Die anatomische Untersuchung eines der Stücke, die sich am längsten frisch erhalten hatten, lehrte, dass das Gewebe seiner Innenseite sich fast überall auf das Innigste an das des Grundstockes angelegt hatte, dass seine Elemente jedoch nicht, wie die des letzteren, an der Berührungsfläche in Teilung übergegangen waren. Das Gleiche galt für die Verhältnisse an der oberen und unteren 1) = 76 Fläche. doch hatte hier an zwei sich bertihrenden Gefässbtindeln eine Verwachsung stattgefunden. Da die scheinbar sehr günstigen Bedingungen, unter denen der Versuch angestellt wurde, doch zu keinem Gelingen geführt hatten, so wurde von einer Wiederholung des Experimentes Abstand genommen. Dürfte man das hier erhaltene verneinende Ergebnis verallgemeinern,. so ergäbe sich daraus, dass die Verpflanzung von Blattstielstücken in den Stengel nicht möglich wäre, selbst dann nicht, wenn ihnen aufrechte Stellung verliehen wird. Da aber das Misslingen des Versuches in örtlichen, in speeifischen Bedingungen der benutzten Objeete begründet sein mag, und andere Pflanzen sich vielleicht günstiger verhalten, so soll auf die Entwiekelung weiterer Folgerungen einstweilen ver- zichtet werden. Um nun zur Transplantation ganzer Blätter überzugehen, so griff ich nach verschiedenen Fehl- versuchen zu einer Pflanze, deren Blätter nach früher gemachten Erfahrungen eine grosse Wider- standskraft besitzen. zu Heterocentron diversifolium, und zwar um so mehr, als der Bau ihres Stengels noch eine besondere Gestaltung der Versuche gestattete. — Die Blätter dieser Art stehen bekanntlich in 'zweigliedrigen alternierenden Quirlen; sie sitzen wohlausgebildeten Knoten auf, die durch ihre horizontal verlaufenden Gefässbündel im Mark und in der Rinde ausgezeichnet sind. Der untere Teil des Blattstieles ist von gelenkartiger Ausbildung, und entspringt der Fläche zwischen zwei Knoten. Angesichts der eben angedeuteten anatomischen Verhältnisse dürfte es fraglich erscheinen, ob überhaupt eine Transplantation des Blattes möglich sei. In der That aber erweist sie sich als ausführbar. Zunächst wurde ein Blatt, das eben ausgewachsen war, an seiner Ansatzstelle abgeschnitten, der Stiel oberhalb seines gelenkartigen Teiles parallel zur Median-Ebene keilförmig zugespitzt, und mit diesem Ende in einen Spalt eingeschoben, der in der Mitte der Fläche des Internodiums durch einen einfachen Längsschnitt hergestellt worden war. Das Internodium selbst gehörte emem Zweige jugendlichen Alters an, und die dem Blatt gegebene Stellung war, was seine morphologische Orien- tierung anbetraf, normal. d. h. seine Oberseite war dem Sprossscheitel zugewandt, und seine Ein- fügung fand auf der Stengeloberfläche in deren Mitte statt. Andere Blätter wurden gleichzeitig am gleichen Orte, aber in verkehrter Stellung bezüglich ihrer Ober- und Unterseite eingesetzt. In beiden Fällen wuchsen die Blätter, wenn auch nicht sämtlich, so doch der Mehrzahl nach an. Sie hielten sich lange Zeit frisch, waren aber nicht im Stande, das direkte Sonnenlicht zu ertragen. Von Neuem wurde der Versuch angestellt, jedoch mit der Abweichung, dass der Stiel nicht der Fläche, sondern der Kante des Stengels eingefügt wurde (Taf. V, Fig. 8). Auch diese Verpflanzung führte zu befriedigendem Ergebnis. Gelangten bisher ganze Blätter zur Anwendung, so wurde nun mit Teilen der Fläche operiert. Stücke der letzteren erhielten die in Fig. 13, Taf. V angedeutete Gestalt, und wurden mit dem zu- gespitzten Ende dem Stengel eingefügt. In einzelnen Fällen wurde auch dieses Experiment von Er- folg begleitet. Zum Schluss blieb noch ein Versuch auszuführen: es war das Blatt in verkehrter Richtung ein- zusetzen. Zu dem Ende wurden die Organe ähnlich zugeschnitten, wie beim letzten Experiment, aber in umgekehrter Richtung, so dass der zugespitzte Scheitel in den Einschnitt am Stengel gelangte. — Die. sechsmalige, mit aller Vorsicht vorgenommene Wiederholung des Versuches ergab jedoch nie- mals ein Gelingen, so dass die Annahme nicht zu umgehen ist, die fragliche Verbindung sei nicht möglich oder doch mit ungleich grösseren Schwierigkeiten verbunden, als die mit normaler Stellung des Blattes. Zu den gelungenen Versuchen der Verpflanzung der Blätter in aufrechter Stellung sei bemerkt, —1 —1 dass, wie die später vorgenommene anatomische Untersuchung ergab, die Verbindung der Blätter und Blattstücke mit dem Stengel durch wohlausgebildete, zum Teil sehr kräftige Gefässbündel vermittelt wurde. Die eben mitgeteilten Versuche zeigen, dass die Annahme Johannes Müller’s '), ein von der Pflanze getrenntes Blatt müsse, wenn durch Impfung wieder mit ihr vereinigt, nichts als ein Teil des Ganzen bleiben, begründet war. Fassen wir das Gesagte zusammen, so ergibt sich, dass die Transplantation des Blattes am Stengel ausführbar ist, und zwar auch in solchen Fällen, in denen die Ansatzstelle des Blattes am Spross einen in anatomischer Beziehung vom normalen abweichenden Bau hat. Ist der Stengel vierkantig, so bleibt es dabei für das Blatt oder Blattstück gleichgültig. ob es auf die Fläche oder die Kante gesetzt wird. Es fügt sich auch dann ein, wenn in der neuen Stellung seine Oberseite nach unten gerichtet wird. Dagegen ist die Transplantation des Blattes m longitudinal verkehrter Stellung sehr schwierig. wenn nicht unmöglich. 5. Verbindung von Blatt und Wurzel, Wir sahen früher, dass die Vereinigung der Wurzel mit dem Blatt nicht nur möglich, sondern sogar von günstigen Folgen begleitet ist. Der umgekehrte Versuch erschemt beim ersten Anblick schwer ausführbar und ist es in der That. Auf die mit kräftigen Stielen versehenen Blätter junger, aber in der Entwickelung schon vor- geschrittener Pflanzen der Runkelrübe wurden erst kürzlich aus Samen gezogene Pflanzen gesetzt, denen alle Blätter bis auf die jüngsten genommen waren. Die Einfügung geschah mit der zuge- spitzten Wurzel auf den oberen Teil des Blattstieles, und zwar senkrecht zu seiner Median-Ebene; der Schnitt in den Stiel wurde so geführt, dass ein Teil der Gefässbündel der Länge nach getroffen wurde, während andere unversehrt blieben. Damit der Stoffwechsel im Blattstiel nicht zu sehr in's Stocken geriete, behielt der letztere zunächst seine ganze Fläche. An der Einfügungsstelle der Wurzel entstehen im Blattstiel leicht Zersetzungen, die das Miss- lingen der Versuche nach sich ziehen, auch wenn lokal, wie es gewöhnlich der Fall ist, die Verwach- sung eintritt. In einzelnen Fällen aber geht eine vollständige Vereinigung der beiden Teile vor sich. Dann erfolgt em anfangs langsames, später aber immer lebhafteres Wachstum der aufgepfropften Pflanze. Ein solches Object ist m Fig. 4 Taf. III dargestellt. Die an der kleineren Pflanze vorhandenen ent- wickelteren Blätter, an Zahl sieben, sind erst nach der Verbindung ausgebildet und geben einen Be- griff von der lebhaften Thätigkeit, die das Objeet trotz seiner seltsamen Stellung entfaltete. Während seiner Entwickelung wurde die Fläche des als Unterlage dienenden Blattes allmählich verkleinert und endlich gänzlich abgeschnitten, um den Wasserstrom, den der Stiel zu leiten vermochte, vollständig der jungen Pflanze zuzuführen. N Es sei nicht unterlassen hinzuzufügen, dass die anfangs über das Object gestellte Glocke nach und nach entfernt wurde, bis die Pflanze schliesslich unbedeckt blieb und die volle Beleuchtung empfing. Unter den von Erfolg begleiteten Versuchen stellt der m Fig. 4 abgebildete den best- gelungenen dar. Leider fand ich dieses, sowie zwei ähnliche Objecte, als ich aus den grossen Ferien zurückkehrte, lebend nicht mehr vor; sie waren schon im Laufe des Monats August zu Grunde gegangen. Da an den Verbindungsstellen der Wurzeln und Blätter kemerlei krankhafte Geschwülste entstan- den waren, so folgt aus unserem Versuch, dass die Verbindung der beiden Glieder in der abnormalen Ordnung möglich ist, und dass selbst eine innige Verwachsung stattfinden kann. 1) Müller, J. Handbuch der Physiologie des Menschen. Bd. Il. Koblenz 1840. S. 596. 718 6. Verbindung von Blatt und Stengel. Diese Form der Vereinigung wurde, wenn auch auf Grund eines von dem unsrigen ganz ver- schiedenen Gedankenganges, schon von Knight!) ausgeführt. Er suchte die Annahme als richtig zu erweisen, dass der aufsteigende Saft in der Pflanze tiberall derselbe sei, und dass man daher z. B. den Blattstiel, die Ranke, den Fruchtstiel in den weichen Teil des jungen Sprosses für einander einschalten könne, eine Annahme, die der Versuch teilweise bewahrheitete. Es gelang, Blätter auf Blattstiele zu pfropfen; Ranke und Fruchtstiel waren im stande, ihnen eingefügte und mit ihnen verwachsene Laubsprosse mit Nahrung zu versorgen. Der Versuch dagegen, einen Fruchtstiel auf den Blattstiel, die Ranke oder den saftigen Spross zu pfropfen, war erfolglos. Doch schreibt Knight dieses Miss- lingen lediglich einer ungeeigneten Ausführung des Experimentes zu. Von besonderer Bedeutung für uns ist der Versuch Anight’s, in dem junge Sprosse des Wein- stockes auf Blattstiele dieser Pflanze gepfropft wurden; jene erreichten eine Höhe von 9—10 Fuss, und es ergab sich im Herbst bei der Untersuchung, dass die Blattstiele unterhalb der Verbindungs- stellen Holz gebildet hatten. Nach diesen wichtigen Angaben Knight's schienen keine neuen Versuche mehr erforderlich zu sen. Wenn dennoch emige Experimente an der Runkelrübe ausgeführt wurden, so geschah dies nur, um von den Thatsachen eigene Anschauung zu gewinnen. Auf die Stiele frischer kräftiger Blätter wurden teils in aufrechter, teils in verkehrter Stellung Sprossreiser gesetzt, die, wie in früheren Fällen, den unteren Teilen der Zweige junger Blütenstände entnommen waren. Die Einfügung selbst gms in der Weise vor sich, wie sie für die Wurzel an- gegeben wurde, auch hier zunächst unter Beibehaltung der Lamina. Von den aufrecht eingesetzten Reisern gingen einige zu Grunde, andere entwickelten sich. Niemals aber fand ein eigentlich gedeih- liches Wachstum statt, vielmehr blieben die entstehenden Sprosse stets schwächlich und bedeckten sich dicht mit Blüten. Die grösste Länge erreichte ein solcher Trieb mit nahezu 30 em; alle übrigen blieben kürzer. Die Reiser mit verkehrter Stellung dagegen starben sämtlich rasch ab. — Offenbar bildet die Runkelrübe kein so geeignetes Object für diesen Versuch, wie der von Knight benutzte Weinstock, mit dem ich bisher nicht experimentiert habe. Ausdrücklich sei noch hervorgehoben, dass an den Verwachsungsstellen keinerlei abnorme Ge- schwülste beobachtet wurden. Nach den vorliegenden Angaben unterliegt es keinem Zweifel, dass der Spross, wenn mit seiner Basis aufrecht dem Blattstiel eingefügt, mit diesem verwachsen und eine kräftige Entwickelung er- fahren kann. Ist dies richtig, so folgt daraus, dass sich die Scheitel von Spross und Blatt entsprechen trotz ihrer Verschiedenheit im Wachstum und bei der Regeneration. Dieses Verhältnis ist um so wichtiger, als es die schon früher gefundene Thatsache ergänzt, dass die Basis des Blattes ebenfalls der des Sprosses entspricht, während der Wurzel gegenüber das Umgekehrte der Fall ist. Wir werden später Gelegenheit finden, auf diesen Gegenstand zurückzukommen. Ueber einige Einschlüsse von besonderer Art. Nach der allgemeinen Behandlung der verschiedenen Transplantations-Formen sollen nunmehr noch emige Versuche besprochen werden, die zwar zu den bisher ausgeführten im naher Beziehung 1) Knight, T. A. Account of some experiments on the descent of the sap in trees. Transactions of the Royal Society. April, 1803. — Selection of Knight's Papers. London 1841. p. 101. 19 stehen, jedoch eme eigene Stellung einnehmen und deshalb eine gesonderte Behandlung verdienen. Es sind besonders Transplantationen ins Innere des Pflanzenkörpers, die wir hier im Auge haben. Als einleitender Versuch, der nur in gewissem Sinne hierhergehört, mag folgender betrachtet werden. Aus schon in der Entwickelung vorgeschrittenen Rüben wurden Gewebestücke von etwa 14 mm Tiefe gehoben, sodann parallel zu ihrer hinteren Fläche halbiert und nun die Hälften in natürlicher Stellung wieder m die Oeffnungen gesetzt. Dass unter diesen Verhältnissen leicht und regelmässig das Anwachsen der inneren und äusseren Hälften erfolge, können wir nach unseren früheren Erfahrungen mit Sicherheit erwarten. In der That fügten sie sich ringsum und ohne jede erhebliche Störung wieder ein und verwuchsen ebenso unter einander. Das äussere Stück entwickelte sich der Zunahme des Wurzelumfanges entsprechend, und die äussere Narbe war am Schluss des Versuches wie bei einem normal wieder eingesetzten einfachen Gewebestück. Hier ist ferner eimes Versuches zu gedenken, der bei der Verpflanzung der Gewebestücke in radialer Richtung ausgeführt wurde. In diesem wurde das Stück ebenfalls der Länge nach parallel zur Hinterfläche halbiert, die beiden Hälften aber vertauscht. Ueber die Folgen dieses Experimentes s. S. 37. Anders war das Verhältnis im folgenden Experiment. Nachdem wieder ein Stück der vorhin angegebenen Tiefe ausgehoben und in derselben Weise halbiert war, wurde an die Stelle der inneren Hälfte ein gleich grosses Stück einer anderen Rübe derselben Rasse gesetzt, das aber der Peripherie der Wurzel entnommen war, in voller Thätigkeit begritfenes Cambium führte und dem nur seine Kork- und äusseren Rindenzellenlagen entfernt wurden. Die Frage war: Wie wird sich unter solchen Umständen das Cambium dieses dem Körper fremden Stückes verhalten? Wird es seine Teilung ein- stellen, oder wird es weiter wachsen? Und werden, wenn das letztere der Fall, infolge dessen Zer- störungserscheinungen in seiner Nähe auftreten? Als das Object im Winter untersucht wurde, fand sich im Ueberemstimmung mit unserer früheren Erfahrung, dass der innere Einschluss ringsum an allen Flächen angewachsen, dass er aber, soweit sich sehen liess, im Uebrigen im der Verfassung ge- blieben war, in der er sich zur Zeit der Ausführung der Operation befand (Taf. VII, Fig. 4). Sein Cambium war im Wachstum stehen geblieben; es schien, als habe seine Thätigkeit zunächst noch an solchen Orten, an denen die Berührung mit dem vorderen Stück nicht vollständig war, so lange ge- dauert, als Raum für seine Produkte vorhanden war, um dann aber still zu stehen. Bemerkenswert war dabei, dass es sich in frischem, jugendlichem Zustande erhalten hatte, dass in ihm keme Gefäss- bündel gebildet waren, obwohl ja der Raum dazu vorhanden gewesen wäre. — Die Wiederholung des Versuches lieferte das gleiche Ergebnis. Der eben besprochene Versuch wurde von Neuem angestellt, jedoch mit der Abweichung, dass das innere Stück nicht in normaler, sondern longitudinal verkehrter Stellung eingesetzt wurde. Die drei, auf diese Weise ausgeführten Experimente ergaben ähnliche, jedoch in geringen Punkten ab- weichende Resultate. Gemeinsam war allen, dass das äussere, normal eingefüste Stück ziemlich innie und zwar hauptsächlich auf den radialen Längsseiten anwuchs, dass sich dagegen an der oberen und unteren Fläche mehr oder weniger tiefe, selbst bis an den inneren Einschluss reichende Wunden bil- deten. Von den inneren Stücken war bis zum Winter das eine zu Grunde gegangen, eines mangel- haft, das dritte dagegen etwas besser angewachsen. In diesen beiden Fällen war es — der sonst beobachteten Regel entsprechend — die untere Seite, an der die Verbindung am lückenhaftesten, die obere, an der sie am besten vor sich gegangen war. An den übrigen Seiten hatte sich der Anschluss mit mehr oder minder grossen Unterbrechungen vollzogen. — Im Ganzen betrachtet, verhielt sich also die innere verkehrte Hälfte wie ein Fremdkörper, der sich entweder gar nicht, oder nur mangel- haft einfügte und ausserdem noch das Anwachsen der äusseren, normal gestellten Hälfte erschwerte. S0 Weitere ähnliche Versuche mit abnormaler Stellung des inneren Stückes sollen hier nicht erörtert werden, doch dürften noch folgende Thatsachen der Erwähnung wert sein. Zunächst wurde in eine Höhle von würfelförmiger Gestalt ein dem dünneren Teile einer anderen Wurzel entnommenes, durch zwei Querschnitte begrenztes Stück eingesetzt; dem letzteren wurden sämtliche Seitenwurzeln entfernt, im Uebrigen die Oberfläche unversehrt gelassen (vergl. Taf. IV, Fig. 13). Auch dieser Versuch wurde in Mehrzahl, und zwar teils mit aufrechten, teils mit ver- kehrten Wurzelstücken angestellt. Regelmässig fand auch hier an der oberen und unteren Fläche Verwachsung statt. Am Schluss der Vegetations-Periode hatten die aufrechten Einschlüsse ihren Durchmesser um selbst mehr als 5 mm vergrössert und zwar war das Wachstum, soweit sich sehen liess, ringsum gleichförmig erfolgt. Die verkehrt eingefügten Stücke zeigten teils keine, teils nur geringe Zunahme, waren aber frisch und wohl erhalten. Der die Einschlüsse umgebende Mutter- boden hatte an den Längsseiten Korkschichten erzeugt und liess, besonders in der Umgebung der aufrechten Stücke, keine in die Augen fallenden Störungen erkennen. Der nächste Versuch erhielt folgende Gestalt. Wie in früher beschriebenen Fällen wurde der Rübe wieder ein etwa 15 mm tiefes Stück enthoben, dieses der Länge nach parallel zur Oberfläche halbiert und nun an den Ort der hinteren Hälfte ein Stück aus dem dünnen Teile einer anderen Wurzel, wie im vorigen Experiment, aufrecht eingesetzt, während die äussere Hälfte zum Verschluss diente. Trotz seiner abnormalen Stellung fügte sich der Einschluss auch dieses Mal dem ihm verliehenen Orte ein (Taf. VII, Fig. 7); er wuchs oben und unten, und zwar ziemlich gleichmässig, an und nahm 2—3 mm an Umfang zu. An seiner Oberfläche hatte er bis zum Herbst eine Anzahl kleiner Seiten- wurzeln zur Entwickelung gebracht und war durchaus gesund. Das Gewebe des Mutterbodens, das den Einschluss auf dessen Längsseiten umgab, war teilweise abgestorben (s. die Linie a in Fig. 7). Doch lehrte der Augenschein, dass nicht der durch das Wachstum des Einschlusses ausgeübte Druck die Ursache der Zerstörung sein konnte. Das in Zersetzung übergegangene (Gewebe selbst war hier, wie sonst, durch einen Korkmantel von dem angrenzenden gesunden getrennt. Was das äussere, die Höhle schliessende Stück anlangt, so wuchs dieses bald vollständig und rıngsum an, entwickelte sich dem Mutterboden entsprechend in die Dicke und bildete somit einen völligen Verschluss; bald war seine Verwachsung nicht so regelmässig und fand vorwiegend nur auf den radialen Längsseiten statt. Ob diese mangelhafte Einfügung aber auf der Wirkung des einge- schalteten Wurzel-Cylinders beruhte, konnte nicht entschieden werden, obwohl das Experiment mehr- fach wiederholt wurde. Zum Schluss wurde noch der Versuch gemacht, anstatt der Wurzel- ähnlich gestaltete Stengel- stiicke ins Innere der Rübe einzuschliessen. Diese Stücke wurden jungen kräftigen Sprossen ver- schiedenen Alters entnommen und unter Beobachtung aller Vorsichtsmassregeln eingesetzt. Kein einziger dieser Versuche gelang aber; die Untersuchung der Objeete im Herbst und Winter ergab, dass die Stengelstücke stets zu Grunde gegangen waren, während die die Höhlen nach Aussen ab- schliessenden Wurzelstücke sich ganz oder nahezu vollständig eingefügt hatten. In Anbetracht des Umstandes, dass Stengelstücke, die dem Umfang der Wurzel eingesetzt werden, vortrefflich anwachsen und sich lange halten, muss das Misslingen dieses Experimentes einiges Befremden erregen. Die An- nahme, dass es auf Schwierigkeiten in der Verwachsung des Stengelgewebes mit dem inneren Wurzel- körper beruhe, ist nach allen unseren bisherigen Erfahrungen von der Hand zu weisen. Wohl aber wäre es möglich, dass das Stengelstück die dauernde Verdunkelung nicht ertrüge, und darum, nach- dem es vielleicht erst angewachsen, später abstürbe. Bemühungen, diese Frage zu entscheiden. wurden nicht angestellt. sl Die zuletzt besprochenen Versuche lassen noch mancherlei. vielleicht lohnende Variationen zu, auf deren Ausführung bisher aber verzichtet wurde. Ueber künstliche Höhlen im Inneren des Körpers. Im Zusammenhange mit den künstlich ausgeführten Einschlüssen sollen hier noch einige Versuche mitgeteilt werden, in denen im Innern des Rübenkörpers offene Höhlen hergestellt wurden. Die Ausführung dieser Versuche war sehr einfach. Den Rüben von entsprechender Grösse wurden in gewohnter Weise Stücke enthoben, die auf dem Querschnitt bald quadratische, bald dreieckige Gestalt und eimen radialen Durchmesser von etwa 10—12 mm hatten. Nachdem sie der Länge nach parallel zur Aussenfläche halbiert worden waren, wurden die äusseren Hälften in normaler Stellung wieder an ihren Ort gesetzt, der Raum der inneren dagegen frei gelassen. Die so entstehenden Höhlen hatten der Höhe nach 10—14 mm, in radialer Richtung 6—8 mm Durchmesser. Der Ver- such selbst wurde 7 mal angestellt. In allen Fällen wuchsen die äusseren Hälften ringsum vortrefflich an, bald ganz vollständig, bald mit kleinen Unterbrechungen; auch hielt ihr Wachstum, von den ersten Störungen abgesehen, mit dem des Mutterbodens gleichen Schritt. Im Winter wurden die Rüben auf den Zustand ıhrer Höhlen untersucht. Es fand sich, dass ın keinem Falle eine Zersetzung eingetreten, vielmehr das Gewebe der Wand in auftallend frischem Zu- stande war. Indem wir bezüglich der genaueren Verhältnisse auf den histologischen Abschnitt ver- weisen, sei hier nur bemerkt, dass die Zellen der Wände zum grossen Teil in Sprossung überge- gangen waren, dass sie dadurch ein Anfangs lockeres, später geschlossenes Gewebe hergestellt hatten. durch das der Raum der Höhle verkleinert war. Die Dicke dieser auskleidenden Schicht war un- gleich; an einigen Orten nur einen zarten Ueberzug bildend, hatte sie an anderen einen Durchmesser von 0.5—1,5, ja selbst bis 2 mm erreicht. Der ganze Zustand der Höhlenwand liess keinen Zweifel darüber, dass, wenn die Wachstums- dauer der Rübe hätte genügend verlängert werden können, der ganze Raum sich mit solidem Ge- webe gefüllt haben würde. In dieser künstlichen Höhlenbildung bietet sich somit ein vorzügliches Mittel dar, das Verhalten der Zellen an blossgelesten Wänden zu beobachten. Rückblick auf den ersten Abschnitt und allgemeine Folgerungen. Polarität der Pflanzenteile. Wir wollen nunmehr einen Rückblick auf die im ersten Abschnitt mitgeteilten Thatsachen werfen, und daran emige allgemeine Folgerungen knüpfen. Aus unseren Versuchen mit gleichnamigen Gebilden ergibt sich zunächst, dass man jedes Seiten- glied an der Hauptwurzel sowohl in longitudinaler, als in tangentialer Richtung beliebig verpflanzen kann. Seine Einfügung erfolgt leicht und sicher, vorausgesetzt, dass es am neuen Orte normale Stel- lung erhält. Die an der Wurzel gemachten Erfahrungen wurden sodann auf den Stengel ausge- dehnt, und für diesen die gleichen Verhältnisse festgestellt. Während an der Wurzel die Glieder augenlos sind, besitzen die des Stengels je eine oder mehrere, der individuellen Fortentwickelung fähige Knospen. Die Transplantation gelingt sowohl mit noch undifferenzierten, als mit schon differenzierten Knospen. Ihre weitere Gestaltung aber wird bestimmt teils durch das schon erreichte Entwickelungs - Stadium, teils durch den Ort, den sie bei der Verpflanzung erhalten. Vöchting, Ueber Transplantation, 11 52 Ferner wurde gezeigt, dass man die Lage der Teile einer zerlegten Hauptaxe selbst verändern kann. Was für den radiär gebauten Spross selbstverständlich ist, das gilt auch für die Wurzel mit diarchem Gefüsskörper: man kann die abgetrennte Hälfte mit einer Drehung von 90° wieder eın- setzen, ohne dass die Gestaltung des Ganzen eine Abweichung von der normalen erfährt. Auch die Hälften bilateral gebauter Sprosse lassen sich in gekreuzter Stellung zu gedeihlichem Wachstum verbinden. Wie ganze Glieder, so kann man aber auch blosse Gewebestücke, selbst solche von sehr geringer Grösse verpflanzen; sie fügen sich an jedem beliebigen, ihrem Umfange entsprechenden Orte des Mutter-Organs wieder ein. Es erwies sich dabei als in der Hauptsache gleichgültig. ob die Gewebe- stiicke Cambium führen oder nicht. An fleischigen Körpern liess sich ferner mit solchen Stücken darthun, dass deren erfolgreiche Transplantation auch in radialer Richtung ausführbar ist. Die zuletzt angedeuteten Thatsachen führen uns zu dem von (!. Bernard ') angenommenen Unter- schiede zwischen pflanzlicher und tierischer Transplantation zurück. Sein Satz, dass man am Tier- körper blosse Gewebe oder Gewebselemente, an der Pflanze dagegen specifische, der individuellen Fort- entwickelung fühige Teile verpflanze, ist richtig, bedarf aber einer Ergänzung. Auch an der Pflanze kann man blosse Gewebe - Komplexe transplantieren; in diesem Punkte besteht sonach kein Unter- schied. Der Bau des Körpers des höheren Tieres gestattet aber nicht, specifische Elemente, wie die Knospe, zu verpflanzen, und hierin liegt freilich eine Abweichung. Doch dürfte sich auch diese durch die Untersuchung geeigneter niederer Tiere nur als graduell herausstellen. Aber nieht nur für die Gebilde mit unbegrenztem Wachstum, für Wurzel und Stengel, auch für Glieder mit begrenztem Wachstum und dorsiventralem Bau, wie das Blatt, wurde die Möglichkeit der Ortsveränderung eines Teiles am Mutter-Organ nachgewiesen. Von der Verbindung gleichnamiger Körper wandten wir uns zu der von ungleichnamigen (re- bilden. Es gelang uns zu zeigen, dass man jedes der drei Hauptglieder am Pflanzenkörper mit den beiden anderen verbinden kann, mag ihre Anordnung und Folge mit der in der Natur vorkommen- den übereinstimmen oder nicht. Wir setzten auf die Wurzel nicht nur den Stengel, sondern auch das Blatt: wir pflanzten dem Stengel nicht bloss das Blatt, sondern auch die Wurzel ein, und ver- mochten dem Blatt sowohl den Stengel, als die Wurzel einzufügen. Endlich bauten wir eine ganze Pflanze auf die andere, und beobachteten ein vortreffliches Gedeihen der verbundenen Objecte. Wie mamnigfaltig die Transplantationen aber auch ausgeführt werden mögen, stets behalten die verpflanzten Glieder ihre morphotische Natur bei. Ein Spross bleibt Spross, eine Wurzel bleibt Wurzel, gleichviel, wohin wir sie am Körper setzen. Und was vom ganzen Gliede. das gilt auch von jedem seiner Bestandteile, selbst vom kleinsten Gewebestück. Ja, könnten wir den Ort der einzelnen Zelle verändern, so würde auch sie ihre sämtlichen wesentlichen Eigenschaften bewahren. Wohl lässt sich durch Verpflanzung erreichen, dass das Wachstum eines Gliedes langsamer oder rascher verläuft, dass es schwächer oder stärker wird, dass es in dieser oder jener Gestalt seines Formenkreises auf- tritt: seine innere morphotische Natur erfährt dabei keinen Wechsel. Aus den angeführten Thatsachen geht hervor, dass im Pflanzenkörper kein Organisations-Prineip vorhanden ist, das eine unabänderliche Folge der Hauptglieder bedingt. Die offenbar aus physiologischen Gründen erworbene und gesetz- mässig gewordene Ordnung der Teile vermag der Experimentator zu verändern, die Bausteine am Körper innerhalb weiter Grenzen beliebig zu verschieben, ohne das Gedeihen des Ganzen zu geführ- den. Er vermag Verbindungen herzustellen, die in der Natur unmöglich sind, unter künstlich her- 1) Bernard, Cl. De la Physiologie generale. Paris, 1872. p. 174. — Legons sur les Phenomenes de la Vie etc. Paris, 1878. T. I. p. 360. fo$3) beigeführten Bedingungen aber gelingen, sofern sie nur die Eigenschaften von Ernährungseinheiten haben. d. h. sofern sie nur im Boden ein wasseraufnehmendes, in der Luft em assimilierendes Organ besitzen. Fundamentale Voraussetzung für das Gelingen aller dieser Versuche ist aber, dass die verpflanzten Glieder oder Gewebestücke normale Stellung er- halten. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, dann tritt zwar auch in den meisten Fällen Verwachsung ein, früher oder später aber zeigen sich mehr oder minder bedeutsame Störungen. — Die abnormale Transplantation selbst geschah in unseren Versuchen auf verschiedene Weise: die Teile wurden bald longitudinal, bald radial, bald longitudinal und radial verkehrt oder in anderen abweichenden Stel- lungen eingefügt. Hierdurch hauptsächlich wurde der Grad der eintretenden Störung bestimmt, der sich aber, wie nicht anders zu erwarten, je nach der spezifischen Natur der Objeete verschieden er- wies. Im einfachen Falle offenbarte sich die Störung in eimer Geschwulst, die zwar die Ernährung henmte, sonst aber keine schweren Folgen nach sich zog; im anderen dagegen nahm sie allmählig einen solchen Umfang an, dass die Lebens-Funktionen der betreffenden Teile zum Stillstand gelangten. Bald war das Gedeihen der verbundenen Glieder von Anfang an mangelhaft, bald folgte auf ihr an- fänglich sehr günstiges Gedeihen später sicher der Tod. Was die durch die abnormale Stellung der Teile hervorgerufene Störung in deren Lebens-Funk- tionen anlangt. so wurde festgestellt, dass sie in einzelnen Fällen lediglich anatomischer Natur ist, und sich durch geeignetes Verfahren wenn auch nicht gänzlich, so doch teilweise überwinden lässt. In einem anderen Falle dagegen treten zu den anatomischen offenbar noch Hemmungen besonderer Art, die nicht beseitigt werden können, auch dann nicht, wenn die Verwachsung an den abnormal gerich- teten Flächen in, soweit sich wahrnehmen lässt, vollkommener Weise erfolgt ist. Die Wirkung der Glieder auf einander gleicht hier der einer Vergiftung. Um zu dem äusserlich sichtbaren Verhalten der in abnormaler Stellung eingefügten Teile zurück- zukehren, so gilt dafür die allgemeine Regel, dass sie auf der nach oben gewandten Seite am leich- testen anwachsen, dass sie die stärkste Entwickelung aber in ihren basalen Teilen erfahren. Dem entspricht, dass am Mutterboden die Wulstbildung am stärksten über den Einschlüssen, schwächer und von oben nach unten abnehmend neben deren beiden Längsseiten, am schwächsten oder gar nicht unter deren Unterseite stattfindet. Diese Erscheinungen finden ihre Erklärung in zwei Thatsachen. Erstens wird die Bewegung der von den assimilierenden Teilen der Pflanze nach der Wurzel hinströ- menden plastischen Substanzen an der oberen Schnittfläche im Mutterboden gehemmt. Hier geht daher eine besonders günstige Ernährung der Gewebe vor sich, die sowohl die Wulstbildung, als auch das leichte Anwachsen der Schnittflächen zur Folge hat. Zweitens wird im Einschluss sowohl, als über ihm im Mutterboden je em Wurzelpol gebildet, der in knospenlosen Teilen stets eine bevorzugte Entwiekelung erfährt. Auf diesem Umstande besonders beruht das gesteigerte Wachstum der ba- salen Region der Einschlüsse. Die früher aufgeworfene Frage, ob das gesamte Verhalten abnormal eingefügter Gewebestücke von ihnen selbst oder vom ganzen Organismus aus bestimmt werde, ist nach allem Angeführten im allgemeinen dahin zu beantworten, dass es in erster Linie ihre eigene Struktur ist, von der ihr Wachs- tum und ihr sonstiges Verhalten abhängt, — ein Umstand, der aus der anatomischen Untersuchung noch genauer erhellen wird. Ueberbliekt man die sämtlichen vorgeführten Thatsachen, so ergibt sich ein neuer Beitrag zur Lehre von der Polarität der Pflanzenteile. Zunächst bestätigen sie, und zwar in schlagender Weise, dass jedes Glied und jeder Teil eines Gliedes am Körper in seiner Längsrichtung polar gebaut ist. als 34 Sie lehren aber weiter, dass die einem centrisch gebauten Körper entnommenen Gewebestlicke auch radial polarisiert sind, dass die nach innen und die nach aussen gewandten Seiten der Gewebe einen verschiedenen Bau haben, auch wenn davon äusserlich nichts wahrzunehmen ist. Die Eigenschaften der Gewebe - Komplexe beruhen aber zuletzt auf den der einzelnen Zellen; die Eigenschaften des Ganzen bilden nur die Summe der Eigenschaften der dasselbe zusammensetzenden Elemente, Ganz allgemein kann man daher sagen: Jede lebendige Zelle der Wurzel und des Stengels ist nicht nur in longi- tudinaler, sondern auchin radialer Richtung polar gebaut, sie hatalso ein verschiedenes Oben und Unten, einen Spross- und Wurzelpol. ein verschie- denes Vorn und Hinten, und somit eine rechte und linke Hälfte. Diese beiden sind bei radiären und einfach symmetrischen Körpern offenbar symmetrisch gestaltet: bei bilateralen und assymetrischen Gliedern, mit denen bisher nicht experimentiert wurde, haben sie dagegen wahr- scheinlich verschiedene Struktur. Erwägt man diese Verhältnisse, so lassen sich unsere Erfahrungen über Transplantation und über die Verbindung der Teile des Pflanzenkörpers allgemein in dem Satze zum Ausdruck bringen: Gleichnamige Pole stossen sich ab, ungleichnamige ziehen sich an. Diese Regel gilt, was noch besonders zu betonen ist, nicht nur für Wurzel und Stengel, sondern auch für das Blatt. Nur dann lassen sich seine Teile unter einander und mit der Wurzel und dem Stengel erfolgreich verbinden, wenn die ungleichnamigen Pole in Berührung gebracht werden. Dass u dabei die Pole des Blattes einen ganz anderen Bau haben können und offenbar haben, wurde schon in der Einleitung ausgeführt. Entscheidend ist hier nur der Umstand, dass, wie gezeigt wurde, der Scheitel des Blattes und Blattstückes bei der Verwachsung dem Scheitel des Sprosses und ‘der Basis der Wurzel, die Basis des Blattes der Basis des Sprosses und dem Scheitel der Wurzel entspricht. Der eben für die Verbindung der Pflanzenteile ausgesprochene Satz ist aber derselbe, der für die Anziehung und Abstossung der Magneten gilt. In der That zeigen Wurzel und Stengel trotz aller sonstigen Verschiedenheit auffallende Analogien zu diesen Körpern. Sie verhalten sich ge- wissermassen wie ein eylindrischer Magnet, der aus emzelnen, sowohl in longitudinaler, als ın radialer Richtung magnetisierten Ausschnitten besteht. Einen solchen Körper kann man in Teil- stücke zerlegen, wie den Spross und die Wurzel. Fügt man die ungleichnamigen Pole der Stücke mit glatten Querschnittsflächen wieder aneinander. so erhält man den ganzen Magneten ohne Folge- punkte. Eine zerschnittene Wurzel, ein in Stücke zerlegter Stengel bilden eine der Zahl der Stücke entsprechende Summe polarisierter Einheiten. Verbindet man diese mit ihren ungleichnamigen Polen. so verwachsen sie leicht, und stellen wieder ein normal gestaltetes Ganzes dar. Fügt man dagegen die ungleichnamigen Pole aneinander, so findet zwar meist auch Verwachsung statt, aber es treten an den verbundenen Polen krankhafte Geschwülste oder sonstige Störungen ein, die die Ent- wickelung des Ganzen hemmen und selbst seinen Tod herbeiführen. Während aber am Magneten die sämtlichen Teile gleichartig sind, kann man an der Pflanze auch die morphologisch ungleichen Teile vereinigen. Dann aber gilt auch für diese derselbe Satz. Ein verwachsenes Spross- und Wurzelstück haben einen gemeinschaftlichen Spross- und Wurzelpol. Das- selbe gilt von der Keimpflanze, an der die Vegetations - Punkte die Pole darstellen. Und die weiter entwickelte Pflanze endlich kann man einem Magneten vergleichen, dessen Pole der Länge nach in Teilpole gespalten sind. Wir lassen hier den Faden unserer Betrachtung fallen, und werden ihn erst am Schluss des histo- logischen Abschnittes wieder aufnehmen. Ueber die Wechselbeziehungen zwischen Reis und Grundstock (Symbiose). Wie im historischen Abschnitt dargelegt, ist keine mit der Veredlung zusammenhängende Frage so vielfältig erörtert worden, wie die nach dem Einfluss, den Reis und Grundstock wechselseitig auf einander ausüben. Die nähere Untersuchung lehrt jedoch, dass nicht nur in den thatsächlichen An- gaben Widersprüche und Unsicherheiten herrschen, sondern dass auch über die Begriffe, welche man mit jenem Einfluss verbindet, keineswegs immer die nötige Klarheit vorhanden ist. Da auch hier zur Bildung eines eigenen Urteiles vor Allem eigene Erfahrung gehört, so führte ich während langer Zeit eine nicht unbeträchtliche Anzahl von Versuchen aus, über die zunächst kurz berichtet werden soll. Daran wird sich eine Besprechung der wichtigsten Angaben anderer Autoren, besonders der Züchter reihen, und endlich eine allgemeine Erörterung des ganzen Problems den Schluss bilden. Der Darstellung der Versuche sei die Bemerkung vorausgeschickt, dass es sich in diesem Ab- schnitte um die Verbindung von Teilen handelt, die specifisch verschieden sind und die somit m em Verhältnis treten, das man heute als Symbiose’ bezeichnet. Der Grad der Verschiedenheit unter den verbundenen Teilen kann sehr ungleich sein. Man kann die Rassen oder Varietäten einer Art unter einander, oder mit einer zweiten Art oder deren Rassen oder Varietäten vereinigen. Oder man kann Art mit Art derselben Gattung oder Arten aus verschiedenen Gattungen derselben Familie, oder end- lich selbst Arten aus verschiedenen Familien verbinden. In allen diesen Fällen tritt zwischen den vereimigten Teilen ein Ernährungs-Verhältnis ein, das von dem normalen verschieden ist, ein Umstand, der bei den Versuchen im ersten Abschnitt nicht in Betracht kam. Selbstverständlich werden in den nunmehr auszuführenden Experimenten die transplantierten Teile in normaler Stellung eingesetzt. Die jetzt etwa eimtretenden Störungen beruhen somit auf anderen Ursachen, als die bei zahlreichen Versuchen des ersten Abschnittes wahrgenommenen. Von der Voraussetzung ausgehend, dass bei möglichst geringer Verschiedenheit von Reis und Unterlage sich am wahrschemlichsten bestimmbare Einflüsse zeigen werden, stellte ich einige Expe- rimente mit der Runkelrübe an, die einen überraschenden Verlauf nahmen, und als besonders lehr- reich vorangestellt werden mögen. Verbindung ein- und zweijähriger Pflanzenteile derselben und verwandter Rasse. Unsere Versuche sollen die Frage beantworten, ob und, wenn es der Fall, wie sich Reis und Grundstock beeinflussen, wenn der eine Teil dem einen, der andere dem zweiten Jahrgange der Runkel- rübe angehört. Das erste hierhergehörende Experiment wurde schon früher unter den Verbindungen von Wurzel und Stengel (S. 66) besprochen; es sei hier das für uns Wesentliche in aller Kürze noch einmal hervorgehoben. 6 Junge, erst kürzlich aus Samen gezogene, aber schon gentigend kräftige Pflanzen wurden unter- halb der hypocotylen Glieder quer durchschnitten und nun den Wurzelhälften Reiser eingefligt, die den Blütenständen jetzt im zweiten Jahre befindlicher Pflanzen entstammten (Taf. IIL, Fig. 2). Als Reiser dienten regelmässig kurze, 2—3 vegetative Knospen führende, der unteren Region derjenigen dünnen Sprosse entnommene Zweigstücke, die in ihren oberen Teilen mit Blüten besetzt waren. Ob- wohl diinn, hatten sie doch festen Bau und waren mehr oder weniger verholzt. Sie wurden bald einer Pflanze derselben, bald emem Object verschiedener Rasse entnommen. Nur im letzteren Falle konnte von eigentlicher Symbiose die Rede sein, im ersteren dagegen nicht. Der Erfolg war aber in den beiderlei Versuchen gleich. An den neuen, ihnen verliehenen Orten gestalteten sich die Reiser in eigentümlicher Weise. Aus ihren Knospen gingen kurze, fleischige, dicht mit grossen Laubblättern versehene Sprosse hervor, die in ihrer ganzen Form den schon im ersten Jahre erzeugten verlängerten Kübenköpfen mancher Rassen ähnlich waren (Taf. III, Fig. 1). Auch die Axen der Reiser verdickten sich nachträglich, wenn auch nicht erheblich, doch war der Zuwachs fest und stark verholzt. Das ganze Reis diente jetzt lediglich vegetativen Zwecken ; es erzeugte mit seinen Organen die plastische Substanz, die zu seinem eigenen und zu der Wurzel Wachstum erforderlich war. Obwohl ursprünglich dem Blütenstand angehörend, brachte es doch jetzt keine Blüten mehr hervor. Während sich das Reis in der angedeuteten Weise entwickelte, nahm die Wurzel in dem Maasse der ihr zugeführten Nahrung an Umfang zu. Wie dies geschah, dass es excentrisch und vorwie- gend unter dem Reis erfolgte, wurde oben dargelegt und es sei auf das dort Gesagte verwiesen. Im folgenden Jahre gingen aus den verdickten Gliedern Blütenstände hervor, die, von der Grösse abgesehen, sich in nichts von den gewöhnlichen Blütenständen unterschieden. Gleich diesen starben sie nach der Samenreife ab. Um die Bedeutung der Verpflanzung für das Reis m den eben erörterten Experimenten zu wür- digen, wolle man sich Folgendes vergegenwärtigen. Wäre es im Blütenstande an seinem Orte ver- blieben, so hätte es keine Veränderungen erfahren und wäre im Herbst abgestorben. (Getrennt vom Blütenstande und mit der jungen Wurzel vereinigt, gestaltete es sich zu einem vegetativen Körper und verlängerte seine Lebensdauer um ein Jahr. Die junge Wurzel erschien hier also als der mass- gebende und die Entwickelung des Ganzen bestinmmende Teil. Zur genaueren Feststellung dieses Ver- hältnisses bedarf es aber noch eines weiteren Versuches. Während im Frühjahr einzelne Pflanzen im Gewächshause zu raschem Trieb und zur Bildung der Blütenstände veranlasst wurden, erhielten andere emen kühlen Ort und wurden dadurch in der Entwickelung zurückgehalten. Als die ersteren ein ausreichendes Wachstum erfahren hatten. wurden aus der Region ihrer Blütenstände passende Reiser gewählt und in die im Wachstum gehemmten Rüben gesetzt, nachdem jede derselben durch einen Querschnitt ihres ganzen Stammteiles beraubt war. Die Reiser hatten verschiedene Stärke; bald waren sie nur zart, wie im ersten Versuch, bald kräftiger und den entwickelteren Axenteilen entnommen. Ausnahmsios fügten sie sich den Wurzeln vollständig ein und gestalteten sich zu umfangreichen Spross-Systemen. Ihr Verhalten rechtfertigte meine Er- wartung: sie alle wurden zu Blütenständen; kemes blieb kurz und bildete jene gedrungene, mit grossen Blättern besetzte Form, die den Sprossen des früheren Versuches eigen war. Hier hatten die Blätter lange Stiele und verhältnismässig kleme Flächen, wie in gewöhnlichen Blütenständen (vergl. Taf. III, Fig. 6, die den unteren Teil eines solchen Objectes darsteilt). Auch hier starben die ganzen Pflanzen nach der Fruchtreife ab. Bezüglich der Wurzel ist noch zu betonen, dass sie die Trennung von ihrer Axe, die Operation ST des Querschnittes, ungleich schwieriger erträgt, als die junge im ersten Jahre, und dass der Versuch daher sorgfältiger Ueberwachung bedarf. Unter Anwendung der nötigen Vorsichtsmassregeln gelingen die Experimente jedoch trotz der tiefen Eingriffe in das Leben der alten Rübe unschwer. Von fünf OÖbjeeten, die mit je drei bis vier Reisern versehen waren, versagte keines. Alle Reiser wuchsen an und zeigten sämtlich das gleiche, vorhin angedeutete Verhalten. — Das Absterben der Wurzel beginnt später in der Mitte der Schnittfläche und setzt sich von da aus nach unten und nach der Peripherie fort. Die meist sehr entwickelten Ansatzstellen der Reiser (s. die Figur) bleiben so lange frisch, als noch Nährstoffe in der Wurzel vorhanden sind und gehen erst nach völliger Erschöpfung der letzteren zu Grunde Ringes um das Reis und unterhalb desselben zeigt die Rübe noch Wachstum und bildet einen Wulst, der bis zu beträchtlicher Tiefe hinabläuft. An diesen Orten verdiekt sich also die Wurzel auch noch im zweiten Jahre, während sie sonst ihren Umfang nicht mehr verändert. Vergleicht man den Verlauf der beiden Versuche, so ergiebt sich, dass das dem Blütenstand ent- nommene, jedoch mit undifferenzierten Knospen besetzte Reis eine gänzlich verschiedene Entwickelung erfährt, je nachdem man es auf eine junge oder auf eine einjährige Wurzel pfropft. Auf jener wird es zu einem vegetativen Spross-System, auf dieser zu einem Blütenstand. Hier ist der Einfluss, den das Reis durch die Unterlage erfährt, unleugbar und in die Augen springend. Unsere Experimente lehren, dass die Anschauung Anight's, für die Entwickelung des Reises sei allein seine eigene Be- schaffenheit massgebend, — eine Anschauung, die in noch schärferer Form von van Mons vertreten wurde, — in der ausgesprochenen Allgemeinheit nicht richtig ist. Reis und Grundstock beeinflussen sich stets wechselseitig. doch kann im einen Falle die Wirkung des ersteren auf das letztere, im anderen die des letzteren auf das erstere, überwiegen. In den genannten Versuchen war der Einfluss des Grundstockes entscheidend und zwar können wir ihn, da er den ganzen Entwickelungsgang und die Gestalt des Reises bestimmte, als emen correlativen bezeichnen. Worin aber besteht nun dieser Einfluss der Unterlage? Man wird nicht irren, wenn man ihn mit dem Stoffwechsel in Zusammenhang bringt. Die junge Wurzel zeigt das Bestreben, zu wachsen und Reserve-Stoffe, hauptsächlich Zucker, aufzuspeichern, während die alte nicht mehr wächst, ihr Reserve- Material abgiebt und nach der Entleerung zu Grunde geht. Die junge Wurzel stellt ein Anziehungs-, die alte ein Abstossungs-Öentrum für die plastischen Substanzen dar. Offenbar wirkt die Stoffauf- nahme und -Anziehung der jungen Wurzel auf das Reis als Reiz zur Assimilations-Thätigkeit, die, schwach beginnend, mit der Bildung und dem Wachstum der entsprechenden Organe stetig zunimmt. Erfährt umgekehrt das Reis eme Zufuhr plastischer Stoffe, so wird diese zu fortdauerndem Wachstum Veranlassung geben, das nun zur Bildung der Blütenstände führt. Wie diese Vorgänge sich im Ein- zelnen abspielen mögen, wie im einen Falle die vegetativen, im anderen die Blüten-Sprosse entstehen: darüber Vermutungen anzustellen, dürfte zur Zeit zwecklos erscheinen. Sicher ist nur das Eine, dass die Wechselbeziehung zwischen Reis und Unterlage besteht, eine Thatsache, für die sich die ange- deutete Erklärung als die nächstliegende darbietet. Der oben beschriebene und von Jedermann leicht zu beobachtende Einfluss des Grundstockes auf das Reis ist, soweit mir bekannt, der einzige in seiner Art bis jetzt wahrgenommene. Gewiss werden sich noch weitere ähnliche auffinden lassen. Bevor wir die Folgen der Verbindung junger und alter Teile am Rübenkörper weiter studieren, sei noch darauf hingewiesen, dass der erste der beiden vorhin erörterten Versuche auch eine andere Gestalt erhielt. Unter den Verbindungen von Stengel und Wurzel wurde die eine in der Art aus- geführt, dass man dem Seitenast eines Blütenstandes eine Wurzel einfügte, die beiden Glieder nach der Verwachsung vom Mutterstock trennte und mit der Wurzel in den Boden setzte. Ueber die weitere 58 Gestaltung solcher Verbindungen, das Wachstum der Wurzel und die Bildung rlbenkopfartiger, den vegetativen Funetionen dienender Glieder, wolle man das früher (5. 71) Gesagte und die Figuren 1 auf Taf. IV und 11 auf Taf. III vergleichen. Hier sei aber jenen Angaben noch Folgendes hinzu- gefügt. HBines der Objeete wurde im Winter mit Hülfe der bekannten Methoden auf seinen Zucker- gehalt untersucht. Es fand sich, dass die Hauptwurzel verhältnismässig arm daran war; nur die peripherischen Teile gaben einen reichlichen Niederschlag, während die parenchymatischen Elemente der inneren ‚Region dürftig damit versehen waren oder selbst gar keinen erkennen liessen; — eine Thatsache, mit der iibereinstimmte, dass der Wurzelquerschnitt dem blossen Auge auffallend durch- sichtig erschien. Beichen Zuckergehalt dagegen besassen die kurzen, dieken, rübenkopfartigen Stengel- olieder; am dichtesten erfüllt war auch hier wieder die peripherische Zone, etwas minder, doch immer noch reichlich der innere Teil. Fast gar kein Zucker aber liess sich nachweisen in den diünneren harten Stengelteilen, welche die verdiekten Glieder mit der Wurzel verbanden. Die Zuckerarmut der Hauptwurzel erklärt sich wohl einfach damit, dass das durch Assimilation gewonnene Nährmaterial zunächst auf die Bildung und das Wachstum des vegetativen Körpers und der übrig bleibende Teil erst zu Reserve-Stoffen verwandt wurde. Ein Blick auf den von der Pflanze in der kurzen Wachstum-Periode erreichten Umfang lässt die geringe Menge des in der Wurzel ab- oelagerten Zuckers begreiflich erscheinen. Wir können diese Versuche nicht verlassen, ohne darauf hinzuweisen, dass ihnen ausser der er- wähnten noch eine weitere physiologische Bedeutung zukommt. Diese liest in dem Einblick, den sie uns in die Ursachen der Gestaltung der Pflanze unter normalen Verhältnissen gewähren. Es ist offenbar, dass die Art des Wachstums der Knospen, ihre Entwickelung zu vegetativen oder Blüten- sprossen, weniger von ihnen selbst, als von den Reservestoffe führenden Teilen, besonders der Wurzel, abhängt. Vermutlich ist es allein der Chemismus dieser Organe, auf dem die Verschiedenheit des Wachstums der oberirdischen Teile im ersten und zweiten Jahre beruht. — Zur Lösung ähnlicher Fragen dürfte sich die Transplantation noch öfter verwenden lassen. Damit schreiten wir zur Erörterung einiger anderen Experimente, die zum Zweck der Feststel- lung des Verhaltens alter Gewebe des Rübenkörpers, wenn mit jungen in Verbindung gebracht, aus- geführt wurden. Um die Mitte Juni wurden kräftigen Wurzeln erst kürzlich aus Samen gezogener Pflanzen Ge- webestücke in normaler Stellung eingesetzt, die den Wurzeln vorjähriger. jetzt in der Blütenstand- bildung weit vorgeschrittener Pflanzen entnommen waren. Die Bildung der Höhlen in den jungen Wurzeln, das Einführen der alten Stücke u. s. w., geschah in der gewohnten Weise. — Die Stücke vereinigten sich sämtlich mit ihren Substraten, doch war die Verwachsung, im Ganzen betrachtet, nicht innig. Sie ging am besten und mit den geringsten Unterbrechungen an den Oberseiten, demnächst, jedoch minder günstig, an den radialen Längsseiten, noch weniger an den Unterseiten vor sich und unterblieb meist vollständig auf den hinteren Flächen. Dabei zeigten die Einschlüsse, von kleinen Wulst- bildungen an den Verwachsungsorten abgesehen, keine Umfangszunahme; soweit sich wahrnehmen liess, fand kein Wachstum in radialer Richtung statt; wohl aber war in einzelnen Fällen das Gewebe der Hinterseite, doch nur im unteren Teile, bis zu geringer Tiefe abgestorben. Als solche Stücke im Winter auf ihren Inhalt untersucht wurden, stellte sich die nicht erwartete Thatsache heraus, dass sie reich mit Rohrzucker erfüllt waren; besonders die parenchymatischen Gewebestreifen ergaben bei der Reaction einen dichten Niederschlag. Ein Vergleich mit dem umgebenden jungen Gewebe lehrte, dass der Gehalt desselben an Zucker, wenn überhaupt, dann jedenfalls nur wenig grösser war. als der der Einschlüsse. 5) Da zur Zeit der Operation die alten Rüben schon einen grossen Teil ihrer heserve-Stoffe abge- geben hatten, so lässt sich der Zuckerreichtum der fraglichen Gewebestücke nur dadurch erklären, dass sie aus dem ihnen von den jungen Wurzeln zugeführten Nährmaterial neuen Rohrzucker gebildet haben. Mit dieser Annahme stimmte ihre sonstige Beschaffenheit wohl überein. Ihre Parenchym-Zellen führten reichen Plasma-Inhalt, in diesem schöne Kerne und um die letzteren in emem Falle Gruppen von Chlorophyli-Körpern, — alles Zeichen bester Beschaffenheit. Aber nicht bloss Gewebestücke, auch grössere alte Glieder wurden jungen Rüben emsepflanzt. So erhielt eine solche durch geeignete Rinfügung eine ihres Stammes beraubte, etwa gleich starke alte Wurzel seitlich eingesetzt. Die Verwachsung eing fast auf der ganzen Berührungsfläche vor sich, und der alte Körper erhielt sich bis in die nächste Vegetations-Periode, in der er nur wenig früher abstarb, als die jüngere Wurzel. — Doch muss hierzu bemerkt werden, dass eine solche Rübe, als sie darauf untersucht wurde, keinen so reichen Zuckergehalt aufwies, als ihre jüngere Trägerin, eine Thatsache, die wohl verständlich ist, wenn man bedenkt, dass das assimilierende Blätter-Areal des Complexes doch eigentlich nur einer Wurzel entsprach. Soweit sich feststellen hiess, erfuhr die alte Rübe in diesem Versuch ebenso wenig ein Wachstum, wie die eingepflanzten (rewebestücke im vorigen. Durch die eben mitgeteilten Versuche, sowie durch ein schon früher besprochenes Experiment, in dem emer alten Pflanze eine junge aufgesetzt wurde, ist nachgewiesen, dass man durch die Ueber- tragung alter, d.h. ein Jahr und etwas darüber alter, Teile unserer Pflanze auf junge Individuen die Lebensdauer der ersteren um ein Jahr erhöhen kann. Im einen Falle mag dies nur auf der Ernäh- rung beruhen, die der alte Teil durch den jungen erfährt; im anderen sind daneben sicher noch weitere Einflüsse, Anreize besonderer Art zu erneuter Lebensthätiekeit, die der jugendliche Organismus auf den alten ausübt. im Spiele. Wie wiederholt hervorgehoben wurde, zeigen die transplantierten alten Wurzelteile trotz ihrer guten Ernährung durch die jungen Pflanzen kein Dickenwachstum mehr. Diese Thatsache könnte zu der Annahme führen, sie seien eines solchen überhaupt nicht mehr fähig, — eine Annahme, die aber irrtümlich wäre, wie uns ein Versuch beweist, der schon im ersten Abschnitt hätte erörtert werden können, hier jedoch erst seimen geeienetsten Platz finden dürfte. Früh in der zweiten Hälfte des März wurden den Wurzeln vorjühriger Pflanzen Gewebestücke entnommen und in die unteren Teile der in frischer Entwickelung besriffenen Axen gesetzt (Taf. II. Fig. 12). Die Transplantation geschah an den gleichen Pflanzen und zwar in die erst kürzlich ge- bildeten Stengel. Von den Einsätzen gingen einige, besonders die in verkehrter Stellung eingefügten, zu Grunde; die Mehrzahl aber wuchs an und zeigte nun ein sehr auffallendes Verhalten. Sie be- gannen nämlich einen neuen Entwickelungs-Process, traten über die Stammoberfläche. in die sie beim Beginn der Versuche genau eingepasst waren, allmählig hervor und bildeten schliesslich mehr oder minder grosse, wulstige Körper. Diese hatten keine gleichförmige Gestalt, sondern waren bald in ihrem oberen, bald in ihrem unteren Teile stärker entwickelt; im ersteren, wenn die Stücke verkehrt, im letzteren, wenn sie aufrecht eingesetzt waren. Auch das die Einschlüsse umgebende Stengelgewebe erfuhr ein nachträgliches Wachstum; es wölbte sich bald nur über der oberen Verwachsungsfläche, bald auch auf den beiden Längsseiten vor. In den Figuren 2, 3 u. 4 auf Tafel IV sind drei solcher Fälle dargestellt; Fig. 2 u. 4 mit aufrechtem, Fig. 3 mit verkehrtem Einschluss. Fig. 5 giebt einen Längsschnitt des in Fig. 4, Fig. 6 einen Querschnitt des in Fig. 3 abgebildeten Körpers. Das nachträgliche Wachstum der Wurzelstiicke bietet eine merkwürdige Erscheinung dar. Die- selben Stücke würden, wenn sie an ihrem natürlichen Orte verblieben wären, keinerlei Entwiekelung Vöchting, Ueber Transplantation, 12 30 erfahren haben. In den Stengel verpflanzt, begannen sie ein, und zwar in einzelnen Fällen höchst energisches Wachstum, das selbst zu einer mehrfachen Vergrösserung ihres ursprünglichen Volums führte. Welche Ursachen dieser Erschemung zu Grunde liegen, vermag ich nicht zu sagen. Als bemerkenswert sei noch hervorgehoben, dass zwei solcher Stficke, auf ihren Inhalt untersucht, sich als sehr arm erwiesen, obschon die Zellen noch ganz frisch erschienen. Besonders ist zu betonen, dass sich in dem Gewebe kaum Spuren von Zucker erkennen liessen. Aus diesen Thatsachen geht hervor, dass das Wachstum unserer Wurzel und die Ablagerung des Zuckers in derselben keine notwendig verbundenen, sondern trennbare Vorgänge darstellen, ein Verhältnis, das auch für das Wachstum der Kartoffel-Knolle und ihre Stärkebildung nachgewiesen wurde !). Verbindung annueller und perenner Gewächhse, Der im Vorstehenden erörterte Einfluss junger Pflanzenteile auf ältere, mit ihnen vereinigte. legte die Frage nahe, ob nicht eine ähnliche Wirkung auch von Teilen perenner Pflanzen auf solche mit einjähriger Lebensdauer ausgeübt werden könne. Es schien möglich. ja wahrscheinlich. dass eine dauernde Ernährung der letzteren durch die perennen eine Verlängerung ihrer Lebensdauer zur Folge haben könnte. Von diesem Gedanken ausgehend wurden einige Versuche?) angestellt. Die erste Verbindung fand zwischen dem annuellen Solanum Lycopersieum und dem perennen S. Dulcamara statt; jenes diente als Grundstock, dieses als Reis. Die Verwachsung erfolgte leicht und recelmässig und die Reiser entwickelten sich sehr rasch und kräftig. Sie verzweigten sich mehrfach und die so entstehenden Spross-Systeme erreichten bis zum Schlusse der Vegetations-Periode eine Länge von mehr als einem Meter und waren mit stattlichen Blättern besetzt. Ein so üppiges Wachstum wurde an keinem Sprosse der Objecete beobachtet, denen die Reiser entnommen waren. Beim Beginn des Winters erhielten die Pflanzen, drei an Zahl. ihren Platz im Kalthause. Nach und nach fielen die Blätter ab, nachdem sie zuvor eine auffallend blaue Farbe angenommen hatten. Diese Farbenände- rung kommt zwar auch an den Blättern normaler Pflanzen im Freien vor, erreicht hier aber, soweit meine Beobachtungen reichen, niemals den Grad, der an jenen Objecten wahrgenommen wurde. Die Sprosse derselben hielten sich frisch, bis um die Mitte des Dezember sich an der einen Unterlage Störungen zeigten, die rasch um sich griffen und den Tod des ganzen Körpers nach sich zogen. Nach kurzer Zeit folgte das zweite und im Januar endlich das dritte Objeet. Auch in diesen beiden Fällen singen die Störungen von den Grundstöcken aus. Der ungünstige Verlauf dieses Versuches schreckte von einer Wiederholung nieht ab. Möglicher Weise beruhte das Misslingen darauf, dass in jener Verbindung das Reis, wenn auch perennierend, im Winter in Ruhe überging und daher keine genügenden Reize auf die Unterlage ausübte. Um diesem Mangel auszuweichen, wurden im nächsten Jahre als Grundstöcke wieder Pflanzen von Solanum Lycopersicum, als Reiser aber die immergrünen Sprosse des S. capsicum und Pseudo-capsicum ver- wandt. Nach raschem Verwachsen erfolgte auch hier frisches Gedeihen der Objecte, sodass die Reiser bis zum Winter stattliche Krönchen entwickelten. Allein auch diese Verbindungen hielten sich trotz 1) Vöchting, _H. Ueber die Bildung der Knollen. Bibliotheca botanica. Heft 4. Cassel 1884. S. 45. — 2) Wie ich aus Zindemuth’s Arbeit (Vegetative Bastarderzeugung S. 49) entnehme, sind ähnliche Versuche schon früher ausgeführt worden. Dean und Maule setzten Kartoffeltriebe auf Solanum Lycopersicum. und beobachteten an des letzteren Wurzeln angeblich Knollen. An der eitierten Stelle in „Gardener’s Chronicle* konnte ich diese Angabe jedoch nicht finden. — Richter in Zwickau verband S. nigrum, Pseudo -capsicum und Lycopersicum mit der Kartoffel als Unterlage und erhielt an dieser keine Knollen. Die uns beschäftigende Frage wurde dabei nicht berührt. Shl sorgfältiger Pflege mit Ausnahme eines Objectes nur bis zu Ende November und Anfang Dezember. Um diese Zeit traten an den Unterlagen dicht über dem Boden Störungen ein, die einen raschen Verfall der Pflanzen verursachten. Die nähere Untersuchung lehrte, dass es sich zuerst wohl immer um em Absterben der Wurzeln handelte. Die eine Pflanze, welche besonders kräftig war, hielt sich länger. Gegen Ende Dezember zeigte sie eine auffallende Erscheinung. An der Unterlage, und zwar auf ihrer ganzen Länge über der Erde, bildeten sich Adventiv-Wurzeln, von denen die dem Boden näher stehenden mit Erde bedeckt wurden ; die Hauptaxe war um diese Zeit noch frisch und gesund. Um die Mitte des Januar aber verfärbte sie sich rasch und auch dieses Object ging zu Grunde. Weitere Untersuchungen in derselben Richtung wurden bis jetzt nicht angestellt. Die mitge- teilten Ergebnisse berechtigen nicht zum Festhalten der Annahme, von der wir bei der Anstellung der Experimente ausgingen. Es scheint, als liesse sich die Lebensdauer der Zellen streng einjähriger Gewächse auf dem hier befolgten Wege nur wenig über das normale Maass hinaus verlängern. Doch ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass bei der Wahl anderer, besser geeigneter Objeete das erstrebte Ziel erreicht werde. Verbindung der Geschlechter bei diöeischen Pflanzen. Der nächste Versuch, eine etwa vorhandene, die innere Qualität ändernde Wechselbeziehung zwischen Reis und Unterlage nachzuweisen, wurde mit einer diöcischen Pflanze, Mercurialis annua, angestellt. Der Umstand, dass sowohl bei dieser, als bei anderen ähnlichen Arten an den Stöcken des einen Geschlechtes das Auftreten des anderen, sei es in ganzen Blüten oder nur Teilen derselben. sei es in ganzen Zweigen, gelegentlich beobachtet wird, legte die Vermutung nahe, dass durch die vegetative Verbindung der beiden Geschlechter das Erscheinen solcher Anomalien gefördert werden könne. Von dieser Erwägung ausgehend, vereinigte ich Pflanzen der beiden Geschlechter wechselseitig durch Pfropfune. Es entstanden rasch reichverzweigte Individuen, die nun in ihrer unteren Hälfte das eine, in ihrer oberen das andere Geschlecht trugen. Stets aber hielten sich die beiden Geschlechter gesondert. So aufmerksam auch die bis spät im Herbst sich bildenden neuen Zweige gemustert wurden, nie fand sich an dem Spross-System des einen Geschlechts das andere. Mit diesen Thatsachen stimmt die. gärtnerische Erfahrung überein, dass man durch Pfropfen diöcische Pflanzen zu monöcischen machen kann. Bekannt ist, dass in den botanischen Gärten !) die Verbindung der beiden Geschlechter der Salisburya adiantifolia wiederholt ausgeführt worden ist. So besitzt der Basler botanische Garten eine männliche Pflanze dieser Art, der vor vielen Jahren ein weibliches Reis aufgesetzt wurde, das sich zu eimem stattlichen Zweig-System entwickelte. Beide Teile aber haben ihre Eigenschaften ebenso rein bewahrt, wie die Sprosse unserer Mercurialis-Pflanzen. Und genau dasselbe gilt von einem Individuum der Aueuba japonica, dem ebenfalls das andere Ge- schlecht aufgepfropft wurde. Auch hier fand keine Beeinflussung der bezeichneten Art statt. Die fragliche Pflanze findet sich ebenfalls im Basler Garten. 1) Das Verfahren, bei diöcischen Pfanzen beide Geschlechter durch Propfung auf demselben Stock zu ver- einigen, scheint bei uns zuerst von Perotti empfohlen worden zu sein (Fisiologia delle Piante 1810, p. 141.). Jacquin impfte weibliche Zweige der Ginkgo auf alte männliche Stämme. — Auch macht man auf diese Weise männliche Pflanzen des Muskatnussbaumes zu weiblichen auf Isle de France. (S. Treviranus, L. C. Physiologie der Gewächse. II, p. 648.) -— Vergl. auch Baltet. L’Art de Grefier. p. 217 u. 274, 12* De Verbindung von Pflanzen verschiedener Farben und Formen. Wie im historischen Abschnitt gezeigt wurde, kntipft die neuere Discussion der Wechselbeziehungen zwischen Reis und Unterlage hauptsächlich an die Uebertragbarkeit der „Panachüre* und an die Pfropfhybriden. Indem wir bezüglich der letzteren auf deren besondere Behandlung verweisen, fassen wir hier nur die erstere ins Auge. Ein Teil der weiss- und gelbfleckigen Blätter ist zweifellos als krankhaft zu bezeichnen. Da wir die Ursache dieser Krankheit nicht kennen, so können wir uns auch über die Uebertragung der- selben keine bestimnite Vorstellung bilden, doch macht der ganze Vorgang den Eindruck einer Infeetion. Wie diese stattfindet, muss einstweilen dahingestellt bleiben, doch legen unsere heutigen allgemeinen Vorstellungen die Annahme nahe, dass sie auf einer Wanderung specifischer materieller Teilchen aus dem Reis in die Unterlage beruhe. Eine derartige Vorstellung lässt sich aber auch auf Verhältnisse anwenden, in denen es sich nicht um die Uebertragung von Krankheiten, sondern beliebigen anderen Eigenschaften handelt. Vor Allem wird man dabei an Farben denken, und zwar hauptsächlich an solche, die von Farbstoffen herrühren, welche in der Zellflüssigkeit gelöst sind. Doch ist wohl zu er- wägen, dass nicht die Farbstoffe selbst die Wanderung vollziehen können. Das lebende Plasma ge- stattet bekanntlich ihren Durchgang nicht und es wäre daher nur die Annahme zulässig. dass die chemischen Bedingungen zur Bildung der Farbstoffe wanderten, nicht diese selbst. Man könnte sich denken, dass zwar die Farbstoff-Molekel zu gross sei, um die Plasma-Haut zu durchdringen, nicht aber die der nächsten Bestandteile, aus denen jene sich aufbaut: und dass diese daher die Wanderung vollziehen. Derartige Vorstellungen finden eine Stütze in Beobachtungen Lindemuths’), der auf die jungen Sprosse einer Kartoffel mit grünen Stengeln Reiser einer Rasse setzte, deren Triebe violette Farbe besitzen. Es fand sich, dass nach einiger Zeit der als Unterlage dienende, ursprünglich mattgrüne Spross lebhaft carminrote Farbe angenommen hatte, während die des Reises mehr ins Violette spielte. Ich selbst hatte Gelegenheit, in Bonn, wo ZLindemuth seme Versuche anstellte, ein solches Object zu sehen und mich von der Richtigkeit seiner Angaben zu überzeugen. Von den eben dargelegten Erwägungen ausgehend, stellte ich eine Reihe von Versuchen mit [0% oO verschiedenen Objecten an. Bei den einen betrafen die Unterschiede zwischen Reis und Grundstock lediglich die Farbe, bei den anderen daneben auch die Form, und bei den dritten endlich hauptsäch- lich die letztere. Hinsichtlich der Darstellung sei bemerkt, dass die meisten Versuche oder Versuchs- reihen, die ein verneinendes Ergebnis lieferten, nur kurz erwähnt werden. Versuche mit Coleus-Formen. Es wurden verschiedene charakteristische Formen aus den zahlreichen, in den Gärten cultivierten Rassen durch Pfropfung mit einander verbunden. Reis und Unterlage wichen von einander ab in der Farbe, die verschiedene Töne von rotgelb, grün und violett zeigte: sodann in der Gestalt der Blätter, deren Rand bald mit regelmässigen kleinen, bald mit grösseren Zähnen versehen, bald tief und un- regelmässig zerschlitzt war. Die Blätter der letzteren Gestalt zeichneten sich dabei noch durch eine eigentümliche Nervatur aus. Als Reis und Unterlage dienten die Formen wechselweise; der Grundstock behielt stets unter- Lindemuth, H. Vegetative Bastarderzeugung durch Impfung. Berlin 1873. Sep.-Abdr. S. 51. Taf. XXNT, Fie. 6. 5) y5 halb der Verbindungsstelle einen oder mehrere Sprosse. Die Verwachsung erfolgte leicht, und die verbundenen Objeete wurden bis ins zweite und teilweise selbst bis ins dritte Jahr erhalten. So mannigfaltig die Verbindungen aber auch waren, in keinem Falle fand eine Uebertragung der Farbe vom Reis auf die Unterlage oder umgekehrt statt; und ebenso wenig zeigte sich eine Beein- flussung hinsichtlich der Gestalt und Nervatur der Blätter. Reis und Grundstock behielten ihre ur- sprünglichen Eigenschaften auch im der Verbindung unverändert bei. Versuche mit Tradescantia-Arten und -Rassen. Auf Sprosse der erinen Tradescantia Sellowi wurden Triebe der T. zebrina und quadricolor ve- ] s l g setzt und umgekehrt. Die Reiser erreichten beträchtliche Länge, doch konnte nie ein Farbenübergang von emem Teile in den anderen beobachtet werden. Versuche mit Runkelrüben Besonders geeignet zu unseren Versuchen schienen die Runkelrüben zu sem. Hier haben wir zunächst die drei Hauptgruppen: Salat-, Futter- und Zuckerrüben, deren jede Rassen aufweist, die durch Farbe, Grösse und Form der Wurzel und, wenngleich in geringerem Grade, des Stengels und der Blätter von einander abweichen. Die Verbimdungen fanden sowohl zwischen Gliedern derselben Gruppe, als zwischen denen verschiedener Formenkreise statt. Es dürfte sich empfehlen, die Pfropfungen nach der Farbe, Grösse und Gestalt gesondert zu behandeln. Ueber die Art der Verbindung sei noch hinzugefügt, dass gewöhnlich das Pfropfen in den Spalt gewählt wurde. Es geschah entweder in der in Figur 8, Tafel IV angedeuteten Weise, oder auch > umgekehrt so, dass das Reis den Keil, der Grundstock den Spalt bildete. Der Spalt wurde bald ein- fach durch einen Schnitt hergestellt, wie in Figur 8, bald durch Abtragung einer der Grösse des Keiles entsprechenden Gewebemasse, dergestalt, dass Reis und Unterlage gleich beim Beginn einen Körper von einheitlichem Umriss bildeten. Für das endliche Ergebnis erwies es sich jedoch als belanglos, in welcher Form die Einfügung vorgenommen worden war. Daneben kam auch noch die in Figur 10, Tafel IV gezeichnete Art der Verbindung in Gebrauch. In diesem Falle wurde gewöhnlich nach der Verwachsung der obere Teil der Pflanze, der das Reis seitlich eingesetzt war, entfernt. a. Verbindung von Körpern mit verschiedenen Farben. Das erste hierhergehörende Experiment wurde schon im Jahre 1853 angestellt. Damals verband Dr. A. Maclean') im Colchester die Wurzel der roten Rübe (Red Beet) mit der weissen schlesischen ‚übe (White Silesian Beet), und beobachtete, dass die beiden Körper vollständig verwuchsen, sich aber dabei durchaus unvermischt hielten. Der rote Teil war von dem weissen scharf geschieden (s. dazu die schematische Abbildung). An diese Thatsache knüpft ZLindley Betrachtungen über die In- dividualität der Zelle. Indem wir damit zu unseren eigenen Versuchen übergehen, schicken wir noch eine Bemerkung über die Farbstoffe der Rüben voraus. Dieselben sind bekanntlich sämtlich im Zellsaft gelöst, so verschieden sie auch sein mögen. In Bezug auf die den Farbstoff führenden Elemente beobachtet man, dass es bei allen schwach gefärbten Rassen ausschliesslich die Parenchym-Zellen sind, die ihn besitzen, bald nur die peripherischen, bald, wenngleich schwächer, auch die der mittleren Region, 1) The G@ardener’s Chronicle for 1855. London, 1855, p. 20. Vergl. auch Lindley, J. The Theory and Prac- tice of Hortieulture. II. Ed. London, 1855. p. 343. en OR Pen: WE ne ee 4 während das übrige Gewebe frei davon ist. Anders die tief violett gefärbten Rassen der Salat- und Zierrüben. Hier ist der Zellsaft jedes Parenchym-BElementes des ganzen Querschnittes gleichmässig mit dem Farbstoff gesättigt und allein die verlängerten Zellen der Gefässbtindel besitzen ihn nicht. Was nun die Verbindungen selbst betrifft, so wurden sie ausgeführt zwischen weiss und gelb, weiss und orange, weiss und rot in verschiedenen Tönen und zwischen gelb und hell- und dunkelrot. Die Pfropfung geschah teils unter Wurzeln bezw. Teilen derselben, teils unter Wurzeln und Sprossen. Unter Verzicht auf alle Einzelbesprechung sei über das Ergebnis dieser Versuche ganz allgemein angeführt, dass, von einem emzigen Falle abgesehen, nie ein Farbenübergang vom Reis auf die Unter- lage oder umgekehrt wahrgenommen wurde. Jeder Teil behielt und entwickelte die ihm eigene Farbe weiter. Auch die Bildung von Mischfarben wurde weder in der Verwachsungs-Region, noch entfernt davon beobachtet. Von der Richtigkeit dieser Regel kann man sich durch makro- und mikroskopische Beobachtung leicht überzeugen. Die letztere gewährt ein besonderes Interesse. Man sieht an den Orten innigster Verbindung im Parenchym die beiden verwachsenen Grenzzellenreihen mit verschiedenen Farbstoffen erfüllt, so dass sie wie durch eine Linie von einander geschieden erscheinen. So führten in dem Fig. 5, Taf. XI dargestellten Falle die Zellen zur Linken gelben, die zur Rechten roten Farbstoff. Am schärfsten war dieser Gegensatz in der Verbindung der fast schwarzroten Zierrübe mit einer weissen Futterrübe ; hier sprang die Grenzlinie geradezu in die Augen. Nur die Gefässbündel zeigten keine sichtbare Grenze, da sie, wie erwähnt, keinen Farbstoff besitzen. Bezüglich der Mischfarben ist man gelegentlich Täuschungen ausgesetzt. So wurden die Wurzeln einer gelben und roten Rasse verbunden, deren Farben gemischt orange gegeben hätten. Zu meiner Ueberraschung war in der gelben Rübe in der Nähe der Verwachsungsfläche local ein Zellsaft mit Orangefarbe gebildet und es machte völlig den Eindruck, als sei hier eine Mischfarbe vorhanden. Die erneute Untersuchung des gelben Körpers ergab jedoch, dass derselbe auch an anderen Orten neben der gelben hier und da die Orangefarbe in einzelnen Zellengruppen erzeugte. Offenbar war es eine solche, die den Eindruck der Mischfarbe hervorgerufen hatte. Ausdrücklich sei bemerkt. dass die beiden Farben sich auch an normalen Rüben der gelben Rasse fanden. Noch ein zweiter Fall dürfte der Erwähnung wert sein. Bei der Verbindung von Wurzeln und Sprossen wurde auf die Wurzel einer dunkelroten Salat- der Zweig einer Futterrübe gesetzt. deren Wurzel eine mattrote Farbe aufwies, deren Zweige diesen Farbstoff aber nicht zeigten. Als später das Anfangs grüne Reis einen secundären Dickenzuwachs erfuhr, nahm dieser auffallender Weise eine rote Farbe an und es wurde auch hier die Annahme nahegelest, die letztere beruhe auf einem Ein- fluss der Unterlage. Die Thatsache aber, dass eine ähnliche Rotfärbung sich auch an solchen grünen Zweigen einstellte, die, als Stecklinge benutzt, secundär in die Dicke wuchsen, nahm jener Annahme alle Sicherheit und machte es wahrscheinlicher, dass die Ursache der Färbung des Reises”in diesem selbst ihren Sitz hatte und nicht von aussen herrührte. Wir gelangen damit zu der einen Ausnahme, deren oben erwähnt wurde. Diese bestand darin, dass in der Wurzel einer weissen Futterrübe, der als Reis der Zweig einer roten Rasse aufgesetzt war, der rote Farbstoff der letzteren entstand. Es fand sich derselbe auf beträchtlicher Fläche in dem umfangreichen Wulste, der neben und unter dem Reise gebildet worden war. In diesem Falle konnte weder in der ganzen übrigen Wurzel, noch in anderen, und zwar ungepfropften Rüben der gleichen Rasse der rote Farbstoff nachgewiesen werden. Hier schien es sonach in der That, der Farbstoff ın der Wurzel sei durch den Einfluss des Edelreises entstanden, und es böte somit diese Erscheinung ein Seitenstück zu den Beobachtungen Lindemuth’s. —. Unumstösslich fest steht freilich auch dieser 95 Fall nicht. Die mit einer Farbe versehenen Runkelrüben haben die Neigung, an Wundflächen den Farbstoff besonders reichlich zu bilden, und es lässt sich der Gedanke nicht von der Hand weisen, dass die Rübe in unserem Versuch die rote Farbe im Wundgewebe erzeugt habe, trotzdem ihr derselbe ursprünglich nicht eigen war. Man bedenke, wie nahe verwandt die Rassen der Runkelrübe sind und welche Summe von latenten Eigenschaften in einer etwa durch Kreuzung entstandenen Rasse vor- handen sein mögen, auch wenn diese ganz constant erscheint. b. Verbindung von Körpern verschiedener Grösse. Unsere Erfahrungen in diesem Punkte stützen sich hauptsächlich auf die Verbindung von Formen, deren Grössen sehr weit von emander abweichen. So wurden unter anderen vereinigt eine höchst umfangreiche, lange, weisse Futterrübe und die verhältnismässig kleine dunkelrote Zierrübe. Das übereinstimmende Ergebnis, welches mehrere solcher und zwar reciproker Versuche lieferten, ist m den Figuren 11 und 12 auf Tafel IV zum Ausdruck gebracht. Im ersten Falle (Fig. 11) ist die weisse Form Reis. die rote Unterlage, während im zweiten (Fig. 12) das umgekehrte Verhältnis statt hat: die Objeete waren anfänglich von ungefähr gleicher Grösse. Wie man sieht, erreichte die Ver- bindung den bedeutendsten Umfang, wenn die weisse Form als Reis benutzt wurde: sie blieb dagegen erheblich kleiner. wenn die rote als solches diente. Diese Thatsachen sind wohl verständlich. Die weisse Rübe entwickelt einen grösseren und vielleicht auch energischer arbeitenden Assimilations- Apparat, als die rote Form, ein Umstand, der sich auch in der Verbindung geltend macht, wenn jene als Reis den oberen Teil des Objectes bildet. Die von ihm erzeugte plastische Substanz kommt zwar in erster Linie seinem eigenen Wachstum, sodann aber auch der Unterlage zu Gute. Die letztere erreichte emen Umfang, der an den Wurzeln der im Freien unter den günstigsten Bedingungen > wachsenden Individuen der Rasse niemals beobachtet wurde. Trotz ihres verhältnismässig starken Wachstums aber setzte sie der Entwickelung des weissen Reises dennoch Schranken; der Vergleich lehrte. dass dieses selbst hinter einer schwachen normalen Rübe der eigenen Rasse noch erheblich zurückblieb. — Wird umgekehrt die weisse Form als Unterlage angewandt, so sucht sie zwar auch soviel Nahrung an sich zu raffen, als möglich; aber die ihr vom Reis gelieferte Menge ist nicht hinreichend. um ein normales Wachstum zu unterhalten und die endlich erreichte Grösse bleibt daher immer gering. Den eben beschriebenen ähnliche Verhältnisse wurden noch mehrfach beobachtet, doch schemt die Erörterung derselben nicht notwendig zu sein. c. Verbindung von Rassen mit verschiedener Form. Derartige Verbindungen wurden in beträchtlicher Zahl ausgeführt, aus der wir nur die wichtigeren herausgreifen wollen. Schon im ersten Abschnitt wurde gezeigt, dass, wenn man eine Rübe quer durchschneidet und die beiden Hälften durch Pfropfung wieder verbindet, das Product die Gestalt der unversehrten Wurzel annimmt. Dies geschieht auch dann, wenn bei der Operation aus der Mitte des Körpers ein Stück verloren geht und dadurch Ungleichheiten in der Dieke der beiden Hälften entstehen. — Unsere nun- mehr zu besprechenden Versuche lehren aber, dass auch dann die regelmässige Form erlangt wird, wenn die verbundenen Hälften verschiedenen Rassen angehören, die annähernd gleiche Gestalt und Grösse besitzen, mögen sie sonst noch so sehr von einander abweichen. Als Beispiel diene der in Fig. 1, Taf. V gegebene Fall. In dieser Verbindung stellte eine weisse lange Zuckerrübe das Reis, 36 restaltete rote Wutterrübe die Unterlage dar. Die Pfropfung war in der Fig. 10, eine entsprechend Taf. IV angedeuteten Weise ausgeführt und der obere Teil der Unterlage nach der Verwachsung bis auf ein kurzes Sttick entfernt worden. Charakteristisch an dem Produet ist nun das Zurliekbleiben dieses Restes im Wachstum. Man erhält den Eindruck, als werde er, weil ausserhalb der erstrebten normalen Form liegend, einfach ausgeschieden. Ein ähnliches Objeet giebt Fig. 14 auf Taf. IV wieder, in der aber die Gestalt des Ganzen darum nicht so einheitlich erscheint, weil die beiden mit einander verbundenen langen Formen sich durch etwas verschiedenes Dickenwachstum auszeichnen. ein Umstand. der sich auch in der Verbindung geltend macht. Das letzte Beispiel führt uns zu denjenigen Fällen, in denen Rassen verbunden werden, die in der Gestalt weiter von einander abweichen. Dann gilt als allgemeine Regel, dass jeder Teil in der Verbindung sich nach dem ihm eigenen Wachstumsgesetz entwickelt. unbekimmert um die Gesamt- form, welche erreicht wird. A priori könnte man geneigt sein, einen überwiegenden Einfluss des assimilierenden Teiles anzunehmen; die Thatsachen beweisen aber, dass eine solche Präponderanz nicht vorhanden ist und dass die Unterlage das ihr zugeführte Nährmaterial in ihrer eigenen speecifischen Art zum Wachstum verwertet. Einige Beispiele mögen das Gesagte erläutern. Eine grosse gelbe runde Form wurde als Reis einer langen weissen Riübe aufgesetzt. Der ur- sprünglich schmal keilförmig zugespitzte obere Teil rundete sich allmählig ab, während der untere seine lange Form beibehielt, abgesehen von dem Teile, der durch den Keil des heises auseinander getrieben wurde. Eine ähnliche, aber umgekehrte Verbindung stellt Fig. 2 Taf. V dar. Hier wurde einer grossen, runden, roten eine lange, weisse Futterrübe aufgepfropft. Die letztere hat auf der einen Seite eine kräftige Seitenwurzel gebildet, die, wenn eine längere Dauer des Versuches möglich gewesen wäre, wahrscheinlich einen grossen Teil der Nahrung aus dem Reise an sich gezogen haben würde. Dem vorigen sehr ähnlich ist der in Fie. 15 Taf. IV wiedergegebene Fall. Hier war eine lange weisse Futterrübe als Reis mit einer klemen runden, roten Salatrübe als Unterlage verbunden. Diese erfuhr offenbar in Folge der guten Ernährung em abnormes Wachstum, jedoch ganz in der ihrer Rasse eigenen Art. An den bisher besprochenen Objecten zeigte sich an der Verbindungsstelle von Reis und Unter- lage keine oder nur geringe Störung, ein Umstand, der auf grosse innere Harmonie der verbundenen Körper hinweist. Diese Uebereinstimmung ist aber nicht immer vorhanden. wie die folgenden Bei- spiele lehren. Der Wurzel einer gelben runden Form war seitlich (vergl. Fig. 10, Taf. IV) das Reis emer sehr lang wachsenden roten und sich Sförmig krümmenden eingefügt und die Verwachsung regelmässig und auf der ganzen Fläche vor sich gegangen. Der rothe Seitenast suchte hier aber sein gehemmtes Längenwachstum dadurch zu befriedigen, dass er sich in seinem unteren ursprünglich zugespitzten Teile auf der einen Seite stark entwickelte und wulstförmig über die Unterlage vortrat (Taf. V, Fig. 7). Das in Fig. 4 auf Taf. V abgebildete Objeet ist aus der Verbindung einer schwach wachsenden langen dunkelroten Salatrübe als Unterlage und einer starkwüchsigen weissen Futterrübe als Reis hervorgegangen. Die erstere, obwohl kräftig wachsend, vermochte der Ausdehnung des Reises nicht zu folgen und der Wurzelteil des letzteren trat unregelmässig wulstig, nicht sich gleichförmig ab- rundend, vor; em Umstand, der auf innere Disharmonie zwischen den beiden Formen hindenutet. Indem wir auf die Erörterung weiterer hierher gehöriger Beispiele verzichten, wollen wir noch einige andere Verbindungen besprechen. 97 Besonders lehrreich sind solche Fälle, in denen Wurzelteile der emen Rasse seitlich in die Rüben einer anderen eingesetzt wurden. So führt die Wurzel einer gelben runden Rasse seitlich unten die ihres Stengels beraubte Wurzel einer langen grossen roten Form. Trotzdem der runden Rübe ihr Spitzenteil gelassen war, erfuhr dennoch der rote Einsatz ein beträchtliches Wachstum und zwar unter Beibehaltung seiner normalen Gestalt (Taf. V, Fig. 6). Ein zweiter Fall ist m Fig. 5, Taf. V abgebildet. Hier war einer langen roten Form eine gelbe runde eingefügt. Das obere Ende der letzteren, bei der Operation schmal keilförmig zugespitzt, ent- wickelte sich auffallender Weise zu einer fast runden Gestalt und bot so ein eigentümliches Bild dar. Besonders sei noch darauf hingewiesen, dass der gelbe Körper dem roten ganz seitlich eingesetzt worden war. Der letzte Versuch liess noch eine weitere Verfolgung zu. In jenem gehörte das keilförmig zu- sespitzte Ende dem zur Zeit der Operation schon etwas verdickten oberen Teile der Wurzel an. Was wird geschehen, wenn wir nur den unter dem letzteren gelegenen dünnen Teil zuspitzen und einführen ? Bleibt dieser dünn oder zeigt er Neigung, an semem basalen Ende die kugelförmige Verdickung hervorzubringen? Die Ausführung des in dieser Frage angedeuteten Versuchs geschah in der Art, dass der auf kurzer Strecke längsgespaltenen Rübe der roten Form der dünne Teil der gelben Wurzel vermittelst schief keilförmig zugespitzten Endes eingesetzt wurde. Nachdem die Verwachsung erfolgt, stellte sich em, was erwartet war: der basale Teil der Wurzel verdickte sich beträchtlich und zeigte somit, dass das dünne Wurzelende bestrebt war, sich zu einem Organ von normaler Gestalt zu er- gänzen (Taf. IV, Fig. 18). Ein zweiter derartiger Versuch lieferte genau das gleiche Ergebnis. Die eben angeführten Thatsachen sind nicht ohne Bedeutung. Sie lehren uns, dass wir mit Hülfe der Transplantation im Stande sind, m einem Körper oder in seinen Teilen Eigenschaften nach- zuweisen, die unter normalen Verhältnissen nicht zur Erschemung gelangen, wohl aber in ihm schlum- mern. Dasselbe zeigt noch em weiterer Versuch, mit dem wir die Reihe beschliessen wollen. In eime grosse, weisse, lange Futterrübe wurde ein schmaler Ausschnitt aus einer dunkelroten, vorwiegend in die Dieke wachsenden Salatrübe und umgekehrt in den Körper der letzteren ein Aus- schnitt aus der weissen Futterrübe eingesetzt. Die Wurzeln beider Formen waren zur Zeit der Ope- ration von etwa gleicher Dieke. Figur 9 auf Tafel IV deutet die Art an, in der die Einfügung der Ausschnitte geschah. Im Einklang mit den Erfahrungen, über die oben berichtet wurde, stellte sich hier heraus, dass das der langen eingefügte Stück der runden Rübe beträchtlich in die Dicke wuchs und sich abrundete (Taf. IV, Fig. 20), dazu der Querschnitt (Taf. IV, Fig. 21). Anders das weisse Stück in der runden Rübe. Zwar nahm auch dieses der Dicke nach zu, aber nicht in dem Maasse, wie jenes, so dass seine Gestalt verlängert blieb (Taf. IV, Fig. 19). Am meisten entwickelte es sich in seinem unteren Teile, eine Erscheinung, die mit früher gemachten Beobachtungen über- einstimmt. Aus den vorgeführten Thatsachen folgt, dass nicht nur jeder grössere Teil, sondern selbst jede Gewebeinsel ihre specifischen Eigenschaften in der Verbindung erhält. Ihre Entwickelung, ihr ganzes Wachstum erfolgen nach dem der Rasse eigenen Gesetz, und sie bewahrt ihre Eigentümlichkeiten, mag sie auch im dem Complex an Masse noch so sehr zurücktreten. Wie die Wurzeln unserer Runkelrüben-Rassen, so lassen sich auch andere fleischige Pflanzenteile, z. B. Früchte, leicht verbinden. Derartige Versuche führte Gaillard') mit den Früchten verschiedener Kürbis-Formen aus, die bekanntlich grosse Abweichungen im Gestalt, Grösse und Farbe aufweisen. 1) Carriere, E. A. Greffes des Cucurbitacdes. Revue horticole. Paris, 1875. p. 14. Vöchting, Ueber Transplantation. 13 95 Er vereinigte sowohl ganze Frtchte, als deren Teile mit einander und beobachtete, dass jede Form auch in der Verbindung ihre speeifische Natur vollkommen bewährte. Drei seiner, 1874 in Paris ausgestellten Objecte sind in dem Berichte Carriere's in Abbildungen wiedergegeben, deren eine, be- sonders lehrreiche, Taf. V, Fig. 16 in etwas verkleinertem Maasse nachgebildet ist. Der ersten Frucht, einer Coloquinte „ä fruits jaunes“ ist der Stiel einer zweiten, der Coloquinte „Poire verte* eingefügt und an die Stelle des Scheitels der letzteren endlich der einer dritten Form, einer Coloquinte „a fruits blanes“ gesetzt. Die verschiedenen Teile sind vortrefflich verwachsen und das Ganze bietet ein überraschendes Bild dar. Ueber die sonstigen Verbindungen wolle man das Original vergleichen. Versuche zur Herstellung von Pfropfhybriden. Die Ergebnisse der sämtlichen, im Vorstehenden mitgeteilten Experimente sind der Annahme des Vorhandenseins von Pfropfbastarden nicht günstig. Zur Bildung eines sicheren Urteils schien es mir jedoch erforderlich, eine Reihe von besonderen Versuchen mit den Objeeten anzustellen, die bisher hauptsächlich verwandt wurden und auf die sich die Anhänger der Lehre von den Pfropfhybriden stützen. Meine ersten Bemühungen waren auf die Bildung des Cytisus Adami in der von Adam geschil- derten Weise gerichtet. Da keiner meiner Versuche bis jetzt ein bejahendes Resultat geliefert hat. sie selbst aber noch fortgesetzt werden, so darf füglich auf eine Einzelbeschreibung verzichtet werden. Zweitens wurde versucht, jene eigentümlichen vegetativen Mischlinge zu erhalten, die durch die Verbindung der Zwiebeln zweier verschiedenfarbiger Hyaeinthen schon im vorigen Jahrhundert ') ge- wonnen sein sollen. Aber auch in diesem Falle waren meine Bestrebungen erfolglos. Die Versuche ergaben wohl verwachsene Zwiebeln und selbst verwachsene Blütenstände, jedoch keine Blüten von gemischter Farbe. Nunmehr griff ich zur Kartoffel, dem Object, das in neuerer Zeit fast ausschliesslich Verwen- dung fand. Die Versuche wurden in folgender Weise ausgeführt. Als Reiser und Unterlagen dienten nur ausgesprochene Formen, denen nach sonstigen, damit ausgeführten Culturen eine grosse Constanz eigen ist und deren Verschiedenheiten sich auf Form und Farbe beziehen. Es waren die Rassen: „Caillou blanc“, weiss, abgeplattet oval; „red-skinned flower-ball“, rot, rund; „Quarantaine violette*, violett, lang; und die „Tannenzapfen-Kartoffel*, rot, lang mit tief liegenden Augen, der ganze Körper von besonders charakteristischer Gestalt. Diese Formen wurden wechselweise bald als Grundstock. bald als Reis benutzt. Das Pfropfen fand nicht an den Knollen, sondern an den jungen Sprossen statt. Nachdem die in Erde gelegten Knollen kräftige, bewurzelte Triebe gebildet hatten, wurden diese mit ihren Wurzeln von dem Mutter- Organ getrennt, in eigene Töpfe gepflanzt und nach dem Anwachsen in geringer Höhe über der Erde mit den Reisern versehen. Sobald die Verwachsung erfolgt war und die Ver- zweigung der Reiser begann, wurden die Objecte in einen Mistbeetkasten verpflanzt. Diese Ausfüh- rung des Versuches gestattete eine fortwährende Ueberwachung der beiden Teile. Alle an den Unter- lagen entstehenden grünen Sprosse wurden bei ihrem Erscheinen zerstört, sodass als assimilierendes Organ in jeder Verbindung nur das Reis mit seinen Zweigen thätig war. 1) Des Jaeintes, de leur Anatomie, Reproduction et Culture. Amsterdam, 1768. p. 124. Vergl. Darwin, Ch. The Variation of Animals and Plants ete. 2. Ed. p. 419. — Zu dem Citat Darwin’s sei bemerkt, dass der Ver- fasser des Buches „Des Jacintes“ die fragliche Angabe nach der Mitteilung eines der „Chambellans du feu Empe- reur“ macht, der das Experiment alle Jahre für den Kaiser selbst ausgeführt gesehen haben will. Dem Verfasser des Buches gelang es nicht und ebensowenig einem Liebhaber, der den Versuch wiederholte, solche Blüten mit Mischfarbe hervorzubringen. 99 Die Pflanzen blieben an ihrem Orte bis zum Absterben des Laubes im Herbste. Bei der Been- digung der Versuche fand sich, dass die an den Unterlagen erzeugten, wohl ausgebildeten Knollen die speeifischen Eigenschaften ihrer Mutterpflanzen in allen Punkten bewahrt hatten; Mischknollen wurden nicht beobachtet, weder der Form noch der Farbe nach. Dieses, die Beobachtungen Lindemuth’s') und Anderer bestätigende Ergebnis stimmt mit allen Erfahrungen überein, die wir früher gewonnen und oben mitgeteilt haben. Unsere sämtlichen Ver- suche widersprechen der Annahme von Pfropfhybriden. — Und im Eimklang mit unseren Ergebnissen stehen ferner die älteren, von Soulange-Bodin, Fourguet u. A. wiederholten Untersuchungen 7'schoudiy's ?), der auf Kartoffel-Unterlagen Reiser des Solanum Lycopersicum setzte und oben eine Liebesapfel-, unten eine Kartoffel-Ernte erhielt®). Von einer ihre specifische Natur verändernden Wirkung der beiden Teile aufeinander wird dabei nichts berichtet. Hierher gehören ferner die neueren Beobach- tungen Strasburger’s*), in dessen Versuchen Kartoffel-Stecklinge mit Reisern von Datura Stramonium, Physalis Alkekengi und anderen Arten versehen wurden. Diese Verbindungen gediehen vorzüglich und ergaben eine reiche Ernte von Knollen, deren Mehrzahl bedeutenden Umfang erreicht hatte. Die Knollen waren teilweise von normaler, teilweise aber auch von abnormaler Gestalt. Strasburger ist geneigt, diese Missbildungen auf den Einfluss der Reiser zurückzuführen, und zwar denkt er sie sich durch besondere Stoffe verursacht, die vom Reis an die Unterlage abgegeben wurden. So konnten in den von Datura ernährten Kartoffel-Knollen Spuren von Atropin nachgewiesen werden, die möglicher Weise jene Missbildungen hervorgerufen hatten. Wäre diese Ansicht richtig, dann läge hier eine Form von Vergiftung vor; von einer Veränderung der specifischen Natur des Grundstockes durch das Reis könnte selbstverständlich, was auch Strasburger betont, nicht die Rede sein. Dass manche der Angaben über Pfropfbastarde auf Irrtümern beruhen, ist nach den Beobach- tungen Lindemuth’s ausser Zweifel. Jedenfalls ist zu bedenken, dass nach dem Urteile von Kennern ersten Ranges, wie Vilmorin und Nobbe, keine Kartoffelrasse streng beständig ist, weder in der Form, noch in der Farbe. — Die weitere Untersuchung wird zunächst allgemein festzustellen haben, wie gefleckte Knollen entstehen. Vielleicht sind sie viel häufiger, als man annimmt. So machte ich in der Nähe von Tübingen eine Beobachtung, deren Mitteilung am Platze sein dürfte. Man baut bier häufig eine Rasse mit blauen Knollen, daneben eine solche mit weissen. Als ich dem Ausgraben der Knollen auf dem Felde gelegentlich zusah, fiel mir auf, dass unter der überwiegenden Anzahl blauer Knollen nicht selten weissgefleckte vorkamen. Auf meine Erkundigung wurde mir gesagt, dass diese Erscheinung häufig sei und dass die einfarbigen und gefleckten Formen an demselben Stock entständen. Unwillkürlich drängt sich die Frage auf, ob nicht bei emigen der beschriebenen Pfropf- versuche variable Rassen verwertet worden seien. Betrachtet man die Sache vom allgemeinen Standpunkte aus und fasst alles ms Auge, was bisher über den Gegenstand gearbeitet worden ist, so gelangt man zu dem Schluss, dass entweder auf vege- tativem Wege erzeugte Bastarde gar nicht vorkommen — und dies ist das Wahrscheinlichere —, oder dass sie nur auf eine ganz geringe Zahl von Pflanzen beschränkt sind, eine Annahme, der schwer- wiegende Bedenken im Wege stehen. Indem wir auf die weitere Ausführung einstweilen verzichten, erwähnen wir hier nur noch zweier Angaben, die, wenn sie richtig sind, Beachtung verdienen und zu weiterer Anknüpfung Handhabe bieten. 1) S. die Einleitung, S. 23. — 2) Vergl. die Einleitung S. 18. — 3) Mit diesen richtigen Angaben steht die Mitteilung Richter’s an Lindemuth (S. 90 Anmerkung) in Widerspruch. — 4) Strasburger, E. Ueber Verwachsung und deren Folgen. Berichte der deutschen botanischen Gesellschaft. Bd. II, Berlin 1885. S. XXXIV f. 1a | an 100 M. Masters’) zeigte in der Gartenbau-Gesellschaft in London eine Photographie, die eine aus der Verbindung von Helianthus tuberosus mit H. annuus als Unterlage entstandene Pflanze darstellte. Die Wurzeln des Grundstockes der letzteren wiesen knollige Bildungen auf, wie man sie unter nor- malen Verhältnissen an ihnen nicht wahrnimmt. Das Experiment selbst war von Maule in Bristol ausgeführt worden. Dieser Versuch wurde von Carriere?), einem sehr vorsichtigen Beobachter, wiederholt. Das Reis des Helianthus tuberosus nahm riesigen Umfang an. An den Wurzeln der Unterlage entstanden zwei Anschwellungen, die knospenlos, von schwarzer Farbe und rissiger Oberfläche waren und im Ganzen gewissen Dahlia- Knollen glichen. Dicht daneben entsprangen andere Formen, die mehr an die To- pinambur erinnerten. Dieser Versuch bedarf weiterer Wiederholung und Verfolgung, die ich mir selbst angelegen sein lassen werde. Helianthus tuberosus führt bekanntlich?) Inulin, H. annuus dagegen nicht. Es wäre möglich, dass der erstere, wenn als Reis auf den letzteren gesetzt, diesen zur Aufnahme des Inulins und zur Bildung eigener Behälter für dasselbe veranlasste. Oder sollten jene Knollen einen anderen Inhalt geführt haben, als Inulin? Beiläufig sei hier erwähnt, dass es gelang *), unter künstlichen Bedingungen an den Wurzeln des H. tuberosus zur Inulin-Speicherung dienende Anschwellungen her- vorzurufen, wie sie dort sonst nicht vorkommen, und ferner auch die Ablagerung des Inulins im Stengel zu bewirken. In beiden Fällen wird für den Reserve-Stoff ein eigenes Gewebe gebildet, das die grösste Aehnlichkeit mit dem der Knolle hat, unter normalen Verhältnissen aber an den genannten Orten nicht auftritt. Ueber disharmonische Verbindungen Stehen Reis und Unterlage im richtigen verwandtschaftlichen Verlältnis, so findet die Vereini- gung in der Art statt, dass weder an der Verwachsungsstelle noch sonstwo sichtbare Störungen auf- treten. Anders, wenn die innere Verwandtschaft fehlt oder doch nur unvollkommen vorhanden ist. Dann geht entweder gar keine Verwachsung vor sich, oder sie tritt ein, nachher aber zeigen sich mehr oder minder eingreifende Störungen, die bald rascher, bald langsamer den Tod der vereinigten Teile herbeiführen. Verbindungen der ersteren Art kann man als harmonische, solche der letz- teren als disharmonische bezeichnen. Worin das Wesen der die Harmonie bedingenden inneren Verwandtschaft besteht, ist unbe- kannt. Für ihr Verständnis von grosser Wichtigkeit ist die Thatsache, dass sie im Allgemeinen der systematischen Verwandtschaft parallel geht. Je näher zwei Formen im natürlichen System stehen. um so grösser ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich vegetativ verbinden lassen. Doch gibt es mancherlei Ausnahmen von dieser Regel. Als Beispiel sei hier nur des bekannten Falles erwähnt. dass die Rassen des Birnbaumes sich mit dem derselben Gattung angehörenden und nahe verwandten Apfelbaume nur schwer vereinigen lassen, während die meisten auf der Quitte vortrefflich gedeihen, obschon diese einer verschiedenen Gattung entstammt. Bei völliger Disharmonie geht das Reis gewöhnlich rasch zu Grunde, während der Grundstock meistens erhalten bleibt. Zuweilen stirbt aber auch der von der Operation getroffene Teil des letz- teren ab, doch wurde nicht verfolgt, ob dieser Umstand, — wie es wahrscheinlich oft der Fall ist. — auf einem vergiftenden Einflusse des Reises beruht. Von ungleich grösserem Interesse sind die 1) The Gardener’s Chronicle. 1876. p. 624. — 2) Carriere, E. A. De linfluence du Greffon sur le Sujet et vice versa. Revue horticole. Paris, 1878. p. 80. — 3) Prantl, K. Das Inulin. München, 1870. S. 42. — 4) Vöch- ting, H. Ueber die Bildung der Knollen. Cassel 1887. S. 52 u. 53. 101 Verbindungen, in denen die Disharmonie der Symbionten nicht so gross ist, dass sich diese von vorn- herein völlig abweisen, in denen sie aber auch nicht genügt, um eine günstige Veremigung der beiden Teile zu ermöglichen. Dann erfolgt je nach dem Grade der Disharmonie zunächst eine mehr oder minder innige Verwachsung, später aber treten Störungen ein, die in verschiedener Weise zum Aus- druck gelangen. Bei krautigen Pflanzen zeigen sich diese Störungen gewöhnlich darin, dass an der Basis des Reises, über der Verwachsungs-Zone, Wurzeln entstehen, die in trockener Luft die Form kleiner Hügel behalten, in feuchter Luft dagegen hervorsprossen (Taf. V, Fig. 14). Gelegentlich wachsen sie auch in die Unterlage hinab, eine Erscheinung, die man besonders bei fleischigen Pflanzen leicht beob- achten kann. — An holzigen Gewächsen bildet sich bei mangelhafter Harmonie über der Verbindungs- stelle ein Wulst, der manchmal bedeutenden Umfang erreicht (Taf. VI, Fig. 19), und früher oder später den Untergang des Körpers nach sich zieht. Den Wulst selbst kann man als eine unterdrückte Wurzelbildung betrachten, eine Anschauung, die dadurch bestätigt wird, dass er, wenn man ihn mit Erde bedeckt, entweder schon ohne alle Verletzungen oder nach Anbringung kleiner Verwundungen leicht Wurzeln erzeugt '). Die Wurzelbildung des Reises aber bedeutet nichts Anderes, als sein Streben, sich zu einem selbständigen Individuum abzurunden. Nur dann offenbart sich dieses Streben, wenn die mangelhafte Harmonie dem oberen Symbionten nicht gestattet, sich mit dem unteren zu einer geschlossenen Lebens- einheit zu gestalten. Von harmonischen Verbindungen haben wir in unserer Arbeit eine beträchtliche Anzahl vorge- führt; völlig disharmonische kann man leicht beobachten, wenn man systematisch entfernte Formen, wie Arten aus verschiedenen Familien, durch Pfropfen vereinigt. Die Erschemungen, die eine Reihe soleher Versuche darbot, waren jedoch derart, dass sie nach dem schon Gesagten keiner näheren Be- sprechung bedürfen. Wohl aber scheint ein Fall, in dem die Disharmonie sich erst längere Zeit nach der Pfropfung äusserte, der Erörterung wert zu sein. Sprosse der Rhipsalis paradoxa wurden auf junge Samenpflanzen der Opuntia Labouretiana ge- setzt, und zwar durch Pfropfen in den Spalt. Dem äusseren Verhalten der Objekte nach ging die Verwachsung vor sich; beide Symbionten blieben geraume Zeit frisch. Dann aber traten Störungen ein, die sich an den einzelnen Pflanzen in verschiedener Weise äusserten. Im ersten Versuch schrumpfte das Reis langsam ein, und ihm folgte bald das Glied der Unter- lage, dem es eingepflanzt war. Im zweiten Falle verhielt sich das Reis wie im ersten, der Grundstock dagegen blieb länger er- halten, wurde aber missfarbig und zeigte in beträchtlicher Entfernung von der Einfügungsstelle eine auffallende Erscheinung. Es platzte nämlich die Epidermis, und aus dem Riss quoll eine Gallert, die sich auf dem Spross ausbreitete und zu einer festen Masse von weisslicher Farbe erhärtete. Die Untersuchung dieser Gallert lehrte, dass sie aus verflüssigter Zellen-Substanz bestand, aus gequollenen Häuten, Plasma-Resten und ausserordentlichen Mengen von Drusen oxalsauren Kalkes. — Später ver- fiel das Glied, bevor es jedoch gänzlich abgestorben war, wurde es einer näheren Untersuchung unter- worfen. Diese ergab, dass an verschiedenen Orten ganze Gewebemassen verflüssigt waren ; sie zeigte ferner, dass der Desorganisations-Prozess von den Schleimgängen ausging, die unserer und noch einer Reihe anderer Opuntia-Arten eigen sind). Die normal kleinen Gänge, die an einzelnen Gefässbündeln den Ort der Baststränge einnehmen, vergrössern sich bedeutend durch Aufquellen der sie umgebenden 1) Diese Thatsache wird schon von Duhamel beschrieben und abgebildet. S. La Physique des Arbres. Paris, 1768. T. II. p. 108, 109. Pl. 14, Fig. 137. — 2) Schleiden, M. J. Beiträge zur Anatomie der Cacteen. Mem. de l’Ac. imp. d. sc. de St. Petersbourg. VI. Ser. T. IV. p. 29. Taf. VII, Fig. 4. 102 Zellen. Dabei verändert sich der Inhalt des Ganzen: unter normalen Verhältnissen durchsichtig, er- hält er jetzt weissliche Farbe und wird substanzreicher. Am besten zeigt sich der Unterschied beim Durchschneiden eines gesunden und des kranken Gliedes. Jenes zeigt auf dem Querschnitt an den Orten der Gänge kleine, durchsichtige Tropfen, dieses dagegen grössere weissliche Gallertmassen, die zuweilen zu wurmartigen Gebilden erhärten. Von den Gängen aus hatte sich der Verflüissigungs-Prozess an einzelnen Stellen auf grosse Gewebe-Partieen fortgesetzt; ja es zeigte sich, dass selbst der Mutter- spross dieses Gliedes in Mitleidenschaft gezogen war. Als das letztere durch einen Schnitt von seinem Träger getrennt wurde, quollen aus dessen Schleimgängen die beschriebenen weisslichen Massen her- vor. Doch waren dies die einzigen Störungen, welche dieser Spross bis jetzt erkennen liess. - Wichtig war, dass das Reis an seiner Basis Wurzeln gebildet hatte, die in das weiche Gewebe der Unterlage eingedrungen waren und bis zu 48 mm Länge erreicht hatten. Sie waren sämtlich schon abgestorben, und es hatte sie das Gewebe der Opuntia ihrer ganzen Länge nach mit Kork-ÖCylindern umgeben. — Reis und Grundstock waren auf kurzer Strecke verwachsen, doch liess sich nicht genau mehr feststellen, wie weit sich die @ewebe vereinigt hatten. Das dritte Object zeigte folgende Verhältnisse. Wieder blieb das Reis lange Zeit unverändert; nach etwa °/s Jahren aber nahm es eine ungesunde Farbe an, und ebenso verriet die Unterlage störende innere Vorgänge. Als die Untersuchung vorgenommen wurde, fand sich, dass vom Reis, wie im vorigen Falle, Wurzeln erzeugt waren. Ein Büschel derselben hatte horizontale Richtung eimgeschlagen, das ganze innere Gewebe durchwuchert, weiterhin das subepidermale Gewebe und die Epidermis durchbohrt und ragte nunmehr in die Luft hinaus. Andere waren tief, bis zu 60 mm, ab- wärts gewachsen. Da, wo ihre jungen Spitzen in das Gewebe der Unterlage eindrangen, ging dieses rasch zu Grunde; um die verletzten Zellen herum aber entstand bald Kork, sodass die Wurzel bis zu geringer Entfernung vom Scheitel mit emem Korkrohr umgeben war. Wie im zweiten Falle war auch hier wieder das Gewebe des Opuntia-Sprosses an verschiedenen Orten verflüssigt, an einem in solchem Umfange, dass ein Austritt der Gallert durch die Oberhaut stattgefunden hatte. — Besonderes Interesse gewährte die Thatsache, dass Reis und Unterlage in diesem Falle innig verwachsen waren. Das parenchymatische Gewebe der Grenzzone, dessen Vereinigung sehr vollständig war, das die Grenze selbst aber noch genau erkennen liess, wurde von wohlausgebildeten Gefässsträngen durchzogen. Dass trotz dieser Verwachsung die beiden Symbionten in durchaus disharmonischem Verhältnis standen, ging nicht nur aus den schon beschriebenen Störungen und der Wurzelbildung am Reis, sondern auch daraus hervor, dass der basale Teil des Rhipsalis - Sprosses mit einer ungewöhnlich grossen Masse oxalsauren Kalkes angefüllt war. Krystalle desselben Salzes fanden sich ferner abnorm zahlreich in den Wurzeln des Reises und ebenso im Gewebe der Unterlage. Die Anhäufung des Salzes an den genannten Orten deutet offenbar auf die tiefen Störungen hin, die der Stoffwechsel der beiden Sym- bionten erfahren hatte. Am vierten Object (Taf. V, Fig. 19) bildete das Reis zwei kurze Sprosse. Der Grundstock ist jetzt, nach ungefähr 20 Monaten, missfarbig, fast durchsichtig und verrät dadurch deutlich die Ver- änderungen in seinen Geweben; an einer Stelle (bei g) ist die Gallert an die Oberfläche getreten. Er ist durchzogen von den Wurzeln des Reises, deren längste in etwa 110 mm Entfernung von der Einfügungsstelle die Epidermis durchbrochen hat. Andere sind unter der Oberkaut hingewachsen, ohne sie aber durchbohrt zu haben. An diesen Orten ist die Haut selbst abgehoben und zu Grunde gegangen. Da das Object noch erhalten werden sollte, so können wir über die Verwachsung der beiden Symbionten nichts mitteilen. Bemerkt sei nur noch, dass die Unterlage neben der Ansatzstelle des Reises einen Spross erzeugte, der aber alsbald abstarb. 105 Die eben mitgeteilten Thatsachen dürften sich am besten in folgender Weise deuten lassen. Die auf der stofflichen Zusammensetzung beruhende Disharmonie der beiden Symbionten und die hierdurch bedingte Abstossung ihrer Gewebe ist so gering, dass deren völlige Verwachsung erfolgen kann. Hat diese stattgefunden, dann treten aber kleine Störungen im Stoffwechsel ein, die sich nun allmählig steigern und langsam, aber sicher zum Untergang des Objectes führen. Die Erfahrungen der Obstbaumzüchtenr Hier angelangt, wollen wir die Erfahrungen einer näheren Betrachtung unterwerfen, die sich im Laufe der letzten Jahrhunderte in der Baumzucht entwickelt haben. Wenn wir dabei die der Obst- baumzucht angehörenden in den Vordergrund stellen, so geschieht dies erstens darum, weil sie weitaus die wichtigsten sind, ja eine der Grundlagen dieses Cultur-Zweiges bilden; zweitens deshalb, weil sie ein Gememgut geworden und damit die sichersten sind. Da bei vielen Männern der Wissenschaft aus Mangel an Vertrautheit mit diesen Dingen unzulängliche und darum oft ungünstige Vorstellungen darüber verbreitet sind, so soll ihrer näheren Besprechung eine kurze allgemeine Betrachtung voraus- gesandt werden. Der heutige Gartenbau in unserer gemässigten Region stellt der Obstbaumzucht eine Reihe wich- tiger Aufgaben, die hauptsächlich durch das Klima, sodann durch räumliche und ästhetische Gründe. und endlich durch Sparsamkeitsrücksichten bestimmt werden. Das Klima vor allen gestattet uns nicht, die Bäume der feineren, besonders der den südlicheren Gegenden entstammenden, Obstsorten ihrem natür- lichen Wuchse zu überlassen ; wir sind gezwungen, sie an nach Süden oder Westen gerichteten Wänden zu ziehen. Daneben hat man andere Formen, teils halbhohe, wie die Pyramide, die Kesselform, den Halbstamm, teils ganz niedrige, wie das Seil-(Cordon-)Bäumchen, eingeführt. Den widerstandsfähigeren Rassen dagegen giebt man, wenn nicht räumliche Verhältnisse im Wege stehen, die Baumform, man bildet nach der Sprache der Züchter Hochstämme. Die sämtlichen niedrigen Formen aber stehen mit dem natürlichen Wuchse des Baumes nicht in Einklang, er widerstrebt der ihm angethanen Gewalt. Aufgabe der Züchtung nun war und ist es, Mittel zu ersinnen, den Baum gewissermaassen zu zähmen und ihren Zwecken dienstbar zu machen. Die ersten Mittel, zu denen man greift, sind der Schnitt der Zweige und die Richtung, die man ihnen verleiht. Wie sich daraus im Laufe der letzten Jahrhunderte eigene, teilweise vollendete Methoden entwickelten, habe ich an anderem Orte zu zeigen versucht !). Aber Schnitt und Leitung des Baumes allein genügen noch nicht. Sind seiner Natur eine rasche Entwickelung und ein kräftiges Emporstreben eigen, dann erschöpft starkes und öfteres Schneiden sein Wachstum, ohne erhöhte Fruchtbarkeit zu erzielen und führt seinen vorzeitigen Tod herbei. Um diesen Uebelständen abzuhelfen und die sogenannte Wachstums-Energie des Baumes herabzusetzen, verfällt der Züchter auf ein eigentümliches Mittel: man pfropft ihn auf einen Grundstock verwandter Art oder Varietät, der ein geringeres Wachstum besitzt, als er selbst; man setzt den Baum mit Vor- liebe auf eine Unterlage von strauchartigem Wuchs. Auf dieser büsst er nichts von seinen specifischen Eigenschaften ein, wohl aber wird sein vegetatives Wachstum herabgesetzt und er dadurch zur Bil- dung der verschiedenen niedrigen Formen geeigneter. Beschränkung des vegetativen Wachstums aber führt zu gesteigerter geschlechtlicher Thätigkeit, und so erreicht man durch die Verbindung des Baumes mit emem schwächeren Grundstock auch noch den weiteren Zweck, ihn früh und reichlich fruchtbar zu machen. 1) Vöchting, H. Ueber Organbildung im Pflanzenreich. II. Teil. Bonn, 1874. S. 137 ff. 104 Dass das zur Baumgestalt emporstrebende Reis auf der strauchigen Unterlage seine normale Ge- stalt nicht erreichen kann, liegt auf der Hand. Eine grosse Krone wird getragen und ernährt von einem entsprechend entwickelten Wurzel-System im Boden; zwischen beiden Teilen besteht eine strenge Symmetrie’). Der strauchige Grundstock aber vermag einen dem Baume entsprechenden Wurzelkörper nicht hervorzubringen. Nach den Erfahrungen zwar, die wir an den Verbindungen von verschieden stark wachsenden Runkelrüben gemacht haben, unterliegt es keinem Zweifel, dass eine Wurzel durch ein Reis zu stärkerer Entwickelung angeregt werden kann, als sie ihm normal eigen ist. Nie aber wird diese über ein gewisses, durch die Natur der Species oder Rasse bedingtes Maass hinausgehen und niemals wird das Wurzel-System eines Strauches sich zu dem eines Baumes gestalten. Das Wachs- tum des letzteren auf strauchiger Unterlage wird also unter allen Umständen beschränkt werden ?). Allerdings bedeutet das ganze Verfahren für den Baum eine Störung seiner physiologischen Funk- tionen, die, weil ohne Unterbrechung fortgesetzt, seine Lebensdauer bedeutend beschränkt. Dessen ist sich der Züchter wohl bewusst, aber dem grossen, ihm erwachsenden Gewinn gegenüber sieht er über diesen Nachteil hinweg. Gestatten dagegen die klimatischen und sonstigen Verhältnisse, den Baum seinem natürlichen Wachstum zu überlassen, dann giebt man ihm eine Unterlage von entsprechend starkem, baumartigem Wuchs, die nun in dem „Sämling“, d. h. der aus dem Samen einer Rasse der gleichen Art gezogenen Pflanze, oder dem „Wildling“, d. i. einem Stämmchen der wilden Urform, geboten wird. Indem man aber die verschiedenen Formen mit der strauchigen Unterlage verbindet, erkennt man gar bald, dass der Erfolg ein sehr wechselnder ist. Die einzelnen Rassen einer Obstbaumart unter- scheiden sich nicht nur in der Frucht, sondern in allen übrigen Eigenschaften, besonders der Wuchs zeigt weitgehende Verschiedenheiten. Nicht minder offenbaren sich diese inneren Unterschiede gegen- über der strauchigen Unterlage. Während die einen Formen vortrefflich auf ihr gedeihen, sagt sie den anderen gar nicht zu, und zwischen diesen äussersten Fällen finden sich alle Uebergangsstufen. Man hat daher sorgfältig zu prüfen, was sich für die eine oder die andere Unterlage eignet, was der einen oder der anderen Aufgabe entspricht. — Worauf es beruht, dass selbst so nahe verwandte Formen ein ungleiches Verhalten zu demselben Grundstock zeigen, lässt sich zur Zeit nicht angeben; man sagt, sie haben verschiedene vegetative Verwandtschaft, Affinität zu einander und denkt dabei an analoge Verhältnisse, wie sie im geschlechtlichen Leben beobachtet werden. Von besonderer Bedeutung aber ist die schon früher hervorgehobene und erläuterte Thatsache, dass ungenügende Verwandtschaft zwischen Reis und Grundstock sich äusserlich in derselben Weise offenbart, die wir bei abnormer Verpflanzung der Teile eines Körpers gewahrten: es entsteht an der Verwachsungsstelle ein Wulst, der nach dem Grade der vorhandenen Abneigung einen mehr oder min- der grossen Umfang erlangt. Die Erscheinung ist seit alter Zeit bekannt°). In der Praxis erklärte man sich früher und erklärt man sich oft auch noch heute diese Wülste durch die Annahme, dass die Säfte an der Uebergangsstelle vom Reis zur Unterlage eine Stauung erführen und dadurch das abnorme Wachstum hervorriefen. Dass es sich in Wirklichkeit dabei um ganz andere Dinge handelt, braucht kaum gesagt zu werden. Wie das Verfahren, den Baum mit einem strauchartisen Grundstock zu verbinden, sich allmählig 1) Das Nähere findet der Leser in meiner vorhin genannten Arbeit. S. 97#. — 2) Es ist zu bedauern, dass keine Maasse über das Wachstum eines Baumes auf verschiedenen Unterlagen vorliegen. So häufig auch der Ein- fluss der letzteren beschrieben worden ist, findet sich von Messungen auch nicht eine Andeutung. Um diesen Män- seln abzuhelfen, habe ich eine Reihe von Culturen eingeleitet, über die bei späterem Anlass berichtet werden soll. — 3) Duhamel du Monceau. La Physique des Arbres. T. II. p. 108. 105 entwickelte, wie es als Rest der zahlreichen tastenden, teilweise abenteuerlichen Versuche der Alten in die neuere gärtnerische Praxis überging, wurde in der Einleitung ausgeführt. Dem dort Gesagten sei hier noch nachgetragen, dass schon de la Qwintinye') bei einer Reihe von Obst-Rassen genau angiebt, für welche Unterlage sie sich besonders eignen. In dem grossen pomologischen Werke Duhamel's?) ist die Sache soweit durchgeführt, dass der Beschreibung jeder Birnen-Rasse deren Verhältnis zu den Grundstöcken beigefügt wird. Aehnlich ist es m Diel’s Werke?). Ganz systematisch verfahren die Züchter der neuesten Zeit und zwar hauptsächlich in Frankreich, dem eigentlichen Heimatlande der Obstbaukunde, Jede neue Form wird sorgfältig auf ihre Beziehung zu den verschiedenen Unterlagen geprüft und danach als zu dieser oder jener Baumform passend erklärt. Um sich hiervon zu über- zeugen, werfe man einen Blick auf die litterarischen Auszüge und Bemerkungen, die Deeaisne *) seinen Beschreibungen der Obst-Rassen folgen lässt, oder noch besser, man nehme das grosse Werk Leroy's ?) zur Hand, eine der bedeutendsten pomologischen Darstellungen unseres Jahrhunderts. Betrachtet man das beim ersten Anblick etwas seltsam erscheinende Verfahren vom Standpunkte des Physiologen aus, so gewinnt es ein fesselndes Interesse. Man denke sich einmal, jene Kunstgriffe wären nicht bekannt und der Züchter stellte dem Physiologen die Aufgabe, ein Mittel zu finden, um eine ganze Seite pflanzlicher Thätigkeit, das vegetative Leben, ohne grobe Eingriffe dauernd herab- zusetzen und dafür die geschlechtlichen Funetionen zu steigern: schwerlich würde Jemand auf den Einfall kommen, das Problem durch Symbiose lösen zu wollen. — Dies aber hat die Züchtung gethan. Sie verband den emporstrebenden Baum mit einem Symbionten von niedrigem, strauchartigem Wuchs und erreichte dadurch ihr Ziel. Dass sie dabei ursprünglich unbewusst verfuhr und dass sie sich des neuen Mittels planmässig erst dann bediente, als sie es schon gefunden hatte, thut dem Werte der Erfindung keinen Abbruch. Und so gebührt der neueren Baumzucht der Ruhm, ein für die Wissen- schaft und für die Praxis hochbedeutsames Problem in ebenso einfacher, wie zweckmässiger Weise gelöst zu haben. Der eben gegebenen allgemeinen Erörterung lassen wir nunmehr ein paar erläuternde Bei- spiele folgen. a. Der Birnbaum. Als Unterlagen dienen 1) der Wildling, d. i. der wilde Stamm aus dem Walde; 2) der Sämling, d. h. die aus dem Samen einer zahmen Rasse gezogene Pflanze; 3) die Quitte; 4) jedoch seltener, der Weissdorn. Bei den Verbindungen der ersten und zweiten Art stehen Reis und Unterlage zu einander in dem systematischen Verhältnis von Urform und Cultur-Rasse oder von zwei Rassen derselben Art; bei der dritten und vierten Verbindung dagegen in dem von Arten verschiedener Gattungen. Auf den beiden ersten Unterlagen gedeihen, soweit mir bekannt, ausnahmslos alle Rassen. Das verwandtschaftliche Verhältnis ist derartig, dass an der Verbindungsstelle keine oder doch nur geringe, den Stoffwechsel nicht hemmende, Störungen entstehen. Der Wildling wird heute wenig, in manchen Baumschulen sogar gar nicht benutzt. Nach den übereinstimmenden Angaben der älteren Züchter liefert er in Verbindung mit dem Reis einer kräftigen Cultur-Rasse den widerstandsfähigsten, um- fangreichsten und das höchste Alter erreichenden Baum. — Die gleichen Eigenschaften, jedoch in etwas geringerem Grade entwickelt, zeigt der Sämling, der in allen Fällen angewandt wird, in denen 1) de la Qwintinye. Tnstruction pour les Jardins fruitiers et potagers. Paris, 1690. T.I. p. 277 #. T. I. p. 258. — 2) Duhamel du Monceau, Traite des Arbres fruitiers. Paris, 1768. T. I. p. 119. (Grosse Ausgabe). — 3) Diel, A. F. A. Versuch einer systematischen. Beschreibung der in Deutschland vorhandenen Kernobstsorten. Frankfurt, 1799 u. ff. — 4) Decaisne, J. Le Jardin fruitier du Museum. Paris, 1858. — 5) Leroy, Andre. Dietion- naire de Pomologie. Paris, 1867, 1869 u. ff. Vöchting, Ueber Transplantation. 14 106 es sich um die Herstellung von Hochstämmen und grossen Pyramiden handelt. Auch liefert er häufig die Unterlagen zu halbhohen Baumformen dann, wenn den mit ihm zu vereinigenden Rassen selbst ein schwacher Wuchs eigen ist. Der Sämling hat bei ungehinderter Entwickelung die Neigung, ein bedeutendes, der Baumgestalt entsprechendes Wurzel - System zu bilden. Das ihm aufgesetzte Reis äussert ein kräftiges vegetatives Wachstum ; seine Laubsprosse sind lang und stark. Die Bildung der Blütensprosse unterbleibt in der ersten, verhältnismässig langen Periode; sie tritt frühestens im sechsten Jahre, meist aber später, nach 9—12 Jahren, nicht selten noch später ein. Dem kräftigen Wuchs entspricht die Lebensdauer, der Baum erreicht ein hohes Alter. Wie erwähnt, treten an der Veredlungsstelle selten, und dann wohl nur auf individuellen Ver- hältnissen beruhende, innere, sich in Wulstbildung offenbarende Störungen auf. Wohl aber kommt es häufig vor, dass dem Reis und dem Grundstock ein ungleiches Diekenwachstum eigen ist, ein Um- stand, der sich in dem verschiedenen Durchmesser des Stammes ober- und unterhalb der Vereinigungs- zone geltend macht !). Die Unterschiede sind in der Regel nicht gross, jedoch deutlich sichtbar. In den bedeutenden Obst- Öulturen in der Nähe Tübingens gewahrt man die Erscheinung sehr häufig, und zwar hat meist die Unterlage, gelegentlich aber auch das Reis den grösseren Durchmesser. Ein ganz anderes Verhalten zeigt der Birnbaum in Verbindung mit der Quitte. Bei freier Ent- faltung nimmt diese die Form eines grösseren Strauches an; ihr Wurzel-System ist reich verzweigt. te] doch erreichen selbst dessen kräftigste Glieder immer nur mässigen Umfang. Wird das Birnenreis auf die Quitte als Unterlage gesetzt, so erfährt es eine erheblich geringere Entwickelung, als in der Verbindung mit dem Sämling ; seine Laubsprosse bleiben kürzer und schwächer. Dafür aber stellt sich frühzeitig Fruchtbarkeit en; schon mit dem vierten Jahre, häufig noch früher, beginnt die Blüten- und Fruchtbildung, die im Laufe der nächsten Jahre beständig wächst. Reis und Unterlage zeigen meist, und zwar zu Gunsten des ersteren, beträchtliche Unterschiede im Diekenwachstum. Sehr häufig bildet das Reis über der Verbindungs - Zone einen Wulst, der in einzelnen Fällen ausserordentliche Grösse erreicht (Taf. VI, Fig. 19) ?). Dem geschwächten Wachstum entspricht eine zartere Constitu- tion; der Baum ist Krankheiten leichter ausgesetzt, als dann, wenn er mit dem Sämling verbunden wird. Damit in Zusammenhang steht aber wieder die frühe Erschöpfung, der er verfällt; der Baum erreicht niemals ein hohes Alter. Die eben aufgezählten Eigenschaften machen die auf Quitten veredelten Bäume zu allen Formen geeignet, die nur geringen Umfang haben sollen, so zu Spalieren, kleineren Pyramiden und ähnlichen Gestalten, zu den „Cordon“- und besonders zu den Topfbäumcehen. Man kann getrost behaupten, dass alle diese niedrigen, in hohem Maasse fruchtbaren Baumformen in unseren Gärten gar nicht vorhanden sein würden, wenn man nicht eine Unterlage, wie die Quitte besässe, Von hoher Bedeutung ist dabei, dass sich die grosse Mehrzahl unserer Birnenrassen mit der Quitte vereinigen lässt. Nur eine verhältnismässig kleine Anzahl gedeiht mit diesem Symbionten nicht. Nach Hardy?) gehören hierher „le beurre Napoleon“, „le beurre Dumortier‘, „la bergamotte Sil- vange* u.a. Zwischen den äussersten Fällen des vorzüglichen und des schlechten Gedeihens zeigen die zahlreichen Rassen jedoch alle möglichen Abstufungen, ein Umstand, der sich unter anderem hauptsäch- lich in der mehr oder minder entwickelten Wulstbildung an der Veredlungsstelle offenbart. 1) Aehnliche Verhältnisse kommen auch sonst häufig vor, zuweilen in ungleich ausgesprochenerer Weise. Vergl darüber die früher genannten Arbeiten von Turpin, Memoire sur la Greffe ete., und Göppert, Ueber innere Vor- gänge bei dem Veredeln u.s.w. Beiden Abhandlungen sind gute Abbildungen über unseren Gegenstand beigefügt. — 2) Das in der Figur dargestellte überaus lehrreiche Object verdanke ich der Güte des Hermm Oekonomierates Goethe in Geisenheim. Die hier in Verbindung mit der Quitte stehende Birnenform ist „Anna Audusson®. — 3) Hardy, J. A. Traite de la Taille ete. p. 326. 107 Um nun auch für solche Formen, die auf der Quitte selbst nicht gedeihen, diese als Unterlage zu verwerten, wendet man gelegentlich den Kunstgriff des sogenannten Doppelpfropfens an, d. h. man setzt zunächst auf die Quitte das Reis einer Rasse, die sich leicht mit ihr vereinigt, und pflanzt dann diesem Reise, nachdem es zur Entwickelung gelangt ist, den Spross der der Quitte nicht zusagenden Form ein. Das Wachstum der letzteren wird nunmehr indirect durch den Grundstock bestimmt. Die vierte Unterlage für die Birne ist der Weissdorn, eme Pflanze, die ebenfalls zu den Strauch- formen zählt. Die von dieser Art auf das Wachstum des Birnenreises ausgeübten Hemmungen sind noch grösser, als die, welche es in der Verbindung mit der Quitte erfährt. Die Fruchtbarkeit tritt dem entsprechend noch schneller em, aber die Störungen steigern sich meist rasch zu solcher Höhe, dass der Baum frühzeitig zu Grunde geht. Man wendet daher den Weissdorn als Unterlage im Ganzen selten an. b. Der Apfelbaum. Auch bei diesem zweiten unserer wichtigsten Obstbäume sind mehrere Unterlagen im Gebrauch: der wilde Apfelbaum, der Sämling, der Splittapfel und der Johannis- oder Paradiesapfel. Die sämtlichen Unterlagen gehören mit dem Apfelbaum derselben Gattung an. Der Johannisapfel, Malus paradisiaca, bildet einen kaum mannshohen Strauch mit vielverzweigtem Wurzel- System, dessen Hauptelieder nur geringe Stärke erlangen, aber reich mit feinen Faser- wurzeln besetzt sind. Einen höheren Strauch stellt der Splittapfel, M. mitis, dar, dessen Wurzeln auch grösseren Umfang erreichen und weniger mit zarten Seitenwurzeln versehen sind, als die der vorigen Form. Der Wildlings und der Sämling endlich erheben sich zu Bäumen; die Zweige des ersteren sind stets mit Dornen besetzt, die des letzteren gewöhnlich nur in der Jugend oder auch gar nicht. Das Wurzel-System entspricht der Krone und besitzt ein Gerüst von starken Hauptgliedern. Aus den angedeuteten Wuchsverhältnissen der vier Formen ergiebt sich ihre Anwendung in der Baumzucht. Wie beim Birnbaum dienen Wildling und Sämling zur Herstellung der Hochstämme, der Splittapfel zur Bildung der mittelhohen, der Johannisstamm zu der der niedrigen Bäume und der eigentlichen Zwergformen. Der Einfluss, den die verschiedenen Grundstöcke auf das Wachstum der Reiser äussern, gleicht so vollständig dem bei der Birne beobachteten, dass wir auf die nähere Be- schreibung verzichten dürfen. Bemerkt sei nur, dass verschiedenen Angaben nach die auf Johannis- Unterlage gepfropften Stämme ein Alter von 15—25, die mit Wildling und Sämling verbundenen da- gegen ein solches von 200 Jahren und noch mehr erreichen '). Zwischen beiden, jedoch mehr zu dem ersteren neigend, stehen die auf den Splittapfel gesetzten Stämme. Wie beim Apfel- und Birnbaum, so wendet man auch bei unseren übrigen Obsthäumen verschie- dene Unterlagen an. Für den Pfirsichbaum dient der Sämling, der Pflaumen- und der Mandelbaum ; für den Aprikosenbaum der Sämling und ebenfalls der Pflaumen- und Mandelstamm. Ebenso haben der Kirschen - und der Pflaumenbaum ihre verschiedenen Grundstöcke. In allen Fällen wiederholt sich dieselbe Regel: will man niedrige, früh fruchtbare Stämme haben, so pfropft man auf strauch- artige Unterlage; sind dagegen hohe und starke Bäume erforderlich, so wird auch der entsprechende Grundstock gegeben. Soviel über die allgememen Erfahrungen der Züchter, die sich in einer mehr als zweihundert Jahre alten Praxis bewährt haben, und die eine der Grundlagen unserer Obstbaumzucht bilden. So wahrscheinlich es ist, dass die sorgfältige Untersuchung eines Physiologen die Beobachtungen der Züchter in manchen Punkten ergänzen und bereichern wird, in der Hauptsache dürfen wir sie jeden- falls als abgeschlossen betrachten. Aufgabe der Wissenschaft wird sein, die merkwürdigen Vorgänge, 1) Thowin, A. Monographie des Greffes. p. 10. 14 * 108 welche sich bei diesen Symbionten vollziehen, näher aufzuhellen, und soweit als möglich zu erklären. In der eben gegebenen Darstellung der Erfahrungen der Züchter sind nur die Punkte berührt, in denen vollkommene Uebereinstimmung herrscht, und von deren Richtigkeit sich Jeder leicht über- zeugen kann. Wir fügen nunmehr noch einige teils ergänzende, teils erweiternde Angaben hinzu, die von den besten Gewährsmännern herrühren, und in deren Sicherheit daher kein Zweifel zu setzen ist. Wie die Tracht des Edelreises, so wird auch der Geschmack, die Grösse und der Inhalt seiner Früchte von dem Grundstock beeinflusst, und zwar geschieht dies bald in einer vom Standpunkte des Züchters aus verbessernden, bald verschlechternden Weise. So bringt eine Rasse auf einer systema- tisch von ihr verschiedenen Unterlage oft erheblich grössere Früchte hervor, als sie dem Sämling eigen sind. Die Qualität der Samen kann hierbei unverändert bleiben, aber auch sich verringern. und dasselbe gilt vom Geschmack der Frucht. Es sei hier an die Angaben Knight's über den Ein- fluss der Unterlage auf die Moorpark-Aprikose erinnert (s. 5. 16 der Einleitung) und weiter erwähnt, dass nach T’howin die Früchte des Kirschbaums ganz verschiedenen Geschmack haben, wenn er auf Prunus Mahaleb oder auf P. Lauro-Cerasus oder auf Cerasus avium der Wälder gepfropft wird. In diesen Fällen, deren Zahl sich leicht vermehren liesse, handelt es sich offenbar um kleine Unterschiede in der Ernährung, um die Zufuhr besonderer Stoffe, welche die specifische Natur der Früchte selbstverständlich unberührt lassen, wohl aber deren Geschmack etwas verändern. Man denke hierbei an die Spuren von Atropin, die nach Strasburger m den Kartoffeln nachgewiesen werden konnten, die unter Reisern von Datura Stramonium gewachsen waren. — Besondere auf diese und ähnliche Dinge gerichtete Untersuchungen werden sicher wertvolle Ergebnisse zu Tage fördern. Wie beim Apfel- und Birnbaum, so wird auch bei manchen andern Bäumen und Sträuchern das ganze Wachstum des Reises und des daraus hervorgehenden Verzweigungs-Systems durch die Unter- lage in bestimmter Weise beeinflusst. Unter Uebergehung aller weiteren Einzelheiten sei hier nur darauf hingewiesen, dass im einzelnen Fällen auch die Widerstandsfähigkeit gegen äussere Einflüsse Veränderungen erfährt. So vor allen bei dem Pistazien-Baum, Pistacia vera, der in Mittel- und Süd- Frankreich viel gebaut wird. Auf P. Terebinthus gepfropft, erträgt er eine Kälte von 12,5°, wäh- rend die aus Samen gezogene Pflanze bei einer Temperatur von mehr als 7,5 ° erfriert '). Sehr beachtenswert ist ferner der Einfluss, den bei der Pistazie die Unterlage auf das Alter des Baumes ausübt. Als Sämling erreicht die Pflanze ein Alter von höchstens 150 Jahren: auf P. Terebinthus gepfropft steigt ihre Lebensdauer auf 200 Jahre, während sie mit P. Lentiscus als Grund- stock verbunden ungefähr 40 Jahre alt wird. Indem wir auf die Anführung weiterer Beispiele aus dem Erfahrungsschatze der Baumzüchter an dieser Stelle verzichten, fügen wir noch einige interessante Thatsachen aus anderem Gebiete hinzu. Schon in der ersten grossen Periode der Suceulenten-Liebhaberei und -Kultur in unserem Jahr- hundert sind häufig verschiedene Formen der Cacteen durch Pfropfung miteinander verbunden worden. Einzelne dieser Verbindungen, wie die des Epiphyllum truncatum und der Peireskia aculeata bilden einen stehenden Handelsgegenstand in den Läden unserer Blumenzüchter. Während des in den letzten De- cennien erfolgten neuen Aufschwunges der Kultur jener Pflanzen sind die Cacteen-Pfropfungen in ungleich grösserem Maasse ausgeführt worden, als früher. Man vereinigt die abweichendsten Formen aus den verschiedenen Gattungen, und die hier gewonnenen Verbindungen stellen wohl die seltsamsten und heterogensten dar, die überhaupt bis jetzt erreicht wurden. Einer der erfahrensten Züchter, der 1) Die ersten Angaben über den Einfluss der Unterlage auf die Widerstandsfähigkeit des Pistazien-Baumes ver- dankt man T’houin (Monographie, p. 3). Ausführlicher, bestätigend und erweiternd, ist der Gegenstand behandelt von Fruchier. Ihm sind die Altersangaben entnommen. (S. Fruchier, Ch. Le Pistachier. Revue horticole. 1859. p. 156 f.). 109 seine Bemühungen ganz besonders dem Cacteen-Pfropfen zugewandt hat, Herr 4. Hildmann ’), teilt mir auf meine an ihn gerichtete Anfrage freundlichst Folgendes mit. Nach seinen 20jährigen Er- fahrungen bildet Peireskia aculeata eine Unterlage, auf der alle oder doch nahezu alle Cacteen, auch die abweichendsten Formen, gedeihen. Kein seltsamerer Anblick, als der der dünnstämmigen gross- blättrigen Peireskia mit einem kugelförmigen Echinocactus. Und doch zeigten manche Arten dieser Gattung auf jenem Grundstock 10—20 Jahre hindurch nicht nur gedeihliche, sondern oft sogar üppige Entwickelung. Auffallender Weise aber bildet nur diese eine Art aus der Gattung Peireskia eine solche Unterlage, keine der übrigen. — Manche Arten und selbst Gattungen zeigen Vorliebe für beson- dere Grundstöcke, so die Echinocereus-Arten, verschiedene Mammillarien u. s. w. für Opuntia Ficus indica; emige Mammillaria- und Echinocactus-Arten für Cereus peruvianus, macrogonus u. a. Formen. Stets aber giebt es in jeder Gattung einzelne Arten, die auf keiner Unterlage gedeihen, so Mammil- laria Wildiana v. monstrosa, M. multiceps v. eristata. Sehr bemerkenswert ist endlich noch die An- gabe, dass Cereus serpentinus die Kigenschaft besitzt, während der ersten zwei bis drei Jahre manche Arten als Unterlage zu ernähren, später aber den Dienst zu versagen. Die Störungen zeigen sich auftallender Weise hier darin, dass der Stamm des Grundstockes anstatt zu wachsen, an Umfang allmählig abnimmt, bis endlich der Stillstand seiner Lebens-Functionen eintritt. Es sei hier an unsere eigenen früher mitgeteilten Erfahrungen über die Verbindung der Opuntia Labouretiana mit Rhipsalis paradoxa erinnert. Soviel aus Herrn Hildmann’s Erfahrungen. Besonders beachtenswert ist daraus der Umstand, dass unter Hunderten von Arten einer Familie eine einzige Eigenschaften besitzt, die sie für die grosse Mehrzahl ihrer Verwandten als Unterlage geeignet machen; und dass selbst keine der nahe verwandten Arten der eigenen Gattung diese Stellung teilt. Offenbar sind es Besonderheiten in der Structur und Lebensweise, welche dieser Pflanze ihre eigentümliche Fähigkeit verleihen. Auch das Verhalten des Cereus serpentinus als Unterlage gewährt ein grosses Interesse. Zum Schluss sei hier noch auf die umfangreichen und im praktischer Beziehung höchst bedeu- tungsvollen Bemühungen hingewiesen, die gegenwärtig in Frankreich angestellt werden, um für die edlen europäischen Reben amerikanische, der Reblaus widerstehende Unterlagen zu finden. Während man die Kenntnis der verschiedenen Grundstöcke für unsere Obstbäume einem planlosen, fast zufälligen Experimentieren verdankt, sucht man hier durch methodisch getriebene, ausgedehnte Oulturen — die ausgedehntesten, die überhaupt jemals zu solchem Zwecke veranstaltet worden sind — die geeigneten Formen zu erlangen. Man pflest und prüft zu dem Ende nicht nur eine grosse Zahl amerikanischer Vitis-Arten und Varietäten, sondern vermehrt den Formenreichtum noch in ausserordentlicher Weise durch künstliche Kreuzungen. Auf die Einzelheiten dieser Bemühungen kann hier um so weniger eingegangen werden, als sie trotz aller schon erreichten Erfolge doch nichts weniger als abgeschlossen sind. Unterlassen wollen wir aber nicht, hier wenigstens der hohen Verdienste zu gedenken, die sich die Vialla, Sabatier, Laliman, Guyot, Sahut und besonders Millardet um die Lösung der genannten Aufgabe und damit um die Wohlfahrt ihres Volkes erworben haben. Rückblick und Schlussbetrachtung. Auch diesen Abschnitt wollen wir mit einem Rückblick schliessen und daran eine kurze allge- meine Betrachtung der Einflüsse knüpfen, die Reis und Grundstock auf einander ausüben. In der Mehrzahl der vorgeführten Fälle bestanden die durch Transplantation verbundenen Teile aus systematisch verschiedenen Formen ; sie traten somit in ein Verhältnis, das unter den Begriff der 1) Wohnhaft in Birkenfeld bei Berlin. a 110 Symbiose fällt und zwar einer Symbiose, die auf klinstlichem Wege herbeigeführt wird. Der Unter- schied der beiden Symbionten war bald geringer, bald grösser; sie standen bald zu einander im Ver- hältnis von Rassen einer Gattung, bald von Arten derselben Gattung, bald selbst von Arten ver- schiedener Gattungen. Unsere allgemeine Erfahrung über das Verhältnis der Symbionten in den Verbindungen lässt sich in den Satz zusammenfassen, dass sie, so mannigfaltig auch die wechselseitig ausgetibten Einfltisse sind, doch niemals ihre systematische Natur verändern. Damit ist nichts gegeben, als was von vorn- herein erwartet wurde: eine Bestätigung der Erfahrungen, die vor uns von zahlreichen Beobachtern gemacht worden sind. Die Untersuchung ging von der Annahme aus, dass, wenn überhaupt, der so oft bestrittene und bis in die neueste Zeit immer wieder behauptete speeifische und formändernde Einfluss zwischen Reis und Unterlage sich unter nahe verwandten Formen äussern würde. Können die systematischen Eigen- schaften einer Form in der Gestalt specifischer Substanzen übertragen werden — und das setzt die Annahme solcher Einflüsse voraus, mag man sich die Substanzen sonst vorstellen, wie man will —, dann ist anzunehmen, dass dies unter Organismen mit geringer innerer Verschiedenheit am leichtesten geschehen wird und zwar deshalb, weil hier der Bewegung und Vermischung der specifischen Stoffe die geringsten Widerstände begegnen werden. Alle unsere zahlreichen Erfahrungen aber sprechen gegen das Vorhandensein solcher Einflüsse. Das vereinzelt beobachtete Auftreten einer Farbe an dem einen Symbionten, die nicht er, wohl aber der mit ihm verbundene besass, war zweifelhafter Natur und erforderte wahrscheinlich eine andere Deutung. Und dasselbe gilt vielleicht für die früher mitgeteilte Beobachtung Lindemuth’s. Aber selbst wenn es sich hier wirklich um einen Farben-Uebergang von einem Symbionten in den anderen handeln sollte, so wäre derselbe höchst wahrscheinlich als ein einfacher Diffusions-Vorgang zu deuten, keineswegs als eine Veränderung der systematischen Eigenschaften der einen Form. Jedenfalls wäre erst die Vorfrage zu erledigen, ob der Farbe in diesen Fällen systematische Bedeutung zukommt. In allen genau beobachteten Verbindungen war das allgemeine Verhalten der beiden Symbionten ihrer speeifischen Natur entsprechend. Sowohl das Reis als die Unterlage gestaltete sich nach dem der Art eigenen Wachstums-Gesetz. Dies galt nicht nur für den grösseren Teil, sondern auch für den kleinsten Einschluss. Auch das kleinste Gewebestück bewahrte, wenn in einen umfangreichen, seine eigene Masse um das Vielfache übertreffenden Körper eingefügt, unverändert seine specifischen Eigenschaften. Daraus aber folgt, dass nicht etwa in den Blättern gebildete, specifische organbildende Substanzen die Gestaltung der Teile bedingen. Vielmehr assimilieren diese die ihnen zugeführte plastische Sub- stanz nach Maassgabe ihrer eigenen specifischen Struetur. Diese selbst aber beginnt mit der befruch- teten Eizelle und ist von da an für den ganzen Organismus unveränderlich festgestellt. Dem Erfolge nach teilten wir die Verbindungen ein in harmonische und disharmonische. Die ersteren sind dadurch ausgezeichnet, dass die Symbionten in einem günstigen Wechselverhältnis stehen, dass alle wesentlichen Lebens - Functionen gedeihlich verrichtet werden. In ihnen macht das Ganze den Eindruck einer gesunden und geschlossenen Einheit, deren systematisch verschiedene Bestandteile sich dem Dienst des Ganzen ohne Störung anpassen. Ist dieses Verhältnis nicht vorhanden, ordnen sich die Teile nur mangelhaft oder gar nicht unter, dann nennen wir die Verbindung disharmonisch. Der Grad der Disharmonie kann sehr verschieden sem; sie offenbart sich in kleineren oder grösseren Wachstums-Hemmungen, bleicher Farbe, krankhaften Geschwülsten an der Verwachsungsstelle u. s. w., oder endlich in völliger Abweisung der Teile. 111 Worauf die Harmonie und Disharmonie beruhen, weiss man nicht. Wichtig ist, dass die Harmonie im Allgemeimen der systematischen Verwandtschaft parallel geht, eine Regel, die jedoch mancherlei Ausnahmen aufweist. Wir schreiten damit zu einer näheren Betrachtung der verschiedenen Einflüsse, die Symbionten, fo) unter denen mehr oder minder ausgesprochene Harmonie besteht, auf emander ausüben können. So- weit ich sehe, lassen sich folgende Formen unterscheiden. 1) Ernährungs-Einflüsse. Unter solchen verstehen wir alle die, welche auf wechselseitiger Ernährung beruhen. Das vollkommene Gedeihen jeder Verbindung setzt voraus, dass die verschiedenen Rollen, die dem Reis und dem Grundstock im Ermährungs-Prozess des Ganzen zukommen, in voll- ständiger Weise ausgeführt werden. In der Mehrzahl der Fälle, besonders bei allen sogenannten veredelten Pflanzen, ist das Verhältnis derartig, dass der eine Symbiont aus dem Boden das Wasser und die mimeralischen Bestandteile aufzunehmen, der andere dagegen an seinen der Luft und dem Licht ausgesetzten Teilen die Produktion der organischen Substanz zu vollziehen hat. Es ist ohne Weiteres klar, dass ein günstiges Gedeihen nur bei gleichmässigem Zusammenwirken der beiden Teile erfolgen kann. Der untere Symbiont muss so viel Wasser und Salze liefern, als er selbst und der obere verbrauchen; der letztere soviel organische Substanz hervorbringen, als zu seinem und des unteren Wachstum erforderlich ist. Am besten wird diese Bedingung dann erfüllt sein, wenn die beiden Symbionten neben harmoni- schem Verhältnis gleichen oder doch ähnlichen, einander entsprechenden Umfang besitzen, d. h. wenn die Verbindung im Ganzen ein Wachstum aufweist, wie es jedem ihrer Bestandteile unter nor- malen Verhältnissen eigen ist. Mangelt diese Uebereinstimmung, erreicht der eine Teil normal einen grösseren Umfang als der andere, so werden Störungen in der Ernährung entstehen, die die Entwickelung des einen Symbionten herabsetzen‘, die des andern dagegen unter Umständen fördern ; das ganze System aber wird in der Regel kleiner bleiben, als jeder oder doch einer der beiden Sym- bionten unter normalen Bedingungen ist. Das eben Gesagte sei an einem Beispiel erläutert. Man nehme zwei gleich starke, junge Stämme von Acer Negundo, und setze darauf in Mannshöhe durch Okulation Knospen, auf den einen die der normalen Art, auf den andern die der weissbunten Spielart, und lasse die Krone der Bäume ledig- lich aus diesen Knospen hervorgehen. Dann wird sich in derselben Zeit im ersten Falle en statt- licher und umfangreicher, im zweiten ein ungleich kleinerer und schwächlicher Baum entwickeln. Beim "ersten besitzt die Unterlage kräftige und breite, beim zweiten weniger ausgebildete, schmale Jahrringe, und doch waren beide Stämme ursprünglich völlig gleich. — Die Ursache dieser Verschie- denheit beruht in der Hauptsache auf ungleicher Ernährung. Die nähere Verfolgung dieser Dinge lässt mancherlei Möglichkeiten erkennen, die in der gegen- seitigen Ernährung der Symbionten vorhanden sem können. Wie eme und dieselbe Pflanze auf ver- schiedenen Bodenarten eine wechselnde Entwickelung erfährt, und darnach oft ein sehr verschiedenes Bild darbietet, so wird auch dasselbe Reis, wenn auf verschiedene Grundstöcke gepfropft, ein un- gleiches Wachstum zeigen und darmnach nicht nur verschiedene Grösse, sondern unter Umständen so- gar verschiedenen Habitus erlangen. Indem wir hier auf eine in’s Besondere gehende Ausmalung der verschiedenen Möglichkeiten verzichten, sei nur erwähnt, dass auch der merkwürdige Fall vorkommt, in dem ein Organismus, wenn mit einem anderen, spezifisch von ihm verschiedenen, verbunden, auf diesem eine günstigere Ernährung erfährt, als auf seinem eigenen Stock. Als Beispiel sei der früher besprochene Fall herangezogen, in dem das Reis von Solanum Dulcamara mit $. Lycopersieum als Unterlage verbunden wurde und auf diesem einen so bedeutenden Umfang annahm, wie er von keinem 112 /weige der normalen Pflanze in derselben Zeit erreicht wurde. Umgekehrt blieb hier aber der Grundstock in semer Entwickelung hinter der zurück, die er unter normalen Verhältnissen gezeigt haben würde. 2) Correlative Einflüsse. Unter dieser Bezeichnung wollen wir alle die Einflüsse des einen Teiles auf den andern zusammenfassen, welche den Entwickelungs-Modus, die morphotische Natur des Wachstums innerhalb der den Symbionten eigenen Formenkreise bestimmen. Ein lehrreiches Beispiel dieser Art wurde früher beschrieben. Das mit noch nicht differenzierten Knospen besetzte Reis der Runkelrübe gestaltet sich zu einem vegetativen Spross-System, wenn man es mit einer jungen, noch wachsenden Wurzel verbindet; es bildet dagegen einen Blütenstand, wenn es im Frühjahr einer alten Rübe aufgesetzt wird. Hier wird die besondere Art der Entwickelung des Reises und zugleich der ganzen Verbindung offenbar durch den einen Symbionten, die Wurzel, beherrscht. — Worin die Wirkung des einen Teiles auf den andern besteht, ist zur Zeit dunkel. Wir versuchten, sie auf bestimmte Vorgänge im Stoffwechsel, auf Ernährungsverhältnisse, zurückzuführen, und die Annahme, dass in diesem Falle ein Zusammenhang zwischen der verschiedenen Art des Wachstums und der besonderen Ernäh- rung bestehe, ist nicht wohl von der Hand zu weisen. Wäre diese Anschauung richtig, so würde die fragliche correlative Wirkung unter die Ernährungseinflüsse zu rechnen sein, hier freilich eine besondere Stellung beanspruchen. Solange jene Erklärung aber nicht sicher als richtig erwiesen ist, thut man am besten, die uns beschäftigenden Erschemungen als besondere hinzustellen. Von solehen correlativen Einflüssen ist bis jetzt als einziger nur der eben genannte nachge- wiesen. Wahrschemlich aber machen sich dieselben sehr häufig, wenn nicht in allen mehr oder min- der harmonischen Verbindungen geltend. Besonders die Annahme wird nahe gelegt, dass das pro- portionale Wachstum der Krone und des Wurzel-Systems nicht bloss auf wechselseitiger Ernährung, sondern auch auf Correlation beruhe. Wenn, wie schwerlich zu bezweifeln, die Anschauung richtig ist, dass die Entwickelung der beiden Teile am normalen Baume durch correlative Einflüsse mit be- dingt wird, dann müssen sich solche auch in der Verbindung verschiedener Symbionten geltend machen. 3) Einflüsse, die als Infection zu bezeichnen sind. Hierher gehören zunächst alle Fälle, in denen irgend welche krankhaften Zustände des einen Symbionten auf den andern übertragen werden, sei es vom Reis auf den Grundstock, sei es von diesem auf jenes. Wir denken dabei zunächst an den Krebs und ähnliche Erscheinungen, an die durch Pilze verursachten Krankheiten, rechnen hierher aber auch die vielbesprochene Panachüre. Zwar ist deren Natur zur Zeit unaufgehellt, ihre ganze Erscheinung aber, besonders die Form der Uebertragung, lässt keinen Zweifel darüber, dass sie eine Infeetion darstelle. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die nähere Bestimmung des Wesens der Weissbunt- blätterigkeit für die allgemeine Pathologie Bedeutung gewinnen. Zu den genannten drei Gruppen von Einflüssen würden sich, wenn ihre Existenz erwiesen wäre, als vierte die gesellen, welche als spezifische unterschieden werden mögen. Das Eigentümliche ihrer Wirkung würde darin bestehen, dass sie Veränderungen in der spezifischen oder systematisch ge- gebenen Form hervorriefen, somit also von sehr tiefgehender Art wären. — Derartige Einflüsse, an- geblich zwar oft beobachtet, haben sich bei näherer Untersuchung in der Regel als Täuschungen erwiesen. Uns selbst ist es in keinem unserer zahlreichen Versuche gelungen, ihre Wirkung wahrzu- nehmen. — Durch solche Einflüsse würden auch die sogenannten Pfropfhybriden hervorgerufen, deren Existenz aber, wie früher ausgeführt, durchaus zweifelhaft ist. Histologische Untersuchung. Die mancherlei Formen von Geschwülsten, deren Bildung bei der Verwachsung abnormal ver- bundener Körper im ersten Teile unserer Arbeit beobachtet wurde, drängten zu einer Untersuchung ihres histologischen Baues. Ein wirkliches Verständnis desselben war aber nur dann zu erwarten, wenn es sich auf die Kenntnis der Verwachsung normal gestellter Körper stützen konnte. So viel Wert- volles nun auch die in der Einleitung genannten Arbeiten über diesen Gegenstand enthalten, sie ge- nügten doch den hier gestellten Anforderungen nicht vollständig. Eine besondere, auf unsere Objecte gerichtete Untersuchung war nicht zu umgehen, und wurde daher zunächst in Angriff genommen. Aus naheliegenden Gründen wurden dabei die fleischisen Körper vorangestellt, um so mehr, als ihre Ver- wachsung noch keine genaue Behandlung erfahren hatte. A. Verwachsung an fleischigen Körpern. & Verbindunghomogener Gewebe mit gleichsinniger Orientierung. Am mannisfaltigsten und zugleich übersichtlichsten sind die an der Runkelrübe beobachteten Er- scheinungen; für sie gelten deshalb die sämtlichen im Folgenden gegebenen Ausführungen. Als Grundlage mögen die Vorgänge dienen, welche eintreten, wenn ein der Wurzel entnommenes (Gewebestück normal an seinen Ort wieder eingesetzt wird oder wenn, was auf dasselbe hinausläuft, tiefe Längs- und Querschnitte ausgeführt werden. Hat die Rübe schon einigen Umfang erreicht und das herausgehobene Stück eime Tiefe von etwa 12 mm, so werden die radialen Flächen von Geweben verschiedenen Alters und zugleich sehr verschiedenen Baues, von parenchymatischen und prosenchy- matischen, verholzten und unverholzten Elementen gebildet, deren Verhalten beim Verwachsen selbst- verständlich sehr verschieden ist. Ging dieser Prozess normal vor sich und erfuhr die Rübe nebst dem Einschluss noch eine längere Entwickelung in die Dicke, so bietet der Querschnitt durch das Stück und den angrenzenden Teil der Unterlage folgendes Bild dar. Der ursprüngliche Umriss des Stückes ist, von seinem peripherischen Teile abgesehen, annähernd vollständig erhalten (Taf. VIL, Fig. 1). Man erkennt ihn leicht an den zahlreichen Stellen, an denen die Verwachsung, die niemals gleichförmig und vollständig stattfindet, unterblieb. In ihrer Ge- samtheit stellen sich diese Unterbrechungen in der Verwachsungszone dem blossen Auge bald als eine gerade oder mit kleinen Krümmungen versehene, bald als zwei, in geringer Entfernung von ein- ander und ungefähr parallel laufende, diskontinuierliche Linien dar. Die Unterbrechungen selbst sind jedoch wechselnd gross und wechselnd zahlreich. Die grösseren unter ihnen bilden gebräunte, aus abgestorbenem Gewebe bestehende Streifen, die von Kork umschlossen sind; auf den letzteren folgt gesundes Gewebe, und in diesem in einiger Entfernung vom Kork ziemlich regelmässig eine nachträglich entstandene und den Streifen parallel gerichtete Cambium-Schicht (Taf. IX, Fig. 1; mitten Vöchting, Ueber Transplantation, 15 114 die Grenzzone, oben und unten das Cambium). Ueber den Verlauf und die Thätigkeit dieses Gewebes soll später im Besonderen gehandelt werden. Zwischen den genannten grösseren Unterbrechungen finden sich solche mittleren und kleineren Umfangs, die letzteren oft erst bei sorgfältiger Untersuchung zu gewähren. In ihrer Zusammensetzung gleichen jene meist den grösseren, während diese häufig davon abweichen. So findet man Fälle, in denen eine oder wenige Zellen zerstört wurden, deren Wände sich aber nicht oder nur schwach bräunten; dann ist in der Regel ringsum auch kein Kork vorhanden. So in den Fig. 8 u. 9 Taf. IX dargestellten Beispielen, in denen die Wände der zusammengepressten Zellen der Farbe und den Re- aktionen nach die Natur normaler Zellwände vollständig beibehalten hatten. In anderen dagegen fand auch nur ganz lokale, aber deutliche Bräunung statt; dann stellt sich meist auch eine Abgrenzung durch Korkwände ein. Manchmal beobachtet man kurze Reststücke von Zellwänden, die bald gebräunt sind, bald nieht; bei schwacher Vergrösserung können solche Wandstücke einzelnen unregelmässig verdiekten Zellwänden gleichen, bei stärkerer dagegen erkennt man die Zusammensetzung, manchmal noch deutlich den welligen oder unregelmässigen Verlauf der zusammengepressten Wände (Taf. IX, Fig. 4). Wie die Erhaltung der normalen Beschaffenheit der Wände solcher zusammengedrückten Zellen erfolgt, ob und wie sie ernährt werden, ist zur Zeit eine offene Frage. Da innerhalb jener Wände lebende Plasmakörper nieht zu gewahren sind, und dort auch nicht wohl vorhanden sein können, so findet entweder keine Ernährung derselben statt, oder diese geht von den Wänden der benachbarten gesunden Zellen aus vor sich. Ob ein Ernährungs-Prozess der letzteren Art möglich ist, wissen wir nicht. Die hier mitgeteilten Thatsachen deuten jedoch darauf hin, da nach allen sonstigen Erfah- rungen Wände, die nicht ernährt werden, ihre chemische Zusammensetzung verändern. Bezüglich der Verbreitung der Unterbrechungen lässt sich die allgemeine Regel aussprechen, dass sie um so häufiger auftreten und um so grössere Ausdehnung erreichen, je älter das Gewebe ist, das vom Schnitt getroffen wurde. Doch finden sich von dieser Regel mancherlei Ausnahmen. Es kann in einem älteren Gewebe die Verwachsung sehr vollkommen und in einem jüngeren umgekehrt minder günstig stattfinden. Werfen wir nunmehr zunächst einen Blick auf die Stellen der eigentlichen Verwachsung. Haben die Rübe und der Einschluss, nachdem die Verbindung erfolgt war, noch ein einigermaassen beträcht- liches Diekenwachstum erfahren. so ist die Verwachsung in der Region des zuletzt gebildeten Cam- bium -Ringes und der zunächst darauf folgenden Zone am innigsten , gewöhnlich so vollkommen, dass man entweder gar nicht oder nur schwer eine Grenze gewahrt. Selbstverständlich sind hier keinerlei Unterbrechungen vorhanden und auch die charakteristischen, alsbald zu besprechenden Wand- verdickungen fehlen vollständig. Anders sind die Verhältnisse in der Region, die innerhalb der Zone des nach der Verbindung gebildeten Diekenzuwachses liegt. Auch hier kann lokal die Verwachsung so innig sein, dass eine Grenze sich nicht erkennen lässt. Zwischen solchen Stellen vollkommenster Vereinigung finden sich jedoch andere, die durch ihre eigentümlich ausgebildeten Wände ins Auge fallen. Diese zeigen näm- lich da. wo das Aneinanderlesen der Elemente stattfand, eine auffallende Verdiekung. Gewöhnlich hat eme solche Wand auf dem Querschnitt wellenförmigen Umriss, der durch ihre wechselnde Stärke bedingt wird. Meistens ist die Wand selbst an den dieksten Stellen solide, doch kommen auch vielfach kleine Intercellularen vor. Auf Taf. VII u. IX sind verschiedene solcher Fälle dargestellt. teils ohne, Fig. 20 u. 24 auf ersterer, Fig. 7 auf letzterer, teils mit Intercellular-Räumen, Fig. 21 und 22 auf Taf. VIII, Fig. 11 auf Taf. IX. Für das Verständnis dieser Verdiekungen wichtig ist ferner, dass sie sich, wenn auch nicht regelmässig, so doch häufig an den Radial-Wänden finden, die 115 senkrecht auf der Verwachsungs-Fläche stehen, ja dass sie selbst noch, wenngleich selten, auf den äusseren, jener Fläche abgewandten Wänden auftreten können (Taf. IX, Fie. 11); doch sind sie an den beiden letzten Orten fast regelmässig von geringerer Ausbildung, als am erstgenannten. Dass sie hier thatsächlich die Berührungsfläche bedeuten, geht mit Gewissheit daraus hervor, dass sie in die Verbmdungslinie der Unterbrechungen fallen und von deren kleinsten nur schwer oder gar nicht zu unterscheiden sind. — Beiläufig sei noch bemerkt, dass die fraglichen Verdiekungen meist die Farbe der normalen Zellwände zeigen und auf Zusatz von Reagentien, wie Chlorzinkjod , die- selbe Färbung annehmen, wie jene. Wie vorhin erwähnt, bilden die Unterbrechungen bald nur eine, nicht selten aber auch zwei Linien, die in wechselnder Entfernung von einander liegen und annähernd parallelen Verlauf zeigen (Taf. VII, Fig. 23; Taf. IX, Fig. 2). Der Raum zwischen ihnen ist meist durch gesundes Gewebe ausgefüllt. In ihrer Beschaffenheit gleichen die Linien übrigens den vorhin beschriebenen. Sie weisen bald jene unregelmässig verdickten, chemisch nicht veränderten Zellwände, bald Membran-Reste auf, die braune Farbe angenommen haben. Wir selansen damit zur Betrachtung des Korkes. Ausgesprochene Korkbildung findet, wie an- gedeutet, stets statt, wenn ganze Zellengruppen oder einzelne Zellen in Zersetzung übergehen. Solche Stellen werden durch Kork von dem gesunden Gewebe abgetrennt (Taf. IX, Fig. 1 u. 12). Die an die zerstörten Teile unmittelbar sich anschliessenden Elemente des ersteren sind dabei, wie sich aus der Farbe und aus Reactionen ergibt, vollständig verkorkt; die daranf folgenden aber, oft in Mehrzahl vorhan- denen, noch ungebräunt und von Cellulose-Natur; diese wird auch dann beibehalten, wenn, wie aus dem Aussehen des Ganzen zu schliessen ist, alle Wachstumsvorgänge längst erloschen sind. Zur Ent- scheidung der Frage, ob man es in solchen Fällen mit noch unausgebildeten Korkzellen zu thun habe, dient dann lediglich der Ort dieses Gewebes und die gleiche Form mit den gebräunten Korkzellen. Dieselben Umstände werden uns aber auch dann bei der Beurteilung leiten, wenn, wie oben er- örtert, verdickte Zellwände in der Berührungszone sich bräunen und nun in den zugehörigen oder benachbarten Elementen zarte Wände auftreten, die der gebräunten Fläche parallel gerichtet sind, oder sie ounz umschliessen. Auch diese Wände muss man ihrer Lage wegen zum Kork rechnen, obwohl sie fast immer ihre Cellulose-Natur behalten. Welche Function diesen Zellen zukommt, ob sie auch in diesem Zustande schon abschliessend wirken, lässt sich nicht sagen. Aller Wahrscheinlichkeit nach zeigt die Notwendigkeit, gesunde Gewebe von krankhaften abzuschliessen, bei unserm Objeet man- cherlei Abstufungen ; und dem entsprechend werden sich auch die Mittel gestalten, mit denen die Aufgabe erreicht wird. Bald geschieht dies durch ausgebildeten, bald durch unausgebildeten Kork. — Diese Dinge sind im Hinblick auf die später zu besprechende Cambium - Bildung wohl im Auge zu behalten. Einer besonderen Erörterung bedarf das Verhalten derjenigen Elemente, die zunächst an die ver- wachsenen Zellen grenzen. Je nach dem Alter des Gewebes und anderen noch unbekannten Bedin- gungen zeigen sie beträchtliche Verschiedenheiten. Wenn sie zur Zeit der Operation noch jung, etwa vom Alter der unterhalb der jüngsten Cambium-Schicht gelegenen Elemente, sind, so findet meist an der Schnittfläche eine innige Verwachsung statt, ohne dass die angrenzenden Zelien zu besonderer Thätigkeit angeregt werden. Nur hier und da sind Wände vorhanden, deren Lage und Stärke ihren späten Ursprung verrät, und deren Bildung durch die Operation teilweise verursacht sein dürfte ; während im Uebrigen das ganze Gewebe an der Verwachsungsfläche von dem darauf folgenden nicht abweicht. (Taf. VIII, Fig. 19. Bei & die Grenze). Anders ist es dagegen in älteren Geweben; hier finden sich grosse Verschiedenheiten. Zunächst 15* 116 zeigen die dicken Wände in der Verwachsungsfläche öfter Bräunungen, als es in jungen Geweben der Fall ist. Was aber am meisten in die Augen fällt, ist der Umstand, dass die der Schnittfläche angrenzenden Zellen zu lebhafter Thätigkeit veranlasst werden, die sich in mehr oder minder zahl- reichen Teilungen äussert. In derartigen Fällen erhält man oft sehr charakteristische Bilder. Ein solches ist in Fig. 2 Taf. IX dargestellt. Hier hat die Verwachsung innerhalb zweier Linien statt- gefunden. Die Umrisse der Parenchym - Zellen, welche die Grenzen der Linien bilden, sind an den stärkeren Wänden noch erkennbar. Aus ihrer Form geht hervor, dass sie sich zunächst gestreckt haben und dass Hand in Hand mit diesem Prozess eine reiche Teilung erfolgte. Diese fand aber ledig- lich in den ein oder zwei Zellenlagen statt, die unmittelbar an die Verwachsungsfläche grenzten. Die auf sie folgenden lassen stets nur vereinzelte junge Wände erkennen, wie sie sonst auch in grösserer Entfernung von jener Fläche sich finden. Zwischen den ziemlich weit von einander verschiedenen Fällen, die in den beiden angegebenen Figuren abgebildet sind, gibt es eine ganze Reihe von Ueber- gängen, deren Beschreibung im Einzelnen aber unterlassen werden darf. Unsere bisherigen Betrachtungen bezogen sich lediglich auf das Verhalten des Parenchyms bei der Verwachsung. Es ist nunmehr der Eintritt und der Verlauf der Gefässbündel zu untersuchen. Zur Orientierung über diesen Punkt bedient man sich am Besten des Mazerations - Verfahrens. Grössere, unter Umständen das ganze Stück nebst den angrenzenden Teilen des Mutterbodens treffende tangentiale und radiale Längsschnitte werden hergestellt und mit Kali-Lösung erwärmt. Auch Schnitte von emiger Dicke liefern bei dieser Behandlung Bilder, die mit voller Deutlichkeit Alles zeigen, wo- rauf es ankommt. Ist das Stück ringsum gut angewachsen, so lässt sich als allgemeine Regel hinstellen, dass die Mehrzahl der Gefüssbündel an der oberen Verwachsungsfläche eintritt und dass an der Unter- fläche ein entsprechender Austritt erfolgt. (Vergl. Taf. VII, Fig. 3, in der die unterbrochene Längs- und Querlinie die Grenze des linken oberen Teiles eines normal eingefügten Stückes bedentet. Die punktierten Teile der Linien bezeichnen die Orte der Verwachsung, während die ausgezogenen kurzen Striche die Unterbrechungen angeben.) Ausserdem bilden sich aber auch Gefässbündel-Brücken in den radialen Längsflächen, doch finden sie sich hier im Ganzen weniger zahlreich und, so weit ich gesehen, hauptsächlich im oberen Teile. Doch kommen daneben auch Fälle vor, in denen sie in tieferer Region auftreten. Diese Bündel auf den radialen Längsseiten können entweder von aussen nach innen ') oder von innen nach aussen verlaufen; in beiden Fällen aber gilt als Regel, dass sie stets die Richtung von oben nach unten einschlagen und sich somit in den allgemeinen Bündel-Ver- lauf einfügen. Gelegentlich finden sich auch in diesen Verbindungsflächen horizontal verlaufende Bündel, dann entspricht aber ihr Ansatz an die Hauptstränge dem der geneigt verlaufenden. Bemerkt sei noch, dass auf den Hinterseiten der Stücke, auch bei guter Verwachsung, gewöhn- lich keine Bündel ein- und austreten. Die im Vorstehenden gegebenen Ausführungen über den Bau der Verwachsungsflächen gelten selbstverständlich für alle Verbindungen von Wurzelteilen, sofern diese nur normal und gleichsinnig gerichtet sind. Um dies bezüglich des Gefässbündel-Verlaufes noch für einen Fall zu zeigen, ist in Fig. 13, Taf. VIII ein Teil der Verwachsungs-Region zwischen der oberen und unteren Hälfte einer ganzen Wurzel gegeben (S. Taf. I, Fig. 4). Die punktierte Linie bezeichnet auch hier die Orte der Verwachsung, die kleinen Ovale deuten die Unterbrechungen an. Oberhalb und unterhalb der Ver- 1) Ein Bündel tritt in das Stück, wenn sein oberer Teil ausserhalb desselben, im Mutterboden gelegen ist; es tritt aus dem Stück, wenn er sich in diesem befindet. a u wachsungsfläche sind reichlich Bündel gebildet, die derselben parallel laufen. Die durch sie hin- durch tretenden Verbindungsstränge haben einen solchen Verlauf, wie ihn der polare Bau der Organe erfordert. In der schematischen Abbildung, Figur 18, Taf. VIII, ist das Verhältnis noch genauer bezeichnet. Die Pfeile oben und unten geben den gleichsinnigen Verlauf der Bündel oberhalb und unterhalb der Verwachsungsfläche an. Wie ein Blick lehrt, setzen sich die Bündel der Brücken stets gleichsinnig an die an, die sie mit einander verbinden. Auch die schematische Fie. 7, Taf. VIII zeigt eine Verbindung zwischen zwei gleichsinnig polarisierten Bündeln, die keiner Beschreibung bedarf. Nach Erörterung des Verlaufs der Stränge haben wir nun noch die Frage in’s Auge zu fassen, welchen Bau dieselben in den Brücken besitzen, ob sich auch in ihnen, wie im angrenzenden Paren- chym, aus besonderen Umständen, etwa Verdickungen der Wände, auf die Orte der Verwachsung schliessen lasse. Derartige Erscheinungen konnten jedoch in keinem Falle nachgewiesen werden, so viele Mühe auch auf die Entscheidung der Sache verwandt wurde. Wiederholt fanden sich solche Fälle, im denen die Grenzen im Parenchym bis unmittelbar an das Bündel reichten; hier aber hörten sie stets auf. In dem Strange selbst war nie eine Grenze zu gewahren, weder in den zart- noch in den derbwandigen Elementen. Die Untersuchung führte stets zu dem gleichen Ergebnis, mochten ganz zarte Schnitte ohne Behandlung oder etwas derbere nach Behandlung mit Reagentien, mit Quel- lungsmitteln u. s. w., benutzt werden. Dass eme Grenze auch im Bündel vorhanden sein muss, ist eigentlich selbstverständlich, da ja die Elemente der beiden Seiten emmal zusammenstossen müssen. Offenbar wird aber diese Grenze in dem anfänglich dünnwandigen und sich lebhaft teilenden Gewebe so verwischt, dass im fertigen Strange nichts mehr davon zu erkennen ist. Auch der Umstand, dass die prosenchymatischen Elemente teilweise ihre Enden an einander vorbeischieben, mag dazu bei- tragen, die fragliche Grenze zu verwischen. Es dürfte zweckentsprechend sein, an dieser Stelle einen Blick auf den Vorgang der Verwach- sung selbst zu werfen. Aus Gründen, die sich aus der Sache ergeben, ist der Gegenstand ganz all- gemein zu fassen und zunächst das Verhalten von Gewebeflächen zu untersuchen, die durch Schnitte blossgelegt wurden. Daraus ergibt sich der Prozess der Verwachsung fast von selbst. Zur Beobachtung des Wachtums solcher Flächen bieten die früher beschriebenen, künstlich her- gestellten Höhlen im Innern junger, noch im raschen Wachstum begriffener Rüben vortreffliche Ge- legenheit. Wie schon angedeutet, ist das Gewebe jener Höhlen bestrebt, deren Raum auszufüllen, was jedoch bei allen, die einen Durchmesser von 3—5 mım haben, nach meinen Erfahrungen nicht gelinst. Wichtig ist nun, dass das die Wand der Höhle auskleidende Gewebe vollkommen frisch bleibt; selbst im Frühjahr wurde es noch in diesem Zustande gefunden. Stellt man im Herbst zur Zeit des raschen Wachstums einen Querschnitt aus einer solchen Höhlenwand her, so erhält man ein eigentümliches Bild (Taf. X, Fig. 1). Die einst glatte Wand zeigt jetzt auf ihrer Oberfläche eine Bekleidung, die in überaus verschieden gestalteten Zellenfäden endet. Diese sind bald einfach, bald verzweigt und aus Elementen von sehr wechselnder Grösse zu- sammengesetzt. An den verzweigten entstehen die Aeste meist als Sprossungen, die nach beliebigen Richtungen gewandt sind. Durch diese Sprossungen der Zellen, durch deren Wachstum und Teilung werden die anfangs grösseren Räume zwischen den Fäden mehr und mehr ausgefüllt. Die Aeste be- rühren sich, platten sich ab, bis schliesslich ein geschlossener Gewebekörper entsteht, der sich nur dadurch vom normalen Gewebe unterscheidet, dass er ungewöhnlich reich mit Intercellularen durch- setzt ist und dass seine Elemente einen sehr ungleichen Umfang besitzen. Erst in einiger Tiefe machen diese Grössen-Unterschiede einer zunehmenden Gleichförmigkeit Platz. Um eine Vorstellung von den 113 auffallenden Zellenreihen mit ihren Sprossungen zu geben, sind deren mehrere in den Fig. 2, 3. 4. 5 und 7, Taf. X dargestellt. Figur 2 giebt einen Faden, der sich aus successiven, abwechselnd vorn und hinten entstandenen Sprossungen aufgebaut hat; die Endzelle lässt wieder zwei der letzteren aus sich hervorgehen. In Fig. 4 ist der seltsamste tiberhaupt beobachtete Fall abgebildet. Die haarartige 3ildung, die dieser darstellte, hatte nahezu 2 mm Länge, deren grösserer Teil auf eine Riesen- &, zelle kam. Wie die eben bezeichneten und die nicht näher beschriebenen Figuren 3, 5 u. 7 lehren, haben die Elemente der Fäden sehr verschiedene Gestalten; bald sind sie verlängert. bald kugel-, bald tonnenförmig. Richtet man den Blick vom Rande weg auf die tiefere Region des lockeren Gewebes, dahin. wo es aufhört, so beobachtet man genau die gleichen lokal gebräunten Wandstellen, sowie die einfachen Wand-Verdickungen, die wir früher an der Verwachsungsfläche wahrnahmen. Auch hier ist um die ersteren Kork gebildet, und man findet demnach je nach der mehr oder minder grossen Zahl jener gebräunten Stellen eine Verwachsungs-Zone mit grösseren oder geringeren Unterbrechungen. — Stets aber, und dies ist wohl zu beachten, findet sich hier nur eine gelbe oder weisse Linie. Wir gelangen damit zu der Frage, in welcher Weise die eben beschriebene Höhlen-Auskleidung angelegt wird, emer Frage, die nach dem schon Gesagten und sonst bekannten Thatsachen schwer- lich eimer Antwort bedürfte, wenn nicht auf gewisse, uns interessierende und noch nicht festgestellte Punkte hinzuweisen wäre. Vorab sei bemerkt, dass das Gewebe an den frischen Wundflächen unserer Rübe auffallend wider- standsfähig ist. Legt man solche Flächen bloss und schützt sie vor Verdunstung und intensiver Be- leuchtung, so findet man, vorausgesetzt, dass die Operation mit einem scharfen Messer geschah, nach zwei‘ oder drei Tagen, dass zunächst nur die Zellen zerstört wurden, die der Schnitt unmittelbar ge- troffen hatte. In jugendlichen Geweben bleibt es gewöhnlich hierbei, in älteren aber gehen ver- einzelt noch weitere Zellen zu Grunde, besonders solche, die nach der Schnittfläche vorspringende Kanten besitzen. Weitere Zerstörungen finden in der Folge gewöhnlich nicht mehr statt, selten sterben später noch der Schnittfläche angrenzende Zellengruppen ab. — Was das Verhalten der Wände der durchschnit- tenen Zellen betrifft, so ragen dieselben oft nach Tagen noch frei nach aussen, später legen sie sich gewöhnlich den gesunden Zellen an. In jungen Geweben geschieht dies meistens schon bald nach der Operation. Die vom Schnitt nicht getroffenen jungen Zellen fangen kurze Zeit nach der Blosslegung an, sich nach aussen vorzuwölben; spätestens am zweiten Tage gewahrt man die halbkugeligen Gestalten. In jungen Geweben sind es alle, oder nahezu alle Zellen, die in Wachstum übergehen, in älteren dagegen bleibt eine grössere oder geringere Anzahl in Ruhe. Einen Fall der letzteren Art zeigt Fig. 6. Tafel X. Die nicht ausgewachsenen Elemente sind hier mit Wandresten der verletzten Zellen be- deckt; die sich entwickelnden dagegen bilden solche Zellenreihen mit Sprossungen, wie sie vorhin beschrieben wurden. Die einen Reihen wachsen von der Oberfläche weg, die anderen schmiegen sich ihr an. Ist durch fortgesetzte Sprossung und Teilung der Fäden der Raum über der Schnittfläche ausgefüllt, so werden die Wandreste der einst zerstörten Zellen eingeschlossen von den alten und den sich darüber hinlagernden jungen Zellen. So erklären sich zum Teil die gelben und gelblichen Linien, die unter dem lockeren Gewebe hinlaufen. Sind ganze Zellengruppen zu Grunde gegangen, so werden auch diese eingeschlossen, aber meist durch eine Schicht Wundkorkes vom gesunden Ge- webe getrennt. Bei der Betrachtung der Bildung des geschlossenen Gewebes aus ursprünglich isolierten Zellen 119 entsteht eine wichtige Frage. Die Parenchym-Elemente des Gewebes der Runkelrübe zeigen durch- gehends die feine netzförmige Tüpfelung, deren Beschaffenheit und weite Verbreitung zuerst von Ba- ranetzki') nachgewiesen wurde. Können solche Tüpfel, die unter normalen Verhältnissen schon früh an den jungen Wänden entstehen, sich auch nachträglich an den verwachsenen bilden? Um die Sache zu entscheiden, wurden geeignete Präparate aus der lockeren Region der Wand hergestellt und mit Chlorzinkjod behandelt. Es gelang aber nicht, ein bestimmtes Urteil zu gewinnen, und zwar darum nicht, weil es, sobald die Zellen völlıx mit emander verwachsen sind, sehr schwer zu entscheiden ist, ob eine Wand durch Teilung oder durch Aneinanderlegen gebildet wurde. Ich erhielt zwar den Ein- druck, es könnten in den auf die letztere Weise entstandenen Wänden nachträglich Tüpfel hergestellt werden, der sichere Beweis dafür wurde hier aber nicht erbracht. Dieselbe Schwierigkeit kehrt in der Verwachsungs-Region zweier Wandflächen wieder und konnte auch für diese in mehreren darauf unter- suchten Fällen nicht endgültig gelöst werden. Wohl aber gelang es, das Vorhandensein der Tüpfel an den verwachsenen Wänden für einen später noch genauer zu besprechenden Fall festzustellen. in dem das derbere Gewebe eines Sprosses mit dem zarteren einer Wurzel vereinigt war (Taf. IX, Fie. 6). Diese und andere ähnliche Beobachtungen führen zu der ohnehm schon naheliegenden Annahme, dass an den Orten vollkommener Verwachsung normal gestellter Flächen in den Berührungswänden allge- mein sekundäre Tüpfelbildung stattfinde, und dass damit zugleich Protoplasma-Verbindungen zwischen den aneinander grenzenden Elementen hergestellt werden. Die Existenz dieser Verbindungen darf be- stimmt vorausgesetzt werden, wenn sie im Haushalte der Pflanze die hohe Bedeutung haben, die ihnen, und wohl mit Recht, gegenwärtig zugeschrieben wird. Wie aber erklären sich die mehrerwähnten unregelmässig verdickten weissen Linien? Zum Teil zweifellos in derselben Weise, wie die braunen und gelblichen, mit denen sie, wie schon früher her- vorgehoben, durch Farbenübergänge verbunden sind. Dass diese Deutung zutrifft, lehren solche Fälle, in denen man in den verdickten Stellen thatsächlich die Zusammensetzung aus Wandresten noch er- kennen kann. Es ist jedenfalls eine bemerkenswerte Thatsache, dass solche Zellhautstücke ihre Cel- lulose-Natur so lange Zeit beibehalten können. Soweit ich die Litteratur übersehe, sind diese Ver- hältnisse bisher nicht beachtet worden. Ein anderer Teil der verdiekten weissen Wandstellen ist jedoch offenbar anderen Ursprungs und entsteht lediglich dadurch, dass da, wo zwei emander entsegenwachsende Zellen sich be- rühren und mit einander verwachsen, die gemeinsame Wand sich in unregelmässiger Weise ver- dickt und solche Formen annimmt, wie sie früher beschrieben und gezeichnet wurden. Zu dieser Anschauung führt einmal der unmittelbare Eindruck, den solche Wände machen; sodann besonders die Thatsache, dass sich jene unregelmässig verdiekten Stellen auch an den, zur Berührungsfläche radial gerichteten Wänden finden, und zwar nicht nur an den Ansatzstellen der letzteren, sondern auch in einiger Entfernung davon — Dinge, auf die schon früher hingewiesen wurde. Ein solcher Fall ist in Fig. 11, Taf. IX dargestellt. Hier sind an zwei Zellen sogar die Wände verdickt, die der Berührungsfläche gegenüberliegen und ihr parallel laufen. Derartige Verhältnisse wurden zwar am normalen Parenchym nicht beobachtet, wohl aber an denjenigen verlängerten Blementen, die sich in älteren Leitbündeln zwischen den primären Gefässen finden; auch in der Nähe der Weichbastteile kann man sie wahrnehmen. Es ist nicht einzusehen, warum solche Verdiekungen nicht sollten auch an parenchymatischen Zellen auftreten können, um so mehr, wenn die letzteren abnorme Wachstums- bahnen einzuschlagen gezwungen sind. 1) Baranetzki, J. Epaississement des parois des El&ments parenchymateux. Annales des Sciences naturelles. 7. Serie. Botanique. T. IV. p. 135 ft. 120 Nachdem vorhin das Verhalten einer blossgelegten Wand festgestellt worden, ergibt sich die Ver- wachsung zweier einander gegenüber liegenden Flächen unmittelbar. Sind die Zellen noch jung und liegen die Flächen dicht tibereinander, so findet bald Berührung und Vereinigung der emander entgegenwachsenden Zellen statt. An den gemeinschaftlichen Wänden geht meistens keine unregelmässige Verdiekung vor sich und von den Resten der durch den Schnitt etroffenen Zellen gewahrt man meist keine Spur. Ob hier manchmal eine Resorption jener Reste, f#) px: sei es des Plasmas, sei es der Wände, erfolgt, muss dahingestellt bleiben. Ist ein solches ver- wachsenes Gewebe in der Region des sekundären Diekenwachstums gelegen und der Schnitt in der Richtung des Radius geführt, so entsteht senkrecht zur Verwachsungsfläche eine Cambium - Schicht, die sich durch jene fortsetzt. In diesen Fällen verschwindet zwischen den neu entstehenden Elementen die ursprünglich vorhandene Grenze meist vollständig und es hat somit die denkbar innigste Ver- wachsung stattgefunden. Ist das Gewebe etwas älter, und der Abstand der Flächen grösser, so erhält man Bilder. wie das in Fig. 24, Taf. VII gegebene; auch hier sind alle Zellen der Flächen ausgewachsen, in der Be- rührungszone aber starke Verdickungen gebildet. Die Elemente beider Flächen, besonders die der einen, haben sich nachträglich lebhaft geteilt und durch die Form und Grösse der so entstandenen Zellen, sowie durch die verdickten Wandstellen, wird die Region der Verwachsung hier deutlich ge- kennzeichnet. Hat das Gewebe an den Schnittflächen ein weiter vorgeschrittenes Alter, so wächst nur eine be- schränktere Zahl der Zellen aus, um den Raum zwischen den Flächen, der nun schmäler oder breiter sein kann, auszufüllen. An den Orten, wo die Füllzellen sich an die nicht ausgewachsenen Elemente, sei es an der gleichen oder an der gegenüber liegenden Seite, anlegen, entstehen jetzt die bekannten Linien, die hier also mindestens in Zweizahl vorhanden sein müssen und thatsächlich vorhanden sind, wie früher schon angedeutet wurde. (Vergl. Fig. 23, Taf. VIII und Fig. 2, Taf. IX.) Die Füllzellen zwischen den Linien smd von wechselnder Grösse, bald mehr, bald minder geteilt. Ist das Alter der Zellen an den Schnittflächen noch höher und haben die Wände schon derbere Textur erlangt, dann geht die Verwachsung in ähnlicher Weise vor sich, wie im vorigen Falle, mit dem Unterschiede jedoch, dass nun in den der Verwachsungszone angrenzenden Zellen reichlich sekun- däre Teilungen auftreten, welche die ganze Region von dem weiter ‘entfernten Dauer- Gewebe be- trächtlich unterscheiden (Taf. IX, Fie. 2). In den bisher gemachten Angaben war vorausgesetzt, dass die Schnittfläche mit scharfem Messer und möglichst glatt geführt sei. Trifft diese Bedingung nicht zu, werden Zellengruppen beim Schnei- den verletzt oder gehen in ihnen sonst störende Veränderungen vor sich, so entstehen in den diesen Teilen angrenzenden Elementen alsbald Korkzellen, die sie von dem gesunden Gewebe trennen. Die Ausfüllung der Zwischenräume findet nun vom benachbarten oder gegenüber liegenden Gewebe aus statt, em Prozess, der sich in allen Stadien leicht verfolgen lässt. — Kommen, was nicht selten ge- schieht, nachträglich m der Verwachsungszone Zersetzungen vor, so werden auch die davon betroffenen Stellen durch Kork vom gesunden Gewebe geschieden. Die eben gegebenen Ausführungen dürften genügen, um von der Entstehung des im Eingang geschilderten fertigen Zustandes der Verwachsungsfläche ein Bild zu geben. Auf die Darstellung kleiner Abweichungen und Einzelheiten wollen wir verzichten. 121 bb Verwachsung homogener Gewebe mit ungleichsinniger Orientierung. Wir gelangen nunmehr zum Studium der Verwachsung des Mutterbodens mit solchen Teilen, die eine von der seinigen abweichende Orientierung besitzen. Wie im experimentellen Abschnitt gezeigt wurde, verwachsen solche Körper mehr oder minder vollständig, an den Verwachsungsflächen aber und in deren Nähe findet Wulstbildung statt. Im Anschluss an diese Thatsachen entstehen folgende Fragen: Zeigen die Geschwülste in Bezug auf elementare Zusammensetzung ihres Parenchyms und ihrer Gefässbündel Abweichungen vom Bau normaler Gewebe? Treten in ihnen besondere Zellformen auf? Findet die Verwachsung in anderer Weise statt, als an Flächen mit gleichsinniger Orientierung ? Was zunächst die letztere Frage betrifft, so ist darauf zu erwiedern, dass die Verwachsung der Flächen in derselben Weise erfolgt, wie an normal gestellten. Man gewahrt die gleichen Grenzen wie dort, dieselben grösseren und kleineren Unterbrechungen, um diese die gleiche Kork- und Cam- bium-Bildung, an den Orten der Verwachsung dieselben Wandverdiekungen und an diesen die gleichen verschiedenen Farben; ein Unterschied ist an Flächen mit radial verkehrter Orientierung nur insofern vorhanden, als Gewebe verschiedenen Alters und verschiedener Natur mit einander in Berührung kommen. Aber auch zwischen diesen heterogenen Elementen erfolgt Verwachsung und zwar oft so innig,. dass von Zellwandresten keine Spur zu gewahren ist und auch die verdiekten Wandstellen völlig fehlen. Die verschiedenen Gewebe selbst aber sind dabei, wie zu erwarten, scharf von em- ander abgesetzt. Ein solches Bild ist m Fig. 10, Taf. IX nach einem Präparat gegeben, das einem radial und longitudinal verkehrt eingesetzten Stücke entnommen war. Die Zellen rechts und links von der Verwachsungsfläche haben sich nachträglich geteilt, ohne dass aber der Charakter der (Ge- webe verschiedener Regionen und verschiedenen Alters im Geringsten beeinflusst wäre. Einen weiteren Fall anderer Art stellt Fig. 9, Taf. X dar. Hier stösst em Gefässbündel auf grosse, verhältnismässig alte Parenchym-Zellen. Die Verwachsung ist ın besonders günstiger Weise vor sich gegangen. Sämtliche Elemente des Bündels sind frisch und wohl erhalten, selbst die Tra- cheide in der Nähe der Schnittfläche ist von normaler Beschaffenheit. An der Berührungsfläche haben sich die Wände stark verdickt. Offenbar war das dem Gefässbündel gegenüberliesende alte Paren- chym nicht im Stande, sich noch zu teilen, denn wäre dies der Fall gewesen, so würde es wahr- scheinlich in Bündelbildung übergegangen sein. — Fälle dieser Art kommen nicht gerade häufig vor. Gewöhnlich findet man, dass an durchschnittenen Bündeln die Gefüsse störende Veränderungen er- fahren, die auch die benachbarten Elemente m Mitleidenschaft ziehen und nun eine Aberenzung durch Kork zur Folge haben. Sind sonach keine sichtbaren Unterschiede zwischen den Verwachsungsflächen abnormal und normal verbundener Teile nachzuweisen, so nötigt doch das ganze Verhalten derselben, besonders die Wulst- bildung ©) zu der Annahme, dass Differenzen vorhanden seien. Die Vorstellung liegt nahe, dass zwischen len miteinander verwachsenen, aber ungleichsinnig gerichteten Elementen keine Plasma-Verbindungen stattfinden, deren Herstellung zwischen Zellen mit gleichsinniger Orientierung angenommen werden darf. Doch bewegen wir uns hier lediglich auf dem Boden der Vermutungen. Bemühungen, die Sache direkt zu entscheiden, führten zu keinem sicheren Erfolge. Indem wir damit zur Beantwortung der ersten Frage übergehen, sei zunächst bemerkt, dass die Geschwulst keine anderen Zellformen aufweist, als die auch im normalen Gewebe vorkommenden. Vöchting, Ueber Transplantation. 16 ] 3) Dies gilt sowohl vom Parenchym, als von den prosenchymatischen Elementen des Phloem- und Xylem- Teiles der Gefässbündel. * Soweit ich gesehen, kehren alle Zellformen des normalen Gewebes, wenn auch teilweise in anderer Verbindung. in der Geschwulst wieder. Anders gestaltet sich die Sache, sobald wir die Zahlenverhältnisse betrachten, in denen paren- chymatische und prosenchymatische Zellen zu einander stehen. /war sieht man auf Längs- und Querschnitten durch grössere Geschwülste die gewohnte Aufeinanderfolge von Parenchym - Schichten und Bündellagen; die nähere Betrachtung lehrt aber, dass in vielen Fällen ob in allen, lassen wir dahingestellt, — die Zahl der Gefüssbündel relativ grösser ist, als im normalen Gewebe. Durch Jahlen lässt sich dieses Verhältnis freilich schwer belegen, schon darum, weil es. wie angedeutet. mancherlei Verschiedenheiten darbietet. Es muss hier deshalb auf die eigene Anschauung verwiesen werden. Besonders betrachte man die Querwülste über abnorm eingesetzten Gewebestücken. Dort ist die Zahl der Bündel-Anastomosen ungewöhnlich gross und es haben diese, besonders die horizontal ver- laufenden, dazu öfters eine Zusammensetzung aus bloss kurzen Tracheiden, wie sie im gewöhnlichen Bündel nur selten beobachtet wird. (Taf. X, Fig. Il u. 12.) Indem wir bezüglich alles Weiteren über diese Stränge auf einen späteren Ort verweisen. fügen wir hier nur noch hinzu, dass man sie nicht nur über abnorm eingesetzten Gewebestücken. sondern auch in den Wülsten über Höhlen findet (Taf. VIII, Fig. 10). Wahrschemlich werden sie in allen derartigen Gebilden erzeugt. Die wichtigsten Unterschiede zwischen normal und abnormal eingesetzten (rewebestücken weist der Verlauf der Gefässbündel auf, ein Punkt, zu dem wir uns nunmehr wenden wollen. Der Ueber- tritt der Stränge in ein normal eingesetztes Stück und ihr Verlauf darin wurden früher beschrieben; mit den dort vorhandenen Verhältnissen sollen jetzt diejenigen verglichen werden, die man an den in verschiedener Weise abnormal inserierten Stücken beobachtet. Den Ausgangspunkt möge ein solcher Einschluss bilden, der longitudinal verkehrte, radial aber normale Stellung besitzt. und dessen Entwickelung eine den Verhältnissen entsprechend günstige war. Stellt man sich von einem derartigen Object Tangential- Schnitte durch die Bündel-Region dar, und mazeriert dieselben in der früher angegebenen Art, so erhält man Bilder, wie das in Fig. 5. Taf. VIII gegebene. Ein Blick darauf lehrt, dass der Eintritt der Bündel in das Stück nur zum sehr geringen Teile von oben. der Hauptsache nach vielmehr von den radialen Längsseiten stattfindet. Man gewahrt ferner. dass die Stränge an diesen Seiten teils von oben, teils aber auch von unten einbiegen; und zwar ist der Verlauf des einzelnen Bündels stets derart, dass es einen vollständigen Bogen bildet. dessen emer Schenkel dem Mutterboden, der andere dem Einschluss angehört. Die Lage der Bögen ist nicht konstant, bald ist ihre Konkavität nach oben, bald nach unten gerichtet, doch lässt sich als allgemeine Regel angeben, dass bei den in den oberen Teil des Stückes eintretenden Strängen die Konkavität nach unten sieht, während bei den von unten einbiegenden das Umgekehrte der Fall ist. Eine einfache Ueberlegung ergiebt aber, dass dieser Verlauf der Bündel der Polarität des Ein- schlusses durchaus entspricht. Die Orientierung der Bündel des letzteren in Bezug auf dessen Pola- rität ist der entgegengesetzt, welche die Stränge des Mutterbodens besitzen. Soll zwischen beiden im Sinne ihrer Polarität eine Verbindung hergestellt werden, so kann dies nur durch die eine oder die andere Art des Verlaufes geschehen, die vorhin gekennzeichnet wurden und mit denen man das Bild vergleichen wolle, das der Eintritt der Bündel in ein normal eingesetztes Stück darbietet (Fig. 3, Taf. VIID. — Es ergiebt sich sonach, dass der polare Bau des ganzen Gewebestückes in je- dem Gefäss-Elemente wiederkehrt, ein Umstand, der später noch weiter erörtert werden wird. 123 iebt Fig. 15, Taf. VIII, das dem Object entnommen ist, in dem zwei Rüben mit ihren Wurzelpolen verbunden waren (Taf. Il, Fie. 1). Ein zweites Beispiel für den vorhin beschriebenen Bündelverlauf & Soweit sich feststellen liess, verliefen die Stränge in den Gewebebrücken der Verwachsungsfläche aus- schliesslich in der durch die Fig. 15 und das halbschematische Bild Fig. 14. Taf. VIII bezeichneten Weise. In dem letzteren deuten die Pfeile die Richtung der Polarität rechts und links von der Ver- wachsungsfläche an; dasselbe geschieht im der schematischen Skizze Fig. 6, Taf. VII. Die nähere Betrachtung der Verbindungsstränge innerhalb der Brücken zeigt, dass ihr Verlauf und ihr Ansatz an die Hauptstränge durchaus dem polaren Bau der Teile entspricht. Einen besonderen Fall stellt noch Fig. 11, Taf. VIII dar. Hier ist zwischen den Verbindungssträngen selbst eine Anastomose vorhanden. Auch deren Verlauf stimmt mit der Polarität der vereinigten Bündel überem. Wie früher erwähnt, finden veremzelte Gefässbündel- Verbindungen auch an der oberen und un- teren Verwachsungsfläche statt. Niemals aber wurde an diesen Orten wahrgenommen, dass ein Strang direkt übertrat, vielmehr ging die Sache immer so vor sich, dass die von oben und unten der Verwach- sungsfläche sich nähernden Bündel vor dieser sich im Bogen krümmten, bis sie etwa horizontale Richtung hatten. Zwischen ihnen wurden die Verwachsungsfläche durchschneidende Verbindungsstränge beob- achtet, deren Verlauf, soweit sich sicher feststellen liess, stets die Annahme nahe legte, dass die Ver- bindung im Sinne der Polarität der Bündel geschehe. In den Fig. 16 u. 17 auf Taf. VIII sind zwei Fälle dargestellt, wie sie wiederholt direkt beobachtet wurden. In Fig. 17 legen sich an den, von hinten vortretenden, stärkeren Strang zwei kleinere Bündel, das eine von unten, das andere von oben kommend. Wie man sieht, entspricht die Gestalt der Krümmungen an den Orten der Vereinigung der Polarität der Bündel. Aehnlich ist es in Fie. 16. Hier nehmen die beiden Stränge ebenfalls horizontale Richtung an, und beide werden durch ein Bündel verbunden, dessen Vereinigung mit ihnen wieder mit ihrem polaren Bau überemstimmt. Endlich ist hervorzuheben, dass noch auf eine weitere Art die Verbindung zwischen den Ge- fässbündeln des Mutterbodens und des Einschlusses zu Stande kommen kann. Um die grösseren und mittleren Unterbrechungen, die sich in der Reeion der Verwachsung, wie früher beschrieben , stets finden, werden, was ebenfalls schon erwähnt, aber noch ausführlicher zu schildern sein wird, Cam- bium-Zonen gebildet, die, auf dem Längsschnitt betrachtet, sich nicht selten als vollkommene Kreise oder Ellipsen darstellen. Erreichen diese Bildungen eme gewisse Stärke, so entstehen in ihnen Ge- fässbündel, die dann ebenfalls oft ringsum geschlossen sind, vergl. die Figuren Taf. VII, Fig. S und auch 12. Es leuchtet em, dass in solchen Ringen oder Ellipsen von Bündeln der Polarität ihrer Elemente vollständig entsprochen wird. An diese Kreise und Ellipsen legen sich nun häufig die längsverlaufenden Stränge auf beiden Seiten an; und es ist klar, dass auch auf diese Art normale Verbindungen zwischen den Bündeln mit entgesengesetzter Polarität hergestellt werden können. Als zweiten Fall wollen wir den Verlauf und Eintritt der Bündel in ein longitudinal normal, radıal aber verkehrt eingefügtes Stück beschreiben. Auch hier findet der Eintritt der Stränge hauptsächlich auf den radialen Längsseiten, und zwar besonders in deren oberen Teilen statt; die Verbindung der Bündel durch die obere Verwachsungs- fläche ist nur sehr spärlich. Der Eintritt an den ersteren Orten selbst erfolgt bezüglich der Rich- tung, wie in einem normal eingesetzten Stück, d. h. es biegen die Bündel von aussen und oben her ein und verlaufen im Stück nach unten. Fig. 4, Taf. VIII. Auf diesem Verlauf beschreibt aber der Strang eine Torsion von 180°, seine Verlängerungen oben und unten sind also den Sub- straten nach orientiert. Der Austritt der Bündel im unteren Teile der Längsseiten ist dem Eintritt entsprechend. Auf der Unterseite sind die Bündel-Verbindungen ebenso selten, wie auf der oberen, 16 * - 124 und zwar zeigen sie an beiden Orten ähnliche Verhältnisse, wie wir sie am longitudinal verkehrt ein- oesetzten Wurzelstück fanden, mit dem Unterschiede jedoch, dass wenigstens bei einem Teile der Ver- bindungsstränge Torsionen stattfinden. Drittens betrachten wir den Verlauf im longitudinal und radial verkehrt eingefügten Stück. Wie in den beiden vorigen Fällen, findet der Uebertritt der Stränge auch hier fast ausschliesslich auf den beiden radialen Verwachsungsflächen statt, während an der oberen und unteren die Verbindungen nur in geringer Zahl vorhanden sind. Der Eintritt der Bündel geht auch hier dem polaren Bau der Teile entsprechend vor sich (vergl. die Fig. 9, Taf. VIII, die nach einem Mazerations-Präparat mög- lichst genau gezeichnet wurde). Auch hier gewahrt man wieder den schon oben geschilderten bogen- förmigen Verlauf der Bündel, die Konkavität der Bögen im oberen Teile der Fläche wieder vorwie- gend nach unten (s. die Figur), im unteren nach oben gerichtet. Dazu kommt hier aber noch, dass die Stränge in ihren beiden Hälften den Substraten nach orientiert sind, in der Brücke oder in deren Nähe also eine Torsion ausführen. In dem in der Fig. 9 dargestellten Falle war der Ein- schluss mit dem Mutterboden besonders günstig verwachsen, daher die verhältnismässig grosse Zahl der Bündel. Von den wenigen Bündel - Verbindungen, die in der oberen und unteren Fläche vor sich gehen, oilt dasselbe, was in den beiden früheren Fällen gesagt wurde. Man gewahrt hier dieselben Bilder, wie sie in den Fig. 16 u. 17, Taf. VIII gegeben wurden. In Fig. 12, Taf. VII ist von dem Bündel in der Verwachsungsfläche eine kleine Schlinge gebildet, bis in deren Nähe oberhalb und unterhalb die Bündel verliefen, ohne sich jedoch mit ihren derbwandigen Elementen anzulegen. Besonders hervorgehoben sei hier noch, dass sich zum Studium des im Vorstehenden erörterten Biindelverlaufs an den Grenzen der abnormal eingesetzten Grewebestücke ganz besonders jene schmalen Gewebebrücken eignen, die man häufig an Flächen mit unterbrochener Verwachsung beobachtet. (S. besonders die Figur 2 und 5 auf Taf. II, Fig. 7 auf Taf. HI.) Längsschnitte durch solche Brücken und das angrenzende Gewebe zeigen nach der Mazeration den bogenförmigen Verlauf der Bündel in besonders anschaulicher Weise. Als viertes und letztes Beispiel sei der Verlauf der Bündel angegeben, der sich in einem radial normal gestellten, longitudinal aber um 90° gedrehten Gewebestück findet. In ein solches treten die Bündel auf der Seite des Sprosspoles vorwiegend von oben ein, während sie auf der des Wurzelpoles nach unten ausbiegen; dort ist die Konkavität der verbindenden Bündel nach oben, hier nach unten gewandt. Auch dieser Verlauf entspricht dem polaren Bau der Gefässstrünge. Aus den angeführten Thatsachen ergiebt sich ganz allgemem, dass der Verlauf der Bündel, welche die Verbindung zwischen den verschiedenen abnorm eingefügten (ewebestücken und dem Mutterboden herstellen, stets mit dem polaren Bau der Teile, in denen er stattfindet, übereinstimmt. Die Ernährung der Einschlüsse, soweit sie durch die Stränge stattfindet, erfolgt sonach in normalen Bahnen. Man kann dieselbe in zweien der genannten Fälle mit der vergleichen. die ein in spitzem Winkel abwärts gebogener Zweig am Baume erfährt. Nachdem der Verlauf der Bündel in den Brücken und den angrenzenden Teilen festgestellt worden, drängt sich die Frage nach ihrer histologischen Zusammensetzung an jenen Orten auf, darnach, ob ihre Elemente in der Verwachsungsfläche etwa Besonderheiten aufweisen. Als Antwort auf diese Frage lässt sich jedoch alles das nur wiederholen , was früher über den Eintritt der Bündel in ein normal eingefügtes Gewebestück angegeben wurde. Es liess sich niemals eine bestimmte (Grenze zwischen den Elementen der beiden Seiten feststellen und ebensowenig ein Unterschied hinsichtlich der elemen- 125 taren Zusammensetzung wahrnehmen. Die Gefässe sind teils länger, teils kürzer, und zeigen dieselbe Beschaffenheit, welche sie auch sonst im sekundären Gewebe aufweisen. Und das Gleiche gilt von allen übrigen Elementen der Gefässbündel. Verwachsung heterogener Gewebe desselben Körpers. Unsere nächste Aufgabe ist, zu zeigen, wie sich heterogene (Gewebe derselben Pflanze bei der Verwachsung verhalten. Die Verhältnisse gestatten. uns hier kurz zu fassen. Den besonderen An- gaben sei die allgemeine Bemerkung vorausgeschickt, dass die Verwachsung der Flächen heterogener Gewebe im Wesentlichen in der gleichen Weise erfolgt, die wir bei der Verbindung homogener be- obachteten. Dasselbe gilt für den Uebertritt und den Verlauf der Gefässbündel; dagegen zeigen sich in anderer Beziehung nicht uninteressante Abweichungen. a) Verbindung von Wurzelund Spross Das Reis war keilförmig so zugespitzt, dass in der mittleren und unteren Region der Schnitt- flächen der Holzkörper entfernt war und das frische Mark bloss lag. Aussen und innen führte das Reis hier also Teile des primären Holzkörpers, ferner waren die primären Bündel im Mark vorhan- den. Nachdem Reis und Wurzel eine sehr kräftige Entwickelung erfahren, fanden sich folgende histologische Verhältnisse (vergl. Fig. 10, Taf. VII, die den schwach vergrösserten Querschnitt dar- stellt, und Fig. 12 auf derselben Tafel, die die Ansatzstelle des BReises von aussen giebt; bei & die (renze zwischen Reis und Unterlage). Der Umriss des Reises in mittlerer Höhe des ursprünglich zugespitzten Teiles ist durch die schwach ausgezogsene, an mehreren Stellen unterbrochene Linie angedeutet (unter &). Die Grenze zwischen den (reweben bilden auch hier teilweise wieder Korkplatten; zwischen ihnen finden sich die Stellen vollkommener Verwachsung, in der Figur links drei, rechts eine. Auf der Seite des Reises ist innerhalb der Korkplatten Cambium gebildet, auf der der Unterlage findet sich dieses Gewebe nur in der äusseren Region, nicht in der inneren. (Fig. 10, in der, wie auch sonst, das Cambium durch eine matt gezogene Linie angedeutet ist.) Da, wo zu beiden Seiten des Korkes Cambium-Streifen er- zeugt wurden, entstanden Verbindungen der letzteren durch die Verwachsungsstellen hindurch. Auf der Seite des Reises war die Thätigkeit des Cambiums besonders intensiv. Hier hat es ganze Ge- fässbündel gebildet, die durch derbwandiges Parenchym verbunden sind. Diese Bündel führen sekun- däre Gefässe und Libriform, alles mit kräftiger Ausbildung der Wände. Das zwischen den Strängen liegende Parenchym besteht aus Elementen von bald regelmässiger, bald unregelmässiger Gestalt, im ersteren Falle mit reihenförmiger Lagerung. Seine Wände sind von fester Struktur, mässig verdickt und mit zahlreichen rundlichen oder spaltenförmigen Tüpfeln versehen. — Derartiges Parenchym wurde im Gewebe des Stammes sonst nieht beobachtet und stellt also ein eigenes Wund-Parenehym dar. Betrachten wir nun die Stellen der eigentlichen Verwachsung. In diesen beobachtet man Gefüss- bündel- Züge, die von der Wurzel her die Brücken durchlaufen, und sich an die Stränge des Reises anlegen. Der übrige Raum der Brücken wird durch Parenchym eingenommen, das der Hauptsache nach der Wurzel und nur zum geringen Teile dem Reise angehört. Die Grenze der beiderlei Ge- webe bilden in den Brücken stark, und zwar so weit einwärts gekrümmte Bögen, dass sie fast bis an die innere Grenze des sekundären Holzkörpers des Reises reichen. Die Verwachsung der Parenchym- Zellen in den Brücken ist mehr oder minder innig; sie findet statt sowohl zwischen den dinn- wandigen Elementen der Wurzel und den ebenfalls dinnwandigen Markzellen des Reises, als zwischen 126 den ersteren und dem derbwandigen Wund-Parenchym des Reises. Eine Stelle der letzteren Art ist in Fig. 6, Taf. IX abgebildet. Wie ein Blick lehrt, ist die Verwachsung hier vollkommen, dabei aber die Grenze zwischen den derb- und dünnwandigen Zellen scharf gezogen. Es sei besonders darauf hingewiesen, dass hier, wie schon früher hervorgehoben wurde, in den Berlihrungswänden Tüpfel ge- bildet waren, ein Umstand, der nach unseren heutigen Vorstellungen zu der Annahme berechtigt, dass die beiden Gewebe durch Plasma-Fortsätze verbunden seien. /u bemerken bleibt schliesslich noch, dass die auf der Seite der Wurzel parallel den Korkplatten erzeugten Cambium-Lamellen nur eine geringe Thätigkeit entfaltet hatten. Besonders in dem inneren Teile befanden sie sich noch in emem frühen Bildungs-Stadium; (Gefässbündel waren auch in den am weitesten vorgeschrittenen nicht erzeugt worden. — Das Gewebe des Reises an den Kork-Lamellen und teilweise das dieser Lamellen selbst war, offenbar in Folge des von dem wachsenden Holzkörper des Reises ausgeübten Druckes, zusammengepresst. Die eben beschriebenen Thatsachen verdienen deshalb besondere Beachtung, weil sie lehren. dass das Reis in der Wurzel ein eigenartiges, anatomisch selbständiges Wachstum führt. Vermittelst eines eigenen Cambiums bildet es einen besonderen sekundären Holzkörper, der zwar mit den Bündeln der Wurzel in Zusammenhang steht, aber eine von diesen unabhängige Entwickelung erfährt. Das Reis sucht sich nach dem ihm eigenen Wachstums-Gesetz zu gestalten und abzurunden, auch nachdem es in festen Gewebe - Verband mit der Wurzel getreten ist; ein Umstand, der um so auffallender ist, wenn man bedenkt, wie fest geschlossen die Ernährungs-Einheit ist, die Reis und Wurzel hier bilden. Die umgekehrte Verbindung, in der die Wurzel dem Spross eingefügt wurde, zeigt ähnliche Ver- hältnisse, wie die eben erörterten und bedarf daher keiner Besprechung. b, Verbindungvon Wurzel und Blatt. Bezüglich der äusseren Erscheinung dieser Verbindung, der in normaler und der in abnormaler Weise ausgeführten, sei auf das S. 69 Gesagte verwiesen. Die hierbei auftretenden histologischen Ver- hältnisse erfordern keine nähere Darstellung. Es fand sehr innige Verwachsung sowohl im Paren- chym, als in den Bündeln statt, wie nach dem Wachstum der Wurzeln zu erwarten war. Die Ge- fässbündel an den Uebergangsstellen waren kräftig ausgebildet, zeigten im Uebrigen aber die sonst beobachteten Eigenschaften. Verbindungen unter verschiedenen Rassen. Zum Schluss haben wir noch einen Blick auf die Verwachsung der Gewebe von Organen ver- schiedener Rassen zu werfen. Von den vielen derartigen Verbindungen wurde eine grosse Zahl histo- logisch untersucht. Was die Beschaffenheit der Verwachsungsfläche betrifft, so erhält man hier stets die gleichen Bilder, welche bei der Verbindung der verschiedenen (Gewebe an derselben Pflanze gefunden wurden und es darf daher auf deren specielle Beschreibung verzichtet werden. Auf einen Umstand aber, der schon im zweiten Abschnitt hervorgehoben wurde, ist hier noch einmal hinzu- weisen, darauf nämlich, dass, wenn die mit einander verbundenen Objeete verschiedene Farben haben, die Grenzen der Gewebe in der Verwachsungszone auffallend scharf gezeichnet sind. An den Orten vollkommenster Verbindung im Parenchym laufen die beiden verschieden gefärbten Zellreihen parallel neben einander her. Niemals wurden Mischfarben beobachtet, niemals, von einem früher, beschrie- benen Falle abgesehen, wahrgenommen, dass die Farbe des einen Teiles in das Gewebe des anderen übergetreten war. In den Fig. 3 u. 13, Taf. IX sind zwei solche Grenzen abgebildet, die der Ver- bindung eines dunkelroten Reises mit einer weissen Unterlage entnommen wurden. Die mit Punkten versehenen Zellen bedeuten die Grenzlage des roten dem Reise angehörenden Gewebes. Die beiderlei Zellformen unterscheiden sich, von der Farbe abgesehen, auch noch durch etwas verschiedene Gestalt und durch grössere Intercellular- Räume im weissen Gewebe. Einen weiteren ähnlichen Fall giebt Fig. 5. Taf. IX. In diesem war die Wurzel eimer roten Rasse mit emer gelben Wurzel als Unter- lage verbunden; die kleinen Zellen gehören der letzteren, die grossen dem Reise an. Diese führten intensiv rote, jene eine gelbe Farbe. In allen drei Fällen war die Verwachsung an den bezeichneten Orten möglichst vollkommen. B. Verwachsung an holzigen Körpern. Zu den Verwachsungs - Erschemungen an holzigen Gewächsen übergehend schicken wir eine all- gemeine Bemerkung voraus. An den in abnormalen Stellungen eingesetzten Gewebestücken und den sie umgebenden Teilen des Körpers der Runkelrübe traten in den meisten Fällen Geschwülste auf, die als krankhafte zu be- zeichnen waren. Das Material aber, die Elemente, aus denen sich dieselben aufbauten, glichen im We- sentlichen den des normalen Körpers. Von der verhältnismässig grossen Zahl und dem abweichenden Verlaufe der Gefässbündel abgesehen, war die Zusammensetzung der Geschwulst stets derart, dass sie sich nur in untergeordneten Eigenschaften oder gar nicht vom gesunden Gewebe unterschied. Ganz anderen Verhältnissen begegnen wir bei den holzigen Gewächsen. Hier ist die Geschwulst, die an einem in abnormaler Stellung eingefügten Organ entsteht, durchaus pathologisch gebaut. Die Veränderungen erstrecken sich auf den ganzen Holz- und Bastkörper, und sind teilweise so ver- wickelter Natur, dass sie der Untersuchung erhebliche Schwierigkeit bereiten. Die nähere Feststel- lung dieses Baues ist unsere nächste Aufgabe. Wie in dem betreffenden Teil der experimentellen Arbeit, war auch hier Cydonia japoniea das wichtigste Object der Beobachtung. Da krankhafte Erscheinungen der angedeuteten Art bisher nicht wahrgenommen wurden, und die Folgen der beschriebenen Operationen teilweise von typischer Natur sind, so erscheint eine eingehende Untersuchung geboten. Da ferner genaue und besondere Angaben über den Bau des Holzkörpers der genannten Pflanze nicht vorliegen, so ist es zum Verständnis der Sache erforderlich, der Untersuchung der krankhaften Geschwulst eine kurze Betrachtung des normalen Kör- pers vorauszuschicken. Bezüglich der Einteilung und Terminologie des Holzkörpers folgen wir der Darstellung Sanio’s '). Cydonia japonica. A. Bau des normalen Zweiges. a. Ausammensetzung des Holzkörpers. 1) Das tracheale System. Die Tracheen bilden einen wesentlichen Bestandteil des Holz- körpers. Sie sind von eylindrischer Gestalt und haben geneigte Querwände; sehr oft schieben sie ihre Enden an einander vorbei. (Vergl. die Fig. 5, 7 u. 10, Taf. XI, die normale Beispiele darstellen und Fig. 11, die einen selteneren Fall giebt). Die Oeffnungen der Querwände haben rundliche oder 1) Sanio, C. Vergleichende Untersuchungen über die Elementarorgane des Holzkörpers. Botanische Zeitung, 21. Jahrg. Leipzig, 1863. S. 85 ff. — S. auch Bary, A. de. Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane der Phanerogamen und Farne. Leipzig. 1877. p. 493 ff. 128 ovale Gestalt. Die kleinen Tüpfel auf den Längswänden sind ebenfalls rundlich oder oval. Regel- mässie werden sekundäre Schraubenbänder ausgebildet. Bei einer grösseren Anzahl der Tracheen wurde die Länge bestimmt. Es ergab sich ein Mittelwert von 375 Mikr.. die grösste Länge. die ausgezogenen Enden mitgerechnet, betrug 418, die geringste 331 Mikr. Ihre absolute mittlere Länge war demnach ungefähr 0,37 mm. Die Tracheiden bilden die Hauptmasse des Holzkörpers und lassen zwei Formen unterscheiden. die durch Uebergänge miteinander verbunden sind. Die der ersten Form sind kurz. oft nicht viel länger, als die Gefüsse (Taf. XI, Fig. 6). Sie haben meist spaltenförmige Tüpfel und führen schraubige Wandverdickung; bald sind zwei Bänder vorhanden (Taf. XI. Fig. 9): bald ist nur eines ausgebildet. — Die zweite Form ist durch grössere Länge ausgezeichnet (Taf. XI, Fig. 13), die Tüpfel sind nur spärlich vorhanden und es wird kein sekundäres Schraubenband erzeugt. Derartige Bildungen sind von echten Libriform-Fasern nicht zu unterscheiden und würden hier als solche angeführt sein. wenn sie nicht mit den kurzen echten Tracheiden durch Uebergänge verbunden wären. In einzelnen Fällen gelang es, auch in den langen Elementen ein freilich äusserst zartes Schraubenband nachzuweisen. Ob es in allen Fällen vorhanden ist, sich aber in manchen seiner Zartheit wegen der Beobachtung entzieht, mag dahin gestellt bleiben. — Uebrigens bemerkt auch Sanio '), nach dem bei den Pomaceen die Libriform - Fasern fehlen, und Tracheiden die Grundmasse des Holzkörpers bilden, dass diese Elemente häufig faserartig werden. An den beiden Formen der Tracheiden unserer Pflanze sind die Enden lang zugespitzt, oft einfach, oft aber auch mit zahnartigen, zuweilen auffallenden Vorsprüngen versehen (vergl. die Figur 8, 9 und 16 auf Taf. XD). Um die Länge der Tracheiden annähernd zu bestimmen, wurden aus mazeriertem Material 20 beliebig herausgegriffene Elemente aller Längen gemessen. Es ergab sich ein mittleres Maass von annähernd 620 Mikr. 2) Dasbastfaserähnliche System. Von den hierher gehörigen Elementen besitzt der Holz- körper keine, wenn man nicht die eben genannten langen Tracheiden als Libriform-Zellen bezeichnen will. 3) Das parenchymatische System. Dieses ist reichlich vertreten durch die gewöhn- lichen Holzparenchym-Zellen, die von verlängerter Gestalt sind und meist gerade, daneben aber auch schwach wellig gebogene Längswände besitzen (Fig. 12, Taf. XT). Selten kommen abweichende Formen vor; nur gelegentlich wurden konjugierte Zellen beobachtet. Je nach den Elementen, an die sie grenzen, sind sie mehr oder minder reich mit einfachen Tüpfeln versehen. Hierzu kommt nun noch das gewöhnliche Strahlen-Parenchym, dessen Zellen auf dem tangen- tialen Längsschnitt isodiametrisch, auf dem radialen Längs- und auf dem Querschnitt dagegen ver- längert erscheinen. Es sind deren zwei, durch mancherlei Mittelbildungen verbundene Formen vorhan- den. Die einen, häufig vorkommenden, sind auf dem radialen Längsschnitt verhältnismässig lang und dabei in tangentialer Richtung schmal (Taf. XI, Fig. 14); die anderen in dieser Richtung breiter (Taf. XI, Fig. 15), in der radialen aber kürzer. Nicht selten beobachtet man, dass das Endglied der aus einer Cambium-Zelle hervorgehenden Parenchym-Zellenreihe länger, selbst beträchtlich länger ist, als die übrigen Elemente und in diesem Falle auf dem Tangential-Schnitte einer Holzparenchym-Zelle ähnlich sieht. Von dieser unterscheidet es sich jedoch stets dadurch, dass es in radialer Richtung verlängert erscheint, was bei den Holzparenchym-Elementen nie der Fall ist. Soviel über die elementare Zusammensetzung unseres Holzkörpers. Was nun die Verteilung und Anordnung der aufgezählten Bestandteile betrifft. so dürfen wir hier auf eine besondere Beschreibung verzichten. Statt alles Weiteren verweisen wir auf Fig. 1, Taf. XI, die eine tangentiale Längsansicht Unze pr 114, | | | | | | 129 giebt. Diese wurde mit der Camera lucida möglichst genau entworten, in der Ausführung aber halb schematisch behandelt, besonders insofern, als sämmtliche Elemente mit verdiekten Wänden bloss einfache Umrisse erhielten. Hingewiesen sei nur auf den regelmässigen Längsverlauf der Getässe und Tracheiden, sowie auf die geraden und schmalen Markstrahlen, deren Breite durchschnittlich zwei, häufig nur eme, seltener drei Zellenlagen beträgt. Die Summe der Markstrahlen auf der Flächeneinheit dürfte aus der Figur, die mittlere Verhältnisse darstellt, erhellen. — Der Tangential- Ansicht entspricht em Querschnitt mit sehr regelmässiger Reihenordnung seiner Elemente. bl. Bau des Bastkörpers. Da der Nachdruck in unserer Untersuchung hauptsächlich auf den Holzkörper gelegt wird. so dürften über den Bast wenige Bemerkungen genügen. Ein Blick auf den Querschnitt des sekundären Bastkörpers zeigt uns erstens die Baststrahlen, die Verlängerung der Holzstrahlen, und zwischen jenen Elemente, die im Allgemeinen Reihenordnung ein- halten, nicht selten aber auch regellose Lagerung zeigen. Diese Teile zwischen den Strahlen be- stehen erstens aus Siebröhren mit den charakteristischen Platten auf Längs- und Querwänden, Geleit- zellen, Elementen, die Krystallreihen führen, — vielleicht sind dies manchmal auch Geleitzellen. — aus verlängerten Zellen mit wenig verdiekten Wänden, dem Holz-Parenchym entsprechend und daher als Bast-Parenchym zu bezeichnen, sodann ähnlichen Zellen mit geringem Längen-Durchmesser und rein parenchymatischer Gestalt. Dazu kommen (Gruppen ächter sclerenchymatischer Hartbastzellen, deren Enden stumpf oder zugespitzt, (Taf. X, Fig. 18) oft mit zahnartigen Vorsprüngen versehen sind, und Hartbast-Parenchym-Zellen, durch sekundäre Fächerung aus Cambium-Zellen hervorgegangen. Nicht selten beobachtet man, dass die aus einem ursprünglichen Cambium-Element entstandene Bast- zelle sich nur zur einen Hälfte in Parenchym verwandelte, während die andere ungeteilt blieb. Die Wände der Hartbastzellen sind stark verdickt und reichlich mit einfachen Tüpfeln versehen. Das Parenchym ist ähnlich beschaffen, nur sind seine Wände meist etwas weniger verdickt. Wie der Längsschnitt lehrt, haben die verlängerten Elemente des Bastteiles der Regel nach ge- rade Gestalt und sind der Längsaxe des Körpers parallel gerichtet. Dasselbe gilt von den paren- chymatischen, durch sekundäre Teilung aus den Cambium-Zellen hervorgegangenen Zellenreihen. Schliesslich sei noch bemerkt, dass die Länge der Hartbastzellen nach 16 aus einer grösseren Zahl beliebig herausgegriffenen Elementen 260 Mikr. betrug. B. Ueber die durch Transplantation verursachten Störungen im Bau des Zweiges. Wir gelangen damit zur Untersuchung der Veränderungen, die der Bau des Zweiges in Folge der im ersten Abschnitt unserer Arbeit beschriebenen Rinden - Transplantationen erfährt. Diese sind nit Verwundungen verschiedener Art verbunden, mit Längs- und Quer- Wunden. Die daran ent- stehenden Gewebe fallen unter den allgemeinen Begriff des Wundgewebes, über dessen Entwickelung und Bau wertvolle Arbeiten vorliegen. Die ersten Stadien der Regeneration blossgelegter Wundflächen des Holz- und Bast- Körpers und teilweise auch die Zusammensetzung des fertigen Wundgewebes wurden durch Zreeul?), die Aufeinanderfolge der Elemente im Wundholz durch de Vries?) genau 1) Treeul, A. Accroissement des Vegetaux dicotyledones ligneux, reproduetion du bois et de l’ecorce par le bois decortique. Annales des Sciences naturelles. III. Serie. Botanique. T. XIX. Paris, 1853. p. 157 #. et p. 257. — Nouvelles observations relatives ä l’aceroissement en diametre des arbres dicotyledones. Ann. d. Se. nat. III. Serie. Bot. T. XX. Paris, 1853. p. 197. ff. — 2) Vries. H. de. Ueber Wundholz. Flora. Jahrgang 59. Regensburg, 1876. 8. 2 ff. Vöchting, Ueber Transplantation, lt 130 festgestellt. Diese Arbeiten setzen wir hier als bekannt voraus, ja wir könnten uns. soweit es den Bau der regenerierten Gewebe bei der Transplantation mit normaler Stellung der Teile betrifft, ein- fach auf sie berufen, wenn nicht zum Verständnis der hier zu behandelnden, bis jetzt unbekannten. krankhaften Geschwülste eine genaue Kenntnis der histologischen Vorgänge bei normaler Verpflan- zung notwendig wäre. Aus diesem Grunde schicken wir eine nähere Betrachtung dieser Prozesse voraus. 1) Normal eingesetzter Ring. Wie die in Folge der Operation eingetretenen äusserlich sichtbaren Störungen nur gering sind, so auch die inneren. Hervorzuheben ist zunächst, dass. wie schon früher erwähnt, die longitudinale Bruchfläche des Holzkörpers im Ringstück glatt erscheint, nicht wellig gebogen oder gar muschelig, wie in der krankhaften Geschwulst, die durch Umkehrung des Rindenringes hervorgerufen wird. — Mit der Lupe und selbst schon mit dem blossen Auge erkennt man, dass an der oberen und unteren (uerwunde nach der Operation zunächst ein ringförmiger Hügel gebildet wurde, über den die später erzeugten Holzelemente hinlaufen. Einen ähnlichen Hügel gewahrt man auch an der longitudinalen Verwachsungsnaht. Wie die mikroskopische Untersuchung zeigt, bestehen diese Hügel aus Wund- Parenchym, das einen radialen Durchmesser von höchstens 0,5 mm erreicht. Die nähere Betracktung zeigt ferner, dass auch auf der ganzen übrigen Verwachsungsfläche eine dünne Schicht von Wund- Parenchym erzeugt wurde. — An dem oben und unten an das Ringstück grenzenden Gewebe sind 8 nur geringe Störungen sichtbar. In der Nähe der Querwunden ist auch hier nach der Operation an- fangs Wund-Parenchym gebildet, doch reicht dies nur bis zu einer Entfernung von 1—1.5 mm von den Wunden, um dann aufzuhören. Der Ort und die Beschaffenheit der eben beschriebenen Gewebehügel stimmt durchaus mit den Angaben überein, die de Fries über die Heilung von Längs- und Querwunden gemacht hat. Innerhalb des Wund-Parenchyms des bezeichneten Hügels und der grossen Verwachsungstläche sieht man nun die Grenze zwischen dem vor der Operation schon vorhandenen Holzkörper und dem nach derselben gebildeten Zuwachs. Sie stellt sich dar als eine vielfach unterbrochene gelbe oder bräunliche Linie, deren Farbe teils durch Reste von Zellen, die bei der Operation verletzt wurden und in Zersetzung übergingen, teils aber auch durch den Umrissen nach wohl erhaltene, aber ebenfalls zu Grunde gegangene und mit gebräunten Wänden versehene Elemente, teils endlich durch Ballen von Wundgummi in einzelnen Zellen bedingt wird. Auch hier beobachtet man lokal zwei gelbe Linien. die meist in geringen Abständen verlaufen und deren Zwischenraum durch gesundes Gewebe ausge- füllt ist. — Die zahlreichen Unterbrechungen in der Grenzlinie werden, was zu erwähnen fast un- nötig ist, durch wohlerhaltene Zellen gebildet. Die Entstehung der Grenzlinie ist wiederholt dargestellt worden und bedarf daher keiner näheren Erörterung '). Seit Treeul’s Untersuchungen ist bekannt, dass und wie an blossgelegten Holz- und Rindenflächen die Regeneration der Gewebe erfolet. Die Verwachsung zweier sich berührender Flächen geht von beiden Seiten aus und hier im Wesentlichen so‘ vor sich, wie sie für die Flächen bei Beta beschrieben wurde. Auch hier gewahrt man demnach, wie erwähnt, bald eine, bald zwei gelbe Linien, ein Umstand, der bisher nieht beachtet wurde. Auf einen anderen Punkt noch sei hier hingewiesen, der in den früheren Darstellungen nicht 1) Sorauer, P. Vorläufige Notiz über Veredlung. Botanische Zeitung. Leipzig, 1875. S. 201. Genauer im Handbuch der Pflanzenkrankheiten. 2. Aufl. Berlin, 1886. I. S. 672. — Strasburger, E. Das botanische Praktikum. 2. Aufl. Jena, 1887. S. 281. genügend betont wurde, darauf nämlich, dass die Bildung des neuen Cambiums stets ausserhalb der Verwachsungsfläche, auf der Rindenseite, erfolgt. Dies gilt ganz allgemein für alle ähnlichen Ver- bindungen. Wäre es nicht so, entstände das Cambium, was ja an sich ebenso gut möglich wäre, inner- halb jener Fläche, so wären die Veredelung durch Okulieren und das Propfen mit dem Röhrchen unmöglich. Der Uebergang vom Wund-Parenchym zum normalen Holze, den wir nunmehr betrachten wollen, geht der Hauptsache nach in der von de Vries') für verschiedene Fälle beschriebenen Weise vor sich. Auf das innere regellose Parenchym folgt eine Schicht desselben Gewebes, in der an einzelnen Orten kurze Reihen etwas verlängerter, bald mit geraden, bald mit geneigten Querwänden versehener Ele- mente auftreten, die mit zahlreichen, aber einfachen Tüpteln versehen sind. In der nächsten Lage findet man Reihen kurzer weiter und längerer eylindrischer Tracheiden, dazwischen regelmässig ver- laufende Längsreihen parenchymatischer Zellen, die Anfänge der breiten Markstrahlen. Das nun folgende Bild zeigt kurze, aber sehr breite Markstrahlen und zwischen diesen gewundene Züge von Q Tracheen, Tracheiden und den jetzt auch auftretenden Holz- Parenchymzellen. Diese Anordnung < se staltet sich nach aussen rasch in eine mehr normale um; die Markstrahlen werden schmäler und zu- gleich die Reihen der verlängerten Elemente gerade. Ganz normale Verhältnisse werden aber im ersten und auch im zweiten Jahre noch nicht erreicht. Die Unterschiede bestehen erstens in der Zahl der Markstrahlen. Auf deren 10 im normalen Holze kommen durchschnittlich 15 im ersten Jahr- ringe nach der Verwundung, ein Verhältnis, das im zweiten unverändert beibehalten wird. Die Zahl der Markstrahlen in unserem Ringe beträgt also um "/s mehr, als die im normalen Holze gleichen Alters. Zweitens ist im den ersten Jahrringen nach der Verwundung die Breite der Markstrahlen etwas grösser als im normalen Ringe; sie beträgt meist 3, mindestens 2, nicht selten auch 4 Zellen- lagen. Doch ergab sich die interessante Thatsache, dass diese Breite allmählig abnahm und dass am Ende des zweiten Jahrringes die 3-reihigen Strahlen meist in 2- und die 2- in I-reihige über- gegangen waren. Im dritten und vierten Jahre werden die normalen Verhältnisse meist völlig wieder hergestellt. Besonders hervorgehoben sei noch die Thatsache, dass, sobald das Ringstück mit den darüber und darunter liegenden Teilen des Zweiges durch Cambium verbunden ist, die von diesem erzeugten (refässe und Tracheiden auf dem tangentialen Längsschnitt im Allgemeimen geraden Verlauf zeigen; nur an den bekaunten Unterbrechungen in der Verwachsungsfläche erfährt ihre Richtung kleine Abwei- chungen. Man kann daher sagen, dass die genannten Elemente oben normal ein-, unten ebenso aus- treten. Von den Verschiedenheiten in ihrem Bau abgesehen, ist also der Verlauf der verlängerten Elemente hier wie der Ein- und Austritt der Gefässbündel im normal eingesetzten Gewebestück der Runkelrübe. Wie schon angegeben, findet nicht nur in der Region des Ringstückes, sondern auch auf kurzer Strecke über und unter diesem die Bildung von Wund-Parenchym statt. Damit ist aber die, auf das Wachstum der genannten Teile ausgeübte Störung noch nicht beschlossen. Diese setzt sich vielmehr auch auf die Entwickelung der Holz- Elemente fort und zeigt sich in der Bildung breiter Markstrahlen ; solche von 3 Zellenreihen Breite sind hier häufiger, als im normalen Holze; und diese Abweichung wurde bis zu 10 mm Entfernung oberhalb des Ringstückes beobachtet, nahm aber von da aus all- mählig ab, und machte ganz normalen Verhältnissen Platz. Unterhalb des Rinsstückes waren die Störungen im Bau ähnlich, erstreckten sich aber nicht bis zu so grosser Entfernung. DIzen 39ER u: 224,0: 2) Verkehrt eingesetzter Ring. a. Störungen im Holzkörper. Der früher beschriebenen abnormen äusseren Erscheinung entspricht die wiederholt hervorgehobene Thatsache, dass der Längsbruch der Geschwulst nicht glatt, sondern wellig gebogen und unter Um- ständen sogar fast muschelig erscheint. Zur Orientierung über die makroskopischen Verhältnisse des Längsschnittes der Geschwulst und der angrenzenden Teile sei auf die schematische, den Umrissen nach jedoch genau gezeichnete Fig. 4. Taf. XI verwiesen, die nach einem Object hergestellt wurde. an dem die Operation vor zwei Jahren ausgeführt worden war und dessen Rindenring eine Länge von 28 mm hatte (vergl. Taf. VI, Fig. 1). Auf diesen Fall bezieht sich zunächst das im Nachfolgenden Gesagte. In genannter Abbildung bezeichnet v den verkehrt eingesetzten Ring, w w bedeutet die verwachsenen Wurzelpole, ss die Sprosspole, h giebt die Dicke des zur Zeit der Operation vorhandenen Holzkörpers, p den Zuwachs nach deren Ausführung, r die Dicke der Rinde an. Ein Blick lehrt, dass nach der Operation das lebhafteste Wachstum an den verwachsenen Wurzelpolen und in ihrer Nähe stattgefun- den, und dass es von da aus im Bereich des Ringes allmählig abgenommen hat bis zur Verwachsungs- stelle der Sprosspole. Hier aber ist wieder eine Anschwellung vorhanden, jedoch von beträchtlich geringerer Ausdehnung, als an den Wurzelpolen. Und ebenso wie der Holzkörper ist auch die sekundäre Rinde innerhalb des Ringes abnorm entwickelt. — Oberhalb des letzteren hat der Holz- körper nicht unbeträchtlich zugenommen, und zwar erstreckt sich die Zunahme bis zu bedeutender Entfernung. Unterhalb des Ringes dagegen ist das Wachstum erheblich geringer gewesen, und es nimmt ferner der Holzkörper von der Verwachsungsstelle der Pole aus an Dicke rasch ab. Betrachten wir nunmehr die histologischen Verhältnisse. In dem ganzen Holzkörper des Ringes kann man zwei Regionen unterscheiden, deren Grenzen, wenn sie auch nicht scharf gezogen sind, sich doch mit einiger Sicherheit bezeichnen lassen. Der ersten, inneren, ist eigen, dass in ihr das Paren- chym den einzigen oder doch überwiegenden Bestandteil bildet; der zweiten, dass neben dem Pa- renchym reichlich verlängerte Elemente auftreten. In unserer Figur deutet a die innere, der schraf- fierte Teil des Holzkörpers die äussere Region an. Um mit der inneren Zone zu beginnen, so ist auf der ganzen Verwachsungsfläche eine Schicht dickwandigen Wund-Parenchyms gebildet. deren Mächtigkeit im mittleren und unteren Teile des Ringes 4—6, stellenweise noch mehr, an den verwachsenen Polen selbst erheblich mehr, Zellenlagen beträgt. Die Elemente dieses Parenchyms sind von etwas unregelmässiger Gestalt und ungleicher Grösse (Fig. 30, Taf. X, die auch die Dicke der Wände andeutet). In der Ruheperiode sind sie mit Stärke erfüllt, einzelne führen auch Krystalle. In dem Parenchym verläuft die gelbe Grenzlinie, an die sich an den Polen kurze, radial gerichtete, gleichartige Streifen ansetzen. Auf die Zone dieses inneren reinen Parenchyms folgt nun hier, wie beim normal eingesetzten Ringe, die, in der erst einzelne, dann in Reihen geordnete kurze Tracheiden auftreten. Der Unter- schied besteht jedoch darin, dass während dort die Tracheiden bald gerade Längszüge bilden, sie hier mannigfach gewundene und wellig gebogene Reihen darstellen; das gleiche gilt von den kurzen tonnenförmigen Gefässen, die bald nach den ersten Tracheiden erscheinen. Zu ihnen gesellen sich. wenn auch zunächst sparsam, verlängerte Elemente, die man ihrer Tüpfelung, ihrem Stärkegehalt und sonstigen Verhältnissen nach als Holz-Parenchym bezeichnen muss. Die Gestalt der Gefässe und Tracheiden wird in Kurzem erörtert werden. Hier sei jedoch schon hervorgehoben, dass den genannten beiden Elementen Formen vorausgehen, die ihren Umrissen nach zum parenchymatischen, auf Grund des Baues der Wand dagegen zum trachealen System zu rechnen sind. Die Wände dieser Zellen sind mässig verdickt, und führen einfache oder häufiger behöfte Tüpfel (Taf. X, Fig. 13 und 23; Taf. XI, Fig. 27): zuweilen wird auch ein sekundäres Schraubenband er- zeugt (Taf. X, Fig. 22). Diese Zellen treten erst einzeln, dann in ganz kurzen Reihen auf, und bilden Uebergänge zwischen dem Parenchym und den Tracheen und Tracheiden, neben denen man sie in der Regel nicht mehr beobachtet. Im normalen Holze wurden sie niemals wahrgenommen, und stellen demnach besondere pathogene Elemente dar. Soviel über den vorwiegend parenchymatischen Teil des Holzkörpers. Was den zweiten Teil anlangt. so zeigt dieser in den verschiedenen Regionen etwas verschiedene Beschaffenheit. Wir wollen mit der Region beeinnen, welche die grössten Abweichungen vom nor- malen Bau aufweist und sich unterhalb der verwachsenen Wurzelpole und an diesen findet. Das interessanteste Bild gewährt der tangentiale Längsschnitt (Taf. XI, Fig. 2). Verglichen mit dem entspre- chenden Schnitt durch einen normalen Körper (Fig. 1), bietet er den Anblick völliger Regellosigkeit dar. Zunächst springt die auffallende Entwickelung des Parenchyms ins Auge. Die Markstrahlen erscheinen ungewöhnlich zahlreich und abnorm breit. Bezüglich der Zahl beobachtet man Fälle, in denen auf den Raum zweier Markstrahlen im gesunden Holze deren 3 oder 4 im krankhaften kommen. Der emzelne Strahl führt dabei der Breite nach bald, jedoch seltener, die normale Zahl von Zellenlagen, bald deren 5. 6. 7 und selbst noch mehr. Der grossen Entwickelung in die Breite entspricht eine geringere in die Länge. Zwar kommen auch hier Strahlen von beträchtlicher Ausdehnung vor. im Durchschnitt aber sind sie kürzer, als im normalen Holze. Sie zeigen dabei meist einen gewundenen Verlauf, und sind lokal sogar quer zur Längsaxe gerichtet. Ihre Elemente haben dabei wechselnde Grösse; neben sehr kleinen finden sich auffallend grosse. Durchschnittlich sind sie grösser, als die entsprechenden Ele- mente des unverletzten Zweiges. In den Figuren 28 und 29 auf Taf. X sind die Bilder zweier Querschnitte gegeben, die einer Region entnommen waren, in der die Anomalie im Bau nur mässige Ausbildung hatte. Doch lehrt der Vergleich mit den Figuren 14 und 15 auf Taf. XI den grossen Unterschied dieser Strahlen von den des normalen Holzes. Es wurde versucht, das Areal der Mark- strahlen auf dem tangentialen Längsschnitt für die Flächeneinheit zu bestimmen, allein diese Bemüh- ungen gelangten wegen der Schwierigkeit, welche die Umgrenzung mancher Strahlen bot, nicht zum Abschluss. Zwischen den Markstrahlen verlaufen in mannigfach gewundenen Zügen die Holz-Paren- chymzellen, Tracheiden und Gefässe. Im einfachen Falle bilden diese Elemente wellenförmige Züge ; daneben kommen aber auch plötzliche Biegungen vor, S förmige und stark gebogene Krümmungen. Manchmal entstehen aus diesen Zügen selbst wahre Knäuel, deren Zentren gewöhnlich Parenchym- Zellen bilden. Ein solcher Fall ist in Fig. 3 auf Taf. XI dargestellt. Hier nimmt eine rundliche Parenchym-Zellgruppe,. ein Markstrahl, die Mitte en: um sie herum sind Tracheiden nnd Holz- Parenchymzellen gleichsam geschlungen. Auf diese folgt zur rechten Seite ein halbmondförmis ge- krümmter Markstrahl, der wieder von verlängerten Elementen umschlossen ist, während sich links gebogene Gefässe und Tracheiden anfügen. Alles Uebrige lehrt die Abbildung. Diesem Längsschnitt entspricht der Querschnitt. Er giebt uns bald Quer-, bald Längs-Ansichten der Elemente, daneben alle möglichen Lagen zwischen diesen beiden und bietet sonach ein höchst unregelmässiges Bild. Mit dem eigentümlichen Verlauf der Gefäss- und Tracheiden-Züge steht die Gestalt des einzelnen Elementes in Uebereinstimmung. Auf Taf. XI, Fig. 22, 23 und 28—36 wurde eine Anzahl durch Mazeration freigelegter Tracheiden abgebildet. Neben einfachen kommen besonders in den Knäueln die seltsamsten Formen vor, darunter bogen- oder selbst kreisförmig gestaltete, ein- oder zweimal knieförmig, gelegentlich auch Sförmig gekrümmte. Dazu kommt die eigentümliche Ge- staltung der Enden. Die auch an normalen Elementen vorkommenden zackenförmigen Fortsätze sind hier häufiger und oft beträchtlich grösser; zuweilen werden sie selbst gabelförmig (s. besonders Fig. 28—30, 34 u. 35). Auch auf der übrigen Länge treten nicht selten kleine Fortsätze auf. Dazu ist die Weite dieser Elemente verschieden. Im Ganzen dürfte der mittlere Durchmesser der normalen Tracheiden etwas übertroffen werden, doch beobachtet man gelegentlich auch sehr enge Formen. An den gekriümmten sind oft lokale Erweiterungen vorhanden und auf ganz zugespitzte Enden folgen nicht selten rasch solche weite Stellen. — Manche zeigen spiralige Wandverdiekung (Fig. 28 u. 35). bei anderen konnte diese an dem mazerierten Material nicht wahrgenommen werden. Nicht minder auffallend sind die Gefässe gebaut. Unter den längeren kommen ebenfalls ge- bogene und unregelmässig gestaltete Formen vor (Taf. XI, Fig. 21 u. 24). Vor Allem aber fallen die kurzen tonnenförmigen Gestalten ins Auge, die sich durch ihren verhältnismässig grossen Durch- messer auszeichnen (Taf. XI, Fig. 17, 19 u. 20). Selbst solche Elemente sind manchmal gekrümmt oder zeigen gelegentlich auch eigentümliche seitliche Fortsätze (Taf. XI. Fig. 26). Bemerkenswert sind ferner weite Tracheiden, die, von dem Mangel der grossen Perforationen ab- gesehen, in der Tüpfelung und den sonstigen Verhältnissen ächten Gefässen ähnlich sehen und im normalen Holze nicht beobachtet werden (Taf. XI, 18 u. 25: Taf. X, Fig. 16). Um die Längen-Verhältnisse der genannten Elemente zu bestimmen, wurden 18 durch Mazeration freigelegte Gefüsse ohne Auswahl gemessen. Als ihre mittlere Länge ergab sich 178 Mikr. Da die durchschnittliche Länge der Gefüsse im normalen Holze 378 Mikr. beträgt. so sind demnach die des bis jetzt untersuchten Teiles der Geschwulst um mehr als die Hälfte kürzer. Bei der Messung der Tracheiden wurden nur die längeren Formen gewählt, die ganz kurzen dagegen ausgeschlossen. Die aus 18 Bestimmungen abgeleitete mittlere Länge betrug 450 Mikr., die der normalen aber, wie früher !/z zu Gunsten der letzteren. Wären angegeben, 614 Mikr. Der Unterschied beträgt also nicht ganz auch die kurzen Tracheiden der Geschwulst mitgemessen, so hätte sich wahrscheinlich dasselbe Ver- hältnis herausgestellt, das bei den Gefässen gefunden wurde. Betrachten wir nunmehr die Geschwulst an der Verwachsungsstelle der Sprosspole. In ihr sind die histologischen Verhältnisse den eben beschriebenen sehr ähnlich. Im Innern. an der Berührungsfläche der beiden Pole, findet sich wieder ein, wenn auch beträchtlich kleinerer, Wulst von Parenchym, über diesen hin ziehen sich die Stränge von Tracheiden und Gefässen, doch wurden unter den letzteren die ganz kurzen Formen nicht beobachtet. Der tangentiale Längsschnitt gewährt ein ähnliches Bild, wie der der Wurzelpole; er zeigt dieselben breiten Markstrahlen, dieselben wellen- förmigen Züge der verlängerten Elemente. Im Ganzen aber sind die Anomalien hier nicht zu solcher Höhe ausgebildet wie dort, und zwar offenbar wegen des geringeren Gesamtwachstums an dieser Stelle. Soweit die Pole. In dem Raum zwischen ihnen ist der Bau des Holzes in geringer Entfernung, etwa 2—5 mm, von dem Sprosspol, wenn auch entschieden krankhaft. so doch im Ganzen weniger abweichend. Die Markstrahlen haben nicht jene abnorme Breite, die an den Wurzelpolen gefunden wurde, sind dafür aber etwas länger und dem entsprechend stellen auch die Tracheen und Tracheiden weniger stark gebogene Züge dar. Bei 5 mm Entfernung von den Sprosspolen werden die Abwei- chungen im Bau grösser und nehmen von da an bis zu den Wurzelpolen beständig zu. Werfen wir jetzt einen Blick auf den Bau der Teile über und unter dem verkehrt eingesetzten Ringe. Zunächst sei die obere Region betrachtet. Hier ist vor Allem die wichtige Thatsache festzustellen, dass auf längerer Strecke jene zwei Schichten des Holzes zu unterscheiden sind: eine innere, vorwiegend parenchymatische, und eine äussere, die neben abnorm entwickeltem Parenchym reichlich prosenchymatische Elemente führt. — Der Bau der inneren Schicht zeigt auf verschiedenen Höhen kleine Abweichungen. Unmittelbar über der Ver- wachsungsstelle weist er die gleiche Beschaffenheit auf, wie unter ihr: auf eine innerste Schicht, die lediglich aus Parenchym besteht. folgt eine solche. in der zunächst kurze, weiter aussen aber auch längere Tracheiden und Gefässe auftreten. Die erste dieser beiden Schichten hört jedoch bald auf, während die zweite sich bis zu beträchtlicher Entfernung, etwa 12 —14 mm, nach oben fortsetzt. Um zu der äusseren, mehr prosenchymatischen Schicht überzugehen, so ist diese unmittelbar über der Verwachsungsfläche ebenso gebaut. wie dicht unter ihr. Hier finden sich wieder die breiten kurzen Markstrahlen, die vielfach gewundenen Züge der Tracheiden und Gefüsse und hin und wieder auch die vorhin besprochenen Knäuel. Dieser Bau herrscht aber nur bis zu 3—4 mm Entfernung von den Polen. von da an ändert sich das Bild. Die Knäuel hören auf, die Biegungen der Tracheiden und Tracheen - Züge werden minder wellenförmig, die Markstrahlen schmäler. Doch ist die Breite der letzteren noch immer abnorm, sie beträgt in 5—9 mm Entfernung durchschnittlich 4, daneben 5 oder auch nur 3 Zellenlasen. In noch weiterer Entfernung, bei 15—20 mm, beobachtet man nur 1 ji 37% g g wenig geänderte Verhältnisse, auch bei 20—25 mm bleiben sie fast gleich, bei 25 30 mm noch immer ähnlich. doch sind die Markstrahlen jetzt schmäler, sie haben meist 3. daneben aber auch noch 4—5 Lagen Breite. Untersucht man in noch grösserer Höhe, so findet man fast dieselben Ver- hältnisse, nur werden die Markstrahlen noch um ein Geringes schmäler. Der untersuchte Zweig hatte über 20 cm Länge, aber noch am äussersten Ende fand sich eine in die Augen springende Anomalie im Bau des Holzes; die Markstrahlen-Breite betrug im Mittel noch immer 3 Zellenlagen. Auch ein an der Spitze stehender Seitenzweig zeigte noch die gleiche Struktur. Hiernach unterliegt es keinem Zweifel, dass die durch die Umkehrung des Rindenringes hervor- gerufene Störung sich nach oben auf sehr weite Entfernung erstreckt. Mit dem eben geschilderten sei nun der Bau des Holzes unterhalb der verwachsenen Sprosspole verglichen. Hier fällt zunächst auf, dass die Parenchym- Bildung in der inneren Region rasch er- lischt; sie reicht nur bis zu 1—1,5 mm Entfernung von der Verwachsungsfliche. Dagegen zeigt sich in der äusseren Schicht die Störung im Bau noch auf weite Strecke. Bis zu 2-3 mm Entfernung haben die Markstrahlen grosse Breite, die Tracheiden stark wellenförmisen Verlauf, auch finden sich hier auffallender Weise keine Trächeen. Weiter unten treten diese jedoch auf, anfangs spärlich, dann reichlicher. bis bald, soweit sich durch Schätzung bestimmen lässt, die normale Zahl erreicht ist. Die Markstrahlen behalten ihre bedeutende Breite, und die verlängerten Elemente ihren stark welligen Verlauf bis zu etwa 10 mm Entfernung: bei 20 mm sind die Störungen etwas weniger sichtbar, aber selbst bei 35—40 mm haben die Markstrahlen noch abnorme Breite. Hierzu ist zu bemerken, dass, wie der Querschnitt lehrt, die sämtlichen Elemente kleiner sind, als im normalen Holz der früheren Jahrgänge. Erst im zweiten Jahre treten wieder Gefüsse auf, aber nur spärlich und von kleinerem Umfang, als im normalen Holze. Die beiden nach der Operation gebildeten Jahrgänge erscheinen als schwächliche Producte. — Also auch unterhalb des verkehrten Ringstückes setzen sich die Störungen bis zu beträchtlicher Entfernung fort. Auffallend hierbei ist das Fehlen der Gefässe unter dem Sprosspol und die Kleinheit der Ele- mente, Abweichungen, die oberhalb des Ringstückes nicht wahrgenommen wurden. Ob diese Er- scheinungen lediglich auf mangelhafter Ernährung beruhen, lässt sich zur Zeit nicht sagen. b) Störungen im Bastkörper. Wie schon angedeutet, erfuhr der Bastteil eine minder emgehende Untersuchung, als der Holz- körper. Immerhin wurde festgestellt, dass jener in der Hauptsache ähnlichen Störungen unterliegt, 136 wie (dieser. Auch beim Bast fällt zunächst auf, dass die parenchymatischen Elemente auf Kosten der prosenchymatischen zunehmen. Wir finden hier dieselben breiten Parenchym-Strahlen. die direkten Fortsetzungen der Holzstrahlen, und dazwischen die wellig gebogenen Züge der verlän- gerten Elemente, der Siebröhren, Geleitzellen, Cambiform- und Hartbast-Zellen. Auch hier herrscht die grösste Unregelmässigkeit in der Nähe der Wurzelpole, man beobachtet Knäuel und ähnliche sonder- bare Formen, wie sie im Holzkörper gefunden wurden. Besonders lehrreich sind die stark verdickten Hartbast-Zellen. Mit ihrer abnormen Krümmung geht die Bildung zacken- und buckelförmiger Fort- sätze Hand in Hand (Taf. X, Fig. 15. 17 u. 19). Vollkommen im Bogen gekrimmte Formen findet man jedoch weniger, als bei den Tracheiden im Holzkörper, und zwar offenbar darum, weil sie kürzer und da- her an der Bildung eines Knäuel-Umfangs in grösserer Zahl beteiligt sind. als dies bei den Tracheiden der Knäuel im Holzkörper der Fall ist. Auch scheint es, als teilten sie sich hier häufiger durch (Querwände als im normalen Bastkörper. — Nicht minder zeichnen sich die diekwandigen Parenchym- Zellen, deren Wandstruktur grosse Aehnlichkeit mit der der Hartbastzellen hat, und die durch sekundäre Fächerung der Cambium -Zellen entstehen, oft durch sonderbare Gestalten aus. Derartige Formen beobachtet man zwar auch im normalen Bast, jedoch beträchtlich weniger zahlreich, als in der Geschwulst (Taf. X, Fig. 26). Nicht selten findet man auch Elemente, bei denen es zweifelhaft bleibt. ob sie zu den Bastzellen oder zum parenchymatischen Bast-Parenchym zu zählen sind, so die in Fig. 24 und 25 auf Taf. X dargestellten Fälle. Auch das in Fig. 14 gegebene Beispiel macht die Entschei- dung schwer. Um die Länge der Hartbast- Zellen annähernd festzustellen, wurden 16 der längeren gemessen. Es ergab sich ein Mittelwert von 206 Mikr., während der der normalen Elemente 260 betrug. Auch hier würde sich ein anderes Verhältnis herausgestellt haben, wenn man die kürzeren Elemente bei der Messung mit berücksichtigt hätte. Ueber die lokale Herstellung normaler Verhältnisse in der krankhaften Geschwulst, Wie im experimentellen Teile unserer Arbeit ausgeführt wurde, findet bei manchen kräftigen Zweigen unserer Pflanze, an denen in den umgekehrt eingesetzten Ringen die Geschwulst gebildet war, nachträglich eine partielle Heilung statt. Am Ort der longitudinalen Verwachsung des Ring- stückes wird ein Gewebestreifen gebildet, dessen Entstehung oben beginnt und sich nach unten fort- setzt, der anfangs wenig, später immer mehr vortritt, und endlich einer Brücke gleich das ober- und unterhalb des Ringes gelegene Gewebe verbindet. Es ist unsere nächste Aufgabe, den histologischen Bau dieser Brücke und ihre Entstehung klar zu legen. Als geeignetes Beispiel diene der in Fig. 9, Taf. VI dargestellte Fall. Die Geschwulst hat hier ein Alter von 3 Jahren. Wie der, in ihrer oberen Region dieht unter der Verwachsungsstelle geführte Querschnitt (Figur 18, Taf. VI) lehrt, waren zur Zeit der Ope- ration 4, ziemlich genau radiär gebaute Jahrringe vorhanden, auf die sich in der Folge 3 abnorm gebaute, mit wellenförmigem Umriss versehene, abgelagert haben. Schon der erste Jahrring der Ge- schwulst entwickelte sich unter der longitudinalen Verwachsungsnaht bei b in Fig. 9 u. 18 stärker, als an den übrigen Orten; dasselbe geschah in noch gesteigertem Maasse in den beiden folgenden Jahrringen. Auch die Rinde nahm hier etwas mehr an Dicke zu, als in den gegenüberliegenden Teilen. Die histologische Untersuchung zeigt, dass der erste Jahrring nach der Operation überall gleich- mässig abnormal gebaut ist, auch an den Stellen mit excentrischem Wachstum unter der Längswunde. Anders aber gestalten sich die Verhältnisse in den beiden folgenden Ringen. Dem grösseren Umfange 157 nach sind beide auch noch pathologisch gebaut, m dem excentrischen Teile dagegen zeigt sich das Bestreben, zur normalen Struetur zurückzukehren. Die Grenze zwischen dieser Region und der noch völlig abnormal gestalteten ist ziemlich genau beschrieben; sie wurde in Fig. 18 durch die beiden Linien & bezeichnet. — Innerhalb des ersten, des excentrischen, Teiles war folgender Bau vorhanden. Tangentiale Längsschnitte, durch die Mitte der äusseren Region geführt, ergaben Bilder, welche zwar noch nicht als völlig normal bezeichnet werden konnten, aber denen glichen, die wir an den in grösserer Entfernung über der Geschwulst „elegenen Zweigteilen beobachteten. Die Markstrahlen hatten noch etwas abnorme Breite, im Mittel 3 Zellenlagen, und dem entsprechend zeigten auch die verlängerten Elemente noch nicht ganz geraden Verlauf. Doch waren die Abweichungen von der regelmässigen Structur nur gering, und, was sehr wichtig, dieser Bau setzte sich über die verwachsenen Pole hin fort und verband somit gleichförmig das Gewebe ober- und unterhalb des Ringes. Wie aber gestaltet sich der Uebergang von diesem fast normalen Gewebe zu dem krankhaften des gleichen Ringes? Die Untersuchung lieferte hier ein überraschendes Ergebnis. Tangentiale Längs- schnitte, die aus der oben bezeichneten Grenz-Region, bei &, hergestellt wurden, lehrten, dass hier zwischen den beiden entgegengesetzt verlaufenden Gewebemassen Verbindungen gebildet waren, ähnlich denen, die für die Gefässbiündel in den verkehrt eingesetzten Gewebestücken der Runkelrübe nach- gewiesen wurden. Diese Verbindungen bestanden hier bald nur aus dünnen Strängen verlängerter, in mehr oder minder stark, oft sogar knieförmig gekrümmten Bögen verlaufender Elemente, bald aus stärkeren Biindeln, bald selbst aus breiten Zügen von Tracheiden, Holz-Parenchym, Gefässen und Markstrahlen. In Fig. 32 auf Taf. X ist em Fall der ersteren, in Fig. 31 ein solcher der zweiten Art halb schematisch dargestellt. Fig. 32, in der die Pfeile die Polarisations-Richtung an der Grenze der Gewebe andeuten, zeigt zwischen diesen, durch Markstrahlen getrennt, die scharf gekrümmten Stränge verlängerter Elemente: wie man sieht, geht die Verbindung hier auf schmalem Raume vor sich. Fig. 31 giebt dagegen etwas mehr als die Hälfte einer grossen Brücke, die alle Gewebeformen umschliesst und in der die Markstrahlen in weitem Bogen mitgekrümmt sind. Solche Brücken wurden im der ganzen Grenz-Region beobachtet. Neben diesen Zügen fanden sich, vereinzelt vorkommend, interessante Verbindungen unter Gefässen. Im Parenchym der Grenz-Zone verliefen hier einzelne Ge- fässreihen. die lokal Vereinigungen eingingen. Dies geschah stets aber in der Weise, dass die Richtung der Elemente am Ort der Verbindung gleichsinnie war (Fig. 21, Taf. N). Wir wollen nunmehr versuchen, die Frage zu beantworten, wie die eben erörterten Brücken fast normal gebauten Gewebes in der Geschwulst entstehen. Man könnte zunächst die Vermutung hegen, es wachse, etwa so wie bei einer Ueberwallung, in der Region der loneitudinalen Schnittfläche von oben her eine Lamelle normalen Gewebes über das krank- hafte hinweg und bringe so eine partielle Heilung der Geschwulst zu Wege. Allein diese Anschauung ist sofort von der Hand zu weisen. Die sämtlichen Wachstumsvorgänge finden im Cambium statt, innerhalb der sekundären Rinde. Sie spielen sich also im Gewebeverband ab, und von einem blossen Hineinschieben gesunden Gewebes zwischen das krankhafte kann daher nicht die Rede sein. — Die Herstellung der Brücke ist folglich nur dadurch möglich, dass die Cambium-Zellen des Ringes selbst Krümmungen erfahren, durch die sie in normale Lage gelangen. Dass sie bestrebt und im Stande sind, solche Bewegungen auszuführen, lehren uns die vorhin beschriebenen Verbindungen. Es wird sich also nur darum handeln, ob auch ganze Lagen von Cambium-Zellen auf weiter Strecke eine gleichsinnige Krümmung, wie sie hier erfordert wird, auszuführen vermögen. Bevor wir zur Unter- suchung der thatsächlich vorkommenden Verhältnisse schreiten, wollen wir kurz die Möglichkeiten er- wägen, durch die jene Bedingung erfüllt werden kann. Vöchting, Ueber Transplantation. 18 158 Öffenbar genügen hier drei Fälle. Man kann sich erstens vorstellen. dass die Cambium-Zellen des verkehrt eingesetzten Ringes da, wo sie an der oberen Wunde mit den entsprechenden Elementen des oberen Zweigteiles zusammenstossen, den letzteren gruppenweise in tangentialer Richtung aus- weichen und sich bogenförmig abwärts krümmen, ein Vorgang. der die gleichsinnige Lagerung dieser nach unten gerichteten Teile mit jenen oberen Cambium-Zellen zur Folge hätte und eine normale Verbindung der beiden herbeiführen würde. Diese Prozesse könnten sich dann abwärts fortsetzen und so in dem zunächst regellosen Gewebe Partien entstehen, deren Elemente normale Lage hätten. Nach und nach würde auf diese Weise eine vollständige Brücke gesunden Gewebes zwischen dem oberen und unteren Zweigteile hergestellt werden. Die zweite Möglichkeit besteht darin, dass die Cambium-Zellen sich an den gleichnamigen Polen in radialer Richtung ausweichen, ein Wachstum, das offenbar auf breiter Strecke und daher in ausgiebiger Weise stattfinden kann. Setzte sich dieser Prozess von oben nach unten allmählig fort, so entstände ebenfalls eine Brücke normal polarisierten Gewebes in der krankhaften Geschwulst. — Endlich drittens wäre denkbar, dass beide Möglichkeiten gleichzeitig zuträfen. Wie verhält sich nun der anatomische Befund zu diesen Möglichkeiten? Die Untersuchung lehrt Folzendes. Trägt man ‘das Gewebe, von aussen anfangend, allmählig ab. so findet sich, dass der dritte, nach & cebaut ist; der Operation gebildete Jahresring in seiner ganzen Dicke annähernd regelmässig & in ge- ringerem Maasse gilt dies vom zweiten, und der erste endlich ist völlig abnorm. Im zweiten Jahr- ringe und im jüngeren Teile des dritten sind also hauptsächlich die Orte zu suchen, an denen die oben angedeuteten Vorgänge sich abspielen. Der sichere Nachweis derselben auf dem Tangential- Schnitt gelang jedoch nicht. Der Verlauf der Elemente war hier so regellos,. dass sich bestimmte Schlüsse daraus nicht ziehen liessen. Dennoch ist es möglich, dass, wenn auch vielleicht nur lokal. ein Ausweichen und Anordnen der Elemente in tangentialer Richtung stattfand; bestimmt wahrneh- men liess sich dies aber nicht. Ein anderes Bild dagegen bot der radiale Längsschnitt. Hier wurden thatsächlich solche Con- figurationen beobachtet, wie wir sie zur Erklärung der uns beschäftigenden Erscheinungen annahmen. npnTr Sie fanden sich sowohl dicht unter der oberen Verwachsungsstelle des Ringes, als weiter unten bis zu seiner unteren Grenze, und umfassten stellenweise grosse Komplexe von Elementen aller Art. Auch hier wurden die beiden Formen der — >= gekrümmten Zellensruppen festgestellt, die sich an der Grenze zwischen dem == VI DIVE S; 77 annähernd normalen Holze der Brücke und dem in tangentialer Richtung angren- "lylr zenden abnormen fanden, solche, die konvex und solche, die konkav nach oben R ı[ , gebogen waren. Vergl. das beigefügte Schema, Fig. 11, in dem die Pfeile die ver- I schiedenen Polarisations-Richtungen andeuten. r der a einge- Die eben mitgeteilten Thatsachen legen somit die Erklärung des Entstehens setzte Ring; n nor- males Holz, vor der Operation gebildet; nun aber die Dinge im Einzelnen sich gestalten, wie die Cambium - Zellen n‘ annähernd normal p 3 Be 2 SER gebautes Holz, nach- wachsen, sich krümmen, und sich ausweichen: darüber wage ich kein Urteil ab- träglich erzeugt; r die a re e = - . Rinde; p die krank- zugeben, so viele Bemühungen auch angestellt wurden. im die verwickelten Ver- hafteRegiondesHolzes, in deren äusseren und e mittleren Teile sich sogenannte „gleitende Wachstum“ statt, ja es scheint, als sei ohne dieses ein dieKrümmung der Ele- 5 } E E Wn mente zu normalem Verständnis der Vorgänge nicht möglich. Verlauf vollzieht. der Brücke normalen Gewebes in dem verkehrt eingesetzten Ringe nahe. Wie hältnisse einzudringen. Hier findet wahrscheinlich in ausgedehnter Weise das Dieselben Prozesse, die wir im Holze beobachteten, gehen auch im Bast- körper vor sich, doch scheint deren nähere Beschreibung nicht erforderlich zu sein. 159 Dass endlich die Bildung der Brücke normalen Gewebes oben beginnt, und sich nach unten fort- setzt, darf nicht überraschen, wenn man bedenkt. dass stets die Basis der im Wachstum voraneilende Teil, und dass hier, wie beim Ringelschnitt, die obere Wundlippe die besser emährte ist. Picea excelsa. Zum Vergleich wollen wir nunmehr einen Blick auf die krankhafte Geschwulst werfen, die durch Umkehrung des Rindenringes bei Picea excelsa entsteht. Der Bau des normalen Holzes ist allbekannt und braucht hier nicht beschrieben zu werden. Statt alles Weiteren sei auf die vortretflichen Abbildungen in Anys') Wandtafeln verwiesen. Wie schon im experimentellen Teile erwähnt wurde, ist der ganze verkehrt eingesetzte Ring mit eimer Harzschicht bedeckt, die an den Orten der einstigen Schnittwunden ihre grösste Dicke erreicht. Die histologische Untersuchung der Geschwulst lehrt, dass hier die für Cydonia beschriebenen Verhältnisse wiederkehren, nur dadurch abweichend, dass entsprechend der einfacheren elementaren Zusammensetzung des normalen Holzes auch ihr Bau einfacher ist. Die grössten Verwickelungen zeigen sich auch hier in dem stark verdickten Teile. Dort findet man dasselbe Ueberwiegen des Parenchyms, die breiten Markstrahlen, die gewundenen Tracheiden-Züge, nicht selten die Knäuel, da- neben auffallend grosse und zahlreiche Harzgänge. Um ein Bild der oft seltsamen Gestalten zu geben, welche die im normalen Holze so regelmässigen Tracheiden hier annehmen, wurden zwei der durch Maceration freigelegten Elemente wiedergegeben. (Fig. 20 u. 27 auf Taf. X, die keiner Erklärung bedürfen.) Ausser solchen Formen wurden auch halbkreistörmig und S förmig gekrümmte Gestalten beobachtet. Zur näheren Feststellung des Unterschiedes zwischen normalem und krankhaftem Holze wurden auch hier Messungen von Tracheiden der beiderlei Art ausgeführt. Zur Bestimmung der Länge der normalen Elemente diente ein Stück aus dem letzten vor der Operation gebildeten Jahrrnge. 16 aus emer grossen Zahl beliebig herausgegriffene Tracheiden desselben hatten eine mittlere Länge von rund 1000 Mikr., genauer 1,020 Mikr.; die längste mass 1480, die kürzeste 700 Mikr. »ionen unterscheiden, eine innere, In der Geschwulst kann man, ebenso wie bei Cydonia, zwei Reg zunächst an das Wund-Parenchym grenzende, die sich durch die kürzesten und am abweichendsten gestalteten Elemente auszeichnet, und eine äussere, aus etwas längeren bestehende. — Um zu einer ungefähren Vorstellung der mittleren Länge der Tracheiden beider Regionen zu gelangen, wurden zu- nächst 16 Elemente der inneren Schicht gemessen, und ihre Länge im Mittelwert zu 380 Mkr. bestimmt. In der äusseren Region zeigte die Länge der Tracheiden grössere Verschiedenheit; es wurden daher 22 Messungen vorgenommen, die einen Mittelwert von 680 Mikr. ergaben. — Als mittlere Länge sämtlicher 38 Elemente stellte sich sonach annähernd 550 Mkr. heraus. Die Länge der Tracheiden in der Geschwulst war also nach den angeführten Messungen im Mittel etwa halb so gross, als im normalen Holze. Eine besondere Beachtung verdienen die Harzgänge, die. wie erwähnt, in der Geschwulst zahl- reicher und grösser sind, als im gewöhnlichen Holze. Es wurde versucht, auch dieses Verhältnis an- nähernd zu bestimmen, und hierzu eine Fläche des Querschnittes gewählt, die den äusseren Teil eines Kreisausschnittes bildete und aus drei Jahresringen bestand, zwei normalen inneren und einem krank- haften äusseren. Auf die Fläche der beiden ersteren kamen 6, auf die des letzteren 12 Harzgänge. Die Form der Harzgänge ist bald rundlich, bald mehr elliptisch. Beide Formen wurden jedoch 1) Kay, L. Botanische Wandtafeln. Taf. LI u. LIlT. Text S. 193 £. 18* 140 stets als Kreise zu ihrem kleinsten Durchmesser behandelt und mit Hülfe dessen in Rechnung ze- bracht; die so erhaltenen Werte waren demnach jedenfalls geringer, als die wirklich vorhandenen. Die 6 Harzgänge der zwei normalen Jahrringe besassen einen mittleren Durchmesser von 7 mm; die 12 Gänge des krankhaften Ringes dagegen einen solchen von 10,75 mm, Die Durchmesser ver- hielten sich also wie 1: 1,536. Nunmehr wurde versucht, das Verhältnis der Harzgang-Areale zu den ganzen Flächen festzu- stellen. Der mittlere tangentiale Durchmesser des inneren normalen Jahrringes betrug annähernd 160 Teilstriche des Mikrometers, während der radiale 57 mass. Die Fläche des Ringes ergab sich demnach zu 9120 DO Einheiten des Mikrometers. — Der zweite normale Jahrring hatte im mittleren tangentialen Durchmesser 190 Teilstriche, im radialen 60. Die Fläche dieses Ringes berechnete sich demnach auf 114000 Einheiten. — Der dritte krankhafte Jahrring endlich besass im mittleren tan- gentialen Durchmesser 235, im radialen 25 Einheiten. Daraus ergab sich eine Fläche von 5875 C Einheiten. Auf die Fläche der beiden ersten Jahrringe kamen nun im Ganzen 6 Harzgänge, d. h. 20 520 Flächen-Einheiten 6 Gänge. Darnach führten je 3420 DO Einheiten der Fläche einen Gang. Im krankhaften Jahrgang dagegen fanden sich auf 5875 Flächen-Einheiten 12 Gänge. also auf 489,5 DO Einheiten je 1 Gang. Der Vergleich der eben gegebenen Zahlen lehrt, dass im Holz der krankhaften Geschwulst auf eine gegebene Fläche der Anzahl nach fast 7 mal so viel Harzgänge kommen, als im normalen Holze. Nun ist aber im krankhaften Holze der einzelne Harzgang 1,536 mal grösser, als im normalen. Hiermit ist die Zahl 7 zu multiplizieren. Dann ergibt sich, dass in der Geschwulst auf eine gege- bene Fläche des Querschnittes 10,75 mal so viel Harzkanal-Areal kommt, als im gesunden. Welche besonderen Ursachen diese ganz abnorme Erzeugung von Harzgängen bedingen, lässt sich zur Zeit nicht sagen. Indem wir auf die weitere spezielle Beschreibung der histologischen Vorgänge in den verkehrt eingesetzten Rindenringen anderer holziger Arten verzichten, bemerken wir nur, dass überall im We- sentlichen die gleichen Erscheinungen wahrgenommen wurden, wie wir sie im Vorstehenden für Oy- donia und Pinus beschrieben haben. Besonders lehrreich waren die mächtigen Geschwülste an den Weidenzweigen (Taf. VI. Fig. 7). Hier liessen sich die Knäuel und der gewundene Verlauf der Fasern mit der Lupe und teilweise sogar mit dem unbewaffneten Auge erkennen. Doch dürfen wir es mit dem blossen Hinweis darauf genug sem lassen. Verwachsung beim Okulieren a) Aufrecht eingesetzte Knospen. Nach den in der Einleitung mitgeteilten Arbeiten Sorauer's und Strasburger's, sowie nach den im Vorigen gegebenen Ausführungen über die Verwachsung von Rindenringen, bedarf die Verwach- sung aufrecht eingefügter Knospen hier keiner eingehenden Erörterung; eine kurze Auseinander- setzung wird genügen. Wenn anders die Operation gelingt, so wächst das Schildehen auf seiner ganzen hinteren Fläche an, und dasselbe findet an der oberen und an den seitlichen Schnittflächen statt. Die Verwachsung an der ersteren geschieht wieder durch Wund-Parenchym, dessen Bildung sowohl von der Unterlage, als von dem Schilde ausgeht. Das neue Cambium aber, das in dem Parenchym entsteht. gehört aus- schliesslich dem Schild an und wird allein von diesem hergestellt. — An der oberen queren Schnitt- 141 fläche bildet sich zunächst ebenfalls Wund - Parenchym; in diesem wird weiter eine Cambium - Lage erzeugt, welche die entsprechenden Schichten oberhalb und unterhalb der Schnittfläche verbindet. Die Stelle der Verwachsung bleibt auch hier in der Form eimes etwas vorspringenden Wulstes von Wund-Parenchym erhalten. Schwieriger liegen die Verhältnisse an den längs verlaufenden Schnittwunden. Man wolle sich erinnern, dass bei der Operation die abgehobenen Rindenflügel der Unterlage über das Schild der Knospe gelegt und mit dem Verbande bedeckt werden. Ziemlich regelmässig gehen nun die dem Schilde aufliegenden inneren, d. h. der Knospe zugewandten, Teile der Flügel zu Grunde, während die peripherischen erhalten bleiben. Diese nun erzeugen zunächst auf ihren dem Holzkörper abge- hobenen Flächen Wund-Parenchym, in diesem Cambium, und vermittelst dessen eine Holzschicht, deren Teile eine der Lage der Flügel entsprechende Orientierung besitzen. — Da aber, wo das Wund- Parenchym der abgehobenen Rindenflügel sich mit dem gleichen Gewebe des Schildes an dessen Rande berührt, findet eme Verwachsung beider statt, und wir erhalten hier somit einen mehr oder minder entwickelten Wulst von Wund-Parenchym. Durch diesen Wulst tritt das Cambium des Schildes mit dem der Flügel in Verbindung und die Grenze der beiden befindet sich gerade auf der Höhe des Wulstes. Dies ist der gewöhnliche Fall. Daneben kommt aber auch, wenngleich seltener, eine andere Form der Verwachsung vor. In dieser greift die Cambium - Bildung der Flügel über den auf ihrer eigenen Innenseite erzeugten Pa- renchym-Wulst nach einwärts vor und berührt sich nicht an dessen Spitze mit der des Schildes, son- Der ganze Holzzuwachs des Schildes war hier im ersten Sommer gebildet, obwohl die Knospe .nur drei dern in tieferer Region auf seiner der Knospe zugewandten Seite. (Fig. 13, Taf. VI unter go. kleine Blätter hervorgebracht hatte.) In diesem Falle befindet sich hier und nicht in der Mitte des Parenchym-Wulstes die Grenze zwischen dem Holz der Knospe und dem der Unterlage. In beiden Fällen gewährt der Verlauf der Zellenreihen des Holzes und der Markstrahlen ein eigentümliches Interesse. Die anfänglich vorhandene Anordnung geht jedoch, sobald die Uneben- heiten der Oberfläche durch die Thätigkeit des Cambiums ausgeglichen sind, verloren und es tritt der normale Verlauf der Reihen ein. Soviel über den Verwachsungs-Prozess und die Bildung des Cambiums. Werfen wir, jetzt einen Blick auf den Verlauf der von diesem an der Grenze erzeugten Produkte. In geeigneter Weise ge- führte tangentiale Längsschnitte geben Bilder, die in dem Schema Taf. VI, Fig. 6, veranschaulicht sind. Wie man sieht, zeigen die verlängerten Elemente an der oberen Verwachsungsnaht geraden oder annähernd geraden Verlauf. Aehnlich sind die Verhältnisse an den beiden geneigten Längs- nähten. Hier treten die Fasern aus dem Schilde in die Unterlage, verlaufen in beiden Teilen gerade und zeigen nur an der Uebertrittsstelle selbst kleine Biesungen. Bemerkenswert ist, dass in der Ver- wachsungsnath auch hier gelegentlich kleine Knäuel aus wenigen Elementen gebildet werden (in der Figur sind sie durch kleine Kreise angedeutet). In der Nähe dieser Knäuel und der bekannten grös- seren Unterbrechungen erfahren die Faserzüge stärkere Abweichungen vom senkrechten Verlauf. Immer aber ist dieser und der Anschluss der Fasern normal und der Polarität von Reis und Unter- lage entsprechend. Zum Schluss sei noch einer interessanten Erscheinung gedacht, die bei Syringa vulgaris beob- achtet wurde. Hier fand sich m dem an der Grenze von Schild und Unterlage erzeugten Parenchym- Wulste ein eigener kleiner Holzkörper von rundlichem Querschnitt und begrenztem Wachstum. Die Erscheinung wurde, wenn auch nicht regelmässig, so doch wiederholt wahrgenommen, ein Umstand, der darauf hindeutet, dass dieser Pflanze die Neigung zu solcher abnormen Holzbildung innewohne. 142 b) Verkehrt eingesetzte Knospen. Einer besonderen Betrachtung bedarf die Verwachsung der verkehrt eingesetzten Knospen. Wie schon 5. 60 hervorgehoben, fällt beim äusseren Anblick auf, dass sie, wenn gut verwachsen, an den Längsseiten des Schildes und an der nach oben gewandten Basis stärkere Wülste bilden, als die nor- mal eingefügten Augen (Taf. VI, Fig. 14). Cydonia japonica. Indem wir bezüglich der Verwachsung der hinteren Fläche des Schildes auf das bei den verkehrt eingefügten Rindenringen Gesagte verweisen, fassen wir hier nur die horizontale und die longitudinalen Schnittflächen ins Auge. An der ersteren ist der Wulst nicht gross. Sein innerer Bau entspricht dem an den Sprosspolen der verkehrt eingesetzten Rindenstücke beobachteten (vergl. die schematische Figur 15, Taf. VI). Unterhalb der Berührungsfläche zeigt zwar das Holz der Unter- lage nur geringe Veränderungen ; oberhalb jener Grenze dagegen ist der ganze Dickenzuwachs des Schildes bis zur Knospe völlig abnormal gebaut (siehe die gekrümmten Linien in der Figur, die den Verlauf der Fasern andeuten). — An der longitudinalen Verwachsungsfläche zeigen die Fasern einen Verlauf, der an den der Gefässbündel in longitudinal verkehrt eingesetzten Gewebestücken der Runkel- rübe erinnert, und den wir in ähnlicher Weise in der krankhaften Geschwulst der verkehrten Rinden- ringe dort wahrnahmen , wo die Brücken gesunden Gewebes an das abnormale grenzten. Es finden sich hier nämlich die gebogenen Züge von Tracheiden und Gefässen, die eine der Richtung nach nor- male Verbindung zwischen den entgegengesetzt orientierten Geweben zu beiden Seiten der Verwach- sungsfläche herstellen. Der Verlauf der Fasern geschieht bald in weiterem, bald in engerem, selbst scharf knieförmigem Bogen. Auch hier ist die Konkavität der gekrümmten Züge bald nach oben, bald nach unten gewandt. Am dichtesten folgen diese an den Enden der Schnittflächen auf einander, während sie in der Mitte minder zahlreich sind. An jenen verlaufen sie ferner meist gleichsinnig, wie in der Fig. 15 angedeuteten Weise; in der Mitte dagegen kommen die beiderlei Krümmungen vor. Die Richtung der Züge an den beiden gegenüber liegenden Enden einer Lüngsseite ist entgegengesetzt, so zwar, dass die Konkavitäten der einen den der andern zugewandt sind, ein Verlauf, der in physio- logischer Hinsicht offenbar zweckmässig ist. War am zugespitzten basalen Ende des Schildes eine Erhebung vorhanden, so zeigten auch in dieser die Fasern einen charakteristischen Verlauf. Es waren nämlich die des Schildes in scharfem Bogen aus- und wieder abwärts gekrümmt, und an die so gebogenen Enden hatten sich die Fasern der Unter- lage parallel angelegt. Diese verschiedenen Enden waren jetzt also gleichsinnig gerichtet, und somit auch auf diesem Wege eine normale Verbindung hervorgebracht (Taf. VI, Fig. 20). Die eben mitgeteilte Thatsache des sich Aneinanderlegens gleichsinnig gerichteter Faserenden ist von Wichtigkeit für das Verständnis mancher jener verwickelten Figuren, die in der krankhaften Geschwulst des umgekehrten Rindenringes vorhanden sind. Man kann so verstehen, wie selbst in den abnormsten Konfigurationen von Faserzügen örtlich normale Leitung zu Stande kommt. Syringa vulgaris. Die äusseren Verhältnisse &leichen in der Hauptsache den bei Cydonia wahrgenommenen. Die im experimentellen Teile betonte grössere Schwierigkeit des Gelingens äussert sich im Innern in der sehr breiten Schicht von Wund-Parenchym, welches zwischen Unterlage und Schild gebildet wird und dessen Elemente verhältnismässig gross sind. Eine schon oben bei den aufrecht eingesetzten Knospen hervorgehobene Eigentümlichkeit unserer Pflanze, in dem Wundgewebe an den Längsseiten des Schildes kleine Holzkörper zu bilden, zeigte sich auch hier wieder. Sie wurden so- wohl in der inneren Region beobachtet, in der sie offenbar früh angelegt waren, ihr Wachstum aber bald eingestellt hatten, als in der äusseren. In der letzteren gingen sie oben und unten allmählig in 145 den allgememen Holzkörper über, während sie m der mittleren Region ringsum abgerundet waren und ein selbständiges Dickenwachstum besassen. Dieses war auf der Aussenseite intensiver als auf der Innenseite, ein Umstand, der die exzentrische Gestaltung des Holzkörpers zur Folge hatte. Salıx. Der grossen Energie, mit der die Sprosse vieler Weidenarten Heilungs-Prozesse aus- führen, entsprechen auch die Vorgänge beim Anwachsen verpflanzter Knospen, wenngleich der Ver- such im Alloememen nicht in dem Maasse gelingt. wie bei den Pomaceen. Unter Verzicht auf alle Einzelheiten sei hier nur erwähnt, dass die umgekehrt eingefügten Knospen sich besonders dazu eignen, um den Verlauf der Fasern an den longitudinalen Verwachsungsflächen zu zeigen. Bei Salix vimi- nalıs kann man diese Verhältnisse meist schon bei Betrachtung mit der Lupe feststellen. Wie das Schema Fig. 17, Tafel VI lehrt, ist der Verlauf oben und unten jedesmal sehr gleichmässig, oben so, dass die Konkavität der Bögen nach unten, unten derart, dass sie nach oben sieht. In der mitt- leren Region sind die Verbindungen seltener oder hören selbst ganz auf. Wenn sie vorhanden sind, so haben sie keinen gleichsinnisen Verlauf, sondern wechseln zwischen beiden Richtungen — alles wie bei CUydonia. Sind die ersten Schwierigkeiten überwunden, dann kann, wie früher gezeigt wurde, aus der ver- kehrt eingesetzten Knospe ein kräftiger Zweig werden. Wie schon erwähnt, besitzen solche Zweige an ihrer Basis einen abnorm entwickelten Sockel (Taf. VI, Fig. 11). Die Untersuchung dieses Ge- bildes ergiebt, dass der Faserverlauf in ihm genau dem entpricht, der für den Rand des Knospen- schildes festgestellt wurde. In Fig. 12, Taf. VI ist der mediane Durchschnitt des Sockels von Fig. 11 gegeben. An der nach unten gewandten Seite, d. h. an den Sprosspolen, bei a, ist der Verlauf der c N Elemente des Holzes auch in der zuletzt gebildeten Schicht völlig unregelmässig; ferner ist hier das Wundgewebe an der Ansatzstelle des Schildes abgestorben (die dunkel gehaltene Region in der Zeich- nung). Wie am Sprosspol, so finden wir auch an dem nach oben gerichteten Wurzelpol denselben Faserverlauf, den wir am Schilde im ersten Jahre nach der Operation wahrmahmen (Taf. VI, Fig. 20) und das Gleiche gilt von den in der Figur nicht dargestellten Verbindungen auf den beiden Längs- seiten des Sockels. Uebrigens liest auf der Hand, dass diese Verhältnisse sich nicht ändern können, und dass daher die Entwickelung des Sockels mit der des Zweiges eleichen Schritt halten muss. oO to] oO Verwachsung beim Pfropfen und Ablaktieren Die bei diesen Methoden stattfindenden Verwachsungsvorgänge sind ähnlich den beim Okulieren wahrgenommenen, jedoch mit dem Unterschiede, dass, wenn das Reis einen ausgebildeten Holzteil führt, in dessen Region selbstverständlich kein Anwachsen erfolgt, sondern dass dieses lediglich auf die Cambium - Zone beschränkt ist. Dieser Prozess selbst bedarf für das normal eingefüste Reis nach unsern obigen Ausführungen keiner Erörterung. Werden Reis und Unterlage in verkehrter Richtung verbunden, so findet, freilich nicht immer, eine Korrektur ım Verlauf der Fasern in derselben Weise statt, wie wir sie beim entsprechenden Ökulieren fanden. Solche Vorgänge wurden an gepfropften und ablaktierten Sprossen sowohl der Runkelrübe, als holziger Gewächse beobachtet, und allein auf diesem Umstande beruht das Gedeihen solcher Verbindungen. Erwägt man die im Vorstehenden mitgeteilten Thatsachen über das Anwachsen verkehrt einge- setzter Knospen und Reiser, so erklärt sich das wechselnde Gelingen der Versuche. Ueberwinden die Knospen oder Reiser rechtzeitig die anatomischen Schwierigkeiten, so bleiben sie erhalten und können sogar kräftiges Wachstum erfahren. Gelingt ihnen dagegen die Herstellung normaler Leitungsbahnen nicht, dann gehen sie früher oder später zu Grunde. Vorausgesetzt ist hierbei jedoch, dass, wie es 144 fiir die uns hier beschäftigenden Arten offenbar zutrifft, die Schwierigkeiten lediglich anatomischer Natur sind. Treten aber, wie bei Opuntia, in Folge der Umkehrung Störungen sonstiger Art auf, dann erfolgt der Tod der abnorm verbundenen Teile trotz glinstiger Verwachsung. Aus allem Angeführten geht endlich deutlich hervor, dass die Veredlung mit umgekehrtem Auge oder Reis für die Praxis schwerlich jemals Bedeutung wird gewinnen können. Verwachsung von Spross und Wurzel, Wir haben nun noch kurz der histologischen Prozesse zu gedenken, die bei der Verwachsung (der den Zweigen aufrecht und verkehrt eingefügten Wurzelringe vor sich gehen. Aufrecht eingesetzter Ring. Wie schon im experimentellen Teile angegeben, wächst bei gutem Gelingen der Operation der Ring oben und unten meist so vollständig an. dass kein oder nur ein sehr schwacher Wulst entsteht. Diese Verhältnisse bleiben auch bei dauerndem Wachstum — ich beobachte solche Objecte seit mehr als 4 Jahren — dieselben. In anderen Fällen bildet sich au der Verwachsung der Wurzelpole ein wenig vortretender Callus, der aber anatomisch nicht mit einer krankhaften Geschwulst zu verwechseln ist (Taf. VI, Fig. 4). Da derartige Erscheinungen an normal eimgefügten Sprossringen nicht beobachtet wurden, so wird der Schluss nahe gelegt. es gehe die Verwachsung der Wurzelringe am Spross nicht ganz so leicht vor sich, wie die der Sprossringe. Sichere Ermittelungen hierüber wurden jedoch nicht gewonnen. Auf die Darstellung der im Ganzen nicht bedeutenden Unterschiede im Bau des Holzes der Wurzel und des Stammes gehen wir nicht ein; es sei nur hervorgehoben, dass der Verlauf der Fasern in der ganzen Zuwachs-Zone der Wurzelringe so regelmässig ist, wie in den normal eingefügten Spross- ringen. Auch hier treten in Folge der anfänglichen Wachstumsstörungen kleine Aenderungen im Baue ein; die Markstrahlen werden etwas breiter und die Faserzüge daher schwach gewunden. Diese Abweichungen sind aber nur gering und schwinden später wieder. — Dass der Ring auch bei mehr- jährigem Wachstum seine Wurzelnatur bewahrt, braucht nicht besonders betont zu werden. Verkehrt eingesetzter Ring. An ihnen zeigen sich die Störungen in auffallendster Weise Fig. 8 u. 10, Tafel VI. Die hier entstehende krankhafte Geschwulst hat in allen wesentlichen Punkten den gleichen Bau, wie die der verkehrt eingesetzten Zweigringe, nur ist die Verwirrung im Verlauf der Elemente noch grösser, als dort. Nirgends wurde ein so ordnungsloser Bau wahrgenommen, wie an der Verwachsung der Wurzelpole solcher Ringe. Auf eine nähere Besprechung dieser Verhält- nisse dürfen wir jedoch unter Hinweis auf frühere Ausführungen verzichten. Auch in dieser Geschwulst kann eine örtliche Rückkehr zum normalen Bau stattfinden. In der Region der longitudinalen Wundlippen bildet sich auch hier ein oben beginnender, und nach unten allmählig fortschreitender Wall, der eine normale Verbindung zwischen den Geweben ober- und unter- halb des Ringes herstellt. Taf. VI. Fig. S u. 10. Von seinem Bau gilt das Gleiche, was früher von der entsprechenden Bildung am verkehrten Sprossringe gesagt worden. Auch hier wurde derselbe, fast normale Faserverlauf festgestellt, wie dort, und ferner dieselben Verbindungen an der (Grenze zwischen dem krankhaften und gesunden Gewebe beobachtet. Fig. 16, Tafel VI giebt im Längs- schnitt das Verhältnis der Stärke des Walles zu dem Gewebe der gegenüber liegenden Seite. An der Grenze des gesunden und krankhaften Gewebes im Walle wurden auch hier dieselben Contigura- tionen von Tracheiden und Gefässen gesehen, die wir früher zur Erklärung der Entstehung der Brücke heranzogen. Alle weiteren Erörterungen können wir füglich unterlassen. 145 Ueber den Wulst an heterogenen Verbindungen Zum Schluss sei noch ein rascher Blick auf die Geschwulst geworfen, die bei der Vereinigung heterogener holziger Gewächse entsteht. Als Beispiel diene die früher besprochene Verbindung der Birne „Anna Audusson“ mit der Quitte (Taf. VI, Fig. 19). Der dünne Teil des Stammes zeigt in einer Entfernung von 5 cm über dem Wulste Markstrahlen und verlängerte Elemente von geradem Verlauf. Die Strahlen haben eine durchschnittliche Breite von zwei Zellenreihen, daneben kommen häufig auch solche mit dreien, ferner aber auch solche mit nur einer Reihe vor. Anders ist die Geschwulst gebaut. Ihre Markstrahlen sind kürzer, dafür aber breiter; sie be- sitzen einen mittleren Durchmesser von drei Zellenreihen, einzelne haben nur zwei, zahlreiche aber auch vier Reihen. Dem entspricht, dass die Tracheen und Tracheiden von etwas gewundenem Ver- lauf sind; auch ist ihre Länge geringer als in dem geraden Teile. Wichtig ist ferner der Umstand, dass die Markstrahlen und Fasern nicht emfach der Peripherie des Körpers parallel von oben nach unten verlaufen, sondern zur Längsaxe geneigte, stellenweise sogar horizontale Richtung haben. Darauf beruht es, dass der Querschnitt häufig Längsansichten, der radiale Längsschnitt dagegen Quer- schnittsbilder der Elemente liefert. Der Anblick, den der tangentiale Längsschnitt selbst bietet, gleicht an einzelnen Orten in auffallender Weise dem, den unsere Figur 31, Tafel X gewährt. Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass eine so gebaute Geschwulst, von anderen Störungen abge- sehen, auf die Bewegung der Nährstoffe, der plastischen sowohl, wie des Wassers, eine hemmende Wirkung ausüben muss. Man begreift, dass das gesammte Wachstum des Baumes herabgesetzt und dass seine Lebensdauer beträchtlich verkürzt wird. Das vorhin Gesagte bezog sich lediglich auf die Geschwulst und den zunächst darüber gelegenen Teil des Baumes'). Es wurde nun zum Vergleich der Zweig eines auf einen Sämling veredelten grossen Birnbaumes herangezogen. Da ergab sich, dass auch der gerade Teil über der Geschwulst nicht ganz normal gebaut war. Jener Zweig nämlich bot auf dem tangentialen Längsschnitt ein Bild dar, das unserer Figur 1 auf Tafel XI entsprach. Er besass etwas weniger, aber dafür längere Markstrahlen von durchschnittlich etwas geringerer Breite; auch waren seine Tracheen und Trachei- den etwas länger, als die jenes Teiles. Durch diese Thatsachen wird der Schluss nahe gelegt, dass der ganze Birnbaum über der Geschwulst nicht vollkommen normalen Bau habe. Es sei hier an die Verhältnisse erinnert, die wir an den Zweigen über der krankhaften Geschwulst bei Öydonia wahr- nahmen; auch dort erstreekten sich die Störungen über den ganzen oberen Zweigteil. Mit diesen An- deutungen wollen wir uns hier begnügen. Der Gegenstand bedarf einer weiteren und genauen Unter- suchung. Diese ist in Arbeit und wird an anderem Orte erscheinen. UeberdieCambium-Bildung. Gleich bei der ersten Untersuchung der Verwachsungs - Vorgänge fiel die Regelmässigkeit auf, “ mit der die Runkelrübe in der Nähe von Wundflächen Schichten sekundären Cambiums erzeugt. Diese Eigenschaft, die wahrschemlich mit der normalen Bildung desselben Gewebes in der Rinde der flei- schigen Wurzel in Zusammenhang steht, lädt zu einer näheren Verfolgung ein; sie legt die Frage nahe, ob sich nicht allgemeine Regeln finden lassen, auf welche die Entstehung des fraglichen Me- ristems zurückzuführen seı. 1) Nur diese Teile des fraglichen Baumes standen meiner Untersuchung zur Verfügung. Vöchting, Ueber Transplantation. 19 146 Stellt man durch Abtragen von Gewebe am Umfang der Rübe irgend eine Wundfläche her, so entsteht unter dieser in einiger Entfernung in dem zunächst gelegenen Parenchym eine Cambium- Schicht, die das durch die Verwundung unterbrochene Diekenwachstum wieder vermittelt. Das gleiche Gewebe wird aber auch an radial gerichteten Wundflächen erzeugt, wenn man solche durch die Bil- dung von Höhlen im Körper hervorbringt. Und zwar tritt es nicht nur an den vertikalen, sondern auch an den horizontalen Flächen auf, von diesen zuerst an der oberen, später an der unteren. Auch die Wiilste, die wir an quer durchschnittenen Rübenkörpern wahrnahmen, wie in Fig. 2 u. 3 auf Taf. I. verdanken ihre Entstehung der Thätigkeit dieses sekundär gebildeten Meristems. Aber nicht nur an grösseren Wundflächen wird dieses Gewebe erzeugt. Wie früher erörtert, ent- steht es auch ziemlich regelmässig in der Verwachsungs-Zone an allen Orten, wo die Verbindung unter- blieb. Es bildet hier Platten, die den grossen Unterbrechungen, in denen zersetzte Zellenreste von Kork umschlossen sind, parallel laufen ; ihre Entfernung vom letzteren ist nicht immer gleich, schwankt jedoch innerhalb enger Grenzen. An den Stellen vollkommener Verwachsung endigen sie entweder blind, oder vereinigen sich vor den Korkmassen. und stellen dann diese umgebende, auf dem Quer- oder Längsschnitt ringförmige oder elliptische Bildungen dar (vergl. die Fig. 1. 4, 7. 10, 19 u. 20 auf Taf. VO, 1 u. 8 auf Taf. VII). Und nicht an den grossen Unterbrechungen allein entsteht Cambium, häufig beobachtet man es auch in der Nähe der kleinen und selbst kleinsten, wenn deren mehrere auf einander folgen. (Taf. IX, Fig. 1 oben und unten.) Bald ist es an solchen Stellen in ausgesprochener Form vorhanden, bald nur angedeutet. Man kann daher ganz allgemein sagen, dass an allen Orten, an denen keine vollkommene Verwachsung der Gewebe stattgefunden, die Neigung besteht, Cambium zu bilden. ‚Jede Unterbrechung in der Verwachsungs-Zone wirkt also, wie eine freie Oberfläche. Wie nicht anders zu erwarten, wird das Meristem um so leichter gebildet, je jünger die Wund- o oO flächen sind. Mit steigendem Alter der Gewebe nimmt ihre Fähigkeit zur Teilung überhaupt, und damit selbstverständlich auch zur Erzeugung eines besonderen Meristems, stetig ab. Darauf beruht es, dass man in älteren Geweben zuweilen auch an solchen Flächen kein Cambium beobachtet, wo man es den Verhältnissen nach erwarten könnte. Doch scheint das parenchymatische Gewebe der Runkelrübe auch im höchsten Alter die Fähigkeit zu seiner Hervorbringung nicht gänzlich zu ver- lieren, wie vereinzelt wahrgenommene Beispiele lehren. Der Bildung des Cambiums gehen dann eigentümliche regellose Teilungen m den alten Zellen voraus, die dadurch zunächst in ein kleinzel- liges Gewebe zerfallen. In diesem erst entstehen später die regelmässigen Reihen des Meristems. Die erwähnten, dem Cambium vorausgehenden Teilungen zeichnen sich durch den Umstand aus. dass die alten Parenchym-Zellen nicht in gewohnter Weise durch successive gerade Querwände in Tochter-Elemente zerfallen, sondern dass die jungen Wände kleinere oder grössere, halbkugelförmig oder sonst abnorm gestaltete Ausschnitte im Mutter-Organ bilden, die einen auffallenden Anblick ze- währen. Figur 8, Tafel X giebt eine solche Zelle, neben der zahlreiche andere mit mehr oder minder ähnlich gestalteten Tochter-Elementen wahrgenommen wurden. Soviel über den Einfluss des Alters der Gewebe auf die Cambium-Bildung. Ein weiterer Umstand, der sich dabei geltend macht, besteht in der morphologischen Orientie- rung der Gewebe. In dieser Hinsicht lässt sich als allgemeine Regel hinstellen, dass die Cambium- Erzeugung an der organischen Aussenseite der aus dem Zusammenhange gelösten Gewebekörper am leichtesten vor sich geht, dass sie schon etwas schwieriger an radial gerichteten Flächen und am schwierigsten endlich an der organischen Innenseite erfolgt. Dies ergiebt sich vor allem aus dem Verhalten der abnorm eingesetzten Gewebestücke. Wie früher an verschiedenen Orten hervorgehoben 147 wurde, ist an allen radial verkehrten Einschlüssen die Bildung des Cambiums auf deren Aussenseiten auch bei günstigster Verwachsung mit Schwierigkeit verbunden ; es entsteht das fragliche Gewebe ent- weder gar nicht, oder es bildet sich, bleibt dann aber meist auf die basale Region beschränkt und ent- faltet daselbst nur eine sehr geringe Thätigkeit. — Auf diese Angabe müssen wir uns hier beschränken. Um die Bedeutung der Gewebe-Orientierung genauer festzustellen, wurden mancherlei Versuche anderer Art ausgeführt, die aber bis jetzt kein abschliessendes Ergebnis lieferten, noch fortgesetzt werden und daher erst bei anderem Anlass mitgeteilt werden können. Aus den eben angeführten, die Cambium-Bildung beeinflussenden Bedingungen ergiebt sich, dass man, um den Ort und die Entstehung jenes Meristems zu beobachten, die Verletzungen an jungen Körpern ausführen muss. Dies geschah bei den meisten unserer Operationen, deren manche daher lehrreiche Bilder lieferten. Von ihnen wurde eine Anzahl auf Tafel VII dargestellt, zu denen einige erläuternde Bemerkungen am Platze sein dürften. Zunächst sei auf Figur 3 verwiesen ; hier war die Rübe mit radial verkehrtem Einschluss ver- sehen, der in der abgebildeten Höhe nur auf seiner Hinterseite angewachsen war. Der durch den Seitenschnitt und den Einschluss begrenzte Teil des Mutterbodens hat sich — wahrscheinlich in Folge einer durch den Verband herbeigeführten Verschiebung — in seiner mittleren Region isoliert. Man beachte nun, dass die sämtlichen freien Flächen mit Cambium ') versehen sind, das an den meisten Orten Bündel gebildet hat, die wegen ihrer Kleinheit in der Figur nur mit Punkten bezeichnet werden konnten. An diesem Object war selbst das Cambium auf der Aussenseite zur Erzeugung kleiner Stränge gelangt. Besonders sei noch darauf hingewiesen, dass die tiefen, nur teilweise verwachsenen Einschnitte in den Mutterboden von Meristem umschlossen sind; ferner darauf, dass dieses lokal eine lebhafte Thätigkeit entwickelte und zwei Bündellagen hervorbrachte. Ein ähnliches Bild giebt Figur 8. In diesem Falle ist der Einschluss zu Grunde gegangen ; der durch den longitudinalen Seitenschnitt vom Mutterboden getrennte Flügel hat sich auch hier in seinem mittleren Teile abgerundet. Er besitzt ringsum einen geschlossenen Cambium-Mantel, der sich stellenweise schon zum dritten Male emeuert hat. Das Verhalten und die Thätigkeit an der grösseren Fläche des Mutterbodens erhellt aus der Figur. Figur 11 zeigt links die Hälfte eines radial verkehrten Einschlusses, rechts wieder den, hier aber verwachsenen, Flügel des Mutterbodens. Zwischen den genannten beiden Teilen ist im Innern eine kleine offene Höhle gebildet. Das Cambium zieht sich über die ganze Oberfläche und rings um die Höhle herum. Dazu kommt eine kleine Cambium-Ellipse um eine der grösseren Unterbrechungen in der Verwachsungs-Region. Betrachten wir nun Fig. 21. Hier führte die Wurzel zwei Reiser, deren Orte durch RR ange- deutet sind. Um die Einschnitte, die zur Aufnahme der Reiser ausgeführt worden, entstanden Cam- bium- Mäntel, die in Bündelbildung übergingen. Auf den ersten Mantel folgte unter dem grossen Reise sogar ein zweiter, der ebenfalls zahlreichen Strängen den Ursprung gab. Einen eigentümlichen Verlauf zeigt das Cambium in Fig. 10, die den Durchschnitt emer Wurzel mit einem Sprossreise giebt. Unter Hinweis auf das Seite 125 Gesagte dürfen wir auf eine nähere Beschreibung verzichten. Ganz besonders lehrreich aber sind die oft erwähnten kleinen Gewebebrücken, die nicht selten an der Aussenseite der Verwachsungs - Zone entstehen. Ihr Durchschnitt giebt verschiedene Bilder. Im einen Falle wird die Mitte von Bündeln eingenommen, die mit ihren Gefässteilen meist dem Centrum der Wurzel zugewandt sind (Taf. VII, Fig. 14). In einem anderen Falle sind die Bündel in einem 1) Das Cambium ist hier, wie in allen ähnlichen Figuren, durch eine matte Linie angedeutet. NOEE 148 Ringe angeordnet, dessen eine, innere Hälfte weniger Stränge führt als die äussere (Taf. VII, Fig. 17). In wieder anderen Brücken endlich ordnen sich die Bündel zu einem vollkommenen kleinen Ringe an (Taf. VII, Fig. 15). — Um diese centralen Bündelgruppen herum wird nun in fast allen Fällen Cam- bium erzeugt. Seine Bildung beginnt auf der Aussenseite, greift von da aus allmählig ringsum und schliesst endlich zu einem vollständigen ring- oder ellipsenförmigen Körper zusammen. Wie das nor- male Cambium, so entsteht auch dieses in dem Parenchym ausserhalb der Gefässbündel. Bei weiterer Entwickelung bildet das Meristem kleine Stränge, so in den Figuren 14 u. 15, wo sie bald nur erst aus Siebteilen bestehen, bald auch schon Gefässgruppen gebildet haben. In dem Figur 17 dargestellten Falle ist der Cambium-Ring ebenfalls ringsum geschlossen, aber noch ohne Bündel. Als ähnlichen, ebenfalls sehr bezeichnenden Beispiels sei eines, freilich nur in einer Rübe beob- achteten Vorkommnisses gedacht. In dem sonst durchaus gesunden Körper waren in Folge lokaler Verletzung einige der grösseren Gefässbündel in Zersetzung übergegangen und darauf von Kork- mänteln umschlossen. In geringer Entfernung davon hatte nun die Wurzel vollständige Cambium- Röhren gebildet, in denen an einzelnen Orten kleine Gefässstränge entstanden waren. Zum Schluss sei noch auf Figur 6, Tafel VII verwiesen, die ein Beispiel giebt. in dem die (am- bium-Bildung an quer verlaufenden Schnittflächen vor sich gegangen war. An der oberen hat sich, wie aus der Zahl der Bündellagen hervorgeht, die Bildung des Meristems stellenweise viermal wie- derholt, während an der unteren, offenbar wegen mangelhafter Ernährung, nur eine einzige Lage. und zwar noch ohne Stränge, erzeugt wurde. Ueber den Verlauf dieser Stränge später das Weitere. Wir haben uns bisher mit dem Orte der Bildung des Cambiums beschäftigt; fassen wir jetzt seine Producte in's Auge. Die in dem Cambium entstehenden Gefässbündel haben stets eine solche Lagerung. dass ihre Siebteile der Peripherie zugewandt sind, mag die Orientierung der in den betreffenden Teilen schon vorhandenen älteren Bündel sein, welche sie wolle. Da nun das Meristem selbst der Oberfläche folgt. so ergiebt sich, dass die Thätigkeit des Cambiums mit der Richtung des Krümmungs - Radius der Fläche zusammenfällt, so zwar, dass die Gefässteile der Bündel stets nach innen, die Siebteile nach aussen gerichtet sind. Diese Regel gilt ganz allgemein; nie wurde eine Ausnahme davon beobachtet. Es ist sonach nicht die morphotische Natur des ganzen mütterlichen Organes, das die Orientierung des neuen Cambiums und seiner Producte bestimmt, sondern lediglich die Oberfläche, der man künst- lich jede beliebige Gestalt verleihen kann. Daher finden wir, dass in solchen örtlich aus dem Zu- sammenhange gelösten Teilen der Wurzel, wie sie die Figuren 3, 8, 21 u. a. auf Taf. VII, zeigen, die neu entstandenen Bündel eine ganz andere Orientierung besitzen, als die ursprünglich gebildeten. Ja, es kann vorkommen, dass auf kurzer Strecke ältere und junge Bündel auf einander folgen, deren Gefässteile einander zugewandt sind, und von denen die jungen somit um 180° von der normalen Lage abweichen. Diese Thatsachen gewähren hohes Interesse. Fassen wir alles über die künstlich hervorgerufene Cambium - Bildung der Runkelrübe Gesagte zusammen, so ergeben sich folgende Sätze: 1. Der Ort und die Bildung des Cambiums werdennicht durch den ganzen Kör- per als solchen, sondern durch örtliche Ursachen bedingt. Jede künstlich oder natürlich erzeugte Oberfläche zieht die Bildung von Cambium nach sich, und es läuft dieses im Allgemeinen der Oberfläche parallel. 2. Die Thätigkeit des Cambiums fällt in die Richtung des Krümmungs-Ra- dius, so zwar, dass auf der Seite der Oberfläche das Phloem, auf der entgegen- gesetzten das Xylem erzeugt wird. 149 Die Entstehung des normalen Cambiums am Umfange unseres Kübenkörpers erscheint nur als besonderer Fall dieser allgemeinen Regel. Die eben genannten beiden Sätze hatte ich aus meiner Untersuchung abgeleitet und schon vor drei Jahren in einem ersten kurzen Auszuge ’) meiner Arbeit, allerdings ohne das Beweismatenial, niedergelegt. Erst später wurde ich auf eime Mitteilung Bertrand’s’) aufmerksam, die schon im Jahre 1884 erschienen war. In ihr wird eine allgememe Regel aufgestellt und als „Loi des sur- faces libres“ bezeichnet, die inhaltlich mit unseren beiden Sätzen grosse Aehnlichkeit hat. Sie besagt, dass jede freie Oberfläche die Bildung einer „zone generatrice* zur Folge hat, die unter Umständen selbst Bast und Holz erzeugen kann. Unter „surface libre“, versteht Bertrand die Oberfläche des Pflanzenkörpers, die Umgrenzungen innerer Höhlen, abgestorbener Gewebe, Wundflächen u. s. w. Bei aller Uebereinstimmung in einigen Punkten weiche ich jedoch in anderen nicht unbeträcht- lieh von Bertrand ab. Er bringt unter seinen Begriff der „zone generatrice“ auch das Phellogen, das meiner Ansicht nach durchaus davon zu trennen ist und in allen von mir beobachteten Fällen etwas gänzlich Verschiedenes darstellt. Auch sonst vereinigt er eine Reihe von Vorgängen, deren Zu- sammenhang nur schwer ersichtlich ist. Indem ich hier in Rücksicht auf die zu erwartende auführliche Arbeit Dertrand's alle eingehen- den Erörterungen unterlasse, hebe ich nur noch Folgendes hervor. Unter die oben gegebenen beiden allgemeinen Regeln fallen, soweit ich sehe, alle bis jetzt in der Nähe von Wundflächen beobachteten Cambium - Bildungen, so vor allen die, zuerst von Trecul?) genau beschriebenen, an entblössten Holzkörpern und abgelösten Rindenstreifen unserer Holzgewächse, so ferner die im Callus der Stecklinge ?), so besonders die von Any ‘*) nach der Längsspaltung junger Zweige unter den Schnittflächen beobachteten. Hieher gehört ferner das Meristem, das unter der Oberfläche der sich spontan ein- oder mehrmal auf kürzere oder weitere Strecke spaltenden fleischigen Körper der Kohlrabi entsteht. Nichts steht aber im Wege, auch die normale Cambium-Bildung an der Peripherie unserer mit Dickenwachstum begabten Dieotylen und Gymnospermen unter jene allgemeinen Regeln zu bringen. Schwierigkeiten dagegen bieten die abnormalen Dieotylen, bei denen im Mark oder in der Rinde kleine Holzkörper mit eigenem geschlossenem Cambium erzeugt werden, wie bei den Sapindaceen, Melasto- meen u. a. Hier ist von Oberflächen, gleichviel welcher Art, innerhalb der kleinen Cambium-Ringe nichts zu gewahren und es muss daher ihr Ort durch andere Ursachen bedingt werden. Ist dies aber zugegeben, dann entsteht die Frage, ob nicht dieselben Momente auch bei der Bildung des normalen Cambiums an der Oberfläche unserer Holzgewächse beteiligt seien. Die Polarität der Zellen. Das wichtigste Ergebnis, zu dem uns die in diesem Abschnitt niedergelesten Untersuchungen geführt haben, besteht in Folgendem. Wie im ersten Teile unserer Arbeit gezeigt wurde, fügt sich ein der Wurzel oder dem Stengel 1) Vöchting, H. Ueber Transplantation am Pflanzenkörper. Nachrichten v. d. Königl. Gesellschaft der Wissen- schaften zu Göttingen v. J. 1889. S. 402 ff. — Bertrand, ©. Eg. Loi des surfaces libres. Comptes rendus T. 98, Paris 1884. p- 48 ff. — 2) Trecul, A. S. die Seite 129 angegeb. Arbeiten. — 3) Stoll, R. Ueber die Bildung des Kallus bei Steck- lingen. Botanische Zeitung 1874. S. 737 ff. — 4) Kny, L. Ueber künstliche Verdoppelung des Leitbündel- Kreises im Stamme der Dicotyledonen. Sitzungsberichte der Gesellschaft naturforsch. Freunde zu Berlin vom 19. Juni 1877. Sep.-Abdr. — Bezüglich aller übrigen Litteratur vergl. Frank, A. B. Die Krankheiten der Pflanzen. Breslau 1880. S. 56 ff. — Sorauer, P. Handbuch der Pflanzenkrankheiten. 2. Aufl. Berlin 1886. I. S. 533 ff. 150 enthobenes Gewebestück, wenn in normaler Stellung an seinen oder einen ähnlichen anderen Ort zu- riickgebracht, rasch und leicht ein und es werden die anfänglich eintretenden Störungen schnell über- wunden. Diesem äusserlich sichtbaren Verhalten entsprechen die histologischen Verhältnisse. Es wird in der Verwachsungs-Region ein Wundgewebe gebildet, dessen Eigenschaften zwar von den der Ge- webe unverletzter Organe je nach deren Natur bald mehr, bald weniger abweichen, in dem aber vasch die Rückkehr zu normaler Struktur stattfindet. Vor Allem nehmen die nach der Verwundung gebildeten verlängerten Elemente der Gefässbündel oder des Holz- und Bastkörpers bald nicht nur sewöhnliche Gestalt, sondern normalen Verlauf au. Die den Einschluss und seine Umgebung ver- bindenden Elemente treten normal ein und aus. Ganz anderen Erscheinungen begegnen wir, wenn das Gewebestiück eine von der normalen ab- weichende Stellung erhält. Dann bildet sich in ihm und dem angrenzenden Mutterboden meistens eine krankhafte Geschwulst, die in ihrem elementaren Bau vom gesunden Körper sehr beträchtlich abweichen kann. Indem wir bezüglich alles Näheren auf die im Vorstehenden gegebene eingehende Schilderung verweisen, heben wir hier nur als besonders bezeichnend für diese Geschwülste einen Punkt hervor. Es erfolgt an den Orten, an denen die gleichnamigen Pole von Einschluss und Mutter- boden auf eimander treffen, an der oberen und unteren Fläche zwar wohl Verwachsung, aber keine normale Verbindung durch verlängerte Elemente. Diese weichen sich vielmehr aus, kehren ihre Enden um und wenn, wie bei der Runkelrübe, vereinzelt Verbindungen gebildet werden, so zeigen diese besonderen, vom normalen verschiedenen Verlauf. Anders ist das Verhalten der longitudinalen Verwachsungsflächen, an denen Gewebe mit entgegengesetzter Polarität parallel oder geneigt neben einander liegen. Hier bilden sich Brücken zwischen den Gefässbündeln oder den Elementen des Holz- körpers, die eine Verbindung im Sinne der Polaritäten von Einschluss und Mutterboden herstellen. — Durch Rückkehr zur normalen Lagerung der Elemente kann in der krankhaften Geschwulst wohl eine örtliche Heilung erfolgen, niemals aber findet die Umkehrung der Polarität eines ganzen Ge- webestückes oder auch nur eines verlängerten Elementes statt. Soviel über das wichtigste Ergebnis unserer histologischen Untersuchung. Sie hat uns eine Form krankhafter Geschwülste kennen gelehrt, wie sie bisher weder auf pflanzlichem ') noch auf tierischem Gebiete bekannt war. An das Gesagte wollen wir nunmehr einige Betrachtungen über die Polarität der Zellen knüpfen. Nachdem ich in einer früheren Arbeit an den Regenerations-Erscheinungen die Polarität der Pflanzenteile nachgewiesen ?), drängte sich alsbald der Schluss auf, dass, da die Eigenschaften des Ganzen nur die Summe der Eigenschaften semer Elemente darstellen, auch die einzelne lebendige Zelle polar gebaut sei. Der Beweis für die Richtigkeit dieser Anschauung, der in jener Untersuchung nicht direkt erbracht werden konnte, folgt aus den m der vorliegenden Arbeit niedergelesten That- sachen. Zugleich aber führen diese zu einer nicht unbeträchtlichen Erweiterung unserer Anschauung. 1) Sobald der Bau des Holzes unserer krankhaften Geschwulst festgestellt worden war, schloss ich, dass die bekannten Rindenknollen, die in den Zweigen der Puche, der Vogelkirsche und anderer Bäume erzeugt werden, von ähnlicher Structur sein müssten. Da die vorhandenen Untersuchungen keinen genügenden Aufschluss über die fraglichen Punkte gewährten, so veranlasste ich Herrn Fr. Krick, die genannten Bildungen der Buche einer er- neuten Untersuchung zu unterwerfen, die im Tübinger botanischen Institut ausgeführt wurde. In der That be- wahrheitete sich meine Voraussetzung. In jenen Körpern fanden sich dieselben Gewebeknäuel. dieselben gewun- denen Fasern, dieselben breiten Markstrahlen, wie in der Geschwulst unserer umgekehrten Ringe. Ueber alles Nähere wolle man die inzwischen erschienene ausführliche Arbeit (Krick, Fr. Ueber die Rindenknollen der Rotbuche. Bi- bliotheca botanieca. Heft 25. Cassel 1891.) vergleichen. — 2) Vöchting, H. Ueber Organbildung im Pflanzenreich. I. Teil. Bonn, 1878. 151 Mit Hülfe der Transplantations-Versuche gelang es zu zeigen, dass jedes Gewebestück nicht nur in longitudinaler, sondern auch in radialer Richtung polar gebaut ist. Wir stellten ferner für die Verwachsung der transplantierten Teile den allgemeinen Satz auf, dass gleichnamige Pole sich abstossen, ungleichnamige sich anziehen. Die im dritten Abschnitt mitgeteilten histologischen Untersuchungen lehren nun zunächst, dass in der That die einzelnen Zellen der Längsaxe nach polar gebaut sind und dass ihre Pole sich an- ziehen oder abstossen, je nachdem wir die ungleichartigen oder gleichartigen in Berührung bringen. Denn das Verhalten der verlängerten Elemente an den oberen und unteren Verwachsungsflächen in unseren Geschwülsten lässt keine andere Deutung zu, als dass ihre gleichnamigen Pole nicht normal miteinander verwachsen, ihre Enden nicht aneinander vorbeischieben können, d. h. sich abstossen. In fast noch höherem Maasse folot die Polarität des emzelnen Elementes aus dem Verlaufe der Gefäss- bündel in den longitudinalen Verwachsungsflächen der verkehrten Rübeneinschlüsse, sowie aus dem partiellen Heilunssvorgange in der Geschwulst der Rindenringe und dem Verlaufe der Fasern an der Grenze verkehrt einzesetzter Knospen. Wie in longitudinaler, so ist die Zelle auch m radialer Richtung polar gebaut. Wir schliessen dies mit Sicherheit aus dem gesamten Verhalten der radial verkehrt eingesetzten Gewebestücke, be- sonders aus dem Verlaufe und der Torsion der Verbindungsstränge in der Verwachsungsfläche. Doch ist im Ganzen der polare Gegensatz in radialer Richtung weniger ausgebildet. als in der longitudi- nalen, ein Gegenstand, auf den wir in Kurzem zurückkommen werden. Das eben Ausgeführte gilt zunächst nur für die verlängerten Elemente, das Cambium und seine Producte, an denen man das Ausweichen und die Anordnung im Sinne der Polarität direkt beob- achten kann. Es ist aber klar, dass auch die Parenchym-Zellen im Wesentlichen die gleichen Eigen- schaften haben müssen. Dies folst erstens aus der Geschwulstbildung überhaupt, sodann aber vor Allem daraus, dass das Cambium, welches im Gewebe der Verwachsungs-Resion entsteht, aus Paren- chym hervorgeht. Die Verschiedenheit im Verhalten des letzteren an der oberen und unteren Ver- wachsungsfläche der Stücke einerseits, der longitudinalen Flächen andererseits, die Bündelbildung an diesen, das Unterbleiben der Strangbildung an jenen, wären gar nicht zu verstehen, wenn man den Parenchym-Elementen den polaren Bau absprechen wollte. Doch führen verschiedene, noch zu erör- ternde Thatsachen zu der Annahme, dass in ihnen, besonders in jungen Zellen, die Richtung der Po- larität sich beeinflussen, bis zu einem gewissen Grade verändern lasse. Wie vorhin erwähnt, nehmen wir an, dass die Richtung der longitudinalen Polarität der prosen- chymatischen Elemente mit ihrer Längsaxe zusammenfalle. Diese Anschauung, zu der die direkte Beobachtung des Verhaltens dieser Elemente führt, wird stets zutreffend sein, wenn ihr Längsdurch- messer den Querdurchmesser beträchtlich überwiegt. Sie wird aber auch dann gelten, wenn die Ele- mente kürzer, vielleicht von parenchymatischer Gestalt sind, ihrer Richtung und Anordnung nach aber mit den verlängerten Elementen übereinstimmen. In allen diesen Fällen sind die Polarität und die Hauptbahn der Stoffbewegung gleichsinnig. Ob dieses Verhältnis aber allgemein zutrifft, ist zweifelhaft. Unter den zahlreichen Bündeln im Gewebe der Geschwülste über verkehrten Einschlüssen und Höhlen beobachtet man gelegentlich solche, die aus Elementen zusammengesetzt sind, deren Längsaxe mit der Richtung der Stoffbewegung nicht zusammenfällt. Ein solches Beispiel giebt Fig. 11. Taf. X. Das Bündel bildet eme Verbindung zwischen zwei senkrecht verlaufenden Strängen an den Orten der Pfeile, welche die Richtung der Polarität des ganzen Gewebes angeben. Die einzelnen Elemente des Stranges sind der Mehrzahl nach im Sinne der Längsaxe des Organes, also senkrecht zur Axe des Bündels und damit zur 152 Hauptbahn der Stoffbewegung, verlängert. Eine genaue Betrachtung der Anordnung aller Zellen des (Gewebes legt die Annahme nahe, dass die Elemente des Bindels ihre ursprüngliche Polarität be- wahrt haben, dass diese demnach mit ihrer eigenen Längsrichtung zusammenfalle, damit aber senk- recht auf der Axe des Stranges stehe. Wäre dies thatsächlich der Fall. so fände die Stoffbewegung in den Elementen senkrecht zur Richtung ihrer Polarität statt, ein Verhältnis, das man wohl im Auge zu behalten hätte. — Ein anderes Beispiel ist in Fig. 12, Taf. X dargestellt. Auch hier bildet das Bündel eine horizontale Brücke zwischen zwei stärkeren Strängen. und ebenso stimmt die Richtung des Gewebes mit der in Fig. 11 überein. Doch ist die Form der Biindel-Elemente weniger bestimmt und die Deutung daher schwieriger. Nach diesen Vorbemerkungen wollen wir versuchen, uns die Polarität der Pflanzenteile in der Riebtung ihrer Längsaxe zu versinnlichen. Wie den Magneten aus Elementar - Magneten, so kann man sich die Pflanze aus polarisierten Einheiten zusammengesetzt denken. Als solche wollen wir zu- nächst nicht die Molekeln oder Micelle, sondern die sichtbaren Elementar-Organe, die Zellen, betrachten. Von diesen sind die verlängerten Formen, das Cambium und seine Producte, im Allgemeinen der Längsaxe des Organes entsprechend polarisiert, während die Parenchym-Zellen im Ganzen zwar auch die gleiche Richtung einhalten, im Einzelnen aber vielfach kleine Abweichungen zeigen. In schema- tischer Darstellung würde man somit ein Bild erhalten, wie es Fig. 12 links von dem starken Striche & oben und unten giebt. Hier stellen die langen Rechtecke Bündel-Elemente, die Quadrate paren- chymatische Zellen dar. Die Pfeile geben die Richtung der Polarität an; die Pfeilspitze zeigt den Spross-, das entgegengesetzte Ende den Wurzelpol an. Die verlängerten Elemente sind gleichsinnig und der Längsaxe des Organes parallel polarisiert; die Parenchym-Zellen dagegen weichen mit der Richtung ihrer Polarität häufig von der Längsaxe ab. — Aller Wahrscheinlichkeit nach weisen die einzelnen Arten in dieser Beziehung Verschiedenheiten auf; bei den einen werden die Parenchym- Zellen gleichsinniger polarisiert sein, als bei anderen, und darauf wird es beruhen, dass die Polarität bei einer Species stärker entwickelt ist, als bei einer anderen. Legt man die eben angedeutete Vorstellung zu Grunde, so bietet sich die Möglichkeit, das Ver- halten der Gewebe in der Verwachsungs- Zone normal und abnormal eingesetzter Gewebestücke, vor allem den Gefässbündel-Verlauf, dem Verständnis näher zu bringen. Die Ursachen zwar, welche die Entstehung eines Gefässbündels überhaupt und eines Verbindungsstranges im besonderen bewirken, entziehen sich einstweilen der Forschung und sind daher als gegeben anzunehmen. Wie immer sie auch beschaffen sen mögen, eines dürfen wir jedoch als sicher betrachten: ihre Wirkung wird sich da äussern, wo die bei der Bündelbildung zu überwindenden Widerstände am geringsten sind. Eine einfache Ueberlegung ergiebt aber, dass die in der Polarität der Elemente beruhenden Widerstände an den verschiedenen Orten sich sehr ungleich gestalten. Um dies näher zu zeigen, wollen wir die übersichtlichen Verhältnisse zu Grunde legen, die wir an den Einschlüssen des Rübenkörpers feststellten. Um mit dem normal eingesetzten Gewebestück zu beginnen, so bieten hier die polaren Verhält- nisse der Gewebe an den Grenz-Zonen keinerlei Widerstände. An der oberen und unteren Verwach- sungsfläche berühren sich die ungleichnamigen Pole, und es findet in Folge dessen rasche Verwach- sung und die Bildung von Bündeln statt, deren Verlauf normal ist und nicht anderes sen kann (Taf. VIII, Fig. 3). Die longitudinalen Berührungsflächen werden von Elementen mit paralleler und gleichsinniger Polarität begrenzt; auch hier ist die Verwachsung leicht und wenn, wie es ver- einzelt geschieht, Verbindungsstränge entstehen, so haben auch diese normalen Verlauf. Ebenso ein- fach gestalten sich die Verhältnisse, wenn die Berührungsflächen bei normaler Orientierung der Teile geneigte Stellung haben (Taf. VII, Fig. 13, 7 u. 8). 153 Ganz anders die Grenz-Region eines abnormal eingefüsten Gewebestückes. Es sei zunächst der oO ko} oO Fall betrachtet, in dem es longitudinal verkehrte, radial aber normale Stellung erhält. Dann ge- langen an seiner oberen und unteren Fläche die gleichnamigen Pole in Berührung, während an den Längsflächen Elemente zusammen- treffen, die parallel, aber entgegengesetzt polarisiert sind. Wir wollen zuerst die Widerstände untersuchen, welche diese Flächen dar- bieten. Zur Orientierung diene die nebenan stehende Figur 12. In ihr stellt der starke Längsstrich, &, die Grenze zwischen den ver- schieden polarisierten Geweben dar; rechts und links verläuft je ein Gefässbündel, a und b; die Richtung der Pole ist durch die Pfeile in den Elementen des Umfanges angedeutet. Wir nehmen an, das Gewebe in der Grenz-Zone sei erst kürzlich entstanden und befinde sich in teilungsfähigem Zustande. Soll zwischen den beiden Strängen, a und b, eine Verbindung im Sinne ihrer Polarität erzeugt werden, so kann dies offenbar auf zweierlei Weise geschehen, sowohl durch einen nach oben konvexen, als durch einen konkaven Bogen. Um einen der beiden herzustellen, bedarf es in den Parenchym - Zellen nur geringer Ablenkung von ihrer normalen Polarisations - Richtung; im Maximum beträgt diese in den Elementen der Berührungsfläche 90° (s.d. Fig.). Die Wider- stände, die das Gewebe der Bündelbildung entgegensetzt, sind hier also verhältnismässig schwach, und auf diesem Umstande beruht es offenbar, dass an allen longitudinal verkehrten Einschlüssen die Verbindungsstränge fast auschliess- lich an den radialen Längsflächen angelegt werden (vergl. Taf. VI, Fig. 5, 9, 15 und die schema- tischen Bilder, Fig. 6, 11 und 14). An der hinteren Fläche sind Ordnung und Richtung der Ele- mente dieselben. Wenn hier die Bündel seltener oder gar nicht entstehen, so hat dies seinen Grund darin, dass erstens das Gewebe älter und darum minder teilungsfähig ist, und dass zweitens in der Nähe der Grenzflächen weniger Stränge vorhanden sind, als auf den radialen Seiten. Nicht grösser sind die Widerstände, die das Gewebe an den Radial-Flächen der Bildung von Bündelringen und -Ellipsen bietet. Auch hier stellt das Maximum der Ablenkung in den Elementen der Grenzfläche oben und unten einen Winkel von 90° dar. (Vergl. Fig. 13.) Die Entstehung der Verbindunesstränge zwischen der Ellipse und den Bündeln, a und b, bedarf keiner Erläuterung. Auf das häufige Vorkommen solcher Konfigurationen wurde wiederholt hingewiesen (s. Fig. 8, Taf. VII). Aus unserem Schema, Fig. 13, erhellt, dass in den Kreisen St Eee Hin und Ellipsen den polaren Anziehungen der Elemente vollkommen Genüge geleistet ist; ihre Gestalt zeigt daher auch, von der Kürze abgesehen, keinerlei Störungen im Bau (Taf. X, Fig. 10, die eime kleme gelegentlich beobachtete Ellipse darstellt). Auch in den Knäueln der Geschwulst unserer umgekehrten Rindenringe ist den polaren Anziehungen entsprochen (Taf. XI, Fig. 3), doch ver- Fig. 13. mögen hier die prosenchymatischen Elemente ihr starkes Längenwachstum nicht zu befriedigen und weisen daher beträchtliche Unterschiede vom normalen Bau auf. Vöchting, Ueber Transplantation. 20 154 Betrachten wir nun die obere und untere horizontale Verwachsungsfläche. Hier sind die Wider- stände ungleich grösser. Zur Veranschaulichung diene Fig. 14, in der die Linie g wieder die Grenz- fläche der Gewebe bedeutet. Die Richtung der Polarität erhellt aus den Pfeilen in den Elementen des Umfanges; bei a, b und b, ce endigen ‚€ Gefässbündel,. zwischen denen Verbindungen ı|ı hergestellt werden sollen. An der Grenz- a fläche berühren sich Elemente mit entge- x] gengesetzten Polaritäten. Direkte Verbin- . dungen zwischen den Strängen auf beiden s Seiten sind hier unmöglich und wurden in 3% der That niemals beobachtet. Sollen Bün- JH | 8 delkreise oder -Ellipsen gebildet werden, so 4 müssen die Elemente an je einer Seite der h Grenzfläche eine Ablenkung ihrer Polarität 12 1 1 um 180° erfahren, d. h. sie müssen umge- In jr | ===) — - jr kehrt polarisiert werden (s. Fig. 14 rechts). 71 | Iciieim | 1 | Ob etwas derartiges geschieht, konnte mit ISSUE 71 Sl ae) tillrlz | Sicherheit nicht festgestellt werden. Voll- I ealrjt 2a a weh] kommene Ringe oder Ellipsen wurden hier $ Fi. 14 d nicht wahrgenommen, wohl aber, freilich sel- ig. ten, zur Hälfte oder selbst noch weiter aus- gebildete, wie in Fig. 12 u. 17 auf Taf. VIII, Formen, die man vielleicht ohne vollkommene Um- kehrung der Pole entstanden denken kann. Die, wenngleich auch selten, doch hier und da auftre- tenden Vereinigungen der Bündel über und unter der Verwachsungsfläche geschehen, wie früher ausgeführt, durch horizontale Stränge von charakteristischem ‚Verlauf (vergl. Fig. 16 u. 17, Taf. VII). oder dadurch, dass ein von oben oder unten kommendes Bündel in geneigter Richtung durch die Ver- wachsungsfläche tritt und sich nun in horizontaler Lage mit einem ebenfalls horizontal verlaufenden Strange der anderen Seite verbindet. In allen diesen Fällen kann man sich die Bündel aus Elementen entstanden denken, deren polare Ablenkung 90° oder nicht viel darüber betrug (s. Fig. 14, rechts). — Das seltene Vorkommen von Verbindungssträngen an der oberen und unteren Fläche überhaupt erklärt sich somit zur Genüge aus den Widerständen, welche in den Pol-Richtungen ihrer Elemente beruhen. Soviel zur Erklärung der Bündelbildung im longitudinal verkehrten Einschluss. Erhält das Bündel radial verkehrte Stellung, so ergeben sich die Widerstände aus den Änder- ungen der radialen Polarität der Elemente in der Verwachsungs-Zone. Die Konstruktion führt hier zu analogen Verhältnissen, wie im vorigen Falle und es darf daher auf die eingehende Erörterung verzichtet werden. Wird endlich das Gewebestück longitudinal und radial verkehrt eingesetzt, so sind bei der Bün- delbildung zweierlei Widerstände zu überwinden, solche, die sich aus der longitudinalen und solche, die sich aus der radialen Polarität ergeben. Daraus erhellt, dass hier die Verbindung noch schwieriger wird, als bei den beiden vorigen Transplantationen. Wir haben uns bis jetzt hauptsächlich mit der Polarität beschäftigt, deren Richtung mit der Längsaxe der Organe zusammenfällt. Betrachten wir nunmehr den in radialer Richtung sich aus- sprechenden polaren Gegensatz. 155 Dass ein solcher Gegensatz vorhanden sei, dürfen wir aus unseren Versuchen mit radial ver- kehrten Gewebestücken mit Sicherheit schliessen. Auf Grund derselben nehmen wir an, dass jeder Gewebeteil und damit jede Zelle eines radiär gebauten Körpers auf der dem Umfang zugewandten Seite eine andere Organisation habe, als auf der gegenüber liegenden inneren. Diese Verschiedenheit kann aber bei weitem nicht so ausgesprochen sein, als die in longitudinaler Richtung vorhandene, ein Umstand, der sich vor allem aus der Bildung des Cambiums ergiebt. Wie wir früher sahen, zeigt die Runkelrübe das Bestreben, an jeder freien Oberfläche Cambium zu erzeugen, dessen Produkte zu dieser Fläche normale Lagerung haben. Soll das Meristem an den radialen und der inneren Seite eines transplantierten Gewebestückes entstehen, so müssen dabei offen- bar die in der Struktur begründeten inneren Gegensätze überwunden werden; es muss, um das Bild der Pole beizubehalten, deren Richtung an den radialen Seiten um 90°, an der Innenseite um 180° abgelenkt, hier also umgekehrt werden. Wie aus dem Verhalten der fraglichen Stücke hervorgeht, ist dieser Prozess mit Schwierigkeit verbunden ; er geht aber vor sich und daraus folgt, dass, wenig- stens bei der Runkelrübe, der innere Gegensatz in radialer Richtung beträchtlich schwächer entwickelt sein muss, als in longitudinaler. Bei anderen Pflanzen ist das Verhältnis verschieden. So bildete schon die weisse Rübe an den radial verkehrten Einschlüssen auf den Aussenseiten kein Cambium, und man erhielt den Eindruck, hier sei die geforderte Ablenkung entweder unmöglich, oder doch mit grösseren Widerständen verbunden. So dürfte es noch bei manchen anderen Arten sein. Aber wir beobachten die Cambium-Bildung nicht nur an den verticalen , sondern auch an den horizontalen Schnittflächen. Sie setzt sich von den ersteren auf die letzteren fort und entfaltet be- sonders an den nach unten gewandten eine grosse Thätigkeit. Man findet an den unteren Quer- schnittsflächen stärkerer Wurzeln häufig Wülste, in denen mehrere Bündellagen erzeugt wurden. Die Entstehung des Cambiums an diesen Flächen setzt voraus, dass in den jungen Zellen des Quer- schnittes sowohl die radiale, als die longitudinale Polarität um je 90° abgelenkt werde, so zwar, dass dies an der oberen Fläche mit dem einen, an der unteren mit dem anderen Pol geschehe. Erwägt man diesen Vorgang in Bezug auf die longitudinale Polarität, so ergiebt sich, dass in der Mitte der Wundfläche die Cambium-Elemente und ihre Producte mit den gleichnamigen Polen zusammen- stossen müssen. Ist dies aber der Fall, dann können die Gefässbündel an solchem Orte keine ge- ordnete Lagerung annehmen. Dieser Schluss findet in den thatsächlichen Verhältnissen seine Be- stätigung. Nirgends wurde an der Runkelrübe ein so regelloser Bündelverlauf wahrgenommen , als in jenen Callus-Wülsten. Die Stränge erschienen wie wirr durcheinander geschlungen und boten im Ganzen ein Bild ähnlich dem, welches die krankhafte Geschwulst bei Cydonia an den Wurzelpolen gewährt. Die eben angedeutete Unordnung tritt aber nur dann ein, wenn man ganze Querschnittsflächen bildet. An partiellen derartigen Flächen, wie sie über kleinen Höhlen und verkehrten Einschlüssen entstehen, lässt sich in der Regel eine bestimmte Lagerung verfolgen (vergl. Taf. VII, Mies, 5% ©) und besonders 10). In diesen Wiilsten ordnen sich die Bündel derartig an, dass sie gewissermaassen wie gescheitelt erscheinen; sie biegen über der Mitte der Fläche nach beiden Seiten aus, und legen sich am Rande entweder an von oben kommende Stränge oder verlaufen direkt nach unten. Die Ent- stehung dieser Ordnung ist ohne Schwierigkeit zu begreifen. Zur Bildung der geneigt abwärts und horizontal verlaufenden Bündel bedarf es nur einer Ablenkung der Polrichtung in den jungen Ele- menten um 90° und weniger. Durch die in dieser Arbeit niedergelegten Untersuchungen ist der Lehre von der Polarität des 20 * En 156 Pflanzenkörpers eine andere und tiefere Grundlage gegeben, als sie bis jetzt vorhanden war. Zum Beweise für die Existenz des polaren Gegensatzes dienten bisher die Regenerations-Erscheinungen, die Callus-Bildung, und die Spross- und Wurzelverteilung bei normalem Wachstum. Alles dies sind aber nur Äusserungen, nur Folgen der Polarität, nicht diese selbst, ein Umstand, den ich schon in meiner ersten Arbeit wiederholt betont habe. Nunmehr vermochten wir den Beweis zu erbringen, dass die Elementar-Organe der Pflanze, die Zellen, selbst polar gebaut sind, zwar nicht so, dass wir äusserlich sichtbare Unterschiede an den Polen aufgedeckt hätten. Solche Abweichungen vermag man hier eben- so wenig wahrzunehmen, wie an den Polen des Magneten. Wohl aber waren wir im Stande, den Gegensatz der Pole dadurch festzustellen, dass wir die gleichnamigen und ungleichnamigen in Be- rührung brachten, und dadurch zu der Regel gelangten, dass die ersteren sich abstossen, die letzteren sich anziehen, — ein Anziehen und Abstossen, das sich hier freilich nicht in freien Bewegungen, wohl aber im Wachstum äussert. Wir verfuhren sonach ganz wie der Physiker, der die Eigenschaften der verschiedenen Pole des Magneten auch dadurch bestimmt, dass er sie auf einander wirken lässt. Die Polarität erscheint somit als eine wesentliche Eigenschaft jeder lebendigen Zelle. Durch sie wird, wie schon aus bis jetzt bekannten Untersuchungen folgt, und aus weiteren hervorgehen wird, eine Reihe wichtiger Gestaltungsvorgänge am Pflanzenkörper mehr oder weniger bestimmt. Nun aber entsteht die weitere Frage, in welchen Teilen der Zelle wir den Sitz der Polarität zu suchen haben, in der Zellhaut, dem Gehäuse, oder im dem lebendigen Plasma-Körper. Erinnert man sich, dass die Cambium- und jungen Splint-Zellen da, wo gleichnamige Pole in Berührung gebracht werden, ihre Enden nicht vereinigen, ihr gleitendes Wachstum nicht befriedigen können, so liegt es nahe, die abstossende Ursache zunächst in der Wand zu suchen. Bedenkt man aber, dass deren Bau zuletzt doch auf der Thätigkeit des Plasmas beruht, von ihm allein bedingt wird, so erscheint es richtiger, den Sitz der polaren Eigenschaften in dieses selbst zu verlegen. Dazu leitet ferner die gesamte heutige Auffassung vom Wesen der lebendigen Körper, die das Plasma als den Träger aller Lebenserscheinungen betrachtet. Führt uns schon die Erörterung dieser Frage auf theoretischen Boden, so gelangen wir ganz in’s Gebiet der Spekulation, wenn wir noch einen Schritt weiter thun und unter den verschiedenen Teilen des Plasmas selbst nach den polarisierten Elementen fragen. Offenbar ist unwahrscheinlich. dass jeder Teil des bewegten Plasmas polar gebaut sei. Man wird daher neben der beweglichen Sub- stanz ein relativ festes und beharrendes Gerüst voraussetzen, in dem die eigentlich gestaltbedingenden Ursachen ruhen, und damit zu einer Vorstellung gelangen, wie sie Nägeli in seiner Idioplasma-Theorie entwickelt hat. Wie man sich auf solche Weise das Plasma aus polarisierten Molekeln oder Micelle aufgebaut denken kann („polarisiert“ in chemischem Sinne aufgefasst), habe ich an anderem Orte ') zu zeigen versucht, und es sei daher, um Wiederholungen zu vermeiden, auf diesen verwiesen. Hier dagegen ist noch ein weiterer Punkt zu besprechen. Die histologische Untersuchung der in verkehrter Stellung transplantierten Teile führte zu der Ueberzeugung, dass in den jungen Ele- menten, aus denen die Gefässbündel-Verbindungen in der Verwachsungs-Region hervorgehen, eine Ablenkung der Polarität stattfinde, die der Regel nach im Maximum bis 90° beträgt. Die Ursachen, welche diese Erscheinung bewirken, kennen wir nicht, aber die Thatsache, dass eine Ablenkung möglich ist, legt die Frage nahe, ob sich diese nicht auch auf grössere Zellen-Complexe ausdehnen und die Polarität vielleicht auf längerer oder kürzerer Strecke sich gänzlich umkehren lasse. Dass 1) Vöchting, H. Ueber die Regeneration der Marchantieen, Jahrbücher f. wissensch. Botanik, herausgeg. v. Pringsheim. Bd. XVI. Berlin, 1885. S. 394 ff. 157 etwas derartiges im jungen Gewebe des Vegetationspunktes vor sich gehen könne, darauf deuten be- stimmte, längst bekannte Erscheinungen hin. Wenn der Scheitel der Wurzel von Neottia nidus avis sich in den eines Sprosses verwandelt, so muss die Polarität seiner Elemente umgekehrt werden ; darüber kann kein Zweifel bestehen. Aber was im jungen werdenden Gewebe möglich ist, kann das auch im fertigen stattfinden? Und ferner, was die Pflanze im eigenen Inneren mit der Fülle ihrer uns unbekannten Hülfskräfte vermag, können wir das auch künstlich herbeiführen ? — Damit be- rühren wir die zahlreichen Umkehrungs-Versuche, die seit alter Zeit angestellt worden sind. Welchen veränderten Bedingungen die Pflanze in diesen Experimenten ausgesetzt wird, wurde in meiner ersten Arbeit ') gezeigt. Auf die Regenerations-Erscheinungen an Sprossen und Wurzeln höherer Pflanzen wirken, von anderen minder wichtigen Bedingungen abgesehen, besonders Schwer- kraft und Licht ein. Bei normaler Stellung ist der Einfluss dieser Kräfte mit der Polarität gleich- sinnig und daher fördernd, bei abweichenden Lagen dagegen mehr oder minder hemmend, bei umge- kehrter Stellung dem des inneren Agens entgegengesetzt. Alle diese Versuche an höheren Pflanzen nun, sowohl die zahlreichen eigenen, veröffentlichten und unveröffentlichten, als die anderer Forscher, besonders die letzten Any’s?), haben ein verneinendes Ergebnis geliefert. Selbst nach vierjähriger Dauer der Versuche erwies sich die Polarität als unverändert. Allein nehmen wir an, der Versuch gelänge, dann wären zwei Möglichkeiten offen. Entweder es bliebe die Polarität aller Teile des umgekehrten Körpers unverändert, die neu entstehenden Wurzeln und Sprosse setzten sich an die vorhandenen Glieder mit normalen Polaritäten an und gelangten durch Krümmung in die ihren Aufgaben entsprechende Stellung ; die Bewegung der Nährstoffe, der plastischen wie des Wassers, fände dann in einer der natürlichen entgegengesetzten Richtung statt. Oder die Polarität der ganzen Pflanze würde vollständig umgekehrt und damit den Bahnen der Nährstoffe wieder normale Richtung verliehen. — Für die erstere Möglichkeit sprechen alle bisher ausgeführten Versuche, soweit sie genauer bekannt sind; für die zweite haben wir keinerlei Anhaltspunkte, ausser den von uns beobachteten Ablenkungen im Gewebe und der vorhin erwähnten völligen Umkehrung der Po- larität in gewissen Vegetationspunkten. Ob nun der geforderte Versuch jemals gelingen und welche der beiden Möglichkeiten dann ein- treten wird, darüber muss die Zukunft entscheiden. Fasst man alles in's Auge, was bis jetzt an Thatsachen vorliegt, so erhält man den Eindruck, als könnte die Polarität der älteren Zellen des Orga- nismus nicht mehr verändert werden, es sei denn, dass sie in Teilung übergehen. Jedenfalls deutet keine der beobachteten Erscheinungen darauf hin, dass ihre Polarität eine Ablenkung erfahren könne, solange sie im Zustande des Dauergewebes verharren. Ist dies aber richtig, dann ist zu bedenken, dass die älteren Elemente auf die jungen im Sinne der ursprünglichen Orientierung wirken, somit einer Aenderung der Pol-Richtung durch äussere Kräfte entgegenstreben. — Klar ist nach unsern histolo- gischen Untersuchungen zweifellos so viel, dass, wenn überhaupt, dann die Umkehrung der Polarität an der ganzen Pflanze und auch etwa gleichzeitig stattfinden müsste. Denn wäre dies nicht der Fall, ginge sie nur örtlich und zeitweise vor sich, so würden Geschwülste von so verwickelter Natur ent- stehen, dass das Leben des Organismus auf’s höchste gefährdet wäre. — Und so erscheint im ganzen die Möglichkeit einer völligen Umkehrung wenig wahrscheinlich. Dass Versuche an niederen Pflanzen, vollends an einzelligen Algen, wie sie Noll an Bryopsis aus- führte, diese Frage nicht entscheiden können, braucht kaum besonders erwähnt zu werden. Das Nähere darüber soll jedoch eine, diesen und verwandte Gegenstände behandelnde, eigene Arbeit bringen. 1) Organbildung I. S. 198 ff. — 2) Kny, L., Umkehrversuche mit Ampelopsis quinquefolia und Hedera Helix. Berichte der deutschen botanischen Gesellschaft. Bd. VII. Berlin, 1889, S. 201 f. Pr or [ee] Zum Schluss können wir nicht unterlassen, noch einen Blick auf die geotropischen Erscheinungen zu werfen. Die nahen Beziehungen, welche diese zu den durch die Polarität hauptsächlich bedingten Regenerations-Vorgängen darbieten, habe ich früher wiederholt hervorgehoben. Nachdem der Be- weis geführt worden, dass der polare Gegensatz erblicher Natur sei, stellte ich auf Grund aller ein- schlagenden Thatsachen die Hypothese auf, er sei das Produkt einer durch zahllose Generationen fort- gesetzten Wirkung der äusseren Kräfte, besonders der Schwere und des Lichtes, auf die Formen des sich entwickelnden Pflanzenreiches !), eine Ansicht, die jedem mit Darwin’s Anschauungen Ver- trauten alsbald nahe gelegt wurde. Jetzt, wo wir die Polarität als Eigenschaft der Zelle erkannt haben, erscheint jene Hypothese zwar etwas weniger einleuchtend. Dennoch glaube ich, dass man sie aufrecht erhalten kann. Wie dem aber auch sei, heute wird eine andere Frage nahe gelegt. Diese betrifft den Geotro- pismus selbst. Hat man sich in die Vorstellung eingelebt, dass der Körper der Pflanze aus polari- sirten Elementen aufgebaut sei, deren Sprosspole im allgemeinen nach oben, deren Wurzelpole nach unten gewandt sind, dann bietet sich fast von selbst die Folgerung dar, die geotropischen Stellungen und Bewegungen als eine Wirkung der Schwere auf die Polrichtung der Zellen aufzufassen, so zwar, dass unter dem Einfluss dieser Kraft die Sprosspole nach oben, die Wurzelpole nach unten gerichtet werden ?). Findet eine Ablenkung der Teile aus ihrer normalen Stellung statt, so wird sie durch Beugung wieder ausgeglichen, und es entstehen auf diese Weise die verschiedenen Formen geotro- pischer Krümmung. Um ein Bild zu gebrauchen, sei wieder an den Magneten erinnert. Am be- weglichen Magneten ruft der Erd-Magnetismus eine bestimmte Gleichgewichtslage hervor. Lenken wir jenen aus dieser Stellung ab, so kehrt er, wenn wieder sich selbst überlassen, unter dem Einfluss des Erd-Magnetismus in seine ursprüngliche Lage zurück. Hierbei handelt es sich nur um Pol- richtung. — In ähnlicher Weise kann man sich die Wirkung der Schwerkraft auf die mit der Eigen- schaft des Geotropismus ausgestatteten Pflanzenteile vorstellen. Selbstverständlich kann dieser Ein- fluss nur als Anstoss, als Auslösendes gedacht werden. Wie die Vorgänge weiter verlaufen, welche Stoffwanderung dabei stattfindet: das sind Fragen, die man für sich zu entscheiden hat. Dass der Durchführung dieser Anschauung manche Schwierigkeiten im Wege stehen, dessen bin ich mir wohl bewusst. Vor allem schemen mit ihr die Verwandlungen einer Form des Geotropismus in eine andere, der positiven in die negative, der negativen in die horizontale u. s. w., nicht in Ein- klang zu stehen. Doch dürfte sich dieser Widerspruch bei näherer Betrachtung nur als scheinbar erweisen. — Noch eines anderen Umstandes mag hier gedacht werden. Wäre unsere Ansicht richtig, dann müsste ein der Krümmung nicht mehr fähiger Spross, wenn in seiner Mitte horizontal im feuchten Raume aufgehängt, das Bestreben zeigen, sich aufzurichten, sein Wurzelpol müsste sinken, sein Spross- pol sich erheben, und an einem ebenso behandelten Wurzelstück müsste die entsprechende Bewegung 1) Diese Anschauung über die Entstehung des polaren Gegensatzes entwickelte ich zuerst in der botanischen Zeitung (Jahrgang 1880, S. 592), später noch einmal im Zusammenhange mit anderen Gegenständen in meiner Schrift über Organbildung II. Teil (Bonn 1884, S. 130 fi). Im Jahre 1888 erschien ein Aufsatz von Noll: „Über den Einfluss der Lage auf die morphologische Ausbildung einiger Siphoneen“ (Arbeiten des botanischen Instituts in Würzburg, III. Band, S. 466 ff.), in dem der Verfasser im Anschluss an seine Untersuchung jener niederen Pflanzen dieselbe Ansicht über den Ursprung der Polarität bei den höheren Gewächsen äussert, die ich früher dar- gelegt hatte. Ich würde dieses Umstandes hier nicht erwähnen, wenn nicht Noll seine Vorstellung (S. 475) als der meinigen geradezu entgegengesetzt bezeichnete, was sie, soweit es die Hauptsache betrifft, thatsächlich nicht ist. — Uebrigens sei noch bemerkt, dass auch Eimer bei der Betrachtung des polaren Gegensatzes zu demselben Gedanken über dessen Entwickelung gelangt war (vergl. die Entstehung der Arten u. s. w. I. Teil, Jena 1888, S. 419 #.), — 2) Die Stellung der horizontal-geotropischen Organe wäre dadurch zu erklären, dass die polarisierten Elemente sich senkrecht zum Erdradius stellen. 159 stattfinden. Führt man den Versuch aus, so nimmt man in der That an geeigneten Sprossstücken zuweilen die erwartete Bewegung wahr, an Wurzelabschnitten dagegen die umgekehrte. In beiden Fällen beruht die Bewegung jedoch nicht auf einer richtenden Wirkung der Schwerkraft, sondern darauf, dass in dem Spross- und Wurzelstück zunächst an einem Pole Neubildungen entstehen, welche die verfügbare plastische Substanz an sich ziehen und damit ein Sinken ihres Endes bewirken. Bis jetzt gelang es nicht, ein Verfahren zu finden, durch das sich der in der Stoffwanderung beruhende Fehler ausgleichen liesse. Erreichte man diesen Zweck durch eine passende Vorrichtung, dann würde aller Wahrscheinlichkeit nach die erwartete Bewegung eintreten. Diese Andeutungen über den Geotropismus sollen jedoch mit allem Vorbehalt gegeben sein. Sie stellen nichts, als Fragen, als Probleme dar, die durch unsere Untersuchung nahe gelegt werden und deren Mitteilung durch den Umstand gerechtfertigt sein mag, dass in dem Dunkel, welches über dem Wesen der geotropischen und verwandten Erscheinungen liegt, jeder nur halbwegs einleuchtende Gedanke willkommen sein muss. Im übrigen aber sagen wir mit Göthe: Will mich jedoch des Worts nicht schämen: Wir tasten ewig an Problemen. Zur Transplantation am Tierkörper. Im Laufe unserer Darstellung ist wiederholt der Transplantation am Tierkörper gedacht worden. Die umfangreiche Litteratur ') zu besprechen, welche die letzten Decennien darüber hervorgebracht haben, kann selbstverständlich nicht unsere Aufgabe sein. Doch mag es versucht werden, hier in aller Kürze auf ein paar Punkte hinzuweisen, denen in vergleichender Hinsicht Bedeutung zukommen dürfte. Zunächst ist zwischen niederen und höheren Tieren wohl zu unterscheiden. Bei den niedrigsten Formen werden sich höchst wahrscheinlich ähnliche Verhältnisse nachweisen lassen, wie sie bei den Pflanzen gefunden wurden. Schon Trembley?) beobachtete, dass die beiden Hälften einer quer durch- schnittenen Hydra wieder mit einander verwuchsen. Es gelang ihm auch, die Hälften zweier ver- schiedenen Individuen in normaler Stellung zu verbinden. Dagegen war er in der Vereinigung der Hälften von Polypen verschiedener Species minder glücklich. — Doch berichtet Ardaumur *) über ver- einzelte gelungene Versuche der Art. Auch Blumenbach soll dieses Experiment mit Erfolg ausge- führt haben. Die nächste experimentelle Aufgabe wird sein, Trembley's Versuche mit der Abweichung anzu- stellen, dass man die Teile nicht in normaler, sondern in verkehrter Stellung zusammenbringt. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden sie sich dann abstossen. Und ähnliche, den pflanzlichen analoge Verhältnisse werden sich auch bei anderen niederen Tieren auffinden lassen. Betrachten wir nun die Vorgänge bei den höheren Tieren. Auch an ihnen ist die Transplan- tation in ausgedehntem Maasse möglich, der Erfolg aber sehr verschieden. In einer ersten Klasse von Fällen gelingt, wie es scheint, die Verpflanzung vollkommen. So fügte schon Duhamel *) den Sporn eines Hahnes dessen Kamme ein, und nahm an jenem ein Wachs- tum wahr, wie er es an seinem normalen Orte niemals erfährt. Selbst die Verpflanzung eines Zahnes in den Hahnenkamm gelang Hunter ®). Auch die Gewebestücke, die in der schon bei den alten Indern ausgeübten und in neuerer Zeit bedeutend vervollkommneten Rhinoplastik transplantiert wer- den, scheinen an dem ihnen fremden Orte vollständig und auf die Dauer gedeihen zu können. 1) Eine ausführliche Darstellung des Standes der ganzen Frage und eine bis zum Jahre 1883 reichende Zu- sammenstellung der Litteratur giebt von Recklinghausen in seinem Handbuch der allgemeinen Pathologie des Kreis- laufs und der Ernährung. Stuttgart 1883. S. 293 ff. — Kürzer behandelt ist der Gegenstand von E. Ziegler im Lehrbuch der allgemeinen und speziellen pathologischen Anatomie. 6. Aufl. Jena 1889. Bd. I. S. 165 und 171. — Ueber die ältere Litteratur vergl. Zeis, E. Handbuch der plastischen Chirurgie. Berlin 1838. p. XV. fi. — 2) Trembley, A. Memoires pour servir ä& l’'histoire d’un genre de Polypes d’eau douce. Leide, 1744. p. 290 fi. — 3) l. c. p. 294. — 4) Du Hamel. Recherches sur la reunion des plaies etc. Histoire de l’Academie royale des Sciences. Annee 1746. p. 319 ff. — 5) Hunter, J. Natürliche Geschichte der Zähne. Leipzig, 1780, S. 250. A. d. Engl. — 161 Dasselbe gilt von den Hautstücken, die seit Reverdin’s ') Versuchen zur Vernarbung von Wunden an- gewandt werden. In anderen Fällen gelingt die Transplantation ganzer Gewebe-Complexe und selbst ganzer Glieder ebenfalls; sie gehen am neuen Orte Gefäss- und Nervenverbindungen ein, so das Periost, Knochen- mark und Knorpelgewebe in den Versuchen Ollier's?), Zahn’s®), Fischer's*), Bruns’ ?) und Anderer, der Rattenschwänze in den Experimenten P. Bert's®). Allein die Verbindung in diesen Fällen ist nicht von Dauer. Nach Monaten erfolgt die Rückbildung der verpflanzten Teile, bis sie schliesslich oft völlig schwinden. Welche Ursachen diesen Verlauf der Versuche bedingen, ob das Schwinden jener Teile blos in Folge Nichtgebrauchs oder darum eintritt, weil ihnen, wie 01. Bernard annimmt, der Zusammenhang mit ihrem morphologischen Centrum fehlt, muss einstweilen dahingestellt bleiben. Auch unter systematisch verschiedenen Organismen ist die Transplantation von Geweben und Gliedern häufig versucht worden. So übertrug Ollier ') Periost-Stücke eines Hundes auf ein Kaninchen, und beob- achtete in seltenen Fällen deren Verwandlung in Knochen-Substanz. In der Regel aber zeigten diese und ähnliche Experimente kein Gelingen. P. Bert?) verpflanzte den Schwanz der weissen Ratte auf den Körper des Mus decumanus und umgekehrt. In diesen Verbindungen fügten sich die Organe ebenso leicht ein, als bei der Uebertragung des Schwanzes der Ratte auf ein Individuum der gleichen Species. Dagegen wuchs der Schwanz der Feldmaus, Mus silvaticus, auf der Ratte nicht so vollständig an. Wurden endlich Rattenschwänze auf systematisch ferner stehende Tiere, wie das Eichhörnchen, den Hund, die Katze u. s. w. verpflanzt, so fand keine Vereinigung statt. — Aus der grossen Zahl sonstiger Versuche °) sei hier nur angeführt, dass man die Haut des Menschen auf das Kaninchen, den Hund und die Katze übertragen, auch Wechsel-Transplantationen unter diesen Säugetieren ausgeführt hat; dass ferner Hautstücke des Meerschweinchens auf den Menschen verpflanzt wurden. Auch gelang die Transplantation von Gewebestücken zwischen Frosch und Eidechse. Selbst der Zahn eines Schafes wurde in die Zahn-Alveole eines Mädchens eingeheilt. — Doch erfahren in allen diesen Fällen die verpflanzten Teile kein eigentliches Wachstum und es handelt sich fast überall nur um die ersten Stadien des Anheilens, aus denen man keine Schlüsse auf die weitere Entwickelung ziehen kann. Vergleicht man die mancherlei Versuche am Tierkörper mit den in der vorliegenden Arbeit niedergelegten, so drängt sich zunächst die Frage auf, ob auch an den tierischen Organen und deren Teilen polare Gegensätze in ähnlicher Weise vorhanden seien, wie wir sie an der Pflanze beobachten. Könnte nicht das Misslingen der Versuche, wenigstens in einzelnen Fällen, darauf beruhen, dass man diesen Umstand nicht berücksichtigt hat? Bei den verpflanzten Hautstücken und ebenso bei den künst- lichen Nasen scheint, soweit die Versuche ein Urteil zulassen, allerdings eine Orientierung der Ge- webe zu fehlen. Für den Nerven liegen sogar bestimmte Versuche vor, die sich gegen das Vor- handensein eines inneren Gegensatzes aussprechen. (rluck '°) verpflanzte Stücke des Nervus ischiadieus 1) Comptes rendus de l’Academie des Sciences T. LXXII. p. 1280. De la greffe epidermique. Paris 1872. — Daran schliessen sich die Untersuchungen von ‚JJacenko, Dubrewl, Darolles, Thiersch, Garre u. A. — 2) Ollier, L. Recherches experimentales sur la production artificielle des Os ete. Journal de la Physiologie. T. II. Paris 1859 p- 1 ff. — 3) Zahn, W. Ueber das Schicksal der in den Organismus implantierten Gewebe. Virchow’s Archiv Bd. 95. Berlin 1884 8. 369 ff. — 4) Fischer, E. Ueber Transplantation von organischem Material. Deutsche Zeit- schrift für Chirurgie von Hueter und Lücke. Bd. 17. Leipzig 1882. S. 61 und 362 ff. — 5) Bruns, P. Ueber Trans- plantation von Knochenmark. Archiv für klinische Chirurgie 26. Bd. Berlin 1881. S. 661 ff. — 6) Bert, P. Re- cherches experimentales pour servir ü l’histoire de la vitalit€ propre des tissus animaux. Annales des Sciences natur. 5me serie. Zoologie. T. V. p. 123. — 7) Ollier, L. Journal de la Physiologie. 1860 p. 102, — 8) Bert, P. 1. e. p. 202 ff. — 9) S. von Recklinghausen, 1. ce. S. 302. — 10) Gluck, Th. Ueber Transplantation, Regeneration und entzündliche Neubildung. Archiv für klinische Chirurgie. 26. Band. Berlin 1881. S. 896 ff. Vöchting, Ueber Transplantation. 21 = 162 des Kaninchens in den Ischiadicus eines Huhnes, teils in normaler Lage, teils derartig, dass das pe- riphere Ende an den centralen und das centrale Ende an den peripheren Stumpf des resecierten Nervus ischiadieus eingenäht wurde. Im einen wie im anderen Falle entstanden aus diesen Nerven wieder leitungsfähige Organe, eine Thatsache, die Gluck als eine neue Bestätigung für ihr doppel- sinniges Leitungsvermögen hinstellt. Von kompetenter Seite wird mir jedoch mitgeteilt, dass der Verlauf der Gluck’schen Versuche vielleicht eine andere Deutung erfordere, als die ihm gegebene, und dass es sich hier vielleicht nicht um ein wirkliches Einheilen der verpflanzten Nerven handle. Wie dem aber auch sei, die Zu- kunft wird zu lehren haben, ob die Polarität der pflanzlichen Zelle in der tierischen ein Analogon besitzt oder nicht. Gegensätze am Körper sind ja auch beim Tiere vorhanden, wenngleich in anderer Art, als bei der Pflanze. Sollten den äusserlichen und sichtbaren Gegensätzen nicht auch innere entsprechen ? Es ist schwerlich anzunehmen, dass dies nicht der Fall sei, doch kann darüber allein die weitere Untersuchung entscheiden. Druckfehler. Seite 9 Anmerkung 3 lies p. 206 statt 106. c 9 = 4 „ „ 206-208 statt 106 —108. » 50 Zeile 9 lies obere Fläche statt Oberfläche. „ 67% „ 25 „ Fig. 16 statt Fig. 21. Dean Bien2lern ERTE>216: Tafel 1. Fig. 1. Beta vulgaris. a. Steckling, der Region des Blüthenstandes entnommen; b. die daraus erwachsene Pflanze, unten mit der Hauptwurzel, oben mit den rübenkopfartigen Sprossen. Seite 29. Fig. 2. Beta v. Hauptwurzel, der ihr apicaler Teil genommen und seitlich wieder einge- setzt wurde, h. Seite 34. Fig. 3. Beta v. Hauptwurzel, ihres apicalen Teiles beraubt und seitlich mit einer Seiten- wurzel versehen, s. Seite 34. Fig. 4. Beta v. Hauptwurzel, in zwei Hälften getrennt, die in normaler Stellung wieder ver- bunden wurden. Seite 35. Fig. 5. Beta v. Hauptwurzel mit radial nach innen verpflanztem Gewebestück. Seite 36. Fig. 6. Beta v. Hauptwurzel, der ein Gewebestück, e, entnommen und in normaler Stellung wieder eingefügt wurde. Seite 35. Fig. 7. Beta v. Hauptwurzel, in zwei Hälften geteilt, deren untere mit einer Drehung von 90° der oberen wieder eingesetzt wurde. Seite 35. Fig. 8 Brassica rapa f. esculenta. Hauptwurzel im Querschnitt, unter e ein Gewebe- stück in normaler Stellung eingefügt. Seite 53. Fig. 9. Brassica r. f. e. Hauptwurzel mit normal eingesetztem Gewebestück, zu Fig. 8. s Narbe des seitlich geführten Längsschnittes. Seite 53. Fig. 10. Beta v. Hauptwurzel mit radial verkehrtem Einschluss, e; s wie in voriger Figur Seite 47. Fig. 11. Beta y. Hauptwurzel mit longitudinal verkehrtem Einschluss. Seite 48. Fig. 12. Beta v. Hauptwurzel mit longitudinal verkehrtem Einschluss im Längsschnitt. Seite 49. Fig. 13. Beta v. Hauptwurzel mit longitudinal und radial verkehrtem Einschluss. Seite 49. Die Figuren 1—9 und 11—13 nach Handzeichnungen, Fig. 10 nach einer Photographie. Die Figuren 1—5, 7 und 11 beträchtlich verkleinert, die übrigen etwas unter natürlicher Grösse. An den Hauptwurzeln mit zahlreichen dünnen Seitenwurzeln wurden diese überall nur angedeutet. TITTa u ee er rei MN ee : lith. Ueber Transplantation. al Verlag der H.Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen H.Vöchting gez Tafel 1. Fig. 1. Beta vulgaris. Object, an dem zwei Hauptwurzeln mit ihren Wurzelpolen verbun- den worden; bei w der Wulst an der Verwachsung dieser Pole. Der Sprosspol der unteren Wurzel ist abwärts gerichtet, darüber die Seitenwurzeln. Die verbundenen Individuen gehören der gleichen Rasse an. Seite 51. Fig. 2. Beta v. Object wie voriges, die beiden Individuen aber verschiedenen Rassen ent- nommen. Seitenwurzeln nur teilweise dargestellt. Seite 51. Fig. 3. Beta v. Hauptwurzel mit longitudinal und radial verkehrtem Einschluss, dieser in der Tiefe des schnabelförmig vorspringenden Wulstes. Seite 49. Fig. 4 Beta v. Hauptwurzel mit radial und longitudinal verkehrtem Einschluss. Besonderer Fall. Seite 50. Fig. 5. Beta v. Hauptwurzel mit longitudinal verkehrtem Einschluss. Seite 48. Fig. 6. Beta v. Hauptwurzel mit Einschluss, der 90° um seine radiale Axe gedreht worden war. Seite 48. . 7. Beta v. Hauptwurzel mit radial verkehrtem Einschluss. Seite 47 unten. .8. Beta v. Wie vorige. Seite 47. Fig. 9. Brassica rapa f. esceulenta. Hauptwurzel mit longitudinal und radial verkehrtem Einschluss. Seite 53. Fig. 10. Brassica r. f. e. Querschnitt zu voriger Figur. Die Figuren 1—4, 6 und 8 nach photographischen Bildern, die übrigen nach Handzeichnungen. Die Figuren 1—4, 6 und 8 in etwa */s der natürlichen Grösse; Fig. 5 und 7 um etwas mehr als die Hälfte verkleinert ; Fig. 9 und 10 in annähernd natürlicher Grösse. Baumanrulith. Ueber Transplantation. Verlag der H.Laupp'schen Buchhandlung in Tübingen. Tafel Ill. Beta vulgaris. Fig. 1. Hauptwurzel mit zwei Sprossreisern versehen, die verdickte rübenkopfartige Seitentriebe gebildet haben. Die Wurzel excentrisch entwickelt. Seite 66 und 86. Fig. 2. Das in Fig. 1 dargestellte Object gleich nach der Operation. Seite 66 und 86. Fig. 3. Object, bestehend aus zwei einander aufgesetzten Pflanzen; s der Stengel der unteren, w die Wurzel der oberen. Seite 72. Fig. 4. Einem Blattstiel, b, eingefügte junge Pflanze, p deren Hauptwurzel. Seite WdE Fig. 5. Pflanze, hervorgegangen aus der Verbindung des Stengels mit einer Wurzel (s. Taf. IV, Fig. 1). Die anfangs gestreckten Internodien der Sprosse sind allmählich kürzer, dafür aber stärker geworden, die Blätter haben grösseren Umfang angenommen, als die des Blütenstandes, dem der oO Stengel entstammte. Seite 72. Fig. 6. Alte Hauptwurzel mit jungen Reisern versehen, die in ihren oberen hier nicht gezeich- neten Teilen Blütenstände bilden. Seite 86. Fig. 7. Hauptwurzel, der seitlich ein Abschnitt einer andern Hauptwurzel verkehrt eingefügt wurde. Der eingesetzte Teil der letzteren, e, stark angeschwollen, der freie im Wachstum zurück- geblieben. Seite 50 unten. Fig. 8. Blatt, dem Wurzelpolende einer Wurzel eingesetzt. Seite 70. Fig. 9. Der untere Teil des in Fig. 8 dargestellten Objectes nach Beendigung des Versuches. b der basale Teil des Blattstieles. An der Verwachsungsstelle ein, besonders auf der rechten Seite stark entwickelter, Wulst. Seite 70. Fig. 10. Blatt, dem Sprosspolende der Wurzel eingefügt. Der obere Teil des Blattstieles und die Blattfläche, sowie der untere Teil der Wurzel sind in der Zeichnung nicht wiedergegeben. Seite 69. Fig. 11. Der im Boden befindliche Teil des in Fig. 5 dargestellten Objeetes. Bei n die Grenze des Wurzel- und Sprossgewebes. Seite 72. Fig. 12. Einjährige Pflanze, deren Stengel ein ebenfalls einjähriges Wurzelstück eingefügt wurde. Seite 89. Die Figuren 1, 3—8 nach photographischen Aufnahmen; 2, 9—12 nach Handzeichnungen. Die Figuren 1—8 und 12 beträchtlich verkleinert, teilweise auf '/s ihrer natürlichen Grösse und noch weniger; Fig. 9 und 10 in etwa Vs des natürlichen Umfanges, Fig. 11 in annähernd natür- licher Grösse. Ueber Transplantation gez H.Vechtng ER bing smTü H. Laupp'schenBuchhandlun 12 Verlag de Tafel IV. Beta vulgaris. Fig. 1. Zweig in der Region des Blütenstandes mit einer seitlich eingefüigten Wurzel, w (s. Fig. 5 und 11 auf Taf. I). Seite 71. Fig. 2. Stengel einer einjährigen Pflanze, dem ein Wurzelstück gleichen Alters in normaler Stellung inseriert wurde, e, das wulstförmige Entwickelung erfuhr. Seite 84. Fig. 3. Wie vorige. Einschluss longitudinal verkehrt. Seite 89. 4. Wie vorige. KEinschluss normal. Seite 89. Fig. 5. Längsschnitt des in Fig. 4 gegebenen Objectes. Fig. 6. Querschnitt zu Fig. 3. Fig. 7. Hauptwurzel, der das Internodial-Stück eines Stengels eingepflanzt wurde. Seite 65. Fig. 8. Schema für das Wurzelpfropfen in den Spalt. Seite 93. Fig. 9. Schema für das Einpflanzen kleiner Gewebeinseln in die Hauptwurzel. Seite 97. Fig. 10. Weiteres Schema für das Spaltpfropfen an der Wurzel. Seite 93. Fig. 11. Verbindung einer langen weissen Futterrübe mit einer kleinen dunkelroten Zierrübe, diese als Unterlage, jene als Reis. Seite 95. Fie. 12. Verbindung wie in Fie. 11, jedoch umgekehrt mit der roten Zierrübe als Reis, der weissen Futterrübe als Grundstock. Seite 95. Fig. 13. Hauptwurzel, der ein eylindrisches Stück aus dem dünnen Teile einer anderen Haupt- wurzel eingefügt wurde. Seite S0. Fig. 14. Verbindung eimer langen weissen mit einer gelben, ebenfalls langen, aber etwas mehr in die Dicke wachsenden Form, diese den unteren Teil bildend. Bei & die Grenze. Seite 96. Fig. 15. Verbindung einer kleinen runden roten Salatrübe mit einer langen weissen Futterrübe als Reis. Seite 96. Fig. 16. Querschnitt zu dem in Fig. 18 gegebenen Körper. Fig. 17. Stengelteil mit eingepflanztem Wurzelstück, e. Seite 71. Fig. 18. Verbindung einer roten Futterrübe und des dünnen Teiles der Hauptwurzel einer grossen gelben runden Form, s. "Das basale Ende dieses Teiles ist kopfförmig angeschwollen, in der Litho- graphie aber nicht ganz in dem Umfange wiedergegeben, welcher der in der Zeichnung dargestellten natürlichen Grösse entsprach. Vergl. den Querschnitt, Fig. 16, der dieser Region angehört und sie in ihrem natürlichen Umfange zeigt. Seite 97. Fig. 19. Rote Salatrübe mit vorwiegendem Dickenwachstum, der das Gewebestück einer langen weissen Futterrübe eimgesetzt wurde. Seite 97. Fig. 20. Wie vorige, doch mit dem Unterschiede, dass der langen weissen Futterrübe das Ge- webestück der roten Salatrübe emgefügt wurde. Seite 97. Fig. 21. Querschnitt des in Fig. 20 dargestellten Körpers. Bei e der Einschluss. Sämtliche Figuren nach Handzeichnungen. Die Fig. 2—6 und 16 in natürlicher Grösse, alle übrigen beträchtlich verkleinert. - Baumann lith. Ueber Transplantation. Verlag der H. Laupp'schen Buchhandlung in Tübingen. H. Vöchting gez. Tafel V. Fig. 1. Beta vulgaris. Verbindung einer langen weissen Zuckerrübe mit einer ähnlich ge- stalteten roten Futterrübe als Unterlage. Die Verbindung geschah wie in Fig. 10, Taf. IV, und der Körper zeigt links noch den Rest vom abgeschnittenen Teile des Grundstockes. Seite 95 unten. Fig. 2. Beta v. Pfropfung einer langen weissen auf eine rote runde Futterrübe. Seite 96. Fig. 3. Beta v. Verbindung einer langen roten Futterrübe mit einer gelben runden. Diese wurde mit schmalem Keil seitlich eingefügt und nahm am basalen Ende kugelförmige Gestalt an. Seite 97. Fig. 4. Beta v. Pfropfung einer langen weissen Futterrübe auf eine schwache rote Salatrübe. Seite 96. Fig. 5. Opuntia Labouretiana. Verbindung des Endgliedes mit seinem eigenen abge- trennten oberen Teile in verkehrter Stellung. Die verbundenen Teile beginnen eben zu schrumpfen. Seite 62. Fig. 6. Beta v. Verbindung einer gelben runden Futterrübe mit einer langen roten Form. Diese seitlich unten emgefügt. Seite 97. Fie. 7. Beta v. Pfropfung einer langen sich S förmig krümmenden roten Futterrübe auf eine gelbe runde, (vergl. Fig. 10, Taf. IV) die Erstere unten mit wulstiger Anschwellung. Seite 96. Fig. 88 Heterocentron diversifolium. Blatt mit seinem Stiel vom Knoten auf die Kante eines Internodiums verpflanzt. Seite 76. Fig. 9. Mesembryanthemum linguaeforme. Pfropfung eines Blattendes in den Schei- telteil eines anderen Blattes, die Unterseite des ersteren nach oben gewandt. Seite 45. Fig. 10. Mesembryanthemum linguaef. Einfügung einer Blatthälfte in den mittleren Teil eines Blattes. Seite 45. Fig. 11. Heterocentron diversif. Spross, dem seitlich ein Reis in verkehrter Stellung eingefügt wurde. An Reis und Unterlage Adventiv-Wurzeln. Seite 64. Fig. 12. Mesembryanthemum linguaef. Blatt, dessen Scheitelteil entfernt und dem dafür der entsprechende Teil eines anderen Blattes eingefügt worden war. Seite 45. Fig. 13. Heterocentron diversif. Obere Hälfte eines Blattes, mit dem Mittelnerven der Fläche eines Internodiums eingepfropft. Seite 76. Fig. 14. Verbindung von Solanum capsicastrum mit S. Iycopersicum als Unterlage. Das Reis hat über seiner Basis Wurzeln, w, gebildet, diese durch Abheben der vertrockneten äusseren Rinde der Unterlage sichtbar gemacht. Seite 101. Fig. 15. Syringa vulgaris. Aufrecht eingesetzte Knospe nach der Verwachsung. S. 38 u. 60. Fig. 16. Verbindung der Früchte dreier Kürbisformen, nach Gaillard. a die Coloquinte „a fruits jaunes“, b Coloquinte „Poire verte“, ce Coloquinte „a fruits blanes.* Seite 97 unten. Fig. 17. Heterocentron diversif. Copulation der Fläche eines Zweiges mit halbem Knoten auf ein Internodium. w Wurzeln am freien Ende des Reises. Seite 41. Fig. 13. Opuntia Labouretiana. Verwachsung der oberen Hälfte des bilateral gebauten Sprosses mit der unteren im gekreuzter Stellung. Seite 42. Fig. 19. Opuntia Labour. mit Rhipsalis paradoxa als Reis; bei w w die von diesem in die Unterlage hinabgesandten Wurzeln, deren untere die Oberhaut durchbrochen hat. & Die aus dem Sprosse der Opuntia hervorgetretene und erhärtete Gallertmasse. Seite 101. Fig. 20. Heterocentron diversif. Scheitel eines Sprosses mit umgekehrt eingesetztem Reise, w dessen Wurzeln an der Basis. Seite 62. Die Figuren 3, 4, 6 und 7 nach photographischen Aufnahmen, Fig. ‚16 verkleinerter Abdruck nach der Revue horticole, alle übrigen Figuren nach Handzeichnungen. Die Figuren 8, 11, 13, 14, 15, 17 und 20 geben ihre Gegenstände in natürlicher Grösse. Fig. 5. 9, 10, 12, 18 und 19 in etwa 2 derselben; die Fig. 1—4. 6 und 7 dagegen in beträchtlicher Ver- kleinerung. Taf.V. ER Be nr Sa Ä ktn Baumann Ueber Transplantation ingen 0x Verlag der H. Laupp’schenBuchhandlung in Til Tafel VI. Fig. 1. Cydonia japonica. Zweig mit verkehrt eingesetztem Rindenringe; w die Wurzel-, s die Sprosspole. Seite 55. Fig. 2. Cydonia jap. Zweig mit aufrecht eingesetztem Rindenringe, r. Seite 43. Fig. 3. Cydonia jap. Zweig wie in Fig. 1. Unter dem Ringe ist ein Seitenspross gebildet, daher der Spross hier stärker als in Fig. 1. Seite 55. Fig. 4 Cydonia jap. Zweig mit normal eingefügtem Wurzelringe, wr. Seite 74. Fig. 5. Cydonia jap. Aufrecht eingesetzte Knospe nach der Verwachsung. Seite 38 u. 60. Fig. 6. Cydonia jap. Schema für den Verlauf der Fasern und Markstrahlen in der Ver- wachsungs-Region. Seite 141. Fig. 7. Salix nigricans. Zweig mit verkehrtem Rindenringe, r. Seite 57. Fig. 8 Cydonia jap. Zweig mit verkehrtem Wurzelringe, wr. Bei b die Brücke normalen Gewebes. Seite 74. Fig. 9. Cydonia jap. Zweig mit verkehrtem Rindenringe, r. b wie in voriger Figur. S. 56 unten. Fig. 10. Cydonia jap. Zweig mit verkehrtem Wurzelringe. b wie in Fig. 8. Seite 74. Fig. 11. Salix viminalis. Zweig, dessen verkehrt eingesetzte Knospe sich zu einem kräftigen Zweige entwickelt hat. Unter a das abnormal gebaute Holz an den Sprosspolen, g die Grenze an den Wurzelpolen. Seite 60. Fig. 12. Salix viminalis. Medianer Längsschnitt zu voriger Figur. Seite 60 und 143. Fig. 13. Cydonia jap. Querschnitt eines Zweiges mit normal eingesetzter Knospe, unter & die Grenze in der Verwachsungs-Region. Seite 141. Fig. 14. Cydonia jap. Zweig mit verkehrt eimgefügter Knospe. Seite 60 und 142. Fig. 15. Cydonia jap. Schema für den Verlauf der Elementar-Organe in den Verwachsungs- flächen der verkehrt eingefügten Knospe. Seite 142. Fig. 16. Cydonia jap. Zweig mit verkehrt eingesetztem Wurzelringe. Schematischer Längs- schnitt zu Fig. 10. Bei w die Wunzelpole, bei s die Sprosspole; rechts die Brücke normalen Ge- webes. Seite 144. Fig. 17. Salix viminalis. Schema für den Verlauf der Elementar-Organe in der Ver- wachsungs-Region der verkehrt eingepflanzten Knospe. Seite 143. Fig. 18. Cydonia jap. Zweig mit verkehrtem Rindenringe im Querschnitt ; unter b die Brücke normal gebauten Gewebes, bei 8, & die Grenzen zwischen ihm und dem krankhaften. (Zu Fig. 9.) Seite 136. Fig. 19. Verbindung der Birne „Anna Audusson“, B, mit der Quitte, Q. Ueber der Verwachs- ungsstelle der Wulst des Birnstammes. Seite 101 und 106. Fig. 20. Cydonia jap. Schema für den Verlauf der Fasern am Wurzelpol der verkehrt ein- sefügten Knospe. Seite 142. Sämtliche Figuren nach Handzeichnungen und in natürlicher Grösse mit Ausnahme der Fig. 6, 15 und 17, diese wenig vergrössert. Taf. Au NET GATEINN a 7 & ENT Ha Er, SS RER Baumann litn. Ueber Transplantation. Verlag der H. Laupp'schen Buchhandlung in Tübingen. H. Vöchting gez. Tafel VI. Beta vulgaris, Fig. 1. Querschnitt der Hauptwurzel mit normal eingesetztem Gewebestlick, e. Die Zone der Verwachsung ist durch eine punktierte Linie angedeutet. Matte Linien bezeichnen hier, wie in den folgenden Figuren, das Cambium. In dem dargestellten Falle hat nach der Verwachsung noch ein längeres Dickenwachstum stattgefunden. Seite 35 und 112. Fig. 2. Hauptwurzel mit Einschluss, e, der 90° um seine Längsaxe gedreht worden war. Auf der in der Figur gegebenen Höhe ist das Stück auf der linken Seite vollständig, auf der rechten nur zum kleinen Teil angewachsen. An der Aussenseite hat es Cambium erzeugt, e, an der Innenseite nicht. S. 46. Fig. 3. Hauptwurzel mit radial verkehrtem Einschluss, v. Die Abbildung stellt einen Fall dar, in dem die Verwachsung lokal mangelhaft erfolgt war. Auch der vom Seitenschnitt und dem Ein- schluss begrenzte Teil der Unterlage hat sich hier abgerundet und sein eigenes Dickenwachstum er- fahren. Es ist auf die Cambium-Bildung an allen Oberflächen zu achten, vor Allem auf die des Einschlusses an seiner Aussenseite. Seite 47 u. 147, Fig. 4. Hauptwurzel mit zwei normal eingesetzten Einschliüssen, deren innerer der Peripherie einer anderen Rübe entnommen war. Seite 79. Fig. 5. Hauptwurzel mit Einschluss, der 90° um seine radiale Axe gedreht war. Im Inneren der Rübe war hier eine eigentümlich geformte Höhle entstanden. Seite 48. Fio. 6. Hauptwurzel, in der eine quer vollständig durchgehende Höhle gebildet war, welcher ein der Peripherie entnommenes Gewebestück mit radialer Verschiebung, sonst normal, eingefügt wurde. Zeichnung der Cambium-Bildung wegen gegeben, die an allen freien Flächen stattgefunden hatte. S. 148. Fig. 7. Hauptwurzel mit dem dünnen eylindrischen Teile einer anderen Wurzel als Einschluss im Inneren. Der Abschluss nach aussen wurde durch das der Hauptwurzel bei der Bildung der Höhle entnommene peripherische Stück gebildet, dieses mit normaler Stellung. Seite S0. Fig. 8. Hauptwurzel, deren Einschluss zu Grunde gegangen war. Rechts ein isolierter Flügel, wie in Fig. 3. An den Wundflächen charakteristische Camıbium-Bildung. Seite 147. Fig. 9. Hauptwurzel mit einer künstlich im Inneren angebrachten Höhle ; diese teilweise durch Gewebebildung an den Wänden ausgefüllt. Seite 81 und 117. Fig. 10. Hauptwurzel mit einem Spross als Reis versehen (vergl. Fig. 12). Unter g die Grenzen der Gewebe beider Teile. Das Reis hat auf der rechten und linken Seite je einen Flügel von Wund- holz gebildet. Seite 125. Fig. 11. Teil einer Hauptwurzel, die mit einem radial verkehrten Einschluss versehen war, bei e. Zwischen dem Einschluss und dem Flügel rechts eine kleine Höhle. An allen freien Flächen ist Cambium gebildet. Seite 147. | Fig. 12. Ansatzstelle eines Sprossreises am basalen Ende einer Hauptwurzel. Bei g die Grenze zwischen beiden Teilen (vergl. Fig. 10). Seite 125. Fig. 13. Hauptwurzel mit longitudinal und radial verkehrtem Gewebestück, e, dieses ausnahms- weise günstig angewachsen (vergl. Taf. II, Fig. 4). Auf der hinteren Seite des Einschlusses zwei wohlausgebildete Bündel-Ellipsen. Seite 50. Fig. 14. Kleine Gewebebrücke aus dem äusseren Teile der Verwachsungs-Region im (uer- schnitt. Im mittleren Teile Gefässbündel mit fast einseitiger Anordnung. Ringsum eine Cambium- Zone mit kleinen Strängen. Seite 147. Fig. 15. Aehnliche Brücke wie vorige. Die Gefässbündel der Mitte zu einem kleinen Ringe angeordnet. S. 148. Fig. 16. Hauptwurzel mit zwei Sprossreisern, deren basale Teile noch angedeutet wurden. Die Wurzel, ursprünglich kreisrund (s. Taf. III, Fig. 2), hat ein stark excentrisches Wachstum erfahren. Seite 67. Fig. 17. Wie 14 und 15. Die Gefässbündel sind in einem Kreise angeordnet, dessen eine, dem Centrum der Wurzel zugewandte, Hälfte nur eimen Strang führt. Seite 148. Fig. 18. Längsschnitt der Hauptwurzel mit longitudinal verkehrtem Einschluss, e, dieser unten in der medianen Region nicht angewachsen. Seite 48. Fig. 19. Hauptwurzel mit Einschluss, e, der mit sonst normaler Stellung in radialer Richtung ver- pflanzt wurde. Das Gewebestück hat auf seiner ganzen Oberfläche beträchtliches Diekenwachstum erfahren. Seite 36. Fig. 20. Hauptwurzel mit longitudinal und radial verkehrtem Einschluss, e. Seite 49. Fig. 21. Querschnitt des in Fig. 16 gegebenen Körpers. : Unter den Ansatzstellen der Reiser yings um die Schnittflächen Cambium-Ringe mit Gefässbündeln. Seite 67. Fig. 22. Querschnitt der Verbindung einer weissen Futterrübe mit einer kleinen roten Form als Reis. Cambium-Bildung an fast allen Flächen. Verkleinert. Seite 147. Die Mehrzahl der Quer- und Längsschnitt-Zeichnungen wurde nach kleinen Objeeten in natür- licher Grösse, oder nach grösseren und dann in etwas verkleinertem Maassstabe gezeichnet: Fig. 14, 15 und 17 dagegen etwa 30 mal vergrössert. Zu den Fig. 2, 3, 6 und 8 wurden absichtlich der Cambium-Bildung wegen Objeete mit örtlich mangelhafter Verwachsung gewählt. > id) ELLI I ER Ar? ET A FR 2 EN % ein N il | | ER FE I N 3 idopere ee, 3 es Be & We a ; = N REN I SERIE en . H.Vöckting gez, Baumann lith. Ueber Transplantation. Verlag der H Laupp'schen Buchhandlung in Tübingen. 2 =‘ ur Mi Di .. 2 11.22 Zah pa Tafel VII. Beta vulgaris, Fig. 1. Stück einer Hauptwurzel mit longitudinal verkehrtem Gewebestlück, e, im radialen Längs- schnitt. Seite 48. Fig. 2. Desgleichen mit radial verkehrtem Einschluss. Seite 47. Fig. 3. Tangential-Schnitt aus der Verwachsungs-kKegion eines normal eingefügten Gewebe- stüickes. Dieses nur in seinem oberen linken Teile gezeichnet. Die Grenzen, gg, durch die Unter- brechungen angedeutet. Die Längslinien geben den Verlauf der Gefässbiindel an. Seite 116. Fig. 4. Verlauf der Gefässbündel in der Verwachsungs-Region eines radial verkehrten Ein- schlusses in dessen rechter Hälfte. Die Bündel treten hauptsächlich im oberen Teile der Längsseite ein. Bei & g hier wie in der vorigen und den folgenden Figuren die Grenzlinien. Seite 123. Fig. 5. Gefäüssbündelverlauf an der Grenze eines longitudinal verkehrten Gewebestückes. Die Verbindungsstränge hauptsächlich auf der Längsseite. Seite 122. Fig. 6. Schema für den Verlauf zweier Verbindungsstränge zwischen zwei Bündeln mit entgegen- gesetzter Polarität, diese durch die Pfeile angedeutet. Seite 123. Fig. 7. Desgleichen für einen Verbindungsstrang zwischen zwei gleichsinnig polarisierten Bün- deln. Seite 117. Fig. 8. Zwei Bündel-Ellipsen mit den sich anlegenden Strängen aus der Verwachsungs-Region eines longitudinal verkehrten Einschlusses. Seite 12: Fig. 9. Eintritt der Gefässbündel m einen longitudinal und radial verkehrten Einschluss, dieser in seinem oberen rechten Teile gezeichnet. Seite 124. Fig. 10. Anordnung der Gefässbündel um eine an der Peripherie der Hauptwurzel angebrachte Höhle. Seite 155. Fig. 11. Wie Fig. 6. Zwischen den Verbindungssträngen ist ein kleines Bündel gebildet, dessen Anschluss der Polarität entspricht. Seite 123. Fig. 12. Unvollständige Bündel-Ellipse in der oberen Verwachsungsfläche eines radial und longi- tudinal verkehrten Gewebestückes. Seite 124. Fig. 13. Bündelverlauf in der Verwachsungs-Resion zweier normal verbundenen Wurzelhälften. g die Grenze (Vergl. Taf. I, Fig. 4.) Seite 116. Fig. 14. Schema für den Bündelverlauf aus der Verwachsungs-Region zweier Gewebeflächen mit entgegengesetzter Polarität. Seite 123. Fig. 15. Verlauf der Gefässbündel in der Verwachsungs-Region zweier mit ihren Wurzelpolen verbundenen Hauptwurzeln (vergl. Taf. II, Fig. 1). Seite 123. Fig. 16 und 17. Regionen aus der oberen Verwachsungsfläche eines longitudinal verkehrten Ge- webestückes. Die von oben der Fläche sich nähernden und horizontal ausweichenden Stränge legen sich im Sinne ihrer Polarität an Verbindungsstränge an. Seite 123. Fig. 18. Schema für den Bündelverlauf des im Fig. 13 nach der Natur dargestellten Falles. Seite 117. Fig. 19. (100/1) Zwei verwachsene Gewebeflächen aus dem Parenchym der Wurzel. An der Berührungsfläche, &, sind die Wände unregelmässig verdickt. Seite 115. Fig. 20. (270/1) Zellen aus der Verwachsungsfläche des Parenchyms, lokal mit Wandverdick- ungen. Seite 114. Fig. 21 und 22. (450/1) Verdickte Zellwände aus der Berührungs-Region. i i Intercellular- Räume. Seite 114. Fig. 23. * (160/1) Verwachsungs-Region mit zwei weissen, hier dunkel gehaltenen Linien. Seite 115 und 120. Fig. 24. * (160/1) Verwachsungs-Region mit einer weissen Linie. Seite 114 und 120. * In den Figuren 23 und 24 ist der den verdickten Wandstellen gegebene Ton im Druck etwas zu dunkel geworden. lit. Ueber Transplantation. Verlag der H Laupp'schenBuchhandlung in Tübingen. { N N { > << 2 1 Fr \ ’ 7 N I j N [2 x ® r a L s A 4 | er y Ef H.Vöchting gez. ji Tafel IX. Beta vulgaris. Fig. 1. (160/1) Querschnitt durch eine Verwachsungs-Zone. In der Mitte die Grenze, bezeichnet durch verdiekte Wandstellen und Reste abgestorbenen Gewebes, diese durch Kork von den gesunden Zellen getrennt. Oben und unten Cambium-Schichten. Seite 113 und 146. Fig. 2. (100/1) Querschnitt durch eine Verwachsungs-Zone im älteren Gewebe. Es sind zwei Linien vorhanden und die angrenzenden Zellen in lebhafte Teilung übergegangen. Seite 115 u. 116. Fig. 3. (180/1) Grenz-Region aus der Verbindung eines roten Reises mit weisser Unterlage. Die Zellen rechts gehören der letzteren, die links gelegenen dem ersteren an; die punktierte Reihe bezeichnet die Grenze. Seite 127. Fig. 4. (450/1) Reste zerdrückter Zellen und verdickte Wände aus der Verwachsungsfläche. S. 114. Q Fig. 5. (100/1) Verbindung einer roten Rübe mit einer gelben. Links die Zellen der ersteren, rechts die der letzteren. Die Gewebe der beiden Rassen durch ihre Zellengrösse deutlich unter- schieden. Seite 94 und 127. Fig. 6. (270/1) Grenz-Zone aus der Verbindung eines Sprosses mit der Wurzel. Die derb- wandigen Zellen gehören dem Wund-Parenchym des Sprosses, die dünnwandigen dem Gewebe der Wurzel an. In den Grenzwänden, von g an, Tüpfel. Seite 125. Fig. 7. (450/1) Verdickte Zellwände aus der Verwachsungsfläche. Seite 114. Fig. 8. (450/1) Reste zerdrückter Zellen aus der Grenzfläche. Seite 114. Fig. 9. (450/1) Wie vorige. Fig. 10. (100/1) Querschnitt aus der Verwachsungs-Region ungleichsinnig orientierter Gewebe. Der Emschluss, dem das kleinzellige Gewebe angehört, war radial und longitudinal verkehrt einge- setzt. Seite 121. Fig. 11. (450/1) Querschnitt durch eine Verwachsungsfläche zwischen Geweben mit gleichsinniger Orientierung. An den Wänden der Verwachsungsfläche unregelmässige Verdickung, ebenso an mehreren radial gerichteten und an zwei, jener Fläche parallel laufenden Wänden. Seite 119. Fig. 12. (2701) Reste zu Grunde gegangener Zellen in der Verwachsungs-Region, von Kork umschlossen. Seite 115. Fig. 13. (270/1) Wie in Fig. 3. Die Zellen links gehören der weissen Unterlage, die rechts dem roten Reise an. Die Zellen der einen Seite an der Grenze sind auch hier durch Punkte ange- deutet. Seite 127. Baumann lüh. nn En We e EB A Ei Et on ER nn 2 Ei Fa og Ehe a Tübingen. & ea, 2 \E \ u: ww Br L “ TREPPEN D- 2& = er ES . = Ber 2a) rn _ Da car 327 2 A a a | 5) Do alle Zah 7 a a a DT A Bun Tafel X. Fig. 1. Beta vulgaris. (100/1) Regeneration des Gewebes an der Wand einer kfinstlich hergestellten Höhle im Innern der Wurzel (vergl. Taf. VII, Fig. 9). Seite 117. Fig. 2, 3, 4, 5. Beta v. Einzelne Zellenreihen aus der Höhlenwand mit ihren Sprossungen. Fig. 2, 3 und 5 bei 100facher, Fig. 4 bei 30facher Vergrösserung gezeichnet. Seite 118. Fig. 6. Beta v. (100/11) Wie Fig. 1, aber dem älteren Gewebe entnommen. Seite 118 Fig. 7. Beta v. (100/11) Wie Fig. 2—5. Fig. 8 Beta v. (160/1) Alte Parenchym-Zelle, in Teilung übergehend. Vorbereitung zur Cambium-Bildung. Seite 146. Fig. 9. Beta v. (160)1) Verwachsung zwischen Geweben mit ungleichsinniger Orientierung. Ein Gefässbiindel trifft hier auf alte Parenchym- Zellen. Seite 121. Fig. 10. Beta v. (270/1) Kleine geschlossene Bündel-Ellipse aus der Verwachsungs-Region. Seite 153. Fig. 11. Beta v. (270/1) Kleine Gefässbiindel-Brücke zwischen zwei vertical verlaufenden Strängen im horizontalen Wulst einer Wurzel. Die Pfeile geben die Richtung der Polarität des (tewebes an. Seite 151. Fig. 12. Betav. (270/1) Ähnliche Brücke wie vorige. Gewebe mit der gleichen Polarität. S. 152. Fig. 13. Cydonia japonica. (450/1) Parenchymatische Tracheide aus dem inneren Wund- gewebe” der krankhaften Geschwulst im verkehrten Rindenringe. Seite 133. Fig. 14. Cydonia jap. (270/1) Kurze Bastzelle aus der krankhaften Geschwulst. S. 136. Fig. 15. Cydonia jap. (270/1) Längere Bastzelle vom gleichen Orte. Seite 136. Fig. 16. Cydonia jap. (270/1) Gefässartige Tracheide aus der krankhaften Geschwulst. S. 134. Fig. 17. Cydonia jap. (270/11) Wie Fig. 15. Fig. 18. Cydonia jap. (270/1) Normale Bastzelle des gesunden Zweiges. Seite 129. Fig. 19. Cydonia jap. (270/1) Kurze gekrümmte Bastzelle aus der krankhaften Geschwulst. Seite 136. Fig. 20. Pinus silvestris. (270/1) Tracheide aus der krankhaften Geschwulst des ver- kehrten Rindenringes. Seite 139. Fig. 21. Cydonia jap. (160/1) Zwei Gefässreihen mit entgegengesetzter Polarität, die sich im Sinne der letzteren verbinden. Die Pfeile sind hier aus Raummangel etwas zu dicht an die Figur gezeichnet. Seite 137. Fig. 22 und 23. Cydonia jap. (4501) Parenchymatische Tracheiden aus dem inneren Wund- gewebe der krankhaften Geschwulst im verkehrten Rindenringe. Seite 133. Fig. 24, 25. Cydonia jap. (2701) Kurze Bast-Elemente aus der krankhaften Geschwulst. Seite 136. Fig. 26. Cydonia jap. (270/1) Selerenchymatische Parenchym-Zelle aus der krankhaften Geschwulst. Seite 136. Fig. 27. Pinus silvestris. (270/1) Tracheide aus der krankhaften Geschwulst des ver- kehrten Rindenringes. Seite 139. Fig. 28 u. 29. Cydonia jap. (270/1) Markstrahlen aus der krankhaften Geschwulst. S. 133. Fig. 30. Cydonia jap. (450/11) Wund-Parenchym aus der inneren Region der krankhaften Geschwulst. Seite 132. Fig. 31. Cydonia jap. (1601) Breite Verbindung zwischen dem fast normalen Gewebe der Brücke und der krankhaft gebauten Region in der Geschwulst. Die Figur giebt etwas mehr als die Hälfte der Länge des ganzen Zuges. Die Gewebe rechts und links ib entgegengesetzter Pola- rıtät. Alle Zellen nt einkichen® Umrissen gezeichnet. Seite 137. Fig. 32. Cydonia jap. (160/1) Verbindung wie vorige vom gleichen Ort, hier aber auf engem Raume vor sich gehend. Die verlängerten Elemente der Grenzzone scharf knieförmig gebogen. "Die Pfeile geben die Richtung der Polarität an. Seite 137. SUCHIIIU Ye en BEER ao N \ / N ATNDMAIAATMARSEN \ SITITIIITT. SU NM III- > Finden TacX. _—sSTINAÄN o ERLRTUN N END n S = am, \ C_} DIL, 5 Baumann lith. _‘ Ueber Transplantation. Verlag der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen. H.Vöchting gez. Tafel XI. Cydonia japonica. Fig. 1. (160/1) Normales Holz im tangentialen Längsschnitt. Sämtliche Elemente mit einfachen Umrissen gezeichnet. Seite 128. Fig. 2. (160/1) Tangentialer Längsschnitt durch das Holz der krankhaften Geschwulst dicht unter den Wurzelpolen. Gezeichnet wie vorige. Seite 133. Fig. 3. (270/1) Knäuel aus dem Holze der krankhaften Geschwulst. Seite 133. f Fig. 4. (Natürl. Gr.) Schema für den Bau der krankhaften Geschwulst und der angrenzenden jr Teile. r der verkehrt eingesetzte Rmg, w w die Wurzelpole, s s die Sprosspole, h normales Holz vor der Operation gebildet, p abnormal gebautes Holz, nach der Operation erzeugt, r die Rinde, a die vorwiegend parenchymatische Zone der Geschwulst, der schraffierte Teil die Region mit ver- längerten Elementen. Seite 132. Fig. 5. (270/1) Gefäss aus dem normalen Holze. Seite 127. Fig. 6. (160/1) Kurze Tracheide vom gleichen Orte. Seite 128. Fig. 7. (160/1) Wie Fig. 5. Fig. 8 und 9. (270/1) Enden zweier normalen Tracheiden. Seite 128. Fig. 10 und 11. (160/1) Wie Fig. 5 und 7, Fig. 11 einen selteneren Fall darstellend. Fig. 12. (270/1) Holzparenchym-Zellen aus dem normalen Holze. Seite 128. Fis. 13. (270/1) Längere Tracheide vom gleichen Orte. Seite 128. Fig. 14 und 15. (270/1) Zwei Markstrahlen vom gleichen Orte. Seite 128. Fig. 16. (270/1) Wie Fig. 8 und 9. Die nun folgenden Figuren stellen sämtlich Elemente der krankhaften Geschwulst dar. 17. (270/1) Kurzes Gefäss. Seite 134. 18. (270/1) Gefässartige Tracheide. Seite 134. 19. (270/1) Kurzes tonnenförmiges Gefäss. Seite 134. Fig. 20 und 21. (270/1) Kurzes und etwas längeres Gefäss. Seite 133 und 134. Fig. 22 und 23. (270/1) Tracheiden. Die erstere zweimal im gleichen Sinne, die letztere S förmig gebogen. Seite 133. Fig. 24. Wie Fig. 21. Fig. 25. Wie Fig. 18. Fig. 26. (270/1) Kurzes Gefäss mit seitlichem Fortsatz. Seite 134. Fig. 27. (450/1) Parenchymatische Tracheide aus dem inneren Wundgewebe. Seite 133. Fig. 283—36. (270/1) Verschiedene Formen von Tracheiden, teils kürzeren, teils längeren, teils mit, teils ohne Schraubenband. Seite 133 und 134. Ie>) en en ag aa ag Baumann lik, Ara = INN EN a CHEN FRE NAD TERTS ERREGT RSLEE SINERÄRTTRRNENNN, 2 SERIES ÄLTERE - STINE NEON Da RENNEN STEN ——e NDN 2.5 — — ZEN NENANDS De SER = = RACHERENE er - ae 7 \y BR 7 X } a —— m —— > & == = . ( } ER ® ERS > SS. N Na NS Ueber Transplantation. Verlag der H. Laupp' schen Buchkandlung in Tirbingen. g J8Z. H.Vöchtin 2 ur . Verlag der H. Laupp’schen Buchhandlung in Tübingen. Zimmermann, Dr. A., Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pflanzenzelle. Erstes Heft: Mit 2 Doppeltafeln in Farbendruck Preis M. 4. —; Zweites Heft: Mit 2 Tafeln in Farbendruck Preis M. 4. — >» Die Botanische Mikrotechnik. Ein Handbuch der mikroskopischen Präparations-, Reaktions-, und Tinktionsmethoden. Mit 63 Abbildungen im Text Preis M. 6. — Mohl, Prof. Dr. H. v., Ueber den Bau und das Winden der Ranken und Schlinggewächse. Mit 13 Tafeln. Preis M. 5. he Ueber die Poren des Pflanzen-Zellgewebes. Mit 4 Tafeln. Preis M.2, — Professor Dr. F. A. Quenstedt’s Werke: HANDBUCH DER PETREFAKTENKUNDE DRITTE UMGEARBEITETE UND BEDEUTEND VERMEHRTE AUFLAGE. 80 Bogen Text in gross Lex.-Oktav und einem Atlas von 100 lithographierten Tafeln mit Erklärung. Preis von Textband und Atlas zusammen M. 54. - Die Mastodonsaurier im grünen Keupersand- Geologische Ausflüge in Schwaben. Nebst steine Württembergs sind Batrachier. Nebst Holzschnitten und Profiltafeln. Neue Ausgabe 4 Kupfertafeln. gr. Fol. 8M. 60 Pf. sw = Das Flözgebirge Württembergs. Mit beson- Drei Uebersichtstafeln zum Jura. Zweiter der Rücksicht auf den Jura. Zweite vermehrte Alkock j i 1 M. 50 Pf usgabe. 9 M. 80 Pt. e ; ö £ Populäre Vorträge über Geologie. Neue Aus- , Schwabens Medusenhaupt. Eine Monographie gabe von »Sonst und Jetzt. Mit vielen Holz- der subangularen Pentacriniten. Mit 1 grossen schnitten und 1 Tafel. 3M. 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Erster Band, erste Hälfte. M. 5. 50. — —, Tafeln zur vergleichenden Anatomie. Erstes Heft. Zum Nervensystem und den Sinnes- organen der Würmer und Gliederfüssler. 10 Tafeln nebst Erklärungen. In Mappe. M. 18. — — —, Die in Deutschland lebenden Arten der Saurier. Untersucht und beschrieben. Mit 12 Tafeln in Stahlstich. M. 36. — Fraas, Dr. E., Die Ichthyosaurier der süddeutschen Trias- und Jura-Ablagerungen. Mit 14 Hahn, Dr. O., Die Meteorite (Chondrite) und ihre Organismen. 32 Tafeln mit 142 Abbildungen > "an Photographiedruck.- Preis M.40.. 2° mer Se. ; > — » — Die Urzelle nebst dem Beweis, dass Granit, Gneiss, Serpentin, Talk, gewisse Sandsteine, auch Basalt, endlich Meteorstein und Meteoreisen aus Pflanzen bestehen. Die Entwicklungslehre durch Thatsachen neu begründet. Mit 30 lithographierten Tafeln. M. 6. — 77 hr, I 1, Hermann/Uber NN ee 3 5185 00003 4684 | RR, TA 0 Wi Y EHEN) AHLITHN ee == > ee me