M' i ^:4 I s' t HARVARD UNIVERSITY LIBRARY OF THE Museum of Comparative Zoology BESCHREIBUNG EINER NEUEN EUROPÄISCHEN FROSCHGATTUNG, DISCOGLOSSUS. VON A. OTTH, DOCT. MED. ET CHIR. IN BERN. c/ MUS. COMP. ZOOL LIBRARY SEP 8 1964 HARVARD UNIVERSJTY BESCHUEIßUNG EINER NEUEN EUROPÄISCHEN FROSCHGATTUISG, DISCOGLOSSUS PICTUS. Auf einem aus Wien erhaltenen Verzeichniss sicilianisclier Reptilien fand ich zu meiner nicht geringen Verwunderung einen Frosch unter dem in keinem mir bekannten erpetologischen Werke angeführten Namen Pseudis picta. Obgleich ich aus derselben Quelle mehrmals sehr will- kührlich benannte Reptilien, z. B. unter dem Namen Dendrohyas sarda den gemeinen Laubfrosch erhalten hatte, so trieb mich dennoch die Neu- gierde , mich selbst zu überzeugen , ob wirklich in der europäischen Fauna ein Repräsentant jenes merkwürdigen Geschlechtes vorkomme, dessen einzige bisher bekannte amerikanische Art, nämlich Pseudis para- doxa Wagl., als Rana paradoxa Linn. und Rana piscis Merian, den altern Naturforschern so viel zu schaffen machte. Ich erhielt bald den fraglichen Frosch, und obgleich ich die von Wagler angegebenen Renn- zeichen der Gattung Pseudis nicht alle vorfand, so überzeugte ich mich dennoch bald, dass ich nicht nur eine interessante neue Froschart, son- dern wirklich ein neues, im System zwischen Rana und Pseudis zu stellendes Genus vor mir hatte. Von den wahren Fröschen unterscheidet sich der meinige durch die scheibenförmige, nur am Rande etwas gelöste Zunge, und durch das verborgene Trommelfell, von Pseudis Wagl. durch das Vorhandenseyn des untern Augenlieds und vorzüglich durch die ganz verschiedene Bildung der Füsse, indem an den Vorderfüssen nicht der 4 NEUE EUROPAEISCHE Daumen den drei übrigen Fingern entgegensteht, und an den Hinter- füssen die drei äussern Zehen nicht, wie bei Pseudis, von gleicher Länge sind. Diese auffallenden Merkmale berechtigen neben andern weniger wichtigen hinlänglich zu der Aufstellung einer neuen Gattung, deren genauere Beschreibung hier folgt. Ich erhielt den Frosch in zwei Exemplaren , wovon das eine ein Männ- chen, und wahrscheinlich zur Zeit der Begattung getödtet worden ist, da an den Vorderfüssen ähnliche schwarze rauhe Schwielen beiindlich sind, wie sie im Frühling besonders an unserm braunen Grasfrosch be- obachtet werden. Das andere scheint ejn Weibchen zu seyn; ersteres ist schlecht erhalten und ganz entfärbt, mochte aber auch lebend weniger deutlich gefärbt gewesen seyn als das Weil)chen. Schon die Rörperform weicht von der unserer beiden gemeinen Frösche ab, indem der Leib ziemlich plattgedrückt, ohne aulfallcnden Höcker auf dem Rücken, sich fast gleichförmig gegen die Schnauze und gegen den After zuspitzt, so dass der Kopf vom Rumpfe nicht unterschieden ist. Die Vorderfüsse sind sehr kurz, mit vier sclilanken, vorn in ein callöses Rnöpfchen sich endigenden Zehen, wovon der zweite von Aussen der längste ist. Die Zehen liegen alle in einer Fläche einwärts gekehrt. Unter der Hand- fläche liegen drei länglichrunde, wie die übrige Handfläche gefärbte glatte Schwielen. Beim Männchen ist die innere dieser Schwielen beinahe von der Grösse einer Linse, schwarz und rauh; die innerste Zehe ist eben- falls schwielig aufgetrieben und an der Aussenseite schwarz und rauh ; an der zweiten Zehe liegt eeeen die erste hin ein nicht erhöhter schwarzer kleiner Flecken. Die hintern Extremitäten sind verhältnissmässig kurz, die Füsse hingegen lang, die Zehen schlank, beim Männchen beinahe bis zur Spitze durch Schwimmhäute mit winklich eingeschnittenem Rande verbunden ; beim Weibchen reichen die Schwimmhäute nicht bis zur Hälfte der Zehen. Die Haut ist mit wenigen körnerförmigen Wärzchen besetzt, welche gegen den After, an den Oberschenkeln und an der Stelle der Parotiden dichter stehen und etwas grösser sind. Das Trom- melfell ist unter der Haut verborgen und nur als eine kleine Vertiefung FROSCHGATTUNO. 5 bemerkbar. Die Augcu sind kleiner und bilden weniger crliabene Höcker auf dem Kopfe als bei unsern Fröschen; das untere Augenlied ist vor- handen, das Sehloch rund. Die Zunge ist scheibenförmig, rund, hinten ein wenig abgestutzt, mit der ganzen Fläche auf dem Kinn angewachsen, nur am Rande ein wenig, besonders an den Seiten und hinten abgelöst, so dass sie wahrscheinlich nicht ausstreckbar ist. Ihre Oberfläche ist mit deutlichen Papillen bedeckt. Gaumen und Oberkieferzähne sind wie beim gemeinen Frosch, der Unterkiefer zahnlos. Die Färbung der in Weingeist aufbewahrten Exemplare mag wohl bedeutend von derjenigen der lebenden Thiere verschieden seyn, wahr- scheinlicli sind die grauen Stellen ursprünglich grün , und die weisslichen gelblichgrün ; die Beschreibung und Abbildung bezieht sich indessen nur auf das durch Weingeist entfärbte Thier. Die Grundfarbe ist gelblich- weiss, von der Nasenspitze zu jedem Auge läuft ein breiter schwarzer Strich; von jedem Augendeckel läuft eine allmälig breiter werdende asch- graue, mit unregelmässigen schwarzen Flecken eingefasste Längsbinde über den Rücken, die sich über dem After wieder zuspitzt. Zwischen beiden Binden bleibt ein von der Nasenspitze anfangender, auf der Stirne ein Kreuz bildender weisslicher Strich über die Mitte des Rückens herab. Hinter jedem Auge steht ein länglicher breiter Ohrenflecken, als Anfang einer Reihe allmälig undeutlich werdender schwarzgrauer Seitenflecken. Voi'der- und Hinterfüsse graulichweiss, mit schwärzlichen unregelmässi- gen Flecken, die zum Theil unvollkommene Querbinden bilden. Bauch- seite einfarbig, gelblichweiss. Von der Lebensart ist mir nichts bekannt. Vaterland : Sicilien und Spanien, wahrscheinlich auch Unter-Italien. Grössenverhaltnisse: Von der Schnauze bis zum After Länge des Kopfs Breite des Kopfs Vordere Extremitäten des Männchens, des Weibchens. ■2 Zoll 6 Lin. — ), Zoll 4 Lin. 87=^ - 7V^ - io7^ - - 9V^ - I - 3 - — I - I - 6 jVEUE europaeische Grössenverhaltnisse : des Mänuchens, des Weibchens. Hintere Extremitäten ... 3 Zoll 4 Li^. — 3 Zoll i Lin. Hinterfuss von der Ferse bis zur Spitze der 2ten Zehe .i-8- — 1-7- Walirscheinlicli übertrifft im ausgewachsenen Zustande das Weib- chen das Männchen an Grösse ; die angegebenen Dimensionen beziehen sich nur auf meine zwei Exemplare. DIAGNOSE. Genus: DISC OGLOSSUS. Similis Rance, sed Caput minus minusque distinctwn j rostrum sub- acutum; truncus ovatus depressus; antipedes hreves digitis 4 libeiis , scelides brci^iores digitis 5 palmatisj secundo longissimo , tribus interiori- bus sensim minoribus ; tjmpcmum latens ; palpebra inferior conspicua,' dentes maxillce et palati, numdibulce nulli; lingua circularis integra, inento toto adnata, margine solum soluta. Species DISCOGLOSSUS PICTUS. Corpore papillis parvis sparsisj in palmarum basi tuberculis tribus callosis,' scelidum digitis vix semipalmatis in femina, membrana fere ad digitorwn apicem producta in mare. Colore (in spir. vin.J dorsi obscuro seriebus quatuor niacularum irregulariwn nigrarum, linea albida a fronte cruciata usque ad anum in medio dorsi descendente ^ lateribus pedibusque albidis nigroniaculatis , parte inferiore unicolore albido. An diese Beschreibung schliesse ich noch eine Muthmassung, die, wenn sie sich bestätigen sollte, die Verwandtschaft dieser Gattung mit Pseudis noch vergrössern würde. Durch mündliche Mittheihing vernahm FROSCHGATTUNG. ich , dass sich im August im Agnanosce hei Neapel eine Art schon ziem- lich grosser Frösche mit starkem Schwänze in Menge finden. Sollte viel- leicht diess Thier, das ich leider noch nicht erhalten konnte, die ihrer letzten Verwandlung nahe Larve meines Frosches seyn, so hätte derselbe auch die Eigenschaft mit Pseudis paradoxa gemein, den Schwanz noch länoere Zeit im sonst vollkommenen Zustande zu behalten. In Daudins o Abbildung von Rana paradoxa fand mein Bruder, der das Thier bei Neapel beobachtet hatte, wenigstens auffallende Aehnlichkeit mit demsel- ben. In Kurzem hoffe ich mich selbst von der Richtigkeit dieser Ver- muthung überzeugen zu können. IVACHTRAG. Es ist hier vielleicht der passendste Ort, die Beschreibung einer zweiten Species des von Hrn. D' Otth in der vorhergehenden Arbeit aufgestellten Genus Discoglossus zu geben, die ich unter mehreren sardinischen Reptilien, die Prof. Gene aus Turin nach Zürich für's dasige Museum sandte, in zwei Exemplaren fand. Sie waren im beigelegten Verzeichniss unter dem Namen Rana Sarda Gene aufgeführt. In Bern, Neuchälel und Genf halte ich Gelegenheit, mehr als ein Dutzend Exem- plare von Discoglossus pictits Otth zu untersuchen , und kann daher der generischen Diagnose noch beifügen, dass die Anzahl der Gaumenzähne bei Discoglossus zahl- reicher ist (8 — 9) und dieselben nicht auf zwei Haufen zusammengedrängt sind, wie beim Genus Rana. Die Oefinungen der Nase in den Gaumen sind gerade vor den Reihen der Gaumenzähne und nicht neben denselben, wie es bei den Fröschen der Fall ist. Das Exemplar, nach dem ich die Beschreibung entwerfe, ist ein ausgewachsenes Männchen, das ziemlich gut erhalten ist. An den Vorderfüssen befindet sich die sammtartige schwarze Schwiele, Zeichen der Begattungszeit, aber nicht, wie bei Rana temp. grösstentheils auf dem Daumen, sondern vorzüglich auf der innersten Handschwiele. Bei meinem Exemplare ist die Schwiele so stark entwickelt, dass sie. ö IVEUE EUROP. FROSCHGATTUNG. ohne genauere Untersuchung, als fünfte Zehe betrachtet werden hann. Die Lage der übrigen Handschwielen ist wie bei Alytes obstetricans . Die Schwimmhaut der Hinler- füsse reicht beim Männchen nicht so weit hlnauf_, wie bei Discoglossus pictus. Die Haut des ganzen Körpers ist mit Kornchen bedeckt, die ähnlich denjenigen sind, die wir bei mehreren Tritonen, z. B. Triton nycthimerus Mich, ganz ausge- zeichnet finden. Auf dem Rücken und an den Seiten liegen mehrere grössere und kleinere Drüsen ; einige von der Grösse einer Linse. Die Farbe (im Weingeist) ist dunkelbraun, besonders gegen den After, mit klei- nen, unregelmässigen schwarzen Flecken. Das Hinterhaupt ist hell gefleckt. Bauch wie bei Rana teinporaria L. Es scheint mir fast das nämliche ^ erhältniss bei dieser Species in Vergleich zu Discoglossus pictus, wie zwischen Rana esculenta und teni- poraria statt zu haben. Die Zunge ist gefurcht, am hintern Rande etwas mehr frei als bei Disc. pictus , aber durchaus zum Herauswerfen nicht tauglich. Die Grösse und die äussere Gestalt zeigt bei beiden Species solche Verschiedenheit, dass sie nicht leicht mit einander ver- wechselt werden können. I Zoll 5 Lin. 4 - Grössenverhältnisse. (Par. Zoll.) Von der Schnauze bis zum After Länge des Kopfes .... Breite des Kopfes .... \ ordere Extremitäten Hintere Extremitäten Hinterfuss von der Ferse bis zur Spitze der zweiten Zehe Vaterland: Sardinien, wahrscheinlich auch die übrigen mediterranischen Länder 2 - I - 1 1 - 2 - I - Species DISCOGLOSSUS SARDUS. Corpus dense granosum , glaudulisque sparsum, dorsurn fuscum pan'is macu- lis , abdomen ex albo flavicans. Trunci longit. \ Z, 6 L. J. J, TSGHUDI. ''^^^'Ä^iSJS^iSs' c^i^a^ j>^y. c^^^J.y^^ Ä«?/^ (i^^iy?^/^^/^^^ ^a^ ,^.y^Mi^9t^<:/ifi^i^. LiiA. oJ Ift4t^ tt J^c^'^Aa/^-