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From the

Fine Arts Library

Fogg Art Museum Harvard University

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Beschreibende Darstellung

der alteren

Bau- und Kunstdenkmäler

der

Provinz Sachsen.

Herausgegeben von der

Historischen Commission für die Provinz Sachsen

und das Herzogtum Anhalt.

XXIII. Heft.

Die Kreise Halbei'stadt Land und Stadt.

Mit 221 {a den Text gedruekten AbblldiingeD, 23 Tafeln und 1 Karte.

Halle a. <i. S.

Druck und Verlag von Otto Hendel.

1902.

Beschreibende Darstellung der alteren

Bau- und Kunstdenkmäler

der Kreise

Halberstadt Land und Stadt.

Bearboitot vuu Provinzial-Konw^rvator

Dr. Oskar Doering

iu Magdeburg. Herausgegeben

Historischen Ooinmission für die Provinz Sachsen und das Herzogtum Anhalt

Halle R. d. 8. Druck und Verlag von Otto Hendel.

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Vorwort

Ohne der mancherlei Schwierigkeiten, welche sich einer erwünscht schnellen Herausgabe des Heftes ,,Halberstadt'' entgegenstellten, des näheren zu gedenken, und in Zufriedenheit, dass sie sich doch zuletzt alle haben beseitigen lassen, sei hiermit besagtes Heft der Öffentlichkeit übergeben, die es prüfen, beurteilen und ergänzen, vor aUem aber sein Erscheinen, die Arbeit sei nun ausgefallen, wie sie wolle, hoffent- lich gtttheissen wird. Denn ohne Mängel geht es bei Arbeiten dieser Ari nicht ab, und ein eigentliches Fertigwerden ist dabei überhaupt nicht zu erreichen. Das weiss ein jeder, der sich über Denkmälerinventarisation gemüht hat, und so ist vom Urteile des Kundigen wohl zu hoffen? , dass es sich den Umständen gerecht und freundlich nachsichtig erweisen werde. Über das, was zu tadeln oder zu ändern sein würde, wird, hoffe ich, nicht vergessen werden, dass das Buch einiges bietet, was wenigstens meiner Auffassung nach, die dabei doch wohl nicht ganz subjektiv genannt werden dürfte, dazu dient, das Buch für den praktischen Gebrauch nutzbar zu machen. Es soll in erster Linie ein Inventar sein, und ein solches bedarf der Übersichtlichkeii Für erforderlich habe ich darum gehalten, Klarheit zu schaffen durch eine feste Disposition, durch Hervorhebung der Schlagwörter und durch kurze Inhaltsangaben über jeder Seite, femer durch Anlage eines ausgedehnten Registers, welches an Stelle der in den früheren Bänden üblich gewesenen „Glockenschau" und „Kunststatistik'' getreten ist. Trotz seiner scheinbaren Genauigkeit, welche auch manches den Text ; Ergänzende bietet, hätte es noch viel eingehender werden können und müssen, wenn es nicht das Register eines einzigen Bandes wäre. Viele Unterabteilungen wären hierbei entstanden, die nur je ein einziges Stück aufwiesen, und es war zu befürchten, dass ein allen kunstgeschichtlichen Einzelheiten Rechnung tragendes Register allzu unübersehbar wurde, und damit an seiner wichtigsten Bestimmung, der Brauchbarkeit für den Kunstliebhaber, Forscher und Be- amten, Einbusse erlitt. Erst wenn das ganze provinzielle Inventarisationswerk fertig sein wird, wird die Aufgabe unabweisbar sein, ein wirklich erschöpfendes Gesamtregister zu veranstalten. Würde dann das vorliegende als Anhalt dazu dienen, so wäre einer der lebhaftesten Wünsche erfüllt, die mich zu der müh- seligen Arbeit ermuntert haben. Zu bemerken ist noch, dass ich in das Register überwiegend nur solche Dinge aufgenommen habe, die noch existieren, andere nur dann, wenn mir ihre Erwähnung im Interesse der Forschung zu liegen schien.

Ein anderes erhebliches Gewicht glaubte ich auf eine möglichst grosse Menge von Abbildungen legen zu sollen, und ich hoffe, auch damit des Beifalls eines jeden gewiss zu sein, der den Wert gerade dieser Beigaben zu würdigen weiss,

VI Vorwort

Freilich ist nicht zu verhehlen, dass mir trotzdem in dieser Beziehung des Nötigen noch lange nicht genug gethan scheint. Eine Anzahl von Abbildungen konnten erst nach geschehenem Drucke noch eingeschoben werden; diese Einschaltungen sind nicht eben vorteilhaft für das Aussehen des Buches, weiden aber der Sache wegen Entschuldigung finden dürfen. Was die Herkunft der Abbildungen anlangt, so konnte eine Anzahl von denen Verwendung finden, welche vor Jahren Herr Bauinspektor Sommer für das künftige Heft „Halberstadt" angefertigt hatte; es sind femer Zeichnungen gütigst zur Verfügung gestellt seitens der Herren: Regierungs- und Baurat Brinckmann in Braunschweig, Dr. Brinkmann in Zeitz, Architekt H. Ehbets in Tempelhof bei Berlin, Regierungs-Baumeister E. Petersen in Magdeburg, Amtsrat Dr. Rimpau in Langenstein, Stadtbaurat Schmidt in Halber- stadt; der Kgl. Kreisbauinspektion in Halberstadt und des Kgl. Kunstgewerbemuseums zu Berlin. Zur Veröffentlichung durfte ferner eine Anzahl der unübertrefflichen photographischen Aufnahmen der Kgl. Messbildanstalt zu Berlin mit Genehmigung ihres Leiters gebracht werden. Endlich ist eine ganze Menge von Photographien nachgebildet worden, die ich selbst angefertigt habe. Die im vorliegenden Hefte enthaltenen geschichtlichen und kunstgeschichtlichen Untersuchungen beruhen durchweg auf eigenem Quellenstudium, und dürften durch mancherlei neue Auf- fassung hoffentlich zu weiterer Forschung Anregung geben. Von grossem Vorteil war es für mich, dass mir seitens der Herzoglichen Archiv Verwaltung zu Wolfenbüttel der grosse Schatz der vom unvergesslichen Gustav Schmidt hinter- lassenen Urkundenabschriften zur Verfügung gestellt wurde, deren staunenswert reicher Inhalt bisher fast ungenützt blieb. Die Karte des Kreises ist nicht von mir bearbeitet worden.

Lange Zeit ist verflossen, während dies Heft allmählich entstand. So ist es nicht ausgeblieben, dass sich eine Anzahl von Nachträgen ergeben hat, die am Schlüsse vereinigt sind. Es wird durchaus erforderlich sein, diesen in jedem Falle Beachtung zu schenken.

Derjenigen Personen, deren freundliches Entgegenkommen mir die Arbeit erleichtert und erfreulich gemacht hat, sind zu viele, als dass ich sie hier alle nennen könnte. Ganz besonders ist der sämtlichen Herren Geistlichen aller Konfessionen in Stadt und Land Halberstadt zu gedenken, nicht weniger aller anderen Behörden, nicht weniger der Archiv- und Bibliotheksverwaltungeu innerhalb und ausserhalb des Kreises, welche meinen Bemühungen förderlich gewesen sind. Einem jeden, der zum Gedeihen dieses Heftes auf irgend eine Art beigetragen hat, sei an dieser Stelle nochmals der ergebenste Dank ausgesprochen

Darlingerode a. Harz, August 1902.

Doering.

Inhalt

Einleitung

Die einzelnen Ortschaften, ihre Geschichte und ihre Kunst dcnkmäler

Sott«

1

5

A. Halberatädter Landkreis

L Wüstungen 7

II. Die noch bestehenden Ortschaften des Landkreises 16

Abbenrode

Aspenstedt

Athenstedt

Berssel

Bexheim

Bohnshausen

Bühne

Danstedt

Dardesheim

Deersheim (und Bexheim)

Derenburg

Emersleben

Göddeckenrode . . . .

Harsleben

Heudeber

Hoppenstedt

Homburg

Isingerode

Langenstein

Lüttgenrode

Mahndorf

Seit«

16 18 19 21 24 24 24 26 27 81 35 42 44 46 50 52 53 73 74 80 80

Mnlrake 81

Osterode 81

Osterwieck 83

Gross-Quenstedt 109

Elein-Quenstedt 112

Der Begenstein 114

Rhoden 120

Rimbeck 122

Boclum 123

Bohrsheim 125

Sargstedt \ . 128

Schauen 129

Stötterlingen 131

StÖtterlingenburg .... 133

Ströbeck 141

Suderode 144

Veitheim 146

Wehrstedt 148

Westerburg ....»,.. 150

Wülperode 154

ZiUy 157

B. Halberstädter Stadtkreis

Halberstadt. . 163

Ausserhalb der Stadt 502

Schlussblick 507

Nachträge und Berichtigungen 510

Verzeichnis der Abbildungen 514

Geschichtliches, geographisches u. kunststatistisches Register 517

Übersicht des Registers 541

Einleitung

er Kreis Halberstadt hat eine von Ost-Süd-Ost nach West-Nord-West sieh hinziehende schmale Gestalt, welche ungefähr einem Rhombus gleichen würde, wenn nicht mancherlei Ans- und Einbuchtungen diese Form zu einer sehr unregelmässigen machen würden. Der nördlichste Punkt (nördlich von Rocium) liegt unter 52® 6', der südlichste Punkt (abgesehen vom Regenstein, südlich von Harsleben) unter 51*^ 50' 3" n. Br.: der östlichste Punkt (südöstlich von Emersleben) unter 28® 50' 5", der westlicliste (westlich von Isingerode) unter 28® 15' 6" ö. L. Ein um den Kreis zu kon- struierendes Rechteck hat also die Breite von 30,4, die Länge von 36,9 km. Die wirkliche Länge des Kreises, gemessen zwischen Tempelhof und den Heidbergen südöstlich von Harsleben, beträgt aber gegen 47 km, die grösste Breite (nördlich von Robrsheim bis südlich von Headeber) 19,1 km, die geringste (südlich von Zilly bis ost-nord-östlich vom Vorwerke Sonnenburg) 5,1 km. Der Regensteiu zieht von Süd-Osten nach Nord-Westen zwischen 51® 48' 24" und 51® 49' 20" n.B., 28® 36' 30" und 28® 38' 54" ö.L. Er hat eine wirkliche lünge von 2V2 km und eine zwischen 1,1 und 0,3 km wechselnde Breite.

Die Bodenbeschaffenheit zeigt keine bedeutende Mannigfaltigkeit. Im Osten finden wir vorzugsweise Diluvial-Boden, durchzogen von dem jungen Allu- vimn, welches sich in den der Holtemme, Ilse, Ecker, und deren Zuflüssen ge- hörenden Thälern sowie in den sumpfigen Gegenden des nördlich sich hinziehenden grossen Bruches gebildet hat. Von Derenburg nach dem Regensteine hinüber und in den von Süd- Ost nach Nord-West streichenden Hügelzügcn südlich von Halberstadt findet sich die senonische Kreideforraation. Ihr dort oblonges Gebiet ist schmal umzogen von dem Turon, Cenoman und Ganlt der Kreideforraation, innerhalb deren, schon ausserhalb des Kreises, geringe Mengen von Lias und Keuper als Erscheinungen dei* Systeme des Jura und der Trias eingelagert sind. In der westlichen Hälfte des Kreises überwiegt das Senon, welches nur bei Osterwieck, Zilly und in einem an der westlichen Grenze hinziehenden schmalen Streifen von Abbenrode bis Bühne von Diluvium durchzogen ist. Jura-Formation tritt nur ganz spärlich in schmalen und kurzen Streifen bei Harsleben , südlich ^on Halberstadt, nördlich von Rohrsheini, südlich von Rocium und westlich von Hörn bürg auf.

Kreis Halberatadt. 1

Einleitung

An der nördlichen Grenze des Kreises finden sich in den Höhenzügen des Huy und des grossen Fallsteines die Triasbildungen desKeupers und des Muschel- kalkes, wogegen an der eben daselbst befindlichen Eegion des Buntsandsteins der Kreis Halberstadt keinen Anteil mehr hat. Diese in einem schwach ge- schwungenen, nach Norden offenen Bogen hinziehende Formation ist südlich begleitet von einem schmalen Streifen älterer und jüngerer Kreideformation, welche westlich von Homburg beginnt, in der Nähe von Deersheim einmal von Diluvium unterorochen wird und dann von diesem umgeben sich bis gegen Athenstedt hinzieht.

Über die Höhenverhältnisse giebt die diesem Buche beigefügte Karte des Kreises Auskunft.

Die Gewässer gehören zum Teil dem Gebiete der Elbe, zum Teil dem der Weser an.

I. Zum Eibgebiete :

A. Der Goldbach. Er betritt den Kreis südlich von Langenstein, berührt diesen Ort, biegt westlich um die Spiegelsberge herum und wendet sich dann in östlicher Richtung nach Harsleben, um auf der halben Entfernung zwischen diesem Dorfe und Wegeleben den Kreis zu verlassen und seinen Weg zur Bode zu nehmen.

B. Die Holtemme. Sie tritt westlich von Derenburg in den Ki-eis ein, durchfliesst diese Stadt, empfängt links das bei Athenstedt enspringende Ströbecker FliesSj durchzieht bezw. berührt Halberstadt in mehrfacher Gabelung und nimmt bei Gr.-Quenstedt links den Assebach auf, der am Huy bei Aspenstedt entspringt und sich mit dem bei Sargstedt entspringenden Kunstedterbache verbindet. Nachdem die Holtemme unterhalb Gr.-Quenstedt noch den kleinen Scheelebacli aufgenommen hat, verlässt sie den Kreis in dessen nordöstlicher Ecke unterlialb Emersleben.

n. Zum Wesergebiete: A. Die Ilse. Ihr Eintritt in den Kreis liegt an dessen Südrande zwischen der Wasserlebener Zuckerfabrik und dem Dorfe Berssel. Sie fliesst in der Richtung von Süd-Osten nach Nord-Westen und verlässt den Kreis, nachdem sie sich oberhalb Hornburg in zwei Arme geteilt hat, bei dem Vorwerke Tempelhof, um sich bald danach in die Ocker zu ergiessen. Sie nimmt innerhalb des Kreises auf : a. rechts 1. einen nördlich von Osterwieck hinziehenden , durch den sog. Walwyer Graben verstärkten Bach, 2. den Schiffgraben, welcher eine bedeutende Strecke weit die Nordgrenze des Kreises bildet. Er empfängt von links (Süden) den von Zilly herkommenden Auebach, der sich dort aus dem Zusammenflusse des vonDanstedt kommenden Mückenbaches mit dem bei Langein entspringenden Sohlenbache (mit der Dietze) bildet, und von links oberhalb Deersheim den bei Wasserleben entspringenden Marbeckerbach aufnimmt. Auch der südlich von

Geographische Lage; Geologisches; Gewässer; Dörfer; Geschichte

Dardesheim entstehende Kalbkebach mit dem HöUenspniigbache gehört diesem Systeme an.

b. links 1. unweit Bühne einen nahe bei Lütgenrode entspringenden Bach, 2. die Stimmecke (im Mittelalter Bimbeke oder Rimmeck genannt), welche bei Stapelnburg entspringt und, nachdem sie Rimbeck durchflössen hat, unterhalb dieses Ortes in die Use fällt.

B. Die Ecker, an der westlichsten Seite des Kreises. Sie tritt südlich von Wülperode in ihn ein, durchfliesst gemeinsam mit der nahen Ocker, welche beim Klöpperkruge den Kreis einen Augenblick berührt, das Steinfeld und verlässt den Kreis bei der Steinfelder Mühle nördlich von Isingerode, um sich gleich darauf mit der Ocker zu vereinigen.

Die Dörfer des Halberstädtischen Bezirkes sind sicher alle viel älter als ihre erste urkundliche Erwähnung, waren ausserdem ehemals, wie die vielen Namen von Wüstungen (siehe unten) beweisen, viel zahlreicher als jetzt Ihre Verödung ist die Folge teils der unaufhörlichen Fehden und Kriege, teils der, wenn auch gut gemeinten, aber unsinnigen Verschleuderungen an die tote Hand. Mit Ausnahme des Dorfes Rhoden, welches eine Rundlingsanlage zeigt, haben sie alle lang- gestreckte Grundform. Den Osten des Kreises durchschneidet die Westgrenze des Gebietes der im 2. Jahrh. von Norden eingewanderten Warnen, dessen Ortsnamen als Kennzeichen die Endung „leben" tragen. Im Norden und Westen ist ostphälisches Gebiet, kenntlich an der Ortsnamenendung „heim", die auch im Halberstädtischen bereits in „um" entstellt ist. Slavische Niederlassungen sind nur vereinzelt nachweisbar (Wiby); auch bei Rhoden wäre vielleicht Anlass, diesen Ort für eine solche zu halten.

Die Dorfhäuser haben die thüringische Anlage, stehen also mit den Breit- seiten nach Norden und Süden, in den von Norden nach Süden gerichteten Strassen also mit dem Giebel nach der Strasse zu. Der Haupteingang liegt meistens auf der Südseite. Die Anlage des Dorfhauses nach niedersächsischer Art ist im Halberstädtischen noch unbekannt.

Die befestigungslose Anlage der Dorfschaften hat bewirkt, dass von Gebäuden älterer Herkunft nur verschwindend wenig auf unsere Zeit gekommen sind , und dass die ältesten noch vorhandenen fast durchweg nicht über das vorige Jahr- hundert oder gar über die Zeit des 30 jährigen Krieges zurückzudatieren sind.

Über die Einteilung des jetzigen Kreises nach den ehemaligen Archidiako- naten wird bei der Erörterung der kirchlichen Verhältnisse in der Einleitung des vom Halberstädter Dome handelnden Kapitels zu sprechen sein.

Eine Geschichte des Kreises lässt sich von der seiner Umgegend und des ganzen Bistums Halberstadt nicht trennen. Da aber eine Aufgabe dieses Umfanges nicht zu den Zwecken dieses Buches gehört, so wird bei jedem Orte dessen einzelne Geschichte gegeben werden, wobei der Stadt Halberstadt naturgemäss der

Einleitung

breiteste Raum gelassen werden niuss. Nur im Zusammenhange mit dieser Stadtgescbiehte sind einzelne Blicke auf die Geschichte des Bistums möglich, deren Bearbeitung im Zusammenhange andern überlassen bleiben muss, und zu der die vorliegenden Untersuchungen nur Beiträge bieten können. Erwägungen derselben Art boten den Anlass, auch von einer Zusammenstellung von Quellen und Litteratur an der Spitze des Buches abzusehen. Diejenigen, welche für die Geschichte nur einzelner Ortschaften in Betracht kommen, sind bei den betreffenden Kapiteln angegeben, während die geringe Menge derer, welche Stadt- und Landkreis Halberstadt betreffen, doch Tor allen Dingen immer der Stadt gilt, und darum am angemessensten ihren Platz am Eingange des Kapitels „Halber- stade^ findet

Die einzelnen Ortschaften, ihre Geschichte und ihre Kunstdenkmäler

A. Halberstädter Landkreis

p

I

I

II

I. Wüstungen

Adorp, siehe Odorp.

AUinge, bei Scliauen (?), 1178.

Aistomesvelt , bei Stötteriingenburg (?), 1106. Wird villa genannt. Stötl Ü.B. 1.

Appenrode, zwischen Isingerode und der Steinfelder Mühle an der Ecker.

Archstede, identisch mit Ergstedt.

BalhorD, BaUhorn 1187, nord-östlich von Mulmiie. Dort Besitzungen von Drübeck. Archidiakonat Dardesheim. Bis 1343 regensteinisch, von da ab wer- nigerödisch. Der Pfarrer wird noch 1351 erwähnt. H. Z. I IV, 381, Xu, 179 XXm,357f. XXni,385.

Bec, Beck, Biek (1202) bei Osterwieck. 1195 villa. Archidiakonat Oster- wieck. Dort Besitzungen des Halberstädter Liebfr. Stifts. H. Z. XXIV, 321. (identisch mit Osterbek oder Westerbek?)

Berwinkel, Berewinkele (1263) am Fallstein bei Osterwieck nördlich. Archidiakonat Osterwieck. Der Pfarrer wird anfang des 15. Jahrhunderts er- wähnt Die dem Domkapitel gehörige Wüstung wurde 1577 an die Kirche zu Osterwieck zur Erhaltung eines Kaplans daselbst resigniert. Reste von Gemäuer wiurden unlängst beim Pflügen entdeckt, aber wieder zugepflügt. (Nach privater Mitteilung.) Die Familie von Berwinkel erlosch 1662. Wappenbuch des aus- gestorbenen Adels der Provinz Sachsen, p. 10. H. Z. 11 c, 82. III, 438.

Bexheim, Berteneshem (968—96), Bachtesheim (1184), Bechtenesheim, Bechtes- hem, Betthsem (1211), Betsinc (1319), Bechtesem (1364), Bechtissem, Bechzen, Bexssen (1517). Bei Deersheim. Eine Mühle wird 1495 erwähnt. Wegen der noch existierenden Kirche vgl. das Kapitel „Deersheim".

Biestede, zwischen Homburg und Rimbeck, näher zu letzterem Orte hin. (Biesteder Grund, Feld, Anger.)

Binsleben, Birsleva, Lage unbekannt. Schaumann, Valkenstein 177.

Biscopingerodt (1299), Bischepingherode (1303), zwischen Osterwieck, Schauen und Stötteriingenburg. Archidiakonat des Harzgaues. Schon 1302 (18. Oktober) war es Wüstung, worauf die Dorfstelle Eigentum des Klosters Stötteriingenburg wurde. Die verlassene Kapelle wurde 1312 dem Kloster Marienthal zur Zer- störung überlassen. Die Wälder in der Nähe werden im allgemeinen 1299, die Holzung Gamnie im besondern 1310 erwähnt. Brede Kolinge heisst eine Gegend dabei 1422. Ferner werden im selben Jahre erwähnt die Wolter strenge^ der

* Die curöiv gedruckten Flurnamen sind noch heute gebräuchlich.

Halberstädter Landkreis

Erlliope; eine Gegend van der Krummen e,yk an den Smedewech to richte ut wente iip dat velt to enem wandestene, de steyt by Osten de Wernigerode lierstrate boven dem StÄpelenborgeschen wege wol enen halven stenworp; der Girwech. H. Z. XII, M6. XIII, 280.

Bodingerode, südlich von Veltlieim 1249.

BosHleben, bei Halb, vor dem Gröperthore gelegen, ßossenlove (1164), Bursleve (1196), Bosselove (1198), Bosleve (1223), Busseleve (gegen 1224). Ge- nannt nach einem Burchard (Busso.) Hier wurde vom Bischof Brantog 1034, als er aus Palästina zurückkehrte, auf den Bullerbergen (Abschleifung aus Boss- leber Bergen) das Kloster St. Bonifaz gegründet und der Augustinerregel unter- stellt, welches 1237 in die Stadt Halberstadt verlegt wurde. Vgl. unten die Geschichte des Stifts St. Bonifatii. An die ehemalige Existenz des Klosters erinnerte noch viel später die auf dem Bossleben 'sehen Berge gelegene dem Bonifatiusstift (erste Yicarie) gehörige Kapelle. Ihr Rektor hatte seinen Sitz im Chor von St. Moritz in Halberstadt (1264), seinen Wohnsitz in Halberstadt, dicht an der Mauer (1491). Der Liebfr. Altar dieser Kapelle wird 1497 erwähnt. Im selben Jahre hören wir, dass die schon 1426 erwähnte Klostermühle Eigentum des Vikars jenes Altars war und damals von ihm dem Rate von Halberstadt zu Lehen gegeben wurde. Dieser Hess sie umbauen. Nach ihrer Zerstörung im 30jährigen Krieg wurde sie 1643 wiederhergestellt und existiert noch. Ausserdem werden in Bossleben erwähnt mehrere Höfe (Grosser Hof, Apostelhof u. a., zwischen 1340 und 63), die Meierei, Wald in der Nähe, ein Weinberg (1531), Gräben (1584). Der ehemalige Dorfteich ist ausgetrocknet. H. Z. III, 442, 920. V, 25, 424. VI, 298,394,426,428,431 u.s.w.

Brodesende, Brosenn, nördlich an der Vienenburger Bahn bei Wennerode. 1106 noch bewohnt- Der Zehnte wurde 1106 an Stötterlingenburg gegeben.

Bruehsehauen, Brucsowe 1219, Brocschowen 1292, zw. Schauen und Bei'ssel. Kirche erwähnt 1309, schon vorher im Archidiakonat des Probstes von Stötter- lingenburg, 1317 war es wüst, nachdem es mit Mönchschauen vereinigt war. Reinicke, Gesch. d. fr. Reichsherrsch. Schauen, p. 5. Anm. 3 u. 5 p. 251 f. Vgl. auch unten das Kapitel „Schauen."

Colbeck, bei Danstedt südöstlich beim „Kohlwege."

Denrode, südöstlich von Homburg; ident. mit Tönnigerode.

Dingelstedt, östlich von Derenburg. Identisch mit Dingstorp.

Dingstorp, Dingelstorp, Dingelstrop (1432) ; 1429 als zwischen Mabndorf und Bönshausen gelegen erwähnt, ^ohl identisch mit dem gegen 1204 genannten Vinkestorp. 1445 gab es dort noch eine Pfarrei, welche zum Archidiakonat Halb, gehörte. Dort stand auch (aber wie es scheint schon auf Ergstedter Flur) ein Turm, der Stadt Halb, gehörig ; er wurde von Bischof Johann zur Hälfte zer- stört, als dieser die Stadt für die Schicht bestrafte. Die Stadt baute ihn wieder auf, musste sich aber verpflichten, seinen steinernen Unterbau nicht über 16 Ellen hoch zu machen, darauf kam ein Obergeschoss von Holz (1432).

Drondorp, „wahrscheinlich bei Osterwieck am Drohneturm vor dem Fall-

«tcin." Gr. p. 7.

Emersleben, Ober- und Unter-K., Ammerslovr snperius et inferius, vuu

Wüstungen : Adorj) Kl.-Harsleben

denen eins, welches 1236 noch bewohnt war, später wüst wurde. Heute liegt E. wieder halb auf der Höhe, halb im Thale. Archidiakonat Halberstadt.

Er^stedt, Ergizstide (1153), Ergetstede (1183, 1243), Ergezstede (1222), Er- gestide (1235), Erchstede (1298),.Erx8tidde, Arxstede (1474), bei Langenstein nach Derenburg zu. Archidiakonat Halberstadt. 1153 hatte das Johanniskloster zu Halberstadt dort Besitzungen; die Kirche war Mutterkirche derer zu Mahndorf und Böhnshausen bis 1222, wo jene von ihr eximiert wurden; Patronat von Kegenstein; 1432 wurde sie der Pfarrkirche zu Langein einverleibt und muss 1474 noch bestanden haben, da sie in den Flurbezeichnungen mit erwähnt wird. Dagegen war der Ort 1466 schon eine desolata villa. Flurlagebezeichnungen 1436: in dem Balnsole (auch 1477), im Vulsacke (auch 1474). 1474: unter derae Dingelstorpeschen tome; in der drolcenkoppen by den grasewegen; tiegen de kerken twischen den holenwegen unde grasewegen na der stadt ward; over den becke tiegen de kerken; vor den worden in der rechten herstraten na Langen- steyn; nppe den becke und Adesleven anewende; by deme bruthege; under deme Winterberge uppe den becke in den richterwech na Langensteyn ; by der schonen breyde; by dem Blankenborgischen wegen; uppe der heyde; over der steinkule wech; tiegen de kolden warde na deme Ketelhoge; by deme dombusche; in der grünt unter der kolden warden. Der Dingstorper Turm stand in der Ergstedter Flur. H. Z. 1, 272. II b, 6. H c, 82, 84, 93 f. IE, 230. V 334, 479. XII 144 f. XVni, 168.

Erckleye, am Goldbache, nordnordöstlich von Langenstein. Identisch mit Ergstedt. Hkxlowe (1137).

Erptingerode, Erxtingerode, 1300; Erptingherode, Herbetingrode 1303. Lage imbestimmt, vielleicht bei Abbenrode. Ils. TJ.-B. I, 166.

Glüsingen, südlich von der Westerburg, z. T. auf Vogelsdorfer Feldmark.

Goddenhnsen , bei Derenburg nach Silstedt zu am Tiefenbach. Godenhuse, Göddenhausen, erwähnt 937. Alt-G. 1267. 1291. 1390. Olden-Godenhusen 1323. Neu-G., Nien-Godeshuse 1421. Gross-G. 1481. Die Unterscheidung dieser Ort- schaften ist unmöglich. Archidiakonat Utzleben. Gericht und Grafschaft regen- steinisch 1358. Den Zehnten hatte das Domkapitel. H. Z. II b, 184. II c, 90 f. ÜI, 765, 894. Über Neu-Godenhusen H. Z. IE, 233. IV, 386 f.

Hannigeroth, vgl. Heiriggeroth.

Hapkendorf, vielleicht bei Derenburg. 1486. H. U. B. 2, 1 142.

Harpgtede, bei Halberstadt. (?)

Kl.-Harsleben, Wester-Hirselowe, Vester-Hersleve 1153, Hersleve minor 1246, bei Harsleben, südlich dicht bei Halberstadt, an der nach den Spiegelsbergen führenden Landstrasse östlich, apud clusam lapideam (1290), lutteken Hei-sieve (1380). Archidiakonat Halberstadt. Wüst schon im April 1363. Die dem hei- ligen Johannis (Täufer oder Evang.?) geweihte Kirche stand unter dem Patronate des Gottesritterhofs zu Halberstadt. Die Pfarrei existierte noch September 1452, die zur Kapelle umgewandelte Kirche noch im März 1602. Vielleicht hat Kl.-H. der Harsleberstrasse in Halberstadt ihren Namen gegeben. -— Besitzungen hatten hier der Siechenhof (1246), das Nikolaikloster (1289). Kloster Münzenberg, welches pMnen Teil mit Ausnahme der Klus im Mai 1363 an Rat und Bürgerschaft von

10 Halberstädter Landkreis

Halberstadt zu Lehen gab, das Domkapitel (1472). Erwähnt werden ferner: die Meierei 1275, Vorwerk 1300, Windmühle 1437, in der Flur eine alte Burg 1419 (die Klus?). Flurbezeichnungen: der Heidberg (1350); uppe suUen iegen dem negenhoge; uppe derHoltbeke; under der oldenborch\^ indem Harslever osterlang; uppen Westerhuschen wech\ uppe gensit dem Gosleschen bleke; vor dem kannen- stige; avh deme Born eher sehen wege an twen stucken; iegen de heyde; in deme thoysdale; vor dem Kolwege; an den eykho in deme utzenpule; boven dem utzen- pule; in dem Hilmerdale; iegen dem Moydinges wech; uppe de indere; by der lindwarde; boven der slipmole (1419); - die mulke (1437); ■— Grrasweg; Slüters Wort; Heinrich Schüttens Breite; Claus Aderslebens Spring; an dem Graben in den Weinbergen; Ludolf Otums Breite; Volkmar Lobecks Breite (1452); to der stad wort; iegen der mulkenmolen ; iegen dem werde; over den papenstich; an der mulkenmolen dar me geyt au de berge iegen Hans Hoiingosberch; by Hans Rustinges brede; iegen HansSluters brede (1456); die State iegen dat gerichte jegen den graffen; wunne jegen die nagen hege; up den Gallechherch iegen dat stech von der mulken molen; jegen dem brinke; auf dem forde; to dem fronen steyne wort; molkenbrouk; brouk in den raden (1459); iegen dem vorde boven der sliphutten; iegen der sliphutten; jegen Bardoi-ps Morgen nach dem Graben und der Stadt zu; das brok zwischen dem nmlken inne memer vor; gegen dem richte; der Eselstieg (1461, Febr. 1); die valegrovc (1472); das Berggut (1485). V. Strömbeck, d.Halb. Archidiak.; HZ. III, 991. VE, 269. XU, 550. XXH, 258.

Heiriggeroth , zwischen Suderode und Lüttgenrode, von da etwas gegen Bühne sich hinziehend. Hannigeroth, Henningerod, Heinzingerod 1203: als villa zuerst 1106 erwähnt; die Kapelle stand unter Patronat des Domprobstes Heyninge- roth. Dat woiste dorp 1519. Das „hohe Thor" daselbst stand noch 1524. Bis zum selben Jahr war die Feldmark z. T. v. Rössingscher Besitz.. H. Z. VI, 543.

Herebrectingerode, bei Abbenrode 1150. Herbrochtingcrode. Horplingerode (15. Jahrb.). Yielieicht identisch mit Erptingerode. H. Z. XU, 541.

Hilgenroth, westlich von Schauen, an der Vienenburger Bahn, identisch mit Hulingerode.

Hilverdingerode, Hildewerdingerode, Hyldewardingherud (1156) bei Hom- burg. Vielleicht beim Hiilorbergo an der Ilse südöstlich. Arcliidiakonat Weste- rode. Zahlte 1084 einen Zehnten an Huysburg. Weinberge erwähnt 1133. Kirche mit Turm 1258. H. Z. III, 363. XXIII, 357. Anm. 4. XXIV, 318.

Hohenrode, westlich von Sargstedt

Holtemmenditf nrt , westlich von Halbcrstadt, an der Holtenimc bei C. Veldens Mühle. Dietforde 1138, Thietphorde 1150, Thetforde 1153, Holti^mpne-Ditforde 1223, Holczemmen-Ditforte 1358. Archidiakonat Halber- stadt Mutterkirche der dortigen Kapelle (St. Johann is Bapt.) war von Alters her das Johann is-Stift zu Halbcrstadt, welches auch den Zehnten erhielt (ein Zehntner Hoyer 1266), doch war es 1223 streitig zwischen diesem und dem Domkellerer. Seitdem fiel es durch biscluifliches Urteil dem Probst vom St. Johannis im Verein mit dem Domkellerer und dem Volke zu, den Priester

^ Vgl. Kapitel ,,Harr*lebeii.*'

Wüstungen: Heiriggeroth Mattenrode 11

dort zu wählen. In Streitfällen entschied der Bischof. Hieran schloss sich weiterer Zwist des Johannis-Stifts mit den Bauern von H.-D., der 1235 durch den Bischof zu ihren Ungunsten entschieden wurde. Die grosse Glocke der Kirche wurde 1394 vom Kirchturm genommen und in der Kirche des Johannis- klosters zu Halberstadt aufgehängt. Die Pfarrei gehörte noch 1445 (Febr.) zum Archidiakonat Halberstadt; 1453 scheint die Kirche noch bestanden zu haben. In H.-D. wurde das Kegensteiner Grafengericht abgehalten. Das Rathaus (auch hier theatrum, Spelhus genannt) wird 1246 erwähnt Die Mühle des Siechen- hofs 1282. Der 1311 noch bewohnte Ort eischeint 1448 als Wüstung. Flur- bezeichnungen: Ellernholz(1326); Ditf urter Feld ; Heerstrasse; Grasweg; lange Feld; zwischen den Verebergen; bei dem Dornshoge; hinter dem Ditfurter Ho, iegen den eieren (noch 1453); Derenburger Weg; Mahndorfer Graben ( 1448) ; over den Mandorpeschen wech; beneden der korken to Dytforde; jegen der becker molen; jegen deme verde to Dytf.; over den Strobcschen wech; up den middol- wech; upe de Brunswikesche strate; in derwischeto Dytf. (1453); updenberch tygen den steyn, der nie dat hilgedom up sat (1464); gegenüber der Hilgen- dorftächen Mühle; hinter dem donische pund; na dem Seckborne; auf die Dräkenkoppe und Ditfordesche wunde und up dat degenblock; auf den Berj^ über das Wasser; auf das Kamp über der Wiese und Ellern (1531). v. Ström- beck, d. Halb. Archidiak. H. Z. I, 272. IIc, 88. IV, 376. V, 33. XXIII, 357.

Hullini^erode , zwischen Schauen und Abbenrode. Vgl. bei Hilgenroth. Hulingherode (1312), Huligherode (1329), Hulligerode (1530). Archidiakonat Oster- wieck. Grafschaft und Gericht noch 1343 regensteinisch, seitdem wernigerödisch. Gehörte 1457 dem Grafen Heinrich v. Stolberg, des es „mit allem Rechte, mit fünftehalb Hufen Landes auf dem Feld zu Berssel, mit einem zehntfreien Hof in dem Dorfe daselbst über dem Wasser'' vom Bischof von Halberstadt zu Lehen hatte. 1329 war es noch bewohnt und wie es scheint, auch noch 1478, wenigstens teilweise, 1530 Wüstung, als welche es damals Eigentum von Stötterlingenburg war. Reinicke, p. 32, Anm., H. Z. IV, 381.

Ikenrode, nordwestlich von Homburg, dicht vor der Stiidt an der Ilse; Ikenrode 1418, damals zu Homburg gehörig. Archidiakonat Westerode.

Kreiendorf , südlich von Emersleben. Crcindorp 1136, Crentorp 1184 (93). Crendorpe 1312. Die Kapelle samt dem Ijcuchter daiin 1184 (93) erwälmt, 1136 hatte die Kapelle in Gernrode dort Besitzungen. Als die Kirche 1312 dem Pauls-Stift zu Halberstadt einverleibt wurde, war der Ort schon wüst. 1342 scheint auch die Kirche nicht mehr existiert zu haben. Südlich lag 1373 der slepwech; von diesem aus nach Emersleben zu, (istlich von der Molkenmühle gab es einen Ort uppe den neghen gerden (groben ?). Das Kreindorfer Feld, zwischen der Emerslebener und Wehrstedter Mark, wird 1356 und 1449 erwähnt H. Z. III, 451.

Mattenrode, Matthenrode, grother unde lutteken (1446), schon erwähnt 1249, lag nach Grote westlich von Stötterlingenburg, südlich von Suderode, östlich von Wiedelah, nordöstlich von Wigenrode an der Stimmecke. Die Feldmark gehörte teils zu Wiedelah, teils zu Stötterlingenburg. Flurnamen: in der nedderen wände; up obdans kulen boven wente an den hoppen hof; up den soltmorgen linde up den Rimbecke, van dem dickdamme na dem Widelage; up den olden

12 Halberstädter Landkreis

vorde; up den depen wech xmde up den Rimbecke; up den Domebusk; ander dem dämme (1514).

Marbeke, Marchbeke 1251 u. 1302. Die Lage (nördlich von Langeln und nördlich von der Vienenburger Bahn; eben soweit von dieser entfernt wie Langeln südlich davon) ist noch bekannt. ArchidiakonatDardesheim. v. Strömbeck, d. Halb. Archidiak. H. Z. II a, 4. XII, 129.

Nettorp, Neltorp 1400, in der Flur von Rohrslieim nach Gross -Dedeleben zu. Netthorp, Nettorph (941). Archidiak onat Dardesheim. v. Strömbeck, d.Halb. Archidiak., H. Z. XX, 8.

Niendorf, südöstlich von Aspenstedi Nyendorp 1156. 1311 wüst Der Templer- orden hatte hier Besitzungen. Flurbezeichnungen 1488: Halberstädtischer Stieg; in de ysenkulen.

Niendorf, bei Emersleben 1187. Die neugebaute Kirche daselbst damals unter Patronat der Kirche von Emersleben.

Niendorf, zwischen Halberstadt und Ergstedt bei Thidestorp (s.u.) 1189. Vielleicht als Nigenthorp schon 1153 erwähnt.

Klein- (oder Kraut-) Niendorf, campus qui wustemark dicitur 1268, lutken Niendorpe 1484, luttken Neindorf 1559, Grote: Diepen-Niendorp, Depen -Neyn- dorp (1400) beim Heykenthal, ostsüdöstlich von Dardesheim. Der Neinstedtische Stieg 1488. Archidiakonat Dardesheim. Grafschaft und Gericht bis 1343 regen- steinisch, seitdem wernigerödisch. Hermes u. Weigelt, d. Reg.-Bez. Magdbeurg; V. Strömbeck, d.Halb. Archidiak.; H.Z.IV, 381. VIII, 20. 59 f.

Nordrode, nördlich von Hornburg, zum Amte daselbst gehörig. Schon 1128 und 1287 erwähnt. Archidiakonat Osterwieck. 1420 (Aug.) klagt der Bischof über gewaltsame Beschädigung des Orts. Die Kirche St. Mariae Magdalenae zu Nordrode war 1562 wüst Bis zum selben Jahre gehörte das Kirchlehen zu Stötterlingenburg. H. Z. XXIV, 318. 319.

Odorp, Adorp, dicht südlich von Berssel an der Ilse. Blankenburger Malstätte, schon 1128 erwähnt. H.Z.IV 373 f, 381.

Onnngendorf, zum Amt Westerburg gehörig.

Osterbek, bei Osterwieck. Osterbech (1318). Archidiakonat Osterwieck. Die Kirche war 1322 schoii verwüstet; der Rat von Osterwieck durfte die Bau- steine auf Erlaubnis des Kapitels von U. L. Frauen zu Halberstadt nach seinem Belieben verwenden, nachdem der Bischof den Abbruch gestattet hatte. Das Dorf scheint bereits 1311 wüst gewesen zu sein. Die Dorfstelle blieb unter Regensteinor Vogtei.

Otterode, zwischen Osterode und Hoppenstedt.

Radelingerode, Radelingrode 1396 „zwischen Lütgenrode und Mattenrode*'^ (1249). Am grossen Fallstein (Höchst. U. B. IV No. 3105).

Ramsleben, nördlich von Deersheim.

Redingerode, zwischen Stötterlingenburg und Abbenrode, gegen Stapeln- burg hin. Reddingerod 1218,Redigerod 1506. Delius, Harzburg. H. Z. XII, 110. 123. Rnustedt. 1. Runstedt 2. Osten-B, 3.Gross-R., südlich vomHuv, zwischen

Wüstnugen: Marbeke Tönnigerode 13

KL- Quenstedt und Sargstedi Ronstede 1133, Archidiakonat Halberstadt. War zwar 1311 noch bewohnt, hatte 1323 noch einen Meierhof, war aber 1297 schon im Rückgange. Damals wurde der Kirche die Glocke genommen und zum Guss einer neuen für die Liebfrauen -Kirche zu Halberstadt verwendet. Die Vogtei war regensteinisch; Juni 1345 ging sie an das Johannesstift zu Halberstadt über, welches dort Besitzungen hatte. Flurbezeichnungen: der Wald Remesdal 1324; 1356: distelmorghen; over den wech; bi dem langhen menen; in dem grosesche opposito crucis; tighen dem Santberghe; twischen den weghen; papenhaghe, in der vrucht; tighen den vosholen; de A^uJccUe^an dre morgen; hinter dem welberghe; opme lutteken esche; neghest der brede; umme den hezelberch ; boven dem dorpe; Swanebeker Weg; gegenüber kemenaten in den lutteken grosesche boven dem cruce; Eilsteder Weg: de brede morghen; in den slepwech; bi dem nederen Runstedeschen velde; bi dem campweghe. H.Z.IH, 121, 124. VÜI, 95. XI, 212. 4. Ober-Runstedt, Obim-Runstede (1358). Vgl. v. Strömbeck. 5. Nieder-R., inferior Ronstad (113^, minus Ronstede (ca. 1203), Nedderen Runstedde (1442), bei Ober-R. Es war 1311 noch bewohnt Als Wüstung (villa desolata inferioris Runstede) genannt 1441 (Sept.). Das Gebiet gehörte dem Bischof und Dom- kapitel, die Vogtei war regensteinisch (1431), die ehemalige Pfarrkirche St. Liutger unterstand noch nach ihrem Verschwinden nominell dem Domkämmereramt, den Zehnten hatte 1480 die Familie von Wegeleben. 1442 wurde in der Nähe eine Warte zum Schutz der Stadt Halberstadt und der Reisenden mit bischöflicher Erlaubnis von der Stadt erbaut und ein Wächter dort eingesetzt. Eine genauere Unterscheidung der fünf verschiedenen Ortsnamen R. ist nur in betreff von Ober- und Nieder-R möglich. H.Z.IV, 386. XXH, 28, 40. 41.

Sievershansen, nordnordwestlich bis nördlich von Derenburg. Sigefriedes- husön (995), Siverthusen (1197), Severthusen (1199), Siberhishusen (1349). Archi- diakonat ützleben. Gericht und Grafschaft regensteinisch 1358. Der Name Sievershäuser Feld existiert noch, desgl. der Sievershäuser Zoll und die Sievers- hänser Mühle. Das Allod des Grafen Siegfried IL von Blankenburg war vielleicht identisch mit dem jetzigen Derenburger Amtsgute. Flurnamen 1477: in dat velt na der blotenlonn; Hasenwinkel; Valenwech; nach der Ströbeck'sche Landwehr, kolwech; over dem syk; Atensteter weg ; updevalenerde; Tanstetsche weg; over de dale; Hadeber weg; auf die Anewende; auf den holen wech. H. Z. IIc,86,89,91. IV, 386 f. VI, 454. XII, 77, 96.

Stenym, Steynum, Steynem, villa bei Veitheim, wahrscheinlich da, wo jetzt das von Dewitz'sche Rittergut liegt, 1184. Archidiakonat Dardesheim. Gehörte 1378 zu Homburg. Die Kirche und deren Einkünfte kamen, nachdem der Ort (durch Überschwemmung?) zu Grunde gegangen war, an die Pfarrkirche zu Veit- heim, wohin auch die Einwohner übersiedelten. Identisch mit

Stein. Eine Steinmühle liegt noch jetzt an jener Stelle. Sie ist dem Amte Homburg erbenzinspflichtig. Wüst war es wohl 1583. S.Hornburg. H.Z. 1,136.

Sükum, nördlich von Abbenrode. In der Nähe ein „Pfaffenkamp.''

Thidestorp, Meierei bei Mahndorf 1146. H.Z. III, 589.

Tonnigerode, zwischen Homburg und Rimbeck, westlich von d^r Jlse, Archidiakonat Westerode.

14 Halberstädter Landkreis

Uhrnleben, bei Ströbeck 1086. Der Zehnte dort gehörte dem Kloster Ilsenburg.

Üplingen, Klein- und Gross-Üpl., zw. Rohrsheim und Dardesheim. Grund- mauern, anscheinend von der Kirche, zwei Schlüssel (jetzt im Besitze der Fa- milie Sauer zu Eohrsheim), Gräber, ein gepflasterter Weg wurden in der Mitte dieses Jahrhunderts aufgefunden. Ein Brunnen, der Üplinger Born, bewahrt noch (Ion Namen der Orte. Dicht dabei eine alte Gericlitsstätte, noch jetzt Thie geheisseii.

Utzleben (937), nordwestlich von Deronburg. üttislevo (1084), üttesleve (1259), Utsleibin (1358). Als Archidiakonat des Hochstifts zuerst 1247 erwähnt Gericht und Grafschaft, regensteinisch, hatten hier einen ihrer bedeutendsten Sitze. Die Meierei 1259, das Utzlebener Feld 1322 und 1477. Daselbst „der von Severthusen Hove*'. Die Kirche war von Wällen und Gräben umgeben, deren Beste noch teilweise zu erkennen sind. H. Z. IIa, 1. f. 5. 20. IIb, 184. II c, 90 f. III, 231,330, 765. IV, 386 f. 402. XII, 128, 163. XXIIL 357, 358 u. s. w.

YinkeBtorp, wo? um 1204. Dort gab es eine der Körner des St. Johannis- Stifts gehörige Mühle. Auch der Zehnte gehörte dem Stift 1225. Ungedr. Urk. des Joh.-Stifts. Vielleicht identisch mit Dingstorp (s. o.)

Walvy, unter dem Fallstein bei Osterwieck. Walleweghe (1194), Walle- wegkhe (1202), Wallewicghe (1372). Archidiakonat Osterwieck. Den halben Zehnten bekam 1252 das Stift St. Bonifaz, den andern hatte schon 1194 das Liebfr.-Stift zu Halberstadt; beides war ehemals bischöfliches Lehen gewesen. 1311 war es Lehnsbesitz der Ministerialen Ulrich und Ludolph. Ein Probst von W. 1252, Pfarrer 1372. Als Wüstung genannt April 1460. Das Walwyer Feld 1549. Ein im östlichen Teile von Osterwieck in die Ilse sich ergiessender Bach heisst noch jetzt "VValwyer Graben. H. Z. IV, 376.

Wedde, vielleicht identisch mit Wetteborn? (s. u.) Oder Dorf südlich von Danstedt?

Klein-Wehrstedt, bei Wehrstedt; heisst jetzt die Wolfskuhle.

Westerbek, nordwestlich von Osterwieck am Fallstein. Villa 1318. Wester- beek (1331). Archidiakonat Osterwieck. Der Zehnte war bischöfliches Lehen 1359.

Westerode, südlich bei Hornburg. Westerrothe (1147). Westirrode (1378), gehörte damals zu Homburg. Archidiakonat Westerode. Die Kirche gehörte zu den ältesten derartigen Gründungen und verdankte ihre Entstehung vermutlich schon dem Bischof Hildegrim. Der Kirchhof ist Eigentum der Gemeinde Isinge- rode geworden.

Wetteborn, 1(X)4, an der Chaussee auf dem halben Wege von Danstedt nach Athenstedt. Witebuma (1084), Witheburne (1153), Witebome (1225), Wete- borne. Archidiakonat Utzleben. Dort hatte 1004 ein Graf Wigger Besitzungen. Auch das Joh.-Stift zu Halberstadt und das Kloster Ilsenburg waren dort be- gütert. H. Z. IV, 26. XXIV, 316.

Wiby, Wibuge 1251, Wiboye 1311, zwischen Halb, und Wegeleben. Die Kirche gehörte als filia zum Halberstädter Paulsstifte ; die Flur zu Harsleben, als der Ort anfangs des 14. Jahrhunderts wüst war. Auch ein Rathaus (teatrum) gab es dort, welches 1251 erwähnt wird. Besitzungen hatten dort: das Kloster Adersleben; die v. Kreyendorf 1440; die v. Wegeleben 1480. Auf der Flur lag

Wüstungen : Utzleben - Zilly 15

die Grafengerichtsistiitte De grote frevel, daneben die Kapelle (1480). H. Z. IIc, 194; 111,160,452,642; XVIII, 199; XXII, 259, 262.

Wichhausen, Wighusen 937, Wiclihasen, Yickhusen 1400, ehemals be- festigter Ort östlich von Derenburg. Archidiakonat Utzleben. Gericht und Graf- schaft regensteinisch. Der Zehnte gehörte 1187 dem Domkapitel Die urawallto Kirche, bis 1304 (15. Mai) zur Dionysiuskirchc bei Dcrenl)urg gehörig, wurde seitdem von ihr getrennt und zu einer Parochialkirche gemacht. . Noch 1481 (25. Juli) wird W. als Dorf genannt, dessen Yogtei dem Stift Gandersheim zu- stand. Daselbst auch ein Vorwerk, welches zur selben Zeit dem Stifte jährlich (?) 500 Wolfsangeln (??) zu liefern hatte. Noch vorhanden ist die sog. Wichhäuser Mühle, zu Mahndorf eingemeindet; Privateigentum. Von dem Wichhäuser Kloster sind noch Reste von Grundmauern auf dem sog. Kellerberge bis 1877 vorhanden gewesen. H. Z. IIb, 6, 184. IIc, 90. IV, 386 f. V, 386. XII, 90, 92,

Wigenrode, an der Stimmecke, südlich von Suderode, zwischen Wiedelah und Lüttgenrode. WigeroÜi (1139), Wigenrothe (1153), Wieherode (1599). Be- sitzungen dort hatten das Petersbergkloster zu Goslar, nach diesem das Johannis- stift. 1446 gehörte die Flur teilweise und 1545 der Klosterhof zu Stötterlingen- burg. Ein Teich in der Nähe war durch Dämme verhindert, über seine Ufer zu treten (15G3). H. Z. I, 272. IIb, 93, 217. 111,1024. VI, 543. In der Nähe süd- östlich ein Flur „der Palast" genannt.

Winzersdorf, bei Halberstadt (?).

Ziesel, östlich von Hornburg, nach Rhoden zu am Zieselbach; etwa eine Meile nördlich von Stötterlingenburg. Zuerst genannt' 1249. Zeczele (1249), Tsesele (1290), Tziesele gegen 1358, Zissel, Ziszel (1500), Ziesel (1564). Archi- diakonat Westerode. Die Kirche und Pfarce war Lehn des Münsters zu Goslar. Z. war 1464 bereits wüst, Die Kirche wurde durch Bischof Gebhard von Halber- stadt zur Kapelle degradiert und wurde mit der ünterpfarre zu Hornburg ver- einigt (1539). Ein dem Kloster Neuwerk zu Goslar gehöriger ßnrghof mit 10 Hufen Land wurde 1524 dem Schlosse Homburg überwiesen. Flurnamen um 1500: Osterberg; na dein broke; up dem Duvestein; Weg nach Osterode uf den Kley; uf der midddwande; auf den Kreuzweg vor dem Fallstein; uf den rischen, uf dem Hundeschlagk; über einen breiten Grasweg; uf die dingwordt; uf den brockgraven; bey der hesecken brüge; nach Homburg zwischen dem Rlioder und Zisselerwege ; uf dem kampe; in den rischen; uf der Osterwische, Die Be- zeichnungen „Zieselfeld", „Zieselwiesen'\ „Zieselholz'' und „auf dem Zieselkirch- hofe" sind noch übUch. H. Z. Yin,38 f. 77. XII, 120.

Ziegersleve, wo? Ungedr. Urk. d. Höchst.

Zilly, CzilUnge, inferior, zum Archidiakonat Dardesheim gehörig (siehe bei dem noch bestehenden Dorf Zillv).

Wüstungen, deren Namen nicht zu ermitteln sind, befinden sich ausserdem:

1. nördlich von Gross-Quenstedt und der Wüstung Wirbeck „auf dem Gartling''.

2. östlich von Gr.-Quenstedt bei der Laurentiuskirche. S. das Kapitel Gr.-Quenstedt.

3. westlich von Kl.-Quonstedt am Assebach (vielleicht = Nieder-Runstedt?)

II. Die noch bestehenden Ortschaften des Landkreises

Abbenrode

Reichsfreiherr Gi-ote, Lexikon deutsclier Stifter etc. I, p. 3 H. Z. an vielen Stellen. Die Kirchenbücher gehen bis 1620 zurück. Abbildung: Kupferstich von Funk, 1815. Grösse 17:237, cm.

Hebenrotli (?) 937, Abenrod 964, curtis Abbenrod in pago Hartingo 964, Abbenrod 1129, Abbenroth Ticus 1147, Abbanroth 1150, Abbenrothe 1218,Abben- rodhe 1249, Habenrode 1252, Abberode 1400. Der Name bedeutet Rodung des Abbo.

Dorf 28,4 km* westlich von Haiberstadt, an der Ecker, Einwohner: 1564, 42 Hauswirte, 1589 deren 48; heute 1150 Einwohner protestantischer, nur wenige katholischer Konfession. Haupterwerbszweig ist die Landwirtschaft*

Archidiakonat: Osterwieck.

Geschichte: In A. hat schon 1086 das Kloster Ilsenburg Besitzungen, 1129 wird die curtis A., die bis dahin im Besitze des Pfalzgrafen Friedrich von Putelendorf gewesen war, von diesem an einen Gebhard von Lochten geschenkt Die Gründung des Klosters zuA. erfolgte 1145. Es war zuerst ein Doppelkloster, wurde dann aber nur als Cistercienserinnenkloster benutzt Patron war der h. Andreas. Die Kirche, um deren Patronat lange Zeit zwischen dem Andreaskloster zu A. und dem Kloster Dsenburg Zwist geherrscht hatte, wurde 1243 auf Ver- anlassung des Bischofs Meinhard in eine Probstei von 6 regulierten Chorherren umgewandelt; der Probst sollte immer aus dem Kloster Ilsenburg gewählt werden. Über die Patronate und Güter des Klosters vgl. Grote a. a. 0. Obgleich der Besitz an Land nicht eben gering war, befand sich doch Anfang des 16. Jahr- hunderts das Kloster in Vermögensverfall, derart, dass ihm 1504 die Abgaben vom Bischof Ernst erlassen wurden. 1525 wurde es von den Bauern und kurz darauf durch Räuber völlig zerstört. 1531 ging es an das Hochstift Halberstadt über, unter dessen Patronat seitdem die Kirche stand. Heute ist daher das

* Samtliche Entfernungen von Halberstadt sind in der Luftlinie gemessen, der Halber- Städter Dom als Nullpunkt angenommen.

' Die Landbewohner betrieben im Mittelalter wie noch jetxt voraugsweise den Ackerbau, der sich abgesehen von den erst neuerdings eingeführten Kulturgewächsen mit denselben beschäftigte wie heutzutage. Von Haustieren züchtete man Pferde, Rinder, Schweine, G&ise Hühner u. s. w., ausserdem wurde des Honigs und Wachses wegen Bienenzucht getrieben. Zur Gewinnung des nötigen Getränkes baute man Wein und Hopfen, letzteren in Menge in der Nähe des jetzt wüsten KL-Harsleben. Der Hopfen zehnte , welcher dem Bischöfe gehorte, wurde von dem geldbedürftigen Albrecht II I. 1368 dem Rate von Halberstadt verpfändet. Das Bierbrauen wurde besondei-s in der Stadt stark betrieben [h. unten).

Abbenrode 17

Patronat königlich. Die Säkularisation erfolgte 1554. Seitdem verfiel das Kloster; heute existiert keine Spur mehr davon. 1480 wird die Familie von Wrampe in A. erwähnt

Flurname: 1324 Santbrink.

Die Kirche. Der niedrige, langgestreckte Bau stammt aus verschiedenen Bauperioden. Der älteste Teil ist der Turm. Über dem Eingange in den Chor steht die Jahreszahl 1695, doch hören wir auch 1589 von Kirchenbau, zu welchem der Ertrag des Ootteskastens mit benutzt wurde. Das Schiff hat eine lichte Länge von 24,50 m, eine Breite von 8,73 m. Der im halben Achteck geschlossene Chor zeigt eine äussere Seitenlänge von 3,90 m. Das Kirchenschiff tritt südlich über den aussen 7,55 m breiten Turmbau mehr als 3 m hinaus, während die nördliche Wand mit der Turmwand bündig ist Die z. T. aus dem Lot ge- ratenen Wände sind stellenweise durch Streben gestützt Die Kirche hat eine aus Holz gewölbte Decke. An der nördlichen Seite befindet sich die schmuck- lose sogenannte Domhermprieche.

In den Fenstern (es sind auf jeder Seite 5) die sonst keine Merkwürdig- keit zeigen, befinden sich an drei Stellen kleine gemalte Scheiben: 1. Wappen des M. Hans Lampen; 2. eine Jagd mit dem Namen des abbenröder Försters Christoph Zabell, 18. Jahrhundert; 3. der Gastwirt Hans Fürstake 1695.

Auf dem Turm befinden sich 3 Glocken:

1. Dm. 1,07 m. Sie zeigt die Jahreszahl 1532 und den Spruch:

pauwels es mynen naem my gheluyt sy gode bequame als verre als my hören sal wilt god bewaren ovaral. Ausserdem zeigt die Glocke ein Wappenschild mit 3 Türmen und 2 Händen darüber; ringsherum liest man in teils lateinischen, teils gotischen Majuskeln die Namen M.D. Blöder, Loder Kerckhof (jedenfalls Alderleute), femer zeigt die Glocke in 3 Medaillons die Figuren Gottvaters, der thronenden Madonna und die Halbfigur des Paulus.

2. Gegossen von C. F. Ukich in Apolda 1886.

3. Alter und Herkunft wie No. 2.

Diese beiden neuen Glocken sind der Ersatz für zwei alte, von denen eine zersprungen war und eingeschmolzen ist. Die andere Glocke hat 0,37 m Dm. Die langgestreckte Form weist auf hohes Alter hin. Eine Inschrift hat sie nicht. Sie befindet sich noch zu Abbenrode im Besitze des Herrn Pastors Voigtel.

Altar. [Ein Altar S. Petri wird erwähnt 1468.]

Der geschnitzte Altar, Triptychon, zeigt die Kreuzigung innerhalb einer Gruppe von 24 Personen. Die 1,14 m breiten Flügel zeigen aussen links oben die Kreuztragung, unten die Grablegung; rechts oben Jesus vor Pilatus, unten die Beweinung des Leichnams. Die inneren Seiten sind erfüllt mit je 6 Heiligen. Die Predella zeigt das heil. Abendmahl. Das massige Werk stammt vom Ende des 15. Jahrhunderts, befand sich früher in der Stephanikirche zu Goslar und ist seit 1728 in A.

Die Kanzel zeigt reiche Schnitzerei und ist vom Anfange des 18. Jahr- hunderts.

Gleichfalls schön geschnitzt ist die von 1708 datierte Orgel, erbaut von einem Wemigeröder Meister, Christoph Cuntzius.

Krela Halb«rtladt. S

18 Halberstädter Landkreis: Abbenrode Aspenstedt

Taufbecken, modern, etwa 30 Jahre alt. Ein älterer Tauf stein ist nicht nachweisbar.

Von Altargeräten ist vorhanden ein neuer Kelch, eine ebensolche Kanne, femer ein Kelch aus vergoWetem Kupfer 0,20 m hoch, von gotischer Form, 15. Jahrhundert, um den Knauf die BuchstÄben IHESVS; ist laut Inschrift der Kirche 1651 geschenkt, 1652 vergoldet. Dazu gehört eine 1651 angefertigte Patene von 0,15 m Durchmesser. [Ein silberner Kelch nebst Patene war als Geschenk des f Amtmanns Albertus aus Zilly 1589 in der Kirche vorhanden.]

Bildwerke. An der Turmwand innen befinden sich die Reste eines Reliefs, den thronenden Christus darstellend, soweit sich noch erkennen lässt, von bedeutendem Alter. In der Kirche hängt das lebensgrosse Portrait des Pastors Chry Sander (f 1721), des Wiederherstellers der Kirche.

[Eine Uhr wurde kurz vor 1589 neu angeschafft.]

Von andern Gebäuden sind vorhanden 1. die domkapitularischen Mühlen (Papier-, Kupfer- und Schleif mühle), erbaut 1607 auf Veranlassung des Dom- dechanten Matthias von Oppen durch den Baumeister Christoph Straube; 2. das domkapitularische Jagdhaus, ausserhalb des Ortes, dicht bei der Wüstung Külinge- rode 1757 erbaut [Erwähnt wird noch 1603 der sog. alte Schäferhof.]

Aspenstedt

Die Kirchenbücher geben bis 1661 zurück.

Aspenstede 1084, Espenstede 1096, Aspenstide 1191, Aspenstidde 1203, Asmenstede 1241, Aspenstete 1358, Aspinstede 1402, Aszmustedt 1597 (Oppensches Tagebuch, p. 5 ^).

Dorf 8,3 km nordwestlich von Halberstadt, am Assebach, mit 038 Ein- wohnern (1564 43, 1589 66 Hauswirte), evangelischer Konfession, deren Haupt- erwerb die Landwirtschaft bildet.

Archidiaconat: Halberstadt.

Geschichte: Seit dem frühen Mittelalter (1084 bezw. 1096) waren in A. die Klöster Huysburg und Ilsenburg begütert, auch das Jakobikloster hatte im 13. Jahrhundert dort Besitzungen. Die Uten von A. gehörten zur Meierei in Ströbeck; sie wurden 12G6 duieh den Bischof von der Vogtei der Gebrüder von llabserude losgekault. Die Ijieiichubarkeit war regensteinisch und gehörte zu dem Din^stuüi von Utzieüen; sie wurae i'doö an das Hochstift verkauft. 1485 finden wir A. als Sitz des Archipresbyters des Bannes Halberstadt. Von der Ortsverwaltung werden ein Bauermeister und 2 andere als Alderleute des ,31^kes" und Gotteshauses zu A. 1517 erwähnt Das Kirchenpatronat war ehedem hays- burgisch; jetzt ist es königlich. 1564 gehörte der Ort der Domprobstei. Dassdie Bewohner Weinbau betrieben, ist aus den Jahren 1096 und 1208 verbürgt.

Flurnamen: 1483 op deme wege nha Sarxtede vppedorp, jegen den Oallenberch, vp den Sarxtedeschen grauen, in den Tanstedeschen wech, bouen deme depen Szyteren, vp deme Atenstedeschen stich, vp de Voszhaler, tiegen denn Szyteren, vp de Buxsborne, in de Langhe wisch, jegen der Smalenwisch, vp des gadeshuszes acker, vp de Brunswikeschen strate, vp den Breden legheden, nha deme holte, tieghen der Warde. 1589 das Sanktmeriensgras.

^ Vgl. die interessanten Angaben im von Oppenschen Tagebuch, p 378 f. 8841

Aspensiedt (Kirche) Athenstedt 19

Die aus Sandsteinbruchsteinen mit Bewurf erbaute Kirche (St. Urbani) hat keinen Westeingang. Der romanische Turm zeigt einen rechteckigen Grundriss, äussere Breite 8,35 m, Tiefe 5,33 m. Er wurde 1731 und 1779 erneuert und erhielt 1834 einen neuen Knopf. Er verbindet sich durch einen grossen Halb- kreisbogen mit dem Schiff. Dieses ist im Lichten (ohne Turmhalie) 17,97 m lang und 6,73 m breit. Der Chor ist gerade geschlossen. Die Decke ist ein hölzernes Tonnengewölbe,

Die Fenster (sädlich3, nördlich 4; 18. Jahrhundert) bieten nichts Bemerkens- wertes. Ausserdem befinden sich in der Decke an jeder Seite 3.

Glocken giebt es 3, im Durchmesser von I,ü4 m, 0,79 m und 0,46 m. Die erste ist 1664 durch Heise Meier in Wolfenbüttel, die zweite 1781 durch Christian Knoblauch in Haiberstadt gegossen, die kleinste ist ohne Schrift.

Der Altar, die in ihn hineingebaute Kanzel (Stil Louis XIV.) und die Orgel sind künstlerisch unbedeutende Schnitzwerke vom Anfange des 18. Jahr- hunderts. Der Orgelchor stammt mit seinen geschnitzten Schnürrollen vom An- fange des 17. Jahrhunderts.

Ein Tauf stein fehlt.

Das Gestühl stammt aus dem 17. Jahrhundert.

Altargeräte. [Die 1584 vorhandenen Wertsachen kamen damals durch Diebstahl abhanden.] Jetzt ist vorhanden:

1. Tauf Schüssel, Silber vergoldet, modern.

2. Kelch, Silber vergoldet, gestiftet von Isidorus Hachspiel, Abt von Huys- burg 1798, Höhe 0,24 m.

3. Kelch, Kupfer vergoldet, Höhe 0,12 m, 17. Jahrhundert.

4. Patene, Silber vergoldet, gestiftet von Diederich Christian Bette 1696, Dm. 0,13 m.

5. Patene, Kupfer vergoldet. Dm. 0,08 m.

6. Oblatenscbachtel, Silber vergoldet, Halberstädter Beschau, Meisterzeichen

17 .

^ j^ß; gestiftet von Anna Margareta Stefi 1720; Dm. 0,09 m.

7. Kanne, Silber, modern.

Bemerkenswert ist in A. eine Quelle, neben der sich auf einer dunklen Marmorplatte die Inschrift befindet: Klopstock hat aus dieser Quelle getrunken. Zum Andenken von Gleim.

Athenstedt

Die Kirchenbücher gehen bis 1689, die Eirchrechnungen bis 1626 zurück.

Ate'nstede 1219, Attenstede 1316, Atenstidde 1451.

Dorf 10,7 km nordwestlich von Halberstadt am Ströbeckschen Fliess, mit 560 Einwohnern (1564 35 Hauswirte, 1589 deren 36), evangelischer Konfession. Ihren Haupterwerb bietet die Landwirtschaft.

Archidiakonat: Bardesheim.

Geschichte: Als viUa Atenstede wird der Ort zuerst 1219 genannt. Graf- schaft und Gericht waren regensteinisch und wurden 1343 an den Grafen Konrad von Wernigerode verkauft Das Kirchenpatronat gehörte erst den Brüdern von

Halberstädter Landkreis: Athenstedt (Kirche)

Heimburg, seit 1340 dem Kanonikus Ludolf von Kissenbrück, dessen Bruder und dem ersten Vikariat des Allerheiligen-Altars zii H. Bonifaz in Halberstadt Später gehörte der Ort zum Amte Zilly. Auch das Silvestristlft zu Wernigerode war hier begütert.

Flurnamen: Mitte ]4. Jahrhunderts: grasewissche. 15(S Nortbei^, Baderslebener Weg, Lutken-Steinstedter Weg, videgerade, Dendokgraben, Santberg, Suderdal, Schevenberg, Tye, Danstedter Weg, grosse und kleine Sdtar- tciese, Buggenberg, Koweg, Scheidelbom, Klaverwiese, Vertelsberg, Stil- beke, Heerstrasse. 1516 Nothdal, Ringenberg, fulebom, Snidalsberg, bruchten- brok. 1664 der Soltmorgen. 1589 das Weitholz.

Die Kirche. Das im Lichten 35,70 m lange und 7,80 m breite Kirchenschiff stammt aus dem 18. Jahrhundert. Der Chor ist im halben Zehneck geschlossen. Der Fussboden zeigt Ziegelfliessen (Fig. 1), die z. T. von qua- dratischer Form und mit eingepressten halben Rosetten, ähnlich denen, welche oft an den Schnitzereien der Holzhäuser vorkommen. Die Decke ist mit Brettern eingewölbt und unbe- malt Älteren Datums ist der Turm. Kr hat quadratischen Grundriss (Seite 5^ m). Das Fig. 1. Mauerwerk ist ziemlich schlecht, ein Gewölbe

im untersten Teil ist über Schalung gegossen. Oben befinden sich auf allen Seiten je 2 kleine Rundbogenfenster. Trotzdem ist er nicht romanisch, sondern unter Nachabmmig der alten Form vor 1589 neu erbaut worden; die Kosten betrugen 600 Gulden.

Die Fenster (im Schiff auf jeder Seite 4, im Chor 2, in der Mitte eine Thür) sind ohne Interesse, 18. Jahrhundert,

Glocken: 1. Dm. 1,17 m, sie bat die Inschrift: Anno 1611 Heinrich Borstelmann in Magdeburg me fecit. Von den vielen Kamen, die auf derGlocke verzeichnet stehen, interessiert besonders der des Dechans Matthias von Oppen. Verziert ist die Glocke auf einer Seite mit der stehenden Figur des Petrus, auf der andern mit einer Kreuzigungsgruppe.

2. Dm. 0,72 m, sie ziert in rückläufiger Schrift und gotischen Majuskehi

die Inschrift:

AVE MARIA GRA PL Hh

Zeit anscheinend 14. Jahrhundert. Auffallend ist ihre unten stark ausladende Form. Sie wurde 1853 vom Rittergut Deersheim gekauft

Der Altar, entstanden auf der Grenze des 17. zum IS. Jahrhundert, ent- spricht im Typus dem von Aspenstedt, ist aber weniger zopfig als jener.

Die Kanzel gehört zum Altar. Auf der einen Seite sieht man ein offenes, auf der andern ein geschlossenes Buch, in der Mitte einen schwebenden Engel. Umsclirift unten herum:

Annoeh versteckt

gantz unbefleckt.

Hier recht entdeckt.

Atbenstedt (Kirche, Pro^Dgebände) Berssel 21

Die Orgel, 18. Jahrhundert, ist geschnitzt, oben 4 tleine Figuren.

Das Taufbecken ist in Messing getrieben, zeigt in der Mitte die Gruppe der Verkündigung, um welche eine der bekannten sinnlosen Inschriften läuft. Der Rand ist mit kleinen eingegrabenen Verzierungen belebt. Ganzer Dm. 0,40 m.

Die mit Schnitzereien verzierte Empore stammt aus dem 18. Jahrhundert.

Bildwerke. Die aus Holz in dreiviertel Lebensgrösse geschnitzten Figuren Johannis d. T. und Johannis d. Ev. aus dem 18. Jahrhundert stammend zieren die Wände der Kirche.

A.lt arge rate. [1589 gab es in der Athenstedter Kirche einen sehr kleinen Kelch, der durch einen grossem ersetzt werden sollte.] Die jetzigen Geräte sind

1. ein Kelch, vergoldetes Silber, mi^ 6 lappigem Fuss und rundem Knauf; am Fusse ein silbernes Kruzifix^ Halberstädter Beschau, Marke MC. Höhe 0,23 m ; 17. Jahrhundert ;

2. ein zinnerner Kelch, Höhe 0,18 m;

3. eine silberne vergoldete Patene, Dm. 0,14 m, mit eingraviertem Kreuz, Beschau und Marke wie bei No. 1 ;

4. eine silberne Oblatenschachtel und

5. eine silberne Kanne sind modern.

Am Turme befinden sich südlich 2 anscheinend aus dem 17. Jahrhundert stammende Inschriften ; sie sind fast unleserlich und scheinen Namen von Kirchen- vorständen zu bedeuten.

Von anderen Gebäuden ist kein bemerkenswertes vorhanden. [Der Hof des Gebhard von Kneitlingen wird 1606, der Pfarrhof 1607 erwähnt]

Berssel

A. von Rosäing , Zur Geschichte der Herren v. Röusing. Celle 1880. Die Kirchen- bücher gehen bis 1595 zurück. Vgl. auch Harzztschr. XI, 874.

Bireslevo 1018, Bireslove 1148, Bei-ssle 1194, Berzel 1195, Bersele 1200, Bersle 1276 und sonst häufig, Bersslle 1471, Perzel 1555, Berstel 1606, Börsel 1815.

Dorf 21,6 km westnordwestlich von Halberstadt, an der Ilse, mit 933 Ein- wohnern evangelischer Konfession; wenige Katholiken. Den Haupterwerb bildet die Landwirtschaft.

Archidiakonat : Osterwieck.

Geschichte: Der Ort wird als villa zuerst 1018 erwähnt, bei der Gelegen- heit einer Schenkung des Bischofs Arnulf an das neugestiftete Kloster Ilsenburg. Dasselbe blieb auch in der Folgezeit für Berssel von entscheidender Bedeutung, wie die im Ilsenburger ürkundenbuch (II, 377 ff.) aufgezeichneten Verpflich- tungen Berssels gegen das Kloster beweisen. Grafschaft und Gericht waren bis 1343, wo sie an die Grafen von Wernigerode verkauft wurden, regensteinisch. 1398 kam B. in den andauernden Besitz der Familie v. Rössing (Rossingen, Rossing, Rötzingen, Rottinge, Rottinghen, Rossy), welche gleichzeitig in den Be- sitz des Erbmarschallamtes des Hochstifts Halberstadt gelangten. Der ilsen- burgesche freie Klosterhof, auch des Abts Hof genannt, wurde ihnen 1560 in Pacht gegeben. 1832 ist das Gut aus ihrem Besitz gelangt. Ihr Wappen zeigt einen gekrönten Löwen. Heute ist das Gut im Besitze der Familie von Gustedt.

22 Halberstädter Landkreis: Berssel (Kirche)

Der Ort zählte 1589: 60 Hauswirte, zugleich hielten die Rössings eine An- zahl von Schutzjuden ; die Pfarre stand zur selben Zeit noch unter Ilsenburger Patrenat.

Die Ortsobrigkeit bestand 1490 aus dem Pfarrer, 2 Alderleuten, dem Vogt und 2 Bauermeistem.

Flurnamen: 1589 Zef erläge; dabei befanden sich die Amtsteiche, deren mittelster 1605 ausgetrocknet werden sollte. Noch jetzt giebt es nordöstlich von B. ein Söberla-Holz (Jeuerloh 1604). 1607 ümme Flut, Sonn wiese, Qelthoffe, Sambtwiese, Überteich.

Die Kirche stammt in jetziger Gestalt von 1688, jedoch ist der Chor 200 Jahre älter. Die Decke der Kirche ist ein hölzernes Tonnengewölbe. Der spät- gotische mit Vorhangbögen und verschlungenen Stäben gezierte Choreingang trägt die Jahreszahl 1488, welche bei der Herstellung der Kirche in 1688 ver- ändert worden ist. An dieses Wiederherstellungsjahr erinnert eine aussen an- gebrachte Tafel, welche besagt, dass Hermann Friedrich v. Rössing (f 1692) die Kirche auf seine Kosten von Grund aus erbaut habe.

Der Turmbau stammt aus alter Zeit, trägt aber einen aus der Zeit des Umbaus stammenden Helm. Seine lichte Weite beträgt 6,19 m, während die des Kirchenschiffes 8,58 m beträgt bei einer Gesamtlänge von 29,36 m. Der Turm besitzt keinen Westeingang (der jetzt vorhandene ist nicht ursprünglich), und hat einen grossen Halbkreis-Bogen als Verbindung mit dem Schiff auf Kämpfern, welche aber in neuerer Zeit abgemeisselt worden sind. Das Schiff ist verhältnismässig niedrig, die 8Fenster zeigen Spitzbögen: die Wände werden durch starke mehr als meterdicke Strebepfeiler gehalten. Der Chor ist im halben Zehneck geschlossen (Seitenlänge 3,38—3,51 m).

Glocken. 1. Dm. 1,19 m, gegossen 1702 von Heise Meyer in Wolfen- büttel. Sie trägt die Inschrift:

Cum sibi subjectis magni fecere patroni Quos Rossingiadum stirps generosa dedit

Ad Sacra christicolas sonitu ut campana vocarem Essern et bella, faces» funera, laeta, canens.

2. Dm, 0,91m. Sie zeigt in sehr schönen Majuskeln (Fig. 2) den Spruch:

WMM ^©feIMJ€£«%r® .

1- ig. iJ.

Auf der einen Seite der Wandung ist in die Form ein plumpes Kruzifix mit Maria und Johannes (Fig. 3) eingeritzt. 13. Jahrhundert.

3. Dm. 0,67 m. Gegossen von C. L. Meyer in Braunschweig 1722.

Altar. Er zeigt unbedeutende Schnitzereien vom Ende des 17. Jahrhunderts und ist mit 2 Kössingschen Wappen geschmückt.

Berssel (Kirche)

23

Die Kanzel zeigt die Figaren von Oott Yater, der Madonna und den 4 Erangelisten und ist in gleichem Stil gehalten.

Die Orgel ist neu und von Böver in Neindorf erbaut

Abendmahlsgeräte. Eelch von 1625, 0,23 m hoch, von vergoldetem Silber mit sechsluppigem Fuss. Er zeigt die Wappen derer v. Rössing und y. Münehbausen , ausserdem die Halberstädt^r Beschau und das Zeichen %^ Ein anderer Kelch von 1701, 0,19 m hoch, von vergoldetem Siber zeigt die Halberstädter Beschau und das Zeichen T. T. 170.. Eine Patene von ver- goldetem Silber ist innen mit einem Emailbilde (leider von Säure ange- griffen) geschmückt, welches Christus umgeben von den Marterinsti'umenten darstellt. Anfang 18. Jahrhundert, Dm. 0,15 m, der Email 0,04. Das Meister- zeichen ist unkenntlich.

Von Paramenten ist besonders bemerkenswert eine Altardecke von rotem Sammet (2,75 m lang, 0,95 m breit). Sie zeigt in der Mitte eine grössere Stickerei, Christus am Kreuz (0,58 m hoch), links von ihm kniet die Stifterin Ilse Dorothea v. Rössing. Aasserdem ist die Decke mit 4 Wappen geschmückt, wovon die v. Rössing, Behr und Marenholtz bestimmbar sind. In einer Kartouche oben links neben der Stifterin steht ausser einem frommen

Spruch ihr Name und die Jahreszahl 1610. Die Stickerei ist in Seide teils mit Plattstich teils mit Aufnäharbeit ausgeführt und aufs reichste mit Gold, Silberund Perlen geziert. Eine kleine Decke von schönem, hellgrünem gemusterten Sammet mit grün und roten Seidenfransen ist aus dem 16. Jahrhundert. Eine kleine rote Sammetdecke mit Lorbeerkranz und Krone bestickt von 1675 und eine rote Seiden- damastdecke von 1676 sind ebenso wie die anfangs erwähnte grosse Decke mit schönen Goldspitzen eingefasst.

Von Bildern sind vorhanden: Das Portrait des Pastors Gregor Hasen- winckel (gemalt 16^^, in seinem 62 Jahre), ferner die von Trophäen unip:ebonen Bildnisse zweier Herren v. R()ssin«:.

Ein gut erhaltenes im Innern des Chors an der Wand angebrachtes Epitaph zeigt die Kgur der Katherine v. Behr, der Frau des 1616 gestorbenen Julius Heinrich v. Rössing. Oben befinden sich das Rössing'sche und Behr'sche Wappen, an beiden Seiten herunter je 7 kleinere. Eine Inschrift fehlt. Die Figur ist kostümgeschichtlich interessant, besonders wegen der hohen oben flachen Haube, eines Kleidungsstückes, welches in derselben Form vereinzelt noch jetzt getragen wird.

Fig. 3.

24 Halberstadter Landkreis: Berssel Bexheim Böhnshausen Bühne

[Wann eine urkundlich 1482 genannte Kapelle untergegangen ist, ist unbekannt]

Von sonstigen Gebäuden werden genannt das Vorwerk 1290, die Obere Mühle 1400 (vielleicht identisch mit der under der borneken genannten), der Merbekeshove 1467, Kreyenhoffe 1497, Tevenhouffe 1497, die Schenke 1481.

unweit des Ortes bei der Kirche befindet sich eine ältere, von einem Graben umgebene Verschauzung, im Volksmunde die ühlenburg genannt.

Bexheim

Berteneshem um 968 996 ; Becthesemll85; Bechtesem 1358; Bech- gitssem 1361; Bechtessem 1369; Bechtsem 1370; Beckzem 1382; Bichtesem 1405; Bexem 1664.

Der nie ganz selbständige Ort ist immer nur sehr klein gewesen. Er hatte 1564 elf, 1589 zwölf Hauswirte. Jetzt wird seine Bewohnerzahl auf 18 Seelen berechnet Geschichtlich gehört er völlig zu Deersheim. Vgl. das betr. Kapitel.

Böhnshausen

Leibrock, Chronik der Stadt und des Fürstentums Blankenbiirg.

Bionshus um 937; Buneshusen, Anf. d. 13. sec. {Lehnsregister des Grafen Sigfrid IL von Blankenburg. H.-Z.üc, 91.); Bunshusen 1222; Bönshusen 1358 ; Boneshusen 1361.

Gutsbezirk 7,2 km südwestlich von Halberstadt

Archidiakonat : Halberstadt.

Geschichte: Das ehemalige Dorf B., welches angeblich von Bia, der Witwe des Gaugrafen Friedrich gegen 937 gegründet war, blieb unter der Graf- schaft und dem Gericht von Regenstein, auch nachdem die Grafen ihre Rechte über die meisten andern Dorfschaften verkauft hatten. Die Kirche war zuerst der von Ergstedt untergeordnet, seit 1222 aber eximiert. Sie stand unter regen- steinischem Patronat. Die Pfarrei wird noch 1445 erwähnt, also um dieselbe Zeit, wo das Dorf B. in den kriegerischen Wirren zu Grunde ging. 1612 kam der Rest an das Hochstift Halberstadt, nach dessen Übergang an Preussen B. eine königliche Domaine wurde. Sie befand sich zuerst im Besitz der Familie von Strauss, seit den letzten 150 Jahren ist das Gut Privateigentum der Familie Hertzer. Politisch und kirchlich gehört es zu Langenstein.

Am Herrenhause sieht man die Wappen v. Strauss und Dötichen. Reste von Fundamenten älterer Baulichkeiten sollen gelegentlich gefunden worden sein.

Dieses me die übrigen Gebäude bieten kein archäologisches Interesse.

Bühne

Die Kirchenbücher gehen bis 1658 zurück, die Kirchenrechnungen bis 1687.

Bunethe 1224, Bunedhe 1247, Bunede 1249, Bunde 1308, Bünde 1343, Bune 1607.

Dorf 30,6 km westnordwestlich von Halberstadt an der Ilse mit 300 Ein- wohnern (1564 31, 1589 32 Hauswirte), evangelischer Konfession, deren Haupt- erwerb die Landwirtschaft bildet.

Bühne (Geschichte^ Kirche) 25

Archidiakonat: Osterwieck.

Geschichte: In dem 1224 zuerst genannten Orte waren Anfang des 14. Jahrhunderts die Familien v. Berwinkel und v. Krebs angesessen. Auch das Kloster Stötterlingenburg hatte hier Besitzungen. Herr des Ortes im Ganzen aber war das Domkapitel von Halberstadt Als 1343 die Regensteiner ihre Rechte über Stötterlingenburg und dessen Zubehör veräusserten, ging der betreffende Teil von B. an die Braunschweiger Herzöge über. 1363 verpfändete Bischof Ludwig B. samt Wülperode und andern Orten an die von der Gowische; 1383 gab Bischof Albrecht dieselben Dörfer denen von Rössing zum Pfände, ein Ver- trag, der späterhin noch öfters erneuert wurde. 1481 finden sich Vertreter der Familie v. Burgsdorf als Lehnsleute des Hochstifts in B. Das Patronat der Kirche hatte noch 1564 das Kloster Stötterlingenburg, jetzt ist es königlich. Der Pfarrer wird schon 1310 erwähnt.

Flurnamen: 1564: Der Hopfenhof, der Papenwinkel, das Klusebleek, die Thamwiese, die Meinwiese, die Salzwiese. 1589: die Dornenwiese, die Hainlage am Fallstein, unter dem Espenberge, die Papenhegge, Dambwiese, Klausbleek.

Die aus Wöltingeröder Rogenstein erbaute Kirche hat ein sehr weites Schiff (lichte Länge 23,10 m, Breite 9,80 m), welches aus dem 17. Jahrhundert stammt; der Chor ist im halben Achteck geschlossen, die Decke aus Brettern gewölbt. Der aus Bruchkalkstein erbaute Turm hat eine äussere Breite von 6,96 m, eine Tiefe von 5,60 m. Er ist in Annäherung an die romanische Form eines älteren Turms 1566 neu gebaut.^ Ein Halbkreisbogen vermittelt die Ver- bindung mit dem Schiff; ein Westeingang fehlt. Der Turm ist mit einem ganzen Walm gedeckt, der einen kleinen Dachreiter trägt.

Drei Glocken befinden sich auf dem Turm.

1. Dm. 0,92 m. Die durch einige Querstreifen belebte Glocke zeigt oben folgende, durch fehlerhaften Guss mehrfach unleserliche Inschrift: + anno + dm m cccc dar ... in (?) ... ghoet hermen koster . . . my ... d . . : ere (?) godc(s) ... sunte pancraci

Auf der einen Seite ist eine thronende Maria, auf der andern ein Kruzifix. Das Gerüst, in welchem die Glocke hängt, zeigt die Jahreszahl 16 . . 5.

2. Dm. 0,90 m. Die Glocke hat folgende obere Umschrift (Kg. 4), welche offenbar von einem des Schreibens nicht Kundigen herrührt:

Flg. 4

3. Die Stundenglocke befindet sich in unzugänglicher Stellung in dem Dachreiter.

Der Altar ist 1857 neu erbaut. '' Die Kanzel und die Orgel sind gleichfalls neu, desgleichen der hölzerne Taufstein. Das Gestühl ist 1742—47 aufgestellt.

' Nebe, Kirchen visitationeo.

26 Halberstädter Landkreis : Bühne Danstedt (Geschichte, Kirche)

Altargeräte. [Ein zinnerner Kelch, der 1589 erwähnt wird, ist nicht mehr vorhanden.] Die jetzigen Geräte sind:

1. ein silberner Kelch; Beschauzeichen Adler (Frankfurt?). Marke T/H.

2. Patene, Silber, Dm. 0,14 m. Beschau und Marke wie vorher.

3. ovale Oblatenschachtel, Halberstädter Beschau, Marke L G. M. Dm. 0,11m.

4. ein platiert silbernes Taufbecken und eine zinnere Kanne sind modern. [1567 erhielt die Kirche eine neue Uhr.]

Von andern Gebäuden ist bemerkenswert das Pastorenhaus, an dessen Saumschwelle sich die Inschrift befindet: IN CX)ELIS MAIORA ERVNT PRAEMIA QVAM SANCTORVM PIA DESIDERIA. Hier ist nur Angst vnd pein dort dort wird Freude sein Dahin nach [?] Gottes Wille wir frommen [?J sanfft vnd stille nach diesen Jammer Jahren im friede wollen fahren. I.L.W.A.I. L. K. P.

Ein anderes Haus zeigt die Zahnschnittmotive des 17. Jahrhunderts.

Danstedt

Chronik oder kurze geschichthche Nachricht von der Gemeinde D. von Kantor Wilhehn Vogeler, Halb. 1852.

Die Kirchenbücher gehen bis 1775 zurück.

Die Namensform beginnt in ältester und neuester Zeit mit D, im 13.— 17. Jahrhundert meist mit T. Dannenstedi 1004, Dannenstidde 1084, Dannen- stede 1096, Danstade 1136, Dannenstid 1148, Danninstide 1194, Dunstide 1196, Donstede, Danstide 1216, Donstide 1257, Tannenstede 1266, Thannenstede 1289 Tanstede 1343, Tanstedde Mitte des 14. Jahrhunderte, Danstidde 1493, Danstet 1519, Dannstett 1520, Tanstet 1538, Tanstedt 1554, Thenstedt 1616.

Dorf 11,2 km westlich von Halberstadt mit 892 Einwohnern, evangelischer Konfession, deren Haupterwerb die Landwirtschaft bildet.

Arohidiakonat: ützleben.

Geschichte: Danstedt wird 1004 zuerst erwähnt, und führt 1516 die Be- zeichnung Bleek; 1520 wird es oppidum genannt. Der Zehnte gehörte bis 1096 dem bischöflichen Ministerialen Luder, wurde aber damals von Bischof Herrand an Ilsenburg gegeben. Das Einzelne darüber vgl. imilsenburger UrkundenbuchH, 400. Auch die Dompropstei empfing von hier jährlich gewisse Abgaben. Die Einkünfte der Meierei waren bischöflich. Grafschaft und Gericht waren regen- steinisch, wurden aber 1343 an Konrad von Wernigerode verkauft. 1485 war D. der Sitz des Archipresbyters des Bannes ützleben. Als Ortsverwaltung werden 1520 Bauermeister, Rat und ganze Gemeinde genannt. 1613 ging der Ort in den Besitz des Domkapitels über. Das Kirchenpatronat ist heute königlich. Der Danstedter Zollen 1815.

Flurnamen: 1467 vor dem Volcmer euer; in dem Krummen lande; vp den Tanstede wech; tighen dem Tanstede dore; vp der Holtstede; an der borch; vor dem Sakendale; 1554 of dem ßambecke.

Die Kirche (S. üdalricus). Das Schiff stammt aus dem 18. Jahrhundert, Länge im Lichten 29,11 m, Breite 7,64 m. Der Chor ist im halben Achteck ge- schlossen (vSeite 4,03 m), Fenster sind auf jeder Seite 4, in den Chorwänden je eins. Die Decke ist aus Brettern gewölbt und mit geringwertigen Malereien (die Drei- einigkeit, Erzengel, David, musizierende kleine Engel) bedeckt; 18. Jahrhundert.

Danstedt (Kirche, Profangebäude) Dardesheim 27

Südlich ist eine kleine Halle vorgebaut Der Turm, welcher ebenso wie die Kirche aus rohen Quadern erbaut und beworfen ist, stammt aus romanischer Zeit, hat rechteckigen Gmndriss (äussere Breite 5,73 m, Tiefe etwa 4,50 m), be- sitzt keinen Westeingang, dafür aber einen grossen Halbkreisbogen zur Ver- bindung mit dem Schiff.

Die 3 Glocken haben einen Durchmesser von 1,28 bezw. 1,19 und 0,48 m. Die grösste hat ausser anderer Schrift die Angabe: Christian Ludewig Meyer gos mich zu Brauns : Anno 1710. Die zweite führt in ihren Inschriften den Ver- merk, dass die Glocke von G. N. Kasten in Halberstadt 1742 neu gegossen worden sei. Auf derselben Glocke zeigt sich das vom Giesser oft benutzte viereckige Medaillon. Die kleinste Glocke ist ohne Schrift

Der Altar, in welchen die Kanzel in der Mitte eingebaut ist, stammt vom Anfange des 18. Jahrhunderts. Er ist mit nicht gerade geschmacklosen aber eb^^as überladenen Schnitzereien, an der Piedella und dem oberen Aufbau mit fflittelmässigen Malereien sowie mit den plastischen Figuren des Petrus, Paulus, Johannis d. T., Moses, ganz oben des Heilandes geschmückt.

Auf dem Boden befindet sich ein altes Altarschnitzwerk des 15. Jahrhunderts von unbedeutendem Wert: in der Mitte die Madonna, rechts und links je zwei männliche Heilige übereinander (einer fehlt). Die Gewänder und der Grund sind vergoldet.

Die Orgel ist modern.

Altargeräte: 1. ein Kelch von vergoldetem Kupfer mit 6 lappigem Fuss, woran eine silberne Kreuzigungsgruppe ; runder Knauf mit gestochenen Mustern. Höhe 0,23 m, 17. Jahrhundert 2. Patene von vergoldetem Kupfer mit aufgraviertem Kreuz, Dm. 0,16 m. 3. Eine bleierne Patene von 1772. 4. Ein bleierner Kelch. 5. Eine bleierne Oblatenschachtel. 6. Eine moderne silberne Kanne. 7. Ein silberner Löffel.

Leuchter: Die beiden Kronleuchter sind aus der Servatiuskirche in Quedlin- burg. Der eine ist oben mit einer männlichen Gestalt im Zeitkostüm geschmückt, er zeigt an den Armen Delphine und unten einen Löwenkopf, der andere hat 9 einfach ornamentierte geschwungene Arme um eine Kugel herum. Beide sind von Messing, der erste neuerdings vernickelt Beide 16. Jahrhundert

[Von anderen Gebäuden werden erwähnt: der Vorwerkshof vor dem Westthor 1460; der Grasehof 1467; das Klostervorwerk 1493, 1516, „vor Tanstedt jegen der gemeinde deich", 1554; der neue Turm „zwischen Hanse Winckel vnd der Sekein holtzem'* 1554; die Schaf brücke am Teichdamm 1608; zwei Höfe, die Helle genannt, 1615.]

Ein grosser Brand, welcher D. gelegentlich betraf, ist Ursache, dass ältere Häuser gegenwärtig nicht mehr vorhanden sind.

Der Kirchhof ist von einer halbkreisförmigen ümwallung umgeben.

Dardesheim

Kirchenbücher gehen Mb 1655 zurück.

Dardessem, Dardi8sll94; Derdesseim 1218 ; Derdesheim 1219 ; -— Der- densem 1277; Derdesheym 1282; Derdesem 1307; Derdesum 1385; Derde8suml390; Derdessen,Derdessheml468; Dardessen, 15. Jahrhundert;

28 Halberstädter Landkreis: Dardesheim (Geschichte, Strassen, Kirche)

Derdessym 1560; Derdissem, Dardeseihm 1579; Darssem, Ende 16. Jahr- hundert; — Dardessem 1600.

Stadt, 17,4km nordwestlich von Halberstadt am Ealbkebach mit 1524 Ein- wohnern, die der Konfession nach fast durchweg evangelisch sind, nur 42 siud katholisch. Haupterwerb bildet die Landwirtschaft und einiges Klein-Handwerk. (1564 hatte die Stadt 90, 1589 120 Hauswirte.)

Archidiakonat : Dardesheim.

Geschichte: Das Archidiakonat zu D. wird 1218 zuerst erwähnt; die Kirche, deren Patronat dem Domprobste von Halberstadt zustand (es ist daher heute königlich), ist sehr viel älter und gehörte wahrscheinlich zu den bei der Christianisierung der Gegend durch Hildegrim gegründeten. Der Inhaber der Pfarre war zugleich Vikar beim Stephanialtar im Dome zu Halberstadt Dass der Pfarrer ein eigenes Siegel führte, wird 1390 berichtet. Ihm zur Seite standen die 1411 erwähnten Aldermänner. Dass zu D. ein Kaland bestanden habe, ist überliefert, aber nicht beglaubigt (H.-Z. XH, 549). Die Vogtei des Ortes, dessen Stadtrecht ihm zu unbekannter Zeit, aber jedenfalls erst nach 1492, verliehen ist, weil er damals noch bleke efte dorpe heisst (noch 1564 heisst ein Teil das Niedem- dorf) hatte bis 1282 der Markgraf vonMeissen, der sie in diesem Jahre an das Dom- kapitel von Halberstadt abtrat Der Vogt desselben, welcher sich von da an dort aufhielt, muss eine bedeutende Rolle gespielt haben, da ihm gleichzeitig das Patronat mehrerer Vikarien in Halberstadt übertragen war. Für den nördlichen Teil des Archidiakonates befand sich eine regensteinische Gerichtsstätte auf dem benachbarten Dreiberge. Das Gut, welches ursprünglich zur Administration der Domprobstei gehörte, war zeitweise Eigentum der Familie von Schafstedt, dann derer von Gustedt Heute gehört das Rittergut dem HeiTn Dippe zu Quedlinburg

Flurnamen: Bi der vravisch 1372; am Orth berge 1589.

Von Strassen des Ortes werden urkundlich erwähnt: der Klint 1390; die Strasse hinter dem Turm 1411; von Befestigungen: das hohe Thor 1493.

Die Kirche ist modern. Desgleichen ihr meistes Inventar mit Ausnahme 1. einer aus dem 18. Jahrhundert stammenden steinenien Figur des h. Stephan (über dem Westeingange), der also wohl, da die Kirche ehemals domprobsteilich war, der Schutzheilige der Kirche gewesen ist; 2. zweier Glocken: a) Dm. 1,12m. Umgegossen 1778 von C. H. Knoblauch in Halberstadt; b) Dm. 0,86 m von schlechtem Guss mit zwei fast unentzifferbaren Minuskelumschriften. Oben steht:

ano dni mcccc yn dem Ixxx gloria in excelsis deo et

in terra pax et hbus

Unten scheint zu stehen:

fcsta tua rüde (?) hyghen (?) den fondyc (?)

... byn ... reabe ghoten.

c) eine dritte Glocke von 1,41 m Dm. ist 1871 von Ulrich in Laucha gegossen; 3. des mit reichem geschnitzten Laubwerke geschmückten Orgel Prospektes, 18. Jahrhundert; 4. des jetzt als Opferbecken dienenden messingenen ehemaligen Taufbeckens, datiert 1733; 5. der Altargeräte: a) Kelch von vergoldetem Silber, Höhe 0,18 m, sechslappiger Fuss, sechseckiger Knauf mit den Buchstaben IHESVS.

Dardeeheim (Kirche) 29

Am Fasse ein silbernes Kruzifix. Marken H CR L. b) Kelch von vergoldetem Silber. Fuss und Knauf rund. Mit eingraviertem Kreuz und Filigranverzierungen. Höhe 0,18 m. Datiert 1626. Halberstädter Beschau. Meisterzeichen unkenntlich, cd) Deckel zu beiden Kelchen, e) Patene; vergoldetes Silber; Dm. 0,15 m. Mit graviertem Kreuz. Datiert 1696. Halberstädter Beschau. Marke MG. f) desgl. Dm. 0,14 m. g) desgl., datiert 1695, Dm. 0,14 m. h) kleiner Kelchlöffel von ver- goldetem Silber, 17. Jahrhundert, i) bleierne Kanne, 1744.

[1564 gab es in der Kirche einen sog. Frühmessenaltar. 1589 wurde eine Orgel bei der Visitation vorgefunden, welche damals erst unlängst erbaut war. Die Kosten waren von der Kirche, besonders aber von dem Stiftshauptmann Heinrich v. d. Luhe getragen worden. Bei derselben Gelegenheit wurde das Inventar der Kirche festgestellt, wie folgt:

ein goldenes Stück Messgewand mit Kasel und Alba,

ein grünsammtenes Messgewand,

ein desgl. von grünem Damast,

eine Chorkappe,

sechs gemeine Messgewänder,

vier gemeine Diakonenröcke,

zwei Handzweien,

eine Altarzwele,

zwei Kasein,

eine Alba. Auf dem Altar des h. Stephanus gab es :

ein Jesuskind,

drei Leuchter,

vier zinnerne Kännchen,

ein Laken,

eine Zweie über dem Altar,

ein Antependium mit etlichen Spangen,

vier Ruchein (Rauchfässer),

ein Tuch über die Toten. Von Büchern waren vorhanden:

vier Missalien,

eine lateinische Bibel,

drei Vesperalbücher,

drei Psalterien,

eine alte Agende,

ein Ghoralbuch Lassii,

ein desgl. Spangenbergi,

ein deutsches Gesangbuch,

drei Gradualien. Im Gewahrsam des Küsters befanden sich:

das Viatikum,

eine Schüssel und ein Näpfchen,

zwei Kelche mit Patenen,

etliche Tücher und Servatica,

1

30 HalberstAdter Landkreis: Dardesheim (Hospital, CIqb)

zwei Kartekentüchlein über den Altar beim Sakrament,

zwei kleine Leucbter,

Lutheri Postille in zwei Teilen, Geschenk des alten Meiere Cyriacus

LoEsan in Halberstadt, ein Handfass und ein Löwe (Aquamanile?), zwei Glocken. Von allen diesen Gegenständen ist nichts mehr nachweisbar.] Das Hospital der Stadt ist modern.

[Bis vor wenigen Jahren stand vor dem westlichen Tliore der Stadt, dem ehemals sog. tvdore ein kapellenartiges Gebäude (Fig. 5), oblong im Grundrisse, mit kleinen Rundbogenfenstem , aber mit spitzbogiger Thür. Das Ziegeldach war abgewalmt Das Gebäude fahrte zuletzt die Bezeichnung

Fig. 5.

GluB, war aber ursprünglich ein Hospital, der h. Anna geweiht und angeb- lich 1435 Ton Friedrich von Hake, Domprobst zu äilberetadt, gestiftet (H.-Z. XH, 549), Auch die Dompröbste Quirre und Balthasar von Xeuenstadt trugen zu seiner Ausstattung bei. Die Inschrift anno dni tncccclxxviii, welche, in Stein gemeisselt, sich über der Eingangsthür befand, mag sich auf die Thälig- keit eines gewissen Johannes Michaelis bezogen haben, der 1475 im April vom Kapitel des Laterans die Erlaubnis erhielt, in Dardesheim eine Kapelle zu er- richten zu Ehren der h. Dreieinigkeit, der fünf Wunden Christi, der h. Jungfrau, der hh. Anna, Johannes Bopt. und Evang., sowie aller Heiligen. Das Hospital diente als Herberge für arme Leute, stand unter der Verwaltung eines Hof- meisters (villicus infirmorum, provisor curiae, paterfamilias leprosomm), der 1468 ein Halberstädter Domherr war, und unter der Gerichtsbarkeit der Baaermeister zu Dardesheim, weiterhin unter der des Domkapitels. Das Statut, auf welches hier nicht näher eingegangen werden kann, befindet sich im Magdeburger Staats- archiv s. r, Dardesh.2. Das Gebäude, welches ersichtlich aus viel früherer Zeit stammte, als die lobten, welche es seiner späteren Bestimmung übei^ben, ent- hielt noch bis zuletzt eine (sehr zopfige) Kanzel, den urspriinglichen Altar mit den Weihekreuzen, femer in dem kleinen Dachreiter ein Glöcklein von 0,34 m Dm. mit der Minuskelumschrift ave maria gracia. Die Kapelle diente aber nur noch als Raum für Kartoffeln und als Remise.]

Dardesheim (Profanbanten) Deersheim (und Bexheina) 31

Profanbauten.

a) Von den Stadtmauern sind noch hier und da Reste vorhanden, die Thore dagegen alle verschwunden.

b) Auf dem Bittergute sieht man gegenwärtig nur moderne Gebäude, in nachgeahmter Gotik ausgeführt An einem eingemauerten Wappensteine liest man in Minuskelschrift den Namen Wolffganck graiF zu stolberg vn Wernige- rode 15218. Zwei ähnliche Wappensteine stammen von 1519 und 1528.

c) Von Privatgebäuden aus älterer Zeit sind noch 165 nachweisbar, doch stammen 150 von ihnen erst aus der spätesten Verfallperiode des Holzbaus.

Aus gotischer Zeit ist keins vorhanden.

Aus der guten Zeit des 16. Jahrhunderts sind nur noch drei Häuser übrig, davon eins (hinter dem Rathause) nur noch in spärlichen Resten, die aber das Vorhandensein von Fächerrosetten noch deutlich zeigen. Das Haus No. 52 besitzt Fächerrosetten auf den Brüstungsplatten, Schiffskehlen und wulstige Eonsolen, auf der Saumschwelle die Inschrift: Wer Gott vertrawt u. s.w. Die Jahreszahl ist verlöscht Das Haus No. 194 ist datiert von 1578, hat runde verzierte Füll- hölzer, lange Eonsolen und die Doppelinschrift: Wer Gott vertrawet u. s. w. Also hat Gott die Welt geliebet u.s.w.

Die übrigen zwölf sind aus der späten Renaissance- und Barockperiode des niedersächsischen Holzbaus (17. Jahrhundert):

No. 33, am XTntergeschoss Schnürrollen, Saumschwelle mit Laubstab; das Obergeschoss ist aus dem 18. Jahrhundert,

No.90 mit Schnürrollen und quergestreiften Balkenköpfen,

No. 102 von 1668 mit Schnürrollen,

No. 103 ebenso,

No. 104 von 1671,

No. 108 von 1664,

No. 112 mit Schnürrollen und schachbrettartig gemusterten Füllhölzem,

No. 239 mit prismatischen Balkenköpfen,

No.254 mit gotisierendem Laubstab an der Saumschwelle, geperlten Schnür- rollen und langen Eonsolen,

No.276 mit Schnürrollen., im übrigen aber ganz entstellt,

das langgestreckte (21 Fach) Brauereigebäude mit langen Eonsolen, Unter- bau massiv, das daneben stehende, 6 Fach breite Gebäude, mit wulstigen Eonsolen.

[Urkundlich erwähnt sind noch: eine Mühle, Besitz des Elosters Ilsenburg, 1194; ein wüster Hof, das Eapitelsvorwerk genannt, samt einem Weingarten, 1372; ein auf diesem Vorwerk durch Burchard v. d. Asseburg aufgeführtes Gebäude 1372; der Pfarrhof, neben dem sich der Hof des Domprobstes Heinrich von Braunschweig befand, 1380.]

Deersheim (und Bexheim)

Urkunden des v. Gustedtschen Familienarchivs. IMe Kirchenbücher gehen bis 1619 zurück.

Lersem 1209; Derssenhem 1249; Dersum 1318; Dersim 1319; Darsem 1417 ; Deerssem 1467; Derssem 1480; Derssen 1496; Derrhessem, Derressem 1534.

32 Ealberstädter Landkreis: Deersheini (Geschichte, PlnrDamen, Kirche)

Dorf, 21,3 km nordwestlich von Halberstadt am Anebach, mit 820 erange- lischen Einwohnern (1564 gab es 63 Hauswirte, 1589 deren 70). Haiipterwerit ist die lAndwirtechaft.

Archidiakonat: Dardesheim,

Geschichte: Die Yogtei über die Deersheimer und damit sicher auch über die Bexiieimer Kirche gehörte bis 1270 den Grafen von Kegenstein, welche sie damals an die Braunschvreiger Herzöge abtraten. Grund dafür war wohl, dass die Deersheimer (ob auch die Bexheimer?) zum Liebfrauen-Altar des Domes St. Blasii zu Braunschwelg gehörte. Dies Verhältnis fand sich noch bei der Kirchen Visitation von 1589. Die Bexheimer Pfarre gehörte zur Deersheimer: einen eigenen Pfarrer hatte sie erst 1589; sie stand damals und schon 1564 unter dem Patronat der Familie v. Steindorf. Die „nienne unde burschop" standen unter Bauermeistem (magistri rusticorum, 1509), Grafschaft und Gericht aber waren regensteinisch bis 1358. Demgemäss gehörte der Deersheimer Zehnte noch 1526 der Vogtei zu Westerburg (s. u.), während der Bexheimer schon 1369 als bischöfliches Recht überliefert ist, Als Grundbesitzer begegnet das Kloster üsenburg inBexheim schon 1086; sehr wahrschein- lich hatte es auch in Deersheim schon früh Grund- eigentum, obgleich dort vom Ilsenburger Kloster- acker erst 1437 die Bede ist 1333 erhielt das Halberstadter Johanniskloster vom Grafen von Regen- stein die Erlaubnis, sich in Deersheim anzukaufen. Ausserdem hatte das Kloster Stötterlingenbnrg hier Besitzungen. Ausserdem waren in Deersheim die Familien v, Burgdorf, v. Schafstedt und v. Steinacker begütert. Die noch jetzt im Besitze des Kttergutes befindliche Familie v. Gustedt tritt dort zuerst 1406 auf. Ihr gehört das Kircbenpatronat; doch ist das Besetzungsrecht streitig. Amtlich bilden Deersheiiu und Bexheim ein Ganzes.

Flurnamen: 1473: inElstede: nademenjgen

tome (es lässt sich nicht sagen, welcher Turm

gemeint ist); uppe dem westem beke: in deme

radelande; vor den bevere home; boven der lem-

kulen; uppe deme Hedeberghe; by der Dannowen,

*■ an der groten hoghe; in deme körten rodelande:

Fig. 6. atnme Gosekampe ; in deme Kerkweghe ; in deme

Distddael; entieghen deme Zyke; vor den troghm:

up deme Wortberghe; up deme Beinberghe;

1497: dat Breyde gut; 1^7; oben dem Med^>om; im Smerberge; ufm holtz-

wege; bei Hans Kochs bopfenberge; uf die buerwiesche; beim Romsleger teiche;

in der grossen frueht; bey den veldtenbuschen ; zwieschen den wegen nach Dardessem

Werts: oben dem wohle; 1564: die Wredischen; 1589: das Lindenfeld.

Die Kirche von Deersheim hat ein sehr geräumiges Schiff aus neuerer Zeit Die Anlage der beiden Turme ist dagegen noch romanisch. Nur der nördliche Turm (Fig. 6) steht vollendet da, der südliche ist entweder nicht fertig

DeerBheim (Kirche: Baubeschreibung, Ausstattung)

33

geworden, oder einmal in späterer Zeit, vielleicht als der ursprüngliche baufällig geworden war, hergestellt und mit einem Notdache versehen worden. Eigentüm- lich ist die Behandlung der oberen Fenster des Nordturmes, wo die auf schlanken Mittelsäulen (mit einfachem Würfelkapitäl, eine mit Paltenkapitäl) ruhenden breit ausladenden Kämpfer den in der Abbildung (Fig. 7 u. 8) skizzierten merkwürdigen Durchschnitt zeigen. Die Basen der Säulen haben keine Eckblätter. Das untere gekuppelte Fenster weicht davon ab, indem innerhalb eines Blendbogens sich der Doppelbogen ohne Kämpfer entwickelt, vielmehr nur von einem zierlichen, an den Ecken mit Masken geschmückten Kapital (Fig. 9) getragen wird. Der Turm- mittelbau wird rechts und links durch je einen lisenenartigen Rundstab abge- grenzt Breite des ganzen Turmbaus 12^8 m, Tiefe 5,20 m. Die unteren Turm- hallen sind mit einfachem Kreuzgewölbe geschlossen. Von dem ehemaligen, jedenfalls basilikalen Langhause ist nichts mehr erhalten.

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Oberes yffirftL -Cap'Jtal

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Fig. 7 u. 8.

Uhttrts yfurftUapUaJt Fig. 9.

Drei Glocken sind vorhanden: 1. Dm. 1,21m, mit der gotischen Majuskel- umschrift: AVE MARIA GRATIA PLENA. Verzierungen: ein unter einem Bal- dachin thronender Heiliger, eine Kreuzigungsgruppe unter einem Baldachin, eine Heilige zu Boss. 14. Jahrhundert. 2. Dm. 0,94 m, gegossen von Michael Appe zu Wolfenbüttel, 1657. 3. Dm. 0,80 m, gegossen von Christoph Spatz zu Halber- stadt, 1747.

Der Altar ist modern [ein St. Margarethenaltar wird 1462 erwähnt], ebenso die übrige Kirchenausstattung. Etwas älter ist die Orgel ; sie ist von 1790.

Ton Altargeräten sind vorhanden:

1. silberner vergoldeter Kelch mit rundem Knauf, hoch 0,22 m, Halberstädter Beschau, Meisterzeichen T. T. 1711. Gustedtsches und Veltheimsches Allianzwappen ;

2. ebensolcher Kelch; Fuss sechslappig; Magdeburger Beschau; Meisterzeichen Vß;

3. ebensolche Kanne und 4. Oblatenbüchse (Dm. 0,10), Beschau und Meisterzeichen bei beiden wie bei 2; 5. zwei Patenen a) Dm. 0,15, mit Kruzifix, Frankfurter

Beschau, Meisterzeichen V^ b) Dm. 0,15; mit Kreuz.

Gemälde: Portrait eines Pastors Bamer. In öl. Lebensgrösse. Um 1640.

Kreb Halberatadt. 8

I

Halberstädter Landkreis: Deersheim (und ßexlieim)(Beiheinior Kirche)

Epitaphien: 1. Des Christoph t. Schafstädt (f 1507) und seines Sohnes. Beide knien vor dem Kruzifix. Rechts und links Wappen, unten eine Inschrift von 20- deutschen Versen. Darunter eine symbolische Dai-stellun^ mit den Worten: Hodie mihi cras tibi. Sandstein. 2. Eines Ehepaars v. Gustedt (Johann Friedrich v. G., geb. 1714, f 1771, und Agnes Christine v, Alvensleben, Erbfrau von Osterwiecfc, geb. 2.8. 1726, f um 1800). 3. Des Pastors Deliiis, f 1786. Sand- stein; an der Aussenseite der Kirche.

Die Kirche von Bexheim, im Gutsparke gelegen, vrird nur dreimal im Jahre, nämlich an den Sonntagen Judica, Exaudi und 4. Advent, vormittags zum Gottesdienste benutzt, den der Deersheimer Pastor abhält. Sie hat romanische Grundform. An das einschiffige, im Lichten 9,25 m lange und 6,35 m breite Langhaus schliesst sich östlich der 3,90 ni lange und 5,04 m breite Altarraum, vom Langhause durch einen mit ganz schlichtem Kämpfergesimse geschmückten Triumphbogen getrennt und um eine Stufe erhöht. Den Beschluss macht östlich die Apsis, Sie ist ein Kreissegment von 3,82 m Grundlinie und 2,25 m Höhe. Westlich führt aus dem Lnngbause ein Halbkreisbogen von 2,10 m Weite in den mit Westeingang versehenen Turm (Mauerdicke 1,26 m; lichte 'Kefe 4,43 m; Breite 3,21 m).

Die Fenster (Langhaus jederseits drei, Altarraum jederseits eins, Apsis drei) sind neueren Datums; die alten vermauerten haben eine vordere Breite von 0,57—0,63 m.

Eine kleinere Sakramentsnischo ist hinter dem Altare.

Die altertümliche Glocke hat bei einem unteren Dm. von 0,52 und einem oberen von 0,23 m eine Höhe von 0,56 m. Der Schlagring ist unten abgerundet. Schrift oder Verzierungen fehlen.

Der Altar ist von Kalkstein und hat schlichte romanische Form. Ein wertvolles bemaltes Attarschnitzwerk (Triptyehon des 15. Jahrhunderts) steht, ziemlich beschädigt, in der Apsis, hinter dem Altar verborgen. Die Anordnung der Bilder ist folgende :

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Oekrönte Mfuionna in

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Deersheim (und Bexheim) (fiexheimer Kirche; Profangebäude> Berenburg o5

Die Kanzel ist modern und wertlos.

Die kleine Orgel ist ein geringfügiges Werk des Empirestils.

Der noch vorhandene romanische Tauf stein (Fig. 10) ist schwerfällig von Form nnd tief ausgehöhlt zum Untertauchen des ganzen Kindes.

Epitaphien: 1. Des Phil. v. Qustedt, tl767; dazu gehört eine Inschrifttafel, welche besonders angebracht ist 2. Eines Qutsverwalters, f 1741; beide ohne künstlerischen Wert.

Von anderen Gebäuden in D. sind be- merkenswert :

1. Der Steinackerhof, mit Gebäuden aus der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Der Turm trägt die T^fsUa^. Jahreszahl 1558. Das ehemalige Wohnhaus mit spät- ^^8- 1^- gotischem Portale und Wappen ist jetzt Scheune.

2. Das Kühnesche Haus, ein Fach werkbau

ans der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts. Zur Verzierung dienen z. T. die bekannten Schnürrollen.

3. Der Gasthof zum alten Krug, erbaut von Clara v. Gustedt und ihren Söhnen. 17. Jahrhundert

[Erwähnt werden noch: „de Hilsynnborgesche hove", zeitweise an einen Altar zu S. Silvestri in Wernigerode verpfändet, 1467 und 1497; eine Mühle zu Bexheim 1361; der Pfarrhof zu Bexheim, 1564 wüst; das Pfarrhaus wurde bei der Visitation 1589 neu erbaut vorgefunden.]

Vorgeschichtliche Reste:

1. die sog. Schwedenschanze auf dem Brüderberge, eine gut erhaltene, deut- lich erkennbare Umwallung;

2. der sog. Goldknühl und andere Hügelgräber im Hegholze;

3. eine grosse steinerne runde Platte, vielleicht ein Opferaltar, anfangs der 40er Jahre im sog. Osterfelde in der Nähe des Fallsteins ausgegraben und noch gut erhalten.

Eine Sammlung von prähistorischen Gegenständen (Stein waffen und Urnen) besitzt Herr Baron v. Gustedt auf Deersheim. Sie sind fast alle am Fall- stein im Osterfelde gefunden.

Derenburg

Niemann , p. 225. ■— v. Wersebe , GaubeBchreibiing , p. 82. Buchholz , Brandenburg. Gesch. IV, 25. Acta pacis Westph. VI, 463. Aus der Chronik Derenburgs (Halber- städter Zdtung o. Intelligenzblau, März 1888). Ledebur's Archiv 1830, II, 6. 171. VI, 108.114. Lucanus, Hist. Bibl. 1784, II, 20.88.41.66. Jacobe, Zum Kaland des Bannes Utzleben in Wernigerode, H -Z 1869, I, 147 f Die Kirchenbücher reichen bis 1655 zurück.

Dameburge 1008; Dehemeburc 1208 ; Derneburch 1250; Demeborg, Deme- borch 1284; Derrenburk 1359; Derneburgk, Demburgk 1501; Demeborgk 1603. Der Name ist Ton demselben Stamm abzuleiten, der noch in unserm Wort Dirne erhalten ist. Da nach mittelalterlichem Sprachgebrauch dies eine der Be- zeichnungen der Jungfrau Maria ist, so bedeutet der Name soviel wie Marienburg.

Stadt 9,7 km westsüdwestlich von Halberstadt an der Holtemme, mit 3100

8*

3(3 Halberstädter Landkreis: Derenburg (Geschichte)

Einwohnern (1701: 2067), davon sind 3043 evangelischer, 45 katholischer und 12 jüdischer Konfession. Den Haupterwerb bildet die Landwirtschaft. Archidiakonat: ützleben.

Geschichte: Den Grund zur Anlage der Stadt soll Köni^ Heinrich I. 925 durch die ihm zugeschriebene Anlage einer Burg gegeben haben, als er Teile der Besatzungen aus Godenhusen, Sieverthusen, Ützleben undWichhusen dorthin versetzte. 935 wurde angeblich ein Graf von Blankenburg von ihm mit der neuen Burg belehnt. 1008 ging Derenburg durch Schenkung Heinrich IL an das Stift Gandersheim über. Die Burg wurde 1130 durch den Pfalzgrafen Friedrich von Sommerschenburg zerstört, doch wurde sie später wieder aufgebaut Bei der Erbteilung unter die Söhne des Grafen Poppe von Blankenburg erhielt der jüngere, Konrad, den Regenstein nebst der Derenburg. Der um diese heran- wachsende Ort blieb seitdem Hauptort der Grafschaft. Die Vogtei, welche der Graf von Regenstein 1190 von der Äbtissin von Gandersheim übertragen be- kommen hatte, bildete Anfang des 13. Jahrhunderts einen Gegenstand des Streites zwischen beiden. Unter der Linde auf dem Kirchhofe war die Stätte des Ge- richtes, w^elches der Graf dreimal jährlich dort abzuhalten hatte. Im Jalire 1289 gestattete Bischof Volrad der Gräfin Sophie, der Schwester des Grafen Heinrich von Regenstein die Anlage eines Prediger-Nonnenklosters in D.; bei der Ge- schichte von Halberstadt wird erwähnt werden, dass diese Gründung unter- blieb, man das Kloster (S. Nikolai) vielmehr in Halberstadt anlegte. An dessen Patronin, die h. Katharina, erinnert noch der Name des Katharinenhospitals vor D. 1304 wurden die Burgmannen der Pfarrkirche einverleibt. Die Dionysius- kirche, der sie bis dahin angehört hatten, wurde seitdem zu einer blossen Kapelle die zur Pfarrei Wichhusen gethan wurde. Das Patronat der Pfarrkirche zu Derenburg (ein Pfarrer Hinricus kommt zuerst 1195 vor) hatte der Bischof. Die Einsetzung des Pfarrers war abhängig von der Einwilligung der Bürger- schaft, was seit 1303 zu einem langen Streite mit dem Archidiakon von Ützleben und dem Nikolai-Kloster zu Halberstadt führte, der schliesslich bis vor den Erz- bischof von Mainz gebrsicht wurde und mit dem Siege der Derenburger endigte. Als 1337 der besiegte Graf Heinrich VIII. von Regenstein seine Heimburger Vettern zu entschädigen hatte (s. Gesch. d. Regensteins), verkaufte er ihnen in diesem Jahre und 1339 in zwei Teilen das Schloss und die Stadt D. mit allem Zubehör. Die Stadtverwaltung, der Rat, bestand in mittelalterlicher Zeit aus 6 Personen, nämlich einem Bürgermeister (procurator civium 1304) und 5 Rat- mannen. Sie hatten die Aufsicht über die Alderleute der Kirche. Von den Kämpfen Bischof Albrechts IL um D. ist bei dessen Geschichte zu sprechen. Bei der Teilung der Reinstcin-Blankenburgischen Herrschaft zwischen den Grafen Ulrich und Bernhard 1442 wurde D. Vorort der einen Hälfte. Bernhard wohnte dort bis 1448, wo er nach Blankenburg übersiedelte. 1451 belehnte die Äbtissin von Gandersheim den Kurfürsten von Brandenburg mit D. und 1481 ging die eine Hälfte durch Kauf an Brandenburg über, während die andere Hälfte regen- steinisch wurde. Die erstere aber kam als Afterlehen Brandenburgs gleichfalls an Regenstein. Von hier gelangte beides 1530 wiederkäuflich für 35,000 Gulden an Botho den Glückseligen von Stolberg, von diesem 1540 mit Genehmigung Brandenburgs als Pfandlehen an die von Veitheim. 1511 war D. der Sitz des

Derenburg (Geschichte, Pfarrkirche) 37

Arcbipresbyters des Bannes Utzleben. Seit Einführung der Eeformation in D. 1526 wurde der Ort eine Zufluchtsstätte für die evangelischen Halberstädter. Als nach dem Aussterben der Regensteiner 159V) deren Erbschaft an das Hochstift überging, machte der Bischof Heinrich Julius Schloss und Stadt D. zu braun- schweigischem Lehn. 1623 hatte D. gegen die Truppen des Christian von Braun- schweig schwere Kämpfe zu bestehen, die mit Eroberung und Plünderung der Stadt endigten. In den folgenden Jahren war sie abwechselnd der Willkür der Kaiserlichen und der Schweden ausgesetzt. Das Pfandlolien, welches die Yelt- heims gehabt hatten, wurde erst 1701 durch König Friedrich I. eingelöst. Zuwachs an Einwohnerschaft erhielt D. durch die Einwanderung von rhein- pfälzischen Kolonisten unter Friedrich d. Or.

Flurnamen: 1304 Martacker; 1413 in dem Lee, in der Wellen, in dem Sekendahy by den Kesenbomen; 1421 die Dcpenhekc, der Dikbcrg, Liskenberg, die Suderwische, der Papenstieg, der Uberg, der Linthorn, der Welborn.

Die Pfarrkirche, 1413 Liebfrauenkirche, jetzt Trinitatiskirche ge- nannt. Ihr Schiff ist im 18. Jahrhundert erbaut worden, der Grundstein wurde am 6. Juli 1726 gelegt. Es hat nur geringe Länge, halbachteckigen Chorschluss und eine gewölbte Bretterdecke. ^ Die Thüren haben bogen- förmige Frontons, worüber sich elliptische, sogen. Ochsenaugenfenster befinden. Von viel höherem Alter sind die Türme, ziemlich roh aus Bruchstein erbaut und beworfen. Gegenwärtig sind sie stark aus dem Lot geraten. Da der Bewurf vielfach abgefallen ist, so ist deutlich zu sehen, dass die Türme mit ihrem Zwischenbau von unten nach oben nicht bündig, sondern etwas später an ihn angebaut sind. Schon dies führt zu der Vermutung, dass der Zwischenbau ehemals der einzige Turm der Kirche gewesen ist. Den vollständigen Beweis dafür liefert das Innere, welches die Seitenmauem jenes ursprünglichen Turms als vollständig erhalten aufweist. Auf allen Seiten hatte er im obersten Stock- werk gekuppelte Fensteröffnungen. Aus der nördlichen und südlichen sind, als die beiden Türme angebaut wurden, um die Verbindung mit diesen zu ermög- lichen, die Zwischensäulchen herausgeschlagen (ihre Reste sind noch deutlich erkennbar) und so die Fenster zu Durchgangsöffnungen gemacht worden. So stellt nun der ursprüngliche Turm den Zwischenbau dar, welcher oben mit einem Renaissance - Dachreiter gekrönt ist, und das Ganze enti>pricht durchaus dem Typus der doppeltürmigen sächsischen Kirchen. Auch die angebauten Türme (Breite 5 m, Tiefe 6,14 m; der gesamte Turmbau hat eine Breite von über 18 m), deren Fenstersäulchen kelchartige Kapitale aufweisen, stammen noch aus spät- roraanischer Zeit. Die achteckigen schlanken Turmhelme sind unmittelbar nach dem Brande von 1677 erbaut. Ein Westeingang ist ursprünglich nicht vorhanden gewesen, die jetzige kleine Thür ist neueren Datums. Die Verbindung mit dem Schiff im Innern ist durch einen Halbkreisbogen bewirkt.

(rlocken. Es sind deren vier. Sie sind nach dem Brande von 1677 durch Heise Meyer aus Wolfenbüttel gegossen und stehen im Dreiklang von cis-moll.

1. Dm. 1,62 m. Sie ist verziert, mit den Figuren von Christus, Petrus und

* Neuerdings ist das Schiff innerlich vei'ändert worden. Ich beschreibe nacli dem Zu- tand, wie er noch 1897 war.

38 Halberstadter Landkreis: Derenbarg (Pfarrkirche: Ausstattung Ealandkapelle)

Paulus, Namen von obrigkeitlichen Personen und 2 lateinischen Hexametern. Auf das tiefe „cis^^ gestimmt. Im Stidwestturm.

2. Dm. 1,47 m. Weniger reich ornamentiert als die erste. Sie zeigt ausser den Namen offizieller Persönlichkeiten die Giesserinschrift und eine Erinnerung an die Feuersbrunst vom 19. Februar 1677. Ton „e.^' Im Nordwestturm.

3. Dm. 1,18 m. Mit offiziellen Namen, Giesserinschrift und lateinischem Chronostichon auf die Zahl 1677. Ton „gis." Im Mittelbau.

4. Dm. 0,76 m. Mit der Darstellung Christi als Weltregierer. Sie ist auf den Ton „eis" gestimmt und befindet sich, auf einem besonderen Postament stehend im Dachreiter.

Altar und Kanzel sind modern und befinden sich auf der Nordseite des Innern.

Die Orgel. Sie ist 1589 erbaut und gehörte bis 1770 der Martinikirche in Halberstadt; für 600 Thaler kam sie damals in den Besitz der Derenburger Pfarr- kirche. Sie zeigt reiches Schnitzwerk mit Vergoldung und 2 breite Flügel, auf denen sich 2 Wappenschilder und hinterwärts massige Malereien (Temperantia, Laute spielender Engel) befinden. Sie trägt eine Inschrift, welche angiebt, dass sie 1830 wieder hergestellt worden sei. Da sie in die allzu niedrige Kirche nicht passt, so ist die oberste Bekrönung nach vorn übergeklappt

Der achteckige Taufstein ist aus Sandstein und von unbedeutender Er- findung; datiert 1579. Das ebenfalls achteckige Taufbecken ist von Zinn, zeigt auf dem Bande 6 Wappen, femer eine Madonna auf dem Halbmonde, sowie

H. P

die Marken Hh SHE +, W. j- , W. Hi »Hös mit dem Stichel eingraviert

Abendmahlsgeräte: 1. eine Taufkanne von Zinn, 1728, mit Spruch auf dem Deckel und dem Namen Christina Margareta Houers. 2. Silberner Kelch, 1652, am Fuss kleine Kreuzigungsgruppe und Name des Stifters, M. Erasmus Silvester Hosling Diac. Deremb. 3. Silberner Kelch, unten ein graviertes Wappen mit einem Löwen. Am Knauf die Buchstaben IHESVS. 4. Silberne Patene, 1643, mit Marken P.P. -E.G. 5. Desgl., 1720, mit eingraviertem lorbeerbekränztera Kreuze. 6. Zinnerne Weinkanne. 7. Silberne Oblatenbüchse, 18.Jahrh., auf dem Deckel das Ijamm mit der Fahne, innerhalb Christus als Leidensmann, beides graviert [Ein kleines zinnernes Taufbecken von 1729 mit Randinschrift: Das Aug' Allein Das Wasser Siht u.s. w. und eine zinnere Weinkanne, welche beide noch 1877 vorhanden waren, sind nicht mehr nachweisbar.]

Von anderen Geräten besitzt die Kirche 2 zinnerne Altarleuchter von 1727, ein dreiftissiges I^sepult, von schwarzem Adler getragen, 18. Jahrb., Holz.

Die Kaiandkapelle neben der Unterpfarre dient jetzt in beschädigtem Zustande als Scheune; sie ist 1484 und 1524 ausgebessert Eine Kapelle des Kalands, in der Hauptsache wahrscheinlich identisch mit der jetzigen, war in Derenburg, wie urkundlich feststeht (Jacobs, in der H.-Z. 1879), schon zwischen 1295 und 1306. Ihr Patronat hatte die Stadtgemeinde von Derenburg. Bau und Erhaltung war Sache der Kaiandbrüderschaft, welche die Kapelle und einen Hof von den Grafen von ßcgenstein zu Ijchn hatte.

Die jetzige Kapelle hat eine äussere Länge von 11,84, eine Breite von 9,75 ni, und ist aus Benzingeröder Rogenstein erbaut An der Südseite sind drei spitz-

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Derenburg (Kalandkapelle Hospital [DionysiuskapoUe Burg]) 39

bogige, jetzt vermauerte Fenster ohne Gewände (Breite 1 m, Höhe 3,20 m), sowie die Spuren einer Thür. An der Ostseite ist eine gleichfalls vermauerte, 2,35 m breite Thür, der Haupteingang. Das Masswerk des Oberlichtes, von einfacher Form, ist z.T. zerbrochen, aber noch durchaus herstellbar. Die Untersuchung des Innern ist ausserordentlich erschwert durch das dort aufgehäufte Stroh. Die Wände sind mit einem sehr festen Gipsbewurf überzogen. Eine Wiederherstellung des Gebäudes wäre unschwer zu bewerkstelligen.

Die Hospitalkapelle St. Katharina. Die jetzige Kapelle ist ein Gebäude, welches 1768 an Stelle eines schlechten Fachwerkbaues errichtet wurde. Der Siechenhof wird schon 1282, die Hospitalkirche 1311 erwähnt, wo sie von den Regensteinem ausgestattet wurde ; 1322 heissen die Insassen die „guden lüde up dem velde to Demeburg, de dar heyten to dem spetale to sunte Katerinen."

Das Gebäude ist ein längliches Achteck aus Sandstein mit Walmdach und Dachreiter, auf welchem eine Wetterfahne mit der h. Katharina und der Jahres- zahl 1768. Das Innere des aus Sandstein aufgeführten Gebäudes bietet nichts Bemerkenswertes, als eine über der Thür aufgestellte kleine, mit Ölfarbe bedeckte Figur der h. Katharina, 16. Jahrhundert. Auf dem Boden befindet sich ein be- schädigter Kruzifixus mit Reliquienbehältem (14.— 15. Jahrhundert), sowie ein roh gearbeitetes kleines Kruzifix von hohem Alter. Im Dachreiter hängt eine Glocke von 0,78 m Dm., geschmückt mit der Figur Christi als Weltrichter, dar- unter die Buchstaben 8VMD. Eine Inschrift besagt, dass die Glocke 1676 von Heise Meyer in Wolfenbüttel gegossen wurde.

Das Katharinenhospital. [Das alte Gebäude, Fachwerk des 17. und 18. Jahrhunderts, ohne künstlerischen Wert ist 1896 abgerissen und durch einen Neubau ersetzt, nachdem der alte Bau durch den Maler Wolfer zu Derenburg abgebildet worden war.]

[Die Dionysiuskirche, zum Kloster S. Dionys (S. Agnes) gehörig, lag im Mittelalter auf jenem Berge, dessen entstellter Name ,, Anisberg" noch jetzt an das alte Kloster erinnert. Zu ihrer Pfarrei gehörten die Burgmannen von Deren- burg. Sie stand unter dem Patronat der Äbtissin von Gandersheim imd hatte ihrer- seits das Patronat der Kirche in Wichhusen. Ihr Vorsteher war ein Halberstädter Domkanonikus. 1304 wurde sie eine blosse Kapelle ohne Seelsorge und der Kirche in Wichhusen untergeordnet. Die Wälle des befestigt gewesenen Klostors sind nur noch an wenigen Stellen schwach erkennbar. In der Nähe gab es früher eine Quelle, die der Krankenborn genannt wurde und eine Einnahme des Dionysiusklosters bildete. Ihre Sandsteineinfassung, an welcher eine auf Johann Huss deutende Inschrift gewesen sein soll, wurde gegen 1867 beseitigt und daraus ein später abgebrannter Schweinestall erbaut]

[Die Burg (Fig. 11), östlich von der Stadt auf einem Hügel gelegen, ist völlig zerstört. Die Steine dienten als Material zu andern Bauten, u. a. zum Bau des Herrenhauses auf dem Eittergut Minsleben. Der Berchfrit, wie es sclieint in der Südostecke des Burgterrains errichtet (auf dem Plane durch einen punktierten Kreis angedeutet), stürzte 1785 ein. Die Burgstätte ist ein etwa iX) Ar grosses unregelmässiges Viereck. Die Gräben und Wälle sind noch deutlich erkennbar. Die Fundamente liegen flach unter dem Erdboden,

40

Halberstädter Landkreis: Derenburg (Stadtmauer Bath&user)

und ihr Grundriss wäre noch mit Leichtigkeit mittels einer Ausgrabung fest- zustellen. Die Ausgrabung war bereits beschlossene Sache, als sie im letzten Augenblicke, dadurch dass der Eigentümer sein bereits gegebenes Wort zurück- nahm, vereitelt wurde. Es sollen sich nach Versicherung älterer Leute dort noch wohlerhaltene mit Tonnengewölbe eingedeckte Keller befinden. Das Burg- thor war in der Stadtmauer. Das Terrain gehört jetzt dem Ackermann Bamme in Derenburg. Der beigefügte Tjageplan ist von Herrn Feldmesser Meyer in Quedlinburg aufgenommen.]

Die Stadtmauer. Ihre Reste beweisen, dass sie etwa 14C0m lang, 2,20 m dick, 3—4 m hoch und ohne Fundament aus Füll werk erbaut war. Sie ist

urkundlich 1334 zuerst er- wähnt, die in ihr befind- lichen Thore 1304. [Letzterer waren es drei (abgesehen von dem zur Burg führen- den Thor), nördlich, östlich und westlich, welche durch viereckige Türme befestigt waren. Bei dem nörd- lichen und westlichen stan- den sie daneben, der Turm des östlichen Thores erhob sich über demselben. Halbe Mauertürme (Wichhäuser) scheint es nicht gegeben zu haben. Das westliche Thor wird 1421 erwähnt Die Thore sind in diesem Jahrhundert, das letzte in den vierziger Jahren abge- rissen worden.] Der aussen um die Mauer gehende Graben ist noch z. T. er- kennbar.

Von andern Bau- lichkeiten sind vor- handen:

a) Das untere, eigentliche Rathaus, am Markte neben der Pfarrkirche, 1789 in Fachwerk gebaut, mit Walm-Mansardendach. Von Interesse ist nur, dass es auf den Fundamenten und Kellern des alten, 1769 durch Brandstiftung zerstörten Rathauses steht. [Ein Rathaus, von dem freilich zweifelhaft ist, ob es mit dem letztgenannten identisch war, wird 1425 erwähnt.]

b) Das sog. obere Rathaus, auch Ratskeller genannt, Holzschnitzbau von etwa 1560. Die Balkenköpfe sind mit Rundstäben und Hohlkehlen belebt und ruhen auf ähnlichen Konsolen. Die dazwischen angebrachten Füllhölzer zeigen einfache runde Formen. Der Bau scheint ehemals noch ein oberes Stockwerk

1:1SOO

Fig. 11.

Derenbnrg (Pmathänser Siegel Wappen)

41

gehabt zu haben. Der Yotksmuad berichtet von unter dem Gebäude befindlichen Kellern uud unterirdischen Gängen.

Das älteste Privathaus ist das im Besitz eines Fräulein Strausä befindliche Hans Halberstädter Strasse 38. Sein Untergeschoss ist aus der zweiton Hallte des 15. Jahrhunderts. Es hat ein steinernes Portal, dessen Gewände ans einfachen Rimdstäben besteht, neben denen rechts und links senkrechte Kundstabe bis zum Bande des Gewändes aufsteigen. Neben und über dem Portal sind zwei kleine gotische Fenster, deren steinerne Leibung geraden Sturz aufweist Das Ober- geschoss, Fach werk mit reichlicher BaikenTerriegelung ist vom Ende des

17. Jahrhunderts.

Femer ist von Interesse;

Die sog. Batsschäferei , ein Fachwerkbau im Typus von etwa 1560, mit Schiffskehlen und Fächerrosetten, deren Mitte auf den Standern liegt. Die Thür hat den gotischen Vorhangbogen.

Aus dem 17. Jahrhundert stammen die Häuser Halberstädter Strasse 23 und Eomstraäse 14 (mit Schiffskehlen und Schnürrollen); Kornstrasse 2 mit vier- eckigen Ausluchten; Kornstrasse 3 mit Balkenriegelwerk.

Die übrigen älteren Häuser gehören der letzten Verfallzeit des 17. und

18. Jahrhunderts an.

[Urkundlich erwähnt sind noch von Gebäuden: die Meierei 1208; eine Mühle, östlich von der Kirche, 1289 aus Gandersheimschem Besitz dem Nicoiai- kloster zu Halberstadt geschenkt; von Strassen; die Sievershäuser Strasse 1462 u. ö., die Halberstädter und die Rosenstrasse 1489 ; von Plätzen : der Kirch- hof 1334, Bleek D beim Kirchhof an der Ecke, dem Kathause gegenüber, 1462 ; ausserhalb des Ortes die Krumme Wiese, v. Britzke'sches Eigentum, 1612.J '

Das Siegel* zeigt die Schrift: s.borgensivm in demeborch um das Bild eines Stiirmigen Stadt- thores ; rechts und links über der Mauer ein Helm mit den Begenstein'schen

A^A

DasWappen derStadt (Fig. 12) ist an dem Kat- hause seitwärts angebracht. Es zeigt STürme, verbunden durch eine Mauer, die Seiten- törme mit Zinnen undSpitzen der Mittelturm,

Ü

platt, trägt auf einem Kübelhelm 2 Hirschstangen. Er hat ein halbkreisförmiges Thor und darüber 3 Fenster nebeneinander. Das an der Orgel in der Pfarrkirche angebrachte Wappen ist etwas abweichend und zeigt drei hohe Türme mit Spitz- kuppeln und Kreuzen darauf, Thoren und Fenstern; der Mittelturm mit 2 kleinen

' Vgl. R«ichstiDzeiger 1872, No. 28.

42 Halberstädter Landkreis: Derenburg (Prähistorisches Ti.derj,l.) Emersleben (Geschichte)

Türmchen auf Seitenkonsolen; zwischen den 3 Türmen Kütelhelme mit Hirsch- geweihen. Silber auf blauem Grunde.

Der in der Nähe von D. südlich belegene Bocksberg ist ein bcsondei*s er- giebiger Fundort von Umenresten und Feuersteinmessern, ebenso wie die Gegen- den von Utzleben, Godenhusen und Wichhausen. Über die 3 sog. Hüne li- ste ine (alte Grenzsteine) vergl. Stübners Denkwürdigkeiten des Fürstentums Blankenburg (1788) I, 417. Ein ähnliches Zeichen in der Nähe der Mahndorfer ehemaligen Hundertmorgenbreite war der sog. Heringsstein. Ein rohes Sand- steinkreuz ist am Wellbache bei Mahndorf zu finden. Warttürme von rechteckiger Gestalt gab es früher bei ützleben, bei Mahndorf am Landgraben und östlich von D. auf dem Hahnberge. Von diesen Türmen ist keine Spur mehr vorhanden.

Eine Privatsammlung, besondei^ von Münzen, ist im Besitze des Rentiers Herrn Schwannecke.

Emersleben

Handschriftliche Chronik von E. Die Kirchenbücher gehen bis 1697 zurück.

Amersleve 1136; Amerslove 1174; Emerstid (?) 1186; Emersleve 1289; Engrensleve (?) Anfang 14. Jahrhundert; Enegheraersleve 1332; Emerschlebe 1624.

Dorf, 7,5 km nordöstlich von Halberstadt bei der Holtemme, mit 813 Ein- wohnern (1564 37, 1589 nur 30 Hauswirte), von denen 780 evangelisch, die andern katholisch sind. Den Haupterwerb bildet die Landwirtschaft.

Archidiakonat: Halberstadt.

Geschichte: Zur Zeit seiner ersten Erwähnung 1136 hatt« der Ort schon eine längere Entwicklungszeit hinter sich, da bereits zwei Teile, das Ober- und Unterdorf (Amersleve superior und inferior) unterschieden werden. Damids be- sass laut Bestätigung durch Bischof Eudolf das Halberstädter St Paulsstift dort im Oberdorf e 16 Hufen und 8 Morgen, im Unterdorf e 3 Hufen. Anfangs des 13. Jahrhunderts standen gewisse Teile des Dorfbezirkes unter der Vogtei des -Halberstädtor Domdochanten. Zur selben Zeit war ein Zehnter von E. zwischen dem Probst von St. Bonifaz in Halberstadt und seinem Kapitel streitig. Auch das Liebfrauenstift tritt damals als Besitzer in E. auf. Das Patronat der Kirche gehörte bis 1238 dem Walthcr von E., der es damals an das Kloster St. Jacobi zu Halberstadt schenkte. Ein Pfarrer Konrad wird 1256 erwähnt, 1564 stand das Patronat beim Kloster Groningen; heute gehört es zu zwei Drittel dem Fiskus, zu ein Drittel dem Rittergute zu E. Das Schloss (castrum; dat huz to Em.) zu unbekannter Zeit begründet, und wahrscheinlich der Kern des Ortes, der sich seinetwillen wohl erst gebildet hat, hat viele Besitzer gehabt, da es, wie so viele Schlösser, als Verpfändungsobjekt gern benutzt wurde. 1253 hatte der Abt von Corvey einen Teil inne; Mitte des 13. Jahrhunderts besass das Schloss der Truchscss Johann von Alvensleben; 1261 war es im Besitze des Grafen Burchard von Querfurt; 1263 in dem des Markgrafen Johann von Branden- burg. 1305 war Graf Heinrich von Regenstein Pfandinhaber. Aus den folgenden Jahren wird berichtet, und vielleicht stimmt dies auch schon für vorausgegangene

Emersleben (Kirche) 43

Zeiten, die Burg sei ein Räubernest gewesen. Bischof Albrecht II. belagerte sie darum 1325, eroberte sie und Hess die Übelthäter hinrichten. 1332 sehen wir Burchard, Grafen von f^alkenstein, im Besitze von Burg und Dorf; beides schenkte er damals dem Halberstädter Domstift. Aber schon 1359 wurde es wieder für 30ü brandenburgische Mark an einen Arnold Stammer und dessen Sohn ver- pfändet, mit der Erlaubnis, dass diese 15 Mark daran verbauen durften. 1492, am 31. Januar, wurde Valentin von Dorstadt nach seines Vaters Tode vom Ad- ministrator Ernst mit Schloss E. samt Gericht und Recht, Landbesitz, Schoss, Wasser und Fischerei über der Ecke vor dem Hagen gegenüber Quenstedt, Weide, Holz und der Mühle vor dem Hagen belehnt. Die Familie v. Dorstadt scheint somit schon vor 1492 im Besitze des Gutes gewesen zu sein. Sie blieb es bis zu ihrem Aussterben, worauf E. in die Hände derer v. Stedem überging. Heute ist Besitzer Herr Assessor Rimpau. Als Amt ist E. immer selbständig gewesen; in seinen Verwaltungsbezirk gehören Gross- und Klein-Quenstedt

Die Kirche (St. Petri) besteht aus einem romanischen Turm und einem 1742 angebauten Schiff. Ersterer öffnet sich gegen letzteres mit einem grossen Halbkreisbogen auf Kämpfern. Ausser verschiedenen vermauerten Fenstern be- sitzt er oben vierfach gekuppelte Schallöffnungen ; die Zwischensäulen tragen ein- fache Würfelkapitäle ; die Basen haben bereits Eckblätter, die aber noch schwach entwickelt sind. Das Kirchenschiff zeigt architektonisch keine Merkwürdigkeiten. Die hölzernen Decken sind mit Ölmalereien des 18. Jahrhunderts geschmückt: in der Kirche mit der Kreuzigung (auf Holz), in der Sakristei mit der Auferstehung (auf Leinwand), in den Logen mit der Auferstehung und dem jüngsten Gericht (auf Holz). Als äusseren Schmuck besitzt das Langhaus an der nördlichen Wand über beiden Thüren je eine steinerne Figur, des h. Petrus.

Drei Glocken: 1. Dm. 1,41 m, gegossen von W. Engelcke in Halberstadt 1858. 2. Dm. 1,14 m , gegossen von Chr. Heinr. Gettwerth in Halberstadt 1822. 3. Dm. 0,82 m, gegossen von Ulrich in Laucha 1894; sie ist Umguss einer 0,77 m weiten, 1744 von C. H. Knoblauch in Halberstadt gegossenen Glocke.

Der Altar ist ein Schnitzwerk von 1742, angeblich eine Sühnestiftung einer Frau von Stedem. Daran die Figuren von Petrus und Moses.

Die Kanzel, in den Altar oben eingebaut, aber nicht zu ihm passend, intar- sierte Arbeit des 17. Jahrhunderts, jedenfalls ehemals Teil eines andern Altar- werkes.

Die geschnitzte Orgel stammt von 1750. An ihrer Brüstung befinden sich Ölmalereien: Sündenfall, Taufe Christi, Auferstehung.

Die Bogen, gleichfalls schön geschnitzt, sind 1743 errichtet.

Der Taufstein, neben welchen rechts und links je ein Engel steht, zeigt den Stil des Altars.

Eine schön geschnitzte gotische Truhe (Fig. 13) zeigt in flacher Arbeit Blatt- werk und Tiere (Hirsche, Löwen, Drachen, Greifen).

Epitaphien: 1. einer Frau, f 1582; 2. eines jungen Ritters, f 1587. Die Namen von beiden, wahrscheinlich Mitgliedern der Familie v. Dorstadt, sind von den davor stehenden, nicht zu beseitigenden Bänken verdeckt; 3. des Erasinus v. Dorstadt Figur stehend in Rüstung. 4 Wappen. Gut erhaltenes Werk des 16. Jahrhunderts. 4. Bekrönung eines Epitaphs mit Relief der Auferstehung.

44 Halberatädter Landkreis: EraerBleben (Probnfreb&nde) Gftddeclienrode (Üeachichte)

Tüchtige Arbeit vom Ende des 16. Jahrhunderts. Alle Epitaphien sind aus Sandstein.

Das Innere der Kirclie niaclit einen aussergewöhiilich pomphaften Eindruck.

Von anderen Gebäuden sind nur die auf dein Rittergute ku bemerken. Von den Baulichkeiten der alten Wasserburg sind indes nur noch ein viereckiger und ein achteckiger Turm übrig. Ein Stall ist datiert von 1595. [Urkundlich werden noch erwälmt: eine Mühle 1359, die Taverne 1465, die Küsterci 1476,

die „ostorhoften" 1504, das Wasserthor 1507.]

Göddeckenrode

O. Borchert, Göddeckenrode (OrtakUDde, berausgegeben von Hottinger, No. 4 1889). H.-Z.IV, 63. XXIII, 358. XXIV, 318.

Dorf 34,5 km nordwestlich von Halberstadt an der Ecker mit 345 Ein- wohnern (davon 15 katholisch; 1564 gab es 31, 1589 32 Einwohner).

Archidiakonat: Westerode.

Geschichte: Als zu Abbenrode gehörig wird es 1324 erwähnt 1412 kam es durch Verpfändung zusammen mit Wülperode (s. daselbst) an die von Asse- burg. 1481 hatten drei Vettern von Burgdorf dort I^ehn von Bischof Oebhard und Administrator Ernst. Im selben Jahr wird ein oberhalb des Dorfes gelegener Hohlweg erwähnt

66ddeckenrode (Geschichte, Kirche) 45

Die Kirche, welche früher unter dem Patronat des Klosters Ilsenburg, dann der Grafen von Wernigerode, darauf der Dompröbste stand, wurde 1564 und 1589 visitiert. Heute steht das Patronat zu zwei Drittel der Regierung, zu ein Drittel dem Baron von Qustedt auf Berssel zu, der es 1842 von den Erb- marschällen von Bössing übernahm.

Flurnamen: 1564: Schlaggen -, Rohr- und Hagen wiese, Salvefleck, Hanenhof, grosser und kleiner Kräng (Kramke, Krenge), die Srei Meinen.

Kirche: Über ihren 1718 geschehenen Neubau giebt eine aussen an der Kirche angebrachte Tafel Auskunft mit der Inschrift: Burchart, Huet Amtmann, Christoph Henr. Chrysander Past. Zachar. Schmid K. Vorsteher. Fr. Wolfg. Henr. Lof K. Väter H. Lampe u. Jac. Schrader Geschworne Und die ganze Gemeine. 1718. sVMptIbVs segregHs tottot CVrante ChrysanDer || HoC loVie penItVssI reparata DoMVs. Das Kirchenschiff ist mit einem im halben Zehneck geschlossenen Chor versehen und im Ganzen 17,50 m lang, 5,37 m breit Die Decke ist aus Holz gewölbt. Rechts befinden sich drei, links zwei rundbogig geschlossene Fenster. Der Turm stammt in der unteren Hälfte aus romanischer Zeit. Er beherbergt drei Glocken: 1. Die grösste hat einen Durchmesser von 0,91 m. Gegossen von Johann Wilhelm Felbinger in Halbei*stadt 1785. 2. Durchmesser 0,70 m. Gegossen von J. J. Radler in Hildesheim 1874. 3. Durchmesser 0,42 m. Ohne Schrift

Der Altar von 1720, mittelmässige Holzschnitzerei von Froböse in Hom- burg, zeigt unten die Figuren der vier Evangelisten, oben Moses und Aaron.

Die über dem Altar befindliehe Kanzel ist im gleichen Stil gehalten.

Die Orgel ist neu.

Das Taufbecken von Bronze, mit dem Spruch Lucas 18, Iß, gleichfalls neu. Ein alter romanischer Taufkessel von Kalkstein, 0,73 m hoch, 0,90 m Durchm., kreisrund, ohne Inschriften oder Bilder befindet sich in einer Scheune.

Ein sechsarmiger Kronleuchter von Messing, mit einem doppelköpfigen Adler oben darauf, stammt von 1621.

Das messingene Kollektenbecken, wohl ehemaliges Taufbecken, ist gestiftet von D. Kirhoff, 1760. Es steht auf einem geschnitzten dreifüssigen Holz- untersatze, der die Inschrift zeigt: D. K. H. 1760.

Abendmahlsgeräte: 1. ein Kelch von Messing mit breitem Knauf, unten ein kleiner Kruzifixus, 0.15 m hoch, undatiert. 2. Desgl. von Silber, am Knauf Spuren früher eingesetzter Steine und in rückläufiger Schrift SMARIA; weiter unten ein Engelskopf und die Schrift IHCVS; am Fuss eingraviertes Kreuz ohne Figur; 0,28 m hoch, 16. Jahrhundert. 3. Zu jedem Kelch gehört eine Patene von 0,12 m bezw. 0,15 m Durchmesser.

Eine gestickte Decke zeigt in Plattstich mit reichlicher Verzierung |von Silber und Gold die Anbetung der Könige vor der thronenden Madonna. Im Hintergrunde das burgartige Bethlehem. Am Bande ausser zwei Wappen viele symbolische und andere Tiere (Pelikan, Pfau, Adler, Hii*sch u. s. w.), 16. Jahrb., 1,08 m lang, 1,06 m breit. Geschenk der Frau Hofrat Hecht in Halberstadt 1776, Neuerdings ist die Decke ausgebessert worden.

46 Balberstädter Landkreis: üarsleben (Geschichte)

Harsleben

Die KicheDbücher gehen bis 1632 zurück. Altes Ratsbuch von H. H.-Z. XXII, 250fr. —Reformation und Willkür der Gemeinde Grossen -Harszleben. H.-Z. XXI, 420 ff. XXII, 297 ff. -

Hirsleve, Heresleve 1136; Herislofe 1172; Oster- Hersleve 1184; Magnum Hersleve gegen 1215; Herflove 1261; Grozzen-Hereleven 1359; Grotin Hersieven ffi96.

Die Namensforni Herslingen (vgl. Herslingstrasse, jetzt Harsleberstrasse zu Halberstadt) soll der Ort früher geführt haben, doch finde ich dafür keinen authentischen Nachweis.

Dorf 4,7 km südöstlich von Halberstadt, am Goldbach, mit 2370 Einwohnern (1564= 130, 1589 = 200 Hauswirte), wovon nur wenige Katholiken und Alt- lutheraner, alle übrigen evangelischer Konfession sind. Den Haupterwerb bildet die Landwirtschaft.

Archidiakonat : Halberstadt.

Geschichte: Harsleben, ehedem im Gegensätze zu Klein - Harsleben, welches später wüst wurde (s. Wüstungen), Gross -H. genannt, tritt urkundlich Ende des 12. Jalirhunderts zuerst auf. Die Vogtei hatten bis dahin die Brüder von Heimburg, seitdem das Domkapitel. Der Ort war Eigentum des Dom- probstes, zu dessen Amte er noch 1564 gehörte. An der Spitze der Ortsverwaltung finden wir 1205 einen Präfektus, der 1221 auch Schultetus (er hiess Ludolf) genannt wird und damals zu den Mitgliedern des bischöflichen Konsiliums gehörte. 1432 nennt sich die Ortsverwaltung: we burmestere ratlude unde de bär geraeyne des dorpes Groten- Hersleve. Von adligen Familien sind in H. nachweisbar 1480 die von Wegeleben, 1482 die von Rusteleben. Näheres über die Verfassung von H., die dort wohnenden Familien u. s. w. vgl. an den oben genannten Stellen der Harzzeitschrift.

Kirchen gab es zwei: 1. Die Kirche St. Petri in dem overwater, welche verschwunden ist und an welche nur noch die örtlichkeit Petersende heute erinnert. 2. Die noch existierende Kirche St. Simonis und Judä. Sie hatte ihre Schutzheiligen daher, dass sie von Anfang an unter dem Patronate des Probstes des denselben Heiligen geweihten Klosters zu Goslar stand und von diesem gegen den Widerstand der Harslebener Bauern behauptet wurde. Heute ist das Patronat königlich. Der Pfarrer der Kirche wird 1340 genannt. Ihr Siegel zeigte die Gestalten der beiden Schutzheiligen, die an Spruchbändern kenntlich waren und die Umschrift: . . . + willc + maioris + hersleve +.^

Flurnamen: 1463: am Seeberg; zwischen dem mulhenwege; vor der Wejgebeyn; vor dem Langenberge; legen de vlatmolen; under dem Hederslever stige; bei dem Teile wege; over den Wischeberg; in den Quenstedeschen osterlange ; an den gropeshoch; vor dem dore legen den seven kruzen by den toyngarden; in eyme stucke osterdorpes by der waterfrucht; boven den pluchsiich over den borgen; by dem holtwege; by dem garddwege ok over den bergen; tuschen den Quedlinburger wegen; am Erdberg; an dem groperhoch; 1464: goddeshuses gud (39 Morgen); Schultengud (45 Morgen); 1478: der statweg; der stein; in deme fkUho; Ditfurter weg; hinder dei' see; Wiby weg; wikstdte; am iyge; ars-

» Abbildung in der H.-Z. 1889 p.272.

Harsleben (Geschichte, Kirche) 47

kerve; schelen dal; toegebende; langenberg; Wegeleber Schlag op dem cleyge; Kreiendorfer Weg; über den Scropeshoch; über den Bergen over den Hoppendal; bei dem Stadtwege; Ostendorfer Grasweg; gegenüber der Mittelmühle; gegen der Wulfsiechte; im langen etzke; bei dem Amelsherg; auf den Ertzberg; vor der WegAenne; am henge; auf dem Langenberge; 1480: in deme waterstelle; an der wostenmarke, de geyt an den Wibyschen wech; noHersleve word; op jenne- half den negen bögen to Hersleve word jogen dat Wegelevesche slach; oppe den Rovers kamp boven deme molnhoffe; over denErtberch; oppe deme mülkenwech na dem Quedelingborgischen stige; op den wech, de na dem Ameisberg lopt; op den Welteberch; op de deypen denen in den osterlangen; in de grünt, op den Mekekdde wech osterlangen; in deme langen eschen; under deme bomewege; op beyde gartdwege osterlangen; op dem wydenbome wege, de na dem steynwege lopt;— 1481: op de sulten jegen dat grass; hinder dem hoge op den Dit- fordeschen wech op de wunne; an den osterlingen an dem wege; an der Wulffesslechte; vor dem Happendale in den Hersleven osterlangen; over den Werstedeschen wech an des domprovestes osterlangen; up dem Wiby wege in dat Frevel over den stadtwech; in dem Elvemdale op den Quelingborgeschen wech; in den lutken osterlangen op den Mekelvddeschen wech; vor dem Dom- berge op des monkes breyde; over de Domesnesse; tygen dem molenlioffe; an dem Weiteberge; an dem Ertberge; jennehalf dem Wydenborne wege; op den papenstich jegen den plokmorgen; vor deme Langenberge; 1484: Das Ober- wasser (overwater); 1495: boven styges an Bruns brede; cley; Holzveg; auf dem wynborne wech; hinter dem schelendale*; an dem henge; 1501: Käsekorb; Weiteberg; Herrenbreite; Wegelebener Schlag; Wüstemark im Wibyer Wege; Osterlangen; Halenlek; Quedlinburger Stieg; Mollenhof; Thelweg; Holney; 1503: über den Qropshog; zwischen den Kappelwegen; im Alverdale; auf dem Hollenweg nach Meckelfeldo zu; in den Osterlangen; Kemplingeweg ; vor dem Wulfesiech te ; auf demplogstig; zwischen beiden Happendalen; im lutteken Felde; im schelendal; bei dem Widenbornweg; im kleinen Happendal; bei der Land- meigerie; Amelsherg; Eddelershog; Papenstieg; Hemeckesweg; Hasel weg.

Die Kirche stammt in jetziger Gestalt, den Unterbau des Turmes und den gotischen Chor (14. Jahrhundert) ausgenommen, von 1601. Bauherr war damals Zacharias Dipp. An der Nordseite sieht man die zum Teil verstümmelte Inschrift :

IM JARE NACH CHRIST GEBVRT 1601 IST DIESES GEBEWDE DER KIRCHEN ZV BAWEN ANGEFA NGEN BEI LEBZEITEN HERN GEORG BOD ENDORFS PHAR HERN JOHAN MISCH EN ANBTMANS CHVRDT KODDING RICHTE

RS JANNI ERXSEM SCHVFEN ERS BEIDER

BVRGERMEISTERS VND HEINRICH TIES HÄRMEN KONNEKEN OLDER LVDENER ZACHERIAS BAVHER KASPER HORSIER MEVRER HAHB

Der mit einer Renaissancehaube gedeckte Turm, an der Vorderseite 7,57 m breit, zeigt östlich und westlich je zwei gekuppelte Fenster (westlich fehlen die Mittel-

48 Halberstadter Landkreis: Uarsleben (Kirche)

Säulen), nördlich und südlicb je eins. Die Kapitale sind Würfel, ohne An- schtniegung an die Süule; die Basen fehlen teils, teils sind sie neu. Das Schiff hat eine lichte Länge von 22,15 m, eine Breite von 13,70 m, wovon auf den Chor 5,19 m in der Länge, 5,74 m in der Breite kommen. Letzterer ist im halben Achteck geschlossen und uro zwei Stufen gegen das Schiff erhöht) von

Fig. »

dem er durch leinen' grossen Ourtbogen getrennt ist. Unter ihm befindet sich ein unzugängliches Gewölbe. Das Schiff besitzt eine schön geschnitzte, kassettierte Decke, die von einem starken Pfeiler getragen wird. Von diesem gehen zn weiterer Unterstützung der Decke vier elegant geformte Kopfbänder aus, die mit Schnürrollen verziert sind und zwischen denen und dem Pfeiler sich mit Fächer- rosetten geschmückte Füllhölzer befinden.

Glocken: 1. Dm. 1,56m, gegossen von J. G. Grosse in Dresden 1877, und

Harsleben (Kirche: Ausstattung Profangebäude) 49

bezeichnet mit der Nummer 882. 2. Dm. 1,10 m, mit der Minuskelumschrift: anno dm mcccccxxxvii f henning seiring (?) f ihs nazarenus rex iudeorum f ». Dm. 0,51 m, Umschrift: ANNO DOMINI 1593 . HEINRICH BORSTELMANN ZV MAGDEBURG ME FECIT. Sie soll aus Wibj stemmen.

Der Altar. [Ein Alter S. Petri und Pauli wird 1484 erwähnt.l Der jetzige Altar ist ein reich geschnitztes mit gedrehten Säulen verziertes Werk des 18. Jahrhunderts.

Die darin befindliche Kanzel mit ihren Intareiamustern gehört ursprüng- lich nicht dazu.

Die kleine Orgel ist aus dem 18. Jahrhundert.

Der Tauf stein (Fig. 14) ist ein hervorragend schönes Bildhauerwerk mit der Inschrift:

i6o2. Philippus Sigismundis dei gratia postulat^ episcopus et verdensis praeposit^ halberstad: brunswicensis et luneburgensis.

Der Kronleuchter von Messing trägt 16 Arme um eine Kugel und ist oben mit einem Adler verziert.

Altargeräte:

1. Kelch, Silber vergoldet, hoch 023 m, am sechslappigen Fusse eine Kreuzigungsgruppe. Halberstädter Beschau. Zeichen M G . IfiÖS.

2. Kelch, ebenso, Ende 17. Jahrhunderts.

3. Kelch, ebenso, Höhe 0,20 m, 1699.

4. Patene, Silber vergoldet. Beschau und Zeichen ebenso, Dm. 0,16 m.

5. Patene, Dm. 0,14 m und

6. desgl., Dm. 0,16 m. Beschau und Zeichen ebenso.

7. Oblatenschachtel von Silber, oben ein stehendes Kruzifix, 1699.

8. Löffel, Silber vergoldet, Halberstädter Beschau, 1697, Meisterzeichen H S . 1698.

9. Taufbecken von Messing, Dm. 0,46 m, in der Mitte die Darstellung der Verkündigung, ringsherum die bekannte rätselhafte Inschrift.

10. Ein zinnernes Taufbecken.

11. Eine ebensolche Kanne und

12. ebensolcher Kelch.

Von Bildwerken sind vorlianden: 1. eine geschnitzte, bemalte Kreuzigungs- gruppe, 17. Jahrhundert; 2. die Bildnisse des Kaspar Koggcl und seiner Frau (t 1720 und 1736); 3. die Bildnisse von drei Pastoren (Christian Keller, Caspar Oustedt und Philipp Sigismund Klokius). Die Sakristei enthält eine geschnitzte Supraporte des 18. Jahrhunderts und 2 Partisanen aus dem 17. Jahrhundert [Ein altertümliches Kruzifix befindet sich jetzt im nördlichen Kreuzarme des Halber- städter Domes (s. denselben).]

Epitaphien : Pastor Johann Roden, f 1689, Pastor Christian Keller, f 1716, Pastor Johann Friedrich Schneider, f 1769. Sie sind ohne künstlerischen Wert

Pro fange bau de. [Der Hof mit dem steinernen Turm 1184; die dem Domkapitel gehörige Mühle 1320; des grauen Mönches Hof 1448; der Vlothoff unterhalb Gr.-H. 1489; eine Mühle, genannt das Himmelreich, vor 1589 dem Rate zu Halberstadt gehörig; Ölmühle 1604; Schenke und Orts-

Krali HalberttAdt. 4

50 Halberstädter Landkreis: Harsleben Headelwr (Geschichte, Kirche)

gefängiiis 1607; zu erwähnen wären hier noch manche Gebäude, auch ver- schiedene Örtlichkeiten, darunter das Ostendorf, ein Teil von Harsleben und die Harslebischen Teiche. Südwestlich von Harsleben gegen die Klusberge hin be- findet sich die Stätte der sog. Altenburg. Anderes siehe unter Flurnamen. Von noch bestehenden älteren Gebäuden verdient das sog. Johanniterhaus Erwähnung wegen seiner Schnitzverzierungen, die indes ohne besondern Wert sind;' es stammt von 1567.

Heudeber

H.-Z. XXIII, 358; XXIV, 316. Die Kirchenbücher gehen bis 1647 zurück.

Hadeburun 1021; - Hathebere, Hathebero 1136; Hädeber 1194; Hade- bere 1205 und öfter; Hedhebere 1263; Heydeber 1424; Hoiber 1603; Heuber 1616; Hödeber 1697.

Dorf 14,1 km westlich von Halberstadt, mit 1200 Einwohnern fast nur evangelischer Konfession. Den Haupterwerb bildet die Landwirtschaft.

Archidiakonat : Utzleben.

Geschichte: Schon 1004 hören wir von dem Orte, 1194 von Besitzungen, welche das Kloster Ilsenburg dort hatte. Grafschaft und Gericht waren regen- steinisch, wurden aber 1343 an Wernigerode verkauft. Die Kirche, deren Patronat noch 1564 regensteinisch war, wurde 1394 dem Kloster Himmelpforten einverleibt, um dieses für die durch Graf Ulrich v. Regenstein erlittenen Ein- bussen schadlos zu halten. Von der Orts- und Kirchenobrigkeit werden 1394 der Pfarrer und die Kirchväter, 1488 die jurati et pociores rusticorum erwähnt Das Hochstift hatte in H. vielerlei Besitzungen,^ ebenso schon 1246 der Siechcn- hof in Halberstadt. 1564 hatte der Ort 50, 1589 62 Hauswirte. Die Kirche steht heute unter Patronat des Königs.

Flurnamen: 1467 by der lutteken Lake; up dem Holtweghe; over den Langhelwech; dat vischkorfelen ; teyghen den wyden; tigen dat cruce up den beken; vor dem Volcmer over; in dem Krummen lande; up den Tanstede wech; tighon dem Tanstede dore; up der Holtstede; an der Borch;^ vor dem Sakendale; up dem Balwenworde; by dem Mynsleve stighe; tighen dem suder bome by der Hymmelporter acker; up dat Dobelbrcth; 1496 up den Remeken: uppe den Mulbeke vech; upp dem Kannenfelde ; up der hostede; uppe demKillenfelde; dat Düvelinge land.

Die Kirche ist in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts neu gebaut

Bemerkenswert sind in ihr nur die 3 Glocken von 0,19 m, bezw. 1,01 m und 0,82 m Durchmesser, die aber alle modern und 1823 von H. Engelcke in Halberstadt gegossen sind.

Unter den Altargeräten befinden sich 2 Kelche von vergoldetem Silber, der eine von 1633, 0,20 m hoch, mit rundem Knauf und sechslappigem Fuss, an welchem unten ein graviertes Kreuz angebracht ist; der andere von 1697, 0,21^ m

hoch, von ähnlicher Ausstattung. Halberstädter Beschau. Meisterzeichen

* Über die Beziehungen des Domkapitels zu H. vergl. das v. Oppensche Tagebuch. ' Wahrscheinlich ist die sog. Schanzenburg gemeint.

Hendeber (ehemalige Gebäude Volkstracht)

Beides ist bei dem ersten Kelch unkenntlich, Eine silberne Oblatenbücbse mit gleicher Beschau und dem Zeichen LS. ist von 1733, die übrigen Geräte sind neu,

[Von anderen Ge- bäuden lind Hufen werden urkundlich erwähnt 1463; Sunte Andreashove, Smale hoff by der holen- strate, hoff bv dem ketken- berenbome (1475 heiast der Hot der L«ngehoff by dem Kattenherenbome ; bome ist gleich borae, wie 1520 die Bezeichnung jiixta fontem Cattorum beweist), Tanstede dor. 147Ö: DyckhOTe. 1493: die Liebfraueukapelle. - 1498 : Waterhove. 1C07 ; der Krug.] Das Pfarrhaus ist 1777 erbaut, von dem früheren existiert noch ein Keller unter einem Garten- bause.

Im Besitze des Fürst Otto-Museums zu Wernige- rode giebt es einFrauen- kostüni(fig.l5),wiesolches noch in neuerer Zeit Ton wohlhabenden Personen ge- tragen wurde. Es stammt aas dem Ende des vorigen Jahrhunderts und ist aus- gezeichnet erhalten. Es be- steht aus Haube, Taille, Schürze und Rock. Letztere drei sind aus gemustertem schwarzen Seidenatlas, strei- fenweise mit weissen seide- nen Blumen durchwirkt Der Rock ist vielfaltif^, die grosse Schürze glatt Die Taille hat zwei Kragen, der eine ist von schwarzem

52 Halberstadter Landkreis: Heudeber Hoppenstedt (Geschichte Kirche)

Seidenrips und mit Blumen von weisser Seide und Chenille bestickt, der zweite besteht aus echten Brüsseler Spitzen. Die kleine Haube ist gleichfalls von schwarzer Seide, der Boden ist von aussen mit Gold gestickt, breite, lange, schwarze Seidenbänder hängen über den Rücken hinunter.

Hoppenstedt

fl.-Z.IV, 403; XVIII, 844; XXIII, 59,280; XXIV, 321. - Die Kirchenbücher gehen biH 1695 zurück.

Hoppelinstede 1249; Hoppenstede 1310; - Hopelenstede 1317; Hop- pelenstide 1343; Hoppelstede 1360; Hoppenstidde 1391 ; Hoppenwinckel (?) 1419; Hupelstede 1480.

Dorf 29,3 km nordwestlich von Halberstadt an der Ilse mit 230 Einwohnern (1564 und 1589 29 Hauswirte). Haupterwerb Landwirtschaft.

Archidiaconat : Osterwieck.

Geschichte: Die in H. befindlichen Besitzungen des Klosters Stötterlingen- burg wurden 1343 von den Regensteinern an die Herzöge von Braunschweig ver- kauft. Bischof Ludwig von Halberstadt verpfändete H. 1363 samt Wülperode an die V. d. Gowische, Bischof Albrecht 1383 an die Familie v. Rössing; letzterer Vertrag wurde 1390, 1399 und 1412 erneuert Amtlich gehörte H. von alters her zu Wülperode; das Patronat der Kirche war 1564 Eigentum der Dompropstei zu Halberstadt und ist daher heute königlich.

Flurnamen: 1504 (zwischen H. und Westerbeck): by Spornians breiden; an Smalejans acker; benodden dem wege tho Westerbecke; vpp Hakelberges garden; vpp dem grauen; vp den wech by Tilen Wilden kulacker; vpp dat slöp tigen den Witten wech; vor der olden lantwere; vpp den knick; up dem molen- grauen by Stridden breyden; an dem graseweghe; an den Beiwinkel wech; by Hauermoses breide; in demEtichgen lande; na der lemkülen; in domLusebekes; by der Vogelsmolen ; tigen den kulmorgen in dem Hoynkendale; 1564: Gras- hof; Gras vorm Klehe ; Hakelwinckel ; kleine Mühlhope; kleine Winkel ; Barbicken Bleck; Pannenkuhl; 1589: der Sunder; vor dem Kleye; kleiner Grashof bei der Mühlen; der Hasenwinkel; die Multhopo.

Die Kirche (St. Stephan!) hat einen alten Turm, dessen unteres Geschoss aus Kalkbruchsteinen erbaut und mit Bewurf versehen ist, während das in Fach- werk ausgeführte obere Geschoss ein gewalmtes Dach trägt. Er ist aussen 5,52 ni breit," und ca. 4,70 m tief Ein Westeingang fehlt. Ins Innere der Kirche ge- langt man durch eine in einem kleinen südlichen Vorbau befindliche Thür. Das Schiff der Kirche ist im Lichten 18,10 m lang und 6,H5 m breit. Der Chor ist geradlinig geschlossen und um eine Stufe erhöht. Die Decke ist flach, der Fuss- boden besteht aus Ziegeln. In der südlichen Wand befinden sich sechs, in der nördlichen zwei Fenster, in der Chorwand nur eins, alle ohne künstlerische Be- sonderheiten.

Von den zwei Glocken hat die grössere einen Dm. von 1,03 m; sie ist 1871 durch Ulrich in Apolda gegossen. Die kleinere misst im Dm. 0,95 m und zeigt die Minuskelumschrift O rex glorie veni cum pace anno dni mcccclxxxxii : ausserdem ist sie mit einem Kruzifixus, entgegengesetzt mit dem Bilde des heil. Stephanus geschmückt.

Hoppenstedt (Kirche Profangebäude) Hornbnrg

53

Der Altar besitzt ein schönes mit reichem Masswerk verziertes Schnitz- werk vom Ende des 15. Jahrhunderts. Es ist in den siebziger Jahren unseres Jahrhunderts restauriert

St. Lau- rentitis

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Auf den oberen drei Stücken des Altarschreins steht als spätere Zuthat je ein Kreuz, davon eins mit dem Kruzifixus.

Die \ij92 geschnitzte Kanzel zeigt schöne ausdrucksvolle Blendai'kaden.

Das Gestühl hat keine Besonderheiten.

Die Orgel ist modern.

Ein in Holz geschnitzter und bemalter Taufengel ist noch im Gebrauch, flr dürfte mit dem von 1695 datierton Taufbecken von gleichem Alter sein.

Von Altarge raten sind sonst vorhanden: eine achteckige bleierne Oblatenschachtel von 1721); eine bleierne Patene; eine desgl. von vergoldetem Silber, mit eingraviertem Kreuz, Dm. 9,12 m, Frankfurter Beschau, Marke T.H. H.; zwei Kelche, zwei Kannen, eine Taufschüssel sind von Silber und modern.

Von andern Gebäuden besitzt das Dorf nur zwei aus älterer Zeit, näm- lich die Pfarre (Ende 17. Jahrhunderts) und das mit einer Inschrift versehene Haus des Gastwirtes Borchers, datiert 1694, beide ohne höheren Wert.

Homburg

Annal. Saxo, MG. SS. VI. Annal. Paliden^cs MG. SS. XVI. Gesta cpisc. Halb. - Eratb, cod. dipl. Quedlinb. Winnigstedt, Chronik. Grotc, Osterwiecker Stadtbuch. Abel, Stifts- u. Landclironik etc. Nebe, Kirchenvisltationen. Rathmann, Gesch. v. Mngdeburg, T. 1. >- Havemann, Braunschw. Landesgesch. , T. 1. Merian, Topogr. Saxon. Inf. p. 145. -•

I

Halberetadter I^ndkreis: Homburg (Geschichte)

Lenz, Halb. Hist LncuiuB, Beitr., Bd. 1. Tlieatram Europ., T. 1. Hermes u.Weigelt, Handbuch f. d, Eeg.-Be«. Magdeb. , T. II, 213. v. Mfliveretedt, H.-Z. 1870. - H.-Z. XVI, 118; XVIII, 344. Von Urkunden kommen nuBser den gedruckten auch die Ton G. Schmidt gesammelten ungedruckten dee Hochaiifu und LiebfrauenHiif(«s in Betracht.

Homberc 8. Jahrhundert; Hompergi 932; Homaburhc 994; - Horne- burch 1128; Homeburg 1147; Horabtirc 1195; Horaeborcb, Homeborg 1211; Horenberch 1217; Homebiirc um 1210—20; Horneberg 130»; - Horenbergk 1327; Homborch 1507; Horneborgk 1562. Der Name dürfte

Ao. /. Kirclu. Xn. g. Obernfarre. So. S. Balhatit. Nn. 4. VnlerpfaTTe. -Vo. S. Akt<t«K<M- lenenfabrik. Xo. 6. KnnaurTenfabHIi wen Weisel. No. 7. K. BiUhmami. l¥«gfahHk. Nn. S. POHanl. No. 9. Sehnte. Nn. 10. DntHäHC (mit den Sehtinsruinen). No. 11. HtdbentSdter Thor. Nn. lt. Pfarr- hofttKoT. No. 13. Braunachicciger Thor. No, I4. Dammthor. No, IS. Vorwerkilhor.

mit horo, abd. = Sumpf zusammenhängen. Das Stadtwappen zeigt irrtumlich ein Hom an einer Schnur hängend, auf weiss-rotem Schilde.

Stadt 34 km nordwestlich von Halberstadt mit 2902 Einwohnern (2816 evangelisch, 86 katholisch). [1654 gab es 200 Bürger, 1598 wurden 300 Haus- wirte gezählt.] Haupterwerb vorwiegend Ackerbau, der früher vorwiegend der

Homburg (Geschichte) 55

Hopfen-, jetzt der Bübenkultur gilt Ausserdem sind einige Fabriken vor- banden.

Geschichte: Die schon im 8. Jahrhundert erwähnte Stadt verdankt ihre Entstehung der Anlage der Burg, unter deren Schutz sie sich allmählich aus- breitete. Die Gründungszeit der Burg ist unbekannt. Vielleicht ist die Nach- richt richtig, dass Suidger von Bamberg, der spätere Papst Clemens II. (f 1047), in Homburg geboren sei. Die erste Zerstörung derVeste nahm Heinrich V. 1113 bei seinem Zuge gegen die aufständischen Sachsen vor. Sie muss damals sehr stark gefestigt gewesen sein, da ausdrücklich überliefert ist, dass die Zerstörung erst nach langer Belagerung möglich war. Zum zweiten und dritten Male zerstört wurde das Schloss (castrum) durch Heinrich den Löwen 1178 und 1179 wegen der für Braunschweig gefahrbringenden Nähe dieses bischöflich - halberstädtischen Stütz- punktes. Etwas dauerndes wurde damit nicht erreicht, da die Burg durch Bischof Gardolf wie4er aufgebaut wurde. Er umgab sie mit stärkeren Wällen und Mauern, baute auch dort eine der h. Maria Magdalena geweihte Kapelle. Anfang des 13. Jahrhunderts war das Schloss im Pfandbesitze des Grafen Otto V. Hadmersleben, kam dann durch Eroberung zeitweilig an Braunschweig, darauf aber an den Bischof von Halberstadt zurück. Von diesem wurde es 1334 dem Domkapitel verpfändet, 1365 vorübergehend wiedergewonnen, kam aber sogleich wieder in fremde Hände, diesmal in die des Braunschweiger Bürgermeisters Thilo vom Damme. Nach dusson Hinrichtung (1374) nimmt der Kat von Braunschweig die H. in Besitz, bis Bischof Albrecht IIL sie wieder auslöst.

Erst von dieser Zeit an ist in den Quellen auch von dem unter der H. belegenen Orte die Rede, obwohl dessen Anfänge schon früher existiert haben mögen. Wann er Stadtrecht erhalten hat, ist unbekannt. Die bischöflichen und sonstigen Vögte, welche dort walteten (im 13. Jahrhundert die von Quenstedt), regierten nur ein Dorf, eine villa, zu der noch ein befestigtes Vorwerk, das prourbium gehörte. Mochte auch das Verhältnis des Dorfes zur Burg der Nach- barschaft wegen ein unmittelbareres sein, so hatte es doch rechtlich keine andere Stellung zu ihr, als die anderen zum Burgverwaltungsbezirke gehörigen Dörfer Bhoden, Osterode, Veitheim, Zosel, Steinum (beide seitdem wüst) und der Hof zu Achim mit der Mühle. Von ihnen allen wurden Hand- und 'Spanndienste, von H. noch ausserdem der beträchtliche Zoll beansprucht. Eine selbständige Bedeutung hat der Ort, welcher noch 1451 nur als blek bezeichnet wird, damals nicht besessen; seine Schicksale folgen denen der Burg. Diese blieb nominell bischöflich und diente in wiederholten Fällen als Objekt der Ver- pfändung an das Domkapitel oder andere; so kam sie z.B. 1418 an die Gebrüder V. d. Asseburg, 1433 an den Rat zu Braunschweig, weiterhin an die Familien V, Neindorf, v. Wunstorf, v. Hoym und v. Veltheim; an letztere beiden erst, als sie vom Administrator Ernst für 6000 rheinische Gulden vorübergehend eingelöst war. Sie hatte damals bereits ihre vierte Zerstörung hinter sich, von der sie in dem Kriege betroffen wurde, welchen 1430 die Herzöge Heinrich und Wilhelm miteinander führten und der zu Ungunsten des letzteren ausschlug. Erneuerungs- bauten, besonders ein neuer Zwinger, wurden für bischöfliches Geld 1457 aus- geführt und sind wohl durch jene Zerstörung verursacht worden. Auch vom

56 Halberstädter Landkreis: Homburg (Geschichte)

Administrator Ernst wird berichtet, dass er auf der H. vielerlei Bauten ausführen liess. 1583 wurde die Burg für 4000 rheinische Gulden dem Domkapitel ver- pfändet Steinum wird in dem Vertrage nicht mehr erwähnt, mag also damals schon wüst gewesen sein, dagegen ist damals Isingerode dem Homburger Amts- bezirke angeschlossen. Als Bischof Heinrich Julius dem Domkapitel das Kloster Stötterlingenburg überliess, erhielt er die H. zurück. Noch immer und noch 1612 gab es dort die „erbare Mannschaft,'* als Überrest der Burgmannen (ca- strenses, castellani, milites de H.), welche seit dem 13. Jahrhundert öfter erwähnt werden, und welche für die Höfe, mit denen sie belehnt waren, dem jeweiligen Burgherren zu militärischem Dienste verpflichtet waren. Als Inhaber des Hauptfreigutes zu H. finden sich seit dem Ende des 15. Jahrhundorts: die v. Burgsdorf, v. Randow, v. d. Asseburg, 1650 der schwedische Oberst Hans Schäfer, 1663 der Oberstleutnant Melchior Ruck, endlich die Familie Rudolphi. Ausserdem sind 1311 die Familie v. Krebs, 1480 die v. Wrampa, 1504 die v. Ben^dnkel in H. begütert gewesen.

Die bischöflichen Vögte erlangen im Laufe der Zeit den Titel Amtshaupt- leute, als welche sie die gesamte Verwaltung und Aufsicht über die üntersassen, die „bur und borgher tho H." (1437) auszuüben hatten. Der blek hatte nur Vorständer und Ratmannen, aber keinen Bürgermeister, da er keine Stadt war, und besass somit auch kein Stadtsiegel. Ein solches existiert erst seit Mitte des 16. Jahrhunderts (H.-Z. 1870, p. 706.) Es hatte die Umschrift: SIGIL : CONSVLVM : IN : HORNEBORCH : Der Stadtschreiber wird 1589 erwähnt Der Wohlstand der Stadt scheint damals nicht gering gewesen zu sein. Über einzelne Einrich- tungen sind wir näher unterrichtet. So giebt es ein langes niederdeutsches Gedicht (im Hornburger Kirchenarchive) über die Statuten des dortigen Kalands, worin des weiteren von der Organisation dieser Gesellschaft, der Kost bei den gemeinschaftlichen Mählem, den Strafen für die Saumseligen u. s. w. die Rede ist. Über ihre Besitztümer vgl. Nebe, Kirchenvisit. p. 114ft Die Satzungen der Hornburger Schützenbiüderscliaft von 1437 enthält das Osterwiecker Stadtbuch p. 58ff. Die Schustergilde wird 1607 genannt Die Pfarre stand unter bischöf- lichem Patronat, die Kaplanei dagegen unter dem des Rates. Das zu letzterer gehörige Gebäude war zuerst auf dem Markte, später erhielt sie einen anderen Platz. Die Schule wurde 1564 von einem Schulmeister und einem Baccalaureus besorgt Den Lehrplan s. bei Nebe p. 118. Das schon 1432 erwähnte Hospital lag vor der Stadt; es hatte 1564 zwei vom Rate ernannte Vorsteher und beher- bergte 5 Arme. Von Gebäuden werden im Mittelalter genannt: 1378 eine Mühle und der Zoll, 1401 ein Vorwerk, 1437 eine Taverne, 1599 der Ratskeller und 1600 die Malzmühle.

Im dreissigjährigen Kriege ist H. ziemlich glimpflich davongekommen, wie die grosse Zahl noch erhaltener Häuser aus vorhergegangenen Zeiten beweist Gleichwohl ging es auch hier nicht ohne bedeutenden Schaden ab. Ein Schreiben des Bischofs, Erzherzogs Leopold Wilhelm, vom 16. Januar 1646 nimmt Bezug auf solchen, der durch Zerstörung des Stadthauses, der Stadtwege, des Zeughauses, der Stadtschreiberei, der Apotheke, des Weinkellers, Pfarrhauses und anderer Gebäude sowie durch Verwüstung der Kirche, Schule, des Hospitals und vieler Privathäuser geschehen sei und bewilligt daraufhin den Erlass 1. der zweitägigen

Homburg (Geschichte Kirche)

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BHANSPOFPBRMÜLLER: LBIOHAN-DIEPE-

Yon jedem Hause dem Amte zu leistenden Handarbeit, 2. des Weidegeides Tom Steinfelde, 3. des Zinses vom Ratsbrauhause und der Badstube» 4. der buleviöge.

Die Burg hatte damals wiederholt Belagerungen durchzumachen. Sie war 1625 in den Händen des Herzogs Christian von Braunschweig, postulierten Bischofs von Halberstadt, kam 1626 nach der Schlacht bei Lutter am Barenberge in die Gewalt Tillys, 1628 wurde sie von einem Hauptmann des Altringischen Regimentes kommandiert; 1630 nahmen sie die Schweden, 1623 bekam sie Pappen- heim, und von da an blieb sie bis 1639 kaiserlich, wo sie am 20. März von Bauer nach heftigem Kampfe erobert wurde. Aber schon 1641 gewannen Piccolomini und Gonzaga diesen wichtigen Stützpunkt dank der Feigheit des deshalb später enthaupteten schwedischen Kommandanten wieder. Noch einmal wechselt in den Jahren 1643 und 1644 der Besitz derVeste zwischen Schweden und Kaiserlichen. Im Januar 1645 wird sie auf Befehl Königsmarks durch den Obristen Burgdorf beschossen wie es heisst, auch vom Kirchturme aus der Obrist v. Bülow und der Major von Münchhausen schliessen sich dem Unter- nehmen an, welches, der Überlieferung nach infolge von unter der Besatzung aus- gebrochenen Streitigkeiten, | x iji'i^ v^_^ [ | >^ w ^ "^^ ^ \ ^

in wenigen Tagen den ge- wünschten Erfolg hat. Die H. wird danach zum fünften Male zerstört und hat von

da an keine Befestigungen wieder bekommen. Zwar wurde der Ort in der Folge wieder kaiserlich, kam aber im westfälischen Frieden samt dem übrigen halberstädtischen Besitze in die Hände Brandenburgs. Seitdem ist es Doraänen- amt geblieben. Das Schloss war trotz der Zerstörung noch bis zum Anfange dieses Jahrhunderts in leidlichem Zustande. Erst da sind die Gebäude auf Betreiben des Amtmanns Schlieckmann behufs Gewinnung von Steinmaterial zu dem neuen Amtswohnhause niedergerissen worden.

Jetzt ist das Gut im Besitze des Herrn von Lüdecke.

Das Wappen der Stadt (Fig. 17) ist dargestellt auf einem Steine, welcher sich am östlichen Stadtthore eingemauert vorfindet. Ein anderer dicht daneben befindlicher Stein zeigt dasselbe Wappen, jedoch ohne vertikale Teilung, dazu die Jahreszahl 1663 und den Namen B . HANS . POPPERMUELLER . B . lOHAN . DIPPE. Das Hifthorn ist hier an einer vierästigen Hirschstange aufgehängt.

Flurnamen: 1402: der Eygherd (jetzt Eichhorst) bei der Stadt; 1589: Im Hom; bei den kleinen und grossen Alerholzen; Probsteiholz; am Vastwege; auf der Bettesbeuren ; Beuke.

Die Kirche Unser IJeben Frauen. [An ihrer Stelle stand ehedem (erwähnt 1149, H.-Z. XXlV,313) nur eine Kapelle, welche dem h. Stephaniis gewidmet war, also wohl zu den ältesten Gründungen dieser Art gehört hat. Die Kirche verdankte

Fig. 17.

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Halberstädter Landkreis: Hombarg (Kirche: Baubeschreibung)

ihre Erbauung in erweiterter Gestalt dem Bischöfe Rudolph. Ein Pfarrer Gottschalk wird 1240 genannt Die Verwaltung der Kirche besorgten ausser ihm eine Anzahl von Aldermannen. In der Kirche befand sich 1490 ein Altar St. Johannis, 15CJ4 ein Frtihmessenaltar, 1589 ein Heiligkreuz-Altar, der von der Familie von der Asse- burg gestiftet war.] Der jetzige Bau, von dem hier der Grundriss (Kg. 18) mit- geteilt wird, wurde auf alten Fundamenten und mit Benutzung des Unterbaus des alten Turmes 1616 erbaut. Der Turm, über den das Langhaus nördlich und südlich um je 5,50 m hinausragt, hat eine äussere Breite von 10,63 m, eine Tiefe von 5,50 m. Die Kirche hat eine lichte Länge von 36,40 m , der Chor eine von 7,37 ra; eine lichte Breite von 19,45 m (das Mittelschiff ist 9,43 m breit, beide Seitenschiffe je 4,94 m), der Chor eine von 8,43 m. Achteckige Pfeiler (von 0,47 bezw. 0,32 m Seitenlänge) trennen die drei gleich hohen Schiffe von einander und gehen in Gurtbögen über, welche in der Mitte die Gestalt von Korbbögen,

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Fig. 18.

in den Seitenschiffen die von Spitzbögen annehmen. Demgemäss sind die zwischen ihnen befindlichen Kreuzgewölbe im Mittelschiffe flach gespannt, in den Seitenschiffen hochbusig und scharf gratig. Der Chor, unter dem sich au- geblich ein Gewölbe befindet, ist um drei Stufen erhöht und halbachteckig geschlossen. Die Sakristei (4,58 m breit, 4,64 m tief) ist mit einem flachen Kreuz- gewölbe eingedeckt. Sie ist älter als der übrige Bau.

Ein Westeingang fehlt der Kirche. Nördlich befinden sich zwei rundbogige, mit Zahnschnitten, Perlbändem u. s. w. geschmückte Thüren; südlich zwei spät- gotische, davon eine einfache und eine, deren Gewände mit Stabüberschneidungen geziert ist. Die Strebepfeiler sind neu angebaut.

Steinmetzzeichen sind wegen Verputzung und Bemalung im Innern und Äussern nicht mehr erkennbar.

Von den Fenstern sind nur erwähnenswert drei von den fünf im Chor

Homburg (Kirche: AnsstattoDg) 59

befindlichen modernen, welche ornamentale Glasmalereien aus der Anstalt von Müller -Quedlinburg aufweisen.

Glocken: 1. Dm. 1,71 m, umgegossen 1858 von Ulrich in Apolda. 2. Dm. 1,30 m, von J. G. Grosse in Dresden, 1876. 3. Dm. 1,07 m : Mc fccit C. N. KASTEN in Halberstadt: ein Chronostichon zeigt die Jahreszahl 1722 an. 4. Dm. 0,82m, mit der Inschrift: Ave Maria gra ple; 14.Jahrh. 5. Dm. 0,68 m, wie No. 1.

Der Altar, ein massiges Schnitzwerk der Benaissancezeit, zeigt in der Mitte die Kreuzigung, rechts und links Johannis d.Ev. und Andreas; oben sieht man die Auferstehung, unten in der Predella das Abendmahl. Nach einer an dem Altar angebrachten Notiz ist er 1617 auf Kosten der Witwe Elisabeth von fiandau geb. v. Werder angefertigt, weshalb am Fusse der Mittelgruppe 16 Wappen ihrer Ahnen angebracht sind. Auf Kosten einer Frau Elisabeth Maria Lappin, verheiratet mit Hans Christoph v. Schaffgotsch, ist das Werk 1660 bemalt worden.

Die Kanzel. Ein bemaltes Schnitzwerk von massigem Werte, angefertigt 1616, zeigt am Aufgang in Nischen die vier Evangelisten, oben die eherne Schlange, den ölberg, die Verkündigung, das Opfer Jsaaks; vorne vor dem öl- berge sieht man das Stifterehepaar neben dem Kruzifixe kniend; als Stütze unten dient die Gestalt des Moses. Eine Inschrift deutet an, dass Friedrich von Randau und seine Frau Ursula von KneiUingen den 20. Dezember 1616 die Kanzel gestiftet haben. Am Schalldeckel befindet sich eine grosse Anzahl von Wappen, sowie der Spruch Joh. 8: Wer von Gott ist, der höret u. s. w.

Die Orgel ist eine mit Laubwerk und Engelsfiguren sehr reich geschmückte Arbeit, welche ein Meister Froböse im 18. Jahrhundert angefertigt hat Erneuert von Rover in Haus Neinstedt.

Der Taufstein, 1581 in Sandstein gearbeitet, ist achteckig und mit 4 Wappen geschmückt; unten der Spruch „Lasset die Kindlein u. s. w." Der Deckel über dem Taufstein ist von Holz geschnitzt und bemalt und oben bekrönt von einem kleinen Rundtempel, innerhalb dessen die Taufe Christi plastisch dar- gestellt ist. Ringsum laufen 2 Sprüche; unten: „Gehet hin in alle Welt u. s. w."; oben: „Wer da glaubet u. s. w."

Das Gestühl mit seinen Blendarkaden stammt vom Anfange des 17. Jahr- hunderts. — Die von 1666 datierten Emporen sind mit den Wappen derer von Rucken, von- Campen und den Namen vieler Bürgerfamilien bezeichnet. In den Füllungen auf der Nordseite handwerksmässige, aber ornamental gut wirkende Malereien des 18. Jahrhunderts, neutestamentliche Scenen darstellend. Eine Prieche ist mit den Figuren der Kardinaltugenden geschmückt.

Der messingne Kronleuchter von 1643 hat acht grosse und acht kleine Arme in zwei Reihen über einander um eine Kugel angeordnet; oben ein Adler.

Altarge rate: I.Kelch, Silber vergoldet, Höhe 0,25 m, 17. Jahrhundert.

2. Desgl., Höhe 0,24 m, mit sechslappigem Fusse; am Knauf IHESVS.

3. Patene, Silber vergoldet, Dm. 0,18 m. 4. Desgl. modern. 5. Desgl. mit ein- graviertem Kreuze, Dm. 0,14 m. 6. Ovale, silberne Oblatenschachtel, Dm. 0,11 m. Inschrift Maria Gerdrud von Ruck. Frankfurter Beschau, Meisterzoichen HB. 7. Messingne Taufschüssel mit kleinen gepunzten Verzierungen. Dm. 0,53 m. "

Neben der Orgel hängt ein schlecht gemaltes grosses Bild des 18. Jahr-

60 HalberBtädter Landkreis: Hornbarg (Kirche: Ausstattung Profanbauten)

hunderts mit Scenen aus dem neuen Testament, darunter ein Doppelbild mit der Geburt Christi und der Anbetung der h. drei Könige.

Auf dem 2. Boden des Turmes lagern die Beste eines Schnitzaltars ^ Maria in einer Strahlenaureole auf dem Halbmonde, sowie einige Heiligenfiguren.

In der Kirche befindet sich eine der Gemeinde Isingerode gehörende Fahne von 1816.

Vor dem Chore sind drei Tafeln in die Wand gelassen. Ihre Inschriften lauten :

1. Cum strueretur hoc templum pastoratum gerebant Sebastianus Werneken et Andreas Corvinus. Anno 1615;

2. et bonis ecclesiasticis praeerant Moritz Brauns et Simon Seband; S. cum aediflcaretur hoc templum collegae scholae fverunt Andreas

Groshenning, Rector Conradus Pfaug Matthias Kravse B.

Eine steinerne kleine Tafel aus Sandstein mit zwei Wappen ist gleichfalls von 1615.

Epitaphien: a) Votivtafeln:

1. Der Familie Glander, 1600 geschnitzt; mit dem von der Familie ver- ehrten Kruzifixus; ziemlich klein.

2. Grosse Tafel des Pastors Heinrich Magius, f 1604; die Einfassungen mit bemalten und vergoldeten Schnitzereien (Säulen, Rollv^erk u. s. w.), die Füllungen mit Malereien (Bekehrung des Paulus, unten die aus 15 Personen bestehende Familie).

3. Grosse Tafel des Pastors Andreas Corvinus, f 1646. Oben mit seinem Bildnisse, unten mit der aus 13 Personen bestehenden Familie. Inschrift Wulf Ernst Lindemeyer Pinx.

4. Bildnis des Inspektors Johann Jacob Lentz, 1788.

5. Tafel der Elisabeth Fuermans, tl604; geschnitzt, Füllungen gemalt (Auf- erstehung, darunter die Frau mit Mann und Kind, den Kruzifixus anbetend).

6. Grosse Tafel des Pastors Sebastian Wernectius, f 1619. Geschnitzt, oben gemalt (Auferstehung, darunter die 10 Personen der Familie vor der Kreuzigung).

7. Tafel der beiden Frauen des Johann Mercken. Geschnitzt, oben gemalt (Kreuzigung, unten die 11 Personen der Familie). Inschrift Daniel Linden- meier Pictor.

b) Grabtiifeln:

1. Der Ilse von Randau, die als junges Mädchen dargestellt ist, f 1572. Sandstein. Gut erhalten.

2. Des Hans von Randau, 11572; stehende Figur in Rüstung. Sandstein.

3. Des Johannn von Lehate (?), f 1584; stehende Figur in Rüstung, oben zwei verstümmelte Figuren, in den Ecken vier Wappen. Sandstein.

[Ausserdem gab es in Hornburg eine nicht mehr nachweisbare Heiligegeist- kapelle, in deren Nähe sich eine ,,stede up dem watere" (1481) befand, und deren Einkommen noch 15G4 der Halbcrstädter Domdechant hatte.l

Profanbauten: 1. Das Schloss.

Von den weitläufigen und stattlichen Anlagen, welche noch die Merianische Abbildung (Fig. II) u. 20) aufweist, ist jetzt nur noch weniges Mauerwerk übrig, darunter das etwa 10 ni hohe Stück des Berchfrits, dessen innere Weite 5^ na

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Homburg (Profiinbaaten: Schloss)

und dessen M'aiiei'stiirke fast 3 m beträp:!. Um ihn zieht sich rund gestaltet ein von einer Futtermauer begrenzter Raum. Etwas ferner, südwestlich, ist eine andere Mauer, an die sich wahrscheinlich ein grösseres Gebäude anschloss, von

welchem noch Fensternischen zu seilen sind. Weiter unten am Bergabhange zeigen sieb mächtige Futtermauern mit runden Bastionen, deren eliemaliger Zinnenkranz von noch vorhandenen, einen Kundbogenfries bildenden Konsulen

Halberstädter Landkreis: Hornbarg (Frofunliauten : Pachwerkhäuset)

getragen wurde. Nach der der Stadt abgewendeten Seite der Burg ist der nicht viel höhere Berg durch einen Einaclinitt von der Burg abgetrennt [Auf der Burg befand sich eine der Madonna oder der Maria Magdalena (?) geweihte Kapelle, vielleicht identisch mit der schon 877 zu Drübeck gehörigen cella sanctae Mariae (1156; H.-Z. XXIV, 310f., 352f.) 13G0 wird dort ein Altar Corporis Christi und der lOOOÜ Jungfrauen erwähnt, der durch die Kaiandbrüder erneuert worden war und damals mit einem Hofe in Homburg beschenkt wurde, 1396 wurde ein Altar St Jakobi von Gumprecht von Wanzleben gestiftet Das Einkommen der Kapelle hatte 1564 der Domsenior.]

2. Holzbauten. Die Stadt Hornburg verdankt dem Umstände, dass sie bis vor kurzer Zeit keine Eisenbahn hatte, und dass sie, wenigstens nach dem grossen Brande im 16. Jahrhundert, von grösseren Unfällen zumeist verschont geblieben ist, eine aussergewöhnlicbo ünberührtheit. Überraschend gross ist in dieser kleinen

Stadt die Anzahl der geschnitzten Fachwerkhäuser früherer Jahriiunderte , und selbst wohl erhaltene Innenausstattungen, die anderwärts im Kreise Halberstadt zu den äussersten Seltenheiten geboren, kommen hier, wenn auch in geringer, aber dabei doch relativ grosser Zahl vor. Im übrigen sind die Merkmale des Holzbaustils, wie bei der Näbo Halberstadts erklärlich, unj^efähr dieselben wie dort. Wenn daher unten eine Aufzählung der criialten gebliebenen älteren Ge- bäude nach Stilperioden vorgenommen wird,' so geschieht dies mit genauem Be-

' Die HäuBer Bind unten und auch hier nur nach ihren Nummern, nicht nach den nur im Volkaniunde bekannten Strassen namen «ufgeführt. Wo mehrere Nummern vereinigt sind, bedeutet dies, dass sie zu demselben Uauae gehören.

Homburg (Profanbaaten: Fachwerkhäuser) 63

zug auf die bei der Besprechung der Halberstädter Bauten festzustellenden Grund- sätze. Eine zeitlich genaue Begrenzung der Perioden ist allerdings darum nicht durchzuführen, weil diese erheblich in einander übergreifen. Was die einzelnen Merkmale betrifft, so ist fürs erste wegen der angeblich allgemeinen Eigenschaft derartiger Häuser, der Yorkragung, zu sagen, dass diese zumeist dem Halber- städter Typus folgt, dass jedoch auch, wie es dort an einem Beispiel zu bemerken ist, hier in wiederholten Fällen, und zwar schon in der Blütezeit des nieder- sächsischen Stils, die Yorkragung schwach ist (bei den Häusern 31, 34, 47), teils ganz fehlt (Häuser 78—79, 254[1619], 301 [1586]). Thorfahrten giebt es in nicht geringer Menge aus älterer Zeit, jedoch sind sie fast alle heutzutage vermauert oder entstellt, und kaum geben einzelne Reste der schönen Schnitzereien (Fig. 21 u. 22), mit denen sie umsäumt waren, eine Yorstellung von ihrer ehemaligen, male- rischen Schönheit. Nur einmal ist der Sturz geradlinig (No.58), sonst herrscht das Rundbogenportal vor, auch giebt es solche, welche oben gotisierend geschweifte Formen zeigen. Das Gewände ist bisweilen nur mit flachen Kehlen belebt, zeigt aber vielfach ringsum geführte Perl- oder Diamantbänder, auch Schmuck von Rosetten und dergl. Auch Inschriften kommen vor. Die Bodenluken haben häufig die Form des gotischen Yorhangbogens. Ähnlichen Charakter zeigen bisweilen die Fenster; jedoch sind diese überwiegend nur einfach vierkantig, die alte Verbleiung und Yergitterung, sowie die Schiebefenster sind noch in grosser Anzahl vorhanden, die alten Butzenscheiben jedoch, wie es scheint, durchweg die Beute von Sammlern geworden. Erker und Ausluchten sind nicht eben selten. Ilir Charakter harmoniert natürlich mit dem des zugehörigen Gebäudes. Ausgenommen, weil eine spätere Zuthat, ist der des Hauses 23. Die Ständer sind in älterer Zeit ganz schlicht und erhalten erst in der Renaissanceperiode Verzierungen. —Die Balkenköpfe sind fast nirgends verziert ; höchstens dass sie einmal vorne abgerundet erscheinen; auch das in späterer Zeit so beliebte Merk- mal der prismatischen Zuspitzung kommt in H. kaum vor. Die Konsolen, auf welchen jene ruhen, entbehren der Mannigfaltigkeit der anderwärts angewendeten Verzierungen. Von der gotischen bis in die späte Yerfallzeit bleibt der Typus der langgestreckten, mit gezähnelten Querstreifen und dergl. belebten Konsolen, während rollenartige gamicht, oder höchstens einmal in Entartung auftreten. Die Eckkonsolen finden sich ungefähr ebenso häufig in Vereinzelung, wie in Grup- pierung zu drei gleich langen. Die Füll holz er, die Nachfolger der in gotischer Zeit zwischen den Balkenköpfen angebrachten Schutzplatten, haben in früherer Zeit keine Selbständigkeit; sie schliessen sich dem Charakter der Schwelle an. Späterhin sind sie bisweilen für sich allein verziert. Bei den Bauten des Hein- rich Dünsing (s. unten) weisen sie etwas schwerfällige Zahnschnitte auf. Bei- spiele anmutiger Blattschnitzereien giebt es in späterer Barockzeit. Die Ver- zierungen der Saumschwellen sind mannigfaltig genug. Besonders beliebt sind bis in späte Zeit Laubstäbe und Flechtbänder, bisweilen unterbrochen von ein- geschalteten kleinen Ornamenten, die auch wohl für sich allein die ganze Länge einer Schwelle einnehmen können; ferner finden sich auf den Saumschwellen fromme und weltliche Sprüche in niederdeutscher, hochdeutscher, lateinischer, ja einmal sogar griechischer Sprache ; ausserdem die Namen des Besitzers und seiner Frau, die Jahreszahl, die Hausmarke und bisweilen in später Zeit der Meister-

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Halberstädter Landkreis: Hornburg (Profanbauten: Fachwerkhäuser)

name. Hausmarken sind in nicht geringer Zahl vorhanden; in der unten folgen- den Aufzählung der Häuser sind sie sämtlich mit angegeben. Die Angabe von Meisternamen kommt erst seit dem späten 17. Jahrhundert vor. Fünf Namen sind tiberliefert: 1. Heinrich Dünsing, ein auch auf den Dörfern der Umgegend viel beschäftigt gewesener Mann. Seine Bauten zeichnen sich aus durch Grösse und eine gewisse anspruchsvolle Einfachheit. Er bedient sich ganz besonders gern des Zahnschnittmotives, w.elches er in breiter Ausführung besonders an den Füllhölzern verwendet. Auch Sprüche und Pflanzenornaraente kommen vor, ohne jedoch als Charakteristika hervorzutreten. In Homburg sind von ihm noch 9 Bauten erhalten. 2. Christoph Dünsing, ein nur einmal im Anfange des 18. Jahrhunderts in einem unbedeutenden Werke nachweisbarer Meister. 3.Henni Siedentopf (Sidentop, Seidentop); er erbaute nach der Mitte des 17. Jahrhunderts einige der noch erhaltenen Häuser, wobei er die Anwendung flach geschnitzter Ranken und Blätter (Fig. 23) liebte, die eigentümlich rundliche Formen und etwas hervortretende Ränder haben. Seine Werke sind an diesem Merkmale,

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Fig. 28.

auch wo Sie seinen Namen nicht tragen, leicht zu erkennen. Weniger bedeutend ist 4. Hans Siedentopf, der am Ende des 17. Jahrhunderts wirkte und wohl der Sohn des vorigen war. 5. Tobias Schrader, einmal 1742 vorkommend, über dessen Fähigkeiten sich nach dem einen Beispiel nicht urteilen lilsst, doch scheint er nichts Aussergewöhnliches geleistet zu haben. Zur Belebung und Unterbrechung der Saumschwellenkante dienen mit grosser Vorliebe die Schiffskehlen, welche sich seit dem 1. Drittel des 16. Jahrhunderts, zunächst nur in schwachem Relief angedeutet, einfinden, und bis in die späteste Zeit beliebt bleiben. Während der Blütezeit sind sie gern mit Schnürrollen gefüllt, die jedoch nur verhältnis- mässig selten zu der in Halberstadt zu beobachtenden vollen Schönheit gelangen, dagegen häufig, wie auch. in Osterwieck allerlei entartete Formen annehmen. In der Zeit des Verfalles werden sie schwächlich und unansehnlich, bis sie zu- letzt ganz verschwinden. Die unterhalb der Fenster gelegenen Räume bis zur Saumschwelle werden wie in Halberstadt in früherer Zeit durch dreieckige Fuss- bänder, in späterer Zeit durch eingesetzte Brüstungsplatten ausgefüllt. Bei den

Homburg (FachirerkbanteD)

Bauten der Blütezeit beschränkt sich ihr Schmuck an Schnitzereien auf wenige Votive, nämlich vorzugsweise auf die bekannten Fächerrosetten und Laubetäbe. Wo Fussbänder angewendet sind, können natürhch nur die ersteren vorkommen. Die Rosetten (Fig. 34) haben in H. im allgemeinen schöne und regelmässige Formen and halten sich hei von den in Osterwieck vorkommenden Entartungen. Gelegentlich werden die Strahlen sehr dicht gestellt und durch konzentrische Kreise gewissermassen in Perlen aufgelöst, auch die Durchbildung einer Rosette in der Art eines Eorbgeflochtes kommt vor. Wo Brüstungsplatten angewendet werden, und der Entfaltung der Rosetten damit freier Spielraum gewährt wird, gevinnen sie an Lebendigkeit. Ihre Breite ist so angenommen , dass sie sich, was jedoch selten ist und bei guten Bauten nicht vorkommt, gegenseitig fem bleiben, oder dass sie sich mit den Kanten berühren, oder endlich ineinander

übergreifen. Ihre Mittelpunkte sind meist, wiewohl auch unsymmetrische An- lagen vorkommen, auf die Mitte der Brüstungsplatte oder auf den Fusspunkt des Ständers gelegt In den Zwickeln werden bisweilen stilisierte Blätter oder dergl. angebracht; andere Verzierungen hierbei sind selten, einmal kommt eine Storchfigur vor. Für die Brüstungsplatten ist ausserdem die Ausschmückung durch Laubstäbe häufig, welche dann zumeist doppelt bis dreifach nebeneinander hinlaufen. In der Renaissancezeit verschwinden alle diese Motive und machen flachen Omamentschnitzereien Platz, die nicht seiton überaus reich und mannig- faltig entworfen sind und auch gern da angewendet werden, wo statt der Bnistungsplatten Fussbänder angebracht worden sind. Das in Halberstadt und anderwärts so verbreitete Motiv der Blendarkaden zum Schmucke der Brüstungen kommt in Homburg nur einmal vor.

Indem jetzt dazu übergegangen wird, die den einzelnen Stilperioden ange- hörigen Gebäude aufzuzählen, muss vorweg davon abgesehen werden, irgend ein

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Halberstädter Landkreis: Homburg (Fachwerkbauten)

Haus als sicher der ersten Periode angehörig zu bezeichnen. Die grosse Feuers- brunst in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts hat derartig unter ihnen aufgeräumt, dass nur ganz vereinzelte Exemplare bis in neuere Zeit sich erhielten. Heute existiert leider keins mehr davon, doch kann hier die Zeichnung eines Details (Fig. 25 u. 26) von einem solchen Hause mitgeteilt werden, welche Herr Bau- inspektor Sommer noch aufzunehmen in der Lage war. Im übrigen sind solche Häuser, welche Merkmale hohen Alters, wenn auch nicht die charakteristischen der altgotischen Zeit tragen, in geringer Zahl vorhanden. Es sind die Nummern

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Fig. 25.

Fig. 26.

25—26 (Schwelle mit Längssti-eifen) ; 45 (ebenso, die Balken durch die Ständer gezapft und davor mit Holznägeln befestigt); 121 (mit Schutzbrettern; leider ver- putzt); 296 (dieselbe Konstruktion wie 45, datiert 1508).

Der 2. Periode gehören an:

3 (1568). 4—5 (15 Fach breit; die Fächerrosetten sind gelegentlich in konzentrische Reihen von Perlen zerlegt. 1592). 8. 9 (Pächerrosetten über- greifend; Ständer z.T. verziert; mit Inschrift). 10. 18. 19—20 (die Schwelle mit Längsstreifen verziert; die Ecke mit drei gleichlangen Konsolen).

23 (1577; Erker vom Anfang des 17. Jahrhunderts).

24 (1595).

28 (die Fächerrosetten sind z. T. ineinander geschoben, z.T. voneinander entfernt, an einer Stelle dazwischen ein Storch; Reste einer Thür mit einer grossen und drei kleinen Rosetten; die Inschrift ist verwittert, aber ein Name Seb. Wer(?) noch zu erkennen).

29. 30.

32 (Schut^bretter).

Hornborg (PachwerVbanten) 67

33 (die Fäcberrosetten auf den Brüstungsplatten aneinander etossend; Schiffs- ■6hleD mit Schnürrolleo, ausserdem an der Schwelle über den Balkenköpfen und anderwärts kleine Medaillons mit Köpfchen in schwacher Zeichnung; Reste einer Thorfahrt; 1559).

34 (Kckhaus (Fig.27); Fächerrosetten ähnlieh wie bei 33, Blätter in den Zwickelo; die Ständer mit Pflanzenomamenten verziert; obere ' Schwelle mit UiibsUb, untere mit niederdeutscher Inschrift und Rollenomament ; 1563).

Fig. 27.

35 (mit doppelzeili^er lateinischer Inschrift, die durch kleine Wappen unter- brocbra ist).

37. 39 (1584).

40. 41 (Balken durch die Ständer gezapft; Schwelle mit Diamantband und schwachen Schiffskeblen).

47 (Vorkragung schwach ; Fächerrosetten dürftig verteilt ; 1589).

48 (1604).

Halberstftdter Landkreis: Honibarf; (Fachwerkbanten)

56-57 (1687). 69— «0 (Marke IVB). 76. 77 (1595).

80. 96. 124 (1616).

127 (eigentlich zwei Häuser: a) mit übergreifenden Fäcberrosetten, b) der näebsten Periode angeliörig, s. unten).

138—139. 145 (1604; Eonsolen unten wulstig, oben volutenartjg).

Homburg (Fachwerkbauten) 69

162 (Fächerrosetten; flache Scbiffskehlen; der Name des ehemaligen Be- sitzers ist mit H.S. angedeutet; die Hausmarke zeigt die Figur eines Kegels; 1541).

167. 172 173 (an der unteren Kante Rollen mit Schuppenomamenten; Inschrift; 1588).

182. 188 (die Fächerrosetten übergreifend, auf Brüstungsplatten; Schwelle mit Ijanbstab, der von kleinen Quadraten unterbrochen ist).

201. 211. 219. 242 (eigentlich zwei Häuser: a) Eckhaus; schon das Zwischengeschoss ist weit vorgekragt und ruht auf drei Säulen und drei Stein- konsolen; 1609; b) mit Fächerrosetten; 16. Jahrhundert).

245-246. 250—252 (die Schwelle mit Laubstab, die Schiffskehlen gefüllt mit geperlten Schnürrollen; die Fächerrosetten auf den Brüstungsplatten an- einander stossend; besonders schönes und reiches Werk von 1569.)

253 (Fächerrosetten auf den Fussbändem, ihre Mitte auf den Ständern; Schwelle mit schmalen Rollen und Inschrift; 1614).

256. 261. 262 (mit zwiefachem Laubstabe auf den Brüstungsplatten; die Schwelle verziert mit übereinander greifenden, sich spitzbogig schneidenden kleinen Rundbögen. Die andere Seite des Hauses zeigt auf den Brüstungsplatten im unteren Geschosse aneinander stossende, im oberen übergreifende Fächei rosetten; Schwelle mit Laubstab und niederdeutscher Lischrift; 1566).

266—267 (1590; lange Inschrift).

269. 270. 272. 276 (die Fächerrosetten, deren Mitte auf den Ständern befindlich ist, sind in verschiedener z. T. entarteter Auffassung ausgeführt; die obere Schwelle zeigt ein Flechtband, die untere einen Spruch; in der Höhe des I.Stockwerks sind vier hässliche Figuren des 18. Jahrhunderts (Holzschnitzerei und bemalt), die vier Jahreszeiten darstellend, angebracht; 1594).

277 (grosses dreistöckiges Eckhaus mit Erker und hochragendem Dache (B'ig. 29); die oberste Schwelle zeigt den Laubstab, die unteren sind ganz mit Sprüchen bedeckt; die mit Schnürrollen gefüllten Schiffskehlen sind lang- gestreckt; Ständer und Fussbänder zeigen reiche Flachornamente; die Ecken haben nur je eine Konsole; Wetterfahne mit dem Zeichen W-H; 1609).

287 (übergreifende Fächerrosetten auf Brüstungsplatten; die Schiffskehlen mit dünnen Rollen gefüllt; Schwellen mit Laubstab und lateinischer Inschrift die unterbrochen ist von kleinen Feldern mit flachen Ornamenten. Die Ständer des Untergeschosses sind auffallend breit. Oben Spuren von Vorhangbogen- fenstern. Reste einer mit einem Diamantbande umgrenzten Thorfahrt Die Haus- marke zeigt ein Hörn, ähnlich wie das Stadtwappen. 1561).

294. 295. 297—298 (anstossende Fächerrosetten auf den sehr niedrigen Brüstungsplatten ; Reste einer Thorfahrt mit Inschrift ; Hausmarke : Schere).

299 (eigentlich zwei Häuser : a) Fächerrosetten ähnlich wie vorher ; Schwelle in ornamentierte Quadrate geteilt; schwache Schiffskehlen; 1549; b) ähnlich; Schwelle mit Spruch.)

301 (Fächerrosetten; die Vorkragung fehlt; 1586).

304. 305 (doppelter Laubstab; Ecke mit drei gleichlangen Konsolen).

310 (die Thür zeigt Barockschnitzereien).

315. 323 (mit langer lateinischer Inschrift und der Hausbezeichnung Tho Hasen, mit Bezug darauf, dass die Hausmarke einen Hasen zeigt; 1567).

HHlbeTBtftdtor IdDdkreis: Hoinburg (Fachwerkbanten)

328. 329 (von 1554; mit der Inschrift; ÖEOT 4IA0NT0S MHAEN ISXTKl <1»Ö0N0S. eEOT MH Ä1Ä0NT02 MHAEN 12XTKI llONOS; ehemals seinem

gewissen Statins lUagius gehörig).

332. 335 (die Balken durch die Ständer gezapft; 1548.)

337. 338—339 (die Balkenküpfe sind abgerundet; Reste einer Thorfahrt mit ganzen Sonnen und Ferlbändern; Boden lukentbür mit Yorhangbogen ; 1569.

Auf dem Hofe befindet sich der Jndentempel und oiu noch leidlich erhaltenes Judenbad).

340. 341. 342—344 (die letzte Nummer sehr verdorben; 1560).

345 (Ecke vorspringend; 1571).

347 (jetzt sehr verdorben; Inschrift: dominus henningus grotecoerdes pastor in börsem emit atque rcfecit sibi hanc doroum anno dni 1567 tertia die Junii; Hausmarke mit Eolch, worüber ein von einem Pfeile durchschossenes Herz ; darüber die Anfangsbuchstaben des Namens H. G. C.)

Homburg (Fachwerkbauten) 71

349—360. 352 (eine der Fächerrosetten korbflechtartig; Reste einer Thorfahrt).

354 (die Unterpfarre; zweistöckiges Gebäude; die Küche befindet sich noch im alten Zustande.)

355 (mit Schutzbrettem; die Balken sind oben durch die Ständer durch- gezapft und davor mit Holznägeln befestigt; 1569).

361—362 (in den Zwickeln zwischen den Fächerrosetten befinden sich Blumen. Reste einer Thorfahrt mit Perlband.)

[Leider verschwunden ist das alte Haus No. 275 vom Jahre 1594, welches sehr reich geschnitzte Fächerrosetten, sowie eine lange deutsche Inschrift hatt«.]

Der 3. Periode gehören an:

21 (1609).

46 (Ständer und Fussbänder mit Flachschnitzereien; 1609).

58 (Ständer und Fussbänder mit Pflanzenornamenten, erste z.T. als reich geschnitzte Pilaster gebildet; Thorfahrt mit flachem Sturz; 16ü9).

61 (1604).

82 (stark geformte lange Konsolen; Schwelle mit Inschrift; Bodenluke mit Vorhangbogen. Hausmarke Zirkel und Winkelmass. Zahl in der Wetter- fahne 1651).

127 (zweite Hälfte des Hauses. Flache Schiffskehlen mit Diamantbändem. Die starke Vorkragung wird bei jedem Balken getragen von einer Konsole, vor der sich noch ein Kopfband befindet; beide sind von geschwungener Form und mit Perlbändem verziert).

254 (ohne Vorkragung; 1619).

275 (zweistöckiges Eckhaus. Ecke mit drei gleich langen Konsolen. Brüstungsplatten mit Blendarkaden einziges Beispiel in Hornburg! Obere Schwelle mit Laubstab, untere mit langem Spruch).

278 (Ständer und Fussbänder mit reichen Flachomamenten ; Haus- marke ;{;•, 1621).

293 (die Schwellen, die Ständer bis zur halben Höhe und die Fussbänder mit flachen Renaissancemustern bedeckt; die Füllhölzer zwischen den Balken- köpfen zeigen im Untergeschosse Schiffskehlen, die mit Rollen gefüllt sind, im Obergeschosse Zahnschnitte. Vorder- und Rückseite des Hausos tragen denselben reichen Schmuck; 1638).

379 (1616).

Der 4. Periode gehören an:

1. Bauten von Heinrich Dünsing: 38 (1665). 71 (1672). 165 (1651). 192 (1665).

227 (1662; Hausmarke: Semmel und Bretzel). 309 (1672). 334 (1668). 336 (1667; das Innere ist noch wohl erhalten: Küche, Diele mit Wendel-

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Homburg (Fachwerkbauten, Priratsammlnng) Isingerode 73

177 (ohne Jahreszahl). 181 (16Ö3).

4. von Hans Siedentopf: . 112—113 (1688).

204 (ohne Datum).

230 (1671).

255 (ohne Datum).

5. von Tobias Schrader:

233 (1742).

6. von unbekannten Meistern:

a) 17. Jahrhundert. 31 (schwache Vorkragung).

96 (Ständer z.T. mit Perlen geziert. 176 (1696). 185.

234 (1687).

271 (schwache Schiffskehlen mit Bollen).

279 (ähnUch).

281 (ähnlich; 1650).

351 (1663; mit Spruch).

366. 367.

b) 18. Jahrhundert.

22. 34. 52. 53. 54. 75. 78-79 (Ohne Vorkragung, flach angedeutete Schiffskehlen).

86. 87. 89. 90. 94 (Mit reich geschnitzten Füllhölzern).

102 (mit Rococothür; 1717).

103 (1713).

108b (1718). 128. 136. 152. 153.

170 (Rococokartouche über der Thür). 171. 178 (1675). 179. 183 (1728). 186 (1700). 190 (1786). 191 (1700). 196 (1700). 198. 203. 207. 210. 214. 215. 220. 228. 247. 288. 289. 290. 307(1716)- 330(1734). 333(1719). 348 (1726). 363 (17(«). 371 (1719).

Wegen Verputzungen, Verschalungen und anderer Entstellungen sind fol- gende offenbar alte Gebäude keiner bestimmten Periode zuzuteilen: 2. 49—50. 85. 109. 134. 135. 217. 300. 303. 313. 331. 377.

Bemerkenswert ist inHomburg die Privatsammlung des Dr. med. Barner, welche sich auszeichnet durch vortreffliche Stücke der neolitischen und späteren prähistorischen Perioden, schöne Majolikakrüge des vorigen Jahrhunderts und andere Erzeugnisse älteren Hausgewerbes.

Isingerode

H.-Z.VI, 153 f., 444; XVHI, 344; XXIII, 280; XXIV, 318.

Isingerod 1214; Eisenrode 1564.

Dorf 35,9 km nordwestlich von Halberstadt, an der Ecker, hatte 1564 etwa 8 Hauswirte, jetzt 135 Einwohner evangelischer Konfession, die sich vorzugsweise von Landwirtschaft nähren.

74 HalberstMter Landkreis: Isingerode Langenstein (Geschichte)

Archidiakonat: Westerode.

Ein Zehnter gehörte seit 1214 dem Bonifaciusstift zu Halberstadt, einen anderen hatten 1481 die drei Vettern von Burgdorf vom Bischof Gebhard und Administrator Ernst zu Lehn.

Flurname: 1589 : die Suthwiese.

I. ist in Homburg eingepfarrt.

Auf dem sog. Orangenberge befindet sich ein alter Ringwall.

Langenstein

Lucanus, Beiträge zur Gesch. des Fürstentums Halb. Akten des Gutsarchivs. Haiberstädter Intelligenzblatt 1823 p. 10. H.-Z. IIa, 150; IV, 124,377; VII, 300, 388; XII, 145; XV, 240; XXIV, 201,284. Die Kirchenbücher gehen bis 1618 zurück.

Dorf 6,5 km südsüdwestlich von Halberstadt am Goldbach mit 1376 Ein- wohnern evangelischer Konfession, deren Haupterwerb die Landwirtschaft ist 1589: 42 Hauswirte, 1793: 800 Seelen.

Archidiakonat: Halberstadt.

Geschichte: Das Dorf Langenstein (Laghenstein 1272) verdankt seine Entstehung vermutlich dem darüber befindlichen, bischöflichen Schlosse, welches 1151 von Bischof Ulrich erbaut wurde. Es diente als Kastell gegen die An- griffe Heinrichs des Löwen. Über die weiteren Schicksale des Schlosses siehe unten. 1311 heisst L. villa, 1359 stat. Die Kommende Langein hatte in L. Besitzungen, ebenso im 14. Jahrhundert die Familie v. Dorstadt ein Burg- lehen. (H.-Z. in, 441 ; XI, 478 f.) Öfters dienten Ort und Schloss als Pfand- objekt, so 1316i als es sich für das Hochstift darum handelte, Stadt und Schloss Wegeleben vom Erzbischof Burchard III. von Magdeburg zu erwerben. Das Domkapitel, welchem es gemeinsam mit dem Bischof gehörte, löste es mit nicht unbedeutenden Opfern wieder ein. 1390 versprach Bischof Ernst in seiner Wahlkapitulation, das Schloss nicht in andere Hände gelangen zu lassen. Aber 1434 verpfändete es Bischof Johann an Otto von Rustleben, welcher auch bald darnach die Erlaubnis bekam, dort bauliche Verbesserungen bis zum Werte von 400 rlioinischen Gulden auszuführen. 1483 gelangte es aus dem Besitze des Administrators Ernst in den des Domherrn Balthasar von Neuenstadt und wurde 1410 an Anton von Werterd weiter verschrieben. Den Scboss aus der Vogtei empfing der Bischof. Nach einem Brande vor dem Juni 1500 wurde L. am 1. Mai 1516 für 2755 rheinische Gulden 4 Schilling 2 Pfennige und 10 alte Groschen an Valentin von Sunthausen verpfändet. Nachdem es 1561 wieder eingelöst worden war, kam es 1562 durch Bischof Sigismund an Ludolf von Alvensleben, dessen Familie es noch 1604 besass (Wohlbrück, Gesch. Nachr. vom Geschlecht von Alvensleben). 1662 verkaufte das Domkapitel L. an den Obristen V. d. Planitz. 1742 wurde es an Prinz Heinrich Ludwig von Preussen verkauft; bald nach jener Zeit war es, wo der hinter der alten Burg befindliche Marmor zuerst zur Verwendung kam. Im März 1776 kam L. in Besitz der Frau Marie Antoinette von Branconi, geb. v. Eisner zu Berlin (f 1793), bekannt durch ihre Beziehungen zu Goethe. Aus dem Besitz der Branconischen Familie kam das Bittergut L. 1828 an die Familie Reinicke, 1855 an die Familie Bimpau, in deren

Isingerode LaDgenstein (alte Kirche)

76

Besitz es noch ist. Seit 1873 hat die Halberstadt^BIankenburger Bahn hier eine Station.

Flurnamen: 1536: Hopfdherg; Kyfholz; Boltzenheide ; Haymkergrund; Kyffteich; Brockenstidemarck; Vosholem; Domeberg; 1584: Fuüsack; 1589: Grundberg; der Berg Scheifebreide; 1732: Brückwegsbreite; Jaköbsbreite; Kamp; Lange tläch; Schlossbreite; 1743: Der grosse, mittlere und kleine Stand am Tonnigsberge; HcLSsdhoU; grosser und kleiner Hasen winkel; der Hang; 1796: Aniskopf; Boknenbreite; am Lötveken, Von Grenzsteinen in der Gegend des Hoppelberges und Goldbaches, auf Veranlassung des Bischofs Albrecht auf- gestellt, ist 1311 die Bede.

Kirche. [Sie ist zuerst 1180 erwähnt, als Bischof Dietrich für ihren Wiederaufbau sorgte. Patronin war die Jungfrau Maria. Der beigefügte Grund- riss (Fig. 31), welchen ich, wie auch die übrigen Abbildungen aus der alten Kirche, der Liebenswürdigkeit des Herzoglichen Baurats Brinckniann zu Braunschweig verdanke, der sie noch während des Abbruches 1888 aufzu- nehmen imstande war, zeigt, dass die alte Kirche aus zwei Hauptteilen bestand,

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Fig. 31.

dem älterenlMittelschiff nebst Turmbau (letzterer offenbar noch älter) und dem im halben Achteck geschlossenen Chor, der merkwürdigerweise östlich nicht mit einer Wandfläche, sondern mit einem Winkel endigte. An diesen jüngeren Bau schlössen sich nördlich und südlich unsymmetrisch angebaute viereckige Räume an, der nördliche als Sakristei, der südliche als Grabgewölbe benutzt. Im Innern enthielt sie im 16. Jahrhundert eingesetzte geschnitzte Holzteile, von denen nebenstehend ein paar Proben (Fig. 32) abgebildet sind. Abbildungen, welche besonders den romanischen , mit einem Renaissancehelm bedeckten Turm zeigen, befinden sich im Besitze des Amtsrats Dr. Rimpau zu L. (Sepiazeichnung), sowie des Fräulein Friederich zu Wernigerode. Damach ?a schUessQU wich seine Gestalt nicht von der sonst im Kreise typischen ab.]

76

Halberst&dter Landkreis: Lan^renstein (neue Kirche)

Die seit 1888 neugebaute Kirche.

Der Altar zeigt den häufigen Typus mit geschnitzten Figuren und ge- drehten Säulen entsprechend dem Stil vom Anfang des 18. Jahrhunderts.

Die Kanzel entspricht der Art des Altars.

Die Orgel ist neu, aber unter Yerwendung alten Scboitzwerks im Stil des Altars gearbeitet

Glocken: 1. Dm, 1,01m, gegossen von W. Engelcke in Halberstadt 18&4; 2. Dm. 0,80 m; 3. Dm. 0,68 m; 4. die unerreichbare, in einem kleinen Erker seit- wärts am Turm hängende Stundenglocke, alle drei 1888 von G. A. Jauer in Leipzig gegossen. [Vordem gab es auf dem Turm der alten Kirche ausser der unter No. 1 genannten eine sehr alte kleine Glocke von 0/4 m Durchmesser; ihreVer-

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zierung bestand in netzförmig über Eck gezogenen Bändern mit folgendem Profil: ßiMä über den ganzen Mantel herab. Sie ist 1888 eingeschmolzen worden.]

Ein Gobelin, der innerhalb eines Frucht- und Blumenrahmens Christas darstellt, welcher die Kinder zu sich kommen lässt; vom Ende des tö-Jabi'' hunderte, diente ehemals als Taufkesseldecke und ist jetzt auf einen Holzrabmen gespannt, in der Kirche aufgehängt.

Von Altargeräten sind vorbanden ein silberner, vergoldeter Kelch, 1705l ein kleinerer Kelch desgl. mit sechslappigem Fuss von 1711, Haiberstädter Be-

Langenstein (neue Kirche alte Burg) 77

schau, Meisterzeichen TT; eine desgl. Kanne 1736 mit Halberstädter Beschau und Meisterzeichen IKB; eine silberne Oblatenschachtel mit Meisterzeichen LS; ein kleiner silberner Löffel; zwei kleine Patenen, Silber vergoldet. Die Tauf- schale ist modern.

In der Kirche befindet sich das Wappen des Georg Heinrich, Edler von der Planitz, Obrist zu Boss und kurfürstlich brandenburgischer Hauptmann des Amtes Wulperode 1611—1662. Ringsherum sieht man sechzehn andere Wappen nebst militärischen Insignien. Über der Thür zur Sakristei ist ebenfalls ein Wappen mit der Schrift darunter „Rudolf August, Edler von der Planitz, Kgl. Preuss. Geheimber Rath, Direktor der Halberstädt. Kriegs u. Domainen Cammer, Senior u. Portenarius der hohen Stifts Kirche in Halberst. Ambts Hauptmann zu Homburg, Wulperode u. Stötterlingenburg, des löblichen Johanniter Ordens Bitter, Probst zu Walbeck, Erbherr auf Langenstein." Das Wappen daneben ge- hörte laut Inschrift der „Henriette Sibille Edle v. d. Planitz, gebohrene Metsch," beide gestorben vor 1731.

Epitaphien. [Ein altes, schon zu Winnigstädts Zeiten fast unleserliches Epitaph in der Kirche wurde als das des Bischofs Friedrich (f 1231) angesehen. Beim Abbruch der Kirche fand sich keine Spur davon.] Ausserhalb an der Kirchenmauer ist das gemeinsame Epitaph zweier lö88 un& 89 gestorbenen Kinder von Alvensleben. Daneben ein Kriegerepitaph von 1815. Seitwärts steht ein Epitaph des 18. Jahrhunderts mit Kruzifixus und unleserlicher Inschrift.

Die Burg (Kg. 33) : 1 151 erbaut, jetzt Altenburg genannt, war ein häufiger Aufenthalt der halberstädter Bischöfe, sowohl im Sommer als auch im Winter. Eine grosse Menge von Urkunden sind dort ausgestellt worden. Ganz besonders von Bischof Friedrich, der in der alten Kirche auch beigesetzt gewesen sein soll. Nach der zweimaligen Zerstörung durch Heinrich den Löwen 1166 und 1177 wurde es durch Bischof Dietrich 1178 wieder erbaut, auch vom Bischof 6ardulf.ll93 und 95 restauriert. Die Burgmannen (Castellani) werden als Urkundenzeugen oft erwähnt. Dort wurde auch der von Bischof Ludolf I. ge- fangene Markgraf von Brandenburg in Gewahrsam gehalten. Graf Burchhard von Mansfeld eroberte das Schloss 1317 bei seiner Fehde gegen den Bischof Albrecht I. In der Folge wurde es Gegenburg der Regensteiner bis gegen 1363. Nach der Wiedererwerbung besserte Bischof Ludwig die Burg in bedeutendem Umfange wieder aus, wobei das Domkapitel und der Rat von Halberstadt bedeu- tende Gelder beisteuern mussten, denn das Schloss war so verfallen, dass es fast nicht mehr benutzbar war. Bei den vielfachen Verpfändungen wurde dafür gesorgt, den Pfandinhabem die Instandhaltung des Schlosses, seine Fenster, Thüren, Dächer, Wände, Brücken u. s. w. aufzubürden. Von Bestandteilen, welche dieses „hfis" zu Langenstein aufwies, werden genannt : eine Kapelle, deren Kaplan zugleich Pfarrer der Dorfkirche war (1263); der Turm am niedersten Thore der Burg (1420); eine „Domse,'* zu deren Bau, 1490, sechzehn Gulden ausgeworfen wurden; das Burgthor (1684); 1507 waren für den Neubau einiger Gebäude im Schloss und des abgebrannten Vorwerks 650 rheinische Gulden erforderlich. Nach den Zeiten des Bauernkrieges verfiel das Schloss, scheint aber noch in benutzbarem Zustande gewesen zu sein, bis es 1644 von den Schweden ge- plündert wurde. Sein völliger Abbruch erfolgte 1653. Heutzutage ist von den

78

Halberstädter Landkreis: Langenstein (alte Burg)

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Tiefer Ein^hnitt

Langenstein (alte Borg Schloss Obelisk) 79

Gebäuden nichts mehr vorhanden mit Ausnahme eines spärlichen Bestes eines Turms am Westende.

Der Felsenrticken, auf welchem die alte Burg stand, ist eine Sandstein- masse, die sich weiter östlich zum sog. Hoppelberge erhebt. Die nördliche Seite , des Felsenrückens fällt ungleich steiler ab als die südliche, weshalb die letztere an einigen Stellen Mauern zu weiterer Befestigung erhielt und von einem Graben I umgeben wurde, der sich westlich um die Burgherumzieht und sich an den steilen, I nördlichen Hängen verliert Er ist nur teilweise in den Felsen eingehauen, I überall aber wo dies nicht sichtbar ist, als tief eingeschnittene Bodensenkung kenntlich. Die Beschaffenheit des Felsrückens, dessen bedeutendste Höhe im I Osten liegt, mit seinen steilen von Klippen durchzogenen Hängen erschwert eine freie Bewegung ausserordentlich. Mehrere tiefe Quereinschnitte gaben bei einem ! Kampfe um die Burg wirksame Abschlüsse her. Gemäss den dadurch gebildeten I drei Haupterhebungen kann man die Burg in eine Yorburg, Mittelburg und Hauptburg einteilen. Zwei Zugangswege giebt es, einen von Westen her an der Nordseite, tief eingeschnitten und mit Spuren von Wagengleisen, den andern im Osten an der Südseite, den sog. Eselstieg. ^ Zu den Räumlichkeiten der Burg ehemals gehörig, aber jedenfalls wenigstens zum Teil von viel höherem Alter als diese, sind die vielen in den Felsen gearbeiteten Höhlen. Sie dienten bis vor nicht zu langer Zeit als durchaus gesunde menschliche Wohnungen, eine von ihnen noch heute. Der Orundriss dieser Höhlenwohnungen ist bei den meisten derselbe, ein Quadrat von etwa IG m Seitenlänge, in der Mitte ein viereckiger, stehengelassener Pfeiler, von dem aus der Raum durch eingeschaltete Holzwände verschiedenartig eingeteilt werden konnte.' Ähnliche Aushöhlungen befinden sich in der Gegend, soweit das Gebiet des Sandsteins reicht, noch vielfach, am Schäferberge nördlich von L., in der Klus südlich von Halberstadt, am bedeutend- sten auf dem Regenstein.

Das jetzt dem Herrn Amtsrat Dr. Rimpau gehörige Schloss zeigt über der Haupteingangspforte das Branconische Wappen. Der Bau ist 1777 begonnen worden. Er beherbergt als besondere Kostbarkeit eine etwa 150 Nummern zählende Gemäldegalerie, welche schon von der Frau v.Branconi angelegt und allmählich bereichert worden ist. Besonders bedeutend sind: ein Familienbild, dem J. van Bylaert zugeschrieben und eine Liandschaft von Charles Molyn.

Im Schlosspark steht ein Obelisk, errichtet 1730 durch Johann Georg und Otto Heinrich v. d. Planitz, neuerdings wiederhergestellt auf Veranlassung des Dr. Rimpau. Er zeigt südlich die Inschrift :

J. G. O. H. N. A. P.

d.h. Johannes Georgius, Otto Henricus, Nobilis A Planitz; östlich einen ver- schnörkelten Namenszug, der dieselben Buchstaben enthält mit einer Krone, west-

* Der bischöfliche Meier in Halberstadt war verpflichtet, behufe regelmässiger Beförde- nmg von Wasser und Holz nach der Burg, zwei Esel zu liefern (Nachricht von 1490). Der Name Eselstieg findet sich übrigens auch anderwärts, so in Wehrstedt.

' Der beigef&gte Grundriss ist von Herrn Amtsrat Dr. W. Rimpau auf Langenstein auf- genommen und mir gütigst zur Verfügung gestellt worden.

80 Halberstädter Landkreis: Langenstein Lüttgenrode Mahndorf

lieb die Inschrift: Hunc obeliscum posuerunt filii; nördlich: £ palude hortus sumtu patris.

[Von andern Gebäuden früherer Zeit im Dorfe wird erwälint die Ta- beme 1483 und die Mühle 1490, beide in bischöflichem Besitz.]

Lüttgenrode

H.-Z. XXI, 146.

Vgl. Stötterlingenburg.

Luthingerode 1249; Luttekenrod 1272; Luttekenrodh 1297; parvum novale 1303; Lutteken Rodhe 1343; - Lutken Rohde 1536.

Dorf 27,7 km westnordwestlich von Halberstadt, an einem unterhalb Stötter- lingen in die Ilse mündenden Bache; mit Stötterlingenburg zusammen 656 Einwohner evangelischer Konfession. Den Haupterwerb bildet die Land- wirtschaft

Archidiakonat: Osterwieck.

Geschichte: Gehörte bis 1144 als braimschweigisches Lehngut dem Ritter Everd v. Langein, wurde aber in diesem Jahr von ihm dem Kloster Stötterlingen- burg für 36 rh. Gulden verpfändet. Im Besitze des Klosters blieb es auch fernerhin. Die Gerichtsbarkeit gehörte dem Hochstift Halberstadt.

[Von der ehemaligen Kirche zu L. wissen wir weiter nichts, als dass sie unter dem Patronat des Klosters stand, auch von ihm in genügendem baulichen Zustand gehalten wurde. Da aber 1689 das neu gebaute Pfarrhaus auf dem Kloster war, so gingen die Leute damals auch daselbst zur Kirche.

Im Übrigen wird erwähnt ein Hof mit einer grossen Tanne 1461, eine Mühle 1697, ein Gehölz 1341, ein Teich i486.] Gegenwärtig bietet der Ort nichts archäologisch Interessantes.

Mahndorf

Manendorp 1200, 1222; Mammendorp 1250. (H.-Z.nc,90; XXIV, 208.)

Rittergut 6 km westsüdwestlich von Halberstadt

Archidiakonat: Halberstadi

Geschichte: Gehörig dem Herrn v. Wulffen. Früher königliche Domäne. Jetzt politisch und kirchlich zu Ströbeck gehörig. 1084 wird Beffen-Mandorp und Biscopa - Mandorp unterschieden. Damals ein unter regensteinischer Vogtei stehendes Dorf. Die Kirche war zuerst der von Ergstedt (s. Wüstungen) untergeordnet, seit 1222 eximiert. Der Pfarrer wird 1369 erwähnt Der Kirchturm 1413. Ein anderer Turm 1448. 1603 liess der Domdechant Matth. V. Oppen die Wappen der Domherrn an einem der Gebäude anbringen. 1615 ist es Vorwerk. Ein Neubau daselbst 1618 scheint hauptsächlich die Stallgebäude betroffen zu haben, jedoch stammt vielleicht auch der an dem Kontorgebäude befindliche Best eines rundbogigen Steinportals von jenem Jahre her. Die heutigen Gutsgebäude sind durchweg modern.

Mulmke Osterode

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Mulmke

Harazeitschr. II,c.84; III, 225, 239, 1024; IV, 381 u,8. w.

Mulembeke 1144—45; Mulbikel208; Mulbekel303 und öfter; Mul- bici 1303; Molbecke 1314; - Mulbeck 1510; - Molraeck 1519; Molbegk Ende 16. Jahrhunderts; Mulpke 1589; Mülpke 1590; Moimcken 1599.

Königl. Domäne 14,3 km westlich von Halberstadt. 454 ha gross.

Archidlakonat : Dardesheim.

Geschichte: M. war ehemals ein Dorf und wird als solches noch 1351 erwähnt Ton dem Pfarrer hören wir 1281. Anfang des 16. Jahrhunderts aber war es ein blosses Vorwerk. Das Michaeliskloster in Lüneburg hatte dort be- deutenden Besitz, der ihm 1011 vom Herzog Bernhard von Sachsen geschenkt war; 1212 gab es einen grossen Teil davon an das Kloster Ilsenburg ab. (Über die Beziehungen zu diesem Kloster siehe Usenb. U.-B. II, 391.) 1336 erwarb das Johanniskloster bei Halberstadt dort eine Hufe und einen Hof käuflich von den Brüdern Ludolf und Anno von Hasserode, die beides bis dahin von dem Michaels- kloster in Lüneburg zu Lehen gehabt hatten; andere Besitzungen erwarb es von einem gewissen Willekin Herkstorp im gleichen Jahr. Grafschaft und Gericht waren bis 1343, wo sie an Wernigerode übergingen, regensteinisch. Schon 1368 stand der Ort unter dem Domkapitel in Halberstadt, dem es endlich 1599 von Herzog Heinrich Julius geschenkt wurde. M. war Sitz eines der domkapitularischen Hauptamtsbezirke. Seit 1872 ist das Gut im Besitz des Amtsrats Schröder und ist in Heudeber eingepfarrt, hat aber im übrigen seine eigene Verwaltung.

Flurnamen: 1460: eine Wiese tigen dem Hartesper by der Helle; dat Ditmersland.

Einige der Gutsgebäude sind älteren Datums und stammen vom Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts. Ein Thor von 1674 ist durchaus schmuck- los. Bemerkenswert ist ein alter Turm von romanischer Form mit hölzernem Obergeschoss, in welchem eine nicht erreichbare mittelgrosse Glocke hängt Der Turm scheint in seinem untern Teile der Rest des alten Dorfkirchturms zu sein. An zwei Hauswänden befinden sich Reihen von Wappen, wie man sie auf den Gütern des Domkapitels häufig sieht (vergl. besonders Zilly). Die eine Reihe hat 11 Wappen: Stechau, Kannenberg, Neindorf, Weers zu Lochenhem, Rössing, Asseburg, Planitz, Westpfaln, Ledebur, Münchhausen und des Johann Heinrich Reiche, der 1707 Amtmann zu Zilly und Mulmke war. Die andere Reihe be- steht aus 13 kleineren Wappen und ist augenscheinlich älter als die erste. Die Wappen gehören z. T. denselben Familien an wie die vorigen. Beischriften fehlen. [Vielleicht ist dies jene Wappenreihe, welche nach eigener Versicherung der Domdechant Matth. v. Oppen 1603 anbringen liess. Fast zur selben Zeit werden ein Brauhaus und ein neuer Brunnen, auch ein neu angelegter Hopfen- garten erwähnt.]

Osterode

über den Kaland zu O. Halb, gemeinnütz. Unterb. 1801, 146 f. H.-Z. V, 33. Die Kirchenbücher gehen bis in die sechziger Jahre des 17. Jahrhunderts zurück.

Osterrode 1136; Hosterrode 1298. So genannt nach der Himmelsrichtung im Verhältnis zu der Wüstung Westerode.

Krab HalUntadt. 6

82 Halberstädter Lindkreis: Osterode

Dorf, 30,6 kra nordwestlich von Halberstadt mit 470 evangelischen Ein- wohnern (1564 gab es 38 Hauswirte, 1589 deren 40), welche von Liandwirtschaft und Steinbrucharbeit leben.

Archidiakonat : Westerode.

Geschichte: Da der Ort im Mittelalter castrum genannt wird (Annal. Palid. MG. SS XVI, 87), so scheint er Befestigungen besessen zu haben, von denen indes nichts mehr nachweisbar ist Die Kirche stand bis 1232 unter dem Patronate der Grafen von Altenhausen, von da an unter dem des halberstädter Johannisstiftes. Dies Verhältnis wurde noch bei der Visitation 1564 vorgefunden, nachdem die Reformation zu einer nicht festzustellenden Zeit eingeführt worden

war. Heute ist das Fatronat königlich. Amtlich hat 0. seit mittelalterlichen Zeiten zu Homhurg gehört.

Die Kirche (St. Petri oder St Petri und Pauli) stammt aus verschiedenen Bau- zeiten. An einen älteren Turm schliesst sich ein neueres Schiff (17,70X6,40 m im j^$ an dcrTUwwks xJf^rr Lichten) in dessen Südmauer aussen ein,

Fig. 84. jedenfalls von der älteren Kirche stammender

Stein (Fig. 34) eingelassen ist, der die Jahreszahl 1490 trägt [Jene Kirche soll an der Stelle gestanden haben, wo sich jetzt die Schule befindet Ebendort sollen die Reste eines Turmes gefunden worden sein.] Die Decke ist ein höl- zernes Tonnengewölbe.

Die beiden Glocken haben 0,97 bezw, 0,54 m Dm. Die grössere ist 1876 von J. G. Grosse in Dresden gegossen, auf den Ton G. gestimmt und trägt die Nummer 826. Die kleinere, etwas schlanke hat die Minuskelinschrift help ihesvs vnde maria anno dni mccccxc

Der Altar, in welchen oben die Kanzel eingebaut ist, zeigt Schnitzereien des 18. Jahrhunderts. Zwei spärliche Reste eines grösseren Altarblattes, darstellend die Kreuztragung, sowie eine Volks- und ßeitergruppe neben dem (nicht mehr vorhandenen) Kreuze befinden sich in der Turmhalle. Sie sind übertüncht, aber sonst noch ziemlich erhalten, obwohl sie vom Wurmfrass gelitten haben. Die dem Anfange des 16. Jahrhunderts angehörige Arbeit zeugt von einer tüchtigen Künstlerschaft

Taufstein, Orgel und Altarleuchter sind modern. Ein geschnitzter Taufengel (18. Jahrhundert) ist noch vorhanden, aber nicht mehr im Gebrauch.

Als Schmuckstück besitzt die Kirche einen grossen, geschnitzten Kruzi- fix us von modemer, nicht übler Ausführung.

Von Altargeräten sind vorhanden: 1. ein Kelch, 0,18 m hoch, von ver- goldetem Silber, datiert 1697; Braunschweiger Beschau, Marke WH; 2. Patene mit gekräuseltem Rande, Dm. 0,13m, zu dem Kelche gehörig, also in Her- stellung und Alter ihm gleich.

Von anderen Gebäuden ist bemerkenswert das Pfarrhaus, erbaut 1674 von H. Düsing, welcher auch hier seine in Hornburg beliebten Zahnschnitt- verzierungen verwendet hat [Der westlich vom Dorfe gelegene Kirchhof wird

Osterode Österwieck (Geschichte) 83

1436 erwähnt. Neben ihm westlich befand sich die Viehtrift, sowie das v. Asse- burgische Vorwerk. 1564 wird berichtet, dass auf dem alten Pfarrhofe drei Wohnhöte eingerichtet worden seien.]

Österwieck

Das Ofiterwiecker Stadtbuch vom Jahre 1353, heraasgegeben von Julius Grote, BeichB- freiherm zu Schauen, 1850. Geschriebene Chronik der Stadt O. vom Jahre 1602, von Johannis Lezenerus Hardessianus. Beinecke, Gesch. d. Schätzenbrüderschaft in Österwieck. Anderweitige Litteratur siehe unten.

Osterwich, Hosterwich 1108; Ostirwich 1194; —- Oster wie, —wik 1239, 1303; Osterwigh 1303; Ostirwiik 1394; Osterwig 1489; Osterwigk, wygk 1492, 1518; Ostrewigk, ostrewigh 1495; Osterweigk 1573; Oster- wiegk 1580.

Stadt an der Ilse, 25 km westnordwestlich von Halberstadt mit 6000 Ein- wohnern (1564: über 400, 1589: beinahe 500 Bürger), evangelischer, katholischer und mosaischer Eonfession.

Archidiakonat: Österwieck (zuerst 1140 erwähnt).

Geschichte: Über die Frage der Identität Osterwiecks mit Seligenstadt vgl. die Geschichte von Halberstadt. In ältester Zeit hiess die Stadt angeblich Obermühlheim (H.-Z. XVIII; 283). Der jetzige Name hat Bezug auf geographische Lage, nicht etwa auf die Göttin Ostara.

In 0., welches 1108 zur Grafschaft eines gewissen Idudger gehörte, be- gründete im selben Jahre Bischof Reinhard von Halberstadt ein Kloster, welches aber schon 1112 nach Hamersleben verlegt wurde. Die Gerichtsbarkeit der bischöflichen Stadt war regensteinisch bis zum Jahre 1358, wo sie nach manchen vorausgegangenen Streitigkeiten in die Hände des Bischofs überging. Er liess sie seitdem durch seinen Vogt ausüben, der als Vertreter der bischöflichen Gewalt schon 1172 genannt wird, natürlich aber dort gewaltet hat, seitdem es überhaupt ein Bistum Halberstadt gab. Er war daher der Verwalter der (durch Heinrich 11. 1002 bestätigten) ottonischen Privilegien (als Münzstätte wird 0. 1231 genannt), und der Erheber der bischöflichen Einkünfte. Zu diesen gehörte auch die bekannte bulevinge, welche erst 1543 von Bischof Albrecht auf- gegeben wurde; doch verlangte dieser dafür die stete Waffenbereitschaft der Bürger zur Verfolgung flüchtiger Feinde. 1376 war 0. der Sitz des Ärchipresbyters des Bannes 0. Im 17. Jahrhundert war es Vorort eines der (kleinen) Amtsbezirke, in welche das Gebiet des Hochstifts eingojteilt war. Die weltliche Verwaltung der Stadt lag in der Hand des Rates (universitas consulum), welcher aus drei Bürger- meistern und neun Batmannen bestand. Der im 13. Jahrhundert als Stadtober- haupt wiederholt genannte praefectus oder sculthetus dürfte als bischöflicher Beamter anzusehen sein. Da er 1365 als richtere bezeichnet wird, so scheint er identisch mit dem bischöflichen Vogt gewesen zu sein. Über das Einzelne der Entwicklung der Stadtverfassung von 0. erfährt man aus den Urkunden wenig; im allgemeinen wird sie derjenigen von Halberstadt ähnlich gewesen sein. Bei den Wahlen, die jährlich am 1. März stattgefunden zu haben scheinen, legten keineswegs alle alten Ratmannen ihr Amt nieder, wenigstens finden sich 1316 Ton den zwölf, die am 7. Januar genannt werden, am 22. März noch fünf neben

84 HalberetJidter Landkreis: Oster.wieck (Geschichte)

sieben neuen vor. Denigeraäss wird auch 1468 gesprochen von dem rad nyge vnde olt, da er aus alten und neuen Mitgliedern zusammengesetzt war. Von Beamten wird ausser den schon angeführten nur der Stadtschreiber 1553 erwähnt; von dem Ratsarchive hören wir 1457. Die Namen der Bürgermeister seit 1494 sind auf einer noch jetzt im Rathause befindlichen Tafel aufgezeichnet,^ In den Amtsbereich des Rates gehörten die polizeilichen und civilgerichtlichen Sachen, sowie das Patronat der Pfarrkirche und der Schule. Über den Zustand der letzteren sind wir wenigstens aus der spätmittelalterlichen Zeit leidlich unterrichtet durch zwei Schulordnungen, deren eine aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, die andere von 1687 stammt.^ Die Lehrer (Rektor, Konrektor, Kantor, Baccalaureus, Organist^) erhielten ihre Besoldung vom Rate; in früherer Zeit musste der Rektor die Hilfslehrer selbst besolden. 1589 existierte noch eine sog. Winkel- schule, die aber abgeschafft werden sollte.

Der Erwerb der Einwohner im Mittelalter war mannigfaltig. Es begegnen in den Quellen: 1308 die Leine weberinnung, deren Statut damals durch Bischof Albrecht bestätigt wurde; sie war dem Bischof zinspflichtig, wie die übrigen Innungen jedenfalls auch. Der Innungsmeister wurde von der Innung gewählt und vom Rate vereidigt. Die Sitzungen, in welchen die Meister über die Angelegenheiten der Innung berieten führten den noch jetzt bekannten Namen „morghensprake^';* 1327 erhielt die Krämer -Innung ihre Bestätigung, die 1489 erneuert wurde; 1353 werden erwähnt: die Hutmacher (viltere), Gewand- schneider, Fleischhauer (knokenhowcr; ihr Statut bestätigte Bischof Gebhard 1470), Brater, Bäcker, Brauer (das Osterwiecker Bier wird noch 1565 erwähnt, wo ein Fass davon fünf Gulden kostete), Messerschmiede; die Schmiede begegnen 1492; die Schuster 1498, als sie eine St. Annen -Brüderschaft begründet liatten, die der Administrator Ernst bestätigte. Ihre Vorsteher waren dem Pfarrer und Gildemeister zur Rechnungsablage verpflichtet; das Statut einer Liebfrauen- Brüderschaft, deren Herkunft unklar ist, findet sich 1491. Heute erwirbt die Osterwiecker Bevölkerung ihren Unterhalt vielfach durch Gerberei, Färberei und eine in besonders gutem Rufe stehende Handschuhfabrikation.

In der Nacht zum 7. August 1495 wurde die Stadt von einer furchtbaren Überschwemmung heimgesucht, welche Mauern, Gräben und Häuser, auch den Kirchhof St. Stophani schwer beschädigte. Die Reformation fand in 0. früh- zeitig Eingang. Der erste evangelische Prediger, Konrad Beine, wurde 1535 durch den Rat eingesetzt^ welcher auch weiterhin, zusammen mit der Gemeinde, den Pfarrer einsetzte, während das Domkapitel von Halberstadt das Bestätigungs- recht behielt. Die vollständige Einführung der Reformation geschah seit 1548 durch Henning Unterberg und Heinrich Winckel. Im 30 jährigen Kriege wechselte der Besitz von 0. zwischen den Kaiserlichen und den Schweden. Im Oktober 1625 war Wallenstcin dort, 1636 wurde 0, von den Kaiserlichen, am

* Vgl. Grote in der H.-Z. 1870, 503.

* Abgedruckt von Grote in der H.-Z. 1869, 1, 33 ff., eretere auch im Osterwiecker Stadt- buche p. 27 f.

» Über den Zustand 1564 und 1589 vgl. Nebe, Kirch.- Visit, p. 102. 108.

* Osterw. Stadtb. p. 46.

Osterwieck (Siegel, Wappen, Flurnamen)

85

3. März 1639 von Baner, am 28. Juli 1641 von Piccolomini, im August 1643 durch Eönigsmark erobert.

Das Siegel des fiates im Mittelalter zeigte das Brustbild des h. Stephanus innerhalb eines zweiflügeligen Thores und die Umschrift S* : BVRQENSIVM DE OSTERWIC + (H.-Z. XXII, 272.)

Das Wappen der Stadt (Fig. 34) ist in zwiefacher Form gebildet worden: Der Schild lotrecht in Silber und Rot geteilt (wie das Wappen von Halberstadt) und entweder eine einzige vielblättrige Rose mit verwechselten Farben darauf gelegt (so die jetzige häufigere Darstellung) oder 2 Rosen aufgelegt, die rote im silbernen, die silberne im roten Felde, wie ein in die Aussenfront des Rathauses eingelassener Wappenstein dies zeigt. (H.-Z. I, 340.)

Flurnamen: 1300: Fuchshellern; ad antra vulpium (ein Forstort, vor 1300 zu Stötterlingen- burg gehörig); 1314: Heynla (ein Wald bei 0.); 1320; opme latmrode;^ 1330: Herde; FackenhoÜ (Forstorte, letzterer im Fallstein); 1358: over deme weghe to Hullingherode wort; over deme Stedebeke ; boven der Vogheles molen ; boven deme dike gyghen deme Vordorpe; over demö Walwikeschen wech ; 1360 : der Elvinnen holt; der von Walwighe holt (Forstorte); 1391: vor dem GcUleberge; vor dem Graben; bei dem Busche; Hoppensted ter Weg; over den Wemeschen beke; bi den Ghertlinge unde ten uppe den Lake; Bersselschor Weg; uppe der sehen f Siechenhof) kamp; bei dem Graswege; tyghen de Voshole; vor deme Stiddebeke; bi dem Kempeken; bi den seken bi der stad; 1409: tighen de Lutteken Wordo; tighen de dtn^- benke (der Gerichtsstätte ausserhalb der Stadt); 1468: in deme Beyghere-, 1469: jegen der schorenker tore; in der lutken wische; by dem Saddebeke; dar de grave over geyt na der Homeburge ; bi dem Wemschen bom; under dem gerichte; bi der letnkulen; na den hanenvoiten; benedden dem wege under den hanenmiten; in den elven; an den santhogen; in den dron; up dem ekesho; unter dem mantelwege; gegen den langenkamp; to Westerbek; vor dem Witten wege; Anfang 16. Jahrhunderts: vor dem WühoUe; vppo de lantwcre tho Berwinkel; vor dem Rosendale; tygen de Vogelsmolen; vppe dem La; vppe dem grauen tho Walwye; gegen 1536: bei der linden; in dem Lusebeke; up Valberges hoppenberge; an dem dron^n tarne; boven der eicken; up den sandtbrincken; over de worde; an wirten breiden; over dem Wal wieschen wegk nechst Malwien; 1564: in den Röten; am Juttkenbergo ; 1589: im Sack; hinter der Mauer; am Lorriesberge; auf dem Ossenbecke; vor dem neuen Kirchthore ; Rössings Breite ; nach den Rennebäumen ; auf der Stcinkaulen ; vor Söltersberge; auf der Laice beim Siechenhof; auf jenseit Platengarten ; vor

happ0n vofP Oshrwiek. Fig. 34.

* S. die Wüstung Latenrodc.

86

Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Flnmamen, Thore, Strassen n. dergl.)

dem Westerbekschen Holze; vor dem Bossthale /'BhönsthaleJ] im Krumhling, bei dem Northbergischen Schlage ; auf dem Northberge ; vor Braunschweiges Holze ; bei Basteleben; bei der Hasenvelle; vor dem Hohlwege; über dem Berwinkelschen Wege; auf dem Kälber beck; auf den Vorbergischen; vor dem Kirchberge; am Huüer; auf dem Lade; auf dem Eaykenthal; bei dem Kindichen Morgen; 1618: die güldene Breite.

Die Stadtttirme und Stadtthore sind sämtlich verschwunden, von den Umfassungsmauern sind nur hier und da noch einige Beste erhalten. Ur- kundlich werden en^^ähnt das Schulzenthor 1444 und das neue Kirchenthor (Nyghenkerkendore) schon 1358, doch lässt sich vermuten, dass diese Anlagen schon lange vorher existierten. Von 1503 ist der Bau eines neuen Turms an den Stadt-

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Fig. 35.

befestigungen verbürgt. Damals wurden die Mauern, welche die Überschwemmung 1495 zum Teil zerstört hatte, wiederhergestellt, womit gleichzeitig eine Erweite- rung ihres Umfanges verbimden wurde. Die Arbeit dauerte bis 1546. Die Be- seitigung der Mauern geschah, um ihrer kostspieligen Unterhaltung ein Ende zu machen, 1872 und 73.

Stadtteile, Strassen, Plätze (Fig.35.) Das Vordorf wird öfters erwähnt, zuerst 1358]; die neue Kirchenstrasse (nyekerkenstrate) 1412; die KapoUenstrasse 1434, angeblich samt dem zugehörigen Thore benannt nach der Kirche von Walwy; die Schulzenstrasse 1470; der Hagen 1477; Schling 1495; der Markt 1470; der St. Stephanskirchhof 1331; der Nikolaikirchhof 1364; der Matthiaskirchhof 1471; die Schützenstrasse 1632.

Osterwieck (ehemalige Gebäude Kirchen : A. Pfarrkirche St. Stephani) 87

Mühlen. Die Mühle bei der Kirche 1108; die Mühle bei der steinernen Bracke 1313; die Äbtissinmühle 1352; die Yogelsmühle vor dem Schulzenthor 1358; die Obennühle, 1377 z.T. dem Kloster Walkenried gehörig; die Stoven- mühle, inrar Eigentum von Stötterlingenburg und wurde 1441 vom Rate gekauft; die dem Rate gehörige Mühle hintei* dem Pfarrhofe 1564; die Ölmühle vor der Stadt und die Hagenmülile 1589.

Ehemalige Gebäude, Höfe und Badstuben. Der Bischofshof (domi- nicale nostrum) 1108; die dem Kloster Stötterlingenburg zinspflichtigen Fleischer- scharren (sie lagen um den Markt und das Rathaus und wurden seit 1267 von dem Kloster der Stadt überlassen, wofür diese eine jährliche Abgabe zahlten) 1215; das Haus des Münzmeisters 1237; das Rathaus, theatrum genannt, 1267 (s. u.) ; das oft genannte Kaufhaus 1277 ; der Neuenhof 1348 ; das Ilsenburger Herrenhaus 1353; der Pfarrhof 1364; der Siechenhof, dessen Vorsteher vom Rate eingesetzt wurden, er lag im Westen der Stadt, 1361; die kleine Badstube 1372; ein Haus, genannt „dat crevetes'', gelegen „uppe dem sunnencleve", 1372; das Ordenshaus der Predigermönche von Halberstadt 1385; die sog. Wunnenburg, am Markte, erbaut angeblich 1412 in Fachwerk und 1551 auf Befehl des Rates abgebrochen; die Höfe im Vordorf 1416; die grosse Badstube in der Nähe der neuen Kirchenstrasse, Stötterlingenburgisch, 1441; der Hof der grauen Mönche an der Nikolaikirche 1476; der ridder dornszen 1476; der Winkelhof 1476; der von Rössing'sche Hof an der neuen Kirchenstrasse 1489; das Siechenhaus 1490; St. Barbaras Hof, östlich nach der Stadtmauer zu gelegen, „by der drallen," 1490; die Küsterei 1495; das kleine Haus derBarfüsser auf dem Stephanskirchhof, Eigentum des Franziskanerklosters zu Ooslar, wurde 1529 für 25 Gulden an Koyne von Bardeleben verkauft; die Kaplanei 1589; der Walkenrieder Klosterhof (der beren hof von scowen) 1591; das neue Vogteigebäude 1605; ein Getreide- magazin und ein Zeughaus sollen Mitte des 16. Jahrhunderts erbaut sein. Über untergegangene kirchliche Gebäude siehe unten.

Kirchen. [Verschwunden sind 1. die ehemals vor dem Kapellenthore gelegene, noch 1412 erwähnte Liebfrauenkirche; von ihrer Beleuchtung (geluchte) ist 1354 die Rede; 2. die Kapelle auf dem St. Stephanskirchhof; 3. die Klus auf dem Nikolaikirchhof; sie gehörte dem Rate und wurde 1516 für 9 leichte Gulden an einen Heinrich Jacops auf Abbruch verkauft Auf der Abbildung im Thea- trum Europaeum sieht man ihren Dachreiter rechts von der Kirche.]

A. Die Pfarrkirche St. Stephani wird schon 781 erwäknt. (H.-Z. |;

XXIV, 323.) Der Pfarrer findet zuerst 1245 erwähnung; 1309 versah ein Kanonikus r^

des Paulsstifts in Halberstadt dieses Amt. Ein Vicepfarrer tritt 1494 auf, Alderleute werden 1465 genannt. Die Vorstellung und Berufung des Pfarrers oblag dem Rate, ?

welcher auch das Patronat der Unterpfarre hatte, und der Gemeinde; die Kollation ; ■"

dem Domkapitel, welches das Patronat der Pfarre verwaltete. Eine unter zwei Pro- kuratoren oder Provisoren stehende Brüderschaft von exulos wurde 1477 durch Bischof Gebhard bestätigt. Die jetzigen Kirchenbücher reichen bis 1617 zurück. Die ältesten Bauteile der heutigen Stephanskirche dürften noch aus der Zeit der Grün- dung des Augustinerordens 1108 herstammen. Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts wurde an der Kirche gebaut und diese durch Kelche, Bücher und sonstige Ausstattungsgegenstände bereichert, wofür im November 1284, August

88

Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Pfarrkirche: Geschichte)

1291, Mai 1293, Januar 1320 und April 1327 Ablässe gewährt wurden. Von den damals entstandenen Bauteilen ist nichts Nachweisbares übrig, höchstens könnten die Grundmauern des jetzigen Chores noch daher stammen. Doch ist dessen Bau ein viel späterer, nämlich laut Inschrift erst 1516 vollzogen. Das Ijanghaus aber entstand nach Wegräumung der J gotischen Reste erst 1556, wobei zugleich

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eine Erweiterung des Mittelschiffes um etwa Meterbreite nach Süden hin statt- fand. Daher kommt es, dass die nördliche Pfeilerreihe mit der nördlichen Chor- wand in einer Linie steht, die südliche Pfeilerreihe dagegen über die südliche Chorwand hinausgerückt ist In neuerer Zeit ist die Kirche einige Mal wieder

Zu Seite 88.

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Ostiermeck (Pfarrkirche: ßaubeschreibung) 89

hergestellt worden, zuerst 1790, dann in der Mitte dieses Jahrhunderts. 1896 wurde der Turmbau von einem Blitzstrahl getroffen, der indes keinen bedeu- tenden Schaden anrichtete.

Baubeschreibung (Fig. 36 und 37.) Der mächtige romanische Turmbau zeigt unten ein einfaches rundbogiges Portal mit 2 kantigen und 2 runden Stäben im Gewände. Die Ecken zeigen je eine flache Lisene, die vordere Wand dazwischen 6, die Seitenwände je 2 halbrunde Lisenen, welche bis zum Haupt- gesimse emporsteigen. Kleinere Fenster heben in schöner Anordnung die Ein- förmigkeit des Bildes auf. Im oberen Geschoss zeigen beide Türme gekuppelte Bundbogenfenster die Basen der Zwischensäulen mit Eckblättem ; der mit einem Pultdache gegen das Dach des Langhauses anlaufende Zwischenbau hat 2 dreiteilige Rundbogenfenster. Die Pyramidenhelme und die dazwischen befindliche Brücke sind neueren Datums. Der von aussen 16,20 m breite, 16,42 m tiefe Turmbau zeigt im Innern 3 ziemlich quadratische Hallen (Seite durchschnittlich 3,30 m). Sie sind mit starkgratigen Kreuzgewölben überdeckt, deren südliches wegen der dort emporführenden Treppe weggebrochen ist Die Durchgänge von der mittleren zu den beiden Seitenhallen (der nördliche ist vermauert) zeigen an den Kanten kurze, dicke Rundstäbe, welche attisierende Basen mit Eckblättem, statt der Kapitale aber z. T. Gesichter zeigen. Die Kämpf ergesimse bestehen aus starken Wülsten, z. T. mit Schachbrettmustern, die Fussgesimse haben eine sehr ausdrucksvolle Gliederimg. Die äusserlich sichtbaren Lisenen wiederholen sich auch im Innern der Kirche, an der dem Langbause zugekehrten Seite des Turmbaus. Die edeln Einzelheiten, besonders die Behandlung der Lisenen fordern zum Vergleiche mit der Klosterkirche in Drtibeck auf. Leider ist als Material ein etwas mürber Sandstein verwendet worden, sodass die Witterungseinflüsse den scharfen Kanten und den Lisenen beträchtlichen Schaden gethan haben.

Das Langhaus schliesst sich an den Turmbau an. Die Schiffe von 30,86 m Länge und 5,95 m bezw. 9,73 m, 5,90 m Breite (immer bis zur Pfeilermitte ge- messen) sind beiderseits durch je 4 achteckige Pfeiler und dazwischenliegende 5 Spitzbogen von einander getrennt und mit Kreuzgewölben versehen. Ent- sprechend ist der im halben Achteck geschlossene, hinten um 3 Stufen erhöhte Chor eingewölbt. Seine Länge beträgt 16,89 m, die Breite 7,83 m. Ein grosser Gurtbogen trennt ihn von dem Langhause ab. Die 3 Schiffe haben gleiche Höhe und stehen in der schon oben angegebenen Weise unsymmetrisch gegen den Chor. Kräftige Aussenpfeiler sichern gegen den innern Gewölbeschub. Die Wandflächen sind innerlich geputzt*, die Pfeiler und die Bogenleibungen roh gelassen, sodass die rot und gelbe Aderung des Sandsteins zur Geltung kommt und im Verein mit den dem Renaissancestil angehörigen, künstlerisch freilich nicht sehr bedeutenden, eingemeisselten Reliefs in den Leibungen einen warmen, wenn auch etwas unruhigen Eindruck macht. Die Pfeiler haben Fussgesimse und Kapitale, welche aus ähnlich gestalteten Gesimsen gebildet sind. Die sclüanken Spitzbogenfenster haben teils 2, teils 3 fache Felderteilung und der Spätgotik entsprechendes Masswerk. Demselben Stile gehören die Portale an, von denen eins sich an der Nordseite, zwei sich an der Südseite befinden. Von diesen letzteren ist das eine mit verwildertem Ornament umrahmt, innerhalb dessen

90 Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Pfarrkirche: Fenster, Glocken, Altäre)

drachen- oder chamäleonartige Tiergestalten auffallen, während sich oben rechts und links 2 schön gestaltete Rosetten befinden. Das andere Portal zeigt am Gewände überschnittene , baumstaramartige Stäbe und die Jahreszahl 15ö2. Nördlich ist neben dem Chor, und mit dem Eingange von diesem aus, ein kleiner der frühen Gotik angehöriger, quadratischer Raum, die Sakristei, über- deckt mit einem gratigen Kreuzgewölbe. Eine Ton hier ins Freie führende Thür ist 1754 eingesetzt worden. Steinmetzzeichen des Langhauses

aussen: np r* xJU. "Dv

Die Fenster zeigen als Schmuck nur wenige, künstlerisch interesselose Glasbildchen, welche dem 16. und 1 7. Jahrhundert angehören.

Glocken. [Eine Ave Maria -Glocke wird 1443 erwähnt; ob sie mit der unter 3 unten beschriebenen identisch ist, lässt sich nicht sagen.] Auf den beiden Türmen hängen 5 Glocken, südlich 3, nördlich 2, davon die Stunden- glocke in einem Erker ausserhalb und unerreichbar. Sie haben einen Dm. von 1,76 m, bezw. 1,50 m, 0,95 m, 0,51 m. Die grösste und die kleinste sind 1852 von Johann Gotthelf Grosse in Dresden gegossen; die erstere ist umgegossen aus einer 1848 gesprungenen , die aus dem 16. Jahrhundert stammte. No. 2 hat folgende 3 zeilige Majuskelschrift (Fig. 38)

*3^(niMlO^DO]MIW5^]M[Ca(lK»8Xo0VTT3

Fig. 38.

Ihr Sinn ist teilweise unklar. Der Giesser scheint Ertmarus geheissen zu haben. No. 3 zeigt als obere Umschrift zwischen strickartigen Bändern den Engelsgruss + Ave Maria Gracia Plena Dominus Te in Majuskeln ältester Form.

Altäre. [Von Altären ist zuerst 1393 die Rede, im Einzelnen werden erwähnt: der Barbara-Altar 1364; derAjtar der hh. Bartholomäus und Andreas 1405; er war gestiftet von Friedrich von Bünde, zwischen dessen Familie und dem Pfarrer das Patronat wechselte; der Frühmessen -Altar 1495, wo dort eine Kommende gestiftet wurde; der Fronleichnams- und St. Annen -Altar mitten in der Kirche, gestiftet von Dietrich Luterdes, 1500, wo durch den* Domvikar Konrad Wichard von Warberg eine Kommende zu Ehren der h. Jung- frau und der 14 Nothelfer als zweite bei diesem gestiftet wurde. Beide Männer waren auch die Stifter der vorher genannten Kommende; das Patronat hatte die Pfarre; der Altar circa baptisterium 1511, auch hier war von demselben

Hl

Osterwieck (Pfarri[irche : Altarscbrein)

91

Stifter eine Kommende der 14 Notfaelfer eingerichtet; das Patronat hatte der älteste Laienbruder des Kalands in Osterwieck; ausserdem wird noch 1589 eine Kommende Corporis Christi genannt.]

Der Altarschrein (Breite des Mittelstückes 2^0 m) zeigt rechts und links je 2 Flügel, ist also ein doppeltes Triptychon. Er ist im Mittelfelde und den Innenseiten der innern Flügel geschnitzt, mit reicher Vergoldung und Bemal ung und gehört dem Ende des 15. Jahrhunderts an. In der Mitte sieht man die Krönung Maria, umgeben von einem kranzförmigen Gewölke, aus welchem 9 kleine Gruppen von je 3 Engeln hervorschauen; sie sind teils singend, teils musizierend dargestellt In den beiden oberen Ecken über dem Kranze sieht man schwebende Engel, in den beiden unteren die Figuren der Verkündigung. Daneben stehen links der Schutzheilige der Kirche S. Stephanus, rechts Johannes der Täufer, beide halblebensgross. Neben diesen stehen auf kleinen Blattkonsolen und unter Baldachinen über einander je 2 Pilger. Die Flügel des Altars sind quer geteilt und zeigen im oberen und unteren Felde je 4 Heilige unter reichem Masswerk, in welchem die sog. Fischblasen sehr zahlreich sind. An der*Predella befinden sich die Halbfiguren rechts und links je dreier weiblicher Heiligen zur Seite der Madonna. Der Hintergrund der Schnitzereien ist teppichartig in reichem Muster ausgeführt und vergoldet. Das Ganze ist oben von einem Kruzifix bekrönt. Die Rückseiten der Flügel sind gemalt, desgl. die beiden äusseren Flügel. Jede bemalte Flügelseite mit Ausnahme der Rückseiten der beiden äusseren Flügel ist in je 4 Felder geteilt:

Innerer Flügel rechts von aussen:

Gefangen- nahme

Kreuz- abnahme

Jesus vor Kaiphas

Grab- legung

n

luU

m

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I Li

Äusserer Flügel rechts von innen

Geisselung

HÖUenfahrt

Domenkrönung

Auferstehung

92 Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Pfarrkirche: Altar n. sonstige Aasstattung)

Innerer Flügel links von aussen :

Einzug in Jerusalem

Jesus vor Pilatus

Äusserer Flügel links von innen:

Abendmahl

Kreudragung

Ölberg

Kreuzigung

Christus triumphierend

Kruzifixus mit

Maria und

Johannes

Die Aussenseiten der äusseren Flügel zeigen über ihre ganze Fläche hin je eine unkenntlich gewordene Darstellung.

Die Malereien sind in Ölfarben ausgeführt, haben unten Goldgrund, zeigen aber dabei landschaftliche Hintergründe. Zeichnung und Kolorit zeugen von be- trächtlichem Talent. Die Hand scheint dieselbe zu sein wie die des Künstlers, welcher die im Rathause befindliche Schüssel (s. u.) gemalt hat.

Die Mensa des Altars zeigt eine Reliquiengrube und 4 Weihekreuze , nach deren Form zu schliessen dieser Altar in frühe Zeit zurückreicht.

Die Kanzel ist reich geschnitzt und zeigt in Nischen die Apostelfiguren, entsprechend ist der Schalldeckel gestaltet. Getragen wird die Kanzel von einer Säule, die zum Ersatz für einen früher vorhandenen StStephanus dient. Zeit gegen 1570.

Die Orgel ist modern. Sie steht auf einer reich geschnitzten, mit Engels- figuren geschmückten Empore, einem Werke des 18. Jahrhunderts.

Das Chorgestühl, an der Südseite mit 15, an der Nordseite mit 10 Sitzen zeigt reiche Schnitzerei (Blendarkaden, Zahnschnittbänder, Engelsköpfe) und ist um 1620 angefertigt.

Die Emporen sind von 1575 datiert, schlicht in der Form und auf den Füllungen und sonst mit vielen massigen Malereien, Namen, Sprüchen AVappen und dergl. bemalt. Ihr Verfertiger ist ein gewisser Hans Stegler. Neben dem Chor, am Ende des südlichen Seitenschiffes steht eine Loge, welche in zierlicher Rococoarbeit ausgeführt ist.

Der broncene Tauf kessel (Fig. 39) von eleganter Form und mit geschmack- vollen Friesen verziert, die nicht ursprünglich gegossen, sondern durch Aus- meisselung der Grundes hervorgehoben sind, besitzt weder Schrift noch Giesser-

Osterwieck (Pferrkirche: Taufkessel, Leuchter, Truhe, Altargeräte)

93

zeichen noch eine Jahreszahl, um die Zeit seiner Ausführung zu erfahren. Nach dem Stil zu schliessen, dürfte er ins 13. Jahrhundert zu setzen sein. Er steht auf den halbkauernden Figuren von 4 Männern. Diese Figuren sind auf der Rückseite unfertig und zeigen auffallende Spuren eines weisslichen Überzuges, wie wenn der Untersatz des Kessels ehemals gemauert und sie an dem Mauer- werk befestigt gewesen wären. Höhe des Kessels 0,905 m, Dm. 0,885 m, Höhe der Figuren 0,53 m.

Leuchtei. [Das geluchte wird 1354 erwähnt] Ein Messing-Kronleuchter mit je 8 Armen oben und unten um eine Kugel herum, oben mit einer Engels-

OL.

c.

Fig. 39.

figur, stammt von 1665. Ein Bronze -Wandleuchter von 1,12 m Länge, dabei unverhältnisraässig schmal, zeigt am Ansätze des Arms einen Mannskopf, femer die Inschrift HANS MISNER VON BRVNSWICK GOT MICK und die Jahres- zahl 1567.

Eine in der Sakristei befindliche Truhe zeigt mit ihren geschnitzten Blend- arkaden den Stil vom Anfange des 17. Jahrhunderts.

Altargeräte. 1. Eine Taufschale in Messing getrieben zeigt in der Mitte die Darstellung der Verkündigung, umgeben von der bekannten rätselhaften

& 1

..: i

94 Halberstädter Landliieis : Osterwieck (Prarrkirche : Altargei^, Bildnisse, Epitaphien)

Inschrift und einem gotischen Laubstabe. Der Rand hat kleine gestochene Ver- zierungen. Dm. 0,53 m.

2. Kelch von vergoldetem Kupfer. Sechslappiger Fuss mit auf^legtem Kruzifix, den Buchstaben X (D und den eingravierten Figuren der Madonna, der h. Anna selbdritt und des b. Bartholomäus. Am Knauf befinden sich gotische Verzierungen und die Buchstaben IHESVS. Höhe 0,18m. ]5.Jahrh.

3. Kelche von vergoldetem Silber, unten die Kretizigungsgruppe und die Zahl 1573. Am Knauf GWHE X^ und die Figur eines kleinen Kindes. Höhe 0,22 m.

4. Kelch von vei^oldetem Silber mit sechslappigem Fuss und gotisierendem Knauf. 17. Jahrhundert Höhe 0,19 m.

5. Kelch von vei^oldetem Silber, Braunschweiger Beschau. Marke 8. K. Höhe 020 m.

6. Patene von vergoldetem Kupfer, Dm. 0,16 m.

7. Patene von vergoldetem Silber, Dm. 0,15 m.

8. Silberne Oblatenbüchse, als Füsse 3 Köpfchen. Mit Gravierungen. Dm. 0,10 m. Anfang H.Jahrh.

y. Desgl. mit grobgetriebenen Or- namenten und dem Zeichen ICI, Dm. 0,12 m. 1709.

10. Silberner, teilweise vergoldeter Krug (Fig. 40) mit schönen eingravierten

Fig. 40,

Renaissance- Mustern; am Henkel oben

ein sitzender König, unten ein Frauen- köpfehen. Höhe 0,23 m. Datiert 1574. Die Kirche enthält die in öl gemalten Bildnisse einer Anzahl von Geist- lichen: 1. Jonas Nicolaus Miona (?) (f 1(>20), 2. ein Ungenannter (Anfang des 17. Jahrhunderts), 3. Joli. Kirchhoff (tl685), 4. August Abundtis Dyen (f 1718), 5. Barthold Wiegand (+172U), 6. Ootthold Aug.Laurentius (tI727), 7. Christian Ehrlich (f 1737), 8. Friedrich Aug. Wiegand (t 1750), 9. Andreas Friedrich Luther {tl762), 10. Hermann Welken (+1886).

Epitaphien und Gedächtnistafeln.

1. Steintafel mit weiblicher Figur, 16. Jahrhundort

2. Desgl. mit der Halbfigur eines v. Eössing, bemalt 16. Jahrhundert

3. Desgl. mit Figur des Ludlof (!) v. Rossing (f 1595), in ciseliertem Panzer mit doppelter Kette, unten der Helm. Die Leiche befindet sich noch in der Kirche in ähnlicher Ausstattung, wie auf dem Stein dargestellt ist.

4. Desgl. mit Bild der Anna v, Stollheim (+ 1593), Gemahlin des vorigen. Die Figuren auf diesem und dem vorigen Steine sind von je 8 kleinen Wappen umgeben.

Osterwieck (P£urrldrche: Epitaphien B. St Nicolaikirche: Geschichte, Beschreibung) 95

5. Ein in Holz geschnitztes Wappen, datiert 1547; zur Erinnerung an einen Ulrich von Weferlingen.

6. Steintafel des Bartold v. Rössing (f 1568), mit Darstellung der Auferstehung.

7. Desgl. des Eleman Upling (f 1602); der Dargestellte trägt eine Schaube mit breitem Kragen.

8. In Holz geschnitzte Tafel von 1619, mit der gemalten Darstellung des barmherzigen Samariters.

9. Desgl. von 1600, etwas kleiner, Gegenstand der Malerei derselbe.

10. Desgl., Anfang des 17. Jahrhunderts, mit Gemälde der Auferstehung.

11. Desgl., kleiner; Darstellung und Zeit dieselbe.

12. Desgl.

13. Desgl., mit gutem Bilde der Auferstehung.

14. Desgl., zum Gedächtnis der Sophie v. Waldow (f 1644), mit mittel- mässiger Kopie der Rubens'schen Kreuzigung innerhalb einer reichen Cartouche; oben der auferstehende Christus.

15. Desgl. mit Kreuzigung in schöner Cartouche; unten eine Familie von 10 Personen; datiert 1653.

16. Desgl. mit schlechter Darstellung der Verkündigung, 17. Jahrhundert.

Fig. 41.

B. Die St Nijkolaikirche wird als ecclesia nova zuerst 1262 erwähnt. Im selben Jahre erhielt sie das Vermächtnis einer Klausnerin, der Schwester Margarethe, nämlich eine Hufe ausserhalb und 4 Worten innerhalb der Stadt und zwar wie ausdrücklich gesagt ist, in reparationem et necessaria ac omatus eeclesie. Die Verwaltung der Stiftung oblag gewissen vom Rate bestimmten Personen. Daraus ergiebt sich, dass damals die Nikolai kirche bereits so lange existierte, dass Ausbesserungen an ihr nötig waren und dass sie ferner wie noch heute unter dem Patronate des Magistrats stand. Die Schwester Margarethe ist jedenfalls dieselbe, deren Namen auch auf der unten zu erwähnenden Glocke genannt ist, woraus sich schliessen lässt, dass auch diese von den Zinsen ihrer Stiftung angeschafft worden ist. Nachdem die Kirche lange dem Osterwiecker Ealand gedient hatte, stand sie bei der Visitation 1564 wüst, wurde aber 1583 renoviert Seitdem dient sie aushilfsweise für den Gottesdienst der Stephanikirche.

Das Langhaus und der gerade geschlossene Chor haben zusammen eine lichte Länge von 22,70 m, eine Breite von 10,37 m und sind mit einer geraden Balkendecke versehen.

96

Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Nikolaikirche: Ausstattang)

Während das Schiff aus dem späteren Mittelalter stammt, ist der Turm frühgotisch Er hat eine Schieferspitze ; die Glockenstube öffnet sich nach allen 4 Seiten mit je einem gekuppelten Spitzbogenfenstermit zierlichen Zwischen- säulchen.

Die Fenster, deren es nördlich 2, südlich 4, im Chor 3 giebt, zeigen hin und wieder kleine gemalte Scheibchen des 17. und 18. Jahrhunderts.

Glocken giebt es 3. 1. Dm. 0,93m, ohne Schrift. 2. Dm. 0,89m, sie zeigt unter einem verzierten Friese eine dreizeilige Majuskelumschrift (Fig. 41.) Einige dieser Worte entziehen sich der Erkläruug. Von der Schwester Margarete ist oben die Rede gewesen. 3. Dm. 0,44 m. Sie hat als obere Umschrift in Minuskeln die Worte ave maria gracia plena dominus te +

Auf dem Altar befindet sich ein gemalter Schrein vom Ende des 14. Jahr- hunderts, Breite 2,20 m. In der Mitte sieht man die Kreuzigung, als Seitenbilder auf dem Mittelfelde rechts oben Christus vor Pilatus, unten die Kreuztragung, links oben die Kreuzabnahme, unten die Höllenfahrt.

Die Flügel sind in je 4 Felder geteilt, nämlich rechts

Grab- legung

Ausgiessung des h. Geistes

links

Ölberg

Geissdung

Auferstehung

Christus als Weltrichter

Gefangennahme

Domenkrönung

Die Rückseiten zeigen im Ganzen 8 sehr beschädigte Bilder, deren Gegenstände der Sixtus- und Stephanus- Legende anzugehören scheinen. An der Predella befindet sich Christus mit den Aposteln.

Die Kanzel im Renaissancestil, datiert von 1664, zeigt gemalte Füllungen und wird von der Figur des h. Sixtus getragen.

Die Orgel ist modern.

Das z.T. mit Blendarkaden geschmückte Gestühl ist aus den ersten Jahr- zehnten des 17. Jahrhunderts. Etwas älter sind die mit schlechten Malereien bedeckten Emporen.

Aus der Mitte desselben Jahrhunderts ist der achtarmige, oben mit einem

Ostenrieck (Nicolaikircbe: Anastattung Katholische Kirche Pro&nbanten) 9?

Adler geBchmückte, messingne Kronleuchter. [Das geluchte der Nikolaikircbe wird 1351 erwähnt]

Ein massiges Kruzifix stammt aus dem 17. Jahrhundert; eine Gedächtnis- tafel mit dem Belief der Auferstehung ist Ton 1594 datiert Diese Gegenstände sind in Holz geschnitzt.

C. Die katholische Kirche, für eine Gemeinde von etwa 500 Seelen eingerichtet, ist ganz modern. Nur ein Seitenaltar, der aus Badersleben hier- her versetzt ist, ist aus dem 17. Jalirhundert

Die Glocke von 0,82 m Dm. ist 1887 gegossen.

Fig. 42.

Profanbauten.

Ä. Das Rathaus ist massiv in 2 Etagen ausgeführt und von .schlichtem Äussern. [Mit demjenigen Bathause, welches 1267 den Titel theatrum führt, ist es nicht identisch.] Obschon es mehrfach den neueren Bedürfnissen entsprechend umgebaut ist, finden sich doch noch alte Wendeltreppen und ursprüngliche grosse Flure darin. Schnitzereien an einzelnen der Thüren stammen aus der I.Hälfte des 17. Jahrhunderts. Im Besitze des Magistrats befindet sich: 1. eine ziemlich gut erhaltene hölzerne flache Schüssel (Fig. 42) (gesamter Durchmesser Knia HiaiMnUdl. 1

98 Halbersfädter Landkreis : Osterwieck (ProfaDbauten : Bathaus FachwerkMuser)

0,775 m, der Eand allein 0,18 m) mit Lackfarben gemalt Der Rand zeigt zweimal dasselbe Wappen und gotisches Eichen- und Distellaubwerk auf Goldgrund. In der Mitte befindet sich ein Gemälde, dai-gteJlend einen thronenden jugendlichen König von bedienenden Personen umgeben; wie es scheint, ein Werk desselben Künstlers, der den Altar der St. Stephanikirche gemalt hat {s.o.), 15. Jalirbundert 2. Ein Schwert mit Gravierung (Einhorn, 3 Kosen, 2 Quadrate mit Kreuzen.) 15. Jahrhundert

OjUrtvUk..

SaumsArvUtK ain,/fü t6.

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3. Zwei Zweihänderschwerte mit Renaissance-Gravierungen.

4. Ein spanisches Rapier mit der Inschrift: Pro Christo et Patria. 17. Jahrhundert.

B. Privathäuser. Von ihnen sind alle diejenigen, welche hier in Betracht kommen, fachwerkbauten. Ihre Zahl ist wegen des letzten grossen Brandes

Oster wieck (PiiGhwerkMuseF}

leider nicht mehr sehr gross, aber immer noch bedeutend genug, um gewisse Regeln feststellen zu können. Im allgemeinen schliessen sich die Erscheinungen denen der Halberstädter Holzbaukunst an, lassen aber gegen das Endo der Blütezeit dos niedersächsischen Stils vielfach die dort bemerkte Eeinheit der Formen vermissen, Festgelialten wird bis in die Yerfallzeit an dem Prinzip der

OsUrmtek ygn>einMn> Hause der Ce^tUttstr^u .

Fig,44.-fl

Vorkragung der oberen Geschosse (balkea over sine want to stekene. Osterw. Stadtb. p, 4 No. XVI,) Die Pächerrosetten haben gelegentlich gokrümmte Strahlen, willkürlich in sie hineingeschnitzte Kerbsehnitzkreise u. dergl. Bisweilen sind sie sehr schmal und infolgedessen auch niedrig und ihre Mittelpunkte liegen dann, falls überhaupt eine regelmässige Gestaltung festgehalten wird , sowohl auf den Ständern als auch auf der Mitte der Brüstungsplatten (Fig43— 47.) In vielen anderen Fällen werden die Rosetten absichtlich zu breit angelegt, während ihre

Halberstadter Landkreis: Odterwiock (Fachverkhäuser)

CHAN-EIN :VNDAVS; HENNI : SANDEM.: ANNO- ) JÖO:

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C'S7M J Fig. 48.

Ostenrieck {Fachwerkhäaeer)

101

Mittelpunkte zu eng an einander stehen. Die Folge ist, dass ihre seitliche Ent- wicklung gehemmt wird und sie beiderseits wie abgeschnitten erscheinen ; eine kleine Säule oder ein senkrechtes Schnürband trennt dann die Rosetten von einander, welche in solchen Fällen auch oft bis auf die Saumschwelle

heruntergezogen werden. Wo sie zu vollständiger Entwicklung kommen, stehen sie entweder von einander getrennt und kleine Sterne. Keibschnitzkreise oder dergl. schieben sich dazwischen, oder man setzt sie in mancherlei Art in Ver- bindung mit einander. Dieses geschieht nm liebsten durch ein die Rosetten ein- fassendes, schmales, glattes oder mit Diamantprismen, Perlen und dergl. belebtes Band, welches zwischen den Rosetten herabsteigend eine Schleife bildet oder sich auch nur einfach wiederempor krümmt. Die sehr beliebten Brüstungsplatten

£taftltfürliuig , Jfy

Fig. 48.

fPig. 48 und 49) unterhalb der Fenster zeigen ausser dem Rosetten niotiv auch andere Verzierungen. Gern angewendet werden phantastisch gestaltete jedoch selten sehr glücklich erfundene Flachornamente; auch Sprüche kommen vor, die nicht immer nur frommen Inhaltes sind; in einem Falle (Nikolaistrasse 2, von

Halbersildter Landltrois: Osterwieck (PachwerkhäoBor)

Viit.*öner*,JIaMie dar Cipeäeii^ajse. f/6/z)

Osterwieck (Fachwerkhäuser) 103

1658) kommen Sentenzen aus Cicero, Seneca, Plautus und Terenz vor. Auch die Blendarkaden sind in derselben Zeit wie in Halberstadt als Verzierung der Brüstungsplatten beliebt. Die Ständer und Riegel zeigen an den Häusern der späteren Zeit ebenfalls hin und wieder Verzierungen. Die Saumschwelle hat als Belebung bis in späte Zeit hinein ein doppelt oder mehrfach geflochtenes Riemenomament, oft auch den gotischen Laubstab, von welchem jenes abstammt An anderen Bauten sieht man an der Saumschwelle über einander greifende, an den unteren Treffpunkten mit Kleeblättern versehene kleine Halbkreise oder kleine auf mancherlei Art gefüllte Quadrate, endlich die überall beliebten Sprüche imd Eigentümemamen. Die Konsolen entsprechen im allgemeinen denen zu Halberstadt; mit Figuren geschmückte kommen vor, jedoch erlauben die noch erhaltenen Bauten keine Vermutung, ob sie auch in der früheren gotischen Zeit üblich gewesen sind. Die zwischen ihnen liegenden Füllhölzer sind in sehr vielen Fällen durch Schiffskehlen belebt, in welche Schnürrollen eingelagert sind. Die Form der letzteren entartet am Ende des 16. Jahrhunderts stark; Bänder mit geraden oder gezähnten Säumen durchschneiden sie . und zerlegen sie in mehrere Abteilungen, welche verschieden ornamentiert werden. Selbst in der guten Zeit werden die Schiffskehlen oft nur oberflächlich behandelt, nur in schwach vertieftem Relief angegeben, in einem Falle aber (Neukirchenstrasse 19. 20) unverhältnismässig tief, muldenartig herausgeschnitten. Der Behandlung dieser Füllhölzer schliesst sich die der entsprechenden Teile der Saumschwelle durchaus an. In späterer Zeit zeigt das Füllholz oft den auch in Halberstadt beliebten Zahnschnitt oder es wird zum blossen Wulst. Von den alten Thorfahrten und Eingängen sind noch einige, allerdings durch Vermauerung ausser Gebrauch gesetzte übrig. Ihre stilistische Behandlung schliesst sich allemal der des zu- gehörigen Gebäudes an. Ein Beispiel zeigt die Abbildung No. 50.

Im Ganzen sind von Häusern der älteren Zeit jetzt noch 125 vorhanden Von ihnen sind 11 derartig verdorben, dass ihre Zuordnung an eine bestimmte Periode nicht mehr möglich ist. Von den übrigen gehört eins, an der Ilse beim „Hagen" gelegen, noch der ersten Periode, dem Ende des 15. Jahr- hunderts an. Es zeigt die jener Zeit eigentümlichen, gestreckten, quergestreiften Konsolen und an der Saumschwelle einen nicht sehr sorgfältig ausgeführten Treppenfries.

Der 2. Periode, der des ausgebildeten niedersächsischen Holzbaustils ent- stammen 54 Häuser. Von ihnen ist wohl eins der merkwürdigsten und frühesten das Haus Mittelstrasse 12. 13, datiert von 1526. Es hat ziemlich lange Konsolen, zwischen denen sich Schutzbretter befinden- An der Saumschwelle ziehen sich lange Hohlkehlen hin und unter diesen treten zum erstenmal schüchterne Versuche zur Bildung von kleinen flachen Schiffskehlen auf. Nur wenig jünger, von 1534 ist die rechte Hälfte des sogen. Eulenspiegelhauses (Schulzenstrasse 8) von deren sehr schöner Saumschwelle nebenstehend eine Abbildung (Fig. 50) gegeben ist. Heute ist dieser Teil des Hauses leider stark verkürzt. Die Jahreszahl ist nicht mehr vollständig. [Noch vor einer Reihe von Jahren ging die Inschrift weiter und lautete dni M CCCCC XXX IUI iare zom der landt grafe un (vm ?) grave (?) woraus sich vermuten lässt, dass das Haus ehemals noch länger war.] Da links auch das Wort anno fehlt, so ist auch von dieser Seite her ein

101

HalberBtädter Landkreis: Osterwieck (Fachwerkbäneer)

Teil des ursprünglichen Gebäudes beseitigt. Hier bat man in etwas späterer Zeit, etwa um 1560 oder wenig später auf das samt seiner Thorfahrt erhalten gebliebene untere Oeschoss ein neues oberes Stockwerk aufgesetzt. Die Saum- schwelle dieses späteren Teiles, welche wegen weicherer Beschaffenheit des Holzes durch die Witteningseinflüsse ziemlich gelitten hat, ist in einer sonst in diesen Gegenden seltenen Art mit sehr anmutigen Renaissancemustern bedeckt: in üppigen Blattranken bewegen sich Engel- und Tiergestalten. Über der ganzen Saumschwelle stehen in regelmässigen Entfernungen gedrungene Ständer und ebensolche Fuss- streben für die Einschnitzung einfacher Rosettenornamente. Bas bemerkenswerteste Stück an dem Hause ist die spitzbogigeThür(Fig.50), deren geschnitztes Gewände im Stil der gleichaltrigen Steinportale gehalten ist. Sie ist in so gedrücktem Ver-

Fig.&O.

hältnis konstruiert, dass ihr Spitzbogen der Form des Halbkreises nahe kommt. Links neben der Thür steht die ziemlich flach gehaltene Figur eines Mannes, welcher in der Rechten einen Krug, die Linke aber erhoben hält, als ob er auf irgend etwas aufmerksam machte. Auf dem Thürsturze sieht man Schnitzereien: zunächst dem Manne eine Eule, welche Veranlassung gegeben hat, den Mann als Till Eulenspiegcl zu betrachten und dem Hause daraufhin den unbegründeten Namen „Eulenspiegelhaus" zu geben. Dann folgt ein Wappenschild mit einer offenen Schere. Dahinter 2 kauernde, nackte Gestalten. Am weitesten ' rechts schläft ein nackter Mann, dessen recliter Arm sich auf einen Totenkopf stützt Unter ihm siebt man die Inschrift: Verbum dni Manett(!) In Etemum. Die wenigen Fenster zeigen den gotischen Vorhangbogen.

Von geringer Frontlänge und nnr 2 Stockwerk Höhe ist das Haus Hagen 22

Osterwieck (Fachwerk bSnser) 105

mit einer reichet) Rosettenverzierung. Es stammt von 15G0. Aus ähnlicher Zeit ist das Hans Hagen 45, gleichfalls mit Fächerrosetten^ die obere Saumschwelle mit dem Laubstabo, die untere mit der InscbriCt:

IN LAVOe ET SIGNV PERPETV« GRATITV0INI3 ERGA DE7 EIVSQ» ECCLESJÄ HANS

( INCLYTVS SENATVS BORNE

\ OSTERV : ME EXTRVI CVRAVIT MAN

FigSl.

Von ziemlich gleichem Alter dürfte das Haus Mittelstrasse 11 sein. Es zeigt Schiffskehlen mit Schnürrollen, die Rosetten sind durch Schniirsäiilen von einander getrennt. Die schöne Thorfahrt ist noch erhalten, aber ausser Gebrauch gesetzt. Von 1574 ist ein Haus mit ganz verwilderten Schiffskelilen und ähn- lichen Schnürrollen. Es hat an der oberen 'Schwelle eine Inschrift, welche, jetzt unvollständig, sich ehemals noch weiter nach rechts erstreckte: „Pcne sVos AprILIs Vbl transegerat ortus Erlgor aettiereo rege faVentc DoMVs" „Wer den herm furchtet der hat eine starke festung vnd seine kinder werden auch beschirmet; Gott . . ," Auch die untere Schwelle ist mit einem Verse ge- schmückt Die Thorfahrt ist ursprünglich. Von ganz gleichem Alter ist das

106 Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Fachwerkhäuser)

stattlichste aller Osterwiecker Häuser (Kg. 51), der ehemals der Familie V. Rössing gehörige sog. bunte Hof. Er liegt im Osten der Stadt und war früher durch die Stadtmauer, Wälle und einen 14 Morgen grossen Teich stark befestigt. Die gelegentlich für diesen Namen vorgebrachte Erklärung als „BundeshoP dürfte als richtig anzusehen sein, da der Hof schon 1354 als moles sociorum bezeichnet wird; die Bezeichnung „bunt" erklärt sich aber auch aus der noch stellenweise erkennbaren Polychromierung des Gebäudes. Dies besteht aus zwei rechtwinklig zusammenstossenden grossen, einerseits 10, andererseits 7 Fachen breiten Flügeln, in deren Treffpunkt ein Treppenturm mit drei Seiten eines Achtecks in den Hof hervortiitt. Er ist jetzt leider seiner Spitze beraubt, welche auf der Stadt- abbildung im Theatrum Europaeum noch sichtbar ist. Eine vom Hofe aus in den Turm führende Thür, deren Sturz die Form des Vorhangbogens zeigt, ist vermauert. Ist dies Decorationsmotiv für 1579 eigentlich nicht mehr recht zeit- gemäss, so zeigt das Gebäude andererseits an den Brüstungsplatten die Blend- arkaden, deren Vorkommen in dieser Zeit als sehr früh bezeichnet werden muss. Die Felder dieser Blenden enthalten die freilich schwer erkennbaren Reste von Malereien, welche die Büsten römischer Kaiser vorstellten. Die Saumschwellen haben vorzüglich erhaltene, erhaben geschnitzte Inschriften, von denen die untere, lateinische, in zwei Distichen über die Geschichte des Bauwerks Auskunft giebt: Condidit hanc molem studio atque labore Ludolphus Rossingus priscae nobilitatis bonos. Omnia fert aetas secum trahit omnia tempus Flores sed studio clare Ludolphe tuo. An der oberen Schwelle ist eine lange deutsche Inschrift Die übrigen Holzteile haben keine Verzierungen, nur den Ständern des Turmes sind Kapitale aufgenagelt, um einen pilaster- ähnlichen Charakter zu erzielen. Im Innern ist besonders der sog. Bittersaal bemerkenswert Er ist 20,57 m lang und 9,48 m breit. Die Decke wird in ihrer ganzen Länge durch einen einzigen ünterzug in einem Hängewerk getragen. Hin und wieder sind Malereien noch kenntlich. An den Thüren im Innern sieht man stellenweise Beste von Schnitzereien. Die im Bittersaale ehemals vorhandenen schön ge- schnitzten Täfelungen sind leider entfernt und nach dem Schlosse zu Wernigerode gebracht worden, wo ihr Verbleib indes jetzt nicht mehr nachweisbar ist [Ehemals stand neben diesem Hauptgebäude ein schönes Haus aus der Zeit von etwa 1560 mit vortretendem Mittelrisolit, Fächerrosetten, Schiffskehlen und reich profilierten Gurtgesimsen. Der Grund, weshalb es entfernt worden, ist mir un- bekannt; jedenfalls ist dadurch die malerische Wirkung des Hofes stark ge- schmälert worden.]

Das Haus Mittelstrasse 26 ist 1578 erbaut, hat oben leidliche, unten höchst missverstandene Fächerrosetten, die Fensterbrüstungsplatten sind oberseits durch eine unterhalb der Ständer verkröpfte Gurtleiste eingesäumt, welche einer miss- verstandenen Schnürrolle gleicht Zwei Jahre jünger ist Nicolaistrasse 30. Man sieht daselbst lange Konsolen, an den Brüstungsplatten oben Blendarkaden, unten Fächerrosetten, welche letzteren durch Ornamente (Sterne und Kerbschnitzkreise) von einander getrennt sind; ausserdem die Inschrift „die furcht des hem macht das hertz frolich, vnd gibt freude vnd wonne Ewiglich. Thue nichts ohn radt. So gerewt dirs nicht nach der thatt 1580. F. A. W." Auch vom Ende des 16. Jahrhunderts sind die Häuser Nicolaistrasse 23 und Rössingstrasse 6 , ersteres

Osterwieck (Fachwerkhäuser) 107

mit langen Konsolen, übergreifenden Rosetten und z. T. verzierten Ständern, sowie einem nicht mehr vollständigen Spruche; letzteres (am bunten Hofe ge- legen) ähnlich, die Schwelle mit flachen, die Füllhölzer mit tiefen Schiff skeblen. Die Brüstungsplatten sind nach der Strasse zu mit Fächerrosetten geziert, die ihre Anordnung ohne Rücksicht auf die Stellung der Ständer erhalten haben; nach dem Hofe zu sind die Platten mit gotisierenden Laubstäben bedeckt [Hart an der Ilse lag noch 1877 ein altes Gerberhaus, an dem zwei kämpfende Löwen, von denen einer geflügelt war, ein Schwan und zwei Männer am Gerbefasse mit Schabeisen abgebildet waren. Nach Mitt. des Hrn. Pastor Lincke zu Osterwieck.]

Ausserdem gehören derselben Periode an:

Mcolaistrasse 8, 17, 20, 22 (Schwelle mit Laubstab, die Thür ehemals mit Vorhangbogen).

Neukirchenstrasse 1, 4, 13, 23, 25, 26, 27, 35 (Rosetten willkürlich verteilt und durch fächerartige Ornamente verbunden), 36.

Rössingstrasse 24.

Nicolaikirchhof 3, 5, 6 (Schwelle mit dreifach geflochtenem Bande, oben von einem Diamantbande besäumt).

Nicolaistrasse 12, 14 (1542), 16, 29, 31, 32.

Schulzenstrasse 2, 3 (1577; die Konsolen gerollt), 6 (die Thorfahrt mit Stäben nach Art der Schnürrollen eingefasst.

VogteiplatÄ 5 (1595).

Marktplatz 14 (1570; übergreifende, von Sternbändern eingefasste Rosetten, ähnliche Bänder an der Schwelle, Schiffskehlen mit verwilderton Ornamenten, lange Inschrift).

Mittelstrasse 1 (1549; lange Konsolen, die Rosetten durch Schnürsäulchen getrennt, die Schwelle in lauter kleine quadratische Stücke geteilt, die je mit einem kleinen Ornamente gefüllt sind), 2 (Schwelle mit vierfach geflochtenem Bande, an der abgefasten Kante Schnürrollen, Fächerrosetten durch Säulchen getrennt, Schiffskehlen mit Schnürrollen), 8 (Schwelle mit vielästigeni Laubstabe, obere Schwelle mit überschlagenden Bögen und doppeltem Sternbande, zwischen den Rosetten Schnürsäulchen), 16, 17 (ähnlich wie 8, die Fensterbrüstungsplatten flach ornamentiert, 21, 23 (mit langen Konsolen).

Stobentwete 1 (Flachornamento auf den Brüstungsplatten).

Stobenplatz 2 (1550; mit niederdeutscher Inschrift), 4 (Schnürrollen in den Schiffskehlen, verzierte Ständer, keine Brüstungsplatton, Inschrift).

Hagen 3 (Laubstäbo über die Brüstungsplatten und die Ständer hinlaufend, lange Konsolen), 4 (lange, unten abgerundete Konsolen), 11, 12, 22 (1580;^ In- schrift: ... Ghan ein vnd avs Henni Sander [Fig. 45J), 24 (lange Konsolen, lateinische und deutsche Inschrift).

Wietholz 2.

Der Renaissanceperiode entstammen nur 27 Häuser. Eins der inte- ressantesten davon ist das Gasthaus zur Tanne, Rosmarinstr. 8, erbaut 1614. Es zeigt ausser einer Anzahl von Zierraten, welche noch der früheren Zeit an- gehören, lange ornamentierte Konsolen, davon die Eckkonsole mit einer Maske,

^ Nicht 1560, wie irrtümlich auf der Abbildung steht.

106 Halberstädter Landkreis: Osterwieck (Fachwerkhäuser)

und den in der Folgezeit so beliebten Zahnschnitt Durchaus malerisch ist die Wirkung des Hauses, über die stark vorspringende Ecke gesehen, wobei die mit einem Diamantbande geschmückte Thorfahrt zu schöner Geltung kommt Um neun Jahre jünger als dieses ist das Haus Marktplatz 4, dessen Brüstungsplatten oben von einem Gurtgesims begleitet sind, welches aus einem doppelten Zahn- schnittbande hergestellt scheint Datiert von 1645 ist das Gasthaus zum preussischen Hof, welches mit Blendarkaden, Schiffskehlen und einer langen deutschen Inschrift geschmückt ist und einzelne mit kräftigen Kreuzgewölben eingedeckte Bäume enthält. Der oben erwähnte Fall, dass die Brüstungsplatten Sprüche aus antiken Schriftstellern aufweisen, findet sich Nicolaistrasse 2. Das Haus ist 1658 erbaut; die Ständer sind bis zur Höhe des oberen Brüstungsplatten- randes mit kleinen, von Kerbschnitzmuscheln überhöhten Nischen geschmückt Das Haus Neukirchenstrasse 19/20 hat ovale, an den Ecken zugespitzte, sehr tief herausgeholte Schiffskehlen, die Kosettenstrahlen verlaufen nicht gerade, sondern sind nach links geschwungen

Ausserdem gehören dieser Periode an:

Rosmarinstrasse 9 (Blendarkaden).

Nicolaistrasse 34, 35, 36 (die Fächerrosetten nur noch schwach kenntlich, Schnürrollen und Schiffskehlen mittelmässig), 9, 21.

Neukirchenstrasse 3, 16, 17, 21 (Ständer z.T. verziert).

Nicolaikirchhof 4.

Nicolaistrasse 11 (Blendarkaden), 38, 39 (wie 11), 40 (1620, desgl.), 41 (Fensterbrüstungsplatten mit Flachornamenten, runde und kantige Schnürrollen, Ständer zwischen den Brüstungsplatten ornamentiert).

Stephanikirchgasse 9 (Thür mit Vorhangbogen).

Mittelstrasse 20 (1622, mit Zahnschnittbändern, lange Konsolen, Platten flach geschnitzt, auf den Schwellen oben und unten lange deutsche Sprüche), 24 (Blend- arkaden), 25 (Zahnschnitte).

Wietholz 41 (Blendarkaden).

Der letzten Periode, der des Verfalls, gehören folgende 30 Häuser an:

Rosmarinstrasse 10 (1692), 13.

Nicolaistrasse 1, 12— 15.

Neukirchenstrasse 2, 9, 12, 14, 15.

Nicolaikirchhof 2.

Nicolaistrasse 33, 35, 36.

Stephanikirchgasse 6, 7.

Stephanikirchplatz 5 (1677), 6, 7, 8.

Marktplatz 10 (Balkenköpfe mit Masken).

Marktstrasse 5, 6.

Mittelstrasse 19. Hagen 35. Wietholz 1, 19.

Alt, aber wegen zu grosser Verderbnis der Periode nicht mehr definier bar, sind die Häuser:

Neukirchenstrasse 28, 29.

Neukirchenstrasse la, 1, 2, 7.

Mittelstrasse 4, 5, 6, 15.

Stobenplatz 1.

Gro38-Qaenstedt (Geschichte - Pfarrkirche St. Petri) 109

Gross - Quenstedt

Goedicke, Chronik von Gr.-Q. HalberBtadt, 1898. H.-Z.I, 274f; IIb, 6; III. 160, 232ff; XII, 550 u 8. w. Das Gemeinde- Archiv und die Kirchenbücher gehen bis vor 1618 zurück.

Quenstedi 993; Quenstidi 1051 ca; Queinstete 1046; Queenstede 1129; Quenstide 1186; Quenstede 1199; Quenstidde 1214; Magnum Qwenstede um 1215; Groten-Quinstete 1359. Nanienserklärung von got-quinö H..Z. XIX, 332.

Dorf, 5,6 km nordöstlich von Halberstadt an der Holtemme, die sich dort mit dem Assebach vereinigt. Einwohner: 1564 90 Hauswirte; 1589 hatte die Laurentiuspfarre 20, die Petripfarre 94 Hauswirte. Jetzt hat Gr.-Q. 1300 Ein- wohner, überwiegend evangelischer, nur wenige katholischer Konfession, deren Haupterwerb die Landwirtschaft bildet.

Archidiakonat: Halberstadt.

Geschichte: G.-Q. wahrscheinlich 1129, als Gross- Q. sicher 1232 zuerst erwähnt, gehörte zur bischöflichen Meierei (der Meier wird 1257 genannt.) Dem- gemäss war auch die Vogtei bischöflich. 1289 wurde für alle Einwohner die Gemeinsamkeit von Weiden, Wiesen, Wegen und Un wegen, sowie die Freiheit von Zoll und Tribut in Halberstadt und anderen Städten des bischöflichen Sprengeis verordnet Seit alter Zeit unterscheidet man von dem eigentlichen Gr.-Q. das Ostendorf, von jenem ehemals durch ein Thor getrennt, dessen Spuren noch vorhanden sind. Das Ostendorf ist urkundlich zuerst 1417 erwähnt und führt 1475 die Bezeichnung suburbium. Es ist vermutlich der Best einer älteren Ansiedelung, von welcher auch noch die heute einsam im Felde liegende Kirche St. Laurentii herstammt, deren Eigenschaft als zweite Pfarrkirche des Ortes sich nur auf diese Art historisch erklärt. Mit dem noch anfangs des 14. Jahrhunderts den Templern gehörigen Gute, welches alsdann in den Besitz des Domkapitels überging, wurde 1347 Rudolf von Dorstadt belehnt. Von anderen Familien, die zu Gr.-Q- in Beziehung standen, sind wichtig die alten Herren des Ortes, die Edlen von Quenstedt, welche ihre von Albrecht dem Bären zerstörte Burg auf der Withecke gehabt haben sollen; ferner die von Rusteleben und die Schenken von Dönstedt. Ausser den Templern hatten im 13. Jahrhundert der Siechenhof von Halberstadt, femer das Burchardikloster und das Hospital S. Spiritus hier Besitzungen. Heute gehört Gr.-Q. zum Amtsbezirk Emersleben.

Flurnamen: up dem NygenAagren velde; in dem merlande legen de dicken wyden edder iegen Dörstadis wyske over der Holtemmen ; in deme hogen toege; up den Ässebek; up de bredeken up dem hogen wege; an deme scheven berge; Svanebekweg; na dem Hugewort; uppe deme ierüingen by Fricke Bister- veldes stucke; der spring; over dat Hwdal; Luttken -Quenstedesken weg; uppe deme weyte hude; des graspeld 1319; jegen der gemeyne; jegen den luUeken ess und jegen de sehedd; im scheven dale; jegen de schede am langen hon; over de wege; jegen dem sülte 1470, Dez. 21; über dem Weiser; in der SüUe; im erdeland; im lutken velde gegen den negenhogen; bei dem Hasselborn; über den botelsweg; über der horgden nach Schwanebeck zu; over unses hern godes wech; im Crottorfschen Hom, 1478 febr.24.

Kirchen: a) Pfarrkirche St. Petri. Der Pfarrer, welcher 1444 ein

110 Halberstadter Landkreis: Gross-Qoenatedt (Pfarrlcirche St. Petri)

eigenes Siegel führte, ist zuerst 1410 erwähnt. 1564 wird darüber geklagt, dass er nicht in Gr.-Q., sondern in Halberstadt wohnte. Die Alderleute der Kirche 1473. Die Einkünfte der Küsterei waren für beide Kirchen vereinigt; 1589 musste der Küster von S. Petri denjenigen von S. Lorenz besolden. Damals wie noch heute besass die Dorfgemeinde das Patronat.

Die vor vier Jahren ausgebesserte Kirche besitzt einen romanischen, mit Renaissance-Haube abgedeckten Tnrm aus Kalkstein von rechteckigem Grundriss (8,13:4,95 m.) Jederseits befindet sich ein gekuppeltes Fenster; die Mittelsäulen sind neuerdings durch Pfeiler ersetzt. Ein Westeingang fehlt Das lange, niedrige Schiff, dessen Mauern z.T. aus dem Lot geraten und darum gestützt sind, stammt mit seinen Anbauten (besonders einer Vorhalle auf der Nordseite, 6,30 : 5,60 m) aus dem 16. Jahrhundert. Das Schiff ist im Licliten 23,60 m lang, 11,30 m breit. Der Chor hat geraden Scliluss und hat daselbst 2 Fenster, das Schiff hat nördlich 3, südlich 4 Fenster. Die Decke ist von Brettern gewölbt. An der Ostwand des Chores befinden sich 2 einfache Sakramentsnischen. Ein in die westliche Wand des Turms später eingesetzter, jedoch zerbrochener Inschriftstein be- sitzt nur einen lückenhaften Text, zeigt jedoch deutlich die Jahreszahl 1576.

Glocken: Auf dem Turm hängen vier Glocken von 1,66 bezw. 1,05, 0,89 und 0,50 m Dm., alle 1891 gegossen von Gebrüder Ulrich in Laucha a. ü. [Vordem gab es nur zwei von 1,37 bezw. 1,00 m Dm., deren grössere 1770 von Chr. Heinrich Knoblauch in Halberstadt, die kleinere 1863 von W. Engelcke in Haiborstadt gegossen war.]

Der Altar ist anfangs des 18. Jahrhunderts von Quenstedter Schnitzern angefertigt worden. Er ist mit gedrehten Säulen geschmückt, ausserdem mit Figuren: oben Christus, neben ihm sechs Apostel, unten Johannis und Moses.

Die Kanzel befindet sich mit am Altar.

Das Taufbecken, von zwei Engeln gehalten, zeigt ebenfalls den Stil des Altiirs.

Die Emporen und Priechen sind mit lebhaft bemalten Blumen- schnitzereien geschmückt Anfang des 18. Jahrhunderts.

Die Orgel ist erst seit etwa 36 Jahren vorhanden. Von der alten, in den Kauf gegebenen, sind jedoch die geschnitzten Seitenteile (Anfang des 18. Jahr- hunderts) mit verwendet

Altargeräte:

1. Kelch, Silber vergoldet, von 1712, mit rundem Knauf und sechslappigem Fuss, woran eine Kreuzigungsgruppe; 0,20 m hoch. Halberstädter Beschau, Zeichen M, G.

2. Kelch, Silber, mit sechslappigem Fuss, von 1683, unten angeschroben vier Kruzifixe, S.Petrus, ein Wappen (Marenholz?). Am Knauf IHESVS; 0,26 m hoch.

3. Oblatenbüchse, Silber, Halberstädter Beschau, Zeichen T. T. 1711. 0,11 m Dm. Aussen an der Kirche befindet sich die etwa Vgm hohe Figur des h. Petrus;

innen über der Thür zur Vorhalle ein Kruzifix des 18. Jahrhunderts, ferner zwei Gemälde: das lebensgrosse Bildnis des Pastors J. H. Behrens (f 1750) und ein Votivbild von 1618 zum Andenken des Pastors Joh. Hessen (Kreuzigung mit sechs Stiftern.)

Gross-^uenstedt (P&rrkirche St LanreDtii) 111

b) Pfarrkirche StLaurentii (Pig,52.) Sie lie^t in ziemlicher Enffemung von dem östlichen Ende des Dorfes, mitten in Äckern und Wiesen. Sie ist zuerst 1S81 erwähnt, stand seit 13U1 unter dem Patronat des Spitals S. Spiritns, 1564 unter dem des Rats von Halberstadt, jetzt unter königlichem. Die Vorständer (2 Personen) finden 1444 Erwähnung.

Der Turm, welcher nur in seinem untersten Teile mit dem Kirchenschiffe bündig ist, ist romanisch, hat rechteckigen Grundriss (8,70 : 7,(fö m) und eine Uauerdicke von 1,45 m, welche nach ohen abnimmt. Oben befinden sich sQdlich und ösÜich je ein dreifach gekuppeltes Rundbogenfenster, eingeteilt durch

Fig. 52.

je zwei nach oben verjüngte Säulen mit Würfelkapitälen und breit ausladenden Kämpfern. Westlich sind zwei einfache, nicht gekuppelte Rundbogenfenster, nördlich eins. Das viel jüngere Kirchenschiff ist 20,46 m lang, 6,78 m breit, hat geraden Ghorschluss, rechts und links je fünf rundbogige Fenster und einen modernen, in der Gotik der vierziger Jahre ausgeführten unpassenden Dachstuhl. Glocken: Die drei Glocken haben 1,21 hezw. 0,98 und 0,47 m Dm. Die grosse ist 1712 von Chr. Ludw. Meyer in Braunschweig, die mittlere 1702 von Heyso Meyer gegossen, wobei bemerkenswert ist, dass der Guss damals nicht mehr in Wolfenbüttel, sondern in Braunschweig erfolgte, wohin Meyer verzogen zu sein scheint Die kleinste Glocke zeigt in Minuskeln die Inschrift:

Hh ano dm mcccxxviii Hh ave maria gracia plena

112 Halberstudter Landkreis: Gross-Quenstedt Klein-Qaenstedt (Geschichte)

Der Altar und die Kanzel sind im Stile vom Anfange des 17. Jahrhunderts geschnitzt, ersterer mit zwei Wappen geschmückt. Der ölanstrich ist neu.

Das Taufbecken, eine Holzschnitzerei vom Ende des 18. Jahrhunderts, hat die Gestalt einer Urne und wird von zwei geschnitzten Engeln gehalten. Besser, aber allzu plump ist der jetzt ausser Gebrauch gestellte, aus Kalkstein gearbeitetalte Tauf- stein. Er ist achteckig (Seite 0,28 m) mit Riefeln verziert und zeigt die Jahreszahl 1581 .

Altargeräte: 1. Kelch, Silber vergoldet, Halberstädter Beschau, Meister- zeichen K.B. 1718.

2. Patene, Silber vergoldet, 0,14 m Dm.

In der Kirche befindet sich ein kleines ölbildchen von 1626, der Kruzifixus von zwei knienden Frauen (Familie Könnecken) verehrt; zur Erinnerung an die damals geschehene Restaurierung der Kirche, wobei besonders auch die Kirchhofs- mauer erneuert wurde, von der jetzt nur noch schwache Spuren vorhanden sind.

Profangebäude: [Der Hof des Bischofs Meinhard bei der Lorenzkirche 1281 ; Mühle und Vorwerk der Templer, 1306 samt ihren übrigen Besitzungen verkauft; ein Hof im Osten des Ortes, hiess Ostermoneke, einer in der Mitte hiess Helle, einer im Westen innerhalb des Dorfes hiess Rokeshof; alle drei werden 1320 erwähnt, letzterer wurde damals von Bischof Albrecht an Johann von Quenstedt geschenkt; die Mühle 1383; die badehort 1463, bei der Peterskirche; die luttekenneber beim Kirchhof 1473; das Thor „wo man zur Kirche S. Laurentii geht" und das Hirtenhaus 1516.J

Noch vorhanden sind aus älterer Zeit nur sehr wenige Häuser; erwähnens- wert das zwischen 1576 und 89 erbaute Pfarrhaus, welches vordem die Inschrift trug:

Aedibus o flammas deus his averte furentes

Te custode ovibus nil nocuisse potest. (Scheffer, p. 43.)

Das Schulhaus ist 1695 erbaut. Architektonisch bieten beide Häuser kein Interesse, ebensowenig wie die vier anderen älteren Häuser des Ortes, die alle vom Ende des 17. Jahrhunderts stammen. An dem Gasthofe zum schwarzen Adler, der immer als Dorfkrug gedient hat, sieht man die häufigen prismatisch zugeschnittenen Balkenköpfe.

Klein - Quenstedt

Die Kirchenbücher gehen bis 1654 zurück.

Wester-Quenstide 1185; lutteken Quenstide 1439; u. s.w.

Dorf, 2,9 km nordnordöstlich von Halberstadt, am Assebach, mit 697 Ein- wohnern (1564 sechzig, 1589 dreiundvierzig unfreie und vier freie Hauswirte, 1829 487 Einwohner) evangelischer Konfession. Haupterwerb: Liandwirtschaft

Archidiakonat : Halberstadt.

Geschichte: In dem zur Meierei des Hochstifts gehörigen Orte hatte der Templerorden Besitzungen, welche 1306 verkauft wurden; auch das Kloster St. Burchardi war dort begütert. 1313 wird die Ortsregierung erwähnt als in den Händen von Leuten liegend, die den Titel magistri civium führten. Die Pfarre, deren Inhaber 1316 zuerst zur Erwähnung kommt, stand damals unter dem Patronate des Klosters Marienberg bei Helmstedt. 1564 gehört das Patronat

Klein- Qaenstedt (Kirche: Ausstattung Profangebäude) ll3

dem Domherrn Andreas von Holzendorf, 1589 dem Vice-Dominus des Hochstiftes, heute ist es fiskalisch.

Flurnamen: 1383 bi deme hoghe; Oorrenddl; bolenwegh; depe wegh; fvithoU; an den jerÜingen; waterbrok; boven der tigrove; scrotwegh; 1589 tigen den ho; tigen den monnekehoff; Schwanebekerweg ; bei den rischen; auf den volenwech; über die waterronnen; auf die tygrowe.

[In der Nähe von Kl.-Q. befand sich 1483 die sog. Walkemühle.]

Die 1862 restaurierte Kirche steht auf dem sog. Heiligen Berge Gottes. Das Schiff ist spätgotisch und zeigt Spuren von früherer kreuzförmiger Anlage, eine Inschrift am Chore aussen: CreSCens grcx DoMinum SpeqVe fIdeqVe Vocet besagt, dass dort 1718 Restaurierungen vorgenommen sind (die beiden S gelten je eins.) Der Turm dagegen, welcher ebenso breit ist (7,80 m) wie das Schiff und eine Tiefe von 6,60 m, eine durchschnittliche Mauerdicke von 1,30 m hat, ist von sehr alter frühromanischer Form, mit einem Satteldach gedeckt; zwei Halbkreisbögen vermitteln im Erdgeschosse die Verbindung von Schiff und Turm. Das Kirchenschiff, welches wahrscheinlich auf romanischen Orundmauem erbaut ist, hat eine lichte Länge von 22,05 m bei einer lichten Breite von 6,05 m. Der Chor ist halbachteckig geschlossen; Seitenlängen 2,25 m, 2,95 m, 2,17 m. Die Decke besteht aus einem hölzernen Tonnengewölbe.

Glocken:

1. Dm. 1,15 m, von H. Engelcke in Halberstadt 1829.

2. Dm. 0,89 m, mit einigen Münzabdrücken und der Minuskelinschrift: anno millesimo quingentesimo viceixio clavs becker dextra xne rexerat intus

et extra. Dieser Klaus Becker führt dasselbe Giesserzeichen "iJ^ wie der sonst

vorkommende Hinrik Becker, ist also jedenfalls mit ihm derselben Familie an- gehörig.

3. Dm. 0,50 m, mit den in Minuskeln ausgeführten Namen von Alderleuten, 16. Jahrhundert.

Der Altar (nebst Kanzel) ist ein mit reichem Laubwerk und gedrehten Säulen geziertes Schnitzwerk des 18. Jahrhunderts. Die von 1744 datierte Altar- brüstung zeigt eine etwas abweichende Ausführung.

Auch die geschnitzte Orgel ist aus dem 18. Jahrhundert.

Alt arge rate: 1. ein Kelch, Silber vergoldet, Höhe 0,18 ra, mit sechslappigem Fusse und sechszackigem Knaufe. Von 1637. Die Beschau Ist unkenntlich; Meisterzeichen C^

In der Kirche befinden sich die schlecht erhaltenen Bildnisse zweier Pastoren vom Anfange des 18. Jahrhunderts.

Profangebäude: [An der ehemaligen Kantorwohnung, einem jetzt ver- schwundenen, alten, aus 2 Etagen bestehenden Fachwerkshause, befand sich die Inschrift: Christo sacrum. Quam patrum patriae tuo honori cura paterna largaque munificum struxerint dona virorG brotege Christe scholam Icemens u. s. w. Anno 1645.

An einem anderen gleichfalls abgebrochenen Hause stand: wer got ver- truwet der heft wol gebuet. Godt fruchten is de wisheit de rike maket

Kreis HaltMraUdt. 8

114 Halberstädter Landkreis: Der Regenstein (Geschichte)

vnde bringet alle gvdt mit sick. Se erfüllet dat gantze hus mit erer gave vnn alle gemack orem schatte. Jhesvs Sirach am ersten capittel. Anno dni 1563. An dem Pachwerke der oberen Etage sah man noch einzelne Fächer- rosetten.]

Der Regenstein

über seine Lage siehe die Topographie des Kreises.

Steinhoff, der Regenstein. Blankenburg, 1892. Krieg von Hochfelden , Geschichte der Militär- Architektur, p. 322 ff. - Pieper, Burgenkunde. H.-Z. XIII, 228; XVI, 218.

Der Name Eegenstein (Regensten, Reghensteyn, Reyghenstein und ähnlich) ist nicht genügend erklärt. Man deutet ihn als „Reihe von Steinen" oder „den berühmten Stein" oder „den Beratungsstein " mit welcher letzteren Bezeichnung seine Eigenschaft als uralte Kultusstätte eine Andeutung findet,

Geschichte: Sie wird hier nur kurz behandelt, da die Beziehungen der regensteiner Grafen zum Bistum und zur Stadt Halberstadt auch anderwärts wiederholt berührt werden müssen. Die Burg soll angeblich durch Heinrich I. erbaut worden sein, jedoch ist durchaus anzunehmen, dass, falls jener König überhaupt dort für Befestigungen gesorgt haben sollte, es sich nur um Erweiterung oder Wiederherstellung bereits vorhandener gehandelt hat. Die Benutzung der in dem weichen Sandstein leicht herzustellenden Räume als Wohn- und Zufluchts- stätten mag in viel ältere Zeit zurückgehen. Beispiele für dergleichen sind auch sonst in der Nähe mehrfach vorhanden. Vgl. die Kapitel „Halberstädter Stadt- kreis" und „Langenstein." Das Geschlecht der Grafen von Blankenburg und Regenstein erscheint in der Geschichte zuerst mit der Person des 1162 ver- storbenen Poppe, eines Verwandten des Königs Lothar. Von Poppos zwei Söhnen erhielt der eine, Siegfried, Blankenburg, der andere, Konrad, Regenstein. Beide Grafen waren, wie es scheint, Anhänger Heinrichs des Löwen. 1181 wurde der die Burg von Barbarossa erobert. Für die nächste Zeit finden wir Regenstein und Blankenburg wieder vereinigt, doch trennten sie sich 1190 wieder. Haupt- ort der Grafschaft war seitdem Derenburg. Nach dem Tode des Grafen Heinrich I. 1241 trennte sich die regensteinisch-heimburgische Linie endgültig von der blankenburgischen ab, und die beiden ersteren teilten sich seitdem in die regensteinische Grafschaft. Sehr ausgedehnt war der Grundbesitz des kriege- rischen Geschleclites, weit umher, auch im Lüneburgischen und im Anhaltischen waren sie begütert; vor Halberstadt erstreckte sich ihr Gebiet bis an das Harsleber Thor, und auch innerhalb der Stadt hatten sie mancherlei Besitz (u.a. den sog. Grauen Hof, den Ritterhof in Klein -Blankenburg u. s. w.) und Einfluss, den sie durch Schenkungen (u. a. an den Siechenhof, an das Kloster der Marien- knechte, an das Nikolai- und Burchardi- Kloster u. s. w. siehe die betr. Artikel) aufrecht zu halten und zu verstäi'ken wussten. Die grösste Bedeutung hatten die Regensteiner Grafen als Verwalter des weltlichen Gerichtes (vriding), welches sie innerhalb des halberstädtischen Bezirkes ausübten: beim Schlosse Hartingau, in Utzleben, auf dem Driberge bei Dardesheini, im Spielhause zu Holtemmen- ditfurt, in Heudeber, bei Osterwieck und in Klein- Harsleben. Von gräflichen Unterbeamten werden genannt der Schreiber, der Gogrefe, die Vögte, der Schult- heiss, Zehntner, Nuntius, preco, der Marschall und der Schenk, femer die

J

Der Begenstem (Geschichte) 115

Kastellane der regensteinischen Schlösser; die Ministerialen der Grafen erscheinen sehr häufig. Vom 12.— 16. Jahrhundert hatten die Regensteiner selbständiges Münzrecht. Die Münze befand sich in Blankenburg.

Das 14. Jahrhundert brachte in seiner ersten Hälfte folgenschwere Ver- wickelungen und einen erheblichen Rückgang der regensteinischen Macht. Die schon lange dauernden Streitigkeiten mit dem Kloster Walkenried wegen der Vogtei von Schauen (siehe dasselbe) führten 1323 die Regensteiner dazu, jenes Dorf zu überfallen und die Güter des Klosters völlig auszuplündern. Zwar kam es 1327 zur Versöhnung. Aber bald stifteten die Umtriebe des Bischofs Albrechts 11. neue Feindschaft zwischen Walkenried und Regenstein (Erlaubnis zur Anlage eines walkenriedischen , vom regensteiner Grafengericht eximierten Klosterhofes in Osterwieck.) Der daraus entstandene Krieg zwischen dem Bischof, mit welchem Graf Konrad von Wernigerode im Bunde war, und den Heimburgern und Regensteinem endete zu Ungunsten des letzteren. Sie waren gezwungen, dem Grafen Konrad bedeutende Abtretungen zu machen, die sie aber erst durch eine verlustreiche Abfindung der Heimburger ermöglichen konnten. Daraufhin verkauften die Regensteiner am 26. Juni 1343 an Graf Konrad Grafschaft und Gericht vieler Dörfer, sodass seit der Zeit ihre Macht in der westlichen Seite des Harzgaus gebrochen war. Nachdem darauf durch den Verkauf der nicht mehr für sie zu haltenden Ortschaften Stötterlingen, Hoppen- stedt, Bühne, Rimbeck, der Vogtei über Stötterlingenburg und Hessen an die Herzöge von Braunschweig, die Brüder des Bischofs Albrecht, und durch gleich- zeitigen Erwerb anderer günstiger gelegener Besitzungen wieder einige Abrun- dung des regensteinischen Territoriums erreicht war, kam es zu einer vorläufigen Versöhnung mit dem Bischof. Graf Heinrich VHI. (geb. 1313) lebte danach noch bis gegen 1358, war aber seit 1343 nicht mehr im Besitze der Regierung, viel- mehr wurden seitdem Heimburg, Blankenburg und Regenstein als braunschwei- gische Lehen angesehen, welche den Heimburgern übertragen waren. Seit Anfang des 15. Jahrhunderts diente der Regenstein nicht mehr als Wohnort der Grafen, sondern wurde von einem Vogt (Marschall 1422, Hauptmann 1541) verwaltet.

1599 starben die Grafen von Blankenburg- Reinstein aus, und der Bischof Heinrich Julius von Halberstadt, der seit 1589 gleichzeitig Herzog von Braun- schweig war, eignete Regenstein dem Hochstift Halberstadt, Blankenburg aber dem Herzogtum Braunschweig zu. 1628 wurde Max von Waldstein zur Be- lohnung für eine grössere Geldunterstützung vom Kaiser mit der Grafschaft Regenstein belehnt. Willkürlich nahm er auch Blankenburg dazu und übertrug beides, trotz aller Proteste, an den Grafen von Merode. Erst nach der Schlacht bei Leipzig gewann Braunschweig die Grafschaft wieder. Seitdem wechselte der Besitz mehrfach zwischen der kaiserlichen und der schwedischen Partei; 1643 belehnte Erzherzog Leopold Wilhelm von Oesterreich, damals Bischof von Halber- stadt, den Grafen von Tättenbach mit der Grafschaft, die dieser sich auch vorsichtshalber 1650 von Braunschweig zu Lehn geben Hess. Hiergegen erhob Brandenburg, nach dem dreissigjährigen Kriege im Besitz der Herrschaft von Halberstadt, also auch der Lehen des Hochstifts, Widerspruch, mit welchem es zugleich einen Anspruch auf den Regenstein verband. 1662 wurde den Braun-

116 Halberetädter Landknis: Der Kegenstein (Geschieht«)

Schweigern die Burg durch brandenburgische Truppen genommen. Als 1671 das Leben dadurch erledigt wurde, dass Tättenbachs Neffe, Hans Erasmus, der ea nach jenem gehabt hatte, wegen Verschwörung gegen den Kaiser hingerichtet wurde, entstand neuer Streit zwischen Braunschweig und Brandenburg. Beider- seits wurde stark gerüstet, zuletzt aber die Sache durch Yermittlung des Kur-

Fig. 53.

fürsten von Sachsen an das Beichskamniergericlit übertragen. Dieses entschied 1697 für Braunschweig; da aber Brandenburg nicht nachgab, schleppte sich der Prozess weiter bis 1806, wo nach der Auflösung des Reichskammergerichts Preussen den Kegenstein behielt.

Als Festung wurde die Burg schon unter dem grossen Kurfürsten, 1671, nach Fargells Plänen angefangen auszubauen; die Mauern wurden allenthalben

Der BegenBteiD (BeBchreibung) 117

Terstärkt, der Turm ausgebessert, erbaut wurden ein Kommandantenhaus, 8 Baracken für die Besatzung, ein Zeughaus mit Erker, Uagazine, ein Backhaus, ein neues Kommandantenhaus 1730, ein Brauhaus und eine Windmühle, 17Ö6 auch eine Kirche, alle Wege wurden durch Bastionen geschützt Letztere führten die Namen: scharfe Ecke (nördlich vom Thore), Vogelgesang (grüner Hof), Friedrichsburg, Friedrich -Wilhelmsburg, Karlsburg. Die schon 1687 benutzte Festung war nie von besonderer Bedeutung und erwies sich ihrer zu schwachen Besatzung halber 1757, als Richelieu in Halberstadt war, als nutzlos. Nachdom sie damals dem Herzog von Agen ausgeliefert worden war, wurde sie im Februar 1758 vom Prinzen Heinrich von Preussen wiedergenoromen und geschleift

Fig. 54.

Kirche und Festung waren bis um 1880 zu Derenburg eingepfarrt. Jetzt gehört der Regenstein nur noch in Bezug auf die Forstverwaltung dorthin, politisch und kirchlich aber zu Langenstein.

Das Wappen der Grafen von Regenstein zeigt eine rote, von links nach rechts -gebogene Hirschstange (Fig. 53.)

Beschreibung: Die ungefähr 2,5 km lange und nur 0,3—0,7 breite Sandsteinmasse, deren Längsachse parallel mit der des Harzes, also wie dieser von West -Nord -West nach Ost-Süd-Ost streicht, zeigt einen mehr oder weniger schroffen Abfall nach Norden (Fig. 54) und einen etwas flachen Abhang nach Süden (Fig. 55.) Der wegen Verwitterung des Felsens sehr sandige Boden lässt nur einen spärlichen Waldbestand an Kiefern, Birken, Eichen u. dergl. zu, ist auch arm an Quellen. Die grösste Höhe im Nordwesten ist 260 m über dem

Halberstädter Landjcreis: Der Regenstein (B^sctireiban^)

Meer, erhebt sich über dem nördlichen Thale um 60—70 m, erscheint aber durch den steilen Absturz bedeutender. Namentlich von Osten oder von Westen ge- sehen wirkt die Masse des Regensteins höchst imposant.

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Während die Festungsniine ohne archäologisches Interesse und grösstenteils abgetragen ist, bietet die Burgruine (Fig. 56) das seltene Beispiel einer roh in

Der Regenstein (Beschreibung) 119

den Felsen gehauenen mittelalterlichen Ritterwohnung. Nur spärlich sind die Beste und Spuren einer Nachhilfe durch Mauerwerk, da sich aus dem Sandstein- felsen fast alle Käumlichkeiten ohne grosse Schwierigkeit herausarbeiten Hessen. Die Art, wie dies geschah, war eine äusserst rohe.

Die Felsenburg liegt auf der nordwestlichen Ecke auf engem Raum zusammen- gedrängt. Man gelangt zu ihr auf verschiedenen Wogen, verhältnismässig am bequemsten von Süden her; die nördlich hinaufführenden Pfade sind steil und beschwerlich. Von den Festungsruinen allein noch erhalten ist das bedeckte Thor A und der Rest einer Zugbrücke B. C, D, E, F, 6 bezeichnen entsprechend die Bastionen: scharfe Ecke, Friedrichsburg, Friedrich -Wilhelmsburg, Karlsburg, Vogelgesang. Die Buchstaben a, b, c, d, e, f, g, h, i, k bezeichnen verschiedene Gebäude der Festung, darunter a die Kommandantur, b die Schenke, e die Kirche, f, g und h Baracken, i den Kirchhof, k die Wirtschaftsgebäude. Im 17. Jahr- hundert soll dort ein Forsthaus gestanden haben. Wenn man sich vom Gast- hause, welches in die ehemaligen Wirtschaftsgebäude eingebaut ist, nach dem nördlichen Hange wendet, so umgeht man zunächst einen ruinenhafton Raum; sein Zweck ist unbekannt, vielleicht diente er zum Aufenthalt für einen Pförtner und hatte einen Überbau von Stein oder Fachwerk. Von hier tritt man in eine Durchfahrt, die, aus dem Felsen herausgehauen, sich fast ganz gerade durch das Gebäude hindurchzieht. Etwa in ihrer Mitte führt eine sehr geräumige Öffnung rechts in einen grossen, ziemlich dunkeln Raum, der gegenwärtig als Rittersaal bezeichnet wird und nach der nördlichen Lichtöffnung hin sich nischenartig erweitert. Dem vorerwähnten Eingange gegenüber blickt man in einen ebenso grossen Raum von gleicher Beschaffenheit, der als ehemalige Kapelle der Burg gilt. Der eigentliche Eingang ist von Süden her, der Fuss- boden ist östlich um eine Stufe erhöht; durch zwei Felsenluken erhält der Raum ein spärliches Licht. [Die capella Regen steyn, welche 1246 erwähnt wird, scheint dem h. Nicolaus geweiht gewesen zu sein, von welchem Reliquien dort auf- bewahrt wurden.] Bevor man die Durchfahrt verlässt, gelangt man rechts durch eine Öffnung in eine dunkle Kammer, hinter welcher, von aussen zu betreten, noch eine gleiche Kammer liegt. Ob über diesen Räumen noch Überbauten waren, ist zweifelhaft, da jede Spur fehlt. Südlich davor, etwas tiefer hinab, führen Freitreppen nach Nebenräumen, deren Zweck zweifelhaft ist. Bei dem sog. veilorenen Posten soll ein kleinerer runder Turm als Luginsland ge- standen haben. Unter die wenigen gemauerten Teile gehört namentlich der runde Berchfrit, welcher einen äusseren Durchmesser von 8,3 m und eine innere Weite von 2,3 m, also eine Wandstärke von 3 m besitzt. Die jetzige Höhe des Turms ist nur gering, nämlich 6 m. Auf der Südseite ist er stark beschädigt.

Im Felseneingange eines unterirdischen Raumes, der in seiner Fortsetzung

nach dem Blankenburger Schloss führen soll, befindet sich die eingehauene

Inschrift '

ANNO MXC I - DIE - ANNE

Darüber befindet sich dieselbe Inschrift in langgezogenen ungeschickten Minus- keln nochmals eingehauen. Letztere erscheint nach dem Duktus der Buchstaben älter als die erstere; sie kann aber auch nur höchstens vom Ende des 13. Jahr-

122

Halberstädter Stadtkreis: Ehoden Bimbek

Altargoräte: 1. Kelch, Höhe 0^19 m, von vergoldetem Silber, mit sechs- lappigem Fuss und sechzackigem Knaufe, woran die Buchstaben IHGSVS

2. Bleierner Kelch von 1669.

3. Silberne vergoldete Patene, Dm. 0,12 m mit graviertem Kreuze. Meister- zeicben L I S

4. Bleierne Patene mit Halberstädter Wappen. Dm. 0,12 m.

5. Bleierne Kanne 1748.

6. Oblatenschachtel von Silber, viereckig, 1805.

Der Chor der Kirche enthält ein Sakramentshäuschen, dessen an- seheinend dem 13. Jahrhundert angehörige eigentümliche Verzierung, ein Gesicht mit zwei Schwertern (mit Bezug auf Offen- barung 19, 15) zeigt. (Fig. 58.)

Von Epitaphien sind nur zwei nach- weisbar, das eine einem von Hoym gehörig, etwa von 1630, unter den Dielen im Lang- hause so gelegen, dass nur der Kopf sicht- bar ist; das andere dasjenige eines Pasturs Heinrich Julius Schade (f 1741).

Von Profangebäuden sind in Rh. bemerkenswert 1. Der Krug, ein 10 Fach breites Gebäude von 1548, verziert mit lang gestreckten Konsolen , Schiffskehlen mit Schnürrollen, ausserdem mit Fächerrosetten. 2. Das altertümliche Haus des Kossathen H. Temme, mit langen Konsolen und von unten bis oben durchgehenden Ständern.

3. Das Amtshaus, zweistöckig mit langen Konsolen und Zahnschnittverzierungen, welche auf eine Entstehung etwa um 1670 hinweisen und höchst wahrscheinlich machen, dass der in und bei Hornburg so vielfach beschäftigte Meister Heinrich Dünsing dieses Haus er- baut habe.

Rimbeck

Harzzeitechr. XXHI, 281.

Die Kirchenbücher gehen bis 1658 zurück und sind mit denen von Bühne vereinigt.

Rimbeke 1308, Kymbeke 1343, Rymbecke 1363, Rynbeke 1383, Reimbke 1564, Rimk 1607.

Dorf 31,2 km nordwestlich von Halberstadt an der Stimmecke. Es hatte 1564: 27 Hauswirte, jetzt 209 Einwohner, überwiegend evangelischer Konfession, deren Hauptbeschäftigung die Landwirtschaft ist.

Archidiakonat: Osterwieck.

Geschichte: Grafschaft und Gericht w^ar bis 1343 regensteinisch, von da an wernigerödisch. Im selben Jahre wurde R. von den Regensteiner Grafen an die Herzöge von Braunschweig verkauft, gleichzeitig mit Stötterlingenburg,

Rimbeck (Kirche) Roclum 123

Ton dessen Besitzungen es einen Teil bildete. Das Dorf wurde 1363 geraeinsam mit Wülperode, zu dem es damals gehörte, an die von Gowisch verpfändet. 1383 kam es ebenso an die Gebrüder von Kössing (Rottinge). Die Pfarre war 1607 unter dem Patronat des Domkapitels, heute ist sie im Wechsel zwischen der Gemeinde und der Regierung, welche letztere vor 1890 es allein wahrnahm. Ein Pfarrer Nandewig in R. starb 1314. (vergl. H.-Z. 1872, p. 322.) 1564 war die Pfarre, so wie sie es noch jetzt ist, Filial von Bühne, dessen Kirche zeitweise von den Einwohnern von R. benutzt wurde, während sie ihre eigene Kirche nicht gebrauchten.

Flurnamen: 1564: Unser Lieben Frauen Winkel; 1589: Die Papenhegge,

Die Kirche hat im Schiff eine Länge von 16,0 m und eine Breite von 9,55 m und ist im halben Achteck geschlossen. Sie hat einen Ziegelfussboden und eine gewölbte Holzdecke, die früher bemalt war, was bei der Restauration 1895 vertilgt ist. Das Schiff ist 1747 erbaut worden. Der Turmbau (4,74 m 1., 5,93 m br.) stammt aus der Renaissanceperiode. Kr öffnet sich gegen das Kirchenschiff mit einem grossen Bogen. Eine spätgotische Thür des 15. Jahrhunderts ist von einem älteren Kirchenbau erhalten geblieben und an der Nordseite des Turmes mit eingebaut worden. Ihre überschlungenen Gewändestäbe laufen in ge- wundene Säulenfüsse aus. Die Kirche ist aus Roggenstein von Wöltingerode und Kalkstein vom Fallstein erbaut worden.

Glocken: 1. Durchm. 0,80 m, gegossen von Heise Meyer in Wolfenbüttel. 2. Durchm. 0,61 m, gegossen von Wilh. Engelcke in Halberstadt 1855. (ümguss einer älteren.)

Der Altar, geschnitzt und bemalt, zeigt die Figuren von Petrus, Moses, Paulus und Johannis Evang. Anfang 18. Jahrhunderts.

Die Kanzel gehört mit zum Altar.

Die Orgel ist modern, desgl.

der Taufstein nebst dessen Becken.

Ein altes Taufbecken von Messing ohne Verzierung ist datiert 1662. Ein Taufengel, bemalte Holzschnitzerei, ist aus dem 18. Jahrhundert

R. besitzt noch zwei Häuser vom Ende das 16. Jahrhunderts Nr. 18 und 21.

Die Saumschwellen sind mit etwas gedrückten Schnürrollen verziert, die Konsolen

sind gestreckt mit querlaufenden Schnitzereien. Am letztern Hause Rest

einer Inschrift:

. . . HRADER CATHARINA . . .

Roclum

Einige Auskunft über die friihere Geschichte von W, geben die Kirchenbücher, die indes nur bis 1650 gehen.

Harzzeiteehr. XXII, 260; XXIII, 280.

Rekele 1159; Ruchele, Rokel 145(); Rochein 1605. Eine falsche Etymologie brachte den Namen in Verbindung mit dem „Rok", welcher Heinrich dem Löwen vom verbrannten Halberstadt bis hier nachgefolgt wäre.

Dorf 28,8 km nordwestlich von Halberstadt. Der Ort hatte 1564: 40,

124 Halberstädter Landkreis: Boclum (Geschichte Kirche)

1589: 50 Hauswirte, jetzt 900 Einwohner, überwiegend evangelischer Konfession; nur wenige Katholiken sind vorhanden. Ausser der Landwirtschaft giebt einigen Unterhalt der Betrieb einer grossen Zuckerfabrik.

Archidiakonat: Kalme (Kalium).

Geschichte: Der Ort stand 1397 unter dem Schutz der Herzöge von Braunschweig, der Zehnte gehörte dem Domprobst von Halberstadt von alter Zeit her. Ihm unterstand auch die 1160 und 1307 genannte Probsteimeierei. 1606 wurde wiederzum erstenmal seit 40 Jahren ein Zehntner angestellt. Die angeblich durch Heinrich den Löwen gegründete Kapelle stand unter dem Patronate der Domprobstei.

Die Kirche ist 1868—69 wieder hergestellt Das Schiff hat eine Länge von 22,0 m und eine Breite von 6,50 m. DieApsis ist bereits jetzt in schlechtem baulichen Zustande. Die Altamische ist um zwei Stufen erhöht hinter /einem grossen Triumphbogen. Die Decke ist von Holz und gewölbt Fenster giebt es nach dem Altar gesehen rechts vier, nebst zwei Oberlichtern, links zwei kleine. Der Turmbau ist in seinem unteren Teile noch romanisch und öffnet sich gegen das Kirchenschiff mit zwei Kreisbögen auf Kämpfern. Der Turm selbst zeigt zwei rippenlosse Kreuzgewölbe.

Glocken sind vier vorhanden: 1. Durchm. 0,97 m, gegossen von Heiso Meyer in Wolfenbüttel 1777, 2. Durchm. 0,94 m, und 3. Durchm. 0,52 m, beide gegossen von Johann Georg Gettwerth in Halberstadt 1796 bezw. 97, 4. eine kleide Glocke, die unerreichbar ist

Der Altar ist modern. [Ein ehemals vorhandener Schnitzaltar ist ver- schwunden.]

Die Kanzel ist modern und unbedeutend.

Die Orgel, ohne Kunstwert, stammt von ungefähr 1760.

Der Rest eines sechseckigen romanischen Tauf Steines steht im Vorraum (Fig. 59.) Im Gebrauch ist ein modernes, wertloses Stück. [Ein ehemals vorhandener Taufengel ist abhanden gekommen.]

Altargeräte: 1. Ein Kelch, Silber ver- goldet, 0,19 m hoch, mit sechslappigem Fuss zeigt an demselben ein kleines Kruzifix. Am Knauf steht IHESVS. Der Name des Pastors Johann Mack deutet auf die Mitte des 17. Jahr- hunderts. 2. Desgl., Silber, 0,22 m hoch, unten mit einem kleinen Kruzifixus nebst Maria und Johannis. Halberstädter Beschau, Meisterzeichen D T 1722. Dauert ist der Kelch 1724. 3. Oblatenschachtel. Silber. Frank- furter Beschauzeichen. Meisterzeichen (^^ Mitte 17. Jahrh. 4. Kleiner

durchbrochener Löffel, Silber vergoldet 5. Patene, Silber vergoldet, Zeichen wie beim Kelch 1 mit auf dem Kande eingraviertem Kreuz im Kreise, Dm. 0,16 m. 6. Patene, 17. Jahrhundert Material, Grösse und Verzierung dieselbe. *•

Boclum (Kirche: Ausstattung) Hohrsheim (Geschichte) 125

Ein Kruzifix, in Holz geschnitzt, stammt aus dem 17. Jahrhundert.

In der Turmwand oben bei den Glocken finden sich zwei Sandstein- reliefs, kleeblattförmig gestaltet, eingelassen. Das eine stellt Maria auf dem Halbmonde dar, darunter die Unterschrift: Julius Sunnerman; das andere ist die freie Kopie desselben, unten steht Margaretha Fi . . . Die Höhe der Figur ist 0,51 m.

In der Kirche befindet sich das Epitaph des Dardesheimer Amtmannes Arnold v. Landsberg, geb. 1588, f 1637. Es weist sein und seiner Frau Wappen, ausserdem Sprüche u. s. w. auf. [Von dem Begräbnis des Dom- dekans Caspar v. Kannenberg, f 1605, ist nichts mehr zu entdecken].

Am Eingange zum Kirchhofe ist ein Stein (Fig. 60) eingemauert, welcher ein 0,60 m breites, von 1507 datiertes Kreuz zeigt.

Von Privathäusern aus älterer Zeit ist nur eins , No. 21 , vorhanden. Es sind daran ^^- ^'

noch 4 grosse Fächerrosetten erkennbar; bei der

einen trifft die zugehörige Säule nicht ihre Mitte. Die Schwelle ist mit etwas gedrückten Schnürrollen verziert.

Rohrsheim

Handschriftliche Chronik, verfasst vom Kantor H. Clajus zu BohrBheiin. Die Kirchen- bücher reichen bis 1673 zurück Ein sog. Lagerbuch ist im 18. Jahrh. angelegt worden ; es bietet viel historisch Wichtiges. Harzzeitschr. X VIII, 1Ö2. 169; XX, 8; XXII, 41u.ö.

Kareshem 941; Roreshem 945; Roresheim, Roresheym, Ende 11. Jahr- hunderts; — Rorsheim 1194; Rorsum, Rorsem, 1316; Rorsum 1358; ßorssem 1484; Rorsem 1497; Rorszenn, Rorssen, Rorsseim, Rorszeinn, 1498; Rorsym 1527; Rosem 1539; Rhorshem, Rorschem, Rorsshem, 1563. Der Name mag aus der in der sumpfigen Gegend häufigen, früher massenhaften Vegetation von Schilfrohr herzuleiten sein.

Dorf, 20,6 km nordnordwestlich von Halberstadt am kleinen Bruche, mit 1175 Einwohnern, welche der Konfession nach evangelisch (nur wenige katho- lisch) sind, und deren Haupterwerb die Landwirtschaft bildet.

Arcliidiakonat : Dardesheim.

Die Geschichte von Rohrsheim kann hier kurz behandelt werden, da sie zum grössten Teile mit derjenigen der Westerburg eng verknüpft ist. Ich ver- weise daher auf das betr. Kapitel der Ergänzung halber. Der amtliche Zusammen- hang beider Ortschaften erhielt sich bis zur Errichtung des westfälischen König- reichs. — Der Ursprung von R. ist in Dunkel gehüllt; jedenfalls bestand der Ort schon 941; er gehörte damals zu dem Gebiete des Grafen Thietmar. Gericht und Grafschaft wurden späterhin regensteinisch und blieben es auch nach 1358 bis zum Aussterben der Regensteiner. Ein Zehnter von Geld, Fleisch und Früchten gehörte seit 1086 und nachweislich noch 1499 dem Kloster Ilsenburg. Aus letzterem

126 Halberötädter Landkreis: Eohrsbeim (Geschichte Kirche)

Jahre giebt es eine Nachricht, welche für den damaligen umfang der Bevölke- rungszahl von Wichtigkeit ist. Man unterschied nämlich die dem Kloster zur Lieferung von Zehnthühnem Pflichtigen in Osterlinghe, Midderlinghere und Westerlinghe. Der ersteren werden 23, der mittleren 19, der letzteren 27, zu- sammen also 69 Namen genannt. Die Bezeichnung „die österlingischen*' ist noch heute üblich, desgleichen die Einteilung des Ortes in die Nachbarschaften Mitteldorf, östernstrasse (ostemstraten 1515) und Westendorf, wozu seit Alters noch die sog. Kliebe, der Schüttewall und die Missgunst als jüngere Ansiedelungen kommen. Ausser den Regensteinem und Ilsenburg erhob das halberstädtische St. Bonifaziusstift und 1457 durch Verleihung des Bischofs Burchard v. Warberg auch Graf Heinrich von Stolberg Zins in R Mit Regenstein wurde unter dem Bischöfe Heinrich Julius auch R. braunschweigisch. Die weiteren Besitzverän- derungen decken sich mit denen von West^rburg. Die Reformation wurde erst am Ende des 16. Jahrhunderts eingeführt; der erste evangelische Pfarrer hiess Andreas Siegfried. Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts brachte durch die Plünderungen der Franzosen 1757 und einen verheerenden Brand am 19. Juni 1770 vielerlei Unglück über den Ort. Dennoch gelangte dieser bald wieder zu Wohl- stand, der sich besonders in unserem Jahrhundert seit Einführung des Zucker- rübenbaus sehr gehoben hat. Das Wappen des Ortes zeigt drei Rohrkolben.

Flurnamen finden sich in sehr grosser Zahl, aus dem Jahre 1467/68 überliefert, im zweiten Bande des Ilsenburger Urkundenbuches p. 505— 508.

Die Kirche enthält als Grundbestandteile die Reste einer schönen roma- nischen Kirche, welche etwa im 12. Jahrhundert erbaut sein mag, wofern die erhaltenen Ornamente nicht bereits Zuthat zu einem älteren Bau waren, übrig ist noch der Turm, der eine äussere Länge von 8,15 m und Tiefe von 8,32 m hat Verzierungen fehlen, die viel spätere Spitze ist mit Schiefer gedeckt. Ferner ist von dem romanischen Bau noch vorhanden ein Portal an der Südseite, jetzt durch eine Vorhalle bedeckt. Es besitzt ein schmuckloses Tympanon, rechts und links stehen noch je eine romanische Säule, links mit Blattkapitäl, rechts mit Ornamentkapitäl. Der Abakus ist bei beiden steil abgeschrägt, der linke Schaft cylindrisch, der rechte achteckig, die Basen haben Eckblätter. Das Ganze ist von einem starken Rundstabe unter einer gleich weit heraustretenden breiten Leiste umrahmt. Die Stelle des Triumphbogens im Innern ist noch durchaus erkennbar. Desgleichen lässt sich unschwer feststellen, dass die alte Kirche 4,12 m schmäler war als die jetzige, welche eine Breite von 11,67 m besitzt bei einer Länge (diese ist unverändert geblieben) von 25,09 m. Die Erweiterung, welche mit der fast völligen Verderbnis des alten Baus, die höchlich bedauert werden muss, zugleich 1753 vorgenommen wurde (eine Inschrift über der nörd- lichen Thür giebt darüber Auskunft) erstreckt sich lediglich auf die nördliche Seite, sodass der Chor unsymmetrisch zum Schiffe stehen geblieben ist. Er zeigt geradlinigen Schluss und ist um zwei Stufen erhöht. Die Decke der Kirche ist ein hölzernes Tonnengewölbe. Fenster sind auf der nördlichen wie auf der südlichen Seite -je fünf, im Chor zwei. Sie zeigen zum Teil Malereien, die modern sind.

Glocken sind drei vorhanden. 1. Dm. 1,52 m, gegossen 1865 durch W. Engelcke in Halberstadt; 2. Dm. 1,30 m, gegossen 1717 durch Christ. Ludw,

Rohrsheim (Kirche: Ausstattung Profangebäude Alte Sitte) 127

Meyer in Braiinschweig; 3. Dm. 0,85 m mit der gotischen Minuskelumschrift AUE MARIA GRA Hh

Den Altar schmückt ein Schnitzwerk von 1661, in welches Malereien ein- gesetzt sind. Ausser den vier Evangelisten sieht man Moses am brennenden Busche, die Kreuzigung, den Hohenpriester als Symbol des alten Bundes, oben die Auferstehung, an der Predella das Abendmahl.

In gleichem Stile, mit reicher Anwendung von ohrenartigen Ornamenten, ist das Gestühl gehalten.

Die Emporen sind in ihren Füllungen mit massigen Malereien aus der- selben Zeit bedeckt, wobei sich die Arbeit mehrerer verschiedener Hände unter- scheiden lässt. Dargestellt sind Christus, die Apostel, die Evangelisten und biblische Scenen.

Auch die Kanzel, deren Schalldeckel besonders schmuckvoll ist, stammt aus gleicher Zeit; sie ist mit sieben Apostelfiguren geschmückt

Die Orgel ist ein massiges Scbnitzwerk des 18. Jahrhunderts.

Von Altargeräten sind vorhanden: 1. ein Kelch von 1685, 0,20 m hoch.

Beschau Greif, Marke ^. Unten Chiistus als guter Hirte. Vergoldetes Silber;

2. Kelch 'von 1697, 0,19 m hoch, dieselbe Beschau, Marke CM. Am runden Knaufe das Wort IHCSVS. Vergoldetes Silber; 3. Patene. Dm. 0,18 m. Mit graviertem Kreuz. Beschau und Marke wie bei No. 2 ; 4. Patene. Dm. 0,15 m und 5. desgl., Dm. 0,13 m. Beide aus vergoldetem Silber mit eingraviertem Kreuz.

Epitaphien: 1. Kalksteinerne Erinnerungstafel für ein sehr junges Mädchen, welches in Lebensgrösse vor dem Kruzifix kniend dargestellt ist. Die Erhaltung ist sonst sehr gut, nur die Unterschrift, die u. a. den Namen enthielt, ist grossen- teils durch Feuchtigkeit zerstört. Schöne Gewandfigur des 16. Jahrhunderts; 2. Epitaph der Familie Stoff regen. Mit fünf Bildnissen. Gegen 1720; 3. Epi- taph eines Pastors, der mit seiner Familie vor dem Kruzifixe kniet; Scbnitzwerk vom Ende des 17. Jahrhunderts; 4. Epitaph des Henni Adolph v. Steinberg (t 1684). Oben sein Portrait; darunter die grosse Darstellung des armen Lazarus, der die Steinbergschen Gesichtszüge hat. Das Ganze ist von gedrehten Säulen flankiert, die mit Blattwerk geschmückt sind, und mit vielen Wappen umgeben.

Von anderen Gebäuden ist nur das alte Pfarrhaus zu erwähnen, welches in der Mitte des 17. Jahrhunderts erbaut wurde. Architektonisch ist es ohne Interesse. [Urkundlich erwähnt sind ausserdem: das Siechenhaus 1468, das Hirtenhaus 1483, der Pfarrhof 1498. Der Kirchhof St. Martini in der Osternstrasse wird 1515 und w^ahrscheinlich schon 1468 genannt.]

In R. besteht noch jetzt der alte Gebrauch des sog. Kassentragens. Die „Kassen'' sind lange hölzerne Kerzenhalter, reich mit Rauschgold umwickelt; sie werden bei Begräbnissen (ehemals auch bei Hochzeiten) mit einer brennenden Kerze besteckt und vom Leichengefolge in den Händen getragen. Der Gebrauch dürfte als Rest des katholischen Kultus anzusehen sein.

128 Halberstädter Landkreis: Sargstedt (Geschichte Kirche)

Sargstedt

Die Kirchenbücher gehen bis 1685 zurück.

Serkstide 1084; Siricstedi 1114; Sircstide 1193; Hui-Sircstide 1195; Sericstede 1197; Sirxstede 1237; Sergestede, Sergestide 1243; Seric- stide 1249; Serichstide, Serkstide 1250i Serkestede 1288; Serichstede 1293; Serchezstede 1297; Serchstede 1302; Serxstedhe 1311; Sarx- stede 1312; Serxstede 1318; Schergstede 1322; Zercstede 1331; Scer- stede 1341; Sercstete 1358; - Serchstete 1359; Starkstede 1453; Sarxtede 1483.

Dorf, 6,8 km nordnordwestlich von Halberstadt am Huy, am Runstedter Bache, mit 1100 Einwohnern (1564 wurden 50, 1589 16 freie und 36 unfreie Hauswirte gezählt) evangelischer Konfession nur 41 sind katholisch deren Haupterwerb die Landwirtschaft bildet.

Archidiakonat: Halberstadt.

Geschichte: S., auchHuy-S. genannt zum Unterschiede von Bod-S. (Nien- hagen) wird, obwohl es unzweifelhaft von höherem Alter ist, doch erst Ende des 11. Jahrhunderts urkundlich erwähnt. Es gehörte zu den bischöflichen Meierei- dörfem, und der Meier stand in solchem Ansehen, dass er gelegentlich (1283) sogar als Mitglied des bischöflichen Konsiliums mitwirken durfte. S. gehörte zu dem Dingstuhl von Utzleben, stand also unter regensteinischer Gerichtsbarkeit, welches Verhältnis jedoch nicht über 1358 fortdauerte. Das Patronat der Kirche war seit alter Zeit Vorrecht des Klosters Huysburg, welches im Dorfe auch be- gütert war und seinen Meier dort hielt, dem gegenüber jedoch die Bauern in keiner Abhängigkeit standen. Heute ist das Patronat königlich. Besitzungen in S. hatten sonst noch: das Kloster Borchhorst (im Bistum Münster), dessen Güter dort jedoch noch im 13. Jahrhundert an den halberstädter Siechenhof übergingen; das halberstädter Jacobikloster (1262); das halberstädter Liebfrauenstift (1268); die Familie v. Berwinkel als Lehensträger des Domkapitels (1302); auch das halberstädter Johannisstift.

Flurnamen: Die „lütge Mark" (qui marche vulgariter nuncupatur. 1294) zwischen S. und Klein-Runstedt; ein Waldfleck, genannt „holtblech" 1341; der Sargstedtische Graben 1483.

Die Kirche. [Ein sacerdos wird 1199 erwähnt. Bei der Revision 1589 fand sich, dass sie einen neuen Turm, neues Dach und neue Uhr hatte; alles zusammen hatte nur 80 Gulden gekostet. Dass der Turm damals nicht „neu" war, zeigt seine Gestalt noch jetzt. S. u. Ein neuer Altar war damals gestiftet von Eggert Runstedt] Das Schiff ist 1829 erbaut, der Turm aber stammt noch aus romanischer Zeit. Er hat gekuppelte dreifache Fenster mit schlanken vierkantigen Pfeilern dazwischen, auf denen breite Kämpfer ruhen. Die Fenster sind zum Teil erneuert, zum Teil vermauert.

Die drei Glocken haben 1,24 bezw. 1,14 und 0,38 m Dm. Die grösste ist 1710 von Christian Ludwig Meyer in Braunschweig gegossen; die mittlere verfertigte 1617 Heinrich Borstelmann in Magdeburg; sie zeigt auf einer Seite eine Darstellung der h. Dreieinigkeit, auf der entgegengesetzten die Kreuzigungs-

r

Sargstedt (Kirche: Ausstattung) Schauen l29

gruppe mit Maria und Johannes. Die kleinste Glocke ist 0,56 m hoch, hat keine Inschrift und ist augenscheinlich von hohem Alter.

Zwei zinnerne Leuchter sind von 1718 datiert.

Eine schöne Alt ardecke von gemusterter Seide ist von 1773.

Von Altargeräten sind vorhanden: 1. ein Kelch von vergoldetem Kupfer, datiert 1584. An dem sechslappigen, mit rundem Knaufe versehenen Fasse besagt eine absichtlich verwischte, jedoch noch erkennbare Inschrift dass dieser Fiiss ehemals zu einer Monstranz gehörte. Höhe des Kelches 0,15 m; 2. ein Kelch von vergoldetem Silber, sechslappiger Fiiss, runder Knauf, 1661. Höhe 0,22 m; 3. ein Kelch von vergoldetem Silber, Gestalt ähnlich wie bei Nr. 2; ara Fusse eine silberne Kreuzigungsgruppe; 1717; Höhe 0,26 m; 4. Patene von Kupfer; Dm. 0,12 m; 5. desgl. von vergoldetem Silber mit eingraviertem Kreuz; Dm. 0,14 m; 6. dosgl , vergoldetes Silber mit graviertem Kreuz, Halberstädter Bescliau, Zeichen MG. Dm. 0,17 m; 7. eine runde Oblatenschachtel. Silber. Halberstädter Beschau, Zeichen MG. Datiert 1697. Dm. 0,14 ra.

Alle übrigen Aasstattungsgegenstände der Kirche sind modern.

Von den andern Gebäuden des Dorfes bietet keins ein wesentliches Interesse. [Urkundlich erwähnt werden 1453 das Küster- und das Hirtenhaus.]

Eine nicht unbeträchtliche Sammlung prähistorischer Gegenstände befindet sich im Besitze des Lehrers Germann. Fundstätten von Urnen und der- gleichen sind am Thieberge und am Halberstädter Wege, letztere Stelle im Besitze des Landwirtes K. Sievers IL

Schauen

Keinicke, Geschichte der freien Reicheherrschaft Scliauen. Die Kirchenbücher gehen bis 1691 zurück. Harzzeitschr. III, 358ff. XIT, 182. 331. XVIII, 504, XXIII, 504 u. ö.

Scann in pago hardago 973; Scouwe, Wester-Scouwe 1203; Vester- Scowenl246; Schowenl255; Monnecke-Schowen, Moneke-Scouwen 1281; Monke-Schowen 1309: Schowel317; Schauingen 1564 ; Schouwen 1624; die Namensdeutung ist unklar.

Dorf mit grossem Rittergute 23,8 km nordnordwestlich von Halberstadt beim güldenen Bache, mit 730 Einwohnern (1589 = 44, 1665 = 40, 1685 = 50—60 Hauswirte), von denen nur wenige katholisch, die übrigen evangelisch sind und deren Hauptbeschäftigung ausser der Landwirtschaft besonders die im benach- barten Osterwieck betriebene Handschuhfabrikation, Färberei und Gerberei ist.

Archidiakonat : Osterwieck.

Geschichte: Der Ort Schauen, welcher vielleicht schon in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts existiert hat, wird urkundlich zuerst am 4. Juni 973 in einer Besitzbestätigung Otto H für das Erzbistum Magdeburg als scann in pago hardago genannt. Immerhin ist zweifelhaft, was damit gemeint ist, weil derselbe Name vier verschiedenen Ortschaften beigelegt wurde. Man unterschied Süd-Sch. (das jetzige Vorwerk Schauenteichen westlich von Wasserleben), Bruch- schauen (s. Wüstungen), Wester -Schauen und Mönch -Schauen, welche beiden letzteren Namen bis Ende des 13. Jahrhunderts als gleichbedeutend neben ein- ander gebraucht wurden. Für Mönch-Sch. (H.-Z. XXIII, 369) kommt auch der Name Hof-Sch. vor. Die grangia Seh. war 1200 im Besitze von Walkenried. Bruch-

Krela UiOtientadt. 9

130 Halberstädter Landkreis: Schauen (Geschichte)

schauen wurde schon im frühen Mittelalter wüst. Der Bischof von Halberstadt erlaubte 1309 dem Kloster Walkenried, die Kirche abzubrechen, weil die Befürchtung vorlag, dass sie wegen ihres festen Turmes gelegentlich einem Feinde als Stützpunkt dienen könnte. Der Altar, die Reliquien und die vom Kirchhofe erhobenen Leichname wurden nach Mönch-Sch. überführt. Als älteste Besitzer des Gutes Schauen sind die Herren von Schauen noch 1327 verbürgt, deren Familie noch im 15. Jahrhundert nachweisbar ist. Seit Ende des 12. Jahr- hunderts sind auch die Herren von Kotze dort begütert gewesen. Schon 1264 finden sich ferner die Grafen von Stolberg in Schauen im Besitze gewisser Rechte, unter andern der Vogtei über die Mönchschauener Kirche. Diese ge- hörte zu dem Archidiakonate des Probstes von Stötterlingenburg, stand unter bischöflichem Patronate und kam 1281 in den Besitz des Klosters Walkenried, welches freilich zunächst von ihr keinen Gebrauch gemacht zu haben scheint. Dieses Kloster hatte seit dem 12. Jahrhundert Besitzungen in Schauen er- worben und einen Klosterhof daselbst eingerichtet. (Ein Kloster hat es in Schauen nie gegeben.) Da nun die Walkenrieder Vogtei in den Händen der Grafen von Regenstein lag und diese damit ihre Macht auch auf die in Schauen belegenen Besitze des Klosters ausdehnten, so entstand daraus eine lange Kette von Streitigkeiten, die dazu führten, dass den Regensteinern am Anfange des 13. Jahrhunderts die Schauener Vogtei gekündigt und dem Grafen von Molden- berg gegeben wurde. Die Folge war 1323 eine furchtbare Plünderung Schauens durch die Regensteiner, jedoch verzichteten diese 1328 auf die Vogtei, behielten aber die Gerichtsbarkeit, bis auch diese 1343 von ihnen an die Grafen von Wernigerode abgetreten wurde. Im 15. Jahrhundert entspann sich zwischen diesen und dem Bischöfe um Schauen ein Streit, welcher noch am Ende des 16. Jahrhunderts fortdauerte. 1530 verkaufte Walkenried den Hof Schauen an die Stoiberger, die ihn samt dem Dorfe 1546 an Ulrich von Weferlingen ver- pfändeten. Als Walkenried sich dann später bemühte. Schauen wieder zu erlangen und die Stadt Osterwieck sich erboten hatte das Geld dazu vorzu- strecken, weigerten sich die Stolbcrgcr und setzten es mit Hilfe des Oberlehns- herm Joachim II von Brandenburg und schliesslich durch Urteil des Reichs- kammergerichts (1581) durch, dass sie im Besitze verblieben. Demgemäss ist damals die Vogtei stolbergisch, während die Pfarre der geschichtlichen Ent- wicklung gemäss unter Walkenriedischem Patronate verblieb. 1601 verpfändeten die Stoiberger Schauen an Statz von Münchhausen, dem sie es 1610 für 4320 Thaler und 4(X)0 Goldgulden abtraten. 1616 gelangte der Ort für 65000 Thaler in den Besitz des Domkapitels. Im 30 jährigen Kriege hatte Seh. während der Belagerungen von Osterwieck schwer zu leiden. Damals verloren die Stoiberger die letzten noch behaupteten Rechte in Schauen, welches nach 1648 reichs unmittelbares Lehen der Herzöge von Braunschweig-CcUe wurde. Heute ist die Herrschaft Schauen im Besitze der Reichsfreiherrn Grote, der Erbschenken des Fürstentums Halberstadt Alles Nähere vergleiche in dem oben angeführten Buche von Reinicke.

Flurnamen: Sulczwiese, Münnichsgraben 1619.

Die Kirche, ein kleiner Bau, welcher mit Benutzung geringer Stücke einer älteren Kapelle 1690 erbaut ist, bietet architektonisch kein Interesse. Auch die Ausstattungsgegenstände sind geringfügig.

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Schauen (Kirche: Ausstattung) Stotterlingen 131

In dem Dachreiter hängen 2 Glocken. Die grössere hat 0,93 m Durch- messer und ist 1723 gegossen, die kleinere, welche ohne Schrift ist, lässt sich nicht erreichen.

Der Altar ist eine weiss bemalte Schnitzerei des 18. Jahrhunderts und enthält ein Gemälde, die Jünger in Emmaus darstellend.

Der schmiedeeiserne Tauf Ständer trägt ein messingnes Taufbecken ohne Schmuck.

Die Orgel ist von 1778.

Ausserdem enthält die Kirche das Bildnis eines Pastors, zwei in Seide gestickte Wappen, ursprünglich aus einer Altardecke, jetzt eingerahmt. Dieselben beiden Wappen (eins ist das Grote'sche) befinden sich in einem der Fenster.

Altargeräte: 1. Kelch, Silber vergoldet, Höhe 0,23 m, 18. Jahrhundert; 2. Paten e, Dm. 1,16 m, mit graviertem Kreuz im Kreise, Silber vergoldet.

ßraunschweiger Beschau, Meisterzeichen K und ^^ 3. Silberne Kanne, Höhe

0,25 m, gestiftet von Eleonore Reichsfreiherrin Grote, geb. v. Marenholtz. Anfang 18. Jahrhunderts. 4. Silberne Oblatenschachtel, Dm. 0,11 m, Braunschweiger

Beschau, Zeichen ^^j dieselbe Herkunft. 5. Ovale Oblatenschachtel in getriebenem

Silber mit Eierstab Verzierung und gekräuselten Rändern, sowie mit dem Marenholtz 'sehen Wappen, Dm. 0,09.

Die Profangebäude Schauens bieten nichts Interessantes. Am Gutsthore befindet sich ein Wappen mit der Inschrift : VON GOTTESGNADEN CHRISTIAN LUDOWIG HERTZOG ZU BRAUNSCHW VND LUNEBU. Unten steht SINOERE ET CON8TANTER.

[Die Schenke zu Schauen wird 1590 erwähnt.]

Auf dem Gute des Reichsfreiherrn Grote befinden sich bedeutende Samm- lungen von Büchern (8000 Bände), Münzen, Siegeln (etwa 6U00), Kupferstichen und Gemälden.

Stotterlingen

Siehe auch Stötterlingenburg.

Ein Tagebuch, welches Nachrichten, die Pfarre zu St. betreffend, enthält, ist 1823 vom Pastor Frd. Wilh. Gronau angefangen und bis heute fortgeführt. Die Kirchenbücher gehen bis 1628 zurück. H.-Z. III, 232—234. VI, 542.

Stotterlinge 1106; Stoterling 1308; Stetterlinge 1545; Stodter- lingk 1553.

Dorf 27,8 km westnordwestlich von Halberstadt, unweit der Ilse, hatte 1564 44 Hauswirte, jetzt zählt es 396 Einwohner, evangelischer Konfession, deren Haupterwerb die Landwirtschaft ist.

Archidiakonat: Osterwieck.

Geschichte: Als Ort wird St. schon im 10. Jahrhundert, als villa 1249 erwähnt, wo wir auch von Besitzungen des Klosters Stötterlingenburg hören. 1399 wurde es vom Bischof Ernst mit Wülperode und andern Orten an die von

132 Halberstädter Landkreis: StötterÜDgen (Kirche)

Rössing und Genossen verpfändet. 1412 von Bischof Albrecht an die von der Asseburg. Ein Zehnter wurde 1457 dem Grafen Heinrich von Stolberg zu Lehen gegeben. Die Gerichtsbarkeit hatten bis 1606 die Kössings auf Wülperode, erst damals wurde der Ort Stcitterlingenburg zugeordnet. In jenem Jahre wurde auch beschlossen, Verbesserungen in dem Dorfe vorzunehmen, über dessen Armut schon 1589 geklagt wird. Die Pfarre stand immer unter dem Patronat des Klosters, heute unter dem der Frau Rittergutsbesitzer von Lambrecht auf Stötterlingenburg.

Flurnamen: 1370 die Wellen, die Mene, das Molenstal; 1470 die lange Wiese, „an dem watere, de Scholeke genannt" bei der Ilse; 1564 vor dem Therm, vor dem Teich, bei dem Goslar 'sehen Berge.

Die Kirche, für gewöhnlich Gottes Gnaden Kirche genannt, ist 1726 mit Erhaltung der romanischen Turmpartie und der nur mit andern Fenstern ver- sehenen Nordwand, sowie eines von 1629 datierten Osteinganges neu erbaut worden. Das Kirchenschiff, welches im halben Achteck geschlossen ist, ist 19,5 m lang und 9,3 m breit und mit einem hölzernen Tonnengewölbe ein- gedeckt. Der Turm, aus Bruch- und Feldsteinen erbaut, ist nur im untern Geschoss erhalten, das obere Geschoss ist durch einen hässlichen Ziegelaufbau ersetzt. Er hat eine Tiefe von 4,75 m bei einer Breite von 8 m. Der 1726 ausgeführte Neubau bedeutete also eine Erweiterung des Kirchenschiffes, die in der Weise ausgeführt wurde, dass man die Südwand über die ent- sprechende Seite des Turmbaues um 1,65 m hinausrückte. Gegen das Schiff öffnet sich der Turm mit einem grossen Halbkreisbogen. Nicht unmöglich wäre es, dass der Turm, wie der in Stötterlingenburg, ehemals ein Paar Zwillingstürme getragen hat, da seine Breite für einen einzigen Turm zu erheblich scheint Einen Westeingang hat die Kirche niemals gehabt. An der Stelle, wo ein solcher sein würde, ist ein kleines steinernes Kreuz eingemauert. Neben dem nörd- lichen Seiteneingange scheinen zwei Balkenroste an der Aussenseite der Kirchen- wand auf die ehemalige Existenz eines Vorbaus hinzuweisen.

Glocken: 1. Durchm. 1,08 m. Gegossen von C. H. Knoblauch in Halber- stadt 1786. Ein darauf befindliches Gedicht fängt folgendermassen an:

Schon lange schnarrt ich stark und

heiser war mein Schall Im zarten Ohr erweckt ich Eckel überall Doch durch der Gönner Gut und der

Gemeinde Gahen Die Wunsch und Vorsatz jetzt geneigt

erfüllet haben Bin ich nun ganz erneut etc.

2. Eine kleine Glocke Ton bedeutendem Alter, Durchm. 0,54 m, Höhe 0,57 m, auf 4 Seiten unten mit einem Kreuze innerhalb eines Vierpasses verziert.

Der Altar und die mit ihm zusammenhängende

Kanzel zeigen reiches Schnitzwerk, dessen ehemaliger Anstrich beseitigt ist. Links sieht man Moses, rechts Christus, Anfang 18. Jahrhundeit

Vor der Orgel befindet sich eine aus dem 17. Jahrhundert stammende geschnitzte und bemalte Brüstung olme besonderen Wert.

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Stötterlingen (Kirche: Ausstattung) StötterÜDgenburg (Geschichte) 133

Das Taufbecken stammt von 1882, ausserdem existiert ein alter hölzerner bemalter Taufstein aus dem 17. Jahrhundert

Von den Bildern in der Kirche verdienen nur zwei Beachtung: 1. das Bildnis des Pastors Joh. Blume (f 1709), ein nicht eben schlecht ausgeführtes Werk. 2. Das Bildnis des Pastors Franz Ludw. Blume d. J. (f 1755), nur von historischem Wert, da es lediglich mit Ausnahme des Kopfes eine schlechte Kopie des vorigen ist. Beide Figuren haben Lebensgrösse.

Altargeräte: 1. Kelch von 1710, Silber vergoldet. Am Fusse eine kleine Darstellung von Jesus und der Samariterin am Brunnen. 2. Kleine Patene mit gekräuseltem Bande. Neben demselben e^n graviertes Kreuz in einem Kreise. Halberstädter Beschau, Meisterzeichen : M. G.

Von andern Gebäuden in St. ist nur das Pfarrhaus zu nennen, welches 1711 erbaut ist.

Stötterlingenburg

Schmidt- Phiseldeck, Urk.-B. des Klosters Stbg. Harzzeitschr. 1, 17. 21 ; IIa, 4 ; XV, 156; XVI, 236u. ö. Die Kirchenbücher gehen bis 1657 zurück.

Stetterlingheburg Ann. Quedl. 995. M G. S S. III 73; Stoterlingeborch, Stiitterliggeburg 1106; Stuterlingeburch 1108; Stuterliggeburc 1136; Stutherlingeburg 1150; Stutirligburg 1184; Stoterlincheborch 1303; Stoterlingenborch 1319; Stoterligburch, Stoterlingborgh, St-borgch 1329; Stotterlyngborch 1518; Stetterlingkburgk 1564.

Rittergut im Besitz der Frau von Lambrecht, Lage und Einwohnerzahl siehe Lüttgenrode.

Archidiakonat Osterwiock, welches 1140 zuerst erwähnt, seitdem stets unter Verwaltung des Probstes von Stötterlingenburg stand; 1184 findet sich eine Verbindung mit dem Archidiakonat Kalme.

Geschichte. An der Stelle des spätem Klosters stand ursprünglich eine Burg, deren ehemalige Existenz in dem Namen des Klosters nachklingt. Die Burggebäude verschwanden jedoch bald und waren gegen 1106 bereits nicht mehr vorhanden (G E H p. 88. Annal. Saxo M 0. SS. VI, 638). In jener Burg wurde 992 von Bischof Hildeward von Halberstadt ein der Benediktinerregel unter- worfenes Nonnenkloster gegründet und am 19. Juli 995 geweiht. Weitere Nachrichten über die erste Entwicklung fehlen, doch muss diese keine vorteil- hafte gewesen sein, weil berichtet wird, dass gegen das Jahr 1108 Bischof Reinhard das Kloster in ziemlich verkommenem Zustande vorfand, dermassen, dass die von ihm vorgenommene Reform fast einer Neugründung gleichkam. Seitdem stand das Kloster in bedeutender Blüte, welches es sowohl /der von Reinhard eingeführten strengen Zucht, als auch den von ihm gewährten reichen Dotationen verdankte. 1312 wurde es von dem (später sogenannten) Gertruden- kaland, 1322 vom Kloster Drübeck, 1347 von dem Frankenbergerkloster St. Peter bei Goslar in engere Verbindung aufgenommen. Vogt des Klosters war der Graf von Eegenstein belehnt vom Markgrafen von Meissen (gegen 1255 bis 61). Als solcher bezog er aus Stbg gewisse Einkünfte, über welche eine Urkunde von 1319 (Stbg. ÜB. 88) nähere Auskunft giebt Doch verkaufte er 1343 (ibid. 112) das Kloster nebst dem ganzen Besitz an die Herzöge von Braunschweig, welche

134 Halbeistadter LaDdkreis: StötterlingrenbQrg (GeBchicht«]

dafür, sowie für das Dorf Hessen damals zusamnieii 500 löthige Mark braun- schweiger Währung zaLlten. 15 Jahre später ging dies alles durch Verpfändung für 12üO Mark an den Kat von Braunschweig über. Von der wirtschaftlichen Lage des Klosters in der Folgezeit ist so viel bekannt, dass sie zwischen 1494 und 1507 einer durchgreifenden Besserung bedurfte, welche der Probst Tisemann Wise ■vollzog. Auch die Klosterzucht war gegen 1450 bei der Reformatioa der Benediktinerklöster und der Einführung einer strengeren Regel verbessert worden. Die Aufnahme in das Kloster erforderte eine Zahlung oder sonstige Vergütung. An der Spitze des Konventes standen der Probst, die Äbtissin und die Priorin, welche drei in Urkunden gewöhnlich allein namhaft gemacht werden. Der Probst wurde vom Konvent gewählt und vom Bischof oder seinem Officialen bestätigt und eingesetzt Er hiess (1402) Prepositus, rector et administrator und

hatte die Aufsicht über alle Bewohner des Klosteiiä, dessen Oütcr und Gerecht- same. 'Weibliche Klosterbeanitc, Amtsfrauen waren ausser den schon genanuten die Küsterin, Kellnerin, Sanguieisterin, Kämnierin. Von männlichen Beamten und Zugehörigen des Klosters sind die Priester und der Hospital Vorsteher als Geistliche, der Gliickner, der Hofmeister (pater famihas), der Meier, der Jflug-, Küchen-, Schaf- und Backmeister als Laienbrüder zu erwähnen. Sie waren soweit angesehen, dass sie als Zeugen bei Beurkundungen auftreten durften, Klosterschiiler werden 1312 genannt, ein für sie aufgestellter Stundenplan ist aus dem Jahr 1589 erhalten {Nebe, Kirchenvisit. p.yO). Der grosse Sturm des Bauernkrieges brach am 5. Mai 1525 verheerend auch über Stbg herein. Nach einem Berichte, den vermutlich der Probst Henning Pulmann vci-fasste, kam es damals zu einer Zusammenrottimg der Bauern. Die Klosterinsassen wurden zur Flucht gezwungen, alles Vieh, aller Getreide-, Futter- und Nahrungsm ittelvorrat wurde geraubt, und aus der Kirche der gesamte Inhalt entwendet Alle übrigen Gebäude wurden demoliert und alles hinweggeführt, was sich wegschleppen Hess.

Stütterlingenburg (Geschichte Kirche) 135

Der Brunnen wurde verschüttet, die Brauerei vernichtet. Im Kloster lag der Schutt der zerstörten Wände doppelt mannshoch. Im selben Jahre noch wurde am Tage Johannis des Täufers (24. Juni ? oder am Enthauptungstage 29. August?) mit der Wiederherstellung begonnen, da sich die Klosterinsassen nicht von ihrer alten Stätte trennen mochten, wieviel Feindschaft sie auch immer bedrohte. Von 1525—28 wurde gekauft: für 112 fl. Bretter, für 150 fl. Eisenwerk, für 113 fl. 5 Scliilling 4 Pfennig Wagen und sonstiger landwirtschaftlicher Bedarf, für 261 fl. Schafe und Schweine, für 150 fl. Butter, Käse, Hopfen, Malz, Salz und dergleichen, fürlTfl. allerlei „Inghedome'' für das Kloster (Fig. 61); femer wurden verwendet 120 fl. 5 Schilling 4 Pfennig für Lohn bei den Bauarbeiten. Die Ernte des Jahres 1535 war fast vernichtet, die der folgenden Jahre war demgemäss spärlich. Der Gesamtschaden wurde nach einem Anschlage vom 6. Mai 1528 auf 1538\2 A- weniger 4 Pfennige berechnet (über dies alles vgl. Stbg. ÜB. 315). Auch nach der Zerstörung blieb die Organisation des Klosters dieselbe, nur dass sich mit der Zeit eine grössere Abhängigkeit von Braunschweig einerseits, vom Hochstift Halberstadt andererseits bemerkbar machte. 1555 wurde Stbg. säcularisiert und vom Hochstifte eingezogen und 1557 an einen gewissen Johann v. Barby ge- schenkt, der die Nonnen elend darben liess. Das bischöfliche Gut ging später in den Besitz des preussischen Staates über und wurde 1814 zur Dotation des Feldmarschall Grafen v. Kleist verwendet. Dieser wieder verkaufte es 1856 an die (heute geadelte) Familie Lambrecht, in deren Besitz das Rittergut noch jetzt ist.

Die ganze Gegend war ehemals stark besiedelt, wie die Namen der vielen Wüstungen in jener Gegend bew^eisen, aber auch an Waldungen war Uberfluss, weshalb die Landwirtschaft auf keiner bedeutenden Höhe gestanden haben kann. Es werden erwähnt ein Wald nach Osterwiek zu 1108, einer gegen Suderode um 1255, der Waldort Vosshole 1314, das Reynekenholt, die lutteke Rothene 1351, das Äbtissinholz am Fallstein 1535, das Küchenholz (Kiffholz) 1535, das Wiet- holz 1565, Eichen Waldungen 1604.

Flurnamen: 1106: des Feld Herde (auch 1300, als Wald 1330); die So- lingehove 1311; by der Overbecke; up dem becdam; oppe unse anevende; tighen dem hoy nedder; tigen unser vrouwen; Bühner Weg; op dem Papen- stige; tigen de espen; op den wiesen; tigen de groten Wellen; tigen Stemeberch hove; tigen dem closterhof; tuschen den dorpen; Goslarscher Weg; tigen den appelboyn; tigen de dalwische; boven den Hogenwege; op dem Reinberge; tigen de rote; by des richters kampe; anevende genscliit dem cruce; by dem busche; over den graven; in den seewech; op dat Ekholt; tigen den nyen hof; in der Wellen bi dem closter ackor; bi dem Wellenwegen; in den Smedostich; bovenden dem Kranckorde; up de gravonwische; up dat gras vor dem Molenstal; eyn wandersteyn dartwischen; boven dem boenlandt; 1 hof het olde Las; 1 hof de junge; bi dem snakenbome; bi des closters 18 swade 1432; der Schmerberg, welcher schon im 16. Jahrhundert abgerodet war 1535; Ad^ Eisenthal 1599; die Vogtganne (?) 1611.

Die Kirche unter dem Patronat des h. Laurentius (seit dem Übergänge an das Hochstift unter dem des h. Stephanus) ist* seit der Zerstörung 1525 nur noch in Resten vorhanden, welche über die allmäliliche Entstehung des Ganzen keinen genügenden Aufschluss mehr geben. Sehr spärlich sind die Nachrichten

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Halberstädter Landkreis: Stötterlingenburg (Kirche)

G^rundtiß

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Fig. 62.

Über die Baugeschichte. 1331 (April) hören wir einmal von einem Ablass, 1450 wird das Bauamt genannt. Der westlichste Teil des Schiffes ist, wie aus den mit den übrigen nicht harmonierenden Fenstern und der Beschaffenheit der Mauer- werks ersichtlich, in der Renaissancezeit ergänzt worden (Fig. 63), vielleicht bei

Fig. 63.

Stötterlingenburg (Kirche: Beschreibung) 137

der Ausbesserung nach der Zerstörung. Dieser Teil ist jetzt durch eine Holzwand abgetrennt und dient als Stellmacherei des Amtes; der Ein- druck, welchen das beträchtlich lange Kirchenschiff einstmals gemacht haben muss, ist auf die Art ganz gestört, die Akustik des jetzigen Kirchenraumes aller- dings verbessert. Auch von aussen ist der Eindruck ein anderer, weil das Kirchen- dach ehemals höher war als jetzt. 1892 ist das Innere der Kirche restauriert worden.

Die aus Kalkbruchstein erbaute Kirche ^^

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war eine Pfeiler- Basilika mit flacher Holz- decke. Die beiden Seitenschiffe sind ver- wnj^^j?^^ schwunden und über ihre Breite ist nichts Genaueres zu vermuten, vielleicht waren sie ^' halb so breit wie das Schiff, dessen lichte Weite 8,20 m (bei einer Länge von 51,8 m)

ist, während die beiderseitige Mauerdicke zusammen nicht ganz 3 m beträgt. Von den (wahrscheinlich 6) Bögen, die einst aus dem Mittelschiff in die Seitenschiffe führten, ist an der Nordseite noch einer zu sehen, ausserdem ein grösserer Bogen, der nach dem Querschiff führte. Seine Verhältnisse beweisen, dass das Dach des Quei-schiffs ehemals niedriger gewesen sein -muss als das des Hauptschiffes. Ähnliches findet sich in Hamersleben. Das Mittelschiff erhielt sein Licht durch 10 Oberlichter, von denen beiderseits die zwei westlichsten verschwunden sind. Alle drei Schiffe waren jedenfalls mit Absiden geschlossen, deren mittelste noch vorhanden ist. Ihre Wände sind heutzutage schief und drohen mit Umsturz, woran sie vorläufig durch eiserne Bänder vorhindert werden, auch die Seiten- wände des Schiffes stehen nach aussen hin aus dem Lot. Drei Bögen scheinen ehemals aus dem Hauptchor auf beiden Seiten in die Seitenchöre geführt zu haben, nur zwei sind auf der Nordseite jetzt noch zu erblicken. Genauere Unter- suchungen verhindert der undurchdringliche Epheu, der die Nordwand überzieht. Die Südseite ist derartig verändert, dass s^e über den ehemaligen Zustend keine Auskunft giebt. Die Chornische ist um 2x2 Stufen erhöht (ihr Bogengewände vgl. Fig. 64). Eine Krypta wird 1313 einmal erwähnt, ist aber nicht nachweisbar. Die Pfeilerkapitäle an den beiden Seiten der Mittelapsis zeigen wulstige Quer- bänder mit schachbrettartiger Verzierung, die Pfeilerbasen sind attisch. Er- kennbar sind auch noch die Priese der Pfeiler zwischen dem mittleren Chor und den Seitenchören. Die Abbildungen (Fig. 65) sind im Innern der Kirche genommen, da die Friese an der Aiissenseite etwas gelitten haben; allerdings sind auch sie noch kenntlich und zeigen schönes Blattwerk und Tiere, der Stil dieser Skulpturen weist dieselben in den Anfang des 12. Jahrhunderts. Es wäre nicht unmöglich, dass der ganze sehr lange Chorbau einer etwas späteren ßauperiode angehörte als die Mitte. Hierfür spricht auch, dass sich unter dem Langhause, nicht unter dem Chore, ein in der Länge z. T. vermauertes spitz- gratiges Gewölbe hinzieht, welches durch plumpe Pfeiler quadratischen Grund- risses (Seite 0,80 m) in zwei Langschiffe geteilt ist, die sich wieder in quadratische Joche (etwa 4 m Seite) zerlegen. Das Gewölbe, dessen Gesammtbreito gleich der des Kirchenschiffes ist, erstreckt sich auch unter den Turmbau,

138 Halberstädtei Landkreis: StOtterlingenbur^ (Kirche: Kapelleo, Ausstattnng)

Ob der Turm mit seiner Zwilüngsspitze und den grossen Rundbogenfenstem ursprünglich so gestaltet war, ist selir zweifelhaft und auch unwahrscheinlich. Vermutlich stammt auch er aus der Kenatssancczoit, der auch das anschlii-sseodü Mauerwerk angehört. Anzunehmen ist, dass die alte Kirche zwei quadratische Türme an der Westseite hatte, die aber mit den Seitenschiffen verschwunden sind. Der jetzige Turm setzt das Mittelschiff fort und ist jedenfalls ebenso breit wie der ehemalige Mittelbau zwischen den Türmen, auf dessen Grundmauern er denn auch stehen mag. DerTurm öffnet sich gegen dasSchiff mit einem grossen

Bogen, was darauf seh Hessen lässt, dass die Kirche keinen Westeingang und wie vorhin angedeutet, vielleicht sogar eine westliche Apsis gehabt hat.

Von ehemaligen Kapellen p werden erwähnt dio Kapelle S, Nikolai, erbaut vom Kanonikus Rodengerus vor 1215, die Ka- pelle der männlichen Kloster- genossen 1313, der Nonnenehor 1313 und 1450, die Kapelle auf dem Chor 1450 sowie die Lieb- frauenkapelle im Kreuzgange 1450. Über die Lage aller dieser lassen Fig. 65. sich kaum Vermutungen fassen, der Kreuzgang ist samt allen übrigen zur Kirche gehörigen Baulichkeiten spurlos verschwunden. Von der Lage des Kreuzganges würde ab- hängig sein, wo die Eingänge der Kirche, Portale bezw, Vorhallen sich befanden. Die jetzigen Fenster sind, ebenso wie auf beiden Längsseiten je eine Thür, dem Bedürfnis aber nicht dem Sinn der Architektur entsprechend ein- gesetzt worden (von den Oberlichtem ist hier nicht die Rede), Es sind auf jeder Seite drei, die sich in ihrer Lage nicht entsprechen. Verzierungen zeigt nur eins in r.estalt von vier kleinen gemalten Scheiben des 17, Jahrhunderts, den.>n über- wiegend gelb gehaltene Malerei darstellt 1, das Wappen des Hans Sachzen mit Zeichen -t^; 2. Wappen des Baltzer Vet , . ., Pfeil in weiss und rotgeteilteni

Schilde; 3. desgl. des Joh. Sander, Lilie über zwei Stcnicn, Engel als Schild- haltcr; 4. S. Stephanus nach links schreitend.

Sakramentshaus, reich ausgebildet und von einem zinnenartigen fle- sims überdeckt; es stammt vom Ende des 15. Jahrhunilorts (Fig. 6ti),

Von Glocken ist schon 1249 die Rede. Gegenwärtig giebt es deren zwei:

1. Dui-chm, 1,U8 m, Hohe 0,H7 m; sie hat folgende Minuskelinschrift:

anno dni m [cc] 1 xxxx - im - in die jakobi apli

ave maria amen Hh o rx glorie veni cum pace.

Verzierungen zeigt die Glocke vier Abdrücke von Siegeln des Klosters

Stbg. (mit dem h. Laurentius;, ferner oben und unten nagelkopfähnliche

SUtterlingenbui^ tKirche: Ausstattung)

Ornamente, endlich oben einen Kruzifixus, eine stehende Madonna und eine unerkennbare kreisrunde Darstellung. 2. Durclim. 1,32 ni. Genossen von J. G. Grosse in Dresden 1881. Die Glocke, welche gestiftet ist durch den Patron Ferdinand Lambrecht und seine Gattin Doretto Lanibrecht, geb. Hineke, zeigt unten die Nummer 1U88, ist mit der Tonangabe Es versehen und mit fünf Sprüchen und den Namen der Ortyobrigk ölten ausgestattet.

Altäre: [Ehemals waren vor- handen die Altäie S. Laurentii, S. Ni-

bolai 1215; B. Marie Virginis in Kripta, b. Johanois apostoli et evangelistae (in choro domJnarum), s, Petri apostoli (in capella dominorum), b, Stepliani 1313; ein Altar 'n der Liebfrauen- kapelle im Kreuzgange, der Allerseelen Altar, aller h. Engel Altar und h. Kreuz- altar fuppeder juncvrowen köre) 1450; der Altar in der Kapelle S. Nikolai war vermutlich identisch mit dem vorhin genannten Nikolas-Altar; er wird 1465 erwähnt als durch Gottschalk Wegener, Altaristen zu Homburg bei ihm eine Yikarie gestiftet und mit 100 Mark dotiert wurde, die unter dem Patronat des Hofmeisters zu Stbg stand,] Nur der ehemalige Hochaltar in der Mittelapsis ist noch vorhanden und im Gebrauch.

Die Eirchstüble werden 1525 erwähnt Die jetzt vorhandenen Kind laut Inschrift am 16. Mai 1657 auf- gestellt worden. Die herrschaftliche Loge und auch andere Stühle gehören der selben Zeit an. Sie sind mit Blendarkadcn geziert, wie solche auch an den Holzhäusern im benachbarten Osterwieck und anderwärts in der Zeit viel vor- kommen. Die Füllungen sind mit massigen Maleroion, Darstellungen aus der h, Geschichte, bedeckt; 18, Jahrhundert

Die Kanzel stammt vom Ende dos 16. Jahrhunderts. Sie ist aus fünf Seiten des Achtecks zusammengesetzt Die Ecken sind durch zierliche Säulen hervorgehoben; zwischen ihnen befinden sich kleine Rundbogcnnischen, von denen vier mit flachen Reliefs stehender Figuren (Matthäus, Christus mit Welt- kugel, Markus, Paulus) erfüllt sind. Der in entsprechendem Stil gehaltene Sehall- deckel zeigt imten rings herum den Spruch: „Selig sind die Gottes "Wort hören und howaren." Die Bekrünung oben wird durch die kleine stehende Figur des h. Klephanus gebildet Die Kanzel befindet sich vom Chor aus rechts gegen die Mitte hin, sie ist WJ2 von AV. Kom in Osterwieck in verständiger Welse repa- riert worden.

Orgel. Eine ältere ging 1525 mit zu Grunde, die jetzige ist modern, 1892 von Frau v. Lambi-eclit geschenkt

140 Halberstädter Landkreis: Stötterlingenburg (Kirche: Ausstattung)

Das Taufbecken ist eine Holzschnitzerei vom Anfange des 17. Jahr- hunderts.

Die Abendmahlsgeräte gehören der Kirche von Stötterlingen (s. das.)

Ein Kronleuchter von Messing, dessen sechs Arme in flachgeschnittene Köpfe ausgehen, zeigt oben einen doppelköpfigen Adler, ähnlich dem in Rimbeck. 17. Jahrhundert.

[Eine schwarze Lade zur Aufbewahrung von Urkunden und dergl. gab es noch 1572.]

[Yen Reliquien, die das Kloster besass, werden urkundlich nur die des h. Godehard genannt, welche zwischen 1133 und 53 Bischof Bernhard v. Hildes- heim schenkte und die 1178 an das Kloster Ichtershausen weiter gegeben wurden.]

Kunstgegenstände. [Das „h. Kreuz" wird 1352 erwähnt. 1607 wurde eine Bildsäule des h. Stephan, zu der der Stein 30 Thaler gekostet hatte, nach Stbg gebracht, vor das erste Thor gesetzt und der Name des Heiligen an letzterem eingemeisselt.] Gegenwärtig findet sich ein mehr als lebensgrosser S. Stephan, eine Steinskulptur des 18. Jahrhunderts, über der Pforte an der Südseite der Kirche. Da dieses Bild ehemals am Eingange des Klosters stand, so ist wohl anzunehmen, dass es an die Stelle des vorhin erwähnten, verloren gegangenen gesetzt worden ist. In der Kirche vor dem Chore giebt es einen Triumphbalken mit den etwa 1 m hohen Figuren von Maria und Johannis, zwischen denen die grössere Figur des Gekreuzigten steht Bemalte Holz- schnitzerei des 15. Jahrhunderts. In den Köpfen befanden sich vordem Reliquien, jetzt im Gewahrsam der Frau v. Lambrecht.

Über dem Altar steht ein Gemälde, Triptychon, der sächsischen Schule des beginnenden 16. Jahrhunderts angehörig. Seine ursprüngliche Beschaffenheit lässt sich nur noch wenig beurteilen, weil das Bild bei seiner Wiederheretellung 1887 sehr verdorben ist. Das Mittelbild zeigt die Kreuzigung, Magdalena mit grossem Kopfputz umfasst das Kreuz, links sieht man die Gruppe der ohnmächtig niedersinkenden Maria, welche von Johannes und den Frauen gestützt wird; dahinter, und dem Beschauer den Rücken drehend, sieht man den Soldaten, welcher mit dem Speer sticht. Rechts vorne kauern die um den Rock streitenden Kriegsknechtc. Hinten erscheint der bekehrte Hauptmann nebst anderen Kriegern, von denen einer eine Fahne trägt. Das Mittelbild ist rechts und links von gemalten Säulen eingefasst, daneben stehen je zwei Figuren übereinander, rechts oben Johannes Evang., unten Lukas mit der Palette; links oben Matthäus, unten Markus, jeder mit seinem Symbol. Flügel: rechts aussen oben Anbetung des Kindes, unten Beschneidung; innen oben Dornenkrönung, unten Grablegimg. Links aussen oben Verkündigung, unten Anbetung der Könige; innen oben Christus am ölberg, unten Kreuztragung. Höhe 1,56 m. Breite des Mittelbildes 1,97 m. Die vielleicht etwas ältere Predella zeigt die h. Sippe und andere Heilige z. T. ganz jugendlich, versammelt um die in der Mitte sitzenden Figuren der Madonna und der h. Anna. Höhe 0,60 m. Breite 1,65 m. Die Köpfe sind teil- weis schön und charaktervoll.

[Kirchenschatz. Dessen Inventar bei Schmidt, Magdeb. Geschichtsbl. 1868, p. 443 ff.]

Stötterlingenburg (Kirche: Ausstattung) Ströbeck (Geschichte) 141

Epitaphien. [Begräbnisstätten finden sich 1249 erwähnt]

Zwei Grabtufeln mit eingeritzten Figuren und unleserlich gewordenen Um- schriften, liegen fast ganz verdorben und zerbrochen auf dem rohgepflasterten Fussboden der Kirche. Ausserdom sind in einem kleinen, an der Nordseite be- findlichen modernen Vorbau an den Wänden rechts und links fünf Epitaphien der Familie Huet. Sie stammen mit einer Ausnahme (von 1729) sämtlich aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.

[Von den nicht eigentlich mit der Kirche zusammenhängenden Gebäuden des claustrum hört man in den Urkunden öfter. 1473 ist von ihrer Ausbesserung die Rede. Genannt werden die bischöfliche Kellerei 1106, die Küche und Back- stube 1316, die Klausur der Nonnen 1323, das Leichenhaus 1413, der Wein- garten 1465, der Remter als Aufenthaltsort der Kasse 1465, das Sprakhaus als Ort urkundlicher Vollziehungen 1492 und 1495. Ferner werden 1525 genannt die Probstei (die nach der damals zerstörten erbaute wurde 1606 abgerissen), das Brauhaus, das Multehus (? Molkenhaus?), die Ställe,, der Brunnen. Von Thoren kommen vor 1465 das „vor dem tige'', 1525 das „vor. dem bomhove", vor dem Kirchhofe und zwei andere grosse Thore.]

Die heutigen Gutsgebäude sind sämtlich modern.

Ströbeck

Elia, Kurzgefasste historische Nachrichten von Ströbeck. Halberetiidt 1843. Die Kirchenbücher gehen bis 1660 zurück. Andere Notizen, wahrscheinlich Communicanten Ver- zeichnisse, finden sich von 1596 an. Harzztschr. III, 124, 242, 921; IV, 26; V, 426; XVIII, 344; XIX, 73; XXIV, 260, 316 u, ö.

Eine zuverlässige Erklärung des Namens giebt es nicht. Dass er vom Oster- berge oder gar von dem Namen der Göttin Ostera herkommt, ist nicht an- zunehmen.

Strebeki 1C04; Sterabeeck 1052; Strobeke 1084; Strobike 1174. Li späterer Zeit wird der Ort mit Vorliebe Stropke genannt

Grosses, stattliches Dorf 7,6 km westnordwestlich von Halberstadt am Ströbecker Fliess. Einwohner: 1564 66 Hauswirte, 1589 deren 93, 1843 gab es 783 Einwohner, jetzt 1342, deren Haupterwerb die Landwirtschaft bildet. Der Konfession nach sind alle evangelisch bis auf 21 Katholiken.

Archidiakonat: Halberstadt.

Geschichte: Der Ort wird zuerst erwähnt in einer Urkunde Heinrich IL vom 1. August 1004 und heisst 1223 villa, 1470 blek. Seit alter Zeit unter- scheidet man in Str. das Nordendorf und das Sudendorf; letzteres entstand nach der Zerstörung des Ortes durch Heinrich den Löwen, als viele Bewohner benachbarter Ortschaften sich dort ansiedelten. 1052 kam Str. durch Schenkung Heinrich III. an den Bischof Burchard I. von Halberstadt, während die Herr- schaft im Orte selbst zunächst noch von den Herren von Ströbeck (Strombeck) ausgeübt wurde; sie haben sie jedoch bald verloren. Über ihre weitere Ge- schichte s. Elis.

Grafschaft und Gericht waren regensteinisch, jedoch erwarb das Domkapitel 1268 von den Grafen von Regenstein die niedere, 1358 auch die hohe Gerichts- barkeit des Ortes. Das kapitularische Gericht fand dreimal jährlich statt. Die

142 Halberstädter Landkreis: Ströbeck (Kirche)

Yogtei von Str. hat das Domkapitel 1268 von den Gebrüdern von Hasserode erworben. Begütert waren in Sti*. die Herren von Minsleben, von Amersleben, sowie das Kloster Drübeck. Das Patronatrecht der Kirche gehörte zeitweise den Äbtissinen von Gernrode. Vom Domkapitel kam Str. späterhin in die Hände des Doraprobste^s und wurde dem domprobsteilichen Amte Dardesheim untergeordnet; von da gelangte es 1665 durch Tausch wieder an das Domkapitel und damit unter das Amt Zilly. Schon früh wurde Str. reformiert; der erste evangelische Prediger Hermann Künne + 1544. Eine St. Annen -Brüderschaft, die durch freiwillige Spenden der Einwohner erhalten wurde, findet sich 1589 erwähnt. 1631 waren die Schweden in Str., die mit ihren Yerschanzungsarbeiten in den folgenden Jahren viele Zerstörungen anrichteten. 1757 lagerte im Herbst in dortiger Gegend die Armee des Marechalls Richelieu.

Plurnamen: Grashove 1235; Braunschweiger Weg; uppe de tvunne 1396; in dem skapdale; hinter dem neuen Turm; Aspenstedter, Dardesheiraer, Athenstedter, Wernigeröder, Danstedter Weg; nach dem Braunschweiger Turm zu über den Stadtweg; Wichhäuser Stein; Ditfurtsche Marke; Holzweg; neuer Graben; auf dem Sudenbeke; auf dem hogenwech; auf der SüUe auf der Aspen- stedter Marke 1471, jan. 6.

Kirche: Von den zwei Kirchen, welche auf der Abbildung des alten Str., die sich in Intarsia auf dem 1651 gearbeiteten Ströbecker Schachbrett befindet (s. u.), zu sehen sind, existiert nur noch die im Nordendorf, d. h. der mit Be- nutzung einiger Reste von ihr 1877 aufgeführte Neubau. Die ältere Kirche (Patron S. Pancratius) ist am 29. Juli 1876 durch einen Blitzschlag eingeäschert worden. [Die Nordendorfer Kirche, die ältere von beiden, hatte, wie ein im Besitze des Herrn Posthalters Krieg zu Str. befindliches Ölbild zeigt, einen Turm, der oben auf allen 4 Seiten kleine rundbogige Fenster zeigte. Er war dem früheren roma- nischen Turme nachgebildet, der 1566 durch Brand zerstört wurde. Bei der Gelegenheit wurden aber die drei Glocken gerettet und in den neuen Turm übertragen. Der Altar war in der 1876 zerstörten Kirche wie der vieler anderer Kirchen der Gegend mit gewundenen Säulen ausserdem mit Wappen geschmückt, und rechts und links zu einer den Chor abschliessenden Wand ausgedehnt. Er stammte vom Ende des 17. oder Anfang des 18. Jahrhunderts. Die Orgel hatte 22 Stimmen und war 1748 erbaut an Stelle einer kleinen, die 1664 gekauft worden war. In der Kirche befand sich an der Prieche folgende, über die Zerstörungen im 30jährigen Kriege hinüber gerettete Inschrift zum Gedächtnis des Pastors Hermann Künne:

Ex Lutheranis hujus Pastoribus aedis Ausus suggestum scandere primus eram. Intrepide docui sacra dogmata rite restaurans, Fulmina nee timui Pontificisque minas. Tandem obdormivi placide, pieque resurgens Exspecto coeli praemia dicta piis. (Elisp. 23.)

Ausserdem war beim Altar das Porträt des Pastors Jakob Treue (f 1721). Ein silberner vergoldeter Kelch war gestiftet von der Frau des Mahndorfer Admini- strators Müller (t 1676). Der „Rektor" der Kirche im Nordendorf wird

StrOlrack (Kirche: Ausstattung Profangebäude]

1428 erwähnt. Die Sudendorfer Kirche, erwähnt 1396, wird 1564 Unser Lieben Frauen Kapelle genannt. Näheres über sie ist unbekannt.]

Der untere Teil des Turmes der alten Kirche ist erlialten geblieben und der neue darauf gebaut. Der Grundriss ist quadratisch mit 6.63 m äusserer Seiten- länge. Die drei Glocken sind von J. G. Grosse in Dresden 1377 geliefert, mit dessen Fabriknumniem 898 900 versehen und haben 1^ m, bezw. I,ü9 m und 0,96 m Dm. Die mittlere ist aus dem beim Brande geschmolzenen Glockengut hergestellt Das Patronat gehörte erst den Edlen von Hadmersleben, wurde 132Ü an Gemrode übertragen, seit 1585 war es bischöflich, jetzt ist es königlich.

Ältargeräte: 1. Kelch, Silber vergoldet, Höhe 0,21 m; mit sechslappigem Fusse, woran ein Kreuz eingraviert ist; am Knauf IHGSVS; Halberstädter Beschau, Zeichen CT.

2. Patene, Silber vergoldet, Dm. 0,15 m, ohne Schmuck.

3. Kunde Oblatenschachtel von vergoldetem Silber, datiert 1687; oben ein kleines Kruzifix; Dm. 0,9 m.

4. Taufsehiissel von getriebenem Messing, Dm. 0^7 m; in der Mitte das Bild der Immaculata, ringsherum eine doppelzeilige rätselhafte Inschrift.

Profangebäude: [Meierei 1320; Badstube seit 1409 Eigentum der Dom- Tikare, vorher der Grafen von Wernigerode; Vogtliof 1409; der Pfarrhof 1466; der „neue"' Turm, der Braunschweiger Turm 1471; das Wittwenhaus, gestiftet 1670 von Johann Heinrich Müller, Ädmini- stiator zu Mahndorf, erbaut 1671, hatte über der Thür die Inschrift: Communi consensu omnium Strö- beccensium Dominus Jo- hann Heinrich Müller, Administrator Mahndorf- fiensis, domum hanc Vi- duarum maxima ex parte aediBcari curavit anno 1671 (Elis, p. 26) ; Knaben- schule, erbaut 1693; Mädchenschule, erbaut 1 7 10.] Von Interesse ist der so- genannte Schachturm, eine alte Mauerwarte (Fig. 67), die mit der Sage der Ent- stehung der Ströbecker Tkurm in :>traOecK . Schachliebhaberei irrtüm- lich in Verbindung ge- ^''^- ^'■ bracht vrird. Er hat qua- dratischen Grundri.ss mit

4,66 m äusserer Seitenlänge; in der Mitte der Vorderseite führt eine 0,91 m breite Thür in einen quadratischen (Seite circa 2,20 m), mit Tonnengewölbe

144 Halberslädter Landltreis: Ströbeck (Privathäuser Schachspiel) Suderode

gedeckten Innenraum, über dem sich das Obergeschoss erhebt. Die oberen Lichtluken sind spitzbogig und scheinen nie verändert worden zu sein. Auf dem Turme ist eine Wetterfahne mit der Inschrift:

H M

H S 1650

Die noch vorhandenen Privathäuser aus älterer Zeit stammen fast sämt- lich ans dem 17. Jahrhundert. Sie zeigen zum Teil verschränktes Riegelwerk mit figuriert gemauerten Füllungen. Ganz vereinzelt sind Beispiele des 16. Jahr- hunderts. Sie schliessen sich den Halberstädter Typen an.

Im Gasthanse zum Schachspiel gicbt es eine Anzahl von kreisrunden (Dm. 0,13 m) gemalten Fensterscheiben; drei davon zeigen Handwerker bei der Arbeit, die übrigen Wappen von Ströbeckern; Entstehungszeit 1656.

Bekannt sind die Einwohner von Str. als tüchtige Schachspieler. Über die Entstehung dieses Herkommens giebt es verschiedene Sagen, jedoch dürfte die Wahrheit sein, dass das Schachspielen sich durch das Missverstehen des ströbecker Ortswappens eingebürgert hat. Dasselbe ist, wie das der Grafen von Honstein u. a., schachbrettartig geteilt. Die Ströbecker haben nicht ihr Wappen erhalten, weil sie spielten, sondern sie spielen, weil sie das Wappen haben. Angeblich haben die Einwohner die Verpflichtung gehabt, jedem neuen Bischöfe ein mit Silber ausgelegtes Schachbrett nebst Figuren zu überreichen. Mir ist weder in der Domsammlung noch anderwärts ein derartiges Exemplar bekannt. Dagegen ist noch das Schachbrett vorhanden, welches der grosse Kurfürst 1651 der Gemeinde geschenkt hat. Am Rande zeigt es in Intarsia eine Ansicht des Ortes, femer die Worte : „Des Serinissimus Durchlaucht zn Brandenburg Herr Herr Friedrich Wilhelm etc. haben dieses Schach und Courrirspiel am 13. Mai Anno 1651 dem Flecken Ströbke aus sondern Gnaden verehret und bei ihrer alten Kunstfertigkeit zu schützen gnädigst zugesagt, solches ist zum ewigen Gedächtnis hierauf verzeichnet. Paul Langenstrass. B. Valentin Kieche , Richter. Andreas Bartels , Baur. Meist. , Hans Ilsen, B. Valent. Langenstrass, Richter. Hans Hartmann, Baur. Meist. Renovatum Anno 1744. M. Hans Heinrich Wilcke mo fecit." Die Figuren sind nicht die ursprünglichen. Die Rückseite des Brettes ist für das sog. Kourrierspicl, wofür auch 48 Figuren und eine Anweisung vorhanden ist, welches aber niemals gespielt wird, in 96 Felder geteilt. Auch Friedrich der Grosse soll sich für die Schachfertigkeit der Ströbecker interessiert haben, und Kaiser Wilhelm I. hat aus demselben Grunde der Gemeinde eine goldene Medaille verliehen.

Suderode

Die Kirchenbücher gehen bis 1695 zurück. - H.-Z. IH. 329, 364.

Suderoth 1106; Sutcrrothe 1118; Suderrodh 1292; Suderrodo 1398; Sügrado 1605.

Dorf: 31,2 km westnord westlich von Halberstadt an der Stimmecke. Jetzt mit 150 Einwohnern, überwiegend evangelischer, nur wenige katholischer Kon- fession, deren Hauptbeschäftigung die Landwirtschaft ist.

Archidiakonat : Osterwieck.

Geschichte: Zum erstenmal erwähnt 1106 als Eigentum von Stötter-

Suderode (Geschichte Kapelle) 145

lingenburg. 1389 erhielten Sievert und Dietrich v. Rössing durch Bischof Ernst von Halberstadt ausser dem Marschallamt und den Gütern zu Berssei auch Suderode zu Lehn, letzteres mit 12 Hufen nebst den Patronatsrechten. Seitdem blieb das Gut im Besitz der Familie v. Bössing. So begegnet es uns auch als freier adliger Sitz des Jan v. Rössing bei der Visitation 1589, wobei erwähnt wird, der Ort sei „früher" ein Dorf gewesen. Jans Linie teilte sich 1668 in drei, die Bersselsche, Rössingsche und Suderodesche. Doch kam S. Mitte des 18. Jahr- hunderts durch Verpfändung aus ihrem Besitz in den derer v. Gowisch, dann der Familien v. Overbeck und v. Spiegel. Neuerdings gehört das Rittergut dem Herrn Forstmeister Michaelis auf Detershagen bei Burg. Seit 1835 ist die Dorf- und Gutsgemeinde getrennt Die Pfarre, v. Rössingsches Patronat, war ehedem Filiale von Homburg, 1589 von Bühne, jetzt von Hoppensted t DasPationat der Schule hängt am Rittergut.

Flurbezeichnung: 1481: das Honwerdings Holz.

Kapelle. Sie ist 1859 neu erbaut. [Die alte Kirche hatte ihren Platz vor dem Gutshause ; sie war bedeutend grösser und hatte einen grossen Turm ähnhch dem der Rimbeckschen Kirche. Eine der grossen Glocken ist nach Hoppenstedt gekommen. Eine Glocke, in Braunschweig gegossen, wurde 1729 für 45 Thaler angekauft; vordem soll es keine gegeben haben.]

Eine kleine Glocke hängt unerreichbar in einem freistehenden Mauer- pfeiler des westlichen Giebels, der die Stelle des Turms vertritt.

Abendmahlsgeräte: 1. Ein Kelch von vergoldetem Silber hatte ehemals am Fuss drei kleine Wappen, von denen nur noch zwei vorhanden sind. Sie zeigen Spuren von EmailUerung. Nur eins ist noch als das v. Rössingsche er- kennbar. Höhe des Kelches 0,19 m. 16. Jahrhundert. 2. Patene, Silber ver- goldet. Durchm. 0,13 m, Inschrift: H. G. V. M. H. L. V. R. N.W. AÜ. i. 6. 25.

Die Reste eines alten Taufsteins befinden sich im Gutsgarten und beim Schulhause, der Untersatz fehlt. Es ist eine schöne Renaissanceskulptur von 1592, sechseckig; um den oberen Teil, der bis vor kurzem als Brunnenbecken diente, gehen sechs Wappen, von denen nur das vorderste v. Rössingsche erkenn- bar ist. Die übrige Verzierung besteht in Rollwerk, Engelsköpfen und der- gleichen. Meisterzeichen E. B. W. Sandstein.

Die Reste zweier anbetenden Figuren, Mann und Frau, beide mit Mühl- steinkragen, polychrom, finden sich in Nebenräumen des Schulgebäudes.

Epitaph. Neben der Thür der Kapelle befand sich bis vor kurzem das jetzt ins Innere der Kapelle übertragene, 2,30 m hohe, 1,09 m breite Epi- taph des Jahn v. Rössing (1572 Rittmeister mit Generalsrang unter Alba.) Der bärtige Ritter ist stehend, nach links blickend und gepanzert, in Lebens- grösse dargestellt. In der Rechten halt er den langen Stossdegen, um den mit einem breiten Kragen geschmückten Hals trägt er eine fünfmal um- gewundene Kette mit Gnadenpfennig. Der Helm steht unten neben ihm. Um die Figur oben und auf beiden Seiten sieht man die Wappen derer v. Rössing, V. Gudershusen , v. Adeleben, v. Sebach, v. Mardelslo, v. Schirstedt, v. Fresen, V. Gadenstedt zwischen Renaissance -Ornamenten. Von der in gotischen Buch- staben herumlaufenden Umschrift lautet das "Wichtigste: Anno Dnj 1591 den 10. February ... ist ... Jahn von Rössing, Erbmarschalk des Stifts

Krek HalbeiBtidt. 10

146 Halberstädter Landkreis: Veitheim (Geschichte)

Halberstad . . . entslaffen . . . Unten befindet sich das Zeichen des Meisters E. B. W., der sich mit dieser Leistung ein vorzügliches Zeugnis ausgestellt hat Das besonders als Kostümstück interessante Epitaph lag früher in der alten Kirche.

Veitheim

Die Kirchenbücher gehen bis 1648 zurück. H.-Z.I, 338; III, 435,443,448; V, 33; XII» 548.

Velthem um 968; Velthehin 1133; Veitheim 1188; Yeltem 1261; Veltim 1294; Veltum 1301; Veltym 1360; VelÜiüm 1378; Feltem 1443.

Dorf mit Rittergut 26,3 km nordwestlich von Halberstadt, am grossen Bruche, mit 1180 Einwohnern (1564 = 80, 1589 = 90 Hauswirte) evangelischer Konfession. Den Haupterwerb bildet die Landwirtschaft

Archidiakonat : Dardesheim.

Geschichte: Der Ort Veltheim^ erscheint urkundlich zuerst 966, wo ein gewisser Mamaco von Otto I dort Güter geschenkt bekam. Ein Werner von Veitheim kommt urkundlich 1087 vor. Das (jetzt königliche) Kirchenpatronat war bis Ende 1232 im Besitze der Grafen von Altenhausen, seitdem durch Verleihung des Bischofs Friedrich des Johannisklosters zu Halberstadt, welches auch einen Teil des Zehnten bekam, während ein andrer Teil 1249 dem Kloster Stötterlingenburg gehörte. Der über die Kirchengüter zwischen den Bauern von Veitheim und dem Probst von St Johannis entstandene Streit wurde 1236 bei- gelegt. Verzeichnis der Pfarrgüter zu Veitheim vgl. Nebe, Kirchenvisit. p. 122. Veitheim gehörte 1378 zu Homburg und war später der Sitz eines eigenen kleinen Amtsbezirks. Von adligen Familien sind in Veitheim nachweisbar die von Kiss- leben, 1480 die von Wrampe und die von Warberg, 1496 die von Weferlingen, vorher und Jahrhunderte lang nachher die von Krebs. Der Edelhof gehört jetzt der Familie von Dewitz. 1722 vernichtete ein grosser Brand das ganze Dorf bis auf geringe Beste. Der damalige Pastor Kichter hat sich um die Wiederherstellung des Ortes besonders verdient gemacht. Das alte messingne Dorfsiegel mit 3 Bäumen und 3 Ähren darunter befindet sich jetzt im Ständehaus zu Halberstadt.

Flurnamen: 1362: in deme sederndolle by deme nidern busghe. 1. Im Somraerfelde: up der bwred; by dem dombleghe; hinder dem koltgraven; boven dem sraalen wistise ; an dem werberghe. 2. im Winterfelde : by dem overn Hesnen grasweghe; in der smeghe; by dem Negenbome; vor deme stüve. 3. in der Brache: to dem someken ; achter Lwles hove ; over des papen ho ; by der langenwellen ; teghen haltytem rede; halve over des ockersdal.

1564: Der Papenhof (ein Holz); das Tockenholz; Stenem Mark; Smehe; Sandeklee; Heidenkirchhof; Osterlangen; der tiefe Weg; Sedernthai.

1589: Hessenfeld; auf dem Lerckenstiege.

Die Kirche ist aus Fallsteiner Sandstein gebaut. Von der ehemaligen Kirche St. Remigius ist nur noch der Turm vorhanden, welcher aus romanischer

Über dessen ehemaligen Nachbarort Steinum siehe Wüstungen.

Veitheim (Kirche)

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Fig. 68.

Zeit stammt (äussere Breite 9,28 m, Tiefe 4,20 m) (Kg. 68). Er war ehemals durch zwei Halbkreisbögen mit dem Schiffe verbunden. Das jetzige Langhaus stammt von 1569 und ist zweischiffig (Länge 22,05 ra einschliess- lich d es Chors, Breite 1 2,U5 m , durchschnittliche Breite je- des Schiffs 5,45 m, Breite des Chors 9,65 m, Seitenlängen des halbachteckig geschlos- senen Chors 6,43 m, 4,64 m, 3,62 m, 4,64 m 0,43 m) mit zwei kräftigen achteckigen Pfeilern und Kreuzgewölben zwischen Gurtbögen. Der Chor ist älter als das Lang- haus. — An der nördlichen und südlichen Seite befinden sich obige (Fig. 68) neben dem Orundriss abgebildete Steinmetzzeichen.

Glocken: 1. Dm. 1,29 m, von 1723. Eine Inschrift besagt, dass sie von Christian Ludwig Meyer zu Braunschweig gegossen sei. 2. Dm. 1,11 m, von 1725; gegossen aus dem 1722 beim Brande geschmolzenen Glockengute; 3. Dm. 0,69m von 1723. Inschrift wie vor.

Der Altar. [Ein Nikolausaltar wird 1429 erwähnt.]

Der jetzige Altar trägt an seiner südlichen Seitenthür die Inschrift: anno 1698 hat gemeine zu Feltheim diesen Altar [machen lassen]. An der nörd- lichen Thür steht anno 1763 renovatum est. Er ist ein mit gedrehten Säulen verziertes, bemaltes Holzschnitzwerk. In der Mitte Maria undJohannis zu beiden Seiten des Kruzifixus.

Die geschnitzte Kanzel ist auf allen Seiten mit flachen Nischen ge- schmückt 17. Jahrhundert.

Die Priechen zeigen als Belebung die am Anfange des 17. Jahrhunderts beliebten Blendarkaden. Ausserdem ist ein geschnitzes Gestühl des 17. Jahr- hunderts vorhanden, welches unten in zwei Kartuschen mit Malereien geschmückt ist, die Christus mit der Weltkugel und eine knieende Figur darstellen.

Ein Taufstein fehlt. Der früher im Gebrauch befindliche Taufengel (Holzschnitzerei des 18. Jahrhunderts) wird jetzt im Pfarrhause aufbewahrt

Der Altar trägt zwei mit reichem Blattwerk gezierte und vergoldete, in Holz geschnitzte Leuchter aus dem 17. Jahrhundert Derselben Zeit gehört der messingne Kronleuchter an, welcher neun Arme um eine Kugel herum trägt

Als besonderes Schmuckstück dient an der südlichen Aussenseite der Kirche ein gotisches Relief aus Sandstein (15. Jahrhundert), darstellend die Kreuzigungs- gruppe mit den Schachern und Sonne und Mond unter den Kreuzen. In der Ecke links ein Engel, rechts gegenüber der Teufel; neben Maria eine kleine

betende weibliche Figur.

10*

148 Halberstädter Landkreis : Veltheim (Kirche: Ausstattang Profangebäude) Wehrstedt

Abendmahls gerate: I.Kelch von vergoldetem Silber; 0,22 m hoch;

Braunschweiger Beschau, Meisterzeichen (^o^i 18. Jahrhundert; 2. ebensolcher

Kelch; 0,24m hoch; ohne Beschau und Zeichen; 1728. 3. Patene von vergoldetem Silber; Dm. 0,15 m; 18. Jahrhundert. 4. desgl. Dm. 0,15 m- 5. Oblatenschachtel, Silber vergoldet; Dm. 0,12 m. Beschau und Zeichen wie bei No. 1. Mit kunst- vollem Monogramm auf dem Deckel. Die übrigen Gegenstände sind ohne künsterlische Bedeutung.

Epitaphien: 1. Des Hans Friedrich von Dahlwulf. Mit 16 kleinen Wappen. 1507; "bezeichnet PR

2. Eines Eitters inEüstung, Inschrift unleserlich, Sandstein, 16. Jahrhundert

3. Des Pastors Valentin Dieterich, f 1669, ein geschnitztes und vergoldetes Werk; in der Mitte ein Ölgemälde: die Familie um die Kreuzigungsgruppe versammelt

4. Des Pastors Tobias Eichter (f 1716).

5. Dessen Frau (f 1714).

Profangebäude aus älterer Zeit, deren künstlerischer Wert irgendwie hervortritt, giebt es in Veltheim trotz jenes Brandes noch mehr als in irgend einem anderen Dorfe des Halberstädter Bezirkes. Auf dem Eittergute allein drei undatierte aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. 1. eins mit schlichten langen Konsolen und Fächerrosetten; 2. eins mit , ähnlichen Konsolen, welche an den Ecken in Gruppen von je 3 gleich langen vereinigt sind, an der Saum- schwelle und den Fällhölzern Schiffskehlen; über die Brüstungsplatten zieht sich ein doppelter gotischer Laubstab hin; 3. eins mit Fächerrosetten um Dreiviertel. kreise herum, die Schwelle mit übereinander greifenden, sich spitzbogig schnei- denden Eundbögen verziert

Zu erwähnen ist ferner das Pfarrhaus, begonnen 1571, vollendet laut einer langen Inschrift 1580. Das Gebäude ist 10 Fach breit, zeigt lange Konsolen, die Kanten der Schwellen und die Füllhölzer sind oben und unten mit von Schnür- rollen erfüllten Schiffskehlen belebt Über die Schwelle des ersten Geschosses zieht sich, von einem Perlstabe begleitet, die erwähnte Inschrift Darüber prangen die bekannten Fächerrosetten.

Endlich ist bemerkenswert das Pfarrerwitwenhaus, datiert von 1683, mit prismatisch zugespitzten Balkenköpfen. An der Schwelle steht die Inschrift Receptaculum hoc viduale cura et soUicitaoe Tobiae Richter! Pastoris Veleth. exstructum.

[Urkundlich erwähnt sind noch „des Pfaffen Hofthor" 1362; der Hof, worin der steinerne Turm steht (auch tornehove genannt) 1402; zwei Torwerke 1466; die Küsterei 1502.]

Wehrstedt

Die Kirchenbücher gehen bis 1564 zurück. H.-Z.IIa, 108; IV, 378; V, 224 f.; u.ö.

Werstede 1153; Wirstat 1156; Widerstide 1186; —Werstide 1208; Verstide 1228; Wirstede 1274.

Dorf, ostnordöstlich vor den Thoren von Halberstadt, und von der Stadt nur durch die Eisenbahn getrennt, mit 1369 Einwohnern (1564 = 40, 1589 =

\ at^.r^A^.K^'^-^-^-^.not-

Wehrstedt (Geschiebte Kirche) 149

30 Hauswirte), wovon etwa 40 katholisch, die übrigen evangelisch sind. Den Haapterwerb bildete früher besonders die Leineweberei, heute Gartenwirtschaft und Bahnarbeit.

Archidiakonat: Halberstadt.

Geschichte: Der villa genannte Ort lag ehemals weiter von Halberstadt entfernt um seine jetzt einzelstehende Kirche herum, gehörte zur Meierei des Hochstifts und hatte besonders die Aufgabe, dieses mit Fischen zu versorgen. Im Anfange des 13. Jahrhunderts finden wir hier ausserdem die Stifter Lieb- frauen, St. Paul und St. Bonifaz, das Kloster St. Jakobi, das Hospital St. Spiritus, auch die Familie von Suselitz, welche letztere aber ihre Besitzungen bald grössten- teils der Kirche überliess, begütert. Die Ortsregierung wurde von zwei Bauer- meistern geführt, die 1368 zuerst erwähnt werden. Die Kirche war den Heiligen Tincenz und Lorenz geweiht. Sie gehörte bis zum August 1194 zum St. Pauls- stifte, wurde dann von diesem abgetrennt, doch behielt St. Paul das Patronat bis in späteste Zeit; heute ist es fiskalisch. Der Pfarrer wird 1380 zuerst er- wähnt; zur Zeit der Kirchen Visitationen 1564 und 1589 wohnte er, wiewohl ein Pfarrhaus nebst Garten vorhanden war, in der Stadt, weil er zugleich im Heiligen Geist -Hospital zu predigen hatte. Es war der bekannte David Müller, der 1604 der erste evangelische Prediger der Liebfrauenkirche wurde (f 1616).

Flurnamen: 1373: Wadekstich. 1385: oppe de gröne; HersleveschesZojfÄ; Stein in dem Wegelebenschen Wege; des papen brede; oppe de bure mene; jensit den Lenteken wyden; Graben; dissit der Moneke molen vil na by dem grase; tighen des dftvels crftcze; Emerslebenscher Weg; Quenstedtscher Weg; jensit deme SiiUeberghe; by deme anewende ; by der grünt; Gröningenscher Weg ; dissit deme Pissendale; Kreiendorfscher Weg; in den drönen, 1391: uppe dat Frevel; Frevelberg. 1442: bei dem Eselsstiege; Tanzwiese; Brücke nach Klein- Quenstedt; Klein- Quenstedter Feld; Mönchsmühle; Sultehoe. 1446: im lutken vdde; by dem pilre; im Winkel nach dem Wegeleben er Schlage über den Graben; üLber dctö Walser bei Bossleben; boven den dronen; Ergstedter Hufe; auf die erste wunne die geht nach Mahndorf; bei dem Busch nach Dingelsdorf ; über den Bach unter dem Winterberge. 1455: by den honen; bi der Roden molen; Kreien- dorfer Grasweg; gegen dem vischerstige. 1501: bi den negesten puren; tegen de rennebome; Gröninger Heerstrasse; Gross- Quenstedter Weg; Gross-Quenstedter wunde; Emerslebener Grasweg. 1540: im warmen holte. 1602: der Glockenberg.

Yen der Kirche reicht der Turm in frühromanische Zeit zurück. Er hat eine äussere Breite von 8,38 m, eine Tiefe von 5,18 m. Ein Westeingang fehlt. Die Turmhalle unten ist von einem über Schalung gegossenen Tonnengewölbe überdeckt. Oben hat der Turm nach Westen zwei rundbogige Fenster, nach Süden und Norden je ein gekuppeltes ^ nach Osten zwei gekuppelte. Die Mittel- säulen der östlichen Fenster haben einfach vierkantige Kapitale mit rohen Ver- zierungen und ohne Anschmiegung an die Säule und mit breiten Kämpferstücken. Die Säule des nördlichen Fensters zeigt ein einfach verziertes Würfelkapitäl mit Anschmiegung. Der Turm trägt ein niedriges Walmdach, auf welchem zwei grosse Wetterfahnen (das Wahrzeichen des Dorfes) mit dem Bilde eines Bischofs und dem Spiegeischen Wappen stehen. Mittels zweier Bögen schliesst sich der Turmbau dem gleich breiten Schiffe an. Dieses hat eine lichte Länge von 23,81 ni.

150 Halberstädter Landkreis :Wehrstedt (Kirche: Ausstattung ProfangeMude) Westerburg

eine Breite von 6,70 m und ist auf romanischen Grundmauern zu unbekannter Zeit erneuert worden. Offenbar nicht auf diesen Umbau, sondern jedenfalls nur auf eine allgemeine Ausbesserung bezieht sich eine nebst dem Spiegeischen Wappen über der südlichen Eingangsthür angebrachte Inschrift, welche von einer auf Kosten des E. L. Frhm. v. Spiegel 1777 unternommenen Reparatur der Kirche und des Turmes spricht. Der Chor ist im halben Achteck (Seite etwa 2,80 m) geschlossen. Die Decke ist ein hölzernes Tonnengewölbe. Jede Längswand der Kirche hat vier grosse rundbogige Fenster.

Glocken: 1. Dm. 0,96m, gegossen 1683 von Jakob Wentzel in Magdeburg, 2. Dm. 0,92 m, Höhe 0,87 m, ohne Schrift, nur verziert mit einem in einen Kreis eingezeichneten und drei freistehenden Kreuzen. Der sehr altertümlichen Form nach gehört die Glocke in frühes Mittelaltar.

Der Altar, in welchen die Kanzel mit eingebaut ist, ist ein 1701 an- gefertigtes, bis zur Decke der Kirche reichendes Schnitzwerk von massigem Werte. Es ist verziert mit den Figuren Christi, Moses, der Evangelisten, Johannis d. T., eines Hohenpriesters, Luthers u. s. w. [Ehemals besass die Kirche mehrere Altäre, von denen einer 1522 durch einen neuen ersetzt wurde.]

Die Orgel ist ein Schnitzwerk des 18. Jahrhunderts, desgl. der Tauf stein.

Von älterem Gestühl ist ein mit Blendarkaden verzierter Rest, etwa 1620 gearbeitet, erhalten.

Im Chor befindet sich eine Sakramentsnische mit spätgotischem Blend- masswerk.

Altargeräte: 1. Kelch, Silber vergoldet, Höhe 0,26 m, Halberstädter Beschau, Meisterzeichen T.T. 1711. 2. zinnerne Kanne von 1810.

Epitaphien: 1. Elisabeth von Forchhamer, f 1598; mit zwei Wappen. Gut erhalten.

2. Johannis Buttendach, f 1667.

Die Kirche ist ähnlich wie die Laurentiuskirche bei Gross -Quenstedt und die Kirche in Danstedt ehemals von einer Umfassungsmauer umgeben gewesen, welche noch in Resten vorhanden ist, der Kirchplatz diente also gelegentlich als Zufluchtsort.

Von Profangebäuden bietet heute keins irgend ein Interesse.

[Urkundlich erwähnt werden ziemlich häufig allerlei Mühlen, darunter 1324 die Schiffmühle (to dhen Schepen), die Mönchenmühle 1573, Rodemühle 1461, Hans Gruttemekers Mühle 1494, die Mittelmühle 1500, Mühle bei der Kirche 1507. Ferner erwähnt werden die Wirtshäuser 1284, die alte Badstube, deren Stelle 1368 noch der Stofhof hiess, der Konekenhof 1388, Krekenhof 1490, der Pfarr- hof 1515, die Steinbrücke 1517. Ausserdem sind für diesen Punkt wichtig die 1324 genannten Namen dreier Einwohner: Ludolphus de hospitali, Henning^is ante castrum, Hinricus von dem Werdaere.]

Westerburg

Die Clajusche Chronik. Vergl. Rohraheim. Företemann, N. Mitteilung VI, 1841. Heft 3, p.54. H.-Z. III, 801, 892; VII, '299.

Königliche Domäne, 18,2 km nordnordwestlich von Halberstadt mit 190 Einwohnern.

WMterbuTg (die Banerburg)

\-m

152 Halberstädter Landkreis: Westerburg (Geschichte die Banerburg Beschreibung)

Geschichte: Die Gründungszeit der Westerburg ist unbekannt Sie dürfte ein sehr hohes Alter haben, ja in vorgeschichtliche Zeiten zurück- reichen, ebenso wie die in nächster Nähe belegene sog. Banerburg (Pig. 69). Da diese die östlich belegene von beiden ist, so hat die W. ihren Namen als die westliche erhalten. Möglicherweise ist vor der Schwedenzeit die Baner- burg als Osterburg bezeichnet worden. Beide haben durchaus verwandte Anlage mit ursprünglich doppelter Umwallung. Während aber die Banerburg schon seit alter Zeit ihre Baulichkeiten in der Mitte eingebüsst hat, so dass diese jetzt nur noch durch eine grosse Menge von Steinbrocken ihre ehemalige Existenz verraten, ist die Westerburg, soweit historisch nachweisbar, stets besiedelt ge- wesen. Zuerst Eigentum der Harzgaugrafen, kam sie um 1052 in den Besitz des Bistums Halberstadt, wurde um 1180 regensteinisches Lehen und blieb samt dem zugehörigen Dorfe Rohrsheim, trotz vorübergehender Herrschaft derer von Burgsdorf in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts, regensteinisch bis zum Aussterben des Grafengeschlechtes. Unter dem Bischöfe Heinrich Julius wurde die W. braunschweigisch, nachdem sie vorher in den Pfandbesitz derer von Yeltheim, und von diesen aus in den derer von Schulenburg gekommen war. 1630 war sie von den Kaiserlichen besetzt und wurde von den Schweden be- lagert, welche als ihren Hauptstützpunkt die alte Wallburg im Osten hatten, die später daher den Namen Banerburg erhielt 1633 bekam Henning von Steinberg (sein Epitaph in der Kirche zu Rohrsheim) das Gut in Afterlehen. Beim Aus- sterben der mittleren Linie des Braunschweigischen Herzogshauses fiel die W. an das Domstift Halberstadt zurück und wurde somit seit dem westfälischen Frieden brandenburgisch, während die von Steinberg Lehensinhaber des Gutes blieben. Als die Familie 1701 ausstarb, kam die W. an die Krone Preussen, wurde vom Könige Friedrich L seinem Halbbruder Albrecht Friedrich (f 1732) geschenkt, von dem sie dessen Sohn, Markgraf Karl Friedrich Albrecht (f 1765) erbte. Von diesem kam sie an den Bruder Friedrichs des Grossen, den Prinzen Heinrich. Nach dem Frieden von Tilsit schenkte sie Napoleon seiner Schwester Pauline, der späteren Herzogin von Guastalla, während gleichzeitig der amtliche Zusammenhang mit Rohrsheim, welches alle die früheren Besitzveränderungen mit hatte durchmachen müssen, und von dort namentlich seine gerichtliche Verwaltimg erhalten hatte, aufgehoben wurde. Seit 1813 ist die W. wieder königlich preussische Domäne.

Beschreibung: Die ganze Anlage wurde unter Benutzung der reichen Wasserquellen der nahen Umgegend von einem doppelten Wassergraben um- schlossen, welcher jetzt grossenteils verschüttet ist (Fig. 70). Der reiche Baum- wuchs des ganzen Burgterrains versteckt die Baulichkeiten derart, dass man von fern nur den oberen Teil des alten Berchfrits erblickt. Dieser ist noch mittel- alterlicher Herkunft, und ist bei einem Durchmesser der Mauer von 4,50 m im cylindrischen Teile 34m, in der Kegelspitze 12 m hoch. Noch ein zweiter, vier- eckiger Turm ist vorhanden, welcher, wie auf einem älteren Bilde zu sehen, noch 1806 mit einer Haube bedeckt war. Das Gehöft, von ursprünglich kreis- runder Anlage, mit einem einzigen Zugänge von Ostnordost her, ist im späteren Mittelalter mit einem westlichen schlossähnlichen Anbau versehen. Für diesen wurde ein zweiter, westlicher Eingang beschafft, damit man nicht nötig hatte.

Westerburg (Beschreibung) 153

bei der Ankunft den Ökonomiehof zu passieren. Die Gebäude des letzteren zeuften eine Fachwerkestage massirem Erdgescboss. Zwei verwitterte Wappen deuten anf ehemals halberstädtischen Besitz. Der jüngere Anbau ist massiv. Sein

südwestlicher Flügel schliesst sich an ßnuuiri/s not' msUrhtrg.

den alten Turm an, der nordöstliche an den Centralbau des Hofes an. Zwischen beiden Flügeln, an den nmden Turm sich anlehnend, ist eine Trennungsmauer, welche nur für ein Thor Baum lässt Der Anban zeigt die Formen der Gotik bis zur Kenaissance (Fig. 71). Sein Äusseres ist ziemlich schmucklos. Nur an der Nordseite giebt es einen zierlichen Erker und mehrere Fenster -^ mit gotischem Vorhangbogensturz. ^ Im Hofe fallen zwei schöne, ver- mauert« Benaissanceportale auf; ein

drittes, welches in der nordöstlichen Fie. 70.

Ecke zu einer Treppe führt, zeigt in Steinskulptur Nachahmungen der

gleichzeitigen Holzschnitzformen und hat dadurch Verwandtschaft mit dem Portale des Petershofes zu Halberstadt Nicht unmöglich, dass es von

154 Halberstädter Landkreis: Westerburg (Kapelle) Wülperode (Geschichte)

demselben Künstler ist. Im Innern des Schlosses interessiert besonders der Keller, der angeblich früher als Kapelle benutzt wurde. Yon in der Mitte be- findlichen einfachen kurzen Pfeilern schwingen sich Gurtbögen nach den gegen- überliegenden Wandpfeilern, dazwischen ist die Halle mit spitzgradigen Kreuz- gewölben eingedeckt. Von schöner Ausstattung ist auch ein grosser Raum, der jetzt als Vorrathskammer benutzt wird. Seine Balkendecke wird von einem vierkantigen, an den Kanten mit Rundstäben verzierten Holzpfeiler in der Mitte getragen. Die von ihm ausgehenden Kopfbänder zeigen die von den Halber- städter und verwandten Holzbauten genugsam bekannten geschnitzten Rollen und Kerbschnitzrosetten aus der Mitte des 16. Jahrhunderts. Der Rest eines Kamins zeigt dagegen die Jahreszahl 1680. Gleichfalls interessant, ohne jedoch das Übrige an Wert zu überragen, ist die Schlosskapelle. Architektonisch bietet sie nichts Bemerkenswertes. Der Altar zeigt Schnitzereien im Stile vom Ende des 17. Jahrhunderts: Moses und Johannes der Täufer von reichem Omamentwerk umgeben. Die Kanzel ist über dem Altar angebracht, in Nischen daran stehen die Figuren der Evangelisten. Gleichfalls geschnitzt ist die Orgel- brüstung. Man sieht durchbrochenes Laubwerk in fünf durch Säulen getrennte Felder geteilt, in deren vier sich die allegorischen Gestalten der Jahreszeiten befinden. Alle diese Schnitzereien, zu denen noch ein Engel, der ein Opfer- becken hält, gehört, stammen aus derselben Zeit.

Wülperode

Die Kirchenbücher reichen bis 1652 zurück. - H.-Z. III, 434, 706; VII, 314; Xil, 4f.

Wendilburgoroth (?) 995; ~ Wulptingerode 1316; Wulptingherode 1390; Wülptyngerode 1399; Wlptingrode 1412; Wulpingerode 1545;— Wulp- kerode 1600; Wolperode 1607.

Dorf 327 km westnordwestlich von Halberstadt an der Ecker mit 350 Ein- wohnern evangelischer Konfession. Nur 20 sind Katholiken. (1564 acht, 1589 elf Hauswirte). Don Haupterwerb bildet die Landwirtschaft.

Archidiakonat: Westerode.

Geschichte: Die Pfarre von Wülperode ist heute zu der in Göddicken- rode gehörig, war aber früher selbständig; 1396 wird sie zuerst genannt. Das ehemals Rössingsche Patronat ist heute zu zwei Drittel fiskalisch, Kompatron ist zu ein Drittel der Rittergutsbesitzer Baron v. Gustedt auf Berssel. Patron in Wülperode ist Herr Rittergutsbesitzer Hilmar Löbbecke auf Hedwigsburg. Den wichtigsten Bestandteil des Ortes bildete seit Alters das Schloss, heute ein moderner Bau ohne weiteres Interesse. Als bischöflicher Besitz wurde es viel- fach als Pfandobjekt benutzt. So kam es 1359 an die v. Saldern, 1363 an die von der Gowische; 1383 verpfändete es Bischof Albrecht an die Gebrüder V. Rössing, 1388 finden wir es im Pfandbesitze der Gebrüder von den Rhoden, 1412 in dem der Gebrüder von der Asseburg. Einen neuen Berchfrit hatte das Schloss 1390 erhalten. 1511 verpfändete es der Administrator Ernst und das Dom- kapitel an Joachim von Burgdorf, am Anfange des 17. Jahrhunderts ging das Schloss in die Hände derer v. Rössing über, wurde aber 1606 zurückerworben.

Wülperode (Geschichte Kirche Privatgebäude) 155

Zur selben Zeit war das Schloss (in dem sich auch eine 1589 erwähnte Kapelle befand), in so verfallenem Zustande, dass ein Neubau nötig wurde. Wülperode war damals Sitz eines Hauptamtsbezirkes, zu welchem ausser W. selbst Göddecken- rode, Bühne, Rimbeck, Stötterlingen und Hoppenstedt gehörten.

Flurnamen: 1589: Papenholz; Papen wiese.

Die auf dem Gutshofe stehende Kirche hat eine innere Länge Ton 13,50 m, eine Breite von 8 m, ist nur in Fachwerk ausgeführt und trägt keinen Turm, sondern nur einen Dachreiter. Das Schiff ist im Osten geradlinig geschlossen und mit einer flachgewölbten Holzdecke eingedeckt. An jeder Seite befinden sich drei rundbogige Fenster.

Der Dachreiter enthält eine Glocke von 0,61 m Dm., gegossen von H. Engelcke in Halberstadt 1829, mit der Inschrift: Ich werd an Feiertagen Zur Andacht Mahnung sein, Bald um die Toten klagen. Bald Freudenfeste weihn.

Der nicht bemalte Altar und die ebensolche von einem Engel getragene Kanzel sind aus dem Anfange des 18. Jahrhunderts.

Der Untersatz des Taufbeckens ist im Stile des Altars geschnitzt.

Von Altargeräten ist vorhanden:

1. ein Kelch von Silber, Höhe 0,17 m, Dm. 0,11 m; Braunschweiger Beschau,

Meisterzeichen [ts^

2. Kelch von vergoldetem Silber, Höhe 0,17 m. Dm. 0,09 m, geriefelter Knauf und Fuss, gestiftet von Thomas Kühneleins Frau und Erben.

3. Patene von vergoldetem Silber, Dm. 0,13 m, mit graviertem Kreuz im Kreise, datiert 1714, Umschrift Cura Christo . Hcnr . Chrysandri P.Wülp.

Von dem ehemaligen, 1638 gestifteten Gestühl, welches mit Blendarkaden zwischen kleinen Pilastern geschmückt war, ist noch ein kleiner Best vorhanden. Als Stifter ist Christian Zanten genannt.

Ausserdem enthält die Kirche von Bildwerken 1. eine kleine bemalte Holzschnitzerei aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts (0,59 m im Quadrat), die Marter der Zehntausend darstellend.

2. ein 0,89 m hohes, 3,97 m langes Ölgemälde von 1687, die 15 Mitglieder der Familie Wend in Anbetung vor dem Kruzifixus darstellend.

3. einen lebensgrossen, in Holz geschnitzten und bemalten blasenden Engel mit fliegendem Spruchbande; 18. Jahrhundert.

Auf dem Thürsturze der Kirche ist äussorlich eine sehr verdorbene lateinische Inschrift eingeschnitzt, in welcher Friedrich Wilhelm I. als Landesherr, Chry- sander als gleichzeitiger Pastor genannt werden; eine vierte Zeile enthält ein nicht zu entzifferndes Chronostichon.

Von Privatgebäuden ist nur eins von Bedeutung, dem Schlächter Kaufmann gehörig, dies allerdings eins der schönsten im ganzen Kreise Halber- stadt und auf den Dörfern desselben überhaupt Unikum (Fig. 72). Das jetzt als Stall benutzte Haus ist neun Fach breit, die Ständer sind mit senkrechten Linien verziert, die Kanten der Saumschwelle mit eckig gehaltenen Schnürrollen, während die Balkenköpfe ohne Verzierung sind. Zwischen den Ständern sind die Flächen unterhalb der Fenster mit Füllplatten ausgesetzt, welche reich geschnitzte, flache Ornamente mit Tier- und Pflanzenmotiven aufweisen. Am Thürsturze liest man

156 Halberstadtor Landkreis: WQIperode (Uackelbergs Grab)

die Inschrift Vllerich Schriden . Hans Schriden . David Schriden . Hans Ahn 1640.

In der Nähe von Wülperode, etveas westlich liegt der Klöpperkrug (früher Steinadlerkrug), neben dem sich im freien Felde das Grab des dort gestorbenen

Fig72

angeblichen Oberjägermeisters des Herzogs von Braunschweig Hackelbei^ be- findet. Es ist von einem Epitaphium bedeckt, auf dem der dort Bestattete in der 2 Tracht von etwa 15Ö0 auf einem Maultiere reit«Dd und von seinem Hunde begleitet dargestellt ist. Die aus dem Grabe stammende Blechkappe und der Stossdegen werden auf dem Gute zu Wülperode aufbewahrt

Zilly (Geschichte Kirche)

157

Zilly

Die Kirchenbücher gehen bis 1627 zurück. H.-Z. I, 232, 244; II c, 86; III, 162, 978; IV, 354 u. ö.

Von den sehr vielfach variierten Namensformen können hier nur die wichtigsten genannt werden: Xiilingho 1172; Cillinge, Skillinge 1211; Sciliigge 1214; Zillinge 1251; Tsilligge 1289; Tsilege 1296; Tsillinge 1305; Tzillinghe 1307; TziUige 1320; Czyllien 1468; Zillige 1516; Zeillingen 1564; ~ Zilge 1578; Zilling 1589; Zielgen Ende des 16. Jahr- hunderts; — Zylge 1610.

Dorf, 16,6 km westnordwestlich von Halberstadt am Sohlenbache, der sich hier mit dem Mückenbache vereinigt. Einwohner: im Jahre 1589: 70 Hauswirte, jetzt 1226, mit Ausnahme einiger Katholiken, evangelischer Konfession. Ihren Haupterwerb finden sie durch Landwirtschaft.

Archidiakonat: Dardesheim. 1485 war in Z. der Sitz des Archipresbyters dieses Bannes.

Geschichte: Im Mittelalter unterscheidet man Z. ein oberes und ein niederes Dorf. 1172 hatte Ilsenburg in Z- Besitzungen, die im Lauf der Zeit erweitert wurden. (Ilsenb. ÜB. IL 381.) Auch Walkenried war hier begütert. Grafschaft und Gericht waren regensteinisch , gingen aber 1343 an Wernigerode über. Schon zwei Jahre vorher war Graf Konrad v. Wernigerode vom Bischof von Halberstadt mit dem Schlosse belehnt worden. 1371 kam dies durch Ver- pfändung für 1000 lötige Braunschweigische Mark wieder in die Hände der Regensteiner, die es 1386 weiter an die v. Dorstadt, Saldern, Alvensleben, Schwichelte und Rössing verpfändeten. 1457 erfolgte eine Belehnung des Grafen Heinrich v. Stolberg mit der einen Hälfte des Schlosses, während die andere Eigentum des Bischofs und des Domkapitels blieb, wobei er sich verpflichtete, die Rechte, welche die Regensteiner Grafen etwa noch haben könnten, gebührend zu berücksichtigen. Nachdem beide Hälften durch Belehnung und Verpfändung ihre Inhaber (u. a. die v. Wirten, v. Hoym, V. Enüplau, v. Wenden) wiederholt ge- wechselt hatten, wurde die wemigeröder Hälfte 1504 (30. April) für 4300 Gulden von den Grafen Heinrich L, Heinrich II. und Botho von Wernigerode an das Dom- kapitel verkauft.

Die Kirche (S. Briccii) (Fig. 73) stand 1564 unter demPatronat derer v. Warberg,1589 unter dem des Domkapitels, jetzt übt die kgl.

Regierung das Patronat aus. [Im Mittelalter war sie* der h. Jungfrau geweiht. Der Pfarrer wird 1305 erwähnt. 1589 fanden die Visitatoren daselbst 2 neue, für teuem Preis gekaufte Glocken. Auch ein kleiner nicht mehr benutzter Altar vvar vorhanden.] Die jetzige Kirche ist 1838 erbaut und sehr verwandt mit der in Heudeber. Von den 3 Glocken, welche 1,13 m bezw. 1,03 m und 0,85 m

158 Halberstadter Landkreis: Zilly (Kirche Schloss)

im Durchmesser haben, ist nur die erste alt und stammt wahrscheinlich aus der alten verschwundenen Kirche. Sie zeigt in Majuskeln die um den Kranz lau- fende Schrift:

0 Rex 6L0RIQ ISQßl aiSJD VRdQ ® OSSIS ÜDÖT

Was die letzten Worte ausdrücken, ist unklar. Die beiden andern Glocken sind 1703 von Heiso Meyer gegossen.

Altargeräto: 3 Kelche von vergoldetem Silber: 1. 0,21 m hoch, datiert von 1697, unten ein Kruzifixus, sechskantiger Knauf, Halberstädter Beschau, Meisterzeichen E. F. 1696. 2. 0,17 m hoch, ähnlich, mit graviertem Kreuz. 3. 0,235 m hoch, von 1705, unten eine Kreuzigungsgruppe; Meisterzeichen M. G. Beschau wie vorher. Zu diesen Kelchen gehören entsprechend 3 Patenen von 0,13 m bezw. 0,13 m und 0,15 m Durchm. Eine silberne Oblatenbüchse von 0,10 m Durchm, hat Halberstädter Beschau und das Zeichen T. T. 170 ...

Der Hauptteil der Königlichen Domäne ist ein burgähnliches Wasser- schloss. Es führt 1211 den Titel castrum, später wird sie (1371) hus, (1386) slod, (1518) de Borch genannt. Sie ist gegenwärtig im Besitz des Oberamtmanns F. Heine. Die zugehörigen Ländereien umfassen gegen 2000 ha. Die zu sehr verschiedenen Zeiten des 16. bis 18. Jahrhunderts entstandenen Gutsgebäude (abgesehen von den modernen) gruppieren sich um 4 Höfe, von denen der älteste und kleinste noch durchaus den Charakter eines mittelalterlichen Burghofes zeigt; Man erreicht ihn nach Durchschreitung eines mit Tonnenkreuzgewölbe bedeckten Thorvveges. Die den Hof begrenzenden Gebäude zeigen die Jahreszahl 1501. Die Fenster haben zum Teil spätgotische Vorhangbögen. Die innere Einrichtung zeigt mancherlei Veränderungen neben fast unbeschädigten alten Resten. So findet sich in dem einen Gebäude im Erdgeschoss ein zwischen schmalen Gurt- bögen ausgespanntes gratiges Kreuzgewölbe, in der Mitte getragen von einer niedern gedrehten Säule ohne Kapital und mit nur schwachen Kämpferstück; die Pfeiler an den Wänden sind entsprechend gestaltet Ausserhalb an demselben Hause befindet sich eine Reihe von 18 zum Teil unkenntlichen Wappen von Halberstädter Domherren. Im Innern eines gleiclifalls alten Gebäudes ist ein Kamin (jetzt unbrauchbar) datiert 1616 und bezeichnet mit BVEG. Er ist aus Kalkstein gefertigt. Derselbe Raum (jetzt Käsekammer) ist mit geschnitzten eichenen Paneelen des 17. Jahrhunderts geschmückt. An einem andern Hofe steht ein Haus von 1608, verziert mit einer Reihe von 11 Wappen, die 1687 angebracht sind: 2 Bennigsen, Niehausen, Wendt, Schlitz, Ebersteinburg, Münch- hausen, Steinberg, Hünecken, Steindorff, Stechau. An einer andern Seite des- selben Hofes steht ein mit stark verriegeltem Balkenwerk erbautes Haus mit der Inschrift: CAPITULVM ECCLESIAE CATHEDRALIS HALBERSTADENSIS AEDIFICIVM HOC INTER MORVM EXTRVI FIERI IVSSERVNT und die Jahr- angabe 1688. Ein anderes Gebäude daselbst von 1686 hat dieselben Wappen wie das Gebäude von 1608. An dem dritten Hofe steht ein Haus von 1610 mit einer 1660 angebrachten Wappenreihe (Hüneken, Spitznas, Stedem, Spiegel, Bieren, Britzke, Münchhausen, Hüneken, Teutsch, Hagen gen. Geist, Bennigsen Partensieben). Ein anderes Gebäude vom Ende des 17. Jahrhunderts hat die Wappen Wendt, Bennigsen, Asseburg, Niehausen, Schlitz, Rössing, Bennigsen,

Zilly (Schloss Dorf häuser)

159

Löepre, Eberateinburg, Münchhausen. Ein drittes vom 18. Jahrhundert hat die Wappen v. d. Busche, Leerodt, Haaren, Viereck, Ende, Kannenber^, Pickelsheim, Harff, Diepenbroick, Bülder, Münchhausen, Ketteier.

Neben dem Eingange zum ältesten Hofe steht ein hoher plumper Turm, der ehemalige ßerchfrit, mit moderner Haube 9,08 m br., 9,0 m tf., seine Mauern haben eine zwischen 2 und 2,60 m wechselnde Dicke; er wird jetzt als Tauben- schlag benutzt. Ein an einem anderen Gebäude errichteter Turm für die Uhr ist weniger massenhaft, wiewohl seine Mauern nicht viel dünner sind. Oben be- findet sich eine Glocke mit einem Durchm. von 0,57 m und einer Höhe (mit Henkel) von 0,73 m. Um den Kranz läuft eine Inschrift, zum Teil durch Grün- span vernichtet Noch zu lesen ist: VIRGINE GERARDVS FACIT IN 0(sterwieck?). Die Türme wie sämratliche massiven Bauteile sind aus Kalkstein.

An der Strasse an einem Hause von 1613 befindet sich eine fast ganz verlöschte steinerne Inschrifttafel. An der Wand daneben ist wiederum eine Reihe von 12 Wappen von Domherren, links eingeleitet durch die in einer Nische

stehende Figur des h. Stephan.

[Im Tagebuche des Math, von Oppen ist von den Zillyschen Gebäuden

oaufig die Eede. An einem von ihnen liess Oppen folgende selbst verfasste

^erse anbringen :

Struximus has aedes, reliquas renouaimus apte Praedia condidimus multo Hewkendalia sumptu Pro Rein ac Honstein, Hinricus presul Julus Brunswigus Molmken nostras donavit ad aras. Augeat altisonans, conseruet parta, precamur, Posteritas humili persoluens munera voto.

Aus einem andern Oppenschen Inschriftgedichte 1604 war der Vers: Non minor est virtus, quam quaerere, parta tueri.

Erwähnt werden durch von Oppen ferner: das Brauhaus, über welchem

3 Bäume entlialtend 3 Stuben und 3 Kammem 1599; eine Stephansbildsäule,

welche, weil sie verbaut worden war, 1601 am vordersten Thor angebracht wurde;

ein neues Gebäude mit Wappen daran, für dessen Erbauung 1602 1500 Gulden

bewilligt wurden; eine 1603 am Schweinestall angebrachte Wappenreihe;

die Zugbrücke 1605; eine neue Scheune 1606, für die das Rodegeld von

Stötterlingenburg gebraucht werden sollte; der Neubau einer Werkstatt statt

einer abgebrannten, sowie eines Hirten- und Zollhauses, alles aus Ziegeln und

Kalkstein 1606; eine ganze Reihe von Veränderungen und Verbesserungen

1612; die „Dechanejstube" samt 2 Kammern, neu erbaut 1616; ein

steinernes Thor zwischen den beiden Aratsgärten; der Saal des Hauptmanns

mit einer Kammer darüber 1620.]

Die Dorf häuser bieten fast nichts, was über die Regel hinausginge.

Nur ein Haus vom Ende des 17. Jahrhunderts zeigt Verzierungen in ziemlich grober Schnitzerei. An der langen Saumschwelle zieht sich ein Spruch hin. Die Ziegel, mit welchen die Fächer ausgemauert sind, sind z. T. mit halben eingepressten kleinen Fächerrosetten verziert, ähnlich wie der Fussboden in der

160 Halberstädter Landkreis: Zilly (Klas)

Kirche zu Athenstedt (s. o.). [Von andern Gebäuden früherer Zeit sind urkund- lich erwähnt: der Klosterhof 1460; der Niederhof bei der Marienkirche 1460; das Pfarrhaus 1468 und 1605; eine neue Mühle 1604; Papiermühlen am Severlaschen Teiche (s. Berssel), deren Bau 1606 beabsichtigt wurde; ein Salzwerk 1607; eine kleine Mühle nebst öl- und Bockmühle (Pochmühle) 1611.]

Im Niedemdorfe gab es vordem eine Kirche, auch die Klauss oder Klus genannt, also offenbar nur eine kleine Kapelle, welche lö64 bereits wüst war. Die Pfarre daselbst hatte früher unter regensteinschem Patronat gestanden. (H.-Z. XU, 549.)

1498 hören wir, dass bei Z. auch Weinbau getrieben wurde.

B. Halberstädter Stadtkreis

Kreb Halberatadt.

11

Halberstadt

Quellen und Litteratur.^

Urkundenbuch der Stadt Halb., 2 Bände,

Urk.-B. des Hochstifts Halb., 4 Bande,

Urk.-B. der Stifter St. Paul und St. Bonifaz, 1 Band, sämtlich herausgeg. Yon Dr. 6. Schmidt im Auftrage der historischen Kommission der Provinz Sachsen.

ürknnden des Hochstifts, als Material zu einem fünften Bande,

Urkunden der Liebfrauen- und St. Johanniskirche,

Varia zur Stadtgeschiclite, sämtlich von demselben gesammelt und (ur die Herausgabe vorbei*eitet ; die Manuskripte befinden sich im herzoglichen Staatsarchive zu Wolfenbüttel und wurden dem Verfasser dieses Buches vom Herrn Herzoglichen Archivrate Dr. Zinmiermann in dankenswertestem Entgegenkommen zur Benutzung überlassen.

Annalista Saxo, herausg. von Waitz, MG. Scriptt. VI, 542—777.

Gesta episcoporum Halberstadensium, herausg^. von Weiland, MG. SS XXin, 73—123. Auch schon 1839 von Schatz unter dem Titel Chronicon Halberstadense veröflfentlicht.

Fragmentum gestorum episcoporum Halberstadensium, herausg. von 0. Holder-Egger, MG. SS. XXX, p. 19 f.

Gesta Alberti II, herausgeg. von Weiland, MG. SS. XXIII, 123—129.

Tagebuch des Domdechanten Matthias von Oppen, herausgeg. von V. Mülverstedt.

Kirchenvisitationen im Bistum Halb., herausgeg. von Nebe.

Halberstädter Chronik des Joh. Winnigstedt, herausgegeben in Caspar Abels „Sammlung etlicher noch nicht gedruckten alten Chroniken*' (Braunschweig 1732) pp. 252-478.

Budäus, Des . . . Herrn Alberti . . . Leben u. s. w. (Halb. 1624).

Melchior Steofanius, catalogus episcoporum Halberstadensium, (Zerbst 1586).

Joachim Rulff, Origines Halb, reipublicae (Wittenberg, ohne Jahr).

Caspar Sagittarius, historia Halberstadensis (Jena 1675).

J. F. Beimmann, Grundriss der Halberstädter Historie (Halb. 1702).

S. Lentz, diplomatische Stifts- u. Landeshistorie von Halb. (Halle 1749).

Leukfeld, historische Beschreibung des Bischoftums Halb. (Wolfen büttel 1714).

Leukfeld, antiquitates Halberst

Dingelstedt, Karte des Fürstentums Halb. (1742).

V. Bennigsen, Halberstädter Merkwürdigkeiten (Halb. 1751).

Lucanus, Beiträge zur Gesch. d. Fürstentums Halb. (Halb. 1781).

ders., histor. Bibliothek des Fürstentums Halb.

L. F. Niemann, Gesch. d. vormaligen Bistums und jetzigen Fürstentums, insbesondere aber der Stadt Halb. (Halb. 1829).

* Die obige Aufzählung nennt nur das Wichtigste. Auf Untersuchungen des Wertes der einzelnen Werke kann, weil dies viel zu weit füliren würde, hier nicht eingegangen werden; ich muss diese interessante und wichtige Arbeit späterer Müsse überlassen. Die Titel der erheblichsten Schriften sind durch gesperrten Druck hervorgehoben. Übrigens verweise ich auf das in der Einleitung dieses Buches über diesen Punkt Gesagte.

11-

164 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Litteratur)

LucanuB, Wegweiser durch Halb. (Halb. 1823). Franz, Gesch. d. Bistums Halb. (1853). Zschiesche, Halb, sonst und jetzt (Halb. 1895). Führer durch Halb, und Umgegend (Halb. 1895).

Von den vielen in Zeitschriften und dergl. verstreuten kleineren Beitragen zur Halber- stadter Geschichte sei hier nur auf die grosse Zahl der in der Harzzeitschrift ent- haltenen hingewiesen, welche wie vieles andere hier nicbt Erwähnte bei den Quellennach- weisen der einzelnen Abschnitte erwähnt werden.

Halberstadt, Stadt im preussischen Regierungsbezirke Magdeburg, ge- legen unter 51 ^ 54' n. Br. und 28 ^ 43' ö. L., mit 40000 Einwohnern. Halb, dient als Sitz für ein Amts-, ein Land- und ein Gewerbegericht, eine Berg- behörde, ein Domänenrentamt, eine Handelskammer, ein Katasteramt, eineLandes- bauinspektion, ein Landratsamt, eine Garnison Magdeburgisches Infanterie- Regiment No. 27 und v. Seydlitz-Kürassiere nebst Proviantamt, ein Gymnasium, ein Realgymnjksium , eine Oberrealschule, mehrere Volksschulen verschiedener Konfession, zwei höhere Töchterschulen, eine städtische und eine kaufmännische Fortbildungsschule, eine Industrieschule, eine Präparandenanstalt, ein Lehrer- und Lehrerinnenseminar, eine Seminarschule, ein Taubstummeninstitut, ein Theater, femer für viele Vereine, welche wissenschaftlichen, gewerblichen, ge- meinnützigen und geselligen Zwecken dienen u. s. w. u. s. w.

Von gewerblichen Betrieben in Halb, sind besonders zu nennen: Brauereien, Brennereien, Bürstenmachereien, Cigarrenfabriken, Gärtnereien, Gerbereien, Hand- schuhfabriken, Orgelbauanstalten, Schneidereien, Schuhmachereien,

Archidiakonat: Halberstadt.

Namen, bei den Schriftstellern : AJfurtested (Flodoard. Ann. 948 MG. SS. III, 395); Alfursted (Hugonis Chron.I MG. SS. VIII, 361); Alfureested (Richeri hist. II, MG. SS. III, 6U3); Alveristat (MG. Necrol. I, 622); Alvestet (MG. Legg.IV, 99); Haluestot (ibid. 13); Alvertat (Sugerii vita Ludov. MG. SS. XXVI, 50); Alvensant (hist. ducum Venet. MG. SS. XIV, 85); Halvarastat (MG. Legg. 1,561); Haluersdat (Geneal. com. Flandr. MG. SS. IX, 330); Hai- barstet (MG. Legg. II, 24); Harberstad (Ann. Hildesh. 1088); in den Ur- kunden: Halverstad 1003; Halberstede 1018; Halverestid 1036 (?); Hal- versted, Halverstad 1068; Halberstad 1105; Haiversted 1108; -- Albe- stat 1136 (italienische Urk.) ; Alverstad, Alberstad 1160; Alvei-stat 1186; Halbirstad 1196.

Da die Urkunden grössere Zuverlässigkeit besitzen als die vielfach auf irr- tümlichen Nachrichten beruhenden Überlieferungen der Chronisten, so dürfte anzunehmen sein, dass schon seit sehr alter Zeit der Ort einen dem heutigen fast gleichlautenden Namen geführt hat. Die Deutung ist unklar; die Erklä- rungen als „Stadt der Alben," „halbe Stadt" („Hemipolis"), „Alves Stadt,^' „Albheres Stadt," letztere beide mit angeblicher Beziehung auf einen Gründer solches Namens, sind sämtlich nicht zu erweisen, wiewohl die beiden letzten ziemliche Wahrscheinlichkeit besitzen; doch dürften auch sie statt aufklärend eher irreführend wirken.

Halberstadt (Geschichtliches: Gründung) 165

Geschichtliches

In der Landschaft, deren natürliche Beschaffenheit im ersten Kapitel dieses Buches beschrieben ist, wurde, wie alle Quellen tibereinstimmend berichten, ein Ort Namens Seligenstadt (seliganstedi, saliganstedi, salingenstide, saligestat u. s. w.) zum Mittelpunkte des Bistums ausersehen, welches von Karl d. Gr. im Jahre 781 oder Avenigstens sicher am Anfange des 9. Jahrhunderts im Hartengaue begründet wurde.* Es umfasste ausserdem den Derlingau, Nordthüringau , Balsamgaii, Schwabengau, Hessengau und das Friesenfeld. Bistumspatron war schon 814 der h. Stephanus. Hildegrim, ein vielleicht 748 geborener Friese, Sohn des Thiatgrim und der Liafburga, bisher Bischof von Chalons und Abt von Werden a. d. Euhr, wurde zum Bischöfe der neuen Gründung eingesetzt. Dieser Mann, welcher durch rastlose Bemühungen für die Veibreitung des Christentums sich unver- gängliche Verdienste erworben hat (er hat im ganzen 35 Dorfkirchen in dem neuen Bistum gegründet)^ soll nach der Überlieferung den Sitz seiner Herrschaft nach Halberstadt verlegt haben. Doch stützt sich diese Annahme auf keinerlei urkundliche Überlieferung, ebensowenig wie jene, dass Seligenstadt mit Oster- wieck identisch gewesen sei, wo Karl d. Gr. ein Monasterium, eine Kirche, erbaut und dem h. Stephanus geweiht hatte. Es wird vielmehr schon in den ältesten Quellen stets berichtet, Halberstadt sei der Bistumssitz gewesen. Es ist über diesen Punkt viel gestritten worden, ohne dass eine Einigung erzielt worden wäre. Lediglich als Vermutung sei hier hinzugefügt, dass möglicherweise der ganze Streit aus einer falschen Etymologie verursacht sein kann. Eine aus- reichende Erklärung des Namens Halberstadt ist bisher nicht geliefert worden, dessen Ableitung vielmehr zu allen Zeiten verschleiert und eine Quelle von mancherlei Irrtümern gewesen. Eine Niederlassung dieses Namens hat in der damals wald- reichen, wahrscheinlich auch wasserreicheren Gegend ohne Zweifel schon be- standen, bevor sie zum Sitze des Bistums erwählt wurde, und sie muss eine verhältnismässig bedeutende Stellung gehabt haben, da die Errichtung von Bistümern an unwichtigen Orten kirchlich untersagt war. Bei Gelegenheit dieser Gründung mag der Name Haiborstadt gedeutet worden sein als Stadt der Alben, der Elfen, der heidnischen bösen Geister, weshalb man für nötig hielt, diesen Namen christlich zu gestalten als Stadt der saugen (Förstemann, altdtsch. Namenb. II, 1284), locus beatorum. Die mächtige Gewohnheit der alten volks- tümlichen Benennung aber blieb bald gegen die kirchlichen Bemühungen sieg- reich, und aus diesem Vorgange gestaltete sich die Sage, das Bistum sei von Seligenstadt nach Halberstadt verlegt worden. Ob nun diese Vermutung richtig sit, oder die, Seligenstadt sei untergegangen, oder es sei das jetzige Osterwieck (wobei dessen Namenswoehsel einer Erklärung bedürfen würde), oder der Name Seligenstadt sei eine Veränderung aus Chalonsstadt es muss hier eine ge- nauere Untersuchung darüber, als zu weit führend, unterbleiben. Ein endgiltiges Ergebnis wird mit den gegenwärtigen Mitteln überhaupt nicht festzustellen sein. 902 scheint der Name Seligenstadt noch im Gebrauche gewesen zu sein, weil ein derartig heissender Ort in einer Urkunde König Ludwigs als Münz- und

' Vgl. H.-Z. XVIII, 353 ff.

» Vgl. P. Meier H.-Z. 1898 p. 227ff.

166 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 814-^937)

Zollstätte genannt wird. Beides aber passt, falls die Urkunde echt sein sollte, auch auf Halberstadt.

Hildegrim führte den Bau der neben der Hauptkirche zu Halberstadt von seinem Bruder, dem h. Liuder, begonnenen Kirche zu Ende und weihte diese den hh. Petrus und Paulus. 814 erhielt das Bistum eine Bestätigung seiner Privilegien in einer für jene frühe Zeit höchst verdächtigen Form, welche in den durch das ganze Mittelalter immer wieder erneuerten Bestätigungen bis in das 15. Jahrhundert hinein in ziemlich unveränderter Form beibehalten wurde. Hildegrim starb am 19. Juni 827 und fand sein Grab in der Abtei "Werden. Kanonisiert scheint er nicht zu sein, wiewohl er bisweilen als Heiliger genannt wird. Sein Nachfolger Thiatgrim (f 8. Februar 840) dürfte, da auch er zu Werden in Beziehungen stand und gleichfalls dort begraben ist, im Sinne seines Vorgängers fortgewirkt haben. Auf ihn folgte der Angelsachse Haimo (Heimo, Heinmo, Hemmo), ursprünglich Mönch in Fulda, Schüler Alcuins, Freund des Hrabanus Maurus. Er war als theologischer Schriftsteller bedeutend und hat als solcher unter anderen eine Schrift über die Apokalypse und einen Auszug aus der Kirchengeschichte des ßufinus verfasst. Seine Interessen galten, wie versichert wird, mehr seiner alten als seiner neuen Heimat, und das Bistum Halberstadt soll daher mancherlei Schaden durch ihn erlitten haben. Er starb am 28. März 853. Seine Lebensbeschreibung wurde erst anderthalb Jahrhunderte später von einem Ilsenburger Mönche Rochus verfasst. Als Erinnerung an ihn hinterblieb in Halberstadt eine von ihm gesammelte Bibliothek, die 1179, als der Dom verbrannt wurde, mit zu Grunde ging.

Die Verbindung mit Kloster Werden war mittlerweile nicht abgebrochen worden, wie aus der Geschichte von Haimos Nachfolger Hildegrim IL hervor- geht, welcher nach seinem 886 (21. Dezember) erfolgten Tode dort beigesetzt wurde. Das Christentum fand er, dank den schweren Bemühungen Haimos, ziemlich gesichert, vor und er befestigte es weiter durch die Yollendung und Einweihung der Halberstädter Domkirche. Auf ihn folgte der nur in einer Urkunde er- wähnte Eiulf (von den Geschichtsschreibern Egolf, Agiulf oder Evilippus genannt). Sichere Nachrichten über seine Herkunft und seine Thätigkeit fehlen.

Auch von seinem Nachfolger Sigisraund (f 14. Januar 923) weiss man wenig. Er regierte mit einer Sittenstrenge, zu welcher er gelegentlich durch Verhängung des Bannfluches auch den späteren König Heinrich zwang. Ausser- dem war er nach Thietmars Zeugnis ein Mann von Geist, welcher alle seine Zeitgenossen an Kenntnis der das Geistliche und Weltliche betreffenden Wissen- schaften übertraf. Seit seiner Regierung genoss das Domkapitel das Vorrecht der selbständigen Bischofswahl. Erst von dieser Zeit an, seit dem Regierungs- antritte des folgenden Bischofs Bernhard werden die Nachrichten über die Halberstädter Bistumsgeschichte ausführlicher und zuverlässiger.

Bernhard stammte aus der Familie der Grafen von Hadmersleben. Auf Rat des Bischofs Sigismund bewarb er sich um das Bistum und erhielt es durch Vermittlung Heinrichs I. Seine diplomatische Gewandheit befähigte ihn zu gelegentlicher politischer Thätigkeit, welche er im Auftrage des Königs ausübte. Am 4. Februar 937 bestätigte Otto I. die angeblich schon von früheren Königen dem Bistum gewährleistete Immunität. Doch trübte sich das gute Verhältnis

HalberBtadt (Geschichte 937—1018) 167

zum Kaiser infolge des heftigen Widerspruchs, welchen Bernhard dem Lieblings- plane des Kaisers entgegensetzte, Magdeburg zum Erzbistum zu erhebeui Es soll sogar zur Gefangennehmung des Bischofs und dessen Einkerkerung in Quedlin- burg gekommen sein, jedoch soll Otto durch des Bischofs Unerschrockenheit sich haben bewegen lassen, jenen wieder in alle seine Ehren einzusetzen und sogar Eirchenbusse zu'thun. So blieb es Bernhard erspart Teile seiner Diöcese abtreten zu müssen. Die Halberstädter Kirche verdankt seiner Freigebigkeit den Besitz einer grossen Menge von Reliquien, die er von einer Reise nach Bom mitgebracht hatte.

Ausserdem zeugt von seiner Thätigkeit noch heute das von ihm und seiner Nichte, der Äbtissin des von ihm gestifteten Klosters Hadmersleben , 937 ge- gründete Pfortenhaus. 96ö stürzte der Dom zu Halberstadt ein.

Sobald Bernhard gestorben war (3, Februar 9G8) nahm Otto I seinen ehe- maligen Plan der Gründung des Erzbistums Magdeburg wieder auf und führte ihn noch im selben Jahre aus, begünstigt von der vielleicht nicht uneigen- nützigen Nachgiebigkeit von Bernhards Nachfolger Hildeward.

Dieser, aus dem Hause der Grafen von Werle stammend, hatte seine Bildung in St. Gallen genossen. Er befestigte das von jeher bestehende enge Verhältnis zu der Kirche von Metz und verschaffte dadurch der Halberstädter Kirche den Besitz kostbarer Reliquien, darunter besonders eines kleinen Teiles von dem Blute des beiden Kirchen gemeinsamen Schutzpatrones St. Stephan. Hildeward gründete 995 das Nonnenkloster zu Stötterlingenburg und weihte imgefälir zur selben Zeit den von ihm neu erbauten Halberstädter Dom. Seine weltliche Gewalt wurde dadurch befestigt, dass Otto ÜI. am 4. Juli 989 dem Bistum das Markt-, Münz- und Zollrecht samt dem Heerbann verlieh bezw. bestätigte. Hildewards treuer Gefährte bei allen seinen Regierungshandlungen war sein Kapellan Hiddo. Doch wurde dieser nach dem am 25. November 996 erfolgten Ableben Hildewards, obgleich er viele Stimmen für sich hatte, sein Nachfolger nicht, vielmehr schlichtete der König den Streit des Domkapitels durch Ein- setzung seines Hofkapellans Arnulf.

Dieser erlangte vom Papste Benedikt die Bestätigung der Grenzen seiner Diöcese und sorgte dafür, dass diese genau festgestellt wurden. Den bei seinem Amtsantritte durch die Kriegswirren der vergangenen Zeit stark verwahrlosten Zustand in Stadt und Land Halberstadt war er unablässig zu bessern bemüht, jedoch hatte er erst 1018 die Genugthuung die Stadt wieder völlig hergestellt zu sehen.

Am 19. Dezember machte er im vollen bischöflichen Ornate einen feierlichen Umzug um die von ihm hergestellten Mauern. Er gründete das Liebfrauenstift imd die zugehörige Kirche und sorgte für engste Verbindung der dortigen Kanoniker mit denen des Domkapitels. Freilich blieben Streitigkeiten auf die Dauer nicht aus, welche besonders unter Bischof Burchard H. einen solchen Umfang annahmen, das es zu ihrer Beilegung des ganzen Ansehens des Bischofs bedurfte. Den Besitz des Domes vermehrte Arnulf durch Schenkung bedeutender Ländereien, Mühlen u. s. w. Er war bei seinem Wirken unterstützt und dieses war ihm überhaupt nur ermöglicht dadurch, dass er sich die Gunst der Könige dauernd zu wahren wusste. Schon Otto HI. beschenkte ihn mit bedeutenden

168 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1002—1036)

Besitzungen und Rechten (Jagd im Harz u. s. w.) und Heinrich H. war wieder- holt (1008, 1017) sein Gast in Halberstadt. 1002 bestätigte er ihm die volle Immunität gemäss den Verfügungen seiner Vorgänger, wobei besonders das Recht des Heerbannes und die Gerichtsbarkeit über Halberstadt zur Geltung gebracht wurden. Gleichwohl kamen infolge der nicht genügenden Abgrenzung des bischöflichen Bezirkes in der Folge mancherlei Verletzungen dieser Immu- nität vor, welche erst nach 1018 genügend gesichert wurde. (Weiteres über diese verfassungsgeschichtlichen Vorgänge s. unten.)

1003 überwies Heinrich dem Stifte das Kloster Ilsenburg und fügte 1004 gegen Abtretung des Gebietes von Merseburg etwa 100 Hufen vom königlichen Eigentum hinzu. Arnulf starb am 7. September 1023. Zu seinem Nachfolger wurde zunächst von Klerus und Volk Hermann gewählt, welcher später Erz- bischof von Hamburg wurde und das Halberstädter Bischofsamt nur vertretungs- weise verwaltete, bis als wirklicher Nachfolger am 26. Dezember desselben Jahres Brantog (Brantoch, Branthogus, Branthohus u. s. w.) gewählt wurde, welcher seit 1011 Abt von Fulda gewesen war. Auch er verdankte seine Wahl, wie vordem Arnulf, dem König. Abscheu vor dem Anblicke des Elends, welches in den letzten Zeiten seines Vorgängers die Pest verursacht hatte, soll der Grund gewesen sein, weshalb er alsbald eine Reise nach Palästina unternahm. Der Nutzen seiner späteren Regierung wird verschieden beurteilt, doch versichern wenigstens die Gesta ep. Halb., dass der Wohlstand der Diöcese unter ihm sich gehoben habe. Das von ihm 1025 erbaute Kloster St. Johannis und das Kloster St. Bonifatii in Bosleben, beide dicht vor den Thoren von Halberstadt, hinterblieben als Zeugnisse seiner Thätigkeit bis in späte Zeiten. Brantog starb 1036 an der Pest Sein Todestag wird verschieden angegeben (26. 27. August, 26. September). Sein Nachfolger, der durch kaiserlichen Einfluss zur Herrschaft gebrachte ^ bis-

^ Die Wahl der Bischöfe erfolgte zunächst durch den König. Wenigstens ist dies in den Gesta ep. Halb, überliefert betreffs Hildegrim I., Thiatgrim und Bernhard. Nichts über den Wablmodus hören wir bei Hildegrim II., Eiulf und Sigismund. Dagegen wird be- richtet, dass Hildeward durch Zuruf des Klerus und Volkes erwählt und vom Vertreter des damals abwesenden Königs, Herzog Hermann von Sachsen, in sein Amt eingeführt wurde. Bischof Arnulf verdankte seine Wahl der Hofpartei, während der Klerus einen anderen Kandidaten aufgestellt hatte. Man sieht, wie damals bereits das Bestreben herrschte, den König aus der bestimmenden Stellung in Sachen der Bischofswahl hinauszudrängen. Bischof Hermann wurde von Klerus und Volk erwählt, Brantog wieder vom Könige, Burchard I. wieder von Klerus und Volk. Doch beschränkte sich diese letztere Art der Wahl zunächst nur auf eine Wunschäusserung. Wenigstens heisst es von Burchard I., er sei so beliebt gewesen, dass er in episcopum Halb, civitatis ab omnibus certatim postularetur. Quorum peticioni Imperator gratanter annuit etc. (Gesta ep. Halb. p. 94). Über den Wahlmodus bei Burchard II. erzählen die Gesta nichts. Sein Nachfolger Thietmar aber wurde canonica electione von der Kirche erwählt. (Gesta p. 101). Desgl., jedoch unter beträchtlichen Zwistig- keiten der Kirche , die in drei Parteien zerspalten war , dessen Nachfolger Herrond , welcher die Bestätigung des Papstes fand und von ihm den Namen Stephanus erhielt. Friedrich war kaiserlicher Parteibischof. Beinhard wurde canonice erwählt; Otto war Simonist; zur Wahl Budolfs erschienen Kaiser Lothar, Erzbischof Albert von Mainz, Bernhard von Hildesheim, und so wurde er Bischof pari voto totius cleri et unanimi consensu populi (Gresta p. 106). Seitdem findet Beteiligung des Kaisers überhaupt nicht mehr statt. Den Bischöfen stand das Vorschlagsrecht bezüglich ihrer Amtsnachfolger zu.

Halberstadt (Geschichte 1049—1089) 169

herige kaiserliche Kanzler Burchar^d von Nabburg, war der Erbauer eines neuen bischöflichen Palastes in Halberstadt, des sog. Petershofes. Gleich diesem am Domplatze liess Burchard 24: neue Wohnhäuser (Kurien) für die Domherren erbauen. Ausserhalb des jetzigen Kreises Halberstadt begründete er eine Kapelle als Anfang des späteren Klosters Huysburg. Die zwischen dem Bistum Halberstadt und dem Erzbistum Magdeburg damals häufigen Grenzstreitigkeiten wurden 1049 durch Hemrich III. geschlichtet, welcher 1052 (17. Januar) dem Bischöfe die Grafschaft über den Hartengau, Darlingau, Balsamgau und Teile des Nordthüringaus förm- lich verlieh. Als Burchard I. am 18. Oktober 1059 gestorben war, wurden seine Reste im Dome beigesetzt, später aber nach der Franziskanerkirche über- tragen, wo sie sich noch jetzt befinden. König Heinrich lY. bestimmte zum nächsten Bischöfe einen angeblich aus bürgerlichem Geschlechte zu Goslar stammenden Mann, welcher bisher dort als Probst gewirkt hatte, Burchard IL, (auch Bucco genannt)^ den späteren Erbauer der Halberstädter Paulskirche. Heinrich gab ihm seine Gunst dadurch zu erkennen, dass er 1060 gemeinsam mit seiner Mutter, seiner Braut Bertha und einer glänzenden Versammlung geistlicher und weltlicher Fürsten das Osterfest in Halberstadt feierte. Es war die letzte Feierlichkeit, welche der damalige Halberstädter Dom sah, der wenige Wochen darauf (18. April) samt dem grössten Teil der Stadt niederbrannte. Erst 11 Jahre später war der Schaden soweit ausgebessert, dass der Dom von neuem geweiht werden konnte. Noch damals dauerte die Freundschaft mit Heinrich rv., welcher 1071 in Halberstadt das Pfingstfest feierte. Es ist nicht voll- ständig aufgeklärt, wodurch diese Freundschaft sich plötzlich in ihr völliges Gegenteil verkehrt hat. Bei dem Zwiste zwischen Heinrich IV. und Gregor VII. nahm Burchard II. eine entschieden königsfeindliche Stellung an und trug infolgedessen die Schuld an der Verwüstung, mit welcher der König im Juli 1075 die Halberstädter Gegend heimsuchte. Er selbst geriet in die Gefangen- schaft des Königs, welcher er sich auf seinem Transporte auf der Donau durch List zu entziehen verstand. Nach mancherlei Schwierigkeiten gelangte er wieder nach Sachsen. 1088 ereilte ihn, noch immer des Königs Feind, sein Verhängnis in Goslar. Bei einem Volksauflaufe suchte er sein Ansehen durch Bedrohung der Stadt mit dem Banne zur Geltung zu bringen, wurde dabei von einem Handwerker' schwer verwundet und starb bald danach im Kloster Ilsenburg^ (6. April 1088). Lambert von Hersfeld sagt von ihm : Wiewohl er vom Könige durch viel Unrecht gereizt war, so kann man doch, da er ein Mann von hervorragender Heiligkeit und von bestem Rufe in Gottes Kirche war, keinesfalls glauben, dass er zu solcher Kühnheit aus anderen Gründen sich habe hinreissen kvssen, als aus Eifer für Gott und allein durch die Rücksicht auf das gemeine Wohl.

Nach Burchard IL Ende, über dessen Ursache und Verlauf die Gesta ep. Halb, parteiisch und ungenau berichten, folgte der Diacon Thietmar der Kleine, der aber nur bis zum 10. Februar 1089 wirkte, wo er, vielleicht an Gift, starb.

* Vgl. Halberstädter Zeitung u. Intel ligenzblatt 1879 No. 109. An Bucco hat ßich die Wandereage von seiner Kinderfreundschaft geknüpft.

' Der spätere Bischof Herrand schrieb eine Schrift über den Tod Buccos, von der sich bedeutende Teile beim Annalista Saxo finden.

170 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1090^1146)

Ihm folgte Herrand (Heirradiis), früher Mönch zu Reinhardsbrunn und Ton Bucco eingesetzter Abt zu Ilsenburg, ein frommer und friedliebender Mann. Er wurde 1090 erwählter Bischof zu Halberstadt, 4 Jahre danach von Urban IL consecriert, wobei ihm der Papst den Namen Stephanus beilegte. Er wie Thietmar waren Anhänger der päpstlichen Partei. Herrand starb am 23. November (oder Ende Oktober) 1102 und machte damit Platz für den bereits seit 1089 von der könig- lichenPartei eingesetzten Bischof Friedrich, welcher im kirchlichen Banne lebte und 1105 seine Herrschaft durch Absetziuig wegen Simonie enden musste. Zwar versuchte er sich noch 2 Jahre zu halten, doch wu?*de 1107 seine Absetzung durch die Wahl eines neuen Bischofs entgiltig entschieden. Eingesetzt wurde statt seiner Reinhard (Reingerus) aus der Familie der Grafen von Blankenburg, seine Konsekration erfolgte am 31. März desselben Jahres. Seine Parteisteliung war eine durchaus königsfeindliche. Sie führte dazu, dass 1112 Heinrich V. das Halberstädter Gebiet verwüstend durchzog, Halberstadt selbst angriff, eroberte und z. T. zerstörte. Trotzdem hatte die Unterwerfung Reinhards keinen langen Bestand. 1115 stand er der bedeutend überlegenen Macht des Kaisers in der Schlacht am Weifesholze gegenüber, wo bekanntlich das Kriegsglück sich zu Gunsten der Feinde des Kaisers entschied. Von des Bischofs Friedensthaten sind hauptsächlich jene bemerkenswert, welche verschiedenen Klöstern zu gute kamen. Er führte in dem von Brantog gegründeten Johannisstifte die klöster- liche Ordnung ein, stellte die Zucht im Paulsstifte wieder her und nahm sich der Huysburg mit besonderer Sorgfalt an, welche durch Burchard IL zur Bene- diktiner-Abtei erhoben worden war. Das Augustinerstift zu Osterwieck verlegte er nach Hamersleben.

Als Reinhard am 2. März 1123 gestorben war, wählte die Geistlichkeit den Magdeburger Domherrn Otto. Da diesem, welcher sein Amt vor allem der kaiserlichen Gunst verdankt zu haben scheint, der Voi'wurf der Simonie gemacht wurde, so erfolgte 1128 durch Papst Honorius II. seine Absetzung, deren Auf- rechthaltung der päpstlichen Partei nicht geringe Mühe machte. Der Streit darüber spann sich noch bis 1135 weiter, wo Otto nach vorübergehender Wieder- einsetzung (1131) endgiltig vom Amte entfernt wurde. In seine letzten Zeiten fällt das glänzende Osterfest, welches Kaiser Lothar am 15. April 1134 in Gegen- wart der Kaiserin, vieler Bischöfe und anderer Geistlichen, sowie des Königs Magnus von Dänemark, welcher dort als des Kaisers Lehnsmann auftrat, in Haiborstadt feierte. An Stelle des abgesetzten Otto wurde zunächst, weil man keinen andern wusste, der Probst Gerhard vom Johanniskloster, dann nach mancherlei Zwist des Kapitels mit dem Klerus und Yolke Rudolf, Probst des Bönifatiustiftes und zu Konradsburg, am 1. März 1136 gewählt. Wiewohl sich seine Regierung durch Ruhe und Frieden auszeichnete, gab es doch gelegentliche Unruhen innerhalb der Geistlichkeit Die sächsiche Weltchronik (M G. Chron. II, 1, 213) erzählt darüber zum Jahre 1146: „In den tiden gescha to Halverstat grot bedrofnisse, also men vint gescreven dar up eneme grave:

Fratcr honorandus, Christi levita Wingandus Quid moriens tulerit, hec series aperit.

Ausus enim cleri communia jura tueri, Saucius ense mit justaque facta luit

r

Halberstadt (Geschichte 1147—1179) 171

Dene selven Wigande slogen des domprovestes Mertines heimlike vrunt; darmnbe ward de selbe domprovest untsat siner eren, wante men ene tech, dat he't geraden hadde.^^

Immerbin bildeten solche Fälle die Ausnahme. Im ganzen war Besserung der Zustände bemerkbar, und deren Folge war eine Belebung der Kulturarbeiten. So begann Budolf deu neuen Bau der Liebfrauenkirche, versah den Dom mit einem neuen Dache und vertilgte überhaupt die Spuren der 1112 geschehenen Zerstörung. Er ist auch der Erbauer des noch jetzt durch den grossen Bruch nach Hamersleben führenden sog. neuen Damms. Er starb am 6. Oktober 1147, wahrscheinlich auf dem damals stattfindenden Wendenkreuzzuge, an welchem ausser ihm viele sächsische Grösse teilnahmen, und fand sein Grab in der Liebfrauenkirche, wo eine viel später ausgeführte Bronceplatte dessen Stelle bedeckt ^

Auf Rudolf folgte Ulrich, Probst zu Liebfrauen, welcher vom Erzbischofe von Mainz die Weihe empfing. Seine Regierung war durchweg von Krieg und Verwirrung erfüllt, zunächst dadurch, dass er Gegner des schismatischen Papstes war und dem Kaiser die Heeresfolge verweigerte. Alsbald bildete sich eine Verschwörung der Bürger gegen ihn (1153), 1160 wurde er abgesetzt und ein gewisser Gero trat an seine Stelle. Als er 1177 (nach der Versöhnung Friedrich Barbarossas mit Alexander III.) wiederkehrte und Gero abgesetzt war, widerrief er zunächst alles, was dieser gethan hatte, schloss die von jenem „nicht geweihten, sondern vielmehr entweihten" Kirchen und entliess alle von jenem angestellten Beamten. Die Versöhnung mit dem Kaiser und sein Versuch, die von Gero Heinrich dem Löwen überlieferten, zum Stifte Halberstadt gehörigen Besitztümer wieder an sich zu ziehen, stürzte ihn in Krieg mit diesem. 1178 schloss er zu Kassel mit dem Erzbischofe Philipp von Köln ein Bündnis gegen jenen, ex- communizierte ihn auch. Heinrich kam zwar nach Halberstadt, that Busse und wurde losgesprochen, bald aber brach der Streit wieder aus. Mit Hilfe des Markgrafen Otto von Meissen und eines Grafen Bernhard erbaute Bischof Ulrich 1178 auf dem Hoppelberge eine feste Burg, Langenstein, früher Bischofsheim genannt. Auf die Kunde davon kam Heinrich, dessen Gebiet von den Bischöf- lichen, die sich auf Halberstadt und Hörn bürg stützten, vielfach geschädigt worden war, mit Heeresmacht herbei, belagerte und zerstörte die neue Burg, welche aber bald wieder erbaut wurde. Der Erzbischof von Magdeburg ver- mittelte für diesmal den Frieden. Als bald danach der Krieg von neuem aus- gebrochen war, erschien Heinrich vor Halberstadt und nahm die Stadt ohne Mühe ein, wobei viele Bürger gefangen genommen und reiche Beute geraaciit wurde.' Über die Ursache des verheerenden Brandes, welcher bei dieser Gelegen- heit (23. September 1179) die ganze Stadt ergriff, geht die Meinung der Quellen auseinander. Das Feuer vernichtete den Dom, die Liebfrauenkirche, das Johannis- imd das Paulstift u. s. w. Baugeschichtlich ist dabei festzuhalten, dass nur die hölzernen Dachstühle in Flammen aufgingen, die Mauern selbst aber stehen blieben. Der Einsturz der brennenden Teile wurde den vielen Geistlichen und

' Vgl. unten die Beschreibung der Liebfraiienkirche. » Vgl. H.-Z. XIX, 5.

172 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschiebe 1179—1201)

Bischof selbst konnte nur mit Mühe aus seinem brennenden Palaste gerettet Bürgern zum Verderben, welche sich in die Kirchen geflüchtet hatten. Der werden und geriet in Gefangenschaft. Heinrich, welcher angeblich bei diesem Greuel nicht zugegen war, soll nach dem Berichte der Arnold'schen Slaven- chronik beim Anblicke des gefangenen Bischofs und der von diesem geretteten, halbangebrannten Reliquien des h. Stephanus in Schrecken geraten sein und beteuert haben, dass dies ohne sein Wissen und Wollen geschehen sei. In Widerspruch mit dieser Meldung steht, dass er den Bischof trotzdem nicht aus seiner Haft entliess und ihn erst zu Weihnachten, nachdem ihn jener vom Banne befreit hatte, wieder heim sandte. Inzwischen war auch Homburg, dessen Be- satzung den Kampf fortgesetzt hatte, eingeäschert worden. Bald danach, am 30. Juli 1180, starb Ulrich auf der Huysburg, angeblich an den Folgen der erlittenen Misshandlungen.

Vier Tage dauerte die Wahl seines Nachfolgers Dietrich von Krosigk und bis zum Jahre 1183 (6. Mai) währte es, bis dieser die päpstliche Bestätigung erhielt^ Er regierte dann bis zum 10. August 1193, beschäftigt damit, die mate- riellen und ideellen Schäden, welche das Bistum erlitten, auszubessern.

An seine Stelle trat nach seinem Tode Gardolf, Edler von Harbke, der frühere Kaplan Heinrichs VI. Noch vieles hatte ihm sein Vorgänger zu thun übrig gelassen. Es galt die in Verfall geratenen Einkünfte und Rechte des Bistums wieder herzustellen und zu befestigen. Diese Thätigkeit unterbrach er, um sich 1197 (April), nachdem er schon 1195 zu Worms das Kreuz genommen hatte, am Kreuzzuge zu beteiligen. Als er nach vielen Gefahren wieder heim- kehrte, fand er sein Bistum beträchtlich geschädigt durch die Streitigkeiten der zwischen Philipp von Schwaben und Otto zwiespältigen Königswahl. In seiner Verlegenheit, wie er sich neutral halten solle, verliess er abermals sein Bistum und wallfahrtete nach Tours. Durch den Befehl des Papstes Innocenz jedoch gezwungen, sich Otto IV. anzuschli essen, machte er sich selbst nach Rom auf, um persönlich durch Bitten beim Papste alles kommende Unheil von seiner Diöcese abzuwenden, oder schlimmsten Falles selbst die Bischofswürde nieder- zulegen. Er kam aber nur bis zum Kloster Kaltenbom, der Stätte seiner Jugend- erziehung, wo er, vom Fieber ergiiffen, nach wenigen Tagen starb (21. Aug. 1201). Der Verfasser der Gesta ep. Halb., der ihn jedenfalls noch persönlich gekannt hat, beklagt lebhaft den zu frühen Tod dieses Mannes, der seine Kirche nach aussen und innen trefflich zu reformieren und zu kräftigen verstanden hatte. Sein Herz und seine Eingeweide wurden in St, Johann zu Kaltenbom vor dem Stephansaltare beigesetzt, sein übriger Körper nach Halberstadt gebracht und im Domo bestattet, welchem er eine Glocke geschenkt, und in dem er zum noch heute währenden Gedächtnisse einen grossen marmornen Taufkessel aufgestellt hatte. Halberstadt verdankt ihm auch den Beginn des Baues der Martinikirche.

Ihm folgte der Domprobst Kon r ad, gleich seinem zweiten Vorgänger (seinem Oheim) aus der Familie von Krosigk. Seine Regierung war von Anfang an beunruhigt infolge seiner entschiedenen Parteinahme für König Philipp von Schwaben. Es kam so weit, dass er von Papst Innocenz HI. gebannt wurde.

^ Ein Siegel Dietricha aus seiner Zeit als electus bespricht v. Mülverstedt, H.-Z. 1870, 676ff.

Halberstadt (Geschichte 1202—1252) 173

Um seinem Bistum das Ärgste zu ersparen, beschloss er da, 1202 sich an dem Ereiizzuge zu beteiligen. Allenthalben mit grössten Ehren aufgenommen, ge- langte er nach Byzanz, wo er sich der Gunst des griechischen Kaisers und vieler hoher Geistlichen erfreute. Er verdankte diesen guten Beziehungen den Erwerb einer Menge von Reliquien und Kostbarkeiten. Zu Akkon wurde er vom Banne losgesprochen. Am 16. August 1205 zog er wieder in Halberstadt ein und dieser Tag blieb, weil an ihm die Reliquien dem Dom überwiesen wurden, von da an ein Festtag. Das Nähere über diese Kostbarkeiten siehe unter „Domschatz." Auch fernerhin blieb Konrad, wie er auch bei seiner Heimreise in Rom dem Papste entschieden erklärt hatte, auf Seiten Philipps. Aber nicht lange mehr fühlte er sich den Aufregungen der Zeit gewachsen, und er richtete an den Papst die Bitte, ihn seines Amtes zu entheben, damit er Mönch werden könne ; doch wurde dieser Wunsch abgelehnt. Als Philipp von Schwaben sein gewaltsames Ende gefunden hatte, machte Konrad seinen Frieden mit Otto IV., welcher ernsthafte Anstalten zur Bestrafung Halberstadts traf und bereits das St. Johanniskloster niedergebrannt hatte. Ohne weiter die päpstliche Erlaubnis abzuwarten, zog sich Eonrad darauf in das Kloster Sittichenbach (Sichem bei Eisleben) zurück, nach- dem er dem Domkapitel die Erlaubnis zur Wahl eines neuen Bischofs gegeben und Klerus und Volk vom Gehorsam gegen sich entbunden hatte. Dort im Kloster starb er am 21. Juni 1225. Aus Konrads Zeit verdient Erwähnung der seit 1184 in Halberstadt nachweisbare Domprobst Burchard, vielleicht ein Graf von Schladen, welcher sich im Anfange des 13. Jahrhunderts um die Christianisierung von livland besonders verdient machte. H.-Z. 1870, 925 ff.

An Konrads Stelle wählte man Friedrich IL, Grafen von Kirchberg, dessen Wahl anfänglich vom Papste angefochten, 1209 nach besonderer Feststellung seiner Würdigkeit aber bestätigt wurde. Gerühmt wird seine Wohlthätigkeit und Gerechtigkeitsliebe sowie sein Wohlwollen gegenüber der Halberstädter Bürger- schaft und deren Rechten. Unter seiner Regierung nahm der Bau des Doms einen neuen sehr bemerkenswerten Fortgang. Das Hospital St. Spiritus gelangte in jener Zeit zur Unabhängigkeit. Friedrich starb am 5. März 1236 und an seine Stelle trat Ludolf I., Graf von Schladen, mit dem Beinamen der Dicke, ein tüchtiger Krieger, aber massiger Bischof. Bekannt ist seine Fehde mit dem Markgrafen Otto von Brandenburg, welchen er gefangen nahm und auf der Burg Langenstein festhielt (1238). Doch wendete sich später das Kriegsglück, und die Sache endete mit der Niederlage des Bischofs imd dem Verluste aller errungenen Vorteile. Ludolf L starb am 9. August 1241 und wurde im Dom begraben.

Sein Nachfolger wurde MeinhardvonKranichfeld, welcher seine gelehrte Erziehung in Walkenried erhalten hatte. Obwohl persönlich nicht zur Gewalt- samkeit geneigt, wurde er doch in die Fehde des Markgrafen Heinrich von Meissen und des Erzbischofs Wilbrand von Magdeburg gegen Markgraf Johann von Brandenburg verwickelt, einen Kampf, iwelcher ihn und das Bistum in be- deutende Schulden stürzte. Meinhards Todesdatum ist nicht sicher bekannt. Seine letzte Urkunde ist vom 22. Juli 1252, und es ist wahrscheinlich, dass er bald danach gestorben ist. ^ Um diese Zeit wurde zum erstenmal von den

^ V. Mülverstedty Zur Chronologie der Bischöfe Meinhard , Ludolf II. und Volrad. H..Z. 1869, 2, 67—78.

174 Ealberstadter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1252—1298)

Halberstädter Stiftern (Dom, liebfrauen, St. Bonifaz, St. Paul) eine Union ge- schlossen zum Zwecke geraeinsamer Verteidigung gegen alle Bedrückungen und Unbilden. Im Herbste 1252 wurde Ludolf H. erwählt, ein wenig über 20 Jahre alter Mann, Vetter des Bischof Ludolf I. von Schiaden. Erzogen im Kloster Georgenberg bei Goslar, war er schon 1249 Domherr zu Halberstadt. Er selbst nennt sich im Januar 1253 noch electus et confirmatus. Die Weihe erfolgte wahr- scheinlich in der Mitte des folgenden Jahres. Er benutzte angeblich seine Stellung dazu, Güter des Domkapitels widerrechtlich zu veräussem, um den Erlös für sich zu verwenden. Er wurde infolgedessen durch den Kardinal Hugo von St. Sabina excoramuniciert und dieses durch Innocenz IV. bestätigt (12Ö5). Seine Partei wurde verfolgt und aller Ämter entsetzt, die widerrechtlichen Ver- käufe für ungültig erklärt und allen Orten, die ihn aufnehmen würden, das Interdikt in Aussicht gestellt. Doch wurde in Wirklichkeit eine solche Strenge nicht in Anwendung, gebracht und dies und seine Volkstümlichkeit könnten Zweifel daran erregen, ob seine Vergehen wirklich so schwerer Art gewesen sind, und ob nicht vielleicht politische Sänke zu seiner Absetzung thätig waren. Ludolf blieb Domherr, führte auch den Bischofstitel bis an sein Lebensende weiter. Er starb nach 1287.

Der Streit zwischen Ludolf und seinem Nachfolger Volrad von Kranich- feld, welcher am 22. April 1255 gewählt worden war, dauerte noch lange Jahre. Ludolf scheint sich beim Volke grosser Beliebtheit erfreut zu haben, denn die Partei Volrads war so klein, dass dieser den Mut verlor, weiter zu regieren und Papst Urban dem IV. sein Rücktrittsgesuch zusandte, welches aber nicht an- genommen wurde. Die schon beim Amtsantritte Volrads bedeutenden Schulden des Hochstifts verringerten sich, wie es scheint, unter seiner Regierung nicht, vielmehr sah sich 1261 das Kapitel genötigt, den Bischof eigens zur Sparsamkeit zu verpflichten, und 1281 wurde zur Besserung der bedrängten Lage des Stiftes eine Kommission niedergesetzt Besonderes scheint sie nicht erreicht zu haben. Lehrreich dafür ist die Baugeschichte der grossen Kirchen in Halberstadt Näheres siehe in den betreffenden Kapiteln. Zwischen 1270 und 1284 gab es mancherlei Gewaltsamkeiten der Regensteiner Grafen Ulrich und Albrecht gegen das Hoch- stift Sie wurden zuletzt von Volrad excommuniciert und ihre Ortschaften mit dem Interdikt belegt Für die Kirchengoschichte von Halb, war es wichtig, dass Volrad das Nikolai-, Franziskaner- und Servitenkloster stiftete, sowie ausserhalb des jetzigen Kreises das Kloster Adersleben weihte. Über Volrads Verhältnis zur Bürgei-schaft und seine Wirksamkeit in dieser Richtung wird unten bei Betrachtung der Entwicklung der städtischen Verfassung noch kurz zu reden sein. Seit 1291 scheint Volrad sein Amt nicht mehr genügend haben versehen zu können. Wiederholt werden seine Vertreter erwähnt 1291, femer 1293 und 94 finden sich Urkunden des Inzelerius, Bischofs von Budua in Dalmatien, welcher der erste Weihbischof von Halberstadt war. Am 23. (25. ?) April 1298 starb Volrad.* In seinen letzten Jahren übte die Regierung überhaupt nicht mehr er aus, sondern der als Bischof urkundlich zuerst am 27. November 1296 erwähnte Hermann, Sohn des Grafen Heinrichs I. von Anhalt Unter seiner Regierung

» V. Miilverstedt, H.-Z. 1870, 739 f.

Halberstadt (Geschichte 1303—1343) 175

fand in der Halberstädter Diöcese auf Befehl des Papstes eine bedeutende Geld- sammlung zu Kreuzzugszwecken statt. Nach dem Tode Hermanns (27. Oktober 1303) gab es eine vorübergehende Sedisvakanz, während welcher der Scholasticus Anno als Vertreter des Bischofs waltete. Er war eingesetzt vom Archidiaconus von TJtzleben Friedrich von Plötzke, Domherrn in Halberstadt, erwählten Bischof von Brandenburg. Dieser Zwischenzustand endete durch die Wahl Alb rechts I. von Anhalt, welcher am 15. März 1304 im Dome seinen Amtseid ablegte. Sein Hauptaugenmerk war die Vergrösserung des Bistums, welche er, nicht immer besorgt um die Bechtlichkeit der angewendeten Mittel und unter Benachteiligung seines eigenen Bruders Bernhards H. von Bemburg, betrieb, wiewohl der Erzbischof von Magdeburg, ja sogar der Kaiser zu Gunsten des Geschädigten Einspruch erhoben. Da indes weder diese noch die sonstigen Streithändel Albrechts von eigentlicher Bedeutung für die Geschichte des jetzigen Kreises Halberstadt waren, so kann hier nicht weiter darauf eingegangen werden. Unter seiner Regierung verkauften 1306 die Templer ihre Halberstädter Besitzungen. 1311 ereignete sich auf der Burg Schlanstedt angeblich der Greuel der Ermordung von 12 Tempelrittern. Im Juli 1322 gab es eine schwere Teurung, unter der auch die geistlichen Stifter zu leiden hatten. Am 12. März 1323 verpfändete Albrecht dem Domkapitel die Vogtei in Halberstadt als Entgeld für geleistete Hilfe und Güterverkäufe, die zu seinen Gunsten an den Grafen von Regenstein geschehen waren. Albrecht starb am 13. September 1324.

Als Halberstädter Weihbischof kommt um 1320 vor Ditmar von Gabala.

1324 wählte eine Partei des Domkapitels zum Nachfolger Albrechts I. Ludwig von Neindorf, die andere Alb recht, Sohn Herzog Albrechts, von Braun- schweig, wogegen der Papst einen gewissen Giseko von Holstein-Rendsburg auf den Bischofsstuhl zu erheben wünschte. Doch gelang es Albrecht gegen diese Mitbewerber das Übergewicht zu behaupten. Er erhielt die Weihe vom Erz- bischof Matthias von Mainz. Doch waren die Streitigkeiten gegen Mitbewerber damit keineswegs abgeschlossen, zogen sich vielmehr durch die ganze Dauer seiner Regierung. Überhaupt war diese mit Kampf und Unruhe unaufhörlich angefüllt. Nicht weniger als einige zwanzig Fehden hat Albrecht H. aus- gefochten. Zuerst handelte es sich um einen wegen der Stadt Aschersleben entstandenen Streit; sie sollte von ihm an den Grafen Bernhard III. von Anhalt abgetreten werden. Erst 1340 wurde dieser Streit durchs Schiedsgericht beigelegt. Langwierige Zwistigkeiten gab es mit den Regensteinern wegen der Vogtei über Quedlinburg. Unter mancherlei Wechsel fällen , wobei das Halber- stadter Gebiet, zu Weihnachten 1343 auch die Stadt Halberstadt furchtbar litt, zog sich dieser Krieg hin und her, endete aber schliesslich für die Regen- Steiner mit einer bedeutenden Niederlage und demEnde ihres Übergewichtes im westlichen Teile des Bistums. Durch die von Bischof Albrecht veranlasste Gründung eines freien Klosterhofes in Osterwieck durch das Kloster Walkenried verloren sie dort ihre Schutzherrschaft, die sie nicht wieder erlangten. Graf- schaft und Gericht von Schauen, Zilly, Diepen-Niendorp, Athenstedt, Danstedt, Balhom, Mulmke, Heudeber, Berssel, Ströbeck, Hulingerode und vielen anderen Ortschaften mussten an Konrad von Wernigerode, des Bischofs Verbündeten, ab- getreten werden, wobei Heinrich von Regenstein auch noch gezwungen war,

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I 176 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1353—1357)

seine ihm verbündet gewesenen Heimburger Vettern schwer zu entschädigen. Eine völlige Versöhnung der ßegensteiner mit Albrecht kam erst 1353 zustande. Andere Fehden entbrannten mit dem Markgrafen von Meissen, dem Grafen von Man^feld, dem Oheim des Bischofs, dem Herzoge von Lüneburg, u.a.m. Alle diese Eatepfe verursachten nicht geringe Kosten und wurden die Quelle bedeutender Schulden, welchen Albrecht gelegentlich durch Borgen beim Domkapitel abzuhelfen suchte. Er verpfändete diesem Falkenstein, welcher dem Bistum von dem letzten Grafen geschenkt worden war, Emersleben, später statt dieser Güter das Hau^ Homburg samt dem Zoll daselbst, und das Dorf Sargstedt samt allem Zubehör. Während- dessen hatte, wie schon gesagt, Albrecht vielfach mit den aufgestellten Gegen- bischöfen zu kämpfen. Noch lange dauerten die Bemühungen des Papstes zu Gunsten des Giseko, welcher im Dezember dieses Jahres die Bannung Albrechts durch Bischof Ludwig von Brandenburg durchsetzte. Die Existenz Gisekos ist zuletzt 1346 nachweisbar. Im selben Jahre tritt als gewählter Gegenbischof Graf Albrecht von Mansfeld auf, welcher sich, obwohl er in Wirklichkeit nie Bischof gewesen ist, doch in seinen Urkunden eines bischöflichen Siegels bediente und noch im November 1356 wirksam war. Er ist 1357 gestorben. Auch mit der ihm untergebenen Geistlichkeit und der Stadt lebte Albrecht in Zwist Ein gewisser Jakob Snelhart, Kanonikus zu Liebfrauen und Domdechant, der vom Bischöfe die erledigte Parochie Osterwieck erhalten hatte, stellte sich 1336 an die Spitze einer geheimen Verschwörung, welche die Absetzung des Bischofs bezweckte. Im Bunde mit der weltlichen Stadtbehörde, welcher es um Erlangung ihrer Freiheit zu thun war, begann Snelhart und sein Anhang den Kampf gegen Albrecht. Zwar kam es im März 1337 durch Vermittlung des Herzogs von Braunschweig, Bruders des Bischofs, zu einer vorübergehenden Aussöhnung, doch endete diese und machte einem erst recht energischen Vorgehen der Feinde des Bischofs Platz, als der Erzbischof von Mainz gegen Snelhart einschritt und ihn seiner Ämter entsetzen wollte. Des Bischofs darauf begründete Massregeln verursachten einen furchtbaren Volksauf stand, welchem auch mehrere Geistliche zum Opfer fielen. Während geraubt und allerlei Gewaltthat verübt wurde, rettete der Bischof sein Leben durch Flucht über die Stadtmauer. Die Folge dieser Dingo war die Verhängung des Bannes über die Stadt, der erst 1339 aufgehoben wurde, als sich der Bischof durch Verleihung von Vorrechten an die Stadtverwaltung mit dieser wieder versöhnt hatte. Nachdem die Verabredungen hierüber auf der Gerichtsstätte Wardeho vor dem Johannissthore stattgefunden hatten, konnte der Bischof seinen feierlichen Einzug in die Stadt halten und auf dem Martiniplan von neuem den Treueid von Rat und Bürgerschaft in Empfang nehmen. Snelhart scheint seiner Ämter nicht entsetzt worden zu sein. Erst 1343 tritt ein neuer Domdechant Themo auf (s.o.). Aus den eben erwähnten Ereignissen, sowie aus den häufigen Bündnisverträgen, welche die Stadt Halberstadt mit andern Städten (Aschersleben, Quedlinburg, Goslar, Braunschweig u. a.) schloss, zeigt sich, wie bedeutend die bürgerliche Macht der Stadt damals schon dastand. Über die Entwicklung der Stadtverfassung wird unten genauer zu reden sein.

So lange Albrecht noch rüstig war, gelang es seinen Gegnern nicht, ihn zu beseitigen. Erst im April 1357 fügte er sich der durch Innocenz VI. ausge- sprochenen Absetzung. An seiner Stelle wurde der erst achtzehnjährige Ludwig

Halbersiadt (Geschichte 1359—1390) 177

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von Meissen als Bischof bestätigt. Mit einer von Ludwig und dessen Brüdern ihm ausgesetzten jährlichen Pension von 200 Mark zog sich Albrecht ins Privat- leben zurück und starb am 13. Oktober 1359. Sein Gegner, Albrecht von Mans- feld, wurde 1366 zum Bischof von Merseburg erwählt, starb aber gleich darauf.

Ludwig erhielt die bischöfliche Weihe nicht sogleich, sondern auf sein eigenes Bitten erst drei Jahre später. Geldverlegenheiten, in welche er durch verschiedene Bündnisse, eine verunglückte Unternehmung gegen die Grafen von Mansfeld und deren Anhang, durch einen Krieg gegen den Herzog von Braun- schweig, sowie durch Yerbesserungen an den heruntergekommenen Gütern und Burgen des Hochstiftes, geraten war, nötigten ihn 1363 zur Abtretung seines Münzrechtes an die Stadt und das Domkapitel Nachdem er im September 1366 noch einem kriegerischen Bunde gegen die Stadt Braunschweig beigetreten war.

Als sein Nachfolger in Halb. ti*at 1366 Albrecht III. von Berge, gebürtig von Rikmersdorf, die Regierung an, ein gelehrter Mann, der durch sein selbstän- diges Denken und die freimütige Art, seine Gedanken auszusprechen, 1372 sogar dem Papste Anlass zum Einschreiten bot. Gleich nach seinem Regierungsantritte machte er sich an die Bekämpfung der Strassenräuberei, welche besonders von den Knesebecks, die ihren Sitz auf der Dumburg im Hakelwalde hatten und im Hildesheimischen Gebiete von der Burg Walmoden aus betrieben wurde. Während die erste Unternehmung glücklich verlief, nahm die zweite, an welcher sich auch Erzbischof Dietrich von Magdeburg und Herzog Magnus von Braunschweig be- teiligten, einen ungünstigen Ausgang durch die Niederlage in dem Treffen zwischen Dinklar und Farmsen. Der Bischof selbst wurde gefangen und konnte nur mit' beträchtlichen Opfern wieder ausgelöst werden. Auf des Bischofs übrige kriegerische Unternehmungen und die mancherlei dabei geschlossenen Bündnisse kann hier nicht weiter eingegangen werden. Bemerkenswert ist auch in dieser Zeit das selbständige politische Verhalten der Stadt Halberstadt und die zu- nehmende Unabhängigkeit, welche sie als Mitglied der Hansa, der sie schon unter Albrecht II. beigetreten war, gegenüber dem Bischof allmählich gewann. Der zwischen Albrecht und der Stadtverwaltung besonders wegen der Vogtei bestehende Zwiespalt wurde 1370 einstweilen beigelegt. Weiteres hierüber s. u. Je merklicher die Energie der städtischen Behörden sich gegenüber der klerikalen Herrschaft geltend machte, je mehr war diese natürlich auf ihre eigne Befestigung bedacht. Es war daher etwas Neues und Bedeutungsvolles, wenn auch in Wirk- lichkeit nur die Wiederaufnahme eines alten Gedankens, als am 23. Februar 1369 die Kapitel der Stifter sich zu der sogenannten Union zusamm^nthaten behufs gemeinsamer Verteidigung gegen alle, welche ihren Rechten zu nahe zu treten versuchen würden, ja nötigenfalls auch gegen den Bischof selbst. Dieser Vertrag wurde am 30. Mai 1386 erneuert und hat sich bis in das 17. Jahrhundert erhalten. Eine Kommission von acht Mitgliedern (das Domkapitel stellte dazu 4, Lieb- frauen 2, St. Bonifaz und St. Paul je 1, St. Johannis blieb vorläufig unvertreten) führte die Geschäfte. Albrecht starb am 8. Juli 1390 und wurde im Dome vor dem von ihm gestifteten Altare St. Livini bestattet.

Es trat darauf eine Sedisvakanz ein. Weihbischof war in dieser Zeit Nikolaus von Constantiana. Dieser Zwischenzustand dauerte aber nicht lange, da schon am 28. November die Wahlkapitulation des neuen Bischofs, Ernst von

Kreis Uaiberatadt. 18

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178 Halberstädter Stadtkreis: Halberatadt (Geschichte 1390-1420)

Hon stein, vier Monate nach dem dieser sich auf sie verpflichtet hatte, vom Papste anerkannt wurde. Fehden (besonders gegen den Herzog von Braun- schweig) und Unruhen zerrütteten den wirtschaftlichen Zustand des Hochstifts immer mehr. Die Folge waren Verpfändungen, die Ausschreibung einer auch auf die Geistlichkeit ausgedehnten allgemeinen Vermögens- und Grundsteuer, die wiederkäufliche Überlassung des weltlichen Gerichtes an den Rat der Stadt, besonders die letztere eine sehr folgenschwere Massregel, alle zusammen aber dazu geeignet, die Stellung des Bischofs zu erschüttern. Ob hierin auch die Ursache lag, dass Ernst, wie erzählt wird, im Banne habe sterben und sein Leichnam sieben Jahre lang habe unbeerdigt bleiben müssen, ist nicht bekannt Er starb am 5. (6. ?) Dezember 14CX). Da sein Anhang der Stadt weiteren Schaden zufügte und aus unten zu erörternden Gründen die Erregung gegen die übermässig bevorrechtete Geistlichkeit überhaupt eine gewaltige war, so erhob sich Aufruhr gegen die Geistlichkeit, welche vorübergehend aus der Stadt weichen musste. Die Folge war die Bannung Halberstadts , welcher nur die Franziskanermönche keine Beachtung schenkten. Dass die Bewegung sich nur gegen die Halberstädter Geistlichkeit, nicht gegen die Kirche im Ganzen richtete, zeigt sich aus der freundlichen Aufnahme und dem energischen Schutze, welchen der päpstliche Bote Augustinus de Undinis mit seinem Gefolge fand, als er 1401 in Halberstadt das Kreuz predigte. Von einer Versöhnung des Rates mit der Geistlichkeit aber konnte keine Rede sein, da beide Teile um ihre wichtigsten Lebensbedingungen kämpften. Erst 1404 wurde auf Befehl König Ruprechts ein Ausgleich angebahnt. Bischof war zu dieser Zeit Rudolf von Anhalt, vom Papste bestätigt 23. Februar 1401. Zu erwähnen ist unter seiner Regierung der un- glücklich verlaufene Krieg gegen den Erzbischof von Magdeburg. Abgesehen von diesem unternehmen, welches nicht von Rudolf selbst ausging, war er kriegerischen Dingen abhold. Seinem Einflüsse gelang es, 1406 die Versöhnung zwischen Rat und Geistlichkeit einigermassen zu befestigen. Seine Regierung und sein Leben endeten am 28. November 1406. Sein Nachfolger, Heinrich vonWerberge, befestigte den Frieden zwischen der kirchlichen und städtischen Regierung durch Einsetzung eines dauernden Schiedsgerichtes. Zu weiterer erheblicher Thätigkeit kam er nicht, da er schon am 24. Dezember 1410 starb. An seine Stelle trat Albrecht IV. von Wernigerode, welcher sich namentlich durch seine Beteiligung an dem Kampfe verdient gemacht hatte, welchen Erz- bischof Günther von Magdeburg, die Herzöge von Braunschweig" und die Städte Halberstadt und Quedlinburg gegen die Ritter von Schwicheldt unternahmen, die durch ihre Räubereien die Gegend in Schrecken setzten. Nach Eroberung der Harzburg, auf welcher sie hausten, und durch Gefangeusetzung eines Haupt- übelthäters wurde Ruhe geschaffen. Albrecht starb am 11. September 1419, nachdem er zehn Tage vorher ein Testament gemacht hatte, welches für die Geschichte des damaligen Kunstgewerbes manches Interesse hat (U.-B. d. Höchst. IV, 3369). Der nächste Bischof Johann von Hoym erliess seine Wahl- kapitulation am 24. Februar 1420. Von den kriegerischen Ereignissen während seiner Regierung ist für die Halberstädter Gegend als wichtig erwähnenswert der von 1420—23 dauernde Kampf zwischen dem Bischof von Hildesheim und Herzog Bernhard von Braunschweig, welcher letztere mit Bischof Johann von

Halberstadt (Geschichte 1421—1430 Verfassungsgeschichte) 1*79

Halberstadt verbündet war. 1421 kam es dabei südwestlich von Osterwieck in der Gegend von Külingerode (s. Wüstungen) zu einem Kampfe, in welchem die Hildesheimer besiegt wurden. Ferner ist von Wichtigkeit 1430 das Auftreten der Hussiten im Halberstädtischen. Von den übrigen mancherlei Kämpfen, auch von der Beteiligung der Stadt Halberstadt an den Unternehmungen der Hansa, kann hier nicht weiter die Rede sein. Für das Genauere sei auf die einschlägige Latteratur verwiesen und die Sache selbst hier nur erwähnt, weil sie zeigt, zu welcher Bedeutung sich die Macht Halberstadts emporgerungen hatte. Sie war damals auf dem Wege zur Erlangung völliger Selbständigkeit gegenüber der bischöflichen Regierung und würde den Kampf mit dieser, welcher schon im

14. Jahrhundert wiederholt entbrannt und der nur scheinbar beigelegt war, sieg- reich durchgeführt haben. Die Stellung des Bischofs erscheint im Anfange des

15. Jahrhunderts gegenüber der bürgerlichen Selbständigkeit schwer bedroht. Die Rettung kam ihm durch das furchtbare Ereignis, welches unter dem Namen Halberstädter Schicht bekannt ist.

Um jene Revolution samt ihren Folgen richtig zu verstehen, muss hier ein kurzer Überblick über die Entwicklung der Halberstädter Ver- fassung gegeben werden.* Wir haben oben gesehen, dass eine Niederlassung von Bedeutung, Halberstadt genannt, schon bestanden haben muss, als das Bistum dorthin gelegt wurde. Das Regiment führte der Vertreter des Königs, der Graf und dessen Beamte, dann, nachdem der Bischof Ende des 10. Jahr- hunderts in den Besitz der weltlichen Herrschaft gelangt war, dieser mit den von ihm eingesetzten Beamten, welche zum Teil die unmittelbaren Nachfolger der früheren königlichen Beamten waren. Aus dem königlichen Grafen wurde der Grossvogt (advocatus major, adv. summus etc.) Sein Amt war erblich, wie sich wenigstens in Bezug auf die Familie von Suselitz nachweisen lässt. Er übte die Obervogtei über die Stadt und deren Gebiet. Zuerst wird das Amt 1068 als von einem Johannes verwaltet erwähnt, doch steht der Zuverlässigkeit solcher ersten Erwähnungen die Lückenhaftigkeit des Halberstädter Urkundenmaterials entgegen. Die Placita, welche der Grossvogt abhielt, betrafen nur weltliche Personen; alles mit dem geistlichen Wesen nur irgendwie Zusammenhängende entzog sich seiner Gewalt; nur über die bischöflichen Liten durfte er dreimal im Jahre in des Bischofs Burg Gericht halten. Seine Mittlerstellung zwischen Bischof und Volk bewirkte, dass er sein Amt nur in Gegenwart von Vertretern beider Parteien niederlegen (und sichei; auch antreten) durfte. Im Interesse redücher Amtsführung wurde darauf gesehen, dass der Grossvogt in gesicherter Vermögenslage war. Dabei blieben die Grossvögte des Bischofs Lehnsleute, doch fühlten sie sich allmählich unabhängig genug, gelegentlich eigene Wege zugehen. Schon 1133 wagte ein gewisser Werner gegen Geistliche einzuschreiten, sogar von ihrer Dienerschaft einzelne gefangen zu nehmen. Ähnliche Fälle mögen wieder- holt vorgekommen sein. Die Lostrennung des städtischen vom bischöflichen

* Über alle Einzelheiten der Haiberstädter Verfassiingsgeschichte vgl. die sehr aus- führliche Arbeit von Dr. W. Varges in der H -Z. 1896. Hier können nur einzelne wichtige Punkte berührt werden, insbesondere diejenigen, bei welchen meine Ansicht von der des genannten Herrn abweicht.

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180 Halber^tädter Stadtkreis: Halberstadt (Verfassungsgeschichte)

Rate (s. unten) kam entscheidend dazu, und 1226 beschloss der Bischof, das Amt mit Benutzung guter Gelegenheit abzuschaffen. Es ist unbekannt, was den Grossvogt Dietrich damals bewog, dem Bischöfe sein Amt für 150 Mark zu ver- kaufen. Der Verdacht liegt nahe, dass der Bischof eine Geldverlegenheit des unbequemen Mannes ausnutzte. Jedenfalls v^rurde er seiner ledig, denn wiewohl ein Wiederkauf des Amtes verabredet war, ist doch davon nichts zu hören. Dietrich ist der letzte Grossvogt, den die Urkunden kennen, und wenn er im Halberstädter Urkundenbuche noch in einer undatierten, vom Herausgeber auf etwa 1232 gesetzten Urkunde vorkommt, so mag entweder diese angenommene Datierung unrichtig sein, oder Dietrich, wenn auch nicht das Amt, so doch den Titel noch eine Zeitlang fortgeführt haben.

Des Grossvogts Untergebener, gleichfalls aus der königlichen Zeit herüber- genommen, war der Stadtkommandant. Er heisst in den Urkunden advocatus, tribunus plebis; seit 1118 heisst er häufig praefectus; seit 1183 kommt auch der Titel scultetus vor; auch der Titel burggravius findet sich 1182. Der erste Tribun, Bervardus gehwissen, erscheint 1068, so spät sicherlich nur durch denselben Zufall wie der Grossvogt. Er gehörte zu des Bischofs Ministerialität; die Dauer des Amtes war zeitlich nicht begrenzt, hing vielmehr von der Brauchbarkeit des Inhabers ab. Von einem gewissen Caesarius wenigstens hören wir 1186, dass er schon vordem Präfekt war; 1208 verwaltete er das Amt immer noch. Dass mit diesem ausser den militärischen auch stadtrichterliche Befugnisse verbunden waren, was eine Losgelöstheit der Stadt von der Gaugerichtsverfassung bedeuten würde, ist durchaus wahrscheinlich. Beim Verschwinden des Grossvogtes ver- schwand auch der Präfekt, und an die Stelle beider traten zur Verwaltung der weltlichen Gerichtsbarkeit seit 1237 ein, seit 1241 zwei iudices. Über das Amt des Vicedominus, eines Laien, der 1087 zuerst auftritt, lässt sich nichts Be- stimmtes sagen.

Als geistlicher Kollege dieser weltlichen Beamten des Bischofs erscheint zur selben Zeit der Official, zwar erst 1242 genannt, aber mit ^icr Versicherung, dass er (ein gewisser Ludolf) das Amt schon unter dem Bischof Friedrich (f 1232) versehen habe. Seine Erwähnung bleibt bis zum 14. Jahrhundert die einzige; unklar ist ausserdem, ob seine Befugnisse sich mit denen des späteren Officials gedeckt haben.

Wichtiger und für die Folgezeit bedeutender als die meisten dieser Beamten war aber die bischöfliche Katsversammlung. Sie war keine Körperschaft, denn ihre Zusammensetzung hing vom jeweiligen Belieben des Bischofs ab. Sie war auch keine Behörde, denn sie hatte fürs Erste nach keiner Richtung ein eigenes Ver- fügungsrecht. Wie ihr Name consilium zeigt, stand sie vielmehr neben und unter dem Bischöfe, nur beratend, seine Willensakte bezeugend. Als Mitglieder gehörten zu dem bischöflichen Rate die Ministerialen des Bischofs, ausserdem pflichtmässig die vorher aufgeführten Beamten. Von allen diesen zog er zu seinen Beurkundungen und Beratungen wen er wollte, und sah sich so von einer Anzahl ihm gefügiger Männer unterstützt, die dem geistlichen wie dem Laien- stande angehörten. Die letzteren, wiewohl je länger je mehr ihre Überzahl zunahm, werden in den Zeugenreihen der Urkunden mit geflissentlicher Kürze behandelt, vielfach nur summarisch erwähnt. Da nun zu den Ministerialen des

Halberstadt: (Verfassungsgeschichte : der städtische Rat, Siegel, Wappen) 181

Bischofs sowohl ländliche Besitzer als auch städtische Bürger gehörten, so war dieser bischöfliche Rat der des ganzen Territoriums, noch nicht blos der Stadt.

Ausser den bischöflichen Ministerialen gab es in Halberstadt von einer Zeit her, die sich nicht feststellen lässt, eine Gemeinschaft freier Leute. Ihre Un- abhängigkeit begründete sich auf die Garantien, welche dem Halberstädter Frei- markte in früherer Zeit mündlich, durch Bischof Friedrich schriftlich gegeben waren. Sie führten 1105 die offizielle Bezeichnung cives forenses und genossen besondere Vorrechte, darunter die Abhaltung des burmal (des Bauern- und Bürgergerichtes), Bestimmung von Mass und Gewicht, selbständige oder von ihrem Obmanne besorgte Schlichtungen von Streitigkeiten bei Kauf und Verkauf und dergl. Diese alte Marktgemeinde ist es, welche bei der späteren Absonderung des städtischen vom bischöflichen Rate ihren Einfluss besonders geltend machte. Wegen ihrer andauernden Bedeutung finden sich oft Hindeutungen auf sie, und der Bischof fand für nötig, ihre Vertreter auch zu seinem Konsilium heran- zuziehen. Unter den Zeugen einer Bischofsurkunde von 1186 giebt es vier Personen ohne Standesbezeichnung, nur mit dem Zusätze de civitate; 1214 gab es einen Streit der Bürgerschaft mit den Templern, der durch den Bischof bei- gelegt wurde in Gegenwart seines Consiliums und der universi civitatis nostre burgenses; 1237 wurden diese burgenses ausdrücklich von den ministeriales unterschieden. Die immerhin fühlbare Bedeutung, welche dio alte Marktgemeinde schon darum, weil sie vor die Zeiten der bischöflichen Herrschaft ihren Ursprung zurückverfolgen mochte, dieser gegenüber mit Erfolg behauptete, femer die allmählich, je mannigfaltiger die Thätigkeit der bischöflichen Regierung wurde, immer unabweisbarer werdende Notwendigkeit der Geschäftsteilung führte seit dem zweiten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts dazu, dass sich ein städtischer Rat von dem bischöflichen lostrennte. Ein bestimmtes Jahr für dieses wichtige Ereignis ist unbekannt; es ist auch kaum anzunehmen, dass die Sache mit einem Schlage geschah. Als Erfolg eines bewussten Drängens der Bürgerschaft wurde das Ereignis vielleicht von dieser angesehen, wogegen der Bischof keinen Grund hatte, darin mehr zu erblicken als eine seiner freiwilligen Regierungsthaten. Seitdem (zuerst 1223) führte die Stadtverwaltung ein selbständiges Siegel und ein eigenes Wappen.^ Als Versammlungslokal der burgenses diente die Markt- kirche St. Martin, bis schon vor 1241 zum Bau eines selbständigen Rathauses neben dieser Kirche geschritten wurde. Freiheit vom bischöflichen Regimente hat der städtische Rat weder damals noch zu irgend einer Zeit gewonnen; nur

' Das Siegel ist abgebildet auf dem Titelblatte des ersten Bandes des Halb. Urkund<n- buches. Beschreibung in einer Urkunde von 1380 nach dem Originale von 1806: predictum vero sigilluin in dicta cordula seric^'a appensum erat rotunda figura et de cera alba sanum et integrum, in cuius medio apparuit imago b. Stephani prothomartiris versus orientem geniculantis et orantis manibus convolutis et elevatis et in superiori parte quasi domuucula quedam et a dextris et sinistris ciniboria depressa, in cuius circumferentin in superiori parte primo figura lilii deinde litteris grecis (?grossi8?) continebatur explicite . . . ,,SigilIum burgen- siam in Halberstad'* in cuius sigilli dorso tres concavationes quasi per pollicem impresse apparebant. Das Wappen ähnelte zuerst dem soeben beschriebenen Siegel. Erst seit der Neugestaltung der Stadtverfassung nach der Schiebt erhielt es die noch jetzt gültige Gestalt, in welcher es bis dahin vielleicht nur einem einzelnen Stadtteile angehört hatte. Es zeigt

182 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Verfassnngsgescbichte: der Rat)

die Grade seiner Abhängigkeit sind verschieden gewesen. Da er aber beständig danach strebte, sie abzuschütteln, die klerikale Bevormundung los zu werden, die selbstsüchtige, der Stadt oft genug interesselos, wenn nicht gar feindlich gegen- überstehende Politik der Bischöfe zu durchkreuzen, und da die letzteren natür- lich allen solchen Versuchen mehr oder weniger heftigen Widerstand entgegen- setzten, ja dabei auch offensiv wurden, so entstand aus diesem unseligen Ver- hältnis eine durch das ganze Mittelalter sich ziehende Reihe von Streitigkeiten, unter denen die Entwicklung der Stadt unermesslich gelitten hat.

Das Bathaus ist schon vorher erwähnt worden. Es war am Martiniplane auf einem acht Worten umfassenden Gebiete erbaut, welches ehemals dem Hospital St. Spiritus gehörte, und wofür der Rat Zins zahlen musste, den er aber 1241 ablöste. Hier versammelte sich der Rat, die unanimitas burgensium, communitas nostre civitatis, universi consules et burgenses, nos consules burgenses et populus civitatis (1261), nos consules et magistri civium ac officiorum civitatis halb. (1289), consules magistratus et tota plebs, consules et commune civitatis halb. (1290), consistorium (1317), oder wie er sich sonst nennen mochte. Wir lerneil von dem Rate 1241 sechzehn Personen kennen, nämlich fünf Ministerialen, fünf Bürger und sechs Bauermeister (magistri civitatis). Jene ersten zehn hiessen Stadträte (consiliarii civitatis), und ihre Zusammensetzung zeigte dass der Bischof für seine Vertretung im städtischen Rat sorgte; denn jene Ministerialen sind die seinigen, ihre Namen kommen auch in den Zeugenregistern mehrerer bischöf- licher Urkunden vor. Den magistri civitatis dürfte jedenfalls unter den Sechzefin die bedeutendste Stellung zukommen; zwei von ihnen heissen auch iudices, zwei andere monetarii, während sie doch zumeist samt den übrigen als consules bezeichnet werden (1241. 1251). Die angeführten Titel zeigen, dass die magistri die eigentlich wichtigen Ämter verwalteten. Leider fehlt der urkundliche Anhalt dafür festzustellen, in welchem Zusammenhange das Auftauchen dieser neuen städtischen Ämter mit dem nur wenig früheren Verschwinden des alten praefectus steht. Fast könnte man annehmen, dass der Bischof des Präfekten Befugnisse der neuen städtischen Verwaltung übertragen habe, und dass er mit seiner eignen gleichzeitigen Machtverstärkung durch Beseitigung des Grossvogts ein Gegen- gewicht gegen die der Stadt vielleicht nur unfreiwillig gemachten Zugeständnisse habe schaffen wollen. So gingen aus der Umgestaltung der Verbältnisse beide Parteien, Bischof und Stadt, gekräftigt hervor, beide stark genug, von nun an, wenn es sein musste, getrennte Wege zu gehen.

Ausser den oben genannten sechzehn Männern wirken 1251, als es sich bei einer Amtshandlung der beiden iudices um die Scharren der Schuster liandelt, noch neunzehn andere als Zeugen mit. Die ersten dreizehn sind mit Namen genannt; es sind sechs Kaufleute, vier Wechsler, drei Krämer, sechs Schneider, Mit ihnen bezeugen die ceteri burgenses civitatis. Ijctztere dürften der vorher

„einen in Weiss und Kot gespaltenen Schild mit einem schwarzen, bald schräg rechto, bald schräg links gelegten Widerhaken oder sogenannter Wolfsangel. Den Helm ziert zwischen zwei an gelben Staugen flatternden, von Rot und W^eitjs quergeteilten Fähnlein ein hoher, weisser, rot aufgestülpt<)r Hut, dessen gelber Knopf mit drei Pfauenfedern besteckt ist. Die Helmdecken sind rot und weiss.'* Vgl. G. SalzenbiTg, die Wolfsangel in dem Halber- städtischen Stadtwappen. Neue Mitteil. VIII, 3. 4., 94—101.

Halberstadt (Verfassuogsgeschichte : der Bat) 183

besprochene Bat sein, die andern neunzehn sind Vertreter der Innungen, welche es damals bereits durchgesetzt haben, dass auch sie bei Sachen, die ihre Interessen und die von ihresgleichen betreffen, zu Rate gezogen werden müssen. Auch dies scheint nicht erst 1251 aufgekommen zu sein. An die Vertreter der Innungen ist auch gedacht, wenn in den älteren Urkunden von populus, tota plebs u. dergl. gesprochen wird. Doch bilden sie vorläufig eine von dem Begriffe burgenses noch nicht deutlich zu unterscheidende Klasse. Erst im Laufe des 13. Jahr- hunderts stellt sich eine Teilung des Rates in drei Abteilungen heraus, die sich an den oben angeführten lateinischen Bezeichnungen erkennen lassen. Am Anfange des 14. Jahrhunderts unterscheidet man: rat, innunge und burghere ghemene (1310); borgemestern, radmannen, innungismestem undeborgem(1315), wobei die beiden erstem zusammen den Rat im engern Sinne bilden. Alle zusammen heissen auch, nach ihrem Amtseide, der Stadt Geschworene (iurati civitatis 1404). Die Zusammensetzung des Rates zeigt, dass dieser alles besass, was geeignet gewesen wäre, ihm auf die Dauer des Übergewicht über die bischöfliche Macht zu verschaffen. Ein verständiges Zusammengehen der drei Klassen der Ratsmitglieder hätte das Beste bewirken können; das Missgeschick, welches 1423 in der Schicht noch keineswegs seinen Höhepunkt fand, kam abqr daher, dass ein solches Zusammengehen nicht hergestellt wurde.

Wie viele Mitglieder der Rat gehabt hat, lässt sich schwer feststellen, weil zu den urkundlichen Bezeugungen keineswegs immer alle erschienen. Ausser- dem hat die Zahl der Innungsvertreter in Wirklichkeit geschwankt; allmählich nimmt sie ab. Die höchste nachweisbare Zahl der Ratsmitglieder ist 36 (1387); dabei ist ein Bürgermeister, 7 Ratsherrn, 8 Bauermeister (über sie ist unten weiter zu sprechen) und 20 Meister, während der letzteren 1399 nur dreizehn, 1400 sogar nur elf sind. Der Rat im engeren Sinne aber, bestehend aus dem Bürgermeister und 7 Rat- mannen hält seine Zahl zumeist fest. Alter und Vermögensverhältnisse kamen für den Eintritt in den Rat der Theorie nach nicht in Betracht, während in der Praxis wenigstens die Geldfrage eine sehr wesentliche Rolle spielte. Über den Wahlmodus verlautet nichts; die späteren Ereinnisse aber führen zu der Ver- mutung, dass, wenn überhaupt jemals Volkswahl stattfand, dies Recht bald durch den Gebrauch der Kooptation und den dadurch begünstigten Nepotismus ein- geschränkt wurde. Die Wiederkehr gewisser Familiennamen im Rate schon am Ende des 13. Jahrhunderts (Ludolf Landgreve 1289, Hogherus Landgravius 1301 ; Konrad von Lohe 1289, Johannis de Lo 1296) macht dies ausserdem wahr- scheinlich. Die Amtsdauer scheint uneingeschränkt gewesen zu sein, wie ehemals beim Präfekten. Fünf Namen von 1275 wiederholen sich 1285; ein Ditmar von Veckenstedt ist im Mai 1289 und noch im November 1305 im Amte; Heise Pellel begegnet uns im Dezember 1296 und noch im Dezember 1317. Der Wahltag war, wie es scheint, der auch später übliche Hilariustag (13. Januar). Die Bestätigung der Wahlen oblag, wenigstens in früherer Zeit, dem Bischöfe.

Unter den Befugnissen des Stadtrates traten zunächst die marktrecht- lichen hervor. Trotzdem ist von ihnen am wenigsten zu berichten, weil gerade auf diesem Gebiete die Konkurrenz der klerikalen Regierung am schärfsten war. So beschränkten sich seine Rechte auf Erhebung von Einfuhrzöllen und Ausübung

184 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Verfassungsgescfaichte)

der Marktpolizei. Das Bathaus am Martiniplane diente als Börse. Yor ihm stand der Boland^ als Zeichen des Marktfriedens.

Der Bat besorgte ferner die Verwaltung der städtischen Finanzen. Er zog die städtischen Steuern ein, die Wortzinse, die bulevinge, die wekenpennige, die Frohnzinse, die Strafgelder u. s. w. Der Bat beaufsichtigte auch das städtische Münzwesen. Schon 1239 finden wir ihn ferner im Besitze des Heer- bannes. Allmählich entwickelte sich die Wehrfähigkeit der Stadt in so bedeutender Weise, dass Bündnisse mit ihr in vielen Fällen von anderen Machthabern aufgesucht werden, und dass sie imstande war, der Hansa als Mitglied beizutreten. Mit dieser Wehrhaftigkeit hing natürlich zusammen, dass der Bat auf den guten Zustand der Stadtmauern, Türme und Gräben sah und die Einwohner zur Mauerwache anhielt, einer der dringendsten Pflichten, zu der auch die Bewohner von Freihöfen herangezogen wurden, und von welcher Befreiungen nur schwer zu erlangen waren. Zu baulichen Veränderungen an den Befestigungswerken oder auch nur in deren Nähe bedurfte es der Genehmi- gung des Bates.

Ferner oblagen dem Bäte die Grundbuchsachen; Besitzveränderungen an Grundstücken wurden vor den Stadtrichtern vollzogen. Fanden diese oder andere Bechtshändel zwischen einer bürgerlichen und einer geistlichen Partei statt, so bedurfte die darüber ausgestellte Urkunde der Besiegelung von Stadt wegen. Es oblag dem Bäte ferner die Qesundheitspolizei. Sie betraf die Beinhaltung der Wasserläufe in und ausser der Stadt; seit 1250 wurde dem Bischöfe auch die Fürsorge für die Strassenreinigung abgenommen, wofür jener einen Steuererlass bewilligte. Sonst ist von der Thätigkeit des Bates nach dieser Seite, der Sorg- losigkeit des Mittelalters entsprechend, wenig die Bede. Auch von baupolizeilichen Massregeln hört man nichts. Seit 1261 übernahm der Bat auf Bitten des Bischofs und Domkapitels den Judenschutz. Endlich war seine Aufgabe die Verwaltung der Sicherheitspolizei. Er sorgte für Bestrafung der Gesetzübertreter, für ihre Einsperrung (im Bichthause oder in den ßathauskellern), wenn nötig für ihre Entfernung aus der Stadt, im schlimmsten Falle für ihre ^Hinrichtung. Straffällige Batspersonen unterlagen der eigenen Innern Disciplin des Bates. Alle diese Befugnisse erwarb die Stadtverwaltung in früher Zeit; wie sie ihre Bechte allmählich auszudehnen wusste, werden wir an deren Einschränkung nach der Schicht sehen.

Das durchweg vereidigte städtische Beamtenpersonal war nicht gering. Ausser dem Bürgermeister, den beiden Stadtrichtern, welche bei weltlichen Bechts- händeln die über dem Bäte stehende Instanz bildeten, und den Zinsmeistern, von denen einer der grosse hioss, gab es die acht Bauermeister (s. u.), zwei Münzmeister, einen Marktmeister, den Batsschreiber, die drei Grabenherren, ver-

* DasB ein solcher schon in älterer Zeit und vor dem jetzigen, von 1433 datierten Rolande vorhanden war, geht daraus hervor, dass man bei dem 1381 erfolgenden Beginne des Ilathausncubaues an der Westseite sogleich d(>n Sockel für den Eoland mit in das Fussgesims einbaute. Warum man den alten nicht dort aufstellte, ist unbekannt. Am einfachsten ist wohl die Annahme, dass er zu alt und schlecht geworden war und darum fiü* das neue Baus nicht passte. Vielleicht war er gleich dem vor 1412(1404?) in Bremen vorhandenen Bolaude von Holz. Bei der Erwähnung der Schicht wird unten Weiteres über ihn zu sagen sein.

Halberstadt (Verfassungsgeschichte) 185

pflichtet zur Beaufsichtigung der Reinlichkeit und der Fischzucht in den Stadt- gräben; die Ratsdiener, Thorschliesser , Nachtwächter, Stadtknechte, endlich den vor dem Gröperthore wohnenden Henker (angestmann).

Die wiederholt erwähnten Bauermeister, welche gleichfalls zum Rate ge- hörten, und an die vielleicht mit einiger Einschränkung schon zu denken ist, wenn frühere Urkunden von den magistri civium reden, waren die Vorstände der Stadt- bezirke oder sog. Nachbarschaften, in welche Halberstadt seit dem 14. Jahrhundert eingeteilt war. Die topographische Entwicklung der Stadt (vgl. den Stadt- plan) war bisher in folgender Weise von statten gegangen. Als ältesten Teil haben wir jene Gegend anzusehen, welche begrenzt wird von der Schmiedestrasse, Hohenweg bis zur Göddenstrasse, Schuhstrasse, Breitenweg bis zur Sackgasse, Sackstrasse und dem zwischen dieser und der Kühlingerstrasse liegenden Teile des Weingartens, der jetzt noch erkennbaren alten Stadtmauer bis zur Spiegelstrasse, der Ritter- und Ros- marinstrasse. Schon in alter Zeit erweiterte sich aber der besiedelte Bezirk und nahm allmählich den Raum ein, welcher durch die um die Ostseite der Stadt ziehenden Reste der alten Stadtmauer, sowie nördlich durch den die Stadt quer durch- ziehenden Arm der Holtemme bis zum Tränkethor eingeschlossen wird. Dem- nächst bildet sich nördlich hiervon, nach Westen begrenzt durch eine vom Tränkethor über den Johannisbrunnen bis zur Promenade gedachte gerade Linie das Suburbium, in welchem die vermutlich von Anfang an lebhafte Gewerb- thätigkeit der Töpfer an dem Namen der Gröperstrasse noch jetzt zu erkennen ist. Ummauert wurde dieser Bezirk zwischen 1208, wo die Thomaskirche noch ausserhalb lag und 1236, wo die Moritzkirche als in civitate gelegen erwähnt wird. Die weitere Besiedelung erfolgte seitdem westlich von den bisher gebildeten Stadtvierteln über den ganzen Raum hin, welchen die Ruinen der alten Stadt- mauer dort im Süden, Westen und Norden einschliessen, sodass nunmehr die Burg, der eigentliche Mittelpunkt der bischöflichen Regierung, seit 1020 von eigner Mauer umgeben von den Häusern der Stadt rings eingeschlossen war. Während die ersten drei Stadtteile, ältere und jüngere Altstadt und die Neustadt, zusammen Weichbild genannt, unter städtischer Verwaltung standen, hiess der westliche Teil die Vogtei. Sie blieb der bischöflichen Regierung vorbehalten. Das Weichbild wurde nun schon früh in sechs Nachbarschaften geteilt. Es waren dies: 1. die vom Breitenwege, 2. die von der Kühlingerstrasse, 3. von der Hars- leberstrasse, 4. von der Schmiedestrasse, 5. vom Hohen wege, 6. vom Schuhhofe. Dazu kamen in späterer Zeit noch zwei, nämlich: 7. die von der Ritterstrasse, 8. aus dem Westendorfe. Sie bildeten Genossenschaften zu gemeinsamer Wahr- nehmung ihrer Interessen, welche die städtischen Angelegenheiten, einschliesslich Armenpflege, Wacht- und Wehrpflicht, sowie auch die landwirtschaftlichen Dinge betrafen. An der Spitze stand der Bauermeister, neben ihm zwei oder mehr Vorständer. Auch ihre Diener und Schreiber werden erwähnt. Mehr davon ist unten zu sprechen.

Die Statuten der Stadtverwaltung sind in zwei Fassungen* auf uns ge- kommen, die sich in dem sogenannten Stadtbuche befinden. Sie wurden all-

* Über ihr gegenseitiges Verhältnis vergl. die Einleitung zum 1. Bande des Halber- stadter Urkundenbuches.

186 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wirtschaftsgeschiclite, Innungen)

jährlich bei dem sogenannten burding vorgelesen und sind heute das einzige Überbleibsel aus der ehemaligen Ratsregistratur. Vor weiterer Darstellung der verfassungsgeschichtlichen Entwicklung sei hier noch ein Blick auf das wirt- schaftliche Leben der Halberstädter Bürgerschaft im Mittelalter geworfen.

Die früher erwähnten ländlichen Beschäftigungen waren keineswegs auf die Dörfer beschränkt, sondern die Anlage der Stadt und die eigentümliche Zu- sammensetzung ihrer Bevölkerung bewirkte, dass die meisten Zweige des Acker- baus und der Viehzucht auch von Stadtbewohnern des Erwerbes und Lebens- unterhaltes halber betrieben wurden. Infolge dessen blühten dort auch diejenigen Gewerbe, welche sich mit der Verarbeitung der Rohmaterialien beschäftigten.

Die Mühlenwirtschaft wird oft erwähnt. Sie stand in Stadt und Land in lebhaftestem Betriebe. Damit hing zusammen das Gewerbe der Bäckerinnungl die, wie alle Innungen der bischöflichen Oberaufsicht unterworfen war. Von ihr ist ein Statut von 1340 erhalten. Die Bauermeister der Stadt hatten die Kontrolle über die Verkaufsstellen und die Ware. Gebacken wurde grobes Brot, Weissbrot und Bretzeln (bretzstellen). Der öffentliche Verkauf fand zweima, wöchentlich auf dem Kirchhofe (Martiniplan?) statt. Eine Gesellschaft der Müller- und Bäckerknechte, geleitet von fünf Vorständen, wird 1439 erwähnt.

Die Brauer. Ihr Gewerbe, zu dessen Gunsten der früher erwähnte starke Hopfenbau in der Nähe von Halberstadt betrieben wurde, blühte sicher schon viel früher, als es urkundlich zuerst erwähnt wird. Von einer cervisia capitalis wird 1360 berichtet. 1492 hören wir von der Marienbrüderschaft der Brauer- knechte. Der sogen. Broihan wurde zuerst 1574 durch Andreas Westphal her- gestellt, sein Haus am Ende der Gerberstrasse steht noch jetzt Das Brauen und Ausschenken von Bier war nicht blos den Gastwirten, sondern auch den Bürgern gestattet.

Die Weber. Sie empfingen 1283 eine Urkunde des Bischofs Volrad, in welcher bestimmt wurde, dass, wer in die Zunft eintreten wolle, eine bestimmte Summe an die Zunftkasse und einen halben Gulden samt einem Talente Wachs an die bischöfliche Kammer zu zahlen hätte. 1291 wurde dazugesetzt, dass, wenn sie nicht zur inninge der Kaufleute gehörten, sie kein Tuch schneiden dürften.

Ihnen am nächsten standen die Schneider, auf deren Statut (aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und im 18. Jahrhundert noch im Gebrauch) wegen dessen Woitschichtigkeit hier nicht näher eingegangen werden kann. Die Innung hatte vier Provisoren.

Das Statut der Hutmacherinnung (factores pilleorum) stammt von 1284.

Die Kürschner sind schon Mitte des 13. Jahrhunderts erwähnt; ihre unter 3 Provisoren stehende Gilde 1483.

Die Schuhmacherinnung, deren Gedächtnis in dem Namen des Schuhhofes und der Schuhstrasse noch jetzt bewahrt wird, empfing 1230 ein Privileg des Bischofs Friedrich, worin auch die Filzschuhmacher als zur Innung gehörig gerechnet wurden. Ihr Vorstand scheint aus sechs Personen bestanden zu haben, an deren Spitze der Aldcrmann stand. Ein Streit wegen der Scharren am Schuh- hofe, welchen sie lange Zeit mit dem Liebfrauenstifte führten, wurde 1251

Halberstadt (Innungen, Wirtschaftsgeschichte) 187

dadurch geschlichtet, dass ihnen die Scharren für eine jährliche Steuer zu beständigem Besitze gegeben wurden. Mit der Gilde der Schuhmacher finden wir Ende des 15. Jahrhunderts auch die der Gerber vereinigt.

Von der Innung der Schmiede wird urkundlich wenig berichtet, obwohl es nach den Namen vieler mittelalterlicher Halberstädter Familien (Goldschmied, Kleinschmied, Messerschmied , Pfannenschmied , Pfeilschmied , Plattenschläger, Schildschmied) scheint, dass gerade dieses Handwerk in vielen Zweigen in Halberstadt vertreten war. Auch der Name der Schmiedestrasse zeugt noch heute für die ehemalige Bedeutung dieses Handwerks. Da dasselbe in manchen Beziehungen geradezu als eine Kunstthätigkeit ausgeübt wurde, wäre hier Ge- legenheit auf die Halberstädter Künstler näher einzugehen, doch sei diese wichtige and weitführende Sache für das Kapitel „Kunststatistik'' aufgehoben.

Ausserdem seien nach Familiennamen noch erwähnt die Handschuhmacher, Münzer, Oblatenbäcker, Fenstermacher (Glaser?) u. a. darunter die wiederholt erwähnten Apotheker. Selbstverständlich gab es auch Ärzte; die Namen einer Anzahl von ihnen sind uns aufbewahrt.

Die Fleischer, Knochenhauer,* Garbrater (assatores) und Heringshändler und die Innung der Krämer vermitteln den Übergang zu den mehr kaufmännischen Berufen, von deren Betriebe die altfreie Marktgeraeinde von Anbeginn her ihre Existenz fristete. Diese Halberstädter Kaufmannschaft im engeren Sinne war dem Bischof zinspflichtig, erfreute sich aber des Besitzes alter Gerechtsame und sorgte dafür, dass ihr diese von Zeit zu Zeit durch die Bischöfe ausdrücklich bestätigt wurden. Dazu gehörten gewisse Grundbesitze, Freiheit vom Fleisch- zehnten, Zollfreiheit auf allen königlichen Märkten, die Abhaltung des Burmal, Feststellung von Mass und Gewicht, selbständige Schlichtung ihrer innem Streitigkeiten und dergl. Um das Marktregal führten sie mit dem Bischöfe einen unablässigen Streit. Über die bedeutende Rolle, welche dieser Kern der Bürger- schaft im Innern politischen Leben der Stadt gespielt hat, ist oben bereits hin- gewiesen worden; auf die Einzelheiten ihrer kaufmännischen Institutionen kann, so interessant diese auch sind, hier nicht weiter eingegangen werden. Schon im 13. Jahrhundert ging der Handel Halberstadts weit hinaus, so verbürgter Massen nach Flandern; die Verbindung mit Lübeck ist 1281 nachweisbar, und hierin liegt der Anlass, dass Halberstadt sich späterhin der Hansa anschloss. Das Zeichen des Marktfriedens war der Roland, der zuerst vor dem alten Rathause am Martiniplane, seit 1433 vor dem neuen am Holzmarkte stand.

Die durch den lebhaften Handel begünstigten wirtschaftlichen Verhältnisse hatten schon seit dem früheren Mittelalter zur Folge, dass die Lebensführung der christlichen und jüdischen Kaufleute eine zum Teil prunkvolle war. Als Beispiel sei die Familie Ammendorf erwähnt. Sie bewohnte ein eigenes Haus; die Frauen erfreuten sich des Besitzes von Perlen, Korallen, Spangen, goldnen Reifen u. dergl. Ausserdem waren vorhanden wertvolle Kleider, Geld, geistliche und weltliche Bücher; in den Vorratsräumen Mehl, Fleisch, Getreide, Getränke (Wein, Bier, Kii-schschnaps), Kohlen, Holz, WiLsche u. s.w., ferner eine Anzahl von Haustieren: alles zusammen wurde, als die Familie in der Schicht das Ihrige verloren hatte,

* Das Siegel ihrer Innung beschrieben von v. Mülverstedt, H.-Z. 1870 p. 706.

188 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Veriassungsgeschichte)

abgesehen von den Grundstücken, in der Klageforderung auf gegen 15f)0 rh. Gulden geschätzt. Von dem Aussehen des Ammendorfschen Hauses ist keine Nachricht erhalten, doch wird man bei solchem Wohlstande auch in dieser Beziehung Kosten nicht gescheut haben. In welcher Blüte die bürgerlich(3 Bau- kunst schon damals gestanden haben mag, lässt sich aus dem Beispiele dfes nur wenige Jahrzehnte jungem, 1461 erbauten Ratskellers schliessen. Die vornehmen Geschlechter des Halberstädter Bistums hatten in der Stadt ihre eigenen Höfe auf der Burg, um sich während der grossen Feste dort aufzuhalten. Diese Gebäude enthielten auch Kapellen oder dazu bestimmte mit Altären versehene Gemächer. Budäus (Leben Albrecht IL p.20. f), welcher diese Nachricht über- liefert, fügt hinzu, in einigen solchen Höfen sei dergleichen noch zu seiner Zeit (1624) vorhanden. Mit dem Wohlstande der Bürger hing zum Teil auch der der Geistlichkeit zusammen, wovon verschiedene uns erhaltene Testamente von Dom- herrn^ interessantes Zeugnis ablegen. Luxusvorschriften gab es im Mittelalter in Halberstadt ebenso wie an andern Orten, und ebenso gering wie dort war ihre Wirkung. So war denn auch das Einerlei des täglichen Lebens von allerlei Scherz und Lustbarkeit unterbrochen, von Fastelabendsgelagen , Martinsfesten, Jahrmarktstrubel u. dergl., und das Yolk sorgte dafür, dass hiervon auch in den ernstesten Zeiten nicht abgelassen wurde. Bekannt ist das sogenannte Drachen- spiel,^ welches bis 1416 von den Schülern des Liebfrauenstiftes um Epiphanias aufgeführt, von der genannten Zeit an aber durch das Kapitel verboten wurde.^ Schlimme Folgen zeitigte der Wohlstand in dem Hange zum Wirtshausleben, zu Glücksspielen (das sog. Doppeln wurde Ende des 14. Jahrhunderts mit Strafe belegt, falls der Einsatz über einen Schilling ging) und der zunehmenden ün- sittlichkeit, welcher die zahlreich vorhandenen Badstuben Vorschub leisteten. Das Verhalten der Geistlichen wich in dieser Beziehung von dem der Bürger nicht ab. 1447 sah sich das Domkapitel genötigt, ausdrücklich zu verbieten, dass die Kurien auf der Domfreiheit an Dirnen und andere zweifelhafte Personen verkauft oder vermietet würden. Dass es neben dem Reichtum auch grosse Armut gab, ist erklärlich, die Urkunden deuten es an durch Erwähnung von obdachlosen Personen und solchen, die auf Kosten der Stadt begraben werden mussten.

Während so die Stadt sich entwickelte, bestand die b ischöflich e Parallel- regierung weiter, welche ihre Hand auf allem hielt, mit Ausnahme dessen, was keinen Vorteil brachte. Entschloss sie sich hin und wieder, der Stadt irgend ein wichtigeres Recht zu überlassen, so geschah es stets der augenblicklichen Geld- verlegenheit halber und immer nur unter der Form der Verpfändung, welche den Wiedererwerb ermöglichte. Und dieser wurde aus Mangel an gesetzlichen Regeln immer unweigerlich wieder angetreten, mochte auch das Pfand nach den Begriffen der Moral und des gesunden Verstandes längst verfallen sein. Des- gleichen suchte man sich von den Verpflichtungen der Stadt gegenüber, welche vei*ständiger Weise von jedem ihrer Bewohner verlangt werden mussten, zu

* Vergl. z. B. das des Dompropstes Friedrich Hake (f 1435). H.-Z. 1886. p. 59Ö.

* Die DracheDflügel sind noch jetzt im Domschatze vorhanden. » Vergl. H.-Z. 1879 p. 594ff.

Halberstadt (Verfassungsgeschichte: die bischöfliche Regierung) 189

entlasten, wo es nur ging. Dazu gehörte insbesondere die Pflicht zur Mauer- wache und zur Erhaltung der Befestigungswerke. Bisweilen kam es daher zu verdriesslichen Weiterungen. Allmählich wurde das Rechtsverhältnis des Rates, die Stadtbefestigungen betreffend, welches naturgeraäss ganz einfach hätte sein müssen, derart verdunkelt, dass., als 1377 Aschersleben nach dieser Richtung in Halberstadt um Auskunft bat, eine solche nicht erteilt werden konnte. Es leuchtet ein, welch verhängnisvolle Folgen aus dieser Lage unter Umständen entstehen konnten. All dergleichen geschah des allgemeinen Grundsatzes wegen, dass man der Stadtverwaltung in jedem Falle den Meister zeigen müsse. Zu wirksamem Wiederstande vermochte die Stadtverwaltung, weil sie in sich selbst zwiespältig war, keine Kraft aufzubringen; sie erschöpfte sich in kleineren Streitig- keiten, welche im Grossen und Ganzen immer mit ihrer Niederlage endeten und immer nur kleine Vorteile verschafften. Trotzdem machte die Selbständigkeit der Stadt Fortschritte und die klerikale Regierung musste sehen, wie ihr eine wichtige Stellung nach der andern verloren ging. Als die Schicht aber eintrat, war der Augenblick für die energische Befestigung der bischöflichen Herrschaft gekommen, die nun eigentlich erst festen Fuss fasste, und später durch den Administrator Ernst die Selbständigkeit der Stadtverwaltung zum blossen Schattenbilde machte. Die Konkurrenz der klerikalen Regierung richtete sich seit der Emanzipation der Stadtverwaltung gegen die verschiedensten Zweige der städtischen Verwaltung. Vor allem sicherte sie sich deren fortwährende Beeinflussung durch die in den Stadtrat zu wählenden bischöflichen Ministerialen, deren Prozentsatz schon oben angegeben ist. An und für sich hätte sich wenig hiergegen sagen lassen, wenn es sich bloss darum gehandelt hätte, die Stellung des Bischofs als dos Territorialherrn zu schützen. In diesem Sinne hatte auch der Huldigungseid der Bürgerschaft beim Regierungsantritte des Bischofs kein Bedenken. Uns ist die Formel über- liefert, mit welcher die Bürger Albrecht dem H. ihren Schwur leisteten^: „Dat we useme herren bischoppe Albert van Halberstad, de hier to ieghemwordich is, also tniwe unde'also holt sin, also borghere to rechte schuUen creme herren, unde schollen ome behulpen wesen unde sine stad to Halberstad ome holden to allen syneu nutten unde noden, dat us God also helpe unde sine hilghen." Darauf bestätigte der Bischof die Stadtverfassung, auch die alten Rechte des Rates, ging aber über die Angabe bestimmter Einzelheiten mit Stillschweigen hinweg. An sich ungefährlich und dazu selbstverständlich war ferner, dass der Bischof sein Konsilium auch nach Abtrennung des städtischen Rates beibehielt. Auch das kann die mittelalterliche Welt nicht befremdet haben, dass der Bischof dafür sorgte, der weltlichen Behörde die Macht über alles zu nehmen, was geistlich war. Ah den Ketten, welche den Burgbezirk abschlössen, an den Grenzen der Stiftsfi'eiheiten endete die weltliche Gewalt. Als 1386 die Stadt jemanden aus der Burgfreiheit hatte verhaften lassen, musste diese nacli Urteil des Bischofs erst von neuem geweiht werden. Aber diese ängstliche Heilighaltung des Burgbezirkes diente nicht blos als Sinnbild für die Unverletzlichkeit der bischöflichen Person und Macht. Sie hatte noch einen andern sehr weltlichen und praktischen Grund. Die Burgfi-eiheit war nämlich der Ort der unter bischöflichem Schutze und zu

' GesU Alb II, p. 126.

190 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Verfassungsgeschichte: bischöfliche Begierang)

Gunsten der kirchlichen Kassen abgehaltenen Märkte; die dort hinkommenden Händler zahlten der Stadt keinen Zoll und machten überdies den Kaufleuten und Märkten der Stadt schwere Konkurrenz. Jener Verhaftete war einer von den Kaufleuten des bischöflichen Marktes. Vergeblich blieben die Bemühungen der Stadt, sich vor solchem Schaden zu schützen; die Kirche hätte lieber anderes aufgegeben^ als dies einträgliche Reservatrecht, welches sie noch aus den Otto- nischen Privilegien herzuleiten vermochte. Weniger Schwierigkeiten machte es der Stadt im. allgemeinen, von den Stiftern u. s. w. die Zinse zu erhalten, etwa die, welche jene für diejenigen ihrer Gebäude zu zahlen* hatten, die auf städtischem Grund und Boden standen. Aber auch hier herrschte die erklärliche Tendenz der Kirche, die lästige Verpflichtung abzulösen. Galt es doch, auf jede mögliche Art die Summen aufzubringen, welche für die kostspieligen Bauten, über die bei der Geschichte der einzelnen Kirchen näher zu reden sein wird, für die Ent- faltung des von dem Bitus geforderten Prunkes, für die politischen Unter- nehmungen, insbesondere für die ewigen Fehden, für die Lebensführung der Geistlichkeit, dabei vor allem für die Hofhaltung der Bischöfe erforderlich waren. Die regelmässigen Einkünfte des Bischofs, die Wortzinse, Frohnzinse, die Ab- gaben der geistlichen Stifter an ihn, die Erträgnisse seiner Forsten, die Lehns- abgaben der Ministerialen, auch derer, welche im Besitz der grossen bischöflichen Hofämter (Marchall, Truchsess, Kämmerer, Schenk)^ waren, und was der Bischof sonst einnehmen mochte es würde zu weit führen, auf das Einzelne hier einzugehen waren keineswegs genügend, um alles dies zu decken und vor Schulden zu schützen.

Auch bei einer andern äusserst wichtigen Sache handelt es sich ausser um die Machtfrage wieder vorzugsweise um den Geldvorteil, der auch hier untfer dem Vorwande der Festhaltung eines Ottonischen Privilegs gesucht und gefunden wurde. Es ist die Ausübung der weltlichen Gerichtsbarkeit. Alljährlich am Walpurgistage (I.Mai), besetzte der Bischof die Richterstellen von neuem. Das nannte er „richtere stedcghcn tu Halberstadt nach aldere wönheyt" (1358). Falls der Bischof abwesend war, vertraten ihn die Domherren, denen die Richter auch in solchem Falle den Amtseid leisten mussten. Die Stadt hatte nur das Vorschlags- recht. 1393 überliess Bischof Ernst die Richterwahl pfandweise an die Stadt Seitdem urteilten jene bis auf weiteres nicht mehr im Interesse des Bischofs, sondern der oberen Ratspartei, der sie durch ihre Stellung angehörten. Von den Gerichtshändeln, in welchen diese weltlichen Diener der bischöflichen Rechts- pflege das Urteil in weltlichen Angelegenheiten zu finden hatten, sind jene zu unterscheiden, bei welchen von den Parteien eine weltlich, die andere geistlich, und daher eine Einmischung der geistlichen vorgesetzten und stellvertretenden Behörde natürlich war. Es war bei solchen Sachen nicht selten, dass, wenn die Wichtigkeit des Falles es erforderte, der Bischof selber den Vorsitz führte, andernfalls vertrat ihn der Offizial, von dem schon oben die Rede war. Er

^ Die Marschälle erscheinen seit 1189. Der Titel befindet sich noch jetzt im Besitze der Familie v. Hössing. Dai) Truchsessenamt ist seit 1133 nachweisbar und ist 1840 neu hergestellt. Das Amt des Schenken (seit 1179) hatte die Familie v. Dönstedt, welche später von Kur-Brnndenburg auch das Erbkämmerer- und Erbschatzmeisteramt erhielt. (H.-Z. 1870 p. 633) Das seit 1173 nachweisbai'e Käinmereramt ist erloschen.

Halberstadt (Yerfassungsgeschichte : bischöfliche Begierimg, Zwistigkeiten) 191

setzte die Termine fest, lud die Parteien und die Zeugen und wurde während der Verhandlung von einer Anzahl von prudentes viri unterstützt. Er urteilte in Klagesachen aller Art, mochten sie zivilrechtlich oder strafrechtlich sein, verhängte Exkommunikation oder andere Strafen bis zu den schlimmsten und benutzte, da er Geistlicher war, die Exekutivgewalt des Rates. Gegenüber seiner Rechtsprechung hatte die weltliche Macht zurückzutreten; dem Rate blieb nichts, als bisweilen die Anwesenheit bei den Verhandlungen und die Bestätigung, nötigenfalls die Besiegelung der Urkunden über solche bürgerlich -geistliche Rechtshändel. Zur Vollendung dieses verwirrenden Zwiespaltes in der Ver- waltung kam noch, dass der Bischof auch Polizeiverordnungen erliess, wenn sie Geistliche und Laien zugleich betrafen. Die für die Übertretung solcher Vor- schriften eingezogenen Strafgelder flössen halb in die bischöfliche, halb in die städtische Kasse. Auch der Judenschutz oblag als Regal eigentlich dem Bischöfe, wurde wie oben erwähnt, von ihm an den Rat abgetreten, aber deshalb nicht aufgegeben und diente noch in viel spätem Zeiten als Pfandobjekt der geldbedürftigen Kirchenhäupter.

Fast ganz und gar der städtischen Verwaltung entzogen blieb der Stadtteil, welcher die Vogtei heisst. Sie stand unter dem Domkapitel; trotzdem gehörten ihre Bauermeister mit zum Rate. In Streitigkeiten zwischen Vogtei und Weich- bild entschied das bischöfliche Gericht. Das einzige Recht, welches die Stadt hier besass, war, den Mauer- und Grabenschutz zu verlangen. Gewiss vor allen in den V?'ünschen der Vogteibewolmer selbst, welche nach Anschluss an die ihnen nützlichere städtische Verwaltung trachten mussten, dann auch in denen der Stadtregierung, der es auf Einfachheit und Übersichtlichkeit des Regimentes und auf Verstärkung ihrer Macht ankam, liegt der Ursprung schwerer Zwistigkeiten zwischen dem Bischöfe und der Stadt, welche 1370 mit Aufläufen und Unruhen ihren Gipfel erreichten. Im Jahre darauf ersah Bischof Albrecht darum die günstige Gelegenheit, teils diesem Streite, teils seiner ewigen Geldnot abzuhelfen. Nachdem Amnestie verabredet war, verpfändete er unter dem energischsten Widerstände des Domkapitels, wobei es zu den heftigsten Auftritten kam, die Vogtei an die Stadt für 20(X) Mark zunächst auf 10 Jahre, aus welchen dann ein viel längerer Zeitraum wurde. Die Höhe der Pfandsumme zeigt, welche Wichtigkeit die Stadt dieser Sache beimass. Der Geistlichkeit blieb zwar ihr ehemaliges Recht an ihren dortigen Freihöfen, Gebäuden, Woiien und Geld- einkünften, aber doch empfand das Domkapitel so manchen Ausfall, und der- gleichen wurde dadurch gut gemacht, dass der Bischof ihm die Zehnten von zweien seiner Güter verpfändete. Für den Augenblick ruhte damit der Streit; er war nicht der erste und besonders nicht der letzte, der um dieselben An- gelegenheiten geführt wurde. Schon 1288 unter Bischof Volrad hören wir von dergleichen und von der danach geschehenen Versöhnung; grösserer Zwist entbrannte zwischen der Stadt und Bischof Albrecht IL 1336; gegen das Ende des 14. Jahrhunderts häuften sich dergleichen Vorfälle. Als 1381 die Herausgabe der verpfändeten Vogtei verlangt wurde, Hess es der Rat auf einen Vertragsbruch ankommen, der dann zu einem 26jährigen furchtbaren Streit führte. 1382 brachte die Geistlichkeit die Beschwerde über die Schmälerung ihrer Freiheit bis an Papst Urban VI. Dieser Hess alle Ratsmitglieder vor sich laden; vier sollten

192 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte: innere Unruhen im 14.u. 15. Jahrb.)

persönlich erscheinen, die andern 27 sich vertreten lassen. Ob sie es gethan haben, weiss man nicht, darf es auch stark bezweifeln. Denn sonst wäre viel- leicht eine Vereinbarung getroffen worden, und es* würde nicht 1386 schon wieder von grossem Streite berichtet werden. Die Geistlichkeit wurde von den wütenden Bürgern hart bedroht; in einer allgemeinen Vei-sammlung lehnte der Rat die Verantwortung für ihre weitere Sicherheit ab. Daraufhin verliess, wie schon früher erzählt, die Mehrzahl des Klerus die Stadt, was einer Vertreibung fast gleichkam. Der Rat aber widersetzte sich später der Rückkehr seiner Gegner und sorgte dafür, dass die Einkünfte, auch der zurückgebliebenen, ge- schmälert wurden; die Opferspenden an die Kirche wurden eingeschränkt, Ver- mächtnisse an sie ganz verboten. Die Folge war Verhängung des Interdiktes, welches aber am 30. November 1400 von der weltlichen Stadtvenvaltung gewalt- sam aufgehoben wurde. Darauf wieder Einmischung des Papstes, welcher durch drei Vertreter Genugthuung, besonders aber die Wiederaufnahme der Geistlichen und die Herausgabe der Vogtei verlangte, für den Fall der Weigerung aber mit den höchsten Kirchenstrafen drohte. Als diese und noch zwei Warnungen ohne Erfolg blieben, kam wiederum das Interdikt, welches aber am 3. Juli 1404 von Bonifaz IX. zurückgenommen wurde. Es muss damals, nachdem man sich 24 Jahre lang gestritten liatte, ein starkes Friedensbedürfnis bei beiden Parteien vorhanden gewesen sein. Wenn dieser formell auch erst 1407 nach nochmaliger Verhängung eines kurzen Interdiktes zustande kam, so erfolgte doch schon 1404 eine völlige Aussöhnung der Bürgerschaft mit dem Bischöfe. Damit war dieser „Pfaffenkrieg" fürs Erste beigelegt. Verabredet wurde, dass künftig in Streit- fällen zunächst ein Schiedsgericht i3ingesetzt werden solle, bestehend aus 2 Mit- gliedern des Klerus und 2 des Rates. Konnten sich diese innerhalb 14 Tagen nicht einigen, was schon durch die Stimmengleichheit erschwert werden konnte, so trat ein neues Schiedsgericht zusammen, bestehend aus 4 Klerikern, 2 Mitgliedern des Rates von Quedlinburg und 2 dessen von Aschersleben. Dabei lag wiederum die Gefahr der Stimmengleichheit vor, ausserdem die, dass die vier weltlichen Stimmen, wenn sie auch den alten Freunden von Halberstadt angehörten, doch unter umständen nicht im Sinne der Halberstädter städtischen Verwaltung ab- gegeben werden konnten. Trat auch hier keine Einigung ein, so entschied der Bischof, womit die Sache natürlich zu Gunsten der Kirche gewandt wurde. Die Hauptsache freilich hatte die Stadt durchgesetzt: die Vogtei blieb bis auf weiteres städtisch. Aber um jenen Vertrag anzunehmen, muss die Stadt sich in einer Zwangslage befunden haben, die sie um jeden Preis Frieden mit der Kirche suchen liesss. Diese Zwangslage bestand darin, dass damals Spaltungen im Innern des Rates hervortraten, die allerdings vorläufig noch nicht unmittelbar bedrohlich waren, aber doch alles Interesse für ihre Beseitigung in Anspruch nehmen mussten.

Schon oben ist bemerkt worden, dass die Zahl der Innungsmeister im Rate gegen Ende des 14. Jahrhunderts im Abnehmen begriffen war; 1387 waren es 20, 1399 noch 13, 1400 noch 11, 1403 nur noch 10. Es ist dies ein Zeichen von den Zwistigkeiten, welche damals mit den Innungen herrschten. Die Handwerker- bevölkerung wurde je länger je mehr zu Gunsten der alten, reichen Familien, den Nachkommen der altfreieu cives forenses, in den Hintergrund geschoben.

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HalbefBfaidi ^ÖHracbidite: innere Zwistigkeiten während des 15. Jahrhunderts) 193

Sie stand abseits von der Möglichkeit ordentlicher Mitregierung; sie konnte nichts gegen die ewigen verheerenden Fehden und kostspieligen Bündnisse thun, nichts gegen den Steuerdruck, gegen den habgierigen Erwerb der Stadtländereien, gegen die Münzverschlechterung. Von den daraus erwachsenen Misshelligkeiten wissen wir nicht viel. Nur eine Sache, der Streit mit der Knochenhauer-Innung, wird urkundlich erwähnt. Sie versöhnte sich 1417 mit dem Rate, nachdem ihre Sache unbekannt wie lange gedauert hatte. Lange Zeit hatte sie überhaupt keinen Vertreter mehr in den Rat geschickt, offenbar, weil dieser selbst ihn ehemals aasgeschlossen hatte. Dem neuen Abgeordneten, der 1417 zugelassen wurde, verbot der Rat von vornherein jeden Widerspruch ; desgleichen wurde die Knochen- hauer-Innung durch eine ihr aufgedrungene Konkurrenz und durch markt- polizeiliche Verordnungen beschränkt Wäre dieser Vorfall vereinzelt gewesen, so könnte er nicht zur Erklärung der revolutionären Ereignisse der Folgezeit dienen ; er war aber, wie manches Symptom zeigt, nur einer von vielen ähnlichen. Dazu kam, dass die Finanzverwaltung der Stadt Anlass zu Misstrauen gab. Fand sich jemand, der Privathändel mit dem Rate auszumachen hatte, so konnte er auf eine diesem feindliche Partei rechnen. Es ist schwerlich das öffentliche Interesse gewesen, welches den berüchtigten Matthias von Hadeber, den man den langen Matz nannte, und seine Brüder in den Kampf mit dem Rate trieb. Er selbst gehörte diesem schon 1401 an, wurde aber gegen 1409 oder 1410 aus nur zu vermutenden Gründen aus ihm entfernt. Es scheint sich besonders um Geld- angelegenheiten, auch um ein Haus und einen Hof, den man ihm mit Betrug ab- gekauft hatte, gehandelt zu haben. Des langen Matz Gegner sassen mit ihm im Rate. Wahjcscheinlich war es ganz besonders ein gewisser Gebhard von Ammen dorf und seine Söhne, gegen die sich sein Grimm richtete. Und ihm gelang, gegen diesen Mann und dessen Anhang eine Waffe zu finden. Dieser war es, von dem man sagte, er habe städtische Gelder unterschlagen, ein Gerücht, welches immer lauter erklang, bis es zuletzt in den Bier- und Weinhäusem in Spottversen abgesungen wurde. Es ist unmöglich zu sagen, wie viel davon wahr gewesen ist. Dass die Ammendorfs aber in der Meinung der Öffentlichkeit belastet blieben, zeigen die ungeheuren Schwierigkeiten, mit diesen sie in viel späteren Jahren wegen ihrer Wiedereinführung zu kämpfen hatten. Als berufenen Vertreter der beaitslosen Klasse kann man Matthias von Hadeber schwerlich ansehen, denn er selbst war nicht ohne Vermögen, ihm gehörten u. a. zwei Hufen im alten Frevel und die sogenannte Wicholz-Mtihle. Sein Streit mit dem Rate nahm 1412 einen solchen Umfang an, dass die Stadt sich um Entscheidung an den Rat von Braun- schweig wendete. Es scheint, dass Matthias damals bereits eine Partei beeinflusst hat, und dass man das Verfahren gegen ihn aus Rücksicht auf diese so umständlich gestaltete. Das Urteil des Braunschweiger Rates muss gegen ihn ausgefallen sein. Trotz des heftigsten Widerstandes, den er bis vor den Freigrafen des Erzbischofs von Köln trug, nahm man ihm 1413 seine Besitztümer, mit denen der Ratsherr Heinrich von Adersleben belehnt wurde; er selbst und seine Brüder mnssten die Stadt verlassen. Nun aber begann er zu zeigen, was seine Feind- schaft bedeutete. Vor allem wandte er sich mit Klage an die Vehme. Zugleich fingen die ihm ergebenen Unzufriedenen an, sein Rachewerk zunächst an den Ammendorfs zu vollziehen. Mit fliegenden Fahnen zogen die Bürger vor deren

Krafa HaliMntadt. 13

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194 . Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Geschichte: die Schicht 1423)

Haus, Tertrieben die Insassen, die aus der Stadt flüchteten, und quartierten andere dort ein, die darin nach Lust hausten und alles verbrauchten und ver- darben. Diese That der Yolksracbe fand ihre officielle Billigung seitens des übriggebliebenen Rates, sei es nun, dass dieser wirklich die Schuld der Ammen- dorfs anerkannte, sei es, dass er sie opferte, um Frieden mit der Bürger- partei herbeizuführen. Ihre Vertreibung wurde erst 1417 auf Betreihen des Grafen Heinrich von Wernigerode wieder aufgehoben und das nur mit dem Vorbehalte, dass sie nicht wieder in den Rat oder in eine andere Würde gewählt werden durften; in ihre Besitztümer setzte sie der König wieder ein. Der lange Matz aber und seine Brüder wurden begnadigl, erhielten Entschädigung und durften zu Ostern 1414 zurückkehren. Trotzdem gaben sie keine Ruhe; 1415 wiederholte sich die Schreckensscene der Plünderung und Austreibung bei fünf anderen Ratsherren, die dem Matthias gleichfalls seit lange verfeindet waren. Wieder wurde dieser als Anstifter erkannt und von Stadt wegen ins Gefängnis gesetzt, auf wie lange ist nicht bekannt. 1417 durften auch diese Vertriebenen in die Heimat zurückkehren. Man hätte meinen sollen, dass diese Vorfälle der Stadtverwaltung den Gedanken hätten eingeben müssen, die Schuld nicht nur bei anderen, sondern auch in sich selbst zu suchen und auf Abhilfe bedacht zu sein. Aber keineswegs. Von keiner vernünftigen Reform ist die Rede. Die durch den Erwerb der Vogtei erheblich gewachsene Zahl gerade des niederen Volkes steht da, ohne genügende Möglichkeit, die Handlungen der Stadtregierung nach ihrem Interesse zu lenken; schon seit nahezu fünfzig Jahren leben sie ohne Vertretung, da sie keine Bauermeister haben; der Nutzen ihrer Arbeit fliesst zwar nicht mehr in die bischöfliche, dafür aber in die städtische Kasse; sie sehen ein, dass sie einen anderen Herrn aber kein freundlicheres Regierungssystem über sich haben. Alle diese Ubelstände müssen viel schwerer gewesen seia, als aus den Andeutungen der Quellen hervorgeht. Die nächfolgenden Ereignisse hätten sonst keine ausreichende Erklärung.

Im einzelnen ist der Verlauf des Aufstandes 1423 durchaus unbekannt. G.Schmidt der über die Schicht geschrieben hat,^ muss selbst zugeben, dass die Erzählungen darüber nicht gleichzeitig und durch die Sage bis zur Unkenntlich- keit entstellt seien. Mau muss daher von den Einzelheiten, die er berichtet, absehen. Verbürgt ist nur, dass 1423 eine Steuer ausgeschrieben wurde, die erforderlich war, um die durch eine Fehde gegen die Alvensleben entstandenen Schulden zu decken. Die Bauermeister wussten es durchzusetzen, dass dieser Beschluss vorzugsweise zum Schaden der begüterten Klasse gefasst wurde. Daraufhin beschloss der Rat insgeheim die Absetzung der Bauermeister. Als dies bekannt wurde kam es zu Volksaufläufen, bei denen besonders die Schuster- gesellen und an der Spitze des Volkes ein gewisser Rolf Rolfs eine Rolle spielten. Im städtischen Weinkeller fanden erregte Verhandlungen statt, so besonders am 11. September, wo sich der Unwille der Volkspartei, vor allem gegen den Rats- herrn Hermann Quenstedt richtete. Am 22. November kam es zu offenem Tumult und zur Erstürmung und Plünderung der Häuser der Ratsherren. Wer

' Die Halborstädter Schicht im November 1423. Halle 1880. Vgl. auch H. Oh. Benckenberg, Selecta juris et historiarum. Frankf. 1782—42. Teih VI, 199 ff.

Halberstadt (Geschichte: die Schicht 1423 und ihre Folgen) 195

von diesen noch Zeit fand, entfloh über die Stadtmauer. Es brachten sich in Sicherheit Vater und Sohn Gebhard Ammendorf, Johann Ammendorf, Ludicke, Tangen, Hermann Quenstedt, Hermann und Cord Huilingerode, Hermann Hornung, Henning Breiteweg, Bertram Danstedt, Klaus Adersleben^ Henning Yogelstorp. Dm so schlimmer waren die vier Unglücklichen daran, welche in die Hand des wütenden Volkes fielen. Nur von einem, Henning Adersleben, ist uns die ehe- malige Feindschaft mit Matthias bekannt, die übrigen drei, Volkmar Lobeck, Busse Bertram und Heinrich Zacharias, wurden vielleicht nur Opfer der Volks- leidenschaft an Stelle derer, die entronnen waren; sicher hätten wenigstens die Ammendorfs ihr Los geteilt In der Cäciliennacht (22. auf 23. November) wurden sie ^fangen genommen, am folgenden Tage St Clemens zur Vesperzeit hingerichtet. Als Stätte solcher „angestlicher greselicher tat unde quader geschieht'' (Halb. U.B.II,786) ist es geläufig, den Platz vor dem Roland anzugeben, obwohl die Quellen hierüber nichts melden. Würde die Überlieferung auf Wahrheit beruhen, so könnte nur der alte Roland gemeint sein, da der neue, jetzt noch stehende, damals noch nicht existierte. Damit würde der Schauplatz der That ein anderer werden. Denn wir wissen, dass die Leichen der Hingerichteten vor der Thür der Martinikirche verscharrt wurden, und dass man sie dort später wieder erhob. Es ist nicht als wahrscheinlich anzunehmen, dass man die Leichen vom Holzmarkte dort hinübergetragen hat, worin noch ein Rest von Pietät gelegen hätte, sondern dass man sie einfach liegen liess und begrub, wo sie gefallen waren. Als Stätte der Hinrichtung, welche allem Volke weithin sichtbar sein sollte, eignete sich ausserdem der hochgelegene Platz vor dem Nordportale der Martinikirche besser als der flache Holzmarkt. Wenn sie also vor der Thür der Martinikirche starben, so würde die Überlieferung, den Roland betreffend, andeuten, das dieser damals noch vor dem alten, gegenüber der Kirche am Martinipkine gelegenen Rathause stand, und dies also damals noch benutzt wurde.

Nach Beseitigung des alten Rates schritt man alsbald zur Bildung eines neuen. Ihm gehörten an : Werner Winneken, Cord Leydege, Matthias von Hadeber und sein Bruder Hans, Cord Range, Hans Loyde, Henrik Lauwe, Hans Harsleben der Schrader, Haus Sillinges, Hans Cramme, Jan Säbel, Ludeke Schacht und Bertold Bornevorer. Die acht Bauermeister waren: Henning Wagey, Merten Grashoff, Hermann Heyse, Hinrik Loyde, Hennig Dusing, Heinrieh Stock, Cord Wedenmeiger und Busse Vridach. Von den Namen alter Familien erscheint natürlich in diesem Rate keiner. Wo Werner Winneken herkam, der neben dem langen Matz die Hauptrolle spielte, ist nicht zu ermitteln. Jedenfalls muss sein wie auch der übrigen Gebaren vor und während der Schicht sie alle dem langen Matz als für ihn brauchbar dargestellt haben. Vier der neuen Ratsherren, ausser Matthias hatten schon dem alten Rate angehört, nämlich Cord Leydege, Cord Range, Hans Loyde (Lode) und Hans Harsleben. Desgleichen waren Merten Grashoff, Hermann Heyse und Hinrik Loyde schon vorher Bauermeister gewesen^ Es ist bezeichnend für die Stellung des Bischofs zu der Volkspartei, dass er gerade diese .drei (ausser vier anderen) zur Vollziehung einer seiner Urkunden hinzuzog. An der Spitze des ganzen neuen Halberstädter Gemeinwesens stand erst Werner Winneken, seit 1424 der lange Matz. Die Urkunden nennen ihn

196 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte: die Folgen der Schicht 1423)

zwar „Matthias unser Bürgermeister" aber der Ton, in dem sie gehalten sind, verrät deutlich die Furcht, welche dieser nicht als Bürgermeister, sondern als Tyrann herrschende Mensch verbreitete. Dass seine Urkunden vom Rate und der Stadt Geschworenen mit vollzogen werden mussten, war nur Formsache. Trotz seines Übermutes aber fühlte er, wie gefährdet seine Stellung war. Er wandte sich deshalb an Aschersleben mit der Zumutung, ihn zu unterstützen, doch wurde dies abgelehnt, und es half ihm nichts, dass er die Stadt für bundbrüchig erklären liess. Auch die Erklärungen und Entschuldigungen, welche er wegen der Schicht an andere Stadtgemeinden sandte, machten nicht den gewünschten Eindruck, vielmehr warfen sich insbesondere Hildesheim und Göttingen zum Schutze der Vertriebenen auf. Erreicht wurde, dass König Sigismund diesen Schutzbriefe an den Bischof und die Stadt Halberstadt gab. Da sie diese nicht selber überreichen konnten, so schickten sie Abschriften an den Rat von Quedlin- burg, der Halberstadt zur Befolgung dieser Befehle auffordern sollte. Es ist nicht sicher, ob es geschehen ist, da die Quedlinburger sich vorher ziemlich lau verhalten hatten. Jedenfalls gehorchten die Halberstädter nicht.

Merkwürdig ist bei dem ganzen Verlaufe der Schicht die Haltung des Bischofs, der schon vor dem Beginne des Aufstandes die Stadt verlassen und sich nach Groningen begeben hatte. Er mag wohl gewusst haben, was da kam, und hielt es für nötig, bei Zeiten das Feld zu räumen. Von ferne erliess er einen vergeblichen Protest gegen die Hinrichtung der Ratsherren. Vielleicht war er im Grunde mit den Ereignissen nicht so unzufrieden, denn, richtig benutzt, boten sie ihm die Möglichkeit, mit Reformen der Stadtverwaltung vor- zugehen, zu welchen die Bürger in ruhigen Zeiten sich selbst niemals entschlossen hätten. Vor allem galt es natürlich die Stadt wieder zu erobern und die revo- lutionäre Regierung zu beseitigen. Diese hatte auch, als eine am 16. Mai 1425 ausgestellte königliche Verfügung sie mit Konfiskation ihrer Einkünfte bedrohte, sich nach kurzem Schwanken entschlossen, bei ihrem Widerstände zu beharren. Darauf kam es zu gewaltsamem Einschreiten gegen die Stadt. Noch am 18. Juli versuchte Braunschweig vergebens sie zu warnen. Das energische Auftreten des Exekutivheeres, welches aus Truppen des Bischofs, Braunschweigs, Aschers- lebens und Quedlinburgs, sowie der Hansa zusammengesetzt war und am 20. Juli 1425 vor der Stadt erschien, beendete dann rasch allen Widerstand. Der lange Matz nebst seinem Sohne, welche verkleidet entflohen waren, aber bei Derenburg erkannt und festgehalten wurden, ferner sein Bruder und Werner Winneken, die von den Bürgern freiwillig ausgeliefert wurden, erhielten am 23. Juli ihre Strafe durch Enthauptung. Damit war der Widerstand gebrochen und der Bischof Herr der Situation. Er nutzte sie nicht so aus, wie er gekonnt hätte, ob aus Energielosigkeit oder aus verständiger Rücksichtnahme auf die vorgeschrittene Entwicklung der Stadtverfassung, dürfte kaum zu entscheiden sein, wiewohl die Wahrscheinlichkeit mehr für das letztere ist. Es wäre ein Leichtes gewesen, die weltliche Gerichtsbarkeit und die Vogtei wieder an sich zu nehmen, und wahr- scheinlich hätte sich sogar die Rückgabe der Pfandsummen dabei vermeiden lassen. Erst die Folgezeit verstand es, diese Konsequenzen aus den Ereignissen von 1423 zu ziehen.

Am 19. August 1425 kam zu Helmstedt durch Vermittlung von Magde-

Halberstadt (Geschichte: die Folgen der Schicht 1423) 197

bürg, Quedlinburg und Aschersleben, des Bischofs und des Domkapitels die Einigung über folgende Punkte zu stände:

1. Erhebung der Leichen der Hingerichteten und ihre Bestattung in der Stadtkirche St. Martini unter den für Satsmitglieder üblichen Ehren am Sonntage nach Maria Geburt. Der ganze Rat muss sich dabei beteiligen, und jeder opfert ein Wachsliöht für den Hochaltar. Über dem Grabe wird ein Altar errichtet, der am 23. November den hh. Clemens und Erasmus zu weihen ist, und dessen indirektes Patronat die ' Nachkommen der Hingerichteten haben. Ausserdem zahlt die Stadt alljährlich am 23. November eine Geldspende an verschiedene Klöster in der Stadt

2. Wiedereinsetzung der geschädigten Bürger, insbesondere des Hermann Quenstedt und der abgesetzten Innungsmeister, und völlige Yersöhnung mit d^m Rate, die bei Strafe nicht gebrochen werden darf.

3. Geldentschädigung für alle bei der Schicht zu Schaden gekommenen. Die Vertriebenen erhalten 700 Gulden schon Weihnachten 1425, damit sie ihre Schulden auswärts - bezahlen können, das übrige zu Michaelis oder spätesten Weihnachten 1426; die übrigen Geschädigten bekommen ihre Abfindung Weih- nachten 1427.

4. Die Anstifter der Schicht sollen Strafsummen zahlen oder vertrieben werden. Bei wem aus der Plünderung herrührende Güter gefunden werden, wird als Dieb behandelt. Den nach ausserhalb entflohenen Rädelsführern wird an ihren Aufenthaltsorten der Prozess gemacht.

5. Der im Laufe der Zeit bis auf sechsundvierzig Personen angewachsene Rat wird entlassen. Fortan sind immer nur zwölf Mann zu wählen ; Verstärkungen dieser Zahl sind nur mit Erlaubnis des Bischofs möglich. Die Wahl geschieht all- jährUch am Tage St. Hilarii (13. Jan.) aus der Bürgerschaft des Weichbildes in der Weise, dass zunächst vom Rate des ablaufenden Jahres die sechs Bauer- meistert und Innungsmeister gewählt werden. Diese wählen dann ihrerseits den Bat des kommenden Jahres. Denn nach Ablauf jedes Jahres scheiden aus dem alten Rate zehn Mitglieder aus, deren Wiederwahl erst nach zwei Jahren wieder erfolgen kann. Bauer- und Innungsmeister wählen auch den Bürgermeister aus der Mitte des Rates. Ebendaher werden die zwei Zinsmeister gewählt. Zur Wahl ist Stimmenmehrheit erforderlich, in Fällen des Zweifels entscheidet das Los.

6. Schutz der geistlichen Privilegien.

7. Marktfreiheit für den Burgbezirk.

8. Die freie Eomausfuhr darf nur mit bischöflicher Erlaubnis gehindert werden.

9. Keine Erhöhung des Jahrmarktstandgeldes.

10. Der städtische Holzeinfuhrplatz im Westendorfe gehört der Dompropstei.

11. Freiheit des Handels auf dem Rathause und darunter.

12. Nur die bäuerlichen und bürgerlichen Bewohner der Kirchenfreiheiten sind schoss- und wächtpflichtig.

^ I >ie Vogtei erhielt also auch jetzt keine, jedeniaUs weil der Bischof ihre Unterordnung unter die städtische Verfassung nicht dulden wollte, vielmehr sie nach wie vor als kirchliches Eigentum ansah.

198 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte: Beform des Eates 1425)

13. In der Nähe der Kirchenfreiheiten dürfen nur kleinere Häuser, und auch diese nur in gewisser Entfernung erbaut werden.

14. Freiheit des Verkehrs auf dem Wege am Landgraben bei Ströbeck.

15. Der Turm zu Dingstorp (s. Wüstungen) soll nur mit bischöflicher Ge- nehmigung verstärkt oder neu gebaut werden.

16. Ausserdem erhält der Bischof eine Entschädigung von 3000 rh. Gulden. Man sieht, dass es sich, abgesehen von den Sühne Vorschriften, ganz

besonders um zwei Dinge handelte:

1. Die Aufrechterhaltung der kirchlichen Marktfreiheit, jenes alten Zank- gegenstandes; zum Entgelte wurde dem Rate die Freiheit seines Börsenverkehrs gewährleistet die demnach früher dem Klerus ebenfalls als begehrenswert, jeden- falls aber als hinderlich erschienen sein muss. Infolgedessen kann der Rat sich 1433 einen neuen Roland aufstellen.

2. Die Reform des Rates, der einerseits offenbar in mehr demokratischem Sinne als früher zusammengesetzt, andererseits der Beeinflussung durch den Bischof wieder zugänglicher wurde. Das wichtigste war, dass den Konsuln nicht mehr die eigene Kooptation überlassen, das Weitervererben der Ratsstellen in bestimmten Familien sehr erschwert war, und der Zutritt zu ihnen dafür der Tüchtigkeit eines grösseren Kreises offen stand. Freilich kam es in der Praxis doch allmählich wieder zu einseitiger Bevorzugung der Reichen.

Der neue Rat, welcher zu Michaelis 1425 gewählt wurde, bestand aus dem Bürgermeister, zwei Ratsherren (rydehem), dem Grosskämmerer, zwei Münzmeistern, dem Kleinkämmerer, dem Zinsherrn, ^ dem Weinherm, noch einem Mitgliede und zwei Bauermeistem. Was diese letzteren betrifft, so wird unter den Nachbarschaften eine gewisse Reihenfolge bestanden haben, und die Sache so eingerichtet gewesen sein, dass sie alle nach und nach an die Reihe kamen.

Die Sühjievorschriften jenes Vertrages waren energisch, aber selbstverständ- lich für die billig Denkenden. Dass zu diesen aber die Stadtverwaltung von Halberstadt auch nach ihrer Reform nicht gehörte, zeigt ihr ferneres Verhalten in dem Prozesse, durch welchen zwei der vertriebenen Parteien, die Familien Ammendorf und Tangen, jahrelang vergeblich ihr Recht gegen die Stadt zu erstreiten suchten. Von ihrem Zufluchtsorte Erfurt erhoben die Ammendorfs (von den Tangen hört man wenig) zahlenmässig aufgerechnete Ansprüche, die aber jedenfalls übertrieben waren. Thatsache ist freilich, dass sie das meiste verloren hatten. In ihrer Not wandten sie sich an das Gericht des Königs Sigis- mund, der ihre Wiederaufnahme und Entschädigung verordnete, ausserdem die Gelegenheit benutzte, der Stadt noch eine Busse von 2000 Goldgutden aufzulegen. Darauf wurde den Ammendorfs aber nur erlaubt, ein halbes oder ein ganzes Vierteljahr in die Stadt zu kommen, dort ihre Habe zu veräussem und dann wieder für immer die Stadt zu meiden. Der Zweck der allzu kurzen Verkaufs- frist war durchsichtig genug, man wollte die Verlegenheit der Familien benutzen, um ihre Güter für ein Spottgeld zu erwerben. Natürlich gaben sie sich damit nicht zufrieden. Die Sache ging wieder an den König, dem sie die längsten

* Ihm oblag unter anderen die Wege- und Ötrassenpolizei.

Halberstadt (Geschichte: der Ammendorfsche Prozess) 199

Klageschriften überreichten , welche er wieder zu weiterer Veranlassung an den Rat zu Erfurt gab. Da auf die Art nichts Wirksames zu stände kam, so be- stürmten die Ammendorfs und Tangen alle möglichen Stadtverwaltungen und Kapitel um ihre Verwendung. Der Erfurter Rat wurde der Sache zuletzt über- drüssig und zog sich ganz davon zurück , nachdem er am 3. Oktober 1428 die Exekution gegen Halberstadt beschlossen hatte.

Inzwischen entschloss sich der Rat von Halberstadt, um wenigstens zum Schein etwas zu thun, eine Summe von 1117 rh. Oulden zu zahlen, aber als Tilgung Ammendorfscher Schulden an verschiedene Braunschweiger Bürger, nicht an die Geschädigten selbst, die daher von dieser Zahlung nichts hatten. So ging der Prozess weiter. Auf den 6. Mai 1429 wurden beide Parteien vor den König nach Pressburg befohlen. Dort wurde die Sache an den Rat von Leipzig verwiesen. Darauf neue Zeugen verhöre; wieder wurde die Sache nach Pressburg geschleppt, während die Ammendorfs endlose Klagen über die ihnen ungünstig gesonnenen Städte erhoben. Am 10. Juli 1431 erfolgte endlich zu Nürnberg das Königliche Urteil, welches die über Halberstadt bereits verhängte Acht, aber noch nicht die Zahlung der Strafsumme aufhob. In späteren Erlassen gab der König den Ammendorfs beliebig viel Zeit, ihre Güter ohne Schaden zu verkaufen, Hess aber gleichzeitig andeuten, dass er es müde sei, sich mit dieser endlosen Geschichte weiter zu befassen. Die Geldstrafe zu zahlen weigerte sich aber Halberstadt, worauf den übrigen Städten jeder weitere Verkehr mit der widerspenstigen Stadt verboten wurde. Dann wieder Verhandlungen auf Ver- handlungen, viel zu lang, als dass hier darauf eingegangen werden könnte. Halberstadt kam wieder in die Acht, welche der Erbkäramerer des Reiches, Konrad von Weinsberg, vollstrecken sollte (143ö). Er liess auch nicht nach, die Stadt weiter um Bezahlung der Strafsumme zu drängen, obgleich Acht und Zahlungsbefehl bald aufgehoben würden, und noch am 1. August 1437 musste sich der Erzbischof Günther von Magdeburg deshalb beim Kaiser ins Mittel legen. Die Sache verlief sich zuletzt im Sande. Die Ammendorfsche Sache war aber inzwischen noch lange nicht aus. Nachdem sie wieder das königliche Hofgericht, das Konzil von Konstanz und die westfälische Vehme beschäftigt hatte, erhob sie sich von neuem im August 1442 in Halberstadt selbst, als Heinrich Ammendorf dort Beschimpfungen erlitten hatte. Die Ammendoris und Tangens verbrauchten ihre Kräfte in fortwährendem Querulieren, welches zuletzt ihr alleiniger Lebenszweck gewesen zu sein scheint, verdarben so ihre Sache und raubten sich die Sympathien, die sie anfangs gehabt hatten. Was weiter aus ihnen geworden, ist nicht bekannt; 1486 tritt in Magdeburg ein Vasall Heinrich Ammendorf auf. Ihr ehemaliger Wohlstand dürfte durch die Beschädigungen, die sie in der Stadt wiederholt erlitten hatten, und durch den endlosen Prozess stark geschmälert worden sein. Dass sie ihr Schicksal verdient hatten, möchte man vielleicht daraus schliessen, dass der Hass gegen alle Vertriebenen sich legte, gegen ihre Familie aber noch neunzehn Jahre nach der Schicht nicht zur Ruhe gekommen war.'

Auch sonst stand es mit dem Frieden nach innen und aussen andauernd schlecht. Die Aufregung von 1423 wirkte noch lange nach; auffallend gross ist die Zahl derer, welche nach dieser Zeit, besonders unter der Regierung des

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200 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1437^1458)

folgenden Bischofs Burchard von Warberg (1437—58) dem Rate Urfehde schwören mussten.

Die Briefe des Erzbischofs Dietrich von Mainz, welche die Wahl Burchards betreffen, befinden sich im königlichen Staatsarchiv zu Magdeburg, des- gleichen seine Wahlkapitulation, die er im Dome zu Halberstadt beschwor, als er nach seiner unter Schwierigkeiten erlangten Bestätigung in die Stelle seines am 11. April 1437 verstorbenen Vorgängers eintrat. Die Eegierung Burchards war für Halberstadt keine gedeihliche; fortwährende Fehden und andere kostspielige Unternehmungen, darunter besonders die ausgedehnte Bauthätigkeit am Halberstädter Dome, nahm die Steuerkraft aufs schwerste in Anspruch. Yon den Fehden des Bischofs ist vor allem bedeutend jene, die im Januar 1438 ausbrach. Sie erhob sich z. T. um die geistliche Gerichtsbarkeit, welche damals neu normiert, nach verschiedenen Richtungen eingeschränkt und von gröblichen Missbräuchen gesäubert wurde. In dieser Fehde stand der Bischof im Bunde mit den Städten Quedlinburg, Halberstadt und Aschei*sleben gegen die vereinigte Macht derer von Stolberg, Schwarzburg, Hohnstein, Mansfeld, Querfurt, der Herzöge von Sachsen und der Landgrafen von Thüringen und Hessen im Felde. Der Streit endete zuletzt durch Schieds- spruch des Erzbischofs von Magdeburg und des Herzogs Friedrich von Sachsen durch einen vorläufigen Friedensvertrag am 25. Juli 1439, wobei Halberstadt zur Zahlung von 29000 rh. Gulden verurteilt wurde, einer Summe, die nur mit grossen Schwierigkeiten aufzubringen war, und zur Ansammlung bedeutender Schulden führt. Trotzdem ruhten die Fehden nicht. Ende 1440 schloss sich Halberstadt einem vom Markgrafen von Brandenburg ins Leben gerufenen Bunde gegen die sächsischen Herzöge an; 1441 verursachte eine Fehde gegen die Veit- heims grössere Kosten; im Februar desselben Jahres finden wir Halberstadt mit seinem Bischof und Domkapitel an einem grösseren Bunde gegen die Markgrafen von Meissen beteiligt; im Juni 1443 an einem solchen gegen die Grafen von Regenstein. Noch mehrfach war Halberstadt in der Zeit Burchards in dergleichen Unternehmungen verwickelt, am berech tigsten , als im Sommer 1447 Herzog Wilhelm von Sachsen von Soest zurückkam, dabei die von ihm durchzogenen Landschaften mit Raub und Verwüstung heimsuchte, und sich viele Städte und Fürsten gegen dieses Unwesen erhoben. Wie sehr der Wohlstand Halberstadts unter diesen Unruhen gelitten, lässt sich leicht denken; auch des Bischofs Geld- verlegenheit steigerte sich beständig, hatte aber das Gute, dass er dadurch ge- zwungen war, den Judenschutz und die bereits wieder eingelöste weltliche Gerichtsbarkeit 1456 bezw. 1457 an den Rat zu verpfänden. Seine letzte Urkunde stellte er am 20. Febr. 1458 aus.

Im Laufe des März erwählte man als seinen Nachfolger Gebhard von Hoym, der sein Amt mit der üblichen Privilegienbestätigung antrat. Von Leistungen zu Gunsten der Stadt ist bei ihm keine Rede. Ende der sechziger Jahre entstand ein grosser Zwist der Stadt mit der Geistlichkeit, wie von seiten ersterer behauptet wurde, um die Frage der Erhaltung und Ergänzung der Stadtbefestigungen, über welche der Rat andauernd die Aufsicht führte, in Wirklichkeit, weil der Rat Anstalten machte, die Bestimmungen von 1425 zu beseitigen. Er richtete seine Angriffe gegen den freien Handel auf der Burg,

HalberBtadt (Geschichte 1469--1484) 201

gegen die Freiheit der Eirchenbezirke und gegen die baupolizeilichen Ein- schränkungen. Es kam zu grossem Tumulte, geistliches Eigentum wurde zerstört^ und nachdem ein Geistlicher gar in der-Holtemme ertränkt worden war, verliess der Klerus die Stadt und kehrte erst wieder, nachdem im Juli 1469 der Streit durch Vermittlung des Hildesheimer Dompropstes Eckhardt von Wenden und des Kates von Braunschweig beendet worden war.

In jener Zeit muss Halberstadt stark durch Feuer gelitten hüben. Oft ist von Brandstellen die Rede , die sich in der Vogtei , im Westendorfe, der Mittel- Paulstrasse u. s.w. befanden. Noch jetzt ist der grosse Mangel an Häusern in Halberstadt bemerkenswert, deren ersichtliches Alter über etwa 1460 zurückreicht Das älteste datierte Privathaus, der Ratskeller, ist von 1461. Wenn auch weniger als die Regierung Burchards, so war doch auch die Oebhards an Fehden reich. So richtete sich anfangs der sechziger Jahre ein grosser 'Bund gegen Herzog Friedrich den Jüngeren von Braunschweig. Die Versöhnung kam erst im Mai 1467 zu stände. Auch dem grossen 1471 geschlossenen, 1476 erneuerten Städtebunde gehörte Halberstadt an. Auf die übrigen Unternehmungen der äusseren Politik des Bischofs einzugehen würde hier zu weit führen. Die Re- gierung Oebhards, welcher in Halberstadt wenig und zumeist in Oröningen gewohnt hatte, endete 1479 mit seinem freiwilligen Rücktritte. Das Kapitel gewährte ihm eine Pension und trat ihm das Schloss Wegeleben ab. Er starb am 17. Dezember 1484 und wurde auf der Huysburg begraben, wo seine Ruhe- stätte 1525 von den Bauern vernichtet wurde.

Am 22. März 1479 bestätigte Papst Sixtus IV. die Wahl des Nachfolgers Gebhards, am 19. Juli fand dessen Einführung statt. Es war Ernst, Erzbischof von Magdeburg, der das Hochstift als Administrator verwaltete. Schon 14Tage vor seinem Eintritte hatte er die Privilegien der Stadt bestätigt. Wollte man ihn seinem späteren Benehmen nach als deren Feind betrachten, so thäte man ihm unrecht; Ernst ist ein energischer Territorialherr gewesen, dessen scharfes Vorgehen durch das Verhalten und den allgemeinen Zustand der Halberstädter Stadtverwaltung erklärt wird, ausserdem allerdings ein Kirchenfürst, der alles daran setzte, die erschütterte Stellung der geistlichen Macht wieder zu befestigen. So wandte er sich vor allem der Aufgabe zu, die Einbusse wieder gut zu machen, welche durch Verpfändung der weltiichen Gerichtsbarkeit, der Vogtei und des Judenschutzes ^ entstanden war. Dem letzten dieser drei Punkte gab er eine einfache Erledigung dadurch, dass er die Juden aus seinem Machtbereiche aus- wies; materiellem Schaden beugte er vor durch Konfiscierung desjenigen Teiles ihres Vermögens, der zur Befriedigung ihrer wirklichen oder vorgeblichen Gläubiger

^ Juden gab es in Halberstadt nachweislich seit dem 13. Jahrhimdert. Ihr Viertel ist noch jetzt an dem Namen der Göddenstrasse erkennbar. Ihr Zins betrug im H.Jahrhundert 12 Schillinge. Als sie dem Rate 1456 auf 3 Jahre für 200 Mark verpfändet wurden, wurde ausdräcklich bestimmt, dass sie ordentliches Gericht haben sollten und ihnen keine besondere Steuer von Stadt w^en auferlegt würde. Gesellschaftlich wurden sie mit den gleich- falls unter stadtischem Schutze stehenden vrowen up dem Pole (den öffentlichen Dirnen) von der öffentlichen Meinung auf eine Stufe gestellt. Über den von ihnen getriebenen Wucher wird oft geklagt und dieser zum Vorwande für Austreibungen und Guter -Konfiskationen benutzt.

202 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte: der Administrator Ernst)

diente. Demnächst schritt er zur Einlösung des von Burchard III. ver- pfändeten weltlichen Gerichtes. Die Stadt setzte dieser Zumutung den heftigsten Widerstand entgegen, weil von dem Besitze dieses Privilegs ihre Unab- hängigkeit gegenüber dem klerikalen Begimente zum grossen Teile abhing, und weil sie auf nichts so sehr bedacht war, als auf die Sicherung der vorteilhaften alten egoistischen Selbstverwaltung und des Schlendrians, welcher schon bald nach der Reform ton 1425 trotz äusserlich veränderter Formen sich wieder zu melden begann. In der Gerichtsverwaltung trat er besondei*s hervor, und es war zum Schaden nur für ihre Inhaber, für die Allgemeinheit aber zum Nutzen, dass der Administrator hier Wandel zu schaffen begehrte. Bei den Verhandlungen mit ihm machte der Halberstädter Rat vermutlich unter Einschüchterung von vorn- herein den Fehler, dass er sich am 12. April 1485 von Ernst die Pfandsumme samt den Zinsen auszahlen liess. Kaum war dies geschehen, als es dem Rate leid wurde, und er alles widerrief; nur das Geld behielt er. Dies seltsame Verfahren fand natürlich auch dadurch keine Rechtfertigung, dass sich der Stadtverwaltung wirklicher Grund zur Beschwerde bot. Denn Ernst zog nicht nur die Rechte wieder an sich, die Burchard besessen, sondern auch die er nicht besessen, und von denen er ausdrücklich zugestanden hatte, dass sie dem Rate gehörten: Hergewet, Erbschaftssteuer, Haus- und Strassenfrieden, Marktstandgeld u. s. w. Die dem Administrator vom Rate präsentierten Richter nahm er nicht an, sondern erklärte, er wolle selbständig ein weltliches Gericht einsetzen; über den dabei zu beobachtenden Modus schwieg er vorläufig. Als alle Beschwerden wirkungslos blieben, ging die Bürgerschaft bis an den Papst, ohne etwas zu erreichen. Der Administrator bewahrte Vorläufig Zurückhaltung und dabei eine Ehrlich- keit, die sich von dem Verhalten der Halberstädter wesentlich unterschied. Zunächst hatte er nach Einlösung des Gerichtes dieses nach seinem Gutdünken eingerichtet; die Stimmung in Halberstadt war aber gegen die Richter des Bischofs derart, dass diese ihr Amt nicht anzutreten wagten. Statt nun zur Gewalt zu greifen, bot Ernst der Stadt an, dass der obwaltende Streit von jeder Partei je einem Schiedsrichter übertragen werden sollte. Beide Teile sollten Denkschriften ausarbeiten, die dann unter Vorlegung des urkundlichen Materiales beiderseits ausgetauscht werden mussten. Endlich sollten die Schieds- richter ein nicht zu widerrufendes Urteil von einer unparteiischen Universität einholen. Die gleichzeitig zwischen der Stadt und dem Bischöfe streitigen Ein- künfte sollten, so lange der Handel schwebte, sicher gestellt und später der obsiegenden Partei zuerteilt werden. Diesen durchaus billigen Vermittlungs- vorschlag nahmen die Halberstädter nicht an, folgten auch nicht der Ladung zu zwei Tagen zu Groningen und Giebichenstein. Als des Bischofs Boten nach Halberstadt kamen, um zu verhandeln, Hessen sich die Bürger auf nichts ein^ verspotteten jene und schössen hinter ihnen drein, als sie fortritten. Alle diese Vorfälle, zu denen noch die Verweigerung der Heeresfolge und das Abspenstig- machen von bischöflichen Truppen kam, als es galt, dem Hildesheimer Bischöfe Hilfe zu leisten alles das brachte den Administrator erklärlicherweise in immer üblere Stimmung. Vergeblich bemühte sich der bischöfüche Hofmeister Georg Schenk von Tautenberg, der nach dem Tone seiner Schriftstücke zu urteilen, ein gutherziger Mann gewesen sein muss, darum, die Stadt zur Nach-

Halberstadt (Geschichte : Einlösung und Refonn der weltlichen Gerichtsbarkeit 1486) 203

giebigkeit zu bringen; aber gegenüber ihrem Starrsinn verliess zuletzt auch ihn der Oleichmut. Als alles erfolglos blieb, ging der Administrator im Sommer 1486 mit grösster Energie vor. Mit einem z. T. von seinen sächsischen Ver- wandten geführten Heere erschien er vor Halberstadt und eröffnete dort die letzten Verhandlungen. Der Rat der Stadt, welchem er freies Geleit zugesichert hatte, erschien am 4. August vor dem Thore, und unter der Linde vor dem Siechenhofe wurde hin und her gesprochen, aber eine Einigung wurde auch hier nicht erzielt Am nächsten Tage übersandte Ernst der Stadt den Fehdebrief . Dieser wurde zurückgewiesen, der Bote angegriffen und seines Bosses beraubt. Trotzdem gab es immer noch vornehme Persönhchkeiten , welche Vermittlungs- versuche machten. Das zog sich erfolglos bis zum 17. August hin, während welcher Zeit die Gegend um Halberstadt durch Plünderung und Brand verheert wurde. Endlich eröffnete Ernst die Beschiessung der Stadt und zwar von der Südseite her, beim Kloster St. Johannis und dem Wardeho, zwischen dem Hars- leber- und Kühlingerthore. Wenn dabei auch kein grosser Schaden angerichtet wurde, so wurde doch der gewünschte Erfolg endlich erzielt. Die am 22. August begonnenen Friedensverhandlungen führten am 25. durch die Unterwerfung Ualberstadts zur Beilegung des Streites. Der Administrator wurde auf das Kat- haus geführt und gab, nachdem er die Huldigung als Landesherr empfangen hatte, dem Rate die Schlüssel der Stadt zurück. Die Friedensbedingungen waren folgende: die Neuordnung des dem Bischof gehörenden weltlichen Gerichtswesens; das Becht der bischöflichen Bestätigung für den alljährlich zu wählenden Bürger- meister und die anderen Ratsmitglieder ; eine Kriegs- und Einkünfteentschädigung von 10000 rh. Gulden, zahlbar von Michaelis 1486 an in 2 Jahren. Nachdem die Stadt erst noch in einem langen Schriftstücke hiergegen vergeblich protestiert hatte, kam am 26. August die Einigung zu stände, und schon zwei Tage nachher veröffentlichte Ernst die neue, offenbar schon ausgearbeitet fertiggehaltene Gerichts- ordnung, welche folgende siebzehn Funkte enthielt:

1. Warnung vor Bestechlichkeit;

2. eingesetzt werden ein Richter und sechs Schöffen, die dem Bischöfe ver- eidigt sind und mindestens alle vierzehn Tage an gewohnter Stätte Gericht zu halten haben: zu ihrem Dienste haben sie einen Gerichtsschreiber und zwei Gerichtsdiener ;

3. jede Partei hat für ihre Sache selbst zu sorgen, entweder mündlich persönlich, bezw. durch einen Vertreter oder nach besonderer gerichtlicher Er- laubnis auch schriftlich;

4. der Richter hat das Urteil nur von den Schöffen, nicht von anderen zufällig Anwesenden zu erfragen; die Stimmenmehrheit entscheidet; in Zweifel- fällen ist das Gutachten von Rechtsgelehrten oder Universitäten einzuholen;

5. die Appellation geschieht an den Bischof;

6. gegen Widersetzliche hat der Richter durch seine Gerichtsdiener, wenn nötig durch den bischöflichen Vogt die Disciplinargewalt;

7. Appellationen, die nicht durch thatkräftiges Vorgehen der Parteien unter- stützt werden, gelten als Verschleppung und verlieren nach acht Wochen ihre Kraft;

8. Uberteurung der Parteien ist verboten;

204 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Geschichte : Reform der welü. Gerichtsbarkeit 1486)

9. der Richter hat darüber zu wachen, dass auch die Unterbeamten die gerichtlichen Gebühren nur in vorschriftsmässiger Höhe erheben; Übertretungen werden mit besonderen Strafen bedroht;

10. strenge Gewissenhaftigkeit in der Amtsführung wird von Bichtern und Schöffen verlangt;

11. zu Gunsten ihrer völligen Unparteilichkeit stehen sie unter ganz beson- derem Schutze des Bischofs; Klagen gegen sie sind bei ihm anzubringen; im Range stehen sie dem bischöflichen Yogte, dem regierenden Bürgermeister und den Ratmannen gleich;

12. im Falle der Not haben Rat und Bürgerschaft die Exekution des Gerichts zu unterstützen;

13. stirbt ein Richter oder Schöffe, so geschieht die Neuwahl durch den Bischof ;

14. ftuch die Schöffen sind auf Unparteilichkeit zu vereidigen;

15. desgleichen haben die Gerichtsdiener Wahrhaftigkeit und ordentliche Amtsführung eidlich zu geloben;

16. an vorstehenden Massregeln kann der Bischof nach eintretender Not- wendigkeit Änderungen vornehmen;

17. das Gericht bekommt eine Abschrift dieses Gesetzes, um sie Wissbegie- rigen und Zweifelhaften auf Verlangen vorzulegen.

Die Bestimmungen der Emstschen Gerichtsreform bedürfen keiner Erläute- rung, sie erklären sich in ihrer Schlichtheit von selbst. Das Bestreben geht durchweg auf Herstellung eines einfachen, raschen und redlichen Gerichts- verfahrens. Es entspricht dies ganz dem Wesen des Administrators. Wiederholt beklagt er sich in seinen Erlassen über die Länge und Verworrenheit der gerichtlichen Schriftstücke alten Stiles; seine eigenen Entscheidungen und Äusse- rungen sind überall ohne Umschweife, von vorbildlicher Klarheit und Verständ- lichkeit, allerdings in einem durch die Verhältnisse erheischten herrischen Tone gehalten. Wenn man das Unwesen früherer Prozesse (Ammendorf!) ansieht so erscheint diese Gerichtsreform als nötige und nützliche Massregel; ihre Paragraphen bedeuten die Abschaffung von eben so vielen oder noch vielmehr groben Missbräuchen, zum Verdrusse derer, die damit unlauteren Erwerb gehabt hatten, für jeden, der sein Recht suchte, zur Wohlthat. Die weltliche Gerichts- barkeit blieb von da an in den Händen der Bischöfe.*

' Das wichtigste Recht, welches der Stadt bis auf weiteres verblieb, war das der selb- ständigen Münze. Sie besass es schon seit der Zeit, wo sie anfing selbständig zu werden (die moneta nostre civitatis wird am 3. Febr. 1285 genannt) ; sie erwarb auch das bischöfliche Münzregal seit dem 23. Aug. 1863, wo es vom Bischof X^udwig in Anerkennung der zunehmenden Münzverschlechtening, welche alle Handelsgeschäfte stark schädigte, an die Stadt und das Dom- kapitel überlassen wurde. Bis dahin war es ausschliesslich bischöflich, ein Teil jener Privi- legien der Ottonenzeit, verbürgt seit 989, bestätigt von Friedrich I. zwischen 1160 und 77. Die Münzprägung wird zunächst von Stadt und Domkapitel gesondert betrieben worden aem, getrennt war beides sicher von 1622 an, was denn fürs erste allerlei Falschmünzerei und daraus entstehende Tumulte zur Folge hatte. Eigentliche Münzen der Stadt giebt es nur von 1622 34, sowie 1663. Die Münzen zeigen in geringwertiger Prägung auf dem Avers das Stadtwappen, auf dem Revers den Reichsapfel mit der Wertangabe. Die mit dem Dom- kapitel gemeinschaftlich ausgegebenen Münzen haben auf dem Avers den h. Stephanus oder

Halberstadt (Geschichte 1486—1513; Münzrecht; Untergang der st&dt. Freiheit) 205

Nachdem der Administrator in dieser Sache seine ganze Energie gezeigt hatte, ging er alsbald (21. Dezember 1486) auch an die Einlösung der Vogtei. Er beachtete dabei nicht, dass das Pfand längst verfallen und durch Gewohnheits- recht unzweifelhaftes Eigentum der Stadt war, gewährte auch keinerlei Ent- schädigung für die Unkosten, welche die Stadt in der langen Zeit an die Vogtei gewendet hatte. Aber niemand wagte mehr zu widersprechen.

So ging Halberstadts Freiheit an die Bischöfe verloren. Fortan war der Rat ganz in deren Gewalt; seine Mitglieder konnten ihr Amt nicht antreten, ehe es nicht der Bischof „gnediglich bewilliget, bestetiget, vergunnet und zu- gelassen'* hatte. Die Domweihe am 28. August 1491 war das Siegesfest der wiederhergestellten bischöflichen Macht! Drei Jahre später erliess Kaiser Maxi- milian eine Bestätigung der Privilegien des Bistums und der Königlichen Lehen des Bischofs.

In kriegerische Unternehmungen war Bischof Ernst wiederholt verwickelt: 1487 bei der Belagerung des Schlosses Weferlingen, 1493 mit' dem Herzog Georg von Sachsen wegen der regensteiner Lehen. Da Halberstadt und sein Gebiet dabei kaum oder gar nicht in Betracht kam, so liegt hier keine Veranlassung vor näher auf diese Dinge einzugehen. Die Stadt selbst finden wir unter Emsts Regierung nur einmal 1482, also vor ihrer Unterwerfung bei einem Städtebunde beteiligt Der Administrator kam selten nach Halberstadt, auf dem Petershofe walteten seine Beamten. Trotzdem hat er für die Stadt in mancherlei Weise gesorgt, auf Hebung der öffentlichen Sittlichkeit, auf Erleichterung des Loses der niederen Klassen hingewirkt und dergl. Auch auf Verbesserung der Klöster war er bedacht

Gegen Ende seines Lebens scheint er weniger streng regiert zu haben. Auch an ihn trat wohl nicht selten Geldverlegenheit heran, die seine Energie wankend machte. Das Kapitel hielt ihn aber. 1505 liess es sich die schon ehemals in der Wahlkapitulation gegebene, seitdem wahrscheinlich oft übertretene Versicherung von neuem bestätigen, dass der Bischof bei Vergebung erledigter kirchlicher Lehen stets die Zustimmung des Kapitels einholen wolle; und charakteristisch für seine abnehmende Festigkeit ist es, dass er dem Kapitel das Versprechen geben musste, die weltliche Gerichtsbarkeit nicht etwa wieder verpfänden zu wollen. Ernst starb am 3. August 1513 auf der Moritzburg zu Halle.

Sein Nachfolger wurde nach anfänglich zwiespältiger Wahl Kardinal Albrecht von Brandenburg, Erzbischof von Magdeburg und Mainz. Er verweilte in

dA8 Wappen des Stiftes, auf dem Revers das Stadtwappen. Das Städtische Münzgebäude lag dem Kathause schräg gegenüber. Im 17. Jahrhundert nahm das 8tädti$:che Münzrecht zu Halberstadt, vielleicht durch den Kurfürsten Friedrich III. ein Ende. Die letzte Münze, mit dem Domkapitel gemeinschaftlich herausgegeben, stammt von 1691. Ein Versuch zur Wieder- herstellung dieses selbständigen Rechtes, der 1721 unternommen wurde, blieb ohne Folgen. Von weiterem Eingehen auf diesen Gegenstand kann hier abgesehen werden. Man vergleiche V. Mfiiverstedt, die Münzen der Stadt Halberstadt, Harz-Zeitschr. 1869, I, 100-119. Zeper- nick, die Kapitels- und Sedisvakanzmünzen , Halle 1822; Leitzmann, Numismatische Zei- tung 1889, 108, 114, 121; 1858, 137, 190-191; Grote, Blätter für Münzkunde III, 61 f. Auch Harz/eitschr. XV, 358 f.; XVII, 257 f.; XVIII, 325.

i06 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Gescbichte 1521—1530)

den sächsischen Gegenden bis 1541, worauf er nach Mainz zog, und dort am 24. September 1545 starb. So wenig bedeutend seine Regierung an sich für das Halberstädter Gebiet blieb, so wichtig ist doch deren Zeit dadurch, dass innerhalb ihrer die Einführung der Reformation geschah. Sie nahm ihren Ausgang von dem Johanniskloster, aus welchem zwei Mönche des Augustinerordens, Johannes Wissel aus Braunschweig und Heinrich Gefferdes aus Helmstedt, als erste Ver- kündiger der evangelischen Lehre von 1521—23 in der Martinikirche wirksam waren; dann wurden sie aus der Stadt verwiesen. Auch die beiden Männer, welchen sie und die evangelische Sache besondere Förderung verdankt hatten, der Propst von St. Johannis, Dr. Eberhard Weidensee und der Bürgermeister Heinrich Schreiber, gerieten in grosse Gefahr. Letzterer wurde vom Bischöfe zum Tode verurteilt, nach Erlegung einer grossen Summe aber begnadigt nnd des Landes verwiesen; ersterer eniging seiner Gefangennehmung, nachdem er als Probst und Archidiakon abgesetzt worden war, durch die Flucht nach Magde- burg. Er ist 1547 als Superintendent in Goslar gestorben. Ähnlich erging es den anderen Verfechtern der evangelischen Sache. Der Mönch Valentin Mustäus, welcher im Kloster der Marienknechte evangelisch gepredigt hatte, entrann nach schwerer Misshandlung nach Wittenberg; er wurde 1524 in Sachsen angestellt. Der Domprediger Bartholomäus Hammenstedt entzog sich seiner Gefangennahme, indem er gleich Weidensee nach Magdeburg entfloh. Das Hereinbrechen des Bauernkrieges gab diesen Dingen eine vorübergehende Wendung zu Gunsten der Evangelischen. Ein Teil der katholischen Geistlichkeit entrann aus der Stadt andere wurden Halberstädter Bürger, darunter der Weihbischof Heinrich und der bischöfliche Official Heinrich Hom.^ Nach dem Bauernkriege wurde in der Martinikirche wieder evangelisch gepredigt durch Heinrich Wincke^l aus Wernige- rode (geb. 1493, 1507 im Johanniskloster zu Halberstadt, wo er später Prior wurde). Als er aufgefordert wurde, wenigstens gelegentlich, mindestens jährlich einmal Messe zu lesen, und er sich dessen weigerte, hatte dies seine Ausweisung zur Folge. Er ging nach Wittenberg und von da nach Braunschweig. Sein Nachfolger im Predigtamte zu St. Martin war der gleichfalls dem Johanniskloster angehörige Mönch Johann Winnigstedt. Auch dieser musste sein Amt nieder- legen und eine Zeitlang hatte die Martinikirche keinen evangelischen Geistlichen. Die dadurch geschaffenen ünzuträglichkeiten und Winnigstedts Wiedererscheinen in Halbergtadt, als er kam, das für ihn gesammelte Geld abzuholen, führten dazu, dass er eine Zeitlang die Erlaubnis zum Predigen wieder erhielt. Als jedoch 1529 über die Abendmahlsfeier und über seine geistliche Tracht Streit entstand und er den katholischen Forderungen gegenüber standhaft blieb, musste er von neuem aus Halberstadt weichen. Er lebte später in Braunschweig und arbeitete 1542 mit Bugenhagen, Jonas und Corvinus in Hildesheim eine neue Kirchenordnung aus. Um fortan die Neigung zur Reformation in Halbei^tadt ganz zu unterdrücken, beabsichtigte damals (1530) der Kardinal Albrecht die Erbauung eines bischöflichen Schlosses, welches als Zwingburg dienen sollte, in der Nähe des Kühlinger Thores an der Stadtmauer. Die evangelische Lehre

^ £r wird zuerst 1515 erwähnt und starb 1553. Sein Epitaph befindet sich in der Lieb- frauenMrche. S.d.

' Halberstadt (Geschichte 1539—1564) 207

konnte vorläufig nur noch in den Orten der Umgegend verkündigt werden, erlitt aber keinerlei Einbusse, nahm vielmehr immer weitere Fortschritte. Nach der Einführung der Reformation in Sachsen, Brandenburg, Wernigerode und Quedlinburg benutzten Magdeburg und Halberstadt die Gelegenheit, sich die Freiheit ihrer Bellgionsübung von dem Kardinal zu erkaufen, indem sie seine Schulden, welche sich auf 500000 Gulden beliefen, auf dem Landtage zu Kalbe 1539 zu bezahlen beschossen. Seitdem war\ obgleich sich der Kardinal auch fernerhin ziemlich ablehnend verhielt, der Bestand der Reformation im Halber- städtischen gesichert. Die Martinikirche erhielt 1540 als ersten evangelischen Prediger Jodocus Otto (f 1574), als Diakon den Licentiaten Autor Lampadius ("f" 1559). Die Johannis-, Moritz- und Paulsgemeinde folgten im selben Jahre nach« Der Dom erhielt seinen ersten evangelischen Prediger erst 1591 in der Person des Dr. Martin Mirus, welcher bis dahin Oberprediger an der Martini- kirche gewesen war (f 1594); das Liebfrauenstift folgte erst 1604. Der erste, welcher dort evangelisch predigte, war David Müller, bis dahin Prediger zu St. Spiritus.

Auf den Kardinal Albrecht folgte dessen Vetter, der lahme Johann Albrecht (geb. 1499), welcher seit 1536 Koadjutor von Magdeburg war. Obwohl er der Reformation abgeneigt war, machte sie doch unter seiner Regierung beständig weitere Fortschritte. Er trat am 3. Januar 1547 Magdeburg und Halber- stadt gegen ein Jahresgehalt an den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen ab; 1548 wurde er vom Kaiser wieder eingesetzt und starb am 17. Mai 1550 in Halle.

Nach der kurzen Regierung seines Nachfolgers Friedrich, Sohnes Joachims n. von Brandenburg (Friedrich starb am 2. Oktober 1552 und wurde im Halberstädter Dome bestattet), kam es zu einer zwiespältigen Wahl, aus welcher durch die Bestätigung des Papstes Sigismund, Markgraf von Brandenburg, Erzbischof von Magdeburg, gleichfalls ein Sohn Joachims IL, siegreich gegen den Dompropst Christoph, Graf von Stolberg, hervorging, Sigismund war ein Freund der evangelischen Kirche, deren ungestörter Entwicklung er keine Hindemisse bereitete, für deren ordentliche Organisation er vielmehr durch die 1564 ver- anstaltete erste Kirchenvisitation sorgte. ^ Sie war notwendig, weil auf dem Lande die kirchlichen Zustände nach der Reformation wenig zufriedenstellend waren, besonders das Kirchenvermögen in Gefahr stand, die richtige Verwaltung der von den Gemeinden organisierten Kirchen und Schulen auf mancherlei Art beeinträchtigt war, und die Personen der Geistlichen teilweise sehr ungeeignet waren. Die wirtschaftlichen Zustände scheinen dagegen günstig gewesen zu sein, wofür der Umstand spricht, dass zwischen dieser und der zweiten, fünfund- zwanzig Jahre später stattfindenden Visitation in den meisten Ortschaften eine beträchtliche Zunahme der Bevölkerung bemerkbar ist.

Im Zusammenhange mit der Geschichte der Reformation ist es am Platze, auch das Schulwesen^ zu erwähnen. Von nicht besonderer Wichtigkeit waren die Klosterschulen, welche zum Liebfrauen-, Bonifatius- und Paulsstifte gehören.

^ Nebe, die Kirchenvisitationen des Bistums Halberstaclt.

' Harzzeitschr. XVin, 302; XXI, ISO, 370; XXIII, 344; XXIV, 325.

208 Halberstädter Stadtkreis: Ralberstadt (Schulwesen, Geschichte bis 1589)

Sie wurden nach der Reformation wegen zu geringen Besuches geschlossen, um teilweise später in veränderter Art wieder eingerichtet zu werden. Interesse bieten sie wenig. Andauernde Lebensfähigkeit dagegen haben die Domschule und die Martinischule bewiesen. Erstere dürfte ebenso alt sein, wie das Bistum überhaupt. Von ihren Schicksalen während des Mittelalters ist wenig bekannt. Nachdem sie unter Schwierigkeiten und unter konfessionellen Zwistigkeiten ihr Dasein bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts gefristet hatte, wurde sie 1674 in ordentlicher und planmässiger Weise neu eingerichtet und besteht als Dom- gymnasium noch heute in blühendem Zustande. Die Martinischule, das Martineum, gleichfalls aus mittelalterlicher Zeit stammend, aber beträchtlich jünger als die Domschule, war nacheinander im Dominikanerkloster, dann im Antonius- hofe, dann wieder in dem Kloster, und, nachdem man sie von hier vertrieben hatte, seit 1545 in dem Deutsch -Herrn -Hofe untergebracht und war seitdem der eigentliche Sitz des in evangelischem Sinne erteilten Unterrichtes in Halber- stadt. Die tüchtig geleitete Anstalt, deren gute Erfolge auch bei der Visitation 1589 Anerkennung fanden, nahm einen solchen Aufschwung, dass sie zeitweise sogar die Domschule in ihrer Existenz bedrohte. Nach einer während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts eingetretenen Yerf allzeit, wurde sie 1822 ihres Charakters als Gymnasium entkleidet und zur höheren Bürgerschule gemacht. Sie besteht als Realgymnasium (in einem auf dem Johannisbrunnen errichteten neuen Gebäude) noch jetzt. Weiter auf die Schulverhältnisse einzugehen, kann hier nicht unternommen werden. Man vergleiche darüber: Richter, Beiträge zur Geschichte des Stephaneums zu Halberstadt, Halberstadt 1875; -— v. Mülverstedt Beiträge zur Kunde des Schulwesens im M.-A., Magdeburg 1875; Nebe, Kirchen visi tationen ; Scheffer, Inschriften u. s, w., p. 13 nebst Abbild. No. 19; Zschiesche, Halberstadt sonst und jetzt, p. 202 ff.

Nach Sigismunds Tode wurde aus nicht genügend bekannten Gründen Heinrich Julius von Braunschweig, ^ geb. 15. Okt 1564, damals also erst zwei Jahre alt, zum Bischof erwählt. Er wurde evangelisch erzogen und behielt dies Bekenntnis auch bei. In seinem vierzehnten Jahre erlangte er die Majorennität und übernahm die Regierung. Er verheiratete sich 1585 mit der Tochter des Kur- fürsten von Sachsen. Unter ihm fand die zweite Kirchenvisitation 1689 statt Die Instruktion für die Visitatoren ist gedruckt bei Nebe, p. 17 ff. Die Visitation verlief von April bis Oktober, wobei viele bedeutende Besserungen gegen früher festgestellt werden konnten. Heinrich Julius führte den evangelischen Gottes- dienst auch im Halberstädter Dome ein. Wiewohl Heinrich Julius nur bisweilen als Gast nach Halberstadt kam, und sonst zumeist von Wolfenbüttel aus regierte, erfreute er sich doch infolge seiner beträchtlichen Fähigkeiten, die er zum Wohle der Stadt und seines Bistums anzuwenden verstand, erheblicher Beliebt- heit. Von seiner Wirksamkeit ausserhalb der Stadt sei die Entwässerung des grossen Bruchs an der Nordgrenze des jetzigen Kreises genannt, von den Bauten, die er innerhalb der Stadt aufführen liess, verdienen die Zwicken und die Kommisse Erwähnung. Unglücksfälle blieben freilich auch in seiner Zeit nicht aus.. Im

^ Vgl. Opel, das Stift fialberstadt unter dem Bischof Heinrich Julius von Braunschweig. Zeitschr. f. preuss. Gesch. u. Landeskunde VI, 385—406.

Halberstadt (Geschichte 1576—1642) 20Ö

Jahre 1576 gab es eine grosse Überschwemmung. An eine Pest im Jahre 1577 erinnert die Inschrift an der Sonnenuhr der Martinikirche; die Seuche kehrte noch 1597 und 1611 wieder. 1587 brannte das Johanniskloster nieder. Hein- rich Julius wurde 1607 vom Kaiser zum Direktor seines geheimen Rates in Prag ernannt und starb als solcher daselbst 1613. Die Geschäfte des Domkapitels lagen zu seiner Zeit\ganz besonders in den Händen des hochverdienten Dom- dechanten Matthias von Oppen. Sein Tagebuch, welches über die Verhältnisse in Stadt und Land Halberstadt eine Fülle der interessantesten Nachrichten enthält, ist herausgegeben durch v. Mülverstedt. Über die Bevölkerungszahl der Stadt haben wir aus diesen Zeiten einige Nachrichten. Bei der Visitation 1589 wurden gezählt 550 Hauswirte in der Martinigemeinde, 250 in der Bonifatius- gemeinde, 226 in der Paiiligemeinde; im Jahre 1624 gab es über 2400 waffen- fähige Bürger in der Stadt. Die Ziffer lässt darauf schliessen, dass mit Einschluss der Geistlichkeit, Halberstadt damals gegen 13000 Einwohner gehabt haben mag. Auf Heinrich Julius folgten seine Söhne; zunächst der jüngste, erst vier- jährige Heinrich Karl, dann nach dessen 1615 erfolgtem Tode sein 13jähriger Bruder Budolf. Der Urheber dieser Wahlen war Matthias v. Oppen, welcher für das Stift dadurch bedeutende materielle Vorteile herbeiführte. Nachdem Rudolf schon 1616 gestorben war, kam sein Bruder der „tolle Christian" zur Regierung, welcher als Parteigänger des Winterkönigs das Bistum zwang, unter den schwersten Opfern an dem Kriege teilzunehmen. Der unglückliche Verlauf des Unternehmens (Niederlagen bei Höchst 1622, bei Stadtlohn 1624!) brachte ihn dazu 1624 die Kegierung niederzulegen; für die Stadt und den Bezirk Halber- stadt gaben jene Vorfälle Anlass zur Züchtigung durch Wallenstein 1625 und in den folgenden Jahren. 1629 wurden sämtliche Kirchen und geistlichen Anstalten, mit alleiniger Ausnahme der Stadtkirche St. Martin und des Hospitals St Spiritus wieder katholisch gemacht. ^ Auch in der darauffolgenden Zeit der schwedischen Herrschaft wurde zwar das evangelische Kirchenwesen durch Gustav Adolf 1632 wieder hergestellt,* doch besserten sich die äusserst trostlosen Verhältnisse, in welche Stadt und Bistum verfallen waren, nicht, im Gegenteil verschlimmerten sie sich noch infolge der Belagerungen der Stadt, die im Oktober und November 1631 von den Kaiserlichen unternommen wurden. Dem Schicksale Magdeburgs, aus welcher Stadt damals auch nach Halberstadt viele Flüchtlinge, besonders Frauen und Kinder, sich gewendet hatten, entging Halberstadt, doch fiel das Johanniskloster und die Johannisvorstadt der Zerstörung anheim. 1634 endete die schwedische Herrschaft vorläufig, um 1636 wieder zu beginnen. Trotzdem war sie nicht beständig, wechselte vielmehr mit der kaiserlichen verschiedentlich, während die wirtschaftlichen Verhältnisse immer elender wurden. Von den waffenfähigen Bürgern der Stadt waren gegen 1642 nur noch etwa 200 übrig. Endlich gewann 1643 am Margaretentage (13. Juli) Königsraark durch einen Handstreich die Stadt wieder,^ ebenso kamen damals im August Osterwieck, im November Hornburg in schwedischen Besitz.

^ H-.Z.XV1I, 104. * Vgl. E. Jacobs in der H.-Z. 1897, 113-298.

Vgl. Jacobs in der H.-Z. 1872, 221 ff. Daselbst auch ein zeitgenössisches Lied auf dies Ereignis. Über die Schicksale der Stadt während des 30jährigen Krieges vgl. Zschiesche, Halberstadt sonst und jetzt, p. 28ff.

Knto HAlbentftdt U

210 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Geschichte 1629--1682 Stadttopographie)

In die Zeiten dieser Kriegswirren fällt auch die Regierung des letzten Halberstädter Bischofs, des vom Kaiser eingesetzten Erzherzoges LeopoldWilhelm (1629 1636). Der westfälische Friede brachte endlich die Befreiung von den Schwedeiv und die endgiltige Regelung der politischen Verhältnisse dadurch, dass aus dem Bistum ein weltliches Fürstentum gemacht und dieses dem grossen Kurfürsten zugesprochen wurde.* Nachdem er am 3. April 1650 sich hatte hul- digen lassen und Besitz von seinem neuen Eigentum ergriffen hatte, kehrten Ruhe und Ordnung wieder. Die weltliche Gerichtsbarkeit, welche wie oben erzählt, seit den Tagen des Administrators Ernst bischöflich geworden war, und somit in den Besitz des Kurfürsten überging, wurde von ihm gegen eine Entschädigungssumme von 17 500 Thalern der Stadt überlassen. In demselben Jahre am 2. November wurde die Stadt, insbesondere die Gegend des Breiten- weges durch einen gewaltigen Brand heimgesucht 1681 und 82 erschien die Pest, welcher gegen 2200 Menschen zum Opfer fielen. Friedrich Wilhelm half durch Unterstützungen, soweit es ihm möglich war, sorgte auch dafür, dass sich von den vertriebenen Hugenotten eine beträchtliche Zahl in jenen Gegenden niederliess. Ihnen verdankt unter anderem Osterwieck seine noch jetzt mit Erfolg betriebene Handschuhfabrikation.

Da die Beschreibung der Bau- und Kun^tdenkmäler, welcher dieses Buch eigentlich gilt, im wesentlichen an der Grenze des 17. zum 18. Jahrhundert endet, so kann hier die geschichtliche Einleitung abgebrochen werden. Einzelheiten, welche über diese Zeitgrenze hinausgehen, werden, wo es' erforderlich ist, bei der Besprechung der Denkmäler selbst nachgeholt werden. Über die Schicksale der Stadt und des Bezirkes von Halberstadt in den letzten zwei Jahrhunderten giebt das mehrfach genannte Buch von Zschiesche einen gen^ügenden Oberblick.

Stadttopographie

a) Burgmauer, Stadtmauer, Thore

Der Mittelpunkt der Stadt, der Ort, um welchen herum im Anschlüsse an die noch ältere Ansiedlung bei der Martinikirche die Stadt sich allmählich aus- breitete (über die Art dieser Entwicklung ist oben gesprochen worden), bis sie den jetzigen Umfang annahm, ist der Domplatz, die urbs, welche man auch die Burg nennen kann, wegen der Befestigungen, welche sie seit den Zeiten Bischof Arnulfs, 1020, erhalten und wenigstens, soweit die dazu gehörige Mauer in Frage kommt, bis heute grösstenteils bewahrt hat. Die Mauer befindet sich zwischen den Häusern des Domplatzes und der diesen umgrenzenden Strassen: Hoheweg, Lichtengraben, Düstemgraben, Grudenberg, Westendorf und Schmiedestrasse; man vergleiche den Stadtplan (Fig. 75). Dieser Burgbezirk hat folgende ehemals durch befestigte Thore bewehrte Zugänge:

Die Burgtreppe, die graden wo men getvom hon wege in de borch (1377). Ob sie immer so geheissen, oder, was wahrscheinlicher ist, ehemals einen anderen Namen geführt hat, ist ungewiss;

^ H.-Z. XIII, 228, 237 ; XXX, 237 f.

Halberstadt (Stadttopögraphie: Bargmauer, Stadtmauer, Thore) 211

das Steile Thor, so genannt nach der Ait der Terrainbeschaffenheit der Strasse, welche hier vom Domplatze zum Düstemgraben hinabführt; erhielt später die Bezeichnung Tränkethor, weil man von hier das Vieh zu der unten fliessenden Holtemme hinabzutreiben pflegte; von den hier befindlichen, 1833 abgerissenen Thoren sind noch schwache Spuren vorhanden;

die Peterstreppe, gleichfalls im Norden in der Nähe der Liebfrauenkirche zur Holtemme hinabführend; so genannt nach dem unmittelbar benachbarten bischöflichen Palaste, dem Petershofe und der zugehörigen Kapelle;

das Drachenloch, dor by vnser frowen (1385), dessen Namenserklärung nicht ohne Schwierigkeit ist ; möglicherweise nannte man es nach dem im Mittel- alter von den Schülern des Liebfrauen stiftes aufgeführten Drachenspiele (s. oben S. 188), vielleicht auch nach irgend einem in der Nähe, etwa als Hauszeichen angebrachten Bilde. Auch hier waren zwei Thore vorhanden, von denen beim Hause Grudenberg 2 noch ein Fragment erhalten ist;

das Düstere Thor, von der Schmiedestrasse zum Domplatze führend, besass, wie die 1884 aufgedeckten Fundamente zeigten, einen Türm von einem Durch- messer von etwa 6 m. über die diesem Thore nordöstlich dicht benachbarte Kapelle St. Laurentii vgl. unten.

Seitdem die Entwicklung der Stadt im Mittelalter zu einem gewissen Ab- schlüsse gelangt war,^ nämlich schon 1203, wurde auf Betreiben des Probstes Gerold, Dechanten des Liebfrauenstiftes, zur Abwehr der Feinde, welche die Partei Ottos IV. vertraten, als äussere Begrenzungslinie ein mit Pallisaden be- setzter Wall nebst einem Graben begründet, und dies in späterer Zeit durch eine auf Bögen erbaute Mauer ersetzt (Höhe 5,50 m, Breite 1,90 m), deren Reste noch heute an vielen Stellen erhalten sind und mit ihrem trotzigen, schwer und sorgfältig ausgeführten Gemäuer (Quaderverblendung über mit Gips vergossenem Füll werke) und ihren teils halbrunden, teils rechteckig ausgeführten Turm- Torsprüngen einen höchst malerischen Schmuck der um die alte Stadt sich hinziehenden Gartenanlagen bilden. Diese Mauer war begleitet von einem Walle, der beiderseits von Gräben beschützt wurde. (Vgl. Fig. 76.) In der Mauer be- fanden sich folgende Thore , deren Lage aus dem Stadtplan (s. Figg. 75 u. 76) ersichtlich ist:

das Breite Thor, am Ende des Breitenweges, lata valva, brede dor (bereits 1208 urkundlich angedeutet). Ein Stein davon mit der Jahreszahl M CCC .... (angeblich 1378) befand sich zu Scheffers Zeit „im Garten des unter No. 1768 vor dem Breiten Thore belegenen Gasthofes zur Stadt Cöln";

das Wasser thor, porte oppe dem water (1444), von welchem noch ein rundoj. Turm (Fig. 77) von geringer Höhe übrig ist, über dessen Eingange die

Inschrift in Minuskeln sich befindet: anno tJ" diu (II CCCC XL IUI (oder

X L III ?) fnä sexta p fcstv corp xpi (Vgl. Scheffer p. 6 nebst Abbildung Nr. 9);

' Vgl. darüber das oben (8. 185) in der Verfassungsgeschichte Gesagte, sowie Arndt, die Einteilung 'der Stadt Halberstadt in früheren Zeiten. Halberstädter Zeitung und Intelli- genzblaU 1896 Nr. 141. 142.

S12 Salberstadter Stadtkreis: Halberstadt (Stadttopoerraphie: Thore)

das Gröperthor (1208 angedeutet), Gropertore (1313).

das Burchardithor (1208 angedeutet), sinteBorcfaardes dore(1361). Davor stand die St. Thomaskapelle. Der vor dem Burchardithor gelegene Ratsteich erwähnt 1466;

das Johannisthor (Fig. 78), schon 1271 erwähnt, valva b.Johannis (131l>, yalva exterior (1329), Westendorfthor (1488), renoviert 1689 (die Zahl befand sich nebst dem Stadtwappen am Thurturni ; Scheffer), desgleichen 1692 unter Verwendung von Trümmern- des ältesten Teiles der Liebfrauenkirche (s. diese), endlich 1770 (Scheffer) ; abgebrochen 1873 als letztes von allen. Ausseriialb lag ein Fisch-

teich (1311), dem Domkapitel zugehörig (1392), ebenso wie der gleichzeitig er- wähnte, dort gelegene Äckerbezirk Gosewort, an welchem die öffentliche Strasse vorüberzog;

das Kühlinger Thor, valva clavarum( 1373),' Kuhngedore (1486), nach der Wüstung Eühlingen benannt wie die Eühlingerstrasse. Oben am Gesimse stand

' Also d*B Keulenthor nach dieser falschen Etymologie. l!>er Gedanke au die in maachen Thoren (Jüterbog uud souBt) als WahrEeicheii aufgehängten Keulen mag zu dieser Verwechs- lung Anlasi gegeben haben.

214 Halberstädter Stadtbreis: Halberstadt (Stadtt^po^^raphte : Strassen)

die Jahreszahl 1346 (Scheffer Abbild. Nr. 4), Abgebrochen 1854. Hier beabsichtigte Kardinal Albrecht 1630 die Anlage einer Zwingburg gegen die Protestanten Ton Halberstadt; der Plan wurde als zu weitschichtig aufgegeben.

Von den drei Aussenwerken, welche sich vor den Thoren befanden, giebt flg. 76 einige Anschauung.

b) Strassen

Ich zähle sie auf nach der chronologischen Reihenfolge ihrer urkundlichen Erwähnung. Nicht mehr Bestehendes, nicht Nachweisbares oder Zweifelhaftes ist in [ ] geschlossen:

[Eine südlich am Prcdigerkloster vorübergehende Strasse 1247.]

Grauer Hof (Vulgämamen) , urkundlich angedeutet, nicht genannt 1257; grisea curia (1401); der Graffenhoff (1606). Gehörte den Cisterziensem vom Kloster Michaelstein.

[Garbraterstrasse, apud assatores (1272), twischen den bradem, Garbradir-

Halberstadt (Stadttopographie: Strassen) 215

strate (1396), inter penesticos Yulgariter garbrader (1398). Vielleicht identisch mit der Strasse in der garkoken (1529). Beim Rathause.]

[Eine Strasse an der Kapelle St. Jakobi vorüberführend. 1272.]

Moritzstrasse, platea s. Mauricii. 1294.

Vogtei, Advocatia. 1294. (Ihre jetzige No.58 hiess ehemals Giltschaft.)

[Zwischen den Krämern, inter mercatores, inter institores, 14. Jahrhundert. Beim Rathause.]

Sack, Saccus. 1306.

Weingarten, Vinea, wyngarde. 1306.

Gröperstrasse, inter ollatores, platea lutifigulorum, platea figulorum, Groper- strate. 1306.

Hoheweg, alta via, superior platea, Hoghe weghe, Honweg. 1311.

Weberstrasse, platea textorum, Weverstrate. 1313.

Johannisbrunnen, up dem pole, bi dem pole. 1322. Der nordöstliche, jetzt zugehörige Teil hiess ehemals Tittenklapp, später Titusplatz.

Taubenstrasse, Dovestrate, Dofenstrate. 1326.

[Ägidiusstrasse. 1334- Beim Pauls-Kirchhof J

Kuhgasse, vicus in cono qui ducit ad latam platheam (1382). 1334.

Pfahlgasse. 1334. Faule Gasse, fule gatze, fetidus vicus (nach 1465).

Ritterstrasse, platea militum, Ridderstrate. 1336. Möglicherweise so benannt nach dem Hause der Tempelherren. Sie scheint ehemals mit der Rosniarinstrasse und dem zwischen ihr und jener belegenen Teile der Franziskaner- (Neuen-) Strasse ein Ganzes gebildet zu haben. (Vgl. Scheffer p. 12.)

Seidenbeutel, bursa serica, sidhenbudel. 1347.

[lutke gatzen dar me geit in de Ridderstrate. 1354.]

Düstemgraben, graven, 1361. düstere graven (1423).

Schmiedestrasse, platea fabrorum, 1362. Smedestrate.

TrüUstrasse, hem Gevehardes tweyten 1375, strata cellitarum sive loUar- dorum, der TrüUebröder strate (1462).

[via publica quae ducit ad s. Egidium. 1379. Identisch mit der Ägidius- strasse? s.o.]

Breite weg, lata plathea, breden wegh. 1382.

Westendorf, Westendorpe. 1388. (Die Nummern 1 8 und 52—58 hiessen zeitweise Johannisstrasse.)

Ochsenkopfstrasse, platea que dicitur Ossenkop. 1395.

[platea que. vertitur ad viridarium predicatorum. 1395. Lag in der Nähe der Moritzkirche, südlich von der Ochsenkopfstrasse; vielleicht die heutige Georgenstrasse.]

Vorsack; op dem hörne vor dem Sacke. Vor 1400.

Kühlingerstrasse , Kuligstrate. Vor 1400. Nach der Wüstung Kühlingen benannt. S. oben.

Harsleberstrasse, Herslingstrate. Vor 1400. Harszlinge strate (1487), platea vulgariter nuncupata de Herslingstrate (1476). So benannt wegen der dorthin geschehenen Übersiedelung von Einwohnern des seitdem wüsten Dorfes Klein- Harsleben.

Hal1)er8tftdter StodtVreis: H&lberstadt (Stadttopographie : Straesen)

Fig. 78.

Abtsliof, dem Kloster Huysburg gehörig. 1400.' Scheint früher {1277) Bromes Hof geheissen zu halten. Des abtes von Huysborch hot (1462). Die Nnmmem 1—9 und 23 —31 hiessen früher Bhimonstrasse.

' Schon in diesem Jahre nach der allerdinKH sehr wahracheiDlichen Vermutung von Schmidt jH.U.B. I, 67.5. I, 150. Aom.). An der betreffenden Stelle ist aber nur von einem Hofe bei der Trullgaase die ß«de.

Halberstadt (Stadttopographie: Strassen) 217

[Schling, beim Martiniplan, iip dem Slinghe. 1401. Gegenüber dem Holz- markt]

Schulstrasse, bi den Barvoten (1404), welcher Name (hochdeutsch) bis 1886 im Gebrauch war.

[Papenkulk, 1407.]

[Velkenstrate, 1415. Valkenstrase, 1514, 1604. Später (1522) auch Kakstrasse genannt. Vielleicht identisch mit der jetzigen (früher Kommiss-Strasse genannten) Heinrich - Julius - Strasse.]

Lichtengraben, 1417.

Bakenstrasse, 1440. Enthielt ehemals auch jene Toile der jetzigen Hühnör- brücke, die man Rattengang nannte Ihre Nummern 29—34, 38—43 Wessen ehemals Nicolaistrasse. Femer gehörte zu ihr die Gegend Klein -Venedig bei der Holtemme; ihre No. 7— 8 hiess Petersbrücke.

Schuhstrasse, platea sutorum, 1444.

Ober-Paulsstrasse (jetzt Licht werstrasse), 1445.

Tannenstrasse, wan men kumet van s. Johanse an der gatzen to dem Dore Word, da men dorch geyt upp s. AUexius hoff; vicus per quem propinquior extitit transitus a capella s. Alexii versus portam civitatis. 1458.

Bosenwinkel, 1462.

[Ein Weg von dem Hofe der Domküsterei nach dem Wasser hinunter; der Rat hatte ihn abgesperrt und musste ihn auf bischöflichen Befehl wieder öffnen. 1467.]

Mittel -Paulsstrasse (später XJnterpaulsstrasse, jetzt Paulsstrasse), middel Pauwel Straten, 1471.

Michelshagen, 1477.

Niedere Paulsstrasse (jetzt Petersilien^trasse), 1478.

Woort, 1481.

Göddenstrasse, 1482, jodenstrate (1485).

Sackstrasse, 1485.

[Sperlingstrasse, spirlingestrate, 1487.]

Komstrasse, 1490.

[Strasse zum Pfortenhause führend, bei der Holtemme, 1494.]

Kämmekenstrasse, Kemkenstrate, 1495.

Stieg, 1510. Jetzt Johannisbrunnen No. 1— 7; benannt nach einer kleinen Brücke über die Holtemme.

Hundsrücken, 1510. Jetzt Schmiedestrasse zwischen No. 14 und 26.

Beginenstrasse, 1515.

[Strasse, die auf der einen Seite nach der Mauer, auf der anderen nach dem Klinkstoven geht. 1539.]

[Stein weg, beim Burchardithor, 1601.]

[Männichestrasse, 1605.]

[Estern Strasse, 1564, in der Martiniparochie.]

[Darenstrasse, 1607, wahrscheinlich beim Siechenhof.]

[Thodenstrasse, 1608.]

[Die Minneches Taschen, 1608, beim Paulsstift.]

Einige heutige Namen sind urkundlich nicht nachgewiesen;

Äntoniusstrasse.

^

218 Halbentädter Stadtkreis: Halberstadt (Stadttopographie: Strassen Märkte)

Klein -Blankenburg (dessen Bezirk ehemals regensteinisch war und nach Budaeus noch am Anfange des 17. Jahrhunderts jährlich den regensteinischen Hauszins zahlte).

Bomstrasse.

Dominicanerstrasse.

Beim Frauenhause.

Gerberstrasse.

Qrudenberg.

Eatzenplan.

Krebsscheere.

Eulkstrasse.

Lange Reihe, lange Wand, jetzt Wehrstedter Strasse.

Hinter der Münze.

Hinter dem Bichthause (so genannt nachdem früher hinter dem Hause Fisch- markt 5 belegenen Stadtgefängnis).

Bosmarinstrasse.

Spritzenstrasse.

Steinhof.

Jedenfalls sind verschiedene von ihnen unter den oben aufgeführten, un- bestimmbaren Namen verborgen.

c) Von Märkten zu nennen ist:

vorweg die Burgfreiheit, wo unter geistlichem Schutz Markt gehalten wurde, der der städtischen Verwaltung in keiner Weise unterworfen und daher Gegen- stand vielen Streite^ war. Einzelnes darüber s. in der Stadtgeschichte;

der Markt am Martini plan. An ihn ist wohl bereits zu denken, wenn 1242 ein Alvericus de foro urkundlich erwähnt wird. An diesem Platze lag das älteste Rathaus. Hier hatten die Krämer ihre Buden (1311), welche teilweise Eigentum des Paulsstiftes, zum Teil auch der Stadt waren. Hier befanden sich wohl die Scharren von Bäckern (1197), Schustern (um 1258), Heringhändlern (1266), Fleischern (1324), Garköchen (1494), auch die zwischen den Krämern genannte Gegend (1260, s. oben), endlich, die Häuser verschiedener Gilden. Seit 1433 deutet der Roland vor dem neuen Rathause an , dass der Markt officiell verlegt war nach

dem Holzmarkte, der sich durch den Rathaus-Neubau als westliche Hälfte des eilten Marktes von der östlichen, dem Korn- (jetzt Fisch-) Markte getrennt hatte. Als forum lignorum war dieser Teil aber schon 1275 bekannt (Holt- markede 1352) Von Zeltstätten (telzstede) für Händler hören wir 1285. Zwischen ihm und dem Martinikirchhof lag der Schling (slynge) (s.o.) mit soinen Fleisch- scharren (1498). Über die am Holzmarkt belegene Kommisse vgl. Profanbauten;

der Kom- (jetzt Fisch-) Markt. ^ östlicher Teil dos alten, vorher genannten Marktes. Er gehörte ursprünglich dem Bonifaziusstifte ; für den Nutzniess hatte die Stadt an das Kapitel 4 Schillinge jährlichen Zins zu zahlen, der erst 1491 abgelöst wurde; '

* In den Neuen allgem. Blättern 1791, I, 183 einmal, jedenfalls durch einen Druckfehler „Birnmarkt" genaoot.

Halberstadt (Stadttopographie: Begräbnisplätze Ehemalige kirchliche Geb&nde) 219

der neue Markt, novam forum, nigen markete bi der Seiden (der südlichen Abzweigung der Holtemme), zuerst 1311 erwähnt Heisst jetzt „unter den Weiden" (s. 0.). Über die sog. Freiheiten vgl. bei den einzelnen Kirchen.

Über die bei verschiedenen Kirchen ehemals in Benutzung gewesenen

d) Begräbnisplätze

vgl. bei den Kirchen. Neuerdings sind sie meist freie Plätze geworden.

Über die noch vorhandenen Gebäude ist an anderen Stellen zu handeln ; die Kurien, welche zu den einzelnen Stiftern gehörten, werden im Zusammen- hange mit diesen besprochen.

Im folgenden zähle ich

die nicht mehr vorhandenen a) kirchlichen,

b) weltlichen Gebäude

auf, deren Kenntnis nur durch die historische Überlieferung vermittelt wird:

Franziskanerkloster, gegründet 1289 von den Grafen von Regenstein an Stelle einer früher ihnen gehörigen Burg, auf dem Platze des jetzigen Rats- kellers; —

die Ägidius -Kapelle, in deren Nähe ein Vorwerk lag. 1366;

die Annen-Kapelle, dicht beim Bonifaziusstift, Gründung des Kanonikus Arnold Dompnitz, 1502 geweiht von Bischof Matthias von Gada;

die Lampertus-Kapelle, sunt« Lambertes cappellen, auf der Burg. 1410, 1440, 1461 u. ö. ;

die Lorenz-Kapelle, „de de licht an der westeren siden des düsteren dores, also men geyt ud der Smedestrate in de borch," oft erwähnt, zuerst 1279; /

gehörte zum Liebfrauenstift; ihr Patronat stand zuerst der westlich daneben gelegenen Kurie, später (seit 1447) dem ältesten Domkämmerer zu. Ihr Rektor wird 1442 erwähnt. Sie war um dieselbe Zeit vor Alter in ganz trümmerhaftem Zustande und wurde auf Kosten des Domkapitels hergestellt. Ein Stein mit der Jahreszahl 1446 fand sich, als in der Gegend der Kapelle in unserem Jahrhundert ein Umbau gemacht wurde. 1452 wurde bei dem Altar ein zweiter Kaplan bestätigt auf Gründung des Burchard von Marenholz , Kanonikus zu St. Pauli Beide Altaristen verwalteten gemeinsam die Schlüssel zur Kapelle und deren Zither. Ausserdem erwähnt werden ein Kelch und die in besserungsbedürftigem Zustande befindlichen Messbücher.;

die Maternus-Kapelle, auf der Burg in der Nähe der Liebfrauen-Kirche und deren Schule und Badstube. 1461, 1476;

die Thomas -Kapelle, capella s.Thomae Gantuariensis, vor dem Burchardi- thor, gehörte zum Liebfrauenstift, von welchem ein Vikar ihr Rektorat vorwaltete (1292). Eine neue Kommission an ihrem Altar wurde gestiftet von Margarete, der Witwe eines Bürgers Konrad Marggreve, welche zunächst das Patronat dieser Stelle ausübte, 1441 ;

das Trüllkloster, Cellenbrüderkl, Cellitenkl., Lollhardskl., Lullenbrüderkl., Kloster der willigen Armeui war ein der Augustinerregel unterworfenes Mönchs- kloster unter dem Patronat der h. Anna und des h. Hieronvmus, wurde um die Wende des 14. Jahrhunderts gegründet und befand sich zunächst in dem Hofe

I

220 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Stadttopographie: ehemalige kircUiche Gebäude)

„mit der steinernen Pforte" in der Gebhardstweete , jetzigen Trüllgasse hinter S. Nikolai. Ein Neubau wurde 1476 durch das Johannisstift verhindert, woraus ein Streit mit diesem entstand, den Bischof Gebhard beilegte. Er verfügte, dass die Cellenbrüder nur eine Kapelle mit einem Dachreiter und kleiner Glocke darin und einen Kirchhof zur Beerdigung ihrer Klosterangehörigen haben dürften. Sie hatten für Kranke zu sorgen und Tote, auch an der Pest Gestorbene, zu begraben. Die Stiftung, welche als Kloster in der Reformationszeit einging, erhielt bauliche Erneuerung 1693 durch den Domherrn von Münchhausen. 1804 wurden dort noch 19 Hospitaliten verpflegt. Die alte Klosterkapelle S. Anna, deren Altar S.Anna 1489 erwähnt wird, stand noch 1720. Das Siegel der Cellen- brüder existiert noch in der Culemannschen Sammlung in Hannover. Vgl. H.-Z. 1869, II, 193f. Halberstädter gem.Unterh. 1806, II, 215 f.;

das weibliche Gegenstück zum Trüllkloster war das Ursulinerinnenkloster, Kloster der schwarzen Beginen, angeblich schon 1441 existierend. Es lag an der Ecke der Beginen- und Gerberstrasse, wo noch jetzt das für das Kloster 1764 aufgeführte Gebäude steht. Die Aufsicht über die Nonnen führten seit 1455 der Probst von S. Johannis und der Pfarrer von S. Martini. Die Nonnen, welche der Augustinerregel unterworfen waren, widmeten sich der Pflege von Kranken und Obdachlosen beiderlei Geschlechts. 1479 wurde der Bau einer Kapelle durch den Kardinal Auslas von S. Sabina erlaubt; die Kosten wurden durch Ablass aufgebracht. 1601 und 1606 waren die Gebäude in verfallenem Zustande. Die Kapelle stand noch 1804. Die Aufhebung des Klosters er- folgte 1810;

der Antonius- (Tönjes-, Tönnings-) Hof. Sein Name war 1306 als Vulgärbezeichnung schon lange im Gebrauch, wiewohl er mit dem h. Antonius angeblich nichts zu thun hatte. Unter der Bezeichnung curia quae vulgariter curia S. Antonii nuncupatur (1306), späterhin Tönjeshof, lag er zuerst in der Nähe des Klosters der Marienknechte, später unweit der französisch-reformierten Kirche. Das Antonier-Mannskloster war seit 1382 abhängig von dem auf der Lichtenburg bei Prettin wohnhaften Ordensmeister der Antoniter. Das Klostergebäude, welches eine daran gebaute zierliche Kapelle besass und von einer aus Quadern erbauten Mauer umgeben war, war nach der Auflösung des Ordens im 16. Jahrhundert wenigstens z.T. noch bis 1716 vorhandeji;

der Orden der Serviten wurde vom Grafen Heinrich von Regenstein 1277 in Hasselfelde (vallis Josaphat) gegründet und 1298 nach Halberstadt über- führt.^ Sie gehörten dem Augustinerorden an, ihre gewöhnliche Bezeichnung aber war die im Volke gebräuchliche Form „Marienknechte." Nach der Lage ihres Klosters in der Neustadt beim alten Antoniushofe in der Nähe des Salvator- hospitals hiessen sie auch die monachi in nova civitate (1372), de heren ute der nigen stad (1479). Ihr Provinzial für Deutschland und Böhmen, welcher das Kloster bei Bechtshändeln zu vertreten hatte, wird 1319 genannt. Das Personal des Klosters (prior, subprior, predier u. s.w.) 1477. (H. Ü.-B. II, 1070.) 1319 schlössen sie Brüderschaft mit der St. Stephans-Gildschafl , 1439 mit den Gesell- schaften der Müller- und Bäckerknechte, seit 1495 mit dem Minoritenorden. Von

» H.-Z. XXII, 17.

Halberstadt (Stadttopographie: ehemalige kirchliche (rebäude) 221

ihrem Besitztum nennen die Quellen den Begräbnisplatz 1439, die Fahnen 1439 und das Toten buch 1477. In dem Kloster der Marienknechte lehrte und litt der Mönch Valentin Mustäus (s. oben S. 206). Nach der Aufhebung- des Boosters wurden die Gebäude auf Veranlassung des Rates von Halberstadt niedergelegt;

das neben dem Antoniuskloster gelegene Haus der blauen Beginen. Die Gründungszeit ist unbekannt, jedenfalls nicht nach dem 13. Jahrhundert. Es war zur Aufnahme armer kranker Frauen bestimmt und existierte noch 1811. Die Aufsicht über das Haus, die Almosen, die Vermietung der Kammern hatte die Stadtverwaltung;

das Haus der armen Brüder bestand schon 1416. Vgl. v. Mülverstedt in der H.-Z. 1872, 34;

der Templerhof, das am Breitenthore (Breiteweg 69— 71) gelegene, ehemals den Nonnen vonS. Jakobi gehörige Kloster, welches von den Templern eingenommen wurde, nachdem sie jenen das Thomaskloster abgetreten hatten. Er kam später an das liebfrauenstift und gehörte 1442 dem Altar S. Jakobi und Barbarae. Die zugehröige Jakobikapelle, noch 1370 capella S. Jacobi Templariorum genannt, litt zu derselben Zeit solchen Mangel, dass sie keinen Priester bekommen konnte; doch stiftete eine in den Urkunden nicht genannte Person damals zur Abhilfe dessen Ansstattungsgegenstände und einiges Geld;

der Gottesritterhof, die Deutsch-Ordens-Komraende, Franziskanerstrasse 33, 34, „uppe deme home by deme hilgen geiste." Den Hof schenkte Burchard von Barby 1307 dem Deutschen Orden. 1533 kaufte der Magistrat den Hof für 873 Gulden für die Martini-, Pauls- und Moritz-Gemeinde. 1545 wurde die Martinischule dorthin verlegt. Vgl. Ledebur, Archiv XVI, 255—262. •— Scheffer, S. 13 und Abb. No. 19;

das Alexiushospital, gegründet Ende des 11. Jahrhunderts von Bischof Burchard II.; eine Stiftungsurkunde ist nicht vorhanden. Es wurde 1138 von Bischof Otto dem Johannisstift geschenkt, in dessen Abhängigkeit es ganz blieb, seitdem die Schenkung 1199 durch Bischof Gardolf bestätigt war. 1362 wurden die Gebäude wieder hergestellt, wobei auch die zugehörige Alexiuskapelle berück- sichtigt wurde, welche zu diesem Zweck damals einen Ablass bewilligt erhielt. Das Hospital war für vier arme alte Frauen bestimmt 1808, als das Johannis- stift eingezogen wurde, und die Hospitalitinnen dadurch ihre Einkünfte verloren, mussten sie seitens der Stadt anderen Hospitälern zugewiesen werden. Das 1689 neu aufgeführte Gebäude (Grudenberg 11) wurde 1813 abgebrochen;

das Ludgerihospital, gegründet und für zwölf Arme eingerichtet durch Bischof Bucco Ende des 11. Jahrhunderts. Es verschwand 1631 dadurch, dass auf seiner Stelle, dem Lüdershofe, die in die Stadt ziehenden Mönche von S. Johannis (unter der Aufsicht dieses Stiftes stand das Hospital) sich nieder- liessen;

daß Elisabethhospital vor dem Wasserthor, im 15. Jahrhundert ge- gründet und für achtzehn Arme bestimmt. Durch den Dechant Heinrich Hom wurde es Mitte des 16. Jahrhunderts reich beschenkt. An der Spitze standen zwei Verwalter, welche jährlich dem Rate Rechnung zu legen hatten. Die zu- gehörige Kapelle, welche 1869 beseitigt wurde, stand 1476 unter Patronat des Klosters Münzenberg;

222 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Stadttopographie: ebemalige weltliche Gebäude)

das Maria-Magdalenenhospital, in der Trüllgasse, gestiftet 1500 durch den Weihbischof Matthias von Gada, der das Haus vom Domkanonikus Bernhard von Veitheim gekauft hatte. Die Kranken hatten, damit immer wieder Platz geschaffen würde, dort immer nur Aufenthalt bis zu ihrer geschehenen Heilung. Das Geld für die Verpflegung gab der Stifter. An der Stelle des Hospitals steht jetzt der sog. Magdalenenhof (Trüllgasse 3 9);

das S. Georgs-Hospital (sinte Jurien hoff) wurde vor dem Gröperthor auf dem späteren Moritzkirchhof (buten Halb, an der stad graben, 1473) in der Parochie S. Moritz angeblich 1313 von Gertrud von Blankenburg (sie stammte nicht aus regensteinischem Geschlecht) gestiftet und war dazu bestimmt. Kranke, Schwache, Vertriebene und Obdachlose christlicher Religion bis zu ihrer Genesung oder bis zu ihrem Tode zu beherbergen. Die erlaubte Zahl derselben betrug 24; an der Spitze standen ein Hausmeister und zwei Vorsteher. Ein Kirchhofsplatz wurde dem Hospital 1313 durch Bischof Albrecht, an der Ostseite nach derGröper- brücke zu, geschenkt. Das Hospital wurde am 31. Oktober 1642 durch die Kaiser- lichen zerstört und bestand seitdem in dem ehemaligen Brauhaus, jetzigen städtischen Leihhaus am Kulk.

e) £in Keller nebst mehreren anderen Baulichkeiten, dem Johannisstifte gehörig, am Holzmarkt, 1225.

Das bürgerliche Weinhaus am Markte, cellarium, vinarium burgensium in foro, domus vini civium, 1225. Vorläufer des Ratskellers.

Ein Turm auf einer den Predigermönchen gehörigen Wort, um 1258.

Der Paulshof, 1312.

Hof am Pfuhl, genannt Vorwerk des Joh. von Dreileben, 1322. Hiess später Thesauri Vorwerk (1393), curia apud paludem, up dem pole (dem Teiche, welchen noch um 1400 die Holtemme dort bildete), Kämmereihof. Abgebrannt 1851. Am Johannisbrunnen.

Der Winkelhof, 1340.

Der Hof eines Gebhard von Wehrstedt, bei der Ritterstrasse, 1354.

Der Hof des urkundlich oft genannten Joh. Semelstute, am Hohenwege, 1356.

Haus und Hof, genannt St Augustins Garten, 1360. Zu St. Johannis ge- hörig (1461).

Ein Turm neben der Thomaskapelle, 1361.

Der Gosehof, nördlich am Nicolaikloster. Zu ihm gehörte eine Mehrzahl von Häusern und Gebäuden, 1367; doch war der Name damals schon nicht mehr im Gebrauch.

Der Sulverhof, am Seidenbeutel, 1347.

Frauenhaus up dem pole, 1370. Ebendaselbst.

Der hof mid der stenen porten, de de lit achter sente Nicolause in hem Gevehardes tweyten, 1375; das spätere TrüUkloster. S. Klöster.

Ein Häuschen, im Volksmunde de crop genannt, in der Kuhgasse, 1382.

Der Honsteiner Hof, bei der Burgtreppe, 14. Jahrb.

Der Mahrenholtzische Hof, auf der Stelle der jetzigen Johanniskirche, 14. Jahrh.

Der hem bursen (Apotheke), im Lichtengraben, 1408.

Die Dombauhütte, im Lichtengraben zwischen der Magdeburger Mühle (s. u.) und der Apotheke, 1408.

Halberstadt (Stadttopographie: ehemalige weltliche Gebäude, Badstuben Der Dom) 223

Der Krekenhof, 1414, beim Graaeu Hof.

Das richtehus, consistorium, 1427. War 1601 schon so baufällig, dass es mit Einsturz drohte.

Der Hessenhof, in der Nähe der Domküsterei; wurde 1429 an das Pforten- kloster verkauft

Der Ziegelhof, by deme grawen moneke (also wohl beim Franziskaner- kloster?), 1443.

Der Hof zum h. Geiste, bei der Hossmühle an d^r Holtemme, 1460.

Johannisgildschaftshaus, am Johannisthor, 1464.

Der Krauthof, hinter S.Paul, gegenüber dem Antoniushof, dar de twey olden remen tovome gestan hadden. (Der Rat erhielt bischöfliche Erlaubnis, diese wieder aufzurichten.) 1467.

Eürschnergildehaus, am Holzmarkt beim Schling, 1490.

Brauhaus, an der Eornstrasse, hinter dem Garten der Predigermönche, 1490.

Schradergildehaus, am Eommarkt, 1491.

Hirtenhaus, in der Bakenstrasse, 1517.

Marstall, 1539.

Der Stedemsche Hof, Trüllgasse 10, erbaut von Franz und Christoffel von Dorstadt 1556, abgebrochen 1839.

Zwei Brauhäuser, in der Yalkenstrasse, 1604.

Potts Brauhaus,. am Breitenwege, 1680.

Die Erebsscheere , vor dem Eingange der danach benannten Strasse, ab- gebrochen ca. 1830.

Badstuben werden oft erwähnt. Eine solche stupa, gehörig dem Pauls- süft (alle Badstuben gehörten den geistlichen Stiftern !), lag vor einem der Stadt- thore (1303, 1305).

Die Badstube der schönen Mädchen (scone meteken stoven), Dominicanerstr. 7., 1311 erwähnt, damals unter der Yogtei eines bischöflichen Lehnsmannes; 1456 der Paulskirche gehörig, die den Zins (34 Schillinge jährlich) davon erhielt.

Paradiesstoven, bei der Magdeburgermühle, 1395, am Lichtengraben.

In der Neustadt vor dem Wasserthore lag die Hackelstoven, 1454.

Die stoven der hern von unser vrowen, 15. Jahrh.

In der Nähe des Doms die Badstube der Domherren (stupa Älberti), 1443.

Die Elinkstoven unweit der Stadtmauer, 1539.

Hoenstoven, bei der Hühnerbrücke, 16. Jahrh.

Noch vorhandene kirchliche Gebäude

1. Der Dom

Von der Litteratur kann hier nur das Wichtigste erwähnt werden, im übrigen wird auf die in den Anmerkungen gelegentlich enthalteneu Litteraturangaben hingewiesen.

Dr. A. Brackmann , Urkundl. Geschichte des Halberstadter Domkapitels im Mittelalter. Harzzeitschrift 1899, S. 1-147.

C. Elis, Der Dom zu Halberstadt. Halb. 1857.

Derselbe, Der Dom zu Halberstadt. Im Wochenblatt für Architekten u. s. w. 1882 . No. 80ff.

224 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Kurien u. s. w.)

C. M. Haber, Kurzgefasste aber doch gründliche Nachricht von der Hohen ÖtiilU- Kirchen oder Dom-Kirchen zu Halberstadt. Halb. 1728.

E. Hermes, Der Dom zu Halberstadt. Seine Geschichte lud seine Schätze. Halb. 1896.

Dr. F. G. H. Lucanus, Der Dom zu Halberstadt. Halb. 1837.

Derselbe in Bechsteins Kunstdenkmälern in Deutsch!. I, 2. 17.

V. <4uast in der Ztschr. f . Bauwe§en 1852, 115.

Dr. K. L. Zschiesche, Halberstadt sonst und jetzt. Halb. 1895, S. 134-165.

Über die Geschichte des Domkapitels giebt die oben angeführte Arbeit von Brackmann äusserst genauen und zuverlässigen Überblick, welcher hier ein weiteres Eingehen auf diesen Gegenstand entbehrlich macht Wir wenden uns daher sogleich der Aufzählung der

Kurien zu. Sie werden im allgemeinen schon 1150 erwähnt Seit alter Zeit sind sie mit Buchstaben bezeichnet worden, welche indes in ihrer Anordnung wiederholt gewechselt haben. Ein Verzeichnis von 1573 nennt die damaligen Besitzer: A. Marenholz (am Düstemthor bei der Lorenzkapelle, schon 1508. Jetzt liegt A. als No. 34 an der Nordseite des Domplatzes). B. Spitznase (war die zweite vom Düstemthor nach Liebfrauen zu; diente 1473 dem Balthasar von Neuenstadt zur Wohnung). C. Knesebeck (wahrscheinlich damals neu erbaut da sie 1510 als baufällig bezeichnet wird). D. Marstall auf dem Petershof (jetzt ist D. No. 37 an der Nordseite des Domplatzes). E. Randow. F. Marenholz d. J. (jetzt No. 40, am Tränkethor). 6. Lochau. H. Spiegel (die Spiegeische Kurie, Aufbewahrungsort einer stattlichen Gemäldegalerie, nördlich am Domplatz), K Holtzendorf (am Tränkethor, 1509 schon erwähnt, jetzt No. 12 westlich vom Düstemthor). L. Rössing. M. Rintorf (lag 1478 am Lichtengraben). N. Herling. 0. Dechant Friedrich v. Britzke (jetzt No. 33 an der Nordseite des Platzes). P. Remtermeister. Q. Rekewech (zuerst 1501 erwähnt). R. Werder. S. Langen. T. Theologenhof (lag 1455 hinter der Schule). V. Kannenberg (1461 hinter der Schule nach Norden). X. Britzke (gegenüber der Schule 1479). Y. Meltzengk (zuerst 1512 genannt). Z. Die Domprobstei (curia ultima, östlich vom Düstem- thor schon 1477, wie noch jetzt).

Ausser den schon erwähnten, welche noch jetzt Buchstabierung zeigen, sind heute als Kurien noch kenntlich Domplatz No. 43, wo an der Vorderseite zwei Wappen angebracht sind a) des Christian Friedrich, Grafen zu Stolberg-Werni- gerode, Probstes zu Walbeck, 1798; b) des Christof v. Hüneken, Domherrn und Vicedominus zu Halberstadt, 1658. Femer Domplatz No. 3, welches Haus über dem Mittelfenster des Oberstocks das Wappen des Erasmus Friedrich, Freiherm V. Redern 1796 zeigt Da jener aber Dechant von Liebfrauen war, so dürfte diese Kurie zu jener Kirche zu rechnen sein.

Sonst werden urkundlich erwähnt und auch der Lage nach bezeichnet, jedoch nicht so, dass man sie sicher identifizieren könnte: der Honsteinerhof auf der Burg 1383; der Hof des Domprobstes Albrecht von Wernigerode beim Liebfrauenthor (Drachenloch) 1386; die Kurie des Friedrich von Hoym hinter der Schule 1432; Kurie bei der Lamprechtskapelle 1440; eine Kurie bei der Laurentiuskapelle östlich vom Düstemthor; eine Kurie nördlich von der Burgtreppe 1458; eine Kurie hinter der Schule 1461; eine Kurie an und über dem Tränkethor 1461 ; eine Kurie gegenüber Liebfrauen an der Matemus- kapelle 1461 ; eine Kurie bei der Lamprechtskapelle 1461 ; eine Kurie auf

*.

.i

Halberstadt (der Dom : Enrien n. s. w.)

der Burg, an der Ecke am Düsterathor nach "Westen {identisch mit der Kurie B.?) 1461; eine Kurie an der Eciie des Tränketliors 1472; eine Kurie auf der

Fig. 79.

Burg, rechts an der Ecke, wo man zu den Pfortenfranen ging, 1486; eine Kurie in der Triillgasse 1509.

226 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom : ehemalige Baumlichkeiten des Stiftes)

Von* anderen ehemals zum Stift gehörigen Räumlichkeiten wird zuerst das Refectorium 1150, dann auch 1218, 1241, ein Refectorium der Kanoniker 1365 erwähnt; die Küche der Domherren 1194; das heizbare Aestuarium 1307; es diente dem Kapitel im "Winter (als locus capitularis hye- malis, 1371) als Sitzungsraum; der Sommerkapitelsaal 1380 u. ö.; der Kapitelsaal, ohne nähere Bezeichnung 1324 (des capitels domzen 1483), heisst auch das capitalium dominorum und lag am Kreuzgange, wo vor seinem Ein- gange geistliches Gericht gehalten wurde (s. Baubeschr.); die alte Badstube (stuba nostra claustralis, Wirkungsstätte eines barbitonsor) 1365 und 1443; das Schlafhaus 1377 (dormitorium 1436); ein neues Schlafhaus der Vikare wurde 1460 zu erbauen beschlossen, erwählt wurde dazu eine wüste Stätte, wo die alte Bad- stube gestanden hatte. Im Untergeschosse des Hauses wurde eine Kinderschule eingerichtet ; dass das Schlafhaus auch als Gefängnis diente, erfahren wir 1607 ; das Haus des Unterküsters, gelegen im „Graben" 1386; das üomarchiv (elau- sura) 1411, 1419; die Bibliothek der Vikare, erbaut 1416 bei dem Schlaf- hause; — die Domkämmerei, an der Ritterstrasse gelegen 1457; die Klausur der neuen Vikare, zugleich als Kassenlokal benutzt 1466; der Küstereihof, nicht weit vom Wasser gelegen 1467; das Stiftsgefängnis 1606; die Dechanei 1610.

Bis in die sechziger Jahre unseres Jahrhunderts gab es um den Kreuzgang südlich, westlich und östlich eine Anzahl von wohlerhaltenen Stiftsgebäuden, welche bei der Preilegung leider beseitigt worden sind , nämlich : westlich am Domplatz 1. der sog. Domkeller (Plan DK), ein unten massives, oben schön geschnitztes Fach- werkhaus mit hohem, 3 geschossigem Dach (Fig. 79); Reste der Schnitzereien sind an die Domprobstei (Zwicken) übertragen worden. Der Domkeller war aus dem 16. Jahrhundert; 2. neben dem Remter, welcher hinter dem Domkeller versteckt stand, südlich führte die sog. Spendetreppe (Plan T) in den Kreuzgang hinab. Neben dieser 3. eine Scheune (Plan Seh); daneben, die Ecke bildend 4. ein Wohnhaus (Plan W), unten massiv, das überkragende, einzige Obergeschoss in Fachwerk. Wir haben dies Haus als jenes neue Badehaus anzusehen, welches 1416 in der Grösse eines früheren erbaut worden ist, und 1606 jährlich 50 Gulden an das Bauamt zu zahlen hatte. Zu gleicher Zeit ist auch entstanden 5. das Komhaus (Plan K), durch eine Brandmauer von dem vorigen getrennt, gleich diesem nur einstöckig, aber breiter und höher. Seine Erbauung wurde 1416 den Vikaren erlaubt, welche zu diesem Zweck die alte Badstube und andere Gebäude besei- tigen mussten. Von den drei Stockwerken, welche ihnen erlaubt wurden, ent- hält das Dach zwei. Daneben nach Osten 6. die Choralei (Plan C H), ein niederes, mit zwei Dacherkem versehenes, langes Gebäude; 14. Jahrhundert, darauf 7. die Bibliothek (Plan B), auch als Archiv benutzt, mit Gewölben und einem grossen Kamin im Untergeschoss. Ganz südöstlich 8. ein grosses Sitzungszimmer (PlanSz) mit gewölbter Holzdecke. Neben der Stephanskapelle 9. die mit einem Tonnen- gewölbe eingedeckte Ständestube (Plan S S T), über beiden 10. Rittersaal, Kapitel- stube und Bibliothek, erbaut 1613; nur noch eine geschnitzte Thür davon ist in der Stephanskapelle aufbewahrt.

Noch vorhanden ist der Remter, seit alter Zeit als Kasse und Registratur, jetzt als Gymnasialaula benutzt; der alte Kapitelsaal; die jetzt als Domküster-

Halberstadt (der Dom: Kapellen Baugeschichte: der Land 2. Dom) 227

Wohnung benutzten Räume; die alte Sakristei; die Schatzkammer; der neue Kapitelsaal; die Domprobstei (Zwicken).

Kapellen. Da von ihnen in der Baugeschichte näher zu sprechen ist, seien hier nur ihre Namen und ihre Lage genannt. 1. St. Ludger an der Nord- seite, 2. Kryptenkapelle S.Mariae und Stephani, 3. Marien- (Bischofs-) Kapelle hinter dem Chor, 4. Stephanskapelle, 5. Neustädterkapelle, beide am Kreuzgange, 6. S. Laurentii am Düstemthor.

Bevor an die Darstellung der Baugeschichte des Domes gegangen werden kann, ist zu bedenken, dass der jetzige Dom, genau gerechnet, der fünfte ist, den Halberstadt seit Begründung des Bistums besessen hat. Es scheint nicht überflüssig, trotz mancherlei früherer Bearbeitungen über die zu Grunde gegangeneu Bauten hier nochmals zu reden.

[Der 1. Dom. Die Zeit der Gründung des ältesten Domes (monasterium) liegt im Dunkeln ; jedoch wird man schon das Ende des 8. Jahrhunderts dafür annehmen dürfen. Er wurde aber damals keineswegs vollendet, erhielt vielmehr einen Erweiterungsbau durch den Bruder des Bischofs Hildegrim I., Ludger (f 26. März 809); was dieser vollendete, wurde dem h. Johannes und Paulus ge- weiht Es muss ein sehr wesentlicher Teil des Domes gewesen sein, der dal die Bezeichnung basilica s. Ludgeri empfing, unvergessen blieb Ludgers VenHle auch später, als man im 13. Jahrhundert eine (unten zu besprechendeiffiörige am Dom, die jedenfalls einen Ersatz für ähnliche, den früheren Dom^segrim IL, Kapellen bildete, dem h. Ludger weihte. Erst der vierte Bisclmfog. Auf dem gab dem Dome die Vollendung und weihte ihn am 5. NovejifOnsolidität des Hochaltar wurden kostbare Reliquien niedergelegt Abj^ieT Er soll das Grab Baues bewirkte, dass dieser am 3L Mai 965 zusammegg^s vom Stephanusaltar, des Bischofs Sigismund (f 923) enthalten haben, d'^tattet war. Nichts er- nicht liegend, sondern auf einer Eathedra siteg^bäude und der bischöflichen fahren wir über das Schicksal der ältesten^^^ diesem selbst lässt sich nach Wohnung; sie lagen nördlich vom Dop^^^gg g^ etwas nordöstlich von dem den unklaren Überlieferungen "^^rria^^^^Yi&nenheit kann der Abstand nur jetzigen Dome stand; nach der /^ unbedeutend gewesen sein.] ^^^^^ Bischof Bernhard mit dem Neubau, weihte

[Der 2. Dom. Sofort ^^ ^^^ ^ ^^g^l, ^u^de das "Werk wenigstens schon 966 einen Altar /^' '^^^^ ^^ j^ Gebrauch genommen werden konnte, teilweise hergestellt, 'f g H (p 85-88) weihte Bischof Hüdeward die Krypta Nach dem Beriet^ ^ Stephanus. Er errichtete an der Osteeite (ako in

t Altar der h. Ju^^r., ^^^^^^^ ^^.^^^

r^elZr für beide zusammen, südlich einen des h. Petrus und Paulus nLlTetetATar der beiden hh. Johannes. AUe diese Altäre wurden mit SSn vTeLTiligen aufs reichste ausgestattet ^ der Krypta -rd^ ^e . Leiche des 968 gestorbenen Bischofs Bernhard beigesetzt "/^ f *^^/i^ '' t^ «nkte Hiirward den Dom „mit einem Schatze, köstlicher als Gold und Topas, Smth mTdemtlute des h.Steph-us samt zweiGUedern von ihm und seinem

l

228 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baugeschichte: der 2. Dom)

Gewände, alles, wie man es in dem Altar fand, in welchem Drogo, der Bischof von Metz, diese Dinge samt dem Arme des Heiligen niedergelegt hatte. Am 10. Mai 980 (der seitdem ein hoher Feiertag in der Halberstädter Diöcese blieb) wurden die Reliquien von der Geistlichkeit und einer unermesslichen Volksmenge in Empfang genommen.

Allmählich, aber vergleichsweise sehr rasch, wurde der Dom vollendet Die Weihe fand statt unter der Regierung Ottos HL am 16. Oktober 992. Anwesend waren die Erzbischöfe von Mainz, Magdeburg und Hamburg (samt ihren Suffragan- Bißchöfen), ferner acht andere Bischof^. Diese elf, welche mit Hildeward zusammen gleich der Zahl der Apostel waren, halfen bei der Weihe des Doms. Mithilfe leisteten die Äbte von Monte Cassino, Corvey, Lüneburg und viele andere. Auch Otto in. wohnte der Weihe in vollem Königsschmucke bei; er schenkte dem Altar des Ja, Stephan seinen goldenen Stab, der noch zu Zeiten des Ver- fassers der GEH (also zwischen 1209 und 1218) im Dome aufbewahrt wurde. Anwesend war auch die Kaiserin Adelheid mit ihrer Tochter und Nichte, den Äbtissinnen von Quedlinburg und Gernrode; sie beschenkten die neue Kirche reichlich. Alle sächsischen Grossen und viele andere Fürsten und Vornehme spendeten samt einer gewaltigen Volksmenge fröhlichen Zuruf. Das Fest, wie ^n ähnliches noch von niemand erlebt worden war, fand statt am Tage des

'^llus. Die Einzelheiten der Weihe waren folgende: h. Drädeward weihte den grösseren Altar und somit die ganze Kirche der einer Braut und dem h. Stephanus. Er schmückte den Altar „wie das Haupt von der Kripplt zwölf Edelsteinen und barg in ihm eine Kreuzpartikel, Reste Körper, ein Stüctf dem Grabe des Herrn, den Bart S. Peters, etwas von seinem und Reste vieler andb^^^^^^ ^®^ Evangelisten Johannes, die Stephanusreliquien von Magdeburg einen aTL^^'^S®^- -^^ ^®^ Südseite dieses Altars weihte Giselar Innocenz, Vitalis und aller '64 Ehren der hh. Mauritius, Exuperius, Kandidus, Kleide des h. Mauritius und ifeU Märtyrer und beschenkte den Altar mit dem vom Hauptaltar weihte Livezo von ^'^ ^^^ übrigen eben Genannten. Nördlich Vitus, Justinus und Cyriacus. An de?*^^^^ ®^^^" ^^^^ *^^ ^^® ^^' ^^^^^^^^^ Erpo von Verden einen Alter dem h. Papsß^ ^^^ Klosters gegen Süden weihte lieh an der Pforte der bischöflichen Wohnung" w"^^^^ "^^ ^^^ ^' Cäcilie. Nord- Altar dem h. Dionysius und h Liborius Im We^ ^^*^^ ^^" Paderborn einen des hohen Chors weihte Hugo von Zeitz einen Altar zu''^'' ^''''^^' '"^ "^^^ ^^^^ Sixtus t Felicissimus, Agapetus und Januarius. Südlich Ä'^ ^'' ^1*!; ^^'"^^ Hildebald von Worms einen Altar zu Ehren der Märtvrer f '"" ^^""'^ ''^'^'' lytus Pankraz, Vincenz und Cyriacus. Gegen Norden aber^^^^^^^^^^ ^^^'

. JNach der Schilderung der Einweihung in den GV n Ai^ r^v i

Schwieriekeit haf i«f ,in„K «„ i u . ^^ ü M, die freilich manche

_^ngie|Wiat, ist doch soviel sicher, dass der Dom einen Westehor gehabt

' Der also schon damals Kompatron der Kirche war.

Halberstadt (der Dom : Baugeschichte : der 2. und 3. Dom) 229

hat Es scheint aber auch, dass er östlich eine Haupt- und zwei Nebenapsiden besass. Wenigstens erklärt sich so am einfachsten die Anlage von Altären nördlich« und südlich vom Hauptaltar. ^ Die von Erpo von Verden und Rithar von Paderborn angelegten Altäre dürften am passendsten an den beiden Seiten des Querschiffs zu denken sein. In der Nähe befand sich an der Südseite die Thür, welche zu den Klosterräumlichkeiten führte, nördlich die zur Bischofs- wohnung. Ob letztere Gebäude noch von älterer Zeit her stehen geblieben oder jetzt gleichfalls neu erbaut waren, geht aus der Erzählung der GEH nicht hervor, ja der Ausdruck monasterium . . . a fundamentis studiosissirae reparavit weist sogar direkt nur auf den Dom hin , weil das Kloster nur immer claustrum genannt wird. Was die Bauart der Kirche selbst betrifft, so haben wir sie uns als Basilika zu denken, wahrscheinlich als solche, in welcher Pfeiler und Säulen abwechselten. Denn überhaupt erscheint der wohl aufgetauchte Gedanke, dass gemäss der Erziehung Hildebrands der Baugedanke von St. Gallen im Halber- städter Dome erneuert worden sei, als durchaus unwahrscheinlich.

Am 18. April 1060 ging durch eine Feuersbrunst dieser Dom zu Grunde.) [Der 3. Dam, das Werk Bischof Buccos, elf Jahre nach dem Brande (11. Juni 1071) geweiht, dürfte im wesentlichen eine Wiederherstellung des vorigen gew^esen sein, von dem vermutlich noch bedeutende Reste übrig waren. Bucco beschenkte den Dom mit neuen Glocken, was darauf deutete, dass der Brand von 1060 ganz besonders die Türme betroffen hatte, und schmückte ihn mit Malereien, kostbarem Gerät und einem Ambo. Besondere Sorgfalt widmete er dem hohen Chor, welcher Gold- und Silberschmuck erhielt. An der Weihe beteiligten sich 7 Erzbisqhöfe und Bischöfe, darunter Adelbert von Hamburg, Ricbert von Verden u. a. Ausserdem war Heinrich IV. in königlichem Ornate zugegen samt seinen Verwandten und grossem Gefolge, unter dem sich auch Otto von Northeim befand.

Die Herstellung des Domes scheint, da sie so beeilt wurde, nicht sehr sorg- fältig gewesen zu sein. Schon Bischof Rudolf (11147) war zu Ausbesserungen, besonders des Daches, welches er (angeblich 1135) mit Blei decken liess, genötigt. Seiner Bauliebe, die sich unter anderm auch an der liebfrauenkirche bethätigte, möchte ich jene romanischen Reste zuschreiben, welche sich noch jetzt unter dem Remter und östlich vom Kreuzgange, zwischen letzterem und der Stephanskapelle vorfinden. Über die Beschaffenheit der erstgenannten Räume vgl. die Bau- beschreibung. Sie gehören ebenso wie eine einzelne Säule (s. daselbst) offenbar der rudolfinischen Zeit an. Was den anderen Raum (vor der Stephanskapelle) betrifft, so benutzte Rudolf bei dessen Ausbau den noch brauchbaren Teil eines älteren Gewölbes. Man hat diesen Raum als Krypta des 3. Domes angesehen. Dagegen sprechen viele Gründe, ganz besonders folgende : Erstens giebt es keinerlei Beweis, dass jener Dom südlich vom jetzigen gelegen habe. Es ist vielmehr sicher, dass er, wenn er auch kürzer war, doch wenigstens mit seinem Westende auf der- selben Stelle stand wie dieser. Seit 965 ist jeder Dom gewissermassen nur immer

* Das Gleiche von dem Westchor anzunehmen dürfte durch die Analogie anderer nahe gelegener doppelchöriger Kirchen (Quedlinburg, Gernrode) verhindert werden. Die 3 Altäre werden also in einem Kaum gestanden haben.

230 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baugeschichte: der 3. u. 4. Dom)

die Reparatur des vorigen gewesen; auch nach 1179 stellte man den Dom nur notdürftig wieder her und nach 1220 begann man damit, dessen hässliche Er- scheinung stückweise nach und nach zu verbessern und zu erweitem. Eiie Platz- veränderung hat nicht stattgefunden. Zweitens hat diese angebliche Krypta die Längenerstreckung von Norden nach Süden, würde also gegen die orientierte Dom- kirche quer gelaufen sein, was ausgeschlossen ist Endlich nennt eine Erwähnung von 1417 der Stephanskapelle diese ausdrücklich als an dem alten Kapitel- saale erbaut (capellam nostram novam inferiorem in ambitu ecclesiae nostrae in antiquo loco capitulari fabricatam. U. B. d. Höchst. IV, 3 41). Wäre der Raum je Krypta gewesen und hätte er Gräber enthalten, so hätte man ihn ver- mutlich nicht zum Kapitelsaal gemacht. So aber blieb er es, da er es seit alter Zeit war, bis zur Erbauung eines neuen. Was sonst zum 3. Dome gehört, und wie er im einzelnen ausgesehen habe, ist nicht zu ergründen. Nur sicher ist, dass er, wie schon gesagt, im ganzen kleiner war als der jetzige. Die Zerstörung, welche ihn samt der Stadt am 22. September 1179 betraf, war keineswegs voll- ständig. — Die Beseitigung aller seiner Reste geschah erst bei dem späteren Neubau des 5. (jetzigen) Domes, wobei man ausser der oben erwähnten einzelnen Säule, von der wir es wissen, sicher noch vieles andere als Füllwerk der neuen Mauern verwendet hat]

[Der 4. Dom. Im Jahre 1181 ist die Rede von einer Wiederherstellung der beschädigten Kirche. Die Festhaltung dieses Gedankens war es, die ver- hinderte, dass etwas Ordentliches geschah. 1193 giebt es im Dome einen Heilig- kreuz-Altar, vor dem Bischof Theodor begraben wird. Gardolf bemüht sich weiter um den Dom, beschenkt ihn mit einem Taufstein, einer Glocke und einem Altar der Maria Magdalena. Ein anderer Altar (S. Jakobi des Jüngeren) wird von Bischof Konrad imter dem Turme gestiftet. Der 4. Dom hatte also keinen Westeingang, so wenig wie der dritte, weil sich vor ihm der Westchor befand, der auch in der folgenden Periode noch eine Rolle spielte. Die Nachricht, dass Konrad die Kirche, „welche hässlich, roh und von verächtlichem Aussehen war," habe vergrössern und durchaus würdig einwölben lassen, deutet darauf, dass bei dem Wiederherstellungsbau bis dahin nur die Schnelligkeit und Wohlfeilheit massgebend gewesen waren. Das 1214 erwähnte Kirchenschiff ist darum sicher- lich ein unscheinbares gewesen. Am 16. August 1220 erfolgte die Weihe durch die Bischöfe von Halberstadt, Hildesheim, Minden, Havelberg und Preussen.

Dass aus dieser Zeit nichts erhalten ist, irgend welche Bauteile des jetzigen Domes nicht daher stammen können, ist offenbar. Wenn eine Kirche deformis, rudis, ac despecta genannt wird, so kann sie nicht so ausgesehen haben, wie sich nach den schönen ältesten Bestandteilen jetzt schliessen lässt.

Die Wiederaufnahme des Baus entsprang dem Wunsche, dem Halber- städter Dome, aus dem bei fortgesetzter Flickarbeit doch nichts Rechtos werden konnte, durch allmählichen vollständigen Umbau und Vergrösserung ein würdiges Äusseres zu geben. Man ist gewöhnt, die Entstehung der ältesten Teile dem Verdienste des Johann Semeca zuzuschreiben. Semeca (Cemeca, Zemeke, Magister Johannes) war angeblich von niederer Herkunft, studierte in Paris und wurde einer der bedeutendsten Juristen der Zeit In Halberstadt erscheint er urkimdlich als Magister 1224, als Scholastikus 1234, als

Halberstadt (der Dom: Baugeschichte: I.Periode) 231

Decbant 1235 41. Winnigstedts Chronik erzählt, er sei 1245 vom Blitz erschlagen, doch ist wenigstens das Datum unrichtig, da er noch in einer Urkunde vom September 1263 (ungedr. Urkk. des Johannesstiftes) vorkommt. Von seinen Fähig- keiten als Architekt berichtet nur die alte Tradition, keine Urkunde, und die einzige sichere Nachricht, Semeca habe sich um die Erbauung der Halberstädter Stadtmauern verdient gemacht, beweist nicht, dass er Architekt war. Wie es sich damit auch verhalten mag, soviel sieht man aus den stilistischen Merkmalen, dass der seinem Einfluss zugeschriebene Teil des Domes auch zu seiner Zeit entstanden ist, gegen 1230—40 etwa, also unter seinem Dechanate.

Das erste Bauglied, dessen Erneuerung geplant wurde, war der Westchor. Ihn wollte der Domküster und Probst zu Jechaburg Burchard von Warberg auf seine Kosten und zu Ehren der h. Jungfrau und des h. Sixtus^ neu erbauen lassen. Auch stiftete Burchard dort testamentarisch eine Vikarie beider Heiligen. Da diese nun aber erst nach seinem Tode eingeführt werden sollte, femer der Ausdnick in der Urkunde: in occidentali choro, quem ipse . . . constituit nicht so klar ist, dass man daraus die Fertigstellung oder auch nnr die im Werden befindliche Herstellung des Westchors abnehmen könnte, so darf man wohl vermuten, dass jene damals nur erst beabsichtigt und verabredet war. Wahr- scheinlich gab man das Ganze bald darnach auf, weil es noch auf den vorigen, anders und besonders kleiner gestalteten Turmbau berechnet war. Als man bald darnach an dessen Erneuerung ging, erfolgte diese nach durchaus verändertem Plane. Hiermit erst beginnt die Baugeschichte des jetzigen Doms.]

Der 5. Dom. Die Geschichte der Entstehung des gegenwärtig vorhandenen Doms erstreckt sich über den weiten Zeitraum von rund drei Jahrhunderten, ist damit aber noch nicht abgeschlossen. Obgleich die Bauthätigkeit in dieser ganzen Zeit eigentlich nie unterbrochen wird, und sich auch später noch fortsetzt, so lassen sich doqh mehrere Abschnitte deutlich von einander trennen.

Der ersten Periode gehören diejenigen Teile an, die aus der Zeit des Über- gangsstils stammen: der Turmbau mit der Westfront, zweierlei Stücke am Chor, die Schatzkammer; femer ausserhalb des Doms: der Remter, der Kreuzgang, die Doniküsterwohnung.

Anschauung französischer und rheinischer Baukunst haben zusammen gewirkt, um dem Dome eine durchaus neue Erscheinung zu sichern. Der Westchor fiel. Hinter ihm erwuchs von Norden beginnend ein mächtiger Doppelturmbau mit prachtvoll ersonnener Westfront, geschmückt von fein durch- gearbeitetem Portale und einer Fensterrose. Gleichzeitig fasste man, um dem Bau die Ähnlichkeit mit der früheren doppelchörigen Anlage einigermassen zu bewahren, den Plan, statt des verschwundenen Chors hier an der Westseite eine dreischiffige Säulen verhalle, sog. Paradies, zu errichten. Es ist nicht zur Aus- führung gekommen, sehr bedauerlich, weil die noch vorhandenen Ansätze dazu beweisen, dass hier ein Werk von hohem Reiz beabsichtigt war. Späterhin erbaute man statt dessen eine hölzerne Vorhalle, die noch bis ins 18. Jahrhundert vorhanden war.

* Vgl. was oben über den Westchor des 2. Doms gesagt ist. Obige Notiz über den Warbergiscben Westchor steht in einer Urk. von 1227. Uß. des Höchst. I, 602.

232 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Born: Baugeschichte: 1. Periode)

Dass die ersten Joche des Langhauses auch schon angefangen wurden^ ist unwahrscheinlich; nur sichtbar ist, wo sie ansetzen sollten. Zu gleicher Zeit begann hinter dem Chor des 4. Domes der Bau des Chors samt seiner Krypta, die zuerst 1258 genannt wird. Wo diese lag, wird in gleichzeitigen Urkunden nicht berichtet, lässt sich aber aus späteren mühelos schliessen. Es wird nämlich die Marienkapelle, von der unten weiter zu reden ist, oft genannt: in crypta. Das würde noch nicht viel beweisen, man möchte vielleicht sogar an irgend eine andere Kapelle gleichen Namens denken, freilich wäre nicht zu sagen, an welche. Dass nicht an den Baum vor der Stephanskapelle gedacht sein kann, ist oben schon dargethan. Eine Nachricht vom 1. Oktober 1477 macht aber die Sache deutlich. Dort heisst dieselbe Kapelle „unser leven Frowen klufft effte capellen boven unde tiegen deme chore" und in ihr ist die Vikarie „geheyten unser leven Frowen altare in cripta." Die erstere Ortsbestimmung ist durchaus zutreffend: oberhalb des Chores in ihn eingeschoben liegt allerdings die Marienkapelle. Natürlich gab es 1477 dort längst keine Krypta mehr, aber der Altar hatte den Namen geerbt, welchen der früher an derselben Stelle, in der Mittelapsis der Krypta, stehende geführt, und den dieser schon von Bischof Hildeward 974 erhalten hatte. Wer noch nach äusseren Zeichen sucht, dass der alte Dom des Übergangstils seine Krypta, also auch seinen Chor an derselben Stelle gehabt hat, wie der jetzige, findet ein solches in der sog. Klee- blattthür, einem zum Stil des Westbaus durchaus, zu dem des jetzigen Chores gar nicht passenden Stück. Sie .muss einen Eingang zur Krypta gebildet haben, da sie zur ebenen Erde (in der nordöstlichen Travee des Chorschlusses) liegt Zu solchem Zwecke würde auch die Schlichtheit und Schwere ihrer Form passen. Die eigentümliche schräge innere Verkröpfung ihres Gewändes rechts dürfte darauf deuten, dass hier ehemals eine geviertelte Treppe nach Osten in die Krypta hinabführte. Eine andere ähnliche Thür lag südöstlich symmetrisch. Die erstere bewahrte man, so lange die Krypta noch gebraucht wurde, und es keinen anderen Zugang zu ihr gab, weil der ganze Chor der Bauarbeiten wegen viele Jahre vom Langhause abgetrennt war. Späterhin baute man sie einfach mit ein, um sie als Choreingang zu benutzen. Dass der Chor etwa an der Stelle der heutigen Vierung gelegen hätte, ist durch nichts zu beweisen. Was man als dessen Rest angesehen hat, wird sich als etwas ganz anderes herausstellen. Vorweg sei hier auf einen sehr merkwürdigen Befehl des Bischofs Albrecht hingewiesen, den er erliess, als der Neubau des Chors nach der Mitte des 14. Jahrhunderts begann. Da verfügte er nämlich, man solle, da durch den Umbau auch die Zerstörung mehrerer Altäre im Chor notwendig geworden sei, um keine Unterbrechung des Kultus herbeizuführen, hölzerne Altäre pro- visorisch aufstellen. Wenn der alte Chor erhalten blieb, während der neue gebaut wurde, weshalb sollte man in ihm die Altäre vorzeitig zerstört haben? Hätte man nicht vielmehr zuerst die Altäre des neuen Chors vollendet und sie dem Gebrauche übergeben? Nein, der alte Chor musste erst beseitigt werden, weil er dem Neubau im Wege stand, und darum zerstörte man jene Altäre, grenzte dann jedenfalls durch eine Wand das Langhaus gegen den Altar- raum ab und vollendete dahinter den Bau, während der Chordienst einstweilen an den provisorischen Altären im Langhause versehen werden musste. Dass

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Halberstadt (der Dom: Baugeschichte: 1. Periode) 233

dies ein halbes Jahrhundert dauern würde, konnte man freilich nicht vor- hersehen.

Auch noch ein anderes Stück musste bei bem Chomeubau niedergerissen werden : die Ludgerkapelle. Von ihr soll sogleich weiter die Kede sein.

Zunächst ist als Resultat des Vorhergehenden festzustellen, dass, weil die Westfront noch da ist, und der Chor (nebst Krypta) unzweifelhaft an Stelle des jetzdgen stand, der 5. Dom schon in seiner ersten Bauperiode in derselben oder ganz unwesentlich geringerer Länge gedacht war als derjenigen, welche er auch jetzt hat. Nur so gewannen Länge und Breite des Doms das richtige Verhältnis zu einander. Hier kommt aber ein Moment hinzu, was die Sache auffallend machen könnte. Die Baubeschrei- bung wird lehren, dass derselbe Dom niedriger werden sollte als er heute ist; das Mittelschiff nur so hoch, dass der Mittelbau zwischen den Türmen frei stehen konnte. Das hätte denn zwischen Länge und Höhe ein merkliches Missverhältnis abgegeben. Auch heute noch ist ein solches vorhanden trotz der grösseren Höhe der Kirchenschiffe; auch in neuester Gestalt beherrschen die Türme nicht den langen Bau, und dies wird durch den kleinen Dachreiter nicht beseitigt. Es ist genau derselbe Übelstand, an welchem auch der Dom zu Magde- burg leidet. Diese Schwierigkeit konnte nur dadurch sicher und harmonisch gelöst werden, wenn der Dom vier Türme erhielt! Das ist damals richtig erkannt, und die Ausführung auch begonnen worden. Noch lebte und baute man ja im Geschmack der romanischen Epoche. Die rheinischen Vorbilder des Doms und deren Nachbild, die auf demselben Platze stehende Liebfrauenkirche, gaben leicht das Muster dazu her. Auch der Dom zu Magdeburg that es, dessen Zusammenhang mit dem Halberstädter Dom längst bekannt ist. Auch er ist als viertürmige Anlage gedacht gewesen. Die Torsos seiner zwei viereckigen Osttürme stehen unmittelbar hinter dem Querhause, über dessen Giebelwände nicht hinaustretend. Betrachtet man den Grundriss unseres Doms, so sieht man die Anfänge eines solchen , genau entsprechend gelegenen und ähnlich grossen Turmes östlich vom südlichen Kreuzarm, wo eine Mauermasse auffällt, deren Dicke motiviert ist dadurch, dass an den dort stehenden Chorstrebepfeiler eine andere Wand sich anlehnt. Die nach dem Kreuzgange gelegene Wand dieses Bauteils tritt aus der Kreuzgangswand deutlich unterscheidbar hervor, hat auf der Westecke die Beste zweier massig starker Ecksäulen und ein in der Quere sich über die Mauer ziehendes, schmales Gesims. Der Innenraum enthält jetzt eine Treppe, die sichtlich erst später eingesetzt ist. Ursprünglich diente der Raum als Kapelle, wie zwei Sakramentsnischen an der Ostwand deutlich zeigen. Hier einen Überrest des ehemaligen Chores zu vermuten ist darum irrig, weil der Baum ausserhalb des Kirchenschiffs liegt. Hat man hier vielmehr ein Über- bleibsel des Südostturms zu erkennen, *so entsteht die Frage, ob es auch einen Nordostturm gegeben habe. Nun wurde im Mai 1354 die Erlaubnis erteilt, die Kapelle St. Ludger abzubrechen, weil sie dem Bau des neuen Chores im Wege stand. Sie befand sich nach urkundlicher Beglaubigung am Dom auf der Nord- seite. Die Steine sollten zur Vollendung des Chorbaus dienen. Dass sie wirklich damals schon abgebrochen wurde , erfahren wir nicht. Erst im 15. Jahrhundert wurde der Bau der nördlichen Chorseite mit der ersten Travee neben dem Quer-

234 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: fiaugeschichte : l.u. 2. Periode)

hause östlich beendet. Das ist aber gerade die Stelle, wo ein Nord- Ost-Turm, wenn es ihn gab, gestanden haben muss. Elis (p. 9) nimmt nun diesen Platz als den der Ludgerkapolle an. Wenn er recht hat, wogegen sich nichts sagen lässt, so folgere ich daraus, dass die Ludgerkapelle der viereckige, untere Innenraum des Nord-Ost-Turms war! Er musste weichen, um denEin- druck des schönen nördlichen Frontbaus nicht zu stören, während sein südlicher Genosse, wenigstens zum Teil, stehen bleiben durfte; war doch die Südseite unten ohnehin durch die Stiftsgebäude verdeckt

So sind also in der ersten Periode erbaut: Die Westtürme, die verschwun- denen Osttürme, der im 14. Jahrhundert verschwundene Chor mit der Krypta. Ferner entstand zu ähnlicher Zeit der Kreuzgang, die Schatzkammer und der Remter. Der Stil dieser Baulichkeiten giebt dafür den hinlänglichen Beweis.

Mir scheint nicht, dass es für uns zu bedauern ist, dass damals nicht mehr vollendet wurde. Gerade, dass der Halberstädter Dom nicht aus einem Gusse entstanden ist, bildet einen seiner Hauptreize, wie bei so vielen mittelalterlichen Bauten. Eine andre Frage ist es, ob es denen, die jeweilig daran schufen, erwünscht war, ihr Werk unvollendet zu lassen. Gewiss oft nur mit schwerer Entsagung mögen sie Abstand genommen haben. Die Hauptursache war zu allen jenen Zeiten die Unsicherheit des Lebens, die schlechte wirtschaftliche Lage. Um nur einigermassen weiter kommen zu können, benutzte man das Mittel der Ablässe,^ in dieser Periode allerdings noch nicht so ausgiebig wie in der folgenden. Von einem Bauamte wird noch nichts berichtet, was jedenfalls nur Zufall ist

2. Periode. Während des 13. Jahrhunderts weicht die Neigung zur Schwer- mut, die Befangenheit und Schwerfälligkeit der früheren Zeit; die Freude an Licht, Leben und Bewegung lässt die Kirchen hoch, hell und geräumig werden. Auch in Halberstadt lässt man den bisherigen Bauplan endgiltig fallen und entwirft einen neuen, der für alle Folgezeit massgeblich blieb, wenn auch die , Einzelheiten ihre Gestalt nach dem veränderten Zeitgeschmack wechselten. Nur von dem Entwürfe des neuen Chors musste später abgewichen werden. Er sollte ursprünglich gleich dem Magdeburger im halben Zehneck geschlossen und wahrscheinlich gleichfalls mit einem Kapellen- kranze versehen werden! Als Beweis dafür lässt sich ansehen, dass die Breite der Traveen (durchschnittlich 5,50 m) im Verhältnis zu dem Halbmesser des Chores (8,52 m) genau dazu stimmt, um dem Chore einen halbzehneckigen Abschluss zu geben. Eine einfache trigonometrische Rechnung bestätigt dies.

Zunächst aber entstand das Schiff des Langhauses in Anlehnung an das Vorbild des Doms zu Rheims. Die drei ersten Joche sind noch erhalten. Das Schiff scheint 1276 fertig gewesen zu sein. Das Geld war zu der Zeit ganz besonders spärlich. Allein zwischen 1252 und 1266 wurde nicht weniger als 13 mal nachweislich, in Wirklichkeit sicher viel öfter Ablass erteilt. Daneben hört man von Strafgeldern, die zum Bau verwendet wurden, von Schulden; 1297 gab das Liebfraucn-Stift 100 Mark, wofür Verpfändung von Präbendon u. dergl. stattfand.

' Über einen Ablass 1276 s. H.-Z. XXIIl, 279.

Halberstadt (der Dom: Baugeschicbte: 2. und 3. Periode) 235

Von dem alten Chor ist einigemal die Rede, urkundliche Vollziehungen finden in ihm statt. Aber seine Zeit ist gekommen. 1354 wird der Abbruch der Ludgerkapelle erlaubt; der Chorneubau ist beschlossen. Ohne aber auf dessen Vollendung, wahrscheinlich sogar ohne auf dessen Beginn zu warten, reisst man die Apsis des alten Chors fort, beseitigt den darunter liegenden Teil der Krypta mit dem Marienaltar und baut hier in viel zu beträchtlicher Breite, absichtlich ohne den alten Plan für diesmal zu beachten, eine neue Marienkapelle hin, die 1362 fertig wird. Ihre Bestimmung geht zunächst auch dahin, während des Chorbaus provisorisch als Sakramentskapeile zu dienen. So beherbergt sie noch 1434 unses herren godes licham, also ein Kruzifix, vor dem eine ewige Lampe brennt. Ihre Breite zwingt zu weiterer Abweichung vom ehemaligen Plan. Von der Idee des halbzehneckigen Abschlusses muss jetzt ab- gesehen werden, der Chorschluss erhält rechts und links von der Marienkapelle je eine plumpe breite Travee. Die übrigen werden nach dem alten Massstab weiter gebaut. Etwas anderes möchte man mit Unrecht dem Bau der Marien- kapelle schuldgeben: die südliche Abweichung des Chors von der Achse. Der Fehler ist sicher schon begangen worden, als Mitte des 13. Jj^hrhunderts hinter dem Chor des 4. Domes, von diesem verdeckt, der des 5. entstand. Die Gelegen- heit, beim Bau der Marienkapelle mit der Verbesserung dieses Fehlers zu be- ginnen, liess man vorübergehen. Man nahm eben den Chorbau nicht auf einmal, sondern stückweise vor. So zog sich der Bau lange hin, und erst 1402 wird berichtet, dass er vollendet sei.

Wiederum hatte sich das Stift in die erheblichsten Unkosten gestürzt; oft hören wir davon und von den so entstandenen Schulden , die dadurch nicht beseitigt wurden, dass 1344 mehrere goldne Kleinodien beim Rat von Braun- schweig versetzt, 1350 zwei Heiligenbilder einem Juden verpfändet wurden, dass man das Amtsantrittsgeld der Kanoniker um 10 Mark erhöhte (1366), Bischof Ernst eine Landsteuer erhob (1391) und das Bauherrenamt häufig bedeutende Spenden erhielt. Von dieser fabrica ist sehr oft die Rede, am ausführlichsten unter Angabe aller ihrer Befugnisse und sonstiger, auch technischer Einzel- heiten in dem Registrum fabricae von 1366.^ Die beiden darin genannten Bauherren, die Domherren Johann v. Romsleben und Hermann v. Bültzings- löwen, kommen noch 1373 zusammen im selben Amte vor. Es ist auch hier wie «anderwärts, dass diese sog. Bauherron nur Verwaltungsbeamte waren; die technische Leitung hatten sie nicht.

Auch andere Bauten sind in dieser Zeit ausgeführt, darunter die kost- spielige, neue Eindeckung des südlichen Westturmes, die im Oktober 1366 noch nicht fertig war. Auch das Schiff bedurfte schon nach dem ersten Jahrhundort seines Bestehens wegen zu schwacher Konstruktion der Strebepfeiler eines sehr umfassenden Umbaus. Mit ihm beginnt ein neuer Abschnitt in der Baugeschichte des Doms. Das Werk der 2. Periode ist also: das (jetzt nur noch im Westen erhaltene) Langhaus, Marienkapelle, Umbau des Chors.

3. Periode. Ehe der Umbau begann, wurde ausserhalb der Kirche an dem alten Kapitelsaale der Bau der sog. Stephanskapelle ausgeführt. Sie war 14U5 noch im Bau und war vor 1417 fertig.

* Vergl. Blis p. 34. Auf das Nähere hier eiozugehen, würde zu weit fuhren.

236 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baugeschichte : 3. Periode)

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Der Bau des Schiffes betraf dasselbe in voller Ausdehnung mit Ausnahme der drei nordwestlichen Joche. Die Arbeit begann von Osten und Westen ziemlich zugleich. Die an den nördlichen Pfeilern eingemeisselten Jahreszahlen zeigen, dass der dritte von der Vierung aus der jüngste ist (1444), erbaut unter der Regierung Bischof Burchards III. von Warberg (f 1459). Er vollendete mit der Schliessung des vierten Gewölbes im südlichen Seitenschiff (sein Wappen ist am Schlussstein) den Bau der Seitenschiffe. Das neue Mittelschiff war inzwischen provisorisch mit einer geraden Balkendecke versehen. Burchards Helfer war der Domprobst Ludolf Quirre (f 1463). Das Querhaus wurde eben- falls begonnen und gegen 1466 eingewölbt, während das Mittelschiff zwischen 1470 und 86 seine Wölbung erhielt (Elis, S.46). Am 23. Februar 1450 heisst es, dass der Bau zwar sehr prächtig weitergeführt, aber noch nicht zur Hälfte fertig sei. Diese Klage dürfte sich vorzugsweise auf den Mangel an innerer Ausstattung beziehen. Die an und für sich alten und baufälligen Stiftsgebäude wurden im selben Jahre durch Brand beschädigt und bedurften des Neubaus. Am 5. Dezember 1454 machte ein Blitzschlag Reparaturen am Dache und an den Türmen nötig. i471 war der Bau zum grössten Teil vollendet und wurde eifrigst fortgesetzt. Im August 1480 ist die Rede von dem nördlichen Portal. Der nördliche Kreuzarm war somit fertig. Der südliche war es wohl schon 1463, wo Ludolf Quirre in ihm bestattet wurde. Man hatte diesen Kreuzarm über sein drittes Quadrat (auf mehr war er im ursprünglichen Plane nicht be- rechnet) hinaus verlängert, wodurch eine Durchbrechung und Überbauung des Kreuzganges nötig wurde. Im Hochsommer 1491 war man endlich so weit, dass der Bau, trotzdem es noch viel an ihm zu thun gab, doch am 28. August durch den Administrator Ernst geweiht und dem Gebrauch vollständig übergeben werden konnte.

Während die südliche Empore bereits fertig war und mit ihrem eigentümlich schiefen Laufe die Achsenabweichung und die im Verhältnis zum Langhause geringere Breite des Chors ausgleichen musste, erbaute man die nördliche mit ihrem reicheren Masswerke (dat kruszewerk) gegen 1500; 1510 wurde der Bau des Bischofstuhls, 1514 der des Kapitelsaales (wobei der Remter nördlich durch- brochen werden musste) beendet, alles in reichster, überreifer Gotik und mit Aufbietung der höchsten technischen Meisterschaft. 1574 bekamen die Türme neue Obergeschosse. Ausserhalb des Doms entstand in den ersten Jahren des lü. Jahrhunderts an der Ostseite des westlichen Kreuzgangkorridors die sogen. Neustädter Kapelle, der h. Jungfrau geweiht. Ihren Namen hatte sie von ilirera Erbauer, dem Domprobste Balthasar von Neuenstadt (zuerst urkundlich 1461, t 1512), der einer bis ins 14. Jahrhundert zurückzuverfolgenden Familie an- gehörte.^ Er wohnte November 1473 in der Kurie B, der zweiten vom Düstern- thor nach Liebfrauen zu. Seine Vermögensumstände waren gut; einen Teil seiner Einkünfte bezog er 1501 aus den Bergwerken von Mansfeld und Werni- gerode, in deren Ertrag er sich mit dem bekannten Mainzer Buchdrucker Peter Schöffer und dessen Sohn Johann gemäss den von ihnen eingelegten Geldanteilen teilte. Die Kapelle, die nur schlicht ausgeführt wurde, war 1502 im Bau fertig

' y. Mülverstedt in der H.-Z. 1870, 627.

Halberstadt (der Dom: Baugeschichte: S.Periode) 237

und erhielt in diesem Jahre Ablass zu Gunsten ihrer inneren Ausstattung vom päpstlichen Legaten Kardinal Rairaund von Gurk. Erst 1516 fand die Weihe statt.

Abgesehen von diesem letzten Bau fielen die Kosten für alles andere dem Bistum zur Last. 1426 gab es darum wieder einen Ablass. Das Sammeln in der Diöcese übernahm die Stephansbrüderschaft, deren stationarii im Lande umherzogen (1435, 1488). 1448 betrugen die Schulden des Kapitels, die freilich durch vielerlei verursacht waren, noch 6600 rh. Gulden, die bei den Kapiteln zu Magdeburg, Hildesheim, dem Rat zu Goslar und einigen Privatpersonen auf- genommen waren und mit 435 Gulden verzinst werden mussten. 1450 hob Bischof Burchard das Kämmereramt auf, um es dem Dombauamt einzuverleiben. Doch war die Schuldenlast inzwischen noch bedeutend gewachsen, besonders durch die Kriegsunfälle. So erklärt sich die Langsamkeit im Fortschritt der Arbeit. 1454 mussten wieder mehr als 350 rh. Gulden geborgt, 1471 viele Güter der Kirche verpfändet werden. 1455 gaben zwei Vikare, Johann Schröder und Gerhard Barkhusen 800 rh. Gulden zum Bau, letzterer ausserdem Kleinodien und rohes Edelmetall für zusammen 22 Mark, alles als Dank für die Beilegung eines Streites über die Einkünfte der Vikare. Besonders gern wird die Gelegen- heit wahrgenommen, wenn man den Juden Geldstrafen auferlegen kann. Im Ganzen lassen sich die Kosten des Kirchenbaus nicht berechnen, weil die An- gaben allzu lückenhaft und unbestimmt sind. Vom Baüamte wird häufig berichtet. Das Baubureau (fabrica) lag 1408 (April) am Lichtengraben zwischen der Magdeburger Mühle und der ,,hembursen" (Apotheke); 1486 lag „unser korken Steinbutten" auf der Burg gegenüber der Ecke „wo man zu den Pforten- frauen ging." An der Spitze des Bauamtes stehen wie früher Kanoniker, „unse bugmestere unde vorstendere des buwes," „procuratores fabrice, qui et magistri fabrice communiter appellantur" (1449). Genannt werden als solche u. a. 1450 Gebhard v. Hoym und Wieprecht Grope, 1445 Albrecht Kempe, 1464 Sievert V. Hoym und Ludolf v. Estorf, 1488 der Vikar Ludolf Nagel. Auch nach der Domweihe bestand das Bauamt weiter. Es begegnet noch 1631, als es alles ent- behrliche Blei zum Giessen von Kugeln an den Rat verkaufte. Seine Einkünfte bezog es teils durch bestimmte Abgaben, unter anderen der neu eintretenden Kanoniker, gewisse Lehnszinse, die Einkünfte des seit 1450 aufgehobenen Kära- niereramtes, teils durch Sammlungen, testamentarische Stiftungen, freiwillige Spenden und dergleichen.

Nach der Reformation, besonders nach 1574 lässt die Bauthätigkeit nach. Ab und zu hört man von Reparaturen. Auch diese setzen nach 1810 aus, bis der Eifer des Oberdompredigers D. Augustin durchsetzte, dass 1848 die Restau- rierung der Marienkapelle, 1853—54 die des Turmmittelbaues und der Neustädter Kapelle unternommen wurde. Von 1856—68 folgte eine gründliche TVieder- herstellung des ganzen Domes, wobei aber leider die alten Stiftsgebäude an der Südseite zerstört wurden. Die hässlichen Priechen waren schon 1845 entfernt.

Von den Türmen, welche infolge ihrer mit Gips vergossenen Bruchstein- füllung schadhaft geworden waren, und deren obere Fenster darum schon im Mittelalter der Entlastung wegen auf mancherlei Art verändert waren (Hermes, S. 44 ff.), wurden 1858—61 das vierte und fünfte Geschoss umgebaut Sie erhielten achteckige Helme mit je vier kleinen Ecktürmchen. Doch schon

238 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (der Born: Baubeschreibung: Turmbau)

1882 musste der nördliche, 1891 der südliche Turm wegen Baufälligkeit ab- getragen werden.

Nur der Unterbau erwies sich noch als brauchbar. Die Wiederherstellung, welche nach Möglichkeit den Formen des 'Unterbaus gerecht zu werden sucht, ist durch Baurat Vamhagen zu Halberstadt ausgeführt, und hat einen Aufwand von 470000 Mark verursacht. Die Weihe der neuen Türme fand am 18. September 1896 statt.

Baubeschreibung. Die Massverhältnisse des Domes, wie er nach den verschiedenen Bauperioden auf uns gekommen, sind aus den beiden beigefügten Plänen ersichtlich.

Hinter dem Turmpaare folgt das dreischiffige Langhaus, hinter diesem das einschiffige Querhaus von derselben Höhe wie das Mittelschiff, ursprünglich auf drei Quadrate neben einander angelegt, später aber über den Kreuzgang nach Süden erweitert. An das Querhaus schliesst sich in gleicher Einteilung und ähnlicher Breite wie das Langhaus der Altarraum an, mit Chorumgang versehen und mit fünf Seiten eines Achtecks geschlossen. Er weicht aus oben erörterten Gründen von der Längsachse nach Süden um 23' ab. Vor dem Eingange der Marienkapelle beü-ägt die Abweichung 0,80 m. Ein Kapellenkranz fehlt, nur die einzige Marienkapelle schliesst sich nach Osten an den Chor an. Die neben liegenden Wandflächen (Traveen) sind aus oben erörterten Gründen besonders breit geworden.

Die Architektur des Doms ist infolge seiner oben geschilderten langsamen Entstehung von bedeutender Mannigfaltigkeit, jedoch von vorzüglicher Gesamt- wirkung, die nur der auf ein anderes Gesamtbild berechnete Turmbau beein- trächtigt; er ist in den Einzelheiten schön, wirkt aber, besonders von ferne gesehen, nicht beherrschend.

a) Der Turmbau. Die Mitte der dreiteiligen Fassade nimmt ein grosses, 11 m hohes Portal ein, welches zwei zweiflügelige Thüren, getrennt durch einen steinernen Mittelpfosten, enthält. Jede dieser Thüröfftiungen ist halbkreisförmig überwölbt und von einem gleichgeformtcn Blendbogen überspannt in einer Art, die an maurische Vorbilder erinnert, nur dass den Bögen unten die hufeisen- artige Einziehung fehlt. Beide Bogenpaare vereinigen sich in der Mitte, um sich gemeinschaftlich auf den Mittelpfciler zu stützen. Die Thürbögen sind durch Bogenbänder belebt, welche sich im Innern mit fünf, im Äussern mit neun kleinen Rundbögen auf die Halbkreislinie aufsetzen. Die Zwickelfelder zwischen und neben den Bögen sind ausgefüllt in der Mitte durch einen nach links schrei- tenden, nach aussen schauenden Löwen ohne Fundamentlinie, welcher ein Menschenbein im Rachen hält, an beiden Seiten durch je einen geflügelten Löwen. Die Formen sind streng und schlank. Die Lünette darüber ist durch einen nach Weise der frühesten Gotik konstruierten Spitzbogen überspannt Dieselbe Breite hat das schön gegliederte, nach innen abgeschrägte Gewände, bestehend aus drei Rundstäben und ebensoviel verzierten Leisten. Die Lünette enthält eine pyramidale Stellung von 7 Säulen mit 6 Kleeblattbögen, in deren Zwickeln verschiedene Symbole verteilt sind : am Fusse links das des Evangelisten Markus, rechts das des Lukas; ganz oben Christus, zu dessen beiden Seiten links das Symbol des Matthäus, rechts das des Johannes, weiter unten zwei Erzengel.

Balberstadt (der Dom: Baubeschreibnng: Turmbau)

Das innere flache Band des GowUndos ist in naiver Weise von dem Rolimen des unteren Kleeblattbogens durchwachsen. Die zwei inneren Leisten sind noch

HalberatAdter Stadtkreis: Halberetadt (der Dom: Itaubeschreibnng : Turmbau)

besonders durch kleine Enfi;elsköpfcheii in gleichen Zwischenräumen besetzt. Zu imterat der Spitzbogenwandung stehen jederseits vier gegürtete Säulen.

Zur Seite des Portals befinden sich zwei grosse Blendiiischen, nur durch ein schmales spitzbogiges Gewände eingerahmt. Die Scheitel passen nicht auf die Mitte der Türme, sondern sind gegen das Mittelthor eingerückt. Wie in der unten zwischen den Türmen befindlichen Vorhalle, so brachte man auch in

Fig, 81.

diesen ßlendnischen unten die dort beliebte Verzierung mittels fünf kleiner Wand Säule hen mit darüber stehenden vier Kloeblattbögen an. (Die lichte Hohe der Zwischenräume beträgt 2,17 m). Von dem beabsichtigten Paradiese vor der Westfront existiert jetzt nichts mehr als links von der nordlichen, rechts von der südlichen Blcndnische je eine Gruppe von Säulen, von denen die innen am Turmgemäuer befindlichen bis zum Fussgesims herabsteigen und wie am Portal gegürtet sind, die aussen aber bereits in grösserer Hohe über dem Fussboden auf ein Gesims aufgesetzt sind. Ihre Kämpfer, einst bestimmt das Qewölbe zu

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Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung : Turmbau)

241

tragen, stehen unbenutzt. Das Mauerwerk der Türme zeigt bis gegen die mittlere Höhe der Portallünette eine rauhe Beschaffenheit. Yielleicht stammt es noch Tom Turmbau des 4. Domes.^

Das wuchtige Fussgesims des Turmbaus, welches nur an dessen äussersten Enden auftritt und bestimmt war, auch um die Säulen verhalle geführt zu werden, ist seiner Bedeutung entsprechend mehrgliederig ausgebildet. Über einer Plinthe eine Leiste mit Rundstab, dann die attische Base, welche sich um alle Yorsprünge herumwindet. Die beiden Turmecken werden durch Lisenen eingefasst, deren Ecken von drei gegürteten Säulenlisenen gebildet sind, während die innere Kante in ITorm einer attischen Base gebrochen ist und oben in einen Rundbogenfries einläuft. Die Eckiisenen sind, wie ihnen als Säulen zukommt, mit Würfel- kapitälchen und Basis vorsehen (Fig. 81).

über dem 'Portal ist eine wenig hereingerückte Blendfläche von quadra- tischer Anlage. Sie ist mit einem Entlastungsbogen überwölbt mit Rücksicht

WJdtrstäät ,

Fig. 82.

auf das in dem Viereck befindliche grosse kreisförmige Fenster, einem aus dem Westen geholten Motive, einem Vorläufer der grossartigen Rosenfenster an den französischen Kathedralen der ausgebildeten Gotik. Die Entlastung ist nur unvollkommen erreicht; die obere Hälfte des Fensters weist deutlich ein wesentliches Setzen des Bogens auf. Das etAva 5V2 m breite Fenster ist umrahmt mit einem Bogenbande innerhalb eines Rundstabes; der Entlastungsbogen hat dieselbe Umrahmung, die sich beiderseits auf zwei zweimal gegürtete Wandsäulen stützt, ein Motiv, welches sich auch im Innern wiederholt. Die unteren Zwickel sind mit zwei herrlichen Rosetten geschmückt. Das Massw^erk des Fensters ist modern; als genau benutztes Vorbild hat offenbar das Rosenfenster von S.Maria in Toscanella gedient, dessen Form vorzüglich zu diesem Zwecke geeignet war. Der vorher erwähnte obere Rundbogenfries unter dem Hauptgesimse ver-

* Nachbildung aller dieser Dinge geben am besten die ausgezeichneten Aufnahmen der Königlichen Messbildanstalt, deren bis jetzt vom Dome allein 82 existieren.

Kreui Halbentadt. 16

242 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baubescbreibung: Turmbau)

kröpft sich zweimal nach oben und ebenso läuft damit parallel eine Zackenschicht (Fig. 82) und das Hauptgurtgesiras. Zur Belebung der grossen Mauerflächen neben dem Kundfenster bemerkt man unter den Turmachsen zwei blinde, gekuppelte Kleeblattbogenfenster, von Spitzbögen überhöht und zwei entsprechend angelegte kleinere nicht gekuppelte Lichtfenster. Die Form der ersteren findet sich in grösster Ähnlichkeit auch an der Eatharinenkirche zu Braunschweig. An der Nordseite zeigt der Turmbau oben drei gekuppelte Fenster mit Kleeblattbögen und Spitzbogen, das rechts und links ist blind; darunter ein gekuppeltes ent- sprechendes kleineres Lichtfenster, ein drittes noch kleineres ganz unten hat in gotischer Zeit seinen Kleeblattbogen verloren. Die Südseite des Turms hat dieselben drei Fenster oben, unten dagegen nur ein grosses Fenster, welches, wie sein inneres Gewände ausweist, gleichfalls ursprünglich, aber auch seines Kleeblattbogens beraubt ist. Es dient zur Erhellung der Turmkapelle (sog. Blei-* kammer, s.u.).

Als besonderer Schmuck finden sich zur Begleitung der Bogenfriese und Ecklisenen fortlaufende Bänder von kleinen, stark unterarbeiteten schrägen Kreuzchen. Offenkundig ist ihre Verwandtschaft mit den sogenannten Diamant- bändem; zur Belebung tragen sie in erheblichstem Masse bei. Als ein zweites Motiv der Verzierung erscheinen die gegürteten Säulen.

Zwischen den Türmen erhebt sich der Mittelbau. Er zeigt zunächst drei dreifach gekuppelte Lichtfenster mit Spitzbogen überhöht ; das mittelste ist ein wenig höher als die beiden anderen. Darüber erhebt sich der Giebel mit drei Lichtöffnungen, deren mittlere grösste gekuppelt ist und in der Grundform sich durchaus den übrigen Fenstern anpasst, aber mit frühgotischem Masswerk gefüllt ist. Ein gestelzter Eundbogenfries umgiebt das Giebelfeld, während neun, oben mit Knoten versehene kleine spitze Pfeiler den Giebel bekrönen. Dass er ursprünglich bestimmt war, frei in die Lüfte zu ragen, nicht wie jetzt durch das Dach des Langhauses verdeckt zu werden, zeigt sich, wenn man vom Dachboden aus seine dort verborgene Rückseite betrachtet; sie hat, jetzt natürlich zwecklos, dieselbe Ausstcittung wie die Vorderseite. Ausser diesem Merkmale finden sich dort noch mehrere andere, welche für die Höhenbestimmung der beabsichtigten, aber nicht ausgeführten Domkirche des U bergan gstils von grösster Bedeutung sind.

Die vorbeschriebene Architektur wurde in späterer Zeit an den Domtürmen, zwar in ähnlichem Stile, aber in einfacherer Weise fortgesetzt. Die Fenster erhielten in schlanken Verhältnissen Kuppelungen, die Ecklisenen, schmäler als die unteren, zogen sich bis zu den Plateaus hinauf und schlössen sich den ver- kröpften Bogenfriesen daselbst an.

Da der Turmbau gewissermassenjetzt ein Ganzes für sich bildet, und nur aus dessen Gesamtbetrachtung Schlüsse auf das beabsichtigte Aussehen des alten Domes gezogen w^erden können, so muss zunächst noch von seiner inneren Beschaffenheit die Eede sein, ehe zur Betrachtung der übrigen Kirchenteile übergegangen w^erden kann.

Tritt man durch das Westportal ein, so befindet man sich in einer Halle von 9,66 m Breite und 6,44 m Tiefe, welche sich mit fünf breiten, flachen Stufen gegen das Mittelschiff senkt und über dem Kundfenster mit einem sechsteiligen Gewölbe überdeckt ist. Dasselbe hat Rippen, welche nach der Art des Übergangs- stiles eher den Gurtbögen ähneln, und ist über Schalung gegossen. Ausserdem

Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung: Turmbau) 243

aber (was für das Auge zunächst nur bemerkbar ist) ist die Halle durch ein neuerdings eingefügtes Kreuzgewölbe in zwei Teile geschieden.

Vordem gab es auch hier ein romanisches Kreuzgewölbe, sicher ent- sprechend dem unten zu erwähnenden in der südlichen Turmhalle. An das erste Gewölbe schliesst sich nach dem Kirchenschiffe zu ein schmales zweites. Man hat es errichtet an Stelle eines Holzbaus, statt dessen es jetzt zum Tragen der Orgel dient

In die südliche Turmhalle führt eine Thür, überwölbt jnit einem in zwei Stufen vertieften Spitzbogen, zwischen dessen schön profiliertem Gewände sich zyfei Bänder vom Kreuzchen in der oben beschriebenen Art hinziehen. Das äussere setzt sich rechts zum Zeichen des Abschlusses fest auf den Kämpfer der darunter stehenden Säule auf, während der linke Ast sich unten nach innen krümmt und in ein Blatt ausbreitet, entsprechend den Rundstäben des Gewändes am Hauptportal. Auch am Gewände dieser Thür, welche die Form des ab- geplatteten Kleeblattbogens zeigt, findet sich Laubwerk. Im Tympanon sieht man eine Kreuzigungsgruppe von gleichem Alter wie die Architektur zwischen zwei einfachen schönen Rosetten. Von den vier die Thür einsdiliessenden Säulen gehören nur drei eigentlich zu ihr, die vierte schon zu den Blendarkaden, welche den ganzen Turmbau schmücken. Durch diese Thür kommt man in einen vier- eckigen Raum, die sog. Bleikammer (dort pflegte man die für die Bedachung des Domes notwendigen Bleiplatten zu giessen), wahrscheinlich ehemals Kapelle In jeder Ecke steht ein Bündel von drei Säulen, welche durch Blendnischen mit einander verbunden sind und ein über Schalung gegossenes, scharf gratiges Kreuzgewölbe tragen. Über diesem Raum liegt ein anderer, auch mit Kreuz- gewölbe, aber ohne Ecksäulen. In den nördlichen Turm führt gleichfalls eine Thür, welche von einem hohen Kleeblattblendbogen überhöht ist und auf den ersten Blick Ähnlichkeit mit der südlichen hat. Doch ist die Profilierung ihres Gewändes einfacher; die Kreuzchenbänder fehlen, dagegen sieht man rechts und links je drei Säulen, von denen die vier inneren kleiner und gekuppelt sind, während von den beiden äusseren die rechts stehende zu den Blendarkaden gehört. Die Kapitale aller Säulen an beiden Thüren zeigen die reichsten und verschiedenaitigsten Formen vom einfachen Knospenkapitäl bis zu dem Würfel- kapital, welches mit Akanthus und dem schönsten Rankenwerk geschmückt ist. Das nördliche Tympanon ist ebenso gestaltet wie das südliche und enthält als Füllung ein prachtvoll ausgearbeitetes Blatt- und Rankenwerk, zwischen welchem Ungeheuergestalten ihr Wesen treiben. Die nördliche Turmthür führt zu der zunächst 2,40 m im Durchmesser haltenden Wendeltreppe, welche sich bald auf 4,45 m erweitert. Der nördliche Turm stellt sich sonach mit seinem über 71,3 qm bedeckenden, fast quadratischen unteren Bau als eine über Bedürfnis mächtige Mauermasse dar. Die mehrfach erwälinten Blendarkaden, welche, drei an der Zahl zwischen vier Säulchen, die Nord- und Südwand dieser Vorhalle einfassen, sind von gleicher Gestalt und Höhe wie die aussen an der Westfront. Die Ränder der Kleeblattbögen sind ganz schlicht gehalten, doch zeigen zwei Merkmale, dass einer nur wenig späteren Zeit diese Einfachheit nicht mehr zusagte. Über der Säule rechts an der nördlichen Turmthür beweist ein Gesimsansatz, dass ein reicherer Schmuck in Aussicht genommen war. So

16»

244 Halbarsfääter Stadtkreis: Balbeiatadt (der Dom: BaabJSchreibuDg: Turmban)

hat man auch bei dem letzten a&rdüchen Kleeblattbogen nach dem Schiffe zu einen Anfang gemacht, die Blendnische oben mit einer Profilleiste zu umgeben und sie mit dem Brustbild eines Heiligen zu füllen. Vielleicht das etwas schwer- fällige Aussehen dieser Verzierung, wahrscheinlich aber die mittlerweile g&-

Fig. 83.

Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung: Turmbau Langhaus) 245

schehene Änderung des Bauplans verhinderte eine weitere Durchführung dieses Gedankens.

Auch die Ostseiten beider Türme sind unten mit je drei Blendnischen ge- schmückt, die jedoch geraden Sturz haben. Sie sind nur 1,99m hoch; der Kämpfer der nördlichsten Säule ist um 3 cm höher, und das darauf ruhende Mauerwerk daher um soviel weiter von der Basis eutfernt. Der Grund mag der sein, dass die beabsichtigte Blendarkadenverzierung der nördlichen Seitenschiffswand (denn jedenfalls hat der ganze Dom diese Art von Schmuck erhalten sollen , der z. B. auch in der Kathedrale von St. Denis angewendet worden ist) noch höher stehen sollte, um im Verhältnis zur Länge der Wand nicht allzu kleinlich zu wirken. Die kleine Erhöhung der letzten Blendnische diente also als Übergang zu den folgenden höher gedachten.

Über diesen Blendarkaden der Ostseite erheben sich an beiden Türmen spitzbogige Blendnischen, welche mit denen an der Aussenseite übereinstimmen. Die ganz schlicht gehaltenen Bögen ruhen an den Seiten nach dem Mittelschiffe zu auf schlanken Säulen, die mit den an den Turmecken erscheinenden west- lichsten Mittelschiffspfeilern auf demselben Sockel stehen. Auf den Wandseiten dagegen stützen sie sich auf einen Kämpfer je einer Gruppe von ebenso hohen Säulen. Die zugehörigen beiden anderen Kämpfer tragen jetzt nichts, waren aber natürlich dazu bestimmt, die Gewölbe zu unterstützen.

An dem nordwestlichen Eckbündelpfeiler, der zum Mittelschiffe überleitet,

giebt es folgende zwei Steinmetzzeichen: ^ i -

Es ergiebt sich aus der Betrachtung dieser Dinge, dass die Breitenmasse der Schiffe der beabsichtigten Dombasilika ursprünglich schon fast ebenso gedacht waren, wie sie auch später ausgeführt wurden, ihre Höhe aber durchweg erheb- lich niedriger werden musste.

b) Das Langhaus. An die Türme schliesst sich nördlich und südlich ein kürzeres Stück von vier Traveen mit drei Pfeilern, der frühen Gotik angehörig. Aus der ganzen Anlage geht hervor, dass hier ein ausgearbeiteter Plan vorlag, von dem oben schon die Rede war. Man begann mit schwächeren Konstruktionen, als sie später bei dem übrigen Hause als notwendig erkannt wurden, und wählte doch dabei die Proportionen kürzer und schwerer. Dies zeigt sich namentlich ausserhalb bei den an den Strebepfeilern angebrachten Baldachinen für Heiligen- figuren und den sie krönenden Fialen. Ihre Ähnlichkeit mit denen am Dom zu Rheims ist auffallend und schon von Lukanus bemerkt worden. Nur dass den Fialen unseres Doms die vier kleineren Eckfialen fehlen, welche man bei dem französischen Vorbilde mit angebracht hat. In Höhe des Kaffgesimses zog sich durch diese älteren Strebepfeiler ehemals ein Cirkuliergang, welcher später ver- mauert worden ist (Abbild, bei Elis S. 30, Fig. 17). Interessant sind die phan- tastischen Wasserspeier. Die Fenster der ersten drei Traveen sind offener und grösser als. die des späteren Baus, aber wie jene unten vier-, oben dreiteilig. Die inneren drei Pfeiler unterscheiden sich von denen des späteren Baues in der schon oben angegebenen Art, dass die Dienste nicht aus dem Kern gearbeitet, sondern ihm frei vorgelegt sind.

! .

246 Halberet&dter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baubescbreibong: Langbaus)

An diesen drei Nordwestpfeilern findet man auch Steinnietzzeichen, die bei den drei südwestlichen fehlen.

1. 2. 3.

An der zugehörigen Nordwand sieht man diese:

'7

Die Kreuzgewölbe hier sind mit dem unteren Bau zugleich erbaut worden Die schmale Stellung der Pfeiler bei grosser Höhenentwicklung, welches beides

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und,

deren RUsgeaims.

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Fig. 84.

auch bei dem späteren Bau beibehalten wurde, ist in Anlehnung an französische Muster ausgeführt und macht den Halberstädter Dom zu einem der schlanksten und graziösesten Werke im nördlichen Teil unseres Vaterlandes.

Vom vierten Pfeiler an ändern sich die Einzelheiten, während im ganzen auch bei diesem spätesten Bau der anfängliche Grundgedanke festgehalten wird-

Halberstadt (der Dom: Baabeschreibung : Langhaus) 247

Die äusseren Strebepfeiler sind breiter und weiter hervortretend als vorher, das ganze (auch das älteste) Langhaus, samt den Querschiffen und dem Chor ist aussen am Eande des Daches mit einer Gallerie von Vierpässen eingefasst, welche bei jedem Pfeiler durch Fialen (am älteren Bau sind sie etwas kleiner) unterbrochen wird. Gegen diese nun münden Schwibbogen aus,^ welche von den Strebepfeilern der Seitenschiffe aufsteigen und den einzigen, nicht wesentlich strebenden Gegenschub gegen die von innen wirkenden Gewölbe bilden. Auf- fallend ist ihre Steilheit. Denn während sonst dem Hohlraum des Schwibbogens ein Quadrant und der deckenden Linie 45^ gegeben zu werden pflegen, ist hier der Bogen nur ein halber Spitzbogen und die Decklinie in einen Winkel von 60^ gestellt. Die über einander zweimal mit Fialen gezierten Strebepfeiler zeigen keine Bildertabemakel wie die ersten, sondern immer je zwei Konsolen zur Auf- stellung von (nicht ausgeführten) Statuen, getragen von je einer dünnen Säule. Darüber schwebt oben ein kleiner reicher Baldachin.

Im Innern sind die Masse der Pfeiler ähnlich den vorhin beschriebenen. Die jungen und alten Dienste sind gleichermassen aus den Kernquadern gehauen. Die vier nördlichen Joche sind mit Netzgewölben, die vier südlichen mit zwei Stern- und zwei Netzgewölben im Wechsel überdeckt. Das Mittelschiff hat auch hier wie durchweg Kreuzgewölbe; jedoch ist dasselbe diesem spätesten Teile erst später aufgesetzt worden, vorher war es provisorisch mit einer Holzdecke versehen, wie die oben etwas über den Seitenschiffen angebrachten, zum Tragen der Decke bestimmt gewesenen Steinkousolen beweisen. Die Wand der fünften nördlichen Travee enthält eine (unbenutzte) Thür, die ins Freie führt. Von den Thüren und Fenstern des südlichen Seitenschiffes ist weiter unten die Rede.

Die Steinmetzzeichen an den nördlichen Pfeilern sind folgende:

5. 6. 7.

Am Vierungspfeiler : No. 1 vom 5., No. 2 vom 7. Pfeiler. An den Pfeilern der Südseite:

5. z.T. wie die vorigen

6. ^

7. f

' Einzelne davon sind gelegentlich erneuert worden. Der eine trägt die Jahreszahl 160'?.

J

248 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung: Querhaus)

Am Vierungspfeiler: ZT Y

An der Aussenseite des südlichen Seitenschiffs:

Bei jedem Pfeiler sind nur die zu den vorigen neu hinzukommenden Zeichen wiedergegeben.

Jeder der nördlichen Pfeiler vom vierten bis einschliesslich zum Vierungs- pfeiler trägt ausserdem in spätgotischer Schrift erfreulicherweise die ursprünglich eingemeisselte Zahl seines Entstehungsjahres, nämlich 1443, 1443, 1444, 1442 1442; der sechste ist also der jüngste, was man ohne die Zahl nicht wissen könnte.

c) Das Querhaus. Es besteht eigentlich aus drei Quadraten neben ein- ander, deren südliches aber eine Verlängerung erhalten hat. Über der Vierung erhebt sich ein kleinlich gehaltener Dachreiter. Sehr reich und schön ist der nördliche Quergiebel, von -grosser Pracht namentlich das zweiteilige Portal mit seiner Mittelsäule, auf der als Kapital zwei Engel ein aufgeschlagenes Buch halten, imd mit der breiten T^eibung, die durch Nischen belebt ist, in denen musizierende Engel über einander Konsolen tragen, worauf Heiligenfiguren sich befinden. Die durch leider sehr beschädigte Werke der Plastik geschmückten Felder zur Seite und das mit einer Darstellung des Todes der Maria gefüllte Tympanon , ferner über dem ganzen ein mächtiges, mit Blätterschmuck prangendes Kreuz, an dessen Enden die Evangelistensymbole angebracht sind, während zwei Konsolen daneben und zwei Baldachine für (nicht vorhandene) Statuen bestimmt sind das alles vervollständigt das reiche und prachtvolle, an vorzügliche fran- zösische Vorbilder erinnernde Bild. Der Ausstattung des Giebels entsprechend st oben ein sechsteiliges, kurzschäftiges Fenster mit reichem Masswerk, überdeckt durch ein Gesims mit Spitzbogenband und Kreuzblume, angebracht.

Am Nordportal findet sich ein Steinmetzzeichen: XJ Ausserdem an der nördlichen Seitenschiffswand:

Während der nördliche Giebel, wegen seiner Lage an öffentlicher Strasse, besonders reich ausgeführt ist, hat man den südlichen, etwas versteckt liegenden, einfacher gehalten. Er zeigt in der grossen Wandfläche nur ein mächtiges, sechs- teiliges Fenster, welches bis zum Kreuzgange herabreicht. Das Masswerk ist ebenso reich wie an der Nordseite, und stützt sich auf einen durch die Mitte des ganzen Fensters gespannten, dünnen Rundbogen. Der darunter befindliche Teil der Fenster ist mit dünnen aufstrebenden Steinsäulen unterbrochen, die sich oben mittels schönen Masswerkes mit einander verbinden. Das dreieckige Giebel- feld ist mit drei Strahlen von mit Masswerk gezierten Blenden belebt, in deren

J5

Halberstadt (der Tom: Baubeschreibung: Querhaus) 249

Winkeln sich Vierpässe befinden ein Motiv, welches gleich dem Bundbogen in der späten Gotik vielfach zur Anwendung gelangt ist.

Das Querhaus ist zum Langhause nicht symmetrisch angeordnet; der süd- liche Arm ist beträchtlich länger, weil man ihn über den Kreuzgang hinaus- geführt hat. Da aber dieser gleichwohl nicht unterbrochen werden sollte, so besteht dieser Verlängerungsbau nur in dem Obergeschosse, welches in der Kreuzgangsflucht durch gewaltige Pfeiler gestützt wird. Die Durchbruchstelle im Kreuzgange erhielt zwei der späten Gotik entsprechende, reiche Gewölbe, welche von den übrigen einfachen Tonnenkreuzgewölben dort seltsam abstechen. Die drei neben einander liegenden Quadrate des Querhauses sind mit prächtigen Stemgewölben eingedeckt, von denen das über der Vierung das reichste ist. Die südliche Verlängerung hat ein einfacheres, dessen Gestalt der rechteckigen Grundform dieses Teiles entsprechend gestreckt ist. Die auf dem Grundrisse sichtbaren Punkte in der Mitte vor den beiden Kreuzarmen bedeuten schön skiilpierte Säulen, welche je eine mit reichen Balustraden versehene Empore tragen. Zur nördlichen führt seit etwa 25 Jahren an der Ostseite eine zierliche steinerne Wendeltreppe, früher eine Ti-eppe in einem Turmchen aussen nord- westlich am Querhause. Oben am Ende der Wendeltreppe ist ein reizend aus- geführter Kleeblattbogen, umgeben von schönem Blattwerk und einem Kreuzchen- bande, angebracht. Das zierliche Stück wird getragen von zwei Knospenkapitälen. Es gehörte, wie die Ausführung unzweifelhaft zeigt, ^ura Bau des Übergang- Stils, war beim Chorneubau im 14. Jahrhundert gleich manchen anderen Resten andei-wärts untergebracht und hat seinen jetzigen Platz erst seit dem Bau der Emporentreppe. Die nördliche Empore ist höher als die südliche. Die süd- liche ist durch eine im Chorumgange nächst dem Querhause befindliche enge Treppe zugänglich. Die etwas schmälere Anlage des Chors und die Achsen- abweichung machten es nötig, dass die Vorderseite dieser Empore schräg vom Altarhause zum Langhause hinüber geführt wurde, eine Aushilfe, die so geschickt gemacht worden ist, dass man ihrer beim nicht genauen Anschauen kaum gewahr wird. Oben auf der südlichen Empore befindet sich östlich der Eingang zur Schatzkammer (s. u.), westlich sind zwei Thüren. Eine ist neu und führt in einen zum Dachboden aufsteigenden runden Treppenturm , sein eigentlicher Ein- gang unter der Empore ist jetzt gesperrt; die andere geht zum Kapitelsaal (s.u.). An der diese Empore in der Mitte stützenden Säule befindet sich unten ein kleiner Sitzplatz aus dem Stein herausgearbeitet, der sog. Adamssitz. Hier musste jener Adam bei seiner Absolution Platz nehmen, von dem die Schedeische Welt- chronik (deutsche Ausgabe von 1493, p. 279v.) folgendermassen erzählt: Es „wirdt alle iar ierlech einer, den das volck einen grossen sünder achtet, auss dem volck erwelet, mit einem kleglichen klayd beklaidet vnd mit verdecktem hawbt am ersten tag der fasten in die kirchen gefüert vnd nach volbringung der götlichen ambt wider aussgew^orffen. Derselb geet alle tag der virtzigtegigen fasten par- fuess durch die statt vnd vmb die kirchen vnd nicht darein, vnd redt mit nymant vnd schlaft nach mitternacht auff der gassen. An den heilligen grün- dönrstag nach gesegnung des öls wird er wiederumb in die kirchen gefüert vnd nach beschehenem gebette von seinen Sünden absoluirt vnd ime von dem volck gelt gegeben, vnd doch dasselb gelt der kirchen gelassen. Denselben haissen

250 HalberstadteT Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Banbesclireibung: Qnerbansl

sie adam rnd achten inen aller sünden frey." Urkundlich kommt dieser Ge- brauch schon 1383 vor. 1401 wird er für alte Gewohnheit erklärt Am südlichen KreuKarm sieht man folgende Steinmetzzeichen:

{Tgl. 4. Pfeiler südlich im Mittelschiff.)

Hulberstadt [der Dom: Bunbeschreibniig : Querhaus [der Lettner])

251

Eigentlich schon zum Chor gehört der Lettner mit dem davor gebauten anmutigen Bischofsstuhl. Dieser ist der UaiiptM^hniuek des Querhauses wie des Domes überhaupt, dessen Eindruck er ganz besonders bestimmt, wenn man von der Turnihalle das Kirchenschiff hinunterblickt Vor die eigentliche Lettnerwand, die den gleichen Stil zeigt wie die übrige Chorumwandung (s. n.), und an welcher in der Mitte noch ein Rest des alten Predigtstuhles zu sehen ist (vgl.Grund'riss), hat man einen zierlichen gewölbten Vorbau gesetzt. Er öffnet sich nach rechts und links in je einem, nach vom in drei Spitzbogen, die von schlanken Kiel- bögen überhöht sind. Die reich gcglie<lerten, im Gnindriss merkwürdig länglieh geformten Pfeiler (Umfang 2,16 m) sind unten belebt durch zierliche Sockel, auf denen dünne gewundene und gegürtete Säulen emporstreben. Auf ihi-en präch-

Fig. 86.

tigen Kapitalen und gewissermassen als Verbreiterung derselben sieht man Sockel mit Flechtmnstern, worauf Statuen aufgestellt sind. Über diesen sehweben Baldachine, die in Fialen endigen. Die Zeichnung der Einzelheiten ist allent- halben verachieden. Die Kerne der Pfeiler steigen bündelartig auf und gipfeln in langen, schlanken, z.T. gedrehten Fialen, die mit Krabben, Tiergestalten und Kreuzblumen überreich geschmückt sind. Ähnliche, aber breit ausladende Kreuz- blumen tragen die hohen dünnen Pfeiler, welche die Endigung der Kielbögen bilden. Die Blenden zwischen den Spitz- und Kielbögen sind mit üppig ■wucherndem, höchst mannigfaltigem Masswerke gefüllt. Sehr schön ist es namentlich an der südlichen Seite, wo eine flache Rosette, aus dem regulären Fünfeck konstruiert, mit ihrem reichen Netzwerk fast an maurische Muster erinnert. Oben trägt der Bischofsstuhl eine Plattform , umgeben von einer Balustrade. Ihre niedrigen, breiten Ständer sind mit flachen Ornamenten be-

252 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Born: Baubeschreibung: Querhaus Chor)

deckt; entsprechend ist der untere Rand verziert, während oben eine einfach gekehlte Leiste den Schluss bildet. Auch hier giebt es Steinmetzzeichen:

^Ui\

Die Errichtung dieses Lettners wurde offenbar angeregt durch den des Magdeburger Domes. Freilich ist dieser, entsprechend seinem um ein halbes Jahrhundert höheren Alter viel schlichter und schwerer in seinen Formen als der Halberstädter. Wenn dieser auch mit seinem der spätesten Gotik ange- hörenden bunten Tand das überschwängliche Lob nicht voll verdient, welches man ihm gespendet hat, so bleibt er doch immer ein Werk von ausgezeichneter Anmut und höherem künstlerischen Werte, als ihn der Magdeburger und andere ähnliche Anlagen (in Havelberg, Lübeck, Hildesheim, St. Madeleine in Troyes [1506] u. s. w.) besitzen. Zudem ist die Vermutung ansprechend, dass man ihm die überaus prächtige Ausstattung gab, um dadurch die Aufmerksamkeit des Beschauers zu fesseln und sie so den Fehler übersehen zu lassen, der in der Achsenabweichung des Chors begangen war. Ohne diesen Bischofsstnhl wäre jener Mangel ungleich auffallender. Es ist höchst erfreulich, dass die Meinung derjenigen nicht durchdrang, die noch in diesem Jahrhundert das zierliche und wichtige Werk, als der Würde des Oanzen nicht angemessen, beseitigt wissen wollten. Von dem Meister des Lettnors besitzt der Dom noch ein Werk, nämlich das Türmchen, welches unten auf der Balustrade der nördlichen Kmpore schlank und zierlich emporstrebt. Auch die darin befindlichen kleinen Statuen zeigen denselben Stil.

d) Der Chor. Neben dem Querhause gehört seine erste Travee noch dem Stil des jüngsten Baus an und zeigt daher dieselben Merkmale wie der späte Teil des Langhauses. Da aber, wo der ältere Chorbau beginnt, ändert und ver- einfacht sich das Bild, aber auch hier nur in den Einzelheiten. Die äusseren Strebepfeiler sind schlichter und schwerer; die zur Aufnahme von Statuen be- stimmten Konsolen stehen nicht auf zierlichen Säulen, sondern auf plumpen Sockeln. Unter jedem Fenster des nördlichen Chorumganges ist eine spitzbogige Altarnische mit reichlichen Spuren ehemaliger dunkelroter Bemalung. Wie im Schiffe werden die Wände unten durch breite vierteilige, oben durch schmälere dreiteilige Fenster unterbrochen. Den Chorschhiss bildet ein halbes Achteck von nicht durchaus ebenmässiger Form. Seine drei hinteren Traveen mussten der Breite der Kirche wegen länger ausfallen als die übrigen. Die Fenster des Chor- schlusses sind daher unten sechsteilig und von plumper Wirkung, während die oberen die Dreiteilung bewahren. Die eigentliche Schlussseite fehlt, da man genötigt war, dort die schon vorher erbaute Marienkapelle mit dem Chor zu ver- einigen. Sein Mauerwerk stösst unvermittelt an das ihrige, versperrt ihre ehe- maligen Thüren, die dadurch zu Nischen geworden sind, und so häufen sich dort zsvei konstruktiv zwecklose Mauermassen an. (S. den Grundriss!) Die früher geschehene willkürliche Erbauung der Marienkapelle trägt die Schuld daran, dass der Chor im halben Achteck endet Unzweifelhaft ging der Bauplan ursprünglich daraufhin, den Chor mit sieben Seiten des regulären Zehnecks zu schliessen. (S. Baugeschichte). So wären die überbreiten Traveen (Länge innen etwa 7,92 m)

Halberetadt (der Dom: Banbeschreibnng: Chor)

vennieden worden, die das halbe Achteck bedingte. Auch hier mag St. Denis vorbildlich gewesen sein, wie sich an einem anderen Merkmale schon vorher

Fig. BT.

beobachten Hess. Als stark diese meine Meinung unterstützend sei auf den gleichzeitig mit dem alten Teile des Halberstädter Schiffes erbauten Chor des Magdeburger Domes hingewiesen, der die halbzebneckige Form und einen Kranz von fünf polygonalen Kapellen besitzt

254 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baabeschreibung : Chor)

Die Marienkapelle wirkt durch würdevolle Ruhe. Die Ausführung ist höchst solide; die Verzierung des Äussern beschränkt sich nur auf schlichtes Masswerk an den langen dreiteiligen Fenstern und auf ein zierliches durchbrochenes Glockentürmchen von Stein auf dem westlichen Abschlüsse der Kapelle.

Im nördlichen Chorumgange in der ersten breiten Travee des Chorschlusses interessiert die 2,10 m hohe, 1,92 m breite sog. Kleeblattthtir, über deren wahr- scheinliche Bedeutung in der Baugeschichte gesprochen worden ist. Sie ist innen von einem spitzbogigen, rechts unten schräg verkröpften Gewände eingefasst Demselben entsprechend zeigt die südliche Travee neben der Marienkapelle eine symmetrisch gestaltete Nische, zweifellos ehemals ebenfalls ein Eingang, von dem später aber bei dem Chorbau äusserlich jede Spur verwischt wurde. unter dem sogenannten Oppenschen Fenster (s.u.) sieht man eine schmale, ina Geschmacke der Spätrenaissance prächtig ausgestattete Thür, die ehemals zu dem sogenannten Rittersaale führte, seit dessen Abbruch aber vermauert und zur Nische geworden ist. Eine kleine Thür daneben erschliesst einen runden, ?um Dachboden führenden Treppenturm. Die Thür der nächsten Travee leitet auf einen überdeckten Treppengang und von diesem in die alte Sakristei, die jetzt als Konfirmandenzimmer benutzt wird. Die folgende Travee hat wieder eine Wandnische, die vielleicht vordem eine Thür war. Durch die nächste gelangt man mittels einer niederen Thür einige Stufen hinab in einen viereckigen Baum und von da in den Kreuzgang. Die letzte Travee des südlichen Chorumgangs endlich enthält eine Thür, die in den südöstlichen Turmansatz führt Sein vier- eckiges Inneres ist als Treppenraum verwertet, als nach der Verlängerung des südlichen Kreuzschiffes und der Erbauung des Kapitelsaales eine Verbindung dort hinauf geschaffen werden musste.

Der ganze innere Raum des Chors ist in einer Höhe von 4,5 m von unten mit einer Mauer umgeben, die durch gedoppelte, spitzbogige Blenden belebt (gefüllt neben dem Lettner mit modernen Skulpturen, ehedem überall mit Ge- mälden auf Holz) und oben von einer Balustrade von Vierpässen begleitet, welche aus Kleeblattformen zusammengesetzt sind, während die zwischen diesen stehenden Haken in Lilien auslaufen. Diese Schranke schliesst das Allerheiligste ab und giebt zugleich eine Rückwand für die Chorstühle. Vier Thüren führen in diesen inneren Raum, nämlich zwei ziemlich einfache spitzbogige unter dem Bischofs- stuhl und je eine nördlich und südlich vom Chorumgange aus. Erstere haben von innen ein ganz einfaches, von aussen ein schön profiliertes Gewände und sind mit reichem Eisenbeschlag geziert. Die beiden anderen, deren Spitzbögen auffallend breit gespannt sind, zeigen geschmackvollen Skulpturenschmuck, die nördliche ist überdies mit einer Wimperge überhöht und von Fialen flankiert^ die an der südlichen entweder nicht fertig geworden oder verstümmelt sind. Das Gewände ist höchst ausdrucksvoll und bei beiden übereinstimmend profiliert. Die Thüren sind nach dem Muster der früher vorhandenen (jetzt im Kapitelsaale aufbewahrten) mit Malereien bedeckt. Hinter der dem Mittelschiffe zugewandten Westmauer führt ein Türmchen mit einer Wendeltreppe zum Bischofsstuhle (früher zu dem oben erwähnten Predigtstuhle) empor.

Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung: Chor Übrige Bäumlichkeiten) 255

Von Steinmetzzelclien finden sich im Chore:

In der Marienkapelle:

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Um das ganze Kirchenschiff nebst Chor läuft aussen über dem Dachgesims eine Gallerie von Vierpässen hin. Gedeckt ist die Kirche mit Schiefer; ehemals war sie es mit Blei. Die Türme haben Kupfer der Dachreiter Zinkbedachung. Auf der Ostseite des Daches des hohen Chors sieht man ein in die Dachschiefer eingelegtes, grosses, bleiernes Kreuz, welches an eine Pest 1683 erinnert

e) Die übrigen Räumlichkeiten, welche ausserhalb des eigentlichen Kirchenbaus zum Dom gehören.

1. Im nördlichen Seitenschiffe führt eine in der (von Westen) sechsten Travee befindliche Thür in die 3,11 m tiefe, 3,91 ra breite Sakristei (Plan: S.). Sie hat ein dreiteiliges Fenster zum Kreuzgange, in welchen von hier aus ehe- mals die sog. Totenthür führte. Eechts und links von ihr liegen Bäume von ähn- lichen Ausdehnungen. Der links erhält Licht durch je zwei Fenster vom Kirchen- schiffe und vom Kreuzgange aus. Von den beiden Räumen rechts hat der erste zwei Fenster nach dem Schiffe, eins nach dem Kreuzgange. Weiter kommt man aus ihm in einen ziemlich dunklen Kaum, der nach beiden Seiten nur je ein kleines Fenster hat. Er dient zu Wirtschaftszwecken.

Über allen diesen Gemächern, zugleich über dem vorliegenden Teile des Kreuzganges bis an die Westwand des südlichen Kreuzarms und über den westlich sich anschliessenden Untergeschossen des Remters in entsprechender Breite steht

2. der Kapitelsaal. Er hat seine ursprüngliche Bestimmung sehr bald zu Gunsten des Rittersaales verloren, diente später als Bibliothek, bis 1823 als Domarchiv, seit 1837 als Aufbewahrungsort eines grossen Teiles der Domsamm- lung, besonders der Paramente. Freilich sind die Lichtverhältnisse des 40 m langen und nur 8 V/j m breiten Saales ziemlich ungünstig. Während der vordere östliche Teil durch fünf grosse Fenster erhellt wird, bekommt die andere über 18 m lange Hälfte ihr Licht nur durch ein einziges, wenn auch breites Fenster auf der Westseite. Bei Elis p. 22 findet sich dessen Aussenansicht. Die Zeichnung des eigentümlichen, etwas verwilderten aber schönen Masswerkes stimmt durch- aus im Charakter mit derjenigen der Gewölberippen im Innern überein. Ferner veranschaulicht die Elis'sche Abbildung, wie der Kapitalsaal mit Wegbrechung eines Teiles des Remters (ein halbes Fenster, welches auf dem Bilde noch zu

256 Halberstadter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom : ßaubeschreibang : übrige Räumlicbkeiten)

sehen, ist bei der Domrestaiiration leider beseitigt) bis zum Doraplatze durch- geführt worden ist.

Die tJberbauung des unteren Bemtergeschosses machte notwendig, dass der Fussboden des Saales dort um mehrere Stufen höher gelegt werden musste, was eine Eintönigkeit des langen Raumes in erfreulicher, höchst malerischer Weise verhindert. Auch in anderer Art ist die Architektur des Saales belebt durch die stehen gelassenen Strebepfeiler des Kirchenschiffes, zwischen denen auf solche Art sieben tiefe Nischen entstanden, begrenzt durch die hohen Travccn- fenster des Langhauses. Sehr eigentümlich und ein Beweis ausgezeichneter Fähigkeiten des Baumeisters ist das Gewölbe. Denn weil der Saal auf dem Kreuzgange steht, dieser aber dort 6 Pfeiler hat, so mussten die Saalpfeiler auf diese gestellt werden, wodurch 5 Fenster geboten waren. Der gegenüber liegende Teil des Langhauses aber hat nur 4 Fenster. Die Verschmelzung dieser ungleichen Verhältnisse durch die Qewölbeanlago ist staunenswert gelungen und macht einen überaus reichen und harmonischen Eindruck.

Steinmetzzeichen im Kapitelsaale:

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Dem Eingange zum Kapitelsaale gegenüber kommt man durch eine kleine Thür in

3. die Schatzkammer, den Aufenthaltsort der zur Domsammlung gehörigen Pretiosen und anderer Kostbarkeiten. Sie ist ein mit Tonnengewölbe ein- gedeckter schmaler und länglicher Raum, mit Fenstern, welche deutlich seine Zugehörigkeit zur Bauperiode des Kreuzganges beweisen, auf welchem sie auch in seiner Breite und in Länge von dreien seiner Gewölbejoche steht.

4. Der Kreuzgang. Er nimmt einen grossen Teil der Länge des Domes an seiner Südseite ein, ist sieben Quadrate im Lichten des Hofes breit und elf dergleichen lang. Die Korridorweiten sind verschieden. Die Anlehnung des Kreuzganges an die Kirche ist wegen der etwas ungleichen Masse -keine durch- aus rechtwinkelige. Jedes Quadrat des Kreuzganges öffnet sich mit einem weiten, gedrückten Spitzbogen', der unter einer Blende drei Kleeblattbögen für zwei schlanke circa 1,10 m hohe Säulchon nach dem Hofe hin einschliesst; sie fehlen nur den zwei Spitzbögen unter der Überführung des südlichen Kreuz- arms, sind aber durchweg neu. Alt sind nur die Kapitale und Basen, die sieh an den Seiten der die Spitzbögen dragende Pfeiler befinden. Sie sind wegen ihrer Schönheit und Mannigfaltigkeit von hohem Interesse. Die Abbildungen geben eine Reihe von Proben. Zu bemerken ist die Feinheit, dass am Süd- korridor, der sich also nach Norden, d. h. nach der Schattenseite öffnet, Blüten und Knospenmotive ganz fehlen. Der ganze Kreuzgang, ausgenommen die Durchbruchstelle des südlichen Kreuzarms, ist mit Kreuzgewölben eingedeckt, deren Schub früher auf die Aussenwände sichtlich gewirkt hat Jetzt ist der Bau ruhig.

Halberslodt (der Dom: BanbewhreibDng : flbrige Räumlichkeiten)

Die ganze Architektur trägt den CLarakter dos westlichen Turmbaus und ist mit diesem der ersten Bauperiode zuzurechnen. Die an den Kreuzgang westlicli und Östlich stossciiden Gel)uude (Remter bczw. Domküsterwohnung) sind zweistöckig, ragen also über ihn fort und stehen ausserdem mit dem Ober-

Strii Hallwnudl. IT

258 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom : Baubeschreibung : übrige Bäamlichkeiten)

geschosse auf ihm; desgl. läuft über den Süd-Korridor eine gleich breite Galerie hin, in welche nach Süden moderne, unharmonisch grosse Fenster eingebrochen sind. Treppen führen am Ost- und Westrande auf den Domplatz. Die vor- genannten Räume erhalten z. T. ihr licht durch Fenster, die nach dem Mittel- raume des Kreuzganges (jetzt Garten des Domkiistos) gehen. Sie sind gekuppelt, Avenig über ein Quadrat hoch und wechselweise dreieckig oder trapezförmig über Kleeblattbögen überdeckt. Die Formen sind originell. Die Entstehungszeit ist urkundlich nicht nachzuweisen , dürfte aber in die zweite Hälfte des 13. Jahr- hunderts zu verlegen sein.* In dieselbe Zeit gehört auch

5. der Remter (Plan: R), ein einfacher, mit Holzdecke versehener Raum, worüber ehemals ein hohes zweigeschossiges, jetzt ein niederes Dach. Zwei (vor der Erbauung des Kapitelsaals drei) unter Spitzbogenblenden dreifach gekuppelte gleich hohe Kleeblattbogenfenster sind auf die Westwand in schöner, ruhiger Weise verteilt. Der Remter dient jetzt in vei-einzelten Fällen dem Domgymuasium als Aula. Unter ihm befinden sich zwei Gewölbe unter einander, beide jetzt als Vorratsräume an eine Weinhi^ndlung vermietet. Da der Kapitelsaai über sie hingebaut ist, so haben sie noch ihre alte Längenerstreckung bis an die Pfeiler

' und die Wand des Domes. Das obere, eigentlich noch zu ebener Erde gelegene Geschoss hat acht kleine spitzbogige Fenster nach Westen, eine Thür nach Süden, zu der wegen des allmählich geschehenen Anwachsens des Terrains Stufen vom Domplatze hinabf ühren,^ und zwei nach dem Kreuzgange. Der Raum ist zwei schiffig und mit über Schalung gegossenen Kreuzgewölben eingedeckt, die auf romanischen Bündelpfeilern (fast quadratisch f(),51 m : 0,55 m], an den Ecken vorgeschobene Rundstäbe, die Basen mit einfachen Eckblättern) ruhen. Unter dem Erd- geschosse liegt das gleichgegliederte Kellergewölbe, von einfachen vierkantigen Pfeilern getragen.

An den Kreuzgang stösst ferner und ist nur von ihm aus zugänglich:

6. Die Stephanskapelle an der Ostseite des Kreuzganges. Zu4hr gelangt man sechs Stufen hinunter durch einen nicht zu ihr gehörigen Vorraum, der wesent- lich grösseres Interesse bietet als sie. Es ist ein von Norden nach Süden ge- streckter, zweischiffiger Raum , der durch eine rechts von der Treppe gelegene Niveauvei-schiedenheit in zwei deutlich gesonderte Abteilungen zerlegt wird. Offenbar haben zwei Bauperioden daran gearbeitet, diesen Raum zu schaffen. (s. Baugesch.) Der südliche Teil ist sehlichter als der nördliche. Die Pfeiler, welche sein gratiges Kreuzgewölbe tragen und durch Gurtbögen verbunden sind, sind einfacher und etwas kürzer. Von ihnen existiert der zweite nur noch zur Hälfte, weil er mit einem der späteren Pfeiler vereinigt ist. Die in dem nörd- lichen Teile sind 1,86 ni hoch und zeigen elegantere Formen; der Grundriss ist kreuzförmig; an den Kapitalen ist bei einem Pfeiler mit Glück das Schachbrett-

' Hier sei noch eine einzelne romanische Säule erwähnt, die im Kreuzgange an der Süd- wand der Sakristei in einer kleinen Nische eingemauert ist. »Sie ist 1,16 m, die Basis (mit Eckblättern) 0,30 m, das Kapital 0,36 m hoch. Letzteres weist mit seinen Blattformen auf das 12. Jahrhundert. Die Säule wurde beim Restaurationsbau als Mauermaterial in dem Füllwerke entdeckt und hier hingestellt, wo sie in keiner Art hinpasst.

* Diese Treppe (ehemals sog. Spendetreppe) geht geradeaus weiter hinab zu einer Spitz- bogen thür, die sich früher in den Kreuzgang öffnete.

Domremter nach Elis.

Halberstadt (der Dom: Baubeschreibang: übrige Bäumlichkeiten Fenster) 259

motiv verwendet Spuren von schwarzer und roter Bemalung finden sich an vielen Stellen. Als irrig ist die Ansicht zu verwerfen, dass dieser Raum die Krypta des alten 1179 eingeäscherten Doms sei. (s. Baugesch.) Fünf noch nachweisbare kleine Fenster liegen in der Ostwand, das letzte durch die Mauer der Stephanskapelle geschlossen. Während der Baum jetzt nur fünf Gewölbe- quadrate lang ist, hatte er früher mindestens sieben. Die zwei letzten sind durch eine Mauer abgetrennt und bilden zwei Räume. Der letzte Raum ist schmäler geworden und hat dabei sein Gewölbe verloren. Beide Räume dienen zu Wirt- schaftszwecken. Eine (moderne) Thür führt östlich ins Freie.

Die schlichte gotische Stephanskapelle, deren grosser Eingang auf der Ostwand des Vorraumes liegt, ist eigentlich als ein mit einem Trapez ge- schlossener Raum gedacht. Platzrücksichten aber erforderten, dass nördlich eine gerade Wand gezogen wurde. Wahrscheinlich stand dort schon damals die Ständestube (Plan: S. St.), deren Vernichtung, gleich der der meisten übrigen Stiftsgebäude, erst unserem Jahrhundert vorbehalten war. Im Innern zeigt sich die Kapelle als ein einfacher Raum mit Kreuzgewölbe vom und fünfteiligem Gewölbe hinten, sowie mit vier Fenstern, von denen eins (nach Süden) Radform hat. Gegenüber an der Westseite des Kreuzganges und in dessen Hof hinein liegt

7. die sog. Neustädter Kapelle. Ihre westliche Wand ist die des Kreuzganges, dessen Bögen hier vermauert sind. Sie ist ein im halben Achteck geschlossener länglicher Raum mit vom Kreuzgewölbe, hinten sechsteiligem Gewölbe und von ziemlicher Einfachheit trotz ihrer späten Entstehung. Jede der sieben Traveen hat ein Fenster. An der westlichen Wand oben befindet sich eine Empore mit schöner Balusti-ade (Abbild. Zeitschr. f. bild. Kunst 1897, IV. p. 52). Ein Treppentürmchen lehnt sich südwestlich an die Kapelle an. Es ist von aussen zugänglich , war es aber früher durch eine jetzt vermauerte Thür im Kreuzgange, rechts von der Kapellenthür.

Steinmetzzeichen :

5 -b. -(^ ^ \ ^ r- ^

Fenster des Domes:^ Mit Malereien von irgend welcher Bedeutung istnur eine geringe Zahl der Fenster geschmückt.

a) Im nördlichen Seitenschiff sind die Fenster schmucklos, nur ihre Couronnements zeigen Ornamente, z.T. auch Heilige.

b) Nördlicher Chorumgang: die Fenster sind von oben nach unten in vier, von links nach rechts in 'fünf Streifen, im Ganzen also in zwanzig Felder geteilt, wobei die zur Ausfüllung des Masswerkes in der Wölbung der Spitzbögen benutzten Scheiben nicht mitgerechnet sind. Meine Numerierung der einzelnen Felder beginnt links in der obersten Reihe und endet immer von

* Ihre Beschreibung erfolgt nach dem 1897 noch bestehenden Zustande, der zwar weniger Bchmnckvoll, dafür aber geschichtlich wertvoller war als der jetzige.

17»

260 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Baubeschreibang: Fenster)

links nach rechts schreitend in der rechten Ecke unten. Die fehlenden Nummern bezeichnen moderne gemalte oder ungemalte Fenster.

1. Fenster vom Mittelschiff aus: I.Arche Noah. 6. Auflösung des Manna. 16. Jeremias (?). 17. Samuel salbt David. 18. „Spes". 19. Maria Magdalena (?). 2ü. Allegorie des „Ordo sacerdotalis^^ Im Couronnement Gott Vater und zwei Heilige.

2. Fenster: I.S.Mauritius. 2. S. Lauren tius. 3. Karl der Grosse (?).

4. S.Martin. 5. Heiliger mit Buch (Liudger?). 8. S. Stephanus mit Palme. 12. S.Georg. 20. Gekrönter Heiliger. Im Couronnement Gott Vater und zwei Engel.

3. Fenster: 4. „Sepelitur Maria a discipulis". Couronnement gegenständlich wie bei Nr. 2.

4. Fenster: I.Maria mit dem Gnadenmantel. 2. Margaretha und Dorothea.

5. Heimsuchung. 7. Zwei weibliche Heilige. 9. Moses am Berge Horeb (??). 11. Goldenes Kalb. 13. „Jerobeam Rex" beim Rauchopfer (1. Könige 13). 15. Abner's Tötung. Im Couronnement Ornamente, oben die Taube.

5. Fenster: 1. Kreuzigung. 2. Tod der Maria. 3. S. Dionysius wird ge- kreuzigt 4. S. Dionysius „pendit in cruce." 5. Maria Reinigung. 6. Darbringung der Maria. 7. Maria Darstellung. 8. Hochzeit von Cana. 9. „. . . odit Josephus in columbam (?). 10. Marias Vermählung. 11. Christi Geburt. 12. Anbetung der Könige. 13. Maria am Rahmen, mit goldenen Fäden webend. 14. „Annun- ciatio''. 15. Heimsuchung. 16. Joseph nimmt Maria auf. 17. Joachim bei den Hirten. 18. Joachim im Tempel. 19. Drei betende Frauen. 20. Geburt der Maria. Im Couronnement Madonna und 2 Heilige.

6. Fenster: Es hat nur vier horizontale, dabei aber sechs vertikale Streifen, mithin vierundzwanzig Felder. Die Zählung erfolgt nach dem vorigen System. 1. Krönung Maria. 2. Christus als Weltrichter. 3. Ausgiessung des h. Geistes. 4. Himmelfahrt. 5. Christus als Gärtner. 6. Höllenfahrt. 7. Auferstehung. 8. Grab- legung. 9. Ki'euzabnahme. 10. Kreuzigung. 11. Kreuztragung. 12. Geisselung. 13. Domenkrönung. 14.Eccehomo. 15. Gefangennahme. 16. Abendmahl. 17. Ein- zug in Jerusalem. 18. Priesterweihe (?). 19. Die Weisen bei Herodes. 20. Der 12 jährige Jesus im Tempel. 22. Reliquienübertragung. 23. Desgleichen. 24. Wahl des Matthias. Im Couronnement Engel.

c. Südlicher Chorumgang. 1. Fenster neben der Marienkapelle. Ge- stiftet von der Familie v. Hoym, deren Schutzpatron S.Johannes Evang. war; enthält daher Darstellungen aus der Legende dieses Heiligen, welche im Ganzen nur selten künstlerisch verwertet worden ist. Die vorherrschenden Farben waren vor der neuerdings geschehenen Restauration braun und grün, letzteres, wiewohl ziemlich unharmonisch und grell, doch von kräftiger Wirkung. Die Darstellungen sind den Gegenständen nach z. T. von aussergewöhnlicher Seltenheit. Die Reihen- folge, welche ich nach Massgabe des alten Zustandes gebe, ist jetzt verändert Wie das sechste Fenster vorhin, hat auch dieses vierundzwanzigFelder. 1. Johannes erwartet im Grabe schlummernd die Wiederkehr Christi : neben ihm noch ein offenes Grab mit einem Toten darin. Figuren rechts und links. 2. Johannes vor einem Altar (?) betend, Leute rechts und links. 3. Johannes an das kniende Volk die Hostie verteilend. 4. Zwei Personen im Taufbecken von Johannes getauft 5. Mehrere Mämier, darunter ein kleiner krüppelhafter neben mehreren kirchen-

Halberstadt (der Dom: Baubeschreibung : Fenster) 261

artigen Gebäuden. Vorgang unklar. 6. Eeiterschar durch ein Thor ziehend. 7. Johannes vor einem Tische, auf dem ein rätselhafter, mit Perlen (?) besetzter Gegenstand. Links mehrere Personen, darunter eine mit grünem Mantel, grossem Hut und Kragen. 8. Johannes predigt von hohem Sitze aus seinen Jüngern in Ephesus. 9. Die Häscher teilen des Johannes Kleider unter sich. 10. Johannes hält seine Hand über einen dunklen Gegenstand auf einem Tische. Links zwei verehrende (?) Männer. Vorgang unklar. 11. Auf erweckung der Drusiana am Thore von Ephesus.^ 12. Johannes auf Patmos schreibend. Oben schaut Jesus (?) aus dem Himmel. 13. Johannes verwandelt die von zwei abtrünnigen Jüngern gebrachten Holzstücke und Steine in Gold.* 14 Gefangennehmung des Johannes. 15. Zwei Männer überreichen dem Johannes innerhalb eines Zimmers einen ovalen Gegenstand (Schüssel). Vorgang unklar. 16. Johannes im Ölkessel, zwei Knechte übergiessen ihn. 17. Johannes am Stadtthore vom Volke verehrt , Leute schauen betend aus den Häusern. 18. Die Kaiserin Galla Placidia empfängt vor Johannes kniend dessen Sandale.^ 19. Zwei Männer überreichen dem Johannes einen runden Gegenstand. Vorgang unklar. 20. König Eduard derBekenner empfängt den ihm von Johannes zurückgesandten Ring.^ 21. Begegnung Joachims und Annas. Gehört nicht hierher. 22. Die h. Anna sitzend, vor ihr Maria. Gehört nicht hierher. 23. Johannes vor Eduard dem Bekenner. 24. Johannes vor einem Götzenbilde den Teufel austreibend. Im Couronnement befindet sich ornamen- tales Blumenwerk. Ganz oben Christus als Weltrichter in einem Vierpass. Da- runter im Vierpass links der weissgekleidete Stifter mit Spruchband: miserere mei de, dabei das Wappen derer v. Hoym; rechts neben einem knieenden Eitter dasselbe Wappen und dieselbe Inschrift.

2. Fenster. Modem, gestiftet 1883 von dem dänischen Kammerherm V. Oppen-Schilden zu Ehren des Domdekanten Matthias v. Oppen (f 1621). Mit zwanzig Scenen aus Luthers Leben. Im Couronnement Ornamente. Ausgeführt wurde es 1884 im kgl. Institut für Glasmalerei zu Charlottenburg nach Entwurf von C. Elis.

3. Fenster. Gleichfalls modern; mit Darstellungen aus dem Leben des h. Martinus. Im Couronnement die Dreieinigkeit. Die zwei nächsten Fenster des südlichen Chorumganges sind fast ohne Schmuck, nur das vierte hat im Couronnement Ornamente. Das letzte Fenster vor dem Querhause ist ganz neu; es zeigt Scenen aus dem Leben des h. Paulus. Im Couronnement Jesus, Abraham und Moses. Angefertigt im kgl. Institut zu Charlottenburg.

d. Marienkapelle. Ihre fünf Fenster sind schlank. Die drei inneren sind in der Länge in elf, in der Breite in drei Felder geteilt. Die zwei äusseren haben in der Länge dreizehn, in der Breite zwei Felder. Die vor- herrschende Farbe ist Rot.

1. Fenster (nördlich): Von oben nach unten sind immer zweimal zwei gegenüberliegende Felder mit Blattwerk gefüllt, während rechts und links das dritte, sechste, neunte und zwölfte Feld einen Heiligen mit Spruchband zeigt.

^ Der Gegenstand ist auch ?on Giotto in der Penizzika])elle in St. Croce dargestellt.

' Auch in der Kathedrale zu Bourges.

' Auch über dem Portal von S. Giovanni Evang. zu Bavenna.

* Auch in den Beliefs der Westm inster- Abtei.

262 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Fenster)

2. Fenster. Die erste Reibe links hat im obersten Felde einen betenden Engel, die übrigen zehn Felder darunter zeigen je einen Heiligen mit Buch und Spruchband. Die mittlere Reihe zeigt oben Maria, unten einen Heiligen; die neun Felder dazwischen sind mit je zwei Engeln gefüllt. Die Reihe rechts beginnt oben mit einem thronenden Könige; die Felder darunter entsprechen denen der linken Reihe. Im Gouronnement sieht man das Lamm Gottes.

3. Fenster: Die linke Reihe ist erfüllt Ton Heiligen mit verschiedenen Attributen und Spruchbändern. Die Mittelreihe zeigt Scenen aus dem Leben Jesu, nämlich von unten nach oben: Verkündigung, Geburt, Anbetung der Könige, Flucht nach Ägypten, zwölfjährige Jesus im Tempel, Taufe, Qefangen- nehmung, Geisselung, Kreuztragung, Kreuzigung, Auferstehung. Die rechte Reihe entspricht der linken.

4. Fenster: Es ist unlängst ohne besonderes Glück restauriert

Die linke und rechte Reihe zeigen u. a. die Figuren der klugen und thörichten Jungfrauen, dazwischen biblische Scenen. Ln Einzelnen ist die Reihen- folge von unten nach oben so: linke Reihe: Ornamente, Gottes Bund mit Noah nach der Sündflut, die Ecclesia, Joseph findet seine Brüder, kluge Jungfrau, Durchzug der Juden durchs rote Meer, kluge Jungfrau, Jonas schwimmend {?)^ kluge Jungfrau, Daniel in der Löwengrube, kluge Jungfrau. Mittelreihe: Ornamente, Noah nach der Sündflut, Opfer Isaaks, Moses sieht Gott im feurigen Busch, Simson mit dem Löwen, Salomo (?) thronend, David (?), hinter ihm Jerusalem, eine Konsole mit zwei Engeln, welche die über die nächsten zwei Felder gehende, stehende Madonna trägt, Ornamente. Rechte Reihe : Ornamente, Sintflut, die Synagoge, Lots Frau wird zur Salzsäule, thörichte Jungfrau, Pharao ertrinkt, thörichte Jungfrau, Saul stürzt sich ins Schwert, thörichte Jungfrau, Blendung des Zedekia, thörichte Jungfrau.

5. Fenster, Seine Anlage entspricht genau der des ersten.

e) Obere Fenster des Chors. Von oben nach unten in drei, von links nach rechts in siebzehn Streifen geteilt.

1. Fenster (links): Darstellungen aus den Legenden des hh. Sixtus, Stephanus und Johannis des Täufers.

2. Fenster (Mitte): zeigt eine grosse Kreuzigungsgruppe, darunter drei Heilige mit Spruchbändern, oben Ornamente.

3. Fenster (rechts): mit nicht genügend verständlichen legendarischen Darstellungen.

f) Im Querschiff. 1. nördliches: vier stehende Heilige, daneben und da- runter 8 Wappen; im Gouronnement Engel und Ornamente.

2. südliches : unten die Apostel mit einander lesend ; darüber dieselben ver- sammelt nach der Himmelfahrt der Jungfrau; darüber diese selbst mit Johannes dem Täufer vor Gott und Christus kniend, die ganze Scene umgeben von einem Wolkenkranz (dieser Teil ist modern und wegen seiner gelben Farbe von un- günstiger Wirkung); im Gouronnement Engel; rings um das ganze sechsund- zwanzig moderne Wappen. Das Fenster zeichnet sich durch seine gewaltige Grösse aus, unter den Farben aber herrscht ein stumpfes Weiss vor, wodurch die Wirkung im Ganzen kalt bleibt.

üalberstadt (der Dom: bildnerischer Schmuck) 263

g) Im südlichen Seitenschiff finden sich an den Fenstern hin und wieder Wappen ehemaliger Chorherren, nur in schwarz und weiss ausgeführt. Gitter.

1. Um Senecas Grabmal, Schmiedeeisen, 15. Jahrhundert.

2. und 3. Zwei Gitter vor den beiden Nischen in der Marienkapelle ; beide mit dem v. Marenholz'schen Wappen. 1,43m bezw. 1,19 m hoch, 16. Jalirhundert.

4. Ein gothisches Gitter vor derselben Kapelle, 2,78 m hoch.

5. Vor der Stephanskapelle.

'Sakramentsniscben giebt es zwei nebst einer Piscina im südöstlichen Turm (Ostwand), zehn an und neben den Altären des Chorumgangos und der jtfarienkapelle , mit dem Chor gleichaltrig, eine oben im Kielbogen geschlossen, datiert 1512 an der Ostwand des Nordwestturms unter dem S. Stephanus.

Bildnischer Schmuck des Gebäudes

I. Skulpturen a. An der Aussenseite. über die Skulpturen des Westportals vgl. die Baubeschreibung.

An der Nordseite stehen unter den Baldachinen der drei ersten Strebepfeiler Karl d. Gr. sowie zwei weibliche Heilige. Die auf Säulchen ruhenden Konsolen des spätem Baus endigen z.T. in menschlichen Halbfiguren. Besonders reich ist der Skulptarenschmuck des nördlichen Portals. In seinem Gewände sieht man in der äussern Hohlkehle zehn, in der Innern acht sitzende Heilige mit Spruchbändern, die Konsolen werden von musicierenden Engeln getragen. Im Tympanon befindet sich die figurenreiche Darstellung des Todes der Maria in Hochrelief, stark be- schädigt und vielfach ergänzt Rechts und links von dem Portal sind zwei oben rundbogig geschlossene stark beschädigte Hochreliefs eingelassen. Das links stellt die Steinigung des Stephanus dar, eine 1. stehende bärtige Figur ist durch Spruch- band als Saulus bezeichnet. Unten die Schrift:

dne ne statuas illis h*^ pecca [hoc peccatum] Ein Spruchband unterhalb des Stephanus besagt fiat tibi sicut petis. Das Relief rechts zeigt ein Haus auf einem Felsen, darunter die symbolische Mühle, davor einen knienden Beter, neben welchem ein anderer Mann steht; Gott Vater mit Spruchband schaut aus dem Himmel. Unterschrift beat Sixt dixit ego sacrifico deo hostiam puram. Der Charakter der Schrift wie der Skulpturen weist diese ins 15. Jahrh.^ Über dem Portal erhebt sich ein grosses Kruzifix, r. u. 1. zwei leere Konsolen. Übrigens fehlt dem Domo aller sonstiger äusserer Skulpturenschmück, nur am südl. Giebel sieht man ganz oben eine bemalte Figur des h. Stephanus, weiter unten zu den Seiten des Fensters zwei Wappen.

b. Im Innern. Im Nordwestturme ist oben am Ende des Mittelpfostens der Wendeltreppe eine verstümmelte kleine Gauklerfigur, welche die eigenen

4

Beine erfasst hat und den Oberleib hindurchbiegt. Die Beziehung der Figur ist unbekannt. An den Dompfeilern sind Statuen in etwa •'^/^ Lebensgrösse angebracht, auf Konsolen stehend und mit kleinen Baldachinen überdacht^ nämlich von Westen her, 1. nördlich: Laurentius (18. Jahrh. aus Holz); Luther; Bischof Konrad; Bonifatius; St. Martin (alle modern); Madonna aus Sandstein, bemalt, da,s Kind

^ Vgl. Scheffer, p. 3 nebst Abbild. 1—3.

264 Halberstädter Siadtkreis: Halberstadt (der Dom: bildnerischer Schmuck)

mit einer Taube auf dem Arm haltend (15. Jahrb.); Mauritius mit einer modernen Fahne in der Hand,, auf dem Schilde der Doppeladler und die Worte: Gloriosa Thebeorum Martyrum Certamina. An der Konsole steht: Beatus Mauritius hac oratione legionem sanctam alloquitur: Gratulor virtuti vestrae quod nullam vobis intulit Caesaris praeceptum formidinem vester benedictus Deus et Pater Domini nostri Jesu Christi qui tantam vobis animi contulit con- stantiam. MoV^^XIII. Sebastianus nobiUs de Ploto. Am nächsten Pfeiler S. Sebastian (1510); am letzten S. Georg in prächtiger Rüstung. 2. südlich: S. Stephanus (18. Jahrb. aus Holz); Melanchthon (gleich Luther von Schwarz in Dresden); Bischof Bucco. Hildegriml; Augustinus; [am nächsten Pfeiler die Kanzel] ; S. Johannis (alle modern, letzterer als Ersatz für den schönen Johannes des 16. Jahrb., welcher jetzt verstümmelt in der Stephanskapelle steht); S. Erasmus (1509); S. Hieronymus (undatiert, Ende 15. Jahrb.).

Im Querhause. Im nördl. Kreuzarm die süsslichen modernen Figuren Adams und Evas, die eine thörichte Prüderie an Stelle zweier mittelalterlichen Figuren (13. Jahrb.) setzte, welche in die Stephanskapelle verbannt wurden (Fig. 90) ; femer eine Madonna (16 Jahrb.). Im südlichen Kreuzarme an dem die Empore tragenden Pfeiler, der oben in den mit einer Fiale geschmückten Balchachin übergeht, Karl d. Grosse (Ende 15. Jahrh.'s) mit dem knienden Sifter Siegfried v. Hoym; an den Pfeilern rechts und links Bischof Ernst II, bezw. Heinrich Julius (beide modern).

Am Lettner sind die Figuren nicht derart vollendet wie das Ornamentwerk. Die halblebensgrossen etwas unbeholfenen Gestalten sind eben nicht zu selbst- ständiger Existenz bestimmt. Es sind folgende : S. Barbara, Stephanus, sein Kom- patron Sixtus, die Madonna, die hb. Kosmas und Damian. Unter Letzterem das

Zeichen

.An den Pfeilern des Chors setzt sich der Statuenschmuck fort, mit welchem man auf der Grenze des 14. und 15. Jahrh.'s den Dom auszustatten begann. Es finden sich dort S. Laurentius, S.Barbara, die zwölf Apostel (Petrus als Papst go- kleidet), S. Stephanus und Sixtus. Eine von diesen Figuren ist datiert von 1422 Die Werke sind von schöner Technik, besonders was die Gewänder betrifft

Im nördl. Chorumgange sieht man über der Chorthür eine Madonna, über der Thür, im südl. die Krönung Maria. Über einer andern Thür daselbst ein kleines, bemaltes Steinrelief (Tympanon), die heilige Nacht darstellend.

In der Marienkapelle stehen an den Pfeilern 4 Figuren, zusammen die Anbetung der Könige bedeutend; ausserdem 2 andere Heilige.

Im Kreuzgange: einEelief, einen liegenden Löwen darstellend, 13. Jahrb.; eine Kreuzigungsgruppe, Sandstein polycbromiert, 16 Jahrb., mit den knienden Figuren des Stifters (genannt F. v. H, d. h. Friedrich v. Hoym, derselbe, dessen Epitaphium sich in der Liebfrauenkirche befindet) und seiner Gemahlin; eine grosso Bewein ung des Leichnams Christi mit vier lebensgrossen Figuren, Sandstein, 16. Jahrb. eine Reihe von dreizehn Doraherrnwappen, Sandstein, 16. Jahrb. ; polychrom ierte kleine Madonna, U.Jahrii.

In der Stephanuskapelle am Kreuzgange finden sich viele Keste von Skulpturen u.dergl., das meiste ohne besondere Bedeutung; wichtig sind nur die

Halberstadt (der Dom: bildnerischer Schmuck)

Torsi TonAdam und Eva (13. Jahrb.); eine früher in der (abgebrochenen) Nicolai- kapelle befindlich gewesene Madonna, ein Werk der schönsten deutschen Plastik des 13. Jahrh., (Fig. 91); der oben erwähnte Johannes d. T. (16. Jahrh.) ii. s. w.

Fig. 90.

II. Malereien giebt es im und am Dome nur wonige. In der Nische der alten Thür im südlichen Cliorumgange ist ein halbverlöselitcs Ocmähle, anscheinend aus zwei verschiedenen Hciligenlegenden, wovon eine die der h. Agatha zu sein scheint Zu unfcrschoiden sind noch mehrere grün gekleidete weibliche Figuren und Engel, ausserdem einige unleserliche Spruchbänder. 14.JalirlL

266 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: bildnerischer Schmuck Glocken)

Die Chorschranken waren ehemals von aussen mit auf Holz gemalten Bildern geschmückt, deren Form in die Mauerblenden hineinpasste, und die deshalb länglich, oben kleeblattartig endend waren. Nur zwei existieren noch, ein Johannes in rotem Gewände und ein unkenntlicher grün gekleideter Heiliger.

Die Flügel der Thüren des Chors im nördl. und südl. Umgange waren be- malt, die nördl. beiderseits, die südl. nur aussen. Sie befinden sich jetzt im Kapitelsaale, während neue Thüren an ihre Stelle getreten sind. Diese tragen beiderseits Malereien, von denen drei den alten nachgeahmt sind. Das südl. innere Bild (Anbetung der Könige) ist neu dazu erfunden. Jeder Thürflügel ist 2^2 m h., 0,63 m br., oben an der Seite der Thürleibung abgeschrägt, um in den Spitzbogen zu passen; alle vier haben oben eine kleine vergitterte Fenster- öffnung. Von den alten Thüren zeigt die nördl. links einen stehenden Engel mit Spruchband: o rex sancte carole mundi triumphator; gegenüber rechts Karl der Grosse stehend als bärtiger Mann mit einem Buch in der Rechten, das Scepter in der Linken; oben 1. und r. die Halbfiguren zweier miteinander redender, bärtiger Männer mit grauen Gewändern und Hüten. Innen die Verkündigung (1. der Engel, r. Maria, neben der ein Krug mit Lilien steht; beide Figuren mit unbeschriebenen Spruchbändern). Oben 1. Gott Vater, r. ein schwebender Engel mit Spruchband: SPS. SCS. SUP. VEJT. MRE. Die südl. alte Thür hat aussen die Figuren 1. des h. Stephanus, r. des h. Sixtus, beide stehend und gegen- einander gewendet. Oben 1. und r. je ein schwebender Engel mit Spruchband, worauf der Name der darunter befindlichen Figur. Die innere Seite ist unbemalt Die Farbe der Gewänder ist vorwiegend ein grünliches Grau, der Grund dunkel- rot in schöner, satter Tönung, welche bei der Nachbildung besonders misslungen ist. Die Malereien sind nicht auf das Holz gemalt, sondern mit Harzfarben auf darüber geklebtes, mit starkem Kreidegrund bedecktes Pergament. Die Thüren sind beseitigt, weil sie durch unnütze Hände fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt waren.

Auch der Kreuzgang zeigte ehemals ähnlichen Schmuck, der leider ganz vernichtet ist (Elis p. 27). Es waren Scenen aus der Bibel. Zwei grössere Wand- gemälde im westiichen Corridor sind leider bis zur Unkenntiichkeit zerkratzt Im Tyrapanon der zum Erdgeschosse des Remtei-s führenden Thür sieht man zwei Engel Interessant ist die Nachricht, dass unter den Malereien des Kreuzganges sich auch das Martyrium des h. Thomas v. Canterbury befunden habe. Gerade in Halb, hatte dieser sonst bei uns seltene Heilige eine Stätte gefunden, so u. a. auch in der ihm geweihten Kapelle, welche zur Liebfr.-Kirche gehörte.

Glocken. Auf den Türmen des Doms befinden sich im ganzen zwölf Glocken.

L Die grösste, Donna genannt, hängt im südl. Turm. Sie hat 2,35 m Durch- messer und ist umgegossen, weil die vorige einen unreinen Klang hatte'. Ihre Vorgängerin, gleichfalls ein Umguss, wurde 1860 durch Engelcke in Halb, aus dem Metall derjenigen angefertigt, welche 1840 beim Läuten nach dem Tode Friedrich Wilhelms IIL zersprang. Die jetzige stammt aus der Werkstatt des Stückgiessers J. (t. Grosse in Dresden , trägt die Fabriknummer 825 und hat den

Halberstadt (der Dom : Glocken)

Ton Fis. Sie trägt die- selben Insciirifton und Bilder, wie die 1457 resp. I»5ß0 gegossenen Vor- gängerinnen, nämlich die Verse

Christi cultores voco feslos promo canorcs et tentatorcs abigo tonitruque fragores.

An der einen Seite be- findet sicli die Ki-eii- zigungsgrappe mit der Jahreszahl 1457 und der Schrift orate pro me Bertramo (Bertram v, Hoym , Stifter der Glok- ke), darunter das von Hoym'sche "Wappen; an der andern Seite der h. Stephanus, darunter das "Wappen des Bischofs Burchard v. Warberg. [Der Name der Donna ist schon viel älter, schon die 1195 von Bischof Gardolf gestiftete trug denselben Namen. Für ihre Bedienung sind ■wiederholt Spenden be- willigt worden. Durcli Blitzschlag wurde sie am 5. Dezember 1454 zer- stört; die jetzige Donna ist also eigentlich die 4.J 2. Die nächstgrösstc Glocke hat einen Durch- messer von 1,82 m und den Namen Osanna. Die Umschrift (in gothischen Minuskeln) lautet:

Fig, 91,

MC quadrata L quatuor I sociata Johannis Floris octobris me facit horis Osannam fatam soc>am Dünne sociatam.

268 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Glocken)

Sie ist mithin von Johannes Blume (s. u.) 1454 gegossen. An den Seiten ist das Bild des h. Stephanus und auf beiden Seiten je einmal das Wappen des Bischofs Burchard v. Warberg.

[Urkundl. wird berichtet, dass sie von einem Teile vom Ablassgelde des Jubeljahres bezahlt wurde, auch von den freiwilligen Beiträgen, welche die Bürger in den Opferstock thaten. 1458 erhielt sie eine kleine Stiftung, dafür, dass sie an den Festen des h. Ambrosius und Servatius geläutet wurde.]

Auf diese folgen 2 Glocken, gleich der Osanna auf dem nördl. Turme hängend, welche im Jahre 1514 von dem berühmten Hinrick v. Kampen gegossen sind:

3. Die 1,25 m weite hat in Minuskeln die zweizeilige obere Umschrift:

Laurentii in merita nunc canto melodia dulci qua volitant ad templum divi Steffani anno domini 15x4.

Sancte Laurenti, bidde vor uns, her Johann von Marnholte Domdeken. Sancte Steffane, bidde vor uns, her Baltazar Nuestadt Dompravest.

4. Die 1,07 m weite hat eine ähnliche zweizeilige Umschrift:

Mariae mihi nomen quae Magdalena vocatur. Meritam divi Sixti ostendit hie in campana. anno domini 1514. Hinrick von Kampen.

S. Sixte bidde vor uns, her Johann von Marenholte domdeken. S. Maria Magdalena bidde vor uns« her baltatzar Nyenstadt, dompravest.

Auf beiden Glocken sind die ganzen Figuren der angerufenen Heiligen und darunter die Wappen der beiden Stifter.

. 5. Durchmesser 0,77 m, mit Umschrift oben in gothischen Majuskeln Ave Maria Gracia Plena.

6. Durchmesser 0,70 m, oben in rückläufiger Schrift (goth. Majuskebi) Ave. Maria. Gra. Wie die vorige aus dem 13. Jahrh.

7. Durchm. 0,64 m. Keine Inschrift. Von altertümlicher, langgestreckter Form.

8. Durchm. 0,56 m. Umschrift oben Ave Maria Gracia. Ausführung und Alter wie No. 5 und 6.

9. Durchm. 0,40 m. Ohne Schrift, langgestreckt und sehr alt.

Die letztgenannten fünf hängen im Mittelbau zwischen den beiden Türmen, Sie führten ehemals (vielleicht noch jetzt) im Volksmunde Spitznamen: Sauer- kohl, Bratwurst, Langhals, Lämmchen, Stimpimp, (auch Stinkstank). Die beiden letzten werden jetzt nicht mehr geläutet.

10. Ein kleines Glöckchen 0,40 m weit, Adämchen genannt (weil es bei der Austreibung des Adam geläutet wurde) hängt im Dachreiter der Vierung. Es hat keine Inschrift, scheint aber nicht so alt zu sein wie N. 7 und 9. (H.-Z. IX, 289.)

11. und 12. Auf dem südl. Turme hängen zwei für ihre geringe Höhe auf- fallend breite Glocken, eine grosse und eine kleine zum Anschlagen der Viertel-

Halberstadt (der Dom: Altare) 269

und ganzen Stunden, beide gegossen 1845 von C. H. Qettwerth in Halb, aus dem Metalle einer gesprungenen von 1470. Ihre Weite kann wegen Unzugänglichkeit nicht gemessen werden. [Die alte Glocke hatte folgende Inschrift:

Annos post mille X pariter LX que quater C

me fecit Hans Blome

hie pendeo to dem Dome.

non campanari nee eampana voeitari,

sed debeo horas per me diseutere eunetas.

Diese Glocke war also gleichfalls Stundenglocke und 1470 von Hans Blume ge- gossen. (H.-Z. VI, 509.)

Ausserdem werden in älterer Zeit erwähnt eine Glocke über dem Sanctua- rium 1227; die Ave Maria-Glocke 1365, 1454; eine neue Seiger-Glocke 1607.J

Altäre: [Urkundlich erwähnt sind folgende : dem 4. undö.Dom angehörige:

1. St Stephan, Hochaltar, altare majus, prineipale, zuerst erwähnt 1023, später wiederholt erneuert, der am 3. August 1491 vom Bischof Enist geweihte barg Reliquien, deren Einwickelung, ein orientalisches Gewebe, 1864 gefunden wurde, (s. u. „Gewebe'' Domsch: No. 318.)

2. Heilig-Kreuzaltar 1193. Standort? Dort wurde 1458 vom Vicar Johann Mestorp eine zweite Vicarie zu Ehren des Leibes und Blutes Christi gestiftet.

3. Neuer Altar unter dem Turme, von Bischof Konrad geweiht 18. Oktober 1208.

4. Marienaltar, gegenüber dem Hochaltar am andern Endo des Kirchen- schiffes 1214.

5. St. Sixtus, im Westchor, vor 1228, wo auch seine Beleuchtung erwähnt wird. Die Vicarie S. Sixti 1449.

6. Marienaltar, in der Krypta, zuerst 1234; einen Marienaltar bekam schon 974 der 2. Dom.

7. St. Jakobi, 1235, Standort? Hatte damals dieselbe Vicarie mit dem

8. St Euphemiaaltar, der vom Kanon. Osto gestiftet war. Standort?

9. St Johannis-Bapt, 1247. Standort?

10. St Moritz. Bekam 1252 einen Ablass. Standort?

11. St Georg, in der Krypta 1262, gestiftet vom Domherrn Wedekind. Bekam 1436 eine zweite Vicarie.

12. St Sylvestri. Vicarie erwähnt 1294. Standort?

13. St Katharina, um 1305. Steht noch jetzt an der ersten nordwestlichen Travee, früher unter einer seitdem verschwundenen hölzernen Kapelle. 1317 hatte er mit dem Johannis-Evang. Altar einen gemeinsamen Altaristen.

14. St Johannis-Evang., 1317. Standort vielleicht an der Stelle des Altars, durch den er ersetzt wurde.

15. Der heiligen Engel. Stand vor 1317 unterm Patronat des Dom- dechans, seitdem unter dem des Archidiakonus von Eisleben. Standort?

16. 11000 Jungfrauen, 1324. Standort?

17. St Ludgeri, 1324, in der Ludgerskapelle, später nach deren Abbruch anderwärts im Dome.

270 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (der Born : Altäre)

18. St. Dionysii, 1325. Standort? Bekam 1369 durch Testament des Vikars Thomas v. Schirstedt eine zweite Vicarie.

19. St. Thomae. 1329 wurde die Vicarie gestiftet durch Testament des Vikars Albrecht v. Northeini. Standort?

20. St. Mariae-Magdalenae, 1333. Standort? Gestiftet von Bischof Gardolf Ende 12. Jahrh.'s.

21. St. Peter und Paul, 1334 gestiftet von Nikolaus v. Orsleben; Pa- tronat der Domkellnerei ; gegenüber der sogenannten Totenthür, die nach dem Kreuzgange führte, „jegen der portenfruwen angesichte over.'' Daselbst ein Benefizium gestiftet vom Vikar Heinrich Bodeker; der Besitzer des Lohns war verpflichtet vor dem Altar eine ewige Lampe zu Ehren des h. Leichnams zu unterhalten. Kommission der hh. Anna, Jakobus d. Ä. und St, Thomas. Ge- stiftet 1507 von Lukas Schickman.

22. Philipp US und Jakobus. Die Vicarie stiftete 1334 Graf Barchard V. Falkenstein. Patronat der Domkellnerei. Standort?

23. St. Karoli, 1337 wurde eine solche Vicarie, gestiftet vom Domherrn Dietrich v. Freckleben, bestätigt. Der Altar ist auch 13130 erwähnt. Anscheinend ein neuer sollte errichtet werden 1475 (Juni) ,,supra novam capellam in parte australi circa et supra ambitum.'* Daselbst auch eine Kommission St Antonii beschlossen.

24. St. Godehardi, gestiftet 1339 von Heinrich v. Hakensted t, bestätigt 1352. Standort?

25. St. Martini, in der Krypta 1343.

26. St. Cyriaci und Valentini, gestiftet durch Testament des Domherrn Gumprecht von Wanzleben 1375.

27. St. Godehardi, Bervardi u. Sebastiani, erbaut 1375. Standort?

28. St. Jakobi d. Ä. und Livini, 1387 gestiftet von Bischof Albrecht. Standort?

29. St. Matthiae und Eucharii. Standort? 1388 wurde die Vicarie gestiftet durch Testament des Vikars Edeler v. Hildensen.

30. St. Erasmi, 1426, in der Kapelle im Kreuzgange.

31. St. Blasii, Johannis-Evang., Katharinae, Stephani und aller Heiligen, wird 1456 gestiftet vom Probst Ludolf Quirre an der oberen Säule vor dem Chor nach Süden, mit 100 Mark und 100 rh. Gulden, so\vie mit einem Hause. Jeder der beiden Vikare hatte seine Alturgeräte für sich.

32. St. Petri und

33. St. Bartholomäi, beide vor 1458, bei letzterem die Vicarie St Materni. Zw^ischen ihnen wurde gestiftet

34. ein Altar 1458 durch einen Heinrich Hume und seine Frau. Am 4. Pfeiler des Kirchenschiffs.

35. S-t. Laurentii vor Dezember 1461.

36. Aller Heiligen, existierte schon vor dem Dezember 1478. Damals erhielt er seine Bestimmung und Mag. Joh. Eggerdes stiftete eine Kommission U. L. Fr. und aller Heilgcn.

37. 11000 Jungfrauen und St. Moritz, gestiftet kurz vor dem 17. August 1480 „under dem crussewerke benedden an der kerkdore in dat norden.''

i

Halberstadt (der Dom: Altäre) 271

Er diente als Ersatz des 11000 Jungfrauenaltars (No. 16) und des Moritzaltars (No. 10). Zwei Kommissionen für ihn, 1. h. Ursula und 11000 Jungfrauen, 2. St. Moritz stiftete 1482 der Vikar Konrad Eddeier.

38. St. Nikolai vor 1484. Dort waren damals zwei Kommissionen gestiftet durch Testament des Domprobstes Heinrich Gerwyn. 1. Petri und Pauli, 2. Kosmae und Damiani. Zwischen dem St. Godehardi-Altar und dem Laurentii-Altar stand an einem Pfeiler

39. Der Altar der 10000 Ritter und vier grossen Kirchenlehrer. 1505 wurde dort durch einen Bethmann Swider eine Kommission St. Andreae gestiftet.

Bei diesen Altären gab es folgende Vicarien, deren Zugehörigkeit zweifel- haft ist:^ Neue Vicarie 1269; eine Vicarie gestiftet vom Domherrn Konrad V. Winnigstedt 1336, Patronat der Domkellnerei; St. Johannis-Evang. 1441; St. Laurentii 1460; St. Godehardi, Roratae und Livini 1461; Corporis Christi 1465; St Urban 1466: St. Katharinae 1537; » St. Jakobi zweiter Gründung 1607.

Kommissionen, welche nicht unterzubringen sind, waren: St. ürbani, Antonii, Erasmi, (alle drei 1484); Andreae (1505) vom Stifter beschenkt mit Kelch, Pacificale, Kasein, Alben und Missale.]

Gegenwärtig vorhanden sind 13; von ihnen stehen 9 unbenutzt Im Ge- brauche sind :

1. Der Altar, im Chor (beim Abendmahl); 2. der in der Marienkapelle (zur Taufe); 3. ein romanischer Altar in der Sakristei. Ausserdem dient für den ge- wöhnlichen Gottesdienst der moderne, sog. liturgische Altar, aus Kalkstein. Unten ist er mit den Figuren dreier Apostel und zweier Engel bemalt Er trägt ein 1,87m hohes Kruzifix (15. Jahrb.). Die unbenutzten Altäre sind: 1. der Katharinen-Altar (s.o. Nr. 13); 2. 3. 4. 5. Vier Altäre im nördlichen Chorumgange an der Wand unter den Fenstern innerhalb der dort befindlichen Bogennischen. Auch in der neben der Kleeblattthür muss ehemals einer gestanden haben, desgl. vielleicht wenigstens zeitweise einer an dieser selbst, wie die Sakramentsnischen an beiden Stellen anzudeuten scheinen. 6. Einer in der Nische der Travee süd- lich von der Marienkapelle. 7. An der Chorwand am Ende des südlichen , Um- ganges. 8. In der Stephanskapelle. 9. In der Neustädter Kapelle,

Altargeräte, Reliquiarien und andere Gegenstände der Fein- schmiedekunst [Schon der älteste Dom war reich an Reliquien und damit natürlich an deren Behältern. Die GEH p. 88 zählen eine gewaltige Menge solcher Reste auf, offenbar indem sie aus alten Katalogen abgeschrieben haben. Bischof Arnulf stiftete für den Hochaltar eine Tafel von purem Golde und Edelsteinen, ein goldenes Weihrauchgef äss , eine ebensolche Weihrauchbüchse, einen grossen goldenen Kelch mit Patene u. a. m. GEH p. 90. Gegen 1150 schenkte ein Domherr Martin einen Schrein mit vielen Reliquien, mit Silber und Gold ge-

* Ein vollständiges Verzeichnis der Vicarien am Anfange des 18. Jahrh. giebt v. Mülveretedt, H.-Z. 1871, 408.

* Die Kurie des Vikars ist noch erhalten und liegt am Düsterngraben No. 12, sie tragt die Inschrift: Hec domus spectans ad vicariam diue Catharine in ecclia halberstaden. Per Valentinum Rynner funditus extnicta est. Anno 1537. Vergl. auch „Profanbauten.*'

272 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Altargeräte, Beliqularien u. s. w.)

schmückt und einen goldenen Abendmahlskelch. Auch von Bischof Rudolf hören wir, dass er den Dom mit vielerlei Kostbarkeiten beschenkte. Als später (1205) Bischof Konrad von Byzanz zurückkehrte, brachte auch er eine grosse Menge von wertvollen Geschenken mit. Die Kenntnis davon ist uns durch eineürkimde von 1208 überliefert. Es werden dort aufgezählt: 1. eine grosse Kreuzpartikel auf einer silbernen Tafel; 2. der Schädelknochen des h. Stephan, veraiert mit Gold, Silber und Edelsteinen; 3. das Haupt des h. Jakobus des Jüngeren in ähnlicher Ausstattung : 4. das Schienbein des h. Petrus; 5. desgl. des h. Barnabas; 6. desgl. des h. Mattliäus, alle drei in silbernen Behältern; 7. ein grosses, silbernes Reliquiar (capsa) mit unzählbaren Reliquien; 8. ein Arm der h. Euphemia, mit Gold, Silber und Edelsteinen verziert; 9. silbernes Ciborium mit Gold und Edel- steinen, in welchem ein Schädelknoohen des h. Stephan geborgen war; 10. schöne (nobiles) Ölflaschen; 11. eine desgl. zum Gebrauch am Ostersonnabend; 12. ein herrliches Antependium von Sammet in verschiedenen Farben für den Hochaltar; 13. eine Decke (palla) für einen Altar, mit Goldfäden gewirkt und mit Edel- steinen besetzt, samt einem Überhang (cortina), auf dem ein Salvatorbild mit Gold, Silber und Edelsteinen geschmückt, eingewirkt war; 14. drei andere Decken, eine für Werktag, eine für Sonntag, eine für die Apostelfeste; 15. eine desgl. mit Gold durchwirkt für den h. Kreuzaltar; 16. drei Kaisertücher (imperialis), purpurn; 17. eine desgl für den Predigtstuhl; 18. vier Vorhänge im Chore zu benutzen; 19. ein Ciborium; 20. zwei Korporaltücher mit ihren Behältern; 21. zwei kleinere und zwei grössere Fahnen mit Gold durchwirkt; 22. eine vor- treffliche seidene Alba; 23. drei Chormäntel; 24. ein griechisches Rauchfass; 25. eine grosse silberne Schüssel (scutella) zum Umhertragen des Kelches.

Die GEH p. 120 geben die Eeliquien, welche Bischof Konrad mitbrachte, in viel grösserer Zahl an, ob ohne Irrtum, ist zweifelhaft. Über die zugehörigen Behälter und sonstigen Gegenstände dagegen schweigen sie. Der Ankimftstag der Reliquien (16. August) blieb bis in späte Zeiten ein hoher Feiertag. Andere Reliquien kamen 1225 aus dem Kloster Sichem, in welches Bischof Konrad über- getreten war, in den Dom. Wenn ich im Obigen alle, auch nicht in dies Kapitel gehörigen, Gegenstände jener grossen Schenkung 1205 genannt habe, so geschah es, um spätere Wiederholungen zu vermeiden. Im übrigen sind urkundliche Er- wähnungen solcher Kostbarkeiten selten. Ein Kelch (1227), ein silbernes, ver- goldetes Bild des heiligen Matthäus (1435 ; s. H.— Z. 1886). 1482 schenkte der Vikar Konrad Eddeier einen silbernen Kelch mit vergoldeter Patene und ein silbernes, vergoldetes rundes Pacificale.]

In der Domsammlung, jetzt vorhanden sind:^ 1. 2. Zwei Prozessionskreiize, Bergkrystall, 0,56 bezw. 0,72 m hoch, 14. Jahrb., Hermes p. 130. 3. Prozessions-

^ Durchaus unsicher ist, welche Gegenstande des Domschatzes von Anfang an dem Dom gehört haben. Im Folgenden werden die Gegenstände überall nur kurz bezeichnet; genauere Herausgabe behalte ich mir vor. Die Nummern sind die des dortigen Inventars. Wo es ging, ist auf Hertaes verwiesen, dessen Aufzeichnung freilich nicht frei von Lücken ist. Abbildungen gebe ich nur von den Stücken, deren deutscher Ursprung nachweisbar ist und welche dabei genügendes Interres^^c bieten. Wo nicht das Gegenteil gesagt ist, sind die Stücke guterhaltcn.

Halberstadt (der Dom: Altargeräte, Beliquiarien u.s. w.) 273

* kreuz, Silber, 0,25 ra hoch, Kruzifix und Evangelistensymbole eingraviert, 17. Jahrh. 4. Kruzifix, Körper von Elfenbein, modern. 5. Monstranz (defekt), Messing vergoldet, 0,52, m hoch, 15. Jahrh. 6. Desgleichen, Silber vergoldet. 7. Kelch mit Patene, Silber vergoldet; 6 lappiger Fiiss, worauf Heiligenfiguren- Kelch 0,196 m hoch, Patene 0,143 m Durchmesser. Geschenk des Weihbischofs Matthias von Qade 1501. 8. Desgleichen, am Fuss Christus am Kreuz, am Knauf OMARIA. Kelch 0,196 m hoch, Patene 0,125 m Durchmesser. Geschenk eines Adalrich Stibler. 16. Jahrh. 9. Kelch wie vorher, 0,17 m hoch. 10. Desgleichen, am Fuss Christus am Kreuz, das braunschweigische Wappen und ein Adler, am Knauf IHESTJS. Schaft sechsseitig, Fuss rund. 0,17 m hoch. Geschenk der Margarete, Herzogin von Braunschweig, 1536. 11. Desgleichen, ähnlich wie No. 10 ohne Wappen, Silber vergoldet, 0,177 m hoch, 16. Jahrh. 12. Desgleichen, 0,145 m hoch. 13. Kelchlöffel, Silber vergoldet, 16. Jahrh.?

14. Wärmapfel, vergoldete Bronce, mit Evangelistenbildem und Symbolen; in schön gepresster braunledemer Kapsel. 0,015 m Durchmesser, 13. Jahrh. Hermes p. 95. 16. Keliquientafel, vergoldetes Holz mit Bergkrystallkugeln, 15. Jahrh. In einem ihrer Fächer befand sich 16 a. eine kleine viereckige Büchse von Gold, auf deren Deckel in feinstem Zellenschmelz das Bild des h. Demetrius, am Boden der h. Nestor 0,045 m hoch , 0,03 m breit. Byzanz. 9. Jahrh. Hermes p. 99. 17. Reliquie'ntuch, Pergament mit brauner Seide überzogen, Mitteltafel von ver- goldetem Silberblech, mit Perlen und Edelsteinen besetzt, 30 Reliquien enthaltend ; in der Mitte Kreuzigungsgruppe. Mitteltafel 0,90 m hoch, 13. Jahrh. Hermes p. 100. 18. Straussenei als Keliquiar, Einfassung Silber vergoldet, 0,43 m hoch.

15. Jahrh. Hermes p. 101. 19. Schädel des Apostels Jakobus in silberner Passung. 12. 13. Jahrh. 20. Sogenannter Stephanusstein, in silberner Fassung, um 1200. Hermes p. 96 mit Abbildung.' 21. Bracchiarium, Holz mit vergoldetem Silber- blech reich verziert, auf drei Löwenf üssen , 0,51 m hoch, um 1300. Hermes p. 103. 22. Desgleichen mit viel Perlen, Edelsteinen und Filigran. 0,51 m hoch, um 1350. Hermes p. 103 mit Abbildung. - 23. Desgleichen mit Bergkrystall, Emaillen und Edelsteinen. 0,445 m hoch, 14. Jahrh. 24. Reliquienbüchse, so- genanntes Demetriusgrab. Silber vergoldet. Die Emaillen sind vernichtet. Auf dem Deckel das getriebene Bild des Heiligen. 0.03 m hoch, 0,06 m breit, 0,10 lang. Byzanz, 13. Jahrh. Hermes p. 100. 25. Desgleichen, in Form eines kleinen Buchs. Silber. Vom Adam, hinten Eva zwischen Edelsteinen. 0,037 m hoch,. 0,03 m breit, 17. Jahrh. ? 26. Desgleichen, mit Klappdeckel, 0,01 m hoch, 0,035 m breit, 0,055 m lang, Byzanz 12. Jahrh. 27. Kusstäf eichen. Kupfer. Form des griechischen Kreuzes, oben rund abgeschlossen. Reich mit Grubenschraelz ver- ziert, limoges? 12. Jahrh. Hermes p. 95. 28. Reliquienbehälter. Holz. Seiten von Elfenbein von einem byzantinischen Diptychon. Tgl. Schnitzereien No. 59 a und b. 29. Desgleichen, vergoldetes Kupfer. 30. Desgleichen. 31. Des- gleichen, Holz, unten mit Seidenstoff des 10. Jahrh. überzogen. 32. Ablasstafel. Messing mit ornamentiertem Rande. Oben eine neunzeilige Inschrift, darunter eine stehende Madonna eingraviert. 0,405 m hoch, 0,243 m breit. Früher in der Liebfrauen -Kirche. Mitte des 13. Jahrh. 33. Kruzifix, Silber vergoldet, mit Edelsteinen. 0,094m hoch, ebenso breit, 16. Jahrh.? 34. Desgleichen, Silber. 35. Prozessionskreuz. Messing vergoldet. Der silberne Christuskörper 0,14 m hoch,

Kmia Halbentadt. 18

274 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Altargeräte, Beliquiarien n. s. w.)

16. Jahrh. 36. Weihbrotschale, Silber vergoldet. Das Innere bildet einen Acht- pass. Am Boden die Ereuzigungsgruppe in Hoclirelief. Griechische Umschrift mit den Einsetzungsworten des Abendmahls. Die später angesetzten Figuren (in der Mitte der h. Stephan, am Rande vier Steine werfende Juden) sind enfmt und auf einer Nachbildung der Schale, angebracht, (s. unten No. 405). 0,41 m Durch- messer. 0,04 m tief. Mitgebracht 1206 aus Byzanz durch Bischof Eonrad (s. o.) Hermes p. 89 mit Abbildung. 37. Gemellio (Doppel Waschbecken , wovon eins mit Abguss) Eupfer. Innen Grubenschmelz mit figürlichen Darstellungen. 0,24 m Durchmesser. Angeblich 1205 aus Byzanz gebracht, wahrscheinlich fran- zösische Arbeit des 13. Jahrh. 38. Desgleichen, scheint etwas älter. 39. Monstranzfuss, Eupfer vergoldet 16. Jahrh. 40. Hostienbüchse. Silber, innen vergoldet. 1726. 41. Leuchter. Eupfer, am oberen Rande eingegrabene Namen von 4 Aposteln, am halbkugeligen Fusse 4 Engel im blauen Gruben- schmelz. 0,157 m hoch. 12. Jahrh. Hermes p. 95. 42. Desgleichen. —43. Schiffs- ähnliches Weihrauchgefäss. Modem. 46. Reliquien tafel, sogenannte tabula Theodulfi abatis. Silber vergoldet, mit Gold, Perlen, vielen Edelsteinen und Emaillen. Sehr wertvolles Stück. 0,45 m hoch, 0,39 m breit. 12. Jahrh.^ die Emaillen zum Teil älter. Hermes p. 98 mit Abbildung. 47. Straussenei als Reliquiar. Am Fuss mit vielen Edelsteinen besetzt. Deckel defekt 12. Jahrh. 48. Reliquiengefäss aus Bergkrystall. Einfassung von vergoldetem Silber auf drei Füssen. Mit vielen kleinen Rosen besetzt, die aus vergoldetem Silber mit Edelsteinen bestehen. Enthält Reste der h. Elisabeth, welche am 9. November 1270 eingeholt wurden. 0,144 m hoch, 0,052 m Durchmesser. 13. Jahrh. 49. Desgleichen in Earaffenform mit ausgescimittenen erhabenen Blatt- und Rankenverzierungen. Metallbeschläge oben und imten aus verschiedener aber romanischer Zeit 0,17 m hoch. 10. Jahrh. 50. Glaskugel, das sogenannte Nähzeug der h. Jungfrau. Modemer Glasbläserscherz. Hermes p. 103. 51. Reliquien kästchen. Hörn mit Silberbeschlag. Aufschrift in blauer Email : De ligno dni. 13. Jahrh. 52.-58. Desgleichen. Meist ziemlich wertlos. Orientalischer Herkunft Mittelalter. 60. Desgleichen. Auf dem Deckel die Ereuzigungsgruppe gemalt 15. Jahrh. Hermes p. 129. 61. Desgleichen ähnlich. 14. Jahrh. 62. Runde Schachtel mit Brokatstoff beklebt, 13. Jahrh. 63. Reliquiar. Holz mit Silberbeschlag. 64 Monstranz. Silber vergoldet In ein Türmchen mit Eruzifix auslaufend. 0,47 m hoch 15. Jahrh. 65. Ciborium. Eupfer, aussen vergoldet, innen ver- silbert. In Eelchform. Hermes p. 91 mit Abbildung. 67. Drei Zinnkännchen für Wein und drei für Wasser auf ovalem Zinnteller. 68. Reliquienpokal mit Glasgefäss. Der dünne Fuss mit Löwenfiguren. Auf dem Deckel sechs Reiter. Enopf mit Bild Earls des Grossen. 0,43 m hoch, 0,19 m Durchmesser. 14. Jahrh. Hermes p. 101. 69. Desgleichen, sogenanntesHedwigsglas. Deckel in Turm- form. Glas mit hochgeschliffenen Ornamenten. 0,28 m hoch, 0,077 m Durch- messer. Glas (?), Einfassung 14. Jahrlw Hermes p. 102 mit Abbildung.* 70. Bracchiarium. Holz mit vergoldetem Silber und Edelsteinen. 71. 76. Reliquienkästchen von verschiedenem Material, ziemlich minderwertig und zum Teil defekt 77. Untersatz. Vergoldetes Holz mit Emaillen und anderen Ver-

^ Vgl. über derartige Gläser: Bucher, G^chichte der technischen Eünste III, 282.

HalberBtadt (der Dom: Altargerate, Beliquiarien u. a v.)

zierungen. 12. Jahrb. 78. Kruzifixhiss (?) in Kapellenforni. Holz. Übergangs- stil des 13. Jabrh, 80. Reliquienbebälter in Krononiorm. 80 a. Defekte Seliach- figur aus dem angeblichen Spiele Karls des Grossen. Bergkrystall. Ähnliclie Stücke im Dom zu Osnabrück. 80 b. Silberner Pokal, modern. 81. Knizifixi vergoldetes Holz, stark beschädigt. 82. Kleines Weihrauch fass, Messing. 83. Desgleichen. Kupfer; 15. Jahrh. 96. 97. Vier messingne Altarleuchter. 98. Ein desgleichen, Blei. 99—103. Minderwertige, zum Teil beschädigte Re- liquienbehälter. — 113. Kruzifixfuss aus Holz. 176. Marienkrone, angeblich Keliquienbebälter, Silberblech mit Perlen. 320. Aquamanile. Bronce. Kossel- f orm, Ausguss und Henkel mit tierischen Motiven, zum Aufhängen. Der Deckel fehlt. 14. Jabrh. Hermes p. 94.— 321. Desgleichen Messing. Löwenform, 13. Jabrh. Hermes p. 94. 322. Taufbecken. Messing. 323. Desgleichen, Zinn, mit dem Wappen von Sachsen und der Familien von Hoym, Samptleben und Holle. 0,51 m Durchmesser, 15. Jahrh, ? Hermes p, 91. 324. Offertorium. Holz, bemalt, in der Mitte Christus, ringsum die zwölf Apostel. 0,42 m Durchmesser, 13. Jahrh, Hermes p.94. 325. Des- gleichen. In der Mitte Juvenal, Platoi Vergil, Ovid, riogsum zehn Bnistbilder griechischer Welsen. Hermes p. 94. 326. Desgleichen mit Fuss. Auf dem Boden ein Agnus Dei, Inschrift und Umschrift 0,41 m Durchmesser. Fuss 0,105 m hoch, 14. Jahrb. Hermes p.94. '^

327. Sechseckiger Untersatz, ver- goldetes Kupfer. 328. Taufbecken, Messing, mit Darstellung des Sünden- falls. — ^©9. Zwei Vasen. Zinn 1635. 330. Eine desgleichen defekt, 1712. 331. Zwei desgleichen, mit schönen gestochenen Ornamenten. 1651. 333—336. Sechs minderwertige Altarleuchter. 337-339. Drei Messglöckchen. 340. Kleine Platte. Marmor in ornamentiertem Eichonrahnicn. 390. Lesepult in Form eines Adlers. Kopie nach dem auf dem Lettner befindlichen. 399- Tauf- becken. Bronce, Die Oberfläche zeigt auf acht Feldern polychrome Darstellungen aus der Jugend Christi, 0,53 m hoch, 0,77 m Durchmesser, nach unten sich vor- engend. 14. Jahrh. Hermes p. 91, 400. Reliquienbehälter mit acht kreisrunden Fächern, Diptychon. Holz. Innen die Anbetung der Könige in Hochrelief. ÜJJ8 m hoch, (Figuren durchschnittlich 0,1-J. m), 0,80 m breit, 14. Jahrii. Hermes p. 130. 404. Kohlenpfanne, Bronce, zweihenklig auf drei Füssen. Mit Tiermotiven. Giesser-

zeichen ^ . 0,28 m hoch. 0,80 m Durchmesser. Dicke der Beckenwand

etwa 0,018 m. 12. Jahrh. Hermes p. 95. *35. Nachbildung der Stephansschüssel mit den früher auf jener befindlichen vier Judenfiguren. Der Stephanus fehlt.

Halberstadter Stadtkreii: Halberatadt (der Dom: Altarfter&fe, ChorfrestflU)

(vergl. No. 36) Gusseisen. 410. Kopie einer Schüssel von Petnizzi. Ousseisen.

412. Lampe. Messing. In LBteroenfomi. Inschrift Hans Meissner goot mick

tho Bronsswick. 425. Zwei Leuchter. Bronce. 152 m hoch, 14. Jahrb.?

427. Bracchiarinm. Etwas beschädigt. Mit Reliquien unter Marienglas. 0.45 m

hoch. 428. Desgleichen, mit vier leeren Boliquicnhehültem. 0^ m hoch.

429. Kruzifix. 18. Jahrh. Ausserdem sind gegenwärtig im Gebrauch: 1. Drei

Kelche von vergoldetem Silber, mit&echslappigem

Fuss und sechkantigem Knauf, a. 0,17 m hoch.

datiert 1474, am Knauf ihesvs b. 0,16 m hoch,

am Knauf oben mariaa(!), unten ana (!)■

c. 0,175 ni hoch, am Knauf IHESVS

2. Drei Pafenen von vergoldetem Silber. jede mit graviertem Kreuz im Kreise, a. Durrfi- mes-ser 0.16 m, gotisch mit graviertem Blatt- werke in den Zwickeln eines Vierpasses, b. Durchmesser 0,15 m. c. Durchmesser 0.16ni.

3. Silberne Kanne, 0.19 m hoch, plump, ge- stiftet 1678 vom Portenarius Friedrich v. Schlitz.

4. Kleines Weingefäsa, sechseckig, Silber,

Halb.'er Beschau. Zeichen: (»JJ)

5. Silberne Kanne von 1830.

6. Kelchlöffel, Silber, Halb.'er Beschan. Zeichen T. T. 17L . .

7. Zwei Kelchdeckel, 1678, beide mit Silber- stickei-ei auf Grund von roten Glasperlen.

. mit Lamm, b. mit | riS.

8. Zwei Taufbecken sind modern. Chorgestfihl. [Die Sitze der Vikare Im östlichen Teile des Chores sind 1306 erwähnt, ein älteres Chorgestühl 1363 und 1410. Das 1436 genannte stallum in choro ist möglicher- weise schon das jetzt noch existierende.]

Das fast 12 m lange Gestühl (Pig. 93 u.94l. der Gotik des 15. Jahrhunderts angehörig, ei vortrefflich erhalten. In Eichenholz geschnitzt, zeigt es an den 2,48 m hohen Wangen reiches Blattwerk und Rosetten. An der hohen Bück-

wand befindet sich oben oin langer, schmaler,

p; gg hölzerner Baldachin mit kleinen Giebeln und

Fialen. Jedes Gestühl bat oben und unten je sechzehn Klapp-sitze und Stützen (Misericordien) für die Stehenden.

Kanzel. [Amboncn werden schon beim zweiten Dome, femer in dem fünften 1328 und 1305 genannt. Die Reste der letzten befinden sich mitten auf der Lettnerwand, dahinter führt eine Wendeltreppe zu ihr (jetzt zum Biachofsstnhl)

Halberstadt (der Dom: Kaozel, Orgel.) 277

empor. Von dem Aufgange zu einer noch älteren Kanzel ist noch ein Belief (der ungläubige Thomas) im nördlichen Chorumgange (s. u. Skulpturen). Die jetzige Eanzet ist ein geschnitztes und unschön bemaltes Werls von 1598. Besonders schwer vonForm ist der Deckel. Sie steht am 3. südlichen Pfeiler von der Vierun aus; am ü. würde sie einen für das Auge besseren Platz haben, jedoch empfiehlt sich die jetzige Stelle der besseren Akustik wegen. Der Deckel ist mit den Wappen von Chorherren (Aufzählung siehe bei Hermes, p. 55), oben mit einer kleinen Fignr des Christuskindes geschmückt; um ihren unteren Eand geht die Schrift: Qui vos audit me audit et qui V03 spernit me spernit qui autem me spernit spernit eum qui misit me (Luc. 10). In den Füllungen des Aufganges zur Kanzel und dieser selbst sieht man die Figuren der Kardinal- tugenden, Christi und der Evangelisten. Unter dem Aufgange zwei massige Malereien, auf der eisen Seite Simsen, die Säulen zerbrechend, auf der andern zwei aus einem Grabgewölbe hervor- tretende Gerippe, darüber die Verse:

Got ist alleine geregt

Hie stat der Herr vnd aug der Knegt

Bistu Glugh soo trit herbei

Vndt sage welcher der Knegt oder der Her sei.

Die Kanzel ruht auf einem einfachen, runden Pfeiler, an welchem vorn eine vom Ende des 15. Jahrh.'s stammende, holzgeschnitzte und be- malte Figur eines lesenden Apostols angefügt ist, den man durch Ansetzung unschöner vergoldeter Flügel zum Plngel umgewandelt hat.

Orgel. [Der Balgetreter einer alten Orgel ist 1328 erwähnt. Er bekam am Fronleichnams- tage drei Schillinge. Auch 1343 ist von der Orgel pj g^

die Rede. 1361 wurde eine neue Orgel durch den Priester Nicolaus Paber vollendet; 1495

erneuert von Gregor Kleng. Diese 1G05 mit neuen Verzierungen versehene Orgel beschreibt Merian als sehr alt; sie hatte nur wenige, sehr grosse bleierne Pfeifen, auch nur wenige Tasten, die sehr schwer und über eine Hand breit waren. Sie mussten mit den ganzen Händen oder mit dem Ellenbogen niedergedrückt worden. So konnten nur die Melodien, nicht Begleitungen dazu gespielt werden. Ein Gemälde daran zeigte drei Mönche, die wegen frevelhafter Prahlerei mit ihrer Stimme sich zu Tode singen mussten. Bei Michael Praetorius, Syntagma musicum (1614) finden sich am Ende des 2. Teiles auf Tafel XXIV— XXVI verschiedene Abbildungen aus jener Orgel, nämlich:

XXIV: „Manual-Clavir in der Alten Orgel im Tbunib zu Halborstadt. " 'Detailabbild, des 1. und 2. Diskant-Klaviers, welches auf der nächsten Tafel volU

278

Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Orgel, Taufbecken)

ständig abgebildet ist. Grosse plumpe Tasten, die etwa die Form einer Violine haben; die oberhalb gelegenen Tasten sind für eis, dis, fis, gis, b; viereckig und schwerfällig.

XXV: Drei Abbildungen a) das I. und II. Discant-Klavier, b) das III. Klavier, c) das IV. Pedal-Klavier. Unterschrift: „Diss sind die Manual- vnd Pedal-Klavier, wie die in der gar grossen Orgel im Thumb zu Halberstadt vber einander liegen.'" XXVI: „Blassbälge vnd Calcanten, so zu derzeit bey derselben Orgel ge- braucht worden." Zwei Männer sind beschäftigt die Bälge zu treten, deren auf der Abbild, achtzehn zu erkennen sind (zwanzig waren es wirklich). Ausserdem spricht Praetorius von dieser Orgel im 2. Teil p. 98ff. Eine 3. Orgel ist jetzt Eigentum der Franziskaner Kirche (s. d.)]. Die jetzige Orgel wurde von H. Herbst und Sohn aus Magdeburg 1718 voll- endet, 1719 aufgestellt. Umgebaut wurde sie 1838 durch Friedrich Schulze aus

Paulinzelle. Heute soll sie nicht mehr allen Ansprüchen genügen, ein völliger Umbau, nur mit Erhaltung der Vorderseite, daher nötig sein. Diese Vorderseite zeigt in reicher Schnitzerei, welcher die natürliche Holz- farbe bewahrt geblieben ist, unten den stehenden S. Laurentius und Stephanus, weiter hinauf folgen in pyramidalem Auf- bau sechs kleine sitzende, musicierende Engel. Die Pfeifen stehen auf reich ver- kröpften Konsolen und sind oben ähnlich bekrönt Ganz oben das brandenburgisch - preussiche Wappen von den wilden Männern gehalten.

Die die Orgel tragende Empore ist rund; sie ist erst 1866 an Stelle einer von zwei eichenen Pfeilern getragenen hölzernen erbaut worden. P. Stöbe, Zur Gesch. der Kirchenorgeln in Halb., Zeitschr. für In- strumentenbau, 1865, II, III. Habers Buch enthält eine von Heinrich Herbst verfasste Beschreibung der Orgel. Hermes, p. 83. Taufbecken. Ausser den in der Domsammlung befindlichen, oben be- schriebenen, giebt OS zwei.

1. Ein grosses am Westende des Mittelschiffes auf drei Stufen aufgestelltes, aus Kübeländor Marmor, gestiftet 1195 von Bischof Gardolf. Es hat die Form eines Pokals, welcher auf vier liegenden Löwen steht. Durchm. der Schale 1,05 ra, Höhe 1,235 m, die Wanddicke beträgt etwa 0,10 m, der Umfang oben 3,30 m, in der Mitte 1,73 m; die Löwen sind 0,42 m hoch.

2. Bronzenes Taufbecken in der Marien kapeile, verziert mit vierzehn, hin und wieder zerstörten, flachen Beliefs, die, sehr undeutlich gegossen, heilige und bibl. Scenen darzustellen scheinen. Auch dieses hat Pokalform. Durchm. 0,61 ni, Höhe 0,80 m. [Fig. 95.]

Leuchter. [Kronleuchter im Chor 1365; 3 Kandelaber auf den Stufen

Fig. 95.

Halberstadt (der Dom: Leuchter u. dergl.) 279

1365. Im selben Jahr vier Schüsseln (pelves), auf welche Lichte gesetzt wurden. Ein Kronleuchter diente 1404 zum Miister für eineq der Liebfr.- Kirche ge- schenkten. Ein Leuchter wurde 1449 gestiftet vom Vikar Johann M es torp: steyd uppe deme grade sancturaii in deme chore.]

Drei dreiarraige Leuchter, alle aus dem 14. Jahrb., stehen im hohen Chore, 1. 3,20 m hoch, 2,50 m breit, schlicht, nur mit Gürtungen. 2. 1,80 m hoch, 1,50 m breit, mit vier Löwenfüssen und zwei Heiligenfiguren unten. 3. 1,33 m hoch. 0,72 m breit, mit Tierköpfen an den zwei äusseren Armen.

Die beiden grössten stiftete im 16. Jahrb. der Vikar Heimerding.

Im Mittelschiff hängt ein schmiedeeiserner Kronleuchter für 60 Lichte. Er stellt gleich den Leuchtern zu Hildesheim, Aachen und Komburg die Mauer des himmlischen Jerusalem vor und ist demgemäss mit 12 Türmchen geschmückt, in denen die Apostel stehen. Innen die Umschrift:

alleluia.

Regina coeli laetare Quia quem meruisti portare Resurrexit sicut dixit Ora pro nobis deum

Der Kronleuchter ist gestiftet von Balthasar von Neuenstadt, dessen Wappen an dem Leuchter viermal vorkommt.

Im hohen Chor hängt ein ehemals versilberter Kronleuchter, bestehend aus vier mit Gitterwerk durchbrochenen, eisernen Reifen unterhalb eines fünfseitigen, gotischer Türmchens. Jeder Reif ist weiter als der nächst höhere. Der erste^ hat fünf, der letzte zwanzig Lichtbehälter.

Auf dem liturgischen Altar zwei Bronce-Leuchter, 0,38 m hoch, geschenkt 1676 vom Kanon. Joachim v. Werder.

In der Sakristei stehen zwei broncene Altarleuchter.

Die im Kapitelsaal befindlichen Leuchter, Lampen u. s. w. siehe oben unter „Altargeräte u. s. w.'^

In der Neustädter Kapelle hängt ein überaus fein gearbeiteter Kronleuchter (Abbildung in der Zeitschrift für bildende Kunst 1897 Heft lY, p. 52). Der Reifen zeigt geschmackvoll durchbrochene Muster, und ist mit kleinen Wappen geschmückt, desgleichen die an den Ketten befestigten Rosetten und die kleine Krone oben. Die zwölf lichttüUen sind einfach.

[Ewige Lampen gab es: 1404 eine „vor unses hem godes lichnam vom unser fabriken und ref enter" als Stiftung des Domprobstes Friedrich Hake, in welcher auch der Lampen wardere'^ bedacht wurde; im Kreuzgange wurde ein ewiges. licht 1446 (1. Mai) gestiftet zu Ehren des von den Grafen von Regenstein ermordeten Hans v. Krosigk; ein „geluchte", gestiftet 1448; eine Lampe vor einer Chorthür, gestiftet 1449; vier Lampen, gestiftet 1468 von Nik. Nur, Priester und Offizial; ein „geluchte, so hem Nikolaus Nuer, anders gebeten Rorate, dat darto gemaket, gekofft unde gegeven hefft. 1470.''J

Jetzt existieren noch folgende: Eine an drei mit kleinen Blumen gezierten Ketten in der Marienkapelle; Schmiedeeisen, 1399 urkundlich erwähnt. Eine in Latemenfonn im Kreuzgange. Von den als Wahrzeichen der Stadt dienenden zwei grossen Turmlatemen (de luchter unde lochte an de tome, 1429) steht eine

280 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Möbel)

v,

in der Stephanskapelle seit 1810 ausser Verwendung. Eine Kopie ist neuerdings am Nordturme angebracht.

Schränke und andere Möbel. [Ein .Urkunden- und Bücherschrein wird 1427 erwähnt.] Zur Donisammlung gehören : No. 383, grosser Lehnsessel des grossen Kurfürsten. Lehnen und Füsse sind geschnitzt. Der Überzug ist ein grünlicher Sammet mit rotseidner Fransenborte, 1,40 m hoch, 0,70 m breit, 17. Jahrh. 416. Schränkchen. Innen mit einer Kreuzigungsgruppe, die Thüren innen mit je vier Heiligen bemalt, 0,80 m hoch, 0,57 m breit, 0,15 m tief, deutsch. 15. Jahrh. 425. Zwei gothische Stühle, ohne Polster mit geschnitztem Masswerk und Spuren von Malerei. 1,02 m hoch, 0,70 m breit, 0,55 m tief, 15. Jahrh. 426. Zwei- etagiger Schrank aus Eichenholz. Die Innenseite der Thüren ist mit je einer gekrönten Heiligen auf Goldgrund (St. Katharina und Kunegundis) bemalt. Die aussenbefindliche Malerei ist überstrichen und nur noch in Spuren erkennbar. Früher in der Liebfrauenkirche. 1,97 m hoch, 1,33 m breit^ 0.58 m tief. Deutsch. 13. Jahrh.

Ausserdem befindet sich im Kapitelsaal : ein romanischer Schrank aus Eichen- holz; 13. Jahrh. 2,47 m hoch, 0,90 m breit, ähnlich dem in der Liebfrauen-Kirche (s. u.), aber viel einfacher, nur mit ein paar schlichten Rosetten geziert. Drei Schränke von ziemlich plumper Form mit Zinnen und flach eingeschnitzteni Blatt Ornament, zwei durch handschriftliche Vermerke datiert 1541 bezw. 1567, der dritte aus ähnlicher Zeit. In der Schatzkammer stehen noch zwei romanische Schränke des 13. Jahrh. Der eine 2 m hoch, 0,63 m breit; der Giebel oben endigt in zwei Drachen; der andere mit Eisenbeschlag, 2,87 m hoch, 1,07 m breit; der Giebel oben schlicht zulaufend. Beide aus Eichenholz. In der Sakristei befindet sich ein gotischer Schrank des 15. Jahrh. Ziemlich einfach, mit Zinnen, wenig durchbrochenem Masswerk und Eisenbeschlag. 1,85 m hoch, 0,83 m breit Im hohen Chor ist an der nördlichen Wand ein gothischer dreiteiliger Schrank befestigt, der zur Aufbewahrung gottesdienstlicher Geräte und Webereien bestimmt war. Auf der Thür des mittleren Teiles befindet sich eine ziemlich verblasste Malerei: Monstranz von zwei knienden Engeln verehrt. Die früher vorhandenen Fialen und sonstigen zur Bekrönung des Schrankes dienenden Schnitzereien hat man entfernt, in dem Glauben, dass der Schrank auf diese Art besser in die Chorarchitektur passe! 1,43m hoch, 3 m breit, 15. Jahrh. [Fig.96J ~ Hinter dem Chor gegenüber der Marienkapelle ist ein vergitterter Kasten an der Chorwand, der ehemals zur Aufbewahrung von Messbüchern und dergl. diente.

In der Domküsterwohnimg giebt es einen schwerfälligen, aber mit schönem Blattwerk in Flachschnitzerei gezierten gothischen Schrank des 16. Jahrh.'s, ver- wandt mit denen im Kapitelsaal, aber nicht so gut erhalten. Ferner einen niedern Schrank, mit Blumen bemalt, von 1674.

Webereien. I. Liturgische Gewänder: Der Grund zu der äussei-st reichhaltigen und kostbaren Textilsammlung, deren andere Hälfte, Altar- und Wand- docken, weiterhin besprochen werden wird, ist, wie leicht erklärlich, schon im frühen Mittelalter gelegt worden. Glücksumständen ist es zu verdanken, dass die Sammlung sich ziemlich in dem Umfange erhalten hat, den sie zu den Zeiten der Blüte der katholischen Kirche in Nord -Deutschland angenommen hatte. Sie ist eine der reichsten Sammlungen, welche es giebt, besonders wichtig wegen der nicht geringen

i

282 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (der Born: Webereien a) liturg. Gewänder)

Zahl von Webereien des frühen Mittelalters und des Orients. Die Herausgabe von genügenden Darstellungen der wichtigsten Stücke nebst vollständigem be- schreibenden Kataloge wäre eine der bedeutensten Aufgaben der kunstgewerblichen Forschung. [1150 schenkte der Domherr Martin eine Casula von grünem Seidenstoff mehrere Stolen und Manipeln mit Gold geschmückt, ein Schultertuch, zwei Alben mit Cingulen, eine Dalmatica von weissem Seidenstoff, eine seidene Tunica und ein des- gleichen Dorsale. Von den Gegenständen, welche Bischof Konrad 1205 mitbrachte, ist schon oben gesprochen. 1482 schenkte der Vikar Eddeier ein rotes seidenes Gewand mit zehn silbernen und vergoldeten runden Fibeln und Rückenkreuz, ein weisses Gte- wand 7on Seide, ein blaues aus Arras, eins von weissem Drell, zwei Altardecken.] In der Domsammlung jetzt vorhanden sind: 117. Dalmatica, sogenannte leo- nata, purpurne Seide mit in Gold gestickten, stilisierten Löwen. Persien. 12. Jahrh. Hermes p. 116. 118. Desgleichen, Goldbrokat mit schwarzem Sammetmuster. 119. Chormantel, gelbe Seide. 120. Desgleichen, weisse Seide, Gold und Stickerei. 121. Casula, roter Sammet mit gelber Seide. Gabelkreuz mit gestickter^ Kreuzigungs- gruppe. Anfang 15. Jahrh. Hermes p. 114. 122. Desgleichen, lachsfarbener Sammet, Granatapfelmuster. Stickerei. 123. Desgleichen, weiss mit bunter Wolle. 124. Desgleichen, gelber Sammet, Reliefstickerei (Kruzifix). 125. Desgleichen, Goldbrokat mit Sammet. Granatapfeünuster. 145. Schultertuch, Leinwand, Kragen rote Seide mit Goldflittem. Hermes p. 118. 146. Desgleichen, Leinwand, Kragen blaue Seide mit Perlenstickerei. Hermes p. 118. 147. Stola. ^ Mehrfarbige Seide mit Figuren in Goldstickerei (Agnus Dei und sechzehn Heilige) 3 m lang, 0,07 m breit. Hermes p. 118. 156. Schulterhülle (velum oblongum) Nesseltuch mit Zwirnstickerei. Netzfransen. 0,575 m breit. 157. Desgleichen, weisse Leinwand. Adlermuster in roter Wollstickerei. 177. Manipel. Bunte Seide mit Gold. 178. Desgleichen, bunte Seide. 179. Desgleichen, Goldbrokat 180. Desgleichen, gelbe Seide mit Halbfiguren zweier Heiligen in grober Stickerei. Byzantinisch. 181. Eückenkreuz einer Casula. Gestickt mit Kruzifix und Heiligen. 182. Besatz eines Pluviale. Gestickt mit Verkündigung und Heiligen. 183. Desgleichen. Biblische Scenen, gestickt auf Goldgrund. 184. Desgleichen. 185. Desgleichen. 191. Gesticktes Fragment einer Casula. 192. Casula. Roter Sammet, Rückenkreuz. Goldbrokat mit Reliefstickerei, mit den Wappen von Hohen- zollem und Churbrandenburg. Hermes p. 114 mit Abbildung. 193. Desgleichen, Schwarzer Sammet, Rückenkreuz mit Reliefstickerei. Ehemals dem Balthasar von Neuenstadt (s. Baugeschichte.) gehörig. Hermes p. 114 mit Abbildung. 194. Dalmatica. Lila Seide, Stickerei einerseits Tierfiguren zwischen Blattornament, andrerseits Madonna und Christus regelmässig wechselnd. Sicilianisch. Hermes p. 116. 195. Desgleichen, ehemals lachsfarbener Goldbrokat mit eingewirkten Menschen, Hunden, Vögeln und Arabesken. Vom und hinten verschiedenes Gewebe. Sicilien 12. Jahrh. 196. Chormantel. Goldbrokat mit Löwen, Vögeln und Arabesken. Titulus gestickt auf roter Leinwand. Sicilien. 12. Jahrh. Bock, Lit. Gew. I, 2, 192. 197. Desgleichen, gepresster roter Sammet Stickerei zum Teil zerstört. 198. Desgleichen, gemusterte grüne Seide. 199. Casula. Blaue

^ Wo nichts anderes gesagt, ist immer Plattstichstickerei gemeint.

* Von den Stolen und Manipeln der Sammlung spricht Bock, Lit. Gew. II. 73 f.

Balberstadt (der Dom: Webereien a) liturgische Gewänder)

Seide mit Goldomamenten. 200. Tunika. GemuBterte blaue Seide, mit Wappen des Kardinals Albreclit. 201. Desgleichen, gemusterte weisse Seide, dasselbe Wappen. 202. Desgleichen, weisse Wolle. Besatz rot. 204. Gingulum aus Goldschniiren. 2ü&. Gasula. Grüne Seide mit eingewirkten goldenen Adlern, Drachen und Burgen. Gegen 12C0. BUckenkreu» lachsfarbener Sammet mit Relief-

Fig. 97.

Stickerei. 206. Desgleichen, grüner Sammet, Rückenkreuz rot mit reicher Belief Stickerei. 207. Desgleichen, grüne Seide. Rückenkreuz mit Silberplatten. 12. Jahrb.? 206. Desgleiciien, gelbe Seide. Kragen mit silbergestickten Figuren. Zusammengesetzt aus verschiedenen, dem IL, 12. und 14. Jahrh. ange- hörigen Stücken. Hermes p, 112 mit Abbildung. 209. Desgleichen, grüner Atlas. Streifen vorn und hinten mit Scenen aus dem Leben Christi. 210. Desgleichen,

284 Ualberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Webereien a) litnrg. Gewänder)

dunkelblaue Seide. Nachahmung einer Aquilata. Die Adlerfiguren sind von Goldbrokat ausgeschnitten und mit Seidonfäden in den Grundstoff eingenäht. Gold borte als Besatz (0,065 breit). Deutschland. Gegen 1300. Vgl. Bock, Lit. Gew. I, 2 p. 192. Tafel VIII, 1 ., II, p. 109. [Fig. 97J ~ 211. Tunica. Rote Seide mit Gold durch- wirkt. MitHil^ch-undCentauernfiguren. Orient. 12. Jahrb. Hermes p. 116 mit Ab- bildungen. — 212. Chormantel. Grüngelb, stark geflickt. 213. Desgleichen, Gold- brokat, Reliefstickerei. 214. Manipel. Seide mit Gold. Stickerei (aus dem Marien- leben). 1. Hälfte des 13. Jahrb. 216. Casula. Weisse Wolle. Rückenkreuz mit Kru- zifix und Heiligen. 217. Dalmatica. Dunkelrote Seide mit Gold. 218. Chormantel. Gelbe Seide. 219. Desgleichen. Kappe fehlt. 220. Desgleichen, gelbe Seide mit grün und Gold durchwirkt. 221. Desgleichen, roter und schwarzer Sanimet. Stickerei: Heiligenfiguren und Wappen des Kardinals Albrecbt. Hermes p. 118. 222. Desgleichen, gepresster roter Samniet. Heilige in Reliefstickerei. Ehemals dem Domprobst von Gherwen gehörig. Hermes p. 118. Ü23. Desgleichen, ge- musterte rote Seide mit gesticktem Besatz. 224. Desgleichen, gemustert, dunkelblau. Gestickte Heiligen. 225. Casula. Lila Seide. Rückenkreuz gelb mit Gold. 226. Desgleichen, gemusterte dunkelblaue Seide. Rückenkreuz ge- stickt (Krönung Maria, Heilige). 227. Desgleichen, weisser Atlas. Rücken- kreuz gestickt (aus dem Marienleben). . 228. Desgleichen, gemusterte weisse Seide. Rückenkreuz mit baumstammartigem Kruzifix. 229. Dalmatica. Ge- musterte weisse Seide. Wappen des Kardinals Albrecht 230. Desgleichen ähnlich, sehr beschädigt, 232. Ein Stück Goldbrokat mit Granatapfelniuster. Mit Brandspuren. lö.Jahrh. 233. Chormantel. GestickteLeinwand. 234. Des- gleichen, gemusterte blaue Seide, Kappe fehlt. 235. Desgleichen, grün- gemustert. Gestickter Besatz (sechs Apostel). 236. Desgleichen, weissgelbe Seide. Eingewirkte Muster. Kappe gestickt (Kreuztragung). Vorderbesatz mit Heiligen. 237. Desgleichen, roter gepresster Sammet. Stickerei (sechs Apostel). 238. Casula. Gelbe Seide mit eingewirkten silbernen Hundefiguren in gri'mem Rankenwerk.' Rückenkrenz mit Kruzifix und Heiligen. 239. Desgleichen, rote Seide mit grün und Silber durchwirkt. Rückenkreuz mit Kruzifix und Heiligen, 240. Desgleichen, dunkelroter Sammet. Rückenkreuz mit Scenen aus dorn Marienleben. 241. Desgleichen, braune Seide mit blauen Arabesken. Rückenkreuz mit Heiligen. Wappen des Kardinals Albrecht. 242. Desgleichen, roter Atlas. Rückenkreuz mit Madonna und Heiligen. 243. Desgleichen, gemusterte rote Seide. Rückenkreuz mit Mater Dolorosa. 244. Dalmatica. Gemusterte weisse Seide. 245. Desgleichen, gepresster blauer Sammet. 246. Casula. Rote Seide. Rückenkreuz grüne Seide. 247. Desgleichen, ähnlich. 248. Desgleichen, gelbe Leinwand mit roter und grüner Wolle gestickt. Rückenkreuz mit grob gesticktem Kruzifix. 14. Jahrhundert?

249. Desgleichen, lila Seide. Rückenkreuz mit Kruzifix und Heiligen.

250. Desgleichen, roter Atlas. Rückenkreuz baumstammartig. 251. Des- gleichen, sog. Pestkasel. Weisse Leinwand. Rotseidenes Gabelkreuz. Hermes p. 115. Bock, Lit. Gew. II, 250. 252. Desgleichen, ähnlich. 253. Des- gleichen, schwarze Wolle mit weisser Borte. 254. Desgleichen, schwarze Wolle. Rotseidenes Rückenkreuz. 255. Levitenrock. Gelbe Leinwand mit bunter W^oUe. -- 256. Desgleichen, ähnlich. 257. Dalmatica. Dunkellila Seide.

Halberstadt (der Dom: Webereien, a. litargische Gewänder) 285

die hellbraunen Einsätze mit Granatapfelmuster. Wappen des Erzbischofs Ernst 258. Desgleichen, weisse Wolle mit rotem und goldenem Besatz. 259. Des- gleichen, gelb und rote Leinwand. 260. Casula. Bunte gestreifte Seide. 261. Desgleichen, grüngemusterte Seide. 262* Desgleichen, grüne, rotgemusterte Wolle. Auf dem Kückenkreuz 1701. H. S. 263. Desgleichen, violetter Atlas mit bunten Blumen. Weiss seidene Borte. 264. Desgleichen, roter Wollmoiree. 265. Dalmatica. Roter Sammet mit seidener Franse. Früher mit Wappen des Kardinals Albrecht. 266. Desgleichen, ähnlich. 267. Desgleichen, ähnlich wie N. 264. 268. Desgleichen, schwarze Wolle. Defekt. 269. Pluviale. Lachsfarbener Seidendamast. Arabischeinschrift. Gemusterte grüne Seide. Hermes p. 117. 270. Levitenrock. Dunkelbraune Leinwand. 271. Desgleichen, ähnlich. 272. Casulafragment (Rückenkreuz). - 273. Desgleichen. 274. Plu- vialebesatz mit sechs Aposteln bestickt. 279. Casulafragment (Rückenkreuz) mit gestickter Kreuzigungsgruppe, Perlen und Edelsteinen. 280. Dalmatica. Goldbrokat mit Granatapfelmuster. Dreifarbige seidene Franse. 281. Casula. Dunkelroter Atlas. Stickerei mit Heiligen. Wappen derer von Britzke und von Samptleben. 282. Dalmatica. Weisse Seide. Granatapfelmuster und schön ge- wirkte Streifen. 283. Desgleichen. 284. Desgleichen, gelber Sammet und vierfarbige seidene Franse. Wappen des Kardinals Albrecht. 285. Chormantel- fragment Mit Königsfigur in Reliefstickerei Christus mit Magdalena im Garten. 287. Rock eines bischöflichen Beamten. Roter Sammet mit goldener Litze. 311. Schultertuch. Goldbrokat. 312. Chormantelbesatz (mit neun Aposteln be- stickt). — 313. Rückenkreuz einer Casula. Baumstammartiges Kruzifix. 314. Desgleichen, ähnlich. 342. Schulterhülle (velum oblongum). Rote Seide mit verschiedenfarbigen Streifen. 343. Cingulum. Grüne Seide mit Fransen und Füttern. 344. Desgleichen , weisse Leinwand. 345. Stola. Aus Streifen von verschiedenfarbiger Seide und gemustertem Goldstoff. 346. Desgleichen, gepresster roter Sammet. 347. Desgleichen, ähnlich mit Troddeln. 348. Des- gleichen, gelber Sammet, seidene Fransen. 349. Desgleichen, mit silbernen Querstreifen. Farbige Fransen. 350. Desgleichen, goldbrokat. 351. Des- gleichen, gepresster grüner Sammet. —352. Desgleichen, rote Seide und Fransen. 353. Desgleichen, buntgestreifte Seide. 354. Desgleichen, gepresster blauer Sammet mit seidenen Fransen. 355. Desgleichen, hanfgewebe mit seidenen Mustern. 356. Desgleichen , verschiedenfarbige Seide mit Fransen. 357. Des- gleichen, gelbe Seide mit schwarzem Sammetmuster. 358. Desgleichen, schwarze Wolle mit weissen Kreuzen. 359. Desgleichen, violette Seide mit bunten Blumen. Borte weiss. 360. Desgleichen, grüne gemusterte Seide. Borte gelb. 361. Desgleichen, weisse gemusterte Seide mit goldenen Kreuzen. 362. Desgleichen. Rote gemusterte Seide mit Fransen. 363. Desgleichen, Roter Sammet. 364. Desgleichen, grüne rotgemusterte Wolle mit weissen Kreuzen. 365. Manipel aus verschiedenfarbiger Seide mit Goldstreifen. 366. Desgleichen, blauer Sammet mit gelbem Muster. 367. Desgleichen. Hanf- gewebe mit bunten Mustern. 368. Desgleichen, ähnlich. 369. Desgleichen, rote Seide mit Fransen. 370. Desgleichen, roter Wollmoiree mit Fransen. 371. Desgleichen, gemusterte rote Seide mit Fi-ansen. 372. Desgleichen, ähnlich. 373. Desgleichen, blassrote Seide mit Fransen. 374. Desgleichen,

286 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Webereien, a. litarg. Gewänder)

* -

gemusterte grüne Seide, Borte gelb. 375. Desgleichen, violette Seide mit bunten Blumen, Borte weiss. 376. Desgleichen, grüne Wolle mit rotem Muster und weissen Kreuzen. 377. Desgleichen, gemusterte rote Seide mit Fransen. 378. Desgleichen, gemusterte weisse Seide mit Fransen. 379. Des- gleichen, gemusterter blauer Sammet mit Fransen. 380. Desgleichen, schwarze Wolle mit weissen Kreuzen.

131. Mitra. Weisser Seidenrips. Stirnbinde und Titulus in Goldstoff mit Perlenstickerei. 0,235 m hoch, 0,30 m breit. Altertümliches Exemplar. 12. Jahrh. Hermes p. 120 mit Abbildung. Bock, Lit. Gew. I, 2, 185. 132. Desgleichen, Perlen- und Korallenstickerei, zum Teil auf untergelegten Metallplättchen. 0,26 m hoch, 0,30 m breit. 133. Desgleichen, altertümlich. Mit Darstellung des Kampfes zweier Ritter. 0,26 m hoch, 0,287 m breit. Hermes p. 120 mit Abbildung. Bock, Lit. Gew. I, 2, 226.^ 134. Desgleichen, roter Sammet mit Perlenstickerei 0,327 m hoch, 0,30 m breit. Angeblich ehemals einem Abt von Huysburg gehörig. Hermes p. 121 mit Abbildung. 135. Desgleichen, ähnlich. Angeblich früher im Besitz eines Abts von Hamersleben. 136. Desgleichen, rote Seide mit Flitteni und Schellen. Petrus und Paulus in Keliefstickerei. 0,34 m hoch, 0^6 m breit Hermes p. 121. 137. Desgleichen, ähnlich. 0,365 m hoch, 0,288 m breit. 138. Desgleichen, späte schwerfällige Form. Keliefstickerei. 0,365 ra hoch, 0,314 m breit. Hermes p. 121 mit Abbildung. 139. Handschuh, weisse Seide mit Stickerei (Agnus Dei). 306. Desgleichen, weisse Baumwolle, ge- strickt, mit aufgesticktem bunten Muster. 307. Desgleichen. 308. Desgleichen. 309. Desgleichen, mit Agnus Dei. 310. Strumpf (caliga). Violette buntgestreifte Seide. Bock, Lit. Gew. H, 9f. 190. Schuh. Seidner Goldstoff mit Ledersohle. Hermes p. 122. 304. Ein Paar desgleichen. Gepresster roter Sammet, Gramit- apfelmuster.2 305. Ein Paar desgleichen. Roter Sammet an den Seiten zum schnallen. 140. Schweisstuch. Rote Seide mit Goldborte und Füttern. 0,52 m lang. 141. Desgleichen, aus Byssus mit Perlenstickerei und silbernen Sternen. 0,75 m lang. 142. Desgleichen , weisse Leinwand , einfach. 149. Bursa (Gtirteltasche). Kastenform. Roter Sammet 150. Desgleichen, Taschenform, Goldstickerei. -— 151. Desgleichen, rote Seide. 152. Desgleichen, roter Sammet und Seide. Schloss silbern. Mit von Stamem'schem Wappen. Hermes p. 107. 153. Desgleichen, dreifarbige Sammetstreifen, Goldstickerei. 154. Desgleichen, Kastenform. Roter Sammet. 155. Desgleichen, rot und Gold. 289. Des- gleichen , Taschenform. Relief Stickerei (Kreuzigungsgruppe). 290. Desgleichen, rote Seide. 291. Desgleichen, lila Seide. 292. Desgleichen, rote Seide.— 293. Desgleichen, rote Seide, grünes Kreuz aufgemäht. 294. Desgleichen, Buchdeckelform. Weiss mit gestickter Kante. 295. Desgleichen, gemusterte grüne Seide, Borte gelb. 296. Desgleichen, gemusterte blaue Seide, Borte weiss. 297. Desgleichen, schwarzes, weissgemustertes Zeug, rückseite blau.

IL Altardecken, Wandteppiche und dergleichen. In der Dom- sammlung sind vorhanden : 94. Antependium, Nesseltuch mit Zwimstickerei. acht-

^ Er erklärt die Kampfdarstellung irrtümlicli für den Streit zwischen Judaismus und Christentum. Beide Figaren tragen durchaus gleiche Kleidung.

» Von Bock, Lit. Gew. I, 1, 106. fälschlich ins 12. Jahrh. datiert.

Halberstadt (der Dom: Webereien, b. Deckeo, Teppiche n. s. w.)

zehn Heiligenbilder, im Mittelfelde die Kreuzigungsgruppc. (Fig. 98). .I,20mhoch, 3,84 m lang. 13. Jahrb. Hermes p. 105 mitunvollständigerJÄbbildung. 95. Desgl.,

mit Darstellungen aus einer Heiligenlegende (St. Barbara?). Angenäht sind andere nicht zugehörige aber gleichaltrige Stücke. 0,88 m hoch, 2,39 m lang, 13. Jahrh.i

' Von Bock, Ut. Gew.I, I, 106. fälBchlich iaa 12. Jahrh. datiert.

288 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Webereien, b. Decken, Teppiche u. s. w.)

Hermes p. 106. 127. Sehr beschädigte Sargdecke. Kreuz darauf von Gold- brokat. — 158. Antependiura. Seidenstickerei auf Nesseltuch mit achtzehn bib- lischen Darstellungen. An den Seiten Heilige. Verziert mit Perlen und Edel- steinen. 1^7 m breit, 3,14 m lang. Anfang des IS.Jahrh. Hermes p. 105 mit un- vollständiger Abbildung. 159. Desgleichen, Seide mit Goldstickerei (Burgen und Tiere) 0,95 m breit, 1,57 m lang, Hermes p. 106. 160. Desgleichen, Stickerei auf Leinwand mit Hohlsäumen. 0,62 m breit, 1,9 m lang. 161. Altarvelura. Roter Atlas mit Schildern, Rosetten und Füttern (sogenannte ouvraiged'Angleterne). Vgl. Bock, lit. Gew. I, 2, 211. 162. Desgleichen, mit gesticktem Bilde des h. Stephanus. 163. Desgleichen. 164. Desgleichen, grüner Altlas, Schilder und Füttern. 165. Desgleichen, roter Atlas. Vergoldete Silberpiättchen. Ge- stickte Kante. 166. Desgleichen, grüne Seide. Ähnliche Ausstattung. 186. Fragment eines Antependium. Rote Seite, doppelseitig gestickt. Vom Gethse- mane, hinten Verkündigung. 15. Jahrh. Hermes p. 106. 187. Desgleichen, grüne Seide mit Schildern und Füttern. 188. Altarvelum. Doppelseitige Stickerei. Sehr beschädigt. 189. Desgleichen. 203. Antependium. Mit Perlen und Korallenstickerei auf rotem Atlas. In der Mitte Krönung Mariae. 0,7 m breit, 1,57 m lang. Kante 0,21m breit 13. Jahrh. Hermes p. 106. 215. Altar- decke. Stickerei auf Leinwand mit einundzwanzig Passionsdarstellungert. Prätexta von roter Seide. Hermes p. 106. 231. Kelchvelum. Buntgestreifte Seide. 276. Antependium. Nach Art eines grauen Zwimnetzes mit gesticktem Muster. 3,14 m lang, 1,9 m breit. 277. Desgleichen, Stickerei auf Leinwand (Heiüge und Vögel. 0,95 m lang und breit. Gestickte Kante 0,21 m breit. 288. Kelch- velum. Schwarze Wolle mit weissem Spitzenbesatz. 298. Decke. Gemusterte grüne Seide. Borte gelb. 299. Desgleichen, gemusterte schwarze Seide. Borte weiss. 300. Desgleichen, grün und rot gemusterte Seide. Borte weiss und gelb. 301. Desgleichen, roter Sammet. Silbernes Kreuz. 302. Desgleichen, blaue Seide. 303. Desgleichen, blaugemusterte Seide. Borte weiss. 315. Gestickte Kante eines Antependiums. 1,'^5 m lang, 0,12 m breit. 316. Kelch- velum. Roter Sammet mit Gold- und Perlenstickerei und drei NieUen. Ein kleiner Rosskamm von vergoldetem Silber weist auf schwarzburgische Herkunft Hermes p. 106. 317. Desgleichen. Rote Seide mit Goldfäden und bunten Fransen. Doppeladlermuster. Itaüen. 13 Jahrh. 318. Seidenes buntes Gewebe mit ein- gewebter Figur mit drei Vogelköpfen, sowie andere Figuren in altertümlicher Auffassung. Weberei auf beiden Seiten gleich. Gefunden 1864 im Hochaltar als Reliquienhülle, jetzt zwischen zwei Glasplatten, 0,237m breit, 0,667m lang. Orient. Hermes p, 124. Ausserdem ohne Nummer in der Sakristei eine Altar- decke von resedafarbenem Sammet mit Granatapfelmuster.

Wandteppiche sind im hohen Chor, einige Fragmente in der Domsammlung vorhanden. Letztere sind folgende: 128. Teppichfragment. Gemusterte Kante. Wollen hautelissegewebe. 12. Jahrh. 275. Gestickte Kante mit Heiligen. 4,71 m lang, 0,20 m breit. 278. Desgleichen, rotbraungemustert.

Von den Teppichen im Chor ist der älteste eine Hautelisseweberei des* 12. Jahrh., 1,58 m hoch, 1,44 m breit, jedoch ist seine wirkliche Höhe bedeutender gewesen und hat, wie das Muster beweist? gegen 2 m betragen. Inmitten einer roten Raute befindet sich die thronende Figur Karls des Grossen. In den zwischen

»Halberstadt (der Dom: Webereien, b. Decken, Teppiche ti.s. w.) S8Ö

^>

den Seiten der Baute und dem Eande des Teppichs befindlichen dreieckigen Feldern sieht man die Figuren von vier Philosophen, von denen die beiden oberen halb zerstört, die beiden unteren vollständig sind. Durch Beischrift ist die Figur links unten als Cato, die rechts als Seneca bezeichnet Ein jeder von ihnen hält ein Spruchband, deren Inschriften folgendermassen lauten : oben links TVTVM. CRED . . . ; oben rechts . . . VIS. NEMINI. DIX . . . ; unten links DENIGRAT. MERITVM. DANTI8. MORA; unten rechts QVI. CITO. DAT. BIS. DAT. Auf der Raute zieht sich folgende Inschrift hin: . . . TARE. DIV. NEC. HONOR. NEC. VIS. NEC. FORMA. NEC. ETAS. 8VFFICIT. IN. MVNDO. PLV8. TAMEN. |STA. PLACE. . . Das Ganze scheint ein Distichon zu sein, dessen Bedeutung sich freilich nur vermuten lässt. Um den Rand gehen die Worte : DIV. QVERITVR. VIX. INVENITVR. DIFFICILIVS. . . Der Grund ist ein dunkles Blau und Grün ; die Gewänder sind grün, gelb und rot; der Rand ist weiss.

Von besonderem Interesse sind zwei Teppiche griechischer Herkunft, welche Bischof Eonrad mitgebracht haben soll. Die oben citierte Urkunde bezeichnet diese Stücke nicht in erkennbarer Weise, dagegen berichten die Gesta epp. Halb. Konrad habe den Chor von allen Seiten mit seidenen Decken verziert. Die in Rede stehenden Teppiche, welche ich der Kürze halber den Abrahams- und den Apostelteppich nenne, sind jedoch von Wolle, Hautelissewebereien aus der ersten Hälfte des 12. Jahrh.

Der Abrahamsteppich (an der südlichen Chorseite; Breite 1,14 m, Länge 10,04 m) enthält folgende Darstellungen von links nach rechts: Abraham und die drei Engel vor der Thür der Hütte; die drei Engel essen bei Abraham; Isaak wird zum Opfer geführt; Opferung Isaaks; St. Michael den Drachen tötend. Die einzelnen Scenen sind durch Bäume oder aufrecht stehende Spruchbänder ge- trennt. Erstes Spruchband:

ÄDORATP + B^VN^NA RSDVPLCXS /9TINVA

Das Band liegt unten rechtwinkelig um, und die dort befindliche Schrift ist unkennbar. Zweites Spruchband:

P2DAGNVM . i>NATOIVBeOTePDeReCARO .

Der Grund ist blau mit dunklerem Rande, die Gewänder rot, weiss (sehr beliebt) und dunkelblau, die Heiligenscheine gelbgiün, auch rot mit weissem Rande. Die Wangen der Personen zeigen kreisrunde rote Flecken. Die vor- kommenden schwarzen Fäden sind im Laufe der Zeit vergangen. Zur Verhütung des Auftrennens ist oben und unten ein Streifen von rötlichem Stoff angenäht. Dieses wie auch die sonst in beiden Teppichen sichtbare wenig geschickte Flick- arbeit ist das Werk des im vorigen Jahrh. lebenden Domküstei-s ^aber.

Der Apostelteppich (an der nördlichen Chorseite. Breite 1,15 m, Länge 8,93 m). Die allgemeinen Merkmale sind dieselben wie beim Abrahamsteppich. Die Darstellung zeigt in der Mitte Jesus in der Mandorla thronend, in der Linken ein Buch, die Rechte segnend erlioben; die Mandorla wird gehalten von zwei Engeln, rechts Gabriel, links Michael. Rechts und links von dieser Gruppe sieht man die Apostel im Freien zwischen Gebäuden sitzen. Mit Ausnahme von Petrus bat keiner ein Attribut, sondern alle und auch er halten Bänder mit ihren Namen

Krall HftlbentadL 19

1

290 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom : Webereien, b. Teppiche, Decken u. s. w.)

in der Hand. Sie folgen von links nach rechts so: Thomas, Johannes (bärtig!), Andreas, Jakobus, Philippus, Petrus, (Mittelgruppe), Paulus, Jakobus, Bartholomäus, Judas, Simon, Bamabas. Nach Abwechslung wird gestrebt, jedoch beschränkt sich diese darauf, dass immer ein älterer auf einen jüngeren Mann folgt, auch ist einige Verschiedenheit in der Haltung zu bemerken. Die Grundfarbe des Teppichs ist blau. An den Gewändern und Architekturen giebt es graugrün, rot, grün, schwarz, weiss. Die Heiligenscheine sind sämtlich gelblich mit rotem Rand. Die Augen sind grellweiss und schwarz, Lippen und Wangen rotfleckig, die Haare meist mit Rot abschattiert. Sie wallen lockig und gescheitelt herab. Petrus hat graues, krauses Haar, Paulus und Bartholomäus schlichtes graues.

Hieran schloss sich ehemals noch ein Stück, welches im vorigen Jahr- hunderte schon in völliger Auflösung begriffen gewesen sein soll und die sitzenden vier Evangelisten zeigte, gekennzeichnet durch Spruchbänder und Symbole, in ihrer Mitte den auferstandenen Christus mit der Siegesfahne. Der Domküster Haber fertigte eine gemalte Kopie davon an, die an sich ungeschickt genug, doch für seine gute Absicht zeugt. Jedenfalls haben wir nur durch ihn eine Anschauung von dem fehlenden Stücke. Desgleichen existiert von Haber eine ergänzende Malerei zum Abrahamsteppich mit der Darstellung der Jakobs- leiter. Trotz grosser Unbeholfenheit zeigt das Werk den Charakter des Teppichs, zu dem es gehören soll, und es ist der Gedanke darum nicht unwahrscheinlich, dass auch dieser Teppich eines Bestandteiles beraubt worden ist, dessen Yerlust Haber gut zu machen suclite. Wahrscheinlich waren beide Stücke für seine Flickthätigkeit beim besten Willen nicht mehr herstellbar. Die Malereien werden in einem Schrankkasten im Kapitelsaale aufbewahrt. Es wäre ein dringendes Erfordernis, dass für eine sorgfältigere Aufbewahrung der beiden grossen und wichtigen Teppiche energische Massregeln getroffen würden.

Marienteppich, 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts (an der Ostseite des Chors, hinter dem Altar. Breite 1 ,78 m, Länge 13,84 m.). Der rote Grund ist ausgefüllt mit grünem, blauem und gelbem stilisierten Blatt- und Blütenwerk in kreisförmig gebogenen Zweigen. Dazwischen finden sich folgende 12 Scenen aus dem Leben der Maria: Die junge Maria steigt in den Tempel; Vermählung; Verkündigung (im Freien!); Heim- suchung; Christi Geburt (im Freien!); Beschneidung (im Freien, nur der Altar ist da); Anbetung der Könige; Darstellung im Tempel (im Freien); Flucht nach Aegypten; der zwölfjährige Jesus im Tempel (auf Stufen im Freien); Tod der Maria (im Freien); Krönung Maria. Zu Füssen der meisten dieser Gruppen giebt es kleine, scheinbar nicht zugehörige Scenen von Tieren, Hunden, welche Hirsche und Hasen verfolgen und dergleichen. Dies fehlt nur bei der vierten und siebenten Gruppe. Die Köpfe der Personen scheinen zum Teil ergänzt, wenigstens stechen sie mit ihrer sehr hellen Farbe unharmonisch von dem übrigen ab.

Rotsammtner Teppich des 16. Jahrhunderts mit den Wappen von Halb., Magdeburg, Mainz, Pommern, Brandenburg und Hohenzollem. Geschenk des Kardinals Albrecht. Er dient gegenwärtig zur Bekleidung des Treppentürmchens, welches zum Lettner hinaufführt.

Sonstige Erzeugnisse der Webekunst und Stickerei. 84. Pro- zessionsfahne. Mit Bild des h. Stephanus. 85. Desgleichen. Mit Bild des

Halberstadt (der Dom : Webereien, b. Teppiche, Decken u. s. w. Bildwerke) 291

h. Laurentius. 86. Desgleichen. Mit gesticktem Kruzifix. Alle drei sehr be- schädigt. — 87. Fahne. Grün mit Gold. In der Mitte ein gestickter schwarz- seidner Einsatz mit figürlichen Darstellungen und griechischer Schrift Das Fahnentuch endigt in fünf Zacken. Länge der Fahne 0,785 m, der Zacken 0,628 m. Das innere Feld ist 0,47 m hoch und 0,39 m breit. Durch Bischof Konrad 1206 aus Byzanz mitgebracht. Sehr merkwürdiges Stück. Hermes p. 123. Bock, Lit. Gew. 1,2, 187. III, 212. 88. Desgleichen. Ähnlich. Hermes und Bock, a. a. 0. 148. Hostienbüchse mit Perlenstickerei. I.Hälfte des 13. Jahrhunderts. 167 bis 173. Sieben Marienmäntelchen. 175. Messbuchunterlage. Perlenstickerei, darauf das Wappen derer von Gherwen. 0,09 m Durchmesser. 341. Kurhut des Grossen Kurfürsten. Angeblich benutzt bei der Huldigung am 2. April 1650. Roter Sammet mit Hermelin.

Bildwerke. Siehe auch Epitaphien. In der Domsammlung vorhanden sind: 15. Kleiner Tragaltar. Walrosszahn. Innen die Madonna und eine Anzahl von Scenen aus ihrem Leben nebst den Figuren der Kirche und Synagoge. 0,56 m hoch, 0,22 m breite die Figuren zwischen 0,21 m und 0,08 m hoch. Früher in der Liebfrauen-Kirche. Vorzüglich erhalten. Frankreich. Ende des 1^. Jahrhunderts. Abbildungen in den Mitteilungen der Central -Kommission 1 868. Tafel zu pag. LXXVHI. Weber, Geistliche Schauspiele und kirchliche Kunst, p 102. Hermes p. 130 mit Abbildung. 44. Elfenbeinrelief auf dem Deckel eines Evangehars. 0,14 m hoch. 9. Jahrhundert. Hermes p. 132. 45. Konsulardiptychon auf beiden Seiten eines Buchdeckels. Elfenbein. Von besonderem Interesse ist die genaue Wiedergabe der Gewandstickereien. S.Jahrhundert. Hermes p. 125ff. mit Abbildungen. Bock, Lit. Gew. 1,2, 131 und Tafel I. Auf seine Auseinander- setzungen sei vorläufig verwiesen statt weiterer Untersuchung, die hier zu weit führen würde. 59. a und b. Zwei Diptychontafeln von Elfenbein vordem als Seiten des Reliquienkästchens No. 28 benutzt. Byzanz. 381. Altaraufsatz. Früher zu dem liturgischen Altar gehörig. Speckstein. Grosse Kreuzigungs- seene. Bemalte Predella mit Brustbildern von 14 Heiligen. 16. Jahrhundert. Hermes p. 132. 387. Altarkruzifix. Holz, bemalt. Die Füsse gleichmässig neben einanderstehend auf einer Konsole. 0,97 m hoch. 12. Jahrhundert 392. Mittelteil eines Triptychons. Holz, bemalt. Anbetung der Könige. 0,85 m hoch. (Figuren 0,45 m hoch) 0,68 m breit. Deutschland. Ende des 14. Jahrhundert. 396. Maria mit dem Leichnam Christi. Holz, bemalt. 0,92 m hoch. Deutschland, 15. Jahr- hundert- — 396a. H. Anna, selbdritt. Holz, bemalt. Defekt. 0,94 m hoch. Deutschland. 15. Jahrhundert 401. Altarschrein. In der Mitte die Madonna in der Strahlen- glorie, beiderseits je 4 Heilige zu zweien über einander. Massige Holzschnitzerei, bemalt Die Flügel fehlen. Deutsch. 15. Jahrhundert 402. Desgleichen mit Flügeln. Mittelbild, Madonna, rechts und links über einander je zwei Heilige, die Flügel mit je zwei mal zwei Heiligen. Alles von üppigem Masswerk um- geben, Holzschnitzerei, bemalt und reich vergoldet Besser als No. 401. 403. Des- gleichen. Triptychon. In der Mitte die geschnitzte Kreuzigungsgruppe Die Flügel sind innen bemalt, links Jakobus der Ältere, rechts Christophorus. Die äussere Malerei der Flügel ist mit Ölfarbe überstrichen. 1,10 m hoch, 0,82 m breit. Deutsch. 15. Jahrhundert. Hermes p. 132. 411. Alabasterrelief. J)ie Auferstehung Christi darstellend. Vielleicht von einem kleinen Altar herrührend.

292 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom : Bildwerke)

Zum Teil vergoldet 0,50 m hoch, 0,30 m breit. 16. Jahrhundert. 421. Keicfc geschnitzter, vergoldeter Rahmen, oben mit einem Adler, seitlich mit 2 Heiligen- figuren geschmückt. Darin ein grosser Kupferstich, sogenannter Domherrenkalender. 18. Jahrhundert. 422. Altarschrein mit polychromer Schnitzerei. Das Mittelbild zeigt die Krönung Maria, links stehend eine Heilige mit Kelch, St. Augustin, St. Magdalena; rechts die hh. Katharina, Stephanus, Barbara. Im Flügel rechts: Johannes, Martinus, Antonius, links: die Anbetung der Könige. Alles von reichem Masswerk umgeben, auf welchem oben in der Mitte St. Sebastian steht. Die Schnitzereien unterhalb der Figuren sind später hinzugefügt. Sie zeigen innerhalb von Rankenwerk die Halbfiguren der 12 Apostel. Das etwas plumpe Werk ist ziemlich gut erhalten. Früher in der Moritzkirche. Mittelteil 1,63 m hoch, 3,05 m lang. Deutschland. Ende des 15. Jahrhunderts. 423. Altar- bekrönung in Form eines sechskantigen Türmchens. Holzschnitzerei mit Ver- goldung, zum Teil beschädigt, früher in der sogenannten Neustädter Kirche beim Salvatorhospital. 2,08 m hoch. 15. Jahrhundert.

Ausserdem existieren an und in der Kirche und ihren Nebenräumen folgende nicht numerierte Skulpturwerke: am 2. Strebepfeiler der Nordfront eine gotische Gewölbeschlussrosette, ein in Blattwerk übergehendes Gesicht. St. Stephanus am Westende des nördlichen Seitenschiffes, ein lebensgrosses Werk vom Anfange des 16. Jahrhunderts in schöner geschwungener Haltung. Er war früher am West- portal angebracht, und ist erst vor kurzer Zeit an seine jetzige Stelle gebracht worden, wo er recht malerisch wirkt. Unter ihm am Sockel befindet sich ein Wappen mit der Inschrift: f. m. ep. gadensis, d.h. frater matthias episcopus gadensis.

Auf dem daneben befindlichen Altar steht eine h. Katharina, bemaltes Holz, 1,35 m hoch. 15. Jahrhundert.

Im nördlichen Kreuzarm hängt ein altes Kruzifix, mit neben einander stehenden Füssen, eine ziemlich rohe, bemalte Holzfigur, welche eine Kopie nach einem älteren Vorbilbe zu sein scheint. Sie stammt aus Harsleben (s. oben), wo sie in einer Rumpelkammer lag. Am Eingange des nördlichen Kreuzarms an der die Empore tragenden Säule hängt der Baum der Erkenntnis, eine polychrome, derbe, flache Holzschnitzerei des 15. Jahrhunderts. Die Schlange endigt in einer ge- krönten nackten Frau, darüber die Halbfigui Gott Vaters.

Im nördlichen Chorumgange, an der Wand des hohen Chors der ungläubige Thomas, Sandsteinrelief, 14. Jahrhundert, 0,99 m hoch, 0,52 m breit. Eckstück des Frieses von einem Kanzelaufgange. Unterschrift: mitte manum tuam in la[tus meum]. Hinter dem hohen Chor ein Schmerzensmann. Dreiviertel Lebensgrösse, bemalter Sandstein. 15. Jahrhundert.

Am Eingange zur Marienkapelle rechts und links zwei Leuchter tragende, kniende Engel.

In der Marienkapelle stehen auf dem Altar drei frühgotische Figuren (Fig. 99) vom Ende des 13. Jahrhunderts: a. lachender Engel ohne Flügel, in der linken Hand den Griff eines (fehlenden) Schwertes, die rechte Hand erhoben; b. ältere Frau (Maria); nach links gewendet, steht sie mit gefalteten Händen auf einem niedern Sockel. Die Ausführung der Gewandung ist zu loben, c. Maria Magdalena in etwas nach vorn gebückter Haltung mit Salbgefäss und Weihrauchfass. Nur die beiden letztern Figuren, welche etwas jünger sind als die erste, stammen von

Halberstadt (dor Dom: Bildwerke)

derselben Hand. Die drei Figuren zeigen noch die ursprüngliche, gut erhaltene Bemalung; die Technik ist von hervorragendem Werte. In der südliche Nischen

daselbst steht auf einem Sockel eine Madonnenstatue, etwas über lebensgross aas Sandstein gearbeitet und bemalt aus dem 14. Jahrhundert; vielleicht identisch mit dem von Merian (Topog. Saxon. Infer. p. 119) genannten Bilde. Der Falten-

294 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Bildwerke)

wurf ist streng aber nicht unfrei, die Modellierung des Körpers zeigt die in jener Periode gewöhnlichen stilistischen Merkmale. In der nördlichen Nische ein Thon- relief, datiert von 1514. In der Mitte Joseph und Maria das Kind anbetend, welches von kleinen Engeln verehrt wird, dahinter die Stallwand, durch deren gedoppeltes Fenster Ochs und Esel hereinblicken. Der Hintergrund zeigt in flachem Relief in der Mitte den Stern und einen herabschwebenden Engel, zu den Seiten den Herbeizug der h. drei Könige von drei verschiedenen Richtungen, jeder mit grossem Gefolge. Oben rechts die Hirten, links der Bethlehemitische Kindermord. Ganz oben Christus als Weltrichter von Maria und Johannes verehrt. An der Predella die Verkündigung mit kleinem knienden Stifter. Am Gitter das v. Marenholzsche Wappen. Das Relief ist leider ziemlich verdorben; die technische und geistige Behandlung des Gegenstandes zeugt von Zartheit der Empfindung. Auf einem Altar im südlichen Ohorumgange öine h. Katharina von 1509, bezeichnet FVH (Friedrich v. Hoym). Im südlichen Seitenschiff am Pfeiler neben der Vierung hängt ein kleines beschädigtes Holzrelief des 15 Jahrhunderts, den Ölberg dar- stellend. 0,53 m hoch, 0,40 m breit.

Im Mittelschiffe auf dem liturgischen Altar steht ein Kruzifix (1,87 m hoch). Holzschnitzerei des 15. Jahrhunderts.

Über dem Lettner befindet sich auf einem zwischen den Pfeilern der Vierung ausgespannten Balken eine kolossale Kreuzigungsgruppe vom Anfange des 13. Jahr- hunderts. In der Mitte schwebt Christus, ohne Dornenkrone, das Haupt etwas nach rechts gesenkt, die Füsse neben einander stehend, an einem Kreuz, welches auf ein anderes aufgesetzt ist, dessen Arme in Kleeblätter ausgehen. Innerhalb derselben befinden sich Engelfiguren, unten eine kauernde halb nackte männ- liche Figur (Adam). Das Kreuz wird unten von zwei knienden Engeln gehalten. Daneben vom Beschauer links die matronenhaft aufgefasste Maria, die gefalteten Hände halb erhoben; rechts Johannes, ganz nach vorne gewendet, das Haupt in die rechte Hand stützend, während Maria eine halbe Wendung zu Christus hin macht. Während die Füsse des Heilandes auf einer Schlange stehen, steht Maria auf einem Drachen, Johannes auf einem gekrönten Manne, der sich krümmt. Wieder rechts und links von diesen Personen sieht man zwei sechsflügelige Seraphim auf Rädern stehend (im Anschluss an die Stelle Hesekiel 1, 5ff). Die Gesichter der drei Hauptpersonen zeigen einen innigen gemütstiefen Ausdruck, wiewohl die Charakterisierung des Seelenzustandes weniger durch jenen als durch Gebärden bewirkt ist, eine Eigentümlichkeit, die ebensowohl durch die technische Unvollkommenheit des Künstlers als durch dessen richtige Erwägung bewirkt ist, dass bei der Entfernung des Werkes vom Beschauer, die Charakte- ristik der Gebärden wirkungsvoller ist als die der Mienen. Die Seraphim ver- halten sich bewegungslos und als unterwürfige Zuschauer. In starker Bewegung befinden sich die beiden Engel in den Kreuzarmen rechts und links; ebenso nimmt Adam, der mit emporgerichtetem Blick von oben das Heil erwartet, ruhigen und doch lebhaften Anteil. am Sterben des Herrn. Der oberste Engel zeigt keine besondere Bewegung. Am Balken, der die ganze Gruppe trägt, befinden sich vorn unter kleinen, in Kleeblattform gebildeten Baldachinen, die Halbfiguren von zehn Aposteln, in der Mitte ohne Baldachine, die schon erwähnten zwei Engel, die das Kreuz mit ihren Händen stützen. Auf der Rückseite sieht man unter Balda-

Halberstadt: (der Dom: Gemälde) 295

chinen, die mit Stadtzinnen Ähnlichkeit haben, die Halbfiguren von zehn Propheten mit Schriftbändem in den Händen, in der Mitte ohne Baldachin die ganzen Figuren der Marien, welche von rechts her an das Grab herantreten, auf dem der Engel mit einem Schriftbande sitzt Die Propheten zeichnen sich aus durch Verschiedenheit der Auffassung, Mannigfaltigkeit der Bewegung, Lebhaftigkeit der Empfindung und Schönheit der antikisierenden Kleidung, jedoch im einzelnen nicht zu bestimmen. 1 Der Christusfigur ist der Christus der Liebfrauen-Kirche nachgeahmt, welcher aber den Kopf steiler hält.

In der Neustädter Kapelle befindet sich ein sehr schön geschnitztes und gemaltes Altarblatt (Pentaptychon) ; jetzt in einer den Grundsätzen der Denkmal- pflege nicht durchweg entsprechenden Weise hergestellt, d. h. durch Ver- schönerungen und Zuthaten z. T. in seinem Werte beeinträchtigt. Innen in der Mitte die Krönung der Maria, in Nischen rechts und links Paulus und Petrus ; auf den Flügeln rechts Hieronymus und Ambrosius, links Augustin und Gregor. Oben in der Bekrönung stehen umgeben von zierlichem, reichem Masswerk in der Mitte die h. Jungfrau, r. S. Katharina, 1. S. Barbara. Alle diese Bildwerke sind geschnitzt^ bemalt und vergoldet. Die Aussenseiten der Fitigel zeigen folgende Darstellungen : Rechts: 1) Oben links Verkündigung, rechts Heimsuchung; unten links Anbetung der Könige, rechts Darstellung im Tempel. 2) Oben links Jesus vor Kaiphas, rechts Geisselung; unten links Kreuztragung, rechts Christus am Kreuz. Links: 1) Oben links Joachim und Anna an der Tempelthür, rechts Marias Ver- mählung; unten links Anbetung der Hirten, rechts Beschneidung. 2) Oben links Einzug in Jerusalem, rechts Gefangennalmie ; unten links Ecce homo, rechts Pilatus Handwaschung. An der Predella ist vom links die Beweinung, rechts die Auferstehung. Das Mittelbild hat auf der Rückseite eine Darstellung des jüngsten Gerichts; nnten, den Predellabildern entsprechend, gi-ün in grün gemaltes gotisches Laubwerk. Alle* diese Malereien sind in Tempera ausgeführte massige Erzeugnisse der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

In der Sakristei befindet sich über dem Altar ein bemaltes Sandsteinrelief des 15. Jahrhunderts, Kruzifixus mit Maria, Johannes und drei Heiligen. 1,09 m hoch, 1,51 m breit.

Im Kaptelsaal stehen auf Wandkonsolen eine Anzahl von hölzernen, poly- chromen Figuren ungefähr von Metergrösse, aus dem 15. bis 18. Jahrhundert. Ob alle ursprünglich dem Dom gehört haben, ist nicht zu ermitteln. Es sind dies fünf Madonnen, ein Bischof mit Kirchenmodell, Jakobus der Ältere, dreimal der h. Stephanus, eine Heilige mit Buch, St. Georg und zwei andere Heilige. Ihr künstlerischer Wert ist durchweg nicht bedeutend.

Gemälde. In der Domsammlung vorhanden sind folgend©: Nr. 66. Schweiss- tuch der h. Veronica, auf Flor gemalt unter Marienglas in einem Hoizrahmen mit Henkel. 0,176 m hoch, 0,136 m breit. 15. Jahrhundert. Hermes p.l35.

' Vergl. Küsthardt, Apostelbalken und Triumphkreuz, Zeitschr. f. bild. KunRt. 1888, 322ff. mit Abb. der Mittelgruppe, beider Seitenstucke und des Christuskopfes einzeln. Bode, Deutsche Plastik, p. 44ff. mit Abbildungen. Förster, Denkmäler, V. Hermes p. 58 mit Abbildungen der Vorder- und Rückseite. Uasak, Geschichte der deutschen Bildhauerkunst im 13. Jahr- hundert, p. 16.

HalbentUdter Stadtlireis: Halberstadt (d« Qom: GemtUde)

12&. Christus von Magdalena gesalbt, Ölmalerei auf einem Tnihendeckel,0^45m hoch, 0,388 m breiL 16. Jahrhundert 384.KreuzesabDabme. Von Samuel Bott- schild (t 1707 J. -

385. Altarbild. Trip- tychon; innen Ma- donna mit hb. Bar- bara (?), KatliariDa und ^lisabeHi ; Flügel innen mit je zwei Soe- nen aus der Katha- rinalegende, aussen links Stephanus |?|. reclits Joiiannes der Täufer. Mittelbildlm lioch, 1,49 m breit- Deutsch. 15.Jahri).

386. Zweiflügeliges Bild, darstellend die aus 17 Personen be- stehende Familie des Dr. Martin Mims, ersten evangelischen Dompredigers, ölbilj auf Holz. 17.Jahrh. - 388. Flacher Knsten. innen mit grossen be- schriebenen Perga- mentblättem ausge- klebt Aussen

Schweisstuch der h. Veronica. Tempera. 0,65 m hoch, 0,53 m breit Ende 14. Jahr- hundert — 389. Ova- les Brustbild des Dom- herrn von Spiegel, nach rechts blickend, tüchtiges, gut erhal- tenes Portrait 0,72 in hoch. 18. Jabrh. -

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HalberGtadt (det Soiu: GemSlde)

391.Altarbild,Triptychon ; in der Mitte die Madon- na; Flügel: aussen rechts St Andreas, St. Anna selb- dritt, innen rechts Paulus, links Petrus. Mittelbild 0,41 m hoch, 0,30 m breit. Mittelbild italienisch (?). M.Jalirh. tlügel deutsch. laJahrh. 393. Kreuzi- gungsscene. Vielfiguriges Temperabild auf Holz mit Goldgrund. 0,^ m hoch, 0,57 m breit. 16.Jabrh.— 394. Triptychoii. Madonna mit Heiligen. Nur ein Flügel mit dem Bilde Ju- hannes des Täufers ist noch vorhanden. Mittel- bild 1,07 m hoch, 1,02 m breit. Kölnische Schule des Meisters Wilhelm. Ende 14. Jahrh. Hermes p. 133 mit Abbildung.

Janitscbeh, Deutsche Malerei p. 214. 395. Mittelteil eines Tripty-

chons. Kreuzigungs- gruppe. Links Marünus, rechte Jakobus der Äl- tere. Tempera auf Holz. Deutsch. 15.Jahrh.~397. Triptychon. In der Mitte die Kreuzigiingsgruppe (Fig. 100) mit vielen Fi- guren ; Flügel : aussen rechts acht h. Frauen, links Christus mit den Aposteln, voran der un- gläubige Thoiuas. Innen rechts oben die beilige Nacht, unten fieschnei-

dung {Fig. 102), Unks Fig. 102.

oben die Yerhündigung,

unten Anbetung [der Könige'(Fig. 101). Ölbild aufHolz. Mittelbild l,56rahoch, 1,44 breit. Über den Meister und die Entstehungszeit giebt eine Majuskelinscbrift

298 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (der Dom: Gemälde)

Auskunft, die sich unter dem Mittelbilde hinzieht: ANNO DOMINI MILLE8IM0 QVINGENTE8IM0 - OGTAVO PRESENS - OPVS PER ME lOHANNEM . RAPHON - IN EMBECK - EST - COMPLETVM PARITER ET FABRIKATVM - Die Predella enthält die Halbfiguren von sieben Heiligen. Ihre Anfertigung durch Baphon ist bei ihr ebenso ausgeschlossen, wie bei den Aussenseiten der Plügel. Die Art des Bildes ist eine etwas altertümliche, je- doch nicht talentlose. Die Charakteristik der Figuren ist kräftig und ansprechend. Der Künstler ist in gleicher Weise von der westfälischen wie von der fränkischen Schule jener Zeit beeinflusst gewesen. Vergleiche: Janitschek p.«507f.; ß. Engel- hard, Beitr. zurKunstgesch. Niedersachsens p. 17.; Lucanus, der Dom zu Halb, p. 10 mit Abb.; Kugler, Geschichte der Malerei 11, 429. Kugler, KL Sehr. I,139f. mit Abbildung zweier Köpfe aus dem Bilde. Der eine der der Maria Magdalena auch bei Weltmann und Wörmann, Gesch. der Malerei II, 435 ; Hermes p. 134. 398. Krönung Maria, links Paulus, rechts Petrus. Tempera auf Holz. 14. Jahrhundert.

406. Triptychon ; in der Mitt« die Kreuzigung, links Ecce homo, rechts Beweinung des Leichnams. Tempera auf Holz. Beschädigt Deutsch. 16. Jahrhundert 407. Lebensgrosses Bild eines Heiligen (Johannis des Täufers?). Deutsch. 16. Jahr- hundert — 408. Lebensgrosses Portrait Melanchthons. Deutsch. 16. Jahrhundert

409. Triptychon. In der Mitte die Kreuzigung; Flügel aussen mit je einem, innen mit je zwei Legendenbildern. Deutsch. 16. Jahrhundert 413. Mittelteil eines Triptychons. Johannis Bapt und Evang. Tempera auf Holz. Deutsch. 16. Jahrhundert. 414. Desgleichen, Madonna mit 2 Heiligen und Stifter. 415. Desgleichen, Kruzifixus mit sechs Heiligen. 417. Holzplatte eingerahmt Von zwei verschiedenen Händen, vorderseits mit fünf, hinterseits mit drei Heiligenfiguren auf Goldgrund, bemalt Schlecht erhalten. 0,30 m hoch, 0,49 m breit Deutsch. 13. Jahrhundert 418. Christophorus. Tempera auf Holz. Deutsch. 16. Jahrhundert 419. Kreisrunde Holzplatte mit gemalter Madonna in der Strahlenglorie. Bandumschrift Deutsch. 15. Jahrhundert 420. H. Anna selbdritt und eine andere h. Frau (Magdalena?). Lebensgrösse. Tempera auf Holz. Deutsch. 16. Jahrhundert 430. Triptychon. In der Mitte oben die Enthauptung des h. Sixtus, unten Steinigung des Stephanus. In den Flügeln Sixtus und Stephanus. 431. Kreuzigungsgi'uppe. Tempera auf Holz. 15. Jahr- hundert — 432. Zweimal zwei Heilige über einander. Tempera auf Holz. 15. Jahr- hundert. — 433. Zehn Predellen. Ziemlich schlecht erhalten. Sämtlich mit Halb- figuren von Heiligen bemalt

Wenn man von Nr. 389, 394 und 397 absieht, so ist der Kunstwert sämtlicher Bilder ein geringer. Sie sind durchweg handwerksmässige Er- zeugnisse. — Über das zum Teil gemalte Pentaptychon der Neustädter Kapelle siehe Bildwerke. Ein von Friedrich Wilhelm IV. für den Hoch- altar gestiftetes, jetzt über der Thür des Kapitelsaals hängendes, grösseres Ge- mälde zeigt oben Christus am ölberg, unten das Abendmahl.

Verschiedene Gegenstände, a. In der Domsammlung: 44. Evangeliarium, hundertundachtundsechzig Pergamentblätter mit teilweise farbigen Initialen 11. Jahrh. Über das auf dem Deckel befindliche Elfenbeinrelief siehe oben Bild- werke No. 44. 45. Antiphonale. 12. Jahrh. Neun Pergaraentblätter. Hernies p. 136. Den Deckel bildet das Konsular- Diptychon, s. Bildwerke No. 45.

Halberstadt (der Dom: Verschiedene Gegenstände Epitaphien) 299

79. Glasvase, defekt. 89 92. Neunzehn Fahnenstangen. 93. Hölzerner Wind- lichthalter. — 1()4. Kupferplatten zum Drucke des Domherrenkalenders. 18. Jahrh. s. Bildwerke No. 421. 105. Siegelprcsse. Holz mit Eisenbeschlag. 106. Drei Wachsgiesskellen von Eisen. 107. Neun Domherrenkalender für 1794, 95 97^-1601, 1805, 18C6. Schwarz gerahmt. 108. Drachenflügel von Holz, rot bemalt. Mit Riemen zum Umhängen. Beim sogenannten Drachenspiel be- nutzt. — 109. Ein vergoldeter Engelflügel von Holz. 110. Ein hölzernes gotisches (ifefäss, sehr verdorben. 111. Eine hölzerne Büchse. 112. Ein hölzerner Stempelapparat. 114. Ein hölzerner bemalter Büchsendeckel, 14. Jahrh. 1 15. Schreibtafel mit Wachs überzogen. Datiert 1577. Mit eingeritzten Namen von Mitgliedern des Domkapitels. 0,63m hoch, 0,24m breit. 116. Gedruckte Präsentienliste- von 1777. 129. Bischofsstab von Cyprossenholz, mit Spuren ehemaliger Vergoldung. Die Krümmung fehlt. 1,25 m lang, 0,02 m dick. 1486. 130. Desgleichen, ähnlich. 143. Rosenkranz von Bernstein und Chalcedon. 144. Desgleichen. 174. Rose von Jericho. 319. Siegel des Bischofs Enist, Gehörte zu der dem Gewebe No. 318 beiliegenden Urkunde über die Weihe des Hochaltars. 332. Zinnerne Büchse. 382. Ofen, mit grün glasierten Kacheln, die zum Teil Nachbildungen der Dürer'schen kleinen Passion aufweisen. Die ^usseisernen Platten unten, vorn und hinten zeigen gleichmässig die Taufe Christi, seitwärts den h. Stephanus. 1588. b. Im Dom und seinen Nebenräumen. Ein grosses Uhrzifferblatt von 1571 im südlichen Seitenschiff, Westwand. [Eine neue Uhr wurde 1607 von M. Ulrich für hundert Tahler angefertigt]. Helm, Sporen und Handschuhe eines schwedischen Offiziers. Zwei^ Stangen von schwedischen Fahnen.

Ausserdem beherbergt der Dom im Kapitelsaale eine kleine vom Superin- tendenten Nebe zusammengestellte prähistorische Sammlung; in der Schatz- kammer eine Münzensammlung von geringem Umfange.

Grabstätten, Grabgewölbe und Epitaphien. I. Grabstätten. [Der älteste Dom enthielt angeblich die Grüfte der Bischöfe Haimo (f 853), Agiulf (Evelippus) (t 894) und Sigismund (f 923). Alle sollen später in die folgenden Dome übertragen worden sein. Im zweiten Dome gab es die Grüfte des Bischofs Bernhard (f 968) mitten im Chore , sowie vor dem Heiligen Kreuzaltar des Erz- bischofs Ludolf von Mainz (f 1008), während Bischof Hilde ward (f 996) nebst seinen Brüdern, sowie Bischof Arnulf (f 1023) vor dem Haupteingange der Stifts- gebäude begraben würden. Zwischen diesen Bischofsgräbem war das des Bischofs Brantog (tl036); auch Arnulfs Bruder, Graf Hermann fand dort seine Ruhestätte. Arnulfs Grab wurde 1372 nach der Liebfrauen - Kirche verlegt. Im dritten Dome lag begraben Bischof Reinhard (f 1122) vor dem Heiligen Kreuzaltar in der Gruft des Erzbischofs Ludoll Im vierten Dome waren die Gräber des Bischofs Dietrich (f 1193), Gardolf (jedoch ohne Herz und Eingeweide; f 1201), beide vor dem Heiligen Kreuzaltar; vielleicht auch des Bischofs Friedrich (f 1231). falls dieser nicht in Langenstein beigesetzt wurde. Im fünften Dome, jedoch nicht mehr nachweisbar, liegen begraben Bischof Ludolf I. (f 1241), Bischof Volrad (t 1296). Albrecht L (f 1324) in der Mitte des Domes; Albrecht III. (t 1407) vor dem Altar des h. Cyriacus; Heinrich von Werberge (f 1410) in der Mitte des Domes. Ludolf Quirre (f 1463) im südlichen Kreuzarm (s. Baugeschichte).] Jetzt

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300 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom : Grabstätten, Epitaphien)

sind im Dome noch eine grössere Anzahl von Grüften nachweisbar. Die ehemals auf den meisten liegenden Epitaphien sind beseitigt und anderwärts aufgestellt^ die Namen der betreffenden Personen aber auf dem Fussboden bezeichnet. Leider nutzt sich die Schrift immer mehr ab. Es sind folgende: a. im Mittelschiff, Just Georg Spiegel von Pickelsheim, f 1669; Johann Spiegel von Pickelsheim, f 1674; ein Anonymus^; Melchior von Steinberg, Scholast, f 1716; Werner Friedrich Spiegel von Pickelsheim, Senior, f 1669; ein Anonymus: Philipp Sigismiind von Wiedensee; Hedwig Spiegel von Picke^sheim, f 1646; Anna Dorothea von Spiegel, t 1657; Constantine Spiegel von Pickelsheim, f 1645; Christophorus von Hüne- ken, Kanonikus; Ludwig von Bieren, Senior, f 1672; Elisabeth Hedwig von Spitz- nase, t 1662; Just Ludolf von Stedern, Dechant, f 1661; Balthasar von Neuen- stadt (in der. Mitte unter dem Kronleuchter); Friedrich Bars, Obrist, f 1643: Clemens Klanberg, Obrist, f 1643; Karl Weiss, Obrist, 1614; Bischof Burchard III. von Warberg, f 1458; Johann Ludwig, Kheingraf von galm, Obrist, f 1641. b. Im nördlichen Kreuzarm Johann von Querfurt, Dechant, f 1506; Friedrich von Britzke, Dechant^ f 1576; Ludwig von Britzke, Dechant, f 1588; Heinrich Gerve, Doraprobst, f 1470. c. Im südlichen Kreuzarm Friedrich Gustav von Kannenberg, Senior, f 1711; Johann Levin von Bennigsen, Scholast, f 1703. d. Unter der Vierung Levin Caspar von Bennigsen, Dechant, f 1691; ein Anonymus: Caspar von Kannenberg, Dechant, f 16C6. e. Im nördlichen Chorumgange Johann von Marenholz, Dechant, f 1538; Hunerus von Sampeleve, Dechant, f 1550. f. Vor der Marienkapelle Bischof Johann von Hoym, f 1437; Bischof Albrecht IV, von Wernigerode, f 1419. g. Im südlichen Seitenschiff Leopold von Bössing, Scholast, t 1024; Johann Georg Vitzthum von Eckstedt, f 1611; Georg- Friedrich von Schachten, Kanonikus, f 1644; David von Hüneken, Kanonikus, f 1691. h. Im Chor Bischof Sigismund (s. o.), Bernhard, Brantog, angeblich auch Agiulf.

IL Grabgewölbe der Familie von dem Buschc-Streithorst, f 1696, ein- gemauert in dem Viereck zwischen der Ostwand des Südwestturms und dem ersten Pfeiler des südlichen Seitenschiffs. Von aussen ist es von zwei Holzwänden eingefasst, die mit schöner aber überladener Schnitzerei (gewundenen Säulen, überreichem Blattwerk und dergleichen) geziert sind. Engel halten oben das gemalte, reich eingerahmte Brustbild der Anna Katharina von EUef, Gemahlin des Dechants Klamer v. d. Busche, dessen Portrait sich in ähnlicher Ausstattung, samt den Wappen der Familie an der nördlichen Seite des Gewölbes befindet. Gerade infolge seiner ganz abweichenden Art bringt dies Grabmal eine belebende schöne Wirkung hervor. Von den Särgen darin zeichnen sich einige durch be- sonders pomphafte Ausstattung aus. (Abbildung bei Hermes, p. 80).

III. Epitaphien. A. Im Dome, a) Im südlichen Chorumgange steht das von einem Gitter umgebene Kenotaph des Johannis Semeca, errichtet von Bischof Ernst IL, der den Doni 1491 weihte. An dem länglich viereckigen Unterbau sieht man in Blendnischen spät<gotischer Form vier trauernde Figuren, am Kopf- ende ein Wappen, am Fussende einen sitzenden Affen mit Halsband. Oben Hegt die den Semeca vorstellende Figur in handwerksmässiger und unbehilflicher Ausführung. Viel anmutiger ist ein Engel, der zu den Füssen der Figur auf

* Die Anonymi sind nur durch kleine Kreuze im Fussboden bezeichnet.

302 Halberstadter Stadtkreis : Halberstadt (der Dom: Epitaphien)

einem niedern Sockel steht. Ihm entsprach ehemals ein anderer am Kopfende (Haber, p.4l). Über dem Ganzen eine Tafel mit den Versen:

Est, erit atque fuit, qui desiit esse Johannes, Dogma viget, viguit, florebitque omnibus annis, Lux decretorum, Dux doctorum, via morum, Hie jacet et placet, ut vacet a poenis miserorum. Anno Domini Millesimo CCXLV obiit.^

b) Auf der südlichen Empore sind längs der Wand eine Anzahl Bronce- Epitaphien angebracht, welche sich ehemals auf den entsprechenden Gräbern im Dome befanden. Einige von ihnen (No. 1, 3, 4,) sind leider sehr verdorben, weil sie von den Kindern als Rutschbahn benutzt wurden. Die gut erhaltenen sind dadurch gerettet, dass sie nicht oben auf, sondern verdeckt waren. Sämtliche Figuren sind stehend, in ihrer Amtstracht abgebildet. I. Dom probst Heinrich Gerwe; die Figur ist aus dem Grunde ausgeschnitten, der beseitigt ist. In der Umrahmung in Medaillons die Evangelistensymbole und zwei Heilige. 1470. 2 m hoch, 1,02 m breit. 2. Balthasar von Neuenstadt (Fig. Iu2). An den Ecken die Evangelistensymbole. Der Domprobst hält ein Buch in den Händen; unten befindet sich sein Wappen. Der Hintergrund zeigt ein sehr schön und scharf ausgeführtes gotisches Teppichmuster; die Umschrift lautet: Ano dni. 1516. die veneris. 17. mcsis oct*^^ obijt no*»* egregiusque vir et dn9 Baltasar de neuestat pposit^ h^ ecclie cap*® xho et be^^ marie vgis F abitu ac corone pntis (des Kronleuchters unter dem er begraben liegt) füdator sepult^ c9 aia reqescat 1 pace. Ausgezeichnetes Werk. Vischer'sche Schule? 1,97 ra hoch, 1,12 m breit. 3. Unkenntlich gewordenes Epitaph eines Domprobstes vom Ende des 15. Jahrhunderts. 1,72 m hoch, 0,72 m breit. 4. Johann v. Himis (Hoym?) 1506. Figur ausgeschnitten wie Nr. 1. 2 m hoch, 1,11 m breit 5. Johann v. Marnholt, Dechant, f 13. September 1538. Die Figur ist ausge- schnitten; in der Umrahmung die Evangelistensymbole und zwei Heilige in Medaillons. Massiges Werk. 2,10 m hoch, 1,12 m breit. 6. Hunerus de Sampe- leve, Dechant, f 2. Februar 1560. Leidlich erhalten mit zweizeiliger Umschrift; in Medaillons die Evangelistensymbole und 2 Heilige. „Hans Meisner got mick

M

hi

tho Brunswick. rCi 1,82 m hoch, 1,03 m breit. 7. Friedrich v. Britzke,

Dechant, f 25. Juli 1576. Die nach links gewendete Figur mit Buch steht unter einem Renaissancebogen. In der Umrahmung Evangelistensymbole und 2 Heilige in Medaillons. „Hans Meisner. Gos. Mich. Zo. Bravnschweig. V. D. M. J. JE. (d. i.

Verbum Doraini Manet In Aetemum.) ff^ 2,08 m hoch, 1,18 m breit. Schönes

^ Das für die Zeit der Stiftung dieses Grabmals auffallend schlechte Latein, der un- geschickte Versbau und .die Reimspielerei erwecken den Verdacht, dass diese Verse aus früherem Mittelalt^T, vielleicht von dem ursprünglichen Grabstein stammen.

Halberstadt (der Dom: Epitaphien) 303

gut erhaltenes Werk. 8. Ludwig v. Britzke, Dechant, t4. September 1588. Figur nach rechts; auf dem Rahmen die Evangelistensymbole in Medaillons. ,,Hans. Wilken. 6ot. Mich. Zo. Bronsewick.' 2,25 m hoch, 1,25 m breit. 9. Kaspar von Kannenberg, Dechant, f 31. Januar 1605, 72 Jahre alt. Er steht in seiner Amtstracht mit Pelzschaube, ein Buch in den Händen, zu den Füssen sein Wappen, vor einer in Flach-Relief angedeuteten Renaissance -Nische. Diese ist oben mit einem Kleeblattbogen geschlossen und von zwei schönen Pilastern eingefasst, welche zwischen andern Verzierungen Todessyrabole auf- weisen. Oben in den Zwickeln die vier Evangelisten, ausser durch ilire Sym- bole durch eingeritzte Überscliriften kenntlich gemacht. Ganz unten in zarter Schrift: ,,6eorg. Wolgast. Me. Fecit. Halensis.'' Schönes, vorzüglich erhaltenes Werk. 1,85 m hoch, 1,16 m breit. 10. Johann von Marnholt, Senior und Kellerer des Stiftes, f 30. Oktober 1585. Die Evangelistensymbole in Medaillons. Die Ausstattung ist ähnlich der von No. 9. „Hans. Wilkens. Me. Fecit. Brunswig.^' 1,82 m hoch, 1,00 m breit. 11. Von dem Epitaphium des Levin Kaspar von Ben- iiigsen sind nur noch das Wappen, die mittlere Schrifttafel, oben eine Krone und um das Ganze ein Lorbeerzweig, alles von Bronce, übrig. 12. Schrifttafel vom Epitaph des Domscholasten Melchior von Steinberg ff 1716, 18. März). 13. Auf einer Holzplatte ist eine Anzahl von broncenen Wappen vereinigt, welche von Epitaphien stammen: Ranne, Hardenberg, Spiegel, desgleichen, Spitz- nase, Mtinchhausen, Wiedensee, von der Wense, Allianz wappen des Philipp Sigismund von Wiedensee und der Anna Elisabeth von Fronhorst.

c) Auf der nördlichen Empore. 14. Ein grosses Epitaph des Rhaban v. Can- stein, Regierungsdirektor und seiner Gemahlin Lucia v, Oppershusen, deren beide lebensgrosse, gemalte Portraits rechts und links neben zwei grossen Schrifttafeln sich befinden. Oben ist ein Gemälde der Auferstehung. Alles umgeben von hässlichem, bemaltem und vergoldetem schnörkelhaftem Schnitz werk. Ende 17. Jahrhunderts.

d) An den Pfeilern der Vierung. Nördlich am Chor. 15. Das Marmor- epitaph des Dechants Friedrich von Britzke, + 25. Juli 1576. In der Mitte das Relief der Kreuzigung, vor ihr der Dechant als Rundfigur, kniend. Oben Gott Vater mit Engeln (^Relief); die Seiten werden durch Karyatiden (Justitia und Caritas) gebildet. Der Meister des nicht unschönen Werkes ist unbekannt. 16. Marmorepitaph des Dechants Caspar von Kannenberg, f 31. Januar 1605. Unten die Kreuzigung, oben die Auferstehung, beides in flachem Relief. Ganz oben Gott Vater, Hochrelief. Vor dem Hauptbilde der Dechant als Rundfigur, kniend, auf einer breiten, verkröpften Konsole. Durch das Übermass von Ver- zierungen (viele Engel, Heilige, Rollwerk, Säulen, Wappen u. s.w.) hat das an sich schön erdachte Werk unruhige und kleinliche Wirkung. Unten in einer kleinen Cartouche die Worte ,,Bastian Ertle Steinmetz zu Ma^deb.", sowie dessen

(Abbildung bei Hermes p. 79.) 17. Am südlichen Seitenschiff.

Trophäen des Johann Christoph v. Burgstorf f, ersten Gouverneurs von Halberstadt, f 1672. Neuerdings aufgefrischt, ebenso wie 18. die Trophäen des Joachim Friedrich,

304 Halberst&dterStadtkreis: Halberstadt (der Dom: Epitaphieo)

Freiherm v. filumenthal. + 14. Jan. 1(Ö7, ersten kurbrandenbui^ischen Statthaltere welche am nordwestlichen Viorungspfeiler angebracht sind.

o) Im Chor ist 19. das grosse, aus gelbem Sandstein gearbeitete Epitaph de^ Erzbiseliofs Friedrich von Magdeburg, Sohnes Joachims II., + 2. Ottober 1552. Die Mitte nimmt Friedrich selbst ein, welcher in Lebensgrösse, nach rechts blickend, mit der Beeilten auf die in der Linken gehaltene Bibel hinweisend.

innerhalb einer allzu niedrig geratenen Riindbogennische steht. Dem architek- tonischen Aufbau, welcher zur Seite dieser Hauptnischo zwei kleinere zwischen Siiulen zeigt, haben nimische Tiiuinphbögen als Muster gedient Oben über dem verkröpften Gesims eriiebt sich ein entsprechend verkröpftes Obergeschoss. über diesem ein pyramidaler Aufbau mit kurbrandenbiirgischem Wappen. Ül)erall wimmelt es von mythologischen und allegorischen Figuren, deren von aus- schweifender Renaissancpphantastik erzeugte Ge.italten zu der schlichten Kgur Friedrichs in scharfem Gegensatz stehen. Unterhalb des Epitaphs zieht sich ein schmaler Bildstreifen hin , bedeckt mit in Flachrelief ausgeführten Alle- gorien des Todes. Links schiebt der Tod eine Schiebkarre, die mit Knochr^D beladen ist und die Inschrift trägt: Hec imago monet et movet. Es folgt ein toter Mann (Fig. 10.^), darauf in der Mitte ein Schild mit dem Spruch: Vigilatc quia neacitis diem neque horam. 1558. Rechts und links davon halten Putten Todfsembleme in viereckigen Cartouclien; endlich rechts wieder ein Tod inii älmliclier Schiebkarre nacli links fahi-end. Über dem Ganzen ziebt sich die Schrift hin: Qvid valet hie mvndvs qvid gloria qvidve trivmphvs, Post miservm fvmvs pvlvis et vmbra svmvs. Sola salvs adherere deo svnt cetera fravdcs. Anno 1658. Alle Schriften sind in Majuskeln ausgeführt.

Halberstadt (die Liebfrauenkirche) 305

£. Ausserhalb des Domes, a) Im alten Kapitelsaale am Kreuzgange befinden sich neun, aus dem 17. Jahrhundert stammende Grabsteine von Kanonikern des Domes, femer von vier in Halberstadt gestorbenen schwedischen Offizieren. Die Werke zeichnen sich weder durch grösseres historisches Interesse, noch durch künstlerischen Wert aus.

b) Der Kreuzgang enthält die Grabsteine: des H. B. Bötticher (barock); des Joachim von Schulenburg (in Rüstung, f 1549, in hübscher Renaissanceumrahmung); einer Dame (Halbfigur, 16, Jahrhundert); des Domkantors Thamme (f 1462); des Kanonikers Joachim von Borch (f 1601), sämtlich aus Sandstein, die Bildnisse lebensgross; ferner 49 wertlose Epitaphien aus Stein bezw. aus Holz, mehr oder weniger verdorben; sie gehören dem 17. und 18. Jahrhundert an.

Die Anordnung der Grabsteine im Kreuzgange, wie sie noch zu Zeiten des Domküsters Haber (Anfang 18. Jahrh.) bestand, wiid veranschaulicht durch eine von diesem angefertigte Zeichnung, welche von Elis d. ä. im Jahre 1836 ver- öffentlicht worden ist. Das jetzt selten gewordene Blatt ist mir durch die Freund- lichkeit des I^rrn Pastors Arndt in Halberstadt benutzbar gemacht worden. Es zeigt sich daraus, eine wie grosse Menge von Grabsteinen dort inzwischen zu Grunde gegangen sind; Haber verzeichnet (abgesehen von den vielen an den Wänden des Kreuzganges befindlichen Tafeln und dergleichen), auf dem Pussboden der vier Gänge, in dem Garten und in der Neustädter Kapelle insgesamt hundert- unddreiundvierzig Epitaphien. Um die Aufzeichnung der noch vorhandenen hat sich der jetzige Domkustos Teitge, als unermüdlicher Forscher für die Geschichte des Halberstädter Domes verdient gemacht.

2. Die Liebfrauenkirche

Quellen. Ausser den für die Halbcrstädter Geschichte im allgemeinen wichtigen Quellen werken, sowie Schmidts Urkunden-Buch der Stadt Halberstadt kommt insbesondere in Betracht die von demselben hinterlasscne Sammlung der Abschriften von weit über tausend Urkunden des Liebfrauenstiftes; gleich denen des Hochstifts (s. o.) zum grössten Teil im königlichen Staatsarchiv zu Magdeburg. Die Kopien bewahrt das Archiv zu Wolfenbüttel. Ebendaselbst Schmidts Abschrift des Kalcndariums von Licbfi*aucn, welches nach den Namensformen etwa dem 12. Jahrhundert angehört Ein Urkunden-Xopialbuch (Pergament-Hds. des 15. Jahrhundert) in der Hechtschen Sammlung zu Halberstadt konnte von mir nicht eingesehen werden.

Litteratur: Haber, Kurtac jedoch zureichende Beschreibung von der Ober-Collegiats- Stiffts-Kirchen Beatae Mariae Virginis in Halberstadt. Halberstadt 1737. Lucanus, Die Liebfrauenkirche zu Halberstadt, deren Geschichte, Architektur, Kunstwerke und Denk- male. Halberstadt 1848. v. Qua.st, Kunstblatt 1845. Nr. 52 ff. Ders., Zeitschr. für Archäol. u. Kunst II, 176fr. v. Mülverstedt, H.-Z. 1871, 409 flF. Elis, H.-Z. 1886, 1 ff. Lucanus, Halberst. gem. Unterh. 1805, I, 57 flF. Neue Mitteilungen XII, 107 flP. I^cnz, Halb. Stifts-Historie. Ilartmann, Klosterkirche zu U. L. Fr. zu Halberstadt. (Zeit- schrift d. Arcliitekten- und Ingeneieurvcreins für Hannover 1862). Kuglers Museum 1833, 86. 103 if. Kallenbach, Chronol. II, 1. Zeitschrift f. prakt. Baukunst 1866, Tf. 38. 39. Förster, Baukunst VIII, 15 flF. Otte, romanische Baukunst Fig. 247. Otte-Wemickc, Handbuch der kirchlichen Kunst-Architektur. II, 178 f.

Die Liebfrauenkirche (mönstere unser Vröen to Halb., 1320; secunda ecclesia in Halb., 1330) nimmt die westliche Seite des Domplatzes ein (Pig. 104), und da

KroU HalbenUidt. SO

306 Balberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenbirche: Geschichte)

sie annähernd dieselbe Orientierung hat, wie fast alle anderen Kirchen der Stadt die Andreaskirche macht hiervon eine Ausnahme der Dom aber die öst- liche Seite dos Platzes einnimmt, so liegen beide Hauptkirclien mit einer unbe- deutenden Abweichung in einer und derselben Längenachse. Während jedoch der Dom mit seiner mächtigen Turmtassade nach dem Platze zugewandt ist, zeigt sich die an sich schon niedrigere Liebfrauen-Kirche nur mit ihrem Altarschluss, erscheint daher wesentlich kleiner und von geringerer architektonischer Wirkimg, als dem interessanten Bauwerk zukommt. Die auf den drei übrigen Seiten mehr oder weniger nahe herantretenden Gebäude lassen die malerische Erscheinung des Bauwerks nicht recht zur Geltung kommen, doch hat die in den vierziger

"i^M-

Fig. 105.

Jaliren dieses Jahrhunderts auf Staatskosten unter Oberleitung des damaligen Konservators von Quast ausgeführte Restauration wesentlich dazu beigetragen, dass die Kirche von manchem verunstaltenden Beiwerk befreit und mit würdigem Äussern hergestellt worden ist. Sie gehört gegenwärtig zu den schönsten nieder- sächsischen Kirchen romanischeu Stils und ist die einzige vicrtürmige, reinromanische Anlage in der Provinz Sachsen. Nur zwei unbedeutende Anbauten auf der Süd- seite und der westlich angefügte Kreuzgang nebst dem dort befindlichen Haupt- portal gehöreu der Gotik an,

Geschichte; Das unter der Augustiner-Regel stehende Kollegiatstift, desseu Patronin von Anfang an die h. Jungfrau war, wurde nach dem Berichte der GE H. p.92 vom Bischof Arnulf gegründet, welcher l(XX> mit dem Bau der

Halberst&dt (die Liebfrauenbirche : Geschichte)

Fig. 106.

Kirche begann. Bald "gnkngte das Stift 7m orliebliclier Bedoutung. Es erhielt am 23. Dezember 1 143 eine Sclnitüurkumle des Papstes Ciilestin II. Brii<ierschaften schlössen mit ihm das Kapitel von t^temlal 12H8, ihis Kapitel S. Crueis zu Hildes-

308 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Geschichte)

heim 1294, Kloster Königslutter 1296, Neuwerk und Walkenried 1297, das Stift zum Moritzberge vor Hildesheim 1307, die Priesterliche Brüderschaft in Braun- schweig 1313, das Halb.'er Nikolai-Kloster 1374. Am 23. Februar 1369 und am Mittwoch nach Himmelfahrt 1396 schloss sich das Stift der bekannten Union mit den übrigen KoUegiatsstiftern von Halberstadt an. Zu Konservatoren des Stiftes wurden 1401 von Papst Bonifaz IX der Bischof von Havelberg, sowie die Dekane von St Blasii zu Braunschweig (statt seiner seit 1476 der von Hildes- heim) und von TJ. L. Fr. zu Erfurt ernannt. Letzterer bestimmte 1476 zu Sub- konservatoren den Abt von St. Egidii in Braunschweig, den Probst S. Crucis in Hildesheim und die Dekane von St Nikolai in Magdeburg und St. Bonifacii in Halberstadt, fenier die Officialen von Magdeburg, Halberstadt und Hildesheim. Das Stift besass das Patronat über zehn verschiedene Kirchen und Kapellen. Vgl. V. Mülverstedt, H.Z.IV, 409f. Über die Stiftsschule vgl. oben in der Stadt- geschichte den Abschnitt „Schulwesen.'' Die Zahl der Kanoniker schwankt in den Urkunden zwischen 16 und 21. Letzteres dürfte die höchste nachweisbare Zahl sein, während niedrigere Ziffern für die Mitgliederzahl nichts beweisen, da nach ausdrücklicher Versicherung 1341 zu den Versammlungen des Kapitels ausser denen, welche zum Erscheinen im Augenblick verpflichtet waren, nur die kamen, welche konnten und wollten. An der Spitze standen Dekan und Probst, welche vom Kapitel selbständig gewählt werden durften. Der Dekan wurde eidlich auf sein Amt verpflichtet Er versprach, es nur mit Genehmigung des Kapitels niederzulegen, zu vertauschen oder sonst darüber zu verfügen, stets persönlich in Halberstadt anwesend zu sein, es sei denn, dass er durch Gesundheits- oder andere berechtigte Bücksichten verhindert wäre; erledigte Kirchenämter durfte er nicht selbständig besetzen, sondern hatte dies nach altem Herkommen dem Kapitel anheim zu stellen. Desgleichen war seine Disciplinargewalt gegenüber den Kanonikern durch das Kapitel eingeschränkt, welches er in jedem Falle zu Rate zu ziehen hatte. Ein anderes wichtiges Amt war das des Kellerers. Seine Wahl aus der Zahl der Kanoniker unterlag keiner bestimmten Vorschrift, bis Bischof Volrad 1267 bestimmte, dass die Wahl durch den Dekan, Kustos und Schola- sticus jährlich in vigilia s. Margarcthae (19. Juli) oder acht Tage darnach vorzunehmen sei. In Streitfällen entschied der Bischof mit zwei Wählern. Nach Ablauf des Amtsjahres war der Betreffende erst nach drei Jahren wieder wählbar. Der Vicarien gab es bis zu dreiundzwanzig (1374). Die vorher am häufigsten be- glaubigte Zahl ist zwanzig, welche sich in die vier grossen und sechzehn kleinen teilten und den Altardienst versahen, während die später über zwanzig er- scheinenden anderweitig beschäftigt waren. So wird 1335 ein Vicar des Re- liquienschreines erwähnt An der Spitze der Vicarienbrüderschaft stand (1492) ein Procurator, vier Consiliarii und zwei Senioren. Beim Amtsantritt hatte jeder Vicar eine Mark zu erlegen zur Bezahlung von Wein, Oblaten und Wachs (1347). Die Einkünfte der Vicarie waren anfangs verschieden, bis 1330 im Generalkapitol eine Vereinigung herbeigeführt wurde. Die Vermögenslage der Kapitelmitglieder war zum Teil keineswegs gering, wie z.B. das Nachlassinventar dos Thomas von Gerbstedt (1442. H.-Z. 24, 531 ff.) ausweist Die Mildthätigkeit solcher reichen Mitglieder kam in vielen Fällen der Kirche zu statten, von deren häufig sehr schlimmer Verschuldung unten weiter zu berichten sein wird. Die Geldverwaltung

Halberstadt (die LiebfraneDkirche : Geschichte) 309

des Stifts war im Mittelalter gelegentlich in sehr verwahrlostem Zustande. Bei der Revision 1232 war Klage, dass die Güterverwalter der Kirche keine Rechnung über Einnahmen und Ausgaben legten. 1341 wurde beschlossen, eine Kommission von fünf Mann niederzusetzen mit der Vollmacht, die Finanzen nach eigenem Ermessen zu ordnen. Sie hatte auf Verlangen Rechnung abzulegen und versah ihr Amt nur immer ein Jahr lang, worauf Neuwahl erfolgte. Eine andere, gleich jener vom Kapitel gewählte Kommission hielt die Reliquien, die Siegel, die Privilegien u. s. w. imter ihrem Verschluss (1270). Von den übrigen Kirchen- ämtern hier genauer zu reden würde zu weit führen. Es werden noch erwähnt Kustos, Scholasticus, Thesaurarius, Kantor, Sakristan, die Mitglieder der Stifts- schule, Kirchner, Kämmerer, balneatores, Thelonearii, Sangmeister, Zitermänner, Altardiener, Bäcker.

Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhundert kam für das trotz aller Anfechtungen blühende Stift die Zeit des Verfalles. Im Jahre 1509 hören wir, dass manche Vikare weltlich geworden seien, ohne Ersatz für die ihnen zu teil gewordenen Beneficien zu leisten, andere befanden sich nur im Besitze der niederen Weihen. Das Amtsantrittsgeld wurde überhaupt von niemandem mehr erlegt. Trotz solcher Misstände kam es doch erst gegen 1591 zur Einführung der Reformation durch den Bischof Heinrich Julius; 1604 fand zu Neujahr der erste protestantische Gottesdienst statt. Den Katholiken wurde dabei die Benutzung einer Kapelle gewährleistet, welche daher den Beinamen der katholischen Kapelle erhielt. Aber 1629 wurde der Protestantismus wieder abgeschafft und erst wieder eingeführt, als die Schweden die Stadt in Besitz nahmen. Zur selben Zeit aber wurde die weitere Existenz der Kirche in Frage gestellt, weil die Schweden einen Augenblick die Absicht hatten, dieselbe niederzureissen. Die endgültige Einführung des Protestantismus erfolgte nach dem Ende des grossen Krieges. Die alten Wandmalereien wurden 1661 übertüncht; sie sind erst in unserem Jahrhundert in spärlichen Resten wieder zum Vorschein gekommen. 1775 stiftete Friedrich der Grosse einen Orden, wie für die Mitglieder der übrigen Stifter, so auch für die von L. Fr. Von den Kriegsereignissen im Anfange unseres Jahrhunderts wurde die Kirche in mancherlei Art in Mitleidenschaft gezogen 1809 bewahrte der Herzog von Braunschweig seine Pulvervorräte in der Barbara- Kapelle auf. Die Aufhebimg des Stiftes erfolgte am 1. Dez. 1810, der letzte Gottesdienst wurde am 25. Oktober 1812 abgehalten. Dann sollte die Kirche auf Befehl des Königs Jöröme an die Andreasgemeinde kommen, was jedoch unter- blieb. In unwürdiger Verkommenheit, zu allerlei profanen Zwecken dienend, verblieb darauf die Kirche bis 1840, wo sie durch Friedrich Wilhelm IV. wieder hergestellt und seit Pfingsten 1848 der evangelisch reformierten Hofgonieinde überlassen wurde. Sie steht jetzt unter königlichem Patronat, welches ein Drittel der Unterhaltungskosten trägt, während die andern zwei Drittel von der Kirchen- kasse bestritten werden. Zwei Geistliche (der erste davon mit dem Titel Hof- prediger) üben die Seelsorge aus.

Siegel. Über diese vgl. v. Mülverstedt a. a. 0. pag. 411.

Über die Kurien näher zu sprechen, läge nur dann ein Grund vor, wenn die Urkunden über ihre Bauart, Einrichtung u. s. w. etwas mitteilten. Da dies nicht der Fall ist, so genügt es, ihre beglaubigte Lage zu bezeichnen, welclic in

310 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Geschichte)

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Halberstadt (die Lieb&anenkiTclie: Kurien n. s. w.)

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älterer Zeit allerdJDgs durchaus unbekannt ist 1472 gab es ihrer einundzwanzig, nämlich sechs grosse ausser der Stadt, zehn grosse und fünf kleine in derselben. Eine der letzteren lag 1508 gegenüber der Alexiuskapolle ; die übrigen, unbe- sdninit ob gross oder klein: 1. im Westendorf beim Johannisgildschaftshause (ohne Jahr), 2. im Düstemgraben (1402), 3. „im Winkel zwischeo

dem Somhemi Balthasar von Keuenstadt und Kanonikus Her- mann Schütten", also auf der Burg (1472), 4. zwischen der Ka- pelle St Materni und dem Kloster- stoven derSchule gegenüber (1476), 1498 ganz verfallen, 5. südlich Tom Komhause (1479), 6. im Westondorf (1479), 7. die als 6. be- zeichnete Kurie auf der Burg der Kirche gegenüber (1489), 8. eben- falls auf der Burg (1489), 9. gegenüber der Peterstreppe (1492), 10. mehrere Kurien im Düstem- graben (1494), 11. an der Ecke nach dem Alexiushofe zu (1496), 12. gegenüber dem consistorium generalis curiae (1505), 13. gegen- über dem Bemter nach Süden {1506), 14. im Westendorf- (1506), 15. hinter dem Schlafhause. Dazu gehört das kleine Höfeben an der Badestube „bei der eisernen Kette"' (1507), 16. in der Trüllgasse (1509). Dies die Angaben. Man sieht, dass es nur in vereinaelten Fällen möglich ist, die Lage der ein- zelnen Kurien hiemach zu be- stimmen. Abgesehen davon, dass im vorstehenden Verzeichnis Wiederholungen vorzukommen scheinen, ist auch selbst da, wo Genaueres über die Lage gesagt wird, selten etwas damit anzufangen, da sie meist nach der Nachbarschaft, d. h. oft nach inzwischen untergegangenen Gebäuden oder unbe- kannten Personen bezeichnet wird.

Von andern Baulichkeiten und Bäumen werden als zur Benutzung für die Mitglieder des Kapitals dienend folgende erwähnt: Der oft genannte Ziter; das Schlafhaus, für welches 1232 ein Erweiterungsbau verfügt wurde; die Badstube (1271, stören 1368), neben ihr befand sich 1472 die dort zur Absperrung des Bezirks dienende eiserne Kette, der Kapitelraum (1341, freilich ist nicht ge- wiss, ob damals ein besonderer Saal für die Versammlungen des Kapitels vor-

AUer Begrdiiniisplaa

Fig. 108.

312 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Baugeschichte)

banden gewesen ist; wenigstens dienten zu diesem Zweck auch sehr häufig die Barbarakapelle, die Refectorien, der Kreuzgang, auch die Kirche selbst, so dass mit vorstehendem Ausdruck auch einer dieser Räume gemeint sein könnte); der Remter (reventer) als Lokal der Kirchenkasse (1402); das aestuarium (1432); die stupa paradisi (1433); Haus und Hof der Vicare (1475); die Winterbadstube des Kanonicus Gerhard v. Mortz (1489); das Sommerrefectorium (anla aestivalis 1494); die nördlich sub aula aestivali belegene Wohnung des Dekans, in dessen Schlaf- gemach (1494) ein urkundlicher Akt vollzogen wird kein seltenes Vorkommnis; geschah auch in Wohnungen anderer Geistlicher, besonders wenn sie, bereits auf dem Sterbelager, ihr Testament machen; das Winterrefectorium (1497). Femer werden beim Kloster belegene Begräbnisstätten 1319, der Kirchhof 1363 erwähnt. Die Bibliothek (libraria) kommt zuerst 1416 vor, bestand aber sicher schon früher. Vgl. über sie Neue Mitteilungen XII, 107 ff. 1471 bekam sie testamentarisch von einem Kanonikus Friedrich Radeleff geschenkt das Corpus Juris Civilis, auf Perga- ment geschrieben, femer ein Altes, ein Neues Testament und 11 andere Bände von unbekanntem Inhalt. Nicht eigentlich zum Bestände der Bibliothek zu roclmen ist der liber oblationum (obventionum), ein Pergamentband, 1341 zuerst erwähnt, der zunächst unter besonderem Gewahrsam gehalten wurde, nachher aber zur beliebigen Einsicht der Stiftsmitglieder auf der rechten Seite des Chors auf einem Pulte ausgelegt war, zu seinem und des Stiftes Schaden, da er dort ohne genügende Aufsicht war, beschädigt und beschmutzt wurde, ausserdem an den darin enthaltenen Eintragimgen von Schenkungen und sonstigen Stifts- einkünften Fälschungen durch Rasuren, Ausreissen von Blättem u. s. w. vor- kamen (1433).

Baugeschichte: Unter der Regierung des Bischofs Arnulf soll die erste Liebfraüenkirche samt den sonst zum Stift gehörigen Baulichkeiten 1005 begonnen und ihr Bau bis 1020 fortgesetzt sein. Ob sie überhaupt vollendet wurde, er- scheint fraglich. Mit Sicherheit stammt aus der ersten Bauperiode nur die jetzige westliche Turmpartie, von welcher jedoch nur der Unterbau hierzu gehört, während die oberen Geschosse mit den gekuppelten Schallfenstera in zwei Reihen über einander erst aus der folgenden Bauperiode herrühren. Über den 3 Räumen des untersten Turmgeschosses, welche aus dem Grundrisse (Fig. 107) ersichtlich sind, zieht sich noch jetzt ein grosser Raum hin, welcher nach Westen zwei schlichte, etwas plumpe rundbogige Fenster enthält, nach Norden und Süden je ein kleines ähnliches, nach Osten aber in der Mitte ein grosses, aber niedriges Rundbogenfenster aufweist. Sie alle, mit Ausnahme des nördlichen, sind jetzt vormauert. Ihre Form harmoniert mit derjenigen einer Thür, welche südlich neben dem jetzt im Kreuzgange befindlichen gotischen Haupteingange vermauert zu sehen ist und zu einer Zeit, als der Kreuzgang noch nicht gebaut war (dessen Gewölbe sich gerade an diese vermauerte Thür lehnt), noch benutzt worden sein mag. Diese Thür hat eine Breite von 1,00 m und ist in einer Entfernung von 2,59 m von der südlichen Ecke der Kirchenfront angebracht. Ihre Entfernung von dem Mittelportal beträgt 5,18 m, also das Doppelte. Man sieht schon hierbei, dass der alte Kirchenbau eine auf ziemlich einfachen, mathematischen Verhältnissen beruhende Anlage war. Jener Thür entsprach eine in das nördliche Turmgemach führende, die wegen Verbauung nicht mehr erkenn-

J

Halberstadt {die Liebtouenkirche: Bangeschichte)

bar ist. Zwischen beiden aber in der Mitte lag das alte Hauptportal, welches später durch das p;otiscbe ersetzt worden ist. Dieser äusseren Anlage des Turmbaues entsprach die innere, da er sich auch gegen dio der Kirchenschiffe, wie noch jetzt ersichtlich , mit rechts und links je einem kleinen, in der Mitte einem grossen Eundbogen öffnete, welche erst später ver- mauert sind. Fdr die ältere Zeit hat man sich sowohl den Ereuzgang als die vor dem Nordwest-Turm stehenden Gebäude fortzudenken und sich klar zu machen, dass damals die ganze Westfront der Kirche frei stand, wälirend der Krenzgang vor Ende des 11, Jahrhunderts überhaupt nicht vorbanden war,

Fig. 109.

dann aber auf der Südseite der Kirche angelegt wurde. Die Grund risygcstaltung des zugehörigen Lang- und Querhauses, wie^die gesamte Anlage der alten Kirclie, so- weit wie sie nach den vonij Verfasser dieses Buches geleiteten Ausgrabungen im Jahre 1899 festzustellen war, veranschaulicht Kig. 108. Über die Nachforschungen genatferen Bericht zu geben, kann hier erspart bleiben, indem Ich auf die Artikel im 7. Jahresberichte der Provinzialdenkmälerkommission der Provinz Sachsen, sowie in der ,,Denkmalpflege'" Jahrgang 1 Nr. 15 verweise. Von den drei Bögen, welche aus dem Turmbau ins Innere der Kirche führten, sieht man noch die zu Bogennischen aus- gebildeten Lichträunie und die Kämpfergesimso , welche sich mit ihrem untern Kande an den beiden Seiten 2,98 m, am Mittelbogen 4,65 m hoch über dem Fussboden befinden. Ihre lotrechten Enden lassen einen Zwischenraum von 0,92 m, woraus her- vorgeht, dass die Arkadenmauern der ersten Kirche eine ebensolche Stärke hatten. . Der, älteste Bau galt als klein und hässlich. Über letzteres dürfte man streiten

314 Ealberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenicirche: Bangescbichte)

können. Die Kleinheit, das durch die geringe Höhe der Türme vorgeschriebene geringe Längenmass aber wurde von den Zeitgenossen nicht allzu sehr empfunden. Vorläufig dachten sie noch nicht daran, wie es später geschah, den ganzen Bau- plan zu ändern, sondern suchten sich durch An- und Ausbauten zu helfen. Bischof Thietmar (f 1089, in der Kirche beigesetzt) sorgte in seinem Vermächtnis dafür, dass sein ganzes grosses Vermögen zu diesem Zweck verfügbar wurde.

Die bedeutendste Bauthätigkeit begann unter Bischof Rudolf (f 1147), der die Kirche von Grund aus neu zu bauen unternahm. Den Neubau begann man ohne organischen Zusammenliang mit der erhalten gebliebenen Turmpartie. Man setzte das Langhaus in einer et^vas grösseren Weite an. Die Seitenschiffe ver- breiterten sich gegen den Chor hin. Der Bau begann, wie so oft, von zwei Seiten her. Der alte Chor blieb zunächst erhalten. Die südliche Seitenapsis erhielten die geringe Höhe von 4,24 m in Lichten, überdacht mit einem schlichten Tonnengewölbe. Darüber setzte man ein zweites Stockwerk auf bis zur gleichen Höhe mit der nördlichen Seitenapsis und überdeckte es mit zwei quadratischen Kreuzgewölben. Auch dies Obergeschoss liess man wie das untere mit Apsis nebst Koncha endigen. Von aussen lassen sich diese Veränderungen, besonders aber der Umstand, dass eine Apsis zwei Konchen übereinander enthält, wohl in Folge späterer äusserer Überarbeitungen nicht mehr er- kennen. Damit der obere Kaum benutzbar wurde, führte man unter Durch- brechung des Tonnengewölbes in der südwestlichen Ecke im Innern des unteren Raumes eine Treppe empor ^ und versah den obern vielleicht anfangs überhaupt dunklen Raum mit einem Fenster nach dem Innern der Kirche zu. Man war dabei genötigt, einen kurzen, gewölbten und etwas gekrümmten Gang in den südöstlichen Vierungspfeiler hineinzulegen; dessen dadurch ver- ursachte Schwächung machte man unschädlich, indem man einen Verstärkungs- pfeiler daneben baute, der nicht ganz bis zur Höhe des auf die untere Kapelle aufgesetzten Kreuzgewölbes reicht und etwas unter demselben ohne eigentlichen Abschluss endigt.

Die übrigen Decken, mit Ausnahme derer in den beiden Seitenapsiden, waren gerade Balkendecken, wie solche auch bei dem Erneuerungsbau in unserm Jahrhundert wieder eingesetzt sind. Zierrat wurde fast ganz vermieden.

Nach der Zerstörung von 1179 vergingen, weil die Kirche in ihren wesent- lichen Teilen benutzbar geblieben war (einige Brandspuren sind noch heute auf der Ostseite vorhanden) gegen 90 Jahre, bis man sich zur Vollendung des von Rudolf begonnenen Baues entschloss. Erst von dieser Zeit her stammt die jetzige Gestalt der Kirche; was noch ausser den Türmen vom alten Bau

' Dass nicht, wie behauptet worden ist, das Tonnengewölbe spätem Datums und in die Kapelle erst eingezogen ist, geht aus dessen gewaltsamer Durchbrechung hervor, welche zu Gunsten dieser Treppe geschah. Man hat sich nicht die Mühe gegeben, die Spuren de« Durchbruchs zu beseitigen, ein Zeichen, dass der obere Raum vielleicht nur selten, jedenfalls nicht zu feierlichen Zwecken l>enutzt worden ist Wahrscheinlich wiir er ein Buss- oder Straf- aufenthalt. Auch das nach der Kirche führende jetzt vermauerte Fenster, hinter dessen Gewände noch die Löcher für einen eheiuals dort angebrnchten Sitz zu sehen sind, von wo aus die Insassen dem Gottesdienste beiwohnen konnten, ohne gesehen zu werden, und die schwere mit Eisen- blech beschlagene Thür, welche die Treppe in halber Höhe absperrt, dürften hierfür sprechen.

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Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Baugescbichte) 315

übrig was, auch die Krj'-pta musste schwinden. Aus dieser und der nächst- folgenden Zeit scheinen die Obergeschosse der Westtürme zu stammen. Noch in den letzten Jahrzehnten des 12. Jahrhunderts entstand die sogenannte Tauf- kapelle (Katholische Kapelle),^ welche sich südlich unmittelbar an den alten Turmbau anlehnt (Fig. 109). Sie liefert den Beweis, dass bei der damaligen Bauthätigkeit grössere Eleganz waltete. Zu verwerfen ist die von ver- schiedenen ausgesprochene Ansicht, man habe in diesem Kaum den Rest des alten Kreuzganges zu erblicken. Die Stufen, welche den Chor dieser Kapelle von dem übrigen Räume trennen, sind, wenn auch nicht in jetziger Form, aber doch ihrer Anlage nach alt; sie wären in einem Kreuzgange durch nichts ge- nügend zu erklären. Noch sieht man östlich den Ansatz zu einem dritten Paar ebensolcher Kreuzgewölbe, wie die beiden noch vorhandenen Paare sind. An dieses mag sich dann eine kleine Apsis angesetzt haben, vielleicht fehlte auch eine solche, und es handelte sich überhaupt um keinen zu Zwecken des Gottes- dienstes dienenden Räum. Die Lage unmittelbar an der Kirche bildete dafür kein Hindernis, da der Raum ursprünglich nicht von dieser, sondem nur von der Aussenseite westlich her zugänglich war. Eine Ähnlichkeit mit dem oben (vgl. Dom) besprochenen Kapitelraume neben dem dortigen Kreuzgange ist unver- kennbar. Trotz alle dem waltete Sparsamkeit. Die dadurch herbeigeführte Einfachheit, welcher man freilich den Vorzug nicht absprechen kann, dass sie die Gebäudemasse um so mächtiger und würdevoller erscheinen lässt, war wohl weniger Sache des freien Willens als der Notwendigkeit. Die Finanzlage des Stifts war in jenen Zeiten fortwährender Fehden meist ziemlich bedrängt. Zum ersten Mal 1245 hören wir von einem der Kirche durch Papst Innocenz IV. erteilten Ablass, von da folgen die Ablässe rasch aufeinander, zwischen 1247 und 1290 allein zwölf teilweise sehr feierliche. Selten ist, dass ihr Zweck genannt wird; nur 1284 (13. Mäi-z) heisst es in einem von zwei Erzbischöfen und elf Bischöfen ausgestellten Ablassbriefe, dass zur Wieder- herstellung der Kirche kein Geld vorhanden sei.^ Im übrigen lassen die Ablass- briefe nur die bedeutenden Schulden des Stifts erraten, über welche auch sonst viel geklagt wird. 1267 gestattete im Hinblick auf sie, da sie durch Wucher- zinsen fortwährend wuchsen, Bischof Volrad Verkauf, Vertauschung und Ver- pfändung von Mobilien und Immobilien; 1268 waren immer noch Schulden vor- handen, verursacht durch vielen Raub und Brand; 1271 wurde zur Regelung dieser Verhältnisse eine Kommission von Stiftsmitgliedern eingesetzt; 1288 ist von neuen Schulden die Rede, entstanden durch Entsendung mehrerer Dele- gierten zum Konzil in Würzburg (1287 abgehalten durch den Legaten Johann von Tusculum), durch hohe Güterzinse und wieder durch Brand und Raub; um

* Sie hiess im 15. Jahrh. S. Mariae Magdalenae et Margarethae. Die Erbauung eines Chore war schon 1402 beschlossen und dem [Baumeister V] Kanon. Heinrich Bare übertragen, war 1405 und 1425 noch im Werk, wofür ein besonderes Bauamt eingesetzt war, wurde aber eret in der Mitte des 10. Jahrh. beendet.

' über eine Bronceplatte aus der Mitte des 13. Jahrh. mit eingravierten Ablasserteilungen, welche früher am südöstlichen Eingang befestigt war (Fig. llOj vgl. oben Domschatz unter Nr. 32.

Halberstadfc (die Liebfrauenkirche: Baugeschichte) B17

Wucher musste von den Juden geborgt werden; 1292 veräusserte man Güter, um Schulden bezahlen zu können; 1299 thaten sich endlich die Stifter L. Fr., St Bonifaz und St Paul zusammen, um gegen die Räuber und Plünderer gemein- same Schritte thun zu können. Einer von den Hauptübelthätern war Ottol. von Anhalt, der auf Beschwerde des Bischofs 1291 exkommuniciert wurde. Im selben Jahre verfielen auch die Ritter Ludwig, Jordan und Johann von Neindorf wegen derselben Vergehen der Exkommunikation. Wie sich denken lässt, fand das be- drängte Stift in seinen Nöten mancherlei Helfer, welche ihm mit Geld- und Güter- stiftungen beizustehen suchten; besondere Verdienste erwarb sich in dieser Be- ziehung am Ende des 13. Jahrh. der Kanonicus Dietrich von Westerhausen. Trotz- dem half dergleichen nicht viel, und der Bau, zu welchem König Heinrich VI. <jie Erlaubnis gegeben hatte, kam nur langsan^ vorwärts. Eine Urkunde vom Ende Mai 1291 belehrt uns, dass die Gebäude eine Ausgabe von 62, das Turmdach eine von 54, die Glocken eine von 43 Mark verursacht hätten. Der erstgenannte Posten war damals abgezahlt bis auf 18, der zweite bis auf 22, der dritte bis auf 20 Mark. Diese übrigen 60 Mark wurden damals dem schon genannten Dietrich, welcher die Baukasse verwaltete, aus der Kasse des Stifts angewiesen. Der Kirchenbau be- traf also in jenem Augenblick das Schiff in geringerem Grade, vor allem aber die Glocken und die Türme. Wieviel der ersteren waren, erfahren wir leider nicht. Was das Turmdach betrifft, so ist nicht klar, ob die Ost- oder Westtürme gemeint sind-; jene stammen vom Ende des 13. Jahrh., ebenso wie die Uberwölbung des Kirchenschiffs. Im Beginne des 14. Jahrh. waren neue Ablässe erforderlich. Zwar war der Bau in der Hauptsache fertig, ^ aber fortwährend gab os Änderungen und Reparaturen, welche durch die nicht zu beseitigende Schuldenlast beinträchtigt wurden. Da 1341 verschiedene zur Kirche gehörige Gebäude in trümmerhaftem Zustande, andere besonders an den Dächern beschädigt waren, so wurden am

14. Mai jenes Jahres fünf Männer gewählt, welche als ständige Baukommission für Abstellung solcher Missständc zu sorgen hatten. Sie bildeten den Anfang des Bauamts (fabrica), welches sich seitdem oft in den Urkunden des 14. und

15. Jahrh. genannt findet und offenbar auch noch im 16. Jahrh. thätig war. Spuren seiner Wirksamkeit hinterliess es in dem 1366 zuerst erwähnten Kreuzgange, dem gotischen Westportal, der Überwölbung der Schiffe (der Seitenschiffe an- geblich erst im 15. Jahrh.), wodurch die ehemals höheren Fenster eine Verkleinerung erfuhren, des Chors u. s. w., femer in der der Taufkapelle 1552 angesetzten gotischen Altarnische, welche eine Renaissancekuppel erhielt, ausserdem in der Barbarakapelle,2 der heutigen Sakristei, welche Lucanus und v. Mülverstedt ohne Begründung capella sub claustro nennen. Ihre Gründung schreibt ersterer fälschlich dem Dekan Friodrieh v. Marenholz zu und setzt ihre Erbauung ins Jahr 1435 oder 1438, während doch der Augenschein lehrt, dass die Decken- malereien der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts entstammen, jedoch wegen

' Vielleicht mit Recht bringt Elia (H.-Z., 1886, 6) die 1327 geschehene Übertragung der Reste des Bischofs Arnulf vom Dom in die Liebfrauen kirchc mit der, vielleicht wenigstens in der Hauptsache geschehenen Fertigstellung in Beziehung.

* Ich gebrauche diesen üblichen Namen, wiewohl er urkundlich nicht belegt, auch, wie sich bei Besprochung des Altargemäldes zeigen wird, kaum richtig ist.

318 Ealberstädter Stadtkreis: Haiborstadt (die Liebfraaenldrclie: Baugeschichte)

der Figur des die dreifache Krone tragenden Papstes kaum vor den Tagen Urbans V (f 1370) gemalt sein können. Elis glaubt an die Gründung durch die Familie v. Plötzke, welche im 15. Jahrhundert ein mit ihrem Wappen gezeichnetes Altarbild in diese Kapelle stiftete, üngedruckte Urkunden des Magdeburgischen Archivs, welche Elis nicht kannte, sprechen nun aber 1350 und 1353 von einer neuen Kapelle; das erste Mal, dass sie gegründet und erbaut sei auf Testaments- bestiramung des Kanon. Mag. Johann v. Gittelde, das zweite Mal, dass ein gewisser Johann von Wernigerode 1351 einen Altar daselbst gestiftet habe. Da gerade in diese Zeit der Stil des Bauwerks wie in wenig spätere der der Deckenmalerei passt da ferner eine andere zu Liebfrauen gehörige Kapelle aus dieser Zeit weder vorhanden noch sonst bekannt ist, so ist anzunehmen, dass die leider nicht nach ihrem Heiligen genannte Kapelle mit der Barbarakapelle identisch sei. Aus der gotischen und den folgenden Perioden fehlen weitere Beste am heutigen Bau; man wird sich hauptsächlich auf die Erhaltung des Bestehenden gerichtet haben. Auch das erforderte bedeutende Mittel, zu denen noch das zur Bezahlung der Kommissionsmitglieder erforderliche Geld kam. Dasselbe wurde teils durch freiwillige Spenden, teils durch bestimmte Einkünfte aufgebracht 1434 wurde bestimmt, dass jeder, der das Kanonikat oder eine kleinere oder grössere Präbende des Stifts erlangte, zur Unterstützung des Bauamtes verschiedenerlei Geldbeiträge zu leisten hatte. Im Oktober 1444 scheint die Baukommission neu organisiert worden zu sein. Ihre Mitglieder, die Baumeister (bugmester, magistri fabricae; wie zumeist ist bei diesem Titel nur an geistliche Oberaufseher, nicht an die technischen Bauleiter zu denken) erhielten dreijährige Amtsdauer, hatten be- stimmte Rechnung zu legen, bezogen als Einkünfte die Zinsen gewisser an andere Städte verliehener Kapitalien. Auch hatte jeder, der ein Fest oder eine Memorie stiftete, auch das Bauamt mit einer Stiftung zu bedenken; endlich wurde eine Art von Sparkasse zu dessen Gunsten angelegt.

Seit Ende des 15. Jahrhunderts verstummen die urkundlichen Nachrichten über die Bauthätigkeit. Reste des ältesten Baues (natürlich kann es sich niu um den ältesten Kreuzgang handeln) sollen in Trümmern noch 1690 vor- handen gewesen sein; damals räumte man sie hinweg und benutzte 1692 die Steine beim Neubau des Johannisthors. Nach der Aufhebung des" Stifts 1810 verwahrloste die Kirche, bis Friedrich Wilhelm IV. zu ihrer Wiederhei-stellung 45,000 Thaler zur Verfügung stellte. Die Erneuerung wurde durch Rosentlial und Wägener ausgeführt. Sie begann am 29. November 1839. Der nordöstliche Turm, welcher wie der südöstliche auf einem Unterbau stand, der ureprünglich garnicht für ihn berechnet und zu schwach war, rausste gleich anfangs wegen Einsturzgefahr abgetragen und neu gebaut werden; er erhielt seinen Knopf am 7. November 1847. Die alten Überw()lbungen der drei Kirchenschiffe ausserhalb des Chors und des Transsepts wurden beseitigt und durch gerade Holzdecken ersetzt, da die Gewölbe zu stark drückten und den Aussen wänden Gefahr drohten. An der Nord- und Südseite des Langhauses wurde je eine neue Ein- gangspforte von 1,6 m Weite durchgebrochen. Der Erneuerungsbau war 1848 vollendet.

Beschreibung des Bauwerkes. Die äussere Gestalt der Kirche ist von grosser Einfachheit und wird nur durch die vier Türme belebt. Da die östlichen

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Halberetadt (die Liebfrauenkirche: Baubeschreibung) 319

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Türme ausserhalb des Mittelschiffes stehen, so ist ihr Abstand von der Weite desselben abhängig. Den älteren Westttirmen ist ein engerer Abstand von ^/s der Turm- breite gegeben. Die beiden östlichen Türme, quadratisch fundiert, sind, um sie schlanker erscheinen zu lassen, oberhalb des Hauptgesimses der Kirche in eine achtseitige Form übersetzt und in diese zwei Reihen kleiner, gekuppelter Fenster angeordnet, deren Säulchen nur mit Würfelkapitälen (da sie auf die Entfernung berechnet sind, ist jeder Schmuck überflüssig) und attischen Basen versehen sind. Die achtseitigen Pyramiden haben eine Höhe von 14,4 m. Die beiden westlichen Turme haben mit Rücksicht auf die im 12. Jahrhundert vergrösserte Länge der Kirche über ihre ursprüngliche Form noch eine Etage mit dreifach gekuppelten Fenstern, mit Seitenlisenen und Bogenfriesen erhalten und sind nach rheinischen Torbildem dergestalt mit vierseitigem Pyramidaldach (Bischofsmütze) versehen, dass die Kanten der Pyramide sich auf die Spitzen der vier Giebelmauern auf- setzen. Die Seitenflächen der Pyramiden haben Rautenform, deren Seitenlinien gleich denen der Giebeldreiecke sind. So hat das Pyramidaldach eine Höhe von 16,3 m erhalten. Zwischen den Westtürmen zieht sich der mit einem Satteldach versehene, die älteren und jüngeren Schallfenster enthaltende Zwischenbau hin. Sämtliche Dächer sind mit Blei gedeckt.

Das Langhaus hat auf jeder Seite acht gleich verteilte Oberlichte und im Erdgeschoss je sechs Fenster und eine Thür (letztere neu), ungleich eingeteilt, jedoch stehen die Fenster des Erdgeschosses im allgemeinen ziemlich gegenüber der Mitte der Pfeilerabstände im Innern; sollte eine regelmässige Anordnung in dieser Art beabsichtigt gewesen sein, was wohl wahrscheinlich, so ist sie doch durch Sorglosigkeit verfehlt. Die obere Etage der Querschnitte und des Altar- raumes ist nach Norden und Süden durch je drei Fenster erhellt Yen den Seitenapsiden weist die südliche im obern und untern Geschoss je drei, in der Altarnische je ein kleines Fenster auf; die nördliche hat, da sie nur einen Raum bildet^ auch nur drei grössere Rundbogenfenster nach Norden und ein kleines in der Altamische.

Das Innere der Kirche erweist dieselbe als schlichte Pfeilerbasilica, welche nach dem Vorbilde der Paulskirche zu Halberstadt erbaut ist. Das Mittelschiff ist von den gegen den Chor hin ein wenig erweiterten Seiten- schiffen durch auf Pfeilern ruhende Bögen getrennt. Die Pfeiler haben abwechselnd einfach quadratische (1,12 : 1,12) und rechteckige (1,12 : 1,28 [bezw. 1,43 und 1,73]) Grundfläche. Der Abstand der Pfeiler von einander beträgt zwischen 2,93 und 3,36 m. Vielleicht ist die Annahme berechtigt, man habe anfänglich beabsichtigt, nach Art anderer niedersächsischer Kirchen die Weiten zwischen den rechteckigen Pfeilern mit grossen Bogen zu über- spannen und dazwischen je eine Säule zu setzen zur Aufnahme von je zwei kleineren Bögen. Dieser Plan mag aber frühzeitig aufgegeben sein; möglich auch, dass man die Säulen erst beseitigte und durch die festem Pfeiler ersetzte, als die Kirche eingewölbt wurde. Alle Kämpfergesimse (sie sind in Stuck ange- setzt) sind höchst einfach, selbst einfacher als bei den älteren westlichen Türmen. Das Mittelschiff setzt sich um zwei Quadrate östlich fort und erweitert sich zum Kreuz mit zwei Vierecken, von denen nur das südliche ein Quadrat ist, während die Nordwand des nördlichen ein wenig länger als die ihr gegenüber-

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320 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Baabeschreibung)

liegende Südwand ist und deshalb eine schräge Abweichung zeigt; doch scheint auch hier ursprünglich die quadratische Form beabsichtigt gewesen zusein. Die Vierung öffnet sich mit mächtigen, auf Wandpfeilem ruhenden Bögen nach allen vier Seiten hin. Von den beiden Kreuzarmen liegt der nördliche 5 Stufen von 0,835 m Gesamt- höhe, der südliche nur 4, zusammen 0,70 ra hohe Stufen über dem Niveau der Seiten- schiffe. Deragemäss führen aus dem nördlichen zwei Stufen (0,37 m insgesamt hoch), aus dem südlichen 3 Stufen (0,49 m Gesamthöhe) in den hohen Chor. Die Kreuz- arme sind in ihrer Abgeschlossenheit selbständige Kapellen gewesen. Je eine einfache Thür führt neben den Seitenchören, mit gradlinigem Sturz verseben, über dem sich ein rundbogiges Tympanon erhebt, ins Freie. An sie schliessen sich die zwei mit halbrunden Altairäumen versehenen Seitenchöre, welche die- selbe Breite wie die Seitenschiffe bei einer Länge von 10 (südlich 10,20) m haben und ehemals gegen das Querhaus mit Bögen geöffnet waren. Sie enden in gleicher Linie mit dem hohen Chor. Aus der südlichen Kapelle führte ehemals eine Thür in den hohen Chor. Sie ist später vermauert und die daselbst ver- bliebene Nische von der Chorseite her mit einem Gemälde verdeckt worden. Vgl. unten. Zur Unterstützung des (neuen, westlich gelegenen) Orgelchors ist eine (gleichfalls neue) Arkade von drei Bögen quer durch das Mittelschiff ge- zogen, welche in einer dem Stil des Gebäudes widersprechenden Art von zwei Säulen getragen werden.

Der ganze Innenbau ist ebenso wie die Aussenseite von grösster Einfachheit, auf Farbenschmuck berechnet, der auf den mit ausgezeichnet hartem Bewurf glatt geputzten Wänden nach organischem Plan erfolgte. Bei der in den vierziger Jahren erfolgten Wiederherstellung fanden sich zahlreiche Reste davon. Näheres darüber siehe unten. Von eigentlichem architektonischen .Zierrat findet sich ausser den Säulchen in den gekuppelten Fenstern der Türme und drei kleinen Nischen aussen am hohen Chor, welche für die Aufnahme von Skulpturen be- stimmt wurden, nichts vor. Keine derThüren besitzt ein ursprünglich verziertes Tympanon, die Gesimse sind äusserst einfach, die Plinthe durchweg eine Schmiege, die Gurtgesimse sehr spärlich, schmal und nur in kleiner Hohlkehle oder schwachem Rundstab bestehend. Auch die Gewände der Thüren beschränken sich auf schlichte Abtreppungen, die der Fenster auf steile Schmiegen, nur die der grossen Altarnische eingefasst mit einem Rundstab. Ebenso einfach wie die Wände sind die Decken. Von den Gewölben sind noch die in dem mittleren und südlichen Turmraum, ferner die im Chor und im Querschiff vorhanden. Von den Holzdecken des alten Baues existieren noch die Balken über den jetzigen Gewölben. Die beiden Seitenaltan*äume, ebenfalls ganz schmucklos, zeigen noch die ursprünglichen Tonnengewölbe, während der obere Raum des südlichen mit zwei Kreuzgewölben versehen und in zwei quadratische Räume geteilt ist

Der dicht an den Westtürmen gelegene, jetzt als Taufkapelle bezeichnete Raum, bildet ein Quadrat von 6,84 m Seitenlänge, welches von dem Kreuzgange durch eine alte rechtwinkelige Thür, von der Kirche aus durch eine neu angelegte Tliür zu- gänglich gemacht und nach Osten gotisch im halben Achteck geschlossen ist. Der romanische Teil ist überdeckt mit vier quadratischen Kreuzgewölben zwischen recht- eckig profilierten Gurtbögen. Der Mittelpfeiler, der das Ganze trägt, ist mit vier Halb-

fialberstadt (die Liebfrauenkirche: Baabeschreibnng)

321

Säulen belebt, seine Ecken sind ausgekehlt, Verzierungen, welche sich in durchaus ähp- licher Weise auch an dem anderen (östlichen) Pfeiler und den Pilastem wiederfinden. . Die Pfeilerkapitäle (Fig. 111), sind aus dem Würfel konstruiert Eins davon (nicht mit abgebildet) ist ein sogenanntes Faltenkapitäl ; ein anderes zeigt Diamantbänder innerhalb seiner Blattdekoration, noch an einem anderen sieht man, wie auf eine besondere, nicht gerade häufige Weise etwas weit ausladende Blättör durch gegenstrebende Blätter unterstützt werden.^ Die Basen zeigen Eckblätter

Fig. 111.

welclie nur in einer einfachen Einziehung bestehen. Von den Niveauveir- liältnissen der Kapelle und deren möglicher ehemaliger Bestimmung war schön in der Baugeschichte die Rede. Der gotische Teil der Kapelle ist ohne Interesse.

Im Winkel des südlichen Querschiffs und Turmes befindet sich die Barbarakapelle, ein mit zwei quadratischen gratigen Kreuzgewölben versehener länglicher Raum, welcher durch eine Thür vom Seitenschiff her zugänglich

* Im Kloster Bosau bei Zeitz (1114 gegründet) findet sich u. a. ein gleiches Beispiel.

Kreis Halberttadt. 21

Hallierstodt (die Liobfraueokircbe : Fenster)

ist and zwei Fenster nach Süden hat. Seiner EntstehungBzeit (s. o.) entsprechend ist er im gotischen Stil, aber sehr einfach gebaut

Fe n ste r. Da die Kirche in ihrer architektonischen Schlichtheit auf malerischen Schmuck aller Art geradezu angewiesen war, so werden vermutlich

Fig. 113.

ehemals die Fenster sämtlich oder zum grössten Teil im Schmuck von Glas- malerei geprangt haben. Erhalten ist nichts davon. Die Fenstar der Seiten- schiffe sind jetzt in musivischen Mustern verglast, die übrigen bieten nichts Bemerkenswertes, Sie bestehen einfach aus verbleiten, kleinen, wenig ge- schmackvoll verzierten Scheiben. Das Mittelfenster der Ältarnische im hohen Chor zeigt die ziemlich massig ausgeführte Figur des Heilandes,

324 BalberBt£dter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfraaenkinrhe : Bildwerke)

Ein Gitter von Schmiedeeisen, aus einfachen vierkantigen Stäben bestehend und wenig verziert, trennt etwas vor der Tierung diese und den Chor vom

Mittelschiff; ein anderes ähn- liches schliesst die nördliche Seitenapsis ab. Höhe 2^ m bezw. 2 m. £7. Jahrh.

Ein Sakraments baus- chen, in zierlichen Formen früh-gotisch ausgeführt, zeich- net sieb durch die vier schlan- ken Pfeiler aus, auf denen es steht, und von denen viele zier- liche Giebel und J^alen leicht in die Lüfte steigen. Es steht im sudlichen Querscbiffe leider gerade vor zwei StuckfigureQ derChorschranke, wodurch die- selben der Betrachtung fast ent- zogen sind. Zalilreiche Bruch stücke des Sakramentshauses liegen in der südlichen Seiten- apsis.

Bildwerke. Den wenigen Skulpturenschmuck, welchen das Gebäude aufzuweisen hat, bilden folgende Stücke:

Im Innern l.zweiRosettcn, eingemauert über den Ein- gängen von den Seitonschiffen zu den Kreuzarmen, südlich eineTraube,nördlicheiTiLöwen- kopf, früher mit vergoldetem p. ,,j KingeimMaul;2.dioberühmteQ

Reliefs* an den dem Mittelschiff abgekehrten Seiten der 2,15 m hohen Zwischenwände zwischen der Vierung und den Kreuzarmen. Die Wände sind voUgemaucrt, durch kleine Säulenarkaden von je 12 Bogen (Höbe 1,25 m) gekrönt und im Mittelschiff mit Füllungen gegliedert Auf der Rückseite jeder solchen "Wand sind neben einer (sudlich rundbogigen, nördlich mit geradem Sturz versehenen) ganz in der Ecke neben den Seitenchören angebrachten Thür sieben flache, etwa 0,99 m breite Rundbogennischen zu bemerken, in welchen beider-

' Abbild, bei Ebe, Deutsche Eigenart in d. bild. Kunst, pag. 300; Bude, G^ich. d. d. Plastik, pag- 45 (nur der ADdreae); Hasak, Geschichte der deutschen Bildhauerkunst im 13. Jahrb., p. IT ff.; ferner bei Lucanus u. s. w.

Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Bildwerke) 325

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seits sechs Apostel und in ihrer Mitte südlich die thronende Madonna*, nördlich der segnende Heiland in sitzender Stellung abgebildet sind. (Fig. 112, 113, 114.) Diese Figuren, welche aus einer Art von Cementstuck gebildet sind, erheben sich mit den hervoitretendsten Teilen (Gesichter und Kniee) nicht mehr als 10 13 cm über die Grundfläche. Sie sind durch Stützen mit Kapital und Basis in Form von teils Halbsäulen, teils Pilastern getrennt, durch architravierte Halb" kreisbögen überspannt, und oben und unten von einem durchlaufenden Friese begleitet (0,30 bezw. 0,20 m hoch). Derselbe weist unten, und an der nördlichen Schranke auch oben, einfache romanische Blattornamente auf, während dm oberen Fries der südlichen Wand innerhalb von Ranken und Blattverschlingungen folgende Scenen aufeinander folgen: zwei mit den Hälsen verschlungene Drachen, Lamm, Löwe, Drache mit drei Mannsköpfen, Mann mit einem Fisch kämpfend, nackter Jüngling im Kampfe mit einem vogelartigen langgeschwänzten Ungeheuer, Stier von vier Löwen überfallen, zwei Centauren, Affe, Centaurenmutter zwei Kinder säugend, ein Eeiter. Die sitzenden Figuren sind folgende: a. nördlich Matthias, Bartholomeus, Petrus, Christus, Andreas, Matthäus, Thoraas; b. südlich Thaddäus, Simon, Johannes, Madonna, Jakobus Zebedäi, Philippus, Jakobus Alphäi. Es ist mir unbekannt, warum diese üblichen Benennungen für die Figuren eingeführt sind, da alle Attribute fehlen. Erkennbar sind nur Christus und Maria, für die übrigen stehen oben an den Bögen Namensinschriften, die aber nicht ur- sprünglich sind. Die 1,14 1,20 m hohen sitzenden Figuren sind im Geschmack des ausgehenden 12. Jahrhunderts ausgeführt, gehören also nicht mehr zum rudolfinischen Bau. Sie zeugen von grossem Kunstverständnis und gewandter Technik, welche bei den Figuren der Südseite noch schönere und eindrucksvollere Ergebnisse hervorgebracht hat als auf der nördlichen, wo namentlich der Jugendroiz fehlt, welcher jene andern verschönt. Die Gestalten beider Seiten aber sind mannig- faltig, die Gesichtsbildungen edel, individuell und verhältnismässig frei von Starrheit. Ziemlich glücklich gelungen, in Einzelheiten vortrefflich sind die Hände und Füsse, wenn auch deren Stellung manches Gezwungene hat. Be- sondere Sorgfalt ist auf die Gewandung und deren Faltenwurf verwendet. Zwar sind auch diese Dinge noch etwas von dem damaligen Geschmack beeinflusst, welcher parallele Lagen von dünnem Zeuge liebte und besonders Kniee und Bäuche glatt hervortreten liess, aber trotzdem sind gerade die Gewänder dieser Figuren zum grossen Teil von schönster "Wirkung, welche durch die durchweg noch vorhandene Bemalung noch mehr zur Geltung kommt. Alles zusammen- gerechnet tritt uns in diesen Skulpturen eine vorzügliche Künstlerart entgegen, die mit frischer Naivetät und vortrefflicher Naturbeobachtung nach Loslösung von der mittelalterlichen Befangenheit ringt und die Kraft besitzt, diesem freilich noch auf Jahrhunderte hinaus unerreichbaren Ziele näher zu kommen als andern deutschen Künstlern derselben Epoche möglich war. Denn auch in der Klosterkirche zu Klostergröningcn und zu Hamersleben, sowie an der Chor-

' Noch jetzt flieht man dicht neben diesem Bilde verschiedene Nägel und Haken. Sie dienten dazu, die Gewänder festzuhalten, womit man diese Madonna, obgleich sie Relief war, ehemals am Martinitage zu bekleiden liebte (Urk. von 1400). Eine Frau war besonders mit diesem Amte beauftragt. Sie hatte auch für die LamjK) zu sorgen, welche vor iäcm Bilde brannte.

326 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfraueiikirche: Wandmalereien)

schranke der Michaeliskirche zu Hildesheim finden sich ähnliche Werke, vielleicht Torbilder für die in der Liebfrauen-Kirche; aber obgleich an jenen Stellen die Kunsttechnik bereits sehr vorgeschritten war, ist sie doch hier entschieden übertroffen worden.

Am Äussern: An der Rundung der Mittelapsis in drei Nischen der thronende Christus von Maria und Johannes verehrt; über derThür zum nördichen. Kreuzarme Christus mit Maria thronend ; beides kleme Steinwerke des 14. Jahiii.

Zu derselben Zeit entstanden auch die meisten und wichtigsten Wand- malereien der alten Kirche. Sie wurden 1661 übertüncht und erst 1830 ent- deckte der Apotheker Dr. Lucanus ihre Spuren wieder.* Die Untersuchungen wurden von Brackenhausen 1832 eifrig fortgesetzt, und der Konservator v. Quast nahm Veranlassung, ein erschöpfendes Gutachten darüber zu dem Zwecke abzugeben, dass man sich bewogen fühlen m()ge, die alten ebenso schönen als merkwürdigen Beste zu ergänzen und aufzufrischen. Dies geschah auch durch die Maler Pfannschmidt, Schäfer und Ruprecht, aber leider in einer Weise, welche den alten Malereien ihren Charakter genommen hat und von der Art, wie die Kirche ehemals geschmückt gewesen, ein unzutreffendes Bild giebt. Ehe diese verfehlte Übermal ung stattfand, der erfreulicher Weise wenigstens einige unten zu besprechende Wand- und Deckengemälde nicht zum Opfer fielen, liess man zum Glück eine Anzahl von Figuren durchpausen, welche sich zwischen den Oberlichtfenstern des Mittelschiffes befinden. Es waren dies 10 Propheten,* femer die neben den westlichsten Fenstern angebrachten Halbfiguren Salomos und der Synagoge, Davids und der Ecclesia, Dazu kamen noch die Figuren einiger Engel aus der Hauptapsis und zwei Streifen Akanthusomament Diese Pausen sind heute im Königlichen Kunstgewerbe-Museum zu Berlin aufbewahrt. Durch das freundliche Entgegenkommen der Museumsverwaltung^ wurde ich in den Stand gesetzt, jene Blätter photographieren zu lassen, welche in Gefahr des Unterganges schweben; der Zustand des alten, dunkel und sehr brüchig gewordenen Paus- papiers verheisst, wiewohl die Blätter auf Leinwand gezogen sind, für die Zukunft nichts Gutes. Schon jetzt muss man sich sehr hüten, dass nicht beim Anfassen Stücke in der Hand bleiben.

Nach dem v. Quast'schon Fundberichte* entdeckte man „unter den Fenstern fortlaufend ein reiches, gemaltes Ornamentenband: schön entfaltetes romanisches Blattwerk,'' „gelblich und gi'ün auf braunrotem Grunde mit farbigen Lineamenton eingefassf Diese Bänder waren auf beiden Seiten des Langhausos verschieden. Zwei Proben befinden sich unter den erwähnten Pausen. Bei der Erneuerung hat man diese Akanthusstreifen wenigstens in der Zeichnung genügend verschont (Fig. 131). Auf diese Bänder stützten sich gemalte Säulchen „verschieden gefärbt und mit Or- namenten belegt,^* welche als Fenstereinfassung dienten und halb auf der Wand,

* Vgl. Zeitschrift für ehr. Archäol. und Kunst II. Tafel 12.

' Leider nicht alle; der unten folgende Bericht wird lehren, wie vieles man hat zu Grunde gehen lassen. Allein von den Propheten fehlen Daniel, Maleachii Zepbania, Habakuk, Haggai und Sacharia.

^ Besondern des Herrn Hcgierungsbaumeisters Borrmann, dem ich dafür zu lebhaftem Danke verpflichtet bin.

* Im Kunstblattc 1854, No. 52 ff.

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Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Wandmalereien) 337

halb, um die Ecke gebogen, in der Pensterleibung standen. Oben trugen sie einen Kundbogen von gemalten Quadern , welche um einzelne der Fenster über- haupt als Einfassung statt der Säulen herumgeführt waren. Zwischen diesen Fenstern fanden sich „auf lichtem Grunde'^ im Schiff der Kirche die zwölf kleinen Propheten, im Chor die vier grossen, zu äusserst an der Westseite aber über- einander rechts und links je zwei Halbfiguren, rechts (vom Chor gesehen) David, darunter die Ecclesia (Fig. 126); links Salomo, unter ihm die Regina Austriae, die Synagoge (Fig. 123). Diese Malereien knüpfen an das im Mittelalter und seit dem 12. Jahrh. auch in ganz Deutschland beliebte Prophetenspiel, welches mit dem von alters bekannten, bildlich uijzählich oft verschiedenartig dargestellten Streitgespräche der Kirche und Synagoge (beruhend auf dem Sermo b. Augustini contra paganos, Judaeos et Arianes de symbolo) in mannigfaltigste Verbindungen trat.i Dass es auch in Halberstadt bekannt war und wohl sogar in der Liebfrauen- kirche aufgeführt wurde, sieht man aus diesen Wandgemälden. Übrigens erscheint die Synagoge hier noch im vollen königlichen Schmuck, was auffallend ist, da sie schon zur selben Zeit in den Bildwerken meist ärmlich dargestellt wird, nach Vorschrift des Spiels die Augen verbunden, die Fahne in ihren Händen zer- brochen. Das alles fehlt bei unserer Regina Austriae. Man möchte sie ohne diese Beischrift, und wenn sie nicht gerade auf der linken Wand stände, eher für die Ecclesia ansehen; diese tritt viel bescheidener auf, trägt dabei gleichfalls keine Fahne oder sonstiges Abzeichen, ja im Gegensatz zu den meisten sonstigen Dar- stellungen nicht einmal eine Krone. Im v. Quast'schen Berichte, auf welchen ich mich hier immer beziehen muss, da er besonders über die alten Farben allein zuverlässige Nachrieht giebt, heisst es von den vier Halbfiguren: ,,Das Kostüm derselben ist völlig verschieden, doch unter sich verwandt; ein roter Mantel wird auf der Brust durch eine Agraffe zusammengehalten und lässt das grüne Unter- gewand mehr oder weniger frei hervortreten. Goldner Schmuck bezeichnet den Abschluss der Ärmel und ein noch reicherer schmückt dasselbe auf der Brust unter dem Mantel." Von David und Salomo sagt er : „Ersterer bärtig, doch fast ohne alle Beizeichen; letzterer jugendlich, mit einer goldenen Krone über dem Lockenhaar." Die Synagoge schmückt „eine noch reichere Krone über dem lang- herabfliessenden Haar, das jedoch zunächst durch einen grünen Schleier^ gedeckt ist,"* Ecclesia prangt „mit keinem andern Schmuck als dem ihrer Locken." Diese Xostüms sind besonders auch deirum von Interesse, weil man annehmen kann, dass die betreffenden Figuren einstmals so gekleidet auf der Halber- städter Schaubühne auftraten. Es ist daher bedauerlich, dass von Quast's Be- richt in dieser Beziehung so lückenhaft ist und nur noch Nahums und Daniels Kostüm beschreibt. Von ersterem sagt er: „Der rote Mantel gleitet im schönsten Gefälte, keine Bewegung beengend, bis zu den nackten Füssen herab; nur ein

^ Vgl. Paul Weber, Geistliches ßchjauspiel und kirchliche Kunst. Stuttgart 1894.

* Ee ist der Schleier, welchen auch Innocenz III. 1215 den jüdischen Frauen zu tragen befahl. Doch hatt« dieser blauen Besatz. Würde man heute die Farbe der alten Malerei noch beurteilen können, so liesse sich wahrscheinlich hier ein Irrtum v. Quasts, hervorgerufen durch chemische Veränderung der Farbe feststellen und so ein wichtiger Anhalt zur Datierung dieser Malereien gewinnen.

328 Hulberstädtfr Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirehe : Wandmalereien)

geringer Teil des hell blniien Untergewandes an der Brust und an wenigen andern Stellen bleibt siclitbar.'" Was er von dem (leider zu Grunde gegangenen) Daniel berichtet, ist zum Glück besonders genau: „Völlig abweichend von allen Torher- gelienden Propheten, doch durch den bei- gi'schriehenen Namen nicht minder wie durch dio Zusammenstellung mit den andern grossen Propheten hinlänglich be- zeichnet, ist Daniel dargestellt; hellgrüne. eng anschliessende Beinkleider reichen bis zu den Fussspitzen hinab. Goldne Spangen oder Stickereien schmücken die- selben über den Füssen, unter und über den Knien. Ein kurzer Bock mit engen Ärmeln von dunkelgrüner Farbe, mit breiten goldnen Säumen geschmückt, ist über der Hüfte gegürtet und öffnet sich über dem Schenkel des rechten, zurück- tretenden Beines. Der hellrote, gold- gt'säumte, kurze Mantel wird auf der Brust durch eine Spange gehalten, doch lässt derselbe unter dem Halse noch ein weisses Untergewand hervorsehen. Eine niedere Tiara, mit senkrechter goldener Borte geschmückt, deckt das jugendliche Haupt. Die durch den Mantel fast ver- deckte Rechte ergreift das über die BruM hinweggehende Spruchband, während die Linke anbetend erhoben ist. Offenbar ist dies die sogenannte phrygische Tracht, durch welche von den Griechen alle Orien- talen bezeichnet wurden, und in welcher wir auf altchristlichen Abbildungen na- mentlich die Freunde Daniels, die drei Männer im feurigen Ofen, dai^estelit finden." Weiter stellt v. Quast Verglei- chungen dieser Figur mit .ähnlichen zu y''g. 115. Wechselburg und an der goldenen Pforte

zu Freibeig an und folgert d araiis auf gleiche Ent.stehungszeit mit jenen. Man mag dies zugeben ; besonders auch darum, weil die Vergleicliung der Figur dos Freiberger Daniel (.Fig. 115)' mit vorstehender lii's<Oireilning die auffallendste Ähnlichkeit verrät; nur die Haltung der Hände ist verschieden; die Statue fasst ihr Spruchband mit der linken Hand, während die Rechte den kurzen Rock erhebt und dadurch das vorsehreilende rechte

' HariaV, ii.22flr. neljRt Abb. 11 15;

Fig 116.

Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Wandmalereien) 329

Bein sichtbarer macht; beide Hände der Figur hängen daher mit deren Körper- masse zusammen, was im Interesse der Haltbarkeit bei einem Skulpturwerk durchaus berechtigt, bei der Malerei aber natürlich überflüssig ist. Diese Ähnlichkeit führt dann weiter zu der Vermutung, dass ein französischer Einfluss, wie er in Freiberg vorzuliegen scheint, auch bei den Prophetenfiguren der Lieb- fraiien-Kirche wirksam war. Man möchte dabei den letzteren sogar die gi-össere Eleganz zuschreiben; die Körperverhältnisse bei den Malereien sind durchweg schlanker als bei jenen Skulpturen; aber dies mag auf Eechnnng des hohen Standpunktes der Gemälde kommen, welche, da der Kirche Emporen fehlen, nur von unten, also nur in Verkürzung gesehen werden konnten, daher bei ge- drungeneren Formen, wie in Freiberg, falsch gewirkt hätten. Es ist sehr zu be- dauern, dass von dem Daniel und vielen andern Figuren Pausen entweder nicht genommen oder nicht aufbewahrt worden sind. Dass die jetzigen Propheten- figuren dem ehemaligen Zustande nur ungenügend oder gamicht entsprechen, lehrt ihr Vergleich mit den erhaltenen Pausen. Ich mache daher nicht den Versuch einer Kostümbeschreibung der durch v. Quast nicht erwähnten Figuren, sondern zähle sie hiermit der Reihe nach auf, indem ich die Inschriften ihrer Spruchbänder gleichzeitig durch Angabe der Stelle aus ihren Schriften kurz bezeichne; dieselben Angaben finden sich auch heutzutage auf dem Spruchbande jeder Figur neben den lateinischen Worten angemerkt. Sie enthalten die Messianischen Weissagungen, mit welchen und zu deren Verteidigung gegenüber der ungläubigen und widerstrebenden Synagoge sich die Propheten in das Spiel einmischten. Der Ausgang desselben war bei dem Halberstädter Spiel die Bekehrung der Synagoge, wie aus den ihr in den Mund gelegten Worten hervorgeht. Die Figuren (vergl. die Einschalte- blätter Fig. 116 127) nun sind folgende (die cursiv gedruckten fehlen):

a. im Chor, nördliche Wand: Jesaias (5,27) und Daniel; südliche Wand: Jeremias (53,5) und Ezechiel (18,23).

b. im Mittelschiff, nördliche Wand: Zacharias (9,9), liaggai (2,8), Obadja (1,15), Arnos (9,13), Joel (3,21), Micha (2,1)^ David (Ps. 21,17) mit Ecclesia. Süd- liche Wand: Habakuk (2,4), JlafcacAi (3,1),' Hosea( 12,7), Jonas (2,5), Nahum (1,9), Zephania (1,4), Salomo (7,5) mit Regina (1. Könige 10,7).

Nun sind diese Propheten nebst den vier Halbfiguren aber keines- wegs die einzigen Malereien der Liebfrauenkirche gewesen, welche in Be- ziehung zu dem Prophetenspiel standen. Einerseits fehlen verschiedene Figuren, welche dazu gehören und die man billig erwarten könnte: Balaam, Abraham, Moses, Aaron, die Sibylle, Elisabeth u.a. Andererseits berichtet v. Quast, dass sich am Ostende des Schiffes Reste von mehreren nebeneinander stehenden oder sitzenden Figuren gefunden hätten, aber in ganz zerstörtem Zustande, deren nähere Beschreibung er deshalb nicht liefern konnte. Desgleichen enthielten die Kreuzarme Malereien zwischen ihren Oberlichtom. In der Hauptaltar^ nische machte v. Quast die Beobachtung, dass die „ursprüngliche Anordnung im Laufe der Zeit mehrfach nicht nur restauriert, sondern vollkommen über- malt wurde." In drei Abteilungen über einander baute sich die Malerei auf- „Die untere reicht bis zu den Fenstern; die zweite entliält den Raum bis zu dem Anfang der Halbkuppel, in welchem die drei Rundbogenfenster bis zur gleichen Höhe hinaufsteigen; die dritte endlich begreift die Malerei der

21a

330 Halberatädter Stadtkreis: Halberstadt (die LieWrauonliirche: Wandmalrreien)

Halbkugel selbst. Letztere enthält auf blauem Grande die Madonna in throno', zu jeder Seite mit drei Heiligen, welche anbetend sich ihr und dem Christus-

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kinde auf ihrem Scliyss nahen, alle in einfach würdiger Haltung und in schönen lang licrabfliesscnden Doppelgewändorn, den Mantel auf der Brust zusammen-

' Bei der Wiederherstellung hat man von dieser Malerei alles, womit man nichts anza- Bteilen wusste, eiofach mit einem grellen IJlau übermalt, von welchem die Halbfigureo der Madonna und von vier Engeln unharmonisch und bäs^liuh abgt«cheD.

Halberstadt (die Liebfrauenliirche: Wandmalerien) 331

geheftet. Ausser goldenen Büchom, welche einige von ihnen in den Händen halten, haben siu keine Beizeichen.'' Hier hat v. Quast erstens die, die Madonna umschwebenden Engelsgestalten zu erwähnen vergessen, von denen einige noch heute zu sehen sind; von einigen sind auch Pausen gemacht worden, deren Ab- bildung ich hier beifüge (Fig. 128, 129). Zum zweiten ist wahrscheinlich, dass v. Quast sich geirrt hat, was die Zahl der die Madonna umgebenden Personen betrifft. Erinnern wir uns nochmals der vorliin zum Vergleich lierangezogenen goldenen Pforte zu Freiberg. Bei dieser gipfelte die Darstellung, zu der die an den Thürgewänden angebrachten vier Figuren die Einleitung bilden, darin, dass das Tynipanon die Anbetung der tlironenden Madonna durch die heiligen drei Könige entiiält, welche links von ihr kniend ihre Gaben darbringen, während rechts ein Engel und Joseph (letzterer sitzend) der Scono zuschauen, oben aber

Fig. 130.

rechts und lints je ein Engel aus Wolken herabschwebend ^der Madonna mit verhüllten Händen einen kugelartigen Gegenstand hinhält (Fig. 130). Es genagt ein Blick auf den schwebenden Engel rechts, um zu erkennen, dass der in unserer Pause abgebildete nach links gewandte (Fig. IiJ9) fast wie eine Kopie der Freiberger Figur erscheint. Freilich waltet eine Verschiedenheit der Zahl der Engel (Freiberg zwei, Liebfrauen vielleicht sechs, da jedenfalls links zwei verloren sind), aber diese Ungleichheit erklärt sich leicht durch die verschiedenartigen Raumver- hältnisse, und aus diesem Grunde wäre es auch möglich, dass v. Quast doch recht damit hätte, dass auf beiden Seiten je drei Personen vorhanden waren. Dies waren sicher auf der einen Seite die heiligen drei Könige die Bücher, welche v. Quast zu erkennen glaubte, waren die Behälter, in welchen sie ihre Gaben brachten auf der anderen Seite Joseph mit einer oder zwei anderen Figuren, wahrscheinlich Engeln. "Wir werden weiterhin sehen, dass die Malereien des mittleren und unteren Teils der Altaraische mit dem Prophetenspiel nichts zu thun hatten. Da sie aber nach der v. Quast'schen Beobachtung Übermatung älterer Malereien waren, so kann man annehmen, dass auch jene vor-

332 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: WandmalereieB)

schwimdenen zum Kreise des Prophetenspiels gehört haben. Vielleicht warea hier die oft vorkommenden Vorfahren Christi dargestellt. Die Marienanbetung in der Koncha aber gehört mindestens zu diesem Kreise, wie ich nach Webers Ausführungen (pag. 54ff.) glaube vermuten zu dürfen. Ausser in Halber$tadt und Freiberg findet sich diese Darstellung in demselben Zusammenhange noch in der Ldebfrauenkirche zu Nürnberg und sonst. Um auch von den. Malereien der beiden andern Abteilungen der Altarnische einen Begriff zu geben, mögen die betreffenden Stellen des v. Quast'schen Berichtes hier folgen: ,,Die mittlere Abteilung ist von vorzüglich schöner Anordnung. Die Zwischen- räume der Fenster, mit diesen von gleicher Breite, sind als rundbogige Nischen ausgebildet, und diese sowohl wie die Fenster selbst wurden mit grünen und roten Einfassungen umgeben, welche sich an einander reihen und so die ganze Nische gewissermassen mit einer fortlaufenden Bogenreihe umgeben, deren drei geöffnet waren, an den schrägen Leibungen durch grünes Rankenomament Dazwischen stehen auf rotbraunem Grunde einzelne Heiligenfiguren, welche vom Boden durch gemalte Postamente erhöht sind. Zwei derselben lagen uns in einer grösseren Nachbildung^ vor, ein Jüngling in reichem purpurfarbenen Levitenrock, der durch eingewirkte goldene Greifen und Adler geschmückt ist über dem weissen Untergewande, in der. rechten ein Buch, in der linken einen grünen Palmenzweig haltend, wahrscheinlich der heilige Stephanus, der Patron des Domstifts. Der andere ältliche Heilige erscheint in ähnlich reicher Bischofs^ tracht und hält das Zeichen seiner Würde, den noch ziemlich altertümlich gebildeten Stab, in der linken; die Mütze dagegen ist abgerundet, jener oben genannten des Daniel fast ganz entsprechend *. Vielleicht ist es St. Servatius, Patron des benachbarten Stiftes zu Quedlinburg. Gemeinsam ist beiden die einfache ruhige Haltung, ohne alle Nebenbeziehung und eine so durchgehende Vollendung aller Teile in Zeichnung nicht minder wie in der Farbe, dass man in ihnen deutlich Werke erkennt, welche der Zeit der höchsten Vollendung der Malerei in Deutschland angehören. Namentlich die Köpfe sind wahrhaft als Meisterwerke anzuerkennen. Uns ist bisher bei deutschen Wandmalereien nirgend eine ähnliche Meisterschaft vorgekommen.^' Es lässt sich nach den modernen Ei-neuerungen dieser Nischenabteilung leider nicht genügend beurteilen, in wieweit v. Quasts Begeisterung von uns hätte geteilt werden können. Zu- dem unterlässt er die Besclu-cibung der beiden anderen Figuren. Zum Propheten- spiel haben sie wahrscheinlich nicht gehört, schon da ihnen die Spruchbänder fehlen. „Die unterste der drei Abteilungen scheint ohne spätere übermalung geblieben zu sein, leider befindet sie sich aber auch zugleich in einem überaus zerstörten Zustande. Jedoch erkennt man, dass auf dem blauen Grunde, welcher liier allgemein herrscht, vier kreisförmige Bilder angeordnet waren, deren lichtei Umkreis wiederum ein blaues Feld umschliesst, auf welchem einzelne Historien in gelblich-bräunlichen Lokalfarben dargestellt waren. Der Gegenstand ist sehr dunkel. Auf dem besterhaltcnen Bilde zur linken sitzt eine würdige weibliche

^ Scheint leider verloren.

'' Von den vier Figuren, welche man als Ersatz jener heute in der Altarnißche erblickt, trägt keine ein solches Stück.

HalberBtadt (die Lieb&auenkirche: Wandmalereien)

Heiligenfigur mit dem Nimbus geschmückt und die Linke gewissermassen in ilegleitung der Rede erhoben, unter einem mit Türmen und Zinnen geschmückten Thronhimmel. Yor ihr steht ein ältlicher Bitter, in kurzem Rock und Mantel darüber, der neben sich zur Linken einen hohen, unten spitzen, oben runden Schild hält, während er mit der Rechten seine Rede zu begleiton scheint Das zweite Bild ist bei weitem mehr zerstört, doch erkennt man, dass in der unteren Hälfte zur Seite eines aufsteigenden Ornaments, das sich mehr oberhalb nach beiden Seiten hin entwickelt, ein Pferd steht, in ähnlicher Haltung wie auf alten Hosaiken die Lämmer; darüber sieht man auch die Beine einer schwebenden Egur, vielleicht des verklärten Christus, während zur einen Seite noch die Beine

Fig. 131.

einer anderen Figur zu erkennen sind, welche auf einem Berge zu stehen scheint Der Rest ist völlig zerstört und war es bereits 1582, da diese Ziffer nebst vielen Namenszügen schon an der Stelle der zerstörten Gemäldeteile vorgefunden wurde. Auf dem dritten Medaillon sind nur noch die undeutlichen Umrisse zweier neben einander gruppierten Figuren zu erkennen, wie es scheint von Kriegern. Alles übrige fehlt Das vierte Medaillon ist völlig verloren." Ich habe diesen interessanten Teil des v. Quast'scben Berichts hierher gesetzt, ohne ihn zu kürzen; mir scheint jedoch, dass die Angaben über den Inhalt der vier Medaillons bei deren Zerstörtheit nur mit Vorsicht aufzunehmen sind. Es wäre nicht unmöglich, dass in allen Scenen aus dem Marienlcben enthalten waren; das Stück mit dem angeblichen Pferde war vielleicht die Wucht nach Ägypten. Heut ist von alledem nichts mehr übrig.

Von dem sonstigen malerischen Sehmuck der Kirche spricht v. Quast wie folgt: Ausser drei Fenstern und den zwei mit ganzen Figuren geschmückten Pfeilern zwischen ihnen schnitt der Gewölbebogen' zu jeder Seite noch ein

' der ÖsÜiche Yienin gebogen.

334 Halberstfidter Stadtkreis: Halberstadt (die LiebfraaeDkirche: WaDdmalereieD)

kleineres Feld ab, das mit aufsteigendem Rankenwerk ß:esGhinückt ist, auf dessen Spitze je ein Paradiesvogel (oder Phönix?) in Iciiiclitenden Farben sitzt und von den Früchten der Pflanze, wahrscheinlich Trnubon, zu essen scheint. Das Kreaz- gewölbo darüber zeigt auf hellblauem Grunde ein Bankenornament, das in den gewähltesten Formen des Blattwerks von den nur durch Malerei cliarakterisieilen Graten des Gewölbes bis zum Schlussstein emporsteigt. Grün herrscht in den Stielen und Blättern vor, doch erscheint bei letzteren und bei den Früchten auch ein helles Braun und dunkles Blau. Sohl- reich wird das Ganze durch die Ver-

Fig 132.

goldung einzelner Blätter und Knospen geschmückt'' Man mag, wenn man will, diese Worte auch für eine Beschreibung des gegenwärtigen Zustande« nehmen, weil bei der Wiederherstellung die Ausmalung in ungefähr entsprechender Weise vorgenommen worden xa sein scheint An der absoluten Genauigkeit der Nachbildung dürfte man trotzdem stark zweifeln können. Weiter hcisst es: ,J)ie Gewölbe des Kreuzes sind mit figürlichen Darstellungen geschmückt, wie die in Kelief gearbeiteten Heiligeusehoine schon liingst vermuten üei^scn (Fig. 132). Im Krenzesmittel befindet sich, leider nur sehr verdorben, auf blauem Grunde die Bimmelfahrt Mariae, über die vorderen fehlt es noch an genauen Berichten.'' Heute ist hiervon nichts mehr da; nur die Beliefs der Heiligenscheine heben sich flach von der hässHchen gelben Tünche ab, mit welcher man fast die ganze Kirche verunziert hat An einer Stelle dos Gewölbes imsüdlichen Querschiffe sind noch jetzt Sonne, Mond und Sterne plastisch zu erkennen, daneben ein plas- tischer Heiligenschein; es mögen daher die Gewölbefläclieu in den Kreuzarnien die Scenen der Schöpfungsgeschichte dargestellt haben, worüber v, Quast nichts

Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Wandmalereien) 335

sagt Von diesem malerischen Schmucke mit plastischen Zuthaten hat sich nur ein kleines Stück in einer Nische an der südlichen Chorwand (hinter dem Chor- gestühl) erhalten, wo es durch mich im Jahre 1899 freigelegt wurde (Fig. 132). Die zarten blauen, grünen und roten Parbentöne sind fast unversehrt und durch Fixierung mittelst Tempera in ihrem Bestände gesichert. Das Gewände der Nische entliielt früher auch Heiligenfiguren, welche später rot übertüncht worden sind. Ton -ihren plastischen Nimben existiert einer noch, der in Fig. 132 skizziert ist; alle übrigen sind leider herausgefallen und verloren. Die Abbildung 132 ist 1899 in Nr. 15 der Denkmalpflege abgedruckt und von der Schriftleitung freundlichst zur Verfügung gestellt worden. V. Quast berichtet weiter : „Die Gurtbögen zwischen diesen Kreuzgewölben sind in der schönsten Weise durch Bandstreifen ge- bildet, in denen einzelne kreisförmige, viereckige oder rhombenförmige Felder sich auszeichnen, in denen Heiligen- und Engelsköpfe gemalt sind, während die Zwischen- räume mit farbigem Blattornament auf braunrotem Grunde belegt waren." Man möchte Portalverzierungen zum Vergleiche heranziehen; fing man doch damals an, die Archivolten nach französischem Muster mit übereinander befindlichen Heiligen- figuren zu schmücken. „Die Kurven dieser Rundbögen sind mit denen der Gewölbe nicht völlig konzentrisch, so dass die Zwischenräume zwischen beiden in dem Scheitel höher sind als in den Enden. Die Ungleichmässigkeit ist nun in glücklicher Weise also vermittelt, dass sich hier Kreis an Kreis schliesst, deren mittlerer oberer der grösste ist, und die folgenden um so mehr abnehmen, je tiefer sie in den Schenkeln hinabsteigen. Jeder enthält ein blaues Feld mit roter TJmschliessung ; bei den elf mittleren und grösseren befindet sich in der Mitte eines jeden der Kopf eines Heiligen. Die Zwischenräume sind durch gelbes Ornament auf braunem Grunde glücklich vermittelt. Als Schluss des ganzen Werkes folgt die Altamische, zu deren Seiten geraalte Säulen, ähnlich doch reicher als jene neben den Fenstern, bis zum Anfang des Bogens hinaufsteigen.'' Der Triumphbogen über der Nische^ war einst gleichfalls farbig geschmückt. Seine innere Leibung und die des dazu gehörigen Pfeilers war belebt durch kleinere Medaillons „mit hellroter Umfassung, deren jedes auf blauem Grunde einen Engelskopf zeigt. Einige derselben sind noch aus der ersten Periode erhalten. Gleich den zuletzt beschriebenen Malereien ^ von trockner Zeichnung und Farbengebung völlig im Stil der Miniaturen des 12. Jahrhunderts. Die bei weitem grössere Mehrzahl jedoch ist von einer Vollendung der Köpfe, wie wir sie bei den Figuren zur Seite der Fenster in der Chornische geschildert haben. Das himmlische Entzücken, dessen sie geniessen, ist allen gemeinsam und in der mannigfaltigsten Art des Ausdrucks wiedergegeben." Auch die gesamte letzte Beschreibung stimmt ungefähr im oben angedeuteten Sinne auf den heutigen Zustand. Von Unterschieden des Stils oder des Ausdruckes aber ist heute nichts mehr zu bemerken, da aus allen den Köpfen und Figuren des 12. oder 13.Jahrh. solche aus der Mitte unseres Jahrh. geworden sind. Derselbe Umstand würde auch verhindern, über den Kunstwert der ehemaligen Wandmalereien ein Ucteil zu gewinnen, wenn wir nicht zum Glück wenigstens die kleine Zahl

* Der Mittelapsis.

' In der untersten Abteilung der Mittelapsis.

336 HsIberBt&dter Stadtlcreis: Halberstadt (die Liebfraaenkirche: Wandmalereien)

jener Pausen und das in Fig. 132 das gestellte Originalgemälde, sowie das mit diesem verwandte aussen im Eingänge zum südlicUen Querschiffarme (Rg. 136) besässen. Für die Entstehungszeit der Malereien lehren sie uns, dass die in der Mittelapsis und oben an den Chorwänden etwas älteren Datums als die im Schiff sind. Den Kunstvvcrt aber lernen wir aus ihnen als einen in Wirklichkeit bedeutenden schätzen. Die Gestalten der Propheten wirken in hohem Masse monumental; sie imponieren durch edle Verhältnisse, durch Vornehmheit uud Grösse der Auffassung. Vor allem interessiert die vortreffliche Zeichnung. Die Köpfe and besonders gelungen; der Künstler hat sich mit Erfolg bemUht, den einzelnen

Fig.l!l3.

Individualitäten gerecht zu werden. Oleich vorzüglich sind die Gewänder tw- bandelt Hände und Füsse sind weniger erheblich, die Stellung der letzteren zum Teil etwas geziert, freilich bisweilen mit nachweisbarer bestimmter Absiebt und Beziehung. So kommt Nahum leichten Schrittes über Berggipfel gegangen, weil OS in seinem Spruche {'2,1) heisst; „Siehe auf den Bergen kommen FQsse eines guten Boten, der da Frieden predigt" Von gleicher Vortrefflichkeit in Zeichnung und Auffassung sind die vier Halbfiguren. Für immer verloren sind die Malereien an den Deckengewölben des Scliiffs, weil diese, wie oben gesagt, bei der Wiederherstellung der Kirche weggebrochen werden mussten. Der unter den Oberlichtern gelegene Teil der Kirchenwände war nie bemalt;

Halberstadt (die Liebfranenkirch« : Wandmalereien) 337

'wahrscheinlicii hat man die Absicht dazu gehabt, die aber aiir unbekannten Gründen nicht zur Anführung kam. Zum Schlüsse sei zusammengefasst , was an sichtbarer Malerei im Langhaus und Chor der Kirche heute vorhanden ist: David -Ecciesia, Salonio- Synagoge, 12 kloine, 4 grosse Propheten, 4Heilige in der Apsis, Bemahing der Gurtbögen und Gewölbe im Kreuz, Vierung und Chor

Fig, 134.

(alles modern), Reste der Madonna und vier Engel in der Concha (alt und nur aufgefrischt), Kreuzigungsgruppe unten an der südlichen Chorwand (alt).'

Andere Wandmalereien sind vorhanden:

1. in der südlichen Seitenapsis. Auch über diese spricht t. Quast, und da sie seit dessen Zeit ziemlich gelitten zu haben scheinen (besonders die unterhalb der Koncha befindlichen sind heute beinahe unkenntlich), so lasse ich das Wich-

> Vgl. auch Otte, Hdb. d. chriBtl. Kunetorch. II, 57 1 ff. 615. HaselolT, eine thOringisch- sächs. Malerschule des 13. Jahrb. (Studien e. deutseben KuDBl^esch. Heft 9) p. 33S.

Kr^ BalbtnUdl. 3*

^% BalbersUtdter Stadtkreis: Balberstodt (die Liebfrauenkirche: Wandmalereien)

tigste von seinen "Worten folgen: „Reich ornamentierte Einfassungen mit lebendigen Farben auf dunklem Grunde umseliliessen dreifach den Rundbogen der Nische; bemerkenswert ist namentlich der mittlere Streifen mit einem in Perspektive dargestellten Mäander." „In der dunkelblauen Halbkuppel (Fig. 133) steht die Madonna mit dem Kinde, in der Linken ein goldenes Scepter; zu ihren Seiten zunächst Petrus und Paulus, orsterer durch einen Sehliissel ausgezeichnet.* Weiter- hin neben dem letzteren St. Johannes, durch den Namen bezeichnet, mit jugend- lichem Gesicht. Auf der entgegengesetzten Seite neben Petrus wahrscheinlich Andreas. Die Madonna im blauen Unterkleide und Purpurmantel, die Apostel särotLich in langen weissen Untergewändern und verschieden farbigen Mänteln." „Unter der Halbkuppel befindet sich in der Höhe des einzigen Fensters dieser

Fig. 135.

Nische ein Gemäldestreifen, von dem jedoch nur noch ein Teil aufgefunden wurde. Auf der einen Seite des Fensters stehen, einfach nebeneinander geoninet, vier Bischöfe, während sich gegenüber wahrscheinlich eine gleiche Anzahl befand. In künstlerischer Hinsicht wären sie weniger zu erwähnen; das Kostüm derselben ist jedoch durch die altertümliche Form, namentlich der überaus niedrigen Infui. interessant genug. Hinter ihren Häuptern befinden sich Heiligenscheine." Im allgemeinen entspricht diese Beschreibung noch dem heutigen Zustande. Hin- zuzufügen ist, dass die Ränder der Leibungen der drei kleinen Fenster an der

' Von dieaem ist jetzt nichts zu Behen; v. Quast hat wolil doa Buch verkannt, welches der Heilige in der Hand hält.

Halberstadt (die Liebf ran«ikirelie : Wandmalereien)

e Spuren von bräunlichroten Einfassungsstreifen aufweisen. Die schema- tische Anordnung der Gewänder, die storre Haltung der Personen und deren im Ganzen noch schwache Charakterisierung deuten darauf, dass diese Malerei älter ist als die im Schiff.

2. Deckenmalereien in der Barbarakapelle. Sie weisen nur noch schwache Farbenspuren auf, während die Konturen bei der modernen Restaurierung in guter Art mit brauner Farbe nachgezogen sind. Der Grund ist dunkelblau, die

Fig. 136

vierzehn Felder der beiden Kreuzgewölbe enthalten von Osten her gerechnet a. sechs Engel, einer singend, die andern musicierend auf der Geige, Mandollne, Harfe, Orgel (Fig. 134) und dem Trumseheit; b. auf den beiden grossen gegen- überstehenden Flächen: zwischen den Fenstern Jesus thronend, neben ihm die Symbole von Markus und Lukas; gegenüber Maria thronend, neben ihr die Symbole von Matthäus und Johannes (Fig. 135): c. ein schreibender Bischof (Ambrosius?); ein Papst mit dreiteiliger Krone (Gregor der Grosse?); ein Kardinal (Hieronymus?); ein schreibender Bischof (Augustinus?); eine männliche und eine weibliche (?)

340 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkircbe: Glocken)

heilige Person mit Spruchbändern. Inschriften spurios. Die Zeichnung aller Figuren ist vortrefflich, von ruhiger Würde und Schönheit. Entstehungszeit nach 1350; schwerlich nach der Zeit ürbanll. (f 1370. s. Baugeschichte).

3. Im Tympanon aussen über dem Eingang zum südlichen Ereuzarm eine (vielfach beschädigte) Darstellung der thronenden Madonna, rechts eine Heilige mit Krone, in den Händen ein Buch, links St. Katharina mit dem Schwert (Kg. 136). Der Thronsessel sowie die Heiligenscheine sind in Stuck erhaben ausgeführt und vergoldet. Reichliche Reste von grüner, rötlicher u. a. Farbe. Irgend ein Schutz gegen weitere Verwitterung wäre dringend zu empfehlen. 13. Jahrb.

[4. In der Nische über der Thür zur südlichen Seitenapsis war ehemals der Tod und darüber die Krönung der Maria gemalt, nach v. Quast in vor- trefflicher, jedoch schon bedeutend späterer Weise" als die Malereien im Schiff ausgeführt, und nach Kugler „durch den Adel der Gestalten sowie durch die Ausbildung schöner, würdiger Charaktere ausgezeichnet". Neuerdings leider gelb übertüncht, Farbenspuren sind noch vorhanden.]

[5. Bildliche Darstellungen mit vergoldeten Umrissen soll es ehemals an den Dächern der beiden westlichen Türme gegeben haben. Nähere Nachrichten fehlen.] Am Südost-Turme befindet sich auf der südöstlichen Fläche des Turm- helmes die sehr grosvse Gestalt eines Ritters (oder Geistlichen?); die Umrisse sind mit Metallstreifen auf der Fläclie befestigt.

Glocken. [Eine Urkunde vom 30. Mai 1292 erwähnt zuerst eine Glocke Gloriosa, welche wegen einer Schuld von 30 Mark zerschlagen und zum blossen Metallwert an die Juden verkauft werden musste. Das Kapitel verpflichtete sich aber binnen drei Jahren eine neue, bessere anzuschaffen. Aber erst 1297 (30. April) hören wir, dass ein Glockenguss im Gange war, wofür Geld von den Gläubigern gesammelt wurde. Am 21. Mai wurde die neue Glocke aufgehängt Zu ihrem Guss war u. a. das Metall der Glocke von Runstedt mit benutzt worden. Die für die Arbeit entstandenen Kosten wurden durch Opfergelder gedeckt. Ob diese Glocke heute noch existiert, ist nicht zu entscheiden.] Immer- hin aber gehören die im nächstfolgenden Verzeichnis unter 2, 3, 7 genannten, besonders letztere zu denen, welche aus jener oder noch älterer Zeit stammen. Alle sieben hängen in den beiden westlichen Türmen. Nach der Grösse folgen sie so auf einander: 1. Dm. 1,39 m mit der oberen Umschrift in Minuskeln: anno dni 1496 in honore beate virginis marie perfecta est campana ista

per me hinricum becker civem halber. Mit dem Giesserzeichen : 1^^

Auf jeder Seite eine Madonna mit dem Kinde.

2. Dm. 1,19 m. Umschrift in Majuskeln, aus zwei leoninischen Hexa- metern bestehend

HOC IN HONORE PIE VAS FIRMVM CHRISTE MARIE PILI GONSIGNA QVOD PELLAT GVNGTAM ALIGNA

3. Dm. 1,04 m. Ohne Umschrift und ohne Bild, dagegen mit einer gitter- artigen Verzierung über die ganze Glocke ähnlich wie in Langenstein (s, d.) Aus der Form darf man sowohl auf ein hohes Alter als vielleicht auf denselben Giesser dieser beiden Glocken schliessen.

Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Altäre) 341

4. Dm. 0,96 m. Mit folgender Majuskelinscbrlft :

COR o LQTÖTV8 o DQVS o gr o dt o 13. (?) Jahrhundert.

5. um. 0,65 m. Mit oberen Umschrift in Minuskeln: + ave maria gra plena dns tecum. anno dni cccc° VI?. Giesserzeichen T . An der

einen Seite Christus als Weltrichter, auf der andern die Figur eines Bischofs (vgl. H.-Z. 1876, 294. HUB 2, 711).

6. Dm. 0,62 m. Mit einer Majuskelinschrift unten:

ÄVÖ ÖIÄRIÄ GRÄQIÄ PLÖRÄ DOöimVS SöaVGfl

BöEöDiasÄ SV ip öivLiawBvs öS BöcaDiasvs

oben keine Schrift; an der einen Seite sieht man ein Kruzifix mit den Buch- staben zur Seite: I.I?. | I. R.

7. Dm. 0,58 m. Nach der gestreckten Form und nach dem rohen Guss von hohem Alter. Ohne Schrift, ohne Bild, an der einen Seite ein f.

Altäre. [Im M.-A. werden folgende Altäre urkundlich genannt:

1. Der Hochaltar. -Als Marienaltar erwähnt 1195, zu einer Zeit, als es ausser ihm nur erst fünf Altäre in der Kirche gab, aber natürlich von Anfang an existierend. 1284 wurde ein neuer Hochaltar erbaut. In der Hauptapsis.

2. St. Kunegundis. Schon gleich nach 1212 im Kalender unterm 3. März (dem Todestage der Heiligen). Im November 1492 wurde dabei eine Kommission St. Petri vom Dekan Jordan gestiftet. Tor dem Marienbilde an der südlichen Chorschranke.

3. S. Crucis, 1246, 127,2, 1306 vor der Yierung.

4. StBlasii, 13. Jahrh. im Kalender unterm 25. Mai. Standort?

5. St. Nikolai, gleich nach 1292, Kalender 13. April. Dabei wurde im März 1505 von den Testamentarien des f Kanon. Michael Glyn eine Kommende St. Bartholomaei und Sebastian! gestiftet. Standort?

6. St. Vincentii, 1315 genannt, wo dieser Altar Schenkungen erhielt. Gleich- zeitig wird sein Vikar erwähnt. Standort?

7. StAndreae, 1320. Standort?

8. St. Eustachii, 1347. Standort?

9. St Johannis Bapt. und Evang.,1355. Standort?

10. St. Philipp! und Jakobi, 1362. Standort?

11. StGeorgü, 1423. Standort?

12. St. Mariae Magdalenae, 1400, 1425. Bei diesem Altar wurde testamen- tarisch vom Kanon. Mag. Kpnrad Böse zu Ehren der hh. Matthäus, Lorenz, Martha und Barbara eine Kommission gestiftet, welche 28. April 1500 bestätigt wurde. In der kathol. Kapelle.

13. St.Cyriaci, 1402. Standort?

14. St. Matthäi, 1404, gestiftet durch den Dekan Heinrich von Bardorp Standort?

15. S.Marthae 1411. Standort?

16. St. Pauli, 1411. 1490 Stiftung einer neuen Kommission St. Jakobi daselbst Standort?

342

Halbersiädter StadtJireis: Balberstadt (die Liebfranenkiithc : AltSre)

17. StThomae, 1396. Erhielt 1411 zwei Vicarien. In der katliol. Kapelle (nacli Andeutung 1479), vielleicht auch in der Kapelle St.Thoniae Cantuariensi».

18. St. Johannis, 1439. Im südliclien Kreuzarm.

19. St. Jakobi und Barbarae, 1442. In der Barbarakapellc.

20. St. Margaretae, 1452, Für diesen und den li. Kreuzaltar wurde daraat eine gemeinsame Kommission gestiftet. In der kathoi. Kapelle.

21. St. Antonii, und St. Bervardi, 1459. Gestiftet durch Testament des Kanon. Dietrich von Mamliolz. In der Katliarinenkapelle {nördl. Seitenapsis).

Fig. 137.

22. StKosmae und Daniiani, I4(i0. Dabei wurde damals die Kommission St.Ivonis gestiftet. Dotation duich einen (Friedrich?) v, Hoym 1510. (ÜbrifKit^ wäre nicht unmöglich, dass St. Ivo einen besondoi-cn Altar gehabt hätte. Nich Andeiitiuig 1479).

23. St.Kathnrinae, 1492. Hatte zwei Vicarien. Jedenfalls in der Katharinen- kapelle.

Halbeistadt (die LiebfiBnenhirche: Alt&te, Qeslflhl) 343

24. St. Petri und Pauli, 1494. Stiftung des Dekans Dr. Jordan Heyne, dessen Fnmilie das Patronat behielt. Der Altar wurde 1500 an die früher ge- stiftete Kommission St. Pankraz gegeben. Im Norden des Cliors; wahrscheinlich der von Kiigler als vor dem Christusbilde stehend erwähnte Altar.

25. St. Cyriaci secunde fundationis 1600.

Ausserdem ist noch von zwoi Vicarion die Rede, deren Altäre vielleicht mit zweien der vorgenannten identisch sind: die eine sollte eingerichtet werden nach dem Tode eines Heinrich v. Bec und seiner l'rau, im westlichen Stadt- viertel zu Osterwieck wohnhaft, welche 1305 hierfür eine Stiftung machten; die andere war geweiht dem heiligen Georg und den 10,000 Rittern, erwähnt 1409. '

ng. 138.

TiValirscheinlich, aber nicht sicher beim Altar St. Gcorgii. Zwei der Altäre standen (nach Haber) an irgend welchen Mittelschiff spfeüern.]

Von den vorgenannten Altären sindjioch nenn vorhanden, nämlich: 1. 2. 3. 11. 15. 17. 18. 23., dazu ein unbesümnibaror in der südl. Soitenapsis. Nur der in der Barbarakapelle (Nr. 17) besitzt noch seine ursprüngliche Aus- schmückung (s. unten.). Im tlebrauclie sind als Tische der reform. Oomeinde 1 . 3. 17, und ein neu erbauter vor der Kanzel im Mittelschiff. Sie dienen als 1 . Abendmahls-, 3. Trau-, 17. Tauf-, der letzte als Losetisch.

Gestühl. Schon 1500 ist ein solches erwähnt, ein Rest davon steht im süd- lichen Kreuzarm (Fig. 137). Er zeigt bemalte, gotische Flachschnitzorei, an den Seitenwänden vorn rundgcsehnitzte elcfantenartige Ungeheuer.

344 Halberstftdtor Stadtkreis : Halberstadt (die Liebfronenhirche : Ambonen, Kanzeln')

Als Stiftung des Dekans Heinrich Hörn werden die jetzt im Chor befind- lichen schön geschnitzten Choretühle bezeichnet, welche jeder in der Tordem Reibe zehn, in der hintern zwölf Sitze aufweisen. Das Hom'sche Wappen war ehemals daran angebracht. Leider sind die Rückseiten nicht mehr ursprünglich. Als Muster schöner Rosetten dürfen an ihnen die Bekrönungen der Wangen gelten [Fig. 138), aber auch diese selbst enthalten schöne Ornamente, Laubwerk, Tier- und Heiligenfiguren (oben Madonna, unten Andreas und Stephanus), welche letz- teren am nördlichen Gestühl fehlen. Desgleichen beachtenswert sind die alten, zum Teil bemalten Friese. Der reiche, dreiteilige, gotische Bischofssitz an der äussersten Ostwand hinter dem Hauptaltar ist etwas älter als die Chorstühle. Abbildung bei Heideloff, Ornamentik XIX, 7.

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Flg. 139.

Ainbonen, 1500 erwähnt, aber beide noch dem Endo des 12. Jahrhunderts angehörig, unmittelbar hinter der Vierung an den Wanden rechts und lints auf den zum Chor führenden Stufen ausgeführt, nach der Ohormitto im rechten Winkel umgebogene schwache Brustwehren, durch schöne romanische Friese geschmückt (Fig. 139). Die Vorderseiten sind in je zwei Felder geteilt, welche Spuren von alter Malerei in blaugrüner und brauner Farbe zeigen. In der Mitte der Vorder- seiten sind eiserne Ösen angebracht, deren Bestimmung unklar ist. Höhe 1,05 m.

Kanzeln giebt es zwei, beide modern. Die eine aus Holz mit Schnitzerei im Charakter derjenigen des Bischofstuhls, stobt im Mittelschiff an der Nordwand; die andere steinern, mit halbrunder Brüstung steht auf der rechten Seite der zur

Halberstadt (die Liebfranenkirche: Orgel, Taufbecken, Leuchter) 345

Vierung führenden Stufen und ist nicht im Gebrauch wegen der akustisch un- günstigen Lage.

Orgel. [Eine solche wird 1343, ein sie bedienender Balgetreter 1425 erwähnt]. Die heutige Orgel ist modern.

Taufbecken, a. In der Tauf- (katholischen) Kapelle befindet sich ein bron- cener Taufkessel, welcher samt dem aufzuziehenden Deckel, der mit einer ver- goldeten Madonna gekrönt ist, 8 V4 Centner wiegen und 157 1/2 Thaler gekostet haben soll. Seine Höhe ist 1,08 m, Durchmesser 0,76 m, Tiefe 0,48 m. Höhe des Deckels mit der Madonna 1,30m. Um den Deckelrand geht die einzeilige Schrift:

Wer glcvbet vndt getavfFet wirdt der wirdt selig werden wer aber nicht glevbet der wirdt verdammet werden. Marci am 16. Cap. Dabei eine Rose.

Um den oberen Band des Kessels selbst steht in einer zweizeiligen Schrift:

Es sei denn das jemant geboren werde avs dem Wasser vnd

geist kan er nicht in das Reich Gottes komen. Johannis am 3.

Zwei Rosen.

Nomina Canonicorum residentium ecclesiae beatae Mariae vir-

ginis Halberstadensis anno domini 1614

Darunter an der weitesten Ausdehnung des Kessels befinden sich deren Wappen mit folgenden zugehörigen Unterschriften:

Christoff von Heurodt; Jodocus Pctri, Cellarius; Victor Just, Schencke; Wilhelmmus ab Arnstedt; Otto Schwitzin; Melchior ab Rindtorf; Hans Georg von Britzke, Dechandt; Albrecht von Kreiendorf; Cristoff von Brist ; Cristoff Wulff; Hin- Ticus a Werder; Jakobus a Bieren, Domherr zu Minden; Auetor Balstoch.

Ganz unten am Fuss steht Matthias Kipmann. hat mich gegossen ZV Halberstadt.

Die Entwicklung der ganzen Form dieses Gerätes zeugt von einer ziemlichen Verflachung der Kunstrichtung, namentlich in betreff der phimpen Rundstäbe und der nach demselben Muster gebildeten Reifen, welche Gurtgosimse vertreten sollen.

Leuchter. [Eine Corona pro luminaribus incendendis in ecciesia nostra iuxta similitudinem corone ecclesie cathodralis wurde 1404 durch Testament des Dekans Heinrich von Bardorp gestiftet. Zwei kleine Kronleuchter standen vor dem Altar auf dem Sanktuarium. Ferner gab es „am grade unde anfange des sanctuarii an beyden seyten" zwei steinerne Säulen, welche zum Tragen von Kerzen bestimmt waren. Endlich wird 1451 eine hinter dem Chor vor dem Marienbilde an der Chorschranke brennende Lampe erwähnt.]

Vorhanden ist noch a) der anfangs erwähnte Kronleuchter, welcher aus vier Reifen besteht, welche nach oben hin enger werden, und Leuchterttirmchen tragen ; oben endigt er in einem Turm, über dem sich Blattwerk erhebt; Bronce ; gestiftet vom Dechanten Dr. Jordan Heyne 1494. (Ungcdr. ürk. d. Liebfr.-Stifts). b) ein kolossaler, droiarmiger Bronceleuchter von über 3 m Höhe und 2,5 m Breite, steht auf der Trennungslinie zwischen Querschiff und Altarraum (Fig. 140). Er soll vom Dechanten Dietrich Block geschenkt sein. Er besteht aus einem cylindrischen Mittelständer von mehrfacher Gürtung und auslaufendem, von drei Löwen getragenem Fuss. Oben verbreiten sich zwei S-artige Arme von

346 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Leuchter, Altargeräte)

geringerem Durchmesser. Auf dem Schafte sind eingegraben zwei ziemlich gleich gestaltete, gekrönte Madonnen mit reichem faltigen Gewände (Höhe der oberen 20,5, der unteren 15,5 cm), unter der oberen befindet sich das Meister- zeichen, welches sich am Fuss noch einmal wiederfindet, und ein Wappen mit einem Ast, an welchem zwei Eichenblätter. Weiter unten geht um den Leuchter ein Ring mit der Jahreszahl, deren Lesung dadurch erschwert ist, dass der Ring einstmals in mehrere Stücke zerbrochen und falsch wieder zusammen- gesetzt ist. Die Zahl lautot richtig: anno dm" - cccc° IXXV - Am

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rig.;i40.

Fusse zwischen zwei schönen gotischen Ornamenten steht ferner mit verzierten Worttrennungszeichen der Satz: maria du geberes eyn son vnde bleuest cy" rel mat maria alle dyn leuent (Fig. 141).

Altargeräte. Zwei silberne Ktmnen von 1724; 0,26 m hoch, Halber- städter Beschau, Marke TT.

Kelche; einer von 1703, vergoldetes Silber, sechslappiger Fuss, 0,25 m hoch; zwei von 1727, desgl.; einer desgleichen undatiert 0,22 m hoch.

Patenen: eine von 1703, Durchmesser 0,22 m, eine undatiert, Durch-

messer 0,16 m. Zeichen:

Längliches achteckiges Schälchen, vergoldetes

Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Schrank)

347

Silber 1727, Länge 0,21 m. Ovale Oblatenschüssel mit getriebenen Muscheln lind eingestochenen Blättern, Länge 0,22 in. Vergoldetes Kupfer, 18. Jahrh.

Kleiner Löffel von vergoldetem Silber. Beschau und Marke ist bei all diesen Gegenständen (mit Ausnahme der einen Patene) dieselbe.

Altes Taufbecken von 1698 in Terrinenform; Silber. Deckel und Leib mit getriebenen Palmetten. Durchmesser 0,25 m, Tiefe 0,09 m, Höhe mit Deckel 0,15 m.

% ron 0 lanbt § blr ueft 5 ^Ij § m § itiat

Fig. 141.

Silberne Schale, durch einen Messingdeckel zum Opferbecken umgestaltet, 1702. Halberstädter Beschau von 1(397. Durchmesser 0,23 m.

Das im Gebrauch befindliche Taufbecken ist modern.

Schrank. [Ein scrinium reliquiarum kommt 1311 vor, einecapsareliquiarum, vermutlich damit identisch, 1314. -Derselbe Gegenstand findet sich erwähnt als scrinium s. Mariae, welchem „nach vaterländischer Gewohnheit" gewisse Land- schenkungon gemacht waren, 1325; als armarium, welches seinen besonderen Vicar hatte, 1335. Neben diesem RcUquienschrank fanden öfter feierliche Reclits- händel statt; so 1312, 1316 u.ö.]

In der Taufkapelle steht ein schön geschnitzter Schrank des 13. Jahrh. aus Eichenholz, 2,35 m hoch, 0,83 m breit, 0,53 m tief. Er hat eine doppelte Thür, deren Gewände mit Banken und vierblättrigen Kleeblättern verziert ist. Oben endigt der Schrank in einem Giebel, der von zwei kleinen Drachonfiguren gebildet wird. Ob das Stück mit dem vorerwähnten scrinium etwas zu thun gehabt hat, ist nicht klar, auch wonig wahrscheinlich. Über einen andern ehemals der Kirche gehörigen Schrank vgl.Domsamralung Nr. 426,

348 Halberslädter Stadtkreis: Hulberstadt (die Liebfrunenkirdie: Reliquien 0.8. w.)

1

Reliquien sind nicht mehr vorhanden, sie müsston denn in den Dom- schatz übergegangen sein. [Eine Madonnen reliqiie sclionkfe 1266 dfer Ritter Joh. V. Budendik. Die bcdeutendi^to Reliquie der Kirche war die von einem Johann von Lewenberg geschenkte Milch der h.Jungfrau. Vgl. H.-Z. 1879, 582 ff.]

Messgewänder. Von ihnen -gilt dasselbe wie von den Reliquien. [Ehe- mals gab es natürlich viel dergleichen. 1439 hatte die Frau, welche das Marien- bild bediente, auch für Ausbesserung und Reinigung des Kirchenomats zu sorgen.J

Fig. 142.

Kunstgegenstände: [Bei einem Gewitter 1517 soll nach Winnigstädts Bericht der Blitz ein steinernes Madonnenbild im Chor zerstört haben. Em Tragaltar wurde durch den Papst 1481 dem Thesaurarius Dietrich Block zur Ab- haltung von Gottesdiensten zugebilligt, Ferner worden erwähnt das Prozessions- bild des h. Petrus, sowie zwei grosse Prozession skreuzo (1494), welche Sachen bei der am Potcr-Paulstag (30. Juni) durch den Kreuzgang ziehenden Prozession feierlich aufgeführt wurden. Nachweisbar ist nichts mehr davon].

Halberstadt (die Liebfrauenkirche: KanstgegenstSnde) 349

a. Skulpturen: eine ehemals der Kirche gehörige Pieta aus Holz, bemalt, 15. Jahrb., ist jetzt hn Provinzial-Miiseuni zu Halle. Über den kleinen Marien- altar aus Walrosszabn, ehoinal)« in der Sakristei befindlich, vgl. Domsammlung Nr. 15. (Fig. 142). Madonnenstatue vom Hochaltar vgl. Andreaskirche.

Inder Kirche sind noch vorhanden: I 1. Im Langhause :^tne h. Anna solbdritt und ein Johannes d. T., beide aus Sandstein, poly- chromiert; Anf. 16. Jahr- hundert.

2. im südl. KrcuKarm: auf dem Altar unter dem Hak ramentshSu sehen eine sitzende Madonna mit dem Kinde auf einem Fiedestat ; von Eichen- hol/, im Stil des 13. Jahrh- geschnitzt, mit Farben- resfen. Höhe 0,72 ni. (Fig. 143) Ihr Standort wird früher jedenfalls ein anderer gewesen sein, der jetzige ist in An- betracht der Sicherheit des interessanten Stückes unrichtig gewühlt. Hoch oben anderöstlichen Wand befindet sich ein Stoinrelief, darstellend Maria v. Ägypten, welche von sechs Engeln gen Himmel geführt wird. Die Bemalung (blauer (irund, Fig U3, Figuren gelblich mit

Spuren anderer Farben) ist ziemlich vtrblasst. Höhe etwa 1 m, Breite etwa 's m. Deutsche Arbeit vom Anfangt des 16. Jahr- h underts,

3. im nördlichen Kreuzarm: oben an den Wänden angebracht: einzelne be- malte Steinfiguren, nämlich StLiborius in Bischofstracht, mit Steinen in der Hand; ein Diakon (St Stephanus?), Attribute unkenntlich; eine Madonna; St. Christophorus jedoch ohne Stab und Kind); St Anna selbdritt stehend, Maria und Jesus auf den Armen haltend. Alles halb lebcnsgrosso deutsche Arbeiten des IG. Jahrh. Kruzifix, in Holz geschnitzt, mit Rosten von Bemalung, in schlanken Körperver-

350 Halbe rslädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkircbe: Kanstgegenstande)

hältnissen.^ Rest einer Figurengruppe die der auf dem Doralettner befindlichen entsprach. Ebenso wie l^ei dem Christus im Dome sitzt das Kreuz auf einem dahinter gelegten grösseren Kreuze, dessen Arme in Kieeblattform endigen. Diese Endflächen sind mit Figuren (Engeln, zu unterst wahrscheinlich wie ira Dom Adam) gefüllt gewesen, von denen die oberste noch erhalten ist. Von den übrigen sieht man nur noch die Nägel, mit denen sie befestigt waren. Im 17. Jahrhundert hat man an die Stelle der fehlenden Figuren Malereien gesetzt. Der Kunstwert des Werkes ist ein überaus hoher. Deutsche Arbeit; erst^ Hälfte des 13. Jahrb. Das Kreuz samt der zugehörigen Gruppe befand sich ehemals auf einem Balken unter dem Triumphbogen vor dem Chor, wo in der Decke noch die Löclier für die Ketten zu sehen sind, an denen es hing.

4. im Kreuzgange: ein Stein mit zwei "Wappen in Flachrelief; ein halb- lebensgrosser Kruzifixus mit Maria, Magdalena und Johannes Ev., seitwärts links die kleine Figur des knienden Stifters Friedrich v. Hoym; 1508; Sandstein.

b. Malereien. Altargemälde in der Barbarakapelle. 1. Die Wandnische am östlichen Ende der Kapelle über dem Altar wurde im 15. Jahrh. mit Brettern geschlossen und diese mit einem seitdem sehr dunkel gewordenen Bilde in Tempera bemalt, darstellend Christus als Weltiichter, rechts und links je ein Engel. Unten die Figuren zweier Geistlichen als Stifter, daneben St. Barbara und Jakobus. Darüber heraldische Verzierungen mit dem Wappen der Familie von Plötzke (roter Schild mit weissem Balken, auf welchem zwei rote Rosen). Die Besichtigung der Malerei ist erschwert dadurch, dass davor steht

2. ein Flügelaltar (Triptychon), etwas jünger, jedoch auch dem 15. Jahrh. angehörend und nach dem Wappen ebenfalls Stiftimg der Familie von Plötzke. In der Mitte Christus am Kreuz, links Maria und Barbara (mit dem Turm), rechts Johannes und ein Heiliger mit Säule und fächerförmiger Blume; unten das V. Plötzke'sche Wappen, rechts der Stifter in geistlichem Gewände, mit Spruchband : propitius esto michi peccatori alleluia, links die Stifterin als Nonne in Fran- ziskanerinnentracht, mit Spruchband : miserere mei secundum magnam [miseri- cordiam tuam. Ps. 51, 3].

Linker Flügel. Aussen: oben St. Stephanus, unten Christus mit Lamm Innen: oben ritterlicher Heiliger mit Hammer und Wappen (St Reinhold?), unten St. Dorothea.

Rechter Flügel. Aussen: oben St. Andreas, unten St Bartholomäus. Innen: oben St. (jeorg, unten eine Heilige mit kleinem Hause (Modell der Barbara- kapelle ?j in der Hand.

Predella. Sieben Heilige in Halbfiguren nebeneinander. Jakobus der Äl- tere, Lukas mit dem Farbenkasten, unbekannter Heiliger, St Anna selbdritt, bär- tiger Heiliger mit Buch, Heiliger mit Stab, worauf oben ein Kreuz (St Antonius?), Bischof mit Krummstab.

Höhe des Mittelbildes 1,36 m, Breite 1,24 m; Breite der Flügel 0,G2m; Höhe der Predella 0,39 m.

' Im südlichen Kreuzarm dasBildnis eines protestantischen Geistlichen. 17. Jahrh.

* Vgl. Küsthardt „Apostelbalkeii und Tri uraph kreuz" (Zeitschrift für bild. Kunst 1888, pag. 322 ff. mit AbbilduDgen). Hasak, Tafel 6 nebst Text p. 16.

J

Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Grabraaler) 351

Sonnenuhr.. Eine solche von ziemlichem Alter findet sich aussen an der Südwand des Querschiffes in grosser Höhe angebracht.

Wahrzeichen. Ein altes Schwert, aussen neben dem südöstlichen Eingange aufgehängt, dient angeblich zum Andenken an einen aus Eifersucht damit be- gangenen Mord.

Grabmäler. [Nicht mehr nachweisbar ist die in GEH p. 101 erwähnte Gruft des Bischofs Tiüetmar. Vgl. oben p. 169.]

a. Im Kirchenschiff:

1. Zwei Brüder v. Dorstadt (f 1327). Figuren, barhäuptig, in Rüstung neben- einander unter zwei kielbogigen Nischen stehend. Die Umschrift ist mit Pech nieliiert. Der Grabstein ist den Beiden, den spätgotischen Kunstformen zufolge, erst in späterer Zeit gewidmet worden. Sandstein. Höhe 2,16 m, Breite 1,18 m.

2. Dekan Heinrich v. Bariim (?) (f 1402). Figur nach rechts stehend mit Kelch; Sgraffitto. Sandstein. Höhe 2,03 m. Breite 1,19m.

3. Priesterfigur stehend unter einem Kielbogen. Umschrift in gotischen Mi- nuskeln : C . quadruplato . bis . X . L . IH . I . sonato . Bertram u . giatu . Mutoie . sub . tumulatu . Ei . comendatu . scito . turpi . morte . necatu . Spätgotisch. Sandstein. Höhe 1,73 m, Breite 0,72 m.

4. Broncerelief einer Kanonissin. 16. Jahrhundert. (Auf einen Stein ehemals aufgelegt gewesen).

5. Broncerelief eines Kanonikers. 16. Jahrh. Wie verlier.

6. Friedrich v. Hoym,i capitaneus olim diocesis halberstadensis (f 10. Februar 1510). Barhäuptige, bärtige, ältliche Figur, in Rüstung, nacli vorn gewandt stehend, unter spätgotischer Nische. Gute Arbeit. Sandstein. Höhe 1,91 m, Breite 1,04 m.

7. Kanonikus Joh. Müller (f 1524). Figur, Kelch in den Händen, unter spät- gotischer Nische stehend. Sandstein. Höhe 1,86 m, Breite 0,99 m.

8. Zwei Kanoniker (f 1496 bew. 1528). Beide Figuren nebeneinander stellend, mit Kelchen. Sandstein. Höhe 1,94 m, Breite 1,10 m.

9. Zwei Dekane (f 1526 bezw. 1537). Figuren nebeneinander stehend. Sand- stein. Höhe 1,97 m, Breite 1,40 m.

10. Bischof Heinrich (f 22. August 1538). Figur, nach rechts gewandt, unter Renaissance-Ornamenten stehend. Sandstein. Höhe 2,14 m, Breite 1,59 m.

11. Ein Bischof (?) (f 1547); Figur stehend nach rechts. Umschrift und unterer Teil sehr verdorben. Sandstein. Höhe 1,86 m, Breite 1,12 m.

12. V. Neindorf sches Epitaphium. Mit sechzehn Wappen um die Inschrift. Mitte 16. Jahrh. Sehr verdorben. Sandstein. Höhe 2,00 m, Breite 1,30 m.

13. Dekan Heinrich Hom (f 1553). Figur charakteristisch aufgefasst, vom Alter gebeugt, mit eingefallenem Gesicht; stehend nach rechts, Kelch in den Händen. Mit Wappen. Sandstein. Höhe 1,97 m, Breite 1,35 m.

14. Kanonikus v. Genven. Figur stehend mit Wappen. 16. Jahrh. 2. Hälfte. Sandstein. Höhe 2,18 m. Breite 0,94 m.

* Friedrich v. Hoym hat sich als Gönner des Domes, der Liebfrauenkirche u. s. w. öfter hervorgethan. Von ihm gestiftete, noch erhaltene Werke sind im Texte erwähnt worden. Verschiedene davon zeigen sein Bildnis.

352 flalberetadter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfrauenkirche: Grainnaler)

15. Ein Senior der Liebfraiientirche {f 1577). Stehend unter zierlichem Renaissance-Laubwerk. Sandstein. Höhe 2,03 m Breite 0,96 m,

16. Dekan Ciiristian Schwindt (f 1585). Stehend unter Renaissance-Nische. Sandstein. Höhe 2,17 m. Breite 1,31 m.

Fig. 144.

17. Joh. Drude und Joh. Probst (flSl? bezw. 1597), Kanoniker. Mit ihren beiden Wappen in einem Kranze. Saniistcin. Hölie 138 nii Breite 1,00 m.

18. Ein V. Britzkosches Kind [.t 1607). Mit Bildnis und vier Wappen. Sand- stein. Hiilie 0,89 m, Breite 0,G4m.

19. Kanoniku.=i Balthasar v,Beichel(?)(t 1610). Stellend in einer Nische; mit Wappen. Sandsfein. Höhe 1,90 m, Breite 1,08 m.

Halberstadt (die Liebfranenkirche: Grabmäler) 353

20. Senior (?) v. Heilingen (f 1612). Unter einer Nische stehend mit Buch. Sandstein. Höhe 1,93 m, Breite 1,16 m.

[21. Das Epitaph eines Joh. v. Britzke, f 1622, erwähnt Scheffer p. 17].

22. Vicar und Senior Joachim Greif (f 1626). In der Mitte sein Wappen in einem Kranze. Sandstein. Höhe 1,79 m, Breite 0.98 m.

23. Kanonikus Christophorus Wulff (f 1637). Stehend unter einer Nische; mit acht kleinen Wappen. Sandstein. Höhe 2,05m, Breite 1,12 m.

24. Katliarina Elers (f 1640). Mit Spruch in^einem Kranze und zwei Wappen. Höhe 1.96 m, Breite 1,32 m.

25. Drei Feuerbaumsche Kinder, rechts und links neben dem Kruzifix kniend. Mit zwei Wappen. 1659. Höhe 1,95 m, Breite 0,95 m.

26. Ein Feuerbaumsches Kind (f 1660), neben dem Kruzifix kniend. Sand- stein. Höhe 1,37 m. Breite 0,93 m.

27. Katharina Peters (?). Mit bürgerlichem Wappen in einem Kranze. 17. Jahrhundert Sandstein. Höhe 1,92 m. Breite 1,14 m.

28. Senior Friedrich v. Amstedt (f 1669). Figur stehend unter einer Nische. Sandstein. Höhe 1,78 m, Breite 1,10 m.

29. Kanonikus Senior Hermann Feuerbaum (f 1669) und seine Frau Anna Maria Altermans. Inschrift in doppelter Cartouche. Sandstein. Höhe 2,00 m, Breite 1,00 m (Scheffer p. 50).

30. Senior Matthias Günther und seine Frau ApoUonia Pagell (f 1693 bezw. 1690). Lange Inschrift in schlecht gearbeiteter Cartouche. Oben das Doppel- wappen, über dem Engel eine Krone haltend. Reste von Bemalung. Sandstein. Höhe 2,26 m. Breite 1,63 m.

81. Konsistorialrat Johann Sandrart (f 1732). Sandstein. Höhe 1,95 m. Breite 0,96 m.

32. Christian Eberiiard Reichsfreiherr v. Sohlendahl (1680—1743). Inschrift in Rocococartouche. Oben sein Wappen. Über dem Epitaph seine Büste in Marmor (Fig. 144). Sandstein. Höhe 2,09 m. Breite 1,02 m.

33. Georg Heinrich v. Hammerstein, kgl. preussischer Postmeister (1670 bis 1746). Rococo. Z. T. verdorben. Sandstein. Höhe 2,05 m, Breite 1,15 m.

34. Decan Julius Hecht (f 1749). Inschrift in hübscher Rocococartouche. Sandstein. Höhe 2,10 m, Breite 0,98 m.

35. Andreas Georg Langershausen und seine Frau Elisab. Wusthoff. 18. Jahr- hundert. Schwarzer und weisser Marmor. Höhe 1,22 m, Breite 0,68 m.

b. Auf dem hohen Chore:

36. Grabplatte des Bischofs Rudolf (f 1147. S. oben p. 171, sowie die Grund- risse p. 310 und 311, wo die Stelle der Gruft mit einem R angegeben ist. Lite- ratur: Haberp. 8 f.; v. Quast im Kunstblatte 1845, p.218; Scheffer p. 48 ; Zschiesehe p. 170; u. s. w). Die ursprüngliche Grabplatte ist verloren gegangen. Die jetzige (lang 1,63 m, breit 0,72 m), Bronceguss des 16. Jahrhunderts, zeigt im Hochrelief die liegende, mit vollem Amtsomate bekleidete Figur des Bischofs. (Die Leiche selbst ist, wie die Ausgrabung lehrte, einbalsamirt und in einen rotseidenen, darüber in einen ledernen Sack genäht.) Die moderne nachgebildete Umschrift lautet: SEPÜLTÜM EST CORPUS RUDOLFI QUONDAM EPISC. HALBERST. RENO-

Krels Halbentadt. 83

354 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Liebfraneukirche: GrabmUer)

TATORIS HUIUS ECCLESIAE ANNO C. MUCLVII MENSE OCTOBRIS CUIUS

ANIMA REQUIESCAT IN FACE AMEN. In den Ecken die Evangelistensymbole.

37. Grabplatte des Bischofs Arnulf (+ 1028. S. oben p. 167f., sowie den

Grundriss p. 310, wo die Stelle der Gruft mit einem A bezeiclinet ist Literatur:

Haber p. Gff. ; v. Quast a, a. 0. ; Nieters Abschiedspredigt 1812; Zschiesche a. a. 0. ; U.S.W.) Die Bronceplatto war schon 1812 verschwunden. Die Inschrift lautete (nach Haber): Anno Domini MXXIII in vigilia festivitatis (d.h. nativitatis)s. Marte virginis dominus Arnulphus Halb, ecclesie cpiscopus noster fundator obiit et in maiori ecclesia Halb, sepultus, deinde sub- anno Domini MCCCLXXII in die b. Marci evang. ibidem inventus et ante summum attare relocatus

Halberstadt (die Paulskirche: Geschichte) 355

preter quedam ossa ipsius hie sepulta, cuius anima requiescat in pace. amen. Auf der Platte lag die Figur des Bischofs, in der Rechten das Kirchen- raodel, in der Linken den Krummstab. Jetzt liegt an der Stelle ein quadratischer Stein mit der Insclirift : Arnulphus Halberstadensis ecclesiae episcopus huius b. M. aedis dicatae fundator anno domini MXXIII obiit, cuius mortalia ossa in ecclesia cathedrali sepulta, nunc ab anno MCCCLXXII heic recon- dita servantur. Bei den Ausgrabungsarbeiten, welches unter Leitung des Ver- fassers dieses Buches im Jahre 1899 stattfanden, wurde der Stein aufgehoben. Unterhalb einer Schiefer- und einer Gipsplatte fand sich ein bleierner Kasten mit Resten von Gebeinen, die in Seidenstoff eingehüllt waren; auf dem Kasten ein bleiernes Kreuz mit der romanischen Majuskelinschrift: OSSA ARNÜLPHI EPI NHI FTTD ATORIS. Ein im Kasten befindlicher Stein besagte dasselbe. Vgl. 6. Jahresbericht des Vereins zur Erhalt, u. z. Schutze d. Denkm. d. Prov. Sachsen 1899, p. 87 ff. Denkmalpflege I, Nr. 15.

c. Im südlichen Kreuzarm.

38. Eine Kanonissin (t 1572). Stehend unter Renaissance-Nische. Mit 4 Wappen. Sandstein. Höhe 2,09 m, Breite 1,22 m.

39. Kanonikus Basilius Meisner (f 1667). Mit 2 Wappen. Sandstein, poly- chromiert. Höhe 1,92 m, Breite 1,18 m.

40. Maria Hampe (f 1685). Mit 2 Wappen. Sandstein. Höhe 1,90 m. Breite 1,00 m.

41. Grosses Grabmal von 1689. Der Name der Familie felilt; sie hiess Un- verfährt. Reich ornamentierte, polychrome Steinkammer; ringsum ein kunstvoll geschnitztes Gitter. Beschreibung bei Haber p. 11 f. Lucanus p. 21.

d. Im nördlichen Kreuzarm:

42. Brustbild des Rittmeisters v. Spitznase. Mit vielen Trophäen. Poly- chromierte Holzschnitzerei. Haber p. 4.

43. Anna Sophia Schmiden (f 1685). Schön in Holz geschnitzte und be- malte Votivtafel. Schwarz und weiss mit Vergoldung. Haber p. 3.

44. Katharina Kunigunde Lindt (f 1700^ und Maria Sophia Crull (f 1707) beide Frauen des Kammerrates Joh. Heinr. Koch. Sehr stattlicher Aufbau aus, Sandstein und Marmor, umgeben von einem eleganten, schmiedeeisernen Gitter. Haber a. a. 0.

e. In der katholischen Kapelle:

45. Eine Dame (f 1612) in breit abstehendem Reifrock; als Kostümbild interessant. Sie trägt die Haube, die bei alten Frauen in der Gegend von Berssel (s. o. p. 23) noch jetzt zum Teil üblich ist. Sandstein. Höhe 1,87 m, Breite 1,18 m.

[Haber erwähnt p. 21 die messingene Grabplatte des Dechanten Caspar Stötzer (t 1520).]

f. Im Kreuzgange: [Im Kreuzgange wurden seit 1366 die Rektoren der am breiten Thore belegenen Jakobikapelle bestattet.]

46. Hinricus de Monasterio (f 1440). Figur des Geistlichen in Zaddeltracht nach links unter spätgotischen Bögen stehend. Sgraffitto. Inschrift niellirt. Sandstein. Höhe 1,89 m, Breite 1,26 m.

47. V. Veitheim (Fig. 145). 16. Jahrhundert. Sehr tüchtige Arbeit. Sand- stein. Höhe 1,94 m, Breite 1,10 m.

356 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (die Paulskirche: Geschichte)

48. Ein Domherr (v. Schenk?) (f 1613). Mit 4 kleinen Wappen. Sandstein. Höhe 2,03 m, Breite 1,12 m.

49—54. Sechs Beste von Epitaphien aus Holz bezw. Stein. Zum Teil mit hübschen Kunstformen, aber völlig verdorben. 17. und 18. Jahrhundert.

[55. David Müller, erster evangelischer Prediger der Liebf.-K. f 1616. Verschiedene andere, jetzt verschwundene Grabmäler nennt Haber p.9ff.]

Die Räumlichkeiten über dem Kreuzgange bieten in ihrem jetzigen Zustande keinerlei Interesse mehr. Sie sind völlig verändert; nur die Fenster entlialten noch z. T. spätgotische Masswerke, aber auch diese ohne höheren Wert. Der ehemalige Remter dient als Arbeitsraum für Strafgefangene. Sein nach Westen gerichteter Giebel, welcher ein grosses spitzbogiges Fenster hat, scheint früher abgetreppt gewesen zu sein. Merkwürdig ist die Technik des Quader- werkes, wobei viele sog. Hakensteine verwendet worden sind. Aus älterer Zeit stammen die unteren Räume neben dem Kreuzgange; sie sind mit über Schalung gegossenen Gewölben eingedeckt; eine jetzt als Waschküche dienende Abteilung zeigt noch ein gekuppeltes Kleeblattbogenfenster mit schlanker Mittelsäule, Form des 13. Jahrhunderts.

Die St. Paulskirche

Literatur bei v. Mülverstedt, H.-Z. 1872, 31. Elis in der H-Z. 1886.

Abbildungen jetzt am besten herausgegeben von der Kgl. Messbild anstalt (sieben Aussenaufnahmen).

Quellen: Urkundenbuch der KoUegiatstifter S. Bonifacii und S. Pauli in Ilalberstadt, herausgegeben v. G. Schmidt, Halberstadt, 1881.

Geschichte: Das Kollegiatstift regulierter Chorherren unter der Regel des h. Augustin [monasterium (1136), suntePauwele(1467)] wurde errichtet von Bischof Burchard IL 1083 oder 1085. Es stand erst unter dem Patronat der hh. Peter und Paul, später nur unter letzterem, seit dem 16. Jahrh. an wieder unter beiden. So lag auch die Kirchweih zuerst auf dem Sonntage nach Peter -Paul (29. Juni), seit 1508 auf dem Sonntage nach Maria Heimsuchung (2. Juli), weil letzteres Fest oft mit der Kirchweih zusammengefallen war. Burchard machte seine Gründung unter Zustimmung der Erzbischöfe Gerhard von Salzburg und Hartwich von Magdeburg, der Bischöfe Hartwich von Verden und Wernher von Merseburg. Er ordnete das Leben der Kanoniker, wurde aber durch seinen Tod an der YoUendung des Werkes verhindert. Der Weiterbestand des Stiftes, dessen Güter wieder verschleudert wurden, dessen Kanoniker sich zerstreuten, geriet in ernst- liche Gefahr. Erst Bischof Reinhard (f 1122) brachte es wieder in die Höhe durch mancherlei Schenkungen, über welche eine Urkunde von 1136 (Urkunden- Buch V. St.-P. Nr. 2) das Nähere enthält. Er sammelte die Brüder wieder, weihte die Kirche, richtete einen Markt zu Gunsten des Klosters ein, gab den davon erhobenen Zoll zur Bedachung und sonstigen Verbesserung der Kloster- gebäude und sorgte für Wiederherstellung des Klosterbesitzes. Aber trotz dem, was von ihm und anderen nach ihm geschehen war, fand Bischof Rudolf bei seinem Amtsantritt (1136) das Stift ziemlich verlassen und hilfsbedürftig vor; zudem war dessen Besitz durch Fehden und andere Unruhen bedroht. Erbrachte

Halberstadt (die Faulskirche: Baugeschichte) 357

durch seine Energie den alten Besitzstand des Klosters nach Möglichkeit wieder zusammen. Schweren Schaden erlitt das Stift durch die fast völlige Zerstörung 1179. Der Union der Stifter in den Jahren 1250 und 1369 schloss es sich ebenfalls an. 1408 wurden Kirche und Pfarrei, welche bisher nur unter dem Patronat des Stiftes gestanden hatten, diesem förmlich einverleibt, nachdem vorher häufige Streitig- keiten zwischen Kapitel und Pfarrer bestanden hatten, die in einem Falle sogar bis zur Excommunication des letzteren führten. Der Wohlstand des Stiftes hielt sich bis Anfang des 15. Jahrhunderts, von wo an er allmählich zurückzugehen begann. Über Bedrückungen durch geistliche und weltliche Gegner wird 1434 und 1476 geklagt; im ersteren Fall, sorgte das Konzil von Basel für Abhilfe; aus Anlass der zweiten Gelegenheit setzte Papst Sixtus IV. den Bischof von Brandenburg, sowie die Dechante^ von Hildesheim und Liebfrauen zu Erfurt als Konservatoren des Stifts ein. An der Spitze standen Probst und Dechant. Letztere Würde ist erst im September 1425 geschaffen worden durch Bischof Johann. Der Dechant wurde vom Kapitel erwählt und bedurfte der bischöflichen Bestätigung. Der Kanoniker gab es von Anfang 12, gemäss der Zahl der Apostel. Zu ihnen gehörte der Küster (1274), der Senior, der Kellerer .(1377), der Thesau- rarius (1422). Sie wurden laut Entscheidung von 1191 nur durch das Kapitel, nicht durch den Probst, erwählt. Die häufig unter ihnen herrschenden Rang- streitigkeiten bekämpfte das Wahlstatut des Bischofs Volrad 1282. Wer in seinem Amte andauernd saumselig war, wurde mit Verlust der Präbende (seit 1282) oder mit Geldstrafe (1367) belegt, übrigens hatten sie schon früh ausser ihrem Einkommen allerlei Nebeneinnahmen durch die Spenden der Gläubigen. Bei Übernahme der Kurien hatten die Kanoniker den Vorzug, doch durften auch seit 1512 die Vikare jene nach der Erledigung übernehmen. Sonst durften letztere auch ausserhalb der Stiftsfreiheit wohnen, wo sie wollten. Vikarien (zwei) werden zuerst gleich nach 1248 erwähnt, 1251 sind es schon acht, 1365 elf. 1726 folgende acht: S. Vincentii, S. Andrea, S. Mariae virginis ad nives, ss. Philippi und Jacobi, s. Mariae Magdalenae, s. Georgii, s. Matthiae, s. Johannis Evang. Von der Brüderschaft der Vikare, welcher drei Personen angehörten, ist 1457 die Rede. Die Körperschaft bestand noch 1754. Beim Antritt ihres Amtes hatten sie 1364 eine Mark, 1515 drei rheinische Gulden an das Bauarat und drei an die Brüderschaft zu zahlen. Über einzeln genannte Vikarien s. unten ,,Altäre". Im 14. Jahrhundert nahm auch die Saumseligkeit der Vikare überhand, welche deshalb 1334 mit Geldstrafen und Einkommensentziehung bedroht wurden. Von sonstigen zum Stift gehörigen Personen worden erwähnt zwei Kapläne, der Kirchner, ferner der Diakon und Subdiakon, welche seit 1373 das früher gesonderte Lektorenamt mit versahen. Endlich der Zitermann, der sich seinen Nachfolger selbst wählen durfte (1430). Die Chorschüler sind zuerst genannt 1268. Für sie wurden 1274 durch Testament des Magister Albrecht von Groningen 12 Stellen eingerichtet, von denen (1364) wenigstens 8 besetzt sein mussten. Sie teilten sich (1300) in sportenses (zahlende) und gratonses (nicht zahlende). An der Spitze des Chorschüleramtes (Korscholeryge. 1463) stand (1274) ein provisor, seit 1300 der Kantor (oder Kämmerer). Er hatte ausser dem Vorsänger- amt in der Schule und im Chor die Verwaltung ihrer Einkünfte. Seine Wahl oblag, wie seine Absetzung, dem Probste. Bei der Kirchenvisitation 1589

358 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Paulskirche: Bangeschichte)

existierte die Schule nicht mehr. Der Pfarrer stand bis 1541 unter dem Patronate des Kapitels, dann unter dem des Rates. Die Reformation wurde von der Gemeinde seit 1536 lebhaft angenommen; 1540 wurde der erste evangelische Prediger angestellt (das Pfarrhaus wird 1589 erwähnt.) Nur sehr schwer, nachdem es u. a. im Herbst 1619 zu heftigen Tumulten gekommen war, auch 1623 sich der Kaiser Ferdinand 11. in den Streit gemischt hatte, und 1639 beim Nahen der Schweden die Mitglieder des Kapitels zeitweise sich zerstreut hatten, erlangten die Evangelischen von dem katholisch gebliebenen Kapitel 1661 das Zugeständnis, die Kirche mit benutzen zu. dürfen. Den Evangelischen blieb das Kirchenschiff; sie hielten ihren Gottesdienst morgens von acht Uhr an, ausserdem Sonntags vor ein, Werktags vor zwei Uhr nachmittags. Oleichwohl nahm der Streit kein Ende. Nachdem sich zuletzt König Friedrich I. 1702 eingemischt hatte, erfolgte ein weiterer Vergleich 1703. Seitdem durften die Evangelischen die Kirche morgens bis 8V4, und mittags von eins bis zwei benutzen; die Benutzung des Kirchhofs war gemeinsam. Den Schltissel zum Kreuzgange und zu dem durch eine Glaswand abgetrennten hohen Chor behielten die Katholiken (1708). Seit 1624 nahm die Zahl der Gemeindemitglieder allmählich zu; eingepfarrt waren damals 1526 Personen, die in 255 Häusern wohnten. Am 7. Dezember 1787 stiftete Friedrich Wilhelm II. einen Orden für die Angehörigen des Kapitels. Ein Exemplar befindet sich in der städtischen Sammlung. Beschreibung bei Schmidt, Urk.-B. v. St. P. Nr. 533. Die Aufhebung des Stifts durch die west- fälische Regierung erfolgte am 11. Januar 1812, der letzte Gottesdienst war am 24. Januar 1813. Seitdem diente die Kirche zeitweise als Lazareth, dann bis jetzt als militärisches Proviantmagazin. Die Gemeinde wurde zur Martinipfarre verlegt Vier Siegel des Stiftes beschreibt von Mülverstedt in der H.-Z. 1872, 30.

Baugeschichte. Schon vor Begründung des Klosters bestand neben dem für dasselbe erwählten Platze eine alte St. Pauluskirche, welche Bischof Hilde- grim erbaut haben soll. Jede Spur von ihr ist verschwunden. Die Anfänge der noch bestehenden Kirche stammen aus der Zeit der Klostergründung, nach welcher vielleicht die älteste Kirche beseitigt wurde. Der Kirchenbau Buccos muss sehr unsorgfältig gewesen sein, da er schon zu Bischof Reinhards Zeit ganz trümmerhaft war. Dieser stellte das Verfallene wieder her, und sorgte für Bedachung der Klostergebäude. Der Probst Alverus (f gegen 1136) -erbaute den Chor und das Klaustrum von neuem, führte die zerfallenen Türme wieder vom Fundamente bis zur Spitze auf, sorgte für die Decken im Kirchenschiff und im Dormitorium, schenkte Glocken, Bücher, Dorsalien, Teppiche, Messgewänder u.s. w. Die Ausbesserungen wurden in der Zerstörung 1179 zum Teil wieder zunichte gemacht. 1180 ist der Zoll vom Gallusmarkt bestimmt zur Bedachung und zum Wiederaufbau der Kirche. Vom ältesten Bau war damals nur das Kirchenschiff, und auch dieses ohne das ursprüngliche Dach, ausserdem einige baufällige Reste übrig. Nach einem Brande im Jahre 1246 finden wir 1252 den Neubau im Gange. Die Gelder für den Kirchenbau wurden teils durch Sammlungen an gewissen Festtagen, teils durch Ablässe aufgebracht. Solche wurden gegeben u.a. 1246, 1252, 1287, 1291, 1300, 1359, 1390. Im Jahre 1274 bestimmte der Kanonikus und Kustos, Magister Albrecht von Groningen testamentarisch 10 Mark

Halberstadt (die Paulskirche: Banbeschreibung) 359

zu einer Kapelle und eines Altars da, „wo jetzt das alte Sacrariura ist." Es ist unklar, welcher Teil des Gebäudes damit gemeint war. Kurz vor dem Dezember 1363 begann man mit dem Bau des neuen Chors, da der alte allzu klein und dunkel war. Die Gelder wurden aufgebracht durch Spenden der Gläubigen; durch eine Stiftung des 1363 bereits verstorbenen Kanon. Ludolf von Braun- schweig; durch Ablässe; endlich dadurch, dass man die Kanoniker nötigte, beim Amtsantritte die erkleckliche Summe von 2 Mark zu zahlen. Noch am 27. Oktober 1388 hören wir von dem Chorbau, der damals schwerlich schon vollendet wurde. Zur selben Zeit waren die Dächer und viele andere Teile der Kirche der Wieder- herstellung dringend bedürftig. Offenbar hat damals der Gedanke bestanden, die ganze Kirche nach und nach gotisch umzugestalten. Wie häufig, begann man den Neubau mit dem Chor. Nördlich und südlich sind an demselben von aussen die Ansätze des neuen Querschiffs zu sehen mit den Anfängen je eines Fensters. Schon früher hatte man angefangen, erst das nördliche, dann das südliche Seitenschiff zu erweitern. Von da an verlautet über Neubauten nichts; man wird sich begnügt haben, die erforderlichen Reparaturen zu besorgen. 1653 brannten 14 zur Kirche gehörige Häuser nieder. Gegen 1703 war das Kirchengebäude in sehr schlechtem Zustande, besonders das Dach drohte mit Einsturz. Zur Verwaltung der Bauangelegenheiten existierte ein Bauamt, dessen Inhaber (procuratores) natürlich Kanoniker waren. Ich sehe es in den Urkk. zuerst 1358, also kurz vor dem Chomeubau. Seine Bezahlung erhielt es durch gelegentliclie und gewisse feststehende Unterstützungen. Es existierte noch 1702. Die Stiftsgebäude lagen nördlich von der Kirche, die Dompropstei (1334) an der Steile des jetzigen Lazareths. Erwätmt werden die Sakristei (1363) als Aufbewahrungsort von Kostbarkeiten, das Schlafhaus der Vicare (1457), das der Kanoniker (1465), das Winterrefektorium (1522), das Leiter- und Brunnen- kufenhaus (1623). Der Kreuzgang (nördlich) kommt schon 1180 vor. Die zwölf Kurien lagen östlich und südlich am Paulsplan. Badstuben finden sich 1303, 1305 und gegen 1365. Letztere wird genauer beschrieben [U.-B. v, St. P.]. Alle waren dem Stift zinsbar. Jetzt existiert von dem allen nichts mehr.

Beschreibung des Gebäudes. Die Kirche enthält ein wunderliches Gemisch von Architekturen und profanen Anbauten und ist namentlich in der Mitte verbaut. Der Kern des Bauwerks ist eine einfache, dreischiff ige Pfeiler- basilica vom Ende des 11. Jahrhunderts, also aus einer Zeit, für welche derartige Beispiele in unsem Gegenden nur vereinzelt sind; in der Anlage vermutlich das Vorbild für die Liebfrauenkirche, wahrscheinlich von demselben Alter wie die Moritzkirche; man hatte eben damals in die der Bischofstadt nach allen Seiten angehängten Vorstädte verscliiedene Kirchen für die betreffenden Gemeinden zu bauen. Während aber von den Unbilden der Fehden und Brände die Moritz- kirche mehr gelitten hat, kann man hiermit grösserer Gewissheit die ursprüngliche Anlage feststellen. Den Grundriss der Reconstruktion zeigt Fig. 146 in der Weise, wie ihn Elis in der Harzztschr. 1886 veröffentlicht hat. Das Mittelschiff, von doppelter Höhe und Weite wie die Seitenschiffe, ist noch vorhanden, ebenso, wenn auch etwas beschädigt, das Querschiff. An der Nord wand unweit der Thüren ist ein gotisches Portal, an der des nördlichen Kreuzarmes befindet sich eine rundbogig überwölbte romanische Thür in Kleeblattform. Die OberlichtfM*

360 Halberstädter Stadtkreis: Ealberstadt (die FanlskiTche: Baubeschreibung)

Halberstadt (die Pautskirche: BaubeschreiboDg)

361

i.

862 Halberetfidter Stadtkreis: Halberstadt (die PaulsVircbe: Baaliescbreibung)

Fig. 148.

im Mittelschiff sind, wenn auch trümmerliaft , erhalten. Die Aussenfronten der alten Seitenschiffe fohlen, man kann aber ihre Lage an den auf uns gekommenen Türmen noch deutlich sehen. Die im 14. Jahrliundert angebauten neuen erweiterten Seitenschiffwande zeigen ähnlichen Stil wie der neue Chor. Leider wird der Innenraura bis jetzt nie ganz leer. Untersuchungen dort siod daher

Halberstadt (die Fäulskirche: Baubeschreibnng) 363

nur selten und in ganz beschränktem Masse möglich, und es musste leider darauf verzichtet werden, eine selbständige Grundrissaufnahme zu geben. Fig. 147, welche den Grundriss des jetzigen Zustaudes andeutet, ist daher gleichfalls nach Elis gegeben. Zum Glück ist die Zeit nahe, wo das neue Proviantmagazin fertig wrid. Nach der sodann geschehenden Räumung der Kirche wird an deren Untersuchung gegangen werden können. Die Innenarkaden stehen noch unver- sehrt und enthalten je fünf quadratische Pfeiler mit attischer Basis und gleichem Kapital. Die Breite der Pfeiler ist verschieden, zwischen 0,79 und 0,85 m. Ihre Abstände schwanken zwischen 2.50 und 2,78 m. Dass derartige Verschieden- heiten lediglich Zufall sein können, entstanden durch mangelnde Beaufsichtigung der Handwerker, ist eine bei mittelalterlichen Bauten oft zu machende Beobachtung. Ein Pfeiler soll ein Kapital mit Schachbrettmuster aufweisen. Dem grossen Triumphbogen scheint ein zweiter Bogen zu entsprechen, mit welchem sich vermutlich der Turmbau gegen das Mittelschiff öffnet, denn da 1721 verlangt wird, die neue Orgel solle „unter dem Turme" stehen, so muss hier ein Einbau und eine Orgelempore existiert haben. Die Decke mag ehemals gerade und von Holz Jgewesen, die Einwölbung mit spitzgratigem Tonnen- kreuzgewölbe späteren Datums sein. Der alte Altarraum samt seiner Apsis ist abgebrochen. Zu beiden Seiten des Altarraumes befanden sich zwei Nebenräume, wahrscheinlich beide zweigeschossig, von eignen aber nur noch der südliche existiert; sie waren vielleicht ebenfalls mit Apsiden geschlossen. Dann hätte die Kirche drei Apsiden neben einander gehabt, wie die Liebfrauenkirche, eine Vermutung, welche zuerst Elis (H.-Z. 1886) aufgestellt hat. (Fig. 146). Die Turm- partie (Fig. 148), mit z. T. überraschend klein geformten Quadern verblendet, ver- wandt mit derjenigen der Moritzkirche, steigt wuchtig und wirkungsvoll empor. Unten befindet sich ausser ein paar Luken eine zugemauerte rundbogige Öffnung, das ehemalige Westportal, bei welchem die eigentümliche Bogenbildung technisches Interesse hat. Dass hier einmal eine Westapsis vorhanden gewesen sei, ist aus der Beschaffenheit der Turmmauer nicht zu erkennen. Über dieser vermauerten Thür ist ein grösseres, viereckiges Fenster, unterhalb dessen ein schmales Gesims sich quer über den ganzen Turmbau zieht Die Türme sind eins mit dem zwischen ihnen befindlichen Mittelbau. Er enthält zwei grössere, ge- kuppelte, sehr einfache romanische Fenster, getrennt durch einen breiten Pfeiler mit Schachbrettkämpfer. Die Ausführung ist nach Westen und Osten dieselbe. (Fig. 149). Unter dem Mittelbau ist eine kleine rundbogig eingewölbte Nische mit Relief: Christus thronend, über ihm das nach links blickende Lamm; Entstehungs- zeit 13. Jahrh. Das Dach setzt ursprünglich auf dem noch vorhandenen unteren Turmgesimse auf. Der obere Turmteil mit den teils rund-, teils spitzbogigen Schall- löchern ist später hinzugefügt, wahrscheinlich nach dem Brande 1246. Der neu angebaute Chor ist von beträchtlicher Höhe und im halben Achteck geschlossen. Die Kippen des gegossenen Gewölbes, welche kräftig hervortreten, haben herzförmigen Durchschnitt. Die zwischen den einfach abgetreppten Strebepfeilern emporsteigenden Fenster (Fig. 150) sind hoch und schlank, dreifach längs geteilt und endigen in je drei DreipÄSsen. Zierrat ist bei ihnen >vie bei dem Chorbau überhaupt spärlich; von guter Wirkung sind die im Viertelkreis vertieften kräftigen Hohlkehlen, welche die Fensterleibungen begleiten. An der Südwestecke der Kirche (Fig. 151) tritt einfe

HalbeiBtadt (die Panlsbirche: Wandmalereien, Glocken)

Wegräumung der jüngsten liässlichen Zutliaten ihr leicht wieder ein würdiges Ansehen verleihen könnte.'

Von dem noch vorhandenen Skulpturenschmuck ist schon geredet. Malereien finden sich spurenweise im Innern auf dem feinen Stuckputz, welcher die Mauern bekleidet, darunter am 1,, 2. und 3. Pfeiler der Nordseite

366 Ealberstadt Stadtkreis: Halborsladt (die Paulskirche: Altäre)

[Altäre: Hochaltar Ö. Peter-Paul, im alten, später im neuen Chor. S. Joliannis-Erang. (1275). Eine Eommission der li. Anna und Juhann Baptista gestiftet vom Vikar Konrad Ostendorp (1502). H. Kreuz (1282). Liebfraiien, in einem der Seitenchöre (1^103). Eine Kommission daselbst stiftete 1493 der Vikar Franz Kothen. S. Andrea (1313). Vikarie, gestiftet vom Schulmeister

Fig. 151.

Mag. Dietrich. S. Pancratii (1327). Der letzte Vikar wurde Laie (1573), worauf die Vikarie eingezogen wurde. S. S. Vincentii und Oodehardi (1328), gestiftet von Adelheid, Witwe des Rudolf von Olzckow. S. Maria Magdalena (1330), gestiftet vom Ritter Rudolf von Schauen, die zweite Vikarie, gegründet vom Kanon. Dietrich von Oscberslcben (1375). Patronat des Decbanten seit 1425. S. S. Phiiippi und Jacobi (1333). S. Georg (1335). Eine nicht näher be-

Halberstadt (die Paulskirctae : Inventar) 367

zeichnete Vikarie stiftete der Kanon. Mag. Meinhard von Osterwiek (1349). S. Matthiä (1365). Patronat des Stiftskapitels. S. Barbara (1388), gehörte zur Kantorei (1592?). S. S. Fabiani und Sebastiani (1395). Patronat zwischen Hat und Kapitel streitig. S. Magni (1485). Kommende dabei (1516). - S. Katha- rina (1522). Seine Vikarie sollte 1530 wegen Verarmung der Pfarre dieser einverleibt werden. Ein kleiner Altar, mitten in der Kirche (1708). War wohl zum Gebrauch der Evangelischen.]

[Chorgestühl (1335), Predigtstuhl und Mittelstühle mit Vorbänkchen (1623).J

[Orgeln. Die erste 1388, die zweite (1579 erneuert) 1573 erwähnt. Die dritte wurde von Kapitel und Gemeinde beim Orgelbauer Christof Cuncius bestellt. Sie sollte unter dem Turme stehen (s. oben) und bis Michaelis 1721 geliefert werden. Sie zeigte Verzierungen in Schnitzwerk und kostete 800 Thal er. Die beiden vorhandenen kleinen Orgeln wurden in Zahlung gegeben.]

[Metallgeräte: ein silberner Becher von 9 Ijoth, ein Becher odersilbeme Schale von 29 Loth, ein am Fuss versilbertes Glas, ein grosses Becken; ein Löwe aus Messing (Aquamanile?), zwei zinnerne Flaschen. Alles gestiftet durch Testament des Seniors Joh. Piwe (1524); ein Kelch 1564.]

[Leuchter zur Osterkerze 1456. Kandelaber, fün farmig, 1540.]

[Reliquienbehälter 1317.]

[Gewebe: Zwei goldgestickte seidene Tücher, eines zur Kasula, das andere zum Gebrauch bei Exequien bestimmt, geschenkt vom Kanon. Ludwig von Braunschweig (f 1363).]

[Bücher: Summa Raymundi, Speculum rationale divinorum und noch ein Codex. Geschenk des vorigen.]

[Über das Ganze vergl. Schmidts Inventar des Kirchenschatzes in den Magd. Gesch.-Bl. 1868, p. 443 ff.]

Uhr. Hoch oben an der Südseite des südlichen Turmes sieht man die Reste einer grossen Sonnenuhr.

Grabstätten und Epitaphien. Beerdigt wurde seit alter Zeit sowohl auf dem zur Kirche gehörigen Friedhofe, als auch im Kreuzgange und innerhalb der Kirche. Letztere Stelle war -noch 1708, wo das Kapitel die Aufsicht darüber behauptete, im Gebrauch, wenn auch selten. Epitaphien sind gegenwärtig nur in ein paar Fragmenten mit unleserlicher Inschrift nachweisbar.

[Schmidt nennt im Ü.-B. von St. P. Nr. 416, 433 und 473 drei Epitaphien, die vielleicht auch noch existieren. Ich führe sie nach seiner Beschreibung an :

a) Grabschrift des Thesaurarius Heinrich Kloke Anno Domini 1521 domi- nica decima quinta mensis Decembris obiit venerabilis dominus Hinricus Kloke, hujus ecclesie thesaurarius et canonicus, cujus anima requiescat in pace. In der Kirche. ,J)argestellt ist der Verstorbene mit der Rechten segnend, in der Linken einen Kelch, unten links das Wappen, ein Zweig mit Eichen- blättern zwischen H-K.*'

b) Grabschrift des Senior Joh. Fiwe: 1524 ipso die Gregorii obiit vene- rabilis vir dominus Johannes Piwen, hujus ecclesie senior et ad 50 annos decanus, cujus anima requiescat in pace. In der Kirche. „Dargestellt ist der Verstorbene mit Kelch in der Linken, in den 4 Ecken die Tiere der 4 Evangelisten."

1

368 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (die Johanniskirche: Geschiebte)

c) Grabschrift des Dechanten Michael Ketteier. Anno Domini 1567. i8* No- vembris [obiit] venerabilis dominus Michael Ketteier, hujus ecclesie decanus. [cujus auima] requiescat in pace. In der Kirche. „Der Verstorbene ist dar- gestellt mit Kelch in der Linken, in den vier Ecken die Tiere der vier Evangelisten.''

Ausserdem hat in der Kirche der Thesaurarius Heinrich Bode (f 1540) seine Grabstätte gehabt]

Die St. Johanniskirche

Litteratur: Mag. J. G. Derling, Historische Nachrichten von der Kirche 8. JohaDois in Halberstadt 1748. Lucanus, das ehemalige S. Johanniskloster in Halberstadt (Halb. 'er gem. Unterh. 1809, II, 356 ff.). Batzeli, Kurze geschichtliche Nachricht von der Kirche und Gemeinde Set. Johannis zu Halberstadt 1848. H.-Z.XXIV., 499; XXTI, 40, 45, 188; XXIII, 259. Die Johann isschule XXI, 160.

Quellen: Die Urkunden bespricht v. Miilverstedt in der H.-Z. V, SlfiT. Sie sind von G. Schmidt gesammelt, aber nicht zum Abdruck gebracht. Er hat besonders ein Manu- skript der Jenaer Universitäts-Bibliothek benutzt, betitelt Copiale sive Diplomatarium mona- sterii s. Johannis extra muros Halberstndiensis (Rud. MS. fol. 288); es enthält zweihundert- undneun beschriebene und eine Anzahl von unbeschriebenen Blättern. Schmidt« Kopien liegen im Archive zu Wolfenbüttel. Für das Folgende sind sie von mir benutzt worden. Vgl. auch V. Heinemann, Bruchstück eines Nekrologiums d. Joh. Kl. zu Halb. H.-Z. II, 2, 1 14.

Die Namen unter welchen das Stift in den Quellen genannt wird, sind durch V. Mülverstedt a. a. 0. in reicher Menge aufgezählt.

Geschichte: Das Stift wurde angeblich an der Stelle der alten Burg Hartingau gegen das Jahr 1030 durch Bischof Brantog begründet, als dieser, nach langer Abwesenheit zurückkehrend, sein Bistum in besonders grossem Wohlstande vorfand.^ Es war seit 1107 (oder um 1120?) ein reguliertes Chor- herrenstift unter der Regel des h. Augustin, und unter dem Patronate des hh. Jo- hannis d. T. und Evang. wurde durch Bischof Reinhard verbessert und erhielt die Konfirmation unter Bischof Ulrich. An der Spitze stand der Probst, der zugleich Archidiakon des Bannes Gerdekestorp war; Schilderung einer Probst- wahl im Tagobuche des Matth. v. Oppen p. 295f. Die Ijage des Klosters war zunächst innerhalb der Stadt Hier erlitt es 1060 und 1179 Zerstörungen, denen 1209 eine dritte durch Otto IV. folgte. Nachdem es im Anfange des 14. Jahrhunderts durch den Grafen von Regenstein und Bischof Albrecht wieder hergestellt und mit Büchern, Kirchenschmuck und Glocken beschenkt war, geriet das Stift anscheinend durch die Verkleinerung der Stadt oder aus andern nicht festzustellenden Ursachen ausserhalb der Ringmauer, wahrscheinlich im 13. Jahr- hundert zu Bischof Volrads Zeit. Durch Gregor IX. erfolgte 1228 die Be- stätigung der Statuten des Stiftes, besonders auch der Augustinerregel. Auch die Stiftsgüter, welche wir schon 1153, 1199 und 1225 näher bezeichnet finden, werden damals nochmals ausdrücklich aufgezählt. Demnach gehörte dazu die Alexiuskapelle samt dem Hospital, eine Anzahl Häuser, welche extra jus fori waren, ein Keller mit Gebäuden, drei Scharren , acht Krämer und fünf Schuster-

^ Sein Todestag (27. Aug.) wurde noch in späteren Jahrhunderten in der Klosterkirche feierlich begangen.

J

Halberstadt (die Johannisldrclie: Geschichte) 309

buden, zwei Worten mit zwei Hufen im Klosterbezirk, ein Vorwerk und sechs Hufen nebst deren Zehnten ; ein Garten, eine Mühle, ein Spital samt ihren Worten ; eine Mühle ausserhalb nebst Weidengebüschen und zwei Worten u. s. w. Ausser- dem Besitzungen in Nigendorp, Ergstedt, Werstedt, Holtemmenditfurt und Run- stedt, Wetteborn, (Hesemberche, Jerxheim), Heiligendorf, Nigenhagen, Hütten- rode, Albrechtesvelde, Wigenrode, Westerhausen, Herlestorp, Oster- und Wester- bömecke, Suiten, Klein- und Gross-Harsleben, Heudeber, Altenrode, Achim, (Volcsem, Reddeber, Gevensleben), Vatenstide, (Jerdekestorp), Upplingen, Gundenes- leve, Meiendorp, Emeringe, Badesleben, Nigendorp, Bersleve, Betlege und sonst mehr. In der 1261 von Alexander VI. erlassenen Erneuerung derselben Urkunde kommen dazu noch Häuser am Markte und anderwärts, femer Vinkestorp, die oben eingeklammerten Namen aber fehlen. Die Vogtei über das Kloster hatte seit 1221 der Bischof, welchem das Stift einen jährlichen Zins von zwei Mark zu zahlen hatte. Über die nächste Zeit mangelt es an Nachrichten. Berichtet wird, dass das Stift 1325 unter den Streitigkeiten zwischen Bischof Albrecht H. und Bernhard III. von Anhalt zu leiden hatte. 1363 hören wir, dass das Stift durch Brand und Plünderung sehr geschädigt worden sei. Der Union der Stifter trat es 1369 und 1386 ebenfalls bei. Besonders eng befreundet war es mit dem Bonifatiusstift; Gesang und viele Gebräuche des Gottesdienstes waren trotz- dem anders als dort. Bei der Neuordnung des Stifts 1494 wurde auch jener alte Freundschaftsbund erneuert. Im Juni 1363 wurde dem Stifte die Stadt- kirche S.Martini nebst deren Patronat einverleibt. Sonstige Patronate hatte das Stift über die Kapelle B. M. Virginis und die Kapelle S. Alexii in Halberstadt, Oerdekestorp, die Kapelle S. Johannis Bapt in Holtemmenditfurt (vgl. oben p. lOf), die Kirchen in Nienhagen, Osterode (s. oben p. 82), Veitheim (oben p. 146), Watenstedt 1529 ereignete sich ein grösserer Brandschaden. Als die Reformation kam, nahm nur die Gemeinde diese an (1539), während das Stift katholisch blieb. Darnach existierte die Kirche noch bis 1631 , wo die Schweden , um den Kaiser- lichen einen wichtigen Stützpunkt zu rauben, sie samt dem ganzen Kloster zerstörten. Die Trümmer wurden 1633 beim Neubau der Stadtmauer am Breiten Thore mit verwendet; elf Jahre später erfolgte die gänzliche Beseitigung der Überreste durch die Schweden unter dem Obersten Karl Weiss. Die Stifts- geistlichkeit siedelte in die Stadt nach dem sog. Lüder'schen Hofe über, wo ihre Zahl bald so gering wurde, dass der Grosse Kurfürst ernstlich an die Aufhebung des Stiftes dachte; erst 1667 gab er diese Absicht auf (H.-Z. 1872, 34 ff.). Noch einmal drohte dieselbe Gefahr 1708, dann führte das Stift sein bedeutungsloses Dasein noch bis 1804, wo es durch die preussische Regierung am 2. Oktober aufgehoben und zur königlichen Domäne umgewandelt wurde. Die Stiftsgebäude (am Grauen Hofe gelegen), an welchen seit 1684 und besonders 1689 gebaut worden war, dienten von da an profanen Zwecken; die Stiftskirche ist heute ein Kornmagazin (s. u.).

Inzwischen hatte die seit 1539 protestantische Gemeinde, welche seit 1540 als ersten evangelischen Prediger einen Johann Schacht angestellt hatte, für Ein- richtung einer eigenen Kirche gesorgt, freilich erst nach verschiedenen vergeblichen Anfängen. Zuerst behalf man sich im Johanniskloster, seit 1564 in der Franzis- kanerkirche, seit 1627 j durch Tilly genötigt, jene zu verlassen, wieder in der

Kreta Halbentadt. U

370 HalberstSdter Stadtkreis: Halberstadt (die Johanniskirche: Ältester Bau)

Johannisklosterkirche, dann in verschiedenen Frivathäusem. 1589 hatte die Pfarre 605 Hauswirte, sie umfasste damals das Westendorf und die Yogtei.^ 1589 gab es ein neues Pfarrhaus auf dem Barfüsserkirchhofe und eine neue Eüsterei bei der Alexiuskapelle. Die Kirche und die Schule, welche damals 3 Lehrer und 150 Schüler umfasste, verwalteten die Bauerraeister, Alterleute, Vorständer und die Gemeinde. £rst 1635 war es der Gemeinde möglich, auf einem vordem der Familie von Marenholz gehörigen Gebiete, abseits von der Strasse (wie es die Katholiken erzwangen) ihre Kirche als erste protestantische in Halberstadt her- zurichten. Die Kosten wurden durch Sammlungen in Niedersachsen aufgebracht, wobei auch Christine von Schwedeni Torstenson, Königsmark und andere be- deutende Personen Beiträge leisteten. Die Gesamtkosten des Baues betrogen 6700 Thaler. Die Grundsteinlegung* war am 29. Juni 1646, die Weihe am 9. März 1648. Bald darnach wurde neben der Kirche ein Glockenhaus erbaut; das jetzt dort befindliche ist aber bereits das zweite, es besteht seit 1680. 2 Siegel des Stifts beschreibt v. Mülverstedt in der H.-Z. 1872,36.

Beschreibung der Gebäude. [A. Die alte Klosterkirche (domus beati Johannis). Sie war eine zweitürmige Anlage ungefähr in der Grösse wie die Moritzkirche.^ Der Baucharakter war ursprünglich romanisch, insbesondere ver- blieben die Türme in diesem Stile. Das Gebäude bot im übrigen in späterer Zeit Proben der Gotik wie besonders der Renaissance. Denn einesteils ist keine der fünf Zerstörungen zwischen 1030 bis 1631 einer völligen Ausrottung gleichgekommen; andemteils machten jene Verwüstungen jedesmal Aus- besserungen nötig, bei denen natürlich an keine Nachahmung des alten Stils gedacht wurde. Sehr durchgreifend wird die Erneuerung nach 1209 gewesen sein. Wie der Chor gestaltet gewesen ist, der 1325 zuerst urkundlich erwähnt wird, aber jedenfalls schon vorher vorhanden war, lässt keine der Abbildungen erkennen. Yielleicht war die Ostseite gleich der der Moritzkirche geradlinig geschlossen. Man vergleiche die Stadtansicht auf Seite 213 (Fig. 76) und dag beigefügte Bild aus dem Buche von Derling (Fig. 152). Vielleicht auch ist der Chor schon im 16. Jahrhundert verloren gewesen und nicht wieder erbaut worden. Das Kirchenschiff ist auf Fig. 76 sicher falsch gezeichnet, da es dort einschiffig ist, nur drei Fenster zeigt und die Türme beiderseits breit darüber hinaustreten. Ein solcher Zustand kann bei der Bedeutung des Klosters Ende des 16. Jahr- hunderts unmöglich mehr bestanden haben. Die (freilich auch sehr schlecht gezeichnete) Derling'sche Abbildung zeigt dagegen das Kirchenschiff breiter als den Turmbau, zweitens die Anlage oben rundbogiger hoher Fenster zwischen abgetreppten Strebepfeilern, ein zugehöriges Querschiff und eine südlich angebaute Kapelle, Teile, welche ersichtlich erst im 16. Jahrhundert erbaut sind. Die Dächer der genannten Kapelle und eines nördlichen Nebenraumes zeigen Benaissanceformen. Das Dach des Kirchenschiffes auf Fig. 152 überdeckt den

^ Vgl. Nebe, KirchenvlBit. p. 47 £f. Daselbst sind auch die VorschriA«n abgedruckt, welche damals für das Amt des Pastors, die Wahl und Obli^euheiten der Alterleute, die Schulverwaltung und die Armenpflege galten.

' Nachrichten über alles dies sind von dem damaligen Pastor Matthias LadoTins hinterlassen.

' Die Bezeichnung munstere (1369) beweist für Ihre Grösse nichts.

Halberstadt (die JohaDniskirche: Ältester Bau) 371

gesamten Bau, eine basilihale Anlage ist also hier nicht mehr zu erkennen, und so lässt sich schliessen, dass der Bau bei der von den YorstäudeD der Kirche 1592 veranlassten Änderung (Wlnnigstedts Chronik p. 422) oder bei dem Neubau nach 1587 die Form einer Hallenkirche erhalten bat

Die Klostergebäude lagen überwiegend an der Nord- und Ostseite der Kirche. Erwähnt werden urkundlich das refectorium dominocum et puerorum 1309, das refectorium 1336, das Winterrefectorium 1363. Der Kreuzgang, über dem die Conventsräume sich befanden (Fig. 152) lag an derNordseite der Kirche.

Fig. 152.

Er mag wohl noch alt gewesen sein, wogegen der Convent, die nordöstlich gelegene Probsteikurie (eine frühere wird schon 1450 genannt) und die Qebäude im Osten der Renaissance angehörten. Der ganze Bezirk war wenigstens in früherer Zeit ummauert; aus ihm führte durch ein (später beseitigtes) Thor über eine Brücke der Weg zu dem gleichfalls ummauerten Begräbnisplatze (urkundlich 1486). Von Kapellen werden erwähnt: 8. Marien gegen 1204, S. Maria Magdalena 1320. Über die Lage der Schule ist nichts bekannt. Sie muss zeitweise in Verfall gewesen sein, , da "Winnigstedt (p. 373) berichtet, man habe sie 1522 wieder aufgebaut. An der Spitze stand ein Rektor, der zugleich Kantor war. Unterrichtet wurde in den freien Künsten, Griechisch und Hebräisch. Lektionsplan s. Nebe, Kirchen Visitationen p. 55. Das Haus des Johannis-Kalands lag südlich vom Thomaskirchhofe am Burchardithor 1318. Das Haus der Bruderschaft IT. L. Fr. zu S. Johann stand am Lichtengraben und war 1564 den Schützen als Eigentum überwiesen. Das Hospital S. Johannis, 1238 zuerst erwähnt, der h. Jungfrau geweiht, ist der Lage nach unbekannt; Bischof Ernst Hess es zerstören. 1553 wurde ein neues vor dem Kloster erbaut. Un- bekannt ist endlich, wo der Kapitelsaal (1606) sich befand. Von Glocken wird

372 HalbersiAdter Stadtkreis: Halberstadt (die Johanniskirche: zweiter und dritter Bau)

eine grössere nebst kleineren erwähnt 1309. 1394 wurde die grosse Glocke der Kirche von Holtemmenditfurt daselbst vom Kirchturm genommen und in der Kirche des Johannisklosters aufgehängt (s. oben p. 11). Eine Glocke wurde bei der schwedischen Zerstörung verkauft, die andern sind nach langem Streite gegen zehn Hufen Acker an die jetzige S. Johanniskirche gekommen. Da eine davon bald darnach zersprang, so sind jetzt nur noch drei übrig. Beschreibung s. unten bei Abschnitt G. Altäre finden sich gegen 1204 erwähnt Im Einzelnen werden genannt: der h. Kreuzaltar 1233; Marienaltar 1308; S. Anna 13*20; S. Katharina 1320; ein Altar, der nach Stiftung des Kanon, zu S. Pauli Burchard Pellel erbaut werden sollte zu Ehren der hh. Andreas, Stephanus, Vincenz, Euphrosyne und Maria von Ägypten 1339; S. Nikolaus 1340; 11000 Jungfrauen 1361.

Von sonstiger Kirchenausstattung gab es nach den Urkunden ein Ambo 1328;

eine Orgel 1309, 1350 (Reparatur derselben 1551) ; eine neue wurde Ende Juli 1607 abgeliefert und 1631 von den Schweden vernichtet; einen dreiarmigen Kandelaber in der Mitte des Ghors 1233; Reliquien des h. Johannes 1144; einen silbernen Kelch, Stiftung der Königin Richenza (f 1141) Gemahlin Lothars ni. (H.-Z. 1869, 2,3); Bischof Brantogs angebliche Kasula „darinnen er bey nahe 100 Jahr im Grabe gelegen, ist noch im Kloster S. Johannis, welche der Probst des Jahres einmal an seinem Anniversario anthut, und ist schwartz mit güldnen littem eingewircket" (Winnigstedt, p. 277); Ein Pallium aus unbekannter Zeit (H.-Z. 1869, 2, 1.)]. Noch manches andere wird bei Derling erwähnt: Tauf stein (s. unten bei C.), Gotteskasten, Gestühle, Luthers und Melanchthons Bildnisse, Grabsteine u. s. w.J.

B. Die alte St. Johanniskapelle am Grauen Hofe. Das Gebäude nebst dem zugehörigen Hofe war ehemals Eigentum der Grafen von Regenstein. Die Kapelle (unter dem Patronate der h. Margarete; genannt grisea capella) gehörte den Cisterziensern vom Kloster Michaelstein. Die vom Weihbischof Johann 1442 geweihten Altäre dienten der Verehrung der h. Margarete und des h. Jacobus d. J. Das jetzt noch erhaltene Kapellengebäude weist nichts dergleichen mehr auf. Es ist ein mit regelmässig geformten Sandsteinquadern verblendetes, kleines , rechteckiges Gebäude mit vier Fensterachsen (im Lichten lang 20,23 m ; br. 10,06 m). Ein Turm oder dergleichen fehlt Desgleichen ermangelt die Kirche jeglicher Kunstformen. Die Fenster sind lang, oben rundbogig gesclJossen und scheinen diese Form erst im 16. Jälirhundert erhalten zu haben, während die übrige Technik des Gebäudes diesem ein höheres Alter zuweist. Das Gebäude dient gegenwärtig als Militärmagazin.

C. Die jetzige St. Johanniskirche im Westendorfe. Durch ein Ende des 17. Jahrhunderts erbautes steinernes Thor, dessen (freilich schon längst kaum noch erkennbare) Inschrift neuerdings ganz beseitigt ist, gelangt man in den ge- räumigen Vorhof, auf welchem geradezu sich die Kirche mit ihrer Nordfront er- streckt, während rechts von ihr abgesondert der Glockenturm steht Er ist im unteren Teile aus Sandsteinquadem mit einfachem quadratischem Grundrisse er. baut, während der obere Teil in Fach werk ausgeführt ist Eine kleine Haube bekrönt ihn. Die Holzkonstruktion ist entsprechend dem Zwecke des Turmes ausserordentlich stark ausgeführt. Die vereinigten Wappen der Vogtei und des

Halberstadt (die Johanniskirche: Banbeschreibang, Ansstattung) 373

Westendorfes sind an der Ostseite angebracht Über die Glocken s. unten. Das Kirchengebäude ist ein höchst nüchtern erdachter langer Fachwerkbau; nur der Westgiebel, über welchem sich ein kleiner Dachreiter erhebt, ist von Stein. Der Chor ist in fünf Seiten des Zehnecks geschlossen. Die Fenster und Thüren stellen Nachahmungen gotischer Bauweise dar, zeigen aber keinerlei Eunstformen. Immerhin ist bemerkenswert, dass die Halberstädter Bevölkerung imstande ge- wesen ist, zu den Zeiten, als der dreissigjährige Krieg seine schlimmsten Formen angenommen hatte, an die Ausführung dieses Baus zu denken und sie auch wirklich, wenn auch noch so einfach, durchzusetzen. An eine eigentliche Aus- schmückung des Innern konnte freilich erst nach dem Kriege gegangen werden. Sie ist verhältnismässig reich ausgefallen und enttäuscht angenehm die nach dem Anblicke der Aussenseiten geringen Erwartungen des Eintretenden. Die Decke, der Kirche zeigt anmutige flache Kassettierungen in mannigfaltiger Zeichnung, welche stellenweise durch malerischen Schmuck noch stärker hervorgehoben wird. In gleicher Weise sind die Decken der Emporen behandelt, welche letzteren auf hölzernen Säulen ruhen, die z.T. in kräftiger "Weise geschnitzt sind.

Die Fenster sind heutzutage sehr einfach; einige sind mit modernen Glas- gemälden angefüllt. Von älteren Glasmalereien sind acht, in Schmelzfarben aus- geführte bürgerliche Wappen vorhanden, ferner zwei vielfigurige Scenen (Ver- kündigung bei den Hirten und Einzug in Jerusalem), datiert 1648, in derselben wenig bedeutenden Technik hergestellt, auch in der Zeichnung nicht hervorragend, aber als Beispiele des Verfalls der Glasmalerei kunstgeschichtlich interessant Vielleicht sind die beiden Stücke Reste einer grösseren Reihenfolge, oder Anfang zu einer solchen, die nicht vollendet wurde.

Der Altar ist ein vom Ende des 17. Jahrhunderts stammender, reich ge- schnitzter, etwas schwerer, aber schön gegliederter Aufbau, geschmückt mit Farben und Vergoldung. Seine drei Hauptteile enthalten übereinander je ein Ölgemälde, nämlich die Predella das Abendmahl, die Mitte die Grablegung Christi, der obere Teil die Kreuzigung. Die plastischen Figuren Mosis, Aarons (als Hoher- priester), der vier Evangelisten und andere schmücken das Werk und heben dessen Gliederung noch mehr hervor.

Die Kanzel ist etwas jünger und als Kunstwerk weniger bedeutend als der Altar. Sie trägt folgende zwei Inschriften:

1. Diese Canzel hat zur Ehre Gottes Herr Andreas Schmied Bau- meister Kirchvater vnd dieses Kirchenhaus wolverdienter Bauherr vor sich vnd seine heyde Eheliche Haussfrauen Anna Weinreben vnd Catharina Groben Seel 1653 setze lassen.

2. 1680 hat zur Ehre Gottes vnd Zierde dieser Kirchen diese Kanzel illustrieren vnd vermählen lassen M : Anton Schaum E. E. Rahts Müller alhier.

Die Kanzel ist reich geschnitzt, am Corpus mit biblischen Figuren geschmückt, polychromiert und vergoldet. Die sie tragende Säule stellt Johannes d, T. dar. Der Schalldeckel ist in passender Weise ausgeführt.

Die Orgel soll angeblich aus der Halberstädte^ Franziskanerkirche hierher übertragen worden sein. Sie zeigt hübsche Barockschnitzereien und das Wappen des Bischofs Heinrich Julius.

374 Halberstädter Stadtkreis: Haiborstadt (die Johanniskirche: Ausstattung).

Der Tauf stein ist ein überaus wertvolles Stück, Bronceguss des 13. Jahr- hunderts. Ob er noch aus der alten Klosterkirche heiTührt, oder von anders woher, ist nicht bekannt Der Fuss, der mit vier Löwenköpfen geschmückt ist, hängt mit dem Kessel nicht zusammen, zeigt auch eine andere Farbe seines Metalls (grünlich, während der Kessel gelb ist), so dass man annehmen darf, dass hier zwei ursprünglich nicht zu einander gehörige Teile gelegentlich vereinigt worden sind, (Abb. Fig. 153). Von zwei messingenen Kronleuchtern, deren

einer von 1692 datiert ist, der andere aus derselben Zeit herrührt, hat der erstere acht Arme um eine Kugel herum ; der andere deren vierzehn in zwei Etagen. Als Henkel dient dem ersteren ein Mann zu Bosse, dem zweiten ein nackter Mann mit einem Schwerte, der auf einem Adler reitet

Altargeräte: 1. Kelch, Silber, ver- goldet Höhe 046 m. Um den Hals steht üiria, am Knaufe IHESVS, unterhalb desselben ll|tlli(. Die Jahreszahl 1A91 steht an dem Fusse, der sechslappig ist

2. Kelch, ebenso, hoch 0,22 m. Fuss sechslappig mit zwei bürgerlichen Wappen. Am Knauf IHESVS. Datiert 1580.

3. Kelch , ebenso , hoch 0,24 m. Am sechslappigen Fusse eine silberne Kreuzi- gungsgruppe. Am Knauf e IHESVS. Datiert 1640. Keine Beschau- und Meisterzeichen.

4. Kelch, ebenso, hoch 0,19 m. Mit Kreuzigungsgruppe. Am Knaufe IHESVS 17. Jahrhundert

5. Patene. Durchmesser 0,16 m. Mit Vierpass, am Bande ein graviertes Krouz. Halb. 'er Beschau, Meisterzeichen MG.

6. Desgleichen, ebenso mit vertieftem Sechspass.

7. und 8. Desgleichen. Alle übrigen Geräte sind modern.

Li der Sakristei befindet sich ein kleines, in Holz geschnitztes Relief (lang 0,45 m, hoch 0,35 m), polychromiert In der Mitte des Vordergrundes der gekreuzigte Heiland, neben ihm und in der Landschaft des Hintergrundes biblische Scenen und religiöse Allegorien. Unten zwei Wappen und die Anfänge verschiedener Bibelsprüche. Das Ganze ist von einer flachbogigen Architektur eingeschlossen. Gute deutsche Arbeit von etwa 1550.

Von den sämtlich ausserhalb der Kirche befindlichen, nicht zahlreichen Epitaphien sind nennenswert das des Kämmerers Georg Koggel (f 1697), in Sandstein gearbeitet, ebenso wie das des Ehepaars Melchior Runckel (+ 1687) und Elisabeth Dolsch (f 1710); letzteres zeigt eine grosse Architektur mit der rund gearbeiteten geflügelten Figur des Todes.

TJV.

Fig. 158.

Halberstadt (Johanniskirche : Olocken St. Moritzkirche: Geschichte) 375

Von den auf dem oben beschriebenen Turme hängenden drei Olocken zeigt die erste die Inschrift

AVe fllÄRLBL 6RÄCLBL PL€HÄ

Sie ist ein Werk des 14. Jahrhunderts. Höhe 1,15 m, Durchmesser 1,08 m.

Die zweite hat die Minuskelinschrift: ano dni MCCCCXCVII - ave maria consolor - viva fleo - mortva pello nociva - vox qvia - svm marie voco vos orate venite amen Mit den in den Mantel- ge- ritzten, also auf der Glocke in erhabenen Linien stehenden, 0,40 m hohen Bildern Johannis d. T. und Johannis d. Ev. Höhe 1,27 ra, Durchmesser 1,35 m.

Die dritte ist aus einer älteren 1833 von H. Engelcke in Halberstadt um- gegossen. Durchmesser 1,40 m.

Auf dem Kirchenboden befinden sich Beste Ton Skulpturen, unter denen ein Kruzifixus von höherem Werte ist und vielleicht hergestellt werden könnte. Ausserdem findet sich dort das leider beschädigte, zierlich gearbeitete Modell der Kirche.

5. Die St. Moritz- (Bonifatius-) Kirche

Quellen und Litteratur: UrkundeDbuch der Kollegiatstiiter St. BoDiÜEu^ii und St. Pauli in Halberstadt. Bearbeitet von Dr. Gustav Schmidt im Auftrage der HiBtorischen Kommission der Provinz Sachsen. Halle a. S. 1881. Hartmann und v. Quast , in der Zeit- schrift för christliche Archäologie und Kunst II., 280—83. v. Mülverstedt, in derHarzzeit- schr. 1872,p.26f. Elis, ebendaselbst 1886, p. 17 ff. -• Otte, romanische Baukunst p. 560f. H.-Z. XVI, 250.

Oeschichte. Bischof Brantog (s. o. Seite 168) von Halberstadt gründete 1034 das Kloster S. Bonifatii, als er von seiner Keise nach Palästina zurückkehrte ausserhalb der Mauern der Stadt in dem damals noch bestehenden Dorfe Boss- leben. Über die Geschichte dieser Gründung und die der Kapelle, welche später als Rest des Klosters dort verblieb und noch, jedoch nicht mehr im ursprüng- lichen Zustande, besteht vgl. oben p. 8 Kapitel Wüstungen. Wegen der Lage des Stiftes, welche es ähnlichen Gefahren aussetzte, wie sie das Johannesstift (s. 0.) auszustehen hatte , siedelten die Kanoniker 1237 oder 1238 in die Stadt über, wo ihnen unter Bestätigung seitens des Bischofs Ludolf durch den Dom- probst, späteren Bischof Meinhardt (s. p. 173) die bisher dem Domkapitel gehörige Kirche St Mauritii am 22. Juli 1237 abgetreten worden war. Von dieser Zeit her stammt der Bang des Stiftes als Kellegiatstift regulierter Augustiner- Chorherrn. Auf den zugehörigen Ländereien innerhalb der Stadt wohnten die Kanoniker, nachdem sie für die Entwässerung der feuchten Gegend gesorgt hatten (mittels eines durch die Stadtmauer geschlagenen, in die Holtemme führenden Abzugskanals) und erbauten die für ihre Zwecke erforderlichen Ge- bäude. Der in der Stadt belegene Kirchhof wird 1313 genannt.

An der Spitze des Kapitels stand der Probst, welcher zugleich Archi- diakon des Bannes Hecklingen war; neben ihm der Dechant, als erster der Kanoniker, deren es zwölf gab. Der zweite bekleidete das Amt des Kustos, die übrigen walteten als Schatzmeister , Kellerer u. s. w. und führten auch die zu- sammenfassende Bezeichnung magistri. Über die Art der Wahl aller dieser Personen gab es bestimmte Vorschriften, deren genaue Wiedergabe hier zu weit

376 Halberstftdter Stadtkreis: Halberstadt (die St. Moritzkirche: Geschichte Stiftsgebände)

führen würde. Man vergleiche darüber den Text im Urk.-B. v. St Bonif. p, 284 ff. Einige Änderungen der Statuten erfolgten 1584 (daselbst p. Ü94). Ein neu ein- tretender Kanonikus hatte (wie 1362 yersichert wird, nach altem Gebrauche) 4 Mark an die Kirche zu zahlen; 1484 zahlte er 30 rheinische Gulden zum Kirchenbau, 3 Mark für den bischöflichen Dienst und 2 rheinische Gulden an den Kämmerer für die Kleidung. Personen unehelicher Geburt oder Ausländer wurden nicht angenommen. Jeder hatte ausser den Pflichten seines geistlichen Amtes (dessen Erfüllung übrigens in der Mitte des 14. Jahrhunderts so lässig betrieben wurde, dass Massregeln dagegen nötig wurden) für seine Kurie zu sorgen und sie in gutem baulichen Zustande zu erhalten. Unterliess er es, so führte das Kapitel den Besserungsbau zwangsweise aus. Unerlaubter Abbruch oder Verkauf war verboten. Die Einnahmen der Kapitelmitglieder können hier nicht genauer er- läutert werden; näheres enthält die Einleitung des Schmidt'schen Urkundenbuches. Das Kapitel war im Mittelalter mit dem des St. Paulstiftes so eng ver- bunden, dass oft die Vikare einer Kirche die der andern im Amte vertraten. Vikare gab es zuletzt dreizehn, nachdem ihre Zahl sich allmählich gesteigert hatte. Die sogenannte Probstvikarie wurde bei .dem Umzüge 1237 eingerichtet Jeder neue Vikar zahlte 2 Mark Antrittsgeld. Einzelnes über die Vikarien vergl. unten bei der Besprechung der Altäre. Die zu gegenseitiger Geldunterstützung geschlossene Brüderschaft der Vikare erhielt eine Bestätigung ihrer Statuten 1358 durch Bischof Ludwig. Die Vikare hielten nur zweimal im Jahre Singe- messen, sonst nur stille (seit 1305); nur der Pfarrer war ausgenommen. Die Wahl dieser letzteren Person, deren Wirkungskreis über die Stadtmauern hinaus- reichte, oblag zuerst dem Domprobste, dann weil es Unzuträglichkeiten herbei- führte, dem Kellerer, bis das Amt, dem es an einer rechten Organisation fehlte, 1457 von Bischof Burchard dem Stifte einverleibt wurde. Dieseä unterhielt die Pfarre bis 1542, worauf sie unter Obhut des Rates überging, als das Moritzstift reformiert wurde.

Das Siegel des Kapitels beschreibt v. Mülverstedt a.a.O.

Konservator des Stiftes war seit 1476 der Bischof von Brandenburg, Sub- konservatoren die Officialen von Halberstadt und Magdeburg, dieDechanten von St. Blasii in Braunschweig und St Pauli in Halberstadt Aldermannen fprovisores sive vitrici seu aldermanni), zwei an der Zahl, werden wiederholt genannt.

Die Stiftsschule, an der Mauer der Stadt gelegen, führte ihre Existenz bis zur Reformation und war 1564 ausser Betrieb.

Der Union der Stifter trat das Bonifatiusstift 1250 und zum zweiten male 1369 bei. 1540 erhielt die Moritzkirche den ersten evangelischen Prediger. Seine Wahl erfolgte unter Zustimmung des Rates durch die Alderleute und die vor- nehmsten der Gemeinde. Daneben hörte aber die Existenz des katholischen Domkapitels nicht auf; der evangelischen Gemeinde war die Benutzung des Kirchenschiffes bis morgens 8 Uhr gestattet; den Chor behielt das Kapitel für sich. Ein Orden für die Kapitelmitgüeder wurde 1787 gestiftet Die Aufhebung des Kapitels erfolgte 1810.

Von zu dem Stifte gehörigen Gebäuden werden erwähnt

a) Kapellen: St. Nikolai 1327, südöstlich an der Kirche; abgebrochen 1818; Fundamente nachgewiesen 1885; St. Martini 1416; St. Anna (gestiftet vom

Halberstadt (die St. Moritzkirche: Stiftsgebäade Baageschichte) 377

Kanonikus Arnold Dompnitz), die Weihe imtemahni der Weihbischof Matthias von Gada; Ablass für sie wurde 1502 gewährt; Altäre in ihr (nach Elis): St. Crucis, St. Valentini, Kosmae und Damiani, Barbarae und ApoUoniae; die Kapelle der Vikare 1508.

b) Andere Bauten: der Kreuzgang 1241; er lehnte sich nördlich an die Kirche an, wo an der äusseren Chorwand noch jetzt die Spuren zweier Gewölbe- ansätze zu erkennen sind; sie lassen darauf schliessen, dass der Kreuzgang eine lichte Höhe von etwa 2,90 m besass, während die Bögen sich ungefähr 2,70 m weit spannten. Demgemäss dürfte auch die Breite des Kreuzganges eine ähn- liche gewesen sein; die Ausdehnung seines Vierecks, der Umfang seines inneren Hofes u. s. w. lassen sieht nicht mehr feststellen, da an seiner Stelle sich jetzt der Kirchhof der Gemeinde befindet. Abgebrochen ist der Kreuzgang 1818. Der Schlafsaal der Schüler mit einem daneben liegenden heizbaren Kaume, pirale genannt, zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts; der heizbare Kemter 1481; eine Kurie mit Hofeingang in den Kreuzgang 1481; der Kapitel- saal 1484; das Haus der ersten Vikarie 1496. Die Sakristei, nach Elis, in der Ecke zwischen Chor und nördlichem Querschiff belegen. Auf sie bezieht sich die von Elis wiedergegebene Inschrift: renovatum est hoc sacrarium sum- ptibus reverendi capituli anno Christi M . D . C . XXIU . mense augusto magistro fabricae Johanne daltzsche canonico seniore huius ecclesiae. Die zum Stift gehörigen Gebäude bildeten einen Komplex westlich von der Kirche bei einem Gässchen, welches Schling genannt wurde (nicht zu verwechseln mit dem Schling bei der Martinikirche, s.o. S. 217). Das Haus des Pfarrers lag in der Gröperstrasse an der Ecke, wenn man sich vom Kirchhofe nach Süden wandte.

Baugeschichte. Wie erwähnt, zwang die Unsicherheit der Lage des Moritzstiftes ausserhalb der Stadt zur Übersiedelung in dieselbe. Die bereits vorhandene St. Moritzkirche wurde in Besitz genommen, und die Übertragung der Reliquien bildete den Schluss des Umzuges. Das durch den Kanonikus AViller gestiftete Fest dieser Translation wurde seitdem alljährlich am 15. September feierlich begangen. Bald zeigte sich die Notwendigkeit eines Umbaus der Kirche, welche sich in ganz schlechtem Zustand befand. Die oberen Geschosse der Türme, sowie die gesamten Umfassungsmauern von Schiff und Chor, einschliess- lich der Oberlichter des Mittelschiffes sowie des Bogens, welcher aus dem Turme in das Mittelschiff führt, und der Bögen, welche die Vierung begrenzen, be- durften völliger Erneuerung. Diese wurde im Sinne des damals herrschenden Baugeschmackes, also des Überganges ausgeführt. Die das Mittelschiff be- grenzenden Arkaden liess man stehen, wiewohl sie ihrer unregelmässigen Anlage wegen wohl auch einer Erneuerung wert gewesen wären. Die Un- aufmerksamkeit, mit welcher man einst die älteste Moritzkirche gebaut hatte, trägt die Schuld an den mancherlei noch jetzt bemerkbaren Fehlem. Nicht bloss, dass das Mauerwerk der Turmuntergeschosse rauh und unregelmässig ist und die kreisrunden, westlich angebrachten Fensterluken ausserhalb des Mittelpunktes der Mauern angebracht wurden, sondern es hatten die Erbauer der ältesten Kirche auch unterlassen, die Abmessungen des Schiffes sorgfältig vorher fest- zustellen. Als sie daher anfingen, von der Mitte des verfügbaren Raumes aus

378 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die St. Moritzkirche: Bangeschichte)

Fig. 154.

Halberstadt (die SiMoritzkiiche: ßaageschichte)

379

das Mittelschiff gegen den Turm und die Yierung bin zu bauen (wobei eine Ab- weichung der Längsachse nach Süden unbeachtet blieb) (Fig. 154), mussten sie alsbald bemerken, dass der gewählte Pfeilerabstand (rund 2,85 m) zu einer regelmässigen Arkadenstellung falsch gewählt war. Dies wurde der Grund, dass gegen die Turm wand hin die Pfeilerabstände zunehmen, gegen die Vierung hin abnehmen mussten. Auch die gewählte Scheitelhöhe der Bögen wurde nach beiden Seiten hin verringert und so herbeigeführt, dass statt des beabsichtigten leichten Ein- druckes das Schiff einen plumpen und schwerfälligen macht Es waren wohl Sparsamkeitsrücksichten, welche das Kapitel zwangen, diese unregelmässigen Teile, da sie noch brauchbar waren, desgleichen die Bögen, die aus den Seiten- schiffen nach dem Querhause führen, beizubehalten. Um die Aufbringung des Geldes war man von Anfang an in Verlegenheit. Auf mancherlei Art wurde

Fig. 155.

wenigstens dem dringendsten Bedürfnis genügt. Wie das Necrologium berichtet, hat gegen Ende der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts der Priester Heinrich von Molenburg die Fundamentierung der neuen Anlage bezahlt und das Schlaf- haus erbaut. Die Stadtgemeinde überwies 1241 gewisse Strafgelder an die Bau- kasse; um 1237 schenkte der Kanonikus Elger 10 Mark und 1255 überwiesen der Kanonikus Magister Heinrich, der Kanonikus Zacharias und der Diakonus Everwin ähnliche Summen; Papst Innocenz IV. bewilligte 1246 einen Ablass, welchem sich weitere Ablässe 1249, 1252, 1254, 1258, 1259, 1260 anschlössen. Im Jahre 1273 war der Bau noch nicht fertig, stockte vielmehr wegen Geld- mangel. Wiederum folgten Ablässe, vier im Jahre 1273, einer 1275, drei 1283, einer 1284. In dieser Zeit heisst es, die Kirche sei erbaut, ob damit aber gesagt sein soll, sie sei fertig gewesen, geht daraus nicht hervor. Noch ein Ablass folgte 1291, dann schweigen die Nachrichten bis ins 15. Jahrhundert, wo wir hören, dass zur Überwachung des baulichen Zustandes eine aus drei Mitgliedern

380 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die St. Moritzkirche: Baugeschichte)

(dem Dechanten und zwei Kanonikern) bestehende Baukommission andauernd weiter bestand. Die laufenden Ausgaben für Ausbesserungen und dergl. wurden aus der Bauamtskasse bestritten, die 1484 erwähnt wird. Sie hatte ihre be- stimmten Einkünfte aus gewissen Beiträgen, welche die Kanoniker bei ihrem Amtsantritte zu zahlen hatten, ausserdem durch Sammlungen, welche der Diener der Alderleute in der Kirche umhergehend an den vier hohen Festen und sonst zusammenbrachte. Eingreifende Änderungen fanden das ganze Mittelalter hin- durch an der Kirche nach jenem ersten Umbau nicht mehr statt, vielmehr blieb das Gebäude bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in jenem alten Zustande, den es im 13. Jahrhundert gewonnen hatte. 1843 zwang der zunehmende Verfall zu einer gründlichen Herstellung des Baus. Leider wurde diese Arbeit in durchaus unzweckmässiger, Verständnisses barer Art unternommen. Der zu spät ge- kommene Widerspruch des Konservators v. Quast und dessen Verlangen, dass alles wieder in den alten Zustand gebracht werden sollte, blieben erfolglos. Auf das Einzelne der begangenen Fehler einzugehen, würde zu weit führen; nur erwähnt sei u. a., dass die östliche Chorwand ihrer drei Fenster beraubt wurde und statt deren zwei unverhältnismässig grosse, unharmonisch wirkende erhielt Wie die alten Fenster aussahen, veranschaulicht die Abbildung, welche aus Ottes romanischer Baukunst entnommen ist (Fig. 155). 1886 wurde die Kirche von neuem geändert, wobei besonders das Querschiff und die Dachkonstruktion erneuert wurden. Mehrere schöne Ausstattiingsgegenstände (Kanzel, Taufstein etc.) wurden dabei leider beseitigt. Bei dem Anbau der Sakristei (deren Lage aus dem am Anfange dieses Kapitels befindlichen Situationsplane ersichtlich ist) wurden Fundamente freigelegt. Interessant waren die bei dieser Restaurierung gemachten Funde, über welche Elis wie folgt berichtet: „Beim Abbruch des Portals im nördlichen Querschiffe fand man die Gewände aus alten mächtigen Säulenkapitälen gearbeitet, die ihrer Formgebung nach sich als korinthische, ähnlich wie die der Krypta der Schlosskirche zu Quedlinburg resp. der Kirche zu Gernrode zeigen. Sie gehören zu Säulen von etwa 55 cm oberen Durchmessers. Weitere Koste fanden sich im oberen Mauerwerk des südlichen Querschiffes: Bogenstücke von Graustuck von etwa 40 cm Durch- messer und 18qcm, deren Ijoibung und beiderseitige Stirnflächen mit einer primitiven Bemalung auf dem bläulich aschfarbenen Grunde der Masse durch schwarze Conturlinien und rote Ausfüllung behandelt sind. Um die Bogen halt- bar zu machen, sind Holzstücke eingegossen. Auch ein zu diesen Bogen ge- höriges Kapitälchen hat sich erhalten. Die Bogen mögen als Krönung von Chor- schranken oder dergl. in der alten Kirche gedient haben." Elis vergisst zu berichten, dass sich in dem Mauerwerke auch sogenannte Schalltöpfe, über deren vermutliche Bestimmung im Handbuche der kirchlichen Kunstarchäologie von Otte-Wemicke (5. Aufl. Band 1, S. 45) gesprochen wird, sich vorfanden. Was Elis aus den gefundenen Säulenkapitälen für die ehemalige Gestaltung der Moritz- kirche folgert, als einer Basilika, in welcher Pfeiler und Säulen abgewechselt hätten, findet in den thatsächlichen Verhältnissen der Kirche keine Begründung. Bereits benutzte Werkstücke (desgl. Balken, die schon anderwärts im Verbände gewesen waren) sind im Mittelalter oft benutzt worden, ohne dass dies auf einen ursprünglichen Zusammenhang mit dem Bauwerk weist, wo man sie neu verbaute.

Halborstadt (die Sfc. Moritzkirche : Baabeschreibang) 381

Baube Schreibung (Fig. 156). Die beiden Türme erheben sich mit einer Grundfläche von je 5,90 qm bis zu einer Höhe von 33,80 m, während der Zwischen- bau bis zu 24,50 m emporsteigt. Seine Breite im Vergleich zu der geringen Hol» der frei aufsteigenden Turmgeschosse (von der Firstlinie des Mittelbaus an nur noch 4m, zu welchen noch die 5,50m Höhe der Walmdächer der Türme hinzukommen) verursacht einen für das Auge nicht eben befriedigenden Eindruck, Die bemerkbare Plumpheit der Turmpartie wird in den unteren Geschossen durch nichts gemildert, die beiden an der Westfront übereinander befindlichen kreis- runden Luken, deren innerer Durchmesser nur rund Im ausmacht, tragen viel- mehr zur Erhöhung dieses Eindruckes bei. Nebenher sei bemerkt, dass die untere Luke bereits in romanischer Zeit an die Stelle eines ehemals dort befindlichen gekuppelten romanischen Fensters getreten ist, dessen Gewände noch teilweise zu erkennen sind, und welches wohl angenehmer gewirkt haben mag als der jetzige Zustand. Eine Belebung und Erleichterung der schwerfälligen Masse wird dagegen in wirksamer Weise im obersten Geschosse der Türme bezw. des Mittelbaus hervorgebracht durch die Spitzbogenfenster, welche bei dem Umbau in der Mitte des 13. Jahrhunderts hergestellt worden sind. Es sind ihrer auf jeder Turmseite eins. Dies wird durch eingesetzte Steinplatten, welche sich auf eine schlanke, mit einfacher Basis und ebensolchem Kapital vei*sehene Mittelsäule stützen, in zwei oben im Eleeblattbogen geschlossene schlanke Abteilungen getrennt. Der Mittelbau hat auf jeder Seite (östlich und westlich) je 4 ebenso beschaffene Fensteröffnungen, also in jeder Reihe 8 Kleeblattbogenöffnungen. Die oberen Geschosse der Türme zeigen sorgfältige Quaderverblendung, während die Yerblendung des unteren Teiles aus unregelmässigen Bruchsteinen besteht. Steinmetzzeichen fehlen im untern Teile gänzlich, sind aber auch bei den frühgotischen oberen Teilen nicht nachweisbar. Die Walmdächer der Türme sind in unserm Jahrhundert durch angehängte Gaupen verunziert worden. Das Innere des Turmbaus bietet nichts Bemerkenswertes mit Ausnahme des früh- gotischen Gewölbes, welches die unterste gegen das Langhaus geöffnete Halle eindeckt. Es stellt eigentlich ein Kreuzgewölbe vor, doch ist dies zu einer sehr merkwürdigen Erscheinung gelangt. Während nämlich entsprechend dem in das Langhaus führenden Spitzbogen eine entsprechend breite Gewölbefläche den Turm in westöstlicher Richtung durchsetzt, ist das nordsüdliche Gewölbe viel schmäler als die Turmwände, auf welche es sich beiderseits stützt, und das Gewölbe sieht infolgedessen aus wie ein spitzbogiges Tonnengewölbe, in welches zwei lange keilförmige Schlitze beiderseits rechtwinklig hineingearbeitet worden wären, welche sich mit ihren Spitzen im Scheitel des Gewölbes treffen.

Das Langhaus ist dreischiffig, die Breiten verhalten sich wie 2:3:2; es legt sich im Osten dagegen ein einschiffiges Querhaus, an welches sich ein Chor- raum von nicht gewöhnlicher Länge anschliesst, der östlich in gerader Linie geschlossen ist. Der Bau ist eine einfache Pfeilerbasilica. welche trotz veränderter Massverhältnisse eine nicht unbedeutende Ähnlichkeit mit der ältesten Liebfrauen- kirche von Halberstadt aufzuweisen hatte, deren wiederhergestellter Grundriss auf S. 311 verglichen werden kann. Über die Unregelmässigkeiten der Pfeiler- abstände, über die Achsenabweichung des gesamten Baus gegen den Turmbau und sonstige Nachlässigkeiten der Ausführung ist schon oben gesprochen worden.

382 HalberstAdter Stadtkreis: Halberstadt (die St. Moritzkirche: Baabeschreibang)

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Fig. 156.

Halberstadt (die St. Moritzkirclie : Baabeschreibang Glocken) 383

Für die Betrachtung im Einzelnen verweise ich auf den beigefügten Grund- riss.^ Sowohl den erhalten gebliebenen ältesten Teilen als auch denjenigen, welche bei den Umbauten im dreizehnten bezw. im neunzehnten Jahrhundert hinzugekommen sind, fehlt es an irgend welchen Bedeutenderen Sehmuckformen.

Vor den Kapitalen der Säulchen, welche die drei Abteilungen des ehe- maligen grossen östlichen Chorfensters trennten, giebt Otte (Romanische Baukunst p. 561 nach v. Quastes Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst, B. 2) eine Anschauung, welche beweist, dass sie ein wenig reicher waren als die in den Turmfenstem. Ebenfalls von grösster Einfachheit sind die noch erhaltenen Kämpfer der Arkadenpfeiler im Langhause, welche trotz der verschiedenartigen Scheitelhöhen der Scheidbögen alle in einer Horizontale liegen. Sie bestehen nur aus einer Platte mit darunter befindlicher Holükehle.

Sämtliche Fenster der Kirche haben spitzbogige Form, z. T. noch aus mittel- alterlicher Zeit, z. T. neuerdings angepasst

Die Räume der Kirche sind wahrscheinlich niemals eingewölbt gewesen und sind auch jetzt flach mit Holz gedeckt

[In den Chorraum hat vermutlich von der Sakristei (nördlich) und der Nikolaikapelle (südlich) ehemals je eine Thür geführt, deren Spuren verloren sind. Sie waren dem h. Kreuz bezw. dem h. Matthäus geweiht; die letztere durfte nur von den Kanonikern benutzt werden.]

Die Fenster zeigen einige moderne Glasmalereien.

Glocken. [Einen Glockenläuter, campanarius, gab es bereits gegen 1258.] Yon den jetzt auf den Türmen befindlichen vier Glocken zeigt

1. die grösste (Dm. 1,26m) die zweizeilige Majuskelumschrift: ANNO* DNI - M - CG CXV . IUI- NÖN AV5+FACtV - EST HOC - OP9 P- MAN^MAÖRl- lORiS S MAVRICIVS - Ausserdem befinden sich auf der Glocke 6 Bilder: der h. Mauricius zu Pferde; 2 Heilige; Löwe mit einem Drachen kämpfend; zwischen zwei Türmen die M^adonna; Siegelabdruck mit St. Bonifatius (sitzende Figur). (Halb. Urk. B. 1, 356a.)

2. Dm. 1,14 m. Majuskelinschrift:

P . CRVCI8 . H . SIQNV . + FVGIÄT . ,PCVL . 5C . MÄUGNVga . OB . TVO . XP€ . BN6ICS . SIT . LOC9 . ISTe.

(Per crucis hoc Signum fugiat procul omne malignum. Ore tuo Christo benedictus sit locus iste.) An der Wandung, ziemlich in der Mitte, zieht sich in kleineren Majuskeln die weitläufig verteilte Datierung : A D M CG L X X X I. Die Glocke ist somit die älteste datierte von Halberstadt (Halb. Urk. B. 1, 159.)

3. Dm. 0,56. m. Minuskelinschrift : anno domini m ccc ix - Christi -canta - bona (Halb. Urk. B. II, 731. H.-Z. 1876 p. 293.)

^ Zur Erklärung des Grundrisses sei hier bemerkt, dass die Nordwand des Querhauses ein ebensolches Portal aufweist wie die Südwand. Doch sind nördlich die beiden über diesem Portal befindlichen Fenster gezeichnet worden, um auch deren Ebcistenz klar zu machen. Die beiden ebensolchen Fenster, welche über dem Portal der Südwand angebracht sind, mussten, da hier das Portal gezeichnet worden ist, fort bleiben.

1

384 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (St Morltzkiiehe: Altargeräte Chorgestahl)

4. Dm. 0^6 m. Minuskelinschrift: ave maria - graci+anno - domini - m ccc Ixx vi. Mit 3 Heiligenbildchen und 3 Münzabdrücken. Nr. 1 , 3 und 4 hängen im südlichen, 2 im nördlichen Turme.

Altäre. [Urkundlich finden Erwähnung: der h. Kreuzaltar 1236, dessen Standort Elis auf der Grenze von Schiff und Chor annimmt; der Marienaltar, 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts; von neuem gestiftet durch den Kanonikus Heinrich Schreiber von Köln, Anfang 14. Jahrhundert; St Johannis Evang., gestiftet 1294 vom Tikar Alverich, unter Patronat des Dechanten und des Kapitels; St Moritz 1294, jedenfalls der Hochaltar ; St Matthäi und Katharina, vor 1297: St Petri Apostoli, St. Stephan und St Ulrich, gestiftet 1282 vom Kanonikus und Küster Konrad von Aldendorp; Allerheiligen , in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, gestiftet vom Kanonikus Ludolf von Kissenbrück; St Georg 1325; St Margarete 1366; St Nikolai 1404; St Lorenz 1448; ein neuer Altar in der „Affsyden" nach dem Kreuzgange zu, 1528.

Von Vikarien werden genannt die des Georgaltares 1332 unter Patronat des 11. Kanonikus; St. Andrea unter Patronat des Domkelleres, seit 1376 des Probstes von St Bonifatius; St Petri 1395 unter Patronat des Kapitels; des Allerheiligenaltars (12. und 13. Vikarie) 1452; St Nikolai 1494; St Matthäi 1534.]

Der jetzige Altar ist modern; rechts und links von ihm befinden sich Durch- gänge, die ebenso wie die Bekrönung des Altargemäldes einfaches spätgotisches Schnitzwerk zeigen, welches von der ehemaligen Lettnerwand stammen soll.

Altargeräte. [Das Nekrologium (Febr. 13) erwähnt einen goldenen Kelch. Einen Kelch für den Kreuzaltar stiftete um 1264 1269 der Kanonikus Dietrich V. Nordhausen. Von einer Monstranz wird 1547 berichtet]

1. Kelch, Silber vergoldet, mit Kruzifix am sechslappigen Fusse. H. 0,26m

1633. Halberstädter Beschau; Meisterzeichen

2. Kelch, Silber vergoldet. H. 0,24 m. 1725. Halberstädt. Beschau ; Meister- zeichen N^i'

3. Kanne, Silber. Oben auf dem Deckel die plastische Figur des Lammes mit der Fahne. H. 0,27 m. 1672. Keine Beschau ; Meisterzeichen ^KB)

4. Broncene Taufschüssel, ohne Schmuck, 17. Jahrhundert

5. Zinnernes achteckiges Weingefäss, 1748.

Chorgestühl. Im Chor befinden sich rechts und links Gestühle (mit je acht Sitzen, unterhalb deren sich einfach konsolenartig geschnitzte Miserikordien befinden) mit schön, wenn auch etwas schwer geschnitzten Wangen. Sie zeigen rechts vom übereinander die Figuren des h. Andreas und des h. Stephanus, links des h. Bonifatius und h. Moritz ; hinten rechts den Ecce Homo, links die Madonna. Die Schnitzereien der vorderen Wangen sind durchbrochen gearbeitet, die der hinteren (gegen die östliche Chorwand stehenden) sind massiv. Die oben befind- lichen Giebel sind schwer und ausdrucksvoll. Besonders schön ist das Laubwerk (Fig. 157). Dieses ist auch von hervorragendem Werte bei zwei anderen Gestühl-

Halbffirstadt (die 3L Horitaldrche: Kanul Orgel Taufstwo Eroolenohter) 385

Wangen, welche von ihrem ursprünglichen Orte entfernt und im nördlichen Quer- schiffarme aufgestellt sind.

[Nachrichten über ältere Chorstühle enthalten die Urkunden bereits 1264 und 1332.1

£anzel. [Ein ambo urkundlich erwähnt 1297.] Die im Gebrauch befind- liche Kanzel ist modern. Auf dem Eirchenboden befinden sich die Beste der früheren, aus dem 17. Jahrhundert stammenden, welche innerhalb von halbkreis- förmig geschlossenen Blendnischen die 4 Evangelisten in flachen Reliefs zeigt.

Orgel. [Erwähnt bereits in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts und dann Öfter.] Die jetzige Orgel ist ein mit den Jahreszahlen 1786 und 1 787 bezeichnetes , mit schweren aber schönen Schnitzereien verziertes Werk. Bemerkenswert sind daran die Figuren des h. Bonifatius und h. Moritz, sowie acht Wappen, von denen anzunehmen ist, dass sie den Stiftern der Orgel angehören. Es sind ihrer oben drei mit folgenden Namens- bezeichnungen :

August Friedrich Weste, Decanus

Died. Ernst Spiegel von und zu Pickelsheim, Präpositus

Eman, Franz Budolphi, can. sen; in der Mitte fünf mit folgenden Namen;

Friedr. Carl Philipp v. Kahle, Canonicus

Carl Wilh. Alexand. t. Wahl, Canonicus

Ludew. Alexand. t. Wreech, Can. subsenior

Christ Friedr. v, Weyracli, Canonicus Fig. 157.

Job. Am. Kopstadt, Canonicus.

Taufstein. Am 17. Januar 1610 wurde ein neuer Taufstein zuei-st in Benutzung genommen, welcher an Stelle eines alten von dem Bürger Hans Eramme gestiftet worden war. Das aus Sandstein gearbeitete, mit Voluten, Engels- köpfeo , Beliefs der Evangelisten u. s. w. reich verzierte Renaissancewerk ist 1886 aus der Kirche entfernt und liegt jetzt gänzlich verwahrlost und zerbrochen nuf dem Kirchhofe. Es zeigt eine bemerkbare Verwandtschaft mit dem oben p. 4H abgebildeten Taufsteine aus Haralebeii, welcher vermutlich von demselben Meistor herrührt wie der im Herzogl. Museum zu Braunschweig befindliche Taufstein von Vorsfelde (vergl, Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogtums Braunsehweip:, 1, 151 nebst Tafel 18). [Rings um diesen Taufstein ging ehemals ein verschlossenes Gitter.] Der jetzt im Gebrauche befindliche Taufstein ist modern.

Die Kirche besitzt zwei schöne Kronleuchter aus spätmittelalterlicher Zeit. Der grössere, 1,89m im Durchmesser, ist aus Bronce überaus kunstvoll gegossen. Von einem 0,21 cm hohen durch eiserne Ringe versteiften Reif springen sechs Ttlrmcben als Leuchterträger vor, während 18 Kerzen auf eben soviel Giebelchen aufgesteckt werden können. Zwischen den grösseren Türmen befinden sich immer drei solche Giebel, zwischen welchen wieder zwei kleine Türmchen

386 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die St. Moritzkirche: Reliqaien ~ Bildwerke)

über Eck aufgestellt sind. Bewunderungswürdig ist der grosse Reichtum der Phantasie in den überaus zart gearbeiteten Masswerken. Die gleichfalls durch- brochen gearbeitete Inschrift lautet anno dni m cccc Ixxx viii pfetu est hoc op9 1 die ste margrete vgls.

Der kleinere Kronleuchter (Fig. 158) von 1,30 m im Durchmesser, ist von Schmiedeeisen und in spätgotischer Ornamentierung ausgeführt. Die Einteilung wird durch Fialen gebildet, von denen jede eine Lichtertülle trägt (der Deutlichkeit

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Fig. 158.

halber sind auf der Abbildung nur zwei von diesen gezeichnet worden). An einer Abteilung befindet sich die Inschrift: l1j$ 1517. [Drei vor dem Altar befindliche Kronleuchter werden schon im 13. Jahrhundert erwähnt.]

[Reliquien werden Anfang des 13. Jahrhunderts und 1297 erwähnt; zu ihnen gehörte als besonders wichtiges Stück ein Arm des h. Moritz.]

[Von wertvollen Webereien erwähnen die Urkunden: Mäntel (cappae) 1214; einen Mantel von blauem Sammet, einen leinenen Altarvorhang, eine Decke von gi-ünem Nesseltuch, Geschenke des Presbyters Jugardus, gegen 1230 (Necrologium Febr. 12.); einen Mantel von rotem Sammet und einen Teppich gegen 1297; Mitte des 14 Jahrhunderts schenkte der Diakon Albert von Winnigstedt tapetum magnum et II linteamina bona, calcitram rubeam de syn- done et unam massam sericam coloris fyole ad faciendum preparamenta (Necrol.) ein Kissen von grüner Farbe, Geschenk des Domdechanten Dietrich Dompnitz, vor 1458; eine Alba, ein Manutergium, eine sehr gute Stola, ein grosses Fastentuch und viele andere Gegenstände, geschenkt von einer Laiin Gertrud aus Danstedt, 13. Jahrhundert? (Necrol. März 27).]

Bildwerke. [Ein 1490 erwähntes Madonnenbild ist nicht mehr nachweisbar.]

An den westlichen Vierungspfeilern befinden sich die in Holz geschnittenen Figuren des h. Bonifatius (sitzend in Bischofstracht, H. 0,72 m) und des h. Moritz (stehend mit Lanze und Schild, H. 0,74 m)i gute Arbeiten des 16. Jahrhunderts.

An der Wand des südlichen Seitenschiffes hängt das Mittelstück eines gut gearbeiteten Schnitzaltars, enthaltend die vielfigurige Darstellung der Beweinung Christi. Polychromierte Holzschnitzerei des 16. Jahrhunderts H. 2 m, Br. 1,57 m.

Halberstadt (die Pfarrkirche St Martini: Qeschichte) 387

An der Wand des nördlichen Seitenschiffes ein Ölgemälde , darstellend die Anbetung des Kindes. Unten ein Wappen nebst der Jahreszahl 1694. Besonders wertvoll ist der schön geschnitzte Bahmen.

Epitaphien sind drei (Marmortafeln) an der Wand des südlichen Seiten- schiffes angebracht. Sie gehören 1. dem Dechanten Joh. Christian Dietrich, f 1758; 2. dem Dechanten August Friedrich Weste, tl796; 3. dessen Frau, flSOö.

6. Die Pfarrkirche St. Martini

Litteratur: Zschiesche, Halberstadt sonst und jetzt p. 170 ff. v. Mülverstedt in der H.-Z. 1872. Otte - Wemicke, Handbuch der. kirchlichen Kunstarchäologie I, 80, 806; 11,179, 406. Bildliche Aufnahmen bisher am besten von der Egl. Messbildanstalt (aussen 4, innen 5).

Geschichte: So alt wie die neben der bischöflichen Burg angesessene Bürgergemeinde, ist ohne Zweifel auch die Geschichte der St Martinikirche. Erinnert man sich, dass der Bitter St. Martin in vieler Beziehung der Nachfolger Wotans war, und dass neuere- freilich anfechtbare Auffassung ^ auch die Rolandsäulen (der älteste Roland stand wie oben dargethan in nächster Nähe der Martinikirche) mit altem Wotansdienste in Verbindung setzt, dass endlich in den letzten Jahren bei Gelegenheit von Eanalisationsarbeiten dicht an der Kirche Reste prähistorischer Ansiedlungen (Urnen) gefunden worden sind, so mag die Annahme erlaubt sein, dass da, wo jetzt die Martinikirche steht, schon in vorchristlicher Zeit von der dort sitzenden Bevölkerung ein Heiligtum verehi-t worden ist. Seit der Bekehrung wurde dieses heidnische ein christliches, und so mag nächst dem Dome und vielleicht vor ihm die Martinikirche die älteste von ganz Halberstadt sein. Ur- kundlich zahlenmässig freilich erscheint sie viel später, 1186, wo ihre Existenz durch ihre Erwähnung als ecclesia forensis in civitate verbürgt wird. Trotzdem wird gemeldet, dass Bischof Oardolf (1193 1201) den Bau der Kirche begonnen habe. Es ist dies so zu erklären, dass nach der Zerstörung der Stadt durch Heinrich den Löwen auch für diese Kirche, wie für den Dom, sich die Notwendig- keit eines vollständigen Neubaus herausgestellt hatte. Während er mit grosser Langsamkeit vorschritt, vielleicht auch vorläufig überhaupt nur Projekt blieb, wurden die Reste der älteren Kirche, über deren Beschaffenheit man nur aus dem unteren Teile des Turmbaus, sowie aus der Art des späteren Neubaus Schlüsse ziehen kann, weiter benutzt Besitzer der Kirche war damals das unlängst ge- gründete Kloster St. Thomas (St. Burchardi ; s. unten), dem sie am 9. April 118G geschenkt worden war, und an welches daher das bis dahin bischöfliche Patronat übergegangen war. Dieses Verhältnis dauerte bis zum Anfange des 14. Jahr- hunderts, wo Bischof Albrecht und das Domkapitel die Kirche dem Johannis- kloster überwiesen. Dieser Akt hatte lange dauernde Streitigkeiten mit dem städtischen Rate im Gefolge, welcher darauf Wert legte seinesteils das Patronat der Pfarre der alten Bürgerkirche auszuüben. Nachdem 1363 und 1371 päpstliche Bestätigungen der Schenkung erfolgt waren, zogen sich die Zwistigkeiten noch bis 1465 hin, wo der Rat endgültig das Patronat behielt, jedoch bestimmt wurde, dass die Pfarre immer einem Konventualen übertragen werden musste. Dessen

^ B. Platen, zur Frage nach dem Ursprong der Kolandsäulen. 38. Jahresbericht des Yitz- thumgchen GymnaBiums. Dresden 1899.

388 Halberstadter Stadtkreis : Halberstadt (die P&rrkirche St Hartini : Geschichte)

Einsetzung erfolgte durch den Domkellerer als Verwalter des Archidiakonats. Mittlerweile vollzogen sich jene baulichen Unternehmungen, welche der Martini- kirche im wesentlichen ihr jetziges Aussehen verliehen haben. Zuerst nur langsam. Seitdem aber in der Mitte des 13. Jahrhunderts der städtische Bat seine Selb- ständigkeit erlangt hatte, die Stadt emporblühte und nach sichtbaren Zeichen dessen verlangte, schritt der Bau lebhaft vorwärts. Er begann wie so oft, von Osten her, mit dem Chore und dem Querhause. Nach Hirsauer Schema wurden die Seitenschiffe über das Querschiff hinaus neben dem Chore hingeführt. Das alte Langhaus wurde inzwischen beibehalten. Der 1274 erwähnte Bauherr (rector) der Kirche, Siegfried, dürfte es schwerlich erlebt haben, welche Wendung die Ausführung in der Folgezeit nahm. Nachdem der kostspielige Bau durch viele Ablässe insbesondere in den achtziger Jahren des 13. Jahrhunderts rüstig gefördert worden war, scheint gegen Anfang des 14., wenngleich auch zu dieser Zeit periodisch gewählte Bauherren (provisores) erwähnt werden, die Thätigkeit doch nachgelassen zu haben. Erst seitdem die Kirche dem Johanniskloster überwiesen wird, kommt neues Leben und zugleich ein verändeter Baugedanke in die Sache. Man überzeugte sich, dass der Neubau zu eng angelegt war, und verbreiterte ihn ; an seiner Länge liess sich nach Vollendung des Chors nichts mehr ändern. In immer noch schweren, jedoch ganz anderen Formen als erst beabsichtigt es wird unten davon geredet werden wurde nun das Langhaus fertig gestellt Ablässe für diesen Neubau wurden 1321, 1325 und 1334 erteilt, jedenfalls noch öfter, doch ist dies^nicht überliefert. Aus dieser Zeit stammt ausser dem Lang- hause auch die Einwölbung der gesamten Kirche. Seitdem war die bauliche Entwicklung abgeschlossen. Spätere Ablässe und dergleichen bezweckten die Beförderung der Ausstattung im Einzelnen. Insbesondere wurden Anfang des 15. Jahrhunderts die Fenster und Schalllöcher am Turme durchweg modernisiert Kirchweihfest war der Martinstag, doch wurde dies 1486 geändert und das Fest auf den vorhergehenden Sonntag gelegt, hauptsächlich aus dem Grunde, weil die Insassen der Pfarre an dem Abend durch die volkstümliche Art der Martinsfeier zu sehr vom Kirchenbesüchen abgehalten wurden. Ausbesserungen und Herstellungen an der St Martinikirche, wobei vielerlei Altes beseitigt wurde, fanden 1843—49, 1880—81 statt Bei letzterer Gelegenheit wurde leider auch der schöne Barockaltar (s. unten Fig. 16(3) aus dem Chor in einen dunklen Winkel befördert.

Von dem im Mittelalter zu der Kirche gehörigen Personal sind zu erwähnen der Pfarrer, mehrere Kapiäne, Priester, Altaristcn, Schüler, der Unter- und Ober- küster, die Schwesterschaft der willigen Armen. An der- Spitze «ler letzteren stand eine g[ubematrix, welche ]die Schwestern mit Genehmigung ihrer beiden Aufseher, nämlich des Probstes von St. Johannis und des Pfarrers von St Martin wählten. Sie besassen auch' eine Kapelle innerhalb der Kirche; 1485 wurde Ablass dafür erteilt. Die wichtigste Person an dieser Pfarrkirche (parkerken to sinte Merten, parochialis ecclesia) war der Pfarrer, der zuerst urkundlich 1241 erwähnt wird. Das Patronat hatte, wie schon erwähnt, für die Pfarre der Bat, dessen Streitigkeiten mit dem Johannisstifte seit der Reformation gänzlich en- digten; noch heute ist das Patronat daher städtisch. Die Einsetzung geschah ehemals durch den Rat, die Alderleute, (welche schon im frühen Mittelalter vor-

HaJbentadt (die Pfiurkirche BLMartiDi: Baubeschreibang:)

390 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Pfarrkirche St. Martini: Baabescbreibüng)

kommen), die Wortbalter der Gilden und der Gemeinde. Den ersten evangelischen Prediger erhielt die Kirche 1540 in der Person des Jodokus Otto (f 1574), den ersten Diakonus in dem Licentiaten Autor Lampadius. Über die .Einkünfte der Geistlichen und der Kirche vergl. Nebe, Kirchenvisit. p. 35. Über die Martini- schule siehe oben p. 208, femer H.-Z. 21, 160 und 23, 344.

[Ton Kapellen werden erwähnt: die Marienkapelle, capella b. virginis circa chorum s. Martini 1356; St Barbara 1421; eine Kapelle bei dem Zither 1482; die Kapelle der willigen Armen s. oben.]

Der Zither diente als Aufbewahrungsort der Messgeräte sowie (nach ur- kundlicher Versicherung von 1377) als städtisches Archiv, wohl zur Entlastung des damals bereits nicht mehr völlig zureichenden alten Rathauses.

Baubeschreibung (Fig. 159). Die Martinikirche zeigt, trotzdem sie aus drei zu ungleicher Zeit entstandenen Teilen besteht, doch ungestört das Hirsauer Bau- schema, nach welchem sie ursprünglich begonnen wurde, und welches in Kreis und Stadt Halberstadt noch bei der Klosterkirche von Stötterlingenburg, bei der Liebfrauen- und Paulskirche und dem Burchardikloster zu Halberstadt in ver- schiedenartigen Formen zu beobachten ist. Dies Schema spricht sich bei diesen sämtlichen Kirchen am auffallendsten aus in der Fortsetzung der Seitenschiffe über das Querschiff hinaus, wobei sie den Ghorraum nördlich und südlich in seiner fast vollen Länge begleiten, in Stötterlingenburg, bei der Liebfrauenkirche und der Paulskirche im alten Zustande in halbkreisförmigen Apsiden endigen, in der Burchardikirche sich auch östlich um den Chor herum fortsetzen, bei der Martinikircho im Gegensatze zu dem polygonal geschlossenen Chor, welcher ein beträchtliches Stück über sie hinaustritt östlich geradlinig geschlossen sind. .

Der Turm bau (Fig. 1 60) ist in spätgotischer Zeit überarbeitet worden und hat dabei die weiterhin genauer zu betrachtenden Fensterformen und seine Helme erhalten. Sein ganzer Habitus aber, sein Grundriss, seine Mauertechnik, das Fehlen eines Westeinganges geben ihm eine augenfällige Ähnlichkeit mit den Turmanlagen zu Stötterlingenburg, Hamei-sleben, St. Paul und St. Moritz zu Halberstadt, sowie mit vielen Turmanlagen der Hirsauer Art in andern Gegenden Deutschlands. Es lässt sich daraus schliessen, dass dieser (freilich später veränderte) Turmbau noch zu der Kirche gehört hat, welche vor Heinrichs des Löwen Zeit dort stand und welche nach den angeführten Analogien im elften Jahrhundert oder Anfang des 12. ent- standen sein muös. Rechnet man ferner die Ähnlichkeit gerade mit Kirchen der Hirsauer Richtung, sowie ferner den Umstand hinzu, dass man bei dem späteren Neubau doch höchst wahrscheinlich versucht haben wird, den Grundcharakter der alten Kirche beizubehalten, und dass die Verlängerung der Seitenschiffe gerade darin ihren Grund haben dürfte, so lässt sich ferner die Vermutung aussprechen, dass die alte Martinikirche, gleich den angeführten andern Bauwerken, ein Hirsauer Bau gewesen ist. Es wäre möglich, daraufliin die Grundform jenes alten Baus einigermassen zu restaurieren, doch lässt sich dies noch nicht mit solcher Sicher- heit thun, dass hier ein Versuch dazu unternommen werden könnte.

Wie schon gesagt, zeigt der Turmbau keinen West-Eingang, sondern ober- halb des Fussgesimses ein niederes spitzbogiges Fenster, darüber ein grosses kreisrundes, welches mit spätgotischem Masswerke gefüllt ist Letzteres ist nicht ursprünglich, sondern im Anfange des 15. Jahrhunderts eingesetzt worden,

HalbTTEtadt (die Pfanlir<he Et. Martini: BanbeerliTeibDrg Tflnne) 391

zugleich mit jenem, welches sich in den übrigen Fensteröffnungen nnd in den Schaulöchern dei" Türme wie des Mittelbaus befinden. Gleich über dem Bad-

Pig. 160.

fenster umzieht ein in der Breite den Mittelbaus nach oben vorkröpftes einfaches Gurtgesims den Turmbau. Ein zweites ätmliches befindet sich oben unweit der Stelle, wo die Türme sieh von dem Mittelbau ablösen. Diese beiden Gurtgesimso

: HalberBUdterStadtireia: Halberstadt (die Pforrkiiche 8t. Martini: Banbeeclinibimg-)

HalbeTBtadt (die P&n-tirche SLHaitiiii: Banbesclireibaiig Cbor)

zerlegen iJen Tunubau in drei Teile, deren unterster bereits beschrieben ist Der mittlere enthält fünf kleinere spitzbogi^e Fenster, welche die schweren Flächen in schöner Weise unterbrechen. Das oberste Drittel zeigt eine starte Auflösung der Mauermassen dadurch, dass sich hier die selir grossen reich gegliederten ^halllöcher befinden. Von diesen enthält der Hittelbaii eins, welches etwa die Hälfte des ganzen Giebelflächeninhalts einnimmt. Das Masswerk steigt unten eine

Fig, 162.

Künfteilung ditrch gotische KIceblattbögen, welche durch dünne ISäulchen von- einander getrennt sind. Darüber befindet sich ein sphärisches gleichseitiges Dreieck, innerhalb dessen das Masswerk vom Mittelpunkte aus sieh in drei Haiipt- strahlen verbreitet, ein ornamentaler Gedanke, welcher sich auch am Halbcrstädter Dome und sonst an Gebäuden der späten Gotik haußg findet.

Das obere Geschoss der beiden Türme weist beiderseits an der Westfront unten ein dreiteiliges, schlankeres, darüber ein vierteiliges, kürzeres und breiteres

n

394 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Pfarrkirche St. Maitiiü: BaubeschreibiiDg)

SchalUoch auf. Die Massyrerke haben Verwandtschaft mit dem oben beschriebenen des Mittelbaus^ nur sind entsprechend der längeren Form die trennenden Säulchen mehr in die Länge gezogen. Bei den oberen vierteiligen SchalUöchem sind jedesmal die beiden äussersten Längsabteilungen als Blenden behandelt, also nur die beiden innern offen, wodurch bewirkt ist dass der an sich gewichtigere Eindruck dieser Schailöffnungen gegenüber den unteren doch gerade gemildert und har- monisch abgeschwächt erscheint. Das Kranzgesims beider Türme besteht aus einer merkwürdigen treppenartig gegliederten Linie. Diese Form ist sonst bei Stein- bauten höchst ungewöhnlich und kommt nur an den Saumschwellen der älteren gotischen Fachwerkbauten häufig vor.

Die achteckigen Turmhelme sind ungleich. Der südliche ist doppelt so lang als der nördliche. Beide sind mit Bleiplatten gedeckt. Zwischen ihnen zielit sich eine überdeckte hölzerne Brücke hin. Das unterste Geschoss des Turmbaus ist im Innern in drei Räume geteilt, von denen der nördliche und südliche quadratische Form haben, der mittlere rechteckig ist. Dieser letztere öffnet sich gegen das Kirchenschiff mit einem breiten Spitzbogen, während die beiden andern Räume keine solche Ausgänge besitzen. Statt dessen haben sie beide schmale Thüren gegen den "Mittelraum hin, doch ist die in den nördlichen Raum führende seit der letzten Herstellung der Kirche vermauert. Den Zugang hat dieser Raum von der Strasse her über eine kleine Treppe, welche an der Nordseite angelegt ist. Diese kleine Thür bildet, da andere Pforten nicht vorhanden sind, zugleich den einzigen Strassenzugang für den gesamten Turmbau. Tritt man durch sie ein, so gelangt man durch einen kurzen schmalen Gang zu der Wendeltreppe, welche auf die Höhe des Turmes führt. Alle drei Räume im Turmbau sind mit gratigen Kreuzgewölben eingedeckt.

Betritt man das Innere des Baus (Fig. 161), so stellt sich dieser in seinem Hauptteile als eine Hallenkirche dar. Es ist jedoch ersichtlich, dass diese Form nicht die ursprünglich beabsichtigt gewesene ist, dass vielmehr die Martinikirche hat Basiliken- form erhalten sollen. Dies ergiebt sich daraus, dass die Seitenschiffe des Chores in einer der basilikalen Art durchaus entsprechenden Weise niedriger sind als der Mittelteil des Chores (Fig. 162). Der gesamte Chorbau nebst den damit zusammen- hängenden Pfeilern der Vierung zeigt frühe gotische Formen. Die Vierungs- pfoiler, sowie die Stützen der Bögen, welche die Chorseitenschiffe vom Mittel- schiffe trennen, haben kreuzförmigen Grundriss, wobei freilich bei letzteren der nach Norden bezw. Süden weisende Arm fehlt; die Gurtbögen setzen in un- organischer Art direkt an der Wandfläche an. Die Vierungspfeiler sind heut- zutage durch angebaute Verstärkungen in ihrem Eindrucke wesentlich geschädigt. Die Kämpfergesimse sind von grosser Einfachheit Sie bestehen nur aus zwei Wülsten, von denen der obere bimförmigen Durchschnitt hat, der untere halbrund ist; zwischen ihnen liegt eine schmale Hohlkehle. Die Bögen, welche die drei Chorschiffe mit der Vierung und diese mit dem Langhause verbinden, (Fig. 163) sind nach der Art des frühgotischen Stiles breit und schwerfällig mit tiefliegenden Scheitel" punkten angelegt. Die Fenster im Chorraume sind schmal und hoch, nur in zwei Teile zerlegt durch eine schmale Mittelsäule, in deren obere Hälfte ein kreis- förmiger Steinring eingefügt ist, eine Form, welche sich auch an der Andreas- kirche (s. unten) wieder findet. Von ganz besonderer Merkwürdigkeit sind die

Halberstadt (die Pforrkirch« St. Hartini: BaabeBchreibuog Chor) 395

Haeswerke der beiden Fenster, welche im Chorschliisse rechts und links neben dem mittelsten belegen sind. Jede geschwungene Linie ist vermieden, statt der Klee- bl&ttform und eines gewöhnlichen Yierpasses sind ähnliche Gebilde aus recht- winklig zusammenstossenden geraden Linien hergestellt (Fig. 161). Die Fenster- gewände zeigen eine reiche Gliederung.

Fig 163.

In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde der Bauplan gänslich geändert Uan überzeugte sich von der Unzulänglichkeit der Breiten Verhältnisse, wie sie bisher im Chorraume festgehalten worden waren, verHess den Gedanken an eine Basilika und schuf aus dem bisher unvollendeten Langhause eine Hallen- kirche mit drei annähernd gleich breiten Schiffen. Dies wurde ermöglicht auf Kosten des organischen Zusammenhanges, und dieser wurde umsomehr nu-ssachtet, als auch von der Pfeilerform der Stützen abgesehen und statt dessen durchweg

396 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Ffarrlcircfae St. Martini: Banbeschreibnng)

die Säule gewählt wurde (Fig. 163). Die Gestalt derselben wurde belebt durch vier daran angebrachte ziemlich starke Dienste, welche fast ganz rund herausgearbeitet und mit dem Kern der Säule nur in einer schmalen Fläche vereinigt sind. Den beiden Säulen, welche (in recht ungeschickter Weise) unmittelbar vor die alten westlichen Vierungspfeiler gesetzt sind, fehlen die Dienste mit* Ausnahme des einen nach Westen gerichteten, welcher als Unterstützung des über ihm auf- setzenden Gurtbogens unentbehrlich war. Die Basen der Säulen und Dienste sind flache Pfühle, welche über den Sockel überquellen; die in ihrer Grundgestalt einfachen Kapitale sind mit sehr zierlich und mannigfaltig gezeichnetem früh- gotischem Blattwerke geschmückt. Darauf ruht ein schlichter, in der Hauptsache aus zwei verschieden dicken Platten bestehender niedriger Kämpfer. Über ihm steigen die Gurtbögen auf, aus drei Stäben bestehend, kräftig und wuchtig in

der Fonn. Sie stützen sich an der nördlichen und südlichen Wand auf

»■

Dreiviertel-Säulen , welche in ihrem Umfange wie in ihrer Ausstattung den Säulen-Diensten durchaus entsprechen. Zwischen den Gurtbögen schwingen sich die spitzgratigen Kreuzgewölbe. Zu der Zeit, als das Ijanghaus erbaut und in der angegebenen Weise eingedeckt wurde, hat man es auch für nötig gehalten, das Querschiff und den Chorraum, welche bis dahin wahrscheinlich flach gedeckt waren, mit. ebensolchen Gewölben zu versehen. Über dem Ghorschlusse bildete man ein tief gegliedertes Fächergewölbe. Zu seiner scheinbaren Unterstützung wählte man Dreiyiertel-Säulchen, durchaus von der Art der vorher beschriebenen, jedoch bei weitem nicht in derselben Länge; hoch über dem Fussboden endigen sie, indem sie sich auf Konsolen stützen, \yelche ihren Kapitalen durchaus entsprechen. Man sieht diese Säulchen besonders im Querschiffe, darum weil sie spätere Zuthat sind, an allerlei Stellen, wohin sie keineswegs passen. Die Fenster des Langhauses zeigen Zweiteilung und ein^he Masswerke mit Kleeblattformen und oben darin eingeschlossen schlicht« Yierpässe. Die Leibungen unterscheiden sich in ihrer breiteren und leichteren Gliedening beträchtlich von denen der Chorfenster.

Das Äussere der Kirche zeigt schlichte, solide gearbeitete, regelmässig ver- blendete Mauerflächen sowohl an den altem als an den jungem Teilen (Fig. 164 u. 165). Die schlicht abgetreppten Strebepfeiler bieten nichts ausserordentliches. Die Portale haben schöne Gewände; malerischen Eindruck macht es, dass gelegentlich über ihre Hohlkehlen frei gearbeitetes frühgotisches Blattwerk sich hinzieht. Über dem südlichen Hauptportale befindet sich in der Lünette ein Hochrelief, dar- stellend den h. Martin zu Pferde, welcher einem Bettler ein Stück seines Mantels schenkt ; die Skulptur stammt aus dem 18. Jahrhundert. Auf der Nord- (Fig. 164) Seite befindet sich an den Chorrauni angebaut die Sakristei. Ursprünglich existierte von ihr nur die westliche Hälfte, wie noch jetzt ein Rest eines an ihrer ehemaligen Ndrdosfecke befindlichen Strebepfeilers beweist. Auch die Sakristei ist mit zwei Kreuzgewölben eingedeckt. Ferner befindet sich an der Südseite des Langhauses eine kleine Vorhalle, leider jetzt als Heizraum hergerichtet, mit zier- lichem Portale und Kreuzgewölbe.

In den Fenstern der Kirche finden sich an neun Stellen grössere und kleinere kreisrunde Wappenscheiben des 17. Jahrhunderts, in Schmelzfarben aus- geführt.

Halberstadt (die P&rrkircbe St HartiDi: Baiibeschreibung Äusseres) 397

Vor dem Eingänge zu der Tunnhalle, welche früher als Taufkapelle diente, befindet sich ein schön geschmiedetes eisernes Gitter, hergestellt im 17. Jahrh.

Jig. 164.

Glocken: Auf den beiden Türmen hängen ini Ganzen acht Glocken. Von diesen können die kleine und die grosse Stundenglocke nicht nälier beschrieben werden, da sie TöUig unzugänglich sind. Nur von ferne liisst sich an der grössern

i HalbertitSdter Stadtkreis: Haltwrstadt (die Pbrrliirclie St Hartiai: Fenster Olocleo)

Fig. 165.

Halberstadt (die Pfarrkirche StUarttni: Glocken) 399

eine um die Krone laufende Minuskelinschrift feststellen, wonach sie aus der Zeit des 15. Jahrhunderts zu stammen scheint.

Von den sechs Läuteglocken, welche einen aussergewöhnlich schönen Zusammenklang haben, hängen die beiden grössten in den Türmen selbst, die übrigen im Zwischenbau.

1. Die grösste mit einem Durchmesser von 2,12 m, im südlichen Turme hängend, hat eine doppelte Umschrift in Minuskeln mit reich verzierten Anfangs- buchstaben. Die obere Umschrift lautet

Exeqvias - pando - Funebres - Fulmina - pello Atqve cano - sonitu festa decoro fleo Annis qvingentis - Undenis Mille peractis me - hinrick- de- campen« fuderat- arte- sua-

Die Umschrift der untern Reihe zerfällt in zwei Teile, von welchen sich jeder wieder rechts und links von einer in Flach -Relief ausgeführten Figur angebracht findet. Auf der einen Seite der Wandung sieht man Christus mit der Weltkugel auf einem. Drachen stehend, davon rechts die Worte: sum - lux* vita via- , links: merces bona- janua regia- Auf der entgegen- gesetzten Seite befindet sich St. Martin in Bischofstracht^ einem vor ihm knieenden Armen ein Almosen reichend, davon rechts die Worte: Christe tuum populum links: salvum . fac - atque tuere - Einen besonderen Schmuck hat die Glocke durch die umlaufenden schön gezeichneten Friese. Auch Münzabdrücke und das Halberstädter Wappen finden sich.

2. Im nördlichen Turme hängt die zweitgrösste Glocke mit einem Durch- messer von 1,78 m. Sie ist ein Werk des Hans Blome. Die um die Krone laufende Minuskelinschrift lautet:

anno * dni m- cccc - xxxix- xpi cultores voco - festos promo canores et temptatores abigo tonitrusque fragores ame

An der Krone scheint eine Reparatur vorgenommen worden zu sein, welche vielleicht mit der an der Aussen wandung eingemeisselten Inschrift: M. Diterich. Linke. 1537 in Verbindung zu bringen ist.

3. Durchmesser 1,50 m. Von demselben Giesser. Umschrift oben: anno - dm m cccc xxxix * o rex glorie pxe (!) veni com pace xpe - fili dei vi vi miserere nobis anie

4. Durchmesser 1,26 m. Da diese Glocke von demselben Meister stammt wie Nr. 1 , so sind auch ihre Verzierungen denen jener durchaus ähnlich. Die Umschrift ist zweizeilig. Obere Reihe :

Anno - dni M ccccc xi + Fulmina propello vivos voco ploro sepultos Dns - hermanus keve - plebanus Magister hinrick - de campen

Die untere Reihe zeigt auf zwei entgegengesetzten Seiten zwei rechts und links von je einem Bilde angeordnete Spiniche, nämlich:

sancta maria (Madonnenbild) bidde vor vns vitrici ecclesie sancta katerina (Bild der h. Katharina) bidde vor vns clawes - siuerdes - diderick hildesem

Neben beiden Bildern befindet sich das Stadtwappen.

5. Durchmesser 0,76 m. Mit der Majuskelschrift:

AVE MARIA QRÄ PLE -

Halberstadt (die P&rrkirche Si Martini: Allftre Altargeräte) 401

der Standenglocken handeln, keine Anwendung finden. Ygl. aucfa H.-Z. 1876, 291.

6. Durchmesser 0,60 m; altertümliche schlanke Form; keine Schrift Altäre [Urkundlich werden erwähnt. der iJtar St. Nikolai in der willigen Armen Abseite vor dem Zither (in der afsyden by dem kor) 1388 und öfter; der Marienaltar 1401 ; St, Johannis ,,hinter der Thür" 1421 ; Si Brasmi auch Glemensaltar genannt mitten in der Kirche. Er wurde über dem Grabe der in der Schicht hingerichteten Ratsherren (siehe oben p. 195) vom Rate der Stadt als Sühnealtar errichtet, am 23. November 1425 zur Ehre der h. Jungfrau sowie der hh. Andreas, Erasmus, Clemens, Livinus und ApoUonia geweiht und beschenkt mit einem Messbuche, Kelch, Messgewand, Wein, Oblaten und Lichten. Das in- direkte Patronat hatten die Hinterbliebenen der getöteten Ratsmitglieder, das direkte der Rat. St. Barbarae 1430; St. Andreas 1430; St. Margarete, (1564 auch Corporis Christi genannt) wurde 1439 vom Rate mit Erlaubnis des Domkellerers und des Domkapitels gestiftet, stand unter Patronat des Rates, welcher dem Inhaber des Altars 4 Mark jährliche Zinsen zahlte. Standort „in der Apsis südlich vom Chor." St. Thomae, Andreae, Simonis und Judae, der zwölf Apostel, St. Lorenz und St. Elisabeth, 1443 gestiftet von Hans Adersleben; unterm Patronate von dessen Familie. Standort „unter dem h. Kreuz vor dem Zither." St. Moritz und der thebaischen Legion, St. Michael und der übrigen Erzengel, sawie der hh. Matthias, Sebastian, Cyriacus, Christophorus, Gregor und ürban, 1453 gestiftet von den zwei Brüdern Mestorp, unter dem Patronate von deren Familie. „Der hilligen Driervaldicheit unde mer patronen" 1467; Heiligkreuz 1482, „an dem Zither vor des. Pfarrers Thür." Der Frühmessenaltar (1564 auch Meienaltar genannt), geweiht Johannes d. T. und Johannes d. Ev., sowie den lOOüO Bittem ; Standort hinter der grossen Thür „to deme rathuse wort," 1484. Es ist unklar, ob die Richtung nach dem alten Rathause, welches östlich von der Kirche sich befand, oder nach dem neuen (jetzigen) gemeint ist. St. Bartholomäus und Maria Magdalena am Sonntage nach Petri Eettenfeier 1503 vom Weihbischof Matthias von Gada geweiht. ~ Endlich werden 1564 noch erwähnt die nicht bestimmbaren Altäre des Andreas Homann, des Hans Wever, der Altar der h. drei Könige und der St. Stephans oder Jahrmarktsaltar.] - Der jetzige Altar ist i^ modemer Gotik ausgeführt. Am Nordende des Querhauses steht ein mit reichen Schnitzereien (gewundenen Säulen, Heiligenfiguren, in der durchbrochenen Mitte eine freistehende Kreuzigungs- gruppe, darüber die Grablegung, in der Predella das Abendmahl) gezierter, sehr wertvoller Altar vom Jahre 1696 (Fig. 166).

Altargeräte: [Ein „neuer" Kelch wird 1443 erwälmt] [Am Anfange des 19. Jahrhunderts gab es in der Martinikirche eine Anzahl- von heiligen Geräten, welche 1806 zu grösserer Sicherheit, naoh Magdeburg ge- schafft und von dort 1807 durch die Franzosen leider auf Nimmerwiedersehen entführt worden sind. Ein Verzeichnis davon, dessen Mitteilung ich der Gütiö des Herrn Oberpfarrers Koch verdanke, in den Kirchenakten befindlich, lautet folgendermassen :

Kreta Halbeistadt. Id

402 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (die Pfarrkirche St. Martini: Altarger&te)

Verzeichni s

und Gewicht des Silbergenits, welches die St. Martini - Kirche

im Oktober 1806 bei dem Magistrat in Magdeburg niedergelegt hat,

nebst Angabe des Werts desselben.

Nr. Mrk. Unae Rthr. Gr. W.

1. Eine grosse ailbeme und vergoldete Schtissel; an Ge-

wicht vier Mark und vier Unzen 4 4

An Wert, incl. der Goldschiniedarbeit , pro Mark

14 Rthr. 16 Gr. 6r,

und der Vergoldung .... It*

2. Ein silbernes und vergoldetes GefUss in Form einer

Giesskanne; an Gewicht sieben Mark und eine

viertel Unze 7 V'4

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14 Rthr. 16 Gr 103 6

und der Vergoldung 14

3. Eine silberner und vergoldeter Becher, mit seinem Deckel

und der Jahreszahl 1577; an Gewicht vier Mark

und vier Unzen 4 4

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14 Rthr. 16 Gr 66

und der Vergoldung 8

4. Ein anderer silberner und vergoldeter Becher, kleiner

als der vorige, mit seinem Deckel und der Jahres- zahl 1618; an Gewicht drei Mark, drei und eine halbe Unze 3 3'/2

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pi*o Mark

14 Rthr. 16 Gr. 50 10

und der Vergoldung 5

5. ^ Ein grosses silbernes Gefass mit seinem Deckel nebst

drei Kelchschüsselchen von verschiedener Grösse

und einem anderen silbernen Gefass mit seinem

Deckel. An dem grossen Gefass ist das braun-

Hchweigische Wappen und die Jahreszahl 1620

eingegraben; an Gewicht zwölf Mark und sechs Unzen 12 6

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14 Rthr. 16 Gr 187

und der Vergoldung 15

6. EÜn ovales silbernes Becken mit der Jahreszahl 1772;

an Gewicht vier Mark drei und eine halbe Unze . 4 3^2

An Wert, incl. der (voldsch miedarbeit, pro Mark

14 Rthr. 16 Gr 65 2

*■ Dieser Kelch war vom Herzog Christian von Braunschweig dem Tobias Herold, D. theol. nnd Oberpfarrer an der Martinikirche geschenkt worden. Herold bestimmte darüber in seinem Testamente vom 13. Oktober 1628 folgendes:

,,Dem Altar zu Bt. Martini vermache ich zum Kirchengebrauch hier und zur administratio des heil. Abendmahls eine grosse , in- und auswendig vergoldete silberne Kanne von 5 Pfund oder 160 Lot, ein Geschenk des Herzogs Christian von Braunschweig. Sollte die jutheriscbe Religion gesperrt und eine andere als calvinische oder papistische Religion daselbst eingef&hrt werden , alsdann soll solche der Vorsicht halber entsetzt und dem letzten latherischen Pastor St. Martini zum viatico gegeben werden.^'

(Nach gütiger Mitteilung des Herrn Oberpfarrers Koch.)

J

Ualberstadt (die Ffarrkircho St. Martini: Altargeräte) 40B

7. Zwei silberne Leuchter mit der Inschrift D. B. S. H. S. M.B.D.A., Halberstadt, den 29. September 1696; an Gewicht, ohne Inbegriff des Eisens, yierzehn

Mark und zwei Unzen 14 2

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14 Rthr. 16 Gr. 209 10

8. Ein kleines silbernes Gefass mit seinem Deckel und

einem kleinen Löffel; an Gewicht eine Mark und

zwei Unzen 1 2

An Wert. incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14Rthr.l6Gr 18 18

9. Ein anderes silbernes Gefass mit der Jahreszahl 1662;

an Gewicht fünf Mark, drei und eine halbe Unze. 5 3* ^

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14Rthr. 16Gr - 79 18

10. Zwei silberne Altarleuchter mit einer deutschen Inschrift, welche sich anfangt: „Herr Andreas Rosenthal", und sich endigt: „den 30. November anno 1699'^: an Gewicht, ohne Inbegriff des Eisens^ vierund- vierzig Mark und sechs Unzen 44 6

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14 Rthr. 16 Gr 656 8

11- Ein grosser silberner Becher, vergoldet, mit seinem Deckel und einer Inschrift, die sich anfangt: „Hen- ri cus Ricardus" und sich endigt mit: „anno 1662"; an Gewicht sechs Mark und eine halbe Unze . . 6 ^j^

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14 Rthr. 16 Unzen 88 22

und der Vergoldung ., 15

12. Ein kleiner silberner und vergoldeter Becher : an Gewicht

fünf Unzen 5

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14 Rthr. 16 Gr _ 9 4

und der Vergoldung 2

13. Ein anderer silberner und vergoldeter Becher, ein wenig

grösser als der vorige, mit der Jahreszahl 1709:

an Gewicht eine Mark drei und eine halbe Unze . 1 S^/'g

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14 Rthr. 16 Gr 21 2

und der Vergoldung 3

14. Zwei grosse silberne Oblatenteller; an Gewicht eine

Mark und sieben Unzen 1 7

An Wert, incl. der Goldschmiedarbeit, pro Mark

14Rthr. 16Gr 27 12

Hundert und zwölf Mark zwei und drei viertel Unze 112 2^j^ 1720 16

Jetzt im Besitze der Kirche und im Gebrauche befinden sich folgende Gegenstände :

1. ein Kelch, Silber vergoldet; am sechsstrahligen Knaufe \\fi^^^, unten ein Kruzifix. Höhe 0,17 m. 17. Jahrhundert; 2. ein Kelch, desgleichen, Knauf ohne Buchstaben, am Fusse eine Kreuzigungsgruppe, sowie das gravierte Wappen von Halberstadt; Höhe 0,17 m; datiert 1605; 3. Kelch, desgleichen, am Knauf IHESV8; unten eine Kreuzigimgsgruppe ; Höhe 0,19 m; 16. Jahrhundert;

28«

404 Halberstädtet Stadtkreis: HalberBtadt(diePfarrkiTcUe8t.HarUai: Altargertte Kaaul)

4. Kelch, desgleichen, ähnlich dem vorigen, mit dem eingravierten Kamen Gabrigeil Schevre; Höhe 0,28 m; 17. Jahrhuadert; als Geschenk de» Chrigtoffel von Honrott gekennzeichnet durch dessen Wappen, welches sich auf einem be- sonders aufgelöteten silbeTnen Scbildchen am Fusse befindet; 5. Kelch, desgl., Höhe 0,19 m; 18. Jahrhundert; 6. Kelch, desgleichen, Höhe 0,26 ni; aus der Empirezeit; 7. Kelch, desgleichen, mit gravierten Ornamenten; Beschau und Heisterzeichen unkenntlich; Höhe 0,23m; datiert 1810; 8. Kelch, Silber, Höhe 055 ni; datirt 1845; 9. Kelch, Silber vergoldet; um die sechs Lappen des weit ausladenden plumpen Fusses zieht sieh ein fein gearbeitetes Renaissancereiief aus getriebenem vergoldeten Silber; Höhe 0.24 m; datiert 1652; stammt aus dem ehemaligen Kloster Walbeck; 10. Kanne, vergoldetes Silber, mitWappen derer v.Difurth; datiert 1663; aus dem ehemaligen Kloster Walbeck; ~ 11. Kanne, desgleichen, am Korpus mit sehr schönen gestochenen Renaissanceomamenten, oben

Fig. 167.

ein Thnler des Johann Georg Friedrich von Sachsen; datiert 1632; stammt aas der 8t. Pnulskirche zu Halberstadt; 12. Oblatenschachtel, Silber vergoldet, mit Wappen der Familie Feurbaum; an der Aussenwandung zweimal die Kreuzigungs- gnippe und die vier Evangelisten in Flachrelief (Silber), auf dem Deckel das Lamm in Hochrelief; datiert 1666; stammt aus der Halberstädter Liebfrauen- kirche; — 13.— 19. Rieben Patenen von vergoldetem Silber, eine von 1559, eine

mit Haiherstädter Beschau und der Marke ^O

Sämtliciie Gegenstände , bei denen Beschau oder Meisterzeichen nicht er- wähnt sind, haben dergleichen nicht.

Kanzel. [Ein Anibo findet sich urkundlich erwähnt 1287.1 Über die Kanzel, welche die Kirche bis in die zwejte Hälfte des 16. Jahrhunderts besass, ist nichts bekannt, ebenso wenig über den Grund, weshalb 1564 hei der A'isitation geäussert wurde, dass eine neue Kanzel hergestellt werden würde. Ihre Fertig- stellting, wenn man als Termin dafür die an der jetzigen Kanzel angebrachte Zahl 1595 ansehen will, hat sich sehr lange hingezogen. Dafür hat aber auch die Kirche ein Werk erhalten, welches man als ganz vorzügliches Erzeugnis der deutschen Renaissance bezeichnen muss. Nur lebhaft zu bedauern ist die ver-

Halberstadt (die F&irkirche Si Martini Kanzel Orgel Tauftessel Leuchter) 405

«

ständnislose Überarbeitung, welche das schöne Stück am £nde des 17. Jahr-

honderts gefunden hat, wo sie durch Hinzufügung schwerfälliger Ecksäulen und schnörkelhafter anderer Schnitzereien in ihrem feinen Eindrucke Avesentlich be- einträchtigt worden ist. Von figürlichen Darstellungen finden sich : um das Corpus der Kanzel herum die Weltschöpfung; der Sündenfall; Isaaks Opfer vom Könige David verehrt; die Himmelfahrt; der Kruzifixus, angebetet von dem durch Inschrift und Wappen gekennzeichneten Stifter der Kanzel Bartelt Hane (aet sue 25. 1563) ; die Auferstehung. Am Aufgange der Kanzel von oben nach unten der Welt- untergang und das Weltgericht. Die Pilaster dazwischen, sowie alle übrigen Flächen sind mit sehr fein gezeichneten flachen Kenaissancereliefs gefüllt, welche sich wirkungsvoll in ihrer Vergoldung von dem dunklen Hintergrunde abheben. (Pig. 167) Als Stütze der Kanzel dient die Figur Simsons. An der Thür zum Aufgange findet sich folgende Inschrift: Zur Ehren Gottes auss Christlicher Andacht und Liehe zu dessen heiligen wordt und dienst, hat diese Cantzel Renoviren und dergestalt zieren lassen Fr. Catharina Beckerin Christian- Fleischhauers Seel Wittibe Anno CHRJ8TJ 1690.

Orgel. [Von der früheren Orgel sagt Michael Prätorius im Jahre 1619: „Das erste Werk in S. Martini Kirchen, hat M. David Becke mit neununddreissig Stimmen vnd einem Tremulant gesetzet.'^ Er zählt auf: im Oberwerke acht Stimmen, in der Brust sechs, im Pedal zwölf, im Rückpositiv zwölf.]

Die jetzige Orgel stammt aus der Schlosskirche zu Groningen, wurde dortliin gestiftet von Herzog Julius von Braünschweig, Bischof von Haiberstadt, im Jahre 1769 aber durch Befehl Friedrichs des Grossen der Martinikirche über- wiesen, 1770 durch denOrgelbauer J. Ch. Widemann hergestellt und vervollständigt. Zum Zeichen, dass die Orgel ein- Geschenk des Königs war, wurde sie oben mit dessen Monogramm und dem schwarzen Adler geziert. Sie zeigt eine schöne Gliederung des Aufbaus, herbeigeführt durch kräftige Gesimsverkröpfungen, und ist reich mit Schnitzereien (Figuren und Laubwerk) geschmückt.

Einen besonders wertvollen Besitz der Kirche bildet der Taufkessel (Fig. 1 (38), ein vortrefflicher Bronceguss aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, heutzutage leider durch bunten Ölfarbenanstrich, dessen Beseitigung dringend zu wünschen wäre, entstellt Er ist 1,095 m hoch und hat einen oberen Durchmesser (zwischen den äussern Rändern gemessen) von 1,166 m. Der Kessel wird getragen von vier männlichen knieenden Figuren, welche Wassergefässe ausgiessen, den Personi- fikationen der vier Paradiesesflüsse. Der Kessel selbst, dessen obere und untere Kante von noch romanisch ansprechenden Blattfriesen begleitet ist, zeigt an seiner Wandung imme^ unter je zwei frühgotischen Giebeln, aus deren Treffpunkten sich Fialen erheben, welche ebenso wie die Giebel reichlich mit Krabbon besetzt sind, und deren als schlanke Halbsäulen gebildete Stützen die Fläche der Wandung in acht Felder zerlegen , folgende in mittleren Relief ausgeführte Darstellungen : die Verkündigung Mariae und die Heimsuchung; Geburt Christi; Verkündigung der Hirten; Anbetung der Könige; Bethlehemi tischer Kindermord; Darstellung im Tempel; Flucht nach Ägypten; Taufe.

Leuchter: [1260 wurde die Kirche von einem Pfarrer und einem Bürger mit einer ewigen Lampe beschenkt; 1463 gab es zwei ewige Lampen, eine auf dem Chor, eine mitten in der Kirche; 1482 wird „der Elenden Licht' genannt.]

V

Halberstadt (die Pfarrkirche St. Martini: Leuchter Kunstwerke Epitaphien) 407

W»*'." f.

Auf dem Hauptaltar giebt es zwei etwas plump geformte hohe broncene Leuchter mit Löwenkopffüssen , aus frühgotischer Zeit. Ferner zwei messingene TiBuchter von 1686 als ehemaliges Eigentum der Ldebfrauenkirche beglaubigt durch die Inschrift E^ : B : MAR : VIRG :

Im Kirchenschiffe hängen zwei Kronleuchter:

1. von 1686; Bronce; sechs Arme oberhalb einer Kugel, die Lichtmanschetten in Muschelform. Darüber ein cylinderartiger Teil mit Henkeln, an denen sich weibliche Hermen befinden; zu oberst die rund gearbeitete Figur der Minerva. Der Leuchter hängt noch an der ursprünglich dazu gestifteten Stange, welche in geeigneten Zwischenräumen durch zierlich geschmiedete vierteilige Qlieder unter- brochen wird.

2. von 1689; Messing; ohne Kugel; sechzehn Arme in zwei Etagen über einander. Oben eine männliche Figur; der Ring unten hängt im Maule eines Löwenkopfes.

In der Sakristei steht eine spätgotische Truhe von einfacher Gestalt, aus Holz mit vielen Eisenbändem beschlagen.

Webereien: [Erwähnt werden Teppiche 1374, 1401, 1421 und 1433; ein neues Messgewand 1443.]

Kunstwerke: [Das h. Kreuz vor der Zither 1443; Das Madomienbild in der Martinskapelle 1480; ein silbernes Bild des h. Martinus; es war im März 1480 noch in Arbeit; der Heilige sollte auch eiii silbernes Pferd bekommen.

Eine Sonnenuhr war (nach Scheffer p. 17) an der Südseite neben dem Portale mit dem Martinsbilde angebracht und trug die Inschrift

Anno Domini 1577.

Dum sarcire aedem hanc nixi, contagia pestis Cernimus, auxilium xnittito, Christe, tuum.]

Grabmal er: [Die bei der Schicht 1423 hingerichteten Ratsherrn (siehe oben p. 194 f) waren zuerst vor der Thür der Martinikirche verscharrt; doch wurden ihre Leichen später wieder ausgegraben und innerhalb der Martinikirche am Sonntage nach Maria Geburt 1425 beigesetzt. In Bezug auf dieses letztere Er- eignis heisst es in dem Berichte darüber: als^ men den rad plecht to donde (wie man dem fiate pflegt zu thun). Daraus geht hervor, dass Batsmitglieder für ge- wöhnlich ihre Ruhestätte in dieser unter städtischem Fatronat stehenden Kirche gefunden haben. Erwähnt wird ferner 1442 die Gruft einer Frau Kunne Woldag, und 1616 wird als aussen an der Kirche befindlich von Merian das aus Quader- steinen gebaute Grab des Juristen und bischöflichen Kanzlers Tobias Paurmeister von Kochstedt genannt. Von dem Martinikirchhofe ist schon im frühen Mittel- alter die Rede; 1241 wird er mit Bezug darauf, dass St. Martini die Kirche der alten Kaufmänner-Gemeinde war, cimiterium forense genannt]

Folgende Epitaphien sind heute in der Kirche vorhanden:

1. Lorenz Trautenbuel, t gegen 1540 aetatis sue 43. Stehende Figur in Schaube, die Hände zusammengelegt; unten zwei Wappen. Sandstein. H. 1,94 m, Br. 1,06 m.

2. Ein vor dem Kruzifixus knieender geharnischter Ritter. Inschrift: ANNO- J B-6 0- lAR. AVF- DEN DAG- VN8ER8 HERN CHRISTI GEBORT AM- SONTA: ANDREJ IST DER- ERBAR- VN- ERENFESTEN GHRISTOFFEL

408 Halberstftdter Stadtkreis: Haibetstadt (die Pfarrkirche St Martini: Epitaphien)

VON . LEIPCZIK ALHIR IN GOT VOR SEI A Sandstein. Die Figur ist in Hochrelief ausgeführt. Höhe des £pitaphs 1,91 m, Br. 1,07 m. Über dem Epitaph befindet sich das aus gleichem Material hergestellte polychromierte Wappen des Verstorbenen, welches ein springendes Pferd zeigt; darunter die Schrift

GVL 1664-

3. Justus Otto von Einbeck, erster eyangelischer Prediger der M.-Kirche, f 1574. Stehend im Talar, umgeben von einer Renaissance-Architektur. Unten ein Spruchband. Meisterzeichen \. Sandstein. H. 1,96 m, Br. 0,99 m.

4. Joachim Blume, f 1581 und seine Frau Lucia Schuten, f 1573. Das hübsche Benaissance-Epitaph , welches oben an der Wand im südlichen Kreuz- arme angebracht ist, ist in Sandstein gearbeitet und zeigt im flachen Belief die Auferstehung Christi.

5. Yincenz Runstedt, Grosskämmerer, f 1587 im 86sten Jahre. Stehende Figur in Schaube ; umgeben von einer Benaissance-Nische ; zwei Wappen. Sand- stein. H. 1,80 m, Br. 1,00 m. Gutes Werk.

6. Daniel Sachse, Prediger, f 1605. Stehende Figur im Talar, umgeben von einer Benaissance-Architektur. Sandstein, polychromiert. H. 1,80 m, Br. 0,96 m.

7. Lambert Ehren traut, Prediger, f 1606. Unten sein Wappen. Die Dar- stellung der Figur, das Material und die Ausstattung ist dem unter No. 6 genannten Epitaph Sehr ähnlich und das Werk dürfte daher von demselben Meister sein. H. 1,92 m, Br. 1,11 m.

8. Der Pastor Geileusius (Yomame unleserlich), f 1625. Stehende Figur und zwei Wappen. Sandstein. H. 1,66 m, Br. 0,85 m.

9. Simon Gleissenbergk , Stadtrichter, f 1626. Halbfigur, gutes Portrait Zwei Wappen. Im untern Teile des Epitaphiums ist ein hölzerner Einsatz ; vielleicht wurde diese Partie gelegentlich beschädigt Sandstein. H. 2,40 m, Br. 1,00 m.

10. Andreas Beiter, Jurist, f 1668. Die Fläche zeigt zwei Wappen (das des A. B. und seiner Gemahlin Elisabeth von Uslar) Sandstein. H. 1,78 m, Br. 0,95 m.

11. Ludwig Fidler, Pastor, f 1674. Stehende Figur und zwei Wappen. Oben ein hebräischer Spruch (Psalm 62, 8). Sandstein. H. 1,91 m, Br. 0,97 m.

12. Der Pastor Primarius August Meschmann, f 1678. Schlichte Marmor- tafel. H. 1,82 m, Br. 0,92 m.

13. Heinrich Bixner, f 1692. Die Tafel zeigt eine von einem Kranze um- gebene lange Inschrift; oben halten Engel zwei Wappen. Sandstein. H. 2,21 m. Br. 1,15 m.

14. Johann Beyr, Bürgermeister, f 1704. Ehewappen (das des J. B. und seiner Frau Eath. Elis. Froweins) und Inschrift in Kartusche. Sandstein. H. 1,93 m, Br. 1,08.

Ausserdem enthält die Kirche noch 4 minderwertige Gedächtnistafeln des 17. Jahrh.'s.

Ausserhalb an der Kirche befinden sich 3 Steinepitaphien mit unleserlich gewordener Schrift aus derselben Zeit

7. Die französisch-reformierte Kirche,

in der Antoniusstrasse (am Tönnieshof) gelegen, wurde für die durch Aufhebung des Edikts von Nantes Vertriebenen erbaut Nach Verbindung der französischen

HalbeiBtadt (die fraBzösisch-reforinierte Kirche die jüdische Synagoge) 409

mit der deatsch-reformierten Gemeinde, welche letztere seit 1664 besteht, fand am 6. September 1818 der letzte Gottesdienst in dieser Kirche statt. 1824 wurde das Gebäude verkauft und dient seitdem als Warenmagazin. Die Kirche ist ein zierlicher Zentralbau ohne besondere Merkwürdigkeiten. Unterhalb des vorderen Teiles befinden sich Wölbungen auf viereckigen, abgefasten Pfeilern. Die Gurt- bögen, flach gespannt, sind nur teilweise fertig geworden, und die Wölbungen später unorganisch darauf gesetzt. Die in schlichten Sococoformen gehaltene Front zeigt zwei französische Inschriften, die eine religiösen Inhaltes, die andere des Wortlautes: La colonie fran9oi8e d'Halberstadt a bati ce temple pour son usage de Targent des coUectes sous les auspices de Friederich I et Friederich Guillaume, rois de Pruase depuis Tan MDCCXIII jusqu'en M D CC X VIU.

Die Altargerätschaften sind jetzt im Besitze der (reformierten) Liebfrauen- gemeinde. Von ihnen ist besonders zu erwähnen eine von 1724 datierte, 0,26 m hohe Zinnkanne, verziert mit einer Maske am Ausflusse, einer eingravierten französischen Inschrift und einem gleichfalls eingravierten Pelikan.

8. Die jüdische Synagoge

Litteratur: Dr. Auerbach, Gesch. der israelitischen Gemeinde in Halberstadt. 1866.

Die seit dem 13. Jahrhundert nachweisbare Judengemeinde, deren frühere Kultusorte unbekannt sind nur einer wird 1485 erwähnt over de goten int westenwort; 1487 liegt die Judenschule in der jodenstrate , hatte seit dem 17. Jahrhundert nacheinander vier Tempel, von denen Nachricht erhalten ist. Der erste wurde 1621, der zweite (in der Judenstrasse 21) 1669 zerstört. Noch erhalten ist die „Klaus^\ Bösenwinkel 18, 1703 durch Isaschar Bermann gestiftet. Den Hauptgottesdienst hält die Gemeinde aber in dem grossen, Bakenstrasse 56 belegenen Tempel. £r ist im Anfange des 18. Jahrhunderts erbaut als quadra- tische Zentralanlage mit einer Kuppel, also in einer in Halberstadt vereinzelt dastehenden Art Die äusseren Wandflächen sind in grosse, wenig vertiefte, fiachbogige Blenden eingeteilt, welche durch breite Lisenen getrennt sind. Im Scheitelpunkte der flachen Bögen befinden sich schlicht ornamentierte Schluss- steine. An die Ostseite schliesst sich der kleine Anbau, welcher die heilige Lade enthält Das Hauptgesims zeigt feine Yerkröpfungen. Die Kuppel ist vom Dache überbaut, daher von aussen nicht sichtbar. Zwei schön skulpierte steinerne Thüren, mit durchbrochenen Giebeln bekrönt, führen in den Tempel. Das Innere erhält sein Licht durch 15 schlanke, flachbogig geschlossene Fenster. Zwischen ihnen steigen schmale Pilaster empor, welche die wuchtigen Konsolen tragen, auf denen das kräftig entwickelte Gesims der Decke ruht Diese, wie auch die Kuppel ist in grössere Felder eingeteilt, welche mit symbolischen Malereien und Stuckverzierungen geschmückt sind. An der Westseite erheben sich übereinander die Emporen für die verheirateten bezw. die ledigen weiblichen Personen.

Von den Ausstattungsgegenständen fällt zunächst ins Auge die inmitten des Baumes befindliche Almemor (Platz, von wo aus die Thorah verlesen wird). Sie ist achteckig, umgeben von einem zwischen geschnitzten und bemalten hölzernen Pfosten angebrachten schönen schmiedeeisernen Gitter. Hinter der

410 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (die jüdische Synagoge St. Andreaskloster)

Kanzel befindet sich der Eingang zum AUerheiligsten, verhüllt je nach den ver- schiedenen Festen und Jahreszeiten durch verschiedene kostbare Vorhänge. Die Synagoge besitzt deren eine ganze Menge, durchgängig aus den kostbarsten Stoffen mit höchst wertvollen Stickereien geschmückt; sie stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Derselben Zeit gehören auch die zahlreich vorhandenen, sehr wertvollen Thorah-Mäntelchen an.

Zu weiterem Schmucke der Gesetzesrollen, deren 72 im AUerheiligsten vor- handen sind, besitzt die Gemeinde einen grösseren Vorrat silberner Schilder u. dergl.

Der Eingang zum AUerheiligsten ist umrahmt von schwerer, vergoldeter Barockschnitzerei. Die Art des Laubwerkes und die Anordnung des Ganzen hat starke Ähnlichkeit mit den aus derselben Zeit stammenden Altar-Aufsätzen der christlichen Kirchen.

Zur Beleuchtung dienen 20 messingene Barock-Kronleuchter der bekannten Art, die Lichterarme etagenweise um eine mittlere Kugel angeordnet; die Be- krönung bilden Adler, Löwen u. dergl. Zur Beleuchtung der Thorah am Sabbath und an den Festtagen ist ein silberner Kronleuchter vorhanden. Auch rechts und links von der Kanzel hängt je ein messingener Wandleuchter an einem langen schmiedeeisernen Arm. Ausserdem dienen den gottesdienstlichen Zwecken im engeren Sinne zwei grosse, stehende, messingene Armleuchter zu je neun Kerzen; vor ihnen stehen zwei Armleuchter, beides sehr zierliche Erzeugnisse der Schmiedekunst des späten Barock, gleichfalls aus Messing.

Kloster

Das St. Andreaskloster

Litteratur: v. I^ebur»« Archiv VIII, 276 ff. v. Mülverstedt H.— Z. 1872,46. Zschiesche, p 183 ff. Korrespondenzblatt 1866, 49. Lutz, Kunsttopographie I, 1270 f. Otte- Wemicke I, 406.

Geschichte: Das Kloster „to den barvoten" (St. Andreae-, Barfüsser- Minoriten-, Franziskaner- oder Heilige-Kreuzkloster) wurde Ende des 13. Jahrh., (am wahrscheinlichsten 1289) durch den Grafen Heinrich von Regenstein ge- gründet und zwar an der Stelle, wo sich jetzt der Ratskeller und die Kommisse befinden. 1399 wurde das Kloster, um es von der im Interdikte befindlichen Stadt abzusondern (vgl. oben p. 178) auf das Terrain Klein-Blankenburg verlegt, welches in Regenstein'schem Besitz war. Die Andreaskirche war bereits vorhanden und wurde von den Franziskanern nur übernommen. Doch ist diese ganze Ent- stehungsgeschichte nicht hinreichend aufgeklärt und der anderen Annahme, das Kloster habe von Anfang an auf jener zweiten Stelle gestanden, lässt sich nicht hinlänglich widersprechen. Das Kloster gedieh infolge vieler Bedrängnisse imd Wechselfälle nie zu bedeutendem Wohlstande. 1546 verlor es seine Besitzungen an das Domkapitel und lebte dann von milden Gaben und wissenschaftlichem Unterricht. Nachdem es 1547 aufgehoben, 1548 bereits wieder hergestellt war, nachdem die Mönche 1616 und 1624 vertrieben, aber auch nach dem zweiten Male wiedergekehrt waren, bestand das Kloster bis 1810, wo die allgemeine Aufhebung

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Halberstadt (das St. Andreaskloster: Banbeschreibang)

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412 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (St. Ardreaskloster: Baubeschreibung Glocken)

der geistlichen Stifter auch ihm ein Ende machte. Die Kirche aber dient nach wie vor bis heute als katholische Pfarrkirche.

Baubeschreibung. (Kg. 169.) Die Kirche, erbaut am Ende des 14, repariert Anfang des 17. Jahrh.^ ist ein mit Sandsteinquaderverblendung ausgeführter, ein- facher gotischer Bau ohne westlichen Turm, nur mit einem Dachreiter auf der Stelle des Firstes, wo sich der Altarraum an das Schiff anschliesst Die Portale sind ganz schlicht; die Strebepfeiler einfach und nur einmal abgetreppt. Sie ist eine Hallenkirche zu nennen ; die Seitenschiffe (Vs so breit wie das MittelsdiiffJ sind nur unbedeutend niedriger als das Mittelschiff. Die Massverhältnisse wirken infolge des schlanken Aufstrebens der Säulen elegant und der Blick von der Orgelempore gegen den Chor hin ist von grosser Schönheit. (Fig. 170.) Die Seiten- schiffe sind vom Mittelschiffe durch beiderseits vier achteckige Pfeiler getrennt, welch keine Kapitale aufweisen. Die Scheidbögen sind schmäler in ihrem Durch- schnitte als die Pfeiler und an den Kanten stark abgefast. Die Kreuzgewölbe des Mittelschiffes und des Chores ruhen auf kurzen Diensten, die sich auf kleine einfach gestaltete Konsolen stützen und oben mit zierlichen Kapitalen gekrönt sind; nur im Chorschlusse laufen die Dienste bis zum Fussboden hinab. Die Gewölberippen zeigen ein einfaches birnenförmiges Profil. In den Seitenschiffen kommen die Rippen aus den Ecken der Säulen, die Qurtbögen ruhen ähnlich dein, welcher das Mittelschiff vom Chore trennt auf kurzen abgerundeten Wandkonsolen« Die sehr hohen Fenster sind dreiteilig und zeigen in der Mitte eine vorteilhaft wirkende Unterbrechung durch einen eingelegten Kreis; das Masswerk ist schlicht^ nur am Westgiebel ist es reicher gestaltet, insbesondere am mittleren Fenster, w^o sechs ineinander greifende Fischblasen ein Muster von hervorragender Schönheit bilden. Die Leibungen zeigen aussen und innen tiefe Hohlkehlen. Die Fenster der Süd- . Seite sind fast ganz vermauert. Die an den Enden der Seitenschiffe befindlichen sind zweiteilig. Die Fenster des Chorabschlusses sind mit modernen Malereien geschmückt, während die in den Seitenschiffen verschiedene Reste von in Grisaille gemalten Wappenscheiben des 18. Jahrhunderts aufweisen.

Im Dachreiter hängen zwei Glocken. Die eine ist modern, die andere, aus dem 15. Jahrb. stammend, hat einen ungefähren Durchmesser von 60 cm. Um die Krone läuft als Umschrift der bekannte Spruch: Plebem voco, congrego etc.

Altäre. [Urkundlich erwähnt, jedoch nicht in der Weise, dass eine sichere Bestimmung möglich wäre, werden der Liebfrauenaltar in der Kirche 1434; der Altar der h. Jungfrau und der hh. Peter, Paul, Kosmas und Damian, Lucia und Gertrud; gestiftet von ' der Brüderschaft der Schneidergesollen 1466; Standort ,,an der vordem Seite an der Kirchenwand."]

Der Hochaltar, ein spätgotisches italienisches Schnitzwerk, welches zwischen Masswerk die Madonna mit acht Heiligen zeigt, ist von der Genoral Verwaltung der Kgl. Museen zu Berlin der Kirche leihweise überlassen. Er ist für seinen Standort viel zu klein und nimmt die Stelle eines leider zerstörten, sehr grossen und schönen Barockaltars ein, von welchem einzelne Figuren sich noch auf dem Dachboden und in der Pfarre vorfinden.

Zwei sehr hübsche gleichaltrige Altäre (der eine datiert von 1784) stehen

^ Scheffer p. 30.

414 Hatberst&dterStadtkieis: Halberstadt (SLAndreasliloater: Altargerät« Ijenchter]

der Wand des nördlichen Seitenschiffes ist mit einer iast lebensgrossen Statne der Madonna gesclimückt Das Werk ist in Marmor ausgeführt und verdient wegen der ausserordentlicli schönen Arbeit, der ruhigen Haltung und des herrlichen Flusses der Gewänder die grösste Bewunderung. Als Entstehungszeit ist das 15. Jahrb., als Heimat das westliche Deutschland anzusehen; wenigstens ist der französische Einfluss unverkennbar. Am Sockel der Figur befindet sich ein

nicht dazu gehöriges kleines polychromiertes Marmor- relief, aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts stamiDend, welches die Anbetung der Könige vorstellt. Sehr feine Arbeit. Höhe 032 ra, Breite 0,45 m. (Fig 171.)

AltargerSte: [Em Kelch , 10 balberstadter Mark wert, findet 1466 Er- wähnung.]

Gestühl. Die go- tischen Chorstühle sind ein- fach beiderseits zweireihig ^8"'- aufgestellt. Die an der

Bückwand über den ein- zelnen Plätzen befindlichen Füllungen zeigen Ölgemälde der Barockzeit, Scenen aus dem Leben des h. Franziskus darstellend. Die Sitzbänke in den Schiffen haben zierlich geschnitzte Wangen, sie stammen ebenso wie die beiden vor dem Choreingange befindlichen Kommunionbänke aus dem 18. Jahrb. Aus derselben Zeit ist der prächtig geschnitzte Beichtstuhl. Etwas jünger ist die Kanzel. Sie zeigt in ihren Seitenflächen die Figuren Christi, Marias und der Evangelisten; die Ecken sind mit gedrehten, mit Blatt- werk gezierten Säulen geschmückt. Über der Aufgangsthür die Figur der Justitia. Die Orgel. [Von der früheren, im Jahre 1619 vorhandenen Orgel sagt Michael Praetorius: „(die Orgel) zun Baarfüssern, dessen M. Elias Winnigsteten gewesen, vnd zu stehen TOOThaler, ohne dasMahlwerck gekostet, hat 27 Stimmen, 1 Tremulant. S Blasshälge." Er zählt auf: im Werke 8 Stimmen, im Pedal oben 8, in der Brust zum Manual 5, in der Brust zum Pedal 3, im Rüekpositiv 13.]

Die jetzige Orgel stammt aus dem Dome, sie war die dritte, welche dieser besass (vergl. oben p. 278}. Sie ist zweiteilig, mit vielen Figuren und schwerer, ausdrucksvoller Schnitzerei geschmückt. Sie ist ebenso wie die Orgelempore ans dem 18. Jahrhundert.

Von Leuchtern sind zu erwähnen: 1) ein Kronleuchter, zwölf Arme um t'ine Kugel. Letztere ist als Himmelskugel gedacht, auf welcher die betende Madonna mit Strahlenkranz und Sternenglorie steht. Ende 17. Jahrhundert; 2) die gotische, messingene ewige Lampe; zwei schöne marmorne stehende Engel als Leuchterträger auf einem der nördlichen Seitenattäre. 15. Jahrhundert. Ein Opferstock, in Eichenholz geschnitzt, lö. Jahrhundert. (Fig. 172.)

Halberstadt (das Si Andreaskloster: Kunstwerke) 415

Ein Yortragekreuj; mit rundgeschliffenen Steinen und Reliquien, M.Jahrli.

Von Kunstwerken beherbergt die Franziskanerkirche : 1) ein Doppel- wappen, aus dem St. Burchardikloster stammend; y) ein zierliches kleines, in Holz geschnitztes Roeocokruzifix; 3) einen Kruzifixiis vom Ende des 16. Jahrhunderts; 4) einen marmornen, halblebensgrossen Kruzifixus, 18. Jahr- hundert; — 5) eine sehr wertvolle thronende Madonna , polychromierte Holzschnitzerei; Höhe l,C6 m; das Werk ist bis auf kleine Mängel gut er- halten (Fig. 173); 6) eine Anzahl von Ölgemälden ohne erheblichen Wert. 7) einen Kelch von vergoldetem Silber, 15. Jahrhundert, 0,16 m hoch. Der Knauf ist sechsstrahlig, an jeder Kante mit einem Buchstaben des Namens ihesvs, erhaben in emailliertem Grunde. Am Fusse befindet sieh zweimal der Name ludolf vs Ivekenvm, das eine Mal anf einem fliegenden Spruehbande; femer daselbst eine graviei-te gekrönte Madonna; auf dem ihr gegenüberliegenden Felde des sechslappigen Fusses war ehemals eine (plastische?) Figur (Kniziflxus?) be- festigt; — 8) einen Kelch von 0,2:i m Höhe aus dem 18. Jahrhundert; Knauf sechsstrahlig, Fuss sechslappig ; dieKuppa des aus vergoldetem Silber bestehenden Kelches, ist von einer Htilse umgeben, die prächtigßBlumen-und andere Pflanxen- motive in getriebenem Silber zeigt; 9) und 10) zwei kunstvoll gearbeitete

Monstranzen des 18. Jahrhunderts; Fig. 172.

11) eine messingene Pyxis in Form eines

mit Zinnen, geschmückten Türmchens, 14. Jahrhundort; 12) einen hölzernen mit weissem Pergament überzogenen, innen mit Purpur gefärbten Kasten; mit vergoldeten Broncebeschtägen ; an den äusseren Kanten mit schwarzen gemalten Ornamenten auf Goldgrund; der Deckel fehlt: 13. Jahrhundert; 13)— 15) drei spätromanisehe Kassetten von Eichenholz ; die Aussenflächen mit höchst künstlicii gearbeiteter Holzintarsia inkrustiert; vergoldete BroneebeschJäge; an zwei von diesen Kassetten sind noch die mit gestochenen Mustern geschmückten Messing- schlösser erhalten. Die Füsse der einen sind als umgekehrte Würfelkapitälo gestaltet. Nr. 12—15 bilden einen äusserst kostbaren und seltenen Besitz der Kirche. Die nähere Beschreibung der Stücke würde hier zu weit führen und muss an anderem Orte geschehen. Von einer der Kassetten, der grössten (Höhe 1,38 m, der Füsse 0,68 m, Breite 0.26 m. Lange 0,48 m, untere Fläche der Füsse 0,28 m), femer von deren Deckel (der bei den übrigen fehlt)

416 Halbentadter Stadtkreis: Halberstadt (das St. Ändretiskloster: Knnatirerbe)

eDdlich von zwei Einzelheiten der Intarsia sind hier Abbildungen beigegeben. Fig. 174 and 175; 16) ein Weihrauchgefäss von Silber; die untere Hälfte iat aus der Barockzeit, während die obere romanisch ist. Fig. 178. (Auf

dem oben erwähnten, von den Schneidergeselleii gestifteten Altar stand 1466 ein Marienbild; es war schon älteren Datums und nur provisorisch aufgestellt. bis die Gesellen würden ein Altarbild stiften können. Vielleicht war d»5 Marienbild identisch mit dem schönen marmornen, dessen Wert oben hervor- gehoben ist]

^Salberstadt (das St. Andreaskloster: Bibliothek Hee§gewftnder Epitaptüen) 417

[Die Bibliothek wird 1569 erwähnt. Das meiste daraus ist nach Halle ^kommen: der jetzige Bestand ist nur noch ein geringer Rest des ehemaligen.

Messgewtiiider (zwei weisse Alben und eine rote Kasel) wurden 1466 geschenkt]

Epitaphien:

1) des Bischofs Burcbard I.; aus dem St. Burchardikloster 1710 hierher abertragen imd an der Wand des nördlichen Seitenschiffes aufgestellt. Sandstein Höhe 2,05 m. Breite 1,04 m. Der Bischof ist in ganzer Figur, bekleidet mit dem

Rg. 174.

vollen Ornate, dargestellt. Unten hält ein kleiner Engel das Wappen hoch. Um- schrift in Majuskeln: S : Burchardus : xi : Halberst : Epus 105g Jn Ecclesia Cathed : Sepult^ : Qua : Exusta : 1060 : Ad : Hunc Locum Qui Ab Eo Nomen Habet Translatus est. Schönes Barockwerk. Das Gesicht ist sehr individuell aufgefasst und scheint Portrait irgend einer vornehmen Persönlichkeit zu sein. Fig. 179.

2) des Ferdinand Joseph von Pürstenberg, Kanonikus zu Halberstadt, f 1800.

3) Heinrichs des Jüngern, Grafen von Regenstein, Gründers des Franziskaner-

Knli Uiiltwntidl. !(

Halbentadt (das SL Andnasklostor: EpilapMen)

419

parentTm eive - etezeadem fanilia defmctorvm memoria postridie S : Andreae apoetoli ecclesiae hvivs patroni annva solemnitate celebrator : insignein bmc conventTm, et ecclesiam ex lapide qvadro Bvb titrlo 8 : Andreae apostoli

hoc in loco residentiae svae vvlgo die kieine Blanckenburg dictae, anno 1' profratribvg oidjnis Minorvm S : Francisci fvndavit et anno 1314 morirrs - medio cbori hvivs ecclesiae in babitr ordinis nostri magnifioe est sepvltvs

420 HalberBtädter Stadtkreis; Halberstadt (das StÄndreasklostor; Epitaphien)

Halberertadt (das St Andieaskloster: Sonstig Baumlichkeiten)

ac cboFvm 9vis svmptibvs lapide blanckenbvrgico sterni cvrarvnt, qvorvni me- nioria sit in benedictione et aninia exceUentissiini comitis piae memoriae

hie aepvlti reqviescat in

sancta pace.

Ton den zum Kloster gehörigen sonstigen Räumlichkeiten sind zu erwähnen: DderKreuz- gang, welcher noch er- halten ist, aber die far- bige frühere Verglasung seiner Fenster einge- büsst bat; 2) die neben ibni belegenen Zimmer. Sie bieten trotz aller Veränderungen noch manches Inter- essante, so besonders eine spätgotische Hache Holzdecke, deren Zeich- nung ich der Liebens- würdigkeit des Herrn Stadtbaurates Schmidt verdanke; Fig. 176 und 177; 3) über der neben der Kirche be- legenen Sakristei be- findet sich ein Kaum mit flacher Holzdecke, die von einer dicken spätgotischen hölzomon Säule mit merk w ürdigem seltenem Kapitälgetragen ■wird, [letzteres zeigt prismatisch gestaltete rechteckige Stücke,li»hl- und Bchiffskehienartige Formen ; eine Ein- schnürung unterhalb des Kapitals, sowie ein Abakus oder dgl. fehlen p- j^g

gänzUch. (Fig. 180).

Im Hofe fanden sich bei Ausschachtungsarbeiten im Jahre 1869 zwei tirubcn, worin prähistorische Urnen, sowie eine kleine steinerne Madonnonstatue entdeckt wurden.

422 HalbentUter Stadtkreis: Halberstadt (das SLKaUiariDeiikloBter: Geseliteht«)

Auf dem Hofe findet sich am südlicliea Flügel der ElostergebSude die auch von Scheffer (p. 29) erwälmte Inschrift: D. O. M. B, Hariae virgini sc-

raphico Francisco hanc domutn poni curavit preenobile reverendun et gratiosum capitulum cathedralis ecdesiae halberstadensis. Anco salutis M.D.C.XXX.

2. Das St Katharinenkloster

Litteratur: v. Mühentodt in der H.-Z. 1872, wo§fdbit die frühere UUeratur tut- geführt iit; Zrchieeche, H&lb. lODBt tiod jetet p. I85f-, Lotz, Kunsttopogniphie 1,270; Otte- Wemicke, II, 406 ; t, Ledebur, Eorreepondeosblatt 1S66, 50.

Abbildung ist hergestellt von der Kgl. Meesbild&nBtalt und mit deren KrlaobiiiB hi«r □«ohgebildet

Geschichte: Das Kloster stand unter dem Patronate der hh. Katbarioa, Barbara und Paulus. Dem letzteren verdankte ea den im Mittelalter f^eläufigen Namen der Pevlercloster; die Bezeichnung Eatharinenkloster blieb eine seltene, Es wurde Ende der zwanziger Jahre des 13. Jahrhunderts von den Grafen von Begenstein gegründet und angeblich 1231 geweiht. Drei Siegel beschreibt von Müiverstedt a.a.O. p.40. 1566 wurde das Kloster dem Domkapitel überiiefert, worauf der Rat der Stadt dort eine Schule für Studierende der Theologie ein- richtete, doch war diese nicht von langem Bestände, da das Kloster 1597 einging. Die Gebäude ausser der"Kirohe wurden erst vermietet, dann für 1050 Tbaler 1598 an Ernst t. Ämstedt verkauft. Während des dreissigjährigen Krieges kun es vorübergehend (1624—32) wieder in Besitz von Klosterbrüdern, die aus Os- nabrück dorthin gekommen waren; von 1648 an abermals von Dominikanern besetzt, verblieb es diesen bis zur Aufhebung des Klosters im Jahre 1810. Die Kirche aber dient noch jetzt der katholischen Gemeinde zu St. Katharinen.

Als Fatronat des Klosters wird die Kirche zu Derenburg erwähnt Von den Schicksalen des Klosters ist leider nicht viel bekannt da die im 18. Jahrh. von dem Prior RaimundusBruns verfasste Chronik untei^gangen zu sein scheint [Von den Schicksalen der ersten Klosterkirche, welche im 14. Jahrhundert durch die jetzt noch bestehende ersetzt wurde, wird berichtet, dass die beträchtlidieii Baukosten durch Sammlungen und Ablässe aufgebracht wurden. Letztere wieder- holen sich während des 13. Jahrhunderts öfter, zuletzt 1289, wobei der Ablus

Halberstadt (das St. Katharinenkloster: Baabeschreibnng)

423

auch denjenigen Personen verheissen wurde, qui ad fabricam seu reparationem vel luminaria seu omamenta Beiträge leisten würden. Altäre des b. Paulus und der h. Katharina werden 1259 erwähnt Ein Ablass wurde 1284 erteilt, weil die Kirche des Leprosenhauses gebaut werden musste.]

Baubeschreibung: (Fig. 181.) Das Oebäude stellt sich dar als eine drei- schiffige Hallenkirche, erbaut im 14. Jahrhundert, deren Schiffe durch fünf acht- eckige Pfeiler, die auf viereckigen Sockeln ruhen, von einander getrennt sind.

Fig. 181.

Das letzte Joch gegen Westen ist von der Kirche 1630 abgetrennt, um eine Durchfahrt für die dahinter liegenden, jetzt zu militärischen Zwecken dienenden Gebäude zu ermöglichen. Im übrigen bietet von der Architektur des Gebäudes nur der Chor grösseres Interesse (Fig. 182); er ist in spätgotischer Zeit mit einem scharfgratigen Kreuzgewölbe eingedeckt worden, wogegen die drei Schiffe des Langhauses mit geraden Holzdecken versehen sind. Die Fenster, deren es an der Südseite fünf, an der Nordseite nur im äussersten Westen eins giebt, zeigen spätgotisches Masswerk. Die beiden östlichsten in der Südwand sind vier-, die

424 HalberBtadter Stadtkreis : Halberstadt (das St Eatliarinenkloster: Baabeechreibang) ,

übrigen dreiteilig, eins von ihnen enthält zwei geraalte Wappenscbeiben des 17- Jahrhunderts in guter Erhaltung. Auch dem Chore fehlen die Fenster auf

Fig. 182

der Nordbeite, im Süden und Osten bat er durcn sieben, ^velche denen des Langhauses durchaus verwandt sind.

Steinmetz/.eichen giebt es an den Pfeilern des südlichen Seitenschiffes wahrscheinlich eine ganze Anzahl, doch sind sie durch vielfache Übertünchung

Halberstadt (das StKatharinenkloster: Altäre Kanzel Orgel Taufbecken) 425

unkenntlich geworden. Festzustellen sind nur noch diese beiden Steinmetzzeichen an der Südseite aussen :

±^

1. am Schiffe:

2. am Chore:

Die Kirche zeigt im Innern noch Spuren von Bemalung, \velche im 17. Jahrh. ausgeführt ist

An den nördlichen Teil des Chores lehnen sich Kreuzgewölbe, welche auf kurzen, mit frühgotischen Kämpfern versehenen Pfeilern ruhen. Unser Plan zeigt den gesamten Umfang der ehemaligen Stiftsgebäude, welche jedoch durch Um- bauten völlig entstellt worden sind.

Die im Dachreiter hängende Glocke ist unzugänglich.

Altäre: Der Hochaltar ist ein überaus reich geschmücktes Schnitz werk des 18. Jahrhunderts, ähnlich dem in der St. Martinikirche. Innerhalb seiner prachtvollen Architektur zeigt es viele Figuren und Gemälde. Es bedeckt mit seiner Höhe die gesamte lünge der Chorfenster bis zum Gewölbe hinauf. Zwei Nebenaltäre, rechts und links neben dem Eingänge zum Chor befindlich, stammen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Besonders der südlich stehende, dessen geschnitzte Ornamente 1779 neu bemalt worden sind, zeigt schön erfundene Rococoformen, doch ist auch der nördliche von bedeutendem Werte.

Die Gestühle im Chor sind den Altären im Stile angepasst.

Die Kanzel (Fig. 183) ist ein prächtig geschnitztes polychromiertes Werk aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Ecken sind mit gewundenen Säulen verkleidet; die Flächen dazwischen zeigen innerhalb schöner Renaissance- architektur vertiefte Nischen, innerhalb deren Schnitzereien (Gottvater, die vier Evangelisten, ein Fruchtomament) sich befinden. Darüber die Worte IWS - HIC EST Fl - LIV8 MEVS - DILECTVS - HVNC . AVDITE Der Schalldeckel stammt aus etwas späterer Zeit; er ist ebenfalls sehr reich ornamentiert, im Verhältnis zu der Kanzel jedoch gar zu massenhaft, immerhin aber für sich betrachtet ein schönes und wertvolles Stück.

Die Orgel zeigt einen aus dem 17. Jahrhunderte stammenden, mit kräftigen Schnitzereien und stark wirkenden Verkröpfungen, oben mit den Figuren des Königs David und zweier Engel gezierten Prospekt. Die Orgelempore hat die im Anfange des 17. Jahrhunderts beliebten Blendarkaden, w^elche sich auch noch an vielen Fachwerkhäusern jener Zeit vorfinden.

Das Taufbecken ist aus Rübeländer Marmor.

Ein Lichthalter (Fig. 184) in Gestalt eines Chorknaben ist ein wertvolles und interessantes polychromiertes Holzschnitzwerk des 14. Jahrhunderts.

Von liturgischen Gewändern giebt es wie in der Franziskanerkirche eine ganze Anzahl, jedoch durchweg neueren Datums,

Halteratadtoi Stadtkreis : Halberstadt (das St. Eatbarinenkloster: Knnetirarke)

Fig. 184.

An der nördliclien Wand des Langhauses befindet sieh eine Kreuzigungs- giuppe. Die Figuren von Maria u. Jobannes stammen UUH dem 15. Jahrhundert, der Kru/Jflxtis ist mög- licherweise älter. Die beiden Seitenfiguren haben viel- leicht ehedem zu einer Gruppe gehört, welche gleich vielen ähnlichen in anderen Kirchen auf einem Triumph- balken vor dem Chore auf- gestellt war.

Eine kleine polychro- mierte Madonna von einem Strahlenkränze um- geben, ist ein schönes Holz- schnitzwerk des 17- Jahr-

428 HalberstSdter Stadtkreis : Halberstadt (das St. Burchardikloster: Oeschiehte)

Ton der reichhaltigen Bibliothek (vota welcher ein geschriebener Katalog existiert) ist nur noch weniges in der Kirche erhalten , der grösste Teil an die Universitätsbibliothek zu Halle übergegangen.

Die sonstigen Räumliciikeiten der zugehörigen Gebäude bieten wenig Wesentliches. Der Kreuzgang ist ganz verbaut Interessant ist der neben dem Korridor D gelegene Remter (Fig. 185), dessen zweischiffige Halle schöne, von spätgotischen Säulen gestützte Wölbungen aufweist. Die trennenden Wände in seinem Inneren, welche der (aus früherer Zeit stammende) Grundriss aufweist, existieren jetzt nicht mehr.

3. Das St. Burchardikloster

Litteratur: Halberstädter Blätter 1828, 1,244—256; Halberstader GemeiDnützige ünterhaltuDgen III, 1, S69-880; IV, 1, 175—177; v. Mülverstedt in der H.-Z. 1872, 39. (wo die Litteratur im übrigen verglichen werden kann). Derselbe ibid. p. 45. Leuckfeldt, Antiqu. Blankenburg, p. 28. 61 ; v. Ledebur in dem Oorrespondenzblatte des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- Vereine 1866, 49. Otte-Wemicke II, 178. Lotzl, 26a Zchiesche p. 188. Elis in der Harzzeitschrift 1886, 20 ff. _ H.-Z. XXIII, 243. Otte, Bomanische Baukunst p. 294.

Namen: Das Stift führt die Bezeichnung St. Thomas nach demjenigen Kloster, welches die Nonnen bis 12U8 inne gehabt hatten (s. unten); St. Jacobi nach dem Schutzpatron der Kirche; St Burchardi nach dem Begründer, Bischof Burchard I. Die beiden letzteren Namen hielten sich lange nebeneinander, bis die Bezeichnung St. Burchardi, welche schon Anfang des 14. Jahrhunderts die gewöhnliche war, seit Anfang des 17. Jahrhunderts die allein geltende blieb. Nach der Lage wird das Kloster auch > bezeichnet als prope civitatem, extra muros civitatis, in suburbio; 1216 und auch später führt das Kloster die Bezeichnung novum opus.

Geschichte: Bischof Burchard I. war der Gründer des Klosters, in dessen Bäumen er auch begraben wurde.^ Es war seit 1186 ein Prämonstratenser Mönchskloster und kam dann in den Besitz der Templer, welche in Halberstadt eine ' Kommende stifteten. Im Jahre 1208 verliessen sie das Kloster aber und siedelten in das am breiten Thore belegene Kloster St Thomae über, wogegen die bis dahin dort hausenden Gisterziensernonnen das Burchardikloster übernahmen, angeblich, weil dieses dem Lärm der Stadt ferner lag. [Dies 1186 von Bischof Dietrich gegründete und reich beschenkte Kloster führte seitdem die Bezeichnung Tempelhof oder Gottesritterhof. Seine Spuren sind heute verloren. Vergl. oben p. 221. 1 Der Tausch wurde 1230 durch Bischof Konrad bestätigt. Wegen Über- füllung des Klosters ging in der Mitte des 13. Jahrhunderts eine Anzahl von Nonnen nach dem Kloster St. Nikolai zu Adersleben, scheinen aber dort Schwierigkeiten gefunden zu haben, die die Rückkehr verschiedener von ihnen verursachten. Besitzungen hatte das Kloster in Aspenstedt, Quenstedt, Wehrstedt, Harsleben, Börnecke, Timmenrode, Hordeshusen, Alderode, Adersleben, Hodal, Bemburg, Schöningen und am Goldbache; auch das Recht des Holzschlages im Harze gehörte dazu. Patronate werden erwähnt u. a. in Westerhausen , Emersleben, bei den

' Sein Leichnam wurde später in den Dom und von da in die Andreaskirche über- tragen, wo er sich im nördlichen Seitenschiffe noch befindet.

Halberstadt (das StBarchardikloster: Oeschichte)

429

Kapellen in Schwanebeck und Oschersleben u. s. w. Von der Aufzählung des Klosterpersonals kann hier abgesehen werden, da es im Index des Schmidt'schen Halberstädter Urkundenbuches in aller Vollständigkeit aufgezählt ist und daselbst verglichen werden kann. Über die Siegel vergl. v. Mülverstedt a. a. 0.

X

.10

Fig. 186.

Von den äusseren Schicksalen des Klosters verlautet nicht viel. 1325 hatte es unter den Streitigkeiten zwischen Bischof Albrecht II. und Bernhard HI. von Anhalt zu leiden. Am 10. Oktober 1631 und am 12. Januar 1632 fanden Plünderungen statt, an denen der Hat von Halberstadt nicht ohne Mitschuld gewesen sein soll. Im 18. Jahrhundert geschahen zu drei Malen Beschädigungen durch Über- schwemmung. Das Kloster blieb katholisch bis zu seiner Aufhebung am

432 UalbentSdter Stadtkreis: H&lberstiult (das StBnrcbardlUoster; BaabeschKibsDE)

Breitenverbältnist» der Schiffe im Langfiause sind annaliemd 1 : 3 : 1 , je ein niedriger Bogen füiirt aus den Seitenscliiffen und ein niäciitiger aus dem Mittel- sctiiffe in das Querhaus, welches aus drei nebeneinander gelagerten Quadtaten besteht Die Vierung wird von Itteuzförmig gezeichneten schweren Pfeilen begrenzt. Aus der Vierung geht es durth Bügen, welche denen an der Westseitt

entsprechen, iu den Cliorrauni (Kig. 1881, welcher sieb einer reichen und originellen AusbilJnng erfreut, und den Vergleich mit den Kirchen zu Riddagshausen. Maiien- fcld in Westfalen und ähnlichen herausfordert, wie denn auch die Maasse dei» m Riddagshausen ähnlich sind. Der Chorraum besitzt dieselbe Breite wie Ix Uinghaus und ist wie dieses dreiscliiffig nngolegt, jedoch so, dass die SeitenscbiBt mittels eines an dem Altarraumc im Osten sich hinziehenden Ganges ein» Ijmgang um diesen bilden. Dieser Umgang öffnet sich (regelmässiger als in

Italbersiadt (das Si Öurchardikloster: BanbesdhreibuBg kloBtergeb&nde) 433

Riddagshausen ^) auf jeder Seite in drei Bögen zwischen Pfeilern gegen den Mittelraum. Zwischen den Pfeilern und den Aussenwänden schwingen sich halb- kreisförmige Gurtbögen, welche auf höchst schlicht gezeichneten Kämpfergesimsen aufsetzen. Zwischen ihnen befinden sich Kreuzgewölbe, welche die bedeutende Eigentümlichkeit haben, dass ihre Orate nicht bis zum Schlussstein reichen, sondern sich schon vorher in der Fläche verlieren, so dass sie eine Art Mittel- ding zwischen Kreuzgewölbe und Kuppel bilden.

Das Langhaus war mit geraden Holzdecken eingedeckt, während der Chor und das Querhaus eingewölbt werden sollten. Ob sie es einmal waren, lässt sich nicht sagen; die steinernen Gewölbeaufsätze sind noch vorhanden. Yielleicht aus Gründen der Billigkeit, vielleicht auch aus statischen Rücksichten begnügte man sich aber schon in frühmittelalterlicher Zeit mit hölzernen Gewölben; die derb geschnitzten Konsolen, auf welche jene sich stützten, sind noch an vielen Stellen erhalten. Sie haben grosse Ähnlichkeit mit denen in Biddagshausen (vergl. bei P. J. Meier a. a. 0. pag. 141 Fig. 51 und pag. 144 Fig. 54), nur ist die Ausbildung einfacher und schmuckloser. Im 18. Jahrhundert ist der Chor mit einem unpassenden hölzernen Tonnengewölbe mit darauf genagelten Bippen vor- sehen worden.

Überhaupt sind eigentliche Schmuckformen im Innern gar nicht vorhanden, dagegen hat das Äussere zwei ausgezeichnete Zierden an den beiden Portalen, welche an der West- und an der Südfront des Gebäudes sich befinden. Das westliche (Fig. 189) stammt aus der frühgotischen Zeit. Mit den Kapitalen der in der Leibung befindlichen Dreiviertel -Säulchen, welche sich um die Archivolte herum fortsetzen, mit den Gurtbändern, welche um diese Säulchen gelegt sind und mit der Verzierung, welche die innere Fase der Leibung in einer sehr pikant wirkenden Beihe erhabener Kreuzchen erhalten hat, erinnert dieses Portal stark an verwandte Motive aus dem ältesten Teile des Halberstädter Domes. Das südliche Portal (Fig. 19ü) befand sich ehemals an der Südseite des entsprechenden Seitenschiffes; es ist nach dessen Entfernung 1711 an die jetzige Stelle gesetzt worden. Hierauf deutet die Inschrift: Anno 1711. Hicposita sum sub F. G. Bertram. Can. Vic. Praep., Es ist älter als das vorher erwähnte Portal und zeigt noch den reichen Typus unveränderten spätromanischen Stiles. Die Leibung ist höchst ausdrucksvoll gegliedert, und einen besonders schönen Schmuck hat das Portal in dem Tympanon, welches durch einen verzierten Mittelbalken getrennt, zwei vorzüglich schön gearbeitete Bosetten aufweist. Besonders zu beachten ist die rechts, welche von einem Strickornament umwunden ist, während die Strahlen tangentiell gegen ein zierliches Mittelblümchen anlaufen.

Auf dem Westgiebel steht eine Windfahne (18. Jahrhundert) mit den Figuren des h. Jakobus und Burchard.

Von der Beschaffenheit der Klostergebäude lässt sich jetzt, wo alles durch umbauten verändert ist, kaum noch eine Vorstellung gewinnen. Ifur an einer Stelle des westlichen Teiles sind in der Aussenmauer vier kleine romanische Fenster (je zwei übereinander) sowie Spuren von noch mehreren erhalten;

^ Vergl. die Baabeschreibung dieses Klosters von P. J. Meier in den Bau- und Kunst- denkmäiern des Herzogtums Braunschweig Band II S. 121 ff.

Kreta Hjübentadt. 8d

434 HalbetstadterStadtlreis: Halberstadt (St. Bnrchardiklogtor: Ehemaliger BesitE der Eircbe)

stellenweise finden sich noch die romanischen Ge»mse; ein abgetreppter Giebel scbliesst eins der westlichen Gebäude ab u. s. w.

An der Westwand sieht man femer zwei Reliefs des 15. Jahrhunderts, die Kreuztragung und die Kreuzigung darstellend. Die Jahreszahl 1610 da- zwischen deutet auf die Erbauung dieses Teiles, welcher 1837 erneuert worden ist

Flg. 190.

Über der Hofeinfahrt ein Relief von 179t, darstellend den h. Jakobus und Burchard mit einer bezüglichen Umschrift (vergl. auch Scheffer pag. 42).

[Von dem ehemaligen Besitze der Kirche wird genannt: ein Leuchter 1313; der Gürtel Kaiser Ottos, welchen dieser 1216 den Nonnen schenkte (Braunschweig. Reimchr. MG. Chron. 11,1, 549). Altare: St. Burchardi über dem Grabe Burchardsl. in der Kitte der Kirche, also jedenfalls der Hochaltar; des Erzengels Raphael, 12üS, datiert durch die Ertrage eines von dem Kämmerer

Halberstadt (das Nikolaikloster: Geschichte) 435

Alvericus dem Kloster übertragenen Afterlehns; - Mariae Magdalenae, gestiftet 1328 vom Kanonikus zu St. Bonifatius, Johann Ton Reinstedt; der für den Altar eingesetzte Kaplan bekam auch die Verwaltung der zur Pflege des Altars be- stimmten Güter; Heilig-Kreuz 1366; St Martini 1392; -- St. Luciae 1489.— Gräber: des h. Burchard, erwähnt mit dem Zusätze prout asseritur 1263; des Bischofs Meinhard von Kranichfeld (f nach 1262; s. o. p. 173); sein Grab- stein war noch 1794 vorhanden; einer gewissen Jutta, Wohlthäterin der Kirche 1282.]

4. Das Nikolaikloster

Litteratur: Halberst. GemeinDützige UnterhaltuDgen 1807, 1,353—360; -H.-Z.XXII, 15; XXIII, 278; y. Mfilveratedt in der H.-Z. 1872, 41 ff. Leukfeld, Antiq. Gröning. p.39. 190. Zschiesche p. 188.

Geschichte. Das Kloster St. Nikolai, welches auch lange nach seiner Gründung noch den Namen novum claustrum führte, auch ad paulistas genannt wurde, sollte angeblich zuerst in Derenburg durch Bia und Sophie voq Regen- stein oder durch die Freiin Sophie von Reuss gegründet werden,^ wurde 1289 aber nach Halberstadt verpflanzt unter Zustimmung des Bischofs Yolrad, des Domkapitels und des Rates der Stadt, wo die (freilich viel spätere) Klosterkirche in der Strasse „unter den Weiden 12—13" noch jetzt existiert. Zur Kirche wurde die bereits dort vorhandene Nikolaikapelle erhoben; Patronin war eigentlich die h. Katharina von Alexandria, eine seit der Zeit der Kreuzzüge in Europa beliebte Heilige; neben ihr gehörte das Patronat dem h. Nicolaus. Das Gebiet, auf welchem das neue Kloster errichtet wurde, war bis dahin Eigentum des bischöflichen Truchsessen Johann v. Alvensleben. Bia, welche ihre Gründung für Nonnen des Dominicaner-Ordens bestimmt hatte, zog sich darauf in dies Kloster zurück samt ihren Töchtern Lucharda und Oda, und fand hier auch ihre letzte Ruhestätte. Papst Nicolaus IV. bestätigte die Stiftung am 14. November 1289. Im selben Jahre ging die Pfarrkirche von Derenburg durch Schenkung des Grafen Heinrich IV. von Regenstein, Bias Gemahl (sie war aus dem Geschlechte derer v. Warberg) an das Nicolaikloster über. Die Gründung führte reiche Schenkungen herbei insbesondere seitens der Regensteiner Grafen. Genannt werden als Orte, wo die Nonnen begütert waren und daher auch die Vogtei besassen, Heudeber, Hordorf, Harsleben, Derenburg, Oschersleben u. s. w. Innerhalb Halberstadts erhielt das Kloster 1367 den Goseliof (s. oben p. 222), der zuvor dem Domkapitel gehört hatte. Der Wohlstand des Klosters, wenn man davon überhaupt einmal hat reden können, sank allmählich, und 1478 wird gemeldet, es sei sehr ärmlich, seine Gebäude und Ausstattung alt, verdorben und unvollständig, die Nonnen wegen ihres Lebensunterhaltes infolge vieler Unfälle in beträchtlicher Verlegenheit gewesen. An der Spitze der Nonnen stand die Priorin, ihr zunächst die Unterpriorin ; zu ihnen kamen noch die Kellnerin, Küsterin und und Kämmererin. Nonnen gab es 1465 neunundzwanzig. Die Aufsicht führte der Probst, der von den Nonnen gewählt, vom Bischöfe bestätigt wurde. Das SchwestemkoUegium hatte gegenüber der Verwaltung der Nikolaikirche Selbst-

' Vergl. oben p. 86.

28*

436 Halber Städter Stadtkreis: Halberstadt (das Pfortenkloster das Heiligegeistboepital)

ständigkeit, führte wie diese auch ein eigenes Siegel, bedurfte aber bei dem Abschlüsse von Rechtsgeschäften der Zeugenschaft, Bestätigung und Besiegelung durch männliche Mitglieder der hohen Geistlichkeit, durch Ministerialen u.s.w. Die Orafen von Begenstein scheinen sich hierbei von Anfang an einen gewissen Einfluss vorbehalten zu haben. Noch 1804 hatte das Kloster sein volles In- ventar; 1810 wurde es aufgehoben; die Kirche diente später als Schauspielhaus, ist aber jetzt als solches nicht mehr im Gebrauch und steht noch mit der alten Theatereinrichtung unbenutzt.

[Von dem Inventar der Klosterkirche werden urkundlich genannt: Der Altar St. Petri in der Kirche, bei welchem 1492 vom Presbyter Martin Sone ein Benefizium gestiftet wurde; der Altar zum heiligen Kreuz 1324; eine ewige Lampe vor dem Sakrament auf dem Chor 1471; ein armarium 1471; ein Marienbild 1415; ein Kelch 15C0. Ein schon vor Erbauung des Klosters auf dem Hofe befindlicher Turm wird 1300, die an der Hühnerbrücke belegene Mühle des Nikolaiklosters 1497 genannt]

Der dem 14. Jahrhundert angehörige Bau (mit Sandsteinquaderverblendung) bietet in seiner äusserst schlichten Ausstattung äusserlich kein Interesse; die Untersuchung im Innern ist durch die Theatereinrichtung unmöglich gemacht Von der Baugeschichte erfahren wir sehr wenig. Ein Ablass für Ausbessenmg baufälliger Teile wurde 1478 erteilt Auf eine weitere Herstellung im Jahre 1708 deutet die (auch von Scheffer p.40 erwähnte) Inschrift LaVs sIt Dco In Ccs- santer In tcMpLo.

6. Das Pfortenkloster

Litteratur: Halberstädter Blätter 1823, 1,113-159. 161—176. M.-Z. 1872; Woker, Geschickte der norddeutschen Franziskanermissionen.

Geschichte. Das Kloster Porta coeli am Johannisbrunnen, wurde 937 durch Bischof Bernhard und seine Nichte Guntradis, Äbtissin zu Hadmersleben, ge- gründet und für zwölf arme Witwen (dominae de porta) bestimmt Bischof Brantog übertrug es 1030 der Fürsorge des Johannisstiftes, dem es aber durch Bischof Reinhard 1 107 wieder genommen wurde. Seitdem stand es unter dem Domkapitel, das Johannis- Stift aber erhielt von Bischof Otto zur Entschädigung das Alexiushospital (s. dass.). Die Aufsicht führte der Portenarius des Domkapitels als reich besoldetes Amt. Im 16. Jahrhundert sank die Zucht und Ordnung der Anstalt; Winnigstedt (p. 266) beschwert sich, dass zu seiner Zeit „geile junge Menscher" darin unter- gebracht worden seien, denen man einen jungen „Thumpfaffen" zum Verwalter gesetzt habe. Die alte Tracht (schwarzer Mantel mit weissem Schleier) ist seit 1811 abgeschafft Die Wohlthaten des Stiftes gemessen gegenwärtig zwölf weib- liche Personen in und vierundzwanzig ausser dem Stiftsgebäude. Letzteres ist ein Bau von 1832.

Hospitäler

1. Das Heiligegeisthospital,

gelegen innerhalb der Stadt am Harslebener Thore, wurde als Kranken- und Armenhaus für Geistliche und Laien von einem Bruder Wilhelm von Gent An- fang des 13. Jahrhunderts gegründet und stand bis 1225 unter der Martinipfarre,

. Halberiitadt (das Heiligegeistboepital: GeEcliiclite BaubeEcbreilinng) 437

von welcher es seitdem eximiert wurde. Das Hospital stand unter der Oerichts- barkeit des Domprobstes, bezüglich seiner Besitzungen in Elein-Harsleben aber bis 1295 unter der des Grafen von Regenstein. Steuerpflichtig war es dem Rate der Stadt, wurde jedoch davon befreit, als es 1241 das Gebiet, auf welchem die Stadt ihr Rathaus erbaut hatte, und welches ihm gehört hatte, der Stadt schenkte. Sechs Personen bildeten den Vorstand. Die zwei Obersten, welche jährlich neu gewählt wurden, waren Mitglieder des Stadtrates. Der Pfarrer verwaltete zugleich die Laurent! uspfarre inGross- Quenstedt. Der Hof- meister hatte für die "Wirtschaft zu sorgen. Die Besitzungen des Hospitals , teils durch Schenkungen, teils durch Ankäufe erworben, waren reich und ausgedehnt innerhalb und ausserhalb der Stadt. Gleichwohl genügten die vorhan- denen Gelder nicht immer, besonders als um die Uitte und gegen das Ende des 13.Jahrhunderts die fiauaufgaben einen grösseren Umfang infolge starken Krankenbesuchs annahmen. Durch päpst- liche Gunst wurden daher wiederholte Ablässe ge- währt, jedoch musste auch anderweitig Rat vorge- sorgt werden und es

wurde dabei nicht immer *^*' ''*"

vorsichtig genug gewirt- schaftet 1288 schritt der Papst Nikolaus IV, gegen die überhandnehmenden Gütor- verkäufe des Hospitals ein.

Heutzutage sind die meisten Kospitalgebäude'sebr neu und stammen erst aus dem 18. Jahrhundert. Das Portal (Fig. 191), von Pilastern eingefasst und mit Blumen und Figurenschmuck nebst dem Stadtwappen geziert, worüber der preussische Adler mit dem Kamenszuge Friedrichs des Grossen sich erhebt, ist die Hauptzierde des Gebäudes von aussen. Durch eine grosse Thorfahrt, über

438 U&lberBt&dter Stadtkreis : Halberetadt (das HeUigegeiaUiospital : Banbeschreibong)

welcher bis 1872 ein Fachwerktarm (Fig. 192) stand, gelangt man in den Hot; hier erblickt roan den Westgiebel der Hospitalkirche (Patron St Bartholomäus),

Fig. 193.

Seine Fläche ist, der frUhgotischen Entätohung der Kirche angemessen, durch drei nebeneinander aufsteigende schlanke, spit^bogige Fenster gegliedert, deren mittelstes höher als die anderen ii^t. Auch der Ustgiebei zeigt die Spuren dreier

Halbeistadt (das Heiligegeisfhospital das Salvator- und Elisabeth-Hospital) 4S9

genau entsprechender Fenster, welche durch zwei rundbogige ersetzt sind. Der Innenraum der Kirche ist mit einem hölzernen Tonnengewölbe überdeckt, er- neuert 1694 auf Kosten einer Katharina Detten. Aus derselben Zeit stammen die meisten Ausstattungsgegenstände:

Der reicbgeschnitzte Altar mit der Kanzäl darin, die gleichfalls ge- schnitzte Orgel und ein messingener Kronleuchter mit 16 Armen.

Der Innenraum wird durch die in zwei Stockwerken übereinander befind- lichen Emporen etwas verengt, macht aber, weil alles Holzwerk seine natürliche Beschaffenheit behalten hat, von keinem Anstriche bedeckt ist, einen ruhigen und vornehmen Eindruck. Zu erwähnen sind noch zwei Truhen romanischer Herkunft, aus dem 13. Jahrhundert, davon die eine (Fig. 193) mit geschmackvollen Beschlägen. 1877 wurde die Kirche hergestellt, wobei die gewölbten Grüfte ver- schüttet wurden.

2. Das Salvator- und Elisabeth-Hospital

Vergl. Arndt, Geschichte des Salvator- und Elisabeth-Hospitals sowie des Salvator- Krankenhauses in Halberstadt 1898.

Das Salvatorhospital , in welchem das Elisabethhospital (s. o. pag. 221) auf- gegangen ist, wurde zu unbekannter Zeit gestiftet und 1548 durch den Offizialen Heinrich Hom neu eingerichtet, welcher sich durch seine ausserordentliche Wohl- thätigkeit, zu welcher sein allmählich erworbenes bedeutendes Vermögen die Mittel gewährte, ausgezeichnet hat. Sein Bildnis auf dem in der Liebfrauen- kirche befindlichen Epitaph ist oben (S. 351 No. 13) erwähnt.

Die Stiftungsurkunde ist in Abschrift in der Gymnasialbibliothek erhalten. Bald nach der Mitte des 16. Jahrhunderts geschah die Vereinigung des Elisabeth- hospitals mit dem Salvatorhospital. Ein Haus, welches 1598 erbaut ist und vor dem Wasserthore noch steht, nahm beide auf. Über der Hausthür sah man früher eine Inschrift, welche auf das Jahr 1714 und den Provisor, Rats- herrn Erhard Hörn, hinwies.^ Es geht daraus hervor, dass damals bauliche Ver- änderungen gemacht wurden. Auch 1765 scheint einer anderen Inschrift zufolge Ähnliches stattgefunden zu haben.

[Die schon oben p. 221 erwähnte, zu den Hospitälern gehörige sog. Neu- städter-Kapelle, auch Elisabeth-Kapelle genannt, wurde 1869 abgebrochen. Die im Stadtbauamte noch erhaltenen Zeichnungen und eine Photographie, welche beistehend abgebildet ist (Fig. 194), lassen vermuten, dass das kleine Bauwerk in spätgotischer Zeit errichtet worden ist. Der Dachreiter war eine spätere Zuthat, wahrscheinlich infolge der Zerstörungen, welche das Gebäude im dreissigjährigen Kriege erlitten hatte. 1824 sollen noch Reste von alten Glasgemälden vorhanden gewesen sein.]

Der Kirchhof, 1598 laut Inschrift von einer Mauer umgeben, enthält eine Anzahl interessanter Grabsteine.'

[Verloren ist der von Scheffor pag. 19 erwähnte Stein zur Erinnerung an

^ Scheffer, pag. 42.

440 HalberstadterStadUims: Halberstadt (das Salrator- und ElieaMh-Hospital)

den am 14. Mai 1599 ermordeten Regulas Breitspracb, über dessen Inschrift eine Darstellimg des jüngsten Gerichts sich befand.]

Noch vorhanden sind: der Gedenkstein des am 18. September 1637 bei der Afolkenmühle ermordeten Hans Harsleben; ferner der der Barbara. und Anna Wiedelah, + 1597 bezw. 1607; ausserdem mehrere Epitaphien des 18. Jahrhunderts.

An den Mauern des Kirchhofs sind noch eine Anzahl von Steinen mit Wappen und Bauinschriften, sowie mit den Namen von Bauermeistem und anderen ■wichtigen Personen der Stadt befestigt

Halberstadt (der Siechenhof: Geschiebte Kapelle: Ausstattangsgegenstände) 441

3. Der Siechenhof

Der Siechenhof (Leprosenhaus ; domus infirmorum que juxta oapellam s. Alexii est sita 1199; •— zekhof 1447; seekhof 1452; der sekin hove, seykhof 1480) wurde gegen 1206 von den Gräfinnen Mette und Margarete von Keinstein gegründet. Die Vermögenslage war wälirend des 13. Jahrhunderts nicht besonders günstig und musste durch Ablässe, Schenkungen u. dergl. verbessert werden. Allmählich gelangte der Siechenhof zu grossem Keichtum. Die Ver- waltung blieb bischöflich, seitdem sie gegen 1223 dem Einflüsse der bürgerlichen Stadtregiening mit Mühe entzogen wordön war. Doch blieben zwei Ratsmitglieder in seinem Vorstande; sie finden sich noch 1553. Satzungen erliess Bischof Friedrich 1223; der Hausvater (provisor, vormunder), welchem die Besorgung der inneren Angelegenheiten des Siechenhofes oblag, wurde lediglich durch den Bischof eingesetzt Ausser den Ki:anken wohnten im Siechenhofe noch eine Anzahl von geistlichen Personen zur Besorgung des Lehr- und Seelsorger-Amtes. Für ihre Lebensführung wurden von Bischof Hermann 1301 ziemlich strenge Satzungen erlassen. Die Verwaltung der Güter, welche dem Siechenhofe ge- hörten, besorgte im 15. Jahrhundert ein Hofmeister. Die Gebäude gingen im 30jährigen Kriege fast zu Grunde, wurden in der Folgezeit aber wieder auf- geführt, und so besteht diese Kranken- und Versorgungs- Anstalt noch jetzt, nachdem seit 1811 auch dieses, gleich dem Pfortonhause und anderen, der städtischen Verwaltung unterstellt worden war. Seit 1866 besteht ausser dem alten Siechenliofe ein neuer.

Die Kapelle des Siechenhofes, 6,62m breit und 14,40 m lang, in der Längs- achse etwas gegen Nordwesten abweichend, wurde Ende des 17. Jahrhunderts wiederhergestellt, erhielt nach Süden vier, nach Osten zwei Fenster und einen zierlichen Dachreiter. Die mit Sandsteinquadern verblendeten Wände wurden verputzt mit Ausnahme des Westgiebels. Doch war die Erneuerung nicht so durchgreifend, dass nicht die romanische Herkunft des kleinen Gebäudes noch heute deutlich erkennbar wäre. Die Nordwand zeigt zwei vermauerte romanische Fenster, und zwischen den Fenstern der Südwand fanden sich neuerdings Reste von Malerei, welche dem 13. Jahrhundert angehört, nämlich ausser einem Kruzi- fixus zwei kreisrunde Medaillons mit Köpfen von Heiligen. [Die Ausstattungs- stücke aus jenen alten Zeiten sind bis auf eine Glocke (s. u.) verloren gegangen. Erwähnt werden Bücher, Leuchter, Schmuckstücke 1319; die ewige Lampe, welche vor dem h. Leichnam brannte, 1453.] Auch in spätgotischer Zeit hat man an dem Gebäude geändert; eine jetzt vermauerte Thür aus jener Zeit befindet sich an der Südseite.

Von Ausstattungsgegenständen besitzt die Kapelle:

Einen Altaraufsatz, ein zierliches, jetzt etwas verwahrlostes Renaissance- werk von 1612. Innerhalb dreier Felder befindet sich zu oberst in Ol gemalt die Halbfigur des segnenden Christus, in der Mitte die Darstellung der Grab- legung, unten die kniende Familie des Stifters, im ganzen 14 Personen, dazu die Inschrift in Majuskeln:

Anno z6i2 ist des erbarn vnd wolgeachten Hans Westen ehlige havs- frawe Ilsebe Webers in Gott seliglich entschlafen, am dage Elisabet des

442 Halbersifidter Stadtkreis : Hall)er8tadt (der Siechenhof der Petershqf)

abens zwischen 6 v 7 Uhr, der Gott gnedig sei ihrs alters 34 Jahr A5 1617 ist Margreta Westen in Gott selig entschlafen ihrs alters im 16 jähr. Cathrina und Ilsebe Westen sind gestorben Ao 1612 deren Got allen gnedig sey Am.

Die Kanzel, datiert von 1682, zeigt zwischen gedrehten Ecksäulen, inner- halb viereckiger, von Muscheln überhöhter Felder die Figuren der vier Evangelisten. Ein kleiner, polychromierter Kruzifixus stammt aus dem 15. Jahrhundert An der Orgelempore befinden sich die auch bei Scheffer p.37 ungenau wiedergegebenen Inschriften in Majuskeln:

Ex qvo halberstadas cruce pestis reptat ad aedes nosqre ac magd- borgos Itnqyit : en, exto strves.

RESPFF (d. h. respublica fieri fecit) Illuminari autem ex legatis D. Christophori Ostrum Vicarij quondam CEH et Margaretha. Sievers, Huius Xenodochij commembri.

Im Dachreiter befindet sich eine altertümlich lang geformte Glocke mit der Inschrift um die Krone : AVE MARIA GRATIA PLENA. Unterer Durchmesser etwa 60 cm. Die Ausmessung ist wegen Unzugänglichkeit nicht möglich.

Unter den anderen Gebäuden des Siechenhofes sind nur zwei Fachwerk- häuser der späten Barockzeit erwähnenswert. Ihr baulicher Charakter stimmt mit den in der Stadt erhaltenen, die unten näher beschrieben werden, überein. Die Schiffskehlen sind schwach, die dicken Füllhölzer treten hinter den Balken- köpfen nur wenig zurück. Sie zeigen folgende Inschriften in Majuskeln:

Dnvs Levinvs Casparvs a Bennigsen decanvs praepositvs b. m. Virginis dnvs Joannes Levinvs a Bennigsen senior et scholasticvs dnvs Engelhardvs . a Nienhavsen svbsenior praepositvs s. Mavritij et s. Pauli provisores dnvs Hermannvs Stramann vicarivs procvrator f f Ao 1685 mense jvnio mcklaw

Dnvs Clamervs d Bvsch . decanvs et praepositvs b. m. v. dnvs loes Levinvs a Bennigsen senior et scholasticvs dnvs Philippvs Fridericvs de Schlitz dictvs de Gortz svbsenior vicednvs et portanarivs provisores dn^ Stratman cathed. et colleg. s. Pavli vicarivs procvrator h a 1695.

Im Garten des Siechenhofes befindet sich ein Brunnen mit dem Spiegeischen Wappen. Die Rückwand zeigt innerhalb hübscher Eokoko -Verzierungen die Figuren der beiden Gründerinnen an dem Brunnen, dessen Wasser ihnen, der Sage nach, Genesung gespendet haben soll.

Von den Nebengebäuden ist zu erwähnen eine Scheune, unterhalb der sich ein zweiscliiffiges Kreuzgewölbe (6,78 m breit, 10,50 m lang) befindet, geteilt durch zwei Pfeiler von rechteckigem Grundrisse. Eine andere Scheune zeigt über dem Thürsturze die Inschrift: a"no dm 1554, I.W. Auf einer dritten be- findet sich eine Windfahne mit der Figur der h. Katharina und der Jahreszahl 1767. Endlich sei erwähnt das auf massivem Quaderunterbau stehende Tauben- haus von 1744.

Der Petershof

Von ihm und seiner Kapelle kann erst hier gesprochen werden, weil die Anlage gewissermasson eine Mittelstellung zwischen den Gebäuden gottesdienst- lieber und weltlicher Bestimmung bildet. So mag die Beschreibung den Über- gang von jenen zu diesen bilden.

Halberstadt (der Petershof: Geschichte)

443

Der Petershof (Fig. 195) (eurtis episcopalis, curia sancti Petri, domus epis- copalis, sala episcopi, aula nostra, principalis episcopi sedes und ähnlich benannt) wurde 1052 von Burchhard I. an der jetzigen Stelle erbaut, nachdem zweifellos schon vorher ein bischöflicher Palast innerhalb des Dojnbezirkes existiert hatte.

PX4

Er bildete die Burg, in welcher die Bischöfe, wenn sie sich in Halberstadt auf- hielten, hausten, und wo auch mancherlei Regierungshandhmgen von ihnen voll- zogen wurden. Es umgab sie eine zahlreiche Menge höherer und niederer Beamten, teils der Amtsverwaltung des Bischofs, teils seinem persönlichen Dienste

444 HalberstSdter Stadtkreis: Halboretadt (der Fetersliof: BSnme)

zugeteilt. Es werden gonannt: der Kapellan 1311; Kanzler 1346; —Hol- richter 1358; Consiliarius 1359; Droste 1364; Marschälle. Vogt. Um. Kämmerer 1365; der Stiftshauptmann 1375; der Protonotar 1387; I^nifc- haiiptmann (beveler) 14^. Von anderen Beamten: der Küchenmeister 1224;- Her Schatzmeister 1284; Truchsess, Kellerei 1289; Pförtner 1290; Sco-

tellarius 1341 ; Wagen- meister und Bur^ogt 1606. [Von den Bäumen d(s Petershofes werden erwähnt das ceaacuium (Speisesulj des Bischofs als Ort nrtoBd- licher Akte 1350; du aestuarium ebenso 1404; - die stuba hyemalis (dK Winterrefectorium ?) 1451:- eine „obere" Stube 1493.]

Umbauten bedeuteEden IJmfanges wurden vom Bisch« Sigismund U. voi^enomoiM Das Schloss wurde roa letzterem zu einem Beiwi*- sancebau umgewandelt, toi dessen einstiger Schönheitnur noch wenig übrig ist Nament- lich ist höchlich zu bedaaenL dass die schön gezeichnetem hochragenden Giebel ter- schwunden sind, die für dis Stadtbild den alten Abbil- dungen zufolge eine ausser- ordentliche Zierde gewew sind. Noch übrig sind einii* Fenster, ein breiter Erter- vorbau, sowie die in einem nach dem Hofe vorspriDgeu- den Turme befindliche, von schrägen Fenstern beletichleK Wendeltreppe. Sie dreht sich um eine zierliche Spindel aai ist oben mit einem sehr fein gezeichneten Sterngewölbe überdeckt, in dessen SchlussKtein die Zahl 1554 stellt. (Fig. 196.) Den Eingang bildet vom Hofe ein Renaissanceportal von 1552 (Fig. 197), dessen Skulpturen teilweise (mit ihren Fächerrosetten) an die Ornamentik der gleichzeitigen Holzbauten anklingen. Majuskel-Überschrift unterhalb des bischöflieben Wappens lautet:

Sigismundus Dei gratia archiepiscopus Magdeburgen: primas Ga- maniae, administrator eccieaiae halbersta: Marchio brandenbur: Stetinen:

Rg.196.

Halberstadt (der Petersbof: Kapelle) 445

Pommeraniae Cassuborum Slavorumque et in Silesia Crossiae dux burg-

gravius Norinber: et Rugie princeps.'

Die Zimmer haben Kreuz-, Tonnen- oder Netzgewölbe in mannigfaltiger

Abwechslung.

Am besten erlialten, wenigstens in ihrer Architektur, ist die schon 1195 erwähnte Kapelle des F^tershofes, geweiht dem h. Petrus oder der h. Nothburgis. Ursprünglich zum Gottesdienste der Bischöfe be- stimmt, aber wenig benutzt, wurde sie 1629 den Jesuiten gegeben

Fig. 197. Fig. 199.

und 1665 vom grossen Kurfürsten den Reformierten überwiesen, die sie bis 1848 hatten. Sie dient heutzutage, wo der Petershof seit 1823 den Zwecken des Justizfiskus überliefert ist, als Schwurgeriehtssaal. Die Ausstattungs- gegenstände , welche die alte , hier abgebildete Zeichnung erkennen lässt (Fig. 198): der Altartisch, die Kanzel, die Emporen, die Orgel, alles aus dem

' ScbefT« p. 14.

446 HalberstOdter Stadtkreis: Halberstadt (der Petershof: Kapelle)

17. Jahrhundert, sind beseitigt An das Schiff der Kapelle achliesst sich ein schmälerer halbachteckiger Altarraum; beides ist mit Kreuzgewölben ein- gedeckt, im Schiffe ohne Bippen, im Chor mit solchen. Letztere ruhen auf

Fig. 188.

ktii7^n Diensten, welche in halber Höhe der Wand über dem Fiissboden endigen mi<l sich auf Rehr hübsch gearbeitete Sockel stützen. Sie sind in mannigfachen Qestalten als Menschenköpfe ausgebildet. (Fig. 199). Am Chore aussen sind nebenstehende Steinmetz- zeichen. Das letzte Zeichen findet sich auch am Schiffe einmal.

K t ^

Halberstadt; (die Donu>ropst«i [Zviclceii])

Noch vorhandene Gebäude weltlicher Bestimmung

1. Die Dompropstei (Zwicken)

Yon der Schmiedestrasse erstreckt sich an der Stelle, wo sie sich ia das

Westendorf fortsetzt, eine kurze Strasse in nördlicher Kichtung nach dem Dom-

platze. Sie führt den Namen Zwicken (ein nicht hinlänglich gedeutetes Wort

welches aus „Schwibbogen" entstanden sein soll) nach dem Gebäude, welches

Big. 200.

ihre nordöstliche Ecke am Domplatze bildet. Dies ist die ehemalige Dompropstei, deren Hof schon 1156 erwähnt wird; das untere Geschoss war ehemals doni- kapitularisches , das obere bischöfliches Eigentum. Die beiden Stockwerke des Hauses sind in Fachwerk gebaut. Das obere Geschoss tritt bedeutend über das untere hervor und wird nach der Strasse von einer in Sandstein, nach dem Hofe von einer in Holz ausgeführten Kolonnade gestützt, Erstere erstreckte sich ehe- mals längs der ganzen vorerwähnten Strasse, wie es seheint, bis zu dem an der

Hallwntadt (die Dompropstei [Zwicken]) 449

beseitigt Eine Anschauung von dem vor 1884 bestehenden Zustande giebt die beigefügte Abbildung (Fig. 200 S.447).

Das zwischen 1592 und 1611 vom Bischof Heinrich Julius aufgeführte Gebäude zeigt die charakteristischen Merkmale der damaligen Fachwerkbaukunst, auf welche bei Besprechung der Profanarchitekturen unten genauer einzugehen ist, geschweifte Konsolen, Schnürrollen an der Saumechwelle und an den Füll- hölzern zwischen den Balkenköpfen, ein oberhalb der Fensterbrüstungsplatten sich hinziehendes Zahnschnittband, eine Maske als Eckkonsole des oberen Oe-

Fig. 202.

Schosses. Die Brüstungsplatten an der dem Domplatze zugewandten Seite sind an 17 Stellen durch Platten ersetzt, die mit geschnitzten Wappen von Domherren geziert sind. Diese Platten stammen von dem sogen. Domkeller her, welcher ehemals südlich neben dem Domportale stand (Abbild. S. 225). Das unt«re Geschoss ist ganz schlicht. Die Hofseite zeigt über den schon erwähnten Holz- arkadeii ein kräftig vorspringendes Obergesehoes, im ganzen äimlicli behandelt wie an der Strassenseite, doch sind die Stellen der Brüstungsplatten durch schräg gekreuzte Riegel ausgefüllt. Das Ganze wirkt überaus malerisch. (Fig. 201.)

Die steinernen Kolonnaden sind mit (bereits ursprünglich dazu gehörigen) steinernen Wappen von Domherren verziert. (Fig. 202.) Es sind ihrer elf auf

Kr^i HaliMnudt. »

450 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (die Dompropstei [Zwicken] die Kommisse)

der nördlichen und gegenwärtig noch vier auf der westlichen Seite. Sie sind grösstenteils gut erhalten und von trefflicher Arbeit; von abweichender, äusserst reicher Ausführung sind die beiden am weitesten nach Nordosten befindlichen Wappen.

Bemerkenswert ist die in die Figur eines nackten kauernden Mannes (die linke Hand stützt den Deckstein, während die rechte den linken Fuss festhält) ausgearbeitete Eckkonsole, während die übrigen den vorkragenden Fachwerkbau des Obergeschosses tragenden Steinkonsolen von einfacherer Ausführung sind. Das Innere bietet nichts Bemerkenswertes.

An der Ecke, am Fussgesims, steht der Name eines Bartholomäus Trute- bom (1611), auf der anderen Seite der eines Heinrich Heier M. M., vielleicht des Baumeisters und des Maurermeisters.

Neben dem Eingange befindet sich ein Bildwerk, den h. Stophanus sitzend darstellend.

2. Die Kommisse

Litteratnr: Scheffer, p. 20. Koldewey, Geschichte des herzogl. GymDasiums zu Wolfenbüttel, 1879. Tagebueh des Matthias von Oppen, p. 172 fr. Zschieache, p. 128 ff

Das am Holzmarkte südlich vom Rathause stehende grosse Gebäude, dessen Name allen von der herzoglichen Verwaltung eingerichteten Gasthäusern bei- gelegt war, wurde 1596 durch den Bischof Heinrich Julius an der Stelle von drei ehemals dort befindlichen Brauhäusern zu dem Zwecke erbaut, dort eine Unterkunft für fremde vornehme Gäste zu schaffen. Die Baukosten sollen an- geblich 72000 Thaler betragen haben. Da das Hauptgebäude dem Bischöfe bald nicht mehr genügte, so fasste er 1604 den Plan, in der anstossenden Valkenstrasse (jetzt Heinrich Juliusstrasse) die Häuser eines gewissen Albrecht Meyen und eines Breier anzukaufen, um dort Erweiterungsbauten zu errichten, was er trotz des heftigen Widerstandes des Domkapitels, des Kates und der Gilden cndlieli auch durchsetzte. 1613 ging das Gebäude durch Schenkung seitens des Sohnes des Bischofs, der damit Schulden seines Vaters zu tilgen suchte, an das Dom- kapitel über, ein Vorgang, der zu Streitigkeiten desselben mit der preussischen Regierung führte; letztere vertrat den Standpunkt, dass Heinrich Julius nicht Eigentümer des Gebäudes gewesen sei, seine Erben also kein Verfügungsrecht darüber gehabt hätten; sie drang mit dieser Ansicht 1696 durch, und seitdem ist (las Gebäude Eigentum der preussischen Regierung und diente als Douane, Pack- liof und Accise. Noch jetzt befindet sich dort das Königliche Hauptsteueramt.

Die Kommisse ist ein dreistöckiges, wuchtiges Gebäude, vor dessen Mittel- teil zwei schmälere Seitenteile rechts und links kräftig hervortreten. Beide Seitenteile sind mit schön gezeichneten Giebeln gekrönt, deren Flächen mit ge- quaderten Lisenen, und deren Kanten mit mannigfachen Voluten und Fialen geschmückt sind, während auf ihren Spitzen je ein Löwe als Windfahnenhaiter den Abschluss bildet. Die Kanten der Seitenteile sind gequadert, ihre Flächen in jedem Stockwerke von einem Paar einfacher Fenster belebt, während die Giebel je ein grösseres und ein kleineres Fenster übereinander aufweisen. Der Mittelteil des Gebäudes, vier Fenster breit, ist mit zwei Mansardenluken über- höht, deren Vorderseite eine gequaderte Einrahmung zeigt. Ihren Übergang in

Halberstadt (die Kommisse das fiathaus: Baugeschichte Bäumlichkeiten) 451

die Dachlinie vermitteln Yolutenanläuf e ; oben bildet eine zwischen zwei Giebel- ansätzen stehende Spitzsäule den frei aufsteigenden Abschluss.

Das Portal steht nicht genau in der Mitte der Mittelfront, ist vielmehr so

«

angeordnet, dass sich rechts von ihm ein, links zwei Fenster befinden. Eine einfach gequaderte Einfassung trägt einen etwas gedrückten, schlicht dreieckigen Oiebel, innerhalb dessen sich das Wappen des Herzogs Heinrich Julius befindet Der Schlussstein der Thürwölbung zeigt einen Lowenkopf, und rechts und links von. der Thür steht in Nischen je ein wilder Mann. Die Inschrift über derThür lautet: Renovatum 1726. Von Gottes Gnaden Henricvs Jvlivs postvlirter bischoff des stififts zv Halberstadt Herzog zv Bravnsw. v. LQneb. 1596. Ehemals waren die Fenster parterre und eine Treppe hoch dreifach gekuppelt, hatten auch andere Gewände als jetzt Eine Freitreppe von acht Stufen führt in das Innere. Seinen ehemaligen Schmuck von Stuckaturen hat es eingebüsst. Neben dem Portale links sieht man eine Beihe von zehn Domherrenwappen. Ähnliche Reihen sind an den domkapitularischen Gebäuden des Kreises Halber- stadt noch vielfach erhalten und in vorliegender Denkmälerbeschreibung bereits öfter zu erwähnen gewesen.

3. Das Rathaus

^ [Von dem alten, vor 1241 gebauten Rathause ist schon oben (p. 182) die Rede gewesen. Es führte die Bezeichnung domus communis civitatis und stand auf dem Martinikirchhofe. Wie die Rathäuser in Wernigerode, Wegeleben, Holtemmenditfurt (s. 0. p. 11) u. s. w. scheint es als Rat- und Spielhaus zugleich gedient zu haben. Während es zur Zeit der Schicht noch benutzt worden zu sein scheint, ist anzunehmen, dass es bei der Wiederherstellung des bischöflichen Regimentes seines Charakters gewaltsam beraubt wurde. Hierfür spricht, dass damals auch die Kanzlei des revolutionären Rates mit vernichtet wurde. Zu Winnigstedts Zeiten gab es noch einen Giebel davon, sowie Räume, welche als Gefängnis dienten. Später verlor es alle offizielle Art und wurde zum Bürger- hause umgewandelt.^]

Das neue, noch jetzt im Gebrauche befindliche Rathaus (1398 praetorium genannt), wenigstens dessen ältester Teil, bestand schon geraume Zeit vor der Schicht. Berichtet wird, der Bau sei schon 1366 unter Bischof Ludwig begonnen worden, doch widerspricht dieser Nachricht die an der Westseite an der vor- letzten ^uaderschicht unter dem Dache befindliche Inschrift a . dm . m . ccc . Ixxxi . op9 Iccpt" est . "1 . die . grego'i . Demnach wäre der Bau am 12. März 1381 angefangen worden. Die Baustelle gehörte ursprünglich dem Kapitel des Moritzstiftes; der Rat hatte dafür 8 Schilling Zins zu zahlen, der erst 1491 ab- gelöst wurde. Vollständig in Gebrauch statt des alten Rathauses scheint das neue, nachdem es bis dahin nur zur Aushilfe gedient hatte, 1433 genommen worden zu sein, wofern man die am Gürtel der Rolandstatue befindliche Jahres- zahl hiermit in Verbindung setzen darf.

[Einige Räumlichkeiten des Rathauses, die sich nicht mehr mit Sicherheit nachweisen lassen, waren die Ratsstube (1428; stuba consulatus 1439; consistorium

' Winnigstedts Chronik p. 347.

j9#

452 Halberst&dter Stadtkreis: Halberstadt (das Bathaus : Bäumlichkeiten Baabeschreibimg)

generale causarum curiae 1476); die Kasse 1436. Erwähnt wird ferner 1428 die Rathausglocke, welche das Zeichen zum Beginne der Sitzungen gab. Von einem Altar ist schon 1398 die Rede. Er stand in einer gewissen Abhängig- keit von der Pfarrkirche St. Martini; es wurde bei ihm Gottesdienst gehalten. Ob er damals schon vorhanden oder erst gestiftet wurde, sowie ob er sich im alten oder neuen Rathause befand, ist aus dem Wortlaute der Urkunde nicht zu ersehen. In den ungedruckten Urkunden des Johannisstiftes wird endlich 1506 eine Treppe erwähnt, die von aussen ins Innere des Gebäudes führte.]

Der Bau ist in beträchtlicher Längenerstreckung (rd.60m) bei entsprechender

Breite (rd. 17 m) in zwei Geschossen und in zwei rechtwinklig zusammenstossenden,

I gleichzeitig entstandenen Abteilungen erbaut und mit sehr regelmässigen, fem

verfugten Sandsteinquadern verblendet, deren Oberfläche eine kräftige Belebung durch Meisselschlag aufweisst. Folgende Steinmetzzeichen finden sich hier an der Nord- und Südseite:

^J^^Z.7

Ausserdem an der

Südseite: Diö ehemalige Ostseite ist verbaut, an der Westseite waren

- Steinmetzzeichen nicht zu entdecken. Die Fenstergewände

I I IV haben durchgängig keine solchen Zeichen. Die Dachfirst-

^^wj VI l^^^i^ <iös westlichsten Teiles geht von Norden nach Süden,

^■^^ N sodass die Giebel dieses Teiles nach diesen beiden Himmels-

^r richtungen stehen. Der nördliche ist ei*st 1880 in

massivem Bau aufgeführt worden. Der Dachfii-st der öst- lichen Hälfte setyi sich in der Mitte rechtwinklig dagegen, wo Ost- und Westteil aneinander stossen, erhebt sicli ein steinerner Brandgiebel; das Haus endet gegen Osten in einem ähnlichen, steil aufsteigenden Giebel, dessen Fläche durch spitzbogige, zum Teil gekuppelte Fenster mit schlichtem Masswerke belebt ist; sie dienen zur Entlüftung der Bodenräume. Die Ecken des Gebäudes sowie die Stellen, wo die beiden Teile rechtwinklig gegeneinander stossen, sind mit Fialen besetzt. Aus dem oberen, Amtsräume enthaltenden Geschosse des Hauses aber führte ehemals eine Thür ins Freie •zu einer Treppe, über welche man, ohne das Untergeschoss zu betreten, zum Fiscb- markte hinabsteigen konnte. Das Portal ist noch erhalten und liegt jetzt, von dem Platze unsichtbar, hinter dem unten zu besprechenden späteren Vorbau. Es zeigt in schöner kräftiger Ausführung seines spitzbogigen Gewändes zwischen einem stärkeren und einem schwächeren, bimförmig profilierten Stabe innerhalb einer tiefen Kehle schönes, hohl heraus- gemeisseltes Hopfenlaub, auf der linken Seite mit den weiblichen Blüten, auf der rechten ohne diese. Hier finden sich auch nebenstehende Steinmetz- zeichen.

X

Halberstadt (das Bathaas: Baubeschreibung) 453

Über diesem Portale befindet sich das Halberstädter Wappen, von knienden Engeln gehalten, über denen sich Laubbüschel erheben. Kechts und links hier- von sieht man zwei Steintafeln mit zierlich in Hochrelief gearbeiteten, etwa 30 cm hohen Musikant^nfigürchen (die sogenannten Hilariusmänner). Es sind ihrer im ganzen noch fünf, links ein Kuhhombläser, ein Dudelsackpfeifer und noch eine Figur (Bürgermeister?), welche ebenso wie die beiden rechts befindlichen in ihrem Charakter unkenntlich geworden ist. Eine sechste Figur rechts dürfte verloren gegangen sein. Die Entstehungszeit ist Ende des 14. Jahrhunderts. Weiter oberhalb, unter dem hier noch kenntlichen einfachen Kranzgesimse be- finden sich zwei hakenförmige Kragsteine. Sie haben ohne Zweifel dazu gedient, cinDacli zu tragen, welches die nach dem Platze führende Freitreppe beschirmte. Über die Anlage dieser letzteren höchst wahrscheinlich ist sie die oben genannte, welche 1506 erwähnt wird lassen sich, da alle Spuren verwischt sind, nur Vermutungen äussern. Aus ästhetischen Gründen und auch wegen billiger Rücksicht auf den Marktverkehr dürfte sie sich nicht allzu weit auf den Fiscbmarkt hinausgestreckt haben; man darf vermuten, dass sie also nicht einläufig, sondern doppelläufig gewesen ist, von einem vor dem be- schriebenen Portal befindlichen Podeste an der üstwand nach Norden und Süden absteigend.

Die Fenster dos Rathauses sind teils spitzbogig, teils flachbogig mit schlichten Masswerken. Auch das zu ebener Erde befindliche Westportal zeigt nur ein- fache Formen und keinen bildnerischen Schmuck. Durchschritt man es, so gelangte man ehemals in eine den ganzen Innenraum ununterbrochen bildende, mit steil s])itzbogigem Kreuzgewölbe versehene dreischiff ige Halle, die Schiffe je in 3 m Breite. Eine Treppe führte im Südostwinkel des Westbaues ehemals ins Obergeschoss. Das Gewölbe wurde wie das sehr ähnliche im Kellergeschoss (unter dem Westbau ist ein Tonnengewölbe) getragen von kurzen schworen 'Pfeilern, deren Durchschnitt aus dem Viereck gebildet, aber durch starke Ab- fiisung zum Achteck (Seite 24 cm) umgewandelt ist. Diese Halle diente zum öffentlichen Verkehr des Volkes und insbesondere zum Abschlüsse kaufmännischer Geschäfte. Hier wurden auch Waren auf ihr Gewicht geprüft; das Rad, über welches ehemals das Tau zum Emporheben der abzuwiegenden Stücke lief, ist auf dem Dachboden noch jetzt vorhanden. 1509 scheint dieser Gebrauch bereits abgeschafft zu sein, weil damals an der Ecke des Fischmarktes iind des Breiten weges, dem Schuhhofe gegenüber, eine besondere Ratswage er- richtet w^urde.

In diesen Jahren änderte sich offenbar die Bestimmung dieses unteren Raumes" überhaupt, die nach Osten führende Treppe-wurde beseitigt, und statt ihrer 1560 ein Vorbau angelegt (Fig. 203), zu welchem Zwecke damals, lässt sicli nicht mehr sagen. Er gehört zu dem Reizvollsten, was die Halberstädter Archi- tektur aufzuweisen hat. In der baulichen Auffassung noch nicht völlig beeinflusst von dem veränderten Kunstgeschmacke der Zeit, welche der Formenwelt der Renaissance zustrebte, ohne mit den gotischen Überlieferungen noch brechen zu können, schmiegt er sich dennoch aufs glücklichste dem ernsthaften älteren Bau an und dient dazu, um dieses Bild Halberstadts zu einem der anmutigsten in unseren deutschen Städten zu machen. Die Steinmetzen, welche hier arbeiteten.

454 Halberetadter Stadtkreis: Halberstadt (das Batbana: Baabeechreibnng)

haben, wie ihre Torganger, nicht versäumt, ihre Zeichen an den Thüi^wänden, Oesimsen und BrüetimgeD anzubringen:

Fig. 208.

Die Wandflächen des Untergeachossos sind verputzt Sehr interessant ist ejj zu sehen, wie an diesem östlichen Vorbau die Konstruktion des Fachwerk- baues ihren damals in Ualberstadt übermächtigen Einfluss auf den Steinbau aus> geübt hat. Vorkragung des Obergeschosses, Stander, Riegöl, Brüstungsplatten und -Gesimse, alles findet sich getreu in Stein wiedergegeben; nur der Teil oberhalb des Brüstungsgesimses besteht aus Holzfachwerk. Die Ornamentik zeigt

Halberstadt (das Bathaus: Baubeschreibnng) 455

innerhalb der Brüstungsflächen höchst reizvolle Blendmasswerke der spätesten Gotik, während die Ständerflächen des steinernen wie des hölzernen Teiles mit feinen Renaissancemustem belebt sind. Allenthalben an diesem Vorbau finden sich Spuren roter Bemalang.

Aus wenig früherer Zeit wie der Vorbau ist der aus der Südwand hervor- springende zierliche Erker. Er erhebt sich auf einer breiten Eonsole, die mit fein profilierten, zierlich durchschnittenen Stäben verziert ist. Sie bildet ausser ein paar Rosetten, welche Eerbschnittmuster nachahmen, die einzige Erinnerung an die Gotik an diesem Erker. Alles übrige gehört durchaus der Renaissance an. Zwei durch eine Mittelsäule getrennte Fenster nach Süden und je eins nach Osten und Westen oberhalb einer kräftigen Brüstung geben das nötige Licht her. Durch fünf reich profilierte, verkröpfte Gesimse und durch an den Ecken auf- steigende Pilaster, welche neben den Fenstern durch je ein feines Säulchen er- setzt sind, wird eine überaus reizvolle Einteilung herbeigeführt. Ein mit Schiefer gedecktes, kleines, in geschwungenen Formen gehaltenes Dach bekrönt den Erker. In den zwei Feldern der Fensterbrüstung sieht man das städtische und das Stiftswappen mit der Jahreszahl der Erbauung dieses Erkers 1541. Über den Wappen befindet sich die in Majuskeln ausgeführte Inschrift: Maniger saget dus vnd das vnd weis selb nit was. Bistv froembe svnder niet vnde has so mach dv es besser so lobe ich das.

Unterhalb des Erkers sieht man an der Wand die bekannten eingekratzten Killen und Rundmarken, wodurch die Annahme, diese fänden sich nur an Ge- bäuden kirchlicher Bestimmung, wieder einmal widerlegt wird.

östlich von dem kleinen Erker noch in der Südwand des westlichen Rat- hausteiles sieht man einen gewaltigen Rundbogen, welcher aber schon in der Renaissancezeit vermauert worden ist. Drei gekuppelte, von Renaissancegewänden eingefasste Fenster, von einem Steingesimse überhöht, sind dort in nicht eben glücklicher Art eingesetzt worden. Der Rest des Rundbogens darüber ist mit einer Verglasung in Holzeinfassungen geschlossen, welche aus dem 18. Jahr- hundert zu stammen scheint. Welche Bestimmung die grosse Rundbogenöffnung ehemals gehabt hat, bleibt unklar. Vielleicht bildete sie den Abschluss einer Loggia.

Unmittelbar hiemeben führt eine Thür in den östlichen Rathausteil. Sie befindet sich innerhalb eines prächtigen Vorbaues, der 1663 errichtet wurde. Zu ihr führt eine zweischenklige Freitreppe, deren wuchtige Balustraden beider- seits in einem mit Flachreliefornament bedeckten Obelisken endigen. Auf die Brüstung des Treppenpodestes stützen sich die vier Pfeiler einer rundbogigen gewölbten Halle (Fig. 204), welche oben ein aus der Südwand herausstrebendes Zimmer und darüber einen Dachraum trägt, der in den des Rathauses ein- mündet und gegen die Strasse mit einem steinernen Giebel abgeschlossen ist. Auch bei dem Mittelteil dieses südlichen Vorbaues ist derEinfluss des Fachwerk- baues unverkennbar, während die Arkatur des Unterbaues und der Giebel keine derartigen Anklänge aufweisen. Die Ornamentik ist überaus reich. Männliche Masken, Seejungfern und weibliche Hermen betonen die Hauptteile, während die Quadern und die steinernen Ständer des Mittelbaues mit flachen Barockverzierungen gefüllt sind. An den Brüstungsflächen des Mittelbaues sieht man in der Mitte das Halberstädter Wappen zwischen zwei Blumenkrügen; in den vertikal noch-

456 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (das BatbaiiB: Banbesr&rabiiiig)

nials geteilten Feldern rechts und links je ein Wappen und den Genius der Gerechtigkeit bezw. des Friedens in weiblicher Gestalt. Unterhalb des Uaupt- gesimsos läuft die Majuskelinschrift: Rempvblicam servant et omont [üetaa jvstitia concordia morvm gravitas civivm ädelitas et dcbitvm obseqvivci.

Aus der Mitta des Giebels schauen zwei Fenster nach der Strasse, unter ihnen sind zwischen vertikalen Omamentstreifen drei reich verzierte büi^rUcbe Wappen angebracht. Im oberen Dreieck des Giebels, welches durch ein bon- zontales Gesims abgegrenzt wird, ist innerhalb einer Kartouche die JahreenU

1663. Die Riindor des Giebels zeigen in schwerem Barockornament niensdiUaK, und tierische Masken, Pflanzen- und Fruchtmotive und die bekannten, i^| gedrückten Voluten und ohrenartigen Gebilde, welche dieser Periode des Band^ Stils charakteristisch sind. Die horizontale Einteilung des Giebels wini doH* aufgesetzte kleine Obelisken besonders betont. Den frei aufsteigenden Äbscbloss nach oben bildet über einer Gesimsplatte, eine Maske.

In derselben Zeit, wo diese äusseren Veränderungen gemacht wurden, nalim man auch im Innern des Eathauses Gelegenheit, allerlei Verschönerungen und Veränderungen anzubringen. Der Unterzugsbalkon im grossen Vorsaaie des Ubergeschosses, von wo eine hölzerne Wendeltreppe mit schön gedrehter, tief ausgekehlter Spindel sclion seit dem 16. Jahrimndert zum Dachboden führt, er- hielt zwei künstliche, hökerne, schlanke Stützen. Sie erscheinen als aus eckigen

Halbentadt (das BathauB: Banbeschreibnng) 457

Schnüren gedreht. Ihrem Kapital sind je zwei hübsch geschnitzte Kopfbändor angesetzt. Den grössten Schmuck erhielt der Baum, welcher jetzt alsÄmtszimmcr des Oberbürgermeisters dient, in Gestalt einer prächtigen Holzkassettendecke, welche mit tippigen Malereien bedeckt ist: innerhalb reicher Ornamente ist sie

Fig. 205.

mit den sinnbildlichen Köpfen der deut.'wlien Kaiser geziert (Fig. 205.) Kino andere Decke ans gleicher Zoit befindet sich im Obergeschosse des zurück- tretenden stidlichen Teiles des östlichen Vorbaues über einem Kaumc, welcher durch die Einschiebung einer liässüchen eisernen Wendeltreppe allen Reiz ver-

1

458 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (das Batbaus: Kunstwerke— derBoland)

loren hat. Er diente ehemals als Sitzungszimmer der Bauermeister. Eine grosse Menge zierlich in Ölfarben ausgeführter Wappen bürgerlicher Personen aus der ganzen 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts sind zwischen mannigfaltig gestaltetem Ornamente in Kreisen und Kartouchen dort angebracht. Die Decke ist 1879 her- gestellt worden, ebenso wie die vorher erwähnte.

Ein Tafelbild auf dem Vorsaale zeigt die Wappen der Vorsteher der Gewandschneidergilde.

Im Stadtverordnetensitzungssaale hängt eine in Öl gemalte grosse Ansicht der Stadt Halberstadt vom Ende des 17. Jahrhunderts.

Vor einigen Jahrzehnten ist das Rathaus durchgreifend und mit ver- schiedenen nicht eben glücklichen Änderungen (darunter die Anbringung einer gotischen Galerie am Dache der Westfront) hergestellt worden.

Der Roland, aus Sandstein gehauen, steht an der Südecke der Westfront des Rathauses auf einer mit der Mauer im Verbände befindlichen Stufe. Die gleichmässig auf beiden Füssen stehende, etwas breit gedrückt erscheinende Figur ist bekleidet mit dem Panzer, über den hinten ein faltiger Mantel bis zum Sockel herunterreicht. Um die Lenden üegt ein breiter Gürtel (Dusing), der aus verzierten quadratischen Metallplatten zusammengesetzt gedacht ist. Die mittelste, etwas breitere Platte zeigt in der Mitte eine Rosette, um welche kreis- förmig folgende Inschrift läuft: ano O dni O millesimo O cccc O xxxui 0* Die Hände stecken in Handschuhen, die linke hängt herab, stützt sich jedoch in den Gürtel, die rechte ist starr emporgezogen und hält das schräg nach rechts zeigende Schwert aufrecht, dessen Klinge von Metall eingesetzt ist, während der breite und sehr lange, am Ende mit einem kreisrunden Knauf verzierte Griff von Stein ist. Auf der linken Seite der Brust, so hoch, dass der obere Band fast das Gesicht berührt, hängt schräge nach links unten gerichtet das Wappen mit dem doppelten Adler. Der Kopf ist unbedeckt, das breite Gesicht bartlos und ohne Ausdruck, das Haar in rosenartigen Lockenspiralen stilisiert Die Modellierung der Figur ist fehlerhaft, die Beine besonders steif und falsch, die Füsse in viel zu stumpfem Winkel nach unten gebogen, die Knie treten als runde Klumpen heraus, die Arme sind zu kurz, ebenso der Hals. Das handwerks- mässige Werk hat Ähnlichkeit mit dem Roland zu Bremen und nahe Verwandt- schaft mit dem zu Zerbst, dessen Wappen jedoch nur den einköpfigen Adler zeigt. Das Ganze stellt sich ersichtlich als beabsichtigte Nachahmung einer älteren Rolandfigur dar, welche danach aus dem 13. Jahrhundert gestammt haben dürfte. Masse : vom Erdboden bis zur Fussspitze 0,80 m , wovon auf den Figurensockel 0,25 m kommen. Höhe der Figur 4,20 m. Über dem Kopfe stand die jetzt ver- schwundene Inschrift: renovatum, über dem Schwertknopfe: 1686.2 Hierbei wurde er auch polychromiert, was 1710 noch zu sehen war.* Über dem Boland war ehemals ein Dach angebracht, wie dies auch in vielen anderen Orten der Fall ist Verschwunden ist auch die neben der Figur an einem eisernen Haken hängende Normal-Elle. Auch das Vorkommen dieser ist nicht vereinzelt; Giemen

' Wegen dieser Jahreszahl kann dieser Roland nicht identisch mit dem sein, vor welchem 1423 die vier Batsherren hingerichtet worden sein sollen. Vgl. oben Seite 195. ' Niemann, Die Stadt Halberstadt, p. 12. » Uffenbach, Merkwürdige Reisen II, 150.

Halberstadfc (das Bathans Wohnhäuser : A. Steinhäuser B. Fachwerkhäuser) 459

(Zeitschr. des Aachener Gesch.-Ver. 1889) berichtet von einem solchen, angeblich Karl d. Gr. darstellenden Bilde, an welchem gleichfalls Normalmasse angebracht waren. Die Ansicht, die Rolande seien zu dieser Zeit Marktzeichen gewesen, erhält durch den unsrigen eine wichtige Unterstützung.

Tgl. Outhovins, De statuis ßolandinis et Weichbildis Saxonicis. Halber- städter gem. Unterhaltungen 1804, 321; 1806, 277. Zöpfl, Die Rulandsäule (Altert, d. deutschen Reichs und Rechts III, 242—244). ~ Sello, Der Roland zu Bremen, 1901, pag.33. Abbildungen bei Scheffer No.44, bei Schröder, Die Rolande Deutschlands, p. 83 u. 85 und bei Sello.

4. Wohnhäuser

Sie sind in Halberstadt ihrer bei weitem grössten Menge nach in Fach- werk erbaut.

A. Steinhäuser aus älterer Zeit sind nur sehr yereinzelt; sie stammen sämtlich aus dem 18. Jahrhundert und zeichnen sich durch schlichte Vornehm- heit aus. Die Fassaden zeigen einfache Quaderungen, Einteilung der Fläche durch Pilaster und dergl. Gelegentlich ist das Portal mit Säulen geschmückt. Zu erwähnen sind die Häuser:

Qerberstrasse 15;

die v.Redem'sche Kurie am Domplatz 3, von 1796;

das Landgericht am Domplatz 34 mit wohlerhaltener geschnitzter Treppe, schönen Thüren, Kaminen u. dergl. ;

die V. SpiegeFsche Kurie, Domplatz 36;

das Haus Domplatz 37;

ein schönes Rokokohaus Judenstrasse 16, mit drei Seiten frei an der Ecke zweier Strassen stehend, erbaut gegen 1730, mit hübschem Risalit, welcher oben von einem Giebel bekrönt ist; er ist gleich der Hausfront von Pilastern ein- gefasst, welche reich verzierte Kapitale tragen;

Martiniplan 16.

[Verschwunden ist leider das alte Gymnasium mit seinem schönen Barock- portal (Fig. 206).]

B. Die Fachwerkhäuser haben in Halberstadt vielfach noch heute ein so altertümliches Aussehen, dass sie vorzugsweise dazu beitragen, der Stadt das charakteristische Aussehen zu verleihen. Mag auch besonders in unseren Tagen die Zerstörung der altehrwürdigen Bauten rasche Fortschritte machen, so ist doch zum Glück immer noch reichlich so viel vorhanden, um eine ziemlich voll- ständige Geschichte des Halberstädtischen Holzbaues vom 15. bis 18. Jahrhundert daraus ableiten zu können. Die Stadt bietet für jede der verschiedenen Bau- perioden ausgezeichnete und in vieler Beziehung eigenartige Beispiele. Die Holzarchitektur ist in den ganzen vier in Betracht kommenden Jahrhunderten die einseitig beliebte gewesen, wie sich aus der Nähe des waldreichen Harzes mit Leichtigkeit erklärt. Nur höchst ausnahmsweise erfahren wir, dass in alter Zeit massive Bauten ausgeführt wurden. Geschah dies, so galt das Ereignis für grossaiüg genug, um dem Unternehmer danach einen volkstümlichen und sogar offiziell gültigen Beinamen zu verleihen. Im 1. Bande des H. U.-B. begegnen wir unter No, 64 und 126 in Urkunden von 1247 bezw, 1266 unter den Zeugen

460 Halberstadter Stadtkreis: HalberBtadt (Woliiiliäuser : 6. Facbwerkb3iiser ADgvmeitin)

einem Hennciis und emem Johannes de lapidea domo, die wohl derselben angestaunten Familie angehört haben. Ein Steinhaus gab es auch 1509 auf dem Holzmarkte dem Rathause gegenüber westlich. Auch einzelne steinerne Gebäude- teile waren so selten, dass das spätere Trüllbloster im M. Ä. stets der ^Hof

Fig. 206.

mit der steinernen Pforte", genannt wurde. Es ist zu bedauern, dass wir wenig Vorstellung davon haben, wie in frühen Zeiten ein steinernes oder hölzernes Haus in Halbei-stadt ausgesehen haben mag. Doch erscheint es nicht nngcrochtfortigt, aniiuuehmen,. dass sie mit den uns bekannten ältesten Beispielen

Halberstadt (Wohnbäufier: B. Fachwerkhäuser Allgemeines) 461

anderwärts eine ziemliche Ähnlichkeit gehabt haben. Das steinerne Haus stellte sich in romanischen oder gotischen Formen dar; die Holzhäuser, vor dem Ende des 14. Jahrhunderts vielfach mit Stroh oder Schindeln gedeckt (beides wurde gegen 1400 in den Stadt-Statuten verboten), waren die Vorfahren der heute noch aus dem Ende des Mittelalters erhaltenen. Doch zeigen diese letzteren nur noch teilweise die Eigentümlichkeiten jener verloren gegangenen ältesten Häuser und bilden insofern ein Mittelglied zwischen ihnen und den Holzhäusern aller späteren Zeit', als sich bei den jetzt erhaltenen ältesten Stücken die Durchführung der Ständerbalken vom Sockel bis unter das Dach und die Durchzapfung der Balken findet, daneben bei denselben ilxemplaren aber auch die Vorkragung der Obergeschosse schon völlig ausgebildet ist. Letztere Technik verwandte man auf die Strassen-, erstere auf die Hoffront. Holzhäuser ohne alle Vorkragung aus ältester Zeit, welche über die Beschaffenheit der frühesten Fachwerkbauten zu Halberstadt ziemlich verlässiiche Auskunft geben dürften, finden sich noch in Quedlinburg und Stolberg a, Harz.

Die Vorkragung, das augenfälligste äussere Merkmal der älteren Facli- werkbauten, wurde in der Weise ausgeführt, dass die Balken mit jeder höheren Etage etwas weiter über die Grundlinie der Front hinausgeschoben („ubergesatzt") wurden, und zwar mindestens utii die Dicke des Balkenkopfes. Man begnügte sich indessen nicht immer mit diesem etwa 0,25m betragenden Masse, sondern ging oft bis auf 0,50 0,60 m, und bei mehreren Etagen und demgemäss wieder- holten solchen Auskragungen entstand daher oft ein Traufenvorsprang von ins- gesamt gegen oder über anderthalb Meter. Dies brachte mit sich, dass die Zwischenräume der Balken zwischen Saumschwelle und Ramholz auf irgend eine Weise ausgefüllt werden mussten, sei es durch eingezogene starke Bretter oder Bohlen, sei es durch Füllbalken. Ebenso entstand bei grösseren Vorkragungen die Notwendigkeit, die Balkenköpfe durch Knaggen (Konsolen) zu unterstützen. Sehr häufig, jedoch keineswegs immer brachte man über dem Erdgeschosse noch ein nicht vorgekragtes Zwischengeschoss von geringer Höhe an; ebenso wie dieses pflegten auch die obei'sten Stockwerke der Dachgiebel an der Vorkragung nicht teilzunehmen. Herausgerückte Erker von oblonger, halb sechs- oder halb achteckiger Grundform sind gleichfalls nicht selten, kommen aber doch in Halber- stadt nur verhältnismässig vereinzelt vor; viele davon sind in neuerer Zeit leider beseitigt worden. Die Auskragung war für die städtischen und offiziellen Gebäude ebenso beliebt wie für die bürgerlichen Wohnhäuser. Doch verlangte die städtische Polizei vermutlich auch hier, dass ihre besondere Genehmigung dafür eingeholt wurde. In Osterwieck (s.o.) war dies der Fall; im dortigen Stadtbuche ist unter § 16 angeordnet: „de richtore mach nicht erlowen, venstere up de strade to henghene noch dore noch dor, noch balken over sine wand to stekene. Dat scal erlowen de rad mit der nevbure willen, den ez scaden mach."

Dass ähnliche Bestimmungen auch in Halberstadt existiert haben, geht daraus hervor, dass man die Vorkragungen dort als Steuerquelle benutzte. In dem Lehnsreverse des Bischofs Gebhard von Hoym 1479 heisst es: ,,Un de bawet up de strate mit overhang, de gifft von dem spanne ^2 verding." Doch hinderten derartige Beschränkungen die Bevölkerung nicht, der beliebten Bauweise treu zu bleiben. Sie war in solchem Grade massgeblich, dass sie, als in den Zeiten

462 Halberstftdter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäosor: B. Fachwerkh&aser Allgemeines)

der Benaissance der Steinbau anfing, einige Bedeutung zu gewinnen, ihren Ein- fluss auch auf diesen geltend machte. Sie bewirkte, wie wir schon oben be- merkten, dass auch am Ostbau des Rathauses das massive Untergeschoss ein vorkragendes steinernes Obergeschoss erhielt. Freilich kam es, aber nur hödist selten, und erst in der Zeit des Verfalls vor, dass die Yorkragung am Fachwerk- bau unterlassen wurde. Das Haus Paulsstrasse 10, datiert von 1669, liefert den Beweis für diese sonst nirgend zu beobachtende Thatsache. Es ist, ohne Yer- änderung am Äussern erlitten zu haben, von unten bis oben völlig glatt, nicht zum Yorteile seiner Erscheinung, welche durch die starke Betonung der hori- zontalen Linie eine wesentlich eindrucksvollere geworden wäre. Das Hervor- ragen der oberen Geschosse hat die Nüchternheit des Strassenbildes verhütet und malerisch bewegte Bilder erzeugt. Freilich ist dies nicht der Zweck ge- wesen, um dessentwillen diese eigentümliche Bauweise beliebt wurde. Sie ver- dankte ihre lange Existenz vielmehr praktischen Rücksichten: die Traufe von der Frontwand des Erdgeschosses weiter abzubringen; viele Eonstruktionsteile gegen Schlagregen und stehenbleibende Nässe zu schützen, was namentlich bei den Hirnflächen des Holzes, bei den Balkenköpfen von Wichtigkeit ist; es bot ferner die auf den vorspringenden Balkenköpfen ruhende Last der Wand ein Gegengewicht gegen das stärkere Durchbiegen der Balken im Innern des Hauses; der Raum in den Obergeschossen wurde erweitert und so der Bauplatz besser ausgenutzt, ohne dass der Yerkehr auf den Strassen dadurch eingeschränkt wurde.

Dies war um so nötiger, als damals Stadtbebauungspläne nicht existierten, vielmehr jeder im alten Schema nach seinem Belieben bauen durfte, wenn er sich nur einigermassen an die üblichen Baufluchtlinien hielt. Daher kommt es, dass in Halberstadt und anderwärts viele ältere Häuser existieren, die mit einer Ecke ein wenig, meistens um die Breite eines schmalen Fensters, über das Nachbarhaus hervorstehen, eine Erscheinung, die sich z.B. am Breitenwege 64, am Ratskeller u. s.w. findet. Die vollständig organische Ausbildung der Ecken beweist, dass nicht etwa später zufällig das Nachbarhaus etwas weiter rückwärts erbaut wurde. Und so kommt es ferner, dass die Strassen oft auf einer oder auf beiden Seiten krumme Fluchtlinien zeigen. Wo dergleichen vorkommt, lässt sich wiederholt beobachten, dass die Krümmung innerhalb einer Hausfront und nicht am Zusanimenstosse zweier Häuser liegt In der Gröperstrasse 63 findet sich der seltsame Fall, dass das auf einer Ecke, die einen ausspringenden Winkel bildet, stehende Haus mit seinem Untergeschosse der gebrochenen Linie der Strassenflucht folgt, während die Obergeschosse geradlinig verlaufen und daher über das Untergeschoss beiderseits hervortreten.

Als Nachteile dieser Bauweise lassen sich die grössere Feuersgefahr und die Gefährdung der Gesundheit der Bewohner durch den Mangel an Licht und Luft in den nach oben eingeengten Strassen und Gassen nicht übersehen, wenn man den stärkeren Yerbrauch von Nutzholz nicht in Anschlag bringen will. Im Mittelalter und bei der Nähe des Harzes kam das letztere Bedenken nicht in Betracht An vorzüglichstem Holze ausgewachsener alter Stämme war reichlidier Yorrat, und man konnte es auch vermeiden, den weichen und vergängUchen Splint zu benutzen, der namentlich, wo Schnitzereien anzubringen waren, an- brauchbar war, und man verarbeitete nur das feste, wohl ausgetrocknete Kernholz.

Halbeistadt (WobnUaser: B. Fachwerkhänser Allgemeiiies)

Was die gegenwärtige Zahl der noch vorhandenen Holzbauten vergangener Jahrhunderte anlangt, so ist sie, wie schon gesagt, noch immer erheblich, obwohl sie leider beständig abnimmt Es giebt solcher älteren Häuser noch in allen Strassen innerhalb des alten Hauerringes, und zwar sind ihrer gegenwärtig noch

Fig. 207.

721, welche dem Zeiträume von der Mitte des 15. bis Anfang des 18. Jahrhunderts angehören. Ton diesen sind 184 auf diese oder jene Art so verdorben, dass ihre Datierung nicht mehr möglich ist; 314 gehören der Verfallzeit an, deren Beginn man gegen 1640 annehmen kann, sodass nach Abzug dieser aller noch 223 Vertreter der guten Perioden übrig bleiben.

464 Hnlberstadter Stadtkreis : Ualberstadt (WulmhäDser : B. Fachverkli9iiBor Allgeneiaee)

Der Bauperioden giebt es vier:

1) die gotische, etwa bis 1530,

2) die Periode des Überganges von der Gotik zur Renaissanee bis etwa 1580,

3) die Renaissance- und Barockperiode bis etwa 1640,

Sa-':. I

Fig. 208.

Halberstadt (Wohnhäaser: B. Facbwerkhäuser I. Periode)

465

4) die Yerfallzeit, welche sieh bis Ende des 18. Jahrhunderts lünzieht, seit dessen zwanziger Jahren aber Werke erzeugt, die keiner Beachtung mehr wert sind.

Man sieht, dass die zeitliche Begrenzung dieser Abschnitte nicht mit der sonst in der Kunstgeschichte feststehenden übereinstimmt; die konservative Art des bürgerlichen Handwerks folgte der Entwicklung der hohen Kunst langsamer wandelnd nach.

In der nachfolgenden Zusammenstellung der noch vorhandenen Holz- architekturen betrachten wir im Anschlüsse an die eben genannten Perioden die

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in einer jeden bemerkenswertesten Bauwerke und ordnen ihnen die zur selben Zeit und Gattung gehörigen, weniger bedeutenden Beispiele unter.

I. Periode. Vom bedeutendsten Alter, welches sich freilich aus Mangel an Datierung nicht genau feststellen lässt, dürfte ein Haus liinter der Moritz- kirche (Fig. 207) sein, bei welchem an der Hofseite noch die Ständerbalken von unten auf durch zwei Stockwerke emporreichen. Die die Fussböden bildenden Balken sind mit Zapfen durch jene hindurchgezogen und durch davor geschlagene starke Holznägel am Zurücktreten verhindert; kleine Schutzbrettchen sind dach- artig zum Schutze gegen die Witterung über die heraustretenden Zapfen gesetzt. Etwas Ähnliches findet sich auch an der Hj^fseite eines Hauses in der Strasse Unter der Tanne, welches gleichzeitig die weitere Eigentümlichkeit zeigt, dass

Kreli IlalberaUdt.

30

466 HallberetädterStadäEreis: Salberstadt (Wohnhäoser: B. ¥*achwerkh&user I. Periode)

es über die dort einmündende kleine Strasse als Thor hinübergebaut ist. Das i/^ahrscheinlich ähnliche Haus Breiterweg 30, aus der ersten Hälfte des 15. Jahr- hunderts stammend, ist leider abgerissen.

Das älteste datierte Fachwerkgebäude von Halberstadt ist der Ratskeller.^ (Fig. 208 u. Fig. 209 rechts.) In zwei Zeilen gotischer Minuskeln, die Worte durch kleine vierblättrige Röschen oder durch Punkte getrennt, befindet sich die Zeit- angabe an der Nordostecke der ersten über dem Zwischengeschoss befindlichen Saumschwelle und besagt:

anii0 O N«iMi O m . cca O In in We . NMt|re O «

Da hier wie auch in späterer Zeit die Schnitzereien an dem fertigen Bau (auf Gerüsten) ausgeführt w^urden, so stellt diese Jahreszahl 146L wohl die Zeit der Vollendung, nicht der Gründung dar.

Die Architektur des Ratskellers ist überaus klar und bleibt vorbildlich bis in die Zeit der Renaissance hinein. In jedem der drei Stockwerke stehen die Säulen (sullen 1488) in gleichen Entfernungen und bilden mit den Balken Systeme, um die Balkenköpfe direkt zu unterstützen. Die Balkenweiten ent- sprechen den Säulenweiten. Zugleich stehen alle Säulen lotrecht übereinander, und nur die Ecksäulen (ortsulen 1477) rücken mit jeder höheren Etage, wie sich infolge der Vorkragung bei jedem Eckhause von selbst versteht, diagonal hinaus, was zugleich diagonal gelegte Eckbalken und Stichbalken für die Seitenfronten bedingt Die Säulen, wie überhaupt alle Holzteile, sind von bedeutender, später ungewöhnlicher Dicke, ganz besonders die Ecksäulen. Die Verbindung ist über- aus scharf und genau gearbeitet, sodass man die Verstrebungen nur durch kleine Hölzer über der Saumschwelle bewirkte oder auch ganz fortliess.

Die Saum schwellen sind reich verziert. Unter den Aufsatzstellen der Säulen befinden sich an der unteren Schwelle gotische Vierpässe, in den breiten Zwischenräumen abgeflachte Kleeblattbögen, in denen teils stilisierte Masken, teils Drachenpaare miteinander wechgcln. An der Saumschwelle des oberen Stockwerks sieht man flache Kassetten, und in ihrer Mitte einzelne kleine Blätter verschiedener Gestalt. Unterhalb der Säulen sind kleine Dreipässe ein- geschnitzt.

Die Balkenköpfe enden in der mittleren Reihe in Masken, von denen zwei tierischer Art sind, in der oberen Reihe ist die Hirnholzseite flach und nur unten sind ein paar Querlinien eingeschnitzt. Zwölf reiche Konsolen unter- stützen diese Balkenköpfe in der unteren Reihe. Sie sind kulturgeschichtlich interessant, da sie sämtlich mit Musikanten- und Gauklerfiguren nach damaligem Tj^pus verziert sind. In der mittleren Reihe befinden sich nur sechs Konsolen

' Als eine nicht beweisbare, aber wahrscheinliche Vermutung möchte ich es hinstelleni dass der Ratskeller als städtisches Spielhaus (tbeatrum) erbaut worden ist. Der Figureo- schmuck ist nahe verwandt dem des WernigerÖder Rathauses, welches gleichfalls ehemals als Spielhaus gedient hat. Vgl. übrigens, was oben über das Halberstädter alte Rathans gesagt ist.

6. Februar. Vergl. Hcheffer, Inschriflen und Legenden Halberstadter Bauten, p.7. Abbild. No. 10.

äalberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser t. Periode: Katskeller) 46t

mit menschlichen Figuren (darunter ein sich umarmendes Paar), die übrigen sind ornamentierte Knauf konsolen , welche letzteren endlich in der oberen Reihe fast allein herrschen. Nur zwei sind dort mit Masken geziert, drei mit ganzen menschlichen Figuren. Die Eckkonsolen; über Eck aufgestellt, sind länger als die übrigen, eine jener Eigentümlichkeiten, durch welche Halberstadt sich aus- zeichnet An der dem HoJzmarkt zugewandten westlichen Ecke zeigen sie von unten auf: einen Mann, der ein Wappen (vielleicht das der Stadt) hält, imMittel- geschoss Simson mit dem Ixiwen, unter dem Dache eine kleine laufende Figur. Die ganze Ecke ist durch öftere bauliche Veränderungen stark verdorben; Fenster sind teils durchgebrochen, teils zugemauert, drei Konsolen fehlen; Figurenkonsolen sieht man nur in der untersten Reihe, während oben nur Knauf- konsolen (lang gestreckt, halb achteckig, reich mit Masswerk verziert) vorkommen. An der Aussenwand ist, was hier nebenbei erwähnt sei, der aus dem 13. Jahr- hundert stammende Grabstein eines Ritters eingemauert, welcher vor einem merkwürdig gezeichneten Kreuze kniet. Die Zeichnung ist eingeritzt; die Um- schrift zeigt an, dass Johannes v. Aisleben an einem Montag vor Pfingsten er- mordet worden sei.

Die östliche, in einer engen Seitengasse (die Krebsschere genannt) liegende Front ist einfacher gehalten, zeigt jedoch ganz gleiche Grundsätze. Die untere Schwelle ist mit zwischen Vierpässen eingeschalteten flachen Bögen verziert, die mit kleeblattartigen Mustern gefüllt sind. Die Balkenköpfe sind auf dieser Seite nur einmal mit einem Kopfe, im übrigen nur mit Querstreifen geziert. Von den Konsolen zeigen sechs im unteren, fünf im mittleren, drei im oberen Stockwerk verschieden grosse menschliche Figuren, wie auf der Nordfront durchweg Typen des Volkes, darunter auch eine völlig nackte weibliche Figur. Die Eckkonsolen haben die doppelte Länge der übrigen und zeigen von unten auf übereinander: einen König, St. Georg, einen Narren.

An beiden Fronten sind die Räume zwischen den herabhängenden Konsolen mit schräg gegen die Wand verlaufenden Schutzbrettern gefüllt, die ein Charakteristikum dieser Epoche bilden und vermutlich ehemals bemalt waren. Leider ist die alte Malerei in Halberstadt nur noch sehr vereinzelt zu finden, was sich aus den Einflüssen der Witterung und dem wechselnden Oeschmacke der Besitzer erklärt. Das Haus an der Ecke des Düsterngrabens und des Tränke- thors hat die mit ursprünglicher gotischer Bemalung versehenen Schutzbretter noch in schöner Vollständigkeit. (Fig. 210.) Die Muster, von welchen hier einige Proben wiedergegeben werden, sind mit grauer Farbe auf bräunlich dunklem Grunde hergestellt.

Der Architektur dieses Gebäudes nahe verwandt ist die eines ihm östlich gegenüber stehenden Hauses, welches eine Ecke des Fischmarktes bildet. Es ist undatiert, aber jedenfalls nur wenige Jahre nach dem Ratskeller, etwa um 1480, erbaut. Es hat drei Stockwerke, zwischen denen die Saumschwellen ver- schiedenartigen Schmuck zeigen, nämlich unten dreistufigen Treppenfries mit eingeschalteten Vierpässen (Fig. 211 oben), in der Mitte Kassetten und Dreipässe, oben abgeplattete BQeeblattbögen , unter dem Dache endlich einen zweistufigen Treppenfries. Die Front nach dem Fischmarkt hat 16, die nach der Krebsschere 8 Fachbreiten. Die Balkenköpfe sind schmucklos. Die Konsolen ähneln in den

30»

468IHalboratÄdter Stadtkreis: Halberstadt (WohnlSoser : B. Pachwarkhausar I. Periode)

unteren Stockwerken den Knauf konsolen, wie wir sie schon am Katskeiler kenneu lernten; sie sind im untersten Oeschoss beseitigt bis auf eine nach der westlichen

Fig.2I0. Fig.210. Fig. 210.

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..""" —— I Seite zu. Die oboien Konsolen verlaufen gegen die

Wand flach, nicht mit Knäufen, ein Merkzeichen, dass

dieses Haus jünger als der Katskeller ist. Die Eck-

^ ,J^ ] konsolen aber sind wie bei diesem verlängert, und

^ '%^^ T i zwar ist im untersten Geschosse eine eigentümliche

I - '"^ " Gruppe von dreien gebildet, deren mittelste wiederum

'"" . ,. ' .■ * '. am längsten ist. Sie zeigt als Schmuck den oft Tor-

" "* kommenden Simson mit dem Löwen, während die

Fjg, 210 Konsolen links und rechts zwei männliche, halb

hockende Figuren anfweison. Diese beiden Konsolen

endigen unten mit gotischem Knauf, die mittelste mit einem Löwenkopfe. Die

oberen Stockwerte haben nur je eine Eckkonsple mit folgenden Verzierungen

Halberstadt (WohohSuser: B. Fachwerkhäuser I. Periode)

469

von unten auf: St Georg, Christophorus (die so sehr beliebte, dem Beschauer der Tradition nach für den betreffenden Tag den Tod abwendende Figur), St. Lau- rentius. Die Verlängerung der Eckkonsolen ist übrigens kein notwendiges Er-

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Fig. 211.

fordernis jener Zeit, wie das von 1518 datierte Haus Kühlingerstrasse 23 be- weist. — Von den Schutzbrettem gilt dasselbe wie von denen des Ratskellers.

Ganz im selben Stil und daher aus denselben Jahren ist die linke Hälfte des Hauses Harsleberstrasse 8 (die rechte Hälfte ist etwa 100 Jahre jünger). Auch hier findet sich die Schwelle mit dem Treppenfriese, die Knaufkonsolen in

470 Halberetadter Stadtkreis: Halberstadt, (WohohäuBor: B. Facbwerklianser I.Periode)

maimigfaltiger Gestalt gleich jenen des Ratskellers, ausseriiom vier KoDsoien mit Figuren (Fig. 212), nämlich Tviederum Simsen, Christopborus, ein Mann mit einem Becher und eine weibliche Figur.

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Weitere Beispiele aus dieser Periode des 15. Jahrhunderts existieren in Ilalberstadt nicht mehr. Im allgemeinen wird von den untergegangenen ffi- gölten haben, was bei den erhaltenen zu beobachten ist.

Einen etwas veränderten Charakter zeigt, wiewohl noch der gotischen Periode angehörig, das Haus am Fischmarkt No. 9, erbaut laut Inschrift im

Halberstadt (Wohnbäuser: B. Fachwerkhäuser I. Periode)

471

Jahre 1529 von einem gewissen Eberth Holtbusen. Die Schwellen zeigen in beiden Stockwerken flache Korbbögen, die mit Verzierungen angefüllt sind: Fischen, einer Maske mit Laubwerk, Füllhörnern, Blättern, einer Eule und zwei

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Fig. 213.

anderen Vögeln. An den Aufsatzstellen der Säulen befinden sich kleine Rosetten. Im unteren Stockwerk sehen wir fünf Figurenkonsolen mit zwei weltlichen und drei geistlichen Personen, unter letzteren jene, welcher mittels einer später auf- gesetzten Inschrift der Name Tetzel beigelegt worden ist. Im selben Charakter

472 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Wohnbäu8er4 B. Fachwerkhäuser I. Periode)

waren die Nachbarhäuser No. 10, 11 ^ und 12, welche leider modernen Geschäfts- häusern haben weichen müssen. Von diesen verschwundenen trug das Eckhaus zwischen Fischmarkt und Hoheweg eine Inschrift in schönen Minuskeln und grossen Initialen : Anno Domini M ccccc XXV am Dag Erasmi (3. Juni). (Fig. 213 oben.) (Zu Ehren dieses Schutzheiligen der Schiffer und der ünterleibs- leidenden, welchem nach der Legende unter Diocletian die Eingeweide aus dem Leibe gewunden wurden, gab es in der gegenüberliegenden Martinikirche einen Seitenaltar. S. oben pag. 401.) Die Inschrift befand sich an der dem Fischmarkt zugekehrten ersten Saumschwelle über fünf Balkenfachen. Die Balkenköpfe waren einfach profiliert und ruhten stellenweise noch auf altgotischen Knaufkonsolen. Die übrigen Teile der Saumschwelle waren mit Gesichtsmasken oder fabelhaften Tieren innerhalb gestreckter Kleeblattbogen verziert, die überhaupt eine Halber- städter Eigentümlichkeit bilden , während der Treppenfries die ineinander steckenden Rechtecke, die Korbbögen und dergl. auch sonst in Niedersachsen überall verbreitet sind. Hierbei sei bemerkt, dass die Schwellenverzierimgen, seien sie bogig oder eckig, wie sie sämtlich derselben Grundform entstammen, so auch sämtlich dieselbe Richtung, nämlich die nach unten geöffnete, haben, was in der Zeichnung der Gebäude ja auch das einzig Richtige ist.

Von ganz gleicher Architektur wie die eben beschriebenen Häuser war in den vierziger Jahren noch die sogenannte alte Ratswage, welche als solche bis 1806 benutzt worden ist, das Eckhaus dos Fischmarktes und Breitenweges. Laut jetzt nicht mehr vorhandener Inschrift war das Haus 1519 erbaut worden.' Leider hat man vor einer Reihe von Jahren fast sämtliche Schnitzereien mit Kalkputz überarbeitet. Nur die Schwelle nach dem Breitenwege hat man ver- schont. Sie zeigt in Korbbögen zwei Vögel, zwei Männer, einen Storch, der einen Frosch verschlingt, zwei Sirenen, einen Mann und eine Frau, zwei kämpfende Drachen, einen Hund, einen nach links blickenden Kopf. Dazwischen befinden sich kleine Wappen. Zwei Eckkonsolen sind gleichfalls erhalten: unten ein Bischof, vor dem eine kleine Figur kniet, die ohne Grund Huss genannt wird, oben ein König mit dem Scepter.

[Vom Jahre 1524 war ein leider zu Grunde gegangenes zweistöckiges Haus in der Kühlingerstrasse, das hoch interessante Skulpturen an der Saumschwelle zeigte. Es waren stets zwei Tiere gegeneinander gerichtet und mittels Ornament nach links und rechts zur Ausfüllung des Raumes zwischen je zwei Balken ver- längert. Unter diesen Tieren erkannte mau zwei Hähne, zwei Hunde, zwei Böcke, zwei Pferde u. s. w. , sämtlich im Kampfe miteinander begriffen. Gleich- falls aus dieser ersten Periode stammte das ehemals an Stelle der jetzigen Mädchenschule neben den Zwicken stehende Haus mit massivem üntergeschoss, von welchem wir beistehend eine Abbildung geben. (Fig. 214.) Sie wie jedes Bild der ehemals südlich vom Dom stehenden Häuser erweckt schmerzliches Be- dauern, dass alles dies hat zu Grunde gehen müssen.]

Ein aufmerksames Durchmustern der Strassen der Stadt lässt aus der ersten,

^ Nach Scheffer p. 7 hatte dies Haus die Inschrift: Mo Domine ezaudi htc Die Jahreszahl (a.a.O. Abbild. 13): Anno Domini M ccccc xxv. » ScheflTer p. 7, Abbildung No. 13.

Halberstadt (Wohnliäaser : B. Fachwerlibäuser L Periode) 473

gotischen, Periode noch eine Anzahl von Häusern vermuten, doch sind sie nach vielen Richtungen dergestalt in der Umwandlung begriffen , dass die Erwähnung nur bei wenigen lohnt. So steht an einem Hintergebäude in der Nahe des Wasserthores die i^ahl 1528 nebst der Inschrift: doe nemand eren alse du nemen wult vordragh eme des du nicht liden wult, d.h. thue niemand Ehren

Fig 214.

an, wie du sie beanspruchen magst, halte ihm zu Gute, was du selber nicht leiden willst. Es ist dies eine der sehr seltenen niedeideulschcn Inscliriftcn,* während man sich sonst dazu immer des Hochdeutschen oder des Lateinischen bediente. Auch die Häuser Kühlingerstrasse 23 von 1518 (?),i daselbst No. 18 von 1528, Klein -Blankenburg 6 vom selben Jahre gehören in diese Epoche.

' Die Inicbrift (Scheffer pag. 10, Abbilil. 16) deutet auf 1508 oder 1518: Ao . dmi . inillennio . quigintesimo .... octavo . i . oct . visitat . Mari ['J. Juli] bc . domus . com- plet» . est.

474 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser IL Periode)

Letzteres hat die Inschrift : 1528 . D. H. linde (?) faciendum curavit ^ Dazu kommt noch eine Anzahl von undatierten Häusern. Zu ihnen gehört eins im Westendorf 25. Es ist 10 Fach breit, die Balkenköpfe haben nur eine einfache Verzierung mit drei Querstrichen. Die Konsolen sind lang gestreckt, nach unten flach auslaufend und haben Querstreifen. Die Saumschwelle zeigt felderweise eine Verzierung von ineinander geschobenen Rechtecken ; zwischen diesen Feldern befinden sich kleine Kerbschnitzrosetten. Unten sieht man eine zwei Fenster breite Auslucht, die mit dem vorgekragten oberen Geschoss zusammenhängt.

11. Periode. Indem wir zur Betrachtung der zweiten Periode, der des Überganges von der (Jotik zur Renjiissance, schreiten, finden wir als inschriftlich datiert die Häuser Hoheweg 5 von 1532, Holzmarkt 4 vom selben Jahre, Düstem- graben 12 von 1537, Göddenstrasse 28 von 1541, Franziskanerstrasse 12 von 1542 (Fig. 215), Franziskanerstrassc 23.24 von 1544, Holzmarkt 3 von 1552, Schuh- strasse 7 von 1553, Göddenstrasse 26 von 1554, Westendorf 2 von 1557, Breiter- weg 39 von 1558, Breiterweg 38 von 1559, Kühlingerstrasse 29 von 1569, den alten Marstall von 1574, Gerberstrasse 1 von 1575. Der undatierten Häuser sind hier, wie sich denken lässt, noch eine ganze Menge, darunter die Häuser Hohpr- weg 13, Harsleberstrasse 8 (rechte Hälfte), Lichtengraben 15, Hinter der Münze 19, das Eckhaus am Hohenweg und Lichtengraben und andere.

[Zu Grunde gegangen ist das ebenfalls hierher gehörige Haus Breiterweg 44.] Das Haus Hoherweg 5 mag als das älteste Beispiel dieser Periode zuerst betrachtet worden. Sogleich macht sich eine neue Erscheinung bemerkbar, welche, wiewohl aus romanischer Zeit herrührend, doch mit bewusster Kraft in dieser Periode wieder einsetzt, die Verzierung der Saumschwellc durch die sogenannten »Schiffskehlcn. Die Schiffskehle ist entstanden durch Verniedrigung imd gleichzeitige Vertiefung der in der gotischen Zeit üblichen (gleichfalls der spät- romanischen Ornamentik angehörigen) Korbbögen, und sie behauptet ihr Dasein, bis sie ganz dürftig und krüppelhaft im 18. Jahrhundert ausstirbt. Sie ist eine langgestreckte, tiefe Abfasung und Auskehlung des unteren Schwellenrandes, gegen die Balkenköpfe hin spitz auslaufend. Besonders in Begleitung anderer Ornamente wirkt sie äussei*st lebendig und malerisch. Denn erstens fand sie selber mancherlei Verzierungen. Die einfachsten sind buckel- oder nagelkopf- artige Erhöhungen unweit ihrer Enden. Wollte man üppiger sein, so fasste man ihren ganzen Rand (Franziskanerstrasse 38) mit Kundstäben und Hohlkehlen, oder nur den oberen mit einem Diamantbande ein; das häufigste endlich ist die Aus- füllung ihrer Höhlung durch eine Schnürrolle, die oft wie mit einer Perlenschnur durchzogen scheint, bisweilen auch in eine Schuppenrolle tibergeht Zum zweiten vorschwanden in dieser Periode mehr und mehr die gotischen Schutx- bretter zwischen den Konsolen und an ihre Stelle treten Füll holz er, welche ornamental durchaus den darüber befindlichen Teilen der Schwelle nachgeahmt werden, sodass also die Schiffskehlen verdoppelt erscheinen. Die Länge der Schiffskehlen entspricht den Räumen zwischen den Säulen. Die Räume zwischen den Schiffskehlen unter den Aufsatzstellen der Säulen zierte man mit kleinen Rosetten, Wappen, Handwerkssinnbildern oder anderen Figuren. Am Hause

1 Scheffer pag. 9, Abbild. U.

Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser II. Periode)

475

Hoherweg 5 sind es kleine Hackbeile, die wohl andeuten, dass das Haus ehe- mals einem Fleischhauer gehörte. Für ein Innungshaus halte ich es deshalb nicht, weil an solchen, wie etwa an dem später zu besprechenden Schuhhofe, die Wappen der Innungsgenossen angebracht zu werden pflegten. Hier sei gleich

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Fig. 215.

angefügt, was über sonstige Verzierungsarten der Schwellen zu bemerken ist. Sehr häufig ist ein gotischer Laubstab (Franziskanerstrasse 9 und öfter) oder ein Flechtband, welche beiden Motive am Lichtengraben 15 vereinigt sind. Man belebte sie auch mit Hohlkehlen, die entweder felderweise unterbrochen sind

476 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser ü. Periode)

oder über die ganze Schwelle hinlaufen. Zu demselben Zweck und in derselben Art benutzte man Schnürrollen, welche den an den Schiffskehlen beobachteten entsprechen. Nicht häufig sind die Fälle, wo sie sich über die ganze Schwelien- länge hinziehen, wie Kulkstrasse 34 und Weingarten 29. Eine eigentümliche Verzierung zeigen die Häuser Sackstrasse 20. und Abtshof 2—3, deren Saum- schwellen mit einer Anzahl kleiner, unregelmässig verstreuter Tupfen bedeckt ist. Alle eben beschriebenen Motive waren übrigens nicht auf diese Periode be- schränkt, sondern lebten weiter auch in der Zeit der Kenaissance. Sogar den gotischen Laubstab findet man an dem aus jener späteren Zeit stammenden Hause Breiterweg 20 wieder. Endlich war allgemein beliebt durch diese und die fol- genden Epochen, die Schwellen mit Inschriften zu bedecken. Ihre grosse Anzahl verbietet leider, auf sie näher einzugehen. Trotzdem wäre dies un- erlässlich, wenn nicht der oft citierto Scheffer mit rühmlichem Fleisse, freilich trotzdem nicht vollständig noch durchweg mit diplomatischer Genauigkeit, sich der Sammlung der Halberstädter Inschriften angenommen hätte. Inhaltlich unter- scheiden sich diese nicht von den in anderen Städten vorkommenden; sie sind der Sprache nach hochdeutsch, niederdeutsch, lateinisch, gelegentlich griechisch, dem Inhalte nach religiös, profan, naiv, gelehrt, milde und herausfordernd, ernst und humoristisch wie anderwärts. Überdies bieten sie ein reiches Material zur Halberstädter Familiengeschichte. Alte Hausnamen sind höchst selten. Die Sammlung der Hausmarlcen muss mit Rücksicht auf die Kostspieligkeit ihrer Nachbildung hier leider unterbleiben, sie wird trotz Scheffers Bemühungen noch- mals und bald an anderer Stelle besorgt werden müssen, ehe es zu spät wird.

Von charakteristischen Balkenköpfen und Konsolen wird bei anderen besseren Beispielen die Rode sein, denn leider ist das vorher genannte älteste Haus dieser Periode Hoherweg 5 sehr verdorben. Aber dennoch giebt es Anlass, einer weiteren neuen Erscheinung zu gedenken, die an ihm, wenn auch Zerstörung halber, nur fragmentarisch zu beobachten ist. Ich meine jene äusserst charakte- ristischen bekannten Fächerrosetten, dem ersten in die gotische Ornamentik des Fachwerkbaues sich einmischenden Renaissancemotive, welches seine Ent- wicklung nur in der Übergangszeit findet, um gegen Ende des 16. Jahrhunderts zu verschwinden. Die fächerähnlich ausgespannten Scheiben bestehen aus einem Mittelkem, von dem aus Strahlen geradlinig oder straussenfederartig (in Halber- stadt nur in der Verfallzeit in geschwungenen Linien) sowie in gewissen Zwischen- räumen nach der Peripherie eines Halbkreises verlaufen. Der Mittelpunkt liegt fast durchweg über der Saumschwelle dergestalt, dass die wohl nie fehlende Mittelscheibe ganz auf der Säule enthalten ist, die übrige Fläche der Rosette sich dagegen auf die jeder Säule unten beigegebenen dreieckigen Fussstreben aus- dehnt. Die Manier, eine Form über verschiedene Werkstücke hinüberzuziehen, nimmt hiermit ihren Anfang und führt späterhin, unter anderem an dem Hause Ijichtengraben 15, zu vollständiger Willkür. Dort ist die Schnitzerei ohne jede Rücksicht auf die Bauteile angebracht, wo es dem Baumeister gerade beliebte, und dort haben auch die Fussstreben selbständige Verzierungen erlangt, was ihnen bei streng ausgeführten Bauten nie zu teil wird. Die Rosetten aber fangen gegen Ende dieser Periode stellenweise an, ihren Platz zu wechseln. Ihr Mittel- punkt liegt nicht mehr auf der Säule, sondern auf dem Fach, zu welchem Zwecic

Halberstadt (Wohnh&aser: B. Fachwerkhäaser II. Periode)

477

dieses mit Brüstungsplatten aus Holz ausgelegt werden muss. Rücken auf diese Art die Fächerrosetten zu weit auseinander, so werden die Räume zwischen ihnen mit geometrischen (Kerbschnitz-) Mustern gefüllt. Andere Motive zu diesem Zweck sind durchaus selten. Tiere (einen Storch und einen Hirsch) sieht man Harsleberstrasse 15, Weinreben am Lichtengraben 15. Die echten Fächerrosetten

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stossen femer immer erst unten in ihren Fusspunkten aneinander. Dass sie, zu weit gespannt, ineinander übergreifen, ist ein Zeichen des Verfalls, welches in Halberstadt sehr selten (hinter dem Richthause 7—9, Güldenstrasse 16—18) vor- kommt. Das Gegenstück hierzu ist, dass die zu eng gestellten Fächer, um an- einander zu passen, an den Seiten abgeschnitten erscheinen. Diese Form kommt

478 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (WohnbÄuser: B. Fachwerkhäuser It. Periode)

in Halberstadt gar nicht, anderwärts, z.B. in Osterwieck, sehr häufig vor. Ein merkwürdiges Beispiel des Überganges der Rosette in die Kreisform zeigt ein Haus liinter der Münze (Fig. 213 unten auf S.471). Als ein reguläres Beispiel

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aus dem Beginn der zweiten Periode ist das Haus Franziskanerstrasse 12 an- zusehen*, welches die Jahreszahl 1542 (Fig. 215 auf S. 475) trägt. Die Sauni- schwellen und Füllhölzer sind mit Schiffskehlen verziert. Die schön profilierten Balkenköpfe haben eine Vorkragung von 0,5 m und sind unterstützt von Konsolen,

BalbATstadt (WohDliSuaer: B. fachwerkhanser 11 Periode)

479

deren Gestalt durchaus typisch ist. Das Erdgeschoss dieses Hauses ist wie in den meisten übrigen Häusern nach dem heutigen Bedürfnis umgestaltet

Ein anderes gutes Beispiel dieser Zeit stellt sich in jenem Hause dar, das die nördliche Ecke vom Hohenweg und Lichtengraben bildet. (Fig. 216 und 209 linksauf S. 465.) Zwar ist gegenwärtig eine Jahres- zahl nicht zu finden, doch wfrd von solchen, die das Haus früher kannten, ver- sichert, man habe die Ziffer 156Ü daran gelesen. Ks ist idies nach dem ganzen Charakter der Ver- zierungsweise nicht un- wahrscheinlich ; manche Motive, besonders die kurzen, gerollten Kon- solen (von denen unten noch genauer zu sprechen ist) weisen auf diese spätere Zeit hin. Die Keitenenden der t'ächer- rosetten nehmen mehr oder weniger die Form von Wurzeln , Locken, Voluten u. s. w. an, dio Mittelscheiben und die Schwellenverzierungen wenien reicher.

Ans Endo dieser Periode gehört jenes Hans, welches früher iler alte Marstall' (Pig.2n) hiess und jetzt in ein Heumagozin für die Kavallerie-Oamison um- p- ^is

gewandelt, daher nicht

mehr in der unversehrten Gestalt y.u erkennen ist. Die Abbildung ist nach einer vom Bauinspektor Sommer in den vierzigor Joliren angefertigten Skizze gezeichnet Die Erbaiiungszelt ergiebt sich dureh die Inschrift über der mittleren der drei halbkreisförmigen Thnrfahrten*: Anno Domini 1574 Denn X. Dagk .

' Ober den vor diesem existierenden Maratall vgl. oben diu Verieichnia verBcliwundener Oebiude.

* Die alten groaseii Thorfahrten sind nur noch iel(«D uud dann meist beschädigt erhalten. Linke und rechts von ihrem runden Bogen (dea^ien olien geradliniger Sturz Hars-

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480 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fach werkhäuser IL Periode)

Majus. ^ Die Thorfahrten sind jetzt durch mancherlei Entstellung unscheinbar geworden. Das ganze Gebäude hat 23 Fach in der Länge ; die Fächer waren in den mannigfaltigsten Mustern mit gebrannten Mauerziegeln in Kalkmörtel aus- gemauert, die Fenster zum Teil mit Butzenscheiben in nach aussen aufgehenden Flügeln verglast Die obere Etage, für Pferdefutter aller Art bestimmt, zeigt noch jetzt drei Aufzugsluken und vergitterte Schiebefenster, überhöht von so- genannten Vorhangbögen. Die Flächen zwischen Saumschwelle und Fenster- brüstung zwischen den ungewöhnlich starken Säulen sind mit Bohlen ausgesetzt und reich mit ganzen Rosetten (Fig. 218) mannigfaltigster Art, grossen und kleinen untermischt, beschnitzt. Von den sechs ähnlichen Rosetten zur Seite der drei Thore sind hier Detailzeichnungen beigefügt, da sie zu den schönsten Mustern ihrer Gattung gehören. Die Saumschwellen und die Füllstücke sind mit Schiffs- kehlen geschmückt. Über den Balkenköpfen befinden sich an der Saumschwelle 14 kleine Wappen, darunter über der einen Thür das Halberstädter Wappen, ausserdem noch 10 kleine Rosettchen. Die Namen der Wappeninhaber sind nach

der Reihe: Herman Widelaw, Ludolph ...onen, Bastian Ottenn, , Hans

Kormien, Jachop Drolten, Sictus Drolten, Henning Groten, Peter Bindd, Wolff Schenitz, Nicolaus Hartman, Hans Sehneni, Benedictus Gerken, Lucas Luchaw. Der sogenannte alte Marstall ist ein Innungshaus gewesen wie der Schuhhof.

Um die Merkmale dieser Periode vollständig zu besprechen, muss noch der Konsolen und Balkenköpfe gedacht werden. Wenn in der Litteratur be- hauptet worden ist, die mit Figuren geschmückten langen Konsolen der ereten Periode verschwänden in der Folgezeit, so ist das ein Irrtum. Wir finden sie noch Gerber- strasse 1, Holzmarkt 8, am Schuhhof, Fischmarkt 17, in dem aus dem späteren 16. Jahrhundert stammenden undatierten Hause Grudenberg 3. An einer Eckkonsole des Hauses Gerberstrasse 1 sieht man im unteren Geschosse einen Mann, der einen Reifen um ein Fass schlägt, im oberen einen nach links schreitenden Mönch. 2 Holzmarkts zeigt verschiedene Heilige, Fischmarkt 17 den h. Sebastian, die h. Elisabeth, die Madonna, Grudenberg 3 den alt beliebten Christophorus; der Schuhhof endlich liefert den Beweis, dass fast alles Ornament der Übergangs- periode in die Renaissance als, Erbe mit hinübergenommen wird. Das Vor- kommen dieser Konsolen auch in der nachgotischen Zeit an so stattlichen Bauten wie den eben genannten, denen sich das bescheidene Häuschen am Grudenberge anschliesst, scheint dafür zu sprechen, dass sie zu ihrer Zeit keineswegs so selten gewesen sind, als sie sich an den Resten der Vergangenheit heute nachweisen lassen. Schwerlich wird man in den Luxus liebenden Zeiten des ausgehenden 16. Jahrhunderts geneigt gewesen sein, die Häuser absichtlich altmodisch heraus- zuputzen. Aber jedenfalls kommt die Figurenkonsole nach dem 16. Jahrhundert nicht mehr vor. Wo sie in späterer Zeit ähnliche Ausstattung zeigt, besteht

leberstrasse 8 mit dem gotischen Laubstab verziert ist) sieht man oft Kerbschnitzkreise und andere, kleinere Ornamente.

* Scheffer p. 16, Abbild. No. 22.

In diesem Hause braute angeblich ein gewisser Andreas Westphal den ersten Broi- hahn. Scheffer fand nur noch unleserliche Reste einer alten Inschrift (p.28). Am Neben- gebäude steht: Andreas Westphal, 1614 den 20. Juuius (p.28).

Ualberstadt (Wohnli&nser: B. Fachwerkhäuser It. u. 01. Periode) 481

diese (und überhaupt seit 1530 meistens) nur noch aus Masken! Das gotische Motiv der Verlängerung der Eckkonsolen findet sich auch noch in der späteren Zeit bis in die Renaissance hinein, so am Schuhhof. Anderwärts, z. B. Breiter- weg 20, finden sich verlängerte Konsolen auch da, wo sie nicht bestimmt sind, eine Ecke hervortreten zu lassen. Bakenstrasse 43 und Taubenstrasse 5 geniessen nur die Eckkonsolen den Vorzug der Verschönerung durch Masken, am letzteren Hause vereinigt mit Verlängerung des Stückes.

Die nicht mit Figuren verzierten Konsolen sind in zwei Gruppen zu scheiden, die langen und die gerollten. Beide beschränken ihre Existenz nicht auf die zweite Periode, sondern begleiten die Halberstädter Holzbaukunst bis in die Verfallzeit hinein. Die langen Konsolen endigen nicht mehr mit dem gotischen Knauf, sondern flach an der Wand mit geradlinigem oder halbkreis- förmigem Schluss, welcher oft durch einen schmalen Saum eingefasst und mit kleinen Rosetten oder Kränzen gefüllt ist. So Franziskanerstrasse 12. Der Körper der Konsole, welcher, ob lang oder gerollt, nicht aufhört, die Grundform seines Profils aus dem rechtwinkligen Dreieck abzuleiten, ist mit Strichen, halb- runden Rollen und strickartigen Bändern quergestreift; in der späteren Zeit kommt es vor, dass diese Streifen schräg laufen (Kühlingerstrasse 18). Zwischen den Streifen hin gehen bald breitere, bald schmälere Hohlkehlen und dünne, mit Zähnen besetzte Linien. Je weiter die Zeit vorschreitet, um so kürzer werden die gestreckten Konsolen; sehr lange zeigen das höhere Altar eines Hauses an. Gegen die Mitte dieser Periode kommt die zweite Art, die gerollte, auf. Da der Balkenkopf in diesem Falle ornamental gleich der Konsole behandelt wird, so entsteht dadurch die sehr häufige Gestalt zweier übereinander liegender Wulste, welche beide wie aus einem Stück gearbeitet aussehen. Die geraden Seitenflächen dieser kurzen dicken Rundstäbe sind nie mit Rollmustern, sondern stets mit geomekischen Kerbschnitzzeichnungen (Sternen u. dergl.) verziert. Die Herleitung dieser Doppelrollen aus der Grundvorstellung eines zwiefach auf- gerollten Bandes ist also ausgeschlossen; ihre Entstehung aus missverstandonen S artigen Voluten vielleicht glaublich, doch muss zu derselben Zeit diese Vor- stellung nur unklar gewesen sein, weil schon damals auch einfach gerollte Kon- solen oder Balkenköpfe unabhängig von einander vorkommen. Es giebt ander- seits auch Konsolen, die für sich allein doppelt gerollt sind, sodass mit einer Rolle des Balkenkopfes drei Rollen übereinander liegen. Diese Rollen sind an ihrer Vorderseite entweder glatt oder mit senkrecht oder parallel zur Achse laufenden Querlinien verziert. Andere, der Hauptform nicht entsprechende Ver- zierungen sind selten. So finden sich allerlei derartige Kreuz- und Querlinien am Hause Harsleberstrasse 15.

HI. Periode. Die Ornamentik der Übergangszeit geht, wie gesagt, auch in der Renaissance weiter, jedoch kommt bei dieser dritten Periode ein be- sonderes Merkmal hinzu, die sogenannten Blendar"kaden, Pilasterstellungen, welche auf den mit Bohlen ausgesetzten Fensterfächern angebracht sind, immer je zwei zwischen zwei Säulen des Fachwerks. Diese Verzierungsweise tritt bereits in den siebziger Jahren des 16. Jahrhunderts hervor und kreuzt sich mit den Fächerrosetten, welche in einzelnen datierten Beispielen noch bis 1590 vorkommen. Oben und unten ziehen sich Profilleisten hin, die sehr oft durch das damals

Krals Halbentadt. 31

482 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (WohnlilLnsor: B. Fachwerkliäaser III. Periode]

beliebte einfache bis dreifache Zahnschnittband gebildet sind. Die Blendarkaden gehören zu den Eigentümlichkeilen des Haiborstädter Gebietes. Desgleichen das Merkmal, dass die Fensterbrüstungsplatten, anderwärts schon Anfang des 17. Jahrhunderts verschwunden, sich hier noch bis in die sechziger Jahre halten. Die Säulen werden ebenfalls zu Pilastem ausgebildet. Als solche tragen sie oft, aber keineswegs immer ornamentalen Schmuck, den sie in den vorigen Perioden niemals hatten. Sie verlieren ihn in der Verfallzeit zunächst wieder bis auf eine bisweilen beibehaltene lange rechteckige Vertiefung, die gelegent- lich durch einen oberen bogigen Abschluss niscbenartig gestaltet wird {Pranzis- kanerstrasse 38). Oft sind die Säulen nur zwischen den Eensterbrüstungsplatten verziert, weiterhin aber glatt. Die Hervorhebung vertikaler Formen ist in Halber- stadt sonst im allgemeinen wenig beliebt. Balkenköpfe und Konsolen sind in dieser Zeit oft mit gleichförmigen Masken verziert, die teils angeschnitzt, teils ind. (Fig. 219 u. 211 unten auf S.469.)

Fig. 219.

Das ausgezeichnetste Beispiel, welches zugleich den Ausgang der gotisierenden und den Anfang der Renaissance-Periode kennzeichnet, ist die Fassade des so- genannten Schulrfiofes, welcher 1579 im nordöstliclien Winkel des Fischmarktes erbaut ist, wo er zugleich die Ecke der Schuhgasse bildet. [Die Stelle diente als curia sutorum ihrem Zwecke bereits 1251.) Die Front ist nach dem Markte zu in der obersten Etage 23, in der mittleren 22 Fächer lang. (Fig. 220.) Die pilaster- artigen Säulen haben im Mittelgeschosse keine Kapitale, oben dagegen finden sich drei mit miss verstand liehen jonischen Kapitalen.' Ihre Flächen besitzen flache Filllungen, in denen, von Eierstäben umrahmt, augenähnlichc Vertiefungen reihen- weise, teils einfach, teils doppelt, emporsteigen. Die Fenster setzen sich auf ein durchlaufenes Ourtgesims, aus Hohlkehle und zwei Reihen Zahnschnitten bestehend, um die Säulen herum verkröpft, welcher Rege! auch das Deckgeaims der Saiim- schwclle folgt Auch an der Hofseite findet sich diese Anordnung, wenn auch einfaclier. Die Fensterleibungen zeigen an vier Stellen Eierstäbe als Einraliraung.

' An dem Hause LichUmgraben 15, welches im übrigen noch an den Scbloaa der Ol>er- gangsperiode gehört und eine wAbre Fundgrube von intereaäanten Unregelmäßigkeiten iat, giebt es dergleichen auch bereits.

Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser IIL Periode: Schuhhof) 483

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484 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser TH. Periode)

Zwischen den Säulen sind die Blendarkaden entwickelt: in der mittleren Etage besonders reich, an den Pilastem mit weiblichen Hermen besetzt und zum Teil zwischen den Bogenzwickeln mit Tierraasken, von denen die Abbildung Muster mitteilt; in den Bogenfeldem finden sich 29 Wappen von Innungsgenossen nebst deren Namen. Die letzte Inschrift neben der Schuhgasse lautet: Bavhere Niclaus Hartman. Jede der Saumschwellen zeigt über einem als Löwenkopf stilisierten Balkenkopfe ein Wappenschildchen und daneben einen Namen. Die übrigen Balken- köpfe sind mit Masken verziert. Bemerkenswert ist unter dem Dach, dass sich an sechs Stellen je drei Balken vereinigen, die an zwei Stellen noch mit drei Masken geziert sind, die anderen vier sind ohne Schmuck. Die freien Kanten der Saum- schwellen und Füllhölzer sind in bekannter Weise durch Schiffskehlen unter- brochen, welche mit Schnürrollen gefüllt sind, die ihrerseits mit Perlen- orter Diamantbändem durchflochten erscheinen. An drei Stellen tritt Flachschnitzerei an die Stelle der Schiffskehlen. Die Balkenköpfe werden durch Konsolen unter- stützt, von denen 22 nach dem Fischmarkt zu liegen. Dreizehn von ihnen zeigen Christus mit den Aposteln, etwas flach geschnitzt und nach innen gebogen; vier andere zeigen kauernde, stark hervortretende männliche Personen. Ebenso wie diese offenbar zum Ersatz älterer schadhaft gewordener Stücke dienen, so sind auch an fünf anderen Stellen verloren gegangene Konsolen durch solche schlichten Musters ersetzt. Die drei Eckkonsolen sind verlängert. Sie zeigen Bischofs- gestalten, davon die unterste mit der Unterschrift: Severinus fundator ...ine. Das Zwischengeschoss ist vollständig erhalten, unten hat man wie gewöhnlich alles verändert und moderne Läden eingebaut. Ehemals war das Haus noch durch drei reiche Erker geziert, welche im Jahre 1804 beseitigt worden sind.

Ein Haus, welches ganz vom üblichen Schema abweicht und ebenfalls in diese Zeit gehört, befindet sich am Paulsplan 16. Es fehlen die Konsolen, die Saumschwelle ist nicht in Felder geteilt, vielmehr zieht sich an ihrer unteren Kante eine über ihre ganze Länge laufende Schnürrolle hin, welche mit einem Laubstabe (man beachte das gotische Motiv um diese Zeit) und einem Zahn- Rchnittbande überhöht ist. Fensterbrüstungsplatten fehlen, dagegen sind die Säulen mit Ornamenten bedeckt. Die bei der auffallend starken Vorkragung von unten sichtbaren Tragbalken des Obergeschosses sind gleich der Schwelle mit Schnürrollen verziert.

Von Häusern mit Blendarkaden giebt es in Halberstadt im ganzen noch zwanzig, von ihnen ist eins der interessantesten am Holzmarkt No. 8. Hier er- strecken sich die Blendarkaden bis hinauf in den sehr hohen Giebel der Aus- lucht. Derartige Ausluchten (Erker) giebt es sonst nur noch eine im Westen- dorf 25, die jedoch klein ist, während jene am Holzmarkt zu ihrer Unterstützung einer auf der Strasse freistehenden Säule bedarf. Andere vortreffliche Blend- arkadenliäuser sind Hoherweg 1 (Kulkmühle genannt) und 2 und Kühlinger- strasse 28 (Fig. 221).

IV. Periode. Der letzten Periode gehört ein anmutiges kleines Haus, Breiterweg 64, an, vollendet laut Inschrift im Jahre 1651. (Fig. 222.) Es besteht aus drei Stockwerken von nur vier Fächern in der Längsfront. Während das Erdgeschoss Veränderungen erfahren hat, weil das Haus in einer der verkehrs- reichsten Strassen der Stadt liegt, sind die oberen Geschosse unverändert und

Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser IV. Periode)

486

wohlerhalten geblieben. Das Holzgerippe ist von kräftigen Dimensionen, und man hat daher die öfteren Verstrebungen für unnötig gehalten, da die Aus- füllungen in den Fächern unter den Fensterriegeln, bestehend in starken Bohlen-

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Fig. 221.

stücken, eine Verschiebung nicht zulassen; nur zu unterst sehen wir eine Strebe neben dem Eingange. Profilschmuck an Balkcnköpfen , Saumschwellen u. s. w- fehlt fast gänzlich, der Zierat ist fast nur auf Flächen beschränkt. Das Hirn- holz des ßalkenkopfes zeigt in der untersten Reihe fünf Gesichtsmasken, in don

486 Halberstädter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser IV. Periode)

obersten Reihen schwache Andeutungen von Ornament Die Saumschwellen er- hielten zwischen den Balkenköpfen starke Fasen, unten mit einem Eierstab be- setzt, oben mit spärlichen Blättern und Blümchen besetzt Das mittlere Rahm-

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Fig, 222.

stück zeigt über den Fenstern schmale omamontierte Friese, wie dies nur höchst selten gefunden wird. Endlich enthalten die zwei oberen Fenster- brüstungen sehr reich ornamentierte Flächen, die das kloine Haus zu einem der hübschesten in Halberstadt machen; bandartige Ranken erscheinen in buntem

Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser IV. Periode) 487

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Fig. 223.

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488 Halberstadier Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser lY. Periode)

Wechsel und reicher Phantasie, in sechs der acht Flächen um eine Maske gruppiert. (Fig. 223.) Die geringelten Ranken endigen nicht durchweg in der straffen Kreislinie zurückschlagend, sondern oft in der schlaffen Ellipse, die den Kunststil dieser späten Zeit charakterisiert.

[Als Beispiel des Ausgangs der letzten Periode ist ein Haus zu betrachten^ von welchem Bauinspektor Sommer seiner Zeit eine Abbildung gemacht hat, leider ohne zu merken, wo das Haus gelegen war. (Fig. 224.) Heutzutage existiert es

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Fig. 224.

nicht mehr. Nur dass es zu Halberstadt gehört hat, ist gewiss. Es bestand aus drei Stockwerken, von denen das unterste mit einer Durchfahrt versehen war und Parterreziramer in einem niedrigen Zwischengeschoss enthielt Die Fenst«r- formen waren früher andere, die auf der Abbildung sichtbaren sind modern. Wo die Zwischenbalken lagen, ist in der Zeichnung angegeben. Die Halbkreis- form des Thorscblusses ist durch z\vei grosse Bänder hergestellt, ausgeschnitten aus zwei krumm gewachsenen Hölzern. Für den Durchgang von Fussgängern war eine Pforte im linken Thorflügel angebracht, was ja auch heutzutage häufig

Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerich&user IV. Periode) 489

ist Über dem hohen Erdgeschoss waren zwei obere Geschosse errichtet, das mittlere mit einem Erker zum Bewolmen, das oberste zur Aufbewahrung von Materialien, Sämereien, Getreide und dergleichen. Während für die Wohnzimmer die gewöhnlichen Pensterformen mit nach aussen aufgehenden Flügeln verwendet waren, sah man im obersten Stockwerk meist Schiebefiügel , entweder verglast oder mit engen Holzgittern gegen das Eindringen von Vögehi versehen.]

Diese Gattung von Holzhäusern lässt jeden ornamentalen Schmuck ver- missen und es scheint, als habe man die Zierde nur in der Häufung von kon- struktiven Teilen gesucht. Das Winkel- und das Strebeband erscheinen netzartig zusammengesetzt, gekreuzt und verschlungen, auf den Kreuzungen durch kräftige, auf der Drehbank zierlich gefertigte Holznägel markiert, ohne Rücksicht darauf, dass mit der allzu häufigen Vorwendung von Streben nicht immer eine grössere Festigkeit Hand in Hand geht. Das Mauerwerk ergeht sich in allerlei bunten Mustern. Die Balkenköpfe zeigen die für jene Zeit typischen prismatischen Zu- spitzungen, welche diamantartig vortreten, die Saumschwellen sind glatt, be- ziehungsweise mit langen Inschriften bedeckt. Meist sind die dürftigen, schiffs- kehlenartigen Brechungen der Unterkante mit einem gewundenen Kundstabe gefüllt, einem Nachkommen der kräftigen Schnürrollen der vergangenen Periode. Seine Windung geht bald links, bald rechtsherum. Das undatierte Haus Vogtei 40 zeigt an den Balkenköpfen Masken, Rollwerk, Engelsköpfe und dergleichen. Die Schwelle wird oben und unten von einem stehenden Blätterkranze begleitet, die PüUhölzer zeigen im Untergeschoss stilisiertes Blatt- und Rollwerk, welches meist von einer Maske in der Mitte ausgeht, im Obergeschoss einen grob geschnitzten Eicr- stab. Viel verwandt wird auch der Zahnschnitt. (Fig. 211 unten rechts auf S. 469.)

Von näherer Besprechung noch weiterer Häuser sei abgesehen. Sie sind von verschiedenem Werte, folgen aber meist einem gemeinsamen Schema. Wo noch Schmuck angewendet wird, ist er spärlich, wiewohl nicht ohne Schönheit. Westendorf 23 zeigt einfach verzierte Fensterbrüstungsplatten mit verschiedenen Kerbschnitzrosetten, dazwischen ein doppeltes Herz. Die Schwelle bleibt in der Verfallzeit meist schmucklos. Bisweilen ziert man sie mit Eierstab oder Akanthus- blättern und erweist dasselbe auch den PüUhölzem. Zu ihrem Schmucke ver- wandte man auch Blumen- und Fruchtgewinde (Paulstrasse 19, Dominikaner- strasse 7), ferner lambrequinartige Überhänge und dergleichen. Zuletzt werden die runden oder eckigen Füllhölzer so dick, dass die Balkenköpfe nur noch schwach oder gar nicht über sie hervortreten. Das Zahnschnittband tritt an Schwelle, Füllhölzern und Balkenköpfen auf. Letztere werden gelegentlich noch mit Masken verziert. Die Konsolen verschwinden teilweise ganz, teilweise stimmt ihre Breite nicht mit der der Balkenköpfe überein. Die Vorkragung wird immer schmaler.

Leider verschwinden die alten Bauwerke immer mehr und das Strassen- bild büsst damit seinen ehemaligen Charakter ein. Vor einigen Jahrzehnten war es üblich, die Schnitzereien mit Brettern zu vernageln oder mit Putz zu ver- decken, Inschriften zu überstreichen u. dergl. Viele meinten, dergleichen Ver- zierung sei unnütze Spielerei, viele genierte es. Fremde vor ihren Häusern stehen zu sehen und was dergleichen Gründe mehr waren. Heutzutage ist diese Art von Vernichtung zum Glück wonig mehr üblich, zur Beseitigung alter Gebäude trägt seltener das mangelnde Verständnis als das Bedürfnis des modernen Lebens

490 Halberstädter Stadtkieis: Halberstadt (WobDhäuser: B. Fachwerkhäuser Allgemeines)

bei. Zu loben ist die Vorschrift -der Stadtverwaltung, dass Schnitzteile alter Häuser abgeliefert werden müssen. Auch mit dem Photographieren alter Häuser vor ihrem Abbruch wird ernsthaft vorgegangen. Bei den Neubauten aber kann man sich leider selten entschliessen, die Nachahmung der Schönheiten der älteren Gebäude zu wagen. Nur selten findet sich jemand, der an seinem neuen Hause Sprüche oder Schnitzereien anbringen lässt Ein paar moderne Konsolen mit ganzen Figuren finden sich am Hause Hoherweg 7.

Zu allgemeinen Bemerkungen, Avelche nicht an die zeitliche Entstehung der Häuser gebunden sind, geben mancherlei Dinge Anlass, welche hier noch kurz erwähnt werden müssen:

Brandmauern zwischen alten Häusern fehlen durchweg und zuweilen haben zwei aneinander stossende eine gemeinschaftliche Fach wand. Die Unter- geschosse sind nicht durchgohends in Fachwerk gehalten, sondern vielfach massiv; wo das Fachwerk schon im Untergeschosse beginnt, ruht es auf einem niedrigen, aus Bruchstein erbauten Sockel, welcher als in die Erde hinab- reichende Fundamentmauer die stets massiv ausgeführten Kellerräume um- schliesst. Doch sind die Fälle nicht selten, wo Keller überhaupt nicht vor- handen sind. Die Überbauten der Kellerhälse sind als für den Verkehr hinder- lich jetzt meist beseitigt.

Die Ausfüllung der Fächer geschah mit Zaunstaken oder Windel- staken, welche mit Lehm verschmiert wurden, durch Lehrastaken oder getrocknete, nicht gebrannte Lehmsteine, endlich durch gebrannte Ziegel, welche in späterer Zeit gern in mannigfach abwechselnden zierlichen Figuren angeordnet wurden.

Die Dachflächen, wo sie noch die ursprünglichen sind, haben eine steile Neigung, und ihre Linie pflegt in früherer Zeit unten durch Anwendung von Aufschiebungen nach aussen gebrochen, in späterer nach innen abgewalmt zu werden. Sie sind mit Hohlziegeln von 35—46 cm Länge und 16—18 cm Breite bei 6—7 cm Höhlung behängt, deren aneinanderstossende Krempen mit einer starken Mörtelleiste verstrichen wurden, wodurch die Dächer einen ins Weisse schimmernden Farbenton annahmen. Die Flächen der Dächer werden unter- brochen durch die reihenweise übereinander angeordneten Dachluken.

Die Fenster erfüllen meist die ganze Strassenflucht imd die erforderliche Verstrebung der Wand gegen Seitenschub wurde nur den starken Säulen und den kurzen Bändern unter der Fensterbrüstung überlassen, weil man eine inten- sivere Verstrebung b.ei dem geschlossenen Stande der Häuser und bei der grossen Zahl der Fussstreben für nicht so nötig hielt. In der letzten Periode erst kam man zu der Einsicht, dass an den Enden der Front eine wirksamere Verstrebung sehr wünschenswert sei, dass auch die grosse Zahl der Fenster die Wärme im Innern zu sehr beeinträchtige. Man verringerte darum die Zahl dieser letzteren und bildete an den Frontenden Kreuzstreben oder vierfache Andreaskreuze aus. Doch übersah man dabei, dass mit den vermehrten Verzapfungen, Überblattungen und Kreuzungen die Wahrscheinlichkeit grösseren Haltes sich nicht vermehrte. In Wirklichkeit zeigen sich durch Eintrocknen des Holzes so weite Fugen, dass die Streben oft nicht wirksam sein müssen.

Was die Fensterflügel betrifft, so schlugen diese, um die von aussen nach innen drückende kalte Luft besser zurückzuhalten, nach aussen, waren

Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser Allgemeines) 491

daher mit Sturmhaken versehen. Ausserdem waren Schiebefenster sehr beliebt. Sie pflegten zu zweien innerhalb von sechs Abteilungen angebracht zu sein. Von diesen waren die beiden untersten Teile imbeweglich und nur von geringer Höhe (10 15 cm), nur um zu verhindern, dass bei geöffneten Fenstern keine Gegenstände hinausfielen, die vier oberen von erheblicherer, untereinander gleicher Grösse, ohne verstärkten Pfosten. Die Schiebeflügel waren so angebracht, dass der eine unten, mit oder ohne Knopf nach links, der andere oben nach rechts geschoben werden konnte, oder auch umgekehrt.

Wo kleine Glasscheiben zur Verwendung kamen, mochten diese nun vier- eckig oder rund (Butzenscheiben) sein, also eine Bleiverglasung angebracht war, wurden ein bis zwei schwache aufgelötete Eisenstäbe nötig, um zu verhindern, dass die Glasflächen vom Winde ^eingedruckt oder verbogen werden konnten. Für Räume, welche nicht bewohnt wurden, sondern zur Bergung von Vorräten dienten, Hess man die Verglasung ganz fort und versah die betreffenden Fenster- abteilungen mit Holzgittem, deren lotrecht gestellte Stäbchen des grösseren Haltes wegen zumeist über Eck gestellt wurden und eine, bisweilen mehrere aufgeklaute Holzleisten erhielten. Bei den Vergitterungen finden sich nur Schiebeflügel.

Aufziehluken sieht man fast an allen Holzhäusern, namentlich da, wo grössere Geschäfte als Getreide-, Brennerei-, Brauerei-, Bäckereibetrieb u. dergl. den Erwerb der Bewohner bildeten. Sie waren erforderlich, weil die mittel- alterlichen Treppen ziemlich schwächlich ausgeführt wurden, daher die Beförderung grosser Ijasten auf ihnen nicht vertrugen, auch meist nur schlechtes Licht hatten. Die Luken wurden gebildet, indem durch Herausnahme oder Weglassung des Holzriegels ein Fensterfach zur Thür erweitert wurde. Mittels einer auf dem Dachboden angebrachten, aus einer Erkerluke hervorschauenden Windevorrichtung mit Krahn, Rolle und Tau wurden die Lasten emporgezogen. Grössere alte Geschäftshäuser haben häufig mehrere Luken übereinander. Zierat daran pflegte wegen der Leichtigkeit der Beschädigung nicht angebracht zu werden.

Hausthüren und Thorfahrten sind, in Stein hergestellt, in Halberstadt sehr selten, die meisten sind aus Holz gearbeitet, wie es das Überwiegen des Holzbaues mit sich bringt. Ihre Lage richtete sich nach dem vorliegenden Be- dürfnis bezw. nach der Lage der inneren Räume und des Hofes. Da das Be- dürfnis im Laufe der Zeiten mannigfach wechselte, so sind von den Thorfahrten nur wenige unverändert geblieben. Ihre Form war meist rechtwinklig für kleinere Öffnungen, für grössere in den Ecken mehr oder weniger unterstützt. Hierfür dienten kleine Winkel- oder Kopfbänder mit Schnitzereien, gelegentlich aber auch grosse Kopfbänder, welche zu einem gedrückten Spitzbogen, einer Ellipse oder einem Kreisbogen ausgerundet sind. Hierzu sind sehr breite Halbholz- gtücke nötig, um so mehr als sie eine sichere Versetzung bei den Zapfen er- heischen. Diese sind merkwürdigerweise nicht normal angeordnet, sondern nach innen fallend gestellt. Von ähnlicher Konstruktion sind die Thürstürze für ge- ringere Weiten, obschon hier eine Verstrebung oder Unterstützung nicht so nötig ist. Die Fläche des Thürsturzes wurde zum Einschnitzen von Jahreszahlen, Namen, Ornamenten und dergleichen benutzt. Treppen und Beischläge vor den Hausthüren mögen ehemals zahlreicher vorhanden gewesen sein, als sie sich jetzt noch finden.

492 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (Wohnhänser: B. Fachwerkhäuser ÄngemeineG)

Die Thiirüügel erscheinen bisweilen in der Mitte horizontal geteilt, so- dass nach Belieben nnr die Hälfte der Tliiir geöffnet werden konnte, eine Ein- richtung, welche noch heute auch anderwärts und namentlich auf dem Lande viel gefunden wird. Daneben sind die ungeteilten Thüren, ein oder zweiflügelig, vielfach die beiden Flügel von ungleicher Breite, stark im Gehrauch. Ihre Fläche ist mit Vorliebe durch die mittels Verdoppelung bewirkten, schräglinigen oder rautenförmigen Muster belebt, zeigt aber auch in vielen Fällen die während der Rokokozeit beliebten, in Haibrelief gehaltenen, schön geschwungenen Schnitz- Terzierungen. Kleine Lichtfenster in den Thüren kommen häufig vor.

Von baulicher Veränderung wurden namentlich die Erdgeschosse derHäiw^r betroffen. Es gehört darum zu den grossen Soltenheiten , wenn noch un- beschädigte Hausflure sich irgendwo vorfinden. Der anderen Lebensweise unserer Vorfahren entsprechend, welche in dem Flur, der auch schlechthin „Haus" genannt wurde, vielerlei Thätigkcit entwickelten und Handelsgeschäfte daselbst hielten, war er von grosser Auf^ dehnung, ebenso waren auch die Vor- flure in den oberen Etagen, „Saal" oder „Vorsaal" genannt, wo die unteren Treppen ausmündeten und andere Treppen und Gänge weiter führten, sehr geräumig. Der Fussboden bestand im Erd- geschosse aus Bruchsteinen, Platten oder Fliesen, bei einfaclien Häusern wohl auch nur aus Lehmschlag, oben meist aus Gipsestrich, welcher letztere, wegen seiner stärkeren Belastung, starke Balken- lagen verlangte.

Die Treppen waren vielfach be- deutend bequemer, vielfach in engen Häusern aber auch viel steiler als die unsrigen. Ihre Breite geht bis zu 1,2501. Sie waren durchweg aus Tritt- und Setz- stufen stumpf aufeinander gesetzt und, aus schwachen Brettern bestehend, er- baut, wodurch sie zur Tragung grösserer Toasten nicht geeignet waren. Beischmalen ^*™'*~' " ^ Treppen fehlten wohl auch die ^\2.-

^'8 225- stufen ganz. Die Geländer und Ver-

schlage bestanden aus Brettstücken, welche mittels der Schweifsäge Musterungen erhielten. Wendeltreppen kamen vor, waren aber ihrer Unbequemlichkeit wegen wenig beliebt.

Wohnzimmer, Kammern, Küchen und dei^l. Innenräume sind im ursprünglichen Zustande nur noch wenig vorhanden. Die Decken der Wohn- zimmer bestanden aus Brettern, welche auf Unterzugbalken ruhten. Sowie die letzteren bisweilen schwere und schöne Profi liorungen zeigen, so kam es auch vor, dass die Bretter der Decke an den Kanten profiliert waren. In diesem

Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser Allgemeines Statistik) 493

Falle wurde die Decke so ausgebildet, dass die mit den Profilkanten versehenen Bretter breit auseinander gerückt und die Lücken zwischen ihnen durch von oben dagegen genagelte Bretter geschlossen wurden. Die Decke erhielt hier- durch ein schönes und bewegtes Aussehen. Nicht zu vergessen ist das Vor- kommen von Stuckdecken, welche freilich in Halberstadt eine besondere künst- lerische Bedeutung nicht erlangt zu haben scheinen. Wandtäfelungen dürften aus alter Zeit in Halberstadt nicht mehr erhalten sein. Die Küchen sind der Feuersgefahr wegen sehr häufig besonders gesichert und bilden darum in vielen Fachwerkhäusern den einzigen massiven Teil. Der Bauchabzug geschah früher aligemein durch deutsche Schornsteine.

Fig. 226.

Mit dem Untergange der alten Gebäude oder ihrer Teile verschwinden leider auch viele schöne Schlosserarbeiten: die geschweiften Thürbänder mit den kräftigen Nägeln, die ausgesohmiedeten oder ausgeschnittenen Schliess- bleehe, die Ziehknöpfe, die Thürklopfer u. a. Die Thürschlösser, meist Feder- riegel mit Hohlschlüsseln, sind zumeist nur noch in abgelegenen Kammern, Kellern und Böden zu finden. Schmiedeeiserne Gitter kommen gelegentlich vor. Eins der schönsten (in der Gröperstrasse) ist beistehend abgebildet (Fig. 225). Ein schönes Handwerkerzeichen zeigt Fig. 2;^6.

Statistik

Es gehören von den Fachwerkbauten in Halberstadt:

I. Zur ersten Periode:

Unter der Tanne: 1.2 (frühes 15. Jh.). Harsleberstrasse: 8 (linke Hälfte;

Moritzplan: 2 (s.o.). s. o.).

Fischmarkt: l(s.o.). 2 (Schutzbretter, Kühlingerstrasse: 23 (1508? 1518?

stark profilierte Balkenköpfe, im Spätgotisches steinernes Thor mit

übrigen verdorben). 14 Ratskeller Kielbogen).

(s. 0.). Seitengebäude von 9 (zwei- Kulk: (Hinterhaus der Gerberstrasse;

stöckig, lange Konsolen, Schutzbretter). 1528; s.o.).

Domplatz: 23. Westendorf: 25 (s.o.).

II. Zur zweiten Periode: a) Konsolen mehr oder weniger gestreckt, mit Profilierung; die übrigen Merkzeichen wie bei h)^:

Abtshof: 2 3 (mit gerollten Balken- Bakenstrasse: 45. 46. 47. köpfen). 26. 28. Klein-Blanke nburg: 44.

' Es ist hierbei festzuhalten, dass keineswegs jedes der genannten Häuser stets alle angegebenen Merkzeichen aufzuweisen braucht.

494 Halberstadter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnbäaser: B. Fachwerkhäuser Statistik)

Dorainikanerstrasse: 30. Düsterngraben: 12 (1537). 31. Fischmarkt: 9 (1529, sogenanntes Tetzelhaus, s. o.). 17 (Figiirenkonsolen,

s. 0.).

Franziskanerstrasse: 12. 16 (Schutz- bretter). + 17. + 18. 1

Am Frauenhause: 8,

Oerberstrasse: 1 (1575, s.o.). 5.

Göddenstrasse: 7.9.13. 16-18 (s.o.).

Gröperstrasse: 34.

Harsleberstrasse: 1 (Schutzbretter). 8 (rechte Hälfte; Schutzbretter).

Hoherweg: 4. 5 (1532). 7 (mit moder- nen Figurenkonsolen, s.o.). +15. 16.

Holzmarkt: 4 (1532).

Johannisbrunnen: 14. 22.

b) Konsolen gerollt; Fächerrosetten;

Abtshof: 4. 27. 31.

Breiterweg: 38 (1559). 39 (1558).

Seitengebäude von 33. Dominikanerstrasse: 4. 9. 12. Dom platz: +31 (Gleimhaus). Fisch markt: Hintergebäude von 4

(Schwelle mit gotischem Laubstab). Franziskanerstrasse: 9 (Schwelle

mit Laubstab). 23—24 (1544). +29.

30. 33—34. 49. Am Frauenhause: 6. Gerberstrasse: 10 (Schwelle mit

Laubstab).

Gröperstrasse: 16. 18.

Grudenberg: 6.

Harsleberstrasse: Hinterhäuser v. 8.

Hoherweg: 13 (Schwelle mit Laubstab).

Holzmarkt: 3 (1552). 22. 23 (Schuh- macherwitwen- und -Waisenhaus).

Johannisbrunnen: 25. 26. Li eilten graben: Ecke Hoherweg (s. oben). 8.

K ü hl in ger Strasse: 18 (1528? Schwelle mit Laubstab; Thürsturz desgleichen). 31 (linke Hälfte).

Judenstrasse: 25. 32.

Krebsscheere: 2.

Martiniplan: 31. 32.

Ochsenkopfstrasse: 7 9.

Hinter dem Richthause: G (die Fächerrosetten teilweise in ganze oder dreiviertel Kreise übergehend). 7-9

(s. 0.).

Rosmarinstrasse: 4. Sackstrasse: 2. Schmiedestrasse: 13. Schuhstrasse: 7 (1553). IL 13. 27. Seidenbeutel: 1. 2. Tränkethor: 5. Vogtei: 5,

Westendorf: 2 (1557). Wort: 1. 13.

Schiffskehlen :

Kulkstrasse: 23. 31. Lichtengraben: 13. 14. Martini plan: 8. +25. 28. 29. 30. Hinter der Münze: 19. Ochsonkopfstrasse: 7 (Schwellemit

Laubstab). Paulsstrasso: 14. 17. Ritterstrasse: 7—8. 10-11. 13

(Schutzbretter). Rosmarinstrasse: 1. Sackstrasse: 20. Bei den Spritzen: 8. Steinhof: 14—15. Taubenstrasse: 7. 13. 25. Tränkethor: 1 (mit Schutzbrettern).

2 (.Schutzbrettor jetzt beseitigt). Trüllgasse: 2. Vogtei: 8. U. 27. 46. Unter den Weiden: 7. Weingarten: 29 (obere Schwelle mit

durchlaufender Schnürrolle). AVestendorf: 50. Wort: 6.

^ Das -\- bedeutet, dass das betr. Haus sich in zwar stilistisch noch bestimmbarem, aber verdorbenen Zustande befindet.

Halberstadt (Wohnhäuser: B. Fachwerkhäuser Statistik)

495

c) Ganz verdorben sind: Abtshof: 9. Bakenstrasse: 58. Klein-Blankenburg: 6 (1528). 7. Göddenstrassei 28 (1541). Grudenberg: 3 (s.o.). 4. Höh er weg: 19. 40. Johannisbrunnen: 5. Kühlingerstrasse: 9. 12. 29 (1569). Lichtengraben: 9. Liehtwerstrasse: 2 (Schwelle mit

Martiniplan: 6. 9. Hinter der Münze: 4. Ritterstrasse: 1. 6. Schuhstrasse: 3. 34. 38. Bei den Spritzen: 13. Vogtei: 16.

Westendorf: 16 (mit Inschrift in go- tischen Buchstaben : $ . xtM . t\$X\üt .

uft . utni . ttm . iiocr . fehlt bei

Scheffer).

Laubstab).

IIL Zur dritten Periode:

a) Konsolen gerollt; Schiffskehlen; Balkenköpfe mit Masken oder gerollt:

Antoniusstrasse: 17. Bakenstrasse: 11.

Breiterweg: Hofgebäude von 25 (mit Galerie; alte Fenster).

Burgtreppe: 3.

Franziskanerstrasse: 38.

Güddenstrasse: 26 ( 1554, hat Fächer- rosetten).

Georgenstrasse: 7.

Gröperstrasse: 55 (nur an der Front nach der Ochsenkopfstrasse noch im alten Zustande). 63.

Harsleberstrasse: 6 (1589). 7 (Thor- fahrt von 1590). 15 (Fächerrosetten). Holzraarkt: 21. Johannisbrunnen: 19.

Judenstrasse: 26.

Krebsscheere: (mit vielen Wappen, ehemaliges Innungshaus, sogen, alter Marstall, s.o.).

Kulkstrasse: 4 (Mauerrest eines steinernen Gebäudes. Über der er- haltenen Thür steht: C. A. D. 1602.).

Lichtengraben: 15 (s.o.). Liehtwerstrasse: 3. Paulsplan: 15. Paulsstrassc: 13. Taubenstrasse: 5 (s.o.).

Westendpr^: 44— 45(1588, mit langen Konsolen und überhaupt altmodisclien Formen).

Wort: 3 (1614).

b) Mit Blendarkaden, die übrigen Merkzeichen wie vorher:

Abtshof: 21.

Beginenstrasse: 7 (1609, auf der Saumschwelle Abbildungen von Weber- geräten).

Breiterweg: +20 (an der Front nach der Kuhgasse unbeschädigt; Schwellen mit Renaissancelaubstab).

Gröperstrasse: 56 (nur an der Seite nach der Ochsenkopfstiasse nocli im alten Zustande; obere Schw^elle mit gotischem Laubstab).

Harsleberstrasse: 9 (1640; gestreckte Konsolen). 10 (1618).

Hoheweg: 1 (1594 ; Hausflur ursprüng- lich). 2 (1620; Hausflur und Treppen ursprünglich). 51 (1622).

Holzmarkt: 8(1576; Dreieckkonsolen mit Figuren: Landsknecht, Christo- phorus, Simson).

Kühlingerstrasse: 28 (1600; unter- halb der Blendarkaden ein über die ganze Front laufender Streifen mit Akanthus). 30(1599). 31 (roclite Hälfte).

Kulkstrasse: 34 (1601). Liehtwerstrasse: 7. 8. Hinter der Münze: 14. 15. Paulsplan: 16 (s.o.). Paulsstrasse: 8. Das Richthaus. Hinter dem Richthause: 1. Schmiedestrasse: 17. 18. Schuhstrasse: 1. 31 (teils lange, teils gerollte Konsolen).

496 Halbersfödter Stadtkreis: Halberstadt (Wohnhäaser: B. Fachwerkhäuser Statistik)

c) Ganz verdorbene Häuser:

Holzmarkt: 16 (1618). Johannisbrunnen: 24 (Ständer verziert).

IV. Zur letz

Abtshof: 7.

Antoniusstrasse: 9. 15. 19. Bakenstrasse: 3. 8. 9. 21. 22. 23. 24

(1687). 44. 48. 61. 66. 67 (1679). Beginenstrasse: 3. 4. 5. 13. 14. Klein-Blankenburg: 1. 8. Breiterweg: +2. +5. +6. 8. +9.

+ 12. +13. +23. +28. 29. 33. 34.

41. +48. +49. 50 (1668; ohne Kon- solen). 52. +54. +65. +57. 59. + 61. +62. +63. 64.

Hinter- und Seitengebäude von: 69—70. Seitengebäude von: 18. 24. 49. 65. Seitengebäude und Hinterfront von: 53. Dominikanerstrasse: 7 (1710; ähn- lich aber zierlicher als Vogtei 40). 8. 13. 28. Dom platz: 11. 27 (Haus des Dichters

Klamer Schmidt 1745—1825). Düsterngraben: 11. 32. Fischmarkt: +4. 5. Franziskanerstrasse: 20. 22.35.41.

42. 43.

Am Frauenhause: 3 (1704). 4. 5. 9. Georgenstrasse: 7. 13. Gerberstrasse: 14. 16. Göddenstrasse: 6. 11. 12. 25 (1697). Grauer Hof: 3. 4. 5. 6. 7. 8. 22. 23.

24. 29. 30. 31. 32. Gröperstrasse: 10. 15. 21 (1700). 23.

26. 29. 66. 69. 70. 71. 73. 76. Grudenberg: 8 (1697). Harsleberstrasse: 4. 16. Holzmarkt: 2. 15. Johannisbrunnen: 15 (Füllhölzer u.

Balkenköpfe mit Eierstab). Judenstrasse: 1. 7. 8. 9. 11. 12. 13.

19. 20. 21. 22. 35. Kämmekenstrasse: 8.

ten Periode:

Kornstrasse: 4. 5. 7. 9. 11(1650). 12. 16.

Krebsscheere: rechts (1670).

Kühlingerstrasse: Ecke hinter der Münze. 17 (1652; lange Konsolen und Schiffskehlen). 32. Hinterhaus von: 8 (1652).

Kulk: 6. 10.

Kulkstrasse: 14. 15. 16. 17. 18. 19. 25. 29. 30.

Lichtengraben: 10. 11. 12. 17 (Por- tal des 18. Jahrh. zur Spiegerschen Kurie gehörig).

Lichtwerstrasse: 6. 10.

Martini plan: 36. 38 (1699). 39.

Michelshagen: 2. 3. 5.

Hinter der Münze: 2. 18 (1653).

Oclisenkopfstrasse: 1. 2. 6. 10.

Paulsplan: 21. 22.

Paulsstrasse: 5. 10 (1669, ohne Vor- kragung). 11. 15. 16 (1687). 18 (Schwelle und Füllhölzer mit Eierstab). 19 (Füllstücke mit Blumengehängen, oben mit Lambrequins).

Petersilienstrasse: 2. 3. 7. 8.9. 10. 11. 12. 14. 15. 16. 17. 19.

Pfahlgasse: 2. 3. 4. 5. 7. 8.

Hinter dem Richthause: 2. 3. 4.5.

Rosenwinkel: 2. 3. 4. 5. 8. 11. 14.

Rosmarinstrasse: 5. 7.

Haus in der Sackgasse.

Sackplatz: 1. 3. 5. 8. 9. 10.

Sackstrasse: 4. 8. 9. 10. 11. 12, 13. 15. 16. 17. 23. 24. 27. 29. 31. 33.

Schuhstrasse: 4 7a. 8. 9 (1688). 15.

19. 20. 21. 22. 29. 36. 37. 39. 48. 49.

50. 51. 52. 53. Schulstrasse: 2. 3. Seidenbeutel: 3. 4 (1696). 5. 6. 8

(1700). 9. 11. 14. 19. 21. 23. 24.25.28.

]

Halberstadt (Wohnhäuser : B. Fachwerkhäuser Statistik) 4d7

Bei den Spritzen: 1. 3. 6. 17. 19 Unter den Weiden: 41. ^

(1688). Weingarten: 1. 8. 10. 19. 21. 22. 23.

Steinhof: 2. 5. G. 16. 24. 25. 26. 28 (1697). 30. 31.

Unter der Tanne: 8. 10. Westendorf: 2. 5. 11 (1666). 22. 24.

Taubenstrasse: 8. 30. 39. 52. 54. 55.

Tränkethor: 10. Hofgebäude von: 16 (1657).

Vogtei: 1. 4. 9. 12. 40 (s. oben). 42. Wort: 4. 7 (Füllhölzer mit Eierstäben).

52. 53. 10. 12. 14 (1662).

Prismatische Balkenköpfe und Zahnsehnitte:

Bakenstrasse: 36. Ilarsleberstrasse: 5. 13.

Breiterweg: 53. 65 (1672). Judenstrasse: 33.

Dominikanerstrasse: 3 (1671, mit Lichtwerstrasse: 9. 12. 21.

vier Fenster breiter Auslucht; sehr Peterstreppe: 4. 5.

stattliches Haus). Bei den Spritzen: 20.

Düsterngraben: 3. Taubenstrasse: 22.

Gerberstrasse: 12. Westendorf: 23 (s.o.). Gröperstrasse: 24. 72.

V. Ältere Gebäude, deren Zuerteilung an eine bestimmte Periode .wegen zu starker Verderbnis nicht möglich ist, über- wiegend jedoch jedenfalls der letzten Periode angehörend:

Abtshof: 11. 20. Hinter der Münze: 1.

Bakenstrasse: 5. 15. 33. 34. 49. 50. Ochsenkopfstrasse: 12.

53. 54. 55. 57. 59. 65. 74. 75. Paulsplan: 7. 9. 10. Beginenstrasse: 1. 2. 8. 9. Paulsstrasse: 7. Klein-Blankenburg: 2. 5. 45. 46. Ritterstrasse: 12.

47. 48. Rosenwinkel: 12. 15. 17.

Dominikanerstrasse: 21. 26. 27. 29. Rosmarinstrasse: 1. 2. 6.

Düsterngraben: 16. 17. 30. Sackplatz: 2.

Fischraarkt: 6. 7. 8. Sackstrasse: 7. 32.

Franziskanerstrasse: 10.26.28.31. Schmiedestrasse: 1. 2. 3. 4. 5. 10.

Am Fraiienhause: 2. 11. 12. 15.36.

Gerberstrasse: 3. 8. 13. Schuhstrasse: 5. 6. 12. 18. 28. 30.

Göddenstrasse: 22. 41. 42.

Gröperstrasse: 8. 9. 20. 35. 60a. 75. Seidenbeutel: 7. 10. 20.

Harsleberstrasse: 18. Bei den Spritzen: 2.

Hoherweg: 10. 12. 18. 25. 28. 29. 30. Taubenstrasse: 9. 10. 20.

35. 38. 39. 45. Tränkethor: 8.

Johannisbrunnen: 2. 3. 4. 6. 7. 9. TrüUgasse: 12. 13. 14. 15. 16.

23. 27. 28. 30. Vogtei: 2. 3. 10. 14. 15. 17. 18. 19.

Judenstrasse: 4. 24. 41. 45. 48. 49. 50. 54. 55.

Kornstrasse: 3. 6. 13. Unter den Weiden: 5. 6.

Kühlingerstrasse: 8. 10. 14. 19. . Westendorf: 4. 17.21.26. 32.46.47.

Lichtengraben: 2. 4. 18. 48. 49. 53. 56.

Dichtwerstrasse: 5. Wort: 3.

Martiniplan: 12. 26. - .

Kiels Halbentadt. 31

Halbentädter Stadtkreis: Oilberatadt (Saamlungen)

Litteratur: C. Lachner, Die HolEarchitektor Halberatadta. ZdtMhrift für faiUeade Knnat XIX (1884), ITOff. 212fr. mit Abb. von Fragmenten folgender B*aten: BraitenregSO; Holzmarkt 24; Batakeller; Wwtendorf 25 ; Fleichmarkt 1.11.12; DOBtemgraben 13; Franzi«- kanerBtnuwe 12; RoUmHrkt 23; Hinter der HOnze 19; Harakberatrasae 15; Liditengrabeo 15; Han)leber«traB»e6.8,9; Breiterweg 20; Schuhfaof; HolunarktS (Sadfront); BcbmiedestruBelT: Bakenatnwee *A; Weetendorf 23; Breiterw«^ 54. Liebotd, Die mittelalteH. HolE&rddlektm in Niedersachsen. Boetticher, Die Holzarcbitektur dea Mittelalters, 1843. Cuno nnd Schftfer, Holzarcbitektur vom 14.— 18. Jabrb. ^le, Allgemeine Baazdtung voa Fonter, Wien 1845. Kallenbach (vervcbiedene Werke).

Verschiedenes

Sammlungen Die städtische Sammlung im Gleimhause, einem hübschen VaA- werkbau des 16. Jahrhunderts, hinter der Nordostecke des Domchores b^egaa,

ist bisher nicht katalogisiert. Sie enthält die Bibliothek (gegen 9000 Bande) und die SunmlimgeB (dabei etwa 370 Handw^usRoi) des Dichters Qleim, wek^er vm 1747 bis l?CQ hier wohnte. Be-

berühmter für viele d selbst die I Künstlern , beiteten, s Tischbein Ausserdem Sammlung untergebrai einer Bibtio einigen Sc deren Eunt zen, Meda pfarrer I reichen San

Gebäude ai

Stadt, vorgeschichtlichen GcgM *"'K227. ständen, welche zum Töl b

Halberstadt selbst gefunden änä u. 8. w. Als Beispiel sei hier ein ausgezeichnetes gotisches Madonnenbiid mit- geteUt {Fig. 227.)

Halberstadt (Samnlnngea)

500 Ualberst&dter Stodtkr^: Halberatadt (Saminlun^n Brannen)

Eine GeraUldesanimliing befindet sicli in der Spiegel'schen Kurie.

Sie enthält hauptsiichiicli moderne Stücke, darunter den „Tod der Sötine Eduards"

von Hildebrandt.

Erwäliniing verdient ferner die Heclit'sclie Sammlung, welche einen

reichen Schatz von Urkunden, Siegeln und Büchern umfassen soll.

Von der Nebe'schen Sammlung ist oben beim Dome (pag. 299) gesprochen worden.

Im Domgyninasiura befindet sich eine sehr wert- volle Bücher- und Handschrif tensaniralung, hervorgegangen aus der von Matthias von .Oppen ge- stifteten und gesammelten Dombibliotliek. Ihre An- fänge waren schon früher vorhanden ; so werden wert- volle, in» Chore aufbewahrte Schriften 1427 erwälmt. Die Bibliotheken amlerer Stifter wurden neuerdings damit vereinigt, doch ist vieles nach Magdeburg und nach Halle gekommen. Auf die einzelnen zum Teil sehr beachtenswerten Schriften einzugehen, wünle hier zu weit führen. Doch wird es im Zusammenhange dieses Buches interessieren, wenn hier ein in Pressung von braunem Le<ler aii.sgoführterHandschrifteneinband aus spätronuinischer Zeit abgebildet wird. (Fig.22H.) Das abgebildete I stammt aus einem romanischen Kodex der Sammlung. (Pig, 229.)

Brunnen In erster Linie ist zu erwähnen der auf dem Holzmarkte, welcher lange Zeit trocken stand, jetzt aber aufgefrischt und seiner Bestimmung wiedergegeben ist. (Fig. 230.) Er besteht aus einem nchteckifi^n sandsteinemen Becken. Die Ecken sind durch kräftige Yulutq;! hervorgehoben, die mit Akanthusblättem ge- schmückt sind. Die Fullplatten zeigen schöne halb- erhabene Bliunen- und Fruchtstucke an Büsdem hängend. Der kräftig vorspringende, obere Rand des Beckens ist, dessen Ecken folgend, verkröpft. In der Mitte stand früher eine hölzerne, jetzt eine steinerne Säule, innerhalb deren die Wasserröhro emporsteigt Der Ausfluss geschiebt durch die Mäuler von vier Delphinen, weiche mit ihren um eine Mittelsäule in die Höhe gekrümmten Schwänzen eine auf einer Deckplatte ruhende Kugel tragen. Schon am Anfange fies 16. Jahrh. scheint an dieser Stelle ein Brunnen gestanden zu haben. In den ungedrnckten Urkunden des Liebfrauen- und Johaniiisstiftes finden sich Erwähnungen, wolcho sich auf ihn deuten lassen. [Daselbst ist Buch 1506 von einem Brunnen die Rede, welcher der Treppe zum Rathause gegenüber- stand, sieh also wohl auf dem Fischmarkte befunden hat.) Ein zweiter erwSIinens- werter Brunnen steht auf dem Platze, welcher danach Johannisbninnen genannt wird. Er ist sonst wertlos und neu, aber gekennzeichnet durch die oben auf-

Fig.229.

Halberetadt (BrnnneD) 50t

gesetzte kleine höizerDe bemalte Figur Jobannis des Täufers, aus dem 16. Jahr- hundert: stammend.

[Strassenbrunnen werden gleichzeitig mit Klage über ihre häufige Ver- unreinigung im Mittelalter wiederholt erwähnt]

502 Halberstädter Stadtkreis : Halberstadt (WachtQrme Mühlen Liebf rauenkapelle)

^ Ansserhalb der Stadt

[Die Stadtflur, im Mittelalter breda, die Breite, genannt, bietet in alter Zeit die Namen einer ganzen Anzahl von Flurstätten. Am häufigsten erwähnt ist die lüttge Mark beim Assebach, deren Zehnter 1289 vom Bischöfe an das Lieb- frauenstift überwiesen wurde ; sodann die Withecke, welche zuerst den Edlen von Quenstedt, dann der Stadt, dann den Templern gehörte und von ihnen 1306 samt ihrem übrigen Besitz verkauft wurde. Genannt werden noch das immen- dal 1311; die gosewort am Stadtgraben 1392; ein Ort by deme nygen pylre na unser leven vruwen berge in der Nähe des Landgrabens 1452; auf dem rode 1492; der Sperlingsberg 1493; die rabane 1495 und öfter; das Kaiserreich oberhalb der Mordmühle 1^95; die domherrnkule 1606.

Vor dem Thore von St. Johannis lag der Gerichtsort Wardeho.

Wiesen und Gärten gab es vor der Stadt verschiedene, von denen die Tanzwiese, danswische, häufiger erwähnt wird. Auf ihr befand sich ein steinerner Turm. Obst- und Hopfengärten gab es in Menge.

Solcher Wachttürme werden in der Halberstädter Flur im 15. Jahr- hundert mehrere erwähnt, darunter der von einer Mauer umgebene braun- schweigische Turm (1420).]

Auf den Thekenbergen stand ehemals die sogen, kalte Warte, von welcher noch Mauerreste vorhanden sind.

Mord-, Gerichts- und Grenzsteine. [„BeidenKreuzen von St Johann" 1507.] In der Nähe des Hoppelberges, am sogen. Tönnigsberge steht noch ein Stein, etwa anderthalb Meter hoch, mit der Inschrift: tön f an. 1537. Zwei Grenzsteine mit dem Stadtwappen und der Zahl 1728 stehen am Wegelebener Wege. Alle übrigen Grenzsteine sind bei der Separation verschwunden.

[Bei einer Mühle an der Holtemme gab es im 13. Jahrhundert Steine, auf welchem bei den Prozessionen am Mittwoch vor Himmelfahrt die Reliquien niedergelegt und woselbst Lieder gesungen und Psalmen gelesen wurden. Die vom Dome ausgegangene Prozession ging dann nach dem Johanneskloster und betrat beim Burchardithor die Stadt wieder.

Von Mühlen werden erwähnt die Kaisermühle (molendinum caesaris) süd- lich der Stadt 1313; die Klostermühlo 1324, beiWchrstedt gelegen, auch Warm- holzmühle genannt» die Spital mühle oberhalb der Stadt 1384; die Rossmühle (by den pawelern); Magdeburger Mühle; Mühle zu St. Nikolas; Mühle zu St. Johannes; die Wicholtraühle ; die Pfortenmühle 1400, letztere beim Bonifatiuskloster gelogen und öfter erwähnt; die Mordmühlo südlich der Stadt an der Holtemme 1422 und öfter; die Ölmühle vor dem Gröperthore, in städtischem Besitze 1438; die Wassermühle vor dem Burchhardithor 1490.] Noch übrig ist die am Fusse der Klus (s.u.) belogene Molkenmühle, eigentlich mulleke, d.h. Mühlchen, wonach der jetzige Name eigentlich eine Verdoppelung desselben Namens ist; sie ist schon 13(53 erwähnt. Sie gehörte dem Kloster Münzenberg; 1443 erhielt sie der Rat von Halberstadt zu Lehn, der sie 1445 einem Bruno v. Hagen in Erbenzins gab.

[Auf dem vor der Stadt in der Nähe des Landgrabens belegenen Marien- berge stand, schon 1214 erwähnt, eine Liebfrauenkapelle, von welcher öftere

Halberstadt (Liebfrauenkapelle Schlitzenhaas Gleims Garten Klos) 503

Nachrichten verlauten. Erwähnt wird der Altar St. Pauli, Lauren tii et Cyriaci auf der linkfen Seite in der Kapelle, welcher 1442 von Burchard von Mahrenholz, dem Bektor der Laurentiuskapelle (s. o.), gestiftet worden war. Von Ausstattungs- gegenständen werden ausserdem genannt Messbuch, Messgewänder, Kelch und Lichter.]

Dicht bei den Bullerbergen, also bei der Wüstung Bossleben (s. o. p. 8), befindet sich der Schützenwall mit dem Schützenhause, Eigentum der gegen 1500 entstandenen Schützengildschaft, welche 1543 vom Bäte bestätigt wurde. Das Schützenhaus erfreut sich noch jetzt des Besitzes vieler Urkunden, welche auf die Geschichte der Gesellschaft Bezug haben, sowie von allerlei Kostbar- keiten. Yon diesen sind in erster Linie zu nennen eine Anzahl von in Schmelz- farben ausgeführten Glasmalereien des 17. und 18. Jahrhunderts (die älteste von 1609, die jüngste [abgesehen von den modernen Zuthaten] von 1738), durch- gangig Wappen von Vorständen und Mitgliedern der Schützengesellschaft. Die wertvollen Scheiben sind in den sieben Fenstern des grossen Saales im Ober- stockwerke untergebracht, in der Weise, dass jedes Fenster immer ein grösseres Wappen und um den Rand herum 11—13 kleinere enthält. Unter letzteren be- finden sich eine Anzahl aus ganz später Zeit, welche überhaupt ohne Anwendung von Farben durch Einschleifen der Zeichnung hergestellt sind. Die neuen Er- gänzungen auf Kathedralglas passen leider zum Charakter der alten Malereien nicht genügend. Die Wappenscheiben sind interessant und wertvoll wegen der vielen Hausmarken und Familiennamen und bilden als seltene Vertreter der spätesten Glasmalerei dieser Gegend ein wertvolles Studienobjekt. Von anderen wertvollen Gegenständen sind zu nennen drei silberne Becher modemer Arbeit. Ein Willkommenbecher von 1618 ist leider abhanden gekommen. Nach einer Nachricht vom Ende des 18. Jahrhunderts zeigte er schöne getriebene Arbeit, wog 4 Mark und 1 Lot und war 20 Zoll hoch. Ferner existiert eine alabasterne polychromierte Pieta, Höhe 30 cm; unten die Umschrift „dat Marien beide is gewiget (d. h. geweiht) in de ere von unser lewen fruwen do man schroff dusent drehundert im sesteynten jare na der bort goddes." Es war ein für den Katha- rinenaltar der Johanniskirche bestimmtes Geschenk eines angeblich pomesanischen Bischofes. Dadurch, dass die Mariengilde sich 1531 mit der Schützengilde ver- einigte, kam dieses ihr Eigentum in den Gebrauch der letzteren.

Gleichfalls in der Nähe der Stadt, vor dem Gröperthore, befindet sich Gleims Garten, ehemals mit seinem „Hüttchen,^^ d. h. seinem Sommerhause, dessen Tapeten mit den eigenhändigen Namen und anderen Autographen seiner Freunde bedeckt waren. Das Obergeschoss des 1846 abgebrochenen Hauses ist in der Huy Strasse 9 im Garten wieder aufgebaut. In Gleims Garten befindet sich sein und seiner Nichte Dorothea Grabmal, von Urnen umgeben, auf denen Namen von Freunden und Dichtungsgenossen Gleims verzeichnet stehen.

Gleichfalls wie die Molkenmühle dem Kloster Münzenberg angehörig, war die in den Sandsteinfelsen der südlich von der Stadt hinziehenden Hügelkette befindliche K 1 u s mit ihrer Kapelle (de geistliken capellen und klus bowen der mulleken 1420). Die steil aufragenden Sandsteinfelsen sind hier, wie auch bei Langenstein und auf dem Regenstein, seit Urzeiten zu menschlichen Wohnungen ausgehöhlt worden. Vorgeschichtliche Funde sind bei der Klus häufig. In

504 HalbarstUtor Stadtkreis: Halbentadt (Eins Spiegrieberge: JagdsehlosB)

christlicher Zeit dionte sie mit ihrer Kapelle als EinBiedelei , hatte aacb 1516 eine Brüderschaft, welche von den Ilirten der Gegend begründet war. Der kleine Kaum, welcher als Kapelle gedient hat, ist kenntlich an einem aits der Wand herausgemeisselten , leider nur noch in schwachen Sparen erhaltenen Kruzifix. Eigentliche Architektur fehlte gänzlich. Die Dotubauhiitte hat im Mittelalter zu der kleinen Kapelle nähere Beziehungen gehabt An einer Stelle der Felsen sind eine Menge von den Steintnetzzcichen eingemeisselt, welche sich auch im Dome wiederfinden.

Westlich von den Klusbergen in gleicher Richtung streichend, befinden sich die Spiegelsberge. Ihre Höhen, welche eine weite Aussicht nach der Stadt und dem Harze eröffnen, hat Ernst Ludwig Christoff Freiherr v. Spiegel zum Diesenberg (geb. ii2. Februar 1711, Domherr zu Halberstadt seit 1731, gestorben 22. Mai 17ti6, sein Bildnis auf der zu seinem 50jährigen Jubiläum geprägteg Medaille ist hier abgebildet [Fig. 231]) angeforstet und durch Erbauung voaLost-

Fig. 281.

häusern und zahlreichen anderen architektonischen Schmuck zu einem prächtigeii Ausflugsorte der Halberstädtcr umgeschaffon. Er begann damit gleich nach Beendigung des siebenjährigen Krieges. Von den Baulichkeiten ist die wicbti^te das auf der höchsten Erhöhung des Bergrückens befindliche Jagdschloss, dessen Bau 1769 begann; 1782 wurde es eingeweiht Es zeigt einfache Rokoko- formen und wie alle von Spiegel hier aufgeführten Bauten Verzierungen, welche in phantastischer und dabei doch naturalistischer Art die Kunsterzetignisse mit dem Charakter der Landschaft verschmcl7X)n sollen. Zum Teil ist dies auch mit gutem Geschick erreicht, wie denn namentlich der Übergang der Architektur des Jagdschlosses, sowie der des weiterhin zu erwähnenden Aussichtsturmes in den umgebenden natürlichen Felsen vortrefflich zwanglos gelöst ist Die Wände sind gequadert, die Fenster rundbogig. Nach der Nordseite führt im Ober- geschosse ein Balkon mit schönem schmiedeeisernen Gitter ins Freie. Auf der Südseite führt eine Freitreppe zum Jagdsaale und zu zwei kleineren Zimmern. Von hier aus führt eine schöne Wendeltreppe zum Dachgeschosse. Der Keller des Jagdtschlosses beherbergt ein Riesenfass von gegen 1330 hl Inhalt, welches 1594 Bischof Heinrich Julius durch Michael Werner aus Landau, der auch das Heidelberger Fass erbaut hatte, herstellen liess. Es war im bischöflichen Schlosse

Halberstadt (Spiegelsberge : das Jagdschloas Denkmftler Anssichtstann) 506

zu Groningen untergebracht Als dieses im 18. Jahrhundert in Verfall geraten war, erwarb Spiegel das Fass, und vielerlei Skulpturen und andere Werke zur Wiederauf Stellung auf einer seiner Besitzungen. Unter den erworbenen Schmuck- stücken befand sieh auch das Portal xum Kellereingange (Fig. iJ32}, welches oben von den Wappen des Herzogs Heinrich Julius und seiner zwei Gattinnen, der Prinzessin Dorothea von Sachsen und der Prinzessin Elisabeth von Dänemark, bekrönt ist. Das Portal tragt die Jahreszahl 16Ü6 und zeigt eine feine Kenaisäance- architektur mit sehr zierlichen Urnamenten. Rechts und links davon sind die Treppenwangen mit lagernden Löwen geschmückt. Unterhalb des Jagdschlosses

Fig. 232.

auf der Nordseite befinden sich zwei tiefe halbkreisförmige Grotten, über der einen das Spiegel'sche, über der anderen das v. Rochow'sche Wappen. (Seiten- ansicht Fig. 233.)

Unweit des Schlosses steht eine Säule, Spiegel zu Ehren errichtet von einem setner Vorwandten. Ein eingomeisseltcs Gedicht preist die Verdienste Spiegels als des Verschönerers dieser Gegend in überschwenglichen Worten.

Ein anderes Freundschaf tsdcnknial ist die sogenannte Heinrichshöhe, eine kleine Grotte, oberhalb deren ein Hirsch vor einem aus Stein gehauenen Baura- stamme liegt. Dicht hierbei steht ein Aussichtsturm in Gestalt eines sechs- eckigen, auf felsenartigem Unterbau sieh erhebenden, von einer Kuppel gekrönten kleinen Tempels. Sein Gewölbe ruht auf Konsolen, welche menschliche Masken darstellen. Die verkröpfton Ecken sind aussen mit Säulen verkleidet. Unterhalb

5C6 Klbeisiadter Stadtkreis: Hallwratadt {BpiegelBbeTge: Grotten)

dieses Tempels sind eine Anzahl von Nischen und Grotten in den Felsen ge- arbeitet, darunter eine südlich, welche einem Freunde Spiegels, dem General Ton

Halberstadt (Spiegelsberge: Einsiedelei Badebaus Spiegels Grab) Schlussblick 507

Erlacb, gewidmet war. Allenthalben sind die natürlichen Felsen und die sie nachahmenden Quadern belebt von einer Unmenge der verschiedensten vier- füssigen und geflügelten Tiere, und Köpfe von Waldgöttern schauen aus dem Gestein. Auch sonst noch finden sich hier und da Grotten und Ruhesitze. Ver- mauert ist jetzt der Eingang zu der Einsiedelei, welche zahlreiche Reste von Statuen enthält, die ehemals allenthalben standen. Ganz verschwunden ist auch das Badehaus; es musste 1820, weil es allzu baufällig war, beseitigt werden. Erwähnung verdient noch Spiegels Grab, in Form eines sechseckigen gekuppelten Tempels, oben geschmückt mit den Figuren des h. Stephanus und Laurentius, auf der Spitze mit einer Urne, welche mit Flachrelief darstellungen bedeckt ist. Ein schmiedeeisernes Gitter, von Sandsteinpfosten gehalten, umgiebt dies Grabmal. Es ist von Spiegel selber erbaut; sein Sarg, welcher nach einer in der Franzosen- zeit geschehenen Störung jetzt sein Gebein, wieder birgt, ist von aussen zu sehen* Das Grab bildet an jedem 22. Mai den Mittelpunkt einer Erinnerungsfeier.

Gleichfalls auf diesen Bergen befindet sich, jedoch verschüttet, die Statue der Dichterin 'Karschin.

Leider trägt alles deutliche Spuren des Verfalls, zu welchem die allzu weiche Beschaffenheit des Sandsteins beiträgt.

Schlussblick

Der ausserordentliche Reichtum und zum Teil zur äussersten Höhe künst- lerischer Bedeutung sich erhebende Wert der Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Halberstadt, welche dieses Buch zu betrachten und mit möglichster Voll- ständigkeit darzustellen hatte, ist die Frucht der von Anfang an infolge geo- graphischer Lage und politischer Bedeutung besonders bevorzugten Stellung des Bistums, welches sich eine seit uralter Zeit stark besiedelte Stätte zum Sitze erkor. Der Glanz der bischöflichen Regierung, in Krieg und Frieden gleich hervorragend, die Kraft und der Trotz des neben ihr erstarkenden Bürgertums und der rührige Wettstreit beider Mächte führte zu den fruchtbarsten Ent- faltungen auf dem Gebiete des gesamten Kulturlebens, und der mächtige Einfluss solches vielseitigen Strebens äusserte sich, bis auf den heutigen Tag bemerkbar, auch in den kleinen Ortschaften des ländlichen Bezirkes. Den glänzenden Aus- gangspunkt nahm die Entwicklung der Kunst im Halberstädter Gebiete von dem Mittelpunkte ihres kirchlichen Lebens, dem Dome der Stadt, dessen wechselvolles Geschick an seiner Stelle geschildert worden ist. Wie er in seinem Innern die kostbarsten Schätze noch heute birgt, welche die Bischöfe im Eifer für die Religion und für ihre eigene Macht gesammelt hatten, so bietet er an seinen Bauteilen einen Schatz an Ornamentik, in seiner gesamten Erscheinung aber einen solchen von grossartigen architektonischen Gedanken, und sein Studium hat vorzüglich dazu beigetragen, die Baumeister der Halberstädter Gegend anzuregen, nicht zur Nachahmung, sondern zu selbständigem, grosszügigem Erfassen ihrer Aufgaben. Jeder, der verständnisvollen Blickes sich dem Halberstädter Dome naht, sein Inneres betritt, kann bestätigen, wie bei jeder neuen Betrachtung sich

508 Schlussblick

Neues aufthut, wie die edlen Verhältnisse und die mit herrlichem Geschmacke entworfenen Einzelheiten immer wieder eine gesteigerte Wirkung thun und das Verständnis für sich selbst und für andere Kunstwerke fördern. Neben dem Dome erwachsen schon in romanischer Zeit stattliche Kirchenanlagen: in Halber- stadt die Liebfrauenkirche, St Moritz, St Paul, StBurchardi; in Derenburg, in Deersheim, in Osterwieck, in Stötterlingenburg Stadt- und Klosterkirchen, alle stolz mit zwei Türmen gen Himmel weisend, Liebfrauen in Halberstadt als einziges Beispiel dieser Gegend gar mit vieren. Auf dem Lande aber herrscht in romanischer Zeit eine emsige Bauthätigkeit Allenthalben erstehen die Kirchen mit dem schweren Turme von rechteckiger Grundform und zumeist ohne "West- eingang, alle nur in Glockenhöbe mit kleinen Sundbogenfenstem, einzelnen oder gekuppelten, die von fein gezeichneten Zwergsäulen getrennt sind. Die Archi- tektur der romanischen Bauten ist durchgehends einfach und edel in den Ver- hältnissen und erhebt sich in der Halberstädter Liebfrauenkirche zu einer sonst in dieser Gegend nicht wieder erreichten Erhabenheit, welche sie im Verein mit den ausgezeichneten Bildwerken in ihrem Innern als eine kunsigeschichtliche Erscheinung vorzüglichsten Banges darstellt

Nicht minder wichtig als diese älteste Kunstperiode ist für Halberstadt und seinen Bezirk die Zeit der Gotik geworden Der Dom entwickelt sich nach alten Baugedanken, aber in neuer Selbständigkeit Es erwachsen zu gleicher Zeit die Martini-, die Andreas-, die Katharinenkirche, und ein grossartiger Umbau der Kirche St Paul wird begonnen, ohne zu Ende geführt zu werden. Überall hoch- strebende edle Bauformen, ein Ringen nach freier Bewegung, nach Luft und Licht, welches durch herrliche Olasgomälde bunten Schimmer ins Innere strahlen lässt Welch einen Anblick müssen sie geboten haben, ehe die Zeiten der Trübsal und des mangelnden Kunstverständnisses über sie hereinbrachen, ehe die Glasgemälde zertrümmert, die Wandmalereien übertüncht, die geschnitzten Altäre verschleppt" und zerschlagen, die von der Frömmigkeit der Vorfahren gestifteten Schmuckstücke verstreut wurden. Nur unvollkommen ist der Begriff, welchen die erhaltenen Koste vom einstigen Glänze zu geben vermögen. Was erhalten ist, haben wir erwähnt; die Inhaltsangabe dieses Buches stellt es noch- mals übersichtlich zusammen, sodass an dieser Stelle des Einzelnen nicht gedacht zu werden braucht Übersehen wir aber die Zusammenstellung, so muss es erfreuen, dass, alles zusammen genommen, doch noch eine erhebliche Menge von Kunstwerken aller Arten und aller Zeiten gerettet worden ist Noch rühmt sich Stadt und Kreis Halberstadt vieler Schnitzereien und Steinbildwerke, kostbarer Malereien an Wänden und auf Tafeln, wertvoller Taufsteino, Orgeln, Kanzeln, mancher Glasmalereien der besten Zeit, kostbarer Erzeugnisse der Webekunst, vorzüglicher Metallarbeiten und um von den vielen anderen nur noch eins zu erwähnen, eines grossen Schatzes älterer und neuerer Glocken. Ja, man war künstlerisch betriebsam im alten Halberstadt, das zeigt die Menge von Meistern, deren Namen noch ermittelt werden konnten. Ihre frische, lebhafte, kräftige und naive Wirksamkeit geht hervor aus dem starken Freiheitsbewusstsein des städtischen Bürgers, der im 13. Jahrhundert keck sein Haupt erhebt und bis vor die Beformationszeit unter manchen heftigen Stürmen seine Unabhängigkeit za wahren weiss. Als Zeichen seiner Selbstherrlichkeit stellt er 1381 das neue Bathaus

Schlttssblick 509

in die Mitte des grossen Marktes als eine Yeste des Bürgertums gegen die im Petersbofe sitzende bischöfliche Macht Während das geistliche Regiment inner- halb seiner von Ketten abgesperrten Bezirke ein vereinsamtes Dasein führt, und nur die Notwendigkeit des täglichen Lebens einen Zusammenhang mit dem Yolke der Bürger erzwingt, breitet dieses sich wohlhäbig aus und erbaut seine Behausungen einfach und dabei mit schönem künstlerischen Takte. Nirgends tritt uns bei den Halberstädter Privatbauten , von denen die in Fachwerk aus- geführten der Stadt zu besonderer Zierde gereichen, aufdringliche Prachtentfaltung entgegen; die Schmuckformen sind bis in die späte Zeit rein und edel in der Gestaltung, und Halberstadt zeichnet sich hierdurch vor vielen anderen Orten seiner näheren und ferneren Umgebung aus. Sind die Zierformen des Fachwerk- baues auch nicht in Halberstadt erfunden worden, so haben sie doch hier eine Heimstätte gefunden, wo man sich ihrer Entwicklung mit vollem Verständnisse annahm. Fachwerkbauten weisen auch die übrigen Städte des Halberstädter Kreises auf. Sie stehen wenig unter dem Einfluss der grossen Stadt. Jeder Ort hat vielmehr gewisse Eigentümlichkeiten in sich ausgebildet und weiter ent- wickelt- So gestaltet sich das Studium der Fachwerkbaukunst in dieser Gegend nicht eintönig, nicht als etwas, womit man rasch fertig würde, sondern ist eine Fundgrube mannigfachster, allen tlialben individuellster Anregung. Sie bleibt es bis in die Zeiten des Barock- und Rokokostiles, dessen Erzeugnisse in dieser Gegend sparsam auftreten, aber in jedem einzelnen Falle der Beachtung würdig sind.

So in Halberstadt und den anderen kleineren Städten des Bezirkes. Draussen aber hausen die Burgherren. Von beherrschender Bergeshöhe blicken sie herab auf die Ortschaften, denen sie gebieten. Merkwürdig genug sind diese Burg- anlagen, die Hornburg und die Westerburg als kreisförmige Befestigungen, die Derenburg als viereckiges Kastell und, von äusserstem Interesse die Burg Langenstein als teilweise in den Felsen gearbeitete Burg. Ihre Eigenart über- trifft noch bei weitem der mit jähem Abstürze n^ch Norden dräuende Regen- stein mit seinen gewaltigen, in den Felsen getriebenen Säulen und Kammern.

Von seiner Höhe aus schweift ein letzter Blick hinüber nach Halberstadt und über den Kreis, dessen Geschichte und künstlerische Schönheiten ich habe schildern dürfen, und somit nehme ich Abschied von ihm.

Nachträge und Berichtigungen

S. 3. Dass auch versprengte Teile hessischen Stammes in unser Gehiet gelangt seien, könnte sich ans der in Heudeher urkundlich heglaubigten Ortsbezeichnang jaxta fontem Cattorum (s. S. 51) schliessen lassen. Es sei auch darauf hingewiesen, dass auch das in den Kreis eingeschlossene braunschweigische Dorf Hessen auf die gleiche Völker- schaft hinweist

S. 8. Nachzutragen Bräuklingen südöstlich von Dardesheim.

S. 10 Z. 24 V. 0. zu streichen Heyningeroth.

S. 12. Es ist bei Radelingerode zu beachten, dass zwei verschiedene Lagen an- gegeben sind. Am wahrscheinlichsten ist die Identität mit Bedingerode. Onungendorf ist identisch mit Neindorf bei Westerburg. Thidesdorp ist = Dingeisdorf; Ziegers1e?e = Siegersleben bei SeehauseUi gehört also nicht zum Kreise.

S. 15. Türme, die nicht mehr erhalten sind, lassen sich noch nachweisen bei Stötter- lingen (2 östl.), Osterwieck (1 südl.), Bohrsheim (1 nörd.), Heudeber (1 östl), Aspenstedt (1 westl), Ströbeck (1 sfldwestl.), Mahndorf (1 östl), Sargstedt (1 südösÜ.).

S. 23 Z. 3 V. 0. lies Neinstedt statt Neindorf.

S. 26. Zum Inventar der Pfarre zu Bühne gehört ein grosser, stattlicher Schrank des 17. Jahrhunderts mit in Laubsägearbeit ausgeführten, aufgeleimten Verzierungen.

S. 30. Vgl. die für die Klus getroffenen letztwilligen Bestimmungen des Friedr. V. Hake vom 21. Oktober 1435; heräusgeg. von G. Schmidt (Die Dompröbste von Halber- stadt, Harzzcitschr. 1886 p. 59).

S. 31. Die Hejkenthaler Warte, welche etwas südöstlich von Dardesheim und vom Vorwerk Heykenthal auf dem Bücken des Huy steht, ist ein Bundturm von der in dieser Gegend häufigen Art S. auch Nachtrag zu Seite 129.

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Fig. 234.

S. 37. Obenstihend ist der Grundriss der Stadtkirche von Derenburg a1 S. 43. Altargeräte: Nur eine silberne Oblatenschachtel ist aus dem 18. Jahrhundert, alle anderen Stücke sind modern.

Nachträge und Berichtigangen 511

S. 49. An den Emporen hängen acht Ölgemälde vom Anfange des 18. Jahrh., die 4 Evangelisten nnd 4 grossen Propheten (?) darstellend. Am Altar sind 2 kleine, fein gemalte Ölhildchen, weibliche Heilige, angenagelt; anscheinend niederländisch, 16. Jahrh.

S. 49. Der Taufstein ist aus Sandstein. Er stammt hOchst wahrscheinlich von dem- selben KQnstler, welcher anch den in Vorsfelde (Beschr. Darstellung der älteren Bau- und Kunst -Denkmäler des Herzogt Braunschweig, Bd. I.) und den aus der Moritzkirche zu Halberstadt (s. u.) entfernten gearbeitet hat.

S. 50 Z. 7 V. u. lies 1,19 statt 0,19.

S. 72. Die Abbildung ist nach geschehener Korrektur durch ein Versehen des Druckers auf den Kopf gestellt worden.

S. 74. Die Beziehungen Goethes zur Frau v. Branconi sind neuerdings besonders eingehend behandelt in Dr. Bimpau's Schrift: Frau v. Branconi (Wernigerode 1900).

S. 75. Zur alten Kirche gehörte ein frühgotischer Taufstein, dessen Ober- und Unterteil sich getrennt auf Höfen im Dorfe neuerdings (1902) vorfanden. Sie sind, wieder vereinigt, im Parke des Gutes aufgestellt worden. Der Kessel ist, gewissermassen schwach kanelliert, zwölfeckig. Den oberen Band begleitet aussen eine Beihe von 12 Becht- ecken, deren jedes ein anderes kleines Ornament enthält.

S. 79 Z. 7 V. u. lies Nobiles statt Nobilis.

S. 82 Z. 2 V. u. oben lies Dünsing statt DOsing.

S. 94 Z. 7 V. oben lies Kelch statt Kelche.

S. 96. Die Glockeninschrifk Fig. 41 lautet aufgelöst: got lat es se gheneten Allster margreten johan von deme . . got mote sin denken f ore tuo xpe benediotuB alt looiui iste. (Die letzteren Woite finden sich auch auf einer Glocke der Moritzkirche zu Halberstadt).

S. 106. Die Notiz von der Übertragung der Täfelungen nach Wernigerode beruht auf mfindlicher Nachricht.

S. 120. Im Hofe des Begensteins stehen zwei Sandsteinfiguren des 18. Jahrb., Heilige in Lebensgrösse darstellend.

S. 123. Kronleuchter aus Messing, 17. Jahrb., ähnlich dem in Stötterlingenburg. (S. 140.)

S. 123. Altargeräte: Die Geräte der Kirche von Bimbeck gehören der von Bühne, mit an und sind dort beschrieben.

S. 129. Die sog. Sargstedter Warte ist ein in der dortigen Flur stehender Wart- tnrm, wie die Heykenthaler Warte.

S. 131. unter dem Altarraume befindet sich ein Steingewölbe, angefüllt mit Särgen.

S. 138 Z. 4 V. u. lies ccc statt cc.

S. 158. Der Altar ist modern und wertlos.

S. 165 Z. 15 V. 0. lies Seligenstadt statt Halberstadt.

S. 172 sind die beiden obersten Zeilen vertauscht.

S. 177 Z. 13 V. 0. fehlt Sie heisst: starb er.

S. 178. Hierher gehört auch das reichhaltige Testament des Balthasar von Neuen- stadt (Harzzeitschr. 1886 p. 65 fr.). Bemerkenswert ist des sehr reichen Mannes Mangel an Tafelgemälden. Einige werden erwähnt, dem Inhalte nach nur eins, den Obristophorus darstellend.

S. 186 Z. 13 V. 0. lies Bäckerinnung.

S. 187 Z. 12 V. 0. Dies Kapitel, welches nach dem Vorbilde der anderen Hefte unserer Baudenkmälerbeschreibungen ursprünglich beabsichtigt war, ist von mir durch das Begister ersetzt worden.

S. 230 Z. 23 V. 0. Gemeint ist Bischof Dietrich v. Krosigk (f 1193).

S. 236 Z. 5 V. 0. lies (f 1458).

S. 236. Es dürfte nicht ausgeschlossen sein, dass die Neustädter Kapelle an Stelle eines älteren Baues, die als Brunnenkapelle oder sog. Tonsur gedient hat, erbaut wurde

512 Nachträge und Berichtigangen

In der Lage ähnelt sie viden anderwärts, in Sachsen z. 6. in Magdeburg (Dom und Lieb- fraaenkirche) und Merseburg befindlichen, obigem Zwecke bestimmten Kapellen.

S. 237 Z. 6 Y. n. Die bei Seite 241 eingeheftete Schnittzeichnung zeigt jene Priecfaen noch.

S. 243 Z. 1 y. 0. lies nicht statt nur.

S. 255 Z. 25 ?. u. lies südlichen statt nördlichen.

S. 259. Die Kapelle, gestiftet von Balthasar von Neuenstadt, vollendet 1518, zwei Jahre nach seinem Tode, war dessen Lieblingsschöpfung, wie die reichen Schenkongen beweisen, die er ihr testamentarisch zuwies. Vgl. Nachtrag zu Seite .30.

S. 263 Z. 4 V. 0. lies Semecas statt Senecas.

S. 266 S. 20. V. 0. Die Worte bedeuten Spiritus sanctus supervBnit Mariae.

S. 272. Auch die von Balthasar von Neuenstadt 1516 hinterUissenen Kostbarkeitan (Harzzeitschr. 1886, p. 65 ff.) gehören hierher.

S. 273 Z. 4 V. 0. lies Gada statt Gade.

S. 273 Z. 4 V. u. lies sitzende statt stehende.

S. 279 Z. 5 V. 0. zu streichen die Worte: alle aus dem 14. Jahrh.

S. 288. Über diese Teppiche vgl. auch Kugler, Kleine Schriften I, 131 ff.

S. 295. Zu berichtigen ist der Druckfehler 15 in Z. 28 v. o., zu lesen ist 16. Jahrb., und zwar sind nach dem Stil der Malerei, sowie darum, weil Baltbasar von Neuenstadt (f 1516) kurz vor seinem Tode die Kapelle ausstattete, die Jahre um 1510—16 anzunehmen. Von Herrn Dr. Ed. Flechsig in Braunschweig wird auf den Einfluss Sdion- gauerscher Kupferstiche aufmerksam gemacht, unter dem diese Malereien zu stehen scheinen. Bei den anderen spätgotischen Malereien der Domsammlnng glaubt derselbe Forscher EinflQsse der damaligen Leipziger Malschule zu erkennen. Gewiss ist allerdings, dass damals der Leipziger Maler Heinrich Schmidt (1501—41) fflr Halberstadt eine Bestellung auf ein Altarblatt hatte. Im Leipziger Stadtbuche von 1508 findet sich eine beim Bfirgermeister erhobene Beschwerde der Kirchenväter, dass Schm. die Arbeit nicbt abliefere; es wird mit Zwangsmassregeln gedroht

S. 336 Z. 1 V. 0. lies dargestellte statt das gestellte.

S. 359 ff. Unmittelbar vor Abschluss dieses Buches (August 1902) ist es möglich geworden, das Innere der Paulskirche näher zu besichtigen, nachdem die Heu- und Strob- vorräte nunmehr endgiltig ausgeräumt sind. Es hat sich in erster Linie ergeben, dass der auf Seite 361 abgedruckte Elissche Grundriss nur in so nebensächlichen Einzelheiten Abweichungen von dem thatsächlichen Zustand zeigt, dass von der Veröffentlichung einer ganz neuen Aufnahme abgesehen werden kann.

Die Oberlichter des Mittelschiffs sind nur z. T. erhalten, z. T. durch Einbruch sehr grosser Öffnungen verdorben.

Die Dicken der Pfeiler sind nicht verschieden , sondern durchweg rund 0,80 m. Diese Pfeiler erregen erhebliches Interesse. Ihre Kalksteinqnadern haben vermutlich durcb Brand, der bei der Zerstörung der Stadt durch Heinrich d. Löwen erfolgt sein dürfte, einen rötlichen Ton angenommen. Über diese Brandspuren ist eine Putzschicht gelegt, und Aber diese abermals eine, beide sehr feinkörnig, die untere mehr ins Graue fallend, während ^e obere rein weiss ist. Letztere ist an den Kanten der Pfeiler höchst sorg- fältig geglättet. Die langen rechteckigen Flächen der Pfeiler sind innerhalb dieser Ein- rahmung durchweg mit Malereien bedeckt gewesen, von denen noch acht trotz starker Verderbnis gut erkennbar sind. Sie stammen aus dem 13. Jahrhundert und stellen stehende männliche Heilige (Höhe 1,56 m) dar. Die Umrisszeichnung (in rotbrauner Farbe) überwiegt, doch sieht man auch farbig angelegte Flächen in, wie es scbeint, dunkel roten Tönen. Attribute und Inschriften fehlen. Eine Figur (südwestlich) ist durch Mitra und Krnmmstab als Bischof gekennzeichnet. Die Zeichnung und Charakterisiening ist vorzüglich und steht derjenigen der alten, oben abgebildeten Prophetenfiguren der Liebfranenkirche nicht nach; es ist sogar wahrscheinlich, dass hier derselbe Meister thätig war. Die schönen ausdrucksvollen Köpfe, die Haltung der Hände und Fflsse

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Kachtrage und Berichtignngeu 5l3

(letztere nur bei einer Figur noch zn erkennen), der Faltenwurf der Qewänder, die monu- mentale Aufstellung der Figuren verdient dasselbe Lob wie dort. Der nordwestlichste Pfeiler zeigt an seiner Westseite zwei Scenen übereinander, unten 2 stehende Heilige, darüber der Kruzifixus mit Maria und Johannes, letztere Gruppe gut erhalten. Beide sind gleichfalls aus dem 18. Jahrhundert und jede etwa Im hoch. Sorgfältige Abbildung und wenn möglich Erhaltung der Malereien wird Aufgabe der Denkmalpflege sein.

Merkwüi'dig ist, dass die Putzfläche, welche diese Malereien zeigt, auch stellenweise über die schon oben erwähnten Schachbrettkapitäle der Pfeiler hinübergezogen und dort zur attischen Form gestaltet sind. Es zeigt sich also auch hier ein Fall von Denkmals- modernisieruDg im Mittelalter, wie es u. a. auch in der Klosterkirche zu Drübeck zu beobachten ist. Die Schachbrettmuster finden sich an verschiedenen Stellen.

Beste von Malerei sieht man auch im Chor. Es scheint sich um einen in der Mandorla thronenden Christus zu handeln ; die grüne Farbe herrscht vor.

Am Triumphbogen steht in Lettern des 16. Jahrhunderts: [renov] ATVM ANNO I

Von Giabsteinen haben sich bisher nur 2 gefunden, einer eines Klerikers des 16. Jahrhunderts, die stehende Figur halb erhaben, die Einzelheiten und die Schrift sehr verdorben, und eines der 1649 verstorbenen Elisabeth Winterhauer, Cartouche, von einem Kranze umgeben, flankiert von den Figuren von Schlaf und Tod, unten eine breite, ornamentierte Konsole. Beide Epitaphien sind aus Sandstein.

Der Znstand der Paulskirche, der ehemals ganz vorzüglich war (der Dachstuhl ist es noch jetzt), ist zwar verwahrlost, aber keineswegs derart, dass nicht eine völlige Her- stellung möglich wäre.

S. 387. In der Sakristei ist eine in einem Nebenraume der S[irche neuerdings auf- gefundene Altarpredella, ein Werk des 17 Jahrb., aufgehängt, das Abendmahl darstellend.

S. 394. Die Binge in den Mittelsäulen der Chorfenster sind spätgotische Zuthat, wie ihr Profil beweist

S. 425 Z. 17 V. u. lies Barock statt Renaissance.

S. 453 oben. Die Scene enthält möglicherweise die Darstellung der feierlichen Vor- führung mehrerer neu gewählen Batmänner. Wie schon oben Seite 183 gesagt ist, geschah die Wahl am St Hilariustage.

S. 459. Die Kurien tragen das Wappen der ehemaligen Inhaber.

S. 477 Z. 3 V. u. lies GOddenstrasse statt Güldenstrasse.

8. 501. Zu erwähnen ist der sog. Lügen- oder Leggenstein, ein flacher Granitblock, der ehemals in der Mitte des Domplatzes, jetzt vor der SQd westecke des Domes liegt, vielleicht ein alter Gerichtsstein.

Kr«b Halbentadt.

Verzeichnis der Abbildungen

Wappen Fig. 1.

2.

3.

4.

5.

6.

7—

10.

11.

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Seite

Titelblatt 20 22 23 25 30 32 33 35

52. 53.

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Ton Halberstadt . . .

Athenstedt, Fussbodenziegel .

Berssely Glockeninschrifb . .

,, Belief auf einer Olocke

Bühne, Glockeninschrifk . .

Dardesheim, alte Eins . .

Deersheim, Kirchtnrm . .

9. Säolenkapitäle .

Bexheim, Taufstein . . .

Derenburg, Grundriss des

Burggeländes .... 40 Derenburg, Wappen ... 41 EmerslebeU; gotische Truhe 44 Harsleben, Taufstein . . 48 Heudeber, Frauentracht. . 51 Homburg, Stadtplan. . . 54 Wappen ... 57 ,, Grundriss der

Stadtkirche 58

20. Homburg, Alte Ansicht

von Stadt und Schloss . 61 27. Homburg, Teile von

Fachwerkhäusern . . .62 fr. Homburg, Strasse ... 68 Fachwerkhaus . 70 Inneres eines

Hauses 72

Langenstein, Grandriss der

alten Kirche .... 75 Langenstein, Teile derselben 76 Burggelände,

Grandriss und Schnitte . 78 Osterode, Inschrift ... 82 Osterwieck, Wappen ... 85 Stadtplan . . 86

Stephanikirche,

TQrme und Finzelheiten 88 Osterwieck, Glockeninschrift 90 Taufkessel . . 93 Kanne ... 94 Glockeninschrift 95 Schüssel ... 97 Teile von Fach- werkhäusem . . . . 98fif. Osterwieck, der „bunte Hof 105 Gross-Quenstedt, Laurentius-

kirche 111

Regenstein, Thor .... 116

12. 13. 14. 15. 16. 17. 18.

19—

21—

28. 29. 30.

31.

32. 33.

34. 35. 36. 37.

38. 39. 40. 41. 42. 43—50.

51.

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Fig. 54. 55. 66. 67. 58. 59. 60. 61.

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62. 63. 64. 65. 66.

67.

68.

69.

70. 71. 72. 73. 74.

75. 76.

77.

78.

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121 122 124 125

134

136

136

Seite

Begenstein, alter Plan . . 117 Ansicht von Süden 118 Felsengemacher . 118 Ehoden, Kirchenportal . . ,, Sakramentnische . Boclum, Taufsteinfuss . . Kreuz .... StGtterlingenburg, alte An- sicht des Klosters. . . Stötterlingenburg , Kirche,

Grandriss

Stötterlingenburg, Kirche,

Ansicht von Norden . .

Stötterlingenburg, Profil der

Chemische 137

Stötterlingenburg, romanischer

Pries 138

Stötterlingenburg, Sakrament- nische 139

Ströbeck, Schachturm . . 143 Veitheim, Kirche, Grundriss

und Einzelheiten . . . 147 Westerburg, Grundriss der

Banerburg 151

Westerburg, Grundriss . . 153

Hofansicht . 153

Wülperode, Fachwerkhaus . 156

Zilly, Kirche 157

(Diese Nummer ist aus Ver- sehen übergangen) . . Halberstadt, Stadtplan . . 212 alteStstdtansicht

"von Süden 213

Halberstadt, Wasserthorturm 214 altes Johannis- 216

»

thor

Halberstadt, Dom,

79. alter Domkeller .

80. .Westfront . . .

81. Profile am Turmbau

82. westlicher Bogenfries

83. Inneres ....

84. innere Wanddienste

85. Lettner^ Ansicht . '86. Lettner, Grandriss

87. Dachpaxtie am Chor

88. Kreuzgang . . .

225 239 240 241 244 246 250 251 253 257

Verzeichnis der AbbildiingeA

515

99

Seite

Fig. 89. Eckblätter von SäulenbaseD

im Ereuzgange. . . . 257

Adam und E^a .... 265

frühgotiscbe Madonna . . 267

Adler-Lesepult 275

Chorgestfihlwange . . . . 276

94. Chorgestfllilwange . ... 277

96. Taufkessel 278

96. gotischer Schrank . . . 281

97. Aquilata 283

98. Antependium 287

99. Statuen in der Marienkapelle 293 100--102. Flflgelaltargemälde

von Baphon 296 f.

103. Grabplatte des Baltbasar von Neuenstadt . . . 301

104. vom Grabmal des Erzbi- schof Friedrich .... 304

91 91 » 91 91 91 »

99

90. 91. 92. 93.

Halberstadt, Liebfrauenkirche,

106. Ansicht von Saden ... 306

106. Ansicht von Osten . . . 307

107. Grundriss 810

108. Grundriss der ehemaligen

Kirche 311

109. katholische Kapelle. . . 313

110. Ablasstafel 816

111. Säulenkapitäle .... 321 112 114. Bildwerke von den

Chorschranken .... 322fir. 116. Daniel von der gold. Pforte

zu Freiberg 328

1 16— 127. alte Wandmalereien bei 328 128—129. desgleichen ... 330

130. Tympanon von der gold.

Pforte zu Freiberg . .331

131. Friese . 333

132—185. Wandmalereien . . 334fF.

136. Bild über dem Sddeingange 839

137. Chorgestühl 842

138. Chorgestühl Wangen . . . 343

139. Ambo 844

140—141. Leuchter . . . . 846f.

142. Tragaltärchen .... 348

143. frühgotische Madonna . . 349

144. Portraitbüste des Freiherm

V. Sohlendahl .... 352

1 45. Grabplatte eines v. Veitheim 354

Halberstadt, Paulskirche,

146. hergestellter Grundriss . 860

147. jetziger Grundriss . . . 361

148. Ansicht von Westen . . 362

149. Ansicht von Nordosten . 364

150. Choransicht von Norden . 865

151. Ansicht von Südwesten . 366

1 52. Halberstadt, Johanniskirche,

Ansicht des alten Klosters 371

Seite

Fig. 153. Halberstadt, Johanniskirche,

Taufkessel 374

Halberstadt, Moritzkirche,

154. Grundriss 379

155. ehemalige Chorfenster . . 380

156. Querschnitt 382

157. Gestühlwange .... 385

158. Kronleuchter 386

Halberstadt, Martinikirche,

159. Grundriss 389

160. Ansicht von Südwesten . 391 161. Innenansicht nach Osten . 392 162. Westen 893 163. Nord- osten 895

164. Ansicht von Norden . . 397

166. Osten ... 398

166. alter Altar 400

167. Eelief von der Kanzel . 404

168. Taufkessel 406

Halberstadt, Andreaskirche,

169. Grundriss 411

170. Inneres 418

171. Eelief 414

172. Opferstock 415

173. Madonna 416

174 175. romanische SLassetten 417f. 176—177. gotischeZimmerdecke419f.

178. Weihrauchbecken ... 420 179. Grabplatte des Bischofs

Burchard 1 421

180. gotisches Säulenkapital . 422

Halberstadt, Katharinenkloster,

181. Grundriss 423

., 182. Kirche von Südosten . . 424

183. Kanzel 426

184. Lichthalter 426

185. Eemter 427

Halberstadt, Burchhardikloster,

186. Grundriss der Kirche . . 429

187. Kirche von Südwesten . . 430 188. Inneres der Kirche. . .431

189. Westportal 432

190. Südportal 434

Halberstadt, Heiligengeisthospital,

191. Portal ......... 437

192. ehemaliger Turm . . . 438

193. Truhe 438

194. Halberstadt, Salvatorhospital,

ehemalige Kapelle « . . 440 195. Halberstadt, Petershof,

Grundriss ..... 443

516

Verzeichnis der Abbildungen

Fig.

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Halberstadt, Petershof,

196. Gewölbe über der Treppe. 444

197. Portal 445

198. Wanddienstkonsole . . . 445

1 99. ehemalige Innenansicht der

Kapelle 446

Halberstadt, Zwicken,

200. alter Zustand nach Westen 447

201. Uofansicht 448

202. Äusseres nach Norden. . 449

Halberstadty Bathaas,

203. Ansicht von Osten . . . 454

204. Treppenpodest im Süden . 456

205. bemalte Decke .... 457

Halberstadt,

206. altes Gymnasium, Portal . 460

207. gotisches Fachwerkhaus . 463 208. ' Ratskeller 464

Fig. 209. Einzelheiten von Fachwerk- häusern 465

210. alte Malereien an Fachwerk- häusern 468

211 224. Fachwerkhäuser nebst

Einzelheiten 469ff.

225. Schmiedeeisernes Gitter . 492

226. Desgl. Handwerkerzeichen 493

227. Gleimhaus, Gemälde . . 498

228. Gymnasium, BucheiQband. 499

229. romanische Initiale 1 500

230. Brunnen auf dem Holz- markte 501

23 1 . Medaille auf E. L. v . Spiegel 504

ff

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yy

Halberstadt, Spiegelsberge,

232. yom Jagdschlosse ... 505

233. Grotte 506

234. Dereuburg, Grundriss der

Kirche 510

Einschalteblätter ohne Nummern:

Derenburg, Kalandkapelle .

Hornburg, Burggrundriss

Grundrisse und Schnitte von Fachwerkbauien

Osterwieck, Grundriss der Stephanikirche

Wehrstedt, Einzelheiten von der Kirche

Halberstadt, Dom, Abbildung von 1858

., ,. Grundriss

Längsschnitt

System des nördlichen Seitenschiffes .

Domremter nach Elis

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258

Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Begister

A. Geschichtliches

BIschSfe von Halberstadt

Agiuir s. Eiulf

Albrecht I. v. Anhalt (1304—1324) 12 77 84

112 130 175 299 387 Albrecht II. v. Braunschweig (1324-1357) 36

55 115 157 163 175 177 188 189 191 232

368 f: 429 Albrecht III. v. Berge (1366-1390) 16 25 52

55 154 177 191 270 299 Albrecht IV. V.Wernigerode (1410-1419) 182

178 300 Kardinal Albrecht V.Brandenburg (1513—1545)

83 205 f. 214 284 f. 290 Albrecht v. Mansfeld (Gegenbischof 1346 bis

1356) 176 Arnulf (996-1023) 21 167 f. 210 271 299 306

312 317 354 f. Bernhard (923—968) 166ff. 227 299 f. 436 Brantog (1023-1036) 8 168 299 f. 368 372

375 436 Burchard I. v. Nabburg (1036-1059) 141 168

169 417 428 434 f. 443 Burchard II. (1059-1088) 167 ff. 264 356 358 Burchard III. v. Warberg (1437—58) 11 13

126 157 200 202 221 229 236 f. 267 f. 300

376 Christian v.Braunschweig (1616-1624) 57 209 f. Dietrich V. Krosigk (1180-1193) 75 77 171

230 299 Eiulf (886—?) 166 168 299 f. Ernst V. Honstein (1390-1400) 74 131 145

177 f. 190 371 Ernst (147Ö-1513) 16 44 55 f. 74 84 154 189

201 ff. 210 236 264 269 285 299 f. Friedrich 1. (1102-1107) 168 299 Friedrich IL (1209-1236) 9 77 146 173 186

230 441 Friedrich v. Brandenburg (1548—1552) 207 Gardolf v. Harbke (1193-1201) 55 77 172

221 230 267 270 278 299 387 Gebhard v. Hoym (1458-1479) 15 44 87 200

217 220 461 Gerhard (1136) 170 Gero (1160-1177) 171

Giseko (Gegenbischof 1324-1346) 175 f. Haimo (840-853) 166 299 Heinrich v. Warberee (1406-1410) 178 299 Heinrich Julius v. Braunschweig (1566—1613)

37 56 81 115 126 152 159 208 f. 264 309

373 405 449 f. 504 f. Heinrich Eari (1613-1615) 209 450 Hermann (1023) 168

Hermann v. Anhalt (1296-1303) 174 f. 441 Herrand (1090-1102) 26 168 170 Hildegrim I. (781-827) 14 28 165 f. 168 227

264 358 Hildegrim II. (853-886) 166 168 227 Hildeward (968-996) 133 167 f. 227 f. 232 299 Johann v. Hoym (1420-1437) 12 74 178

195 ff. 300 357 Johann Albrecht (1545-1548) 207 Konrad v. Krosigk (1201-1209) 172 f. 230

263 269 272 274 282 289 291 428 Leopold Wilhelm (1629-1636) 56 115 210 Ludolf I. V. Schiaden (1236-1241) 77 173 f.

299 375 Ludolf IL V. Schiaden (1252-1255) 174 Ludwig V. Meissen (1357—1366) 25 52 77 83

176 f. 204 876 451 Meinhard v. Kranichfeld (1241 ca. 1252) 16

112 173 375 435 Otto (1123-1131) 168 170 221 436 Reinhard (1107—1123) 83 133 168 170 299

356 358 368 436 Rudolf (1136-1147) 42 58 168 170 f. 229

272 314 353 f. 356 Rudolf V. Anhalt (1401-1406) 178 Rudolf (1615-1616) 209 Sigismund (?-923) 166 168 227 299 f. SigismuDd v. Brandenburg (1552-1564) 74

207 444 Stephanus s. Herrand Thiatgrim (827-840) 166 168 Thietmar (1088—1089) 168 ff. 314 Ulrich (1147—1180) 74 171 368 Volrad V. Kranichfeld (1255-1298) 18 36 174

186 191 299 306 315 317 ?57 368 435 502

Weihblschofe

Ditmar von Gabala 175

Heinrich 206

Inzelerius von Budua 174

Johann 372

Matthias v. Gada 219 222 273 292 377 401

Nicolaus von Constantiana 177

Donipropste und Domdechanten

10 18 20 26 28 30 f. 42 45 f. 52 60 81 124 142 159 163 171 173 176 197 209 224 227 236 268 f. 271 279 282 284 300 302 376 386 447

518

Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Register

Familien des hohen und niederen Adels

y. Adeleben 145

V. Adersleben 193

V. Aldendorp 384

V. Aisleben 467

V. Altenhausen 82 146

V. Alvensleben 34 42 74 77

157 435 V.Anhalt 174 f. 317 369 429 V. Arnstedt 345 353 V. Asseburg 31 44 55 f. 81 132

154 158 v.Barby 135 V. Bardorf 345 V. Behr 23

y. Bennigsen 158 303 v.Beichel 352 y. Bemburg 174 V. Berwinkel 7 25 56 128 y.Bieren 158 300 345 y. Blankenburg 36 114 ff. 170 V. Blumenthal 304 V. Borch 305 y.Branconi 74 79 y. Briest 845 y. Britzke 41 158 224 300 302 f.

345 352 f. y. Bülder 159 y. Bültzingslöwen 235 y. Bfinde 90 y. Burgsdorf 25 32 44 56 74

152 154 303 y. d. Busche-Streithorst 159 300 y. Dewitz 146 y. Diepenbroick 159 y. Ditfurt 404 y. Dönstedt 109 190 y. Dötichen 24

y. Dorstadt 43 74 109 157 351 y. Ebersteinburg 158 f. Vitztum V. Eckstedt 300 y. Eller 300 y. Emersleben 42 y. Ende 159 y. Erlach 507 y. Falkenstein 48 270 y. Forchhamer 150 y. Freckleben 270 y. Fresen 145 y. Fronhorst 803 y. Gadenstedt 145 y. Gerbstedt 305 y. Gerwen 284 300 302 351 y. Gittelde 318 y. d. Gowische 52 120 123 145

154 Beichsfrhr. Grote 130 f. y. Gudershusen 145 y.Gustedt 21 28 32 ff. 45 154 y. Haaren 159 y. Hadmersleben y. Hagen 158 y. Hakenstedt 270 V. Hamersleben 142 y. Haniniei'stein 353 y. Hardenberg 308

5 143 166

V. Harff 159

y. Hasserode 18 81 142

y. Heilingen 353

y. Heimburg 20 36 46 115 ff.

y. Hildensen 270

y. Holle 275

y. Holzendorf 118 224

y. Honrott 404

y. Honstein 120 144 159 200

V. Hoym 55 120 157 2i^4 260 f

264 267 275 294 300 342

350 f. y. Hfinecken 158 224 300 V. Kahle 385 y. Kampen 59 y. Kannenbei-g 81 125 158 f.

224 300 303 v.Kanstein 303 y. Ketteier 159 y. Kissleben 146 y. Kleist 135 y. Kneitlingen 59 y. Knesebeck 224 y. fCnüplau 157 y. Kotze 130 y. Krebs 25 56 120. 146 y. Kreyendorf 845 V. Krosigk 279

y. Larabrecht 132 f. 135 139 £ y. Landsberg 125 y. Langein 80 y. Langen 224 y. Ledebur 81 y. Leerodt 159 y. Lochau 224 Woes zu Lochenheim 81 y. Lochten 16 y. Loeper 159 y. Löwenberg 348 y. Mahrenholz 28 131 224 263

268 294 300 302 f. 817 342

870 y.Mansfeld 176 200 y. Mardelsio 145 V. Meissen 176 y. Meltzengk 224 V. Metsch 77 y. Minsleben 142 V. Moldenberg 130 V. Molenburg 379 y.Mortz 312 V. Münchhausen 23 81 130

158 f. 303 V. Neindorf 55 81 175 317 851 y. Neuenstadt, Balthasar 224

236 268 279 282 300 ff. 311 y. Niehausen 158 V. Northeim 270 y. Öttmgen 420 y.Olzekow 366 y.Oppen 80 159 163 209 254

500 y. Oppershuscn 308 y. Orsleben 270 y. O verbeck 145

v. Partensieben 158

v. d. Planitz 74 77 79 81

v.Plötzke 318 350

v. Putelendorf 16

V. Quenstedt 55 109 112 502

v. Querfurt 42

v. Kandow 56 59 f. 224

v. Ranne 303

y. Redem 224 459

v. Regenstein 7 9 1 1 ff. 19 21 24 ff. 32 39 42 50 52 81 114 ff. 122 125 128 141 152 157 159 f. 174 ff. 200 219 f. 222 279 368 372 410 417 ff. 435 487 441 f.

v. Rekewech 224

y. Reinstedt 435

v. Rhoden 154

v. Rintorf 224 345

v. Rochow 505

yRösöing 21 fL 25 52 8194t 106 120 123 132 145 154

157 f. 190 224 v. Romsleben 235 v. Rucken 59

y. Rustlcben 46 74 109

v. Saldern 154 157

y. Salm, Rheingrafeii SCO

v. Samptleben 275 300 302

v. Schachten 300

y. Scha&otsch 59

V. Schafstedt 28 32 34

v. Schauen 130

y. Schenk 356

v. Schiretedt 145 270

y. Schiaden 173

v. Schütz 158 276

y. Schulenbui^ 152 305

V. Schwarzburg 200

y. Schwichelte 157 178

v. Seebach 145

v. Sohlendahl 353

v. Soranierschenbui^ 36

Spiegel v. Pickelshenn 145 150

158 f. 224 296 800 303 385 459 504 ff.

v. Spitznase 158 224 800 803 v. Staniem 286 |85o

v.Stechau 81 158 y.Stedom 43 158 300 v. Stein acker 32 V. Steinberg 127 152 158 300

803 y. Stftindorf 82 v. Stolberg 11 36 126 130157

200 207 v. Stolberg -Weniigerodc 11 f.

19 21 26 31 45 50 81 130

157 175 224 v. Stollheim 94 v. Strauss 24 v.Strobeck 141 v. Sundhausen 74 V. Suselitz 149 179 y.Teutoch 158

Geschichtliches, geographisches und knnststatistisches Register

519

V. Veitheim 83 36 f. 55 146 152

V.Viereck 159

V. Wahl 385

V. Waldow 95

V. Wallmoden 120 f.

V. Wanzleben 270

V. Warberg 90 120 126 146

V. Wefcrlingen 95 130 146

V. Wegeleben 46

V.Wenden 157

v.Wendt 158

V. d. Wense 303

V. Werder 224 279 345

V. Werfe 167

V. Werterd 74

V. Westerhausen 317

v.Westphal 81 V. Weyrauch 385 v. Wiedensee 300 303 V. Winnigstcdt 271 386 V.Wirten 157 v.Wrampe 17 56 146 V. Wreech 385 V. Wunstorf 55

Andere, im Zusammenhaiige dienes Buches nvichtige Personen ^bis 1800)

(Künstlervcrzeichnis s. unten)

Geflerdes, Heinrich 206

Gleini 19 498 503

Gustav Adolf 209

Uaber, Domküflter 289 355 f.

Heinrich d. L5we 171 f.

Heyne, Dr. Jordan 345

Hörn, Heinrich, DechHnt 206 344 351 439

Innocenz VI., Papst 176

Karschin 507

Klamer Schmidt, Dichter 496

Deutsche Könige:

Friedrich I. 171

Heinrich I. 166

Heinrich II. 168

Heinrich IV. 169 229

Heinrich V. 170

Heinrich VI. 172

Kart d. Gr. 165 263 f. 2K8

Lothar 170

Ludwig d. Fromme 165 f.

Maximilian 205

Otto I. 166 f.

Otto III. 167 f. 228

Otto IV. 172

Philipp V. Schwaben 172 f.

Ruprecht 178

Sigismund 196 198 f. Kurfürst, der grosse 210 280 291 369 Lampadius, Autor, Licentiat 207 390 Matthias von Hadeber 193 ff. Matz, der lange s. Matthias Mirus, J)r. Martin 207 296 Maller, David, Pastor 149 207 356 Mustaus, Valentin 206 Otto, Jodocus, Prediger 207 390 Quirre, Ludolf, Dompropst 30 236 270 299 Schreiber, Heinrich, Bürgermeister 206 Semeca, Johannes, Magister 230 f. 263 300 Snelhart, Jacob, Domdechant 176 Urban VI., Papst 191 f. Weidensee, Dr. Eberhard 206 Winckel, Heinrich 206 Winnigstädt, Johann 206 Wissel, Johannes 206

Juden

Halbcrstädtische s. Ortsregister

s. v. Ilalberstadt

22 70

Bürgerliche und b&nerliche Familien- namen (bis 1800)

10 17 f. 23 f. 30 33 f. 38 42 f. 45 47 49 60 70 ff. 85 94 f. 100 105 107 HO 112 152

127 f. 133 f. 138 f. 142 ff. 146 148 150 155f. 183 187 193 ff. 218 222 270 f. 273 305 352 f. 355 366 ff. 373 f. 385 887 399 ff. 405 407 ff. 414 439 441 f. 450 460 471 480

Wappen

17 22 f. 31 33 ff. 38 41 43 45 57 59 f. 67 69 77 80 f. 85 94f. 104 110 112 117 122 126 f. 131 138 144 ff. 148 ff. 153 158 f. 261 ff. 268 273 275 277 ff. 282 ff. 290 292 294 300 302 ff. 318 344 ff. 350 ff. 355 f. 372 ff. 385 387 396 399 403 f. 407 f. 415 417 424 437 442 444 449 ff. 453 455 f. 458 467 474 f. 480 484 495 503 505

Siegel

Derenburg 41

HalberstMt, Stadtgeineinde i

Domstift J 8. Ortsregister

Liebfrauen J

Harsleben 46 Osterwieck 85

Vorgeschichtliches

35 42 73 129 299 387 421 498 503

Verfassnngsgeschichtliches

Dörfliche Verfassung 18 22 26 32 45 f. 50 109 112 144 149

Städtische Verfassung (Dardesheim 28. Deren- burg 36. Homburg 56 ff. Osterwieck 83 ff 95. Halberstadt s. Ortsregistcr)

Einfuhrong der Reformation

37 82 84 206 ff. 237 309 353 369 376 390

Hansa

177 179 184 187 196

Templerorden

175 181

Innungen

182 f. 186 192 f. 215 458

Knlturgeschichtliches

Kassentragen in Bohrsbeim 127 SchachHpielen in Strobeck 144 I^bensführung in Familien 187 f. Drachenspiel 188 211 299 Festlichkeiten 188 Unsittüchkeit 188

1

520

Geschichtliches, geographisches und kanststatisiisches Register

Prophetenspiel 327 ff. Adamaustreiben 249

Schulen

Homburg 56 Osterwieck 84 Stötterlingenburg 134 Ströbeck 143

Halberstädtische s. Orti)verzeichni8 s. v. Halber- stadt

Handschriften und Bücher

Schauen (Grote'sche Sammlung) mi Halberstadt, l)om8ammlung No. 44 45 (p. 298) Andreaskirche 417 Katharinenkirche 428 GleimhauB 498 Hechtsche Sammlung 500 Domgymnasialbibliothek 500

Privatsammlnngen

Deersheim : Baron v. Gustedt : Prahbtorica 35 Derenburg: Schwannecke: Münzen u. s. w. 42

Halber Stadt (Seitenzahlen im OrtBver- zeiclinis); Spiegeische Gemäldesammlung; Nebesche Sammlung im Dome; HechUcbe Sammlung Homburg: Dr. Bamer: Prahistorica u. Kunst- gewerbliches 73 Langenstein: Dr. Rimpau: Gemälde 79 Regenstein: Mfiller: Dort gefundene Alter- tümer 120 Sargstedt: Lehrer German: Prahistorica 129 Schauen: Reichsfreihr. Grote: Bücher, Mfinzen, Siegell Kupferstiche, Gemälde 131

KoBtame

(s. a. Bildnisse, Grabplatten und Tafelmalereien) Ileudeber (Frauentracht, 18. Jahrh.) 51 f.

Weinbau

8 16 18 46 141 160

Ameisberg 47

Aniskopf 75

Bullerberge 8 502

Dickberg 37

Domberg 47 75

Duvestein 15

Erdberg 46 f.

Fallstein 2 7 14 f. 25 120 123

135 146 Frevelberg 149 Gallenberff 18 84 t Glockenberg 149 tGrundbere 75 Hahnberg 42 t Hedeberg 32 Heldberge 1

Heiliger Berg Gottes 113 fHezelberg 13 t Hopfenberg 32 85

B. Geographisches

Berg^ (t verschollene Namen)

Hoppelberg 74 79 171 502 1

Huy 2

t Jukenberg 85

Kellerberg 15

Kirchberg 86

Klusberge 9 46 50 503 f.

fLangenbcrg 47

Liskenberg 37

t Lorriesberg 85

t Nordberg 20 85

Orangenberg 74

Osterberg 15 141

Reinberg 82

fRingenoerg 20

Ruggenherg 20

tßandberg 13 20

Schäferberg 79

t Scheifebreide 75

fScIievenberg 20 Schiefe Berg 109 t Schmerberg 32 135 t Seeberg 46 fSnidalsoerg 20 tSöltersberg 85 t BperlingHJ&rg 502 Spie^elsberge b. OrtAcbaftsver-

zeichnis s. v. Halbcrstiidt Thekenberge 502 Tönnigsberg 75 502 tUberg 37 tVertalsberg 20 fWelberg 13 t Weiteberg 47 Werberg 146 t Wischeberg 46 t Wortberg 32

Assebach 2 18 109 112 502

Auebach 2 32

Bodo 2

Bruch 125 146 171

t Bruchgraben 15

Dendalsgraben 20

Dietze 2

Ecker 1 3 7 16 44 73 154

Goldbach 2 9 46 74 f. 129

HöUenspringbach 3

Hollemmc I f. 10 35 109 211

217 219 222 f. 502 Ilse If. 10 ff. 21 24 52 83 103

131 f. Kalbkebach 3 28 86 Landgraben 10 42 198 502 Marbei'ker Bach 2

Gew&HSer (t verschollene Namen)

I Medeborn 32

Mönchscraben 130

Mücken Dach 2 157 I Oberbach 185

Ocker 2 f. ; Ossenbach 85

Runstedter Bach 2 128

Saddebach 85

Sargstedter Graben 18 128

Scheelebach 2

Schiffgraben 2

Sohlenbach 2 157

Stiddebach 85

Stimmecke 3 11 144

Ströbecker Fliess 2 19 141

fSuderbom 50

Teiche: bei Bossleben 8 Wigenrode 15 Bersael 22 ,y Danstedt 27 Romsleger Teich 32 bei Harsleben 50 I^Angenstein 75 Lfittgenrodc 80 Ratsteich bei Balberstadi 212 Tiefenbach 9 fÜplinger Born 14 Walwyer Graben 2 14 fWelborn 37 42 Wernschc Born 85 Zieselbach 120

Geschichtliches, georaphisches and kunststatistiscfaes Begister

521

Dardesheim 7 12 f. 15 19 28

32 81 125 146 157 Halberstadt 8 9 ff. 18 18 24

42 46 74 80 109 112 128

141 149 163 388

Archidiaconate

Harzgatt 7

Kalme 124 138

Osterwieck 7 U 12 14 16 21

25 52 80 83 122 129 131

133 144

Stötterlingenburg 8 133 Utzleben 9 18 ff. 26 86 50 Westerode 10 11 13 ff. 44 74 82 120 154

a. Wüstungen

Adorp 8. Odorp Ailinge 7 Alstomesvdt 7 Appenrode 7 Archstede s. Ergsted t Balhom 7 175 Barsleben 369 Beck 7

Berwinkel 7 85 86 Bezheim 7 Biestede 7 Binzleben 7 Biscopingerode 7 f. Bodingerode 8 BoBleben 8 149 375 503 Brodesende 8 Bruchschauen 8 129 DeDrode s. Tönnicerode Diepen-Niendorf s.KleiQ'Nieii-

dorf Dingstorp 8 9 149 198 Dingelstedt s. Dingstorp Drondorp 8 Emersieben 8 f. Ercklev^ 9

Ergötedt 8 9 12 24 80 149 369 Erptingerode 9 Gerdekestorp 369 Glüsingen 9 Goddenhusen 9 86 42 Gundenesleve 869 Hannigeroth s. Heiriggeroth Harpstede 9 Hapkendorf 9 Heiriggeroth 10 Herebrect ingerode 10 Herlestorp 369 Hcsenberche 369 Hilgenroth s. Hulingerode Hilverdingerode 10 Hodal 428 Holienrode 10 Holtemmenditfurt 10 f. 114369

372 451 Hordeshusen 428 Hulingerode 11 175 Ikenr^e 11 Klein - Uarsleben 9 f. 16 114

215 369 437 Klein-Niendorf 12 175 Klein -Wehrstedt 14 kolbeck 8

Kreiendorf 11 47 149 Künlingen 215 Külingerode 18 179 Marbeck 2 12

Ortschaften

Mattenrode 11 f.

Nettorp 12

Niendorf bei Aspenstedt 12

Niendorf bei Emersieben 12

Niendorf bei Halberstadt 12

Nigendorp 369

Nordrode 12

Odorp 12

Onungendorf s. Niendorf bei

Aspenstedt Osterbek 7 12 Otterode 12 Badelingerode 12 Ram sieben 12

Redingerode s. Badelingerode Betiege 369 Bunstedt 2 12f. 15 128 340

869 Sievershausen 13 36 Stein 13 55 f. 146 Stenym s. Stein Sükum 18 Thidestorp 12 f. Tönnigerode 13 Üplingen 14 369 Uhrsleben 14 Unter-Zilly 15

Utzleben 14 18 36 42 114 128 Vatenstide 869 Vinkestorp 14 369 Volcsem 369 Walvy 2 14 85 Wedde s. Wetteborn Westerbek 7 14 52 85 f. Westerode 14 81 Wetteborn 14 369 Wibv 3 14 f. 46 f. Wichhausen 15 36 39 42 142 Wigenrode 11 15 369 Winzersdorf 15 Ziegersieve 15 Ziesel 15 55

b. noch vorhandene (ausser Halberstadt)

(Die mit * bexelclineteD gehören znm Kreite Halbcratadt)

Aachen 279

Achim 55 869

»Abbenrode 1 9 ff. 16 ff. 44

lOA

Adereleben 14 174 428 AlbrechUfelde 369 Altenrode 369 428 Aschersleben 175 f. 189 192

196 f. 200 ♦Aspenstedt 2 12 18 ff. 142 42§

♦Athenstedt 2 14 19 ff. 142

160 175 Badersleben 20 97 869 *Banerburg 152 Bernburg 428 ♦Berssel 2 8 11 f. 21 ff. 45 85

145 160 175 ♦Bexheim 24 32 34 f. Blankenburg 36 114 f 119 170

222

* Böhnshausen 8 f. 24 Bornecke 428 Bourees 261 Brandenburg 357 Braunschweig 18 32 55 93 115

134 142 145 175 ff. 19:{ 196 199 201 206 208 242 273 276 308 367 376 402 405

*Bühne 1 3 24ff. 115 123 135 155

Byzanz 178 272 274 291

Chalons 165

«Danstedt 2 8 14 18 20 26 50 142 150 175

♦Dardesheim 3 12 14 27 ff. 114 142

* Deershoim 2 7 12 20 24 3 1 ff 508 ♦Derenburg l 8 f. 13 ff. 35 ff.

114 117 196 422 435 508 f. Ditfurt 11 46 f. 142 Dräbeck 62 89 133 142 Einbeck 408 Emeringen 369 ♦Emersieben 1 f . 8 11 f. 42 ff.

109 149 176 428 Erfurt 198 f. 357 Florenz 261 Freiberg 828 331 f. Gandersheim 15 36 Georgenberg 174 Gemrode 11 142 f. 380 Giebichenstein 202

* Göddeckenrode 44 ff. 154 f. •Gottingen 196

Goslar 15 17 46 87 133 135

169 174 176 206 237 Groningen 149 202 357 f. 405

505 Gross-Dedeleben 12 ♦Gross-Quenstedt 2 15 43 46

109 ff. 149 f. 428 437 Hadmcrsleben 166 f. 436 Halle 203 303 417 Hamersleben 83 170 f. 825 390 ♦Harsleben 1 10 14 46 ff. 292

369 42S Hasselfelde 220

522

Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Register

HederRleben 46 Heiligendorf 369 Heimburg 115 Helmstedt 112 196 206 Hesseil 115 13i *Heudeber 1 50 ff. 114 157

175 193 369 435

* Heyken thal 12 Hildesheiju 196 201 206 230

237 V52 279 307 f. 326 357 Himmelpforte 50 »Hoppenstedt 12 52 f. 115 145

155 Hordorf 435 *Hornburg If. 7f. 10 ff. 53 ff.

82 85 120 122 145 f. 171f.

176 209 509 Huttenrode 369 Huyseburg 10 18f.'128 169f.

172 201 216 Icht-erahausen 140 Jena 368 Jerzheim 369 Ilsenburg 14 16 18 21f. 31 73 f.

87 125 f. 157 166 168 f. *l8ingerode 13 7 14 56 60 Kalbe a. S. 207 Kaltenbom 172 Kassel 171 Kissen brück 384

* Klein-Quenstedt 15 43 109

112 ff 149

* Klöpperkrug 3 156 Kloster Grönmgen 42 325 Kochstedt 407

Köln 171 193 384 Königslutter 308 Korn bürg 279 KonradsDurg 170 Konstanz 199 Korvey 42 Krottorf 109 Landau 504 Langein 2 9 12 74 «Langenstein 2 9 24 74 ff. 114

117 171 173 299 340 503 509 Leipzig 199 408 [511

London 261 Lübeck 187 252 Lüneburg 81

♦Lütgenrode 3 10 12 15 80 133 Magdeburg 167 169 171 175

178 196 199 201 203 206f.

209 228 237 252 290 303

356 376 401 f.

♦Mahndo'rf 8 f. 11 13 15 42

80 149 Mainz 171 175 200 203 f. 228

290 299 Mansfeld 236 Marienberg 112 Marienfeld 432^ Marienthal 7 Meissen 171 Merseburg 168 177 356 Metz 167 228 Meyendorf 369 Michaelstein 214 372 Minden 345 Minsleben 39 Münzenberg 9 221 503 *Mulmcke 7 50 81 175 Niendorf S69 Nienhagen 109 128 369 Nordliausen 384 Nürnberg 199 332 Obermühlheim , siehe Ost^r-

wieck 83 Oschersleben 366 429 435 Osnabrück 275 Osterbomecke 369 '^Osterode 12 15 55 81 369 *Osterwieck 1 f . 7 f. 12 14

64 83 ff. 114 129 f. 135 159

165 170 175f.l79 209f. 367

461 478 508 Posa 321 Prag 209 Pressburg 199 Quedlinburg 46 f. 167 175 f.

178 192 196f.200 207 228f.

332 380 461 Ravenna 261 Beddeber 369 *Begenstein 1 9 11 24 f. 28

32 114 ff. 122 125 f. 133 157

218 503 508 Reinhardsbrunn 170 *Rhoden 3 15 55 120 ff. Riddagshausen 432 f. ♦Rimbeck 3 7 13 115 122 f.

140 145 155 ♦Roclum 1 123ff. ♦Rohreheim 1 12 14 125 ff.

150 152 Salzburg 356

♦Sargstedt 2 10 18 128 f. 176 ♦Schauen 7 f. 10 f. 115 129 ff.

175 366 Schauenteichen 129

Schlanstedt 175 Bcböningen 428 Schwanebeck 109 429 *f Scligenstadt (?) 83 165 f. Silstedt 9

Sittichenbach 173 272 Soest 200

* Sonnenburg 1 St Denis 245 252 Stapelnburg 3 8 12 Stendal 307 ♦Stötterlingen 115 131 ff. 140

155

* Stötterlingenburg 11 f

15 25 32 52 56 80 85 87

115 122 130ff. 144 146 167

390 508 Stolberg 461 ♦Ströbeck 2 14 18 80 Hl ff.

175 198 ♦Suderode 10 f. 15 135 M4ff Suiten 369 ♦Tempelhof 1 f. Timmenrode 428 Toura 172 Troyes 252

♦Veitheim 8 13 55 146 ff. 369 Vienenburg 8 10 12 Vogelsdorf 9 Walbeck 404 Walkenried 87 115 129 f. 157

173 175 808 Wasserleben 2 129 Wechselburg 328 Weferiingen 203 Wegeleben 2 47 74 149 201

451 502 ♦Wehrstedt 11 14 4779148ff.

369 428 502 Wernigerode 8 20 35 50 106

115 142 157 206 f. 236 451

466 Westerbomecke 369 ♦Westerbui^ 9 12 32 125 f.

150 ff. 509 Westerhausen 369 428 Wiedelah 11 15 Wittenberg 206 Wöltingerode 25 Wolfenbüttel 208 368 Worms 172 228

* Wüli>erode 3 25 44 52 77

120 123 131 f. ]54ff. Würzburg 315 ♦Zilly If. 20 142 157 ff. 175

t Badstuben 223 226 311 f. 359

Broihan 186 480

Brunnen 500 f.

Bischöfliche Burg (Domplatz) 185 187 189 197 210 f. 218 f. 224 237 305 311 442 ff. 459

Domkapitel 18 25 f. 28 31 39 42 46 50 55 f. 60 77 81 84 124 128 130 Ulf 152 154 157 163 166 f. 174ff. 191 197 204f. 209 375 f. S87 401 410 422 435 f. 447 450

Halberstadt (f Untergegangenes)

Französiach-reformierte Kirche 220 408 f.

Höfe, geistliche:

Antoniushof 208 220 223 408 t Deutechherrnhof 208 t Gottesritterhof 9 221 428 Grauer Hof 114 214 369 372 t Templerhof 175 215 221 Tönjesnof 8. Antoniushof

j

Geschichtliches, geographisches und ktinststatistisches Register

523

fHaiis der armen BrQder 221 -j-HauB der blauen Beginen 221 Hospitäler 436-442:

tAlexiushospital 221 311 368 486 Elisabethhoepital s. Salvatorhoepita] t St. GeorgshoBpital 222 I^rosenhaus s. Siechenhof t Lud^rihospital 221 t Maria Magdalenenhospital 222 Salvatorhospitai 220 f. 292 439 f. Siechenhof 9 li4 203 217 423 441 f. Hospital St. Spiritus 111 149 173 182 207 209 436 ff. Innungen 186 f. Juden 184 187 191 200 f. 217 235 237 317

340 409 f. Kapellen und Kirchen, unterge- gan^genc: t Ägidiuskapelle 219 tAlexiuskapelle 311 368 fr. t Annenkapelle 219 t Elisabethkapelle s. Nicolaikai)elle t Jakobikapelle 215 355 fLampertuskapelle 219 224 t Lorenzkapelle 211 219 224 227 503 t Ludgerikapelle 166 227 233 235 269 t Kapelle B. Mariae Virginis 369 t Matemuskapelle 219 224 311 t Neustadter Kirche 292 439 f. t Nicolaikapelle 265 t Thomaskapelle 185 212 219 222 342 Kirchhöfe 215 219 221 f. 312 358 367 371

375 377 407 439 Klöster 410-436:

Barfusser - , Franziskaner - , Minoriten -,

Heiligekreuzkloster s. Andreaskloster t Kloster der willigen Armen s. TrüU-

kloster t Kloster der schwarzen Beginen 220 Cellitenkloeter s. Trüllkloster Dominicaner-, Pewlerkloster s. Katha-

rinenkloster t Franziskanerkloster, altes 219 Lollhardskloster s. Trüllkloster t Kloster der Marienknechte 114 174 206

220 f. Pfortenkloster 167 217 223 f. 237 270

436 441 Thomas-, Jakobikloster s. Burchardikloster tTrüllkloster 219 222 Andreaskloster 87 169 174 178 214 217 222 f. 278 306 309 369 373 410 ff. 508 Alt&re 412 ff. Altargerate 414 GestiOil 414 Glocken 412 Grabsteine 417 Leuchter 414 Kanzel 414 Klostergebäude 421 ff. Kunstwerke 415 f. Opferstock 414 Orgel 414 Burchardikloster 18 42 112 114 128 149 221 387 390 413 415 417 428 ff. 508 t AuHstattungsgegenstäude 434 f. t Klostergebäude 433

Katharinenkloster 208 422ff.

Altare 423 425

Ausstattungsgegenstande 425

Bibliothek 428

Klostergebäude 428

Kunstwerke 425 ff.

Siegel 422 Nicolaikloster 9 36 41 114 174 220 222 306 435 f. Martinikirche 172 181 195 197 206f 209f. 217 220 f. 358 369 377 387 ff. 436 452 472 508 Altäre 388 400 f. Altargeräte 390 401 ff. Chor 390 394 ff. 401 Fenster 390 ff. 396 Glocken 3^7 ff. Grabsteine 407 f. Kanzel 404 f. t Kapellen 890 407 Kunstwerke 396 407 Leuchter 405 ff. Orgel 405

Portale 390 394 401 407 Taufkessel 405 f. Tünne 387 390 ff. Petershof 153 169 205 211 224 442 ff. 509 Kapelle 445 f.

Plätze:

Fischmarkt 218 223 453 467 470 472 480

497 ff. Holzmarkt 187 195 217 f. 223 450 460

467 474 4S0 498 Johannisbrunnen 185 208 215 222 436

497 500 Kornmarkt s. Fisch markt Martiniplan 176 182 186 218 451 459 Neuer Markt 219 *

Paulsplan 359

littenklapp s. Johannisbrunnen Titusplatz s. Johannisbrunnen

Profanbauten: Gleimhaus 498 Kommisse 208 218 410 450 f. t Münze 205 218 Schuhhof 186 tBathaus, altes 181 f 184 195 197 215

218 390 401 437 451 f. 466 Rathaus, jetziges 184 214 218 401 450 ff.

460 508 Ratskeller 188 201 222 410 464 466 ff. t Richthaus 184 218 t Untergegangene 9 114 175 181 f. 184 f.

195 197 203 205 f. 208 211 f. 215 217 f.

220 222 f. 226 311 369 Wohnhäuser

Steinbauten 459 Fachwerkbauten 459 ff . 508 Zwicken 208 224 226 f. 447 ff.

Rat, bischöflicher 179 ff. 189 ff. städtischer 49 176 ff. 217 358 367 376 387 f. 401 407 422 429 435 437 441 502 f.

fRoland, alter 184 187 195 387

jetziger 184 187 195 197 218 451 458 f.

Sammlungen 499 f.

524

GeBchichtliches, geographisches und kunststatisiisches Register

Schulwesen 207 f. (vgl. auch bei den Stiftern, der Martinikirche und den Klöstern) Domschule 208 224 258 500 t JohannisBchule 371 t Liebirauen-Schule 308 f. Martineum s. Martinischule Martinischule 208 221 890 Moritzschule 876 Stephaneum s. Domschule

Stadtmauer 176 184f. 189 195 200 206 210 ff. 217 223 281 368 f. 375 f.

Stiftskirchen 223-387

Dom 8 28 49 1661 169 171 ff. 177 200 205 2071. 228—306 317 351 387 393 414 428 433 502 504 507 f. Adamssitz 249

Altare 28 269 ff. 292 294 f. 299 Altargerate 271 ff. Bauamt 222 234 f. 237 504 Baugeschichte 227-238 BUd werke 291 ff. Chor 231 ff. 252 ff. 264 270 ff. 277

279 f. 288 ff. 299 303 f. Chorgestühl 254 276 Dachreiter 248 255 268 Fenster 241 f. 245 248 252 255 f.

258 ff. 271

Glocken 172 229 f. 266 ff. Grabstätten und Epitaphien 299 ff. Kanzel 276 f.

Kapitelsaal, alter 229 f. 235 305 Kapitelsaal, neuer 226 236 249 254 ff.

258 266 280 290 295 299 t Keller 226 258 449 Kreuzgang 226 f. 231 238 f. 248 f. 252

255 ff 264 266 270 279 305 f Krypta 229 232 234 269 f. LettnA 251 f 254 264 276 290 294 350 Leuchter 278 ff. Malereien 295 ff. f Marienkapelle, alte 227 231 Marienkapelle, jetzige 235 2(7 252 ff.

260 f. 263 f. 271 278 ff. 292 300 Möbel 280 f. Münzsammlung 299 Neustadter Kapelle 227 236 f. 259

271 279 295 298 305 511 Orgel 277 f. t Paradies 231 240 Portale und Thüren 238 ff. 248 f. 254 f.

263 265 f. 270 279 449 Probstei s. Zwicken (Profanbauten) t Räume, zum Dom gehörig 226 f.

254 f. 259 299 Reliquien 271 ff. Remter 226 231 234 236 255 ff. Sakristei 227 255 271 295 Schatz 144 173 188 [280

Schatzkammer 227 231 234 249 256 Schmiedearbeiten 263 271 ff. Skulpturen 263 ff Spendetreppe 258 Stephanskapelle 226 230 232 235

258 f. 263 f. 271 280 Taufbecken 172 278 Törme 231 ff. 236 ff. 255 257 263 300

Verschiedene Kunstwerke 298 f Vorgeschichtliche Sammlung 299 Webereien 269 280 ff. t Westchor 228 f. 231 269

Johannisstift 9f. 13ff. 32 81f. 128 146 163 168 1701. 173 203 206f. 209 220 ff. 368-375 387 f. 486 452 500 5021

Altar 373

Altaigeräte 374

Bibliothek 368

Glasmalereien 373

Glocken 368 370 ff. 375

Grabsteine 374

Kanzel 373

Kapelle am Granen Hof 372

f Kapellen 371

t Altes Kloster 368 ff. 374

Kronleuditer 374

Namen 368

Orgel 373

ReUef 374

Stiftsgebäude 369

Taufetein 374

Liebfrauenstift 7 12 ff. 42 128 149 163 167 171 174 176f. 186 188 2061 211f. 219 221 223f. 227 233f. 264 266 273 279 f. 'zn 295 299 305-356 359 363 390 404 407 409 489 500 502 508

Ablasstafel 273 315 f.

Altäre 341 ff.

Altargeräte 346

AiTibonen 344

Barbarakapelle 309 312 317 321 339 f. 842 f. 350

Bauamt 317 f.

Bibliothek 312

Bildwerke 324 ff.

Chor 314 317 ff. 335 ff. 348 350 3531

Chorschranken 324 ff. 341

Fenster 319 323 356

Gemälde 318 320

Gestühl 3 13 f.

Gitter 324

Glocken 317 340 f.

Grabsteine 351 ff.

Kanzeln 344 f.

Katharinenkapelle 342

Katholische Kapelle 309 315 317320 341 f. 345 355

Kirche, alte 312 ff. 881

Kreuzgang 306 312 f. 315 317 £ 320 348 350 355 f.

Kunstgegenstände 291 349 ff.

Leuchter 345

Messgewänder 348

Orgel 345

Portale und Thüren 312 ff. 317 3191

Zugehörige Räume Ul f. 315 317

Reliquien 308 348

Remter 311 f. 356

Sakramentshäuschen 324

Schränke 280 347 f.

Siegel 309

Taufbecken 345

Türme 311 ff. 317 f. 340

Wandmalereien 309 317 320 326 ff.

j

Geschichtliches, geographisches und kanststatistisches Register

525

Moritzstift 8 14 20 42 74 149 168 170 174 177 185 207 209 215 218 f. 221 f. 292 306 817 859 369 f. 375-387 390 451 465 502 508

Alter Zustand 379 f. Altargeräte 384 Altare 876 384 Bildwerke 386 f. fBonifatiuskloster 375 Gestühl 384 f. Glocken 383 f. Grabsteine 387 Kanzel 380 385 t Kreuzgang 377 384 t Kurien 376 Leuchter 385 f. Orgel 385 Reliquien 386 Siegel 376

tStiflsgebäude 376 f. Taufstein 380 385 Webereien 386 Paulsstift II 14 42 149 163 169 ff. 174 207 209 217 f. 221 223 317 319 356—368 375 f. 390 404 508 512 f. t Altare 857 359 366 f. Bauamt 857 359 Bildwerke 363 ff. 512 f. t Bibliothek 358 367 t Gestühl 367 t Glocken 358 365 t Grabstatten und Epitaphien 367 f. t Kapellen 359 364 t Kreuzgang 358 f. 367 t Metallgeräte 367 t Orgeln 363 367 t Stiflsgebäude 356 ff. t Webereien 358 367 Strassen 9 46 185 f. 197 201 210 f. 214 ff. 219 ff. 311 371 877 408 f. 435 447 453 459 465 ff. Klein-Blankenburg 114 410 473 497 Vogtei 175 177 185 191 f. 196 f. 201 205 ^0 372 497 Synagoge 409 f.

Thore (Gebäude durchweg verschwunden): Breites Thor 211 221 355 369 Burgtreppe 210 222 224 Burehardithor 212 217 219 371 502 Drachenloch 211 224 Düsteres Thor 211 219 224 236 448 Gröperthor 185 222 502 f. Harsleber Thor 114 203 436 Johannisthor 176 212 223 318 502 Kühlinger Thor 203 206 212 Liebfrauenthor s. Drachenloch Peterstreppe 211 311 Steiles Thor s. Tränkethor Tränkethor 185 211 224 467 497 Wasserthor 211 221 223 439 473 Topographische Entwicklung der Stadt 185

Mühlen (t verschollene)

Abbenrode 18 tBerssel 24 Bexbeim 85

fBexheim 7 Bosleben 8 "Dardesheim 81 "Derenbnrg 41 "Emersleben 43 f. -Gr.Quenstedt 112 "Harsleben 46 f. 49

- * Holtemmenditfurt 11 "Hoppenstedt 52 "Homburg 56

- Kaisermühle 502

- Kl. Harsleben 10 fKreiendorf 11 t Langenstein 80 fLüttgenrode 80 t Magdeburger M. 222 f. 237 502 Molkenmable 11 502 fMordmüble 502 t Ölmühle 502 tOsterwieck 87 fOsterwieck (Vogelsmühle [s. Hoppenstedt!)

85 87 t Pfortenmüble 502 f Regenstein 117

Rossmühle 223 502

zu St. Johannes 502

zu St. Nicolas 502

teinfelder Mühle 3 7 Steinmühle 13 Sievershausen 13 t Spitalmühle 502 Veldens Mühle 10 fVinkestorp 14 t Wassermühle 502 tWehrstedt 149 f. 502 Wichhänsermühle 15 Wicholzmfihle 193 502 fZilly 160

MeiereieB

t Bosleben 8 fDanstedt 26 f Derenburg 41 -{-Klein Harsleben 10 •fRhoden 120 -j-Roclum 124 tRunstedt 13 fSargstedt 128 fStötterlingenburg 134 f. tStrobeck 18 148

-Thidestorp 13

-Utzleben 14

-Wehrstedt 149

Gerichts- und Dini^stätten

Derenburg 36

Dreiberg bei Dardesheim 28 Hartingau 114 Heudeber 50 114 Holtemmenditfurt 11 Klein-Harsleben 9 f. 114 Odorp 12 Osterwieck 88 114 Üplingen 14 Utzleben 14 18 114 128 ^ardeho 176 203 602 Wiby 14

n

526

0«8cliichtliclies, geogfräphisches und kunststatistisehes Begistef

C. Kunststatistisehes

Alte Verschanznngen und dergl.

fUhlenburg bei Berssel 24

Ümwalluog des Kirchhofes in Danstedt 27

t Befestigte Kirche in Utzleben 14

t ,, f, Wichhausen 15 39

Deer8heiin,Brü(lerberg(80gSchwedenBchanze)85

fDerenburg, Sohloss 36

t Kloster St. Dionys 39

Emersleben, Burg 44

fHarsleben, Altenburg 50

Heudeber, Schanzenburg 50

Hornburg, Burg 55 ff. 60 fi.

Isiugerode, Kingwall auf dem Orangenberge 74

Langenstein, alte Burg 74 ff. (Höhlenburg)

Osterode, Dorfbefestigung 82

Begenstein (Höhlenburg) 11 4 ff.

fSchloss Hartingau 114

tStötterlingenburg (bis 1106) 133

Wehrstedt, befestigter Kirchhof 150

Gross-Quenstedt, befestigter Kirchhof 112 150

Banerburg (Ringwall) 151 ff.

Westerburg 150 ff.

Zilly 158 f.

Stadtbefestigiingeii

Dardesheim 31

Derenburg 40

Halberst^tische s. Ortschaftsverzeichnis s. v.

Halberstadt Homburg 57 Osterwieck 86 f.

a) zu Gru

Dingstorp 8 Drondorp 8 Danstedt 27 Deersheim 32 Derenburg 42 ITtzleben 42 Mahndorf 42 80 Har^leben 49

Turme

nde gegangene

Osterode 82 Osterwieck (Drohn- turm) 85 Ströbeck 143 Veitheim 148 Dardesheim 28 Stötterlingen 132

b) noch vorhandene

(BurgtUnne auag«nchlaM«n)

Halberstadtische s. Ortschaftsverzeichnis s. v.

Halberntadt In Mulmke 81 In Ströbeck 143

Rathäuser

Dardesheim 31

t Derenburg (1425) 40 f.

Derenburg (1789) 40

Halberstadt, altes und neues s. Ortsverzeichnis

t Holtemmenditfurt (theatrum, spelhus 1246)

11 114 t Homburg (vor 1646) 56 t Osterwieck (theatrum 1267) 87 97 Osterwieck (17. Jahrb.) 97 f. t Ströbeck (18.Jahrh.) 142 tWiby (theatrum 1251) 14

Wohnhäuser

a) Dorfhäuser

3 18 21 24 26 f. 35 44 50 53 81 f. 112 122f 125 127 129 131 133 141 143 148 150 153 155 159 f.

459 f.

b) Stadthäuser a) steinerne

»

ß) Fachwerkbauten

Allgemeines 62ff. 98ff. 459ff. 509 Balkenköpte 63 466 ff. 480 Bemal ung 467 f. Blendarkaden 65 103 425 Bodenluken 63 480 Brustungsplatten 65 99 101 ff. 449 Einfluss auf den Steinbau 153 444 45i Erker und Ausluchten 63 497 Fällhöker 63 103 449 474 fi. 480 497 Fussstreben 64 f. 466 Konsolen 63 103 449 466 ff. 479 f. Konstmktion 461 f. 465 ff. Meisternamen siehe Künstlerverzeichnis Ornament, Entartetes 476 ff.

Geometrisches 466 471 474 f.

476 ff. 480

Menschliches 466 f. 470 ff. 480

Pflanzen 471 477

Tiere 467 472 477 Rosetten 65 99 444 476 ff. 480 idaumschwellen 63 103 449 466 ff. 480 Schiffskehlen 64 103 474 ff. Schutzbretter 467

Stander und Riegel 64 108 466 480 Thorfahrten 63 67 69 ff. 103 ff. 107 f 479 f.

4^8 491 495 Vorkragung 63 99 461 f.

Fachwerkbauten nach den Perioden 1. Periode bis etwa 1530

Halberstadt (12) 465 (Ratskeller 466 ff.) Hornburg (4) 66 Osterwieck 103 Rhoden 122

2. Periode etwa 1530— gegen 1600

Dardesheim (3) 31 Deersheim 35 Derenburg (2) 40 Halberstodt (146) 474 ff. Harsleben 50 Homburg (81) 66 ff. Osterwieck (54) 103 ff. Gr.- Quenstedt 112 Rhoden 122 Rimbeck (2) 123 Roclum 124 Ströbeck 144 Veitheim (4) 148 Wülperode 155

Qescbiclitliches, geographisches und kaaststatistisches Register

527

8. Periode etwa 1600— gegen 1650

Berssel 23 Dardesheim (12) 31 Deersheim (2) 35 Derenburg (5) 40 Halberstadt, Zwicken 449

(52) 495 Hornburg (11) 71 Osterwieck (27) 107 f. Rohrsheim 127

4. Periode gegen 1650-1800

Bühne (2) 26 Daitiesheim (150) 31 Derenburg 40 HalberBtadt (327) 496!.] Hoppeostedt 53 Hornburg (75) 71 Osterode 82 Osterwieck (30) 108 Gr-Quenstedt (5) 112 Rhoden 122 Stotteriingen 133 Ströbeck 144 Veitheim 148

Alt, aber nicht datierbar

Halberatadt (165) 497 Hornburg (12) 73 Osterwieck (11) 108

Hausmarken

Halberstadt 211 476 503 Hornburg 64 68 fT. Osterwieck 104 f.

Inschriften an Gebäuden

21 26 31 45 47 49 58 63 66 f. 69 ff. 73 82 101 if. 110 112f. 119 123 131 142 148 155 f. 158 f. 372 377 409 422 433 486 439 442 444 450 f. 455 f. 458 467 472 ff. 476 479 f. 484 490 495

Badstuben

Halberstadtische s. Ortschaftsverzeichnis s. v.

Halberstadt Osterwieck 87 Ströbeck 143 tWehrstedt 150

Brunnen

Halberstadt, Hölzmarkt (17. Jabrh.) 500 Johannisbrunnen 500 f Siechenhofgarten (18. Jahrh.) 442

ff

Merkwürdige Steine

Aspenstedt, Stein an der Klopstockquelle 19 Deersheim, Opferplatte 35 Derenburg/ Hünensteine 42

y, Steinkreuz 42

Halberstadt, t<ii^ langep Matze 195

Lügenstein 513

Tönnigsatein (1537) 502

Grenzsteine 502

Spi^elsberge, Verschiedenes 505 fHarsleben, Sieben Kreuze 46

„der Stein" 46

fKl. Harsieben, Frohnenstein 10 tHoltemmenditfurt, Heiligtumstein 11 502 t Langenstein, Grenzsteine 75

Obelisk 79 Boclum'' Stein mit Kreuz (1507) 125

Kirchliches

Patronatsheilige

Ägidius (t Halberstadt, Kapelle)

Alexius (t Halberstadt, Hospital, f Kapelle)

Andreas (Abbenrode. Halberstadt, Kloster)

Anna (f Dardesheim , Klus. f Halberstadt, Kapelle, f Kapelle im Trüllkloster. Kapelle an der Moritzsirche)

Antonius (f Halberstadt, Kloster)

Barbara (Halberstadt, Kapelle in der Lieb- frauen-Kirche, t Kapelle in der Martini- kircbe)

Bartholomäus (Halberstadt, Hospitalkapelle St. Spiritus)

Bonifatius ^Halberstadt, Moritzstift)

Briccius (Zilly)

Bnrchard (Halberstadt, Kloster)

Dionysius (f Derenburg, Kloster)

Dreieinigkeit (Derenburg)

Elisabeth (Halberstadt, Hospital)

Georg (t Halberstadt, Hospital)

Heiland (Halberstadt, Salvatorhospital)

Heiliger Geist (f Hornburg, Kapelle. Halber- staat, Hospital)

Johannes d. T. (f Halberstadt, Hospital, f ^1- Harsieben. j Holtemmenditfurt)

Johannes d. Ev. (Halberstadt, Johann isatifb. t Kl.-Harsleben)

Jakobus (t Halberstadt, Kai>elle. f Kloster)

Katharina (Derenburg, Hospital. Halberstadt, Liebfr.-K., Kapelle. Katharinen-Kloster)

Katharina von Alexandria (f Halberstadt, Kapelle)

Lampertus (f Halberstadt, Kapelle)

Laurentius (Gr.-Quenstedt, L.-Kirche. Stötter- lingenburg. Wehrstedt. f Halberstadt, Kapelle)

Liudffer (fHalberstadt, Kapelle am Dom. t Hospital)

Margarethe (f Johanniskapelle am Grauen Hofe)

Maria (Derenburg, Pfarrkirche. fHeudeber, Kapelle. Hornburg, Stadtkirqhe. f Langen- stein, t Osterwieck. f StÖtterlingenburg, Kapelle, f^üly- Halberstadt, Lieofraueu- stift. Dom, Neustadter Kapelle, f Kloster der Marienkiiechte. f Dom, Kapelle. Kapelle am Chor, t Kapelle bei der Johanniskirche. t Johannishospital. f Kapelle an der Martini- kirche, t Kapelle ausserhalb der Stadt)

Maria Magdalena (f Nordrode, f Hornburg, Schlosskapelle. f Halberstadt , Hospital. Kapelle in der Liebfr.-Kirche. f Kapelle bei der Johanniskirche)

Martin (Halberstadt, Pfarrkirche. t^^P^i^^ an der Moritzkirche)

Maternus (f Halberstadt, Kapelle)

528

Oescliicbtlichos, geographisches und kunststatistisches Register

Moritz (Halberstadt, Moritzstift)

Nicolaug (OsterwieckyNic.-Kirche. fRegenstein,

Burakapelle. f Stötterlingenburg , Kapelle.

Haloerstadt, Kloster. t^^^P^^^^* t Kapelle

an der Moritzkircbe) Nothburgis (Halberstadt, Petershofkapelle) Pancratius (fStröbeck) Paulus (Osterode. Halberstadt, Stift, f Kapelle

am Dom) Petrus (Emersleben. f^^i^Icben. Osterode.

Gr. Quenstedt, P.- Kirche, t l^alberstadt,

Kapelle am Dom. Burgkapelle) Remigius (Veitheim) Simon und Judas fHarsleben) Sixtus (t Halberstadt, Dom, Westchor) Stephan (Dardesheim. Halberstadt, Domstift.

Hoppenstedt. f Homburg , Stadtkapelle.

StÖtterlingenburg. Osterwieck, Pfarrkirche) Thomas (f Halberstadt, Kapelle. Burchardi-

kloster) Thomas von Canterbury (f Halberstadt. Kapelle) Ulrich (Danstedt) Urban (Aspenstedt) Veit (Rhoden) Vincenz (Wehrstedt)

Hospit&ler

Dardesheim 30 Derenbure 36 39

Halberstädtische s. Ortsregister s. y. Halber- stadt Hornburg 56 Wehrstedt 150

Klangen

fbei Dardesheim 30

bei Halberstodt 10 503 f.

t auf dem Nicolaikirchhofe, Odterwieck 87

fin Zilly 160

Kloster

Abbenrode

St. Bonifaz bei Halberstadt

Halberstadtische s. im Ortschaftsverzeichnis

8. V. Halberstadt Osterwieck, Kl. der grauen Mönche StÖtterlingenburg

Kirchen nnd Kapellen

a) zu Grunde gegangene

Berssel 24

Biscoplngeroth, Kapelle (bis 1312) 7

Böhnshausen 24

Bosleben 8

Bruchschauen, Kirche (bis 1309) 8 130

Dardesheim, Klus 30

Dardesheim (St. Stephan!) 28

Derenburg, befestigt gewesen (St. Dionys) 36 39

Ergstedt 9

Hfuberstadt s. Ortschaftsverzeichnis die mit f

bezeichneten Gebäude Harsleben (St. Petri) 46 Heiriggeroth 10

Heudeber (Liebfrauenkapelle) 51 Hilverdingerode 10 Holtemmenditfurt (St. Johannes Bapt.) 10

Hornburg (Burgka^elle St. Msriae Magda- lenae) 55 60

(Kapelle St. Spiritus) 60

^Stadtkapelle St. Stephan) 57 Klein-Harsleben (St. Johannis) 9 Kreiendorf 11

Langenstein (Burgkapelle) 77

(St. Marien) 75 Lüt^nrode (Kirche) 80 Mahndorf fKirche) 80 Mulmcke (Kirche) 81

Niendorf b. Emersleben (romanisch, erbaut

vor 1187) 12 Nordrode (St. Mariae Magdalenae) 12 Osterbek 12 Osterwieck (Kapelle auf dem St Stephaos-

kirchhof) 87

(Klus auf dem Nicolaikirchhof) 87

(Liebfrauenkirche vorm Kapellentbor) 87 Begensteln, Kapelle (St. Nicolai?) 119

Kirche (1756) 117 ' Rhoden, Kapelle (vor 1589) 120 Boclum, Kapelle (romanisch) 124 Bunstedt (St.Liudger) 13 Steinum 13

Ströbeck, Kirche St. Pancratii im Nordeodorf 142

Liebfrauenkapelle im Sudendorf (roma- nisch?) 143

Suderode, Kirche (bis 1859) 145

Üplingen 14

Utzleben (befestigt gewesen) 14

Westerode 14

Wibv, Kapelle 14

Wichhausen (Kloster, befestigt gewesra) 15 S9

Wülperode, Schlosskapelle (noch 1589) 155

Ziesel, Kapelle 15

Zilly, Küdie StBricdi 157

Klus im Niedemdorf (vor 1564) 160

b) noch vorhandene Abbenrode (Kalkbruchstein; romanisch bis

Barock; Chor %) 17 Aspenstedt (Sandi>nichstein; romanisch; Chor

noriz.) 19 Athenstedt (Kalkbruchstein; Renaissance bb

Rococo; Chor *7,) 20 Berssel (Kalkbruchstein ; romanisch, spatgoUach

bis Barock ; Chor %) 22 Bühne (Rogenstein; 1Ö.—17. Jh.; Chor«/,) 25 Danstedt (Kalkbruchstein; romanisch, Rococo;

Chor %) 26 f. Dardesheim (modern) 28 Deersheim (Muschelkalkbruchsteio ; romanisch,

modern) 32 f. Bexheim (Muschelkalkbruchstein; romanisch;

Chor Halbkr.) 34 Derenburg, Pfarrkirche (Bruchstein ; romanisch,

Rococo; Chor 7,) 37 Derenburg, Kalandkapeile (Bosenstein ; gotisch

bis spatgotisch; CShor horiz.) 38 f Derenburg, Hospitalkapelle (Sandstein; Rooooo)

89 £mersleben(Kalkbruohstein ; romanisch^oooco;

Chor horiz.) 43 Göddeckenrode (Kalkbruchstein; romanisch, Rococo) 45

Q^schichÜiches, geographiBches und konatsiatistisches Begister

529

Halberstadt (Seitenzahlen im Ortsrerzeichnis) :

Dom (Kalkstein, frflh- bis spätgotiBch, Ghorechl. ]x>l7gonal mit angesetzter öst- licher Ka])elle, dreischiffig)

Liebfrauenkirche (Kalkstein; romanisch, 8 Apsiden, dreischiffig, Hirsaner Schema)

Paulskirche (romanische Teile Kalkstein, spatere Sockel Kalkstein; oben Sand- Steinquadern, romanisch bis spätgotisch; Oiorstuhl polygonal, dreischimg,üir8auer Sdiema)

Johanniskirche (Facbwerkbau ; Glocken- turm abgesondert, Chor polygonal,

17. Jahrh.)

Moritzkirche (Kalkstein; romanisch, drei- schiffig; Chor horiz.)

Martinikirche (Turm: Kalksteinquadern ; Schiff: Sockel, Kalk; oben Sandstein, frfih- bis spätjrotisch ; Chor polygonal, dreischiffiff, Hirsauer Schema)

Pranzos.- reformierte Kirche (Sandstein;

18. Jiüirh., Centralbau)

Synagoge (Sandstein; 17. Jahrb., Central- bau mit Kuppel)

Andreaskirche (Sandsteinquadem ; gotisch, Schiff dreisohiffig; Chor polygonal)

Katharinenkirche (Sockel Kalk-, sonst Sandstein ; gotisch , Schiff dreischif&g)

Buichardikloeter (Kalkbmchstein , roma- nisch, dreischiffiff, Hirsauer Schema; ChorschlusB gerade) ' Nicolaikirche (Sandsteinquadem ; gotisch ; Chor polygonal)

Hospitaudrche St Spiritus (Sandstein; fimgotisch, gerader Schluss)

Siechenhofkapelle (Sandstein; romanisch bis gotisch, eerader Schluss)

Petershof kapelle (Sandstein, gotisch ; Chor- schluss polygonal)

Barsleben (Sandsteinquadem ; romanisch ; spät- gotisch, Renaissance; Chor %) 47 f.

Heudeber (modern) 50

Bc^ppensteat (Kaikbrucfastein , romanisch, er- neuert; Chor horiz.) 52

Homburg (Kalkbrachstein, Renaissance; Chor

Langenstein (modern) 76 [^/s) 58

Oetcffode (Feldstein, romanisch bis Barock) 82

Osterwieck, Stephanikirche (Kalkstein; roma- nisch bis spätgotisch ; Chor ^Z,) 89

Osterwieck , Nicolaikirche (Kalkbruchstein ; Ecken ge<}uadert, frOhgotisch bis spätgotisch ; Chor honz.) 95 f.

Osterwieck, kath. Kirche (modern) 97

Or.-Quenstedt, Petrikirche (Kalkstein; roma- msdi bis Renaissance ; Decke Holz, polygonal ; Chor horiz.^ 110

Or.-Quenstedt, Laurentiuskirche (Kalkbruch- stein, romanisch bis spätbarock ; Chor horiz.) 111

Kl.-Quenstedt (Feldstein; Ecken Sandstein- quadem, frfihromanisch , spätgotisch bis Rococo; Chor •/,) 113

Bhoden (Quadern, verputzt; romanisch, Über- gang, 18. Jahrb.; Chor horiz.) 121

Rimb^k (Rogenstein, Kalkstein; Renaissance, Rocooo; Chor 7,) 123

Krtta Halb«ntiult.

Roclum (Kalkbruchstein; romanisch, modern)

124 Rohrsheim ( Kalkbmchstein ; romanisch, Rococo ;

Chor horiz.) 126 SargBtedt (Kalkbruchstein ; romanisch, modern)

128 Schauen (Feldstein, 1690) 130 Stötterlingen (Bruch- und Feldsteine, romanisch

bis Rococo; Chor 7.) 132 Stötterlingenbui^ (KalKbruchstein ; romanisch,

Renaissance, Hireauer Schema; Chor Halbkr.)

137 Strobeck (modem) 142 f. Suderode (modem) 145 Veitheim (Sandstein, romanisch bis Renaissance

[zweischiffigl]; Chor; «/,) 146 f. Wehrstedt (Turm unten Kalksteinquadern,

oben und Schiff Sandstdnquadern ; romanisch,

Schiff später erneuert Chor ^/,) 149 f. Wfilperode (Fachwerk, 18. Jahrb.; Chor horiz.)

155 Zilly (modern) 157

(Krypten fehlen durchweg)

KirchtnrnifornieB (moderne ausgeschlossen)

Satteldach: Deersheim (Südturm), Klein- Quenstedt, Stötterlingen

Walm: Bühne (mit Dachreiter), Derenburg (KatharinenkapeUe), Hoppenstedt (Fachwerk), Gross - Quenstedt (Laurentii), Wehrstedt, Halberstadt, Moritzkirche (Doppelturm)

Welsche Haube: Abbenrode, Athenstedt> Berssel, Emersleben, (}5ddeckenrode, Hars- leben, Homburg, Gross - Quenstedt (Petri), Rhoden, Rimbedr, Roclum, Schauen

Dachreiter: Bühne, Veltheim, Wülperode, Halberstadt: Dom,Andreaskirche,Katharinen- kirche, Siechenhofkapelle

Hölzerne Pyramide (zumeist beschiefert) , Aspenstedt, Dansted t, Deersheim (Nordturiii): Derenburg f Doppelturm) , Osterode, Oster- wieck (Stephan!, Doppelturm), Osterwieck (Nicolai), Rohrsheim, Sar^tedt, Stötter- lingenburg (Doppelturm), Hdberstadt: Dom (Donpelturm, Kupferdeckung), Liebfrauen- kirche (viertürmig, Bleideckungi, Paulskirche (Dop|)dturm) , Johanniskirche (abgetrennt), Martinikirche (ungleiche Doppeltürme, Blei- deckung)

Kuppel: Halberstadt, Synagoge

Wichtige Portale

(wo nichts anderes gesagt, von Kirchen)

Berssel (1488) 22

Bezheim (romanisch) 34

Deersheim (Steinackerhof, spätgotisch) 35

Derenburg (Kalandkapelle, eotisch) 38 (Privathaus, 15. Jahrb.) 41

Emersleben (2, 18. Jahrh.) 43

Qöddeckenrode (18. Jahrh.; 45

Halberstadt, Dom (1 frühgotisch) 240 Dom (1 spatgotisch) 248 Liebfrauenkirche (1 gotisch^ 312

p (2 romanisch) 820

Paulskirche (1 romanisch; 1 gotisch) 859 Martinikirche (3 frühgotisch) 396

34

530

Geschichtliches, geographisches und knnststatistisches Begister

FranzÖs.-reforin. Kirche (Rococo) 408

Synagoge (2 18. Jahrb.) 409

Andreaakirche (gotisch) 412

Eatharinenkirche (gotisch) 423

Burchardik] oster (1 romanisch; 1 früh- gotisch) 433

Heiligengeisthofipital (Rococo) 437

Siechenhof (spa^otisch) 441

Petershof (Renaissance) 444

Kommisse (17. Jahrh.) 450 f.

Rathaus (2 gotisch) 453

Wohnhäuser (18. Jshrh.) 459

Spiegelsches Ja^schloss (1606) 505

Spiegeische Kune (am Lichtengraben , 18. JÄrh.) 459 Homburg (2 spaf gotisch, 2 Renaissance) 58 Langenstein (Schloss, ) 8. Jahrh.) 79 Mahndorf (Gutsgebäude, Renaissance) 80 Osterwieck (Btepnanikirche, romanisch ; 2 spät- gotisch, 1 18. Jahrh.) 89 f. Rhoden (spätromanisch) 121 Rimbeck (spätgotisch) 123 Rohrsheim (spatromanisch) 126 Westerburg (2 Renaissance) 153

Kirohendecken

a) gerade Holzdecken

Derenburg (Kalandkapelle) 38 Derenburg (Hospitalkapelle) 39 Halberstadtf Lieofrauenkiraie

Paulskirche

Moritzkirche

Katharinen kirche

Burchardikirc'he (Schiff) Siechenhofkapelle

Harsleben 48 Hoppenstedt 52 Osterwieck (Nicolaikirche) 95 Schauen (Altarraum) 130 ' Stotterlingen 132

b) gerade Holzdecken mit seitlicher

Abschrägung

Halberstadt, Johanniskirche

Harsleben 4iB

Gr.-Quenstedt (Laurentiikirche) 111

c) gewölbte Holzdecken

Ahbenrode 17

Aspenstedt 19

Athenstedt 20

Berssel 22

Bühne 25

Danstedt 26

Derenburg (Pfarrkirche) 37

Emersleben 43

Göddeckenrode 45

Halberstadt, Synagoge (Kuppel) Bnrcharaikirche (Chor)

Hospitalkirche St. Spiritus

Osterode 82

Gr.-Quenstedt (Petrikirche) 110

Kl.-Quenstedt 113

Rhoden 121

Rimbeck 123

Roclum 124

Rohrsheim 126

»>

>t

ff

Schauen (Schiff) 130 Stötterlingenburg 137 Wehrstedt 150 Wülperode 155

d) Steingewolbe

Halberstadt, Dom

Andreaskirche

Martinikirche

Nicolaikirdie Petershofkapelle

Hornbure 58 «

Osterwieck (Stephanikirche) 89 Veitheim 147

Wertvolle Heizdecken (unbemalt)

Halberstadt, Andreaskloster (spätgotisch) 421

Johanniskirche (17. Jahrh.) 373

Harsleben (1601) 48 Westerburg (16. Jahrh.) 154

Stnckdecken

Halberstadt, Synagoge 410

Privathäuser 493 Spiegelsches Jagdschloss 504

ff

Sakramentsgeb&use

Halberstadt, Dom (11 gotisch, 1 spätgotisch)

263 Lbfr. (frühgotisch) 324

Gr.-Quenstedt (Petri, gotisch, 2; HO Rhoden (gotisch) 122 Stötterlingenburg (spätgotisch) 138 f. Wehistedt (spätgotisch) 150

KrejiEgBSLge

Halberstadt, Dom (13. Jahrh.) 256 ff. 305

Lbfr. (gotisch) 312 f. 350 355 f. Andreaskloster (gotisch) 421 Katharinenkloster (gotisch) 428

>i

>}

AltSre (im ganzen 66)

(wo niehti änderet bemtrkt, in Hols getchnltst, iinb«aotit» Flfigelaltlr» nicht mitgerechnet)

Abbenrode (Triptychon, 15. Jahrh.) 17 Aspenstedt (18. Jahrhundert, m. eingebauter

Kanzel) 19 Athenstedt (18. Jahrhundert, m. eingebauter

Kanzel) 20 Berssel (17. Jahrh.) 22 Bezheim (romanisch, Kalkstein) 84 Bexheim (Triptychon, 15. Jahrh.) 34 Bühne (1857) 25

Danstedt (m. eingebauter Kanzel, 18. Jahr- hundert) 27 Danstedt (Triptychon, 15. Jahrh.) 27 Emersleben (m. eingebauter Kanzel, 1742) 4S Oöddeckenrode <m. eingebauter Kanzel, 1720)45 Halberstadt, Dom (13) 271

Lbfr. (9) 343

Johanniskirche (17. Jahrh.) 878

Martmikirche (1696) 400 f.

Andreaskirche (1 spätgotisdi, italieniflch; 4 aus dem 18. Jahrh.) 412 £

Katharinenkirche (3 aus dem 18. Jahih.)425

Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Begister

531

Hospital 8t. Spiritus (Ende 17. Jahrh.,

mit eingebauter Kanzel) 439 Siechenhofkapelle (1612) 441

Harsleben (18. Jahrh., m. eingebauter Kanzel des 16. Jahrhunderts) 49

Hoppenstedt (Triptychon, 15. Jahrh.) 53

Hornburg (1617) 59

Langenstein (IS. Jahrh.) 76

Osterode (m. eingebauter Kanzel, 18. Jahr- hundert) 82

Osterwieck, Stephanikirche (doppeltes Tripty- chon, 15. Jahrh.) 91

Osterwieck.I^icolai ( 14. Jahrh., Triptychon) 96

Osterwieck, kath. Kirche (17. Jahrh.) 97

Or.-Quenstedt, StPetri (18. Jahrh., mit ein- gebauter Kanzel) 110

Or.-Quenstedt, St.Laurentii (17. Jahrh.) 112

Kl.-<^uen8tedt (18. Jahrh., mit eingebauter Kanzel) 113

Elioden (m. eingebauter Kanzel, 1734) 121

Bimbeck (m. eingebauter Kanzel, 18. Jahrh.) 128

fiohrsheim (1661) 127

Schauen (18. Jahrh.) 131

•StÖtterlingen (m. eingebauter Kanzel, 18. Jahr- hundert) 132

StÖtterlingenburg (Triptychon, 16. Jahrh.) 140

Veitheim (1698) 147

Wehrstedt (m. eingebauter Kanzel, 1701) 150

Westerburg (17. Jimrh., m. eingebauter Kanzel) 154

Wülperode (18. Jahrh.) 155

Klappaltftre (im ganzen 28)

Abbenrode (15. Jahrh.) 17 Danstedt (15. Jahrh.) 27 Deersheim (15. Jahrh.) 34 Halberstadt, Dom (Narwalhorn, 13. Jahrh.) 291; (16 teils ganz, teils in Besten, 15. bis 16. Jahrh.) 291 f. 296 ff.; (fünfteiüg, Anf. 16. Jahrh.) 295 Lbfr. (15. Jahrh.) 350 Moritzkirche (nur Mitte, 16. Jahrh.) 386 Hoppenstedt (15. Jahrh.) 53 Homburg (15. Jahrh.) 60 Osterwieck, St. Stephan! (fünfteilig, 15. Jahr- hundert) 91

St. Nicolai (14. Jahrh.) 96 Stotterlingenburg (16. Jahrh.) 140

Krasifixe

s. Gegenstande der bildlichen Darstellung 1 b. 8. Y. Kreuzigung

Kanzeln (im ganzen 35)

Abbenrode (18. Jahrh.) 17 Aspenstedt (im Altar, 18. Jahrh.) 19 Athenstedt (im Altar, 17.— 18. Jahrh.) 20 Berssel (17. Jahrh.) 23 Danstedt (im Altar, 18. Jahrh.) 27 Emersleben (im Altar, vor 1742, mit Intar- sien) 43 Oöddeckenrode (im Altar, 1720) 45

Halberstadt, Dom (1598) 277

Johanniskirche (1653-80) 373 Moritzkirche (17. Jahrh., verdorben) 385 Martinikirche (16. Jahrh., überarbeitet

1690) 404 f. Synagoge (17. Jahrh.) 410 Andreaskirche (17. Jahrh.) 414 Katharinenkirche (17 Jahrh., Deckel desgl.

aber jünger) 425 Hospital St. Spiritus (im Altar, 17. Jahrh.)

439 Siechenhofkapelle (1682) 442

Harsleben (im Altar, mit Intarsien; Ende 16. Jahrh) 49

Hoppenstedt (1692) 53

Homburg (1616) 59

Langenstein (18. Jahrh.) 76

Osterode (im Altar, 18. Jahrh.) 82

Osterwieck, Stephan! (gegen 1570) 92 Nicolai (1664) 96

Gr.-Quenstedt, Petri (im Altar, 18. Jahrh.) 110 Laurentii (17. Jahrh.) 112

Kl.-Quenstedt (im Altar, 18. Jahrh.) 113

Rhoden (im Altar, 1734) 121

Rimbeck (im Altar, 18. Jahrh.) 123

Rohrsheim (17. Jahrh.) 127

Stotterlingen (im Altar, 18. Jahrh.) 132

Stötterlingenburg (16. Jahrh.) 139

Veitheim ^17. Jahrh.) 147

Wehrstedt (im Altar, 1701) 150

Westerburg (im Altar, £nde 17. Jahrh.) 154

Wülperode (18. Jahrh.) 155

Gestühle nnd Emporen

Abbenrode (18. Jahrh.) 17 Aspenstedt (17. Jahrh.) 19 Atnenstedt (18. Jahrh.) 21 Bahne (18. Jahrh.) 25 Halberstadt, Dom (15. Jahrh.) 276 Lbir. (15. Jahrh.) 348 f. Moritzkirche (15. Jahrh.) 384 f. Andreaskirche (17 -18. Jahrh.) 414 Katharinenkirche (18. Jahrh.) 425 Hospital St. Spiritus (Emporen 17. Jahrh.) 439 Hornburg (17. Jahrb., Emporen 1666) 59 Osterwieck, Stephanikirche (Oestühl ca. 1620, Emix)ren 1575) 92 Nicoiaikirche (Gestühl Anfang

17. Jahrb., Emporen älter) 96 Gr.-Quenstedt, Petrikirche (18. Jahrh.) 110 Rohrsheim (ca. 1660) 127 Stötterlingenburg (1657, Malereien 18. Jahrh.)

139 Veitheim (17. Jahrh.) 147 Wehrstedt (ca. 1620) 150

Orgeln (im ganzen 24)

Abbenrode (1708) 17 Aspenstedt (18. Jahrb.) 19 Athenstedt (18. Jahrh.) 21 Dardesheim (18. Jahrh.) 28 Derenburg (1589) 38 Emersleben (1750) 43 Halberstadt, Dom (1718) 278

Johanniskirche (17. Jahrh.) 373

34»

532

Geschichtliclies, geographisches und kuDststatistisches Register

Moritzkirche (1786) 985

Martinikirche (17. Jahrh., hergestellt 1770)

405 Andreaskirche (18. Jahrh.) 414 Eatharinenkirche (17. Jahrh.) 425 Hospital 8t. 8piritu8 (Ende 17. Jahrh.) 439 Siechenhofkapelle (17. Jahrh.) 442

Harsleben (18. Jahrh.) 49

Hornhurg (18. Jahrh.) 59

Langenstein (m. Teilen aus dem 18. Jahrh.) 76

Or.-Quenstedt (m. Teilen aus d. 18. Jahrh.) 110

Kl.-Quen8tedt (18. Jahrh.) 113

Bodum (gegen 1760) 124

Bohrsheim (18. Jahrh.) 127

Schauen (1778) 131

St5tterlingen (17. Jahrh.) 132

Wehrstedt (18. Jahrh.) 150

Tanfsteine (im ganzen 24)

Bexheim (romanisch) 35 Derenburg (Sandstein, 1579) 38 Emersleben (18. Jahrh.) 43 GÖddeckenrode (Kalkstein, romanisch) 45 Halberstadt, Dom (Marmor, 12. Jahrh.) 278

Dom (Bronce, gotisch) 278

Lbfr. (Bronce, 1614) 345

Johanniskirche (Bronce, 13. Jahrh.) 374

Moritzkirche (Sandstein, 17. Jahrh. , ver- dorben) 385

Martinikirche fBronce, 13. Jahrh.) 405 f.

Eatharinenkirche (Marmor, 17. Jahrh.) 425 Harsleben (Sandstein 1602) 48 f. Homburg (Sandstein, 1581) 59 Osterwieck, Stephani (Bronce, 13. Jahrh.) 92 f. Gr.-Quenstedt, JPetri (Holz, 18. Jahrh.) 110

Laurentii (Holz, 18. Jahrh.) 112

Laurentii (Kalkstein, 1581) 112 Bhoden (romanisch) 121 Boclum (romanisch, Fragment) 124 StötterUngen (Holz, 17. Jahrh.) 133 Stötterlingenburg (Holz, 17. Jahrh.) 140 Suderode (Sandstein, 1592; Fragment) 145 Wehrstedt (Holz, 18. Jahrh.) 150 Wülperode (Holz, 18. Jahrh.) 155

Tvnfeilgel (im ganzen 5)

Hoppenstedt (Ende 17. Jahrh.) 53 Osterode (18. Jahrh.) 82 Bimbeck (18. Jahrh.) 123 Veitheim (18. Jahrh.) 147 Westerburg (18. Jahrh.) 154

Grabplatten und Erinnerungstafeln

(im guiten 236, m. B. bedeutet mit Bildnii) 13. Jahrhundert. Stein (1) Halberstadt, Ratskeller (m. B.) 467

15. Jahrhundert. Bronce (2): Halberstadt, Dom (2 m. B.) 302

Stein (5):

Halberstadt, Dom (m. R) 303

liebfraaenkirche (4'm.B.J 351 355

16. Jahrhundert Stein (46):

Deersheim (m. B.) 34 Emersleben (4 m. B.) 43 f. Halberstadt, Dom (4 m. B.) 303

Liebfr.-Kirche (17, davon 14 m.6., wobei 2 mit 2 Bildnissen) 351

Martinikirche (5 m. B.) 408 Homburg (3 m. B) 60 Langenstein (m. B.) 77 Osterwieck (Stephanikirche 5, davon 4 m. B.

94 f. Bohrsheim (m.B.) 127 Snderode (m.R) 145 f. Veitheim ^2, davon 1 m. B.) 148 Wehrstedt 150 Wülperode (Klöpperkrug, m. B) 156

Holz (1): Osterwieck, Stadtkirche 95

Bronce (6): Halberstadt, Dom (6 m. B.) 302 f.

17. Jahrhundert Stein (65):

Berssel (m. B,) 23

Halberstadt, Dom (18, davon 15 m. B.) 303

LiebfV.-Eirche (17, davon 9 m.B., wobei 1 mit 3 BUdnissen) 351 355

Johanniskirche (2) 374

Martinikirche (11, davon 4 m.B.) 408

Salvatorhospital (2) 440 Harsleben 49

Osterwieck (Stephanik. 10, davon 2 m. B.) 9S Bhoden (m.B.) 122 Boclum 125 Wehrstedt 150

Bronee (2): Halberstadt, Dom (2, davon 1 m. 6.) 303

Gedächtnistafeln von Holz (29):

Halberstadt, Dom (m. 2 B) 803

Liebfr.-Eirche (2 n. B.) 355

Martinikirche (4) 406 Homburg, Stadtkiiche (6 m. B.) 60 Osterwieck, Stodtkirche (10) 95 Bohrsheim (3 m. R) 127 Vdtheim (3 m.B.) 148

18. Jahrhundert (81):

Deersheim (4) 341. Halberstadt, Dom (50) 308

liebfrauenkircuie (11) 351

Johanniskirche 374

Moritzkirche (2) 387

Martinikirche 409

Andreaskirche (m. B.) 417 Harsleben (2) 49 Langenstein 77 Bhoden 122

Stötterlingenburg (5) 141 Hornbnrg (Holz, m. B.) 60 Langenstein (Holz) 77

Geschichtlicliefl, geographisches und knnststatistisches Begister

583

SknlptQren

a) Holz

(b. auch Altare, Fach werkbauten [AÜgemeiiiee],

Grabplatten, Kanzeln, Klappaltäre, Kruzifixe,

Orgeln, Schranke, Taufengel)

Athenstedt (18. Jahrh.) 21

Derenburg, Hospitalkapelle (16. Jahrh.) 89

HalbersUdt, Dom (12.— 18. Jahrh.) 263ff. 291 ff.

Lbfr. (13.-16. Jahrh.) 849 f.

Joh.-K. (16. Jahrh.) 874

Moritzk. (16. Jahrh.) 386

Andreaek. (14.-> 17. Jahrh.) 415 f.

Katharinenk. (17. Jahrh.) 426 Haisleben (17. Jahrh.) 49 Homburg (18. Jahrh.) 69 Gr.-Quenstedt (18. Jahrh.) 110 StoUerlingenburs (15. Jahrh.) 140 Suderode (17. Jfärh.) 145 Wülperode (16. Jahrh.) 155

b) Stein

Abbenrode (gotisch?) 18

Emersleben (18. Jahrh.) 43

Halberstadt, Dom (18.— 16. Jahrh.) 263 ff. 291ff.

Lbfr. (13.— 16. Jahrh.) 325 ff. 350

Paukk. (13.— 14. Jahrh.) 363 f.

Andreask. (15. Jahrh.) 414

Burchardikloster (15. u. 18. Jahrh.) 434

Zwicken (17. Jahrh.) 450

Kathaus (15. Jahrh.) 453

Boland s. Ortechaftsverzeichnis s. v. Hal- berstadt

Spiegelsberge (18. Jahrh.) 504 ff. Gr.-Quenstedt (18. Jahrh.) 110 R^;enstein (18. Jahrh.) 120 Boclum (16. Jahrh.) 125 StatterUngenburg (18. Jahrh.) 140 Veitheim (15. Jahrh.) 147

Heilige Gerate

a) Kelche (85)

(wo nlebta andern bemarkt, aus vergoldetem Silber)

Abbenrode (Kupfer vergold., 15. Jahrh.) 18

Aspenstedt (1798) 19; (Kupf.verg., 17. Jh.) 19

Athenstedt 07. Jahrh.) 21; (Zmn, 18. Jh.) 21

Berssel (1625) 23; (1701) 23

Bühne (Silber, 18. Jahrh.?) 26

Danstedt (Kupfer verg., 17. Jahrh.) 27; (Blei,

18. Jahrh.) 27 Dardesheim (17. Jahrh.) 28; (1626) 29 Deersheim (1711) 33; (18. Jahrh.) 33 Deienburg (Silber, 1652) 38; (Silber, 17. Jahr- hundert?) 88 GÖddeckenrode (Messing, 17. Jahrhundert?) 45 ;

(Silber, 16. Jahrh.) 45 Halberstadt, Dom (2 15. Jahrhundert) 276; (6 16. Jahrh.) 273 Lbfr. (2 18. JahriL) 346 Johanniskirche (1 15. Jahrh.; 1 16. Jahrh.;

2 17. Jahrh.) 374 Moritzk. [l 17. und I 18. Jahrh.) 384 Martinikirche (1 16. Jahrh. ;* 4 17. Jahrb.;

2 18. und 2 19. Jahrh.) 403 f. Andreask. (1 15. und 1 18. Jahrh.) 415

Harsleben (1698) 49; (1699) 49; (Ende des 17. Jahrh.) 49; (Zinn, 18. Jahrb.?) 49

Heudeber (1633) 50; (1697) 50

Homburg (2, 17. Jahrh.) 59

Lang«nstein (1705) 76; (1711) 76

Osterode (1697) 82

Osterwieck. Stephan! (Kupfer verr., 15. Jahr- hundert) 94 ; ( 1 573) 94 ; (1 7. Jahrhundert) 94 ; (18. Jahrb.?) 94

Gr.-Quenstedt, Petri (1712) 110; (1683) 110 Laurentü (1718) 112

Kl.-Quenstedt (1637) 113

Khoden (16. Jahrh.) 122; (Blei, 1669) 122

Boclum (17. Jahrh.) 124; (Silber, 1724) 124

Bohrsbeim (1685) 127; (1697) 127

Sargstedt (Kupf.verg., 1584) 129; (1661) 129; (1717) 129

Schauen (18. Jahrh.) 131

St5tterlingen (1710) 133

Ströbeck (17. Jahrh.) 143

Suderode (16. Jahrh.) 145

Veitheim (18. Jahrh.) 148; (1728) 148

Wehrstedt (1711) 150

Wülperode (18. Jahrh.) 155; (deagL) 155

Zilly (1696J 158; (17. Jahrh.) 158; (1705) 158

b) Patenen (66) siehe a)

Abbenrode (Kupfer verg., 1651) 18

Aspenstedt (1696) 19; (Kupf verg., 17. Jh.) 19

Athenstedt (17. Jahrh.) 21

Berssel (emailliert, 18. Jahrh.) 28

Bühne (Silber, 18. Jahrb.?) 26

Danstedt (Kupfer verg., 17. Jahrh.) 27 ; (Blei,

1772) 27 Dardesheim (1696) 29; (1695) 29; (17. Jh.) 29 Deersheim (2 18. Jahrh.) 33 Derenburg (Silber, 1643) 38; (Silber, 1720) 38 Göddeckenrode (Silber, 16. Jh.) 45; (Messing,

17. Jahrb.?) 45 Halberstadt, Dom (3 15. und 2 16. Jahrh.) 273 276 Lbfr. (2 18. Jahrh.) 346 Johannisk. (4 16. Jahrh.) 374 Martinik. (7 t6. Jahrb.) 404 Harsleben (3, 1698 1699 Ende 17. Jh.) 49 Hoppenstedt (Bld. 18. Jh.?) 53; (18. Jh.?) 53 Homburg (2 17. Jahrh.) 59 Langenstein (2 18. Jahrb.?) 77 Osterode (1697) 82 Osterwieck, Stephani (Kupfer verg., 15. Jahrh.)

94' (17. Jahrn.) 94 Gr.-Quenstedt, Laurentii (18. Jahrh.) 112 Bhoden (17. Jahrh.) 122; (Blei, 17. Jahrh.) 122 Bochim (17. Jahrh.) 124; (desgl.) 124 Rohrsheim (1697) 127; (2 17. Jahrb.) 127 Sargstedt (Kupfer vergoldet, 16. Jahrh.) 129;

(17. Jahrh.) 129; (18. Jahrh.) 129 Schauen (18. Jahrh.) 133 Ströbeck (17. Jahrh.) 143 Suderode (1625) 145 Veitheim (18. Jahrh.) 148 Wülperode (1714) 155 Zilly (3 17.— 18. Jahrh.) 158

c. Kannen (17) siehe a)

Daidesheim (Blei, 1744) 29 Deersheim (18. Jahrh.) 83

534

Geschichtliches, freographisches and kunststatistisches Register

Derenburg (Zinn, 1728) 38 (Zinn,' 18. Jahrh.?) 38

Halberstadt, Dom (1 Silber, 1678 und 1 desgl. 19. Jahrh.) 276 Liebfrauenkirche (2 Silber, 1724) 346 Martinikirche (1682; 1668) 404 Moritzkirche (Silber, 1672) 884

Harsleben (Zinn, 18 Jahrh.?) 49

Langenstein (1736) 77

Osterwieck, Stephani (1574) 94

Rhoden (Blei, 1748) 122

Schauen (Silber, 18. Jahrh.) 181

Wehrstedt (Zinn, 1810) 150

d) Oblatenschachteln (23) siehe a)

Aspenstedt (1718) 19

Dansted t (Blei, 18. Jahrh.) 27

Bühne (18. Jahrb.?) 26

Deersheim (18. Jahrh.) 33

Derenburg (Silber, 18. Jahrh.) 38

Emersleben (Silber, 18. Jahrh.) 611

Halber>«tadt, Martinikirche (1666) 404

Harsleben (Silber, 1699) 49

Heudeber (Silber, 1733) 51

Hoppenstedt (Blei, 1729) 53

Hornburg (Silber, 18. Jahrh.) 59

Langenstein (Silber, 18. Jahrb.?) 77

Osterwieck, Stephani (17. Jahrh.) 94; (1709) 94

Gross-Quenstedt, Petri (1711) 110

Bhoden (Silber. 1805) !22

Roclum (Silber, 17. Jahrh.) 124

Sargstedt (Silber, 1697) 129

Schauen (Silber, 18. Jahrh.) 131, (desgl.) 131

Ströbeck (1687) 143

Veitheim (18. Jahrh.) 148

Zilly (1710) 158

e) Taufschüsseln (19) siehe a)

Athenstedt (Messing* mit Verkündigung und

scheinbarer Umscnrift, 16. Jahrh.) 21 Dardesheim (Messing, 1738) 28 Derenburg (Zmn ; Inschrift, Bilder, 17. Jahrh.?) 38 Göddeckenrode (Messins;, 1760) 45 Halberstadt , Dom (Schatz No. 322 323 328 399 S. 275) Liebfrauenkirche (Silber, 1698) 347 (Silber, 1702) 347

Moritzldrche (Bronze, 17. Jahrh.) 384 Harsleben (Messing, Art wie in Athenstedt)

49 (Zinn 18. Jahrh. 7) 49 Hoppenstedt (1695) 53 Homburg (Messing, 16. Jahrh.) 59 Osterwieck, Stephani (Art wie in Athenstedt)

Bhoden (1734) 121

Rimbeck (Messing, 1662) 123

Schauen (Messing, 17. Jahrh.) 131

Ströbeck (Messing, Art wie in Athenstedt) 143

f) Verschiedenes (117)

(IiOff«l, Kreuze, Rellquiari«n, Monstranzen, Schalen, Lampen, Ranchfllaaer und dergl.)

Dardesheim (Löffel, 17. Jahrh.) 29 Halberstadt, Domsammlung 272 ff. ( 100 Stücke) Liebf rauenkirche ( Löffel, 18. Jahrh. ; Schale, Süber, 1702) 347

Moritzkirche (Weingefass, Zinn, 1748) 384 Andreaskirche, Sammlung ( 1 1 Stücke) 415 f. Harsleben (Löffel, Silber, 1697) 49 Langenstein (Löffel, Silber, 18. Jahrh.?) 77 Boclum (Löffel, 18. Jahrh) 124

Besohauorte

Braunschweig 94 131 148 155 Frankfurt 26 (?) 33 53 59 124 Halberstadt 19 21 23 26 29 33 49 50 f. 76

77 110 112 122 124 129133143 15015827a

346 f 374 384 404 Magdeburg 33

Glocken

a) zu Grunde gegangene oder nicht mehr nachweisbare

Dardesheim, Stadtkirche (zwei Glocken noch

1564) 80 Dardesheim, Klus (Dm. 0,34, Inschrift) 30 Emersleben (Dm. 0,77 1744, umgegossen 1894)

48 Halberstadt, Dom (eine 13. Jahrh.) 172, (mehrere 11. Janrh.) 229, (eine, Üonna, 12. Jahrh.) 230 Dom (Donna, a) 1457, umgegossen 1860,

b) umgegossen Dom (1470, Stundenglocke, Ton Haoa Blume, umgegossen 1845) 269; (Glocke über dem Sanktuarium 1227 ; Avemaria- Glocke 1365; Seiger-Glocke 1607) 269 Johanniskirche (mehrere, 14. Jahrh) 368

372 Liebfrauenkirche (Gloriosa 340) Martinikirche il401) 400 Moritzldrche (mehrere? 1258) Pauiskirche (mehrere 1136, 1368; SexU

1623) 365 Rathaus (1428) 452 TrüUkloster (eino 15. Jahrh.) 220 Holtemmenditfurt (bis 1394) 11 372 Langenstein (Dm. 0,54, umgegossen 1888 mit

Bandornamenten) 76 Osterwieck, Stadtkirche (1443) 90

( 1 6. Jahrh , gesprangen

1848, umg^os^n 1852) 90 Gross-Quenstedt, St. Petri (Dm. 1,37 1770) HO

(Um. 1,00 1863) 110 Rhoden (1511, umgegossen 1867) 121 Rimbeck (umgegossen 1855) 123 Runstedt (bis 1297) 13 Ströbeck (drei vor 1566, zerschmolzen beim

Brande 1876) 142 Suderode (1729 (?) 145 Veitheim (Ulocken der 1722 verbrannten Kirche)

147 Zilly (zwei 1589) 157

b) noch vorhandene

(GlookeagieMernjuDieii, aiehe K(Lnttl«rvenetohiii«)

1. Abbenrode (1532), Dm. 1,07, Inschrift, Büder

17

2. (1886), 17

3. (lb86), 17

4. alt, keine Inschrift, 17

Geschichtliches/ geographisches und Inunststatistisches Begister

535

ö. AspeoBtedt (J664), Dm. 1,04, 19

6. (1781), Dm. 0,79, 19

7. Dm. 0,46. keine Inschrift, 19

8. Athenstedt flöll). Dm. 1,17, iDSchrift,

Bilder. 20

9. (14.Jahrh.), Dm 0,72. Inschrift,

20

10. Berssel (1702), Dm. 1J9. Inschrift, 22

11. (13. Jahrh.). Dm. 0,91, Inschrift,

BUder 22

12. (1722), Dm. 0,67, 22

13. Bexheim, Dm. 0,52, alt, keine Inschrift 34

14. Bühne (15. Jahrb.), Dm. 0,92, Inschrift,

Bilder, 25

15. (13. (?) Jahrh.), Dm. 0,90, Anal-

phabetische Umschrift 25

16. unzugängliche ßtun denglocke, 25

17. Danstedt (1710), Dm. 1,28, Inschrift, 27

18. (1742), Dm. 1,19, Inschriften 27

19. Dm. 0,48, keine Inschrift 27

20. Dardesheim (1778), Dm. 1,12, 28

21. (1480), Dm. 0,86, Inschriften

28

22. (1871), Dm. 0,41, 28

23. Deersheim (14. Jahrb.), Dm. 1,21, Inschrift,

Bilder, 33

24. (1667), Dm. 0,94, 33

25. (1747), Dm. 0,80, 33 Derenburg, 8tadtkirche

26. (1677), Dm. 1,62, Inschriften, Bilder, 37

27. (1677), Dm. 1,47, Inschriften, 38

28. (1677), Dm. 1.18, Inschriften, 38

29. (1677), Dm. 0,76, Inschrift, Bild 38

30. Derenbarg, Hospitalkapelle ( 1 676), Dm. 0,78,

Inschrift, Bild, r.9 81. Emersleben (1858), Dm. 1,41, 43

32. (1822), Dm. 1,14, 43

33. (1894), Dm. 0,82, 43

84. Göddeckenrode (1785), Dm. 0,91, 45

85. (1874), Dm. 0,70, 45

36. Dm. 0.42 , ohne Inschrift 45 Halberstadt, Dom

37. Donna (modemer Um guss von 1860), Dm. 2,35, Inschrift, 266 f.

38. Osanna (1454), Dm. 1,82, Inschrift, 267 f.

39. LaurentiuB (1514), Dm. 1,25, Inschrift lateinisch und deutsch. 268

40. Maria Magdalena (1514), Dm. 1,07, In- schrift wie vor., 268

41. (Sauerkohl) (13. Jahrb.), Dm. 0,77, In- schrift, 268

42. (Bratwurst) (13. Jahrb.), Dm. 0,70, In- schrift, 268

48. (Langhals) (alt), Dm. 0,64, ohne Schrift, 268

44. (Lammchen) (13. Jahrb.), Dm. 0,56, In- schrift, 268

45. (Stimpimp) (alt). Dm. 0,40, ohne Schrift, 268

46. (Adämchen) (alt), Dm. 0,40, ohne Schrift, 268

47. Stundenglocke (1845) 269

48. desgl. 269

Halberstadt, Liebfrauenkirche

49. (1496), Dm. 1,39, Inschrift, 340 60. (gotisch), Dm. 1,19, Inschrift, 340

51. (alt), Dm. 1,04, ohne Schrift, Bandorna- ment, 340

52. (13. [?] Jahrb.), Dm. 0,96. Inschrift, 341

53. (1406), Dm. 0,65. Inschrift, Bilder, 841

54. (gotisch), Dm. 0,62, Inschrift, 341

55. (alt), Dm. 0,58, ohne Schrift, 341

Halberstadt. Johanniskirche

56. (14. Jahrb.), Dm. 1.15, Inschrift, 375

57. (1497), Dm. 1,35, Inschrift, Bilder, b75

58. (1833), Dm. 1,40, 375

Halberstadt, Moritzkirche

59. Mauritius (1319), Dm. 1,26, Inschrift, 383

60. (1281), Dm. 1,14, Inschrift, 88.H

61. (1309), Dm. 0,56, Inschrift, 883

62. (1876), Dm. 0,56, Inschrift, 384

Halberstadt, Martinikirche 68. (1511), Dm. 2,12, Inschrift, 399

64. (1439), Dm. 1,78, Inschrift, 399

65. (1439), Dm. 1,50, Inschrift, 399

66. (1511). Dm. 1,26, Inschrift, 399

67. (gotisch^ Dm. 0,76, Inschrift, 899

68. (alt). Dm. 0,60, ohne Schrift, 401

69. Stundenglocke (15. Jahrb.), Inschrift, 399

70. desgl., kleiner, 399

Halberstadt, Andreaskirche

71. modern, 412

72. (ca. 15. Jahrb.), Dm. 0,60, 412

Halberstadt, Katbarinenkimbe

73. mittelalterlich, unzugänglich, 425

Halberstadt, Siechenhof

74. (frübgoliscb), Dm. 0,60. Inschrift, 442

75. Harsleben (1877), Dm. 1,56, 48

76. (1587), Dm. 1,10, Inschrift, 49

77. (1593), Dm. 0,51, Inschrift, 49

78. Heudeber (1823), Dm. 1,19, 50

79. (1823), Dm. 1,01, 50

80. (1828). Dm. 0.82. 50

81. Hoppenstedt (1871), Dm. 1,03. 52

82. (1492), Dm. 0,95, Inschrift,

Bilder, 52

83. Homburg (1858), Dm. 1,71, 59

84. (1876), Dm. 1,30, 59

85. (1722 s Dm. 1,07, Inschrift, 59

86. (14. Jahrhundert), Dm. 0,82,

Inschrift, 59

87. (1858), Dm. 0,68, 59 Si. Langenstein (1854), Dm. 1,04, 76

89. (1888), Dm. 0,80, 76

90. (1888). Dm. 0,68, 76

91. (1888), nicht erreichbar, 76

92. Osterode (1876), Dm. 0,97, 82

98. (1490), Dm. 0,54, Inschrift, 82

Osterwieck, Stephanskirche

94. (1852), Dm. 1,76, 90

95. (1339 1, Dm. 1,50, Inschrift, 90

96. (13. Jahrh.?), Dm. 0,95, Inschrift, 90

97. (1852), Dm. 0,51, 90

98. unzugängliche Stundenglocke, 90

Osterwieck, Nikolai

99. Dm. 0,93, keine Inschrift, 96

100. (18. Jahrb.), Dm. 0,89, Inschrift, 96

101. (14. Jahrb.?), Dm. 0,44, Inschrift, 96

Osterwieck, kath. Kirche

102. (1887), Dm. 0,82, 97

Gr.-Quenstedt, St.Petri 108. (1891), Dm. 1,66, 110

^

536

Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Begister

104. (1891), Dm. 1,05. HO

105. (1891), Dm. 0.89, HO

106. (1891), Dm. 0,50, Ho

107. St. Uurentii (1712), Dm. 1,21, Hl

108. (1702), Dm. 0,98, IH

109. (1328),Dm.0,47,In8chrift,Hl HO. Klein-Quenstedt (1829), Dm. 1,15, 113

111. (1520), Dm. 039, In-

schrift, Münzabdrücke, 113

112. (16. Jabrh.), Dm. 0,50

Inschrift, 113

113. Rhoden (1867), Dm. 1,27, 121

114. (1674), Dm. 1,10, 121

115. (1796), Dm. 0,49, 121

116. (alt), unerreichbar, keine Inschrift,

121

117. Rimbeck (18. Jahrb.), Dm. 0,80, 123

118. (1855), Dm. 0,61 123

119. Roclum (1777), Dm. 0,97, 124

120. (1796), Dm. 0,94, 124

121. (1797), Dm. 0,52, 124

122. unerreichbar, klein, 124

123. Rohrsheim (1865), Dm. 1,52, 126

124. (1717), Dm. 1,30, 126

125. (14. Jahrb. (?), Dm. 0,85, In-

schrift, 127

126. 8arg8tedt (1710), Dm. 1,24, 128

127. (1617), Dm. 1,14, Inschrift,

Bilder 128

128. (alt). Dm. 0,38 (Höhe 0,58),

keine Inschrift, 129

129. Schauen (1723), Dm. 0,93, 131

130. unerreichbar, ohne Schrift 131

131. Stotterlingen, (1786), Dm. 1,08, Inschrift

132

132. (alt), Dm. 0,54 (Höhe 0,57),

mit Kreuzen in Vieipässen, 132

133. Stötterlingenburg (1394), Dm. 1,08, In-

schriften, Bilder, 138

134. (1881), Dm. 1,32, 139

135. Strobeck (1877), Dm. 1,33, 143

136. (1877), Dm. 1,09, 143

137. (1877), Dm. 0,96, 143

138. Suderode, unerreichbar, klein, 145 189. Veitheim, (1723), Dm. 1,29, 147

140. (1725), Dm. 1,11, Inschrift 147

141. (1723). Dm. 0,59, 147

142. Wehrstedt, .(1683), Dm. 0,96, 150

143. (alt), Dm. 0,92 (Höhe 0,87),

mit Kreuzen, keine Inschrift, 150

144. Wülperode (1829), Dm. 0,61, Inschrift, 155

145. Zilly (13. Jahrb. (?), Dm. 1,13, Inschrift.

157 f.

146. (1703). Dm. 1.03, 158

147. (1703), Dm. 0,85, 158

148. (Domäne) (14. Jahrb. (?), Dm. 0,57

(Höbe 0,73), Inschrift, 159

Die grösste Glocke Ko. 37, die älteste datierte No. 60

Gioekenmschrifteii

(orthogn^^hlache Abweichungexi anbeachtet)

Ave Maria gratia plana dominus tecum (vielmch verkürzt, selten länger) (1 Atbenstedt 20. 1 Deersheim 33. Halber- stadt: 3 Dom 268. 2 Liebfrauen kircbe 341.

1 Johannisldrcbe 375. 1 Moritzkirche 384. 1 Martinikirche 399. 1 Siechenhof 442. 1 Homburg 59. 2 Oatenrieck 90 96. 1 Gross-Quenstedt 111. 1 Bohrshehn 127)

O rex gloriae Christe veni cum pacc (Halberstadt: 1 Martinikirche 399. IBersiel 22. 1 Hoppenstedt 52. 1 3tötterlingenbare 188. 1 Züly 158)

Andere lateinische Inschriften (Halber- stadt : 4 Dom 267 f. 3 Liebfrauenkirche 840 f. 1 Joh.-Kirche 375. 3 Moritzkirche 383. 3 Martinikirche 399. 1 Andreaskiidie 412. 1 Dardesheim 28. 2 Harsleben 49. 1 Oster- wieck90. 2 Klein-Quenstedt 113. 1 Zilly 159)

Niederdeutsche Inschriften (1 Abben- rode 17. 1 Bühne 25. Halberstadt: 2 Dom 268. 1 Martinikirche 399) 1 Osterode 82. 1 Osterwieck 96.

Majuskelinschriften (1 Atbenstedt 20. 1 Berssel 22. 1 Deersheim 33. Halber- stadt: 3 Dom 268. 3 Liebfrauenkirche 840 f. 1 Job. -Kirche 875. 2 Moritzkirche 383. 1 Martinikirche 399. 2 Osterwieck 90 96. 1 Zilly 158

An alphabetische Inschriften (l Bühne

1 Dardesheim 28)

Mit vom 17. Jahrhundert an gerech- neter, moderner Inschrift (2 Abben- rode 17. 2 Aspenstedt 19. 1 Athenstedt 20.

2 Berssel 22. 2 Dansted t 27. 2 Daides- heim 28. 2 Deersheim 33. 5 Derenbuig 88.

3 Emersleben 43. 2 Goddeckenrode 45. Halberstadt: 2 Dom 269. 1 Joh.-Kirche 375 1 Andreaskirche 412). 1 Harsleben 48. S Heudeber50. 1 Hoppenstedt 52. 4Hombarg 59. 4 Langenstein 76. 1 Osterode 82. 3 Osterwieck 90. 6 Gross-Quenstedt JlOl

1 Klein- Quenstedt 113. 3 Bhoden 121.

2 Rimbeck 123. 3Bocluml24. 2 RobrBheim 126. 2 Sargstedt 128. 1 Schauen 131. 1 Stotterlingen 132 1 Stötterlingenburg 139.

3 Strobeck 143. 2 Veitheim 147. 1 Wehr- stedt 150. 1 Wülperode 155. 2 Zilly 158.

Ohne Inschrift (1 Abbenrode 17. lAspen- stedt 19. 1 Bexheim 34. 1 Danstedt 27. Halberstadt: 3 Dom '^68. 2 LiebfrauenJdrche 340 f. 1 Martinikirche 401. 1 Qöddeeken- rode 45. 1 Osterwieck 96. 1 Rhoden 121. 1 Sargstedt 129. 1 Schauen 131. 1 St&tter- lingen 132. 1 Wehrstedt 150)

Glockennamen.

Abbenrode, Paulus 17 Halberstadt, Donna 266 f.

Osanna 267 f.

Maria Magdalena 268

Laurentius 268

(Sauerkohl) 268

(Bratwurst) 268 ' (Langhals) 268

(Lammchen) 268

(Stimpimp) 268

(AdämchenJ 268

tGloriosa 340

t Sexta 365

Mauritius 383

n

tf

»» »> n

J

Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Register

537

Lenohter

a) Kronleuchter (im ganzen 44)

Danstedt (2 16. Jahrh.) 27 •OöddeckeDrode (Messing, 1621) 45 JHalberstadt, Dom (Badform, öchmiedeeisen, 16. Jahrh.) 279; (desgl. gotisch) 279; (desgl. in der Neustädter Kapelle) '^79 Liebfrauenkirche(Badform, Schmiedeeisen,

1494) 345 Johanniskirche (2 Messing, Ende 17. Jh.)

374 Moritzkirche (Bronce, spatgotisch) 385 f.;

(Schmiedeeisen, 1517) 386 Martinikirche (Bronce, 1686) 407 ; (Messing,

1689) 407 Synagoge (20 Messing, 17. Jahrh,) 410;

(Silber, 17. Jahrh.) 410 Andreaskirche (Messine, 17. Jahrh.) 414 Hospital St. Spiritus (Messing, Ende des ' 17. Jahrh.) 489 Harsleben (Messing, 17. Jahrh.) 49 Homburg (Messing, 1643) 59 OsterwieSk, Stephan! (Messing, 1665) 98

(Wandleuchter, Bronce, 1567) 93 Osterwieck, Nicolai (17. Jahrh.) 97 Bimbeck (17. Jahrh.) 128 «totterlingenburg f 17. Jahrh.) 140 Veitheim (17. Jahrh.) 147

, b) Kerzenst&nder (im ganzen 84)

Derenbur« (2 Zinn, 1727) 88 JHalberstiSt, Dom (Bronce, 14. Jahrhundert; 2 Bronce, 16. Jahrh.; 2 Bronce, 1676) 279. Domschatz No. 41, 42, 96, 97, 98, 383—336, 425 p. 274 ff. liebfiauenkirche (Bronce, 1475) 346 Martinikirche (2 Silber, 1785) 406; (2

Bronce, frfihgotisch) 407 Synagoge (4 Messing, 17. Jahrh.) 410 iUidreaskirche (2 Marmor, Engelfiguren,

15. Jahrh.) 414 Katharinenkirche (Holz, Knabenfigur, 14. Jahrh.) 425 f. Teltheim (2 Holz, 17. Jahrh.) 147

Schmiede- und Schlesserarbeiten

(s. a Leuchter, Grabplatten, Taufbecken, fi^ge Geräte, Taufkessel, Sakramentsgehause

Derenburg, Hospital (18. Jahrh.) 39 JHalberstadt, Dom (15.-16. Jahrh.) 263 273 ff. liebfrauenkirche (17. Jahrh.) 324 Martinikirche (17. Jahrh.) 897 Syn^oge (17. Jahrh.) 409 Burchardikloster (18. Jahrh.) 433 Siechenhof (18. Jahrh.) 442 Kommisse (17. Jahrh.) 450 an Wohnhäusern u.dgl. 493 Spiegels Grab (18. Jahrh.) 507 Homburg, Privathäuser (17. Jahrh.) 69 71 «trObeck, Schachturm (1650) 144 Wehrstedt, Kirchturm (18. Jahrh.) 149

Webereien und Stickereien

Berssel (16. Jahrh.; 1610; 1675; 1676) 23 "Göddeckenrode (16. Jahrh.) 45

Kreis Halbentadt.

Halberstadt, Domsammlung No. 31 (p. 273),

62 (p. 274), 383 (p. 280), liturgische Gewander

(p.280 ff.), Ältaiuecken, Wandteppiche u. s. w.

(p. 286 ff.), Fahnen (p. 290 f.)

Synagoge, Vorhänge zum AUerheiügsten

(17.— 18. Jh.), Thorahmäntelchen (desgl.)

410

Andreask., Messgewänder (17.— 18. Jahrh.)

425 Katharinenkirche, Messgewänder (17. bis 18. Jahrh.) 425 Langenstein (16. Jahrh.) 76 Sargsledt (1773) 129 Schauen (17. Jahrh.) 131

Schränke, Truhen

Bühne (Sehr., 17. Jahrh.) 25

Emersleben (Tr., 14. Jahrh.) 43 f.

Halberstadt, Domsammlung (Sehr.: 3 roma- nisch, 8 gotisch, 1 barock) 280 Liebfrauenkirche (Sehr., 13. Jahrh.) 347 Martinikirche (Tr , spätgotisch) 407 Hospital St. Spiritus (2 Tr. , romanisch)

439 Osterwieck, Stephani (Tr., 17. Jahrh.) 93

Elfenbeinarbeiten

Halberstadt, in der Domsammlung No. 28 (p.273), 44 (p.291), 45 (römisches Konsu- lardiptychon, p. 291), 59 a, b (zu No. 28)

Wandmalereien

Halberstadt, Dom (14. Jahrh.) 265

Liebfrauenkirche (13. Jahrb., modern ver- dorben) 826 ff. ; (18. Jahrb., im Chor) 334; (13. Jahrh., Südapsis) 336 ff. ; (14. Jahrh., Barbarakapelle) 889 f.; (18. Jahrh., Süd- portal) 389 f. Paulskirche (13. Jahrh.) 365 Katharinenkirche (17. Jahrh.) 425 SiechenhofkapeUe (13. Jahrh.) 441 Homburg, Kirche (17. Jahrh.) 58

Deckenmalereien

Danstedt (18. Jahrh.) 26 Emersleben (18. Jahrh.) 43 Halberstadt, Liebfrauenkirche (Mittel- u. Süd- apsis, Barbarakapelle, 13.— 14. Jahrh.)

330 ff. Synagoge (17. Jahrh.) 410 Bathaus (17. Jahrh.) 457

Glasmalereien

Abbenrode (18. Jahrh.) 17 Halberstadt, Dom (14.— 15. Jahrh. u. mod^n) 259 ff. Liebfrauenkirche (modern) 823 Johanniskirche (1648) 378 Moritzkirche (modern) 388 Martinikirche (17. Jahrh.) 896 Andreaskirche (modern) 414 Haus der Schützengesellschaft (17. bis 18. Jahrh.) 503 Osterwiek , Stephanikirche (16. u. 17. Jahr- hundert) 90

96

538

Geschicbtliclies» geographisches und knnststatistisches Begister

Osterwieck, Nicolaikirche (17. u. 18. Jabrh.) 96 Ströbeck (1653) 144

Tafelmalereien

(b. a. Altare, Bildnisse und Gedächtnistafeln)

Halberstadt, Domsammiung , Chorthüren (15. Jahrh.) 266; (14 Stücke, 14.— 18. Jahrh.) 295 ff. Liebfrauenkirche (15. Jahrh.) 350 Moritzkirche (1694) 387 Katharinenkirche (18. Jahrh.) 427 Bathaus (2 17.JahrhO 458 Oleimhaus (14.-18. Jahrh.) 498 Spiegeische Sammlung (modern) 500

Harsleben (10 16. u. 18. Jahrh.) 48

Homburg (2 18. Jahrh.) 59 f.

Langenstein, Bimpausche Sammlung 79

Osterwieck, St. Stephani (7) 95

Or.-Quenstedt (1626) 112

Schauen, Grotesche Sammlung 131

Wülperode (1687) 155

Bildnisse

(wo Sicht« anderes gesagt, Oelgemälde. Epitaphien und Privatbesitz fehlen)

Abbenrode (17. Jahrh.) 18 Berssel (3 17. Jahrh.) 23 Deersbeim (17. Jahrh.) 83 Halberstadt, Dom (17. Jahrh.) 296; (18. Jahrh.) 296; (16. Jahrh.) 298 Spiegeische Medaille 504 Harsleben (5 18. Jnlirh.) 49 Osterwieck, Stephani (10 17.— 19. Jahrh.) 94 Gr.-Queustedt, Fetri (18. Jahrh.) 110 Gr.-Quenstedt, Laurentii (17. Jahrh.) 112 Kl.-Quenstedt (2 18. Jahrh.) 118 Schauen (18. Jahrh.) 181 Stötterlingen (2 18. Jahrh.) 133 Wülperode (17. Jahrh.) 155

Gegenstände der bildlichen Dar Stellung

(Bildnisse, Ornamente und Heraldisches ausgeschlossen)

a. aus Bibel und Legende

1. Personen und Symbole

Aaron 45 121 127 150 373

Abner 260

Abraham 289 f.

Adam und £va 264 273

Agathe 265

Ambrosius 295 339

Anna selbdritt 34 53 94 261 291 297 f. 349 f.

Andreas 59 297 350 883

Antonius 292 n50

Die 12 Apostel 53 92 110 127 264 292

Augustin 292 295 839

Barbara 34 53 264 287 292 295 f. 350

Bartholomäus 94 350

Bonifatius 383 ff.

Burchard 433 f.

Christophorus 34 53 291 298 349 469 f.

David 26 262 326 ff. 425

Pemetrius 273

Dionysius 260

»

Dorothea 260 350 Dreieinigkeit 26 128 Elisabeth 296 Enge) 26 38 262

Engel, die Madonna verehrend 326 ff. die Monstranz verehrend 280 musizierend 260 263 278 339 Leuchter tragend 292 414

mit Schwert 292 Erasmus 264 Die 4 Evangelisten 28 45 59 127 UO 150 154

290 373 425 442 Evan^elistensymbole 273 302 f. Franciscus 414 Georg 260 264 295 850 467 Gesicht mit 2 Schwertern (Offenb. 19, 15) 122 Gott -Vater 17 23 260 263 303 425 Gregor 295 339

Heilige (unbestimmbar) 244 260 262 ff. 278f[. 284 291 f. 295 298 302 339 350 364 383

412 441 Hieronymus 264 295 339

Jakobus d. Alt. 34 291 295 297 350 433 f.

Jeremias 260

Jerobeam 260

Jesus 27 37 110 121 127 132 150 282 414 441

und die Apostel 275 289 297 324 ff.

als guter Hirte 127

als Kind 29 275 277

als Kinderfreund 76

als Überwinder 399

als Weltregierer 38 139 147 326 868

als Weltriditer 39 96 260 f. 341 350 Joachim 260

Johannes d. £. 21 34 59 123 266 292 298 32(^ Johannes d.T. 21 27 91 110 150 154 262

264 f 296 ff. 349 Jonas 262

Kari d. Gr. 260 263 ff. 274 288 Katharina 34 39 280 292 294 ff. 899 442 Kosmas und Damian 264 Kunegundis 280 Lamm Gattes 38 262 275 f. 884 Laurentius 58 133 260 263 f. 268 278 290 m

507 Liborius 349 Lucas 350 Madonna 17 28 25 27 94 138 260 262 2641

273 282 291 ff. 295 ff. 324 ff. 331 ff. 888 ff.

345 ff. 888 f. 31*9 412 414 f.

wird geklönt 53 91 262 284 292

gekrönt auf der Mondsichel 84 38 €0 125 148 291 298 414 426 498

als Mater dolorosa 284

mit der heiligen Sippe 140 Margaretha 260

Markus 139

Maria Magdalena 260 292

Martin 260 292 297 396 399

Matthäus 139

Mauritius 260 264 884 f.

zu Pferde 383 Michael 289

Moses 27 43 45 110 121 123 127 132150154

373 Nestor 273

Geschichtliches, geographisches und kimststatistisches Begister

Ö39

Paulus 27 37 60 123 139 262 295 2971 364

Petrus 20 27 34 37 43 110 123 295 297 f.

Propheten 295 326 ff.

Beinhold 350

Salomo 262 326 if.

Sebastian 264

Servatius 332

Simson 262 277 405 467 f. 470

Sixtus 96 262 264 266 268 298

Stepbanus 28 84 52f. 91 f. 96 139f. 159 260

262 ff. 266 268 274 278 290 292 295 f. 298

332 349 f. 384 450 507 Zedekia 262

2. Scenen

a. alttestamentliche

Arche Noah 260

Auszag der Juden 262

Baum der Erkenntnis 292

Daniel in der Lowengrube 262

Ebeme Schlange 59

Goldenes Knlb 260

Gottes Bund mit Koah 262

Joseph und seine Brüder 262

Lots Weib 262

Mannalese 260

Moses am Ber^e Horeb 260

,, am feuriffen Busch 262 Noflh nach der Sintflut 262 Opfer Isaaks 59 262 289 405 I*barao6 Tod 262 {Samuel und Dayid 260 Sauls Tod 262 Schöpfung 405 Sintflut 262 Sündenfall 43 405

ß. neutestamentliche

Anbetung des Kindes 140 294 387

Anbetung der Könige 45 60 140 260 264 275 292 297 331 ff. 414

Arme Lazarus 127

Ausgiessung des heiligen Geistes 96 260

Barmherzige Samariter 95

Beschneidung ^ 1 40

Flucht nach Ägypten 262 333

Geburt Jesu 60 260 262 264 297

Hochzeit von Kana 260

12jahriger Jesus im Tempel 260 262

JesuB wird getauft 43 59 262

von Magdalena gesalbt 296 mit der Samariterin 133 ,, als Leidensmann 23 88 292

Johannesleeende 260 f.

Jünger in Em maus 131

Kluge und törichte Jungfrauen 262

Kreuzigung 17 20 22 f. 25 27 29 33 38 f. 45 49 52f. 59f. 77 82 91 f. 94f. 110 112 121 124 127 ff. 138 140 143 147 f. 158 260 262 ff. 267 272 ff. 280 282 ff. 291 f. 294 f. 297 f. 350 f. 374 f. 408 ff. 415 426 441 504

Marienleben 260 262 ff. 284 288 290 f. 295 405

Marter der Zehntausend 155

Passionsdarstellungen (vom Abendmahl bis zur Auferstehung, Kreuzigung siehe oben) 17 43 59f. 91 f. 95 ff. 127 140 260 262 264

285 291 295 f. 298 803 373 884 386 405 408

434 441 508 Schweisstuch der heiligen Veronica 295 f. Uneläubiger Thomas 277 292 297 Verkündigung (siehe Marienleben)

bei den Hirten 873 Wahl des Mattiiias 260 Die Weisen bei Herodes 260 Weltgericht 405 Weltuntergang 405

b. Weltliches und Verschiedenes

Allegorien 260

Antike Dichter und Philosophen 275 289

Götter 507 Belagerung einer Stadt 499 Gaukler 263 466 Geistliche (unbestimmbar) 340 f. Halberstadt 458 Hilariusmänner 453 Jagd 17

Die 4 Jahreszeiten 69 154 Kaiser, römische 106 457 Kampfscene 286 Kardinaltugenden 88 59 414 Kirche und Synagoge 262 291 326 ff. König, thronend 94 98 467 Luther 150 Melanchthon 298 Die Paradiesesflüsse 98 405 Pflanzen 504 ff. Priesterweihe 260 Beliquienübertraeung 260 Boland, siehe Halberstadt (Ortschaftsverzeichn.) Spes 260 Ströbeck 142 Tiere 45 66 104 107 137 264 275 278 282 284

288 290 300 334 344 383 504 ff Todessymbole 34 277 304 374 Volksfiguren 27 103 107 144 466 470 480

Kfinstler und Handwerker

a) Allgemeines

FeiuBchmiede 187 Gerber 187 218 220 Glaser 187

Grobschmiede 187 219 Handschuhmacher 187 Hutmacher 186 Kürschner 186 223 Schneider 186 416 458 Schuhmacher 186 217 f. Weber 186 215

b) N a m e n (19. Jahrhundert ausgeschlossen)

Appe, Michael (Glockengiesser aus Wolfen- büttel, 17..Iahh.) 33

Becker, Claus (Glockengiesser, 1520) 118 Hinric (Glockengiesser, 16. (?) Jahrb.) 113 340

Blume, Johannes (Glockengiesser, 15. Jahrh.) 267 ff. 899

Borstelmann, Heinrich (Glockengiesser aus Magdeburg, 17. Jahrh.) 20 49 128

Bottschild, Samuel (Maler, 18. Jahrh.) 296

540

Geschichtliches, geographisches und kunststatistisches Register

Bjlaert, J. van (Maler, 17. Jahrh.) 79

Dipp, Zachaiias (Baumeister, 17. Jahrh.) 47

Dunsing, Christoph (Baumeister, 18. Jahrh.) 64 72 Heinrich (Baumeister, 17. Jahrh.) 63f. 71 82 122

Dürer, Aibrecht 299

£rdmaru8 (^Glookengiesser 1339) ,90

Brtle, Bastian (Bilonauer zu Magdeburg, 16. bis 17. Jahrh.) 303

Faber, Nicolaus (Orgelbauer, 14. Jahrh.) 277

Felbinger, Johann Wilhelm (Glockengieeser aus Halberstadt, 18. Jahrh.) 45

Froböee (Schnitzer aus Hombarg, 18. Jahrh.) 45 59

Gterardus (Glockengieeser aus Osterwieck [?J) 1 59

Gettwerth, Johann Georg (Glockengiesser aus Halberstadt, Ende 18. Jahrh.) 124

Herbst, H. und Sohn (Orgelbauer in Magde- burg, 18. Jahrh.) 278

Johannes, Magister (Glockengiesser in Halber- stadt (?), 14. Jahrh.) 383

Kämpen, Heinrich von (Glockengiesser, 16. Jahrh.5 268 399

Kasten, G. (C.) N. (Glockengiesser aus Halber- stadt, 18. Jahrh.) 27 59

Kipmann, Matthias (Giesser zu Halberstadt, 17. Jahrh.) 315

Elleng, Gregor (Orgelbauer, 15. Jahrh.) 277

Knoblauch, Christian Heinrich (Glockengiesser aus Halberstadt, 18. Jahrh.) 19 28 43 110 182

Koster, Hermann (Glockenfliesser, 15. Jahrh.) 25

Guntzius, Christoph (Orgelbauer aus Wernige- rode 1708) 17 367

Lindemeyer, Daniel (Maler, 17. Jahrh.) 60

Wulf Ernst (Maler, 17. Jahrh.) 60

Meier, Heiso (Glockengiesser aus Wolfenbüttei,

spater in Braunschweig, 17. Jahrii.) 19 22

37 39 111 121 123 158 Meier, Heiso (Glockengiesser in Wolfenbüttel,

1777) 124 Meisner, Hans (Giesser aus Braunschweig 1567)

93 276 302 Meyer, Christian Ludwig (Glockengiesser aus

Braunschweig, 18. Jahrh.) 22 27 111 126

128 147 Molyn, Charles (Maler, 18. Jahrh.) 79 Baphon, Johannes (Malerin Eimbeck, 16. Jahrh.)

298 Schmidt, Heinrich (Maler in Leipzig, 1501 41) Schongauer, Martin (Malerin Counar, 15. Jahrh.)

511 Schrader, Tobias (Baumeister, 1742) 64 78 Sieden topf, Hans (Baumeister, Ende 17. Jahrh.) 64 73 Henni (Baumeister, 17. JahilL) 64 72 Spatz, Christoph (Glockengiesser ans üidbcx-

stadt, 18. Jahrh.) 83 Stegler, Hans (Tischler, 1575) 92 Straube, Christoph (Baumeister, 17. Jahrii.) 18 Ulrich, M. (Uhrmacher, 17. Jahrh.) 299 Vischer, Peter (Bildgiesser in Nürnberg, 16.

Jahrh.) 302 Wentzel, Jakob (Glockengiesser aus Mairdeburt:,

n.Jatrh.) 150 -ß.

Werner, Michael (Böttcher aus Landau, 16.

Jahrh.) 504 Wilcke, Hans Heinrich (Kunsttischler, 1744)

144 Wilhelm, Meister (Maler in Köln, 14. Jahrh.) 297 Wilken, Hans (Bildgiesser zu Braunschweig,

16. Jahrh.) 303 Wolgast, Georg (Bildgiesser zu Halle, 16.— 17.

J^rh.) 303

A. A. B. 346

A.D. 131

A.G.B. 83

C.E. 113

CM. 127

C.P.M. 884

CT. 143

D.T. (1722) 124

E.B.W. (Bildhauer) H5f.

E.F. (1696) 158

E.G. (1697) 50

F. J. M. 276 384

G. G. (BUdhauer) 264 H.B. 59

H. C R. L. 29

c) Meisterzeichen

(wo nicht ftndsn bemerkt yon OoMichni Jeden)

H.S. (1698) 49

J. A. H. 82

J. C J. 94

J. G. M. 26

J.K.B. (1718) 19

J. K. B. 77 384

J. V. D. 124 148

K. 131

K. B. (1718) 112

L. J. C. R. V. L. (1726) 406

L.J.S. 122

L. S. 51 77 155

M. C 21

M.G. (1697) 129

M.G. (1698) 49

M.G. (1712) 110

MG. 29 133 158 374

P.R. (BUdhauer) 148

S.E. 127

S.K. 94

S. W. 23

T. A. H. 26

T.H.H. 53

T.T. (170..) 23 158

T.T. (171..) 276

T.T. (1711) 33 77 110 150

T.T. 346

W. B. 38

Z.U.Z. 181

d) Steinmetzzeichen Halberstadt. Dom 245 ff. (frOhgotische 245 f.) 250 252 255 f. 259 803 (Bastian Ertle) Katharinenkirche 425 Petershof 446 Rathaus 452 454 Homburff 58

Osterwieck (Stephanikirche) 90 Veitheim 147

e) Marken Giesserzeichen

275 (romanisch) 302 (Hans Meisner)

340 (Heinrich Becker

341 (15. Jahrh.)

Bildhauerzeichen 408 Anonym, 16. Jahrh.)

Übersicht des Registers

A. Gesehiehtlkshes

Adlige Familien 518

Bischöfe 517

Dom probate u. DomdechaDten

517 Familiennamen , bürgerliche

und bauerliche 519 Handschriften und Bücher 520 Hansa 519 Innungen 519 Juden 519 Kostüme 520 -Kulturgeschichtliches 519 Personen, andere 519 Privatsammlungen 520 Reformation , Einführung der

519 Schulen 520 Siegel 519 Templerorden 519 Verfassungsgeschichtlicbes 519 Vorgeschichtliches 519 Wappen 519 Weihbischöfe 517 Weinbau 520

B. Geographisches

Archidiaconate 521

Ber^e 520

Genchts- und Dingstätten 525

Oewässer 520

Halberstadt 522

Meiereien 525

Mühlen 525

Ortschaften 521

C. Knngtstatlstlsehes

Altare 530 Badstuben 527 Beschauorte 534

Bildnisse 538 Brunnen 527 Deckenmalereien 537 Elfenbeinarbeiten 537 Qegenstände der bildlichen Darstellung: 538 f.

a) Aus Bibel und Legende

b) Weltliches und Ver- schiedenes

Geräte, Heilige 533

a) Kelche 533

b) Patenen 533

c) Kannen 533

d) Oblatenschachteln 534

e) Taafschüssehi 534

f ) Verschiedenes 534 Gestühle und Emporen 531 Glasmalereien 537 Glocken: 534

sl) zu Qrunde gegangene 534 m noch vorhandene 534 Glockeninschriften 536 Glockennamen 536 Grabplatten und Erinnerungs-

tafehi 532 Hausmarken 527 Holzdecken 530 Hospitäler 528

Inschriften an Grebäuden 527 Kanzeln 531 Kirchen und Kapellen: 528

a) zu 6ru nde gegangene 528

b) noch vorhandene 528 Kircbendecken 530 Kirchturmformen 529 Klappaltäre 531

Klausen 528 Klöster 528 Kreuzffänge 530 Kruzinxe 531

Künstler u. Handwerker: 539 f.

a) Aligemeines

b) Namen

c) Monogramme

d) Stein metzzeichen

e) Marken Leuchter: 537

a) Kronleuchter 537

b) Kerzenständer 527 Orgeln 531 Patronatsheilige 527 Portale, wichtige 529, Rathäuser 526 Sakramentsgehäuse 530 Schmiede- u. Schlosserarbeiten

537 . Schränke und Truhen 537 Skulpturen: 533

a) Holz 5 53

b) Stein 533 StadtbefestigUDgen 526 Steine, merkwürdige 527 Stuckdecken 530 Tafelmalereien 538 Taufengel 532 Taufsteine 532 Türme: 526

a) zu Grunde gegangene 526

b) noch vorhandene 526 Verschanzungen, alte u. dergl.

526 Wandmalereien 537 Webereien und Stickereien 527 Wohnhäuser: 526

a) Dorfhäuser 526

b) Stadthäuser 526 a) Steinerne 526

ß) Fachwerkbauten 526 Allgemeines 526 Nach den Perioden 526

Halle a. S., Druck von Otto Hendel.

Halle a. S., Druck von Otto Hendel.

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