Tibrarg of the Museum OF COMPARATIVE ZOÖLOGY, AP HARTARD COLLEGE, CAMBRIDGE, WAS Founded dp pribate suhscripfion, in 1861. DR. L. ve KONINCK’S LIBRARY. No. 1329. ese u . | a * DA Beytraͤge zu einer Monographie der Molaſſe, o der Geognoſtiſche Unterſuchungen über die Steinarten und Petrefacten, die zwiſchen den Alpen und dem Jura gefunden werden; mit beſonderer Rückſicht auf den Canton Bern und die angrenzenden Theile von Freyburg, Luzern und Solothurn, von »B. Studer. Mille miracula movet, faciemque mutat locis, et defert montes, subrigit plana, valles extuberat, novas in prof undo insulas erigit. Hæc ex quibus causis accidant, digna res est excuti. Quod, inquis, erit pretium oper? quo nullum majus est, nosse naturam. Seneca d. n. — Nit zwey lithographirten Blättern. Bern, 1825. Bey Chriſtian Albrecht Jenni, Buchhändler. RD $) PER ERS 100.6 Ser Fr N * * 7 AAA HARVARD = CAMBRIDGE „AME, vr, nen g l 2 as 4 Wehr ne EN N . N Fr Ne Na N 1 2 „ Auch 1 5 Hr, 5 92 1 4 EUR, age * * 1 9 N 1421 „ H 5 1 Vorrede. Man unterſcheidet an dem großen Amphitheater unſerer Alpenausſichten drey Stufen, die ſich, wie an einzelnen Ge⸗ birgsabhängen die Regionen der Bäume, Weiden und Glet⸗ ſcher, längs der ganzen Alpenkette, vorzüglich aber an den Berner- Alpen auffallend auszeichnen. Die niedern Bergrei⸗ hen, die ſich in immer ſanftern Wellen allmählig in's hüglichte Land verflächen, zeigen gerundete, weiche Formen, nur ſel⸗ ten wird das ſchöne Grün durch nackte Felſen unterbrochen, und auch dann verläßt es wenigſtens nicht die oberſten Höhen; die Hügelzüge folgen keiner beſtimmten Richtung, und die meiſten Thäler ſind ſichtbar durch langſame Auswaſchung entſtanden, deren verſchiedene Epochen ſich zuweilen noch an den ſanft abgerundeten Terraſſen der Thalwände erkennen laſſen; nur in der Nähe der höhern Gebirge ordnen ſich die Reihen mehr ſchon der Alpenkette parallel, die Abhänge wer⸗ den ſteiler, die Rücken ſchärfen ſich zu, und erheben ſich wohl bis über die Grenze der Baumvegetation, aber auch hier noch ſtoßen die Weiden auf dem ſchmalen Grate zuſammen. — Die Bergketten hinter dieſem grünen Vorgrund tragen einen ganz andern Charakter. Schroffe Felswände, von vielen und tiefen Schründen durchzogen, oben ſcharf zulaufend, oder ſeltſame Zacken und Kuppen tragend, folgen, Ruinen von Rieſenmauern ähnlich, die vordem die innere Alpenwelt ver⸗ IV Vorrede. ſchloſſen gehalten, der gleichförmigen Richtung des Hoch⸗ gebirgs; oder es ſind kühn aufgethürmte Pyramiden und co⸗ loſſale Gebirgsſtöcke, durch ſchmale Joche verbunden, in ihren Formen ſchon den Eisgebirgen ſelbſt ſich nähernd; überall eckichte Umriſſe und ſcharfe Kanten, überall die Vegetations⸗ decke durch Felſen, tiefe Riſſe und Trümmerhalden ver⸗ letzt, das nackte Geſtein meiſt die höchſten Gipfel bildend; ein wilderes Ausſehen, eine mit Grau gemiſchte Violetfarbe und größere Höhe unterſcheiden dieſe Gebirge von den ihnen vorliegenden Bergreihen. — Hoch über dieß mannigfaltige Gewirr von Hügeln, Gebirgszügen und Felsgruppen erheben ſich endlich, gleichſam einer andern Welt angehörend, die mit Schnee bedeckten Hochalpen, der mächtige Wall, der den Süden vom Norden ſcheidet. Leichte, edle Formen mildern den Eindruck der ungeheuren Maſſen, und eine ewige Eis⸗ decke, deren Gletſcher bis in die Thalgründe hinunterhängen, umhüllt wohlthätig den nackten, wild zerrißnen Fels und ſeine ſchauervollen Spalten. Wie die Figur des Kryſtalls durch die Miſchung ſeiner Beſtandtheile bedingt wird, ſo die Form der Gebirge durch ihre Steinart und ihre innere Structur. Sanft gerundete Hügel, in deren Abhänge jeder kleine Bach ſich ein Bett gräbt, deuten auf leicht zerſtörbare Sand- und Mergelmaſſen, ſteil und gleichförmig anſteigende Thalwände auf ſtark ge- neigte, feſtere Schichten, nackte Felſen und Armuth der Be- getation auf dichtes Geſtein mit glatter Oberfläche, das keine Wurzel aufnimmt und keine Dammerde zurückhält. Daher bezeichnet auch im Alpengebirge der Wechſel der Formen einen Wechſel der Steinart, und der geübte Geognoſt kann dieſelbe und ihre Schichtenlage oft aus der Ferne ſchon er— rathen ). 1) Reiche Belehrung über das Verhältniß der Gebirgsformen zur Steinart enthält die neueſte Arbeit meines hochverehrten, be— rühmten Lehrers, Hrn. Hofr. Hausmann: „Die Flötzgebilde Vorrede. e Die Reihe der hohen Schneegebirge ſteht auf der Grenze zwiſchen den granitartigen Bildungen und dem in unſern Alpen ſo ausgedehnten Kalk- und Schiefergebirge. Ihre Gipfel und Rücken find zum Theil ſelbſt noch aus kryſtalli— niſchen Steinarten, aus Granit, Gneus, Syenit, Glim— merſchiefer u. ſ. w. gebildet, und zwar gerade diejenigen, die ſich durch ihre ſchlanken Nadelgeſtalten auszeichnen, wie das Finſteraarhorn und die Schreckhörner, — es ſind ſenk— recht aufgerichtete Tafeln von Gneus- und Glimmerſchiefer, die wir im Profil ſehen; oder, wenn fie bereits dem Kalt gebirge angehören, ſo ruhen ſie doch auf jenen Geſteinen, und dieſe gehen an ihrem ſüdlichen, nicht ſelten auch am nördlichen Fuß zu Tage. — Noch vor kurzem wurden dieſe kryſtalliniſchen Formationen Urgebirge geheiſſen, und man erkannte in ihnen den geſchichteten Niederſchlag aus dem höchſten und älteſten Meere, das die Erde bedeckte, als noch keine Spur von organiſchem Leben ſich entwickelt hatte, und mechaniſche Naturkräfte allein die Stoffe banden; ſeitdem man aber granitartige Geſteine mit Lagern wechſeln geſehen, die deutliche Ueberreſte von Pflanzen und Thieren enthalten, iſt der Glaube an das hohe Alter derſelben ſehr geſunken, und, nach einer Menge von Analogien, glaubt man ſie nun eher denjenigen Bildungen vergleichen zu müſſen, die, in feu⸗ rigem Fluß aus den Tiefen der Erde emporgetrieben, noch in unſern Zeiten zuweilen die dicke Kruſte der Felslager zer⸗ ſprengen, ihre Trümmer mit in die Höhe reiſſen, und über der Spalte hohe Kegel von Schuttmaſſen und erſtarrten Laven aufthürmen. Das Medium, in dem ſich die Kalkſteine, Schiefer und Sandſteine gebildet haben, die ſich vor dem Eidgebirge bis an die gerundeten, ganz bewachſenen Hügelreihen ausdehnen, der Weſer“. Mit Ungeduld ſteht man dem zweyten Bande der Formen der lebloſen Natur entgegen, worin dieſer wichtige Ge⸗ genſtand vollſtändig behandelt werden fol, . Vorrede. iſt weniger zweifelhaft, da wir in mehrern ihrer Lager noch Ueberreſte von Meerthieren finden; deſto dunkler iſt aber bis jetzt die Urſache der regelloſen Lage ihrer oft ſeltſam ge⸗ krümmten, oft ſenkrecht ſtehenden Schichten, und der furcht⸗ baren Zerſpaltung ihrer Maſſen geblieben. Ein unerwartet helles Licht ſcheinen aber nun über dieſe Räthſel Hrn. von Buch's ſchöne Beobachtungen im ſüdlichen Tyrol zu verbrei⸗ ten. Unter der Hülle wild zerrißner Kalkgebirge hat dieſer große Naturforſcher den ſchwarzen Augitporphyr gefunden, ein Erzeugniß unterirdiſchen Feuers, durch deſſen Hervor⸗ dringen die Sandſtein⸗ und Kalklager theils aus einander geriſſen, theils viele tauſend Fuß über ihr früheres Niveau erhoben, und der Boden des ganzen Landes wie eine Blaſe iſt aufgeſchwellt worden. Was bey dem Granit- und Gneus⸗ gebirge nur noch Vermuthung bleibt, wird hier zur ſichern Thatſache, und das furchtbar große Phänomen, von dem unſere Vulkane nur eine ſchwache Vorſtellung geben können, wiederholt ſich gleichſam vor unſern Augen in feinen Pro- ducten. Obgleich nun in unſern Kalkalpen bis jetzt noch kein Geſtein iſt entdeckt worden, das auch nur entfernte Aehnlichkeit mit Baſalt oder Trachyt hätte, ſo iſt doch hohe Wahrſcheinlichkeit vorhanden, daß auch ihre Erhebung und Zertrümmerung durch unterirdiſche Kräfte bewirkt worden ſey. Es iſt möglich, daß das aufwärtsdrängende Agens nir⸗ gends die ſchwere Decke ganz zu ſprengen vermocht hat, es kann auch ſeyn, daß wir, obſchon davon umgeben, es ver- kennen, daß z. B. im Gyps, der ſo häufig unter unſern Kalkalpen hervortritt, daſſelbe ſich verborgen, und Dämpfe von Schwefelſäure die tiefern Kalklager zerfreſſen, aufgedun⸗ ſen, und mit ihrer ganzen aufliegenden sl zu Gebirgen aufgerichtet haben ). f Auf die wichtige, reingeognoſtiſche, in unſern Alpen 2) Hr. von Buch äußert zum Theil dieſen Gedanken in der Abh. über den Dolomit, S. 50, Berl. Akad. Schr. 1823. Vorrede. vu aber auch mit ungewöhnlichen Schwierigkeiten verbundene Arbeit, die Sönderung unſerer Kalk- und Sandſteine in feſt begrenzte Formationen, und die Vergleichung dieſer For- mationen mit denen anderer Gebirge, wird ſeit Jahren ver— gebens gedrungen, und aus Mangel feſter Grundlagen herrſcht darüber die größte Mannigfaltigkeit der Meinungen. Die Mehrzahl der Anſichten vereinigt ſich dahin, einen großen Theil dieſer Kalkſteine und Conglomerate als Ueber⸗ gangsgebirge zu betrachten. Einige Sandſteine und Conglo⸗ merate heiſſen daher Grauwacken, ein Theil des Kalks Ueber⸗ gangskalk; aber noch hat man ſich nicht darüber verſtändigen können, bis in welche Entfernung vom Hochgebirge dieſe Benennungen auszudehnen ſeyen, und beynahe jeder Natur⸗ forſcher ſetzt ihnen eigene Grenzen. a, Nach Hrn. von Buch's ältern Anſichten wird der Ueber⸗ gangskalk in der Schweiz von einem Conglomerat bedeckt, das Hr. von Buch für das Todtliegende der deutſchen Geognoſie hält, und auf dieſem Conglomerat liegt ein jüngerer Kalk, der eigentliche Alpenkalk, oder Zechſtein der Norddeutſchen. Im Profil von Ber und Villeneuve betrachtet er als Uebergangs⸗ kalk und Grauwacke den Kalk und die Sandſteine, welche die Salzquellen umgeben; als Todtliegendes den bräunlichen Quarzſandſtein, der die Spitze der Diablerets und des Ol⸗ denhorns bildet, und mit nördlicher Einſenkung in den Bo⸗ den der Ormondsthäler niederſteigt, wo er zum groben Con⸗ glomerate wird; als Alpenkalk die ganze Gebirgskette der Tour d'Ay und des Molezon, die in den Cantonen Freyburg und Bern gleich hinter den grünen Vorbergen in wilden Fel⸗ fen emporſteigt, und als Stockhornkette ſich am Thuner ⸗See endet). Im Profil von Matt und Glarus beſteht nach Hrn. 3) Ich erlaube mir hier die Benutzung eines äußerſt wichtigen Ma⸗ nuſeripts: „Catalogue des roches de Neuchatel“, das Hr. von Buch der Stadt Neuenburg geſchenkt hat; es iſt daſſelbe durch viele Copien faſt Eigenthum des Publikums geworden. VI Vorrede. von Buch das ganze Gebirge, das Bündten von Glarus ſchei⸗ det, aus Uebergangskalk und Grauwacke, bis nach Matt, wo das Rothe-Todte in dem berühmten Sernfter Conglomerat folgt, und der Alpenkalk in den letzten Reihen der Kalk⸗ gebirge, zwiſchen Schwanden und dem Ausgang des Linth⸗ thales ). Alle Formationen, die in andern Gegenden auf dem Zechſtein liegen, der bunte Sandſtein, der Muſchelkalk und die Kalk- und Rogenſteinlager des Jura wären demnach | an der Nordfeite der Alpen ganz ausgeblieben. | Auch Hrn. Eſcher von der Linth hatten feine vickiähe rigen Beobachtungen zu dieſem Reſultate geführt, allein in den letzten Jahren ſeines Lebens ſcheint er noch weiter gegangen zu ſeyn, und, in Uebereinſtimmung mit Hrn. von Charpentier, allen Kalk bis an unſere Sandſtein⸗ und Nagelfluhhügel als Uebergangskalk, und alle Sandſteine, die damit wechſeln, als Grauwacken betrachtet zu haben ). Das Urtheil dieſer zwey Naturforſcher, welche eine ſehr genaue, nicht auf flüchtigen Reiſen erworbene, Kenntniß unſerer Alpen mit einer eben ſo gründlichen Bekanntſchaft mit der deutſchen und fran⸗ zöſiſchen Geognoſie vereinigen, muß unſtreitig hier als eine Autorität von erſtem Range gelten. Fi Br Indeß find zwey Geognoſten, die auf einem ganz neuen Wege der Unterſuchung bis jetzt vom ſchönſten Erfolge be⸗ gleitet worden ſind, zu Reſultaten gelangt, die mit den eben erwähnten den vollkommenſten Gegenſatz bilden. Nach Hr. Buckland 9 iſt der eigentliche Uebergangskalk (mountain- 4) Magaz. der Berl. Naturf. Bd. III. Es gehören die hier eitirten Arbeiten zu den erſten Verſuchen das geognoſtiſche Alter unſerer Kalkalpen zu beſtimmen. Hr. von Buch, den wir vorigen Som⸗ mer einige Zeit bey uns zu ſehen die Ehre hatten, wünſcht in⸗ deß, daß ſeine frühere Anſicht nicht mehr als ſeine jetzige be⸗ trachtet werde, und ſcheint überhaupt jede nähere Claſſiſteation unſerer Kalkgebirge für noch zu wenig feſt hege ab zu halten. 5) D’Aubuisson Géogn. II, p. 352. ©) Journ, de Phys., 1821 Juill, N Vorrede. 1x limestone) in unſern Alpen gar nicht vorhanden, und zu— nächſt dem kryſtalliniſchen Uebergangsgebirge findet man nur Grauwacke mit untergeordneten Kalklagern; was Hr. von Buch früher für das Todtliegende hielt, iſt nur zum Theil dieſe Gebirgsart, und gehört größtentheils dem bunten Sand⸗ ſtein (red marle) an; die Kalkgebirge zerfallen in ältern und jüngern Alpenkalk: jener, der Hochgebirgskalk von Eſcher, der Uebergangskalk der HH. von Buch und von Charpentier, iſt der deutſche Zechſtein und Rauhkalk (magnesian-lime- stone), dieſer iſt Jurakalk und Rogenſtein (Coral- rag, Cornbrash, Lias, Oolites) , und der Kalk und Sandſtein, der die Diablerets deckt, gehört bereits der Greenſand⸗For⸗ mation an. | Hr. Brongniart ) neigt ſich ebenfalls mehr zu dieſer Anſicht hin. Er läßt zwar den größern Theil des Kalkgebir⸗ ges in dem Rang, den Hr. von Buch ihm angewieſen, aber den petrefactenreichen Kalk, den man auf den Gipfeln eini⸗ ger unſerer Gebirge findet, zählt er, wie Hr. Buckland, der Greenſand⸗ Formation bey, und auf den Diablerets und in den grünen Aubrigſandſteinen vermuthet er ſogar Lager des groben Pariſerkalks (calc. grossier), den andere Geognoſten für noch jünger, als den Sandſtein unſerer Ebenen halten. Zwiſchen dieſen Extremen hält Hr. Bone d ungefähr die Mitte. Auf das Rothe⸗Todte, worunter er wahrſchein⸗ lich das Sernfter Conglomerat und die Grauwacken von Ber verſteht, läßt er den Zechſtein folgen, auf dieſen den bunten Sandſtein, ganz wie Hr. Buckland; den Kalk der Stock⸗ hornkette ſetzt er aber dem deutſchen Muſchelkalk gleich, und bezweifelt das Vorkommen von Juraformationen in den Al⸗ pen, auf das Hr. Buckland ſo⸗großes Gewicht zu legen ſcheint; den grünen Sandſtein der Aubrig und des Grümdten 7 Euyirons de Ds p- 334 et 424. 9 Edinburgh Philos. Journ. V. IX, p. 143. 1 Vorrede. bey Sonthofen zählt er ebenfalls der Greenſand⸗ Forma⸗ tion bey. Alle Gebirge, Hügel und Thalboden zwiſchen der vor⸗ derſten Alpenkette und dem Jura beſtehen aus groben Con⸗ glomeraten, Nagelfluh geheiſſen, feinkörnigen Sandſteinen und Mergeln. Durch keinen der vielen und tief liegenden Ströme, durch keinen Schacht iſt noch, in einiger Entfer⸗ nung von den begrenzenden Kalkgebirgen, ihre Grundlage aufgedeckt worden. Am Jura ruhen ſie auf ſeinen ſüdlich fallenden Lagern, an den Alpen findet ein Anſtoſſen ſtatt, das oft wie ein Einſchieſſen unter die Kalkkette ausſieht, und wirklich lange Zeit dafür angeſehen worden iſt. So hatten früher ſowohl Hr. R. Meyer, als Hr. Eſcher ) aus dem gleichförmigen ſüdlichen Fallen der Na⸗ gelfluh und des Kalks längs der ganzen Alpenkette geſchloſ⸗ fen, der Kalk ſey der Nagelfluh aufgelagert und jünger, und da dieſer Kalk damals allgemein als Zechſtein betrachtet wurde, fo mußte die Nagelfluh das Rothe-Todte vorſtellen. Hr. Eſcher erhob indeß bereits in einer Note zu ſeinen, län⸗ gere Zeit vor dem Abdruck geſchriebenen, Briefen Bedenken gegen dieſe Anſicht, und als Hr. Ebel ſie, ungefähr um die⸗ ſelbe Zeit, in fein elaſſiſches Werk über die Alpen aufnahm, beſtritt er ſie im vierten Bande der Alpina, und ſuchte es wahrſcheinlich zu machen, daß der Kalk ſich nur über die Nagelfluh hinüberlehne, indem ſeine Schichten weit ſteiler als die der Nagelfluh einfallen, und dieſe letztern demnach an ſeinen Felswänden abgebrochen ſeyn müſſen. Seine Bemerkungen ſcheinen wirklich die Mehrzahl der Geognoſten überzeugt oder doch wankend gemacht zu haben, und auch die ſpätern Beob⸗ achtungen Hrn. Ebels, im Tiefenbachtobel bey Gerſau, die ſeine frühere Anſicht anfänglich zu begünſtigen ſchienen, dien⸗ ten, nachdem es Hrn. Eſcher gelungen, tiefer in den Tobel 9) Alpina I, S. 258; II, S. 16. Vorrede. X11 hineinzudringen, und die ſich fo abnorm zeigenden Verhält- niſſe vollſtändig aufzufaſſen, nur die allgemein gewordene An- ſicht noch mehr zu befeſtigen 10). Hr. Eſcher 4% in der merkwürdigen Beſchreibung des Profils zwiſchen Zürich und Urſeren, die man als die Grund— lage unſrer ſchweizeriſchen Geognoſte betrachten kann, theilte das ganze Conglomerat- und Sandſteingebirge in ein den Al- pen näher liegendes, das aus feſterm Sandſtein und Nagel⸗ fluh beſtehe, und meiſt ſtark ſüdlich eingeſenkt ſey, und in ein faſt immer horizontal geſchichtetes, in welchem lockerer Sandſtein mit Mergel wechsle. Er hielt es für wahrſcheinlich, daß das erſtere älter ſey, wollte es aber auch nicht gut heile ſen, als Hr. Ebel im Bau der Erde die eine Formation als älteres, die andere als jüngeres Sandſtein⸗ und Mergel⸗ gebilde auftreten ließ. — Es hat in der That dieſe Unter⸗ ſcheidung bey einer ſchärfern und allgemeinern Prüfung ſich nicht bewährt. Man fand bald, daß die Nagelfluh keineswegs auf die ſogenannte ältere Formation eingeſchränkt ſey, ſo wenig als der Mergel auf die jüngere, und zwiſchen den äl⸗ tern und jüngern Sandſteinen zeigten ſich fo allmählige Ueber⸗ gänge, daß ſchon im Jahr 1802, alſo lange vor der Bekannt⸗ machung jenes Profils, Hr. Eſcher 19 annehmen mußte, in der ſüdweſtlichen Schweiz verlaufen ſich beyde Formationen in einander. Im Jahr 1809 erklärte es Hr. von Buch 1) für eine Ungereimtheit, die Conglomerate des Rigi und Ent⸗ lebuchs von den grauen Sandſteinen des Cantons Zürich, oder des Gurten bey Bern, oder von der Molaſſe der Waadt und der Gegend von Genf trennen zu wollen. — Man kann indeß die Sache nicht als ganz beſeitigt anſehen, bis wir über die Sandſteine vollkommen im Klaren ſind, die in mehrern 10) Leonhards Taſchenb. VI, S. 374. 17) Alpina II. 42) Alpina I, S. 285. 15) Magazin der Berliner Naturf. III, S. 176. XII Vorrede. Gegenden zwiſchen die Nagelfluh und den Kalk eingeſchoben ſind; es iſt möglich, und durch Beobachtungen, die ich an⸗ führen werde, glaube ich es zur Gewißheit zu erheben, daß, wenn auch ein beträchtlicher Theil von Hrn. Ebels älterm Sandſteingebilde dem jüngern beygezählt werden muß, doch immer noch einiges zurückbleibt, das ſich dieſe Auflöſung nicht will gefallen laſſen. Nach einem ihrer ausgezeichneten Glieder, dem lockern Sandſtein der franzöſiſchen Schweiz, heißt man nun ziemlich allgemein die ganze Lagerfolge von Nagelfluh, feſten und lockeren Sandſteinen und verſchiedenen Mergelarten, um ſie von andern Sandſteinformationen durch eine Localbenennung auszuzeichnen, die Formation der Molaſſe, und deutet damit zugleich an, daß man alle Theile derſelben als unter einander zuſammenhängend und unter ähnlichen Verhältniſſen entſtanden betrachte. | Es ziehn einige Geognoſten vor, dieſe Formation Braun⸗ kohleſandſtein (grès à lignites) zu heißen, weil ſie das Vor⸗ kommen von Braunkohle in derſelben als charakteriſirendes Kennzeichen anerkennen, ſo wie das der Schwarzkohle (houille) im Steinkohleſandſtein. Allein noch iſt nicht ausgemacht, ob die Braunkohle wirklich einer Sandſteinbildung eigenthümlich, oder mehrern gemein ſey, ja es frägt ſich noch, ob unſer Sandſtein die mächtigſten Lager davon aufzuweiſen habe. Dann iſt die Benennung eine ſyſtematiſche, d. h., fie bezeich⸗ net nicht ſowohl eine Gebirgsart einer beſtimmten Gegend, deren Natur und Alter noch in Frage ſtehn kann, als eine Formation des geognoſtiſchen Syſtems. Bis jetzt iſt aber weder im Syſtem ein eigener Braunkohleſandſtein aufgenom⸗ men, noch iſt unſer Sandſtein, ſowohl petrographiſch, als durch ſeine Lagerung, ſo ſcharf beſtimmt, daß er ſelbſt gleich⸗ ſam als die ideale Gebirgsart gelten könnte, nach welcher in Zukunft andere erkannt und dem Syſtem einverleibt werden dürften. Eben fo wenig kann ich die von Hrn. Kefer⸗ Vorrede. XIII ſtein ©) gewählte Benennung, Mergelſandſtein, billigen, da dieſelbe bereits als eine petrographiſche eingeführt iſt, und ſich Mergelſandſteine faſt in allen Formationen finden. Von ähnlichen Betrachtungen geleitet, die ich dankbar als die Quelle der meinigen anerkenne, ſchlägt Hr. von Hum⸗ boldt 1) die Benennung Aargauerſandſtein vor. Da aber der Sandſtein im Aargau nur in den Abarten erſcheint, die dem Jura näher liegen, und in einer derſelben, dem Muſchel⸗ ſandſtein ſo ausgezeichnet, daß man leicht glauben könnte, es ſey vorzugsweiſe dieſe mit jener Benennung gemeint, ſo möchte dieſelbe leicht Verwirrung bringen. Von allen vorgeſchlagenen Benennungen ſcheint mir da⸗ her die zuerſt angeführte am meiſten Vorzüge in ſich zu ver⸗ einigen. Sie iſt, wie Hr. von Humboldt wünſcht, geogra⸗ phiſch, und bezeichnet durch einen Provinzialausdruck die Gegend, in der die Steinart vorkömmt, ohne doch die Gren⸗ zen derſelben zu beſtimmt anzugeben, und zugleich könnte ſie ſpäter auch als ſyſtematiſche Benennung dienen, wenn die Molaſſe⸗ Formation, als eine allgemein verbreitete, ihre Stelle in der geognoſtiſchen Lagerfolge erhalten ſollte; ja ſie verdiente dann ſogar den Vorzug vor vielen, die, im verjähr⸗ ten Gebrauche, vielleicht dieſelbe Formation bezeichnen, wie . B. vor den Namen Plaſtiſcher⸗Thon, grober Kalk, Londner⸗ Thon u. ſ. w., da es am beſten ſeyn wird, für eine Formation, die in der einen Gegend als Thon, in einer andern als Kalk, in einer dritten als Sandſtein auftritt, eine Benennung zu wählen, die ihre oryktognoſtiſche Natur ganz unbeſtimmt läßt. Unglücklicherweiſe hat man indeß angefangen mit dem Wort Molaſſe, in rein petrographiſchem Sinn, überhaupt alle mürben Sandſteine mit Mergelbindmittel zu bezeichnen, ſie mögen nun dieſer oder jener Formation angehören, oder gar noch nicht ſyſtematiſch beſtimmt ſeyn. Sollte dieſe Uebung 5) Geognoſt. Teutſchland. %) Gisement des roches. xlv Vorrede. herrſchend werden, fo müßte man freylich, bey der unglaub- lichen Mannigfaltigkeit der Gebirgsarten der Molaſſe-For⸗ mation, die bequeme Claßbenennung derſelben ganz fahren laſſen; die feſten Molaſſen müßten dann Kieſelkalk, oder Kalk⸗ pſammit heißen, wodurch ihre geognoſtiſche Verſchiedenheit von den ſo ähnlichen Sandſteinen, oder Grauwacken der Kalk⸗ alpen ganz verwiſcht würde, die lockern Arten behielten zwar ihren Namen, es würde aber damit auch nur ihre petrographi- ſche Beſchaffenheit bezeichnet, und man müßte ſich's gefallen laſſen, bald auch von Molaſſen zu leſen, die mit Jurakalk wechſeln, oder die dem Uebergangsgebirge angehören. Ich gebe zu, daß letzteres einem franzöſiſchen Schweizer weniger auffallen dürfte, als die Beyworte, dicht, feſt, hart, die man im Verfolg mit dem Worte Molaſſe verbunden finden wird; deſto mehr aber gewiß dem Geognoſten, der es gewohnt iſt, in den Namen auch die Lagerung angedeutet zu finden. Wir bedürfen allerdings einer doppelten Nomenclatur, einer petrographiſchen und einer geognoſtiſchen, und die erſtere iſt ſogar in Sprache und Wiſſenſchaft die urſprüngliche geweſen. Die Worte Granit, Porphyr, Sandſtein und überhaupt jede vor der wiſſenſchaftlichen Ausbildung der Geognoſie übliche Bezeichnung einer Gebirgsart iſt rein petrographiſch, und die Wernerſche Schule erſt ſuchte aus dieſen Worten, die fie vor⸗ fand, eine geognoſtiſche Nomenclatur zu bilden. Waren die Benennungen bereits für Gebirgsarten von verſchiedenem Alter in allgemeinem Gebrauch, ſo zeigte ſie die geognoſtiſche Lage derſelben durch Vorſetzwörter an, wie Urkalk, Ueber- gangskalk u. ſ. w., war jenes nicht der Fall, ſo gab ſie einem urſprünglich petrographiſchem Wort eine geognoſtiſche Nebenbedeutung. Es iſt dieß letztere beſonders für die Sand— ſteine geglückt: die Benennungen Grauwacke, Todtliegendes, bunter Sandſtein u. ſ. w. ſind alle aus Localbenennungen zu allgemein⸗geognoſtiſchen geworden, und ein Bewohner der Gegenden, wo fie in der Volkssprache üblich find, würde ge- Vorrede. XV wiß nicht weniger verwundert ſeyn, wenn er viele der Stein— arten ſähe, die man jetzt Grauwacke, oder bunten Sandſtein heißt, als ein Genfer oder Waadtländer über unſere feſten und harten Molaſſen. Dieſelben Gründe ſprechen dafür, daß auch die urſprüng⸗ lich ſchweizeriſche, oder wenigſtens alpiniſche Benennung Nagelfluh auf die Conglomerate der Molaſſe⸗Formation beſchränkt bleibe. Es iſt zwar dieß Wort noch nicht wie jenes in eine petrographiſche Nomenclatur aufgenommen wor⸗ den, und bis jetzt den alpiniſchen Conglomeraten eigenthüm⸗ lich geblieben, dagegen hat es aber hier und da eine eben ſo gefährliche Ausdehnung, theils auf ältere Bildungen, z. B. die Kalkconglomerate des Alpenkalks, theils auf die neueſten Kieslager erhalten. Da die Worte Conglomerat, Breccie, pou- dingue, zur Noth noch durch ein Beywort individualiſirt, allen petrographiſchen Bedürfniſſen genügen, ſo ſehe ich nicht ein, warum man die geognoſtiſche Sprache nutzlos um eines der ihrigen bringen wollte. Nach dieſer philologiſchen Erörterung, die niemand über⸗ flüſſig finden wird, der die Macht der Worte auch in den Naturwiſſenſchaften kennt, die fich doch mehr als keine andern kur mit Sachen beſchäftigen, kehren wir zu unſrer ſchnellen uUeberſicht der alpiniſchen Gebirgskunde zurück. Die Molaffe- Formation trägt in der Nähe der Alpen unſtreitig den Charakter einer ſehr alten und ſehr mäch⸗ tigen Bildung. Die Feſtigkeit ihrer Steinarten, die ſich, in feinkörnigem Zuſtande, nicht von den älteſten Grauwacken unterſcheiden laſſen, die ungeheure Dicke ihrer Schichten, die ſtarke Einſenkung derſelben und die Regelmäßigkeit, mit der das Streichen und Fallen auf weite Entfernungen hin fortſetzen, alles kündigt uns an, daß wir den Vorhof, wenn nicht ſchon das Innere der Alpen betreten haben. Wenn man nach dreyſtündigem Steigen den Rigikulm erreicht hat, oder auf der ſchwindelnden Höhe des Speers ſteht, und dann XVI. | Vorrede. mit einem Blick die Rieſentreppe von Nagelfluhlagern über⸗ ſieht, die man fo mühevoll hinaufgeklettert iſt, fo muß man lächeln über die Theorie der Geognoſten, welche dieſe unge⸗ heure Maſſe von Conglomeraten für Bildungen der nächſten Alpengewäſſer ausgaben, und die Bedingungen ihrer Ent⸗ ſtehung ſo genau entwickelten, als ob von den Kiesbänken eines Bergſtromes die Rede wäre; man wünſchte ſie aus ihrem Cabinet auf den herrlichen Standpunkt hinreißen und der Na⸗ tur ſelbſt die Vertheidigung ihrer Würde übergeben zu können. Als das Nagelfluh- und Molaſſegebirge, beſonders durch die nicht genug zu erhebenden Arbeiten Hrn. Ebels, bekann⸗ ter wurde, glaubte man ſich daher gezwungen, demſelben einen höhern Rang anzuweiſen, und verglich es, theils mit dem Todtliegenden, den Angaben Hrn. Ebels und ſeiner Vorgän⸗ ger über die Auflagerung des Alpenkalks folgend, theils mit dem bunten Sandſtein, indem man mehr die Molaſſen, als die Conglomerate berückſichtigte, und mit Hrn. Eſcher nur ein Anlehnen an den Alpenkalk zugab. Die letztere Anſicht wurde noch vor Kurzem, obſchon als zweifelhaft, doch als die wahrſcheinlichſte, in den Gengnofien der HH. D'Aubuiſ⸗ fon und Bonnard angeführt. Aber auch in dieſem beſchei⸗ denern Rang ſcheint die Formation ſich nicht halten zu können. Die HH. Brongniart, Beudant und Buckland, welche dieſe Bildungen mit beſonderer Aufmerkſamkeit unterſucht und nach ihrer Lagerung, ihren Gebirgsarten und Petrefacten mit den analogen Formationen anderer Länder verglichen haben, ö ö urtheilen nun dahin, daß die Molaſſe-Formation weder dem bunten Sandſtein, noch überhaupt einer Sandſteinformation des Secundärgebirges, ſondern den Tertiär-Formationen ange⸗ höre, und die Mehrzahl der Geognoſten ſcheint dieſem Aus⸗ ſpruch bewährter Richter unbedingt zu vertrauen. Das Tertiärgebirge, die obere Ordnung in der trefflichen Claſſification der HH. Conybeare und Phillips 7), n in 17 Geology of England and Wales. | | — Vorrede. xyn der Reihe der Erdlager unmittelbar auf die Formation der Kreide, der jüngſten des Secundär- oder Flötzgebirges, oder der obern Mittelordnung. Da nun die Molaſſe ſichtbar dem Jurakalk aufgelagert iſt, und die letzten Lager des Jura der Kreide angehören, ſo ſcheint in der That die neuere Anſicht über die Natur der Molaſſe feſt genug begründet. Ich möchte indeſſen zu bedenken geben, daß die Molaſſe in der Nähe und im Innern des Jura nicht mehr als die mächtige Formation auf⸗ tritt, die an den Alpen und gegen die Mitte des großen Schwei⸗ zerthales hohe Gebirge und Hügel bildet, ſondern gewöhnlich nur in wenig bedeutenden, zerriſſenen Sandmaſſen, kaum von den neueſten Anſchwemmungen zu unterſcheiden, vielleicht größ⸗ tentheils wirklich denſelben angehörend und aus zerſtörter Mo⸗ laſſe regenerirt. Der Stammſitz der Formation liegt unſtrei⸗ tig in der Nähe der Alpen, dort müſſen wir Licht ſuchen über ihr Alter und Herkommen, und nicht bey ihren ausgewander⸗ ten und ausgearteten Gliedern. Von den Enkeln auf die Vor⸗ fahren ſchließen zu wollen, wäre gewiß ein eben ſo grober Verſtoß gegen alle Erfahrung, als oft das Umgekehrte. In der Gegend von Paris und London liegt auf der Kreide eine Thonformation (argile plastique) die öfters Sand aufnimmt, und in einen wahren Sandſtein übergeht, zuweilen auch mit Gerölllagern wechſelt; in England iſt der Sand und Sandſtein ſogar vorherrſchend. Von organiſchen Ueberreſten enthält ſie neſterweiſe Braunkohle und bituminöſes Holz, ſeltner, theils Süßwaſſer⸗, theils Meerconchylien. — Auf dieſen Thon und Sandſtein folgt eine neue Formation, die bey Paris größtentheils aus einem ſandigen Kalk von verſchiedener Feſtigkeit (calcaire grossier), in England gewöhnlich aus Thon (London clay), mit untergeordneten Lagern von Sandſtein, Mergel und Kalk und platt ellipſoi⸗ diſchen Knauern (Septaria) von merglichtem Kalk beſteht 10). In beyden Ländern zeichnet ſie ſich aus durch die große Menge 18) Geology of England and Wales. VIII Vorrede. und die gute Erhaltung der in ihr eingeſchloſſenen fofilen Conchylien. Die HH. Beudant und Buckland ſehen die Nagelfluh und Molaſſe für die Plaſtiſche Thonformation an, und finden den Pariſerkalk (calc. grossier) in den Lagern von Muſchel⸗ ſandſtein wieder, welche die Molaſſe längs dem Jura, zu Tour⸗la⸗Moliere bey Eſtavayer, auf dem Bucheckberg und beſonders ausgezeichnet im Aargau, zu Mägenwyl, Mellingen und Würenlos, bedecken. Hr. Beudant hat die Molaffe- Formation beynah längs der ganzen Alpenkette bis tief in Ungern verfolgt und ſie hier, wie in der Schweiz, theils ältern Sandſteinfoymationen, die er für das Steinkohlegebirge anſieht, theils dem Jurakalk aufgelagert gefunden. Der un⸗ unterbrochene Zuſammenhang, die vollkommene Uebereinſtim⸗ mung der Gebirgsarten, die Gleichförmigkeit der Lagerung, und eine Menge anderer Umſtände laſſen über die Formations⸗ Identität der Schweizer Molaſſe und der Ungriſchen keinen Zweifel zu; dieſe wird aber von einem ſandigen Kalk bedeckt, den Hr. Beudant und wie es ſcheint, alle Geognoſten, die ſeine Sammlungen geſehn, für Pariſerkalk anerkennen, und die Molaſſe, zwiſchen Jurakalk und Pariſerkalk eingeſchloſſen, nimmt demnach ganz die Stelle des Plaſtiſchen Thons ein, mit dem fie ohnedieß, beſonders wie derſelbe in England er- ſcheint, die größte Aehnlichkeit hat. — Man wird leicht ge- ſtehn, daß es ſchwer ſeyn würde, jedes geognoſtiſche Theorem mit einem fo gründlichen Beweiſe zu verſehn. Die Anſicht des Hrn. Buckland 1) weicht nicht weſentlich von der eben erwähnten ab, nur betrachtet er mehrere unſe— rer Braunkohlelager mit Süßwaſſ. ermuſcheln „ wie z. B. die von Käpfnach und St. Saphorin, als bedeutend jünger als die Molaſſe, während Hr. Beudant fie mit zu dieſer Forma— tion zählt. — — — 19) Journal de Phys. 1821. Juill. Vorrede. xIx Hr. von Humboldt 20 ſucht ungefähr dieſelbe Anſicht mit mehrern Thatſachen, die ich ſogleich anführen werde, da- durch in Einklang zu bringen, daß er die Molaſſe-Formation als parallel, ſowohl mit dem Plaſtiſchen Thon und dem Pa- riſerkalk, als mit der zunächſt auf dieſem liegenden Gyps⸗ formation annimmt, ſo daß die Molaſſe beynah die ganze Lagerfolge des Tertiärgebirges, aber mit verwiſchten, nicht, wie zu Paris und in England, mit Sicherheit zu beſtimmen⸗ den Formationsabſonderungen, darſtellen würde. Ziemlich abweichend ſind hingegen die Reſultate, die Hr. Brongniart 2), freylich nur mit großer Behutſamkeit und als noch ſehr der Beſtätigung bedürfend, in mehrern Schriften bekannt gemacht, oder wenigſtens angedeutet hat. Zu beſſerm Verſtändniß derſelben müſſen wir aber die obere Ordnung auch in ihren jüngern Gliedern kennen lernen. Der grobe Kalk wird zu Paris durch eine Mergel⸗ und Gypsformation bedeckt, welche das Grab einer Vorwelt ge— weſen iſt, und in unglaublicher Menge die Knochen mannig⸗ faltiger, jetzt ganz unbekannter Land⸗ und Sumpfthiere, Anoplotherien, Paläotherien, Lophiodonten u. a. m. einſchließt. Im Hügel von Montmartre, der in dieſer Hinſicht, durch die unſterblichen Verdienſte Hrn. Cuvier's, vorzüglich berühmt, und deßwegen als Typus der ganzen Formation betrachtet worden iſt, hat der Gyps ein bedeutendes Uebergewicht vor dem Mergel; es ſcheint aber nicht, daß ſich dieß anderwärts eben ſo verhalte, und das Vorkommen der Formation zu Paris dürfte wohl eher für ein ſeltnes, ganz locales, als für das normale anzuſehen ſeyn. — Zu Buchsweiler ſind die Knochen in einen hellgrauen, dichten Kalk eingeſchloſſen, der in hori⸗ zontalen Lagern auf Jurakalk liegt; zu Montabuſard bey Orleans in einem harten Mergel, der von Dammerde bedeckt wird, und eine Mächtigkeit von ungefähr 20 Fuß zeigt; zu 20) Gisement des roches, p. 308, f 20) Env. de Paris, p. 353. Er. Vorrede. Argenton in einem ähnlichen Mergel von mehr als 15 Fuß Dicke; an allen dieſen Orten ſind, wie zu Paris, einige Lager ganz angefüllt mit Süßwaſſerſchnecken; auf der Inſel Wight, der einzigen Stelle in England, wo dieſe Formation iſt auf⸗ gefunden worden, hat man noch keine Knochen, ſondern nur Süßwaſſerſchnecken entdeckt, und die Steinart iſt ebenfalls nicht Gyps, ſondern ein ſandiger, zuweilen durch eine Bey⸗ mengung von Kohle braun gefärbter Kalk- oder Thonmergel. Auf dieſe höchſt merkwürdige Süßwaſſerformation folgen Lager von Sand, Mergel und Kies, zuweilen agglutinirt zu feſtern Maſſen, oft eine ſehr große Menge von Meerconchylien enthaltend, welche größtentheils von denen des Pariſerkalks verſchieden ſind, und dagegen faſt ohne Ausnahme mit den noch heut in unſern Meeren lebenden Arten übereinſtimmen. Zu Paris zeigt ſich dieſe Formation auf der Höhe von Mont⸗ martre, und zeichnet ſich durch zwey Lager mit foſſilen Auſtern aus, die ſehr gut erhalten ſind, da der darüber liegende Sandſtein hingegen nur undeutliche Steinkerne enthält. In England, wo dieſelbe in Eſſer und Suffolk unter der Benen⸗ nung Crag erſcheint, und auf der Inſel Wight haben die foſſilen Muſcheln, die ſie einſchließt, meiſtens ſehr wenig ge⸗ litten. Vielleicht gehört auch der harte, zum Theil Kieſel⸗ geſchiebe enthaltende Sandſtein dieſer Formation an, aus dem die Druidenſteine zu Stonehenge und Amesbury beſtehn. Endlich liegt auf dieſer obern Meerformation an mehrern Orten, als das letzte jüngſte Glied des Tertiärgebirges, eine Süßwaſſerformation, die aus merglichten, hellbräunlichen oder gelblichweißen Kalkſchichten beſteht, und ſehr viele Süß⸗ waſſereonchylien enthält. Mehrere Gründe, die mir von großem Gewicht ſcheinen, haben Hrn. Brongniart auf die Vermuthung gebracht, daß das Analogon unſerer Molaſſe-Formation eher in dieſem jüngern Theile des Tertiärgebirges, als im Plaſtiſchen Thon und Pariſerkalk zu ſuchen ſey. — Es ſind in den Braunkohle⸗ \ Vorrede. XXI lagern der Molaſſe Knochen und Zähne gefunden worden, welche nicht einmal Thieren vom Alter derjenigen von Mont- martre, ſondern ſolchen angehören, die anderwärts im auf— geſchwemmten Lande gefunden werden; es können daher dieſe Lager unmöglich den Plaſtiſchen Thon bezeichnen, wie Hr. Beudant annimmt, und um ſo weniger kann die ziemlich hoch aufliegende Molaſſe dieſer Formation beygezählt werden. — Die Meerpetrefacten der Schweizermolaſſe waren zwar Hrn. Brongniart ſo viel als unbekannt, als er die neue Ausgabe der Environs de Paris bearbeitete, kurz vorher aber hatte Hr. Prevoſt ſeine wichtige Beſchreibung der Wienergegend 22) im Druck erſcheinen laſſen, und gezeigt, daß die Petrefacten der dortigen Molaſſe auffallend mit denen der ſubapennintſchen Hügel übereinſtimmen, — eine Zuſammenſtellung, die, in Bezug auf unſere inländiſchen Petrefacten, früher ſchon, und wie ich glaube der erſte, Hr. J. A. Deluc ?) verſucht hatte. Um dieſelbe Zeit, als die Arbeit von Hrn. Prevoſt, war auch Hrn. Schläpfers Verzeichniß der St. Galler Petrefacten 29 erſchienen, welches zu demſelben Reſultat führte; dieſe Ab⸗ handlung / in der Hr. Brongniart fichere Grundlagen zu feinen Vermüthungen gefunden hätte, ſcheint aber in Paris nicht be⸗ kannt geworden zu ſeyn. — Nun aber find die foſſilen Muſcheln der ſubapenniniſchen Hügel wefentlich verſchieden von denen des Pariſerkalks, und ihre Arten finden ſich größtentheils noch in unſern Meeren Hr. Brbngniart glaubt daher dieſe Sand⸗ und Mergel bildungen die wir durch das claſſiſche Werk von Hrn. Brocchi ſehr genau kennen / mit der obern Meerformation von Montmartre und dem Crag von Suffolk in Verbindung ſetzen zu ſollen, und wirklich laſſen fh dieſelben aus dem mittlern Italien durch Piemont und das füdliche Frankreich bis in die Nähe der Pariſergegend fort ohe RE ver⸗ 22) N Phys. 1820. Nox. p. 347 2) Naturwiſſ. Anzeiger III. Nr. 1 20 Reue Alpina 1. S. 266. XXII Vorrede. folgen. Aus dem Anſchließen unſerer Molaſſe an die ſub⸗ apenniniſchen Formationen folgt alſo von ſelbſt auch ihre Identität mit der obern Meerformation. Es iſt dieſer kurze Abriß des gegenwärtigen Zuſtandes der alpiniſchen Geognoſie wohl hinreichend, um zu zeigen, wie dringend jeder Theil derſelben eine neue und ſchärfere Unterſuchung fordere; auch erklärt ſich wohl am beßten aus demſelben, warum ſeit der Erſcheinung des genialen, und um die Begründung und Aufklärung der vaterländiſchen Ge⸗ birgskenntniß höchſt verdienſtvollen Werkes Hrn. Ebels kein neuer Verſuch gemacht worden iſt, eine umfaſſende Geognoſie der Alpen zu ſchreiben, die den Forderungen unſrer Zeit ent⸗ ſpräche. Wer dürfte an die Vollendung des Gebäudes den⸗ ken, während die Grundpfeiler, die man für die feſteſten hielt, zu wanken beginnen, oder gar zuſammenſtürzen? Hr. Efcher-felbft, dem wir die erſten wiſſenſchaftlichen und mit höherm Sinn aufgefaßten Anſchten über die Natur unſerer Gebirge verdanken, ſcheint in ſpätern. Jahren und je mehr ſich fein Reichthum an geognoſtiſchen Studien, an Profilzeich⸗ nungen und Panoramen aus allen Gegenden der Schweiz an⸗ häufte, die Aufſtellung einer umfaſſenden Theorie, wie früher der große Sauſſure, immer ſchwieriger gefunden zu haben; fein unbefangner, klarer Verſtand zeigte ſich in der ſtrengen Critik, mit der er alle voreiligen Verſuche prüfte und zurück⸗ wies, eben. fo ſehr, als ſein tiefes Gemüth in der Begei⸗ ſterung für das gemeine Wohl, dem er ſeine EINS ſchaft und sein Leben zum Opfer gebracht hat. Was aber weniger zu erklären ſeyn möchte, iſt, daß un⸗ geacht des Vortrittes fo. großer Meiſter, ungeacht rings um uns her, in Italien, Frankreich, Deutſchland, die Geo⸗ gnoſie mit Rieſenſchritten vorwärts geeilt iſt, und ein all⸗ gemeines, immer noch ſteigendes Intereſſe gewonnen hat, bey Vorrede. XXIII uns, ich ſpreche nur von dem, was zur öffentlichen Kenntniß gelangt iſt, ſogar die Vorarbeiten zu jenem großen Werk in's Stocken gerathen, oder gar noch nicht angefangen ſind. Die ſehr veränderte Geſtalt, in welcher der Bau der Erde im Al— pengebirge in unſern Tagen erſcheinen würde, iſt mehr Wir⸗ kung von refleetirtem/ als von eigenem Licht, und mit Be⸗ ſchämung muß man ſich geſtehen, daß wir unfre Alpen, die Bundeslade der getrennten Schweizerſtämme, mit weniger Fleiß und Liebe durchforſcht zu haben ſcheinen, als andere Völker ihre Kieshügel und Sandhaufen. — Wahr iſt's indeſſen daß, ſich der gründlichen Gebirgsforſchung in der Schweiz mehr Hinderniſſe, als in keinem jener Länder entgegenſetzen. Die Armuth des Landes an mineraliſchen Producten beſchränkt den Beobachter, der anderwärts oft die wichtigſten Aufſchlüſſe in den Gruben der Bergwerke findet, bey uns faſt ausſchließ⸗ lich auf die natürlichen Felſen und Anbrüche; der Berg⸗ mannsſtand, aus dem ſich die Mehrzahl der gründlichen Ge⸗ birgsforſcher entwickelt, hat aus demſelben Grunde in der Schweiz gar keine Exiſtenz erhalten, und auch die verwand⸗ ten Berufsarten, deren Bedürfniß ſich immer dringender füh⸗ len läßt, je mehr unſere begünſtigtern Nachbarn in aller Art Induſtrie uns voraneilen / der Stand der Straßen⸗ und Waſ⸗ ſerbaumeiſter z. B., ſind bis jetzt noch ohne Unterrichtsanſtal⸗ ten, und ohne Ausſicht auf Anſtellung und Gehalt geblieben. Die Geognoſie ſteht aber auch darin im vollkommenſten Gegen⸗ ſatz mit ihrer ältern Schweſter, der Aſtronomie, daß fie, ein Kind unſerer eiſernen Zeit, lange nur unter dem Schutz gewinnbringender Gewerbe ein Obdach fand, während dieſe erſt/ nachdem man ſie in Tempeln verehrt hatte, ihre Diener auch mit irdiſchen Gütern beſchenkte. Es geräth endlich nur zu oft in der erhabenen Natur unſerer Alpen der beſon⸗ nene Ernſt der Detailbeobachtung in Streit mit dem poeti⸗ ſchen Gefühle. Auch der Muthigſte muß ſich, bey'm Anblick dieſer großen Maſſen, geſtehen, daß ſein Leben nicht aus⸗ XXI Vorrede. reichen werde, nur einen kleinen Theil derſelben mit Genauig⸗ keit zu unterfuchen; das ermüdende Anklopfen und Nachzählen der einzelnen Schichten an den tiefern Gehängen „das Abmeſſen ihrer Neigung, die nähere Betrachtung der Steinart, er⸗ ſcheint ihm wie Pygmäenarbeit, es reißt ihn fort auf die Höhen / die ihm allgemeine Ueberſichten verſprechen, auf die erhabenen Gipfel, die ſeit ſeiner Kindheit ihn gelockt, und in der unausſprechlichen Wonne, die dort ſeiner wartet, fühlt er ſich der tief unter ihm liegenden bewohnten Erdfläche, der Menſchheit und allen ihren Intereſſen entrückt, die Spann⸗ kraft feines Willens erſchlaffet, und ſelbſt die edle Begeiſterung für Wiſſenſchaft weicht dem ungemiſchten innigen Lebens. gefühl, das ſeine ganze Seele feſſelt. Eine gründliche und von dem Wechſel der Syſteme un⸗ abhängige Geognoſie unſerer Alpen kann aber nur aus genauen Detailbeſchreibungen hervorgehen, und dieſe können nur In⸗ länder liefern, da fie allein im Falle find, eine Gegend nach allen Richtungen zu durchforſchen, und intereſſante Punkte i nöthigenfalls mehreremale zu beſuchen. Nur ſie werden, voll Liebe zu allem, was der Heimath angehört, jeden Fels und jeden Hügel intereſſant und der Beſchreibung würdig finden 7 wenn er auch kein Weltſyſtem unterſtützen ſollte; nur von ihnen dürfen wir erwarten, daß ſie, als treue Chronikſchrei⸗ ber der Natur, die vielartigen Materialien fleißig zuſammen⸗ tragen, deren Sammlung ſo viel Mühe und ſo wenig Ruhm bringt. Vergebens werden wir von den Anſtrengungen und dem Genie fremder Forſcher wahre Aufklärung über die Na⸗ tur unſrer Gebirge zu erhalten hoffen, wenn wir nicht ſelbſt auch zu mehrerer Thätigkeit erwachen, und, jeder in ſeinem Kreiſe, wenigſtens jene Vorarbeiten zu fördern ſtreben, deren glückliche Ausführung mehr Fleiß und unbefangenen Geiſt, als ſeltne Talente und Kenntniſſe erfordert. Um auch das meinige in dieſer vaterländiſchen Aufgabe nicht verſäumt zu haben, wage ich es, dieſe Schrift der Vorrede. Xxxv Beurtheilung des geognoſtiſchen Publikums zu unterwerfen. Treue Darſtellung deſſen, was ich auf mehrjährigen Reiſen geſehen und geſammelt, iſt das einzige Verdienſt, nach dem ich geſtrebt habe, und durch unverdroſſenes Eintreten in alle wichtigern Details und gewiſſenhafte Angabe des Grades von Zuverläßigkeit, den ich in die Beobachtungen ſetzen zu können glaube, hoffe ich ſowohl übereilten Folgerungen vorgekommen zu ſeyn, als auch meiner Arbeit eine künftige Brauchbarkeit zugeſichert zu haben. Auf die öfters beygemiſchten allgemei⸗ nern Anſichten und Hypotheſen lege ich wenig Gewicht; man kann fie, wenn man will, als rhetoriſche Verſuche betrach— ten, in die Monotonie einer trocknen Beſchreibung einiges Leben zu bringen, in Wahrheit aber hielt ich mich für ver⸗ pflichtet, da alles Sammeln und Beobachten ohne eine lei⸗ tende Idee zwecklos und unnütz iſt, die Beobachtungen ſelbſt aber hiedurch öfters influeneirt werden, zum Behuf einer critiſchen Würdigung meiner Angaben diejenigen Ideen an⸗ zugeben / die mir vorgeſchwebt hatten. — Möchten die, mit unſern Alpen durch langes Studium vertrauten Gebirgsfor⸗ ſcher in Lauſanne, Ber / Aarau, Baſel, Zürich, dieſe Schrift ihrer Beachtung nicht ganz unwerth finden) möchte wenigstens der Muth, mit fo geringer Ausſtattung an's Licht zu treten, ſie bewegen können, uns mehr, als bis jetzt ge⸗ ſchehen , von ihren wiſſenſchaftlichen Schätzen mitzutheilen. Die Formation der Molaſſe ſchien mir vorzugsweiſe eine neue Unterſuchung zu verdienen. Sie iſt für uns Schweizer unſtreitig die wichtigſte, da ſte Unterlage eines ſehr großen und zwar des fruchtbarſten und bewohnteſten Theiles unſers Landes iſt / deſſen Agricultur, Waſſer⸗ und Straßenbau aus einer nähern Kenntniß des Bodens und des allgemeinen Baumaterials weſentliche Vortheile ziehen kann. In wiſſen⸗ ſchaftlicher Hinſicht hätte ich mir zwar von jeder andern al⸗ piniſchen Formation eben ſo reiche Ausbeute verſprechen dür⸗ fen / es ſchien mir aber, des Vorzugs der leichtern Unter⸗ XXVI ö Vorrede. ſuchung nicht zu gedenken, natürlich und einem allgemeinern Plane geognoſtiſcher Alpenſtudien entſprechend, an der jüng⸗ ſten zuerſt meine Kräfte zu prüfen. Eine ſichere Beſtimmung der neuern Formationen wirft viel Licht auch auf die ältern, die ſich in häuftgen Fällen nur durch die ihnen aufgelagerten Bildungen erkennen laſſen. Iſt die Molaſſe bunter Sand⸗ ſtein, oder gar Todtliegendes und der letzten Kalkkette an⸗ gelagert, ſo fallen alle Meinungen, welche dieſen Kalk für Jurakalk, oder Kreide erklären, von ſelbſt weg; iſt ſie hingegen neuer und gehört ſie dem Tertiärgebirge an, ſo haben wir für unſern Alpenkalk unter allen Kalkformationen des geognoſtiſchen Syſtems ganz freye Wahl. — Die Wich⸗ tigkeit dieſer Arbeit läßt ſich auch aus einem andern Ge⸗ ſichtspunkte noch betrachten. Die nähere Beſtimmung einer ſchweizeriſchen Gebirgsformation könnte am Ende eine An⸗ gelegenheit von nur localem, mehr topographiſchem als geo⸗ gnoſtiſchem Intereſſe ſcheinen, da es der allgemeinen Geo⸗ gnoſie inſoweit gleichgültig ſeyn mag, ob dieſes oder jenes einzelne Gebirge aus Plaſtiſchem Thon, buntem Sandſtein, oder Grauwacke beſtehe; aber das Auftreten der Molaſſe in einem ſo, beträchtlichen Theil von Europa, die coloſſalen Maſſen, die fie, in der Schweiz vorzüglich / bildet, ihre man⸗ nigfaltige Beſchaffenheit in unſerm Lande, die alle Nüancen vom Harten zum Weichen und Lockern, vom Schwarzgrauen zu ganz hellen Farben, von der Nagelfluh mit centnerſchwe⸗ ren Geſchieben zum feinkörnigſten, dichtem Kalk, oder Quarz⸗ fels ähnlichen Sandſtein durchläuft, die Mannigfaltigkeit und der Reichthum ihrer Petrefacten endlich, laſſen uns, wenn nicht ein neues Glied des geognoſtiſchen Syſtems zu finden, doch zuverläßig ſehr weſentliche Zugaben und Erwei⸗ terungen zu der Charakteriſtik eines bereits aufgenommenen erwarten. Auch haben ſich mehrere unſrer erſten Geognoſten bereits über das dringende Bedürfniß dieſer Unterſuchung ausgeſprochen: — „auf die Schweiz muß immer jede Ver⸗ Vorrede. XXVII gleichung bezogen werden, ſobald von dieſen Sandſteinbil⸗ dungen (der Molaſſe) die Rede iſt“, ſagt Hr. Beudant 25), die Unterſuchung der verſchiedenen Molaſſen wird auch von Hrn. Cuvier den Geologen auf's Dringendſte empfohlen 2%, — y von einer vollſtändigen Monographie der Molaſſe kann, nach Hrn. von Buch, die ganze Theorie des Alpengebirgs abhängen.“ — Sowohl im Intereſſe der vaterländiſchen, als der allgemeinen Gebirgskunde ſcheint daher das Thema, das ich mir vorgelegt habe, nicht übel gewählt zu ſeyn. Leider kann ich nicht ſo viel Gutes von der Aus⸗ führung deſſelben rühmen, und dem Wunſche des Hrn. von Buch muß ich mir ſelbſt geſtehen, lange nicht entſprochen zu haben; denn wofern vielleicht aus der ſyſtematiſchen Form, in der dieſe Schrift erſcheint, jemand auf eine erſchöpfende Behandlung des Gegenſtandes ſchließen ſollte, fo würde er ſich aus dem Inhalt nur zu bald überzeugen, daß es mit dem nur Aphorismen verſprechenden Titel ganz ernſtlich ge⸗ meint iſt. Es deutet jene Form auf das Ziel, nach dem ich geſtrebt habe, dieſer auf den upallägmsgenen Erfolg meiner Aößzengunger. 2 64 Nach dem Beyſpiele mehrerer are Vorbilder fand ich es zweckmäßig, den nähern petrographiſchen und geogno⸗ ſtiſchen Erörterungen einen allgemeinen Abriß der topogra⸗ phiſchen Beſchaffenheit und Phyſiognomie des Landes vorangehen zu laſſen, in der Ueberzeugung, daß ein Gemälde aus der wirklichen Natur ein deutlicheres Bild des äußern Charakters unſerer Formation erwecken werde, als eine ermüdende Zuſammenſtellung abftraster Formbeſchreibun⸗ gen. Es ſoll dieſer Abriß zugleich auch den Bezirk näher bezeichnen, dem die Mehrzahl meiner Beobachtungen ange⸗ hört. In einem Ain e Wahren Jobe iſt es mir nicht 50 . en Hongrie. 709 Oss. foss, . ade part. p. 9 und p. 500. XXVIII Vorrede. möglich geweſen, alle Gegenden der Schweiz, in denen die Molaſſe Hügel und Gebirge bildet, ſo genau kennen zu ler⸗ nen, daß meine Reſultate alle Localfarben hätten abſtreifen, und eine allgemeine Bedeutung erhalten können; ſie beziehn ſich alſo zunächſt immer auf meine Umgebungen, d. h. auf den Canton Bern und die angrenzenden Theile von Solo- thurn, Luzern und Freyburg, und erſcheinen oft ganz in der Form von geognoſtiſcher Topographie. Die Beſchreibung dieſes Gebiets macht gleichſam den Kern aus des Ganzen; die Beobachtungen aus Gegenden, die über ſeine Grenzen hinausliegen, ſind dagegen größtentheils Früchte eines be⸗ ſchränkten Aufenthalts und einer weniger vielſeitigen Anſicht und durften daher nicht mit jenen ſchärfern verſchmolzen werden; auch habe ich ſie meiſt nur um die Allgemeinheit der gewonnenen Reſultate zu zeigen und nicht als Grund⸗ lage derſelben gebraucht. a Die Höhenngaben l welche in dieſem bestem Ab⸗ | ſchnitt und in der Folge vorkommen, habe ich, ſofern es nicht trigonometriſche Beſtimmungen ſind, nach barometri⸗ ſchen Meſſungen, zu denen Hr. Negt. Fueter mir auf die zuvorkommendſte Weiſe mit correſpondirenden Beobachtungen behülflich war, aus den Tafeln meines berühmten Lehrers, Hrn. Hofr. Gauß, berechnet. Ich hielt es für unnöthig die Originalbeobachtungen mit anzuführen, da auf jeden Fall dieſe Beobachtungen, deren Zeit und Ort nicht immer nach Ramond's Vorſchriften ausgewählt werden konnten, größern Fehlern unterworfen ſeyn mögen, als die Formel, auf der jene Tafeln beruhen / »und eine ſpätere Berechnung daher keine höhere Genauigkeit bringen würde. Den Grad dieſer Ge nauigkeit wird man nach den in den Noten angeführten ein⸗ zelnen Reſultaten beurtheilen können, aus denen das im Text aufgenommene das Mittel iſt; alle Höheangaben, zu denen keine Note beygefügt iſt, ſind Reſultate einer einzigen Bebb⸗ achtung. Das Mapimum des Fehlers einer einzelnen Beobach- Vorrede. XXIX tung, d. h. ihrer Differenz vom Mittel, glaube ich eher zu hoch, als zu tief zu ſchätzen, wenn ich es gleich 10” annehme; in der That findet man unter den einzelnen Reſultaten, die meiſtens mit verſchiedenen Inſtrumenten, theils Heber, theils Gefäß⸗-Barometer von ſehr guten Meiſtern, und in ſehr ungleichen Tags» und Jahrszeiten erhalten wurden, niemals einen ſo ſtarken Unterſchied. Nach einem geometriſchen Nivellement wurde die Höhe des Barometerniveaus auf unſerm Obſervatorium über das Niveau des Hrn Fueter gleich 259,2 gefunden. Die abſolute Höhe des Obſervatoriums iſt noch einiger Ungewißheit unter⸗ worfen. Nach einer trigonometriſchen Verbindung mit Straß⸗ burg, wird ſie von Hr. Prof. Trechſel zu 1791 franzöſiſchen Fuß, oder 581,8 Meter angenommen 27). Der mittlere Ba- rometerſtand mit ſechs untern Niveau's verglichen, giebt nach Hr. Deleroz I im Mittel 576,2 , mit dem ungünſtigſten, dem Stand von Shuckburgh, 564. Ich muß indeß hier be⸗ merken, daß ein Element in den Rechnungen von Hrn. Del⸗ croz, nämlich die mittlere Temperatur von Bern, unrichtig auf 80,26 R. angeſetzt wird, welches die mittlere Mittags- temperatur iſt. Wir beſitzen noch gar keine Reihe von Beob⸗ achtungen, aus der ſich unſere wahre, mittlere Wärme her⸗ leiten ließe; nach ungefährer Schätzung aus der Höhedifferenz und Breite ) würde fie nur auf 77/8 ſteigen. Der Einfluß auf die abſolute Höhe iſt freylich von keiner großen Bedeutung. Ich habe mich an die erſte Angabe von 582 gehalten, welche allen von den HH. Trechſel, Frey und Lüthardt berechneten und zum Theil publicirten Höhen zum Grunde liegt. — In der topographiſchen Beſchreibung der Nagelfluh- und Petrefacten⸗ lager der Gegenden zwiſchen Bern und Thun fand ich es in⸗ deß, damit die Höheverhältniſſe leichter aufgefaßt werden 27) Biblioth. univ. T. 21. 28) Idem T. 8. 2?) D’Aubuisson Geéogn. I, p. 424. xXx Vorrede. möchten, zweckmäßiger, ſtatt abſoluter, relative Höhen zu ge⸗ brauchen. Ich habe daher in dieſen beyden Abſchnitten zum untern Niveau die Ebene von Belp gewählt, deren abſolute Höhe, in der Nähe des Pfarrhauſes, ich gleich 530 gefunden habe. | Die größten Schwierigkeiten hat mir die Beſtimmung der ſüdlichen Grenze der Molaſſe-Formation entgegen⸗ geſetzt, und der Wunſch, wenigſtens dieſen Punkt vollſtändig in's Reine zu bringen, iſt vorzüglich Urſache geweſen, daß ich mit der Bekanntmachung dieſer Arbeit ſo lange gezögert habe. Leider iſt es mir nicht gelungen, alle Nebel zu zer⸗ ſtreuen, die bisher dieſe Grenze dem Scharfblick der geübteſten Geognoſten verdeckt haben, im Gegentheil möchten meine Beobachtungen, wenn ſie auch mehreres beſeitigen, im Gan⸗ zen die Dunkelheit doch eher vermehren, als vermindern. — Wir haben bereits ſchon geſehen, wie leicht in der Nähe der Alpen die Neigung der Schichten zu grobem Irrthum verlei- ten könne, und wie ſehr wir im Gebrauche dieſes Merkmals der Auflagerung auf unfrer Hut ſeyn müſſen. Noch verfäng- licher iſt aber die Beſchaffenheit der Gebirgsarten ſelbſt, die wir hier finden. Wenn man, ohne ſich genauer umzuſehen, aus den niedrigern Gegenden des Molaſſegebiets in die rau⸗ hern Thäler der höhern Sandſteingebirge tritt, ſo glaubt man zuverläßig ſich mitten in einer ganz verſchiedenen, ſehr viel ältern Formation zu befinden: die große Feſtigkeit des Steins, den man oft für dichten Kalk, oder Kieſelſchiefer halten könnte, die ſtarke, vom Grunde der Thäler bis auf die höchſten Rücken gleichförmige Neigung der Schichten, das Schroffe aller Formen, und die ausgedehnten, wild aufgeriſ— ſenen Felſen, geben jedem Handſtück, wie dem ganzen Ge— birge einen Charakter, der mit demjenigen der Molaſſe im grellſten Widerſpruch ſteht. Wenn man indeß zu beſtimmen ſucht, wo die eigentliche Molaſſe ihr Ende erreiche, und an dieſe, vermeintlich ältere Formation anſtoße, ſo ſieht man Vorrede. xXxxXI ſich, nach langer Bemühung, in der einen Gegend zur An— nahme gezwungen, daß, fo ſehr auch der urſprüngliche Ein- druck dawider ſtreitet, gar keine Trennung vorhanden ſey, und alle dieſe ſo auſſerordentlich verſchiedenen Steinlager der⸗ ſelben Formation angehören, ja daß die älter ſcheinenden ſo⸗ gar die aufgelagerten, jüngeren ſeyen, — ein Reſultat, das ſo auffallend an den frühern Streit über die Auflagerung des Alpenkalks erinnert, daß man es zurücknehmen möchte, ſo wie man es ausgeſprochen hat, — in andern Gegenden find die Sandſteingebirge, welche, nach ihrer Steinart und Lage, als die Fortſetzung von jenen erſcheinen, deutlich genug von der Molaſſe geſchieden und zeigen ſich wirklich als ältere Bil⸗ dung, dagegen iſt ihre ſüdliche Grenze ſo unklar, daß man im Zweifel bleibt, ob ſie nicht gar den Kalk unterteufen, und der einen oder andern der im Innern der Kalkalpen anſtehen⸗ den Sandſteinformationen angehören; man glaubt dieſe neue Anſicht auch auf die frühern, dieſen ſo ähnlichen Gebirge aus⸗ dehnen zu können, und ſchmeichelt ſich ſchon die Auflöſung des großen Räthſels zu beſitzen, aber vergebens, es zeigen ſich jene eben ſo nahe mit der Molaſſe verwandt, als dieſe mit dem Kalk, und am Ende fieht man keinen andern Ausweg, als die ſich fo ähnlichen feſten Sandſteingebirge ſelbſt zu tren⸗ nen, und die einen als Molaſſe, die andern als ältere For⸗ mationen zu betrachten. Daß indeß dieſe Erklärung den Kno⸗ ten mehr zu zerſchneiden, als aufzulöſen ſcheint, läßt ſich nicht verkennen. Man hat bis dahin, in der Schweiz wenigſtens, dieſe Zwiſchenformationen nicht genug berückſichtigt, aus dem na⸗ türlichen Grunde, weil ſie in den Gegenden, die am ſorg⸗ fältigſten unterſucht worden ſind, von der Nagelfluh faſt ganz verdrängt werden; in unſern Umgebungen bilden dieſelben aber eigene Gebirgszüge, und forderten mich daher zu einer genauern Beachtung auf. Der Wunſch, die Aufmerkſamkeit geübterer Geognoſten auf dieſe gewiß äuſſerſt merkwürdigen XXXII Vorrede. Bildungen hinzulenken, und das Unbefriedigende meiner Re⸗ ſultate hat mich bewogen, dieſelben mit einer Ausführlichkeit zu behandeln, die, ohne dieſe Vorerinnerung, vielleicht im Mißverhältniß mit den übrigen Theilen der Schrift geſchie⸗ nen hätte. | Den nämlichen Vorwurf möchte ich auch von einem an⸗ dern Abſchnitte, der Beſchreibung der Nagelfluh, ab⸗ zuwenden ſuchen, worin man vielleicht die lange Aufzählung und die ermüdende Charakteriſtik einzelner Gerölle, als zu ſehr in's Kleinliche gehend, tadeln möchte. Indeß verſpricht uns eben dieſe ſorgfältige Durchſicht jener räthſelhaften Trüm⸗ mergebirge die wichtigſten Aufſchlüſſe über ihre Entſtehung und über die Natur der letzten Erdrevolutionen. Ich möchte die Nagelfluhgerölle mit den foſſilen Knochen vergleichen, aus denen Hr. Cuvier auf ſo wundervolle Art die Gerippe der un⸗ tergegangenen Thierwelt wieder hergeſtellt hat. Zuverläßig darf man hoffen, durch ein genaues Studium der verſchiede⸗ nen Gebirgsarten dieſer Gerölle, durch ein Zuſammenſtellen der ſich verwandten und vorzüglich der oft noch im nämlichen Geröll verbundenen heterogenen Gebirgsarten, auf ähnliche Art unter der Leitung der allgemeinen Geognoſie, das Ge⸗ birge, aus dem ſie abſtammen, wieder conſtruiren zu können, als es Hrn. Cuvier gelungen iſt, aus einzelnen Knochen, mit Hülfe der allgemein-anatomiſchen Geſetze, auf das ganze Gerippe zu ſchließen. Ich habe dieſen Verſuch nicht gewagt, er wäre unſerm Hauptgegenſtand zu fremd geweſen, auch würde meine Geröllſammlung, obſchon ſehr beträchtlich, noch lange nicht dazu hingereicht haben; indeſſen hoffe ich durch einzelne Beyſpiele, die ſich von ſelbſt darboten, wenigſtens die Möglichkeit dieſer Wiederherſtellung zu beweiſen. Es iſt bekannt, wie divergirend die Meinungen über den Mutterort der Nagelfluhgerölle ſind. Nach der Analogie der am Fuß und an den Abhängen der meiſten Gebirge vorkom— menden Trümmer, glaubte man lange Zeit, ſie wären aus der Vorrede. xXxxXIII der Zerſtörung nächſtgelegener Felsarten hervorgegangen und durch die Alpengewäſſer gerollt und aufgehäuft worden. So noch Sauſſure ), fo auch Hr. Ebel s). Indeſſen ver- muthete bereits der erſtere, die bunten Granite und Porphyre, die er in der Emme fand, deren Zuſammenhang mit der Na— gelfluh ihm aber unbekannt war, möchten aus dem Schwarz— wald abſtammen, und Hr. von Chambrier 34) wies fpäter wirklich mehrere identiſche Gebirgsarten in den Vogeſen nach. Auch Eſcher ſprach ſich wiederholt für eine nichtalpiniſche Abſtammung vieler Nagelfluhgerölle aus ). Hr. Ebel ſuchte dagegen dieſe fremdartig ſcheinenden Gebirgsarten von den Porphyren der ſüdlichen Alpen, des Etſchthales und der an⸗ grenzenden Gegenden, herzuleiten. | Um in dieſer ſchwierigen Unterſuchung einen ſichern Weg zu gehn, legte ich auf unſerm Muſeum eine Sammlung von Nagelfluhgeröllen an, die ich nach den verſchiedenen Schich⸗ ten ordnete, aus denen ſie gebrochen waren. Je nach der Mannigfaltigkeit wählte ich aus jeder Schicht 20 bis 30 ver⸗ ſchiedenartige, bis ich die charakteriſirenden erſchöpft zu haben glaubte, und zugleich im Stande war, die vorherrſchenden von den ſeltenen zu unterſcheiden. Auf das hin bereiste ich, vorzüglich zu dieſem Zwecke, den ſüdlichen Theil des Schwarz⸗ waldes, von Baſel bis Albbruck, und ſammelte die Gerölle der Wisleth, Wieſe, Wehr, Murg und Alb; aus jedem dieſer Ströme habe ich ungefähr 50 Gerölle mitgebracht, welche zuverläßig aus dem Schwarzwald abſtammen, da ich an den Strömen immer ſo weit aufwärts geſtiegen bin, daß keine fremdartige Beymengung, z. B. von alten Kieslagern des Rheins zu befürchten war. Die Aechtheit der Gerölle ließ ſich leicht an der Abweſenheit aller Kalk⸗ und Sandſtein⸗ 32) Voyages F. 1941 et F. 1960. . ) Bau der Erde II. S. 17. — Anleit. Rigi. 3%) Journal de Phys. Vol. 61. p. 249. 35) Alpina I. S. 279; II. S. 13. Leonh. Taſchenb. VI. S. 372. (0 xXxIY . Vorrede. arten erkennen; viele habe ich auch im Schwarzwald ſelbſt anſtehend gefunden. Von mehrern Alpenreiſen her beſaß ich ferner auf dem Muſeum Sammlungen aus dem Gletſcherſchutt des Steinen ⸗„ Triften⸗, Vorderaar- und Gaſterengletſchers, die Gebirgsarten, die in den Gletſchern von Grindelwald vor- kommen, waren mir, theils aus Beſchreibungen dieſes ſeht beſuchten Thales, theils aus ältern Sammlungen bekannt, und ich durfte demnach glauben, den petrographiſchen Cha⸗ rakter des kryſtalliniſchen Gebirgsſtocks, der die weſtliche Schweiz gegen Mittag begrenzt, mit hinreichender Genauig⸗ keit beurtheilen zu können. Weſtlich vom Gaſterenthale enthält die vordere Centralkette nur noch Kalk- und Sand⸗ ſteinformationen. Hiemit waren alle Elemente, welche auf die Löſung der Aufgabe einfließen können, vollſtändig ver⸗ einigt, und eine auch nur flüchtige Vergleichung zeigte nun ſogleich die weit größere Annäherung, und zum Theil die Identität der Nagelfluhgerölle mit den Gebirgsarten des Schwarzwaldes als mit denen der Hochalpen. Die weitern Belege zu dieſem merkwürdigen Reſultate werde ich an ge⸗ hörigem Orte anführen. Die genauere Beſtimmung unſerer foſſilen Eon lien nach ihren Gattungen und Arten wird ſehr erſchwert und oft unmöglich gemacht durch die faſt allgemeine Zerſtörung der Schale und beſonders aller innern Theile des Schloſſes. Die meiſten werden nur als Steinkerne gefunden, und auch bey den wenigen, deren Schale zum Theil noch erhalten iſt, ſind doch alle feinern Charaktere verloren gegangen. Es verſteht ſich daher von ſelbſt, daß von einer ſo vollſtändigen Beſtim⸗ mung, wie wir Hrn. Lamarc eine über die Pariſer, und Hrn. Brocchi eine über die ſubapenniniſchen Conchylien verdanken, für unſere Petrefacten nicht die Rede ſeyn kann. Ueberdieß fühlte ich oft ſehr empfindlich den Mangel mehrerer und zum Theil der vornehmſten Hülfsmittel. So z. B. ſtanden mir keine bedeutendern Sammlungen, weder Vorrede. xX friſcher, noch foſſiler Meereonchylien zu Gebote, mit denen ich die unſrigen hätte vergleichen können; eine der Pariſer Petrefacten ausgenommen, die ich größtentheils der Güte des Hrn. von Feruſſac verdanke. In Betreff der Molaffe- Petrefacten ſelbſt fand ich dagegen, theils in der Sammlung des Muſeums, theils in derjenigen von Hrn. Prof. Meis⸗ ner, theils endlich in den Sammlungen meiner jüngern Freunde und öftern Reiſegefährten, der HH. Meyer, Mouſ⸗ fon, Otth, Stürler, Zehender, Ziegler, eine ſehr ſchöne Auswahl möglichſt gut charakteriſirter und ſeltener Stücke. Eben ſo empindlich, wie den Mangel auslandifcher Sammlungen, fühlte ich denjenigen mehrerer Hauptwerke, wie Martini, Knorr, Liſter, Parkinſon, welche ſich überall nicht in unſerer Stadt finden. Die ältern Werke, von Lang, Scheuchzer, Bourguet, in denen ſehr viel Ab⸗ bildungen von Molaſſe⸗Petrefacten enthalten find, die zum Theil, beſonders in Lang, recht gut wären, können zu ſyſte⸗ matiſchen Beſtimmungen natürlich nicht dienen, da ſie ſelbſt derſelben entbehren, und in dieſer Rückſicht auf einer Linie mit den Petrefacten ſelbſt ſtehn. Deßungeacht darf ich hoffen, mit Hülfe zuvörderſt von Sowerby und Brocchi, dann der Encyclopedie, Lamare und mehrerer anderer Werke, das be⸗ ſcheidenere Ziel, das ich im Auge hatte, nicht verfehlt zu haben. Die Unterſuchung foſſiler Körper kann nämlich aus einem dreyfachen Standpunkte betrachtet werden: Man ſetzt ſich ent⸗ weder? vor, das Syſtem der organiſchen Weſen durch das Wiederauffinden verlorner Gattungen und Arten zu ergänzen, und daſſelbe überhaupt nicht nur auf die heutige Welt / ſon⸗ dern auf alle Formen auszudehnen, in welchen die Lebens⸗ kraft ſich je geoffenbaret hat. Dieſe großartige Idee ſcheint vorzüglich den HH. Cuvier und Lamare und den deutſchen Na⸗ turforſchern in München und Bonn vorzuſchweben. Es ver⸗ XXXVI | Vorrede. * langt die Ausführung derſelben den hohen Grad von Genauig⸗ keit in den einzelnen Beſtimmungen, der jede Arbeit auszeich⸗ nen ſoll, welche Anſpruch macht, neuen Namen in unſern naturhiſtoriſchen Regiſtern eine Stelle zu erwerben und zu ſichern. | Der zweyte Standpunkt ift rein geognoſtiſch, und den Zwecken dieſer Wiſſenſchaft untergeordnet. Man ſtudiert die foſſilen Körper im Zuſammenhang mit den Schichten, die fie. einſchließen, und hofft, in den mit der Altensfolge der Erd⸗ lager wechſelnden Formen ſichere Kennzeichen zur geognoſti⸗ ſchen Beſtimmung abgeſonderter Felsſchichten zu finden. So wie auf dem frühern Standpunkte die Erſcheinung des Orga⸗ nismus, mit Abſtraction von allen Zeitverhältniſſen, als Ein Ganzes betrachtet wird, das wir uns bemühen, aus der noch lebenden und aus der untergegangenen Schöpfung vollſtändig aufzufaſſen, ſo berückſichtigt man auf dem zweyten gerade das Succeſſive in dieſer Erſcheinung, und ſucht für jede durch den Wechſel der Steinlager bezeichnete Epoche der Vorwelt einen Schattenriß der damaligen belebten Natur zu entwerfen, der, für ſich ein Ganzes bildend, dieſe Epoche und ihre Bildungen charakteriſire und vor allen übrigen auszeichne. Eine bedeu⸗ tende Anzahl von Geologen, unter denen Hr. von Schlot⸗ heim, Hr. Brongniart und die engliſchen Naturforſcher im erſten Rang ſtehn, iſt gegenwärtig mit dieſer chronologi⸗ ſchen Anordnung der organiſchen Formen und der Aufſtellung eines phyto⸗ und zoologiſch-geognoſtiſchen Syſtems beſchäftigt. Daß übrigens auch der erſtere Zweck ſich mit dieſem leicht ver⸗ binden laſſe, beweist faſt jede Seite des über mein Lob erha⸗ benen, claſſiſchen Werks von Hrn. Cuvier. Man kann endlich dieſe letztere Bearbeitung der foſſi⸗ len Naturgeſchichte als vollendet vorausſetzen und ſich ihrer Reſultate bedienen, um das geognoſtiſche Alter einer noch zweifelhaften Formation zu beſtimmen. Es iſt klar, daß zu dieſem, mehr topographiſchen Zweck nicht jene äuſſerſt ge— Vorrede. XXXVII nauen, erſchöpfenden Forſchungen verlangt werden, ſo wenig, als man z. B. bey der Aufſuchung eines Minerals im orykto⸗ gnoſtiſchen Syſtem alle phyſikaliſchen, kryſtallogiſchen und chemiſchen Unterſuchungen wiederholt, welche bey der Be— gründung der Species waren vorgenommen worden; ſo reicht die Beſtimmung der Gattungen, denen die Petrefacten ange⸗ hören, meiſtens ſchon hin, um die Formation zwiſchen ziem⸗ lich enge Grenzen einzuſchließen, und glückt es dann noch, auch eine beträchtliche Anzahl von Arten zu erkennen; ſo wird man ſelten mehr über die organiſche Epoche, deren Ueberreſte man unterſucht, im Zweifel ſeyn. Dieſer dritte Standpunkt iſt aber gerade der unſrige, es iſt der einzige, den man wählen kann, da die unvollkommene Erhaltung unſerer Petrefacten die ſcharfen Beſtimmungen, die jene höhern Zwecke fordern, nicht zuläßt. Obſchon man, wie wir ſpäter ſehn werden, nicht erwarten darf, ſich auf demſel⸗ ben ganz frey umſehen zu können, und von allem Irrthum frey zu bleiben, ſo glaube ich doch, daß eine neue, mit beſſern Hülfsmitteln unternommene Bearbeitung die wenigen, aber nicht unwichtigen Folgerungen, die ſich mir aus meinen Unter⸗ ſuchungen zu ergeben ſcheinen, wohl erweitern und befeſtigen, aber nicht weſentlich modificiren oder gar widerlegen werde. Die Zeichnungen zu den zwey Lithographien verdanke ich der Freundſchaft der HH. E. Vollmar und G. Studer. Die erſte Tafel, von Hrn. Studer, enthält oben die Ausſicht vom Langenberg auf die Gebirgs- und Hügelreihen des Berner⸗ Oberlandes und des Emmenthals und dient, theils zum Belege der kurzen Schilderung unſerer Bergformen, im Anfang dieſer Vorrede, theils als vollſtändige Profilzeichnung des höhern Theils der Molaſſe⸗Formation, ihres ſüdlichen Fallens in der Nähe der Kalkgebirge, ihrer Umbiegung in der Falken⸗ fluh und ihres nördlichen Fallens im Kurzenberg; theils end⸗ lich ſoll ſie die topographiſchen Karten über einen großen Theil des Gebietes, das wir nun näher kennen lernen wollen, XXXVIII Vorrede. ergänzen und einigermaaßen erſetzen. Die untern Profile, deren Lage gegen den Meridian, an beyden Enden der Grund⸗ linie durch den Grad angezeigt iſt, in dem ſie den Horizont ſchneiden (die Grade von Nord oſtwärts gezählt), zeigen, in vier der intereſſanteſten Punkten, die Lagerungsverhältniſſe der Nagelfluh und Molaſſe zu dem ältern Sandſteingebirge und un⸗ ter ſich ſelbſt. Die genaue Detailkarte der zweyten Tafel, von Hrn. Vollmar, war eine unentbehrliche Zugabe zu den ſehr in's Einzelne gehenden Localbeſchreibungen des vierten Capitels. Ihr Maaß iſt Yıooooo der wahren Größe. Mit ehrerbietiger Dankbarkeit endlich erkenne ich die | mannigfaltige Erleichterung, die mir die freye Benutzung des hieſigen Muſeums gewährt, und das ſchmeichelhafte Zutrauen, womit die Hohe Stadtbehörde meine Anordnungen auf dem⸗ ſelben zu genehmigen und möglichſt zu unterſtützen geruht hat. Alle Gebirgsarten und Petrefacten, die ich während der Aus- arbeitung dieſer Schrift und früher einzuſammeln Gelegenheit gefunden, find von mir mit der öffentlichen Sammlung ver- einigt worden, auf ſie beziehn ſich die Nummern, die oft den ſpeciellen Beſchreibungen beygefügt ſind, und jedermann ſteht es frey, durch eigene Anſicht die Richtigkeit meiner Angaben zu prüfen. Es iſt damit der Grund gelegt zu einer allgemeinen Sammlung der ſchweizeriſchen Steinarten, von der ſich ſpä⸗ ter, ſowohl die vaterländiſche Induſtrie, als die Wiſſenſchaft wichtige Dienſte verſprechen dürfen. reel, Die äußern Formen der Gebirge, Hügel und Thäler. Wir haben ſchon vorhin bemerkt, wie die bis oben bewach⸗ ſenen Gebirge und Hügel, mit deren näherer Unterſuchung wir uns nun beſchäftigen wollen, von den Alpen gegen den Jura zu allmählig an Höhe abnehmen und ſich zuletzt kaum mehr über die Bildungen des aufgeſchwemmten Landes zu erheben vermögen. Etwas ähnliches ſcheint auch nach der Tiefe ſtatt zu finden; denn ſo wie in der Nähe der Alpen auch in den tiefften Profilen und Abgründen noch keine Spur einer verſchiedenartigen Grundlage entdeckt werden kann, ſo ſieht man am Jura hingegen die Molaſſe dem Kalk oft in ſo ge⸗ ringer Mächtigkeit aufgelagert, als ob die Formation ſich hier vollkommen auskeilen wollte. Die ganze Maſſe von Stein⸗ arten, die das große Thal zwiſchen beyden Kalkgebirgen ausfüllen, ſcheint daher die Geſtalt eines coloßalen Prisma's zu haben, das mit einer Seitenfläche ſenkrecht an die Alpen anſtößt und mit der entgegengeſetzten Schärfe den Fuß des Jura bedeckt. Die obere Abdachung dieſes Prisma's, oder der Elevationswinkel, unter dem man am Fuß des Jura den über die Horizontal⸗Ebene emporragenden Theil ſeiner hintern Fläche ſehen würde, beträgt in unſern Gegenden, wenn wir die Höhe der Gurnigelberge und die Diſtanz an den Bieler⸗See zum Grunde legen, ungefähr 10, 46/, im Emmenthal, für den Napf und die Entfernung nach Aarwan⸗ gen 1°, 46“, in der mitttern Schweiz, zwiſchen dem Rigi und der Gegend von Mellingen 10, 557, im Mittel alſs 10, 507, 4 2 | I. Cap. Die aͤußern Formen Dem Beobachter am Jura ſtellt ſich die Geſammtheit dieſes Hügellandes, wenn, bey etwas düſterer Atmoſphäre, die Umriße der Bergrücken und die Schatten der Thäler weniger ſcharf erſcheinen, wirklich als eine ununterbrochene ſanft anſteigende Ebene dar; wenn man aber mehr gegen Mittag zu vorſchreitet, fo wird dieſer einförmige Eindruck beynahe ganz 00 ausgelöſcht: man findet breite Thäler und ausgedehnte Ebenen, erhöhte Plateaux und langgezogene Rücken, und bemerkt nur an der ſtets wachſenden Erhebung und größern Steilheit der Hügel, daß die frühere Vorſtellung nicht ganz Täuſchung war. Die Gebirgszüge, welche den Alpen näher liegen, tragen meiſt noch einen alpiniſchen Charakter. Ihre Richtung iſt die der anſtoſſenden Kalkketten, mit denen ſie gewöhnlich durch ſtark erhöhte, ſattelförmige Plateaux, oder durch hohe Querjoche zuſammenhängen; die Umriße der Rücken ſind ziemlich ſcharf; die dem niedrigen Land zugekehr⸗ ten Abhänge ſteil, nicht ſelten felſigt, oft auch durch Stufen unterbrochen, an mehrern laſſen ſich die Kanten der mächtigen Schichten, die zuweilen einige Meilen weit gleichförmig fort- ſetzen, auch unter der Grasdecke erkennen und geben dem Abhang die Geſtalt einer rieſenhaften Treppe; die mittäg⸗ lichen Abhänge ſind weniger geneigt, aber ſehr uneben und bucklicht. Es beginnt dieſe Reihe paralleler Vorgebirge bereits in der Gegend von Vivis und begleitet die Kalkkette des Molézon bis faft in die Nähe von Bulle; bey Chätel St. Denis, Semsale und noch mehr weſtlich ſieht man nur die höchſten Gipfel des Molézon hinter den ſteilen, meiſt mit Tannwald bekleideten Wänden dieſes Vorwalls emporragen, Wo das Kalkgebirge plötzlich abbricht, wird auch ſie ſtark erniedrigt, aber ſchon bey Greyerz ſieht man ſie wieder am andern Abhang des Molezon fortſetzen, bis hoch in das Saa— nen-⸗Thal hinauf, und auch an der rechten Thalſeite ver- der Gebirge, Hügel und Thäler. 3 deckt ſie wohlthätig dem Auge die fürchterlich ſchroffen Fels— mauern der Raye de Pezarneza. Der Mont-Alire muß ſchon einer andern Claſſe von Gebirgen angehören, denn ſeine Kalk-Wände erreichen den oberſten Rücken und ſeine Form iſt maßig, wie die der Kalk— gebirge, doch iſt er noch ſtark bewachſen; aber in dem ſchar— fen Rücken der 173 um (5328/) hohen ) Bera, fo auffallend ähnlich dem Rücken den von ewigem Schnee bedeckten Gneus— maſſen der Thierberge, und in dem ſanft gewölbten Buckel der Schweinsberge überſieht man die beyden Extreme der Formen dieſer Vorgebirge mit einem Blick, und kann wohl über die nahe Verwandtſchaft des einen dieſer Berge mit dem andern, aber unmöglich über ihre Verſchiedenheit von den Kalkgebirgen im Zweifel bleiben. Höher noch als die Bera und die Schweinsberge erheben ſich vor dem weſtlichen Theil der Stockhornkette die Gur— nigelberge, in der Hallſtädtegg 1419 (43687), in der Pfeife 1657 (51027), im Schüpfen 1720 m (5313/), im Seelisbühl 17531 (5396“/), im obern Gurnigel 1554 (4784/). 2) Es iſt indeß dieſer hohe Rücken nur als die nördliche Grenze einer ausgedehnten Gruppe bewachſener Vorberge zu betrachten, die zwiſchen Kaiſereggſchloß am Schwarzen-See und Hallſtädtegg eine Breite von wohl zwey Stunden erreicht und durch die verſchiedenen Zuflüſſe der Senſe in mehrere Gebirgszüge zertheilt iſt. Im Seelis⸗ bühl nähert ſich die Gurnigelkette dem Kalkgebirge am meiſten und ſtößt daſelbſt in der Waſſerſcheide der Senſe und Gürbe an den Gantriſch. Ihr ſüdlicher der kalten Senſe zugekehrte Abhang iſt ſehr uneben, aber ganz bewachſen, theils mit Alpweiden, theils mit Tannwald; am nördlichen findet man wild zerſtörte Felſen unten an der Pfeife und am 1) Trigon. Beſtimmung von Hrn. Prof. Trechſel. 2) Alle dieſe, fo wie die nächſtfolgenden Angaben beruhen auf trigon. Meßungen von Hrn. Ing. Hauptmann Lüthardt. 1 * 4 I. Cap. Die aͤußern Formen Schüpfen, doch bedeckt finſterer Tannwald auch den größten Theil deſſelben. 8 Parallel mit der Gurnigelkette ſtreichen nördlich der 1300 (4002/) hohe, nach beyden Seiten ſteil abfallende Sch wen⸗ delberg,öſtlich die hochgewölbte Gibelegg und noch mehr nördlich die 1054 ( 3245,) hohe Rüggisbergegg; ſelbſt im Plateau des Längenbergs glaubt man, in der Büſchel⸗ egg und im Ebnat, noch Spuren dieſes Parallelismus zu erkennen. Zwiſchen dem ſteilen öſtlichen Abfall des Gurnigels und Thun fehlen die Gebirge dieſes Ranges gänzlich und die Kalk⸗ kette fällt beynahe frey von aller Bekleidung in die Ebene von Blumenſtein und Amſoldingen, die ſich, nur von wenig bedeutenden Hügeln und ſanften Erhebungen unterbrochen, bis an den Fuß der nördlich liegenden Plateaux erſtreckt. Es iſt dieſe Niederung als ein Theil des großen Keſſels des Thu⸗ ner⸗Sees zu betrachten. 4 Hinter Thun aber erhebt ſich wieder ein neues und weit⸗ läufiges Syſtem von bewachfenen Gebirgen, ein ausgedehntes, ſehr unebenes Plateau, das ſich ſüdlich an die Kalkkette der Ralligſtöcke anlehnt, gegen Norden ſich in dem ſteil zu⸗ geſchärften Kamm der Honeggen und dem mehr gerundeten Homberg endet, und von Thun bis Ralligen das öſtliche Ufer des Thuner⸗Sees bildet. Das Innere dieſer dreyeckigten Ge⸗ birgsmaſſe wird vielfach durchſchnitten von Tobeln und Waſſer⸗ rünſen, die gegen die Zuhl auslaufen, welche in weitlicher Richtung das Plateau mitten durchſchneidet und zwiſchen den Honeggen und dem Homberg in einer engen Felsſpalte den Ausweg ins große Aarthal findet. Von den Ralligſtöcken bis zu der Blume über Sigris⸗ wyl, dem höchſten Punkte des Plateau's, wenn nicht die Honeggen ſie noch übertreffen, iſt kaum noch eine Spur von dem gleichförmigen Streichen mit der Alpenkette zu entdecken; das Gebirge erſcheint in gerundeten Maſſen, welche ſteil, der Gebirge, Huͤgel und Thaͤler. 5 wohl ſelbſt in ſenkrechten Felſen in den See abfallen, und durch tiefe Graben wie zerſägt ſind; aber von da bis Thun bemerkt man in der Höhe des Abhangs mehrere Einſchnitte, die nicht nur Joche zwiſchen anſtoſſenden Seitenthälern, ſondern Vertiefungen zwiſchen parallelen Rücken, alſo unvoll⸗ kommene Längenthäler zu ſeyn ſcheinen, und bey Thun ſelbſt endigt ſich das Gebirge in ausgezeichneter, von den Köpfen der ſüdlich fallenden Schichten gebildeter Treppenform. Unverkennbar iſt aber der ſchöne Parallelismus mit der Alpenkette in dem breiten Rücken des Buchholterberges und in dem nördlicher liegenden Kurzen berg. Der erſtere, nach beyden Seiten ziemlich ſanft abfallend, erhebt ſich im Stauffenhubel auf 1157/ , in der Aeſchlenalp auf 1216 8) und endet gegen das Diesbachthal in der durch ihre Größe und Höhe ausgezeichneten Falkenfluh. Der andere, durch die breite Waſſerſcheide von Linden mit jenem zuſammenhangend, kehrt ſeinen ſteilern, doch nirgends entblößten Abhang den Alpen zu, der nördliche hingegen erſtreckt ſich mit geringer Abdachung bis an den Fuß des Blaſen. Wie am Buchhol⸗ terberg iſt auch nur am weſtlichen Ende der Fels abgedeckt Faſt wie die Gurnigelberge der Stockhornkette, fo liegt wohl die nicht viel niedrigere Lochſeite den Schrat⸗ ten vor, nur iſt das weſtlich auslaufende Längenthal kürzer als das Thal der kalten Senſe und der hohe Querdamm, der beyde Ketten verbindet, erweitert ſich zu einer Ebene, auf der mehrere Alpen liegen. Sonſt erſtreckt ſich die Aehnlich⸗ keit bis auf die Beſchaffenheit der Abhänge; der mittägliche verflächt ſich ziemlich ſanft in vielen Unebenheiten, der nörd⸗ liche fällt ſteil gegen Schangnau ab. — Auch das öſtlich an⸗ ſtoſſende Hürndli zeigt ähnliche Verhältniſſe. Vorzüglich ausgezeichnet finden wir ſie aber in dem langen und maßigen Rücken der Bäuchlen wieder, der ſich hinter Eſchholzmatt ſteil bis zu großer Höhe erhebt, gegen das Kalkgebirge aber 3) Nach eigenen, leider nicht controllirten Barom. Meßungen. 6 I. Cap. Die aͤußern Formen fo langſam abfällt, daß ſelbſt die Wald- Emme ihr Bett fi 0 in ihren Fuß graben mußte; ein hoher Querdamm, an deſſen Seite die Hilfern hinunterſtürzt, verbindet die Bäuch⸗ len, wie das Hürndli und die Lochſeite, mit den Schratten. Wir könnten dieſe Parallelketten wahrſcheinlich längs dem ganzen nördlichen Saum der Alpen verfolgen. Die Far⸗ nern und Firſt, die Wandfluh und das Schwarzflühli am Pilatus, der Rigi, die hohen Ketten, die in Appenzell dem Säntis vorliegen, diejenigen zwiſchen Bregenz und dem Illerthal, die ſich im Rindalberhorn bis auf 1813 (5582) 0 erheben, gehören alle in dieſe Gruppe regelmäßig ſtreichender alpiniſcher Gebirge und werden auch in den Topographien gewöhnlich mit den Alpen vereinigt. In weiterem Abſtande von dem Kalkgebirge wird der Parallelismus undeutlicher, die Rücken verlieren an Höhe und breiten ſich dafür mehr aus, das erhöhte Land erſcheint in Geſtalt von Gebirgsſtöcken und Plateaux, und die Ausläufer derſelben verlieren ſich zuletzt, mit immer abneh⸗ mender Höhe und häufig durchbrochen von Querthälern, in den Niederungen am Jura. | So liegt den parallelen Rücken des Gurnigels, der Gibelegg und Rüggisbergegg der weitläufige Gebirgsſtock des Längenbergs vor, öſtlich gegen das Gürbenthal ſchroff, zum Theil in ausgedehnten Felſen abfallend, weſtlich gegen die Senſe zu ſich abdachend, und in ſeinem Innern von Tobeln zerriſſen, die ſeine Gewäſſer dem Schwarzwaſſer zu⸗ führen. Seine größte Höhe erreicht der Längenberg in der Bütſchelegg, 10630 (3474), und im Tſchuggen, 1003 ., gls die mittlere Höhe deſſelben kann die von Zimmerwald, 868 m (2672/), gelten’), der Thalboden an der nordöſtlichen Ecke des Gebirgsſtocks, bey Belp, hat, wie früher ſchon bemerkt worden, eine Höhe von 530”, 4) Weiß, Süd » Baierns Oberfläche. 5) Die erſte und letzte Höhe nach trigon. Meſſung von Hrn. Lüthardt, res nach meinen ne Menne der Gebirge, Hügel und Thaͤler. 7 Von geringerer Ausdehnung, ſonſt aber manche Aehn— lichkeit mit dem Längenberg darbietend, folgt mehr öſtlich das Plateau des Belpbergs, auf drey Seiten von der Aar und Gürbe umfloſſen und ſteil gegen ſie abfallend, an der Nord-Weſt⸗ und Oſt⸗Seite ſogar, im Hintergrund halb— kreisförmiger Tobel, deren Wände von der obern Kante des Berges trichterförmig nach unten zuſammenlaufen, den nack— ten Fels zeigend; an der ſchmälern Mittag-Seite in einen niedrigern Hügelzug ſich verflächend, der mit dem hüglichten Land von Amſoldingen und Blumenſtein in Verbindung ſteht. Der in zahlreichen, zerſtreuten Höfen bewohnte Rücken dieſes Plateau's iſt ſehr uneben; niedrige Gräte durchziehn ihn, wie auch den des Längenbergs, in der Richtung von Süd nach Nord und zertheilen die Fläche in ſanft vertiefte Mulden; auſſerdem finden ſich auch Unebenheiten von größe- rer Bedeutung. Die mittlere Höhe des Plateau's mag 820 betragen, feine größte Höhe, 900 9), erreicht es in der Har⸗ zeren, ungefähr in der Mitte deſſelben. Ausgedehnter als die beyden vorigen zuſammen iſt der mächtige Gebirgsſtock der Emmenthal⸗ und Entlebuch⸗ Gebirge, zwiſchen der Aare und den flächern Gegenden des Cantons Luzern. Vom 1413 (4351“/) hohen Napf und dem Romoſer⸗Enzi, ſeinen höchſten Punkten, als von dem Haupt⸗ ſtamme aus, gehn lange Gebirgszüge, die ſelbſt wieder häu⸗ fige Ausläufer und Sporen ausſenden, nach allen Richtun- geu und bilden ein ſehr erhöhtes und vielfach durchſchnittenes Land, in dem ſich der Charakter dieſer Gebirgsgruppen vollſtändig entwickelt hat. Die Rücken ſind ſelten ſcharf und erweitern ſich öfters zu beträchtlichen Flächen, die mit den Abhängen bald merkbare Kanten bilden, bald mit ſehr lang⸗ ſamer Biegung ſich in dieſelben verlaufen. Die Abhänge beſtehn theils aus mehr oder weniger geneigten gleichförmi⸗ 9) Sowohl dieſe Höhe als die des Napfs nach trigon. Meſſung von Hrn. Prof. Trechſel. 8 J. Cap. Die aufern Formen gen Ebenen, die oft Stunden lang ohne Unterbrechung fort⸗ ſetzen, theils aus einer Verbindung kleinerer geneigter benen und ellipſoidiſcher Segmente verſchiedener Krümmung, die mit fanften Einbiegungen und Stufen unter einander zuſam⸗ menhängen; das letztere mehr bey höhern und mächtigern Hügelmaſſen, das erſtere bey den niedrigen Hügelzügen des tiefern Landes; öfters haben die Bäche ſich tiefe Gra⸗ ben in den Abhang eingefreßen, oder gar, bey einem ſchiefen Lauf an denſelben, kleinere Hügel davon abgelöst; nicht ungewöhnlich iſt auch das plötzliche ſteile Abbrechen eines langen gedehnten Hügelzuges, als ob wilde Fluthen das Ende davon weggeriſſen hätten. Selten aber iſt der feſte Fels von der Dammerde entblößt und ſowohl dieſe jähen Abſtürze als die ſteilen Ufer der Bäche ſind meiſt mit Wald und Geſträuch bekleidet; nur in dem Theil des Gebirges, der den Alpen näher liegt, findet der Geognoſt noch größere Aufriſſe und Felswände. Wer die großartige Natur der höhern Alpen lieb gewonnen, weilt nicht gerne in dieſen an Abwechs⸗ lung der Formen und maleriſchen Effekten armen Gegenden, aber der Freund der Induſtrie und des öffentlichen Wohls erfreut ſich des Anblicks der reichen Dörfer und Flecken in den fleißig angebauten Thälern, der zahlreichen Höfe und Alphütten, die, im Schatten von Linden oder Ahornen, den rundlichen Buckeln und Stufen der Abhänge aufſitzen, der künſtlich bewäſſerten Matten in den tiefern Ländereyen / der fetten Weiden und beſſer gehaltenen Wälder auf den Höhen. Ein Zweig dieſes 0 0 Gebirgsſtocks begrenzt, vom Enzi ausgehend, nördlich das Thal von Marbach und Schang⸗ nau und kehrt demſelben einen ſtarken Abhang und nackte Felſen zu; bey Kröſchenbrunnen wird er von der Ilfis, beym 17 von der Emme durchbrochen und ſtößt am linken ufer der letztern mit der öſtlichen Ausbreitung des Buch⸗ holterbergs und Kurzen bergs zuſammen. Der Naters, in der 1 der Gebirge, Hügel und Thaler, 9 ** Gegend dieſes Zuſammenſtoſſens ſteigt auf 1222 u. 7) Die Richtung dieſes Gebirgszuges und, wie wir ſpäter ſehn werden, auch die Neigung feiner Schichten laſſen ihn in der That als die öſtliche Fortſetzung jener beyden Berge und mit⸗ hin noch als eine Parallelkette betrachten. Wie die Zuhl unter Schwarzenegg und wie die Bäche, die von Sigriswyl her in den Thuner⸗See fallen, werden auch die Ilfis und Emme, ſo lange ſie im Profil dieſes Gebirgszuges flieſſen, zwiſchen hohen ſenkrechten Felſen enge eingeſchloſſen, und beym Reb⸗ loch ſtoſſen beyde Uferwände in der Höhe ſogar zuſammen und bilden eine natürliche Brücke. | Zwiſchen diefen beyden Strömen, wo ſich das Gebirge im Rämisgum bedeutend erhebt, ſetzt von dieſem aus ein neuer Rücken in nordweſtlicher Richtung bis gegen Signau fort und endet ſich hier an der Emme; aber gleich hinter Signau ſteigt im Blaſen eine neue Bergreibe auf, wenn es nicht die vorige iſt, die hier von der Emme durchbrochen worden, und ſtreicht in gleicher Richtung, von nun an die Waſſerſcheide zwiſchen der Aar und Emme bildend, fort bis nordöſtlich von Bern, wo ſie im Bantiger noch die Höhe von 950m 8) erreicht und dann an feiner Weſtſeite in der Sto⸗ ckernfluh ſteil abbricht. Kaum laſſen ſich die flachen gerun⸗ deten Hügel, das Grauholz und der Mannenberg noch als ihre letzten Stufen betrachten. Andere Ausläufer des Napfs erſtrecken ſich nördlich gegen Zofingen und Aarburg bis in die Nähe des Jura's, ziemlich ſtark erniedrigt zwar und durch Querthäler zerſchnitten, doch unverkennbar mit jener großen Gebirgsmaſſe in Verbindung ſtehend. Es würde uns aber zu lange und weder ſehr lehr⸗ reich noch angenehm aufhalten, wenn wir dieſes Labyrinth von Rücken, Plateaux und Hügeln in allen ſeinen Theilen durchwandern wollten. 7) Mittel zw. den Barom. Reſultaten 1222, 0. 05 | 1221, 8, ) Trigon, Beſtimmung von Hyn. Prof. Trechſel. 10 I. Cap. Die aͤußern Formen Es iſt höchſt merkwürdig wie alle Ketten und Gebirgs⸗ ſtöcke unſerer Gegenden in einer geraden Linie, die vom Fuß des Molézon aus parallel mit dem Jura bis nach Wiet⸗ lisbach oder Aarburg fortſetzt, plötzlich und ſteil abgeſchnitten ſind. So der ganze ſteil abfallende Rücken vor der Molezon- Kette und der Bera, der Schwendelberg und das große Pla- teau des Längenbergs an der Senſe, in unſerer Nähe der ſonſt fo flache Gurten, ider Bantiger in der Stockernfluh und von da aus alle weſtlichen Verzweigungen des Emmentha⸗ ler⸗Gebirgsſtocks. Zwiſchen dieſer Linie und dem Jura trägt das Land einen ganz andern faſt entgegengeſetzten Charakter. . Kein Hügel mehr vermag ſich auf 1000 )) zu erheben und alle ſtreichen in langen, auffallend parallelen Zügen mitten aus der Waadt bis an die Grenzen des Aargaus. Das Strei⸗ chen iſt dem Jura parallel, man ſollte glauben es wiederhole ſich an ſeinem Fuß der einförmige Bau ſeiner Kalkgebirge; aber, ungeacht ihrer Länge, ſind es keine wahren Ketten, ſondern Plateaux: keiner ihrer Abhänge iſt der meiſt horizon talen Schichtung parallel, auch ſtoſſen ſie nicht in einem ſchmalen Rücken zuſammen, ſondern biegen ſich in eine zu⸗ weilen ſehr ausgedehnte obere Fläche um. RR Schon im Grauholz und in der nordöſtlichen Fort⸗ ſetzung deſſelben gegen Burgdorf, faſt ſenkrecht auf die Rich⸗ tung der Bantiger⸗Reihe, glaubt man dieſen neuen Cha⸗ rakter zu erkennen, deutlicher noch iſt er im Schüpberg und in dem maßigen, 834m hohen Frienisberg entwickelt; aber am auffallendſten tritt er uns in den Hügeln entgegen, die dem Jura noch näher liegen, in dem 642 hohen Mi ſte⸗ lachberg und ſeiner ſüdweſtlichen Fortſetzung längs dem Neuenburger⸗See, in dem 5580 hohen Julimont mit 9) Die höchſte Stelle des Jorat finde ich auf 3018/ oder 980m ange⸗ ſetzt, der höchſte Rücken in unſerm Canton zwiſchen der angege⸗ benen Linie und dem Jura, der Frienisberg, ſteigt nach einer Barom. Meſſung auf 834m, Ra 4 der Gebirge, Huͤgel und Thaͤler. 11 breitem, ebenem Rücken und ſteilen Abhängen, in dem 567m hohen Jensberg, in dem Dotzingerberg in dem 675m hohen Bucheckberg 1), der in zwey parallelen Zügen ſich aus der Nähe von Aarberg bis faſt nach Wangen erſtreckt; ſogar alle kleinern Erhebungen des Landes folgen der gemein⸗ ſamen Richtung. Daſſelbe Gepräge tragen diedrey Seen und die aus⸗ gedehnten Moore und Sümpfe dieſer Gegenden. Es ſcheinen überhaupt dieſe Seen ganz anderer Art zu ſeyn, als diejeni⸗ gen, die wir am Ausgang der meiſten Alpthäler finden: ihre Richtung iſt die der anſtoſſenden Gebirgsketten, da die Alpen⸗ Seen hingegen meiſt Querthäler ausfüllen, und ihre Tiefe, wenn man den einzigen Angaben, die wir darüber beſitzen, trauen darf, beträgt kaum den Viertel derjenigen des Genfer⸗ See's, des Thuner⸗See's, des Vierwaldſtätter⸗See's und der übrigen tiefen Becken am Saume der Alpen. — Höchſt merk⸗ würdig iſt auch die geringe Verſchiedenheit des Niveau's in dieſem ganzen Bezirke. Nach einem äuſſerſt ſcharfen Nivelle⸗ ment hat Hr. Prof. Trechſel die abſolute Höhe des Murten⸗See's gleich 432, 4 (1331), diejenige des Neuenburger⸗See's gleich 432, m 2 (4330/5) und die des Vieler⸗See's gleich 431, 4 (1328/) gefunden, und alle drey Seen grenzen ſüdlich und nördlich an große Moore und Ebenen, deren Niveau ſich eben⸗ falls kaum merklich ändert. Südlich vom Neuenburger ⸗ und Murten⸗See dehnen ſich dieſe Ebenen bis nach Entreroches uud bis Petterlingen, nördlich vom Murten - See bis nach Aarberg aus; bey Meyenried, wo die Aar mit der Zihl zuſammenfließt, iſt ihre mittlere Höhe 427, = 5 (1316), alſo nur Zu, 9 geringer als die des Bieler⸗See's und von da bis Solothurn fällt ſie nur um 2 16°); von Iferten oder Entreroches bis Solothurn, auf eine Länge von 20 Stunden, beträgt alſo der Fall der Gewäſſer nur bey Tu, (20/5) und irgend eine Hemmung des 0) Rach Barom. Meſſungen, die letzte Angabe bezieht ſich auf die Höhe über Balm und iſt das Mittel zwiſchen 6748 670 12 J. Cap. Die aͤußern Formen Aar⸗Abfluſſes von dieſer Höhe würde das Land von Entre- roches bis unterhalb Solothurn und von Murten bis Neuen⸗ burg entweder periodiſch, wie zum Theil jetzt ſchon, oder fortdauernd in einen einzigen großen See verwandeln. 1) Im Aargau finden wir nichts ähnliches wieder. Die Hügel⸗ züge, ſtatt dem Jura parallel zu ſtreichen, nehmen, aus dem Canton Luzern her, eine faſt ſenkrechte Richtung gegen den⸗ ſelben und nirgends, auch in der übrigen Schweiz nicht, erweitert ſich der Thalboden zu ſo ausgedehnten, beynahe horizontalen Ebenen. Gegen Mittag erheben ſich in den Ebel Zug und Schwyz erhöhte Plateaux, wie auch bey uns näher an den Alpen, aber mit etwas verändertem Charakter. Es ſind große Keſſel, faſt ringsum von einer Hügelreihe umſchloſſen, deren Abhänge ſich ſanft in den immer noch bedeutend hoch gelegenen mittleren Grund verlaufen. So der Keſſel von Egeri, deſſen innere Fläche zum Theil von dem ſchönen See eingenommen iſt, ſo auch der noch größere Keßel von Ein⸗ 11) Alle dieſe Höhen-Angaben find mir gefälligſt von Hrn. Profeſſor Drechſel mitgetheilt worden, der fich durch das mit beyſpiel⸗ loſer Thätigkeit und ſelbſt auf Unkoſten ſeiner Geſundheit ausge⸗ führte Nivellement jener Sumpf» Gegenden, die einzig ſichere Grundlage jedes Corrections- Planes, hohe Verdienſte um unſer Vaterland erworben hat. Möge es mir erlaubt ſeyn bey dieſer Gelegenheit meinen frühern Lehrer, der zuerſt mich mit Liebe für ernſtere Naturſtudien erfüllt und durch aufmunternden Unterricht meine ſchwachen Bemühungen ſo oft unterſtützt hat, hier öffent⸗ lich meiner größten Hochachtung und innigſten Dankbarkeit zu verfichern. Genauere Nachrichten über die Verhältniſſe jener Gewäſſer findet man in der vortrefflichen Schrift: „Bericht der Schwellen - Com- mißion über die Aar, Zihl, den Murten⸗/Neuenburger- und Bieler⸗ See, die den Hhrn. Oberſt- Lieutenant Koch zum Verfaſſer hat. Mehrere wichtige Bemerkungen ſtehn auch im Bericht der Com» mißion für die Flußverbeſſerungen im Seeland, von ihrem Präſi⸗ dent Hhrn. Oberamtmann May. der Gebirge, Hügel und Thaler. 13 fiedeln, der zwar nur in feinem vordern Theil dieſen Ge— birgen, in ſeinem hintern aber bereits den Kalkgebirgen angehört. — Ein ausgezeichnetes erhöhtes Land finden wir endlich im Appenzell, beſonders im öſtlichen Theil des Cantons wieder. In mancher Rückſicht wird man an unſer Emmenthal erinnert, nur iſt die Thalbildung weniger ent⸗ wickelt, die Vertiefungen, die das Plateau manigfaltig durch⸗ ſchneiden, ſind meiſt enge Tobel geblieben und die Wohnun⸗ gen ſtehen daher größtentheils auf der Höhe. Doch es iſt Zeit nun die Thäler ſelbſt a näher zu betrachten. Da in der Nähe der Alpen öfters mehrere Ketten der bis oben bewachſenen Gebirge dem allgemeinen Streichen der Alpenkette folgen, ſo läßt ſich die ſonſt nur in Gebirgen höherer Ordnung gebräuchliche Eintheilung der Thäler in Leängenthäler, die den Ketten parallel laufen, und Querthäler, die ſie durchbrechen, auch hier anwenden; nur dürfen wir nicht auſſer Acht laſſen, daß dieſelbe nur ſo lange eine Be⸗ deutung hat, als die Gebirge Ketten bilden, längere Züge deren Richtung mit ihrer innern Structur in genauem Cauſal⸗ zuſammenhang ſteht, und ſie daher nicht auch auf die Ein⸗ ſchnitte und Thäler der Plateaux ausdehnen, obgleich die⸗ ſelben jene oft täuſchend nachahmen und wohl gar die un⸗ mittelbare Fortſetzung davon ſind. Die Längenthäler auſſerhalb den Kalkgebirgen errei⸗ chen ſelten eine bedeutende Ausdehnung, und beſonders die⸗ jenigen nicht, welche die Kalkkette zu ihrer einen Thalwand hätten. Gewöhnlich ſteigt die bewachſene Gebirgsart an der Kalkkette noch ziemlich hoch hinan, Schuttkegeln ähnlich, die aus der Zerſtörung der höhern Kuppen entſtanden wären, und auch der Thalweg erhebt ſich bald bis auf die Höhe des Sattels, oder des Plateau's, welches die beyden Ketten ver⸗ bindet. Die beträchtlichſten Längenthäler liegen daher inner⸗ halb der bewachſenen Gebirge, fo das Thal der kalten Senſe, u 14 I. Cap. Die aͤußern Formen das Thal zwiſchen dem Buchholterberg und Kurzenberg, der größte Theil des Entlebuchs, das Coſtanzer- und Simasgun⸗ ter⸗Thal in Süd- Baiern. Selten indeß iſt der Thalboden auch dieſer Thäler, obſchon ſie zuweilen eine nicht geringe Breite erreichen, ſehr eben und gleichförmig; ja mehrere werden ſogar von einer Waſſerſcheide quer durchſchnitten, wie z. B. das zweyte der genannten Thäler durch die ziem⸗ lich hohe Waſſerſcheide von Linden, das lange Entlebuch⸗ thal in feinem hintern Theil durch die Waſſerſcheide zwi⸗ ſchen der Ilfſis und Emme. Man kann dieſe Waſſerſcheiden als Erhebungen betrachten, die den Satteln zwiſchen der erſten bewachſenen Kette und der Kalkkette analog ſind. In weit höherem Grade verdienen aber unſere Aufmerk⸗ famfeit die großen Querthäler, welche den mächtigen prismatiſchen Damm, der den Alpen vorliegt, nach ſeiner ganzen Breite zerſchneiden und die angeſammelten alpiniſchen Gewäſſer dem ebenen Lande zuleiten. Sie ſind die natürlichen Grenzen aller der Ketten, Gebirgsſtöcke und Plateaux, die wir längs der Alpen unterſchieden haben, die Hauptthäler der ganzen flächern Schweiz. Nach unſerer vorigen Bemerkung dürfen nur diejenigen unter den vielen die Alpen ſenkrecht treffenden Thälern als Querthäler betrachtet werden, welche wahre Ketten durch— ſetzen, und auch unter dieſen zeigt ſich eine große Verſchieden⸗ heit, je nach dem Grade ihrer Entwicklung; denn während die einen nur die bis oben bewachſenen Gebirge durchbrechen und ſich an der äußern Kalkkette zuſchlieſſen, haben andere auch dieſe, ja alle Gebirge zweyten Rangs geſprengt und nehmen ihren Urſprung an der Centralkette ſelbſt. Das weſtlichſte und bedeutendſte Querthal letzterer Art ſteigt von dem großen Bernhard hinunter, durchſchneidet an feinem weſtlicheu Ende das große Langenthal des Wallis und mündet als Rhonethal, immer von hohen Gebirgen ein⸗ geſchloſſen, ſich in das Becken des Genfer⸗Sees und gegen das der Gebirge, Hugel und Thaler. 15 niedrige Hügelland der Waadt aus. Kein anderes bis an den Gotthardt hat vermocht die vordern der beyden, von dieſem Gebirge weſtlich laufenden Centralketten zu durchbrechen; nur in dem nahen Savoy finden wir dieſelbe Erſcheinung in dem Thale der Arve, wieder. Der größte Theil des Rhone— thales gehört indeß den Gebirgen höherer Ordnung an, und wo es zwiſchen Clarens und Lausanne die Sandſteinketten durchſetzt, wird der ganze Thalboden bereits vom Genfer⸗See ausgefüllt. | Das nächſte größere Querthal ift dasjenige der Saane. Am nördlichen Abhang der Kalkkette der Tour de Meyen und des Rüblihorns nimmt es ſeinen Urſprung, verbindet ſich aber durch eine öſtliche Seitenöffnung mit einem Querthal, das auch dieſe Kette durchbricht und dringt ſo bis an die vordere Centralkette, wo die Saane den Gletſchern der Diablerets und des Oldenhorns entquillt. Das liebliche Greyerzthal ſieht ſie zwiſchen ſeinen rundlichen Hügeln und durch die zwiſchen Greyerz und Broc erweiterte Thalebene ſanft dahinflieſſen; am Fuße des Alire hat ſie ſich ein bey 15m tiefes Bett in das feſte Geſtein eingegraben; die Ufer in dem breiten Thale, find abwechſelnd flächer und höher, bald mit ſanftem Abhange, bald felſigt. Bey Freyburg windet ſie ſich in einem grienigen Bett, von ſchroffen Felſen und Halden eingeſchloſſen, wohl bey 100 unter der obern Fläche des Landes, durch die breite Sandſteinmaſſe; auch ihre Zuflüſſe ſind hier in engen Tobeln oder Felsſpalten verborgen. Unter weniger wilden Umge⸗ bungen erreicht ſie Laupen, doch zeigen ſelbſt tiefer noch, bey Gümmenen und bis zu ihrer Vereinigung mit der Aare zu Wyleroltigen, ihre Ufer häufig, und zuweilen in hohen und ausgedehnten Wänden, den nackten Fels. | Von allen Querthälern iſt aber das Aarthal für uns das wichtigſte, weil es in einem vollſtändigen Profile die ganze Reihe von Gebirgen und Hügeln durchſetzt, auf die unfre fol⸗ genden Unterſuchungen ſich zunächſt beziehen werden; auch 16 I. Cap. Die aͤußern Formen ſcheinen in ihm alle Eigenthümlichkeiten der Querthäler, die in andern oft nur vereinzelt, oder, durch Hinzutreten einer beſondern lokalen Beſchaffenheit der Gebirge, verworren erſchei⸗ nen, ſich vollſtändig und in großer Einfachheit entwickelt zu haben. Es iſt ſchwer zu entſcheiden, welches der vielen Quer⸗ thäler unſeres Oberlandes als der Anfang des Aarthales zu betrachten ſey und im Grunde hat die Frage ſelbſt keine innere Bedeutung. Von dem Becken des Thuner⸗See's aus, in welchem zuerſt das Thal vollkommen ausgebildet erſcheint, gehn, wie von dem Stamme eines kräftigen Baumes, eine Menge Verzweigungen nach allen Seiten, durchſetzen das Ge⸗ birge immer mehr ſich veräſtelnd bis in ſeine hinterſten Win⸗ kel und führen in zahlloſen Canälen die Quell⸗ und Gletſcher⸗ Waſſer der vordern Centralkette, vom Geltenhorn oberhalb dem Rawylpaß bis an den Titlis, dem Hauptthale zu. Bereits in ſeinem obern Theile, wo der See ſich um das Ende der Wandfluh, die Naſe, oſtwärts biegt, ſcheint aber dieſes ſei⸗ nen Charakter zu ändern, und in der That ſtößt es hier zu⸗ ſammen mit dem Längenthal des Brienzer⸗See's, durch welches es mit den höhern Querthälern des Oberhasli in Verbindung zu ſtehen kömmt, ganz wie das Saanenthal mit denen von Gſteig und Lauenen durch die Querbiegung von Rougemont, oder wie das Rhonethal mit dem übrigen Wallis durch den Winkel von Martinach. Es iſt der Gebirgsſtock des Breit⸗ horns und Gſpaltenhorns und die davon ausgehende Berg⸗ reihe des Schilthorns, der Schwalmeren und des Morgens, die das Waſſerſyſtem des Brienzer⸗See's und der Ebene von Unterſeen von demjenigen der Kander und Simme ſcheiden; in dem bewachſenen Rücken von Aeſchi, der wie ein Schutt⸗ kegel an den Morgen anſteigt, aber größtentheils aus feſtem Geſtein beſteht, ſetzt dieſe Waſſerſcheide längs dem weſtlichen Ufer des Thuner⸗Sees fort, bis beyde parallel laufende Quer⸗ thäler in die Streichungslinie der Stockhornkette kommen, ſchließt * der Gebirge, Hügel und Thaͤler. 17 ſchließt ſich dann hier an den Hügelzug von Strätlingen und hielt, bevor die Kunſt denſelben durchſtochen hatte, die öſtli— chen und weſtlichen Gewäſſer bis weit unterhalb Thun aus- einander: ja in dem Stockenthal und Gürbemoos glaubt man den frühern, von der Aare getrennten Lauf der Lander und Simme bis nach Belp verfolgen zu können. . ; Die beyden Kalkketten der Wandfluh und der Ralligſtöcke find am Thuner⸗See jäh abgeſchnitten und ihre Felswände ſenken ſich ſchroff in eine Tiefe von mehr als 200m; auf gleiche Art iſt der ausgedehnte Gebirgsſtock der Blume quer durch⸗ riſſen, und bis unterhalb Thun hat man zur Rechten ein an⸗ haltendes Profil gewaltſam abgebrochener mächtiger Felslager. Nur mit Mühe und zum Theil vergebens ſucht man am linken Ufer nach der Fortſetzung dieſer Gebirge. Die dem Juſti⸗ thal genau gegenüber liegende Nieſenkette verräth in ihren äußern Formen einen ganz verſchiedenen Charakter, und eher noch möchten die Stockhorngebirge, die ſich bey Reutigen plötzlich zu endigen ſcheinen, aber in ſehr niedrigen, meiſt bewachſenen Hügeln noch bis Spietz fortlaufen, früher ſich an die öſtlichen Kalkgebirge bey Merlingen angeſchloſſen haben; die Fortſetzung der bewachſenen Voralpen von Sigriswil und der Blume möchte man dagegen in der Gurnigelkette vermu⸗ then; beydes mit Unrecht, wie wir bald ſehn werden. Die bey Querthälern gewöhnlich ziemlich deutliche Uebereinſtim⸗ mung der gegenüberſtehenden Thalwände iſt hier, und auch bey andern großen Querthälern am Saume der Alpen, ent⸗ weder nie vorhanden geweſen, oder durch ſpätere e beynahe ausgelöſcht worden. 15 Bald unterhalb Thun verliert das Aarthal ben Charak- 3 ter eines Querthales, um den eines Stromthales anzunehmen: die Bergketten und Gebirgsſtöcke endigen ſich nicht mehr in ſteilen Abſtürzen gegen daſſelbe, ſondern verflächen ſich in ſanften Abſtufungen, und zwiſchen den Formen der einen und andern Thalwand iſt nun vollends faſt jede Spur von Ueber⸗ N 2 18 I. Cap. Die aͤußern Formen einſtimmung verſchwunden. Der Strom fließt in einem mei⸗ ſtentheils breiten, durch Kiesbänke, aber nicht durch Fels⸗ riffe unterbrochenen Bette, das er nicht ſelten übertritt und auf Unkoſten des anſtoſſenden Landes zu erweitern ſucht; nur der Belpberg und ſeine ſüdliche Fortſetzung bilden eine Strecke lang ein Hochgeſtade, das weſtliche Ufer dehnt ſich dagegen in eine ſchöne Ebene aus und hebt ſich, theils mit ſanfter Rundung, theils in Terraſſen, die ehemalige Geſtade ſeyn mögen, erſt in einiger Entfernung vom Fluße gegen die Hügel der rechten Thalſeite. Näher bey Bern, nachdem vor- her das rechte Ufer ſich wieder mehr erhoben, das linke da⸗ gegen mit dem nördlichen Ende des Belpberg's ſich verflächt und der Ebene des Gürbethales angeſchloſſen hatte, treten nun wieder beyde Ufer mit hohen und ſteilen Abhängen enger zuſammen, und, wie bey Freyburg, ſcheint die Aar ſich nur mit Mühe durch das erhöhte Land durchgearbeitet und in ſeltſamen Krümmungen ihren Weg, gleichſam mit Tappen, gefunden zu haben. Zuweilen fallen beyde Geſtade in ſteilen, einförmigen Abhängen dem Strome zu, nicht ſelten iſt ein Abhang ungefähr in der Mitte gebrochen, der untere Theil iſt ſenkrechter, nackter Fels, der obere zieht ſich flächer aufwärts und weicht oft beträchtlich zurück, ſo daß ſich eine mittlere Stufe bildet; abwechſelnd am einen und andern Ufer findet man auch mehr oder weniger ausgedehnte Strom⸗ keſſel und Ausweitungen, oder vorſpringende Land zungen, bald im gegenwärtigen Niveau des Fluſſes und nur durch Dämme vor ſeinen Einbrüchen geſichert, bald in größerer Höhe, oft mehrere, Terraſſenartig, übereinander. Nachdem die Aare endlich den ſüdweſtlichen Fuß des Frienisberg's durch⸗ brochen und den Rinnſal der Saane betreten, wird ihr Lauf regelmäßiger und freyer, und, obſchon ſie nun von Aarberg an die große Ebene des Seelandes durchfließt, behält ſie doch noch hinreichenden Fall. Erſt unterhalb Dotzingen und nach ihrer Vereinigung mit der Zihl werden die Verhältniſſe ſchwie⸗ der Gebirge, Hügel und Thäler. 19 riger, der lockere Schlammboden weicht jedem etwas ſtärkern Andrang, die Waſſer werden in der faſt wagrechten Ebene zwiſchen Meyenried und Solothurn nur durch die nachflieſſen⸗ den fortgeſchoben, ſo daß das Auge die Bewegung kaum wahr— nehmen kann, und bey ſtarken Anſchwellungen wird die Zihl aufgeſtaucht, ſogar zurückgedrängt, und der ganze Waſſerſpie— gel der drey See'n um mehrere Fuße erhöht.“ Ich fand die Höhe der Aar zu Hasli im Grund, kurz vor ihrem Eintritt in die finſtre Schlucht des Kirchets, gleich 619 (1906/), bey Thun ſetzt fie Hr. Prof. Trechſel auf 572 (1760'), bey Bern auf 513 = (1580/) bey Aarberg auf 448 (1378/), bey Meyenried endlich auf 427” (1310). Die Thal- ebene fällt daher von Thun bis Meyenried um 145m, und, unter der Vorausſetzung, daß dieſelbe gleichförmig geneigt ſey und den Horizont in einer den Alpen und dem Jura parallelen Linie ſchneide, mit einem Fallwinkel von ungefähr 1012 Minuten. Zdwiſchen der Saane und der Gürbe wird das Hügelland noch von zwey Strömen durchſchnitten, die unſrer Aufmerk⸗ ſamkeit nicht entgehen dürfen. | Der weſtlichere derſelben und bedeutendere, die Senfe, entſtrömt, wie die Aar und faſt alle größern Alpenſtröme , einem See, dem 1059 n hoch liegenden Schwarzen-See, der zwar im Schooße der Kalkgebirge liegt, aber keine feiner Ketten ganz zu trennen vermocht hat. Als ein ungeregeltes Berg— waſſer fließt ſie,zwiſchen Felsblöcken durchſprudelnd, auf ſchma⸗ lem, bewaldetem Thalgrund, bis Gutenmannshaus, wo ſie ſich mit der kalten Senſe vereinigt, die auch wieder einem öſtli⸗ chen Längenthal angehört, durchbricht dann mit ihr die Kette der Gurnigel- und Schweinsberge und tritt nun ins Gebiet der Plateau und niedrigen Hügel. Von nun an verſchwin⸗ det auch größtentheils die bisherige Aehnlichkeit der Formen beyder Ufer. Das rechte hebt ſich , theils in runden, nur am Fuß hier und da ſenkrecht aufgerißenen Hügeln, theils in baſteyähnlichen Abſätzen, gegen die Höhen von Ryffenmatt 2 * 20 I. Cap. Die aͤußern Formen und Guggisberg, das linke dehnt ſich in die Niederungen von Plafeyen aus. Von der Guggersbach- Brücke an, wo die Senſe in das Streichen des Schwendelberges und in das Plateau von Schwarzenburg und Freyburg eindringt, bis nach Laupen, fließt ſie, wie die nahe Saane, nicht mehr in einem wahren Thalgrund, ſondern in einer Ritze des erhöh⸗ ten Hügellandes, und beyde Ufer fallen ſteil, meiſt in nack⸗ ten Felswänden, unmittelbar ins Strombett ab. Nur bey großen Anſchwellungen vermäg indeß die Senſe dieſes ganz auszufüllen, gewöhnlich windet ſie ſich, in Krümmungen, oder in Arme zertheilt, durch ihre ſelten überwachſenen Kiesbänke, und wird von einer Uferwand an die andere geworfen, ohne je einen ſehr bedeutenden Fall zu erhalten. Die Senſe bildet in ihrem obern Theile noch ein eee liched Querthal, ganz analog den Thälern der Saane und Aare, nur auf einer niedrigern Entwicklungsſtufe; aber der andere Strom, auf den ich hingedeutet, das Schwarz⸗ waͤſſer, durchbricht nicht einmal die bewachſenen Vorberge, und ſein Bett erhält daher ſchon nahe am Urſprung den ausgezeichneten Charakter aller Stromthäler, welche die erhöhten Plateaux durchſetzen, die tiefe Lage unter der an⸗ gebauten hüglichten Fläche, die ſenkrechten nackten Ufer⸗ wände und die geringe Neigung des Strombettes; doch fin⸗ det man in dem Schwarzwaſſergrunde öfters, als in dem der Senſe, bewachſene Flecke, ja ſelbſt einige Wohnungen. Auch zwiſchen der Aare und Reuß werden die vordern Ketten, ſowohl der bewachſenen, als der Kalkgebirge, mehre⸗ remale durchbrochen, aber keiner dieſer Ströme hat vermocht ein bedeutendes Querthal zu bilden. Die Emme, welche den Hohgant von den . trennt und mehrere der vorliegenden Nagelfluhketten durch⸗ fließt, arbeitet ſich nur mit großer Anſtrengung durch die nahe an einander tretenden Felſen und mächtigen Schutthal⸗ den des Buembach's, verliert ſich dann ganz in der tiefen — der Gebirge, Hügel’ und Thaler. 21 Schlucht des Rebloch's und gewinnt erſt unterhalb Eggiwyl etwas freyern Raum. Der Grund ihres Stromthales erwei— tert ſich von da immer mehr, ſo daß ſchon große Dorfſchaf— ten in der Ebene Raum finden, die Abhänge werden ſanfter, die Hügel erniedrigen ſich und bey Burgdorf muß der Strom zwiſchen Dämme eingeſchloſſen werden, damit er nicht in feinen Anſchwellungen die reichen Ebenen des untern Em— menthales mit Kies überſchwemme. — Die Quellen der Emme ſind kaum über eine Stunde von der Ausmündung der Aare in den Brienzer⸗See entfernt, und wären die Brienzergräte nicht da, ſo hätte der Abfluß aller Gewäſſer des Haslithales durch den Rinnſal der Emme eines der ſchönſten AQuerthäler der Schweiz gebildet. Eine nähere Beſchreibung der übrigen Querthäler, welche die mittlern und öſtlichen Cantone durchziehn, wäre ermüdend und zwecklos, denn bey allen wiederholen ſich die nämlichen Verhältniſſe, und die Verſchiedenheiten liegen nur in der mehr oder weniger fortgeſchrittenen Entwicklung und in der Anzahl der durchbrochenen Gebirgsketten. Nur drey Ströme erreichen noch die Centralketten und bilden Querthäler, die mit denen der Aar, Saane und Rhone ver⸗ glichen werden können: die Reuß, die von dem mächtigen Knoten unſerer Hochgebirge dem Urner⸗See zuſtrömt und uns das ſchönſte Profil der Alpenkette ſchenkt; die Linth, welche, der Saane ähnlich, nur bis an die nördliche Centralkette anzuſteigen vermag, und der Rhein endlich, der, wie die Rhone, ſeinen bedeutendſten Zufluß aus einem großen Län⸗ genthal erhält, das ſich, in merkwürdiger Symmetrie mit dem Wallis, ebenfalls bis an den Gebirgsſtock des Gotthard's erſtreckt. | Auſſer den Gewässern ihrer Quellen geben die Flüſſe der Querthäler noch zahlreiche Ströme und Bäche auf, die in den erhöhten Plateaur und in den Hügelreihen der Nies derungen ſelbſt entſpringen. Eine Menge von Seitent hä⸗ 22 l. Cap. Die aͤußern Formen lern, die ſich in das Hauptthal ausmünden, durchziehn das erhöhte Land, ſie ſelbſt empfangen wieder von beyden Seiten her Thäler und Graben des dritten Rangs, und ſo geht die Veräſtlung weiter fort bis in die kleinen Bachgraben und Waſſerrünſe, die ihren Urſprung an den Abhängen ſelbſt nehmen. Mehrere dieſer Seeundär-und Tertiär-Thäler haben noch eine ſehr bedeutende Ausdehnung: ihr Thalgrund iſt oft breit und eben, ihre Längenerſtreckung beträgt nicht ſelten, bey kaum bemerkbarem Anſteigen, einige Stunden und es wiederholen ſich, ein merkwürdiger Unterſchied von den Sei⸗ tenthälern der Hochgebirge, an den Abhängen und im Thal⸗ grund alle Eigenthümlichkeiten des Hauptthales. Oefters auch wird das erhöhte Land zwiſchen zwey Hauptthälern nach ſeiner ganzen Breite von einem Secundärthal durchſetzt, in wel⸗ chem die Waſſer, in entgegengeſetzten Richtungen, von einem Waſſertheiler auslaufen, der ſich zuweilen gar nicht merklich über die andere Thalfläche erhebt. So das Thal von Hab⸗ ſtetten und Krauchthal zwiſchen der Emme und Aar, das Wangenthal zwiſchen der Aar und Senſe. Auch die Secun⸗ därthäler ſelbſt werden auf ſolche Art häufig unter ſich und mit den Hauptthälern verbunden. Der Thalgrund dieſer Durchſchnitte liegt nicht ſelten beträchtlich höher, als der- jenige der anſtoſſenden Thäler, ſo daß ſie nicht am Fuß des Thalabhangs ſondern in mittlerer Höhe mit denſelben zuſam⸗ menſtoſſen. 5 Nirgends findet man die große Mannigfaltigkeit dieſer Bildungen und die ganze Folge der Entwicklungsſtufen der Thäler, vom ebenen, breiten Hauptthal bis in den engen, ſteil anſteigenden Graben und den erſt im Entſtehen begriffe nen Waſſerruns, vollſtändiger vereinigt, als in den weitern Verzweigungen des großen Napfplateau's, in dem Hügelland zwiſchen Bern und Burgdorf und im Emmenthal. Das Stu— dium genauer Detailkarten dieſer Gegend, oder die Ausſicht von einem erhöhten Punkte, z. B. vom Bantiger, oder vom der Gebirge, Hügel und Thaler. 23 Heiligenlandhubel, wird gewiß weit klarere Vorſtellungen von den beſondern Verhältniſſen des ganzen am Fuß der Alpen ausgedehnten Hügellandes erwecken, als eine Beſchreibung, die ſich bemühte, nicht nur die allgemeinen Umriſſe, ſondern auch alle Einzelnheiten des Bodens treu darzuſtellen. 24 II. Cap. Erſter Abſchnitt. 3weytes Capitel. Geognoſtiſche Beſchreibung. Es iſt bereits in der Einleitung bemerkt worden, wie große Schwierigkeiten ſich der ſchärfern Eingrenzung der Mo⸗ laſſeformation, beſonders in der Nähe der Alpen, entgegen ſetzen, weil daſelbſt eine Menge täuſchender Uebergänge zwifchen) Mo⸗ laſſe und andern Sandſteinen jede Trennung faſt unmöglich zu machen ſcheinen, indem ferner gerade diejenigen Stellen, die für die Beobachtung der Auflagerungen die wichtigſten wä⸗ ren, meiſtentheils durch Gebirgsſchutt oder Vegetation be⸗ deckt ſind. 0 Wenn wir indeß zu einer klaren Einſicht in die geogno⸗ ſtiſchen Verhältniſſe der Molaſſe gelangen wollen, ſo können wir einer genauern Unterſuchung ihrer Begrenzung unmög⸗ lich ausweichen; und ſollten die Reſultate dieſer Unter⸗ ſuchung nicht die Evidenz beſitzen, daß ſie in wenig Sätzen zu⸗ ſammengeſtellt werden könnten, ſo müſſen wir uns gefallen laſſen, ſelbſt in allen Detail der localen Beobachtung einzu⸗ gehen, und alle ihre vereinzelten Ergebniſſe beſonders kennen zu lernen. Erſt wenn wir auf dieſem Wege alle problemati⸗ ſchen Bildungen, welche die Grenzen der Molaſſe unſicher machen, bezeichnet und von ihr getrennt haben werden, kön⸗ nen wir, ohne Verwirrung fürchten zu müſſen, an die Be⸗ ſchreibung der Formation ſelbſt ſchreiten. Grenzen der Molaſſe⸗ Formation, 25 Erſter Ab ſchultt. Grenzen der Mol aſſe⸗ Formation. I. Südliche Grenze. Noch iſt im Innern der Alpen, d. h. hinter den nörd⸗ lichſten Kalkgebirgen niemals eine Gebirgsart gefunden wor- den, welche mit gut charakteriſirter Molaſſe verglichen wer⸗ den könnte. Nicht einmal an den Abhängen, oder im Grund der Thäler, welche jene Gebirge durchbrechen, hat dieſelbe hineinzudringen vermocht, ſondern ſobald man, im Anſteigen dieſer Thäler, zu Kalkfelſen kommt, ſo iſt man auch ſicher fortan keine Molaſſe mehr zu ſehn. Dieſe höchſt merkwürdige und, ſo viel mir bekannt iſt, in der ganzen Ausdehnung der Alpenkette keine Ausnahme leidende Thatſache, verbreitet, auch ganz iſolirt, ſchon viel Licht über die Natur und Entſtehung dieſer Gebirgsart. Wie und durch welches Medium dieſelbe gebildet worden ſeyn mag, es muß dieſes Medium nothwendig nur auſſerhalb der Kalk⸗ kette gewirkt, oder doch die Materialien, aus denen es die Molaſſe zuſammenſetzte, nur auſſerhalb derſelben gefunden haben. Denn die Annahme, es ſeyen im Innern der Alpen die früher vorhandenen Molaſſelager durch die Bergſtröme und Bergwaſſer weggeſchwemmt worden, würde die Allge⸗ meinheit des Phänomen's lange nicht zureichend erklären, und man könnte umgekehrt denjenigen, der ſie uns entgegen⸗ ſtellte, fragen, warum denn in den innern Jurathälern, warum in vielen wilden Thälern hierwärts der Kalkalpen die Molaſſe liegen geblieben? Der Kalk der äuſſerſten Kette ſcheint nicht durchgehends derſelben Formation anzugehören, es iſt hier aber nicht der Ort über dieſe Verſchiedenheiten einzutreten. Wir werden dieſen Kalk, ſey es nun Uebergangskalk, oder Zechſtein, oder 26 II. Cap. Erſter Abſchnitt. gar Kreide, oder hier dieſes, dort jenes, als unſere äuſſerſte Grenzmauer betrachten und nur diejenigen Bildungen in unſere Unterſuchung aufnehmen, welche diesſeits derſelben liegen. Von dieſer Grenzmauer ausgehend betreten wir eben das Gebiet der räthſelhaften Zwiſchengebilde, welche die Molaſſe mit alpiniſchen Gebirgsarten in Verbindung zu ſetzen ſcheinen. Ich werde dieſelben mit möglichſter Sorgfalt unter⸗ ſuchen und quer durch bis zu unzweydeutiger Molaſſe verfol⸗ gen. Die Lagerungsverhältniſſe einzig können entſcheiden, welche davon getrennt werden müſſen, denn der ſchwankende Charakter der Gebirgsart und die Seltenheit und Unbeſtimmt⸗ heit der Petrefacten müſſen uns gegen alle Folgerungen mis⸗ trauiſch machen, die nur auf dieſe letztern Grundlagen ge⸗ ſtützt wären. Wir gewinnen durch dieſe Auszeichnung der Lagerung vor den übrigen Gegenſtänden der geognoſtiſchen Beobachtung überdieß noch den Vortheil, die ganze Petrogra⸗ phie der Gebirge, die wir als Glieder der Molaſſe-Formation erkennen werden, auf unſern folgenden Abſchnitt verſparen zu können, wo ſie an ihrem Orte ſeyn wird, da ſie hingegen in dieſem Abſchnitt mit derjenigen älterer Gebirge Aenne leicht Verwirrung gebracht hätte. Gruppe der Schweins⸗ und Gurnigelberge. Der Schwarze See, lac Domeynaz, iſt ſowohl in maleriſcher als in geognoſtiſcher Rückſicht eine der merkwür⸗ digſten Stellen der niedrigen Alpen. Obſchon nur 1059 hoch gelegen, erinnert die Einſamkeit und wilde Natur der Umgebungen und das dunkle grünliche Blau des Waſſers, in dem ſich nur nackte Felſen und Alpweiden ſpiegeln, an die düſtern Seen der Grimſel und des St. Bernhard’. Im Hintergrund dieſes Keſſels wird eine ſchroffe Wand die aus ſchwarzem Kalk beſteht, ein Vorwall der Regardi⸗ fluh, vom Waſſer beſpült. Man kann das Streichen der Schich⸗ Grenzen der Molaffe - Formation. 27 ten etwas weſtlicher, am Paß nach Val-Sainte beobachten, wo ein vom ſüdlichen Abhang der Schweinsberge herſtrömen— des Bergwaſſer ſich über dieſelben hinabſtürzt. Sie fallen mit 20° nach 1440 12). An beyden Ufern des See's iſt Gyps anſtehend, von dem charakteriſtiſchen hellbräunlichen poröſen Kalk — Rauchwacke von Freiesleben — begleitet. Das Schwefelbad, früher auf dieſen leicht zerſtörbaren Felſen erbaut, iſt im vorigen Jahr⸗ hundert in ſich zuſammengeſtürzt. Am öſtlichen Ufer ſieht man den dunkeln Kalk in der Höhe über den Gyps gelagert, aber in keinem der Anbrüche kann man das unmittelbare Zuſam⸗ mentreffen beyder Gebirgsarten beobachten. In der Höhe wird man über dem Badhauſe eine Felswaud gewahr, die man aus der Ferne für eine Schutthalde zu er⸗ kennen glaubt. Wenn man aber durch ſumpfigte Alpenge⸗ hänge, bis zu derſelben anſteigt, fo ſieht man bald, daß es regelmäßige Schichten ſind, deren ſonderbare Structur nur die Täuſchung verurſacht. Dickere Schichten wechſeln mit Lagern von Schiefer und ſtehn oft ziemlich weit über dieſel⸗ ben heraus; ihre Köpfe find aber nicht, wie beym Kalk, oder bey der Molaſſe, gerade abgeſchnitten, ſondern wie die ſchrägen Felder eines Schachbrett's, gezackt, als beſtünden ſie aus an⸗ einander gereihten, mit ihren Kanten hervorſtehenden Qua⸗ dern. Die Abſonderungen zwiſchen den Schichten ſind voll⸗ kommen eben und äuſſerſt vollkommen, nur der Druck ſcheint die Schichten, bey ihrer geneigten Lage, über einander zu erhalten. Der Schiefer beſteht aus derſelben Gebirgsart, als die dickern Schichten, und auch an dieſen bemerkt man oft deutliche Neigung zu ſchiefriger Abſonderung. 22) Die zweyte Zahl bezeichnet den Grad des Horizonts, 360 Theilung, gegen den die Schicht einfällt. Die Azimuthe ſind vom wahren Nord öſtlich gezählt, die 8 der . zu 20° He lich angenommen. 28 II. Cap. Erſter Abſchnitt. Ueber die Natur des Steines kann man nicht lange im Zweifel ſeyn. Es iſt ein ſehr harter Sandſtein, größten⸗ theils aus eckigten Quarzkörnern beſtehend, mit Kalkeement, meiſtens von ſo feinem Korn, daß man ihn wohl mit dichtem Kalk verwechſeln könnte, dann auch in allen Uebergängen bis zum grobkörnigen. In dieſem bemerkt man auſſer den Quarzkörnern auch ſehr viel dichte Kalkkörner, ſpäthigen Kalk und blätterigen Feldſpath. Die Quarzkörner mehrerer Arten hängen ſo feſt zuſammen, daß kleine Stücke mit ſtar⸗ ken Säuern digerirt nicht zu Sand zerfallen. Die Haupt⸗ abſonderung glänzt oft von vielen weiſſen, feſt anhängenden Glimmerſchüppchen; oft auch iſt ſie mit ſchwarzem Bitumen überzogen; oder noch öfters bedeckt von kleinen Stücken ver⸗ kohlter Pflanzen, als ob dieſe zerhackt worden wären; nie⸗ mals iſt es mir gelungen, deutliche Pflanzenformen zu er⸗ kennen. Der Querbruch der feinkörnigen Arten iſt uneben, in's Splittrige, mehr oder weniger quarzartig ſchimmernd; durch die Anlage zum Schiefrigen erhält er oft Treppenform. Auſſer der Hauptabſonderung beſitzt der Stein noch andere, die fie theils ſenkrecht, theils ſchief durchſetzen; zwey der⸗ ſelben ſtoſſen unter dem Winkel des Kalkſpath's zuſammen, und dieſer mannigfaltigen, meiſt ſehr deutlichen Abſonderungen wegen iſt die Gebirgsart äuſſerſt leicht zerſtörbar. Am Fuß aller aus ihr beſtehnden Gebirge liegen mächtige, doch größ⸗ tentheils überwachſene Schuttkegel, deren Trümmer meiſt polyedriſche Formen haben; man findet zuweilen regelmäßige Parallelepißeden mit den Winkeln des Kalk⸗Rhomboid's. Die vorherrſchende Farbe iſt ein mehr oder weniger dunkles Rauch⸗ grau, in's Bläulichgraue, Grünlichgraue und Bräunliche übergehend. Die Polyedertafeln ſind oft mit einer, wenig Linien bis einige Zoll breiten, ocherrothen oder roſtbrgunen Einfaſſung umgeben. Das fpeeif. Gew. iſt 2, 6 bis 2, 7. Nicht ſelten wird der Stein von engen Klüften durchſetzt, welche mit Kalkſpath ausgefüllt ſind. Dieſe merkwürdige Ge⸗ Grenzen der Molaffe » Formation, 29 birgsart bildet deutlich die oberſten Schichten der Schweins- berge, und wenn man zwiſchen dieſen und der Regardifluh in die Val- Sainte hinüberſteigt, ſo findet man bis gegen Galmis zu Trümmer derſelben. Die Schichten über dem Bad— hauſe fallen ſehr regelmäßig nordweſtlich, mit 25“ nach 3350, und müſſen daher dem Gyps und dem dunkeln Kalk aufgela⸗ gert ſeyn; obſchon man aber auf dem Wege nach Plafeyen immer im Profil derſelben bleiben muß, ſo ſucht man doch vergebens anſtehende Felſen, und nur an den Trümmern in den Tobeln des Abhangs kann man ſich überzeugen, daß man die Gebirgsart nicht verlaſſen habe. Bald bemerkt man dieſe Trümmer auch in den zahlreichen Waſſergraben der rechten Thalſeite, man ſieht zugleich die Kalkfelſen der Kaiſeregg in den Hintergrund treten und hinter der bis oben beweideten Hohmatt, von der dieſe Trümmer herſtammen, berſchwinden aber auch hier iſt nichts Anſtehendes. Vollkommen analog ſind die Verhältniſſe im e Muſcherenſchlund. Polyedriſche Sandſteintrümmer vom Ein⸗ gange an bis faſt in die hinterſten Weiden, an der einen wie an der andern Thalſeite, dann der poröſe, conglomeratartige Kalk und Gyps, und erſt, wenn man am Fuß des Gantriſch bereits die höchſte Kette zu beſteigen anfängt, der as der Stockhorngebirge. g Ungefähr eine halbe Stunde bevor man, vom e eee See her, an die Vereinigung beyder Senſen gelangt, ſieht man an der linken Thalſeite deutliche Spuren nördlich fallen- der Schichten; aber weiter vorn ſchlägt dieſes nördliche Fallen in ein ſüdliches um, ohne daß man, wegen dem Schutt und Wald, den Uebergang, wahrſcheinlich durch horizontale Um⸗ biegung, beobachten könnte. Man kömmt nun in ein ziemlich ausgedehntes Profil regelmäßig mit 60“ nach 1500 fallender Schichten, die dem Thal, das man verläßt, ihre breite, ſehr ebene Fläche zukehren. Die Abſonderungen ſind eben ſo voll⸗ kommen als an der Felswand über dem Bade, aber die ſchie⸗ | 30 II. Cap. Erſter Abſchnitt. frigen Lager ſind weniger mächtig und der Stein iſt überhaupt. feſter. Es zeigen ſich einige neue Abänderungen. Ein lichtbläulichgrauer, ſehr feinkörniger Sandſtein von groſſer Härte; ſchwach quarzartig ſchimmernd. Beynah nur mit der Loupe bemerkt man in dem hellgrauen Grunde eine große Menge äuſſerſt kleiner dunkelgrüner Punkte, etwas deutlicher ſind ſie in dem bräunlichen Rande des Steines. Der Totaleindruck erinnert ſehr an einige härtere gere = Molaſſe. 30 Ein ziemlich heller, bräunlichgrauer, tleinkörniger Sand- ſtein, ſehr hart, Quarzglanz; in dieſer Grundmaſſe gröſ⸗ ſere Gerölle, bis zur Gröſſe einer Bohne, von Quarz, Kie⸗ ſelſchiefer, Granit, dichtem Kalk u. ſ. w., die ſich oft fo anhäufen, daß man bald Nagelfluh zu ſehn erwartet, aber die Lager erhalten nie über einige Centim. Mächtigkeit und ihr Cement geht ohne Abſonderung in die andere Sandſteinmaſſe über. Die Schichten ſetzen mit gleichem Fallen auf das rechte Ufer über und bilden daſelbſt die Grundlage der Hallſtädtegg, des weſtlichen Abfall's der ausgedehnten Gurnigelketie. Auch an dieſer iſt das Geſtein nur an wenigen Stellen entblößt, und in den meiſten Anſchürfungen und Graben kömmt nur Schutt und zertrümmertes Gebirge zum Vorſchein. Ziemlich ausgedehnte Felſen findet man an der Nordſeite der Pfeife. Schichten, oft von mehreren Meter Dicke, ſind hoch über einander aufgethürmt, aber, als hätte die Grundlage gewankt, ſo furchtbar zerriſſen und loſe zuſammenhängend, daß man bey jedem Geräuſche den Einſturz befürchtet, und daß die Furcht nicht ganz leer ſey, bezeugen die ungeheuren, zum Theil noch friſchen Trümmerhalden an ihrem Fuß. Das Fallen der Schichten iſt ſteil ſüdlich, aber bey der regelloſen Lage derſelben läßt ſich der Winkel nicht genau beſtimmen. Die Steinart iſt der Sandſtein der Schweinsberge; meiſt eltinkörnig / zuweilen kleine Gerölle einſchlieſſend die beſon⸗ ders an der Auſſenfläche der etwas verwitterten Blöcke auf- Grenzen der Molaffe - Formation. 31 fallen und diefelbe ſehr rauh machen; ſehr hart und weniger abgeſondert, dicke Schichten zeigen oft keine Spur von Ab- ſonderung und ſind auch nicht durch Schiefer getrennt; im Bruch Quarzglanz, ohne rothe Einfaſſung. Feinkörnige Arten, denen der Schweinsberge ganz ähnlich, fehlen auch nicht, ſowohl dunkelbräunlichgraue, als dunkelgrünliche, mit Anlage zu ſchiefriger Abſonderung. Merkwürdig ſind auch klein- und grobkörnige Arten, einigen Varietäten der Molaſſe, beſonders in der Nähe von Nagelfluh, ähnlich, mit deutlicher Sand, ſtein⸗Structur, hellbräunlichgrau, mit ſparſam eingefpreng- tem weiſſem Glimmer, unabgeſondert; ferner ein ſehr fein- körniger, homogen ſcheinender Sandſtein, unebner Bruch in's Splittrige, matt, ſchimmelgrau, von vielen äuſſerſt kleinen Glimmerpünktchen am Lichte ſchimmernd unabgeſondert. Andere Felſen in der Nähe zeigen Abwechslung dünn⸗ ſchiefriger Schichten mit dickern, die wie Würfelreihen her⸗ ausſtehn und aus der Ferne wie größere Blöcke in einer. Schutthalde ausſehn, ganz wie wir . über dem ee See gefunden. Dieſelben Stedſfeikarten beſonders dir kleinkörnige/ die wir zuerſt beſchrieben, ſind auf dem obern Gurnigel und am Schüpfen anſtehend; am letztern in hohen Felſen, deren mächtige Schichten mit 280 nach 1590 fallen. Auf dem obern Gurnigel iſt ſüdweſtliches Fallen, und von beyden Seiten ſenken ſich alſo die Lager dem Seeligraben zu, in deſſen Hintergrund Gyps anſteht, über dem Gyps Kalk. 13) Auch über der Quelle des Schwarzbrünnlein, in ungefähr glei⸗ cher Höhe, findet man ziemlich ausgedehnte Kalkfelſen / in ſchwach ſüdlich fallenden, faſt horizontalen Schichten, bräun⸗ lichgrau und röthlich, von Kalkſpathadern durchzogen, kleine Belemniten- und Trigonellen-Abdrücke 10 von kaum 5 Der Gyps wurde in dieſem Graben zuerſt von den elftigen jungen Mineralogen HH. L. Ziegler und A. Zehender e x 14) Der Trig. lamellosa Park. ähnlich. „N Ir 32 II. Cap. Erſter Abſchnitt. 1 Centim. Größe einſchlieſſend. In dem Stollen des Stock⸗ brunnens endlich, ungefähr in der Höhe des Gypſes im Seeli⸗ graben, iſt man zuletzt auf Rauchwacke geſtoſſen. Auch hier ſcheint daher der Gyps und die Rauchwacke von Kalk und der Kalk von dem harten Sandſtein bedeckt zu werden. 5 Die ganze ausgedehnte Gebirgsgruppe, in deren Schoos die verſchiedenen Zuflüſſe der Senſe entſpringen, die Gur⸗ nigelkette, und alle die bewachſenen Vorberge bis an die Kalkfelſen des Ochſen, Gantriſch und der Kaiſeregg, die Schweinsberge und gewiß auch die damit zuſammenhängende Bera, gehören demnach einer Sandſteinformation an, die auf 1 einem Kalk ruht, der von dem gewöhnlichen Kalk der Stock⸗ hornkette verſchieden ſcheint, und deren vorherrſchende Stein⸗ art wir unter dem Namen Gurnigelſanpſtein 1 fol⸗ n Art charakteriſiren wollen: 5 Sandſtein von ſehr feinem, daa und grohe Korn. Kürner⸗ von Quarz, dichtem Kalk, Feldſpath u. ſ. w. mit Kalkeement. Anlage zu ſchiefriger und dünnſchiefriger Ab⸗ ſonderung. Im Querbruch uneben ins Splittrige, oft mit ſchwachem Glasglanz ſchimmernd. Bräunlichgrau, blaulich⸗ grau, nicht ſelten ziemlich dunkel. Hart und ſchwer zerſpreng⸗ bar. Oefters, beſonders auf den Abſonderungen, weiſſe Glim⸗ merblättchen, oft auch verkohlte Pflanzentheile. Nicht ſelten von Kalkſpathadern durchzogen. Spec. Gew. 2, 6 — 2, 7. Sehr deutlich abgeſonderte Schichten bildend, dickere oft mit dünnſchiefrigen abwechſelnd und zahnartig hervorſtehend. Von der Bera ſcheint dieſe Formation durch den Thal⸗ boden der Saane hindurch an die Nord- und Weſt-Seite der Molézon-Kette überzuſetzen, und dieſelbe bis an den Genfer⸗ See zu begleiten, an deſſen ſüdlichem Ufer man ſie wahrſchein⸗ lich in den Voirons wiederfinden würde. | Das felſigte linke Wfer der Saane, abwärts von der Brücke von Broc, beſteht aus einem krumm und dickblättri⸗ gen, graulich-ſchwarzen Mergelſchiefer, in welchem eine Menge Grenzen der Molaſſe⸗Formation. 33 Menge äuſſerſt fein zertheilte, weiſſe Glimmerpünktchen fchim- mern. Untergeordnete Lager von kaum 1 Deeim. Mächt. beſtehn aus einem dichten, rauchgrauen, dem vom Schwarz⸗ brünnlein ſehr ähnlichen Kalk, in welchem ich einen Abdruck der nämlichen Trigonellen fand. Das Fallen, etwas wellen- förmig, iſt mit ungefähr 450 ſüdlich. An der Straſſe ſieht man ferner in dem Mergelſchiefer ausgeſonderte Neſter, oft von mehr als 1 Meter Dicke, von ſehr grobkörnigem feſtem Sandſtein; Körner von Quarz, oft milchweiß, Feldſpath, Kalk u. ſ. w., theils eckig, theils gerundet, haufig von Millim. Durchmeſſer, auch große Blätter von ſchwarzem, zum Theil fettglänzendem Thonſchiefer, durch die fein zerriebenen Theile derſelben Steinarten ſehr feſt verküttet, die Totalfarbe grau mit einem Stich in's Grüne, von weiſſen Kalkſpathadern durch⸗ zogen. 70 ELTERN In dem wilden Tobel der Vevaise, hinter Chätel St. Denis, findet man wieder den Kalk des Schwarzbrünnlein, hier in großer Mächtigkeit, erſt einem grauen Mergelſchiefer eingelagert, wie bey Broc, dann denſelben ganz verdrängend die Schichten, von 2 Deeim. Mächt., fallen mit 35° nach 100% Höher am Berge, wenn man gegen den Molézon, oder nach Albeuve zu geht, muß der Gurnigelfandftein dieſem Kalk in großer Mächtigkeit aufliegen, denn faſt alle Trümmer in der Gegend gehören ihm an; anſtehend fand ich ihn etwa eine halbe Stunde über St. Denis, aber in nicht großer Aus⸗ dehnung. 75795 at | Der Gurnigelſandſtein iſt nicht Molaſſe und feine Con⸗ glomerate ſind nicht Nagelfluh. Die Molaſſeformation ſtößt in ſüdlich fallenden Schichten an den Fuß ſeiner Gebirge und ſcheint ihn daher zu unterteufen; da aber, wie wir geſehn, Kalk, Mergelſchiefer, Gyps und Gebirgsarten, die ſich ganz den ältern alpiniſchen Formationen anſchlieſſen, die eigentliche, evidente Grundlage des Gurnigelſandſteins ſind; da ferner am ſüdlichen Abhang ſeiner Maſſen, und in 3 34 II. Cap. Erſter Abſchnitt. den Querthälern, oder Tobeln, die ſein Profil aufdecken, keine Spur von Molaſſe wahrgenommen wird; ſo muß dieſe ihm nur vorliegen und alſo jünger ſeyn. Daſſelbe geht auch aus der nähern Betrachtung des Zuſammenſtoſſens beyder Formationen hervor. Verfolgt man das rechte ufer der vereinigten Senſen nordwärts, ſo wird der Fels anfangs durch Gebüſche und Grashalden verdeckt, bis man den Fuß der Hallſtädtegg bald verlaſſen hat. Ungefähr in der Mitte zwiſchen ihr und der Höhe von Guggisberg erhebt ſich das Ufer in einem kreis⸗ förmig gerundeten, von der Senſe mitten durchſchnittenen Hügel, an deſſen oberem Theile man wieder deutliche Schich⸗ tung wahrnimmt. Ein, bis zwey Decimeter mächtige Schich⸗ ten folgen ganz oben dem äuſſern Umriß in regelmäßig con- centriſchen Windungen; in mittlerer Höhe bilden ſie Wellen, deren Mittelpunkte gegen diejenigen der obern ſchachbrett⸗ förmig liegen; dieſe tiefern Schichten ſetzen im Profil gegen Mittag noch weiter fort, verflächen ſich indeß nach und nach und ſcheinen da, wo die Vegetation das Ufer bedeckt, in's Horizontale überzugehn. Das ſüdlichſte Ende derſelben liegt ſchon beynah vertikal unter en Gebirgskamm der Gurnigel⸗ kette. S. Taf. I. Fig. 1. 0 Obſchon ich in der ganzen Ausdehnung der Molaſſe⸗ formation kein zweytes Beyſpiel ſo großwellenförmiger (der Durchmeſſer der obern hält wohl 250) und zugleich fo hoch im Halbkreis gewölbter Schichten kenne, ſo muß doch die Steinart derſelben, nach ihrem ganzen Charakter, für Molaſſe erklärt werden: ziemlich feſt, bräunlichhellgrau, von mittle⸗ rem Korn; in einigen der heruntergefallenen Stücke fand ich Blätterabdrücke, die mit den in der Molaſſe nicht ſeltenen, Weideblättern ähnlichen, Abdrücken vollkommen übereinſtimmen. Nördlich von dieſer merkwürdigen Bildung iſt das Ufer wieder auf etwa zwanzig Schritte durch Vegetation bedeckt, dann erſcheint ganz unten am Ufer ein ungefähr 5m mächtiges ) Grenzen der Molaſſe⸗Formation. 35 Lager von Nagelfluh, durch dünne Molaſſelager in Schichten von etwa 1 Mächt. zertheilt, mit höchſtens 5“ ſüdlich ein⸗ ſchieſſend. Unmittelbar unter demſelben ſteigen einige meter- dicke Molaſſelager auf; dann ſchiefrige Molaſſe; bey der Gug⸗ gersbachbrücke endlich, ſenkrecht unter dem höchſten Kamm der Guggisberger-Hügel, Molaſſe, in Felſen von 20 bis 307 Höhe, unten in 2 Decim. mächtigen, oben in ſehr dicken Schichten, durch dünne, graulichblaue Mergellager getrennt, und noch weit nördlich fortſetzend. Auch hier noch regelmäßiges Fallen mit 30 nach 1400. Die genaue, immerhin merkwürdige Uebereinſtimmung dieſes Fallens mit demjenigen des Gurnigelſandſteines bey m Zuſammenfluß der Senſe, könnte leicht Täuſchung veran⸗ laſſen; erwägt man aber, daß der Fallwinkel hier 60“ und in der Molaſſe nur 30 beträgt, daß ferner dieſe, in der ſüd⸗ lichen Fortſetzung des groſſen Schichtengewölbes, bedeutend hoch über dem Ufer, faſt horizontal wird, während die Schich- ten des Gurnigelſandſteins unter das Niveau der Senſe ein⸗ ſinken, fo muß jeder Gedanke an Unterteufung verſchwin⸗ den und die Molaſſeformation da, wo fie an den Gurnigel« ſandſtein anſtößt, wirklich abgebrochen erſcheinen. Noch gefährlicher für die richtige Beurtheilung des Ver⸗ hältniſſes beyder Sandſteinformationen könnte die Beobach⸗ tung ihrer gegenſeitigen Lagerung in der Nähe des Gurnigel⸗ bades werden. Beynah der ganze nördliche Abhang der Kette iſt in dieſer Gegend mit Schutt, von, wahrſcheinlich in ſich ſelbſt zerfallenen, Gurnigelſandſteinſchichten bedeckt, ſo daß man kaum hoffen darf, die Molaſſe und den Gurnigelſandſtein irgendwo in unmittelbarem Zuſammentreffen zu entdecken, und ſich nothwendig mit den Wahrſcheinlichkeiten begnügen muß, die aus dem Fallen beyder Formationen in ihrer größ⸗ ten Annäherung hervorgehn. Nun iſt ſehr characteriſtiſche Mo, laſſe auf Laas, etwas tiefer als das Bad, anſtehend, in ziem⸗ lich mächtigen Schichten, die mit 42 gegen 151% fallen; im 3 * 36 II. Cap. Erſter Abſchnitt. Grunde des Seeligrabens erſcheinen dieſelben wieder in einer ausgedehnten Schichtenfolge von Molaſſe, buntem Mergel und Nagelfluh, die fehr regelmäßig mit 30“ gegen 140 ein⸗ geſenkt iſt, und von dem Schutte bedeckt wird. Die Neigung der Molaſſeſchichten iſt hier ſo groß, oder eher größer, als die des in der Höhe anſtehenden Sandſteins, und ihre Folge iſt in eben dem Grade regelmäßig, als die der obern Schichten in Unordnung und der Zerſtörung nahe iſt; nach einer in der Geognoſie oft üblichen Logik könnte man daher die Auflage⸗ rung der höhern Schichten auf die tiefern für erwieſen halten; aber glücklicherweiſe ſind die wahren Grundlagen des Gurnigel⸗ ſandſteins, der Kalk und Gyps, hier auch am nördlichen Ab⸗ hang der Kette und in geringer Entfernung von der Molaſſe anſtehend, und dieſe muß daher in der Tiefe an dieſer ältern Formation ſich endigen, gerade wie an der Senſe am Gurni⸗ gelſandſtein ſelbſt. | Vom Gurnigel bis an das öſtliche Ufer des Thuner⸗ See's habe ich keine Stelle gefunden, die der Beobachtung der ſüdlichen Grenze der Molaſſeformation günſtig wäre. Die wenig hohe Hügelreihe der Zwieſelberge, die ſich aus dieſen Niederungen erhebt, gehört noch dem Kalkgebirge an, die damit parallele Hügelreihe von Strätligen beſteht dagegen ſchon aus neuerem Kies und Alpenſchutt, und wo, in der Nähe des Glütſchbades, die Kander, in tiefem Bette, die erſte Hügelreihe durchbrochen hat, findet man an ihrem Ufer eine mächtige, von Rauchwacke und dichtem Kalk begleitete Gypsformation, an welche unmittelbar die Sand- und Kies⸗ maſſen des Strätligen⸗-Hügelzuges und der Ebene von Reu⸗ tigen anſtoſſen. Erſt in der Gegend von Thierachern und Gurzelen findet man, iu wenig ausgedehnten Anſchürfungen, wieder Spuren von Nagelfluh. — Ich gehe daher ſogleich zu \ Grenzen der Molaffe: Formation. 37 der zweyten Gruppe über, welche zwar eine weit geringere Strecke als die erſte umfaßt, aber an Mänhigkeaziskeit und Intereſſe ſie noch übertreffen möchte. Gruppe von Ralligen. Siehe Taf. 1. Fig. 2. Man gehe von Merligen, dem Ufer folgend, auf Ralligen zu, ſo wird man ſchon am Ende des innern (ſüd⸗ lichern) Dorfes eine Gebirgsart finden, über deren Natur man nicht gleich in's Klare kommen kann. Es iſt eine harte dunkelgraue Maſſe, mit erdigem Bruch, durch mehrere Ab⸗ loſungen, oder Klüfte in unregelmäßige größere Blöcke zer⸗ theilt. Ueber Streichen und Fallen bleibt man im Dunkeln, denn man iſt nicht ſicher die Schichtungsabſonderung von den übrigen zu unterſcheiden. Von anſtoſſenden Gebirgsarten iſt nichts ſichtbar, ſo daß ſogar der Zweifel ſich erheben könnte, ob man es nicht etwa nur mit einem heruntergefallenen Fels zu thun habe, ein Zweifel, der durch eine allgemeinere An⸗ ſicht der Gegend, in der man ſich befindet, noch mehr Kraft erhält. Eine ſteile, aber ſehr unebene, durch mehrere tiefe Gra⸗ ben gefurchte Halde ſteigt vom Seeufer gegen die Rallig⸗ ſtöcke an. Sie iſt zum Theil bedeckt mit Trümmern und Gebirgsſchutt, welche die Vegetation noch nicht vollſtändig hat einhüllen können, und die von den zerrißenen Felſen in der Höhe, große Strecken Landes verwüſtend, hinunterge⸗ ſtürzt ſind. Die größern Blöcke werden ſeit langer Zeit ver⸗ arbeitet und liefern den bekannten Merliger⸗Marmor. An mehrern Stellen bemerkt man indeß auch anſtehenden Fels / und darf hoffen durch eine genaue Detailunterſuchung nähern Aufſchluß über die Lagerungsverhältniſſe zu erhalten. Man bleibt von Trümmern umringt bis man zu dem alten Thurm von Ralligen kömmt. Von da ſteigen zwey pa⸗ rallellaufende finſtere Graben in die Höhe; der erſte, ſüdlichere, 38 0 al. Cap. Erſter Abſchnitt. der Eigengraben, der andere der Lehmerengraben. Ueber dem Thurme, am rechten Ufer des Lehmerengrabens erheben ſich ſteile, doch größtentheils mit Geſträuch bewach⸗ ſene Felſen, die man bald für Nagelfluh erkennt. | Nicht ohne Mühe kletterte ich den Eigengraben aufwärts, und fand auch ſogleich Nagelfluh anſtehend. Große abge⸗ rundete Rollſteine, einige mögen wohl über ein Meter im Durchmeſſer haben, ſind ſehr feſt verküttet durch einen klein⸗ und feinkörnigen Sandſtein von grünlichgrauer und bräun⸗ licher Farbe; eine wahre Molaſſe, die oft vorherrſchend wird, und eigene Lager bildet, die indeß durch keine Abſonderung von dem Bindmittel der Nagelfluh getrennt ſind. Dieſe Lager ſind horizontal, auch die Mehrzahl der Rollſteine liegt mit ihrer breiten Fläche horizontal; bey'm Geſammtüberblick dieſer Felſen, vom See aus, kann man ſich von der Allgemeinheit dieſer Lagerung noch weiter nördlich von Ralligen ganz über⸗ zeugen. 1401 4 | Höher wird das Geſtein, etwa 5m im Anſteigen, durch Lehm verdeckt, der von einer Gebirgsart abgeſchwemmt iſt, die gleich oberhalb anſteht. Es iſt ein ſehr feiner, etwas ſandiger Mergelſchiefer, abfärbend, zum Theil fett anzu⸗ fühlen, von ſehr feiner, gerad und krummblättriger Textur, vollkommen matt, nur von mikroſcopiſchen Glimmerſchüppchen auf den Abſonderungen ſchimmernd, grünlichgrau in's Bräun⸗ lichgrüne, im Querbruch dunkler als im Hauptbruch, in Säuren ſtark brauſend, vor dem Löthrohr zum grauen und weiſſen Glaſe ſchmelzend; darin eingeſchloſſen ſtumpfkantige Stücke eines der übrigen Maſſe ähnlichen, aber ſehr harten Mergels, ohne Textur, von Nußgröße und kleiner, mit einer ocherbraunen Rinde überzogen, (auch auf den deutlichern Abſonderungen des Mergelſchiefers oft dieſe röthlichbraune Farbe); wahrſcheinlich thoniger Sphäroſiderit. In dieſem Geſtein 1 Decim. dicke untergeordnete Lager, die, mit aus⸗ und einſpringenden Kanten, aus der weichern, aber ſehr vor⸗ Grenzen der Molafe: Formation. 39 herrſchenden Grundmaſſe hervorſtehn. Sie beſtehn aus einem äuſſerſt feſten Sandſtein, von fo feinem Korn, daß er ganz homo— gen ſcheint; im Bruch uneben, ſplittrig; von mehreren Abfon- derungen durchſetzt, aber ohne Anlage zum Schiefrigen; matt, nur von äuſſerſt kleinen Glimmerpünktchen am Licht etwas ſchim⸗ mernd, ſchwärzlich grau; in Säuren ſtark aufbrauſend und einen Rückſtand von Quarzſand hinterlaſſend; von Kalkſpath- adern durchſetzt, auf einigen Abſonderungen mit einem Anflug verkohlter Pflanzentheile, öfters mit Pechglanz; die nach Auſſen gekehrten Flächen ſind mehr oder weniger tief von einer ocherrothen Rinde umgeben. Die Schichten fallen regelmäßig mit 480 nach 900. Da ich bis in die Höhe dieſelbe Gebirgsart ohne Unter“ brechung anhalten ſah, ſo ſtieg ich quer über in den Lehmeren⸗ graben, immer in derſelben Höhe bleibend. Am linken Ab⸗ hang iſt auch hier der Mergel anſtehend; mit gleichem Fallen; am rechten hingegen Nagelfluh, in mehr als hundert Fuß hohen, nur ſtellenweiſe mit Gebüſch und Wald beſetzten Felſen. Höher im Graben erſcheint der Mergel bald auch am rechten Abhang, nach 95° fallend; aber die Nagelfluh ſetzt in der Höhe, in großer Mächtigkeit, wohl noch zweyhun⸗ dert Fuß weiter öſtlich, gegen den Anfang des Grabens fort, und in den nördlichen Tobeln des Stammbachs, Pfannenbachs u. ſ. w., iſt vom Seeufer weg bis ganz in die Höhe nur Nagel⸗ fluh anſtehend. Die Nagelfluh, anders kann man ſich die Sache nicht denken, ſtößt hier in horizontalen, mächtigen Schichten an den ſteil öſtlich fallenden Mergel, und bedeckt ihn zum Theil. Wenn man in dem Eigengraben, oder Lehmerengraben noch mehr anſteigt, ſo kömmt man in die Straſſe, die von Sigriswyl nach Merligen führt. In dieſer iſt, gleich über dem Eigengraben, ſchon wieder eine neue Gebirgsart anſtehend, in einem Profil von unge⸗ fahr 10. Es find dicke, deutlich abgeſonderte Schichten eines 40 II. Cap. Erſter Abſchnitt. feinkörnigen, ziemlich feſten Sandſteins, der auf den erſten Blick Aehnlichkeit mit feſtern Molaſſearten zu haben ſcheint. Er hat große Neigung zu ſchiefriger, zum Theil krummſchie⸗ friger Abſonderung, iſt im Bruch feinerdig und matt, grün⸗ lichgrau, mit eingemengten, beſonders auf den Hauptab⸗ ſonderungen ſchimmernden Glimmerblättchen, übrigens mit Säuren brauſend und zu Sand zerfallend, auch von Kalkſpath⸗ adern durchſetzt. Die Hauptabſonderungen ſind oft ganz mit über einander liegenden Pflanzentheilen bedeckt, in halb ver⸗ kohltem Zuſtande, braun und ſchwärzlich ohne Glanz, oder ſchwarz mit Pechglanz; unkenntlich, aber dem Anſchein nach von weichen Theilen, Blättern, Stengeln u. ſ. w. Dieſe Schichten fallen mit 550 nach 100; und find vielleicht nur die vorherrſchend gewordenen, aber mehr verwitterten harten Sandſteine, die wir tiefer im Mergel eingelagert gefunden hatten. | 1958 ie Folgt man der Strafe gegen Merligen zu, ſo kömmt man nach wenigen Schritten in ein zweytes Profil von wohl 25m Ausdehnung. Die erſten, unterſten Schichten beſtehn noch ganz aus der eben beſchriebenen Sandſteinart. Das Korn wird in einigen gröber, die Glimmerblättchen größer und auf den Abſonderungen gehäufter / die Braunkohle zeigt ſich in gleicher Menge, und man erkennt deutliche Stücke von Blättern, der Bruch immer feinerdig und matt. Dickere Schichten wechſeln mit Sandſteinſchiefer, aber auch jene zeigen immer Neigung zum Schiefrigen. Das Fallen iſt mit 500 gegen 110% Auf jeder Abſonderung des dünn zerſpaltenen Schiefers findet man den Ueberzug von Braunkohle. Einige Schritte weiter folgen dunkelbräunlichgrüne, 6 Decim. dicke Sandſteinſchichten, nur durch die Farbe von den frühern verſchieden. Sie fallen mit 66° gegen 1109. In dieſen, als unregelmäßige, zum Theil über ein Meter dicke Neſter ausgeſondert, ein gröberes Conglomerat, das auffallend an das Conglomerat bey Broe erinnert, fo wie auch Grenzen der Molaſſe-Formation. 41 der umſchlieſſende Sandſtein manche Aehnlichkeit mit dem dortigen Mergelſchiefer darbietet. Eckigte, 2 Millim. große Körner ſind in eine feine Grundmaſſe eingeknetet, welche die umſchlieſſende Sandſteinart zu ſeyn ſcheint und mit derſelben ohne Trennung zuſammenhängt, auch wie ſie mit Säuren aufbraust, ohne ſich indeß in ſtarkem Verhältniß aufzulöſen. Die Körner ſind gegen das Bindmittel vorherrſchend. Die Mehrzahl derſelben beſteht aus graulich- und grünlichweiſſem durchſcheinendem Quarz. In einigen Neſtern, faſt in gleicher Menge, die Gebirgsart vorzüglich auszeichnend, dunkelſaft⸗ grüne, faſt ſchwarze, im friſchen Bruch Firnißglanz zeigende Körner, deren Natur mir nicht klar geworden iſt. An meh⸗ rern glaube ich einen pentaedriſchen Querdurchſchnitt bemerkt zu haben, doch ſind die Umriſſe nicht ſcharf genug, um beſtimmt zu entſcheiden. Sie laſſen ſich mit der Meſſerſpitze ſehr leicht zu einem hellbräunlichen Pulver zerſchaben, ſind vor dem Löthrohr unſchmelzbar, werden aber durch das Glühen attrac- toriſch für die Magnetnadel; in Bora löſen fie ſich langſam auf, die Glaskugel iſt, noch heiß, hellſaftgrün, erkaltet, faſt waſſerhell; ein Beweis von Eiſengehalt; in Salzſäure ſind ſie auflöslich, mit Hinterlaſſung eines Rückſtandes, der wie Kieſelgallert ausſieht. Auſſer dieſen Subſtanzen beträchtlich viel Körner von weiſſem und röthlichweiſſem Feldſpath mit Perlmutterglanz. Glimmer unterſcheidet man nur unter der Loupe als einzelne weiſſe Blättchen. Noch andere Sub⸗ ira erlauben keine nähere Beſtimmung. Weiterhin erſcheinen gleichſtreichende, aber faſt ſenkrechte graue Kalkmergelſchieferlager, in dünge Blätter zerſpalten. Damit abwechſelnd dichter Kalk, hellbläulichgrau, mit we⸗ nigen und kleinen Splittern, krummblättrige Textur; in La⸗ gern von kaum 1 Centim. Dicke, in der Fortſetzung des Profils aber bald an Mächtigkeit zunehmend, zuletzt als ſenkrechte Folgen ellipſoidiſcher Knauer, um die ſich der Mergelſchiefer zwiebelartig herumbiegt. Der Kalk dieſer Knauer hat die 42 ll. Cap. Erſter Abſchnitt. blättrige Textur verloren und beſitzt vollkommen muſchligen Bruch, mit wenig Splittern; er wird von Kalkſpathadern durchzogen; auf einigen krummen, unregelmäßigen Abloſun⸗ gen ſitzt ein dünner, dunkelgrauer, glänzender und fettig an⸗ zufühlender Ueberzug, der Anlage zum Faſrigen zeigi. In Säuren aufgelöst hinterläßt der Kalk einen feinen, hellbräun⸗ lichen Rückſtand. Leider iſt hier das Ende dieſes äuſſerſt merkwürdigen Profils und auch beträchtlich weiter ſüdlich ſieht man in dieſer Höhe nichts Anſtehendes mehr; wir müſſen daher verſuchen, ob die aufgefundene, ſchöne Schichtenfolge ſich nicht viel⸗ leicht in den obern Gegenden des Abhangs vervollſtändigen laſſe. Wenn man den Lehmerengraben von der Straſſe an weiter anſteigt, ſo bleibt man ohne Unterbrechung in den regel⸗ mäßig öſtlich fallenden Schichten des harten Braunkohleſand⸗ ſteins. Ungefähr 15m über der Straſſe führt ein Fußweg durch den Graben, über den eine kleine Brücke gelegt iſt. Am nördlichen Ende derſelben, drängt ein ziemlich ausgedehntes Bord von Felſen, die man bey einer flüchtigen Anſicht für anſtehend halten möchte, den Fußweg an den Graben an; aber die Schichten fallen mit SO? gegen 50, und doch dauert auch über der Brücke das weniger ſteile, faſt genau öſtliche Fallen immer fort. Die Gebirgsart iſt ebendieſelbe, nur härter und ſich dem Gurnigelſandſtein noch mehr nähernd, immer mit einer Menge Braunkohle in leichten Anflügen auf den Abſonderungen, und unter denſelben deutliche Blätter⸗ formen, Weideblättern ähnlich, mit ſtarker un e aber ohne Spur von Querrippen. | Mitten in dieſer Folge faſt ſenkrechter Schichten wird der Sandſtein plötzlich etwas gröber, ohne von ſeiner großen Feſtigkeit zu verlieren, eine Menge erdiger gelblicher Punkte geben ihm ein feingeſprenkeltes Ausſehn, es mengen ſich glatte Neſter von ſandigem Schieferthon ein und größere Ge⸗ rölle, bis zu mehrern Centimeter im Durchmeſſer, faſt aus⸗ Grenzen der Molaſſe⸗ Formation. 43 ſchließlich aus ſchwarzem Feuerſt ein beſtehend; man erwartet wahre Nagelfluh folgen zu ſehn, aber der gewöhnliche Sand⸗ ſtein wird e wieder . und die Herölle bleiben ganz aus. Von höberem Intereſſe iſt eine zwar nur ſchmale Ein⸗ lagerung von foßilen Schalthieren in eben dieſem Sandſtein mit Geröllen, und eine zweyte in der Fortſetzung dieſer Fel⸗ ſen, gleich über der Brücke, im gewöhnlichen vorherrſchenden Sandſtein. Die Schalen find größtentheils noch erhalten einige beſitzen ſelbſt noch ſchwachen Perlmutterglanz, die meiſten aber ſind halb caleinirt und fo morſch, daß man keine vollkommen aus dem barten, ſte feſt e ee b Stein losmachen Band. inch ran | Eine nähere Vergleichung dieſer Petrefäcken führt aber zu feinem Reſultate, das, obſthon nicht ganz iſolirt und neu, doch immer nur mit größter Vorſicht aufgenommen werden | darf. Es ſcheinen nämlich auch hier Süßwaſſer⸗ und Meerbe⸗ wohner unter einander gemengt zu ſeyn, und die erſtern aus fo verſchiedenen Geſchlechtern, daß man kaum annehmen darf, die e Aebnlichkeiten ſeien nur Täuſchung. | Zu den Süßwaſſerarten glaube ich zählen zu ſollen en 83. Hochgewundne Schnecke mit ovalem, unten aufge⸗ ſchlitztem Mund. Sehr ähnlich der melanopsis bucei- noidea Fer. ‚doch iſt der innere Rand der Oeffnung gerade und . eoncav. 1 on sie Sm. =. häufig. N — — Eplindriſche Schnecke mit kundem Mund / von der Fo rm einer Pupa. Länge guns, Dicke um. — 93. Kleine Muſchel, die in bedeutender Menge da iſt, von Cyolas rivalis nicht zu unterſcheiden. nn Sum, Breite 10 um. — 91. Größere Arten, die zu der Gattung Oyolas oder Cyrene gehören möchten. | Entſchiedene Meerconchilien find hingegen 44 I. Cap. Erſter Abſchnitt. ml 92. Mehrere Individuen der Gattung Cardium, oder Arca, mit zahlreichen, aber ſtarken ae 55 vo. gewölbter Schale. Breite sum, ı Noch an mehreren andern Stücken eh man Arber von Muſcheln mit Längenſtreiffen und Rippen. * Ich übergehe kleinere Arten von RR aber weniger ausgezeichneten Formen, deren Geſchlecht ich nicht zu beſtimmen wage. Die Mengung beyder Thierelaſſen findet übrigens in beyden 0 1 8 in den Rn Handſtücken ſtatt. Non Dieſelben Petrefacten scheinen an der linken Seite des Grabens, oberhalb der Brücke, in den regelmäßigen Schich⸗ ten ſelbſt, zwar in weit geringerer Anzahl, aber deutlich genug, um jede Täuſchung unmöglich zu machen.. Die Schichten fallen noch ziemlich weit oberhalb der Brücke immer gegen 100. Höher aber wird die Schichtung unregelmäßig und man ſieht auf der rechten Seite des Bach's deutliche Wellenbildung. Darum darf man ſich nicht ver⸗ wundern, bald ein Fallen nach 148, bald eines nach 207 zu meſſen, wenn auch beyde auf längere Strecken hin noch ſo anhaltend ſchienen. Am Ende des Grabens, oder vielmehr ſeiner felſigten Einfaſſung, ſieht man wieder große Gerölle in dem Sandſteine, der Schichtung parallel, aber nur in einer ſehr geringen Dicke. Die Gerölle ſind meiſtens Kalkſteine, theils ſchwarz mit rauhem Bruch, wie oft der dunkle Kalk in den Alpen, wenn er verwittert, theils körnig und dunkel⸗ grau, ſchimmernd, mehrere ſtimmen mit den Kalkſteinen, die wir bald näher werden kennen lernen, vollkommen überein; ferner Sandſteine, die von den hier anſtehenden gar nicht zu unterſcheiden ſind; auch fand ich einen lichtgrünen Feuer⸗ ſtein und einen kleinkörnigen weiſſen Granit, nichts den Alpen fremdes. Der Sandftein, der fie einſchließt ſieht dem Bind⸗ mittel der Nagelfluh unſerer Molaſſehügel ſo gleich, daß man beyde in Handſtücken nicht unterſcheiden könnte; er geht aber Grenzen der Molafe- Formation. 45 bald in den gewöhnlichen Sandſtein über und ſcheint nur durch Verwitterung ſo entſtellt zu ſeyn. Wir nähern uns nun dem Kalkgebirge der Ralligſtöcke, das in ausgedehnten Felſen, vor dem Bergliſtock durch, den Abhang, an dem wir uns ſo lange verweilt haben, in der Höhe umſchließt. Am Fuß dieſer Kalkwand fällt uns ein Fels in's Auge, der nicht aus Kalk zu beſtehn ſcheint, aber vielleicht die Grundlage deſſelben an den Tag bringt. Wenigſtens ſieht man, nicht viel höher, ſich über ihn eine Felswand ausbreiten, dann folgt eine äuſſerſt ſteile, aber nicht mehr unterbrochene Halde, und nun die Ralligſtöcke ſelbſt. Die Entfernung von dem obern Ende des Grabens bis an dieſe Stelle mag wohl eine Viertelſtunde betragen. N Wir finden an dem Fels einen ſehr feſten, grünen Sand⸗ ſtein in dicken Schichten, mit einem dünnſchiefrigen Mergel⸗ ſchiefer abwechſelnd. Der Sandſtein iſt ſtark zerklüftet und vielfach abgeſondert, der Mergelſchiefer ſehr zerſtörbar; auch iſt eine große Schutthalde noch ganz friſcher Trümmer am Fuß der Felswand ausgebreitet. Gewöhnlich erſcheint der Sandſtein als eine feinerdige feſte Maſſe, hellgrün mit blau und grau gemiſcht, in's Saft“ grüne und Grünlichbraune; zuweilen iſt das Dunkelgrün hell gefleckt, wie bey'm Variolit; vollkommen matt, mit rauher Bruchfläche. In Säuren löst er ſich, nach kurzem Aufbrau⸗ ſen, nur wenig auf, verliert aber die Farbe und wird grau⸗ lichweiß, unter der Loupe erſcheinen die ſo behandelten Stücke als ein granitähnliches Gefüge von Quarz und wenig Feld⸗ ſpath. Wenn man ſie aufſchlägt ſo ſieht man, daß die Säure bloß an der Oberfläche gewirkt hat. Vor dem Löthrohr wird die grüne Farbe rothbraun, in größerer Hitze bilden ſich durch⸗ einander weiße und ſchwarze Glaskügelchen. In dieſer Grundmaſſe, theils Kalkſpath in einzelnen Blättchen, oder kleinen Neſtern, oder als Adern, theils 46 II. Cap. Erſter Abſchnitt. weiſſe, undurchſichtige Theile mit ſchwachem Perlmutter⸗ glanz, theils auch größere Quarzkörner, doch letztere nur in ſehr geringer Menge. Die weiſſe Subſtanz erſcheint zum Theil in viereckigten Blättchen, welche man nur für Feldſpath anſehen kann, zum Theil aber auch in feinen Pünktchen und Aederchen, ſo innig mit der übrigen Maſſe verſchlungen, daß man nicht be⸗ zweifeln kann, ſie ſey, wie der Kalkſpath, erſt im Stein ſelbſt gebildet worden. Auch mengen ſich zuweilen graulichſchwarze ſchimmernde Blätter ein, wie wenn Tropfen eines fein zer⸗ theilten Thonſchiefers auf den Stein gefallen wären. Als Abänderung wird die Maſſe ſo feinkörnig und hart, daß ſie ſplittrigen Bruch annimmt und ganz homogen ſcheint. Die Farbe iſt dann ein bräunliches Grau, in dem nur wenig Grün mehr ſich zeigt. Man könnte leicht glauben eine der feinkörnigen Arten des Gurnigelſandſteins zu ſehn. Nur ſelten gelingt es, bey der großen Menge der nach allen Richtungen gehen⸗ den Abſonderungen, friſche Bruchflächen dieſer Abänderung zu erhalten. Der Fels iſt wie aus kleinen polyedriſchen Stücken, ohne regelmäßige Formen, zuſammengebacken. Glim⸗ mer fehlt in keiner der verſchiedenen Arten, aber beſonders in der letzten häuft er ſich, in ganz kleine Blättchen zertheilt, auf einigen Abſonderungen ſo an, daß man Glimmerſchiefer zu ſehn glaubt. In den erdigen Arten von beſtimmterm Grün iſt er ſelten. Andere Abſonderungen ſind mit einem braunen, oder ſ wür zen, ſchwach glänzenden, Thonhäutchen überzogen, dann oft mit rundlichen Unebenheiten, warzig. Dieſer Ueberzug zu⸗ weilen zum Faſrigen ſich neigend und dann der Subſtanz auf den Kalkknauern der Merlingerſtraſſe ähnlich. Der Kalkſpath und die noch unbeſtimmte weiſſe Subſtanz erſcheinen deutlicher auf den Kluftflächen. Der erſte in durcheinander liegenden Rhomboiden, oder kryſtalliniſchen Körnerformen, die, ihrer Kleinheit und Unbe- ſtimmtheit wegen, nicht näher charakteriſirt werden können. Grenzen der Molaſſe⸗ Formation. 47 Letztere, in ihrem vollkommenſten Zuſtande, als ſehr flache Prismen mit deutlicher blättriger Textur, ſtark perlmutter⸗ artig glänzend, zu kleinen Roſen concentriſch ſtrahlig, an- gehäuft; auch unregelmäßig durch einander und über einander liegend; immer der Kluftfläche, die ſie trägt, parallel. Die Verwitterung ſcheint ſehr leicht auf dieß ſchöne Foßil ein⸗ zuwirken und verändert es zu einem ſandig anzufühlenden weiſſen Mehl. In Säuren löst es ſich mit Aufbrauſen bis auf eine nicht beträchtliche Gelatina auf. Vor dem Löth⸗ rohr läßt es ſich ohne Mühe unter ſchwachem Aufblähen zum weiſſen, durchſcheinenden Glaſe ſchmelzen. Der Kalkſpath mengt ſich übrigens meiſt ſo innig mit demſelben, daß es ſchwer hält beyde Subſtanzen ganz rein zu erhalten. Ich bin auf die Aehnlichkeit dieſes Foßils mit Laumonit zuerſt durch Herrn von Charpentier aufmerkſam gemacht worden, der es, in einem ganz ähnlichen grünen Sandſtein, auch in den Ge⸗ birgen von Bex aufgefunden hat. Der nämliche Sandflein erſcheint wieder bey der Oypomüble 5 zu Krattigen, ferner, in großer Mächtigkeit, regelmäßig mit Mergelſchiefer wechſelnd, am Eingang des Kienthales, und, als Knauer im Mergelſchiefer, unten an der Tellenburg. Ich fand auch Geſchiebe davon in der Vevaise hinter Chätel St. Denis, Sehr wichtig iſt unter den Aber gen dieſer Gebirgs⸗ art ein feinkörniger Sandſtein, grünlichbraun, mit Neigung zum Schiefrigen, die Abſonderungen von vielen Glimmer⸗ blättchen ſchimmernd, und zum Theil mit ſchwärzlichen Pflan⸗ zenbruchſtücken bedeckt; nach allen Merkmalen von dem bräun⸗ lichen Sandſtein der Merlingerſtraſſe, der das grüne Con⸗ glomerat einſchließt, nicht zu unterſcheiden. Auch hier ſchei⸗ nen, einigen Bruchſtücken zufolge, welche einen ſtetigen Ueber⸗ gang der feinkörnigſten Arten in grobkörnige zeigen „dieſe mehr neſterweiſe un nicht als en Schichten vorzu⸗ kommen. 48 II. Cap. Erſter Abſchnitt. Das Fallen iſt ſehr gleichförmig nach 114, aber unter Winkeln die von 150 bis 50% wechſeln. Aus dieſen letztern Thatſachen ergiebt ſich mit größter Wahrſcheinlichkeit, daß man ſich hier immer noch in der tiefer anſtehenden Formation befinde, und daß der grüne Sandſtein, den wir ſo eben kennen gelernt, eine, der untern grünen Ge⸗ birgsart analoge, Einlagerung ſey; mit etwas veränderter Eigenthümlichkeit, und ſehr viel mächtiger, indem die Höhe der Felswand bey 20 und ihre horizontale Ausdehnung wohl gegen 30m beträgt. Wir haben jetzt noch die Verhältniſſ e dieſer merkwürdi⸗ gen Gebirgsart auch gegen die höheren ene ee auszu⸗ mitteln. Wenn man den Fußweg, der bey diefe Fels vorüber führt gegen das Juſtithal zu verfolgt, fo ſieht man deutlich dem grünen Sandſtein einen ſehr feſten dunkelgrauen Sand⸗ ſtein aufgelagert: mit Anlage zu regelmäßig dickſchiefriger Abſonderung, ſchwärzlichgrau in's Bräunliche, im Querbruch rauh in's Splittrige, mit ſchwachem Glasglanz ſchimmernd, auf den Abſonderungen einzelne Glimmerblättchen, mit Kalk⸗ ſpathadern. In Säuren ſtark aufbrauſend, mit Hinter⸗ laſſung einer, noch die Form des Stück's beybehaltenden Quarz fandmaffe. Auf dieſen Sandſtein iſt wieder derſelbe Mergel⸗ ſchiefer aufgelagert, der mit dem grünen Sandſtein wechſelt; in wellenförmigen, aber immer öſtlich fallenden Schichten. Dann folgt der frühere dunkelgraue Sandſtein, viel inniger gemengt, dunkler, in's Bräunlichſchwarze, ganz homogen ſcheinend, aber immer noch mit Glimmer gemengt, in wellen⸗ förmigen, theils ſchiefrigen, theils mehrere Deeimeter dicken deutlich abgeſonderten Schichten; ſehr zäh und im Anfchla- gen ſtark bituminös riechend. Weiter ſüdlich iſt die Gegend mit hoch anſteigenden Trümmerhalden von Kalkfelſen und mit Wald bedeckt, und die erſten Felſen, die man findet, gehören ſchon ganz beſtimmt der Kalkformation an. Auch Grenzen der Molaffe - Formation, 49 Auch die Felswand, die wir von fern über dem grünen Sandſtein bemerkt hatten, beſteht aus Kalk. Unten in dicken Schichten, die aber gegen die Höhe zu an Mächtigkeit ver- lieren und dann eine lange Schichtenfolge 2 Deeim. dicker ſchwach wellenförmiger Schichten bilden, die mit 450 nach 100 fällt. Die Steinart ſcheint identiſch mit dem dunkeln Sandſtein, oder Kieſelkalk, den wir ſo eben verlaſſen haben, und vielleicht befindet man ſich ſelbſt in den gleichen Schich- ten. Auf dieſer, wohl bey 30m mächtigen Ablagerung liegt ein dunkelbräunlichgrauer ziemlich grobkörniger Kalk, der in Rogenſtein übergeht und derſelbe Marmor iſt, den man in Merligen verarbeitet. Auch ſind eine Menge Spuren von Petrefacten darin ſichtbar, aber der Stein iſt ſo dicht, daß ſie im Innern kaum bemerkt, und nur durch Zufall heraus⸗ geſchlagen werden können. Alle Schichten riechen im An- ſchlagen ſtark bituminös. Die Ralligſtöcke ſelbſt endlich beſtehn aus Kalk, und werden in der Höhe, wie die Diablerets, die Nieſenkette, der Hohgant und Pilatus durch einen harten, quarzigen Sand⸗ ſtein von graulich⸗ und röthlichbrauner Farbe bedeckt. Die Schichten fallen bis oben öſtlich. Der Fels, bey dem wir uns ſo lange verweilt haben, iſt nicht die einzige Stelle, wo der grüne Sandſtein anſteht. Man findet eine zweyte, nur wenig höher als das Conglomerat an der Merligerſtraſſe, aber beträchtlich weiter ſüdlich. Auch hier ſcheint der Kalk den grünen Sandſtein zu bedecken, da aber die Lagerung weniger deutlich und zum Theil wohl in Unordnung iſt, ſo wollen wir uns nicht in eine längere Be⸗ ſchreibung derſelben einlaſſen. Ruft man ſich jetzt noch einmal die Verhältniſſe der ver- ſchiedenen Anbrüche an dieſem Abhang, von der Nagelfluh. des Eigen- und Lehmerengrabens bis zum Kalk der Rallig⸗ ſtöcke, in's Gedächtniß zurück; erwägt man die Wiederkehr derſelben Steinarten mit geringer Veränderung in allen Höhen, 3 En) 50 II. Cap. Erſter Abſchnitt. und immer begleitet von der Braunkohle; erwägt man endlich die große Regelmäßigkeit des Streichens in der ganzen Aus⸗ dehnung dieſes Gebirges; fo wird man ſchwerlich die Auf- einanderfolge der verſchiedenen Lager, ſo wie wir ſie kennen gelernt haben, nämlich: Mergel mit harten Sandſteineinla⸗ gerungen, harter Sandſtein, harter Sandſtein mit Geröllen und Muſcheln, brauner Sandſtein und Conglomerat, Kalkſchiefer, grüner Sandſtein mit Mergelſchiefer, harter Sandſtein oder Kalk mit Quarzſand gemengt, Mergelſchiefer, fandiger dunk⸗ ler Kalk, Marmor — bezweifeln können. Einige Schwierigkeiten, und zwar nicht leicht zu hebende, dürfen wir uns keineswegs verhehlen. Es iſt ein offenbarer Widerſpruch, daß die Nagelfuh⸗ einlagerung, die wir in der Höhe des Lehmerengrabens ge- funden, Gerölle der höher anſtehenden Kalkarten enthalte, und doch dieſelben unterteufe; es iſt ferner ein Widerſpruch mit den bewährteſten Reſultaten der neuern Gesgnofie, daß La⸗ ger mit Petrefacten, deren Formen ſo große Aehnlichkeit mit | noch jetzt lebenden Gattungen zeigen, älter ſeyen als Rogen⸗ fein und marmorartige Kalklager, die wahrhaft petrifieirte Körper einſchlieſſen; auch die überall verbreitete Braunkohle und die einzelnen Blätterformen, die wir ſpäter in der Mo⸗ laſſe wieder finden werden, verlangen eher eine Vereinigung mit den jüngſten, als mit Gebirgen von ſo hohem Alter, wie man es unſern Kalklagern faſt allgemein zuſchreibt. Wir könnten gegen dieſe Einwürfe anführen, daß, für's erſte, da jeder Fels in unſeren Gegenden, wo weder Schachte, noch Sodbrunnen gegraben werden, nur an der Oberfläche beobachtet werden kann, man die Möglichkeit zugeben müſſe, daß ſowohl die Gerölle, als die foffilen Muſcheln ſich ſpäter erſt in die von der langen Berührung mit Waſſer aufge— weichte Auſſenſeite, oder in Spalten des Sandſteins einge” mengt haben; daß ferner die braune, ja oft hellbraune Farbe der kohligten Theile nur eine Wirkung des bleichenden Ein⸗ Grenzen der Molaffe - Formation. 51 fluſſes der Atmoſphäre, und die ſcheinbare Braunkohle ur- ſprünglich eine Schwarzkohle geweſen ſey, die ſich, in ſo kleinen Theilen und in ſo verändertem Zuſtande, ſchwerlich befriedigend von der Braunkohle unterſcheiden laſſe; daß endlich die hier gefundene Formation nicht iſolirt ſtehe, ſondern ſehr viel Aehnlichkeit zeige und zum Theil identiſch ſey mit einer, freylich noch wenig unterſuchten, aber im Siebenthal, im Frutigthal und in vielen andern innern Alpenthälern vorkommenden und immer als ſehr alt, oft ſelbſt als Grauwacke betrachteten Sandſtein⸗Formation. Aber alle fernern Erörterungen über dieſen Gegenſtand müßten uns unvermeidlich tief in die Unterſuchungen, Räthſel und Strei- tigkeiten verwickeln, welche die Geognoſie der Kalkalpen in ſo großer Fülle darbietet, und der eigentliche Zweck dieſer Schrift würde uns ganz aus dem Auge gerückt. Es genügt mir gezeigt zu haben, daß die Grenze der Nagelftuh in dieſer Gegend zu ſuchen ſey, und daß die Formation hier, mit plötzlichem Abbrechen der mächtigen Nagelfluhlager, an ein Gebirge anſtoſſe, das wir, nach allen ſeinen Verhältniſſen, von der Molaſſe⸗Formation ausſchlieſſen müſſen; und es bleibt mir jetzt zunächſt nur noch zu unterſuchen übrig, wie dieſe Nagelfluh mit der eigentlichen Molaſſe zuſammenhange. Hier- über werden wir in der folgenden Gruppe Aufſchluß finden. Gruppe der Bäuchlen, Lochſeite und Honeggen. Es läßt ſich an den nördlichſten Kalkketten in unſern Ge⸗ genden daſſelbe ſtufenweiſe Hervortreten beobachten, auf das Hr. Eſcher 1) im Jura aufmerkſam gemacht hat, und zwar ſind es ebenfalls die weſtlichen Ketten, welche am wei⸗ teſten vortreten, ſo daß alſo auch von dieſer Seite das ih groß Schweizerthal gegen Abend zu verengt wird. D Naturw. Anz. Det: 1820. —— BE 52 II. Cap. Erſter Abſchnitt. Die lange Stockhornkette endigt ſich nahe am Thuner⸗See, wie wir geſehn, im Kapf bey Wimmis, und die Ralligſtöcke kön⸗ nen, wegen der abweichenden Beſchaffenheit ihrer Steinart, nicht als die Fortſetzung derſelben betrachtet werden; das Vor⸗ kommen des grünen Sandſteins im Frutigthale deutet vielmehr auf eine Verbindung mit innern Alpenketten. Auch die Rallig⸗ ſtöcke erreichen bald ihr Ende im Schöriz; aber hinter ihnen durch ziehn ſich weiter öſtlich die Sohlflühe, die im Hohgant ſich zu ihrer größten Höhe erheben, jenſeits der Emme dann als Schrattenflühe fortſetzen, noch einmal von der Waldemme bey Flühli durchſchnitten werden und ſich erſt bey Brudern, im Schimberg, zu endigen ſcheinen. Zwiſchen dem Pilatus und den Molaſſehügeln bey Luzern iſt nun keine Kalkkette mehr eingeſchoben. Nördlich von Flühli, dem öſtlichen Ende der Schratten, der Schaafmatt und dem Schimberg vorliegend, erhebt ſich , wohl mehr als 5000 Fuß über's Meer, der breite Rücken der Bäuchlen. (S. Taf. 1. Fig. 3.) Sein Profil iſt am ſchönſten durch die Hil fern aufgeſchnitten und zeigt an der Ryſchibodenfluh ſehr regelmäßige, mit ungefähr 300 ſüdöſtlich⸗ fallende Schichten, welche deutlich zur Hauptmaſſe des Ber— ges gehören und faſt bis auf den oberſten Rücken entblößt ſind. Bevor man indeß von Marbach her an dieſe Fluh gelangt, muß man am Fuß der Bäuchlen ſanftere Gehänge überſteigen, deren Felsart in mehrern Graben zu Tage geht. Es iſt rother Mergel, abwechſelnd mit gemeiner Molaſſe und Nagelfluh, deren Gerölle eine große Mannigfaltigkeit farbiger Granite, Porphyre u. ſ. w. zeigen. Die Schichten fallen ſehr regel— mäßig mit 530 nach 1100. Das Geſtein der höhern Felſen lernt man aus den vielen Trümmern kennen, die über dieſe Vorberge ausgeſtreut find. Es iſt ein ſehr feſter Sandſtein, der mit dem grauen Gurnigelſandſtein auffallende Aehnlich⸗ keit hat, und wie dieſer häufig mit einer braunrothen Kruſte - oder mit einem Anflug von Braun- und Pechkohle bedeckt Grenzen der Molaſſe-Formation. 53 iſt. Auch Blöcke von Nagelfluh miſchen ſich darunter, aber nicht von der tiefer anſtehnden Art, ſondern mit Kalk- und Sandſteingeröllen. So wie man in den Wald tritt, erſcheint auch feſter Fels, und man iſt nun im Profil der Ryſchi— bodenfluh ſelbſt. Weiche, aſchgraue Mergellager, dem Mergel bey Ralligen ſehr ähnlich, wechſeln mit Schichten eben des harten Sandſteins, den man ſchon aus ſeinen Trümmern kennt, von der Mächtigkeit einiger Decimeter bis zu mehrern Me— tern, oft von fo feinem Korn, daß er kaum von dem dun- keln Kalk unſerer Alpen unterſchieden werden kann; dann folgt auch die Nagelfluh mit Kalkgeröllen, in Schichten von vielen Metern Dicke, immer abwechſelnd mit dem harten Sandſtein und mit Mergel. Die Schichten fallen mit 28° nach 115°, Dieſelben Steinarten findet man auf dem hintern Rücken der Bäuchlen, oberhalb Flühli, immer mit gleichem Fallen. Die Sandſteine ſcheinen ſich indeß oft wieder der gemeinen Molaſſe nähern zu wollen, ihr Korn wird deutlicher und grö⸗ ber, ihre Farbe heller; auch in der Nagelfluh findet man, neben den vorherrſchenden Kalkgeröllen, wieder andere von Granit und farbigen Gebirgsarten, die auch in der untern Nagelfluh vorkommen. | | Bey Flühli ſelbſt endlich, am rechten Ufer der Waldemme, herrſchen grobkörnige, hellgraue Sandſteine von bedeutender Feſtigkeit, die mit 350 nach 120° fallen; an der Straſſe nach Schüpfen feinkörnigere Sandſteine mit Pechkohletrümmern, die vielen Molaſſen ſehr nahe kommen, mit 400 nach 102° fallend; endlich Nagelfluh mit vorherrſchenden Kalk⸗ und Sandſteingeröllen, nicht ſelten aber auch mit farbigen Horn⸗ ſteinen, farbigen Graniten, Porphyren u. ſ. w. Einen weniger vollkommnen Durchſchnitt gewährt der tiefe Tobel, zwiſchen dem Hürndli und der Loch ſeite, aus dem die Steiglen hervordringt, denn der Raum zwi⸗ ſchen dem Sandſtein⸗ und Kalkgebirge, der bey Flühli gan; 8 * 54 8 II. Cap. Erſter Abſchnitt. frey iſt, wird hier durch die hohen Alpen ausgefüllt, welche jene zwey Berge mit den Schratten verbinden. 8 In großer Ausdehnung ſind hingegen an der Nordſeite die tiefern Lager entblößt. Sie ſcheinen den mittlern, nicht den unterſten der Bäuchlen zu entſprechen, und in der That ſteht das Hürndli etwas zurück gegen dieſe und der Kalkkette mehr genähert. Der Sandſtein, in zahlloſen Schichten von 2 Deeim. Dicke, unter denen fait periodiſch eine bey 2 Meter mächtige erſcheint, herrſcht vor in der Tiefe, hart / aber meiſt grobkörnig, wie die Lager bey Flühli, zum Theil ſelbſt Molaſſen ähnlich. Höher folgen auch mächtige Lager von Kalknagelfluh, dann ein ſandiger bunter Mergel, nun auch harte, ſehr feinkörnige Sandſteine, ohne ſichtbare Sandſteinſtructur, hellaſchgrau, oder grünlichgrau in man⸗ nigfaltigen Abänderungen. Das Fallen iſt immer mit unge⸗ fahr 400 ſüdöſtlich. 9 8 Noch weiter als das Hürndli ſteht die Lochſeite zurück: auch finden wir an ihrer Weſtſeite die Nagelfluh mit mannig⸗ faltigen Geröllen, deren Nähe die oberſten Schichten der Bäuchlen verrathen, zu großer Mächtigkeit angewachſen, da hingegen die feinkörnigen, dichtem Kalk ähnlichen Sandſteine faſt ganz verſchwunden ſcheinen. Sowohl bey Schangnau, am Ufer der Emme, als auf dem oberſten Rücken, ſieht man nur grobkörnige, immer zwar ſehr feſte, Sandſteine, die in großen ebenen Tafeln brechen und mit den Sandſteinen des Hürndli und von Flühli in eine Claſſe zu ſetzen find. An der Emme ſtehen fie ſenkrecht, oder fallen eher noch gegen 3570, die Neigung wird aber ſehr bald ſüdlich und ſchwächer; an — der Südweſtſeite mißt man 57° gegen 142°, Die Nagelfluh, die an der Nord- und Nordweſtſeite in mächtigen Lagern mit dem Sandſtein wechſelt, iſt noch ganz die aus Sandſtein- und Kalkgeröllen beſtehende, einförmige Nagel⸗ fluh der miitlern Bäuchlen; aber die Emme aufwärts, im Buembach, folgen Schichten, die an Mannigfaltigkeit far⸗ 25 Grenzen der Molaſſe-Formation. 55 biger Granite, Porphyre u. ſ. w. keinen andern nachſtehen, ſo daß man mehrere Dutzende von Geröllen zerſchlagen kann, ohne zwey identiſche zu finden. Auch zeigt ſich hier zwiſchen den Nagelfluhſchichten ein harter Sandſtein, faſt dichtem lauchgrünem Quarz ähnlich, den man eher in der Gruppe der Gurnigelberge zu ſehen erwartet hätte. Leider iſt in dieſem Durchſchnitte, wie in den vorigen, das Anſtoſſen des Sandſtein- und Nagelfluhgebirges an den Kalk verborgen. Sobald man in die Nähe der Scheibenfluh und des öſtlichen Fuſſes des Hohgants kömmt), erſcheinen ſtark geneigte, zum Theil ſenkrechte dunkle Kalkſchichten, mit Mergel wechſelnd, oft großwellenförmig, aus großer Höhe bis auf den Grund des Emmebettes niederſteigend; die geneig⸗ ten Schichten gegen 140° bis 150° fallend. Alpweiden und Schutthalden bedecken die Grenzen beyder Formationen längs dem ganzen Hohgant- und Schrattengebirge. Das alſo wäre im Allgemeinen die Beſchaffenheit der hohen Rücken, auf die wir ſchon im vorigen Capitel, als in dieſem Theile der Alpen den Gebirgszug der Bera, der Schweins⸗ und Gurnigelberge darſtellend, aufmerkſam gewor⸗ den ſind. Die Mehrzahl der Sandſteinarten und der damit wechſelnden Mergel ſcheinen dieſe Anſicht ſehr zu unterſtützen / denn ihre Aehnlichkeit, theils mit den Geſteinen der Gurnigel⸗ gruppe, theils mit denen von Ralligen, iſt ſowohl orykto— gnoſtiſch, als nach ihrem Vorkommen im Großen ſo täuſchend, daß man nicht anſtehn würde, ſich in der Fortſetzung jener Formationen zu glauben, wenn man nur Sandſtein und Mer⸗ gel hier fände. Aber das abnorme Auftreten von Nagelfluh in ſo bedeutenden Maſſen fordert zu einer genauern Prüfung auf, bevor wir entſcheiden, und mahnet uns den bisher unter der Leitung der Lagerungsverhältniſſe und des Zuſammenhangs mit den angrenzenden Gebirgen befolgten Weg, ah voreilig zu verlaſſen. \ 56 II. Cap. Erster Abſchnitt. Wenden wir uns nun vorerſt zu dem nördlichen Abhang | dieſes Thales, fo muß ſchon aus der Ferne uns das allge⸗ meine nördliche Fallen in dieſen Gebirgen auffallen, ſo ganz entgegengeſetzt demjenigen der ſüdlichen Thalſeite. Tiefer landeinwärts, ſchon bey Kröſchenbrunn und Trubſchachen ſieht man indeß nur noch horizontale Schichten, und in der Höhe, öſtlich über Kröſchenbrunn, biegt ſich das nördliche Fal⸗ len deutlich zur wagrechten Lagerung um. Ohne bedeutende Abweichungen dauert dieſe fort, längs der Ilſis und Emme, bis in die Hügelgruppen und Plateaux des niedrigen Landes, und die Verbindung der Molaſſe dieſer Gegenden mit den nördlich fallenden Lagern des großen Horben, Rämisgum, Binzberg, Gerſtengrat, iſt ſo innig, daß es unmöglich iſt, auf irgend eine Art die eine von den andern zu trennen. Die vorherrſchende Gebirgsart dieſer letztern Gebirge iſt indeß Nagelfluh, und zwar dieſelbe Nagelfluh mit mannig⸗ faltigen Geröllen, die wir am nördlichen Fuß der Bäuchlen und am ſüdlichen Abhang der Lochſeite gefunden; eine Menge ausgezeichneter Granite und Porphyre iſt allen dreyen ge⸗ mein. Dagegen findet man kein einziges Lager, das aus⸗ ſchließlich, oder auch nur vorherrſchend Kalkgerölle ent⸗ hielte, und auch die feſten, Falf- oder quarzgeſteinähnlichen Sandſteine ſind ganz verſchwunden. An ihre Stelle tritt wahre Molaſſe, ſo gut characteriſirt, als ob ſie in der Nähe von Bern oder Freyburg gebrochen wäre, theils als Lager, theils neſterweiſe, im Anfang nur ſehr untergeordnet, gegen das mittlere Emmenthal zu aber immer mächtiger werdend, endlich die Nagelfluh faſt verdrängend und ſich der großen Molaſſe⸗Formation der Schweiz anſchlieſſend. Nur der bunte Mergel erſcheint auch als Glied dieſer Formation, und, merkwürdig genug, den Maſſen von rothem Mergel am Fuſſe der Bäuchlen gerade gegenüber, und wie dieſe als Grund— lage des Gebirges. Indeß ſcheinen die Mergel beyder Thal⸗ ſeiten nicht ganz gleicher Art zu ſeyn. Grenzen der Molaffe : Formation. 57 Wo das Thal gegen Abend ſich zuſchließt, zeigt ſich, auf dem linken Ufer der Emme, der hohe Grat der Honeggen ſchon nach Form und Lage als die Fortſetzung der Lochſeite. Er hat wahrſcheinlich früher mit derſelben wirklich zuſammen— gehangen. Die innere Beſchaffenheit rechtfertigt dieſe Vermu— thung. Wie an der Lochſeite findet man Sandſtein mit Nagelfluh abwechſelnd und mit ſtarken Winkeln, 45 — 600 gegen 170 — 2000, ſüdlich, ſtatt wie bisher ſüdöſtlich, eingeſenkt; in Folge vielleicht des auch ſüdlichern Fallens der Hohgantkette. Die Nagelfluh iſt ſehr mannigfaltig, doch findet man auch Lager, beſonders an der Nordſeite, die ſich der Einförmigkeit der tiefern Lochſeite-Nagelfluh nähern. Der Sandſtein vieler Schichten unterſcheidet ſich in nichts von dem grobkörnigen, harten Sandſteine der Lochſeite; er wird häufig wie dieſer von Kalkſpathadern durchzogen und ſpaltet in große ebene Tafeln. Andere Schichten zeigen eben ſo große Ueberein⸗ ſtimmung mit Molaſſe und ahmen ſelbſt alle äuſſern Formen derſelben, das Abrunden der Ecken, die Ablöſung großer Blätter, das Zerfallen in Sand, ſo täuſchend nach, daß man nicht mehr anſteht, ſich mitten im Molaſſegebirge zu glauben. Zwiſchen jenen feſtern Schichten und dieſen lockern iſt aber durchaus kein Formationsunterſchied, keine ſcharfe Trennung nach einer höhern oder tiefern Lage der einen gegen die an⸗ dern, keine Abweichung des Fallens vorhanden, und die ganze Maſſe des Gebirges muß nothwendig als eine ununterbrochene Folge von Ablagerungen, als Eine Formation betrachtet werden. | Der ſteile Grat der Honeggen erniedrigt ſich bey Schwar⸗ zenegg, ziemlich ſtark abfallend, bis auf 930m; aber die Fort⸗ ſetzung deſſelben läßt ſich leicht noch bis an das Aarthal ver- folgen. Zwiſchen dieſem Gebirgszug und den Ralligſtöcken beſteht das ganze Plateau der Blume aus der nämlichen man- nigfaltigen Nagelfluh. Die Sandſtein⸗ oder Molaſſelager er⸗ ſcheinen nur noch ſehr untergeordnet und werden gegen Sigris⸗ * 58 II. Cap. Erſter Abſchnitt. wyl zu von den Geröllmaſſen faſt ganz verdrängt. Das Fallen iſt anhaltend ſteil ſüdlich, bis in die Gegend von Oberhofen, hier wird der Fallwinkel kleiner und die Schichten biegen ſich allmählig in die horizontale Lage um, in der wir ſie bey Ralligen kennen gelernt haben. Auch der breite Rücken des Buchholterberges ſchließt fi ch dieſer mächtigen Nagelfluhformation an. In der engen Spalte, welche die Rothache durchfließt, ſieht man deutlich ſeine Schichten, immer noch mit ſüdlichem Fallen, in das Plateau von Schwarzenegg überſetzen, und auch aus der Ferne über⸗ zeugt man ſich, daß die ſüdlichfallenden Nagelfluhlager der Riederenfluh, am weſtlichen Ende dieſes Plateau's, dieſelben find, die an der Falkenfluh durch das Thal der Rothache ab⸗ geſchnitten werden. Allein in der Falkenfluh ſelbſt glaubt man ein allmähliges Umbiegen des Fallens zu bemerken, und der Buchholterberg erſcheint in dieſem Profil als ein rieſen⸗ haftes Gewölbe, deſſen flacher aber gleichförmig gekrümmter Bogen dem äuſſern Umriſſe des Berges folgt. Wirklich findet man auch, wenn man von Diesbach gegen die Aeſchlenalp anſteigt, am nordöſtlichen Ende der Falkenfluh nördlich fal⸗ lende Schichten, und auch die Schichten des Kurzenbergs fallen regelmäßig gegen Nord, und vereinigen ſich, wie die Nagel⸗ fluhlager des hintern Emmenthales, mit der Molaſſe ar nie⸗ drigen Hügel. Dieſe Lagerungsverhältniſſe ſcheſten keinen Zweifel mehr über die wahre Natur der Gebirgsarten zu geſtatten, die wir nun von der Bäuchlen bis an das Aarthal ohne Unterbrechung verfolgt haben. Die Sandſteine, ſo ähnlich ſie auch dichten Geſteinen, oder Grauwacken ſeyn mögen, ſind wahre Molaſſen, die Conglomerate eigentliche Nagelfluh, die Bäuchlen, die Lochſeite, die Honeggen und alle Gebirge bis an die Mer- gel⸗ und Sandſteinformation von Ralligen gehören der For⸗ mation der Molaſſe an. Wie an der Senſe und am Gur⸗ nigel, ſtößt dieſe, theils in horizontalen, theils in ſüdlich⸗ Grenzen der Molaffe » Formation. 59 fallenden Schichten, an die ältere Sandſtein- oder Kalk formation und iſt hier plötzlich abgebrochen, nordwärts aber biegen ſich ihre Lager um, wie die Bogen eines Gewölbes, oder reiſſen wirklich auseinander, was im Thale von Marbach ſcheint der Fall geweſen zu ſeyn, und ihr nördlich fallender Theil vereinigt ſich mit der Molaſſe der tiefern Gegenden. Die Auflagerung von Gebirgsarten, die einen fo ausgezeich⸗ net ältern Charakter tragen, wie die Sandſteine und Conglo- merate der Bäuchlen, auf eine Formation, die wir ſonſt, ihres lockern Zuſammenhalts wegen, zu den allerjüngſten zählen, und die große Aehnlichkeit jener Gebirgsarten mit den Sandſteinen, die, theils in ganz ähnlichen topographiſchen Verhältniſſen, im Gurnigel und in den Schweinsbergen, theils in innern Alpenthälern, im Siebenthal, Habkerenthal, ge⸗ funden werden, iſt indeß allerdings eine der räthſelhafteſten Erſcheinungen in der Geognoſie. Die Formation von Ralligen ſcheint bis Flühli nirgends mehr in größerer Ausdehnung zu Tage zu gehen; doch findet man am Fuß der Kalkkette ihre Spuren an mehreren Stellen. So iſt z. B., ungefähr in der Mitte zwiſchen Sigriswyl und Eriz, nur etwa 50m von den ſenkrechten Kalkfelſen entfernt, ein ziemlich grobkörniger, grüner Sandſteinſchiefer anſtehend, der mit Säuren faſt gar nicht braust und, wahrſcheinlich von zerſetzten Schwefelkieſen, rothbraun gefleckt iſt; die Schichten fallen mit 70 — 80° gegen 130 — 160°, Auch unter den Geſchieben der Waſſerrünſe, die von den Schratten in die Alp⸗ weiden auf dem Hürndli und der hintern Lochſeite auslaufen, fand ich grünlichbraune, ſchiefrige Sandſteine, die mit dem Sandſtein, der an der Straße nach Merligen das grüne Conglo⸗ merat einſchließt, vollkommen übereinſtimmen. Oeſtlich von der Bäuchlen tritt die gewöhnliche Molaſſe auch an das rechte Ufer der Waldemme, und die harten Sand⸗ 60 II. Cap. Erſter Abschnitt. ſtein⸗ und Nagelfluhgebirge halten ſich immer ganz nah an die Kalkfelſen. Man findet die erſtern, auch in ſüdlich, mit 47° nach 1340, fallenden Schichten, etwas weſtlich von Heiligenkreutz, oberhalb Schüpfheim, und an der Bra m⸗ egg / häufig mit untergeordneten Lagern mannigfaltiger Na⸗ gelfluh, die letztern hinten an der Entle, unten an Müller n⸗ moos, mit ſchwachem, in der Höhe aber ziemlich ſtarkem, ſüdlichem Fallen. An der Nordſeite des Pilatus werden die ſtark ſüdlich eingeſenkten Nagelfluh⸗ und harten Sandſtein⸗ ſchichten der Wandfluh und des Schwarzflühli nur durch das ſchmale Thälchen der weſtlichen Rümligquelle von dem Kalk der Trockemattegg geſchieden, und dieſer Kalk fällt auch ſüdlich, und unter einem geringern Winkel als die vor⸗ liegende Berhkette. Im Krienbach findet man eine Menge großer Blöcke, die auffallend den Gebirgsarten der Gurnigel⸗ gruppe ähnlich ſehn, wahrſcheinlich aber auch dem, bis an den Luzerner⸗See fortſetzenden Sandſtein⸗ und Nagelfluh⸗ gebirge angehören, das wir mit der Molaſſe vereinigt haben. Der Ni gi. Das unerwartete Reſultat unſerer Unterſuchungen über die Bäuchlengruppe findet die ſchönſte Beſtätigung in der geognoſtiſchen Beſchaffenheit des Rigi, den man überall, wo von Nagelfluh und ihren Verhältniſſen zum Kalkgebirge die Rede iſt, zuerſt nennen hört, den jährlich mehrere Tauſende von Reiſenden aus allen Ländern Europas beſteigen, unter denen auch manche ſeyn mögen die der innern Structur des Berges einige Aufmerkſamkeit ſchenken, und auf den man ſich daher füglich, als auf eine anerkannte, europäiſche Au⸗ torität berufen kann. Die Grundlage des Rigi iſt an den Ufern des Küßnachter⸗ Seeds aufgedeckt. Es iſt gewöhnliche Molaſſe, die mit Lagern und Neſtern mannigfaltiger Nagelfluh wechſelt und mit verän⸗ U Grenzen der Molaſſe-Formation. 61 derlichem meiſt ſtarkem Winkel dem Rigi zufällt. Ihre Schich- ten zeigen ſich ſchon am Luzerner See bey Seeburg, am Meggen⸗ horn wird die Nagelfluh vorherrſchend, und dieſe ganze Lager- folge hängt unmittelbar zuſammen mit den Molaſſehügeln am Rothhauſer-See und tiefer landabwärts. Wie am nördlichen Fuß der Bäuchlen erſcheint im Ge⸗ folge dieſer Molaſſe und Nagelfluh auch rother Mergel. In einer Mächtigkeit, die vielleicht nicht geringer iſt, als die der aufliegenden Nagelfluhmaſſe von Rigikulm, bildet er die hohen Felſen und finſtern Schluchten zwiſchen Immenſee und Art, nur von einzelnen Zwiſchenlagern einer feſten Molaſſe unterbrochen, und ſteigt bis auf die Höhe der Seebodenalpen, deren ſanftes Vortreten unter den Nagelfluhwänden, die von Kulm und Staffel fchroff abſtürzen, für ſich ſchon die Ge⸗ genwart einer verſchiedenartigen und weichen Gebirgsbildung hätte errathen laſſen. Die Nagelfluh der tiefern Lager, und bis ſehr hoch hinauf, enthält faſt ausſchließlich Kalk- und Sandſteingerölle aus den nähern Alpen, in den obern Schich⸗ ten hingegen und auf Kulm mengen ſich auch farbige Gra⸗ nite und andere den Alpen fremde Gebirgsarten bey, ganz ſo wie wir es in der Bäuchlengruppe gefunden haben. Auf dieſe Verſchiedenheit der obern und untern Rigi⸗Nagelfluh hat früher ſchon Hr. von Chambrier 10) aufmerkſam gemacht. Es iſt beynahe überflüßig zu erwähnen, wie ſehr auch die fo oft beſchriebene Lagerfolge am Zuger- See mit unſern Anſichten zuſammenſtimmt. Den Sandftein zwiſchen Zug und Walchwyl habe ich in keiner Hinſicht von der etwas feſtern Molaſſe, wie ſie bey Bern vorherrſcht, verſchieden gefunden; auch die Nagelfluh, die damit wechſelt, oder Neſter darin bil⸗ det, ſcheint mir von der Rigi⸗Nagelfluh ſehr abzuweichen, in- dem ſie faſt ausſchließlich aus farbigen Urgebirgsarten beſteht, die den Alpen größtentheils fremd ſind. Erſt jenſeits Walch⸗ 1%) Journ. de Phys. T. GI. PMA J J 62 II. Cap. Erſter Abſchnitt. wyl it der Sandſtein etwas feſter, doch immer der Molaſſe ähn⸗ lich, und einer mächtigen bunten Mergelbildung untergeordnet. Man kömmt nun an eine hohe Felswand deutlich abgefonder- ter ſcharfkantiger Schichten eines Sandſteins, wie man ihn oft an der Bäuchlen, oder in der Gurnigelgruppe zu ſehen gewohnt iſt, ſehr feſt im Bruch, ohne deutliche Sandſtein⸗ ſtructur, ſplittrig und wachsglänzend, dunkelbräunlichgrau? aber bald nachher folgen wieder hellere Sandſteine, die ſich, zwar immer noch ſehr feſt, doch eher wieder den gewöhnli— chen Molaſſen anſchlieſſen, auch die Nagelfluh iſt jetzt wahre Rigi⸗Nagelfluh. Das Profit iſt zu oft unterbrochen als daß man über das Vorherrſchen des einen oder andern Sandſteins und über ihren Charakter im Großen befriedigenden Aufſchluß erhalten könnte. Alle Schichten fallen ſüdlich gegen 1500, die letztern mit etwas ſtärkern Winkeln. Das anhaltend gleiche Fallen ſcheint auch hier keine Trennung zwiſchen den weniger feſten Gebirgsarten nördlich von Walchwyl und den ſüdlichen zu geſtatten, auch hat noch niemand verſucht, ſie als zwey verſchiedene Formationen auf⸗ * zuführen:denn Hr. Eſcher, in der erſten, claßiſchen Beſchrei⸗ bung dieſes Profils 7), und Hr. Ebel 19 ſetzen die Grenze ihrer beyden Sandſteinbildungen in die Nähe von Zug, und unterſcheiden ſüdlich von derſelben nur noch die zwey For⸗ mationen des San dſteins und der Nagelfluh, immer jedoch nur durch die trügeriſche Beſchaffenheit der Gebirgsart und nicht durch die Beobachtung deutlicher Lagerungsverhältniſſe ge leitet; ſpäter haben ſich, wie bereits in der Einleitung bemerkt worden, auch dieſe zwey Trennangen nicht gerechtfertigt. Ueber die merkwürdigen Verhältniſſe des Tiefenbach⸗ Tobels finde ich es, nach Hr. Ebels und Eſchers genauen Unterſuchungen, faſt überflüßig, näher einzutreten. Daß die 27) Alpina. Thl. 2. 28) Ban der Erde. II. S. 24. Anleitung Art. Zug. Grenzen der Molaſſe-Formation. 63 mit höchſtens 150 Fallwinkel an die ſteil eingeſenkte Kalkwand des Vitznauerſtocks anſtoſſenden Nagelfluhlager dieſen unmöglich unterteufen können, davon überzeugt man ſich am beßten aus einiger Entfernung, z. B. von Buochs aus, wo man die ganze Structur des Berges und die allgemeinen Verhältniſſe des Vitz— nauer- und Tiefenbach-Tobels mit einem Blick zu überfchauen vermag. Die Nagelfluhlager find fo hoch aufgeſchichtet , daß ſie, wenn ihr Streichen nicht unterbrochen wäre, nicht nur bis Ger— ſau, ſondern bis an den Urner-See die ſichtbaren Grundlagen des Gebirges bilden müßten, denn noch über Vitznau liegen ſie in einer Höhe von wenigſtens 1000m über der Seefläche; da- gegen ſieht man gleich hinter Vitznau das Kalkgebirge, die Fortſetzung des Bürgenbergs, wie eine Schale ſich an die Nagelfluh anſchmiegen und vom Seeufer bis auf die Höhe ihre Schichten faſt ſenkrecht abſchneiden; von Vitznau bis Gerſau, man mag nun den maleriſch ſchönen Landweg wählen, oder zu Schiffe dem Ufer folgen, findet man nur Kalk an⸗ ſtehend, und in dem Graben, der, etwas öſtlich von Vitznau, den Fuß des Vitznauerſtocks am tiefſten aufdeckt und faſt genau die Grenze beyder Formationen bezeichnet, konnte ich weder Nagelfluh, noch Spuren von Geſchieben derſelben entdecken. In der Höhe glaubt man jedoch die Nagelfluh noch bis in die obern Gehänge des Tiefenbachs überſtreiffen zu ſehen, und in der That zieht ſie ſich an der Oſtſeite des Rigi noch bis in die Nähe von Schwanau im Lauerzer-See, und muß daher auf der Höhe über Gerſau noch anſtehend ſeyn. Das Vor- kommen von Nagelfluhtrümmern bey Gerſau, oder auch von anſtehender Nagelfluh, in Spalten des Kalkgebirgs, dürfte demnach nicht eben ſehr befremden. Ich darf indeß nicht unerwähnt laſſen, daß die ganze merkwürdige Lagerfolge im Tiefenbach⸗Tobel mir die größte Aehnlichkeit zu haben ſcheint mit der Sandſteinformation des Siebenthales, deren Profil fo vollſtändig an der Straſſe nach dem Weißenburgbad auf⸗ geſchnitten iſt, derſelben Formation, die weſtlich von Gerſau \ * 64 II. Cap. Erſter Abſchnitt. am Bürgenberg, öſtlich am Schwytzerhacken, den durch die Menge ſeiner Petrefacten, beſonders Nummuliten, berühmten grünen Sandſtein einſchließt. Grobkörnige Conglomerate und rother Thonſchiefer ſind dieſer Formation nicht fremd, man findet den letztern z. B. in eben jenem Profil der Weißenburg⸗ Straſſe, erſtern an vielen Stellen des Siebenthals, und ich muß geſtehen, daß die Conglomerate des Tiefenbach⸗Tobels mich eher noch an dieſe letztern, als an Nagelfluh, erinnert haben; die grauen, wenn man ſie anſchlägt, ſind ſo dicht ver⸗ ſchmolzen, daß man kaum noch die Umriße der, an der Auſſen⸗ fläche ſehr deutlichen Geſchiebe unterſcheidet, und das Bind⸗ mittel der rothen iſt ein Mergel, der mit dem rothen Mer⸗ gel des Siebenthals vollkommen übereintrifft. Ich achte aber den Ausſpruch der Hn. Eſcher und Ebel) welche dieſe Conglo⸗ merate für Nagelfluh anerkannt haben, zu ſehr, als daß ich auf dieſe Bemerkung einiges Gewicht legen möchte, und zwar um fo fyeniger, da ich das erſtemal den Tiefenbach⸗Tobel während eines heftigen Gewitterregens, das anderemal bey hoch angeſchwollenem Waſſer beſuchen mußte, und deßwegen vielleicht nicht mit der erforderlichen Ruhe und Umſicht habe beobachten können. Die ſüdliche Grenze der Molaſſe-Formation folgt, öſtlich vom Rigi, ungefähr der Linie von Schwanau nach dem Kloſter Auw bey Einſiedlen (an der Straſſe von Einſiedeln nach Schindellegi tritt bunter Mergel in großer Mächtigkeit auf) durchſchneidet dann bey St. Jo ſe ph die öſtliche Thal⸗ ſeite, und gleich unterhalb Vorder -Wäggithal die Aa. Der braune Sandſtein von Ralligen iſt hier in einem niedrigen Rücken anſtehend, der ſich vom Fuße des großen Aubrig quer durch's Thal nach dem Spitzberg zieht, und ſteht wahrſcheinlich in enger Verbindung mit dem grünen Nummu- litenſandſtein, dem die hohen Kalkfelſen der beyden Aubrig auf⸗ Grenzen der Molaffe » Formation. 65 aufgeſetzt find. Kurz vorher, ehe die Aa in die Ebene aus- fließt, hat fie am Fuß der Eiſenburg ein ausgedehntes Profil ſüdlich fallender Sandſteinſchichten aufgedeckt, das als die treuſte Copie der Profile der Hilfern und Steiglen gelten kann. Auch hier alſo iſt die Nägelfub dem Sandſtein auf⸗ gelagert. Das Hirzli am 1 Ausgange des Thales von Glarus, der hohe Speer zwiſchen Gaſter und Toggenburg gehören noch dem Nagelfluhgebirge an; ſo auch die hohen Vorwälle des Sentis hinter Urneſchen und Appenzell; bey Hard tritt, nach Hrn. Ebel, die Grenze der beyden Formationen in's Rheinthal. Am One des Fllerthals kann man am weſtlichen Fuß des Grümdten die Auflagerung des Kalks auf den grünen Aubrigſandſtein am Schanzle beobachten. Den Ral⸗ ligerſandſtein habe ich nirgends bemerkt. Hingegen iſt die Aehnlichkeit des Kalks mit dem hellgrauen Kalk im Profil der Vevaise, oder der Saane bey Broc, oder bey 'm Schwarz⸗ brünnli am Gurnigel, oder mit demjenig gen, der an der Sigris⸗ wylſtraße Lager und Knauer bildet, oder endl ich mit dem Kalk der Aübrig in jedem, auch zufällig scheinenden Merk⸗ mal ſo groß, daß man kaum die Identität aller dieſer Kalkformationen bezweifeln kann. Derſelbe Kalk, der bey Ralligen über dem grünen Sandſtein anfteht, bedeckt in mächtigen Schichten den weſtlichen Theil des Grümdten. An ſeiner Nordſeite zieht ſich eine mächtige Decke der beſtens charakteriſirten Molaſſe bis faſt auf die oberſte Höhe; die Schichten fallen mit 430 nordweſtlich, dem Abhange parallel, und ſind alſo unſtreitig dem Berge aufgelagert. Gegen Weſten iſt dieſe Decke ſenkrecht abgeſchnitten, und bildet einen wohl 50m hohen Abſturz. Die Molaſſe iſt feſt, von verſchiedenem, meiſt kleinem Korn, Nagelfluh, die gegen Oſten zu wieder erſcheinen, aber bald nachher auf immer verſchwinden ſoll, habe ich nicht geſehen, auch keine Gerölle in den Bachrünſen, — 9 66 II. Cap. Erſter Abſchnitt. die ihre Nähe verrathen hätten. Nördlich ſieht man nur ſanft verflächte , niedrige Hügel, die wohl auch aus Molaſſe beſtehn mögen. Alle Verhältniſſe ſind demnach ſo einfach als möglich, und die in den ſchweizeriſchen Alpen ſo lange vergebens ge⸗ ſuchte Auflagerung der Molaſſe auf den Kalk ſo evident, daß man glauben möchte, die Natur habe hier im Solde der Geognoſten geſtanden. Ganz anders iſt die Weſtſeite des Illerthales beſchaffen⸗ Eine, wenigſtens zwey Stunden breite, Nagelfluhformation, in mehrere Bergreihen zerſpalten, und bis gegen 2000 m über's Meer anſteigend, begrenzt das Thal weit über Immen⸗ ſtadt hinauf. Die Formen erinnern an's obere Emmenthal, oder noch eher an's hohe Appenzellerland, aber in der Aus⸗ dehnung des Gebirges ſtehen beyde zurück, denn von der Iller 5 bis an den Rhein findet man ein Labyrinth ſeltſam in ein⸗ ander verſchlungener Thäler und Gründe, wie nirgends in der Schweiz dieſe Formation ſie zeigt. Und die Nagelflug iſt nicht etwa, wie Hr. Uttinger zu glauben fcheint, !)) an⸗ derer Art, und mit der öſtlichen Sandſteinformation zu ver⸗ einigen, es iſt wahre Schweizer ⸗Nagelfluh, und ihre Gerölle ſtimmen auffallend mit denjenigen des Speers, des Rigi und, ſonderbar genug, noch beſſer mit deen von Geher überein. Südlich von dieſen, Conglomeraten fand a von L 2 uni i n 20) einen Mergelſchiefer, der mit demjenigen des Lehmerengra- bens bey Ralligen übereinſtimmen möchte, über demſelben einen dunkelgrünen Sandſtein von ſo dichtem Gefüge, daß man ihn bald für Grauwackenſchiefer, bald für körnigen Quarz halten könnte, noch höher war dichter Kalk und Rogenſtein anſtehend. Wie in einem Spiegel feben wir alſo im Fllerthal das Bild des Thuner -See's wieder, das Vordringen des Kalks — — 19) Leonh. Taſchenb. 7. Band. 20) Alpina IV. S. 90. Grenzen der Molafe- Formation. 67 gegen die Ebene und das plötzliche Verſchwinden eines Con- glomeratgebirges, das an der andern Thalſeite in Höhe und Mächtigkeit mit Kalkgebirgen wetteifert, nur verkehrt, was hier öſtlich iſt, dort weſtlich. [u Il. Oeſtliche und Weſtliche Grenze. Ich kann mich kürzer faſſen über die Begrenzung der Mo⸗ laſſe⸗Formation gegen die übrigen Weltgegenden. So weit ſich die Alpen erſtrecken, ſo weit hat man ſie auch auf ihrer Nordſeite von Molaſſe begleitet gefunden. Oeſtlich kann man fie mit Hru. von Flurl 2) durch ganz Süd⸗ Baiern verfolgen. Wie im Illerthal tritt noch an mehrern Punkten an der ſüdlichen Grenze der Nummuliten⸗ Sandſtein der Aubrig auf, und ſchließt reiche Bohnerzlager ein, die vorzüglich zu Aſchau und Bergen benutzt werden. Auch die Sandſteine der Bäuchlen, oder vielleicht des Gur⸗ nigels, erſcheinen wieder, und liefern ſehr geſuchte Schleif⸗ ſteine, durch deren Zurichtung mehrere, ausſchließlich damit beſchäftigte Dorfſchaften ſich zu großem Wohlſtand empor⸗ geſchwungen haben. In Ungarn hat Hr. Beudant Mo⸗ laſſe gefunden, ſo weit öſtlich er vorgedrungen iſt, und zwi⸗ ſchen ihr und dem Kalkgebirge iſt ihm ebenfalls eine Sand- ſtein⸗Formation von größerer Feſtigkeit und ſcheinbar älterem Charakter aufgefallen, die er geneigt iſt für die Formation des Kohlenſandſteins zu halten. Auch ſeine Beſchreibung des Karpathen-Sandſteins paßt bis in alle Detail auf die Sandſteine der Gurnigel- oder Bäuchlen -Gruppe. Die Molaſſen der Dauphiné und der Provence ſollen mit den unſrigen, auch abgeſehen von der Uebereinſtimmung der Petrefacten, eine ſehr große Aehnlichkeit haben, und Hr. d Aubuiſſon iſt geneigt, auch die in mancher Rück ſicht 77 Beſchreibung der Geb. von Baier | 5 * 5 7 68 II. Cap. Erſter Abſchnitt. ganz analoge Sandſtein⸗ und Mergelformation am nördlichen Fuß der Pyrenäen für eine unſrer Molaſſe entſprechende Bildung anzuſehen. III. Nördliche Grenze. Alle die räthſelhaften Geſteine, die wir in der Nähe der Alpen gefunden hatten, und die uns oft in Ungewißheit lieſſen, ob wir fie Molaſſe, oder Grauwacke, oder Kalk nen⸗ nen ſollten, die coloſſalen Nagelfluhgebirge, die längs den Alpen faſt mit jeder Stunde Weges eintretende Umkehrung aller Verhältniſſe, alles dieſes iſt an der entgegengeſetzten nördlichen Grenze größtentheils verſchwunden. Die Molaſſe zeigt ſich da in ihrer einfachſten Form, und, obſchon auch am Jura und in ſeinen innern Thälern andere Sandſteine vorkommen, die mit der Molaſſe verwechſelt werden könnten, ſo behält der Streit über ihre wahre Natur doch immer nur locales Intereſſe, und kann unmöglich den ganzen Formations⸗ Begriff gefährden; es kann niemals, wie an den Alpen, in Frage kommen ob der Jura auf der Molaſſe, oder dieſe auf jenem liege, da die Auflagerung der letztern entweder un- mittelbar auf Jurakalk, oder auf dem eiſenſchüſſigen Mergel, der ſeine letzten Schichten bedeckt, an mehrern Stellen kei⸗ nem Zweifel Raum läßt. 22) Am die Natur dieſer Verhältniſſe durch ein Beyſpiel zu er⸗ läutern, erlaube ich mir, aus Hrn, von Buch 's ungedrucktem Catalog der Gebirgsarten von Neuenburg, die höchſt ſchätzbaren Nachrichten über die Molaſſe von Boudry hier einzuſchalten. „Nr. 149. Sehr feinkörniger Sandſtein, die Körner Quarz, mit ſehr vielen äuſſerſt kleinen Glimmerblättchen, das Cement kalkartig, es braust mit Säuren. Von Boudry. 22) Sehr wichtige Belege und Aufſchlüſſe über das Verhältniß der Molaſſe zum Jurakalk dürfen wir uns von der Fortſetzung der Beyträge zur Geognoſte von Hrn. Neg. Nath Nengger ver⸗ ſprechen. Grenzen der Molaffe- Formation, 69 Eine allgemeine Formation und keineswegs eine auf dieſe Gegenden beſchränkte Localbildung. Das ganze Thal der Schweiz zwiſchen den Alpen und dem Jura iſt damit bedeckt, und ſie erhebt ſich bis zu 2000 Fuß. Aus ihr beſteht die ganze Waadt von Vevay bis Verdon, und von Coppet bis Bulle. Der Sandſtein zeichnet ſich vorzüglich aus durch ſein feines Korn und die Glimmerblättchen, die ſich gewöhnlich in ſehr großer Menge beymengen. Mit dieſem Charakter heißt er Molaſſe. Er wechſelt mit Sandſtein von größerem Korn, mit Lagern von Geröllen, deren Natur, beſonders in der Nähe des Hochgebirges, leicht zu beſtimmen iſt. Man ver⸗ ſagt im gemeinen Leben dieſen Sandſteinen den Namen Mo- laſſe, doch iſt ihr geologiſcher Charakter und ihr Verhältniß zu den angrenzenden Gebirgsarten nicht verändert, und der Goeolosog ſieht ſich daher genöthigt, fie mit in den allgemeinen Begriff aufzunehmen. — Es iſt dieſe Formation, die ſich auch vor den Ausgang des Val de Travers abgelagert hat, die einzige Stelle, wo ſie über den See gedrungen iſt. Hat dieſer Ausgang auf irgend eine Art vielleicht die Ablagerung der Molaſſe gerade vor ihm her befördert? — Die erſten Molaffe- lager bilden das ſteile Ufer zwiſchen BEvaix und Cortaillod; es ſind Conglomerate eygroſſer Gerölle, meiſtens Kalkarten, alſo von gleicher Natur, wie das Gebirge, an das fie ſich anlehnen, vergebens würde man alpiniſche Gebirgsarten, Granite, Gabbro's, ſuchen, und hierdurch unterſcheiden ſich dieſe Lager weſentlich von den Kieshügeln zu Colombier und Bosle. Dieſe Conglomerate weichen bald der feinen Molaſſe, die hierauf ſich der ganzen Strecke, welche dieſer Formation am Fuß des Jura eingeräumt iſt, bemächtigt. Kaum er⸗ reicht ſie eine Höhe von 200 Fuß über die Seefläche. Die Schichten erheben ſich ſanft gegen Nordweſt.“ Oeſtlich von Boudry läßt ſich meines Wiſſens die Auf⸗ lagerung der Molaſſe auf den Jura nicht mehr beobachten, bis in die Gegend von Solothurn. — Bey Selzach erhebt — 70 II. Cap. Erſter Abſchnitt. ſie ſich nur wenig noch über den Thalboden. Aber bey So⸗ lothurn findet man ſie nur wenig tiefer als Günzberg, mehr als 200 hoch über der Aar, und die beträchtlichen Hügel, die ſie bildet, laſſen den Verdacht, daß man etwa die Mergelſand⸗ ſteine der Jura-Formation damit verwechſelt habe, nicht rege werden. Wo die Schichtung ſichtbar iſt, zeigt ſie ſich dem Abhang parallel, oder horizontal. Die erſte Jurakette iſt indeß nicht die nördlichste Grenze der Molaſſe, ſo wie die erſte Alpenkalkkette ihre ſüdliche; ſie dringt in die innern Jurathäler ein, bedeckt zum Theil den Thalboden, oder lagert ſich an die Abhänge. Nicht in- allen zwar, viele ſind ganz frey davon; aber welche es ſind, und ob ſich in der Lage der Thäler, ihren Verbindungen und Oeffnungen die Gründe dieſer Auswahl auffinden laſſen, iſt bis jetzt noch nicht unterſucht worden. Mit der Entfernung von den Alpen iſt aber auch ein all⸗ mäliges Abſterben der vorzüglichſten Eigenſchaften dieſer For⸗ mation verbunden. Die dem Hochgebirge nachſtrebenden, viele tauſend Fuß hohen Bergrücken ſinken zu unanſehnlichen Hügeln zuſammen; die nie durchbohrte, durch keinen Ab⸗ grund bis auf ihr Tiefſtes zerriſſene Decke zerfällt von ſelbſt in einzelne, dünne Lappen; das kräftige Cement, das die Körner, feſter als Kalk und Granit find, zuſammenhielt, iſt verſchwunden, und der loſe Sand wird von jedem Regen⸗ guß bedroht. Wer will beſtimmen, wie weit in den 800 hinein, oder über denſelben hinaus ſich dieſe vereinzelten Molaſſe-Inſeln erſtrecken? wer ſie immer von aufgeſchwemmtem Land und neuern Flußbildungen unterſcheiden? Man hat fie noch ge- ſehen bey Dornach und unterhalb Baſel bey Binzen und Fiſchingen, die Stadt Baſel ſelbſt ruht auf einer ſolchen Inſel, und bey Bottmingen und Binningen enthält dieſe Molaſſe Petrefakten, welche denen des Belpbergs analog Grenzen der Molaffe - Formation. 71 ſcheinen. 23) — Molaſſe umgiebt zum Theil, wie in Ungarn, die Trachytfelſen des Hegaus, es iſt aber nicht deutlich, ob fie nur angelagert, oder durchbrochen if, — In den Ebenen Süd⸗Baierns zeigt fie ſich noch bey Kronburg an der Iller, bey Ober-Günzburg, Irſen und Dorfen, verliert ſich aber bald ganz unter dem zufgeſchrenm en Land, und verläuft ſich vielleicht in daſſelbe. ?“) Es war wohl ſehr natürlich, daß man ſich fragte, ob denn dieſe ärmlichen und iſolirten Sandhügel derſelben For⸗ mation angehören, die einen Rigi, einen Speer, ein Rind⸗ alberhorn hervorzubringen vermocht hatte; und man darf ſich nicht wundern, wenn ausgezeichnete Naturforſcher, denen die Auflagerung auf den Jura wohl bekannt war, es noch in Zweifel ſetzten, ob die Nagelfluh und der ſogenannte ältere Sandſtein den Apenkalk unterteufen, oder nur an ihn an- ſtoßen. Auch jetzt noch, wo der ununterbrochene Zuſammen⸗ hang zwiſchen der Jura-Molaſſe und der feſteſten Nagelfluh nicht mehr geläugnet werden kann, müffen wir doch anneh⸗ men, daß beyde unter ſehr verſchiedenen Verhältniſſen und vielleicht in weit auseinander ſtehenden Se bande worden ſeyen. Zweyter Abſchnitt. Gebirgsarten der Molaſſe⸗For mation. Es treten im Gebiet dieſer Formation, ſo weit es mir bekannt iſt, une drey Steinarten ſo ſelbſtändig und in fo großen Maſſen auf, daß wir ſie parallel neben einander ſetzen 0 Merian, Gebirgebild. Baſels, und in Meiner Annalen, Iſter Band, 2tes Heft. =) Weiß, Süd⸗ Baiern, S. 113 und 120. 72 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. können; der Sandſtein nämlich, den ich nun, ſobald er dieſer Formation angehört, er mag hart, dichtem Kalk oder Quarz ähnlich, oder als loſer Sand erſcheinen, Molaſſe nennen will; die Nagelfluh, oder das Conglomerat abgerundeter Gerölle mit Sandſteinbindmittel, und der Muſchelſand⸗ ſtein. Die Molaſſe giebt der ganzen an den Namen, / fe bildet die Grundlage derſelben, fie iſt am allgemeinſten ver- breitet, es gebührt ihr daher billig der Vorrang. Aber unter den Molaſſen ſelbſt herrſcht eine fo mannigfaltige Verſchieden⸗ heit, daß ſie unmöglich alle in einer Beſchreibung zuſammen⸗ gefaßt werden können, wenn wir nicht wieder auf die urſprüngliche Begriffsbeſtimmung zurückfallen wollen. Ich ziehe daher vor, wie im vorigen Abſchnitt, die Syſtematik mit der Localtopographie zu verſchmelzen, und die Haupt⸗ abänderungen nach verſchiedenen Gruppen von einander zu trennen. „Die Wahl dieſer Gruppen mag nicht ohne Grund zufällig heißen, es beſtimmte mich vorzugsweiſe eigene nähere Bekanntſchaft mit einer Gegend; bey genauerer Prüfung wird man indeß finden, daß damit ungefähr die drey Zonen der den Alpen näher liegenden Gebirge, der erhöhten Plateau und Hügelzüge, und der Niederungen am Juka e werden. we 1. Molaffe Gruppe von Schangnau und Luzern. Wir haben die allgemeine Beſchaffenheit und die Lage⸗ rungs⸗Verhältniſſe dieſer Gruppe, die den größern Theil der ſüdöſtlichen Grenze von Luzern, die Lochſeite, Bäuchlen, Firſt und die, Umgebung der Hauptſtadt umfaßt, im vorigen Abſchnitt kennen gelernt, und können alſo ſogleich , ohne in den localen Detail noch einmal einzutreten, zur Charakteriſtik Gebirgsarten. Molaſſe. 73 der vorherrſchenden, und dieſe Gruppe vorzüglich bezeichnen⸗ den Saudſteine, und ihrer untergeordneten Lager ſchreiten. Dichte Molaſſe. Schwer zerſprengbar. Glasritzend. Im Großen theils unebner, theils großmuſchliger Bruch, mit rauher oder ſplittriger Bruchfläche. Matt oder ſchwacher Wachsglanz. Hellgrau, dunkelbläulich und bräunlichgrau, lauchgrün. Mit Säuren ſtark brauſend, ohne in Sand zu zerfallen, auch länger vom Waſſer beſpült nicht merklich an Feſtigkeit verlierend. Dicht in einander gefügte eckigte Quarz⸗ körner, die ſich meiſt nur an der halbverwitterten Auſſen⸗ fläche, oder nach Behandlung mit Säuren erkennen laſſen, zerſtreute, oft ſehr fein zertheilte Glimmerſchüppchen. Spec. Gew. 2,6 — 2,7. — In dicken, oft über 17 mächti⸗ gen Schichten, dickſchiefrig abgeſondert, und in dünnern Schichten; eine einzelne dicke Schicht folgt oft auf Tauſende dünner, in großer Ausdehnung vollkommen parallel und gleich deutlich abgeſonderter. Noch mehrere andere Abſon⸗ derungen, von denen zwey ſich unter dem Winkel des Kalk⸗ ſpath⸗Rhomboids ſchneiden. Der Glimmer häuft ſich vor⸗ züglich auf den Abſonderungen ſehr an. Die ſehr vollkom⸗ mene Abſonderung macht die Gebirgsart ſehr zerſtörbar, die Trümmer erhalten polyedriſche Formen, und die Verwitte⸗ rung färbt ſie von auſſen hinein röthlichbraun. Es iſt dieſe Gebirgsart, die oft, beſonders die Abände⸗ rung von dunkelgrauer Farbe, dichtem Kalk ſo ähnlich ſieht, daß man ſich nur durch chemiſche Behandlung von ihrer wah⸗ ren Natur überzeugen kann. Andere Abänderungen, z. B. die lauchgrüne, dürften eher mit gemeinem Quarz, oder Praſem verwechſelt werden. Die hellern Arten ſind indeß vorherrſchend. 11 | Grobkörnige Molaſſe. Schwer zerfprengbar. Sehr unebner Bruch, die Körner reiſſen auseinander ohne zu bre⸗ chen. Granulichweiß, bräunlichgrau, bläulichgrau. Mit Säuren brauſend, ohne in Sand zu zerfallen, auch im Waſſer 74 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. ſeine Feſtigkeit behaltend. Dicht in einander gefügte und ſchwer zu trennende Körner, vorzüglich Quarz, auch Horn⸗ ſtein von ſchwarzer, brauner, rother Farbe, blättriger Feld⸗ ſpath, Kalk, bräunlichgelbe erdige Körner, ſchwarzer Thon⸗ ſchiefer, weißer Glimmer; in nicht conſtanten, ſehr verſchie⸗ denen Verhältniſſen. Die Größe der Körner ſehr ungleich, im Mittel zwiſchen 5 und 10 Deeimillim. Durchmeſſer, mit größern von 2 — 3 Millim. und mit kleinen Geröllen von der Größe einer Bohne gemengt. — In Schichten, oft von beträchtlicher Dicke, oft nur von einigen Decimetern, deut⸗ lich abgeſondert, und in letzterm Fall leicht in große Tafeln 0 von ſehr gleichförmiger Dicke brechend. Die halbverwitterten Flächen derſelben von feſt anſitzenden, wie aufgeleimten 0 nern, ſehr rauh. Ich darf kaum erinnern, daß zwischen dieſen beyden Mo⸗ laſſen, welche beſonders in den an den Kalkalpen anſtoßen⸗ den Gebirgen der Bäuchlen und Lochſeite vorherrſchen, zahl⸗ reiche Mittelſtufen ſtatt finden. Indeß ſind ſie auch nicht blos als die Extreme einer ſtetig fortſchreitenden Reihe zu betrachten; denn ſonſt müßten die Mittelſtufen dieſer Reihe das vorherrſchende Geſtein ſeyn, und die beſchriebenen Mo⸗ laſſen nur als Ausnahmen gelten; wovon gerade das Gegen⸗ theil ſtatt findet. Feſte Molaſſe. Ziemlich ſchwer Krſppeiigdhr⸗ Im Großen flachmuſchliger Bruch; unebene, rauhe Bruchfläche, mit Anlage zum Splittrigen. Oft ſo feinkörnig, daß die Körner nicht unterſchieden werden, oft auch kleinkörnig. Matt. Bläulichgrau, bräunlichgrau, nie dunkel, bey an⸗ fangender Verwitterung ſich von auſſen hinein bräunlich fär⸗ bend. Durch äuſſerſt kleine, ſchwarzgrüne Körnchen, in ver⸗ änderlicher, oft ziemlich großer Menge, erſcheint der Stein, ganz in der Nähe geſehn, ſchwarz auf grau punktirt, die Anzahl der Pünktchen iſt indeſſen zu gering, als daß ſie auf die Totalfarbe weſentlich einfließen könnte. Ohne die⸗ Gebirgsarten. Molaſſe. 75 ſelben würde der Stein von feinem Korn faſt ganz mit der dichten Molaſſe zuſammenfallen; in kleinkörnigen Arten feh— len zuweilen die Pünktchen. In Säuren ſtark brauſend, aber nur ſehr langſam zu Sand zer fallend; der Feuchtigkeit lange ausgeſetzt, z. B. in Steinbrüchen, etwas mürber werdend, und ſich an der Oberfläche mit einer dünnen Lage von loſem Sande bedeckend. Die Körner größtentheils eckigte Quarz⸗ theilchen; mehr oder weniger viel, zuweilen größere, oft nur durch den Glanz erkennbare Glimmerblättchen. Spec. G. 2, 6 — 2,7. — In vollkommen abgeſonderten, ſehr ebenen Schichten von gleichmäßiger, 2 — 4 Deeim. ſtarker Dicke, zuweilen auch mächtiger. Man findet dieſe Molaſſe, welche einen Uebergang zwi⸗ ſchen den vorigen und den folgenden Arten bildet, vorzüglich in der Umgegend der Stadt Luzern. Man glaubt ſich an die Hilfern, oder an die Schweinsberge verſetzt, wenn man aus einiger Entfernung, die deutlich und parallel abgeſon⸗ derten, nur wenig Decimeter dicken und ſteil, zuweilen ſenk⸗ recht fallenden Molaſſelager erblickt; aber die nähere Unter⸗ ſuchung läßt doch ſelten, oder niemals, wie dort, im Zweifel über die wahre Natur des Steins, und zeigt zugleich auch ſo viel Uebereinſtimmendes mit den Molaſſen der niedrigern Gegenden, daß man unentſchieden bleibt, nach welcher Seite die Annäherung größer iſt. Man findet ſie ſchon an der Südſeite des Blatten⸗ bergs, oberhalb dem Renggloch; ihre Schichten, zum Theil in's Schiefrige übergehend, ſtehn ſenkrecht, oder fallen eher ſteil ſüdlich. So auch an der Nordſeite des Sonnenbergs, oberhalb Littau, in großen ebenen Tafeln zwiſchen 155 und 3350 ſtehend; hinter denſelben erſcheint Nagelfluh mit mannig⸗ faltigen Geröllen. Am öſtlichen Ende des Sonnenbergs, bey der Stadt, fallen die Schichten, mit 70% nach 3380. Im Steinbruch bey dem Löwen neben dem Thor große, ſehr ebene Tafeln von 1 — 4 Decim. Dicke, die mit 540 nach 3300 fallen, 76 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Von da bis Ebikon immer ziemlich ſteil nördlich fallende Lager deſſelben Sandſteins. Oeſtlich vom Roth-See auch wellenförmige Schichten. | ws Der Uebergang des ſüdlichen Fallens in das nördliche, in einiger Entfernung von den Alpen, iſt uns keine neue Erſcheinung, aber wie unerwartet, wie räthſelhaft hier die Art, wie dieſelbe vorgeht: fächerförmig ſcheinen die Schich⸗ ten nach der Tiefe zu ſich auszubreiten, und gegen Norden zu immer flacher einzufallen. Wer hätte geglaubt, die Schich- tung des Gotthards in der Molaſſe wiederzufinden! Die Sandſteine am Zuger -See, ſüdlich von Walch⸗ wyl, die Hr. Ebel älteren Sandſtein geheiſſen hat, gehören größtentheils zu der feſten Molaſſe. Auch in der öſtlichen Schweiz, bey St. Gallen und Trogen, bey Rheinegg und Bregenz zeigt die Molaſſe häufig dieſen Charakter, ſeltner in der weſtlichen. Untergeordnete Lager und Maſſen. Nagelfluh. Die nähere Beſchreibung dieſer Gebirgs⸗ art und ihres Verhältniſſes zu der Molaſſe wird in einer eigenen Section folgen. Grauer Mergelſchiefer. Weich und ſchwach ab- färbend, etwas fett anzufühlen, aſchgrau, im Querbruch dunkler als im Hauptbruch, von ſehr kleinen Glimmerblätt⸗ chen ſchwach ſchimmernd, mit Säuren aufbrauſend, vor dem Löthrohr zum grauen Glaſe ſchmelzend. Es iſt der Mergelſchiefer, den man im Profil der Hilfern als Einlagerung, oder Grundlage der dichten Molaſſen findet, in einer Mächtigkeit von mehrern Metern. Andere graue Mergelarten, die indeß weit ſeltner find, als in der folgen- den Gruppe, nähern ſich, durch Aufnahme von Sand, mehr den gemeinen Molaſſen. Bunter Mergel. Nur äuſſerlich aufgeweicht, im Innern ſehr feſt, ſelbſt dichtem Kalk ähnlich, mit ſehr rauhem, Gebirgsarten. Molaſſe. 77 unebenem Bruch, die Bruchſtücke amorph, meiſt ſcharfkantig; doch Spuren von dickverworren blättriger Abſonderung; mit Säuren ſtark brauſend; dunkel blutroth, violet, bräunlich— grau, hell grünlichgrau, zuweilen gefleckt, die Farben über- haupt mehr nach großen Flecken, als ſchichtweiſe abwech⸗ ſelnd, häufig in einander verwaſchen, öfters von mikroſcopi⸗ ſchen Glimmerblättchen ſchimmernd. Am nördlichen Fuß der Bäuchlen, vorzüglich NR net aber, als Einlagerung der Nagelfluh, am Grüſisberg bey Thun. Er erreicht zuweilen eine Mächtigkeit von zehn und mehr Metern. Gemeine Molaſſe. Da unſere Gruppen icht beſolt dere Formationen, ſondern willkührlich begrenzte Zonen einer einzigen Formation ſind, ſo müſſen nothwendig in jeder auch die Gebirgsarten der benachbarten erſcheinen. So nun in dieſer die gemeine Molaſſe, die vorherrſchende Gebirgsart der erhöhten Plateaux und ihrer Ausläufer. Wie ſich erwarten läßt, meiſtens an der nördlichen Grenze unſerer Gruppe, doch nicht ausſchließlich. Wir haben fie auch in dem Nagelfluh⸗ gebirge von Thun gefunden. Braunkohle. Als Anflug pechkohleartiger Theile und Trümmer auf ſehr vielen Abſonderungen, ſelten in bedeuten⸗ dern Stücken, die noch holzartige Structur zeigen. Beſon⸗ ders häufig in den Schichten der e e Das? 12 im vierten Capitel. Eingemengte Foſſilien. Thoniger Sphäroſiderit. Gleich außenher glühli, an der Straße nach Schüpfheim, iſt grobkörnige Molaſſe an⸗ ſtehend, auf deren Abſonderungen Pechkohletrümmer, oft. wie von zerdrückten Rohren, in beträchtlicher Menge durch⸗ einander liegen. Nach der Höhe nehmen die Körner an Größe zu, die Structur wird unordentlicher, und es mengen ſich viele ganz dünne Neſter oder Blätter eines äußerſt feinkör⸗ nigen, von Glimmerpünktchen ſchimmernden Sandmergels 78 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. bey. Die oberſten Lager endlich bildet ein ſehr feinkörniger Sandſteinſchiefer, derſelbe vielleicht, der tiefer neſtartig er⸗ ſcheint, mit ebenen Abſonderungen, hellgrau und ocherbraun. Er umſchließt rundliche Knauer eines feſten Mergels, der wie ein thoniger dichter Kalk ausſieht, dunkel bräunlichgrau, und mit einer, oft mehrere Millimeter dicken, Kruſte von braunrothem Thoneiſenſtein überzogen, der ſichtbar durch Verwitterung der Knauer entſtanden iſt. Kalk path. Ein treuer Begleiter dieſer Gruppe, be⸗ ſonders der dichten und grobkörnigen Molaſſe und des bunten Mergels. Als Ausfüllungsmaſſe der Klüfte, und in Adern den Stein nach verſchiedenen Richtungen durchdringend; nicht ſelten auf den Abſonderungen kryſtalliſirt, gewöhnlich in der Primitivform, auch in flachen, federartig nach der Primitiv⸗ form geſtreiften Rhomboiden (Equiaxe); es ſcheint wirklich Kalkſpath und nicht Braunſpath; die Kryſtalle ſind oft waſſer⸗ hell, und löſen ſich in Säuren mit ſehr ſtarkem Brauſen auf. Gruppe von Bern. Nachdem wir in der vorigen, ſubalpiniſchen Gruppe Mo⸗ laſſearten kennen gelernt haben, die ſich nach ihrer ganzen Beſchaffenheit noch den ältern Gebirgsbildungen anſchließen, in deren Nähe wir ſie finden, betreten wir nun in der mittlern Zone das Gebiet der vollkommen charakteriſirten, gleichſam zu ihrer Reife gelangten Formation. Die vorherrſchende Ge⸗ birgsart dieſer Zone will ich gemeine Molaſſe nennen, und, da ich über ihre Charakteriſtik nothwendig mehr in's Ein⸗ zelne werde eintreten müſſen, ihre nähere W in 4 Sectionen behandeln. VBeſchreibung der gemeinen Mo laſſe. Korn und Beſtandtheile. Das Korn der gemeinen Molaſſe iſt gewöhnlich ſo fein, daß mit unbewaffnetem Auge wohl die ſandſteinartige Structur, aber nicht die einzelnen Gebirgsarten. Molaſſe. 79 Körner unterſchieden werden können, wenn ſich dieſelben nicht durch Glanz oder Farbe auszeichnen. Im Durchſchnitt mag die Körnerdicke nur 1 — 2 Deeimillim, betragen. Größerkörnige Arten ſind indeß auch nicht ſelten; da aber die feinkörnigen vorzugsweiſe als Bauſtein geſucht wer⸗ den, ſo ſind alle größern Steinbrüche, welche faſt einzig die Gebirgsart anſtehend zeigen, in dieſen angelegt, und die grö⸗ bern meiſt mit Dammerde und Vegetation bedeckt. Gemeine Molaſſen von dem groben Korn der Bäuchlen -Gruppe ſind indeß ſehr ſelten. — Es iſt eine ziemlich verbreitete Mei⸗ nung, daß in denſelben Schichten die Körner alle von un⸗ gefähr gleicher Größe wären; ich habe dieß nur in ſofern be⸗ ſtätigt gefunden, als ſich für viele Arten zwey Grenzen an⸗ geben laſſen, die aber oft weit auseinander ſtehen, zwiſchen welchen die Körner, in Rückſicht ihrer Größe, eingeſchloſſen ſind; bey vielen fehlt die untere Grenze, und die Körner finden ſich von der obern an von jeder Größe bis zum feinſten Staub, ſo daß ihre Menge mit der Größe in umgekehrtem Verhältniß ſteht: bey andern ſind Körner von mittlerer Größe vorherrſchend/ und ihre Menge nimmt gegen beyde Grenzen zu ſchnell ab; noch bey andern iſt die obere Grenze ſo unbe⸗ ſtimmt⸗ daß man auch nach Zerreibung größerer Stücke nicht gewiß iſt, ob man auch die größten Körner gefunden habe. Eine Angabe über die mittlere Körnergröße muß überhaupt immer ſehr ſchwankend bleiben, und ſich immer der obern Grenze nähern, da unwillkührlich, wenn man über das Vor⸗ herrſchen einer Körnerart urtheilen ſoll, auch die Größe und Farbe berückſichtigt wird, und man diejenigen für an Anzahl überwiegend hält, die an Maſſe mehr betragen, oder durch ihre Farben ſich mehr auszeichnen. Die nämliche Schwierig⸗ keit tritt uns entgegen, wenn wir über die Verhältniſſe der Gerölle in der Nagelfluh ein Urtheil fällen wollen. a | Die Hauptbeſtandtheile des Bindmittels ſind kohlenſaurer Kalk, Thonerde, Talkerde und Eiſenoxyde, in ſehr veränder⸗ — 80- II. Cap. Zweyter Abſchnitt. — lichen Verhältniſſen; zuweilen iſt der kohlenſaure Kalk faſt ganz rein. Alle Arten brauſen mit Säuren heftig auf und zerfallen zu Sand. — Das Bindmittel iſt indeß kaum als für ſich beſtehend zu betrachten, und ſcheint vielmehr aus den allerfeinſten, von den zerſtörbarſten Subſtanzen herrührenden Theilen zu beſtehn; unter der Loupe unterſcheidet man nur Körner, die in einem feinen, gleichartigen Staub ine ſind. Der Sand, den man durch Säuren von nieſem Bind⸗ mittel befreyt hat, beſteht aus eckigten / graulich⸗ durchſich⸗ tigen / ſeltner waſſerhellen Quarztheilchen, zuweilen ohne an⸗ dere Beymengung, öfters mit röthlichen , grünen, gelben, ſchwarzen Körnern von Feldſpath, Hornblende, Kieſelſchiefer und andern Ur⸗ und Uebergangsgeſteinen, doch bleibt der Quarz immer vorherrſchend. Häufig ſind, aber auch in ſehr verſchiedenem Verhältniß, ſilberweiße, ſeltner braune oder ſchwarze Glimmerblättchen beygemengt, oft fo fein zertheilt daß man ſie nur bey ſtarkem Lichte an ihrem Glanze erkennt. In den ſchiefrigen Arten häufen ſich dieſe Blättchen auf den Abſonderungen an und folgen denſelben mit ihrer breiten Fläche. Selten fehlen die grünlichſchwarzen Pünktchen die wir ſchon in der feſten Molaſſe gefunden haben; ſie zeichnen dieſe Art vorzüglich aus. Auch ihre Menge iſt indeß ſehr ver⸗ änderlich, und mehrere gemeine Molaſſen, beſonders die en, 1 70 Korn / ſcheinen ganz frey davon Ran Zuſammenhalt. Er iſt immer geringer, als der⸗ jenige der feſten Molaſſe. Friſch gebrochen iſt die gemeine Molaſſe von dem Waſſer, das fie im Berg durchdrungen hat, ſo aufgelockert, daß man von freyer Hand die nicht gar zu dicken Stücke und Kanten zerbrechen kann; durch das Trock⸗ nen und die Berührung mit der freyen Luft gewinnt fie’ aber größere Feſtigkeit, ſo daß ſie mit großem Vortheil als Bau⸗ ſtein und ſelbſt zu architektoniſchen Verzierungen und zur Sculptur benutzt wird. Faſt alle Gebäude der Städte Lau⸗ ſanne, Gebirgsarten. Molaſſe. 81 ſanne, Freyburg, Bern u. ſ. w. ſind aus größern Quadern dieſes Steins aufgeführt, und die feinen gothiſchen Schnitze⸗ reien an den Münſtern dieſer Hauptſtädte, die freyſtehenden kleinen Figuren in den dramatiſchen Darſtellungen über den Hauptportalen, die allem Unwetter ausgeſetzten emporſtreben⸗ den Thürmchen und Spitzen, haben ſich Jahrhunderte durch, zum Theil ſehr gut, erhalten. In neuerer Zeit iſt der be⸗ rühmte Grabſtein zu Hindelbank in dieſem Stoff gearbeitet worden. Die Bruchfläche iſt uneben, rauh und ſandig; erſt wenn der Stein lange getrocknet, benimmt man ihm das Sandige durch Abreiben. So wie die frühern Arten neigt ſich auch die gemeine Molaſſe zu dickſchiefriger Abſonderung, und läßt ſich, beſon⸗ ders in trocknem, erhärtetem Zuſtande, zu größern Tafeln zerſpalten, mit ebener oder kleinwellenförmiger Spaltungs⸗ fläche. Die Bruchſtücke erhalten daher oft zwey parallele Flä⸗ chen. Zuweilen auch wird dieſe Neigung ſo deutlich, daß die Steinart in einen wahren Sandſteinſchiefer übergeht. Es iſt eine Regel unſerer Baumeiſter, den Stein immer ſo zu legen, daß die Abſonderungen horizontal (auf's Läger), nicht ſenkrecht (auf's Häuptli) ſeyen, damit die Feuchtigkeit nicht durch dieſe unſichtbaren Abſonderungen aufſteige und der Stein nach und nach ſich abblättere. Specifiſches Gewicht. Da ſich dieſe Molaſſe vom Waſſer ganz durchnäſſen läßt, und alſo eine Menge kleiner Poren enthalten muß, ſo kann man, bey der Angabe des ſpe⸗ ciftſchen Gewichts, entweder nur das der feſten Theile für ſich beſtimmen und alle Poren als nicht zur Maſſe des Steins gehörend betrachten, oder man kann den ganzen Raum als das Volumen des Steins anſehn, der von feiner Auſſenſtäche eingeſchloſſen iſt. Die erſte Angabe iſt mehr in mineralogi⸗ ſcher, die zweyte mehr in techniſcher Rückſicht intereſſant; aus beyden läßt ſich, theils das ſpeciſtſche Gewicht des durch- 6 52... II. Cap. Zweyter Abſchnitt. näßten Steins theils das Gewicht des aufgenommenen Waſ⸗ ſers finden. Heißt man p das ſpeciſche Gewicht des Steins ohne ſeine Poren, P fein ſpecifſſches Gewicht mit den Poren, P- das ſpecifiſche Gewicht des durchnäßten Steins, m den Theil feines Gewichts, den der Stein an Waſſer aufnimmt, s das Gewicht eines Stücks, d ſeinen Verluſt im Waſſer, a das Gewicht des aufgenommenen Waſſers, ſo iſt N ee 9 ah Pan 5 Aa ar . see a u m 2 3% P;p Die Gewichte von 1 Cubikfuß großen Stücken Sand⸗ ſtein aus den Steinbrüchen von Oſtermundigen und Wabern, die Herr Profeſſor Trechſel in der Vergleichung Berneriſcher Maaße mittheilt, ſind uns ſehr ſchätzbare Hülfsmittel zur Beſtimmung dieſer verſchiedenen Größen, denn die Molaſſe jener Steinbrüche trägt gleichſam den Normalcharakter un⸗ ſerer gemeinen Molaſſe. Es iſt nach jenen Angaben: | a a Steinbruch v. Oſtermundigen, oben 2,426 2,166 2,273 0,0494 1 mitten 2,451 2,1901 / 0,0484 8 . unten 2,85 „ig EEE Alte Kirchenbank ; Ä 2,492 2,232 2,336 0,0466 Steinbruch von Wabern, fe 2,387 2,177 2,265 0,044 3 — — unten 2,406 2,302 2,343 0,0178 Die Ungleichheit der Werthe von p und die ſchwache Abnahme von m beweiſen, daß die Zunahme der Schwere P nach der Tiefe zu nicht allein der Compreſſion, ſondern eher einem veränderten Verhältniß der Gemengtheile zuzuſchreiben ſey; vielleicht haben die obern Schichten durch die Tagwaſſer von ihrem Kalk verloren. Nach Abwägungen, die ich vermittelſt eines ſehr empfind⸗ lichen Nicholſon'ſchen Grayimeters, bey einer mittlern Tem⸗ Gebirgsarten. Molaſſe. | 83 peratur von 10% R. angeſtellt habe, finde ich für die aus ſehr entlegenen Gegenden herkommenden Molaſſen folgende Werther: a 5 p P PX! » 1m Lindenbach bey Schwarzenburg. 2,596 2,333 2,434 0,0435 Mittelhäuſern, Straße n. Schwarzenb. 2,592 2,238 2,374 0,0610 Riedburg, Schwarzwaſſerbrücke. 2,608 2,363 2,457 0,0397 Waſſerſtollen auf dem Gurten 2,510 2,179 2,311 0,0606 Wabern-Steinbruch, mitten 119495 12,19A 2.3% 0,0551 — ,—- Aunten NEST eee ee Oſtermundigen⸗Steinbruch, oben 2,495 2,169 2,299 0,0602 Stodern- Steinftuh . . 2,513 2,167 2,306 0,0639 Steinbruch bey Ins. ; 2,605 2,395 2,476 0,0336 Gerolfingen am Bieler-See 4% %% % e 0/035 Linkes Emmeufer bey Solothurn 2,630 2,431 2,06 0,0308 Die Molaſſen aus der Gegend von Schwarzenburg ver⸗ rathen durch ihr höheres Gewicht ihr ſubalpiniſches Vater⸗ land, doch bleiben ſie noch ziemlich weit von der feſten Mo⸗ laſſe von Luzern entfernt. Die drey Molaſſen aus der Nähe des Jura ſind, wie wir ſpäter ſehen werden, mehr als Aus⸗ nahmen, und nicht als die in jenen Gegenden vorherrſchenden Arten zu betrachten. Farbe. Die gewöhnlichen gutben der gemeinen Mo⸗ laſſe find ein ziemlich reines Graublau, oder Smalteblau, und ein ebenfalls mit Grau gemiſchtes Oelgrün, beyde ziem⸗ lich dunkel, wenn der Stein naß iſt, aber durch das Trocknen hell werdend. Man unterſcheidet demnach zwiſchen blauen Steinen und gelben, und ſchreibt denſelben oft beſondere Ei⸗ genſchaften zu: daß der gelbe Stein beſſer aushalte im Feuer, der blaue im Waſſer; daß der eine eher verwittere als der andere u. ſ. w. Nach Berfiherung erfahrner Bauverſtän⸗ diger findet aber kein ſehr bedeutender, conſtanter Unterſchied zwiſchen beyden Steinarten ſtatt, und die weſentlichen Eigen⸗ ſchaften des guten Bauſteins, Härte und feines Korn für ge⸗ wöhnliche und Waſſerbauten, 9 und gröberes Korn 0 6 * 1 N 84 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. gegen das Feuer, finden ſich ſowohl bey dem blauen, als bey dem gelben Stein. Der Bauſtein iſt im Allgemeinen deſto geſchätzter, je tiefer einwärts im Berg er gelegen hat. Die Farben wechſeln mit den Lagern, ſo daß oft ganze Schichtenfolgen gelb, andere blau ſind; der blaue Stein ſcheint gewöhnlich tiefer zu liegen, der gelbe höher; ſelten ſieht man, auch in großen Steinbrüchen, mehrere Abwechs⸗ lungen. In der Glühhitze wird der Stein roth. Verwitterung. Die gemeine Molaſſe ſetzt der Ver⸗ witterung, wahrſcheinlich nach den verſchiedenen Verhält⸗ niſſen der Beſtandtheile und des Aggregationszuſtandes, ungleichen Widerſtand entgegen. Die einen Arten blättern ſich nach und nach ab, die Blät⸗ ter zerfallen in Sand, alle Ecken und Kanten werden zerſtört, der Stein erhält große runde Formen und bedeckt ſich mit einer oft dicken Kruſte von lockerem Sand. Bey andern, die ihr Bindmittel weniger ſchnell verlie⸗ ren, löſen ſich durch den Froſt die der Schichtung parallelen Blätter von einander, und die Spaltung wird zur ſchiefrigen Abſonderung. Erſt ſpäter unterliegen auch dieſe Molaſſeſchie⸗ fer der Einwirkung der zerſtörenden Kräfte, und zerfallen in Sand. Sehr oft löſen ſich auch durch den Froſt große und dicke Tafeln ab, die noch lange der Zerſtörung trotzen, und an die Auſſenfläche der Felſen angelehnt, oder durch einzelne Punkte befeſtigt ſind. Man könnte, durch dieſe Tafeln irre gelei⸗ tet, oft ſenkrechte oder ſtark geneigte Schichtung zu ſehen glauben. Einer eigenthümlichen Verwitterung iſt der Stein unter⸗ worfen, wenn in feiner Nähe ſich faulende organiſche Sub- ſtanzen befinden. Die Kohlenſäure im Bindmittel wird durch Salpeterſäure nach und nach verdrängt, es bildet ſich Kalk⸗ Gebirgsarten. Molaſſe. 66 ſalpeter, und da dieſer zerfließt, fo zerfällt der Stein zu Sand. Dieſer Krankheit ſind beſonders unſere Gebäude ſehr unterworfen, und durch das Vordringen der ſalpeterſauren Feuchtigkeit, nach den Geſetzen der Capillarität, theilt ſich dieſelbe leicht dem ganzen Gebäude mit, wenn man nicht Sorge trägt, die krankhaften Quadern durch friſche zu er⸗ ſetzen. Man erkennt die angegriffenen Theile an der, durch das Einſaugen der Feuchtigkeit dunkel gewordenen, Farbe des Steins, und an der mürben, aufgeblätterten Beſchaffen. heit ſeiner Oberfläche. Um dieſer Verwitterung vorzubeugen, baut man entweder die Fundamente von einer andern Stein- art, oder bekleidet die Grundmauern bis etwa 1 Meter über dem Boden mit Tafeln von Kalkſchiefer, und andern beſſer ausdauernden Bauſtoffen. Man hat auch, aber mit zweydeu⸗ tigem Erfolg, verſucht, den Kalkſalpeter durch Schwefel⸗ ſäure zu zerſtören und in Gyps zu verwandeln. — Einige Molaſſen, die gelben vorzüglich, ſollen dem Salpeter mehr als andere ausgeſetzt ſeyn; auch ſoll ein angeſteckter Stein, wenn man ihn unter geſunde Steine verſetzt, dieſen die Krank⸗ heit mittheilen; wahrſcheinlich aber nur die Feuchtigkeit, die er einſaugt und nicht Salpeterſäure. Durch das abwechſelnde Naß⸗ und Trockenwerden muß indeſſen der Aggregationszu⸗ ſtand des Steins zuletzt auch zerſtört werden, beſonders durch Mitwirkung des Froſtes. | Structur im Großen. Die Molaſſe iſt überall in Schichten abgeſondert, deren Mächtigkeit vom Schiefrigen bis zu mehrern Metern anwächst. Es giebt zwar Felſen und Steinbrüche von zwanzig und mehr Meter Höhe, an denen ſich äußerlich keine Spur einer Abſonderung entdecken läßt; es iſt aber nur die Natur des Steines hieran Schuld, deſſen Zuſammenhalt an der Auſſenfläche durch die atmoſphäriſchen Waſſer und die Werkzeuge der Arbeiter aufgelöſt wird, ſo daß die ohnehin wenig deutlichen Abſonderungen durch Sandkör⸗ ner, oder einen ſandigen Schlamm verdeckt werden. Daß — - 86 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. viele dieſer Abſonderungen eigentliche Schichtungsabſon⸗ 1 derungen ſeyen, d. h. von einer periodiſch unterbrochenen Ab. lagerung herrühren, läßt ſich kaum bezweifeln, da oft nicht nur die Steinart der Schichten verſchieden, z. B. die eine kleinkörnig, die andere feinkörnig, die eine blau, die andere gelb ift, ſondern die Abſonderungen ſelbſt zuweilen durch eine dünne Lage von Letten, oder durch einen Anflug von Braun⸗ kohle ausgezeichnet werden. Ob aber auch die nur durch Spaltung zu endeckenden Abſonderungen in dieſe Claſſe ge⸗ hören, oder ob dieſelben nicht vielmehr vom Zurückzug der Steinſubſtanz beym Trocknen, oder von chemiſchen Urſachen herrühren, will ich dahingeſtellt laſſen. b Höchſt auffallend iſt eine Structur, die ich z. B. zu Wa⸗ bern in einem kleinen Steinbruch am Fußweg auf den Gur⸗ ten, auch ſonſt an mehrern Stellen bemerkt habe. Die Mo⸗ laſſe iſt in große, platte, ſcharfkantige Ellipſoide von 5 bis 15 Meter Länge und ½ bis 1 ½ Meter Höhe abgeſondert, coloſ⸗ falen Converplinſen ähnlich, die eingreifend über einander liegen und durch dünne Mergellager getrennt ſind. Eine ähn⸗ liche Structur kann man im großen Mühlſteinbruch zu Schnott⸗ wyl beobachten; nur tritt hier noch das Sonderbare hinzu, daß einige dieſer Linſen mit Nagelfluh, andere mit Sand ge⸗ füllt ſind, und daß ſie ſämmtlich nicht liegen, ſondern ſtark geneigt ſind. Dieſelben Bildungen werden wir in kleinern Dimenſtonen auch in den untergeordneten grauen Mergellagern wiederfinden. — Es ſcheinen ſich bey'm Zurückzug der Stein ſubſtanz die feinern, ſchlammigen Theile von den gröbern ge⸗ rennt, in die entſtandenen Zwiſchenräume geſetzt und den Mergel gebildet zu haben. Auch die wellenförmige Schichtung, beſonders die klein⸗ wellenförmige, iſt der Molaſſe nicht fremd, zuweilen äuſſert ſie ſich nur in ſanften Vertiefungen auf der breiten Fläche der Schichten. In großen Wellen habe ich ſie nur an dem Senſeufer, gegenüber Plafeyen, geſehen. Gebirgsarten. Molaſſe. 87 Nicht ganz ſelten bemerkt man Klüfte, welche die Schich⸗ ten theils ſenkrecht, theils. 16 65 ee (Gutenbrünnen⸗ fluh). f e e Lager und Maſſſe n. Die Gruppe der gemeinen Molaſſe iſt, wie die Formation überhaupt, arm an ausgezeichneten Einlagerungen; in be⸗ trächtlicher Menge finden ſich dagegen untergeordnete Gebirgs⸗ arten, die noch mehr oder weniger den Charakter der vorherr⸗ ſchenden tragen, und in allmähligen Abſtufungen ſich an die⸗ ſelbe anſchließen. Sie alle hier aufzuzählen wäre unmöglich, ich hoffe aber, daß die getroffene Auswahl hinreichen werde, das Bild zu vervollſtändigen / das ich von dieſer Formation zu entwerfen ſuche. Es find übrigens dieſe / mit der gemeinen Mo⸗ laſſe ſehr nahe verwandten, Lager als weſentliche Glieder der Formation zu betrachten, die ihr eben ſo gut Hals die gemeine Molaſſe ſelbſt angehören. Ich rechne dahin 1) verſchiedene, von der gemeinen bedeutend abweichende Molaſſen; 2) grauen und bunten Mergel und Thon; 3) Nagelfluh. Auſſerdem kom⸗ men aber noch einzelne Localbildungen vor, deren Entſtehung mehr zufälligen, nicht allgemein wirkenden, Urſachen zuge⸗ ſchrieben werden muß. Die einzigen mir bekannt gewordenen find 4) die Steinkohle und Stinkſteinlager, deren Bes ſchreibung ich auf das vierte Capitel verſparen will, und 5) der dichte Kalk von Käpfnach. Auch die nähere Beſchreibung des bunten Thons und der Nagelfluh kann nicht wohl von den Gegenſtänden der folgenden Abſchnitte Beizen Render und bleibt daher beſſer bis dahin verſchoben. Kleinkörnige Molaſſe. Nicht ſeltenriff man in einer mächtigen Ablagerung gemeiner Molaſſe einzelne Lager an, die ſich durch ihr großes, mit unbewaffnetem Auge gut zu unterſcheidendes, Korn bedeutend von den übrigen unter⸗ ſcheiden. Zuweilen treten noch andere Charaktere hinzu: fie 88 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. ſind locker und zu Bauſteinen ganz unbrauchbar; ſie enthalten in größerer Menge, als die einſchlieſſenden Schichten, viel. farbige Feldſpathkörner; es liegen ſogar einzelne kleine Gerölle darin zerſtreut Wabern- Steinbruch). Das Korn wird wohl auch ſo groß, daß ſich die Molaſſe der grobkörnigen nähert, doch fehlt meiſtens die bedeutende Feſtigkeit, die wir unter die Merkmale dieſer Art aufgenommen haben. | Feſte Molaſſe. Von der Luzerner⸗Molaſſe nicht zu unterſcheidende Lager finden ſich, nur untergeordnet ſtatt vor- | berrſchend im ganzen Gebiet dieſer Formation, ſelbſt bis an den Jura! Weil aber nicht größere Folgen von Lagern über⸗ einander liegen, und die Neigung gewöhnlich ſehr gering iſt, ſo beſchränkt ſich die Aehnlichkeit mehr nur auf die Steinart ſelbſt/ und die Felſen behalten im Großen die Eigenthümlich⸗ keiten der gemeinen Molaſſe. Doch bemerkt man auch hier die deutlichen Abſonderungen der, gewöhnlich nur einige De⸗ eimeter dicken / Schichten, die den Sandſtein in jener Gruppe ſo auszeichnen. In der Sprache unſerer Bauleute heißen 1 4745 ſehr geſuchten Steine Rautenplättli. | Harte Molaſſe. Den feſteſten Sandſteinen der Bduch⸗ len oder der Schweinsberge im Zuſammenhalt nicht nach⸗ ſtehend. Feinkörnig, ſo daß der Bruch Anlage zum Kleine ſplittrigen zeigt; doch erkennt man an der Unebenheit der Bruchfläche, an der Verwirrung / die in der Richtung und dem Erſcheinen der Splitter herrſcht, und in einzelnen ſchwarzgrauen Punkten die Sandſteinſtruetur. Auch klein⸗ körnig. Es ſchimmern ziemlich viele mikroſcopiſche Kalkſpath⸗ ſchüppchen, die ſich auch wohl zu kleinen Aederchen und Neſtern anhäufen, ſo daß es beynahe ſcheint, als ob das Bindmittel großentheils ſpathartig wäre. Die Glimmer⸗ ſchüppchen in geringer Menge und äußerſt fein zertheilt. Hellgrau in große, wenig Deeimeter dicke Tafeln abgeſondert, auch wohl großſchalig, oder als platte e im Sand, loſe an⸗ und übereinander liegend. Gebirgsarten. Molaſſe. 89 Ich habe dieſe Molaſſe beſonders als Muttergeſtein von Petrefacten gefunden, in Gegenden, wo ſonſt die gemeine Molaſſe vorherrſcht (Längenberg, Belpberg), und vermuthe, daß die organiſchen Theile vorzüglich Urſache der auffallenden Härte und Feſtigkeit geweſen ſeyen. Sie erreicht gewöhnlich nur eine geringe Mächtigkeit. Lockere Molaſſe. Die vorherrſchende Art der näch⸗ ſten Gruppe, wohin ich für ihre 8 ae ver⸗ weiſe. Auch in dieſer Gruppe nicht (tel und zwar nicht nur gegen den Jura zu, ſondern bis in die Nähe der Alpen. Sie erſcheint daſelbſt oft mit ihrer ganzen Eigenthümlichkeit, ih⸗ ren harten Knauern u. ſ. w. (Ober⸗Emmenthal, Straße von Lauperswyl nach Oberthal). Sand. Sogar Lager von feinem, durch kein Cement verbundenem Sand fehlen nicht. In wie fern dieſelben ur⸗ ſprünglich, oder erſt durch Verwitterung feſterer Schichten entſtanden ſeyen, wird ſich ſchwer entſcheiden laſſen, da es in den meiſten Fällen unmöglich iſt, ſich zu verſichern, ob die Abweſenheit des Bindmittels nur oberflächlich ſey, oder ſich tiefer hinein erſtrecke. Die zwey letzten Arten ſind übrigens ſo nahe mit einander verbunden, daß es oft ziemlich willkührlich iſt, ob man eine Schicht ſo, oder anders benenne. Scharfe Grenzen ſind über⸗ haupt in dieſer Formation nirgends zu ſetzen, wie ich immer von Neuem erinnern muß. Grauer Mergel. Der treuſte Begleiter der Molaſſe in dieſer Gruppe. Man wird ſelten Felſen von einiger Aus⸗ dehnung ſehen, ohne ein oder mehrere Mergellager, die ſich durch ihre dunklere Farbe, oder ihre deutlicher abgeſonderten, dünnern Schichten ſehr gut von dem übrigen Geſtein unter⸗ ſcheiden laſſen. 90 © IE e Zweyter Abſchnitt. Er ſteht oft der Molaſſe, beſonders der blauen, nach ſei⸗ ner ganzen Beſchaffenheit ſo nahe, daß man ihn kaum noch Re | davon trennen kann, und wohl merglichte Molaſſe nennen möchte. Auch wo er beſtimmter charakteriſirt iſt, enthält er f immer einen bedeutenden Antheil Sand, und der kohlenſaure Kalk ſcheint ihn auch ſelbſt in ſeinen Uebergängen in Letten und Töpferthon nicht zu verlaſſen. Wenigſtens habe ich nie der Molaſſe angehörende Thonarten gefunden, die nicht mehr oder weniger mit Säuren gebrauſt en Glimmer fehlt faft niemals. Sein Zuſammenhalt iſt oft, wo er vor der Feuchtigkeit geſchützt iſt, ziemlich beträchtlich, und übertrifft wohl den der gemeinen Molaſſe. Die thonigen Arten werden im elek weich und ſchlammig. Seine Farbe iſt ein ziemlich dunkles Schiefe in's dunkel Smalteblaue, Bräunlichgraue, Gelbliche; getrocknet zuweilen hell blaulichgrau; mehrere Arten behalien aber die dunkle Farbe bey. Nicht ſelten wechſeln hellere Farben mit dunkeln ſtreifenweiſe ab, ſo daß der e einem Band⸗ jaſpis ähnlich ſieht. Er bildet eigne Lager in der Molaſſe, von der Mäch⸗ tigkeit weniger Centimeter bis zu 10 bis 20 Metern; iſt dann oft dickſchiefrig, zuweilen dünnſchiefrig. Oft wechſeln dickere und dünnere, ziemlich feſte und vollkommen ebene Schichten, ſo daß man Tafeln von 1 Quadratmeter Oberfläche und kaum 5 Centimeter Dicke brechen kann; oft auch erſcheint er in dickern ſchwach- und kleinwellenförmigen Schichten von s bis 10 Centimeter Dicke, die durch ſenkrechte Abloſungen in prismatiſche Stücke von ungefähr quadrati⸗ ſchem oder rhombiſchem Durchſchnitt, und 2 bis 3 Deeim. Länge getheilt ſind. Das Wellenförmige theilt ſich zuweilen auch den angrenzenden Molaſſeſchichten mit (Gutenbrün⸗ nenfluh, Wabern). Die Abloſungen der Molaſſe fand ich meiſtens ſehr beſtimmt, und nicht durch allmählige Uebergänge — Gebirgsarten. Molaſſe. 94 der einen Steinart in die andere verwiſcht. — Die Verbindung des grauen Mergels mit der Molaſſe erinnert oft an die fon- derbaren Gemenge von Kalk und Grauwacke, die Herr Beu⸗ dant >) beſchreibt, und die wir auch in unſern Alpen fo häufig finden. Dünne Schichten von Mergel, oft nur wie Häutchen, wechſeln unzähligemal mit nicht viel dickern Mo⸗ laſſeſchichten, oder vielmehr beyde bilden nur eine einzige zuſammengeſetzte Gebirgsart, die aus in einandergreifenden Mergel⸗ und Molaſſetheilen beſteht, und ſchiefriges Ge⸗ füge hat. Die Molaſſe zeigt meiſt Neigung zu ellipſoidiſchen Formen; ſie ſchwillt an, zieht ſich wieder zuſammen, keilt ſich aus, eutſteht bald darauf von Neuem, oft auch hangen die Ellipſoide zuſammen, ohne Auskeilung. Der Mergel, feſt und feinſandig, umſchließt die Molaſſe von beyden Seiten, und zertheilt ſich eher, als ſich von ihr zu trennen. Die meiſten Stücke, die man losſchlägt, zeigen auf beyden Seiten merg⸗ lichte Blätter oder Schalen mit ebener Abſonderungsfläche und einen Kern von Molaſſe. Eben ſo häufig iſt auch der Mergel der Molaſſe untergeordnet; er vermag nicht mehr ihre Schichten zu zerſchneiden und von beyden Seiten her zu⸗ ſammenzuſchließen, die Molaſſeſchichten ſelbſt wachſen an Mächtigkeit, und ſo geht das Ganze zuletzt in die großellip⸗ ſoidiſche Bildung über, deren wir früher erwähnt haben, oder, bey gleichförmiger Mächtigkeit, in ein Abwechſeln dün⸗ ner Mergellager mit dicken Molaſſelagern. Auch in die⸗ ſem letztern Fall trennen ſich die Schichten in der Mitte des Mergels, fv daß eine Hälfte deſſelben an der obern, die an⸗ dere an der untern haften bleibt. — Die Oberfläche des Mer⸗ gels ſchimmert oft von Glimmerſchüppchen, und hat ein ge⸗ wäſſertes Anſehn, wie der Uferſchlamm wach kürzlich zurück⸗ getretenem Waſſer. — Endlich, bey immer abnehmender Mäch⸗ tigkeit der Mergellager, zerreiſſen dieſelben, und es bilden „%% p . ß . RT u eins — 25 Voyage en Hongrie, III, P. 143. 92 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. ſich auf den Abſonderungen der Molaſſe nur einzelne rundliche Flecken, dunkelblaugrau auf hellgrau, die, wenn man ſie von der Molaſſe ablöſt, eine geringe Vertiefung zurücklaſſen. Durch Zunahme an Thongehalt geht der ſchiefrige Mer⸗ gel in Letten, der maſſige in Töpferthon über. Die meiſten unſrer Thongruben, zu Ziegelbrennereien oder Töpferarbei⸗ ten, gehören indeß wahrſcheinlich dem aufgeſchwemmten Lande an, oder ſind ſo gelegen, gewöhnlich nur von Dammerde und neuern Anſchwemmungen bedeckt, daß ſich unmöglich beſtim⸗ men läßt, ob ſie mit ihrer Unterlage vereinigt werden dür⸗ fen, oder ob ſie neuerer Entſtehung ſind. So z. B. bey Stef⸗ fisburg, in den Gruben der Heimbergertöpfer. Feine Thon⸗ arten find der Molaſſe-Formation wohl ganz fremd. | Kalk. Ueber Käpfnach am Zürcher See, bey 100 über der Seefläche und 70 über der Steinkohle, wird eine bey 6m mächtige Kalkformation ausgebeutet, welche in mehr oder weniger dicke horizontale Schichten abgeſondert iſt. Der Kalk iſt etwas fett anzufühlen, im Bruch uneben, hellgrau, vollkommen matt; auf unregelmäßigen Querabſon⸗ derungen ſchwärzlichbraun angelaufen, wie von Mangan⸗ oxyd, zuweilen mit Dendriten. In Säuren hinterläßt er einen ziemlich ſtarken thonigen Rückſtand. Er ſieht einem verhärteten Kalkmergel ähnlich, und iſt wohl den grauen Mergeln der Molaſſe beyzuzählen, und nicht als eine unab⸗ hängige Formation zu betrachten. Indeß habe ich die letztern nirgends noch ſo feſt und mit einem ſo ſtarken Kalkgehalt ge⸗ funden. 11 Die Abſonderungen ſind nicht ſelten mit Kalkſpathkry⸗ ſtallen, var. dodecaedre, von wan: gleicher Dicke als Höhe, beſetzt. Die Kalklager werden von te Steinkohle durch feſte Molaſſe, in gemeine übergehend, getrennt. Der Aufſeher des Steinkohlewerks, Herr Ginsberg, ſagte mir, daß unter dem Kalk ein ſchwarzer Kohlenmergel liege. Auf ihm liegt NG Gebirgsarten. Molaſſe. 93 ſchiefriger bunter Mergel, zum Theil auch beträchtlich feſt und Kalkknauer einſchließend, aber im Waſſer ſich aufweichend, bey 5 Deeim. mächtig; dann folgt, in 2 Decim. mächtige Schichten abgeſondert, ein ſandiger grauer Mergel, wie er ſich häufig auch anderwärts findet; auf ihm liegt die Damm⸗ erde, und man ſteht auf der ſanft anſteigenden Ebene, die ſich vom Bruch bis an den Fuß des eh Rücken der Albiskette erſtreckt. Beygemengte Fofſilien. Harte Knauer. Es erſcheinen in der gemeinen Molaſſe auch zuweilen Verhärtungen, wie wir ſie in der lockern werden kennen lernen, nur ſind ſie, wegen der größern Feſtigkeit des ſie einſchließenden Geſteins, weniger auffallend; z. B. ziemlich häufig in einer grobkörnigen Schicht des Wabern- Bruchs, und zu Oſtermundigen. Sie unterſcheiden ſich oft gar nicht durch ihr Korn, oder durch ſichtbar vermehrtes Bindmittel, von der übrigen Molaſſe, ſo daß man ihre Härte erſt gewahr wird, wenn man ſie zu zerſchlagen verſucht; dennoch ſcheint die Verſchiedenheit, wie die der harten Knauer in der lockern Molaſſe, einzig in dem größern Verhältniß, oder noch eher in der veränderten Natur des Bindmittels begründet zu ſeyn. Gerölle. In ſehr gleichförmig gemengter Molaſſe kom⸗ men zuweilen einzelne, zerſtreute Gerölle vor, von 1 bis 6 Cen⸗ tim. Durchmeſſer, aus eben ſo mannigfaltigen und denſelben Gebirgsarten beſtehend, als die Gerölle der Nagelfluh, und wie dieſe ſtark abgerundet. Nicht ſelten häufen ſie ſich, parallel mit den Schichtungsabſonderungen, an, und bilden ausge⸗ dehnte Gerölllager, oft nur von der Mächtigkeit eines einzigen Gerölls, oft zu wahrer Nagelfluh anwachſend, deren Bindmit⸗ tel die einſchließende Molaſſe iſt, und, ohne Spur von Abſonde⸗ rung, mit derſelben zuſammenhängt. Das Vorkommen, ſo⸗ wohl der dünnen, kaum bemerkbaren Gerölllager, als der unregelmäßig zerſtreuten ee Gerölle, iſt in den Molaſſen 94 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. um Bern ziemlich gewöhnlich. Die mächtigern Lager, die * man des Mangels aller Abſonderung wegen, und weil das Bindmittel oft in ſehr ſtarkem Verhältniß vorhanden iſt, auch noch als Molaffeläger betrachten könnte, ſind mehr auf das Gebiet der mit Molaſſe wechſelnden Nagelfluh (Längenberg, Belpberg, Bantiger, Burgdorf) beſchränkt. Thon-Gallen. Knollige Einmengungen von grauem, grünlichgrauem, gelbem und braunem Thon, theils feinſan⸗ dig, theils fett anzufühlen, ſind ziemlich gewöhnlich, doch er⸗ langen ſie ſelten eine bedeutende Größe. Knollen von mehr als 1 Deeim. Durchmeſſer find mir in unſern Gegenden nicht f vorgekommen. Sie find zuweilen mit Eiſenhydrat impregnirt, „ und verwittern dann leicht, wenn ſie in Berührung mit Waſ⸗ ſer und mit der Atmoſphäre kommen. Kalkſpath. Die Ausſonderung des Kalkſpaths in Adern oder Druſen iſt ſehr ſelten in der gemeinen Molaſſe, deren Po⸗ roſttät und geringer Zuſammenhalt keiner Flüſſigkeit geſtattet, ſich in ihr zu ſammeln und rein von Beymengung zu bleiben. Selbſt in den untergeordneten Lagern, die keine Hinderniſſe dieſer Art in den Weg legen, in der feſten und der meiſt durch Kalkſpath verkütteten harten Molaſſe, habe ich nur in wenigen Fällen bedeutende Adern oder Kryſtalle geſehn. Die kalkige Flüſſigkeit, die näher an den Alpen in ſolchem Uebermaaß vorhanden war, ſcheint hier kaum hingereicht zu haben, dem Bindmittel noch einige Feſtigkeit zu geben. Bitterſalz. An vielen Molaſſefelſen (beſonders im Längenberg, bey der Guggersbachbrücke, an der Gutenbrün⸗ nenfluh, bey Dägertſchi) wittert in nicht unbeträchtlicher Menge Bitterſalz aus, theils zartfaſrig , die Faſern ſenkrecht auf die Fläche des Steins geſetzt, theils feinmehligt, ſchnee⸗ weiß. Silberſolution wies auch eine Spur von Salzſäure nach. An der Gutenbrünnenfluh findet man dieſe Auswitte⸗ rungen ſowohl an der gemeinen Molaſſe, als an dem tiefer liegenden, blaugrauen Mergel. * Gebirgsarten. Molaſſe. 95 Schwefelkies und Braunkohle. Dieſe beyden, eng verbundenen Subſtanzen verſpare ich auf den Abſchnitt über die organiſchen Ueberreſte, die ſich in der Molaſſe finden. Gruppe des Seelandes. Die Molaſſe der vorigen, gleichſam das Centrum der Formation einnehmenden, Gruppe geht in unmerklichen Ab⸗ ſtufungen gegen den Jura zu in einen ſehr mürben Sand⸗ ſtein und in Sand über. Wo die Grenze der beyden Vor⸗ kommen zu ſetzen ſey, iſt nicht einmal annähernd zu beſtim⸗ men; denn man findet immer noch Glieder der einen Gruppe bis ganz mitten in die andre hinein; vollkommen charakteriſirt tritt aber die Molaſſe in dieſer ihrer letzten Umwandlung, in der Gegend der drey See'n, zwiſchen Solothurn und Iferten, auf, und ich will daher das Gebiet derſelben Gruppe des Seelandes nennen. Die vorherrſchende Steinart dieſer Gruppe iſt eben der lockere Sandſtein, den man urſprünglich in der franzöſiſchen Schweiz und bey Genf durch den Namen Molaſſe bezeichnete. Ich will ihn, je nachdem er noch einigen Zuſammenhalt, oder gar keinen mehr zeigt, durch zwey beſondere Beywörter un⸗ terſcheiden. Lockere Molaſſe. Ziemlich feiner, durch ein kalkiges Bindmittel, deſſen Daſeyn man indeß nur am Aufbrauſen mit Säuren bemerkt, ſo ſchwach agglutinirter Sand, daß der Stein bey einem leichten Schlag, oder im Waſſer, meiſt zer⸗ fällt. Die Farben ſind größtentheils die der gemeinen Mo⸗ laſſe, ölgrün und hellgrau ſind vorherrſchend. Wo ſich der Stein in größern Felſen zeigt, wie z. B. am ſüdlichen Ufer des Neuenburger ⸗See's, bemerkt man hier und da Schid)- tungsabſonderungen, gewöhnlich aber ſind alle Abſonderungen verwiſcht, und man kann den Neigungswinkel der Schichten nur an den feſtern untergeordneten Lagern erkennen. 96 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Da dieſer Stein jeder äußern Einwirkung ſo geringen Widerſtand leiſtet, ſo wird er am Ufer der See'n und laufen⸗ den Waſſer zuweilen tief untergraben, und erhält ſonderbare runde Formen von Gewölben und Bauchungen; gewöhnlich aber iſt er überwachſen, oder bildet ſteile Sandhalden, aus denen die feſtern Schichten und harten 1 oft 1 weit hervorſtehn. Sand. Ziemlich grober Sand, die Bestandtheile der Molaſſe enthaltend; nur durch die Feuchtigkeit einigermaßen zuſammengebacken, in trocknem Zuſtande keine feſten Formen annehmend; zuweilen noch ſchwach aufbrauſend; ölgrün, gelblichgrau, graulichweiß. Vom Sand des aufgeſchwemmten Landes nur dann zu unterſcheiden, wenn er Glieder der Molaſſe-Formation um⸗ ſchließt, oder von ihnen bedeckt wird. Seine Trennung von der lockern Molaſſe muß übrigens oft willkührlich beſtimmt werden, denn viele Schichten, die an der Oberfläche zum Sand gehören, möchten tiefer hinein wohl eher Molaſſe zu nennen feyn. Untergeordnete Lager und Maffen 1 Gruppe. Molaſſe. Es iſt kaum nöthig zu erinnern, daß die ge- meine Molaſſe, ja ſogar die feſte Molaſſe, noch bis über die Mitte dieſer Gruppe hinaus erſcheint, hier und da den Fel- ſen größere Feſtigkeit ertheilt, und zuweilen auch als Bauſtein benutzt wird. Wir haben ſchon im Artikel über das ſpeeif. Gewicht der gemeinen Molaſſe, einige Bruchſtücke aus dieſer Gruppe kennen gelernt, die an Feſtigkeit und dichtem Gefüge die Molaſſen der vorigen Gruppe eher übertrafen, als daß ſie hinter ihnen zurückgeblieben wären. Der Kalkleim ſcheint, wie wir auch im Folgenden bemerken werden, ſich in dieſen Gegenden ungleichförmiger, als ſonſt, vertheilt, und während der größte Theil der ſandigen Molaſſe ihn faſt ganz entbehren mußte, ſich deſto EN auf einzelne Stellen zurückgezogen zu haben ! Gebirgsarten. Molaſſe. 97 haben, einem elaſtiſchen Körper ähnlich, der ſich bis auf einen beſtimmten Grad ausdehnen und ſpannen läßt, wenn aber die ausdehnende Kraft dieſen Grad überſchreitet, zer- reißt, und in den getrennten Stücken zu der urſprünglichen Dichtigkeit zurückkehrt. Harte Knauer. Dieſes Concentriren des Kalkleims offenbart ſich vorzüglich auffallend in den wunderbaren Ber- härtungen, die dieſe Gruppe ganz beſonders auszeichnen. Aus der lockern Molaſſe, oder aus dem Sand, ragen oft einzelne, oft mehrere, mit der Molaſſe abwechſelnde, auſſen abgerundete Lager hervor, von einigen Deeimeter Mächtigkeit, der Schich⸗ tung parallel liegend, und als untergeordnete härtere Lager zu I betrachten. Nicht felten erleidet die Mächtigkeit dieſer Lager Unterbrechungen: nachdem beyde Abſonderungen einander eine Zeit lang parallel geblieben, nähern ſie ſich einander, und die Schicht ſcheint ganz abreißen und ſich in platte Ellipſoide theilen zu wollen, bald aber entfernen ſie ſich wieder auf die gewohnte Diſtanz und laufen wie zuvor parallel, bis ein neuer Knoten erſcheint. Die Trennung geht aber häufig wirklich vor ſich, und ſtatt von zuſammenhängenden Lagern, wird die Molaſſe von dicken, in der Mitte ziemlich ebenen, an den Kanten abgerundeten, oder ſcharf auslaufenden Tafeln durchzogen, die oft in beträchtlicher Horizontalentfernung von einander, aber der Schichtung parallel liegen. Am merk⸗ würdigſten erſcheinen dieſe Knauer in mächtigen Molaſſe⸗ lagern, die keine Neigung zu Abſonderungen beſitzen. In wunderbaren Formen durchziehn ſie dann die Molaſſe nach jeder Richtung; zuweilen aufrecht ſtehenden Baumſtämmen ähnlich mit abgeſchnittenen Aeſten und Wurzeln, oder Rie⸗ ſenknochen mit noch deutlichen Gelenken; zuweilen glaubt man die Trümmer eines in Sand begrabenen Säulenganges zu erblicken. (Kirche von Balm am ſüdweſtlichen Ende des Bucheckberges, nördlicher Abhang des Julimont, auſſen⸗ her Erlach.) 7 98 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Die Beſchaffenheit dieſer Lager und Knauer iſt ſehr ver⸗ ſchieden, aber immer zeichnen ſie ſich durch eine Feſtigkeit aus, die derjenigen der feſten und harten Molaſſe nicht nach⸗ ſteht, fie zuweilen noch übertrifft. Das fpec, Gew. ſchwankt zwiſchen 2, 3 und 2, 6. Einige ſcheinen größtentheils aus dichtem Kalk zu be⸗ ſtehen, und ſind einigen Abänderungen der dichten Molaſſe ähnlich, mit ſplittrigem Bruch, ohne erkennbare Sandſtein⸗ ſtruetur, ſogar an den ſcharfen Kanten durchſcheinend, aſch⸗ grau, gelblich, bräunlichgrau. Andere ſind deutliche, ſehr feinkörnige Sandſteine, den feſten Molaſſen ähnlich, zuweilen noch feinkörniger und mehr den feſten Mergelarten genähert.“ Noch andere endlich unterſcheiden ſich äuſſerlich gar nicht von dem großkörnigten Sand, der fie einſchließt , man bemerkt keine Spur von Bindmittel zwiſchen den Körnern, und dieſe ſcheinen loſe an einander zu hängen; nur wenn man ſie tren⸗ nen will, erkennt man an dem ſtarken Widerſtand, den ſie leiſten, das Daſeyn des Kalkleims, und in Säuren zer⸗ fallen die Knauerſtücke, nach längerm, heftigem Aufbrauſen ganz zu Sand. Alle dieſe verſchiedenen Abänderungen kommen ohne Unterſchied in der lockern Molaſſe wie im Sand vor; viele Schichten ſind indeß ganz frey davon. Nach einer Analyſe eines harten Knauers aus ee Stein. bruch von Schnottwyl, zu den dichten Arten ohne Sandſtein⸗ ſtruetur gehörend, fand Hr. Prof. Brunner in 100 Theilen: kohlenſ. Kalk 45, 8 Eiſenoryd 5, 8 8 Thonerde 3, 9 Kieſelerde 37, 0 Waſſer 5, 2 Kali und Verluſt 2, 3 100, 0 Gebirgsarten. Molaſſe. 99 Es ſcheinen dieſe Knauer den ſogenannten Septaria des Londnerthons analog zu ſeyn, welche in England, als ein vorzüglich geſchätzter Mörtel, ein nicht unwichtiger Gegenſtand der Induſtrie ſind. Knauer von Kalk. Auf ähnliche Art mögen die Knauer von faſt reinem Kalk entſtanden ſeyn, die ich auf dem Buch— eckberg, zwiſchen Aetigen und Mühledorf, zunächſt dem letztern Dorfe, und bey Court, in der Sandgrube des weſtlich liegen- den Hügels, gefunden habe; es ſcheint hier ein langſameres Trocknen und das lockere Gefüge des Sandes der Ausſonderung des Kalks noch günſtiger geweſen zu ſeyn. An heyden Stellen iſt der Kalk dicht, bräunlichgelb, in's Weiße an der Auſſen⸗ fläche, knollig und warzig, im Bruch eben in's Feinſplittrige, die Bruchſtücke ſcharfkantig; am erſtern Orte zeigte er ſich, in einem ſehr feinen Mergelſande, als zellige Knauer von höch— ſtens 1 Deeim. Dicke, aus kaum Sem dicken, warzigen, ge- krümmten Kalkſcheibchen zuſammengebacken, Kalktuf ähnlich; an letzterm in horizontalen Folgen mm dicker Kalkſcheibchen, die ſelbſt in ihrem Innern oft noch mit Sand ausgefüllte Räume zeigen, und zuweilen ſich zu dünnen Lagern von eini⸗ gen Metern Ausdehnung vereinigen. Der Kalk hinterläßt in Säuren einen nur ſehr geringen Rückſtand. Grauer Mergel. Der graue Mergel, ohne ganz zu fehlen, iſt in dieſer Gruppe von weit geringerer Bedeutung, als in der vorhergehenden, wo er eine Hauptrolle ſpielt. An feine Stelle tritt die folgende, für die Charakteriſtik dieſer Gruppe und der ganzen Formation vorzüglich wichtige Mergelart. | Bunter Mergel und Thon. Sn feiner reinften Geſtalt, als ein ziemlich feiner bunter Thon und Letten, zum Theil mit Fettglanz, gewöhnlich in ganz unregelmäßige Bruchſtücke mit ſehr unebnem erdigem Bruch zerbröckelnd, als Letten mit zwey parallelen, fettglänzenden Abſonderungen und groß— muſchligem Querbruch; überall, wo ich ihn angreifen konnte, 7 * 100 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. aufgelockert und vom Waſſer erweicht; vorherrſchend braun⸗ roth, auch bläulich roth, zuweilen abwechſelnd mit berg- blau, meiſt beyde Farben in einander verwaſchen, nicht ſel⸗ ten bräunlichgelb, oder bläulichgrau. Dieſe Thonarten ſind in den meiſten Fällen durch die 8 Beſtandtheile der Molaſſe, die ſie einſchließt, verunreinigt. Es miſchen ſich Kalktheile und Sandkörner ein, und erzeu⸗ gen einen groben ſandigen Mergel; es erſcheinen ſelbſt Neſter von reiner Molaſſe in dieſem Mergel, fo wie umgekehrt Mer⸗ gelneſter in der Molaſſe, und beyde Steinarten ſind häufig fo innig in einander verwebt, daß man nicht mehr weis / ob man das Ganze noch Molaſſe oder Mergel heiſſen ſoll. Alle Hügel am Fuß des Jura und im Seeland, der Miſtelachberg, der Julimont, der Jensberg, der Bucheck⸗ berg, enthalten in der Tiefe oder gegen die Mitte zu unter⸗ geordnete, mehr oder weniger mächtige, bunte Mergellager, zuweilen ſehr rein, oft durch Neſter und Trümmer von Mo⸗ laſſe durchſetzt. In der Gegend von Aarberg und Lyß ſcheint der bunte Mergel der Molaſſe ſogar das Gleichgewicht zu halten, wenn nicht überwiegend zu werden. Am rechten Aarufer, zwiſchen Aarberg und der Ein⸗ mündung der Saane iſt er in ungefähr 40m hohen Felswänden anſtehend, und trägt den, aus lockerer Molaſſe beſtehenden, Rücken des Frienisberges. Schon bey Aarberg, an der durch foſſile Ueberreſte von Quadrupeden merkwürdigen Rappenfluh, enthält er untergeordnete Lager und Neſter von lockerer Molaſſe; bey Wyleroltigen werden dieſe mächtiger, und drücken die Mergelſchichten gleichſam enger zuſammen; noch mehr ſüdlich, gegen Gümmenen, ſteht der Mergel immer mehr zurück, bis er zuletzt nur noch einzelne, ſehr unter⸗ geordnete Lager bildet. Ein ſolches, kaum einige Deeimeter mächtiges Lager drängt fich durch die Molaſſe bis nach Laupen, wo es an der bey 50m hohen Felswand wie ein ſchmaler, dunkelrother Streifen erſcheint. Gebirgsarten. Molaſſe. 101 Die Felſen erleiden von Aarberg weg beynahe keine Un— terbrechung; gegenüber Wyleroltigen beſonders iſt von der Aar und Saane das Hügelland furchtbar ſteil abgeſchnitten, man kann daher alle Verhältniſſe der verſchiedenen Lager mit großer Sicherheit verfolgen. Das Fallen iſt allgemein ſehr ſchwach ſüdlich, ſehr häufig auf bedeutende Strecken hin horizontal, in jedem Fall immer zu ſchwach, als daß das allmählige Verſchwinden des bunten Mergels nur durch ein Einſinken unter Tag zu erklären wäre. Der Sandſtein bey Laupen gehört noch größtentheils zur lockern Molaſſe, die ſonſt den bunten Mergel begleitet, das rothe Lager iſt ferner nicht etwa in der Tiefe, ſondern in großer Höhe über der Senſe anſtehend; es ſcheint nach die⸗ ſem eher ein Auskeilen des Mergels in der Molaſſe, veranlaßt durch das allmählige Anſchwellen der ſchon bey Aarberg ein— gemengten Molaſſelager, als ein einfaches Verſchwinden der Mergellager gegen Mittag zu unter den höhern Ablagerungen von Molaſſe ,aftatt zu finden. In dem romantiſchen Thälchen von Lopſigen bildet der bunte Mergel überall den Thalboden. In die lockere Molaſſe, die ihn bedeckt, hat ſich in der Höhe beyder Thalwände der Landmann geräumige Wohnungen eingegraben. Auch in der Gegend von Schüpfen bildet der bunte Mergel den Thal⸗ grund. | In der Umgebung von Bern kann man denſelben an mehrern Stellen beobachten, aber immer bleibt er ſehr unter- geordnet; z. B. am rechten Aarufer bey Wolen, am Riederen⸗ Rain, zwiſchen Gümmenen und Bern, am linken Aarufer öſtlich von der Neubrück, meiſt unter dem Waſſerſpiegel ver⸗ borgen. Alle dieſe Stellen ſind noch als zu der mächtigen Ablagerung von Aarberg und Wyleroltigen gehörend, gleich- ſam als die letzten Ausläufer derſelben in die Gruppe der ge⸗ meinen Molaſſe, zu betrachten. Südlich von Bern und in den höhern Theilen der Gegend, im Frienisberg, Gurten, Van⸗ 102 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. tiger, Belp¾herg, Längenberg ſcheint er ganz zu fehlen. Zwi⸗ ſchen Bern und Guggisberg, und zwiſchen der Saane und Emme habe ich ihn überhaupt nirgends als zu Laupen ge⸗ funden. Hingegen zeigt er ſich wieder in der Nähe des Gurnigel⸗ | ſandſteins, auch der Molaſſe eingelagert, aber immer nur in den tiefſten Stellen. So am Laubbach unter Guggisberg auf dem Plötſch, im Seeligraben unten am Gurnigelbad, am Fuß der Giebelegg, wenn man über's Schwarzwaſſer geht. Auf dem Plötſch wird der Mergel von lockerer Molaſſe mit harten Knauern bedeckt, wodurch die Aehnlichkeit mit den Jurahügeln noch vermehrt wird. In dem Profil dieſer Ge⸗ gend an der Senſe kömmt der bunte Mergel nicht zum Vor⸗ ſchein. | Sehr mächtige bunte Mergellager find der Nagelfluh von Thun untergeordnet. Aber durch die früher angeführten Merkmale unterſcheidet er ſich bedeutend von dem Mergel der Seelandgruppe, und dieſes Vorkommen kann alſo keineswegs als Beweis einer, ohnedieß wenig wahrſcheinlichen, Einlage⸗ rung des Seelandmergels in die Thuner-Nagelfſtuh gelten. Eine ſehr mächtige Mergelbildung, die zwiſchen dem bunten und grauen Mergel ſchwankt, bedeckt ferner die Nagel⸗ ſluh an dem nördlichen Abhang des öſtlichen Buchholter⸗ bergs. Ihre Farben find hellgraulichblau und bräunlichgelb, auf den Abſonderungen ſind die Schichten oft mit einer bräunlichen, glatten, ſchwach fettglänzenden Rinde über⸗ zogen, die Feſtigkeit iſt gering, und die deutlichen Ablofun- gen veranlaſfen an ſteilen Orten nicht ſelten Bergrutſche. In keinem der zahlreichen und tiefen Waſſerrünſe iſt, meines Wiſſens, die unter dieſem Mergel liegende Nagelfluh aufge⸗ deckt worden; da aber beynahe auf allen Seiten in der Tiefe Nagelfluh anſteht, bey Schangnau, bey Eggiwyl, bey Dies⸗ bach, an der Rothache, ſo läßt ſich an der Auflagerung nicht zweifeln; nur bleibt es ungewiß, ob der Mergel mit der Gebirgsarten. Molaſſe. 103 Nagelfluh zu der nämlichen Formation gehöre, oder zu einer jüngern, und dieſe Ungewißheit kann, da derſelbe nicht be— deckt wird, ſchwerlich gehoben werden. ITnm Thale von Marbach erſcheint hingegen der bunte Mergel wieder mit allen Charakteren, die ihn in der Nähe des Jura auszeichnen, am Fuß des Binzberges, und am Ab- hange des Schärlig. Er ſcheint daſelbſt muldenförmig der Molaſſe eingelagert, welche höher mit Nagelfluh wechſelt, und zum Theil eine bedeutende Mächtigkeit erreicht. Die Straße über den Schärlig wird bey naſſer Witterung durch den aufgeweichten Mergel ſehr beſchwerlich. Auch weiter öſtlich iſt dieſer Mergel, mit ſehr mannig⸗ faltigen Farben, an der Oſtſeite der Bramegg anſtehend, und auch da von mächtigen, theils gemeinen, theils lockern Molaſſeſchichten bedeckt. Endlich ſchließt ſich an dieſe, oft unterbrochene Erſcheinung des bunten Mergels in der Nähe der Kalkalpen auch das Vorkommen mächtiger Mergellager an der weſtlichen Thalſeite bey Einſiedeln; dieſelben wechſeln mit feſter Molaſſe und fallen mit 400 nach 1400. Vollkommen gleiche Verhältniſſe, wie im Seeland, zei⸗ gen fich in dem ſchönen Profil des nördlichen Theiis der Mo⸗ laſſeformation, welches der Rhein zwiſchen Schafhauſen und Kaiſerſtuhl durchſchneidet. Bey'm Rheinthal iſt noch Kalk anſtehend. Es iſt der unterſte Fuß des Jura, über den ſich der Rhein hinunterſtürzt, denn bald unterhalb fließt er ſchon zwiſchen Molaſſe. Unterhalb Rheinau beſteht das Ufer aus buntem Mergel, theils in dicken Schichten, theils ſchiefrig, horizontal gelagert. Bey Balm lockere Molaſſe in mächtigen Schichten mit harten Knauern, theils als platte Ellipſoide, theils als Lager. Bey Buchberg ſehr hohe, felſige Ufer: bis ein Fünftel der Höhe horizontale rothe Mergellager von vor⸗ züglicher Reinheit und ſcharf abgeſondert von der damit wech⸗ ſelnden Molaſſe, höher nur lockere Molaſſe mit hervorſtehen⸗ den harten Lagern und Knauern. Die Lagerung ſcheint immer 104 II. Cap. Zweyter Abschnitt. noch Wettoptal, ſo wie man aber der Landſpitze bey Teuffen ſich nähert, wird auch die Höhe der Mergellager über dem Waſſer geringer, und beträgt an der Landſpitze ſelbſt kaum noch 3 Meter, und wenn man nun gegen Egliſau zu wieder eine nördliche Richtung nimmt, ſo ſteigen auch die Mergel⸗ lager wieder höher, ja ſelbſt ſtärker als ſie früher zu fallen ſchienen, denn, wenn zwiſchen Rheinau und Teuffen der Neigungswinkel ganz unmerklich war, und das ſüdliche Fallen nur in gröſſern Entfernungen, durch die Abnahme der Ordinaten über dem Flußniveau, erkannt werden konnte, ſo iſt hingegen hier die ſüdlich geneigte Lage der Schichten ſehr deutlich zu unterſcheiden. Bey Egliſau ſteigt der rothe Mergel, mit Molaſſe wechſelnd, ſchon wieder beträchtlich hoch. Nach den Trümmern zu ſchließen, die man aus den beyden Bohrlöchern herausgebracht hat, nehmen die bunten Mergelſchichten gegen die Tiefe zu bald ein Ende, und ruhen auf einer noch ſehr dicken Ablagerung von Molaſſe. Bey | | Kaiſerſtuhl endlich iſt man wieder von den äuſſerſten Lagern des Jurakalks eingeſchloſſen. Gyps. Das Vorkommen des fafrigen Gypſes in der Mo⸗ laſſeformation ſcheint ausſchließlich auf dieſe Gruppe beſchränkt, wenigſtens ſind mir gar keine Angaben bekannt, die das Gegentheil vermuthen ließen. Ja man ſollte beynahe glau⸗ ben, daß ſelbſt in dieſer Gruppe nur ein verhältnißmäßig kleiner Theil, nämlich die Gegend zwiſchen Genf und Neuen⸗ burg, dieſe Subſtanz aufzuweiſen habe. Die einzigen That⸗ ſachen, die ich kenne, werden von Sauſſure, 2) Graf Razoumovski ?) und Hrn. von Buch angeführt, die erſtern beziehen ſich auf die Gegend von Genf und den ſüd⸗ lichen Saum des Jura in der Waadt, diejenige des Hrn. von Buch, die ich aus dem mehrmals eitirten Catalog hier 26) Voyages d. I. A. g. 52 et suir. 77 Jorat II. p. 152. Gebirgsarten. Molaſſe. 105 mittheilen will, auf FAR I von Boudry am Nenen- burger⸗ See: 9 „Nr. 151 und 152. „Blaulichgrauer Mergel mit kleinen Adern von faſrigem Gyps mit Seideglanz, von 1 Zoll Mäch⸗ tigkeit bis zum Verſchwinden; bald verbunden, bald getrennt, anſchwellend, kleine Stücke Mergel einſchlieſſend, und ſich wieder verlierend. Südöſtlich von Boudry an der Sagne.“ „Das Stück zeigt was im Großen ſtatt findet. Der Gyps bildet im Mergel keine Lager von anhaltender Mächtigkeit, fie zertheilen und verlieren ſich, fie ſchwellen auf, und er- ſterben kurz nachher, und obſchon ſie bisweilen die Dicke von einem halben Fuß erreichen, ſo iſt es doch nur für wenige Augenblicke. Deſto beträchtlicher iſt ihre Anzahl, denn es iſt beynahe keine Stelle von 20 Fuß im Mergel, wo man nicht wenigſtens ein kleines Fäſerchen gewahr würde; plötzlich wird es dicker, aber kurz dane fällt es in ſeinen vorigen Zuſtand zurück.“ „Der Mergel iſt der Molaſſe nenne er wird davon bedeckt an dem Abhang, an deſſen Fuß man ihn findet, und ſeine Grundlage iſt eine Molaſſe von gleicher Art. Die Schichten heben ſich ſanft gegen Nordweſt, ſie treten daher am Abhang des Berges gegen Boudry ſucceſſiv hervor. Ihre Folge läßt ſich aber noch leichter an den Ufern der Reuze beobachten: der Bach hat ſich in dieſen wenig Widerſtand leiſtenden Maſſen ſein Bett gegraben, und man ſieht ihr Profil mit gleicher Schärfe, als eine Zeichnung es geben könnte. Der Gyps ſetzt unter dem Hügel durch, auf dem Boudry gebaut iſt, die Fundamente der Häuſer ſind faſt alle in dieſe Steinart eingegraben.“ Aus dem Aargau und aus der östlichen Schweiz weis ich nicht einer Stelle zu erwähnen, wo man Gyps in der Molaſſe gefunden hätte. | Die ſonſt noch in dieſer Gruppe vorkommenden unterge⸗ ordneten Maſſen und einzelnen Foſſilien, wie die Lager von 7 10% II. Cap. Zweyter Abſchnitt. 1 Braunkohle und bituminöſem Mergel, die Lager von Nagel- fluh, die Braunkohleneſter mit Schwefelkies und Eiſenoryd, werde ich in ſpätern Theilen dieſer Arbeit unterſuchen. Thon⸗ gallen hat die lockere Molaſſe mit den Molaſſen der vorigen Gruppen gemein. I er, Man Sehe unter dieſer Venen gin die eich Con⸗ glomerate mit ſandſteinartigem Bindmittel, welche in den ſubalpiniſchen Hügeln vorkommen, und nicht dem aufge⸗ ſchwemmten Lande angehören. Obſchon es wohl am natürlichſten iſt, den Sandſtein, der die Nagelfluhgerölle verküttet, Molaſſe zu heiſſen, indem, wie ich ſchon bemerkt habe, in mehrern Fällen dieſes Bind⸗ mittel unmittelbar mit den einſchließenden Molaſſelagern zu⸗ ſammenhängt, und ſich in nichts von denſelben unterſcheidet, ſo würde man doch irren, wenn man in den vorhergehenden Beſchreibungen die gewöhnlichſten Merkmale dieſes Bind⸗ mittels wiederzufinden glaubte. Die auffallendſten Abweichungen des Ragelfuhkütts v von. der Molaſſe betreffen das Korn und die Farbe: Das Korn iſt meiſtens gröber, ſo daß die Sandſteinſtruc⸗ tur ſelten zweifelhaft bleibt, und die Körner ſind ſich weniger gleich an Größe. In die größern Zwiſchenräume haben ſich kleinere Gerölle eingelagert, in die Räume, die dieſe laſſen, noch kleinere, und ſo abwärts, daß man in Verlegenheit iſt, die Grenze zwiſchen Kütt und Gerölle zu beſtimmen; eben ſo wie wir in einem ähnlichen Fall keine ſichere Trennung der Molaſſekörner vom Bindmittel derſelben vorzunehmen wußten. In einigen Arten, und nicht den ſeltenſten, iſt das Cement in der That eine Nagelfluh von kleinerm Korn, ſo Gebirgsarten. Nagelſluh. A daß man eigentlich drey mittlere Geröll- oder Korngrößen angeben könnte, die der großen Gerölle, die der Gerölle des Cements, und die Größe der Körner im Sandſtein. Häufig auch iſt indeß das Bindmittel ein wirklicher, kleinkörniger Sandſtein, der nicht nur wenig kleinere Gerölle einſchließt, ſondern ſelbſt die größern Gerölle oft trennt und ſich zu Neſtern und Lagern anhäuft, letztere zuweilen mit ſchie⸗ frigen Abſonderungen, zuweilen auch unabgeſondert, ſo daß auf beyden Seiten der größern Bruchſtücke die Eindrücke der Gerölle erſcheinen. Endlich iſt die Nagelfluh oft auch durch einen feinen Mergel verküttet, der, obſchon in manchen Fäl⸗ len ſehr feſt, ſich doch im Waſſer erweicht und die Nagelfluh leicht der Zerſtörung ausſetzt. Ein merkwürdiges Verhältniß findet zwiſchen der Figur der Körner und Gerölle und ihrer Größe ſtatt. Die größern Gerölle find, wenn ihre Gebirgsart nicht etwa ſchiefrig iſt, gewöhnlich ganz abgerundet, die kleinern, die auf der Grenze zwiſchen Geröll und Bindmittel ſtehn, zeigen mehr ſchon po⸗ lyedriſche Formen mit ſtark abgerundeten Ecken und Kanten, die Sandkörner find eckigt, zuweilen bis ans Scharfkantige grenzend. Es laſſen ſich die Urſachen diefer Erſcheinung leicht in der Entſtehungsart der Nagelfluh nachweiſen. Die Sand⸗ körner und kleinern Gerölle ſind nämlich unbezweifelt als der Abfall der ſich an einander reibenden und zum Theil ſich zer⸗ trümmernden größern Gerölle zu betrachten. War dieſer Ab⸗ fall ſo klein, daß er nicht mehr gerollt, ſondern ohne Rota⸗ tion weiter getragen wurde, ſo behielt er die Form, die er urſprünglich erhalten hatte, die Form nämlich von Trümmern und Splittern, bey, und blieb eckigt und zum Theil ſcharf⸗ kantig, war er aber, wie dieß beſonders bey der Zertrüm⸗ merung eines Gerölles der Fall ſeyn mußte, noch ſo groß, daß die Reibung und Rotation Einfluß auf ihn gewinnen konn⸗ ten, ſo rundete er ſich von neuem ab, und da jene beyden Kräfte in einem geraden Verhältniß ſtehn zur Maſſe und zum 108 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Volumen der Körper, ſo mußte auch die Figur derſelben das Gepräge dieſes Verhältniſſes erhalten. 1 Daß übrigens dieſe Theorie nur da ihre Anwendung fin⸗ det, wo Gerölle und Bindmittel aus den nämlichen Subſtanzen beſtehen, iſt kaum nöthig zu erinnern. In mehreren Nagel⸗ fluharten, z. B. in denen mit Mergelcement, ſcheint kein ſo inniger Zuſammenhang zwiſchen Geröll und Kütt ſtatt zu finden, und wenigſtens ein beträchtlicher Theil dieſes letztern ſchon urſprünglich dem ſchlammigen Strom, der die Nagel⸗ fluh ablagerte, beygemiſcht geweſen zu ſeyn. | Die Farbe des Bindmittels kömmt am erſten mit der⸗ jenigen der grobkörnigen Molaſſe überein; ölgrüne, oder dun⸗ kelblaugraue Farben habe ich, ausgenommen in den Lagern und Neſtern, die in den Gruppen von Bern und vom See⸗ land vorkommen, niemals gefunden. Nicht ſelten hingegen erſcheinen, und zwar in ganzen Gebirgen, braune und rothe Farben, wie wir ſie nie in der Molaſſe ſehn, wenigſtens nie da, wo ſie ſelbſtſtändig erſcheint, denn einzelnen, der rothen Nagelfluh untergeordneten Lagern theilt ſich auch die Farbe der einſchließenden Steinart mit. In Betreff der Feſtigkeit hingegen durchläuft die Nagel⸗ fluh alle die verſchiedenen Phaſen, die wir in der Molaſſe ge⸗ funden haben. Sie iſt in der Nähe der Alpen oft ſo hart, d. h. der Kütt hängt unter ſich und mit den Geröllen ſo feſt zuſammen, daß man nur mit großer Anſtrengung einzelne Stücke oder Gerölle losſchlägt, und unter den Molaſſen aller Gruppen nichts feſteres anzugeben wüßte. Sehr oft iſt der Kalk, der das Bindmittel verküttet, ſogar kryſtalliſirt, und der Sandſtein ſchimmert von mikroſkopiſchen Spathſchüppchen, oder enthält auch größere Neſter und Adern von Kalkſpath. Nicht ganz richtig führt man oft das Zerbrechen der Ge⸗ rölle beym Zerſchlagen der Nagelfluh als einen Beweis ſehr großer Feſtigkeit an. Bey'm Zerſchlagen kleinerer Blöcke ſehr feſter Nagelfluh habe ich häufig die Gerölle aus dem Kütt Gebirgsarten. Nagelfluh. 109 losreiſſen und nur dieſen brechen geſehen, verſucht man aber nur einzelne, hervorſtehende Gerölle herauszuſchlagen, ſo iſt leicht zu erwarten, daß, wegen der am einen ſenkrecht, am andern ſchief wirkenden Kraft, eher das Geröll als das Bind⸗ mittel nachgeben werde. Auch kann das mörtelartige Cement, ohne noch ſehr feſt zu ſeyn, größern Zuſammenhang haben, als lang gerollte, zum Theil von mehrfachen eee durchſetzte Gebirgsarten. In größerer Entfernung von den Alpen nimmt auch die Feſtigkeit der Nagelfluh ab, wie die der Molaſſe; doch iſt ſie im Allgemeinen immer feſter als dieſe, und nur in einzelnen Fällen iſt ihr Kütt wahre lockere Molaſſe oder gar Sand. Ueber die Größe der Gerölle laſſen ſich keine allgemeinen Sätze aufſtellen. In einigen Schichten herrſcht die größte Ungleichheit, ſo daß Blöcke von 1 Meter Durchmeſſer und kleinere Gerölle bis zur Körnergröße durch einander liegen (Ralligen, Schännisberg). In andern iſt die Größe zwiſchen engere Grenzen eingeſchloſſen, und man kann mit einiger Beſtimmtheit eine mittlere Geröllgröße angeben. Gewöhnlich fällt dieſe zwiſchen 4 bis 8 Centim. Durchmeſſer. Daß die gröbſten Gerölle immer in den tiefſten Schichten liegen, habe ich nicht beſtätigt gefunden, die Schichten von Ralligen beweiſen das Gegentheil. Es würde ſich auch dieſes Geſetz nur dann erwarten laſſen, wenn die ganze Nagelfluh⸗ -ablagerung gleichſam aus einem Guß wäre, und auch in dies ſem Fall hätte eher das fpeeififche Gewicht, als das Volumen die Sönderung der Gerölle beſtimmt. Hingegen iſt es aller⸗ dings auffallend, daß die großen Blöcke nur zunächſt den Alpen in der Nagelfluh vorkommen. 5 Verſchiedene Schichten zeigen auch einen verſchiedenen Grad der Erhaltung ihrer Gerölle. In einigen iſt die Ver⸗ witterung der Granite und anderer Gebirgsarten ſehr weit vorgerückt, vorzüglich, wie es ſcheint, durch Oxydations⸗ prozeſſe des Eiſens, ſo daß ſich oft kaum mehr das urſprüng⸗ 110 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. liche Geſtein erkennen läßt, und wenigſtens die Farbe ſehr verändert iſt. In andern hingegen findet man die Gerölle noch ſo friſch, als ob ſie erſt vom Muttergeſtein wären ge⸗ ſchlagen worden. Da man indeſſen ſelten dazu kömmt, friſche Anbrüche zu ſehen, ſo möchten viele dieſer Verſchiedenheiten ſich ſehr einfach aus der kürzern oder längern Dauer ihrer Entblößung von aller Bedeckung gegen Waſſer und Atmo⸗ ſphäre erklären laſſen. Statt einer oberflächlichen Charakteriſtik der Gebirgs⸗ arten, aus denen die Nagelfluhgerölle beſtehen, finde ich es der Wichtigkeit des Gegenſtandes angemeſſener, die Ablage⸗ rung gleichſam Schicht für Schicht zu unterſuchen, und alle Schichten, die ihrer Lage und Beſchaffenheit nach vereinigt werden müſſen, in Gruppen zuſammen zu faſſen. Ich be⸗ ſchränke mich zunächſt, wie in den übrigen Theilen dieſer Arbeit, auf die Nagelſtuh unſers Cantons, die ich einzig mit mehrerer Sorgfalt unterſucht habe; was mir von der Nagel⸗ fluh anderer Gegenden bekannt Hi werde ich in einem An⸗ hang nachfolgen laſſen. Die Gerölle jeder Gruppe habe ich nach dreyen Claſſen abgetheilt, in Gerölle ſüdlicher, nördlicher und zweifelhafter Abſtammung. Die erſte Claſſe begreift diejenigen, welche ich in den Alpen anſtehend gefunden habe, die zweyte diejenigen, die mir nach den in der Einleitung erwähnten Unterſuchun⸗ gen, ganz unzweydeutig mit Gebirgsarten des Schwarzwaldes oder des Jura übereinzuſtimmen ſcheinen, die dritte wird durch die Aufſchrift näher bezeichnet. Es ſoll durch dieſe Eintheilung indeß keineswegs der Finalunterſuchung über den Urſprung und die Bildung der Nagelfluh vorgegriffen werden, denn dieſe darf nicht allein auf die Natur der Ge⸗ rölle ſich ſtützen; ihr Zweck iſt blos, als eine künſtliche Claſſi⸗ fication die Ueberſicht zu erleichtern, und fie ſchien mir hiezu aus mehrern Gründen geeigneter, als eine rein petro⸗ graphiſche, in welcher Alpenkalk und Jurakalk, weißer und Gebirgsarten. Nagelſluh. 111 rother Granit dicht neben einander wären zu ſtehen ge— kommen. Gruppe von Guggisberg. Der Gebirgskamm des Schwendelbergs iſt die höchſte Erhebung zwiſchen der Gurnigelkette und dem Jura, und eine der höhern Erhebungen der Molaſſe-Formation über⸗ haupt. Die Abhänge dieſes Kamms ſind äuſſerſt ſchroff, und ſtoſſen in der Höhe faſt zuſammen; die Dicke iſt daher im Ver⸗ hältniß der Längenausdehnung ſehr gering, doch beträgt auch dieſe, von der Senſe bis Ryffenmatt gerechnet, nur bey einer guten Bernſtunde. Nach aller Analogie der äußern Formen ſollte man ſenkrechte, oder ſteil emporſtehende Schichten einer aller Zerſtörung Trotz bietenden Felsart erwarten, und doch liegen die Schichten faſt horizontal, und beſtehen aus Con⸗ glomeraten. Der Gedanke, daß man hier den letzten Ueber⸗ reſt einer vordem die ganze Schweiz bedeckenden Nagelfluh⸗ maſſe vor ſich habe, dringt ſich faſt unwiderſtehlich auf, ) ſo ſehr man ihm ſonſt auch abgeneigt ſeyn mag. . Die Nagelfluh, welche den Rücken des Schwendelbergs und Guggershorns bildet, hat zu ihrem Kütt einen graulich⸗ und bräunlichweißen Sandſtein mit kalkigem Cement und Körnern von ſehr ungleicher Größe, welche größtentheils aus Quarz beſtehn; auch einzelne weiße Glimmerblättchen ſind beygemengt. Der Kütt umſchließt die Gerölle ſehr feſt. Die Größe der Gerölle iſt ſehr verſchieden, im Durch⸗ ſchnitt mögen ſie 5 Centim. Durchmeſſer haben. In den ober⸗ ſten Schichten, auf Guggershorn, findet man auch einzelne Blöcke von 1 Meter im Durchmeſſer. Sie liegen ohne Regel⸗ mäßigkeit durch einander. 50 Ne Mannigfaltigkeit der Gebirgsarten ul ſehr gering. Gerölle ſüdlicher „ 1. Schwärzlich rauchgrauer Kalk, mit mehrern albſon⸗ derungen, ſo daß er bey'm Schlagen leicht in Stücke zer⸗ 112 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. ſpringt; die Bruchfläche von kleinen Kalkſpathſ Gönnen ziem⸗ lich ſtark ſchimmernd; von weißen Kalkſpathadern durchzo⸗ gen. — Ein nicht zu verkennender Alpenkalk. 88. 8. 2 Sehr feſter Sandſtein, mit Kalkcement; feinkörnig, mit einzelnen größern £ Quarzkörnern; unebner, oder groß⸗ muſchliger, ſplittriger, ſchwach ſchimmernder Bruch; im Kern dunkel blaulichgrau⸗ am Rand bräunlich; geradſchiefrig ab⸗ geſondert. — Gurnigelſandſtein. sb. 12% 134 Gerölte nördlicher Abſtammung. 3. Dichter bräunlichweißer Kalk. Unebner Bruch ins Splittrige, mit vielen Splittern, von vielen ſehr kleinen Spathſchüppchen ſchimmernd. Die dichten Kalktheile oft als runde Körnchen im Kalkſpath ausgeſondert, ſo daß der Stein einen Uebergang in Rogenſtein bildet. gg. 4, 5. 4 Gelblichweiße und braune dichte Kalkarten. Groß- mh Bruch, von Spathſchüppchen mehr oder weniger ſchimmernd. sb. 4, 5, 7, 9. 5. Körniger Kalk. Undurchſichtige Schuppen mit Perl⸗ mutterglanz / gelblichweiße mit bräunlichgrauen gemengt, bis zu 2 Millim. Größe. Zerſtreute ochergelbe erdige Theile. sb. 2. Es is faſt nicht zu bezweifeln, daß dieſe Kalkarten fammtlich aus dem Jura abſtammen. Sie ſtehen in einem 5 5 bedeutenden Verhältniß zu den übrigen Geröllen. Gerölle ungewiſſer ubgammunz. 6 Fein⸗ und kleinkörnige fete Sandsteine mit Kalk⸗ cement. Das Bindmittel in ſehr kleinem Verhältniß. Die Körner meiſtens Quarz, auch Feldſpath und Kalk. Weiße Glimmerblättchen. Schwarze Pünktchen. Bräunlichweiß, bräunlichgrau, ochergelb, dunkelbrau. sb. 10, 14. gg. 14, 44, 15, Dieſe Sandſteine find unter den Geröllen vorherrſchend. Am nächſten fallen fie mit dem Gurnigelſandſtein zuſammen, doch Gebirgsarten. Nagelfluh. 113 doch ſind mir bey dieſem nie ähnliche Farben vorgekommen, und der Kalk iſt in einem ſtärkern Verhältniß. Man kann fie auch mit dem Sandſtein des Nieſen und Hohgant ver- gleichen, aber in dieſem fehlt der Kalk meiſtens ganz, und die Farben ſtimmen nicht beſſer überein. 7. Muſchlige Hornſteine, mit mehrern ebenen Abſon⸗ derungen. Bräunlichgrün und blaßröthlich, oder violet, in einander verwaſchen. gg. 9. sb. 6. Es wäre ſchwer zu entſcheiden, ob dieſe Hornſteine, die wahrſcheinlich als Knauer im Kalk lagen, aus den Alpen oder anderswoher ſtammen; doch wäre ich eher für das Er- ſtere geneigt. Wenn man von der Guggersbachbrücke aufwärts gegen Schwarzenburg oder Guggisberg ſteigt, ſo ſieht man nach und nach mehreremal dieſe Nagelfluh mit Molaſſe wechſeln; die Nagelfluhſchichten liegen aber meiſt ſchon zu hoch, als daß ſie noch im Profil am Ufer erſcheinen könnten. Das Fallen iſt immer ſchwach ſüdöſtlich. In ungefähr mittlerer Höhe zwiſchen dem Senſegrund und dem Guggershorn iſt der Mo— laſſe auch eine Mergelſchicht eingelagert, welche eine Menge der gewöhnlichen Molaſſepetrefacten enthält. 0 Der Gipfel des Guggershorns wird gebildet durch einen bey 15 hohen, bey 30m von O. nach W., und etwa 10m von N. nach S. ausgedehnten Nagelfluhfels, der nach allen Seiten ſenkrecht abgeſchnitten und daher faſt unerſteiglich iſt. Ganz oben ſollen ſich Trümmer zerſtörter Molaſſelager befin- den. Von feinem Fuß weg ziehen ſich ſehr ſteile Raſenhal⸗ den, nördlich nach Wahlenhaus, ſüdlich nach Guggisberg, aus denen an mehrern Stellen ebenfalls Nagelfluh hervorragt. An der Fluh ſelbſt bemerkt man keine Schichtungsabſonde⸗ rung; einige Stellen, wo das Bindmittel keine Gerölle ent⸗ hält, fowohl an der nördlichen, als weſtlichen Seite, deuten f 8 114 ll. Cap. Zweyter Abſchnitt. auf horizontale Lagerung; die häufigen Quellen an dem Ab⸗ hang von Guggisberg ſcheinen aber auch hier eine W Einſenkung nach Süden zu beweiſen. Nordöſtlich fällt der Gebirgszug des Guggershorn und Schwendelberg, unter Wahlenhaus (175 unter dem Gipfel des Schwendelbergs) in 30m hohen, wohl über eine Viertel⸗ ſtunde anhaltenden Felſen in die Ebene von Schwarzenburg 9 ab. Dieſe ungeheure Nagelfluhmaſſe ſcheint durch eine ein⸗ zige Abſonderung in zwey horizontale Lager getheilt zu wer⸗ den. Deutliche ſenkrechte Spalten, zwiſchen denen die Na⸗ gelfluh ſanfte Bauchungen macht, geben der Fluh das An⸗ ſehen von an einander gereihten dicken Thürmen. In glei⸗ cher Höhe ſcheinen an der Weſtſeite, gegen die Guggersbach⸗ brücke zu, nur abwechſelnde Nagelfluh- und Molaſſelager, von der Dicke weniger Meter, zu liegen. Eine ähnliche Anhäufung von Nagelfluh begrenzt den Schwendelberg ſüdöſtlich. Das Thälchen zwiſchen der Hall⸗ ſtädtegg und dem Guggershorn wird, etwa eine Viertelſtunde öſtlich von Guggisberg, durch eine faſt bis in die Höhe des Dorfs erhobene Decke, bis auf eine ſchmale Spalte geſchloſ⸗ ſen. Die Decke hängt nördlich und öſtlich mit dem Plateau zuſammen, auf dem Ryffenmatt, der Schwendelberg und das Guggershorn ſtehn. Gegen Mittag ſcheint ſie ſchwach anzu⸗ ſteigen, fällt aber, am Fuß der Pfeife, plötzlich in 20 bis 30 Meter hohen Felſen ſenkrecht ab und bildet mit dem Abhang der Gurnigelkette die letzte Thalverengung. f An dieſen Felſen bildet ein Sandſtein Zwiſchenlager / der mit dem Sandſtein auf dem Rigikulm eine große Aehnlichkeit zeigt: er iſt ſehr hart und äußerſt feinkörnig, mit unvollkom⸗ men ſplittrigem Bruch, grünlichgrau, zum Theil dunkelroth gefleckt, und im Querbruch gebändert, auf den Abloſungen von ſehr vielen, aber von bloßem Auge nicht erkennbaren Glimmerſchüppchen ſtark ſchimmernd; theils ſchiefrig in klein⸗ wellenförmigen Lagern, theils in meterdicken Neſtern mit Gebirgsarten. Nagelfluh. 115 ſchaligen Abſonderungen; er ſteht übrigens in Verbindung mit dem Kütt der Nagelfluh. Die Gerölle, große und kleine durcheinander, wie oben ihr Guggershorn, beſtehen aus denſelben Gebirgsarten, die ich eben erſt angegeben, nur ſcheinen die harten Sandſteine faſt alle übrigen zu verdrängen. Das Fallen, an dem untergeordneten Sandſtein erkenn⸗ bar, iſt, wie das der obern Fläche des Plateaus, ſchwach nordweſtlich. Weiter gegen den Schwendelberg zu ſcheinen die Schichten ſich in's Horizontale und ſchwach Südlichfal⸗ lende umzubiegen. Die Schichten der ganz nahen Gurnigel⸗ kette hingegen fallen auch hier ſtark ſüdlich; die Stelle kann daher auch unter denen angeführt werden, welche ein höheres Alter des Gurnigelſandſteins, und eine Trennung deſſelben von der Molaſſe⸗ Formation begründen helfen. fi Weſlicher als dieſe Felſen habe ich keine Anzeigen dieſer Nagelfluh gefunden. Es iſt möglich, daß die Giebelegg, welche ungefähr in der Fortſetzung des Schwendelbergs liegt, zum Theil daraus beſteht; der Berg iſt aber von allen Seiten ſo bewaldet, daß man wenig Hoffnung haben kann, irgendwo anſtehenden Fels zu finden. | . 5 Die größte Mächtigkeit ſcheint dieſe Nagelfluh im Schwen⸗ delberg zu erreichen; die ganze Dicke, vom Fuß der nördlichen Felſen bis auf den Grat des Schwendelbergs, mag gegen 450” betragen, Schon bey Guggisberg theilt fie ſich aber in einzelne Lager und wechſelt mit Molaſſe ab, und noch am rechten Senſeufer ſcheint die Molaſſe, wenigſtens in der Tiefe, ſogar vorherrſchend zu werden. Igndeſſen mag dieſe Abnahme an Mächtigkeit auch nur ſcheinbar, und der größere Theil der Nagelfluh durch Vege⸗ tation bedeckt ſeyn; denn es iſt nicht zu bezweifeln, daß die Ablagerung noch tief in den Canton Freyburg überſetze. Zwar habe ich am linken Senſeufer das Anſtehnde dieſer Formation nicht auffinden können, aber die Menge großer 8 * 116 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Blöcke einer mit der Guggisberger vollkommen identiſchen Na⸗ gelfluh überzeugte mich, daß ihr Stammort nicht ſehr ent⸗ fernt, und daß die Mächtigkeit ihrer Lager von nicht geringer Bedeutung ſeyn könne. Im Thal der Saane iſt Nagelfluh in den Gegenden von Pont-la-ville und Corbieres gefunden worden 2), und erinnert man ſich, daß Razoumovski die Nagelfluh von Vevay und St. Denis bis nach Bulle verfolgt hat u daß er dieſe Nagelfluh als der Molaſſe aufgelagert beſchreibt, und großentheils als aus Jurakalkgeröllen beſte⸗ hend 30), fo wird man nicht anſtehen, den Schwendelberg für das öſtliche Ende der mächtigen Nagelfluhablagerung zu halten, welche den Canton Freyburg mitten durchſchneidet, an beyden Seiten der Vevaise hohe Felſen bildet, und vom Genferſee zwiſchen Cully und Clarens abgeſchnitten wird. Die Gerölle, die ich bey Chätel- St. Denis aus der Nagelfluh e Sugaibeg vollkommen überein. ehre von E Sehr beſtimmt erreicht hingegen dieſe aher, wenn nicht ſchon bey Ryffenmatt, wo der Schwendelberg plötzlich ſich erniedrigt doch in der Ebene von Blumenſtein und Thun, ihre öſtliche Grenze; denn weder auf den niedrigen Hügeln dieſer Ebene, noch weniger in den hohen Gebirgszügen, die ſie öſtlich begrenzen, läßt ſich eine Fortſetzung derſelben auf⸗ finden. Die Nagelfluh wird überhaupt zwiſchen Ryffenmatt und Thun ſo beſchränkt und beynahe unterdrückt von der vorherrſchenden Molaſſe, welche nicht nur im Innern des Längenbergs und bis an die Gurnigelkette überall die Grund⸗ lage bildet, ſondern bis faſt auf die oberſten Höhen, den 28) Alpenroſen auf 1824, Reife auf den Molezon. 20) Jorat, II, P. 39. 30) Memoires de Lausanne, I, P. 76. Gebirgsarten. Nagelfluh. 117 Tſchuggen, die Rüggisbergegg / die Bütſchelegg, anſteigt, daß man die einzelnen Lager, die ſich noch vorfinden, nur als die äußerften Veräſtlungen der zwey mächtigen Gruppen von Guggisberg und Thun betrachten kann. Ich habe im Frühern ſchon auf das große Gebiet der Gruppe von Thun, die ſich von den Ralligſtöcken weg bis in das Thal von Dießbach und Röthenbach erſtreckt, aufmerkſam gemacht; ich habe ihre Verhältniſſe, ſowohl zu den ſüdlichen Gebirgsarten über Ralligen, als zu der Molaſſe des Kurzen⸗ bergs entwickelt, und kann mich daher hier jetzt auf die in⸗ nere Beſchaffenheit derſelben beſchränken. | Die Hauptmaſſe aller Gebirge dieſer Gruppe beſteht aus einer Nagelfluh, die ſich von derjenigen von Guggisberg we⸗ ſentlich unterſcheidet, obſchon auch einige Gerölle beyden ge⸗ mein find; denn fo wie dieſe kaum Spuren von Urgebirgs⸗ arten aufzuweiſen hatte — ich fand nur einige, ſehr wenig ausgezeichnete, wahrſcheinlich alpiniſche, Granite an der Südſeite des Schwendelbergs — ſo werden in jener die man⸗ nigfaltigſten Granite und Porphyre oft vorherrſchend, und der Wechſel ihrer Farben und Miſchungen iſt ſo groß, daß man nur mit Hülfe ausgedehnter Sammlungen hoffen darf, ein treues Bild dieſer Gebirgsart entwerfen zu können. Alle Schichten tragen im Allgemeinen das Gepräge einer gemeinſchaftlichen Abſtammung ihrer Beſtandtheile und einer analogen Bildung. Nicht ſelten ſchien mir freylich in dem einen Lager dieſe, in einem andern jene Gebirgsart vorherr- ſchend, und es mag ſich auch ſo verhalten; aber die wahrhaft charakteriſtiſchen Gerölle fehlen in keiner derſelben, und wir können daher, ohne Gefahr Heterogenes durcheinander zu mengen, alle in Einer Darſtellung zuſammenfaſſen. Doch werde ich zum Schluß noch einige allgemeine Bemerkungen über ihre Vertheilung nach den verſchiedenen Schichten, und über die ſonſtigen geognoſtiſchen Verhältniſſe dieſer Gruppe überhaupt beyfügen. 118 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Das Bindmittel dieſer Nagelfluh iſt meiſtens ein feſter, grobkörniger Sandſtein, der der grobkörnigen Molaſſe ſehr nahe ſteht, bräunlichgrau, grünlichgrau, mit weißen Glim⸗ merblättchen, nicht ſelten von Kalkſpathadern durchzogen, zuweilen auch ein feinerer Sandſtein, ebenfalls feſt, der aber ſchon in Mergel übergeht und vom Waſſer erweicht wird. Seröftle ſüdlicher Abſtammung. 1. Graulichſchwarzer Kalk. Sehr feinſplittriger Bruch 1 mit ſehr vielen Splittern, innig gemengt mit Kieſel, von weißen Kalkſpathadern durchzogen. Zuweilen findet man ihn mit ſchwarzem Hornſtein verwachſen. ml. 49, 50, 517 52, 68 ic. Deutlicher alpiniſcher Kalk. Dieſe Gerölle fehlen in kei⸗ ner Schicht, aber ſie ſind immer ſehr untergeordnet, und ihre Anzahl nähert ſich nie, auch nur von fern, dem Verhältniß, das ſie in den Lagern der Bäuchlen und Lochſeite behaupten. 2. Sehr feinkörniger harter Sandſtein mit kalkmerglich⸗ tem Bindmittel. Jeinſpſtriger Bruch. Dunkel blutroth. Matt. bb 36. Von dem ſandigen Mergel, der am Grüſisberg Lager in der Nagelfluh bildet, nicht zu unterſcheiden. Beſonders häufig in den Schichten der Falkenfluh; ob er ſüdlich von Thun auch vorkommt, darf ich nicht entſcheiden. Gerölle nördlicher Abſtammung. 3. Granit von großem Korn, mit porphyrartigen, hell- fleiſchrothen Feldſpathkryſtallen von 1 Centim. Durchmeſſer. Die übrige Maſſe ein Gemeng von ſehr vielem, größtentheils verwittertem tombackbraunem Glimmer, dichtem, apfelgrünem, auch halb verwittertem Feldſpath und Quarz. Der Perlmut⸗ terglanz der großen Kryſtalle hat ſich ſehr gut erhalten. ml. 54. Die Aehnlichkeit dieſes, in mehrern Schichten, z. B. am Guntenbach bey Sigriswyl, vorherrſchenden Granits mit Gebirgsarten. Nagelfluh. 119 Schwarzwäldergranit, dem des mittlern Wieſethals z. B., iſt auffallend. 4, Granitporphyr. Schmutzig violeter dichter Feldſpath, gelblichweiße, auch blaßfleiſchrothe Feldſpathprismen, zum Theil von 1 Centim. Länge; ſtark glänzender Quarz in be⸗ . l Verhältniß, ſehr wenig rabenſchwarzer Glimmer. tu. 7. — Scheint eine Varietät des vorigen. Ganz iden⸗ giſche Gerölle fand ich in der Wehr und Wisleth. 5. Granitporphyr. Dunkelblaulichrother dichter Feld⸗ ſpath, weißer und grüner blättriger Feldſpath mit hochfleiſch— rothen, 1 Centim. langen Feldfpathprismen, Dunkelgrüner Glimmer in ſechsſeitigen Tafeln. Wenig Quarz. tu. 57. — Wahrſcheinlich auch aus dem Schwarzwald, und mit dem vorhergehenden zu vereinigen. 6. Kleinkörniger Granit. Apfelgrüner, ins Weiße über⸗ gehender, unvollkommen blättriger Feldſpath. Dunkelgrüner Glimmer. Die drey Beſtandtheile in gleichem Verhältniß. ml. 39.— Von dieſer Granitart eine Menge Varietäten. Ue⸗ bergänge in's Feinkörnige, mit nur ſehr kleinen Glimmer⸗ blättchen, und zum Theil blaßpfirſichblüthrothem Feldſpath; die Farbe verwaſchen mit der weißen und grünen, und wahr⸗ ſcheinlich ein Produkt der Verwitterung. Der Glimmer auch weiß und hellgrün. ml. 38. — Auch in's Grobkörnige über- gehend; mit dunkelkarminrothem blättrigem Feldſpath; der kleinkörnige und grobkörnige am nämlichen Geröll. ml. 31, — Sehr kleinkörnig, theils mit vollkommner Granitfiruetur, theils gneusartig, weißer, röthlichweißer oder rother Feld⸗ ſpath mit Perlmutterglanz, weißer oder tombackbrauner, oft ausgezeichnet kryſtalliſirter Glimmer, grauer Quarz. Zr weilen häuft ſich der Glimmer neſterweiſe an; zuweilen ver⸗ drängt auch der Quarz den Feldſpath faſt ganz. tu. 84. Dieſe Granite zeigen ebenfalls große Aehnlichkeit mit den Schwarzwäldern, vorzüglich in der ausgezeichnet granitarti⸗ gen Structur und dem deutlich charakteriſirten, nicht talk⸗ + 120 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. artigen Glimmer. Die vorletzte Art beſonders erinnert an den dunkelgrünen Gneus bey Murg und die ihn durchſetzenden Adern von kleinkörnigem, hellröthlichem, freylich faſt glim⸗ merleerem Granit. In der Murg und Alb habe ich vollkom⸗ men übereinſtimmende Gerölle gefunden, bey Todtmoos, am Berg nordweſtlich, ebenfalls. 7. Gneus. Sehr viel graulichſchwarzer, fein zertheilter Glimmer, lagerweiſe angehäuft, gelblich weißer und röth⸗ licher blättriger Feldſpath in Adern, wenig Quarz. tu. 36. Dieſe Gneusart ſtimmt noch beſſer mit dem Gneus zwi⸗ ſchen Lauffenburg und Seckingen überein. Ebenfalls aus dem Schwarzwald ſcheinen folgende drey Granite: | 8. Kleinkörniger Granit. Der in beträchtlicher Menge vorhandene ſehr ſpröde Quarz mit ſtarkem Glanz macht das Anfühlen mehr als gewöhnlich rauh. Dunkelblaulichfleiſch⸗ rother blättriger Feldſpath mit weißem und ſpangrünem ge⸗ mengt; der erſtere vorherrſchend in ſehr feinen Theilen, der rothe und grüne auch in größern Prismen. Kein Glimmer, aber fein zertheilte Hornblende, zum Theil auch in Prismen von 1 Millim. Länge; nur ſehr untergeordnet. tg. 2. 9. Granit von größerm Korn, doch nicht grobkörnig. Viel Quarz. Hochfleiſchrother blättriger Feldſpath, mit ſehr wenig gelblichem Feldſpath, ſtark perlmutterartig glänzend. Aeußerſt wenig ſchwefelgelber Glimmer. Einzelne mikroſco⸗ g piſche Schwefelkieswürfelchen. tg. 1. 10. Kleinkörniger Granit. Graulichfleiſchrother dichter Feldſpath; ziemlich viel ſtark glänzender, zum Theil auskryſtal⸗ liſirter Quarz; gelblichrother blättriger Feldſpath in kleinen Prismen; ſehr wenig ſchwarzer Glimmer. Die Gebirgsart könnte auch als Porphyr aufgeführt werden. tu. 28. 14. Ein ausgezeichneter Porphyr! Dunkelfleiſchrother dichter Feldſpath, unebner Bruch, feinſplittrig mit vielen Splittern, ſchwacher Wachsglanz, als Grundmaſſe; hell⸗ * * Gebirgsarten. Nagelfluh. 121 fleiſchrothe, zum Theil bis 1 Centim. lange, perlmutterglän⸗ zende Feldſpathprismen. Einzelne zerſtreute Quarzkörner und dunkelgrüne Glimmerblättchen. In einigen Stücken han Quarz und Glimmer ganz. tu. 85. Ich habe unter den Geröllen der Alb mehrere ganz at tiſche Porphyrgerölle gefunden. Im Allgemeinen find die Schwarzwälderporphyre jener Gegend bläſſer, und beſonders die Prismen faſt weiß. Die dunklere Farbe der unſrigen könnte auch Folge mehr vorgerückter Verwitterung ſeyn, doch ſcheinen die Prismen ſehr friſch. 12. Wahrſcheinlich gehört auch dieſem Porphyrgebirge an: ein inniges Gemeng von dichtem Feldſpath und Kieſel. Sehr hart. Unebner feinſplittriger Bruch, in's Rauhe. Schwacher Wachsglanz. Dunkelkirſchroth mit Dunkelgrün nügneirt, von dunkelgrünen Adern durchzogen. Ausgeſon⸗ derte Quarzkörner und hochfleiſchrother blättriger Feldſpath in geringem Verhältniß und kleinen Theilen. tu. 17. 13. Noch ein Porphyr. Dunkelgraulichviolete Grund⸗ maſſe von dichtem Feldſpath; mit ſehr vielen, meiſt nur 1 Millim., ſeltner 3 bis 4 Millim. langen Prismen von hell⸗ fleiſchrothem, faſt weißem, oder hellgrasgrünem Feldſpath, die meiſten verwittert, die wenigen, die ihren Glanz erhalten haben, mehr in's Braunrothe. tg. 29. Wohl auch ein Schwarzwälder. 14. Kleinkörniger Gabbro. Dichter grüner Feldſpath mit dunkelgrünem, zum Theil verwittertem, Diallag. Von Abſonderungen durchſetzt, auf denen äußerſt dünne dunkel⸗ grüne Häutchen liegen. ml. 40. — In einem ähnlichen Gab⸗ bro liegt der Diallag, wie der Glimmer im Schriftgranit; 0 . Theile deſſelhen ſind dunkelkarminroth. ml. 3 Ich finde in meiner Schwarzwälderſammlung faſt iden⸗ tiſche Gabbro's. Mit dem Walliſergabbro find fie gar nicht zu verwechſeln. 1 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. 15. Dichter Kalk, bräunlichgelb; großmuſchliger Bruch, die Bruchfläche eben in's Feinſplittrige. Mit Adern oder Neſtern einer weichen, ſpeckſteinartigen Subſtanz, die ſich in Säuren nicht auflöſt und zum weißen Glas ſchmilzt. ml. 47. 16. Dichter Kalk; gelblichgrau, faſt NDS vollkommen ebener großmuſchliger Bruch. tu 79, | Beyde Kalkarten mit nach andern Abänderungen kommen faſt in allen Schichten vor, aber immer in äußerſt ſchwachem Verhältniß, unter Tauſenden von Geröllen kaum eines. Es iſt deutlicher Jurakalk. Gerölle sweifelhafter Abſtammung. 4 17. Eine Grundmaſſe von dichtem Feldſpath, dunkel⸗ graulichgrün, zuweilen mit einem röthlichen Anſtrich, zuwei⸗ len auch in's Dunkellavendelblaue, oder in's Hellſchimmel⸗ graue, öfters auch rein lauchgrün, mit ausgeſonderten Thei⸗ len von ſeladongrünem, oder auch hellfleiſchrothem Feldſpath, theils dichtem, als ob es nur Splitter der Grundmaſſe wä⸗ ren, theils blättrigem, aber ohne Kryſtallform; außerdem viele ſtark glasglänzende Quarzkörner, die Gebirgsart vorzüg⸗ lich charakteriſirend. Zuweilen in ein inniges Gemeng über⸗ gehend, in welchem man den Quarz an dem ſtarken Glanz erkennt, der ſich der ganzen Maſſe mittheilt. Selten und im⸗ mer ſehr untergeordnet mengen ſich auch ſchwache Glimmer⸗ blättchen ein. tu 38, 92, 93, 95, 96, 99 Es iſt mir unbekannt, woher dieſe unvollkommnen Por⸗ phyre, die in allen unſern Nagelfluhſchichten wieder erſcheinen, abſtammen mögen; ich habe weder in den Alpen, noch im Schwarzwald etwas Aehnliches gefunden, doch vermuthe ich ſie eher nördlich, vielleicht in mir nicht bekannten Theilen des Schwarzwaldes, oder in den Vogeſen. 18, Ein ſeladongrünes dichtes Foſſil. Unebner Bruch, vom Klein ⸗ ins Feinſplittrige und Erdige. Matt. Wird vom Stahl geritzt, ritzt Glas. Zum ſchwarzen Glas ſchmelzend. ml. 64. Gebirgsarten. Nagelfluh. 123 Dieſe Steinart, deren Natur mir eben ſo unbekannt, als ihr Stammort iſt, erſcheint in allen Nagelfluhſchichten der Thunergegend wieder. | 19. Inniges Gemeng einer dunkel graulichvioleten Sub⸗ ſtanz, wahrſcheinlich ein mit Kieſel gemiſchter Feldſpath, mit einer hellgrünen. Vor dem Löthrohr ziemlich ſchwer zum dunkelgrünen Glas ſchmelzend. Unebner, äuſſerſt feinſplittri⸗ ger Bruch, mit vielen Splittern. Matt. Die grüne Sub⸗ ſtanz ſondert ſich aus in Adern und Neſtern, und zeigt An⸗ lage zu blättriger Textur mit Perlmutterglanz. Außerdem Adern von Kalkſpath, oft mit der grünen Subſtanz gemengt. Letztere möchte am erſten zum Epidot gehören. tg. 19. Man findet Gerölle, welche die beyden letzten Stein⸗ arten, ml 64 und tg. 19, verbunden ehen „z. B. bb 27, 28. 0 20. Inniges Gemeng von Quarz mit blaulichfleiſchrothem Feldſpath und ſehr wenig gelblichem Feldſpath. Ohne Glim⸗ mer. Stark ſchimmernd. tg. 11. 24. Inniges Gemeng von dunkel fleiſchrothem Feldſpath und Quarz. Unebner, feinſplittriger Bruch. Ausgeſonder⸗ ter milchweißer Quarz mit Fettglanz und dunkel hochfleiſch⸗ rother blättriger Feldſpath. Kleine Neſter einer dunkel gras⸗ grünen Subſtanz. bb 10, | 22, Dunkel blutrother Hornſtein. Splittriger Bruch in's Kleinmuſchlige, von feinen Quarzadern durchzogen. tu. 22. 23. Ausgezeichnet muſchliger Hornſtein. Licht ſpargel⸗ grün, ſchimmernd, ſchwacher Wachsglanz. Beyde Horn⸗ feine, beſonders der erſtere, fehlen wohl in keiner Schicht, fie find aber immer nur ſparſam und in ſehr geringem Ver⸗ hältniß beygemengt. 24. Ein Sandſtein, den man leicht für Rogenſtein halten könnte. Er brauſt heftig auf in Säuren; die agglutinirten Körner find unauflöslich, hart, ee grau, ſchwarz/ röthlich u. ſ. ui wahrſcheinlich Kieſelarten, von ungefähr 124 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. 5 Decimillim. Durchmeſſer; die meiſten rund, einige mit Kryſtallflächen. Sie find vom Kalk ſehr feſt umſchloſſen, dieſer iſt aber überwiegend und der Stein zerfällt in Säuren zu Sand. Schmutzig violet, in's Wachsgelbe, tu. 41. | Auch dieſer Sandſtein erfchein in allen Schichten wie⸗ der, aber nie in größerer Menge. 25. Feſte, ſehr feinkörnige Sandſteine mit Kalkeement, zum Theil von Kalkſpathadern durchzogen. Quarzkörner, fo enge zuſammengedrängt, daß der Stein ein Quarzfels ſcheint, mitunter auch dunkelgrüne Körner. Der Bruch uneben in's Splittrige. Graulichbraun, ochergelb. ml. 46, 48. Es ſind zum Theil dieſelben bräunlichen Sandſteine, die auch in der Guggisbergnagelfluh vorkommen. 26. Feſter, grobkörniger Sandſtein. Körner von Quarz vorherrſchend, auch Körner von Hornſtein, Kieſelſchiefer, weißem Feldſpath; von ſehr ungleicher Größe, bis zu 2 Mil⸗ lim. Durchmeſſer. Kalkiges Bindmittel. Schwach bräun⸗ lichgelb in's Graulich- und Bräunlichweiße. ml. 65, Den Gurnigel- oder Bäuchlenſandſteinen nicht unähnlich. Wir haben geſehen, daß zu Ralligen die Nagelfluhlager, mehr Blöcke als Gerölle einſchließend, horizontal an die Ral⸗ ligermergel anſtoßen. Es iſt ſchwer, in den wilden Tobeln zu einer allgemeinern Anſicht dieſer Nagelfluh zu gelangen; ſo viel ich bemerkte, ſchien mir die Mehrzahl der Gebirgs⸗ arten, und beſonders die großen Blöcke, aus zweifelhaften Ge⸗ birgsarten/ unter denen die Sandſteine (25) und (26) vorherrſch⸗ ten, und nur in ſehr geringem Verhältniß aus Gebirgsarten nördlicher Abſtammung zu beſtehen. Große Gerölle oder Blöcke von rothen Graniten, oder Jurakalkſteinen habe ich nie geſehen. Schon im Lehmerengraben verliert indeß die Nagelfluh zum Theil dieſen außerordentlichen Charakter, und ihre Ge⸗ Gebirgsarten. Nagelfluh. 125 rölle, ſo wie die der übrigen Lager dieſer Gegend, ſind mehr von gewöhnlicher Größe. Doch erſcheinen noch hin und wie- der im Stammbach, ſogar noch im Hünibach bey Thun, große Blöcke eingeknettet. Die Schichtung iſt immer undeutlich bis gegen Ober- hofen. Die Bergwaſſer haben zwar an mehrern Orten ſich wohl bey 100m tief in das Nagelfluhgebirge eingefreſſen, und ſtürzen in Schründen mit ſenkrechten, oder überhangenden Wänden, zuweilen nur ſo weit von einander abſtehend, als der Bach Breite hat, dem See zu. Aber die lehrreichſten Stellen ſind meiſtens ganz unzugänglich, und an den übri⸗ gen, zum Theil auch noch ſehr hohen, iſt ſelten eine Spur von Abſonderung ſichtbar. Mit einiger Aufmerkſamkeit ent⸗ deckt man indeß einzelne dünne Zwiſchenlager, oder eher platte Neſter eines molaſſeähnlichen Sandſteins. In der Nähe von Ralligen ſcheinen dieſelben noch ganz horizontal; aber oben am Guntenbach, bey Sigriswyl, fallen ſie ſchon mit etwa 15 ſüdlich. Noch mehr gegen Thun zu wird das ſüdliche Fallen immer deutlicher, und erreicht zwiſchen Ober⸗ hofen und Steffisburg einen wohl zwey Stunden durch an⸗ haltenden Winkel von 30 bis 40 0. Die Rieſentreppe am nördlichen Fuß des Grüſisberges, aus 10 dicken, über ein⸗ ander aufſteigenden Nagelfluhlagern gebildet, offenbart, ob⸗ ſchon mit Wald und Weiden bekleidet, und Wohnungen auf ihren Stufen tragend, die innere Structur Weft Gebirge bis weit in die Ferne. ; Die Beſchaffenheit der Nagelflub ſcheint en Ral⸗ ligen und Dießbach nicht unwichtige Abänderungen zu er leiden. st In der Höhe des Guntenbachs ſind noch, wie zu Ral⸗ ligen, die harten Sandſteine und grünen Granitarten vor⸗ herrſchend. f Im Hünibach, am Ende des See's, miſchen ſich Stefter von grobem Sandſtein und dem früher befchriebenen harten 126 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. rothen Mergel ein. Auch hier noch ſind harte Sandſteine vorherrſchend, doch auch die Granite häufig, vorzüglich aus⸗ gezeichnet, in den mannigfaltigſten Varietäten die Art (6). Die Schichten fallen hier mit 28 gegen 170°, Am Fuß des Grüſisberges, bey Glockenthal, findet man bis in etwa Sm Höhe denſelben harten, aber durch's Waſſer langſam aufgeweichten, rothen und blaulichgrauen Mergel, mit ſtarkem Kalkgehalt, und an einzelnen Stellen ſelbſt in dichten Kalk übergehend; im Kleinen krummſchiefrig, im Großen geradſchiefrig abgeſondert. Ueber demſelben eine bey 20m hohe Nagelfluhſchicht mit einzelnen Molaſſeneſtern. Die kleinkörnigen, röthlichweißen Granite der Art (6), die rothen Granite überhaupt, und die unvollkommnen Por⸗ pPhyre (17) {ind bier vorherrſchend. Im Lauenengraben einem wilden Tobel nördlich von Glockenthal, iſt man im Liegenden der 10 bis 20 Meter mächtigen Einlagerung von buntem Mergel. Dieß Liegende beſteht aus abwechſelnden Molaſſe- und Nagelfluhſchichten, zum Theil auch neſterförmigen Einmengungen der einen in die andre, bey 10m tief; dann folgt wieder bunter Mergel, bis auf eine untere Nagelfluhſchicht. Die Granitarten, grüne und röthlichweiße, ſind hier vorherrſchend, in weniger ſtar⸗ kem Verhältniß erſcheinen die ganz rothen Granite. — Die mächtige Einlagerung von Mergel und wenig feſten Molaſſe⸗ lagern, hat in früherer Zeit wahrſcheinlich ſehr zerſtbrende Einſtürze am Grüſisberg verurſacht, und vielen Antheil an ſeiner gegenwärtigen, hier bedeutend eingebogenen Geſtalt genommen. Auch die Einſtürzungen bey Oberhofen rühren wohl aus einer ähnlichen Urſache her. Noch nördlicher, an der Dornhalden, wird das Bind⸗ mittel der Nagelfluh zu wahrer, gemeiner Molaſſe, die auch ohne Gerölle in Zwiſchenlagern und Neſtern erſcheint. Es ſcheinen hier die dunkeln harten Sandſteine wieder vorherr— ſchend, auch die Granitporphyre ſind ſehr häufig. Gebirgsarten. Nagelfluh. 127 Ungefähr eine Stunde unterhalb Thun, an der Heim— berg- oder Riederenfluh, find rothe Granite wieder in großer Menge und Mannigfaltigkeit vorhanden. Sie ſind auch größ⸗ tentheils ſehr gut erhalten, und ſitzen ungemein feſt und fo dicht in einander, daß man faſt kein Bindmittel gewahr wird. An der Falkenfluh endlich find die Porphyre (17) und die rothen Sandſteine (2) ſehr vorherrſchend, auch die grünen Granite nicht ſelten; aber die rothen ſcheinen nur in ſehr ſchwachem Verhältniſſe vorzukommen. Die Gerölle ſitzen auch hier ſehr feſt in dem harten Sandſtein ihres Bindmittels. Die Mächtigkeit dieſer Nagelfluhablagerung erſcheint ungeheuer, wenn man, was allerdings das Natürlichſte iſt, die Urſache der geneigten Lage ihrer Schichten in einer, allen gemeinſchaftlichen, Einſenkung oder Erhebung ſucht, und alſo die nördlichſten Schichſten als die tiefſten, die ſüdlichſten als die jüngſten betrachtet. Nimmt man, um nur ein Mi⸗ nimum zu beſtimmen, an, die unterſte Schicht liege in der Gegend der Rothache, die oberſte bey Oberhofen, und im Zwiſchenraum fallen die Schichten mit 25 füdlich / fo iſt die ſenkrechte Dicke der Ablagerung gleich 3500 m, was mehr als 7 Schweizerſtunden beträgt, und der ſenkrechten Höhe unſrer höchſten Gebirge über's Meer nahe kommt! | Man kann ſich aber auch vorſtellen, es haben in der frü⸗ her horizontalen Nagelfluhdecke mehrere partielle Einſenkungen ſtatt gefunden, und die verſchiedenen Gebirgszüge, in die ſich die ganze Ablagerung theilt, ſtehen ungefähr in demſelben Verhältniß zu einander, das man auch zwiſchen dem ſüdlich⸗ einfallenden Kalk und der daran ſtoßenden Nagelfluh voraus⸗ ſetzt. Die äußere Geſtaltung des Landes iſt dieſer Annahme theils günſtig, theils entgegen; es ſcheinen einerſeits wirklich innert dem Gebiet der Nagelfluh ſich Spuren von Längenthä⸗ lern zu finden, die wohl nicht anders, als durch innere Ein⸗ ſenkungen längs der Streichungslinie zu erklären ſeyn möch⸗ ten; andrerſeits aber bildet die Blume hinter Sigriswyl 128 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. gleichſam ein Centrum, an das ſich die ganze Maſſe zwiſchen Ralligen und Thun, ohne bedeutende Einſchnitte zu erleiden, anſchließt, ſo daß man nicht wohl einſieht, wie die Lager hier bey gleichem Fallen nicht auch einander aufliegen ſollten. Nähme man aber alle Lager zwiſchen Oberhofen und Thun als zu einem Ganzen gehörend an, ſo brächte man doch die Dicke der Ablagerung nur etwa auf die Hälfte, oder % Schweizerſtunden, herunter, was immer noch allen Glauben überſteigt. f f Gruppe der Bäuchlen und Lochſeite. Wir haben am nördlichen Fuß der Bäuchlen noch Nagel⸗ fluh gefunden voll rother und grüner Granite, Porphyre u. ſ. w., ganz mit den Geröllen der Thunergruppe überein⸗ ſtimmend. Höher nun folgt eine lange Reihe von Lagern, welche, gleich wie die des Hürndli und der Lochſeite, faſt ausſchließlich Gerölle von Kalkſtein und Sandſtein enthält, kaum von der Größe eines Ey's, und ſo dicht in einander ge⸗ fügt, daß man nur mit Mühe das Bindmittel gewahr wird. Die Einförmigkeit und die meiſt grauen oder ſchwarzen Farben dieſer Nagelfluh ſtehen in auffallendem Contraſt mit der bun⸗ ten Mannigfaltigkeit der tiefern Lager. Die große Rah der Gerölle beſteht aus folgenden Gebirgsarten: ̃ 1. Dichter Kalk, dunkel rauchgrau in's Bräunliche 7 großmuſchliger Bruch mit ſehr feinſplittrisen Bruchfläche, von weißen Kalkſpathadern durchzogen. I. 6. 2. Dichter Kalk, hell bräunlichgrau, in kleine, eckigte Bruchſtücke zerſpaltend, die Bruchfläche von ſehr vielen mi⸗ kroſcopiſchen Splittern ſchimmernd. Mit Neſtern von dun⸗ kelgrauem Feuerſtein. lo. 12. | Beydes Kalkarten der zunächſt anſtoſſenden Ketten. 3. Sehr feſter Sandſtein, graulichſchwarz, von äuſſerſt feinem, auch mit bewaffnetem Auge nicht erkennbarem Korn. Rauhe, Gebirgsarten. Nagelfluh. 129 Rauhe, durch feine Pünktchen ſchwach ſchimmernde Bruch- fläche. Dieſe Pünktchen ſcheinen weißer Glimmer; derſelbe zuweilen auch in größern Blättchen ausgeſondert. In Säu⸗ ren aufbrauſend, aber nur wenig auflösfich, der Rückſtand, ohne Veränderung der Form oder Feſtigkeit, einem fchwar- zen dichten Kalk ähnlich. Vor dem Löthrohr ſich mit einem durchſichtigen Glas überziehend, 10 ganz zu ſchmelzen. Von Adern durchzogen, die aus Quarz, ſcheinbar in Kör⸗ nern, und Glimmer beſtehn; grobkörniger und heller als die übrige Maſſe. Theils unabgeſondert, theils mit Anlage zum Krumm ⸗ und Dickſchiefrigen. Ich laſſe es unentſchieden, ob es wirklich ein Sandſtein ſey, oder eine chemiſche Mi⸗ ſchung von Quarz, Thon und Kalk. Ic. 5. 8. 9. Es iſt der in den hintern Alpenthälern und unter den großen Geſchieben der niedrigen Gegenden häufige ſogenannte Eiſenſtein. 4. Feſter, feinkörniger Sandſtein, mit noch erkennbarer Sandſteinſtruetur, rauhen Bruch in's Feinſplittrige, bräun⸗ lichgrau. Io. 10. Den Sandſteinen dieſer Gruppe vollkommen ähnlich, und wahrſcheinlich von den nächſt angrenzenden Lagern her⸗ ſtammend. Er könnte indeß auch der ältern Sandſteinfor⸗ mation angehören, die auf den hintern Kalkketten, dem Hoh⸗ gant, z. B., vorkömmt, Ebels Alpenſandſtein. Auf dem Rücken der Bäuchlen mengen ſich dieſen Ge⸗ röllen bunte Urgebirgsarten bey, und die Mannigfaltigkeit wird wieder etwas größer, doch bleiben die Kalk- und Sand⸗ ſteine der Alpen immer fe vorherrſchend. Es finden ſich darunter: 2 1. Groß⸗ und kleinkbrniger Granit, zum Theil beyde mit einander verwachſen. Sehr wenig Quarz, weißer und grünlichweißer blättriger Feldſpath, rabenſchwarzer Glim⸗ mer in größern Blättern. Manchen Alpengraniten ähnlich. E 8 9 130 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. 2. Feinkörniger, granitartiger Gneus, graulichweißer Quarz, röthlichweißer, ſtellenweiſe dunkel pfirſichblüthrother Feldſpath, dunkel tombackbraune und einzelne weiße Glim⸗ merblättchen, neſterartig angehäuft. bc. 15. 16. | Es iſt dieſelbe, den Alpen fremde Gneusart, die wir bey Thun gefunden. (u. 84.) 3. Conglomerat. Erdige, blutrothe Grundmaſſe, mit eingewickelten weißen Quarz - und Feldſpathkörnern, und größern, aus weißem Feldſpath und vielem ſchwarzem Glimmer gemengten Stücken. bo. 22. Einer Abänderung des Sernfter - Congfomerit ſehr h ähnlich. ; 4. Nagelfluh. Theils kleinkörnig, fo daß man fie noch als Sandſtein betrachten könnte, theils Gerölle von 1 Centim. enthaltend. Die Gerölle beſtehen aus Feuerſtein, ſchwarzem und rothem Kieſelſchiefer, äuſſerſt feinem gelblichem Sand⸗ ſtein mit Kalkeement, weißem Quarz, dichtem hellgrauem und graulichſchwarzem Kalk. Das Bindmittel iſt ein aus denſelben Beſtandtheilen zuſammengeſetzter Sandſtein, der mit Säuren heftig braust. bo. 9. 20. i Es iſt dieſelbe Nagelfluh, die auch in den obern Schich⸗ ten des Rigi ſo häufig vorkömmt und zum Theil, als Zeuge eines uralten Conglomeratgebirges, das man nur noch in ſeinen Trümmern findet, großes Aufſehn erregt hat. Ich wäre geneigt ihren Mutterort in nicht großer Entfernung zu ſuchen und ſie als Bruchſtücke vom Bindmittel derſelben Nagelfluh zu betrachten, in der ſie als Geröll erſcheint. Es iſt ja gewöhnlich der Fall, daß unter den Geröllen der Conglomerate auch die Gebirgsarten ſich finden, mit denen ſie abwechſeln, oder denen ſie aufliegen. | Gebirgsarten. Nagelfluh. 131 Gruppe des Emmenthals. Es iſt nicht mein Zweck, unter dieſem Titel in eine weitläufige Beſchreibung der Emmenthaler Nagelfluh einzu⸗ treten, die Hülfsmittel, die ich beſitze, würden hiezu lange nicht ausreichen. Ich habe zwar Gerölle an vier Punkten geſammelt, die mir zweckmäßig gewählt ſcheinen, um zu einem Ueberblick der ganzen Formation zu gelangen; näm⸗ lich, in der Gegend von Schangnau, bey Eggiwyl, auf dem Schärlig bey Kurzenbach und bey Grünenſtein zwiſchen Trubſchachen und Kröſchenbrunn; aber an allen dieſen Orten war die Mannigfaltigkeit der Gerölle ſo groß, daß ich kaum zu einer klaren Einſicht über das Vorherrſchen der einen Gebirgsart gegen die andere gelangte, und gar nicht hoffen darf, auch nur die Mehrzahl der verſchiedenartigen Ge⸗ ſteine geſammelt zu haben. Auch die Lagerung iſt mir nur in den beyden Thälern der Emme und Ilſis näher bekannt, in die Seitentobel, des letztern beſonders, und an die Oſt⸗ ſeite des Napfs bin ich noch nicht vorgedrungen. Indeß glaube ich, daß die Sätze, die ich in letzterer Hinſicht auf⸗ ſtellen werde, wenig bedeutende Abänderungen von neuen Unterſuchungen zu befürchten haben, und ziemlich allgemein auf das ganze vom Napf beherrſchte Gebiet von Schangnau bis Luzern, oder bis zum Ende der großen Nagelfuhabla⸗ ger ng ausgedehnt werden können. | Sauſſure hat der Unterſuchung der Emmegerölle ein eigenes Capitel in ſeinen Reiſen gewidmet. Die Gerölle der kleinen Emme ſammelte er zu Luzern, die der großen ſcheint er entweder durch Correſpondenz erhalten, oder im untern Emmenthal, vielleicht in den Gegenden von Kirch⸗ berg unterſucht zu haben. Sein Kennerblick ſagte ihm ſo⸗ gleich, daß dieſe Gerölle nicht aus unſern Alpen ſtammen könnten, und er ſtellte daher zuerſt die Vermuthung auf, daß dieſelben aus nördlichen Gebirgen Richten hergeſchwemmt worden ſeyn. jan 132 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Daß Sauſſure nicht höher an beyden Emmen ange⸗ ſtiegen war, hatte indeß zur Folge, daß er in einen dop⸗ pelten Irrthum über die Natur dieſer Gerölle verfiel, Da die Nagelfluh, die er näher geſehn haben mochte, die von Vevay nämlich und die vom Rigi, ihm nur Kalk, Feuer⸗ ſteine und Sandſteine dargeboten hatte, ſo glaubte er, jene Gerölle ſeyen unmittelbar aus Norden an die Stellen ge⸗ ſchwemmt worden, wo er ſie geſammelt, und bezweifelte ſo⸗ gar, daß man ſie ſüdlicher als Bern noch finden würde. Hätte er an den obern Ufern jener Ströme das Nagelfluh⸗ gebirge unterſucht, und in ihm den ſecundären Stammort der Mehrzahl der ihm ſo auffallenden Steinarten, gefunden, vielleicht würden ſeine Ideen über die letzten Revolutionen der Erde wichtige Modificationen erlitten haben. Hätte er ferner dieſe Nagelfluh und die hinter ihr liegenden Gebirge näher kennen gelernt, ſo würde er gewiß auch die zweyte Klippe vermieden und nicht wahre Aboriginer, die Num⸗ muliten der Aubrig, die in der Friſt vieler Jahrtauſende nur von Wäggithal bis Zürich, und von den Schratten nach Burgdorf gekommen ſind, mit nordiſchen Abkömmlingen ver⸗ wechſelt haben. Es ſcheinen nicht alle Schichten der Emmental Bi gelfluh aus denſelben Geröllen, oder wenigſtens nicht in gleichen Verhältniſſen, zuſammengeſetzt. Vielleicht zufällig, habe ich nirgends die rothen Granite und Porphyre vorherr⸗ ſchend, und die Mandelſteine überhaupt nur ſehr ſelten ge⸗ funden. In der Nagelfluh von Schangnau glaubte ich am meiſten feine Sandſteine zu ſehen. In derjenigen von Eggi⸗ wyl, zunächſt dem Dorfe, konnte ich zu keiner Ueberſicht gelangen, rothe Granite, grüne Granite, Gabbro's, fremde Kalkarten lagen in größter Mannigfaltigkeit durcheinander; aber etwas nördlicher beſtand in einer der Molaſſe unter⸗ geordneten Schicht die Mehrzahl aus Quarzarten. Eben fo mannigfaltig wie zu Eggiwyl fand ich die Nagelfluh zu Kurzen⸗ Gebirgsarten. Nagelfluh. 133 bach, beſonders die grünen Granitarten zeigten ſich da in allen Abänderungen, welche die Gruppe des Belphergs und Längenbergs auszeichnen. Bey Trubſchachen hingegen ſchie— nen mir Quarzarten, einheimiſche Kalkarten, feine Sand- ſteine und überhaupt wenig ausgezeichnete Steinarten vor- zuherrſchen. Im Allgemeinen iſt mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dieß beweiſen die Gerölle im Flußbett der Emme, die uns ungefähr als ein Mittel aus ſehr vielen Schichten dienen können, daß die Urgebirgsarten in der Emmenthaler Nagelfluh in weit ſtärkerm Verhältniſſe ſtehen, als die Kalk⸗ und Sandſteinarten, und die Gerölle nörd⸗ licher oder ungewiſſer Abſtammung ebenfalls in ſtärkerm Ver⸗ hältniß, als diejenigen alpiniſcher Herkunft. In ſo fern findet alſo eine große Aehnlichkeit zwiſchen dieſer und der Thunergruppe ſtatt; aber wenn wir nun auch Geröll für Geröll vergleichen, ſo ſehn wir bald, daß wir uns übereilt hätten, wenn wir bey jener allgemeinen Anſicht ſtehen geblieben wären. Nicht daß ſich keine identi⸗ ſchen Gebirgsarten in beyden Gruppen vorfinden, beſonders unter den rothen und röthlichen Graniten und rothen Por- phyren; aber das Verhältniß derſelben zu den verſchieden⸗ artigen iſt dennoch ſo gering, daß man kaum annehmen darf, man ſehe hier die Fortſetzung der Schichten von Thun vor ſich. Die in dieſen ſo häufigen unvollkommenen Porphyre (17), die Granitporphyre (3, 4), die Jurakalkarten fehlen im Emmenthal entweder ganz, oder ſind doch ſehr ſelten; dagegen ſind die hier ſo häufigen grünen Granite, die Ser⸗ pentine und grünen Porphyre, bey Thun in äuſſerſt geringem Verhältniß, die ſo ausgezeichneten Mandelſteine und Vario⸗ liten, auf deren Beſchreibung Sauſſure 1 Gewicht legt, ſcheinen ganz zu fehlen. Weit näher ſteht hingegen dieſe Gruppe, in Rückſicht ihrer Gerölle, der Gruppe des Belphergs. Die grünen Gra⸗ nite, die körnigen Quarze, die Serpentine, ſelbſt viele 134 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Nüancen rother Granite, die ich im Belpberg, aber nicht bey Thun gefunden, ſind beyden gemein und in beyden vor⸗ herrſchend, und wenn die Mandelſteine im Belpberg zu feh⸗ len ſcheinen, oder in der That fehlen, ſo darf uns dieß eben nicht wundern, da ſie auch im Emmenthal ſelten vorkommen. Für die nähere Beſchreibung dieſer Gerölle verweiſe ich auf die folgende Gruppe und für diejenige der Mandel- ſteine auf Sauſſure. Daß die Gruppe des Emmenthals näher mit derjenigen des Belpbergs, als mit der Thuner zuſammenſtimmen werde, hätten wir übrigens ſchon aus den dae een 4 vermuthen können. Beyde gehören nämlich ſchon in die Reihe der nördlich fallenden Gebirge, und müſſen daher zu der Zeit, als die uns unbekannte Kraft die Nagelfluhformation aus ihrer ur⸗ ſprünglich horizontalen Lage in der Mitte erhob, oder an beyden Enden einſenkte, in ähnlichen Verhältniſſen, oder gar im Zuſammenhang geſtanden habn. — Das nördliche Fallen iſt beſonders deutlich in dem Gebirge zwiſchen der Emme und Ilfis, es zeigt ſich am Ufer der. Emme, nur langſam gegen Norden zu abnehmend, ſelbſt bis Signau; am Ilfisufer hingegen lenkt es, wie ſchon bemerkt worden, bereits in's Horſzantale um. Von Schangnau bis Schüpfen möcht Hi Thalboden die Scheide zwiſchen dem nördlich und ſüdlich fallenden Gebirge, aber von Schüpfen abwärts liegt das Entlebuch ganz im Gebiet der nördlichen Einſenkung und ſchließt ſich an die Gruppe von Luzern an. Der Uebergang in's Horizontale ſcheint allge- meine Regel; entweder ſo, daß die früher nördlich fallen⸗ den Schichten ſich umbiegen und horizontal fortlaufen, oder daß die Mächtigkeit gegen die Tiefe zu anwächst, ſo daß die obern Lager auf eine weniger geneigte Ebene zu liegen kommen. Es iſt meiſtens unmöglich zu entſcheiden, welche von beyden Urſachen anzunehmen ſey, da das Anſtehende oft unterbrochen Gebirgsarten. Nagelſluh. 135 und die Veränderung der Winkel ſo gering iſt, daß man ſelten ein Lager auf größere Diſtanzen hin verfolgen kann. Aus dem nämlichen Grunde iſt man auch in Verlegen— heit zu beſtimmen, wie man ſich das Verhältniß der Nagel- fluh zu der nördlich daran ſtoßenden Molaſſe zu denken habe. Die Neigung der Schichten ſcheint zu gering, um ein Unterteufen der Nagelfluh unter die Molaſſe zu rechtfertigen, und wo die Lagerung horizontal iſt, fällt dieſe, freylich ſehr einfache, Erklärung von ſelbſt weg. Unterſuchen wir aber die Grenzen beyder Gebirgsarten ſelbſt etwas genauer, ſo finden wir rings um das Nagelfluhgebirge herum, in deſſen Mitte ſich der große Horben erhebt, eine bald weitere, bald ſchmälere Zone abwechſelnder Molaſſe⸗ und Nagelfluhſchichten ausgebreitet; oft halten ſich beyde Gebirgsarten das Gleich⸗ gewicht, oft iſt die eine, oft die andere vorherrſchend, die Lagerung meiſt horizontal oder dem Horizontalen genähert, ſelten bedeutend nördlich fallend. Zu dieſer Zone gehört die ganze Gruppe des Belpbergs und Längenbergs, die ich bald näher beſchreiben werde, um durch ein einzelnes Beyſpiel auch den Detail dieſer Verhältniſſe aufzuhellen; die Stadt Bern liegt an ihrer weſtlichen Grenze; von da nimmt ſie nordöſtliche Richtung, ſchließt die Stadt Burgdorf ein, die man als ihren nördlichſten Punkt betrachten kann, und brei⸗ tet ſich dann, dem öſtlichen Abhang des Ahorni und Napf in einiger Entfernung folgend, in's untere Entlebuch und in die Gegend um Luzern aus. Die Mannigfaltigkeit der Gerölle dieſer mit Molaſſe wechſelnden Nagelfluh iſt eben ſo groß, als im Emmenthal, ſowohl in jeder Schicht für ſich betrachtet, als zwiſchen ver⸗ ſchiedenen Schichten. Viele enthalten die bunteſten rothen und grünen Granite, Porphyre u. ſ. w., andere vorherrſchend nur grüne Granite, wieder andere faſt ausſchließlich Quarz⸗ gerölle, oder alpiniſche Kalkarten und Grauwacken. Ein all⸗ gemeines Geſetz dieſer Abwechslungen wird ſich kaum auf⸗ 136 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. finden laſſen. Die Gerölle, welche den Alpen fremd ſcheinen, ſtimmen, ſowohl im Allgemeinen als Stück für Stück, mit den Geröllen des Emmenthals vollkommen überein. So findet man am Blaſen, der recht mitten in dieſer Zone liegt und wohl feine 1100 n Höhe haben mag, im An⸗ ſteigen von Langnau her, erſt einen kleinen Bruch lockerer Molaſſe mit harten abgeplatteten Knauern, in horizontaler Lage; über demſelben eine dünne Schicht kleiner Gerölle, auch nur durch dieſe. Molaſſ e verküttet. Auf der Höhe, wo die Südweſtſeite vom Gipfel bis zu einer ſehr beträchtlichen Tiefe aufgeriſſen iſt, und ſteile Felswände zeigt, eine Menge abwechſelnder Molaſſe- und Nagelfluhſchichten, von verſchie⸗ dener Mächtigkeit, horizontal liegend; die Nagelfluh behaup⸗ tet das Uebergewicht, die Molaſſelager haben oft nur 2 Deeim. Mächtigkeit, die Nagelfluhlager oft un; die unterſte Schicht der Felswand, ungefähr 30m unter dem Gipfel, beſteht aus einem ſehr feinen, fett anzufühlenden hellblauen Mergel, bey gm mächtig, tiefer folgt wieder Nagelfluh. Das Bindmittel der Nagelfluh iſt ein grober, harter Sandſtein, ihre Gerölle meiſt Alpenkalk, Alpengrauwacken, weißer Quarz, doch feh⸗ len auch die bunten Granite nicht. In dieſer Zone vor⸗ züglich iſt das früher erwähnte Vorkommen zerſtreuter Ge⸗ rölle in Molaſſeſchichten, der dünnen, nur ein oder wenige Gerölle in der Dicke haltenden, Gerölllager, oder auch dickerer Lager mit Molaſſebindmittel, das ohne Unterbrechung mit der obern oder untern Molaſſe zuſammenhängt, ſehr gewöhnlich. Eine beſondere Aufmerkſamkeit verdient aber auch die Erſcheinung größerer oder kleinerer Neſter und ſtockförmiger Anhäufungen von Nagelfluh in der Molaſſe, die freylich den Molaſſeneſtern im Nagelfluhgebirge analog ſind, aber ſich durch ihren weit größern Umfang vor ihnen neee Man ſieht ſolche Neſter, von vielen Metern Ausdehnung und Dicke, unten an den Felswänden bey Burgdorf, und kann daſelbſt ihren ganzen Umriß verfolgen; noch andere werden Gebirgsarten. Nagelfluh. 137 wir in der Gruppe des Belpberges kennen lernen. Wahr— ſcheinlich gehören auch viele Nagelfluhlager in dieſe Claſſe, und werden nur für Lager gehalten, weil ihre Begrenzung bedeckt iſt; es iſt wenigſtens ſehr auffallend, bey horizontaler Lagerung, oft an der einen Thalwand dicke Nagelfluhlager zu ſehn, an der andern in gleicher Höhe nur Molaſſe; oder, in der Fortſetzung derſelben Thalſeite, an durch Wald und Vegetation getrennten Felſen oft keine Spuren der Nagel- fluh des einen an dem zunächſt liegenden wiederzufinden. Bey⸗ ſpiele dieſer ſonderbaren Erſcheinung werde ich ebenfalls in der folgenden Gruppe geben. Die Geſammtheit dieſer That⸗ ſachen ſcheint einiges Licht auf den dunkeln Zuſammenhang des Nagelfluhgebirges mit der Molaſſe zu werfen. Man ſollte ihnen zufolge glauben, daß mehr eine Appofition als Superpoſition ſtatt habe, daß die Nagelfluhlager bey ihrer Annäherung zur Molaſſe von ihrer Mächtigkeit verlieren und Molaſſelager eindringen laſſen, bis zuletzt die Molaſſe ſo vor⸗ waltend wird, daß die Nagelfluh nur noch getrennt, an Stellen, die ihrer Ablagerung beſonders günſtig ſeyn moch⸗ ten, aufzutreten vermag. 5 Wir hätten demnach bis dahin drey Arten des Zuſam⸗ menhanges zwiſchen Nagelfluh und Molaſſe kennen gelernt. In der Bäuchlengruppe und am Rigi, wahrſcheinlich auch im Allgau und überhaupt in allen ſüdlich eingeſenkten hohen Nagelfluhgebirgen, liegt die Nagelfluh in dicken Schichten auf dichter, grobkörniger oder feſter Molaſſe, und wechſelt an der Grenze eine längere Zeit hindurch mit ihr ab, in regelmäßigen gleichförmig dicken Lagern. In der Gruppe von Guggisberg, und überhaupt in der weſtlichen Schweiz, ruht die Nagelfluh, in der Tiefe gleichfalls mit längerer Abwechslung beyder Steinarten, auch auf gemeiner Molaſſe, und dieſe greift zum Theil ſelbſt unter ihr durch, und erſcheint an ihrer Südſeite (Guggisberg); doch wird die dichte, grob⸗ körnige und feſte Molaſſe hiedurch nicht verdrängt (Vevay, 138 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Latour). In den nördlich fallenden Nagelfluhgebirgen ſcheint die ganze Nagelfluhmaſſe ungeheure ſtockförmige Ein⸗ lagerungen in der Molaſſe zu bilden, über die ſie in der Höhe, da wo ſie am mächtigſten iſt, bedeutend hervorragt, während an den Seiten, theils ihre Schichten mit abnehmen⸗ der Mächtigkeit ſich in der Molaſſe auskeilen, theils als kleinere ſtockförmige Lager und Neſter, wie Satelliten m en fie umgeben. Gruppe des Belpbergs. Der Belpberg mit dem Längenberg und Gurten liegen, wie ſchon bemerkt worden, in der Zone abwechſelnder Nagel⸗ fluh⸗ und Molaſſeſchichten. Das Schwarzwaſſer trennt dieſe Gruppe von derjenigen von Guggisberg; ungefähr wenig⸗ ſtens, denn es kommen auch noch Theile der Belpberggruppe jenſeits dem Schwarzwaſſer vor. Die Nagelfluh iſt noch ſehr mächtig im Belpberg ich wüßte nicht zu ſagen, ob ſie oder die Molaſſe vorherrſchend ſey. An der Oſtſeite fallen die Schichten ſchwach ſüdlich, an der Nordweſtſeite, alſo gerade über Belp, ſchwach nörd⸗ lich, wie die gegenüber liegenden Schichten des Längenbergs; es ſcheint alſo eine Art von Umbiegung im Innern des Berges ſtatt zu haben. In der Tiefe muß man die Schichten für ganz horizontal halten. — Die ganze Maſſe des Berges läßt ſich mit ziemlicher Sicherheit in fünf Stockwerke oder Lager theilen; nämlich, von oben abwärts, mit Uebergehung der tiefer einwärts auf dem obern Plateau noch vorkommenden beträchtlichen Erhöhungen, deren innere Beſchaffenheit 2 Vegetation verdeckt iſt. (S. Taf. 1. Fig. 4.) e 1) Nagelfluh, von verſchiedener Mächtigkeit, oft bey 30” dick. Theils unbedeckt, beſonders an der nordweſtlichen und öſtlichen Seite, theils wenig mächtige gemeine Gebirgsarten. Nagelfluh. 139 Molaſſe tragend. Sie enthält nicht ſelten Bruchſtücke dicker Auſterſchalen, und an ihrer untern Abloſung an mehreren Stellen ſehr viel zum Theil gut erhaltene Petrefacten. 2) Gemeine Molaſſe, theils in dicken Schichten, theils ſchiefrig, bey 100m mächtig. Im obern Theil und gegen die Mitte zu ſind ihr die reichen Petrefaetenlager unter⸗ geordnet. 3) Nagelfluh, ungefähr 50m mächtig. Meiſt mit gemeiner Molaſſe als Kütt und nach oben, durch allmählige Ab⸗ nahme der Gerölle, ſich in dieſelbe verlaufend, nach unten ſcharf begrenzt. 4) Feſte Molaſſe in deutlich abgeſonderten Schichten Bey 20m mächtig. Dieſes, fo wie das folgende, nur ſelten zum Vorſchein kommende Lager iſt ſehr deutlich am Marchbach, gegenüber Münſingen, zu beobachten. Die Molaſſe iſt in Schichten von 1 — 2 Deeim. abgeſon⸗ dert, die an den Seitenwänden des Tobels hervorſtehen, wie die harten Schichten des Gurnigelſandſteins, und im Bett des Bachs breite und ſehr ebene Stufen bilden. Die Abſonderungen ſind mit Glimmerblättchen bedeckt. Ein blauer ſandiger Mergel bildet Zwiſchenlager, die feſte Molaſſe iſt aber vorherrſchend. In einigen Schichten ſieht man ſchalige Abſonderungen, die ſich um Knauer von einigen Deeim. Durchmeſſer herumbiegen. Nach längerm Steigen gelangt man zu ſenkrechten Nagelfluh⸗ wänden. Die Trennung zwiſchen beyden Gebirgsarten itſt ganz ſcharf, aber ſehr uneben, es iſt als ob größere Blöcke Molaſſe von eckigten Formen auf der obern Fläche der Molaſſe gelegen hätten, als die Nagelfluh ſich abſetzte. Die Nagelfluh ſelbſt enthält noch Neſter von Molaſſe. 50 Nagelfuh, durch gemeine Molaſſe nur locker verküttet, mit untergeordneten Molaſſelagern, nach und nach, durch — 140 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Abnahme der Gerölle, in die obere feſte Molaſſe über⸗ gehend. Vom Aarufer bis etwa in 25= Höhe. Die Verſchiedenheit der Lager nach ihren Geröllen zwingt mich hier von der bisherigen Behandlungsart abzuweichen, indem nothwendig aus dem Verſchmelzen aller Lager in eine gemeinſchaftliche Darſtellung ein unrichtiges Bild aller, ſo wie jedes einzelnen, entſtehn würde. Ich werde daher jede der drey Nagelfluhmaſſen beſonders unterſuchen, und auch die beyden obern noch ferner zertheilen, wenn ſie an ver⸗ ſchiedenen Punkten zu ſehr unter ſich abweichen ſollten. Obere Nagelfluhmaſſe: Bey Hohburg, 230 w über Belp. Beträchtliche Fel⸗ ſen, die ſich, von der nordweſtlichen Ecke des Berges an, durch mehrere Tobel ziemlich weit an der Weſtſeite verfolgen laſſen. Man findet hier viele Gerölle wieder, die zu den aus⸗ gezeichnetſten der Thunernagelfluh gehören: kleinkörniger Granit mit fleiſchrothem und ſeladongrünem Feldſpath; dich⸗ ter dunkel blaulichrother Feldſpath mit ausgeſonderten gleich⸗ farbigen Feldſpathprismen und ſtark glänzendem Quarz; dichter graulichgrüner Feldſpath mit ausgeſondertem ſtark glänzendem Quarz. bp. 56. 60. 62. Vorzügliche Beachtung verdient aber eine Gebirgsart, die in den übrigen Lagern des Belpbergs nie fehlt, und auch der Emmenthaler Nagelfluh angehört. Es iſt ein dunkel⸗ grünlichgrauer, körniger Quarz mit ſtarkem Firnisglanz, mit einzelnen weißen und ſchwarzen Glimmerblättchen und kleinen eingeſprengten Schwefelkieswürfelchen. Der Stein braust ſchwach auf mit Säuren, ohne aber zu zerfallen. Die Körner ſind zum Theil auch ſo deutlich begrenzt, daß man den Stein für einen Sandſtein halten könnte. Es wäre wohl nur am Fels ſelbſt zu ee welche Anſicht die richtige ſey. bp. 65. Gebirgsarten. Nagelfluh. 141 Nicht zu verwechſeln damit ſind: feinkörnige harte ſchwärzlichgraue Sandſteine, welche dem feinkörnigen Gur⸗ nigelſandſtein, oder »alpiniſchen Grauwacken ähnlich find. 552. 0. Der Glanz iſt für jene charakteriſtiſch. Bey Gerzenfee 20H" Über Belp. Am füdöftlichen Ende des Berges. Die horizontale Nagelfluhſchicht wird durch ſchiefrige Molaſſe bedeckt. Ich habe keinen einzigen rothen Granit gefunden, hin⸗ gegen in beträchtlicher Menge die grünen Granite des Em⸗ menthals. Vorherrſchend fi ſind aber deutliche alpiniſche Ge⸗ birgsarten/ dunkle Kalkſteine und Grauwacken, Kalk mit Kieſel gemengt und mit weißem Glimmer u. ſ. w. Durch dieſe Beſtandtheile weicht die Schicht fo ſtark von der ge⸗ wöhnlichen Nagelfluh ab, daß ich ſie wohl für eine neuere Anſchwemmung erklären möchte, wenn in ihren Lagerungs⸗ verhältniſſen irgend ein haltbarer Grund dafür aufgefunden werden könnte. Die ausgezeichnetſte Granitart iſt: ein Granit von mitt⸗ lerm Korn, ſpangrünem dichtem Feldſpath / dunkelgrauem ſtark glänzendem Quarz / und in geringem Verhältniß raben⸗ ſchwarzem Glimmer. Er zeigt zuweilen Anlage zu krumm⸗ blättriger Abſonderung. Auf den Abſonderungsflächen des Feldſpaths oft ein leichter Anflug von gelbem Eiſenoxyd, welcher von der Verwitterung grünlichſchwarzer Häutchen mit Fettglanz herzurühren ſcheint, die ſich feſt an den Feld⸗ ſpath anſchmiegen, und vorzüglich die Neigung zur Abſon⸗ derung verurſachen. 82. 13. 15. Der Stammort dieſer Granite iſt mir unbekannt. Auch hier finden ſich die fein⸗ körnigen ſandſteinähnlichen Quarzarten mit Firnisglanz. Mittlere Nagelfluhmaſſe. Unter Hohburg, 100m über Belp. An einem Vor⸗ ſprung, auf dem die Ruine des alten Schloſſes von Belp ſteht. Es iſt die tiefſte Stelle, an der bey Belp noch An⸗ 142 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. ſtehendes gefunden wird. Die Nagelfluh wechſelt mit Mo⸗ laſſe. Das Bindmittel iſt ein grober, weißlicher ge Rn in dem die Gerblle ziemlich feit-fisen. en Die Gebirgsarten unterſcheiden fich im Allgemeinen 1 75 weſentlich von denjenigen der Thuner Nagelfluh. Die rothen Granite find, vorzüglich häufig, auch die dunkelgrünen un⸗ vollkommenen Porphyre fehlen nicht; Kalkarten, ſowohl al⸗ piniſche als fremde, habe ich vielleicht zufällig / keine ge⸗ funden. Ausgezeichnet ſind: Inniges Gemeng von ſtark glasglänzendem Quarz dun⸗ kelrothem Feldſpath und einer feinzertheilten. ſchwarzen Sub- u 9 ſtanz, vielleicht Hornblende, die drey Beſtandtheile in gleichem Verhältniß. Mit ausgeſonderten großen Feldſpathprismen von friſchem Perlmutterglanz. Ein ſehr ſchöner Porphyr. bp. 37. Wahrſcheinlich aus dem Schwarzwald. Inniges Gemeng von graulichweißem Quarz und roſe rothem Feldſpath, mit ausgeſonderten größern Quarzkör⸗ 1 nern. bp. 38. — Ein ganz identiſches Geröll fand ich in der Wehr. Feldſpath, grauer Quarz, kleine rabenſchwarze Glimmer⸗ blättchen, in gleichen Verhältniſſen. Der Feldſpath liegt ſtellenweiſe in ſo gleicher Richtung, daß die Bruchfläche voll⸗ kommen den Effekt des Schillerſteins hervorbringt. bp. 46. Eine ſonderbare Gebirgsart. Dunkelblutrother flein⸗ | muſchliger Hornſtein, mit ſtarkem Wachsglanz, übergehend 00 in einen gleichfarbigen erdigen, ohne Glanz. In dieſer Grundmaſſe, wie eingeknetet, eckigte Stücke, zum Theil von mehrern Centimetern Länge, ohne regelmäßige Formen, einer ſpangrünen Steinart, die ziemlich ſchwer zur ſchwarzen Schlacke ſchmilzt, hart, von unebnem, äuſſerſt feinſplittrigem Bruch, ſchwach ſchimmernd. Dieſe Stücke hangen oft durch ſo ſchmale Bänder zuſammen, daß man an der gleichzeitigen Bildung derſelben mit der Grundmaſſe kaum zweifeln kann. Feinkörniger Granit. Weißer und gelblichweißer blättriger Gebirgsarten. Nagelfluh. 143 Die grüne Steinart zeigt ſehr viel Aehnliches mit der bey; Thun (No. 18) beſchriebenen. Die Breccie iſt fo ausge- zeichnet, daß es nicht ſchwer halten ſollte, ihren Stammort mit Gewißheit aufzufinden. In den Alpen würden wohl aber alle Nachforſchungen vergeblich ſeyn. Bey Oberaar, 115 über Belp. Aus dem ober⸗ ſten Theil des mittlern Nagelfluhlagers. Die Molaſſe, welche in größerer Höhe die Petrefactenlager einſchließt, iſt deutlich der Nagelfluh aufgelagert, und geht allmählig in dieſelbe über, ſo daß man nicht ſagen kann, wo die Nagelfluh an⸗ fängt und die Molaſſe aufhört. Unter den Geröllen ſind milchweiße, grauliche, gelbliche Quarze, theils gemeiner, theils Fettquarz, vorherrſchend; dann auch die glänzenden körnigen Quarze; ferner Gneus und Glimmerſchiefer von alpiniſchem Character; rothe Gra- nite und Alpenkalkarten fehlen nicht, aber ihr Verhältniß iſt ſehr gering. — Die Mehrzahl der Gerölle ſcheint von einem zerſtörten, vielleicht alpiniſchen, Talk⸗ und Glimmerſchiefer⸗ gebirge herzuſtammen. Man kann zu dieſen letztern zählen: Milchweißer Quarz, woran noch ein Stück dunkelgrauer Talkſchiefer anſitzt, der Quarz ſelbſt iſt von gelblichen ſeide⸗ artig glänzenden Talkblättchen durchdrungen. oa. 74. Kleinflaſriger Gneus. Vollkommene Gneusſtructur, dem Glimmerſchiefer ſich nähernd. Der Feldſpath gelblichweiß, blättrig, gegen den Quarz vorherrſchend; der Glimmer fein zertheilt, aber in ganzen Lagen zuſammenhängend, ſtark ſchimmernd, grünlichgrau und goldgelb in einander verwa⸗ ſchen. oa. 75. Großkörniger Granit. Blaßbräunlichweißer, ſtark glän⸗ zender und hellgrüner, beynahe matter blättriger Feldſpath, erſterer vorherrſchend und ausgezeichnet blättrig; graulich⸗ weißer Quarz; dunkel grünlichbraune Neſter von halbver⸗ wittertem Glimmer. oa. 73. — Dieſer Granit und die zwey 144 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. vorhergehenden Gerölle ſind von alpiniſchen Gebirgsarten nicht zu unterſcheiden. Sowohl den alpiniſchen Grauwacken, als, und noch näher, den glänzenden körnigen Quarzarten verwandt iſt eine Feinkörnige Grauwacke. Die Hauptmaſſe ſcheint ſchwärz⸗ lichgrauer, ſchimmernder Thonſchiefer, fein zertheilt; in dem⸗ ſelben dichte und ſpäthige dunkelgraue Kalktheile, graulich⸗ ſchwarze ſtark firnisglänzende Quarzkörner, ſilberweiße Glim⸗ merſchüppchen, ocherbraune erdige Punkte. oa. 77. Ferner, ein dunkel ſchwärzlichgrauer Quarz mit ſtarkem Firnisglanz. Mit Anlage zum Schiefrigen. Im Querbruch ſplittrig mit vielen Splittern, auf den Aiondermgg mit ſehr feinen, feſt anhängenden weißen Glimmerſchüppchen be⸗ deckt. Der Quarz gegen den Glimmer ſo vorherrſchend und die Neigung zum Schiefrigen ſo ſchwach, daß man das Ge⸗ roll nicht Glimmerſchiefer nennen kann. Ein ſchwaches Auf brauſen mit Säuren und eine zwar undeutliche Anlage zu körniger Structur läßt eher an eine Vereinigung mit dem vorhergehenden denken. oa. 78. ö Bey Untergar, 57” über Belp. An der untern Abloſung der Nagelfluh, die hier deutlich einer, wie ſie, horizontalen Molaſſe- und Mergelbildung aufliegt, welche große Aehnlichkeit mit derjenigen am Marchbach zeigt. Die mit grauem Mergel wechſelnden feſten Molaſſelager ſehen aus wie Kalkſchichten im Schiefergebirge. Die Nagelfluh it ſcharf davon abgeſondert. Der Kütt der Nagelfluh iſt eine N lockere Molaſſe, ſehr verſchieden von ihrer Grundlage, und der obern Mo⸗ laſſebildung näher ſtehend. Die Gerölle find wenig mannig⸗ faltig, größtentheils weiße und grauliche Quarze, dichter und körniger Alpenkalk, alpiniſche Grauwacke u. ſ. w. Gra⸗ nite ſelten und von nicht ausgezeichneten Farben. Nach allen Merkmalen ſteht die Nagelfluh den neuern Anſchwemmungen ſehr nahe. Sie iſt aber deutlich der Hauptmaſſe des Berges eingelagert, Gebirgsarten. Nagelfluh. 145 eingelagert, und auch die Gerölle haben im Allgemeinen ſo große Aehnlichkeit mit denjenigen von Oberaar, daß man an dem nahen Zuſammenhang beyder Schichten, ich möchte fagen an ihrer Identität, nicht zweifeln kann. Die Schich⸗ ten von Oberaar find aber auf's engſte mit der Petrefacten⸗ lager einſchließenden obern Molaſſe, und dieſe mit der obern Nagelfluh, verbunden, ſo daß eine Trennung derſelben von der Molaſſe⸗Formation auch die Abſonderung wenigſtens dieſer ganzen Seite des Belpberges nach ſich ziehen würde. Ich hebe unter den Geröllen folgende aus: Graulichweißer Quarz, ſplittriger Bruch mit vielen Splittern, Neigung zum Körnigen, zum Theil deutlich kör⸗ nig, mehr oder weniger ſchimmernd, zwiſchen Fett⸗ und Glasglanz. oa. 55. 56. 57. | Graulichweißer, zum Theil bräunlichgrauer Quarz, ſehr deutlich körnig, mit ziemlich ſtarkem Firnis und Glasglanz. Er ſchließt ein beträchtliches Stück dichten, zum Theil in Ocher übergegangenen Waſſerkies ein. oa. 59. Beyde Quarze gehören der hier ſo häufigen und auch im Emmenthal vorkommenden Claſſe körniger Quarze an. Gemeiner Serpentin, feinſplittriger Bruch mit vielen Splittern. Ausgeſonderte, zum Theil über 1 Centim. lange ſehr ſtark metallglänzende Parthien von blättrigem Diallag, von hellgrünlichweißer Farbe. Ein ausgezeichneter Schiller ſtein. oa. 54. Man erinnere ſich daß Sauſſure auch unter den Em⸗ menthalgeröllen einen Serpentin gefunden hat, unſere Samm⸗ lungen beſitzen ebenfalls mehrere aus jenen Gegenden. Am Marchbach, 37m über Belp. Es iſt die früher beſchriebene, unregelmäßig, aber ſcharf getrennt, der feſten Molaſſe aufliegende Nagelfluh, über die ſich der Marchbach in einen nur von unten zugänglichen Tobel hinabſtürzt. Die Gerölle tragen ganz den Character derjenigen von Ober- und Unteraar, doch ſcheinen die körnigen Quarze zu 10 446 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. fehlen. Dagegen ſind dichte, ſchwach durchſcheinende ſplitt⸗ rige Quarzarten, von weißer und blaulichgrauer Farbe, zum Theil von Glimmer, Talk oder Chlorit durchdrungen, vorherrſchend. Auch die zähen Abänderungen des dunkeln Alpenkalks, die Granite mit dichtem ſeladongrünem Feld⸗ ſpath und glänzendem Quarz, die gemeinen Serpentine, find häufig. Rothe Granite, ohne ganz zu fehlen, find ſelten. Die Gerölle ſind nur locker verküttet, an den Fuß der Felſen lehnen ſich Schutthalden ganz loſer hinausgefallener Gerölle. Man findet die obere Abloſung dieſer Nagelfluh an der Straße nach Gerzenſee, wo ſie den Marchbach dach 102m über Belp. 0 Untere Nagel fluhmaſſe. Bey'm Schützenfahr. Am Ausfluß des March⸗ oder Sagibachs in die Aare. Die Quarzgerölle ſind etwas ſeltner als in der mittlern Maſſe, Serpentine habe ich keine gefunden, doch iſt der allgemeine Character der Gerölle nicht weſentlich von dem der eben unterſuchten verſchieden. Die Quarzarten ſind immer noch in ſtarkem Verhältniß, und tragen dieſelben Spuren der Glimmerſchieferformation, auch die körnigen Quarze fehlen nicht; die grünen Granite ſind identiſch; die rothen fehlen, wie oben, faſt ganz; Alpenkalke ſind in ungefähr gleichem Verhältniß beygemengt. Aeuſſerſt merkwärdig war mir ein eckiges Stück von 2 bis 3 Deeim. Länge, das ganz in der Nagelfluh eingeſchloſſen und von hellblauem Thon umgeben war. Nach ſeiner ganzen Beſchaf⸗ fenheit muß man es für ein Bruchſtück der feinkörnigen grün⸗ lichgrauen Sandſteinſchichten von Ralligen halten. oa. 133. Ich erwähne auch noch einer, in allen Lagern des Belp⸗ bergs vorkommenden, ſehr kleinkörnigen Granitart, aus blau⸗ lichgrauem Quarz, weißem Feldſpath, ſchwarzem oder ziem⸗ lich großem ſilberweißem Glimmer beſtehend, mit mannig⸗ faltigen Abänderungen, in's Großkörnige, mit vorherrſchen⸗ Gebirgsarten. Nagelfluh. 147 dem Quarz mit wenig Glimmer u. ſ. w. — Ueber ihre alpiniſche oder nichtalpiniſche Abſtammung will ich nicht urtheilen. Die Mächtigkeit der Nagelfluhlager ſcheint im Belpberg ziemlich conſtant zu ſeyn, und man ſollte daher glauben, auch in den umliegenden Gebirgen eine ähnliche Abwechslung be— deutender Nagelfluh- und Molaſſelager, als die Fortſetzung der Belpberger, wiederfinden zu müſſen. Die Natur ent⸗ ſpricht aber dieſen Erwartungen nicht ganz. RR, Gegen Mittag zu, in dem Hügelzug, der fich als Fort- ſetzung des Belpbergs, aber beträchtlich niedriger, in die Ebenen von Thun erſtreckt, ſcheint die Nagelfluh, ſoviel man aus den wenigen Anſchürfungen und Felſen ſchließen kann, vorherrſchend zu werden. Auch gegen Oſten zu dürfen wir eher eine größere Anhäufung der Nagelfluh als das Gegen⸗ theil vermuthen: die Haube zeigt an ihrer Oſtſeite, wo man einzig größere Felſen ſehen kann, mehr Nagelfluh als Molaſſe; am Ballenbühl, über Münſingen, ſind faſt keine Anſchürfungen von nacktem Fels; aber, weiter öſtlich, am Blaſen habe ich ſchon früher auf das Uebergewicht, das die Nagelfluh behaup⸗ tet, aufmerkſam gemacht. Auch näher bey Bern, am Den⸗ tenberg ſcheinen beyde Gebirgsarten ſich wenigſtens das Gleich⸗ gewicht zu halten und eher noch könnte man die Nagelfluh mächtiger glauben. Aber weſtlich und nördlich erhält die Mo⸗ laſſe entſchieden das Uebergewicht. Gegenüber Kramburg, an der Weſtſeite des Belpbergs, wo die mittlere Nagelfluh⸗ maſſe in mächtigen Felſen anſteht, iſt auch der Längenberg durch die bey 100m hohe weit ausgedehnte Gutenbrünnenfluh aufzeriſſen, ungefähr zwiſchen 150 und 250m Höhe über Belp. Unterhalb dem Felſen findet man zwar einige zum Theil ſehr große Nagelfluhblöcke, deren Mutterort mir unbekannt iſt, aber an der ganzen Felswand iſt, mit Ausnahme eines kaum 10 * 148 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. 2 Deeim. mächtigen Gerölllagers keine Spur von Nagelflug zu ſehn. Und zwar liegt der Grund nicht etwa darin, daß die Höhe der Felswand ungefähr mit derjenigen des großen Molaſſelagers am Belpberg zuſammentrifft, denn wir werden ſpäter ſehen, daß am Längenberg alle mit dem Belpberg con- | cordanten Punkte beträchtlich höher zu ſuchen ſind. In meh⸗ rern kleinen Steinbrüchen und vielen Anſchürfungen auf ſeht verſchiedenen Höhen, längs dem ganzen öſtlichen und nord⸗ öſtlichen Abhang des Längenbergs, iſt immer nur Molaſſe ſichtbar. | | Bey Bern und am nördlichen Abhang des Gurten, wo der Fels faſt in jeder Höhe aufgebrochen oder angeſchürft iſt, vom Niveau der Aare bis auf 336 (Gurtenſpitze) ſtößt man überall auf Molaſſe oder grauen Mergel, und nur ſelten auf untergeordnete, wenig bedeutende Nagelfluhneſter und ſchmale Gerölllager. Eben ſo nördlich und öſtlich von Bern, in den großen bey 50 und mehr Meter hohen Steinbrüchen, zu Oſtermun⸗ digen, ganz nahe bey'm Dentenberg, der noch fo viel Nagel fluh enthält, zu Stockern, an der Abendſeite des Bantiger, zu Thorberg, an den hohen Felſen des Lindenthals und längs dem Aarufer. In der nämlichen Höhe, in der am Schützen⸗ fahr Nagelfluh anſteht, findet man am Aarufer zu Märch- ligen, nur eine Stunde mehr nördlich, und zu Bern, zum Theil beträchtlich hohe Molaſſefelſen. Auch längs dem ganzen Lauf der Senſe von Guggisberg bis Laupen, der Aare von Bern bis Aarberg, der Saane von Freyburg abwärts, deren tiefliegende Flußbetten die Molaſſe⸗ Formation an vielen Orten bey 100 bis 200 Meter hoch auf⸗ geriſſen haben, ſucht man vergebens nach Spuren von Nagel- fluh, oder wenn ſie auch vorkommen, ſo ſind es ſchmale Trümmer und Neſter, von unregelmäßiger Begrenzung, die in der ungeheuern Sandſteinmaſſe nicht bemerkt worden wären, wenn das Auge des Geognoſten nicht Fels für Fels ſorgfältig durchſucht hätte. Ge birgsarten. Nagelfluh. 149 Im Innern des Längenbergs iſt die Nagelfluh eben ſo ſelten, als in ſeinen äuſſern Aingelunger, ohne jedoch ganz zu fehlen. Ein ziemlich bedeutendes Ragelfiuzlager „das Bruchstücke dicker Auſtern einſchließt, bildet den höchſten Rücken der Bütſchelegg; ein weniger dickes bedeckt die beyden Imi, und ſchließt ebenfalls, theils Bruchſtücke, theils ganze Exemplare von großen Auſtern ein. Quarzgerölle ſind in beyden vor⸗ herrſchend und beyde bedecken unmittelbar die reichen Petre⸗ factenlager des Längenbergs. Wir können daher nicht wohl anſtehen dieſe Nagelfluh mit der obern Maſſe des Belpbergs zu bereinigen, obſchon ſie, wie wir im Abſchnitt über die Petrefacten näher ſehen werden, beträchtlich höher liegt. Unterhalb dieſer höchſten Punkte des Längenbergs, in den tief eingeſchnittenen Graben, in den mannigfaltigen An⸗ ſchürfungen und kleinen Steinbrüchen an den Abhängen, habe ich nur Molaſſe, oder kaum erwähnungswerthe Lager und Trüm⸗ mer von Nagelfluh gefunden. In dem weſtlich von den Imi gelegenen, ſie an Höhe noch übertreffenden Tſchuggen iſt ſelbſt auf der oberſten Höhe Molaſſe anſtehend, die nur noch Spuren von Nagelfluhlagern zeigt. Höchſt merkwürdig iſt aber die Form ſtockförmiger Neſter, welche hier die Nagelfluh nicht ſelten annimmt. . An den meiſt ſehr hohen und ſenkrechten Felswänden, zwiſchen denen das Schwarzwaſſer in einem breiten Bett von der Giebelegg gegen die Senſe zu ſtrömt, habe ich nur beym Einfluß des von Schwarzenburg herſtammenden Lindenbachs Nagelfluh geſehen. Mehrere Schichten von 1-3 Meter Mäch⸗ tigkeit, horizontal, wie die Molaſſe dieſer Gegend, erſcheinen an der linken Felswand, ſtreichen etwa 20 nördlich in der Molaſſe fort und keilen ſich dann deutlich in derſelben aus, indem die Molaſſe zwiſchen ihnen anſchwillt, und ſie zuletzt ganz verdrängt. Nördlich und ſüdlich und an der nur bey 15" entfernten rechten Felswand ſieht man nichts als Molaſſe. 150 II. Cap. Zbweyter Abſchnitt. Etwas Hüdlicher kann man in denzengen Felsſchluchten des Bütſchelgrabens ein ganz ähnliches Vorkommen beobachten. Nachdem man, von Oſten her dem Waſſer folgend, lange Zeit horizontale ſchiefrige Molaſſe und ein nur wenig Deeimeter dickes bald wieder erſterbendes Gerölllager geſehen, wird man unweit des Schwarzwaſſers durch die Erſcheinung einer von geringer Dicke bald bis zu Sm Mächtigkeit anwachſenden Nagel⸗ fluhmaſſe überraſcht, deren Profil an die ſüdliche Wand ge⸗ zeichnet iſt. Eben ſo ſchnell, wie ſie angewachſen, ſinkt die Mächtigkeit wieder, die Maſſe iſt wie gänzlich abgeſchnitten, dann folgen Trümmer von Nagelfluh in der Molaſſe, die oft wieder zu größern Neſtern anſchwellen, die Molaſſe und Naͤgel⸗ k fun greiffen keilförmig in einander, zuletzt verliert fich, noch vor dem Ausfluß in die Schwarzwaſſerau, jede Spur von Nagelfluh. Die Nagelfluh an der Südoſtſeite des Gurten ſteht in vollkommen analogen Verhältniſſen zur Molaſſe. Eine Nagel- fluhſchicht von unbekannter Mächtigkeit, indem fie nur etwa 2m über die Dammerde hervorragt, wird von Molaſſe bedeckt, mit ſchwachem öſtlichem Fallen. Von dieſer Schicht ſteigen dicke Verzweigungen ſchief in die Molaſſe aufwärts, ſich nach Weſten wendend, nehmen dann bald die Richtung des allge⸗ meinen Streichens, ſchwellen an und endigen ſich in abge⸗ rundeten Formen. Auch ganz iſolirte, zum Theil mehrere Meter lange, abgeplattete Neſter von Nagelfluh und einzelne Gerölle ſchwimmen gleichſam in der Molaſſe, und umgekehrt dringt auch Molaſſe in die Nagelfluh ein. An der andern Thalſeite, im Gummersloch, iſt in gleicher Höhe Nagelfluh anſtehend und einer mehrere Meter über der Dammerde ent⸗ blösten Molaſſe aufgelagert; es läßt ſich daher vermuthen, U daß auch am Gurten die Nagelfluh nur der Molaſſe eingela⸗ gert ſey und nicht tief unter die Dammerde hinunterſetze. Dieſe Nagelfluh trägt immer noch im Allgemeinen den Charakter derjenigen des Belp¾hergs. Graulichweiſſe und far⸗ x Gebirgsarten. Nagelfluh. 151 bige Quarze, ſchwach durchſcheinend, großſplittrigen Bruchs, zwiſchen Fett⸗ und Glasglanz, und mannigfaltige grüne Gra- nite ſind vorherrſchend, auch die körnigen Quarze fehlen nicht. In geringerem Verhältniſſe ſtehen die meiſten charakteriſti⸗ ſchen Gerölle der Thuner Nagelfluh, rothe Granite, dunkel— grüne und graue unvollkommene Porphyre mit ſtarkglänzenden Quarzkörnern, innige Gemenge von dunkelrothem dichtem Feld⸗ ſpath mit Kieſel u. ſ. w. Ich will noch einige beſonders aus— heben, um den Catalog dieſer Gruppe damit zu ergänzen. Klein⸗ faſt feinkörniger Granit. Blaßziegelrother blättri- ger Feldſpath, graulichweiſſer wenig glänzender Quarz, ſehr fein zertheilter ſchwarzer Glimmer. Feldſpath und Quarz vorherrſchend. Von Quarzadern durchzogen. wb. 30. Ziemlich großkörniger Granit. Blättt iger blaulich⸗ fleiſchrother Feldſpath, einige Theile ziehen mehr in's blaß Violete, andere in's ein Fleiſchrothe, graulichweiſſer Quarz, rabenſchwarzer Glimmer. Wb. 29. Auch häufig im Emmenthal. Ziemlich großkörniger Granit. Fleiſchrother blättriger Feldſpath mit wenig ſpangrünem Feldſpath, graulichweiſſer Quarz, ſchwarzer Glimmer. Feldſpath und Quarz vorherr— ſchend. wb. 36. 2 Kleinkörniger Granit. Hochfleiſchrother blättriger Feld— ſpath, glänzender grauer Quarz, ſehr wenig dunkelgrüner Glimmer. wb. 35. Granitporphyr. Graulich fleiſchrothe Grundmaſſe, ein kaum mit unbewafnetem Auge erkennbares Gemeng von Quarz und dichtem Feldſpath; wachsglänzend, dunkelbräun— lichfleiſchrothe ſtark glänzende und ſehr wenig ſpangrüne Feld— ſpathkryſtalle. Grauer Quarz in Körnern. Kein Glim— mer. Wb. 38. Der grüne Granit, den ich bey Gerzenſee angeführt habe, gz. 15, aber weniger verwittert. Die dunkeln Theile die den Feldſpath umhüllen zeigen ſich deutlich als grünlich— bleygrauer talkartiger Glimmer, wb. 43, 152 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Kleinflaſriger Gneus. Grauer Quarz, grünlichweiſſer, auf den Abſonderungen ſich anhäufender und ſtark glänzenden Talk, grünlichweiſſer Feldſpath, meiſt von kleinen Talktheilen umhüllt. wb. 47, | Dieſer Gneus und mehrere ähnliche dh 4052, 63 67, theils Gneuſe, theils Granite ſtammen waheſchenmſeen aus unſern Alpen. Dunkelgraulich violeter ee ruarz mit har. fem Firnisglanz; kleinmuſchliger Bruch, mit Anlage zum Körnigen. In dieſer Grundmaſſe ſtreifenweiſe ſehr kleine prismatiſche Theile von ſtrohgelber Farbe, zum weiſſen Glas ſchmelzend, ohne Spur von blättriger Textur und nur ſchwach wachsglänzend. Der Stein iſt von Abſonderungen Achten die ſenkrecht auf, den Streifen ſtehen. wb. 56. Dieſelbe Grundmaße ohne weitere Beymengung. Der deutliche körnige Bruch giebt dem Stein das Anſehen eines f Sandſteins; er braust nicht in Säuren. Es iſt die anden art (oa, 78.) von Oberaar. Wb, 57. 8 Dieſelbe Grundmaſſe ohne gelbliche Theile, u mit weiſſem ſchichtweiſe liegendem Glimmer, alſo ein Glimmer⸗ ſchiefer. Ochergelbe Punkte, vielleicht von verwittertem Glimmer, geben dem Stein groſſe Aehnlichkeit, theils mit alpiniſchen Grauwacken theils mit (oa. 77. 2 von heran wb. 58, 59, Sehr harter Sandſtein. Graue und braune Sen ner, ſcheinbar ohne Bindmittel, doch ſchwach aufbrauſend mit Säuren, die Bruchfläche der eines körnigen Quarzes ähn⸗ lich, ſchwach glänzend. Auf einer Abſonderung weiſſer Kalk⸗ ſpath und mikroſcopiſche kerle Quarzdodekaeder. Wb. 62. 5 Aeuſſerſt feſter, ſehr kleinkörniger Granit. Blaulich⸗ grauer Quarz, blättriger Feldſpath mit ſtarkem Perlmut⸗ terglanz / ſtrohgelbe Spee ſchwarzer ſtarkglänzender Slim mer. Wb. 61. ; Gebirgsarten. Nagelfluh. 153 Die fünf letzten Gebirgsarten und eine große Anzahl identiſcher, oder nahe damit verwandter vom Belpberg ſchei— nen nicht, wie man erſt glauben möchte, aus einem Sand- ſtein⸗ oder Grauwackegebirge, ſondern aus einer dem Ur⸗ oder ältern Uebergangsgebirge angehörenden Quarzformation, die mit Glimmer⸗ und Talkſchiefer in Verbindung ſteht, herzu⸗ ſtammen. Der einigen Geröllen, immer ſehr untergeordnet, beygemengte Kalk möchte vielleicht von einem Eindringen des kalkigten Nagelfluhbindmittels herrühren. Obſchon die mit Säuren unterſuchten Theile immer aus dem Kern der Gerölle geſchlagen wurden und dieſe noch ſehr friſch ſchienen, ſo kann ich ein ſolches Eindringen in fauſtgroſſe, lange gerollte und im Waſſer gelegene, dazu meiſt aus heterogenen Theilen zu⸗ ſammengeſetzte Steine nicht für unmöglich halten. — Uebri⸗ gens iſt mir weder in den Alpen, noch in den nördlichen Ge⸗ birgen eine Quarzformation bekannt, die man als Mutterort dieſer Gerölle betrachten könnte. Auſſerhalb der Zone der ſich auskeilenden Lager und ab⸗ geriſeuen Neſter ul die gemeine und lockere Molaſſe in ausge⸗ dehnten Bezirken frey von jeder Spur von Nagelfluh und die einzige fremdartige Gebirgsart, die ſie noch begleitet, iſt der graue oder bunte Mergel. Es erſcheinen indeß wieder Nagel⸗ fluhmaſſen in der Nähe des Jura und ſelbſt in ſeinen innern Thälern, unter höchſt merkwürdigen Verhältniſſen; da aber ihre Beſchreibung innig mit den Gegenſtänden des folgenden Abſchnitts verflochten iſt, ſo will ich ſie bis auf dieſen ver⸗ ſparen, und hier als Anhang nur noch, um die Allgemeinheit unſerer bisherigen Reſultate zu zeigen, der Nagelfluhbildun⸗ gen anderer den Alpen näher liegender Gegenden erwähnen. 154 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Luzern. In einer Sammlung von Geröllen, die aus der Nagel- fluh bey Tribſchen gebrochen wurden, wahrſcheinlich noch den ſüdlich fallenden, oder ſenkrechten Lagern angehörend, finde ich nur ſehr wenig rothe Granite und keine rothen Porphyre, hingegen einen grünen dichten Feldſpath mit ſtark glänzendem Quarz, mit den unvollkommnen Porphyren von Thun voll⸗ kommen übereinſtimmend, mehrere grüne Granite, die mehr an die Gruppe des Belpbergs erinnern, dunkeln Alpenkalk und denſelben bräunlichweiſſen Rogenſtein mit ebener Bruch⸗ fläche, der in der Nagelflnh von Guggisberg vorkömmt. Alto. auch hier wieder, wie in den Gruppen unſerer Gegend, Ge⸗ rölle, die in allen den ſonſt verſchiedenen Nagelfluhgebirgen etwas Gemeinſames anzeigen, im Ganzen aber mehr Antähe⸗ | rung zu den ſüdlichern Gruppen. Ganz nahe bey der Stadt, am Weg nach der Emmebrücke, alſo ſchon in der nördlich fallenden Molaſſe ſcheinen grünliche Granite, dem gewöhnlichen Alpengranit ähnlich, und ent⸗ ſchiedene Alpenkalkarten ſehr vorzuherrſchen. — Am Rothen⸗ See hingegen, noch mehr nördlich, wurde auch ein Serpen⸗ tin gefunden, unter ſehr vielen weiſſen und bräunlichen Quar⸗ zen mit ſplittrigem Bruch, welche in dieſer Gegend vorzuherr⸗ ſchen ſcheinen. Die Aehnlichkeit mit der agen des Belp⸗ bergs iſt nicht zu verkennen. Rigi und Zuger ⸗Ge e. Ich habe hier nur das ſchon früher Angeführte ide in Erinnerung zu bringen: am Rigi, die Uebereinſtimmung der Nagelfluh mit derjenigen der Bäuchlengruppe, ſowohl in den tiefern nur aus Kalkgeröllen beſtehenden Schichten, als in den höhern, welche auch mannigfaltigere Gerölle enthalten; | am Zuger⸗See, das Abwechſeln der Nagelfluh mit bunten Ge⸗ röllen mit Molaſſe, wie an der Grundlage der Bäuchlen, und wie zwiſchen Thun und Diesbach; bey Schindellegi, Nagel- Gebirgsarten. Nagelfluh. 155 fluh in Neſtern der Molaſſe untergeordnet, und noch mehr nördlich, am Zürcher -See, nur Molaſſe. Appenzell und St. Gallen. Als Vorwall des Hohen-Säntis erhebt ſich ein mächtiger Rücken, mit ſteilen doch ganz mit Weide bedeckten Abhängen, in der Höhe ſcharf zulaufend, von tiefen Tobeln durchſchnit⸗ ten und, nach ſeiner Höhe, ſeinen äuſſern Formen und ſeiner Benutzung ganz den Alpen angehörend. Man kann bereits aus der Ferne an der Treppengeſtalt ſeiner Abhänge die regel⸗ mäßig ſüdlich fallenden Schichten unterſcheiden. Dem Thalwaſſer folgend bin ich von Urnäſch aus bis an den Fuß dieſes hohen Rückens, nach Gerſtengſchwend vorge⸗ drungen, wo eine hohe und ausgedehnte Felswand, über welche die Urnäſch ſchäumend hinunterſtürzt meiner Neugierde ein Ziel ſetzte. Ich hoffte die dichte Molaſſe, oder eine andere Grundlage der Nagelfluh zu finden, aber die Nagelfluh iſt auch hier noch ausſchließlich herrſchend. Ihre Gerölle beiteben größ⸗ tentheils aus ſchwärzlich⸗bräunlich⸗ und röthlichgrauem dich⸗ tem Kalk, der zuverläßig aus den jüngſten alpiniſchen Kalk⸗ gebirgen abſtammt, aus Glimmerſchiefer, der, durch Ver⸗ witterung des ſonſt grünlichgrauen ſtark glänzenden Glimmers, einen röthlichen Anſtrich erhalten, und aus einem dunkel⸗ rothen, mehr oder weniger grobkörnigen Conglomerat, dem die eckigen weiſſen Quarzbrocken ein porphyrartiges Ausſehen geben, vollkommen identiſch mit dem Conglomerat des Sernſt⸗ thales. Rothe Granite fehlen nicht ganz, aber ſie zeigen, im Gegenſatz der Mannigfaltigkeit im Emmenthal und bey Thun, die größte Einförmigkeit; es iſt ein Granit von mittlerm, eher kleinem, aber deutlichem Korn, blaulichrothem, bald heller, bald dunkler, blättrigem Feldſpath, graulichweiſſem Quarz, äuſſerſt wenig grünlichgrauem Glimmer, oft fehlt derſelbe ganz. Die nämliche Granitart, oder eine ihr ſehr ähnliche kömmt auch in unſerer Emmenthaler und Thuner Nagelfluh vor. A 156 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Die Nagelfluh, immer mit den nämlichen Geröllen, hält an bis etwa eine halbe Stunde nördlich von Urnäſch; hin und wieder, z. B. an dem Hügel ſüdlich von Urnäſch, iſt ihr ein harter, meiſt grobkörniger Sandſtein eingelagert, der nur das von Geröllen entblöste Bindmittel zu ſeyn ſcheint. In der Gegend der Brücke, die nach Hundwyl führt, folgt aber nun ſchiefrige feſte Molaſſe, wie die Nagelfluh ſüdlich fallend und dieſelbe alſo unterteufend; erſt hier geht demnach das tie⸗ fere Sandſteingebilde zu Tage, das ich in Gerſtengſchwend aufſuchte. Das Anſtehende wird von da an eine beträchtliche Strecke Weges durch Vegetation bedeckt; das ſanfte Verflächen der Hügel und ihre runden Formen deuten auf Molaſſe. Bey Hundwyl, in den tiefen Tobeln der Urnäſch, findet man die Molaſſe entblöst, mit grauem und buntem Mergel wechſelnd, in ausgedehnten Felſen und mit regelmäßig nördlichem Fallen, unter einem Winkel von ungefähr 300. Ob das ſüdliche Fallen durch Umbiegung in das nördliche übergehe, was das wahr- ſcheinlichſte iſt, läßt fich hier nicht ausmachen. Bey den zwey Brucken, wo die Sitter ſich mit der Urnäſch vereinigt, be⸗ ſtehen die ſenkrechten nackten Wände des tiefen Tobels aus ges meiner Molaſſe und grauem Mergel, welche Nagelfluhneſter umſchlieſſen, die ſich nach allen Seiten auskeilen und auch die Molaſſe in ſie eingreiffen laſſen. Das Fallen bleibt immer nördlich. Dieſe Einlagerungen von Nagelfluh ſind auch um St. Gallen herum noch ſehr häufig; ſie zeigen ſich an den ſtei⸗ len Abhängen bey der großen Sitterbrücke, wo die Molaſſe, auſſer dem grauen, auch bunten Mergel aufnimmt; in dem kleinen Tobel an der ſüdweſtlichen Ecke der Stadt; bey St⸗ Geörgen; an dem Muſchelberg u. ſ. w. Die Gerölle ſind zum Theil dieſelben wie hinter Urnäſch, Kalkarten, Sernfter⸗ Conglomerat, rother Granit, aber in andern Verhältniſſen. Die Kalkarten treten mehr zurück und die Kieſelgebirgsarten werden vorherrſchend; es mengen ſich in ſtarkem Verhältniß r Gebirgsarten. Nagelfluh. 157 granitartige Syenite mit dunkelgrüner Hornblende, grünlich⸗ weiſſem Feldſpath und grünlichgrauem Glimmer bey, auch eigentliche grüne Granite, zum Theil identiſch mit denjenigen der Belpberggruppe, und weiſſe Quarze mit Spuren von Chlorit oder Talk. Süd⸗ Baiern. Ich habe die mächtige Nagelfluhformation, die das Iller⸗ thal vom Rheinthal ſcheidet, ſowohl in ihrem ſüdlich fallen⸗ den Theil, am Paß von Gatter über die Kette des Rindalber⸗ horns, als in ihrem nördlichfallenden, zwiſchen Weiler und Bregenz beſucht. J Man glaubt ſich in die Region der höhern Alpen verſetzt, wenn man von Sonthofen her in die hintern Theile des Bleich⸗ achthales eindringt und ſich von hohen, mit Weide oder Tann⸗ wald bekleideten Gebirgen, von alpiniſchen Pflanzen, von freyweidenden Viehheerden und von Sennhütten umgeben ſieht. Die Aehnlichkeit wird noch täuſchender, wenn man von der Gatteralp die Höhe des Grates erklimmt und dann zu ſeinen Füſſen plötzlich den furchtbaren Abgrund erblickt, von weit ausgedehnten wilden Felſen gebildet, über die ein ſchmaler Pfad, wie über die Kalkwände der Hochalpen, ſich ſteil nach der erſten jenſeitigen Alp windet. Die Felſen werden durch die Köpfe der Nagelfluhſchich⸗ ten gebildet, die mit großer Regelmäßigkeit, unter einem Win⸗ kel von 70° gegen 165° fallen. Das ganze Gebirge, auch das nördlich ihm vorliegende, beſteht aus Nagelfluh, und ſüdwärts erblickt man erſt in bedeutender Entfernung die zerriſſenen Stöcke und nackten Felswände der erſten Kalkkette. Unter den Geröllen, auf der Höhe des Grates ſowohl, als an den Abhängen, fand ich nicht eine einzige Urgebirgsart, keinen Porphyr, keine Quarze, ſondern faſt ausſchließlich die rauch⸗ grauen und rothen Kalkſteine, und die grauen, braunen und rothen Hornſteine, die ſüdlich in den Kalkalpen der Walſer⸗ 15 158 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. thäler anſtehen; auſſerdem auch bräunlichgelbe Kalkſteine mit ebenem, im Großen muſchligem Bruch, röthlichbraune ſehr unreine Kalkſteine mit rauhem, feinſplittrigem Bruch, und Uebergänge derſelben in harte Sandſteine, deren aller Stamm⸗ ort ich nicht anzugeben weiß, die aber unwillkührlich an die Gerölle von Guggisberg erinnern; endlich zwey gelblichweiße Kalkſteine mit Anlage zu rogenſteinartiger Bildung, identiſch mit denen von Guggisberg und Luzern, nur daß an der Auſſen⸗ fläche des einen ſich deutliche Nummuliten zeigen, theils rund, theils elliptiſch, von höchſtens 3 Millim. Durchm. Im Thalboden von Simasgunt, am nördlichen Fuß dieſes ; Gebirges fand ich anſtehende Molaſſe, mit 70° nach 180° fal- lend, ſehr hart, den auch anderswo in die Nagelfluh einge- lagerten Sandſteinen ähnlich. Sie ſcheint indeß hier vor- zuherrſchen und das ganze Thal verdankt vielleicht der Aus- waſchung dieſer Zwiſchenlager ſeine Entſtehung. Aber am Ausgang des Thales gegen Stauffen iſt wieder in hohen Fel- ſen Nagelfluh anſtehend, und bis über Stauffen hinaus findet man große Blöcke, oder Anſchürfungen dieſer Gebirgsart, und immer mit denſelben Geröllen. In einem Tobel gegen- über Stauffen glaubt man die ſüdlich fallende Nagelfluh, wie an der Bäuchlen und im Wäggithal, von feſter oder dichter Molaſſe unterteuft zu ſehen. Die Hrn. Weiß und Uttinger führen unter den Geröllen dieſer Gegenden, wie es ſcheint etwas ſüdlicher, auch Öra- nit, Gneus und Glimmerſchiefer an, und zwar öfters in ſehr großen Blöcken; auch die Auflagerung von Nagelfluh mit Ur— gebirgsarten auf Kalknagelfluh ſcheint ſich alſo hier zu wie⸗ derholen. An der Weißach, um Stauffen herum und an der Rotach fand ich in der Straſſe und in den Kieslagern viel grüne Granite, Syenite, Serpentine, die auf die Nagelfluh des Belpbergs hindeuten, alle meine Bemühungen die Nagelfluh anſtehend zu finden waren aber fruchtlos. Auch Hr. von — Gebirgsarten. Nagelfluh. 159 Lupin 31) fand in der Gegend von Wangen nichts als Urfels- geſchiebe, und namentlich Serpentin. r Die Rotach fließt zum Theil ſchon in der mit Nagelfluh abwechſelnden nördlich fallenden Molaſſe, bald zeigt ſich an den Thalabhängen die eine Gebirgsart, bald die andere vor- herrſchend, die Nagelfluh mehr ſüdlich, im Bregenzerwald und am Sulzberg, die Molaſſe bey Weiler und Scheffrau. Bey Langen, wo die Straſſe faſt bis auf die oberſte Höhe des Gebirgs anſteigt, und bis Bregenz fand ich in der Nagelfluh 1 ausſchließlich bräunlichgelben Kalk, ſplittrig, mit vielen und ſehr kleinen Splittern, am Lichte ſtark ſchimmernd, im Kern des Gerölls zuweilen hellgrau, und gelblichweiſſen Kalk mit ebener Bruchfläche, matt. Kaum iſt es möglich der Betrachtung der Nagelfluhgebirge einige Aufmerkſamkeit zu widmen, ohne ſeine Gedanken in das Gebiet der Hypotheſen über die Urſachen und den Stamm⸗ ort dieſer ungeheuren Geſchiebablagerung hinüberſchweifen zu laſſen; aber die Schwierigkeiten, mit denen jeder Verſuch einer Erklärung zu kämpfen hat, zeigen dann auch ſogleich, daß wir noch lange nicht genug Materialien beſitzen, um ein irgend haltbares Gebäude begründen zu können. Daß die Nagelfluh ein wahres mechaniſches Conglomerat und nicht etwa eine chemiſche Bildung ſey, wird niemand, der je Nagelfluh geſehen, einen Augenblick bezweifeln, ein einzelnes Geröll, ein Kalk mit eingeſchloßnem Feuerſtein, oder Spathadern könnte zum Beweiſe hinreichen. Das Fae⸗ tum, daß dieſes Gebirge durch die Wirkung flieſſender Waſſer aus der Zerſtörung älter er Formationen hervorgegangen, iſt daher auch bis jetzt allen Hypotheſen über ſeinen Urſprung zum Grunde gelegt worden, und die Verſchiedenheit der Anſichten hat einzig die weitere Ausführung deſſelben betroffen. Man 31) Alpina VI. S. 82. 160 | II. Cap. Zweyhter Abſchnitt. dachte bald an alpiniſche Bergwaſſer, bald an Meeresſtrömun⸗ gen, bald an gewaltige, aber vorübergehende Fluthen, und ließ die beyden letztern entweder von Mittag her über die Alpen einbrechen, oder aus Norden an ſie anſtoſſen. Die Herleitung der Nagelfluh aus den Alpen findet ſo⸗ wohl in der Natur der Gerölle, als in ihren allgemeinen Ver⸗ hältniſſen kaum zu beſeitigende Schwierigkeiten. Von allen den mannigfaltigen Porphyren, bunten Graniten, Mandel⸗ ſteinen u. ſ. w. die ſich in der Thuner und Emmenthaler Nagel⸗ fluh in ſo großer Menge zeigen, iſt noch nicht einer als in den Alpen anſtehend nachgewieſen worden, und man kennt in dem Theile der Alpen, der einzig hier in Betracht kommen kann, nicht einmal Formationen, die denſelben analog wären. Wollte man einwenden, daß dieſe Formationen durch Gletſcher ver- borgen, oder in den großen Wildniſſen der Hochalpen unbe⸗ kannt geblieben ſeyen, ſo widerſpricht dieſem, daß diejenigen Gebirgsarten, die man, unter der Vorausſetzung einer Ab⸗ ſtammung der bunten Gerölle aus unſern Hochgebirgen, eben⸗ falls ſehr häufig in der Nagelfluh zu ſehn erwarten ſollte, die weiſſen Granite, die Gneuſe, die mannigfaltigen Talkge⸗ ſteine der Centralketten, wenn ſie nicht ganz fehlen, doch nur ſelten und immer noch ſehr zweydeutig in der Nagelfluh vor- kommen, was um ſo auffallender erſcheinen muß, da dieſelben Gebirgsarten bis in unſere Ebenen, ja bis hoch an den Jura hinauf in groſſen Blöcken und kleinern Geſchieben ausgeſtreut ſind. Alle deutlich alpiniſchen Gerölle der Nagelfluh gehören dagegen nur den nächſt gelegenen Kalk- und Sandſteinketten an, als ob die Alpenſtröme, oder die Meeresfluthen, die fir angehäuft haben, auf dieſe allein eingewirkt hätten. Man begreift überdieß nicht, durch welches Alpenthal die Ströme, welche die großen Geſchiebmaſſen des Emmenthals , des Appen- zellerlandes, des Allgaus gebildet, gefloſſen ſeyn könnten, und will man, um dieſem Einwurf vorzubeugen, die Entſtehung der Nagelfluh der heutigen Thalbildung vorhergehen und durch Fluthen Gebirgsarten. Nagelfluh. 161 Fluthen entſtehen laſſen, welche die Alpenkette überſtiegen, ſo bleibt doch immer noch die Frage unbeantwortet warum ſich dieſes Conglomerat nur am äuſſern Saume der Alpen gebildet und nicht auch wenigſtens Spuren in ihrem Innern zurück⸗ gelaſſen habe. In weit günſtigerem Lichte erſcheint die Hypotheſe, welche die Strömungen aus Norden herkommen und die Nagelfluh aus der Vermengung nördlicher Geſchiebe mit alpiniſchen entſtehen läßt. Die ſchöne Uebereinſtimmung vieler Gerölle mit Ge⸗ birgsarten des Schwarzwalds, ihre Anhäufung gerade an der dieſem Gebirge zunächſt liegenden Stelle der Alpen, im Em⸗ menthal und bey Thun, ihre nur allmählige Abnahme gegen Morgen, wo der Jura ſtets niedrig bleibt und die ſchärfere Begrenzung derſelben gegen Abend, hinter dem hohen Rücken der Haſenmatt und des Chaßeral, das Vorkommen von Jura⸗ kalk in der Freyburgiſchen und Waadtländiſchen Nagelfluh, das ſchon erwähnte Ausbleiben von Geſchieben der höhern Alpen und die Menge von Trümmern aus den vorderſten Kalk⸗ und Sandſteinketten, an welche die fürchterliche Brandung des Urmeeres anprallte, alle dieſe Thatſachen erklären ſich ſo befriedigend, daß man nicht anſtehen kann, dieſer Anſicht vor der frühern einen großen Vorzug zu geben, und wohl gar das Problem für vollkommen gelöst zu halten. Bey einer genauern Unterſuchung der Verhältniſſe des Nagelfluhgebirges zu den Kalkketten und zu der übrigen Molaſſe⸗ Formation ſtößt man indeß auf neue Schwierigkeiten, die ſich überhaupt jeder Theorie entgegenſetzen, welche die Nagelfluh als eine an die äuſſeren Kalkketten angeſchwemmte Bildung betrachtet. f Es beweist vorerſt die auffallende Gleichförmigkeit der Schichtenlage in dem Nagelfluh- und im angrenzenden Kalk gebirge, daß die große Umwälzung, welcher Art ſie geweſen ſeyn mag, durch die das Kalkgebirge ſeine gegenwärtige Ge⸗ ſtalt erhalten hat, die Nagelfluhformation zugleich betroffen 14 162 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. habe. Die Thäler der Molaſſe, die in größerer Entfernung von den Alpen ſich in vielen Richtungen durchkreutzen, und ſichtbar ihre Entſtehung den in den Molaſſehügeln ſelbſt oder in den Alpen entſpringenden Gewäſſern verdanken, ſtreichen in der Nähe der höhern Gebirge regelmäßig der Alpenkette parallel und werden zu wahren Längenthälern. Dieſer äuſſern Geſtaltung entſpricht die innere Structur. Die eine Thalwand zeigt die Fläche, die andere das Ausgehende der Schichten, oder beyde zeigen die Fläche, oder das Ausgehende, und die Thalvertiefung ſteht im engſten Zuſammenhang mit dem Fallen und Streichen der Gebirgslager, ganz ſo, wie man es in den nahe liegenden Kalkgebirgen zu ſehn gewohnt iſt. Mit bewun⸗ derungswürdiger Regelmäßigkeit fallen längs der ganzen Al⸗ penkette die angrenzenden Nagelfluhlager dem Hochgebirge zu, zuweilen faſt parallel mit den Schichten der Kalf- und Sand⸗ ſteingebirge, gewöhnlich mit etwas geringerem Winkel, aber immer mit gleichem Streichen. Auf die erſte Nagelfluhkette folgt oft eine zweyte, die ebenfalls ſüdlich eingeſenkt iſt, auf dieſe eine dritte, und das Verhältniß der vordern Nagelfluh⸗ ketten zu den hintern iſt vollkommen daſſelbe, wie das der letzten Nagelfluhkette zu der erſten Kalkkette, ja durch mehrere Kalk⸗ und Sandſteinketten hindurch läßt ſich dieſe Gleich⸗ förmigkeit verfolgen. Noch auffallender als das ger N Verhältniß beyder Gebirge iſt die Lage ihrer Begrenzungsfläche. Man ſieht nir⸗ gends die Molaſſe oder die Nagelfluh dem Kalk oder Sand. ſtein wahrhaft aufgelagert, wie etwa die Nagelfluh auf Mo⸗ laſſe, nirgends iſt die Begrenzungsfläche den Schichten der jüngern Formation parallel, ſondern gewöhnlich durchſchnei⸗ det ſie die Abſonderungen beyder Formationen, oder nähert ſich eher noch dem Parallelismus mit der ältern, und die Nagelfluhlager brechen an der breiten Fläche der Kalklager ab. Faſt immer iſt die Begrenzungsfläche ſtark geneigt, nicht fel- ten ſenkrecht, joder fie ſchießt gar unter das ältere Gebirge / Gebirgsarten. Nagelſlun. 163 ein, ſo daß man oft nicht begreift, wie dieſes, ohne von der vorliegenden Nagelfluh unterſtützt zu ſeyn, in feiner überhan- genden Stellung beharren könnte; z. B. bey Ralligen, wo das anſtoßende Geſtein ein mürber Mergelſchiefer iſt, der nur durch die Nagelfluhmauer vor gänzlicher Zerſtörung geſchützt worden zu ſeyn ſcheint, oder im Vitznauertobel, wo die hoch aufgeſchichtete Nagelfluhmaſſe des Rigi wie ein Wall vor den Einſturz drohenden Kalkwänden des Vitznauerſtocks liegt, und gewiß überall, wo Nagelfluh und Kalk ſo aneinander ſtoſſen, daß der Kalk nothwendig von der Nagelfluh unterteuft werden müßte, wenn die Schichten der Re nicht plötzlich abge⸗ ſchnitten wären. Wenn aber die Kalklager zugleich mit dem Nagelfluh⸗ gebirge find aufgerichtet worden, wenn fie ohne die Stütze, den dieſes ihnen gewährt, wieder zurückfallen müßten, ſo iſt die Vorausſetzung, daß die Nagelfluh durch Anſchwemmung an die ſo wie jetzt aufrechtſtehenden Kalkwände gebildet wor⸗ den ſey, mit ſich ſelbſt im Widerſpruch; nehmen wir da⸗ gegen an, der Kalk ſey zur Zeit dieſer Anſchwemmung noch in horizontaler Lage geweſen, ſo wird es noch ſchwieriger, ſich klar zu machen, auf welche Art die Kalkſchichten in ihre gegenwärtige Lage zu der Nagelfluh haben kommen können; denn obgleich das Kalkgebirge ſchon damals ſehr hoch ſeyn mußte, wenn nicht auch Anſchwemmungen auf der obern Fläche ſeiner Lager ſtatt haben ſollten, was den Beobachtun⸗ gen zufolge der Fall nicht war, ſo ſieht man doch nicht ein, wie bey der Umwälzung, die ſeine tiefern Schichten, oder gar die untere Abloſungsfläche in Berührung mit der Nagel⸗ fluh gebracht hat, Raum genug zu der ſtarken Drehbewegung vorhanden ſeyn konnte. Die eine wie die andere Annahme verwickelt uns demnach in gleiche Schwierigkeiten, und eine dritte, die nur eine mittlere ſeyn könnte, würde die Wider⸗ ſprüche beyder vereinigen. Es läßt uns endlich die Hypotheſe der Anſchwemmungen ls 164 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. vollkommen im Dunkeln über den wahren Erklärungsgrund gerade der allerausgezeichneteſten Eigenſchaften des Nagel⸗ fluhgebirges. Wir finden daſſelbe in ſo genauer Verbindung mit der Molaſſe, daß es unmöglich iſt, beyde als verſchiedene Formationen zu trennen, und doch unterſcheidet es ſich von derſelben durch ſeine ſchärfern, mehr alpiniſchen Formen, durch ſeine Gebirgsarten, die man bald für dichten Kalk, bald für Quarzfels, bald für Grauwacken zu halten verſucht iſt/ durch feine regelmäßigen, ſtark ſüdlich fallenden Schichten. Es iſt der Molaſſe aufgeſetzt, und hat doch fo große Aehnlich⸗ keit mit den ältern Sandſteinformationen, die den Kalk be⸗ gleiten, daß man nur durch die genaueſten Detailſtudien vor Verwechslung geſchützt iſt. Die häufige Einlagerung von grauem Mergel, buntem Mergel, Gerölllagern in der Mo- laſſe, das Vorkommen zahlreicher Petrefactenbänke, ſowohl mit Meerconchylien als mit Süßwaſſerſchnecken, und die große Verbreitung der Formation deuten auf eine langſame und ruhig erfolgte Ablagerung; da hingegen die oft mehr als 10 und 20m dicken, unabgeſonderten Nagelfluhlager, das auf die Nähe der Alpen beſchränkte Vorkommen dieſer Geröll⸗ maſſen, und der, mit Ausnahme zerriebener Pflanzen, gänz⸗ liche Mangel an Petrefacten, eher ein plötzliches Aufhäufen oder Aufſchütten ganzer ie von Rollſteinen vorauszuſetzen ſcheint. Die Natur beſitzt, ſo viel wir wiſſen, außer der Kraft des fließenden Waſſers nur noch ein Mittel, um feſte Ge⸗ birgsmaſſen in Gerölle zu verwandeln, nämlich die Reibung von Fels an Fels. „Nachdem ich“, ſagt Herr von Buchs), „in den bafaltifchen Jnſeln (Madera, Santa Cruz von Te⸗ neriffa, Groß-Canaria) Puddinge geſehen, an deren Bildung das Waſſer gewiß keinen Antheil genommen hat, nachdem ich 32) Lettre à M. A. de Humboldt, in den Ann. de Chimie. Beſonders abgedruckt in gr. 4. S. 10. Ich verdanke ein Exemplar dieſer letztern Ausgabe der Güte des Herrn Verfaſſers. Gebirgsarten. Nagelſluh. 165 mich überzeugt habe, daß die Mehrzahl der Baſaltberge ſich aus dem Innern der Erde in Form von Kuppen oder Gängen erhoben, welche von Agglomeraten ihrer eigenen Maſſen, gemengt mit Bruchſtücken der durchbrochenen Lager, umgeben werden (Agglomerate, die, während des Empordringens der Baſalte, durch die Reibung an den Wänden entſtanden ſeyn müſſen), nachdem ich dieſe Beobachtung auf die Tuffe und Agglomerate habe anwenden können, welche die Trachytberge begleiten und einſchließen, ſeitdem zweifle ich nicht mehr, daß es auch mit den Sandſteinen verſchiedener Formationen dieſelbe Bewandtniß habe.“ — Ob wohl Herr von Buch nicht auch unſere Nagelfluh unter dieſe Sandſteine zählt, und als ein Produkt der Reibung der aufgehobenen Kalk- und Sand⸗ ſteinlager an den in der Tiefe verborgen gebliebenen Fels⸗ wänden betrachtet? — Statt mich in längere Erörterungen über dieſen ſchwie⸗ rigen Gegenſtand einzulaſſen, will ich als Epiſode noch einige Beobachtungen aus einer Gegend mittheilen, die zwar nicht dem Gebiete der Molaſſe angehört, deren nähere Unterſuchung uns aber vielleicht wichtige Aufſchlüſſe über eben die Räthſel geben dürfte, die uns bis jetzt beſchäftigt haben. Die Felsblöcke im Habkerenthale. Das Habkerenthal, das ſich von dem ſüdlichen Ende des Thuner⸗See's nordöſtlich gegen den Hohgant zieht, iſt in die Kalk⸗ und Sandſteinformation eingeſchnitten, über deren geognoſtiſches Alter, wie wir in der Einleitung geſehen, die Meinungen noch fo getheilt find, und wird von der Nagel- fluh der Ralligergegend durch den breiten Rücken der Wand⸗ und Sohlflühe, und die ihnen vorliegenden Ralligſtöcke ge⸗ trennt. Ein feſter, quarziger Sandſtein, der mit dunkelm Kalk wechſelt und die Höhe der Wandfluh bedeckt, fällt in großer Mächtigkeit von dieſer dem Thalgrund zu, und bildet mit der breiten Fläche feiner Schichten die rechte Thalwand. 166 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Es iſt der Sandſtein der Nieſenkette, des Hohgants, des Pi⸗ latus, Ebels Alpenſandſtein. — In rauhem Bett windet ſich der Lombach durch die dichtgehäuften Trümmer dieſes Sandſteins und des ihn begleitenden Kalks, denen ſeltner ſich auch ein dunkelgrüner Sandſtein beymengt, der an 5 For⸗ mation der Aubrig erinnert. Nicht ohne Befremden bemerkt man unter dieſen Blöcken auch große Maſſen von Granit, zuweilen bis 5= im Durch⸗ meſſer haltend, und wie die übrigen ſtark abgerundet. Es iſt zum Theil ein weißer Granit von mittlerm Korn, dem Granit unſerer Alpen ähnlich, und vielleicht, wie die Blöcke am weſtlichen Ufer des Thuner ⸗Sees, und in der Fortſetzung des Aarthales, aus den hintern Eisgebirgen hergeſchwemmt. Andere Maſſen von gleicher Größe und eben ſo zahlreich un⸗ terſcheiden ſich durch ihren Feldſpath, deſſen in den Alpen fo ſeltene rothe Farbe die Aufmerkſamkeit länger feſſelt. Vorzüglich zeichnet ſich darunter aus: 79 67 1. Ein im friſchen Bruch außerordentlich ſchöner Granit; ſtark glasglänzender, dunkelgrauer Quarz bildet wohl die Hälfte der Maſſe; roſenrother, deutlich blättriger Feldſpath mit ſtarkem Perlmutterglanz, in oft mehrere Centimeter groſ⸗ ſen Parthien, meiſt ohne regelmäßige Begrenzung, zuweilen auch in großen Prismen, die andere Hälfte; der Glimmer ſchwarz, ſtark glänzend, in kleinen Blättchen, theils zer⸗ ſtreut, theils in Neſtern, ohne Annäherung zum Talk; außer⸗ dem einzelne, nur bey einer genauen Betrachtung zu bemer⸗ kende Theile, durchſcheinend, von der Farbe des Quarz, aber mit Perlmutterglanz und blättrig, mit Neigung lange, in die Länge geſtreifte, glatte Prismen zu bilden. hk. 8. I ſeltner find folgende Arten: „Der roſenrothe, etwas blauliche Feldſpath erſcheint in ache Verhältniſſen, der Quarz aber wird zurückgedrängt durch eine milchweiße Subſtanz, theils Sauſſürit, theils ge⸗ — | Gebirgsarten. Nagelfluh. 167 meinem Feldſpath ähnlich, der Glimmer in ſchwächerem Ver⸗ hältniß. hk. 7. 3. Ohne Quarz; der fleiſchrothe, blättrige Feldſpath kreuzt ſich in allen Richtungen, und bildet ein grobkörniges Gewirr kryſtalliniſcher Theile; ſtatt des Glimmers iſt dun⸗ kelgrüner Chlorit eingemengt, in kleinen Neſtern und Adern. hk. 4. 4. Von grobem Korn; röthlichweißer, blättriger Feld- ſpath bildet die Hauptmaſſe, in geringerem Verhältniß Theile, die wie Rotheiſenſtein ausſehen, mit polyedriſchen Flächen und fein geſtreift, im Bruch muſchlig, glasglänzend, durch⸗ ſcheinend, ohne Zweifel Quarz mit einem dünnen Eiſen⸗ orydhäutchen überzogen; endlich grünlichbraune, erdige Theile, ſcheinbar verwittert; die übrigen Subſtanzen ſind indeß ſehr friſch. hk. 5. Iſt man ſchon durch dieſe, den Alpen ganz fremd ſchei⸗ nenden Granite in feiner Geognoſie irre geworden, fo geräth man noch mehr in Staunen über eine Menge von Grau⸗ wacken, die ſich jenen Graniten ſo ſehr annähern, daß man oft wirkliche Uebergänge der einen Gebirgsart in die andere zu ſehen glaubt. Ich will nur beſonders ausheben 5. Ein kleinkörniges Conglomerat von gleichem Quarz, Feldſpath und Glimmer, wie im Granit (1); die Theile ſind aber ſcharf gegen einander begrenzt und ohne regel⸗ mäßige Formen, auch braust der Stein mit Säuren. hk. 9. 6. Vollkommen deutlich zeigt ſich die Natur der Ge⸗ birgsart in andern Blöcken, die außer den vorigen Beſtand⸗ theilen auch kleine Stücke von Glimmerſchiefer und von hellbräunlichem Kalk einſchließen. hk. 10, 11. Um über dieſe Geſteine mehr in's Klare zu kommen, ſtieg ich von Habkeren in den tief liegenden Traubach hin⸗ unter und verfolgte den Graben längere Zeit aufwärts, in nördlicher Richtung. Die rothen Granite und Grauwacken, gemengt mit den Gebirgsarten der Gegend, bedeckten immer 168 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. in großen, gerundeten Blöcken den Bachgrund, ja ihre An⸗ zahl, beſonders die der Granite (), war offenbar in die⸗ ſem hinterſten Winkel des Thales bedeutend größer, als im Lombach, näher am Ausgang. — Zu beyden Seiten des Grabens ſüdlich fallende harte Sandſteine, theils in dicken Schichten, theils in Schiefer übergehend, öfters mit Braun⸗ 1 kohleanflug; als Einlagerung dunkelgrauer, dichter Kalk mit Kalkſpathadern, und bituminöſer, körniger Kalk. Man glaubt ſich in der Sandſteinformation des Siebenthales, oder von Ralligen, derſelben, die am Hacken und an den Aubrig die grünen Nummulitenſandſteine einſchließt, derſel⸗ ben vielleicht, die wir im Gurnigel und am Schwarzen⸗See gefunden. Eine halbe Stunde oberhalb dem Bachgrund bey Habkeren wird dieſer Sandſtein von einem Conglomerat be⸗ deckt, das wohl ſeines Gleichen nicht hat; denn die Ge⸗ ſchiebe ſind Felsmaſſen von einigen Metern Dicke, und doch liegen fie fo dicht in einander gedrängt, daß man kaum ein Bindmittel wahrnimmt. Es ſind eben die rothen Granite, die im Bachgrunde liegen, und andere, gleich fremdartige Urfelsarten. — Ungefähr eine Viertelſtunde höher theilt ſich der Graben; in dem beträchtlichern linken Arm verlor ich bald alle Spuren der bunten Granite, in dem rechten hin⸗ gegen, der, ziemlich ſteil und von mehrern Abſtürzen unter⸗ brochen, gegen die Bohlegg anſteigt/ fand ich fortdauernd einzelne Trümmer derſelben, zuweilen auch größere Blöcke, bis nahe am obern Ausgang des Grabens, wo der Sandſtein und Kalk von einem groben Granitgrus bedeckt wird, der einzelne feſte Granitmaſſen umſchließt, und wohl, mit ver⸗ änderter Form, die Fortſetzung des untern Conglomerats iſt. An beyden Stellen wird dieſes Conglomerat nur von Damm⸗ erde bedeckt, ſo daß man über ſein Verhältniß zur Sand⸗ ſteinformation im Dunkeln bleibt; an der erſten ruht es in⸗ deß auf einem, dieſer Formation untergeordneten Mergel⸗ ſchiefer, dieſer ſchmiegt ſich an der Abloſung deutlich um Gebirgsarten. Nagelfluh. 169 die Blöcke herum, und man möchte beynahe glauben, daß er ihr Bindmittel ausmache. Aus dieſen Verhältniſſen geht unzweydeutig hervor, daß die Granite dieſes Thales, die bunten wenigſtens, nicht in Eine Claſſe zu ſetzen ſeyen mit den großen Blöcken, oder ſogenannten Fündlingen, die über einen Theil der hüglichten Schweiz und über den Abhang des Jura ausgeſtreut ſind; denn dieſe finden ſich nie in Conglomeraten enge verbunden, nie ſo ſtark abgerundet, nie in ſo naher Beziehung zu ältern Formationen. Die Gebirgsart der Habkerengranite iſt über⸗ dieß den Alpen immer fo fremd, als die der rothen Nagelfluh⸗ granite; denn in keiner Gletſchergandecke, vom Titlis bis an die Diablerets, iſt je ein rother Feldſpath gefunden worden, nur diejenige des langen Gletſchers im Gaſterenthale ausge⸗ nommen, und dieſe letztern Granite ſind wieder durch ihren dunkelgrünen Talk ſo verſchieden von jenen, daß an keine Analogie zu denken iſt. Ja es ſcheint ſogar zwiſchen den Graniten von Habkeren und den Nagelfluhgeröllen eine noch engere, ſehr bedeutungsvolle Verwandtſchaft ſtatt zu finden. Ein Geröll, das vollkommen mit dem Granit (1) überein⸗ ſtimmt, wurde zu Burgdorf in der Emme gefunden, die ihre Geſchiebe aus den Nagelfluhmaſſen des Emmenthals losreißt; der Granit (3) kommt als Geſchiebe im Färzbach bey Schangnau vor. Ziemlich häufig iſt endlich in der Nagelfluh des Emmenthals ein Granit von mittlerm Korn, vollkommen körniger Granitſtruetur, mit ſtarkglänzendem, blaß violetem, blättrigem Feldſpath, zum Theil in großen Theilen, aber ohne regelmäßige Begrenzung, gemengt mit einer wachsgel⸗ ben, weniger glänzenden oder ganz matten Subſtanz, die vielleicht auch Feldſpath iſt, und ſich oft in jenem zu verlieren ſcheint, rabenſchwarzem, glänzendem Glimmer und Quarz (kr. 19, 245 eg. 3, 13), und denſelben Granit, bis auf allen Detail übereinſtimmend, fand ich oberhalb dem Reb⸗ loch, an der Südſeite des Naters, als einen großen Fels⸗ — 170 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. block von mehrern Metern. Es ſollen in derſelben Gegend auch Blöcke von rothem Granit liegen. Auf der andern Seite ſcheint aber auch das Habkeren⸗ Conglomerat mit ältern Sandſteinformationen in einem nähern Zuſammenhang zu ſtehen. Große Trümmer des Granits (1) liegen in den Mauern von Hilterfingen, nur eine Stunde nördlich von Ralligen, und in denen der Straße von Riggisberg nach dem Gurnigel; an beyden Stellen ſcheinen ſie von geſprengten großen Blöcken herzuſtammen. Ein großer, ganz abgerundeter Block liegt zunächſt dem Gurnigelbade im Seeligraben, umgeben von Sandſteinblöcken, und höher im Graben findet man Trümmer von rothen Grauwacken, vollkommen identiſch mit den Grau⸗ wacken des Traubachs. Einen Block, immer deſſelben Gra⸗ nits, ſah ich hinter Chatel St. Denys in dem Graben der Vevaiſe, und an der Straße von St. Denys nach dem Mo- lezon, nur eine halbe Stunde weit vom Städtchen, fand ich die rothe Grauwacke wirklich anſtehend, als untergeordnetes Glied der dortigen Sandſteinformation; die ſehr beſchränkte Stelle erlaubte indeß nicht genauere Beobachtungen. Es ſind dieß die einzigen Punkte, wo mir je die Gebirgsarten von Habkeren vorgekommen, und alle liegen in der Nähe einer Formation, die in vielem mit derjenigen von Hab⸗ keren übereinſtimmt. Sonderbar genug laſſen ſich aber dieſe Analogien auch auf einer andern Linie verfolgen, welche tief in die Alpen eindringt, und von der vorigen durch mächtige Gebirgsketten getrennt wird. Wir haben früher geſehen, daß die grünen Sandſteine, die bey Ralligen dem dortigen Sandſtein und Mergelſchiefer eingelagert ſind, in bedeutendern Maſſen die Vorberge der rechten Seite des Frutigthales bilden. Im Streichen dieſer Gebirgsart, von Ralligen über Krattigen und Kien, liegt der kleine Hügel der Tellenburg, deſſen ſüd⸗ licher Abhang durch die Kander in beträchtlicher Ausdehnung Gebirgsarten. Nagelfluh. 171 aufgeriſſen iſt. Die Steinart iſt ein Conglomerat; der Mer— gelſchiefer von Ralligen, in horizontaler aber ſehr unregel— mäßiger Lagerung, umſchließt als Bindmittel größere Knauer und Blöcke theils von dunkelm Kalk, theils von grauen har— ten Sandſteinen, theils von grünen Ralligerſandſteinen, zu⸗ gleich aber auch einen 5 Deeim. dicken, ganz gerundeten Block von kleinkörnigem weißem Granit, mit ſo vollkommener Gra⸗ nitſtructur, wie ich ſie nie in dieſem Theile der Alpen geſehn. Die Sandſtein- und Kalkknauer erſcheinen bald als große, runde Maſſen, bald aber auch in langen Adern und Trüm⸗ mern, die der Schichtung folgen, und oft in ſo zarte Faſern auslaufen, daß man ſie unmöglich für Geſchiebe, ſondern nur für im Mergel ſelbſt erzeugte Bildungen halten kann. — In der Fortſetzung des Streichens von Ralligen und Tellen⸗ burg treffen wir auf das Gſteigthal, an deſſen linker Seite eine Sandſteinbildung mit untergeordneten Gerölllagern an⸗ ſteht, deren graue Sandſteine ich von denen bey Hab⸗ keren nicht zu unterſcheiden wüßte. Es ſetzt dieſelbe durch das Gebirge durch, gegen den Genfer-See zu, weiter fort, und ſchließt zu Sepey Geſchiebe ein, die 1 Meter im Durch⸗ meſſer erreichen, und aus den verſchiedenartigſten Gebirgs⸗ arten beſtehen. „Ein räthſelhaftes Geſtein,“ ruft Hr. von Buch ) aus, „an einer Stelle, die rings von hohen Kalk⸗ gipfeln umſchloſſen wird. Es iſt nicht etwa eine Kalkbreccie ein Kalkeonglomerat, es ſchließt eine ganze Sammlung pri⸗ mitiver Gebirgsarten ein, gemengt mit Trümmern von allen Lagern des Chamoſſaire und der andern Uebergangsgebirge. Woher? auf welchem Wege ſind dieſe Maſſen hieher gekom⸗ men? Dieſe Frage für ſich iſt ſchon genauer Unterſuchungen in dieſen merkwürdigen Gebirgen werth.“ — Und gleich nachher: „Es giebt vielleicht wenig Beyſpiele von Conglome⸗ raten, die auf eine ſo bedeutende Ausdehnung aus Maſſen einer ſolchen Größe beſtehen, denn es erreichen 15 Gneuſe 33) Roches de Neuchat. Mss. Introd. No. 26 et 27. 172 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. bis 3 Fuß im Durchm. in jedem Sinn. Oft glaubt man ſich von Felsblöcken umgeben, die denen des Jura ähnlich, hin und wieder auf den Abhang der Gebirge wären geworfen worden; aber hier haben ſie eine beſtimmte Lage, ſie werden von der bindenden Maſſe der Felslager umſchloſſen, und dieſe Felslager, und mit ihnen die Blöcke, folgen einem e und Fallen von größter Regelmäßigkeit.“ Und doch würde dieſes Conglomerat und ſelbſt dasjenige von Habkeren noch in weit ſtärkerm Verhältniß übertroffen, als ſie die Nagelfluh übertreffen, wenn es wirklich Geſchiebe wären, die von den HH. von Lupin ), Uttinger >) und Weiß) auf dem Gipfel des Bolgen im Allgau und an ſeiner Süd⸗ ſeite geſehen worden find, Geſchiebe von Granit, Gneus, Glimmerſchiefer, welche Felswände von 100 bis 200 Fuß Länge und 50 bis 60 Fuß Höhe bilden! Die große Aehnlich⸗ keit der Mergelfchiefer-, Sandſtein⸗ und Kalkarten, welche die Grundlage dieſer Urfelſen bilden, mit denen von Ralligen iſt ſchon im vorigen Capitel von uns bemerkt worden. Es kann hier nicht der Ort ſeyn zu unterſuchen, ob alle dieſe Sandſteine und Conglomerate wirklich nur einer, oder ob ſie verſchiedenen Formationen angehören, ob vielleicht die Conglomerate von Sepey ſich, von Etivaz aus, oder über Villeneuve, an die Sandſteine der Vevaiſe und des Mo⸗ lezon, und alſo an die der Bera und des Gurnigels anſchlieſ⸗ ſen, und in welchem Verhältniß beyde zu den angrenzenden Kalkformationen ſtehen; noch weniger würde es mir anſtehen, mich in Vermuthungen über den Urſprung, die Bildungs⸗ geſchichte und das Alter dieſer Formationen einzulaſſen. Was die erſtern Fragen betrifft, ſo ſieht das wiſſenſchaftliche Pu⸗ blikum ſchon ſeit längerer Zeit mit Ungeduld der Mittheilung umfaſſender und entſcheidender Beobachtungen entgegen, für 30 Alpina IV, S. 97. | 35) Leonh. Taſchenb. Bd. III. 30) Süd⸗Baiern, S. 75. Gebirgsarten. Nagelfluh. 173 deren hohen Werth der Name der beyden Geognoſten Bürge iſt, die jene intereffanten Gegenden am Ausgange des Wallis be— wohnen; und über die letztern dürfen wir hoffen, einſt von eben dem großen Naturforſcher Licht zu erhalten, der auf ſo geniale Art die Räthſel des Faſſathales und der Dolomit- pyramiden gelöst hat. Mein Zweck bey dieſer Abſchweifung war nur, darauf auf⸗ merkſam zu machen, daß an mehrern Punkten im Innern der Alpen Conglomerate vorkommen, die ſich, bey näherer Unter⸗ ſuchung, der Nagelfluh eben ſo nahe verwandt zeigen möchten, als die Sandſteine, die ſie begleiten, einigen Molaſſen nahe ſtehen, und daß, wenn es auch gelänge, die Möglichkeit einer Anſchwemmung der Nagelfluh aus Süden oder Norden dar⸗ zuthun, immer noch andere analoge Bildungen unſer warten, an denen ſo beſchränkte Localerklärungen faſt nothwendig ſcheitern müßten. — Die Uebereinſtimmung der Habkeren⸗ Granite mit den Nagelfluhgeröllen des Emmenthals, wenn ſie ſich beſtätigen ſollte, wäre immerhin als eine der merkwürdig⸗ ſten Erſcheinungen zu betrachten, und wenn man überlegt, daß beyde Conglomerate in gerader Linie liegen mit dem Schwarzwald und den Vogeſen, die ſelbſt auch von Süd nach Norden ſtreichen, und aus identiſchen Gebirgsarten beſtehen, ſo möchte man, von den Anſichten Hru. von Buchs erfüllt, beynahe glauben, daß dieſe lange Kette von bunten Graniten und Porphyren, die von Frankfurt aus bis Baſel ſich faſt ohne Unterbrechung verfolgen läßt, unter dem Jura, unter der Molaſſe und unter den Kalkalpen durch, ſich bis an un⸗ ſere höchſten Gebirge forterſtrecke, und durch die beym Em⸗ porſteigen der Alpen mit hinaufgeriſſenen Trümmer ihre Nähe verrathen habe. | 474 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. 3. Ru che kſalmdeſte ien. Die Gebirgsart, die ich mit dieſem Namen bezeichnen will, hat ſchon früher die Aufmerkſamkeit der Geognoſten auf ſich gezogen. Graf Razoumovskis) betrachtet fie als eine Ab⸗ lagerung des großen Land-See's, der nach dem Zurückzug des Meeres längere Zeit durch noch die ganze niedrige Schweiz und Süd- Baiern bedeckt haben ſoll, die tiefern Lager alfo als Meer- die obern als Süßwaſſerbildungen; Hr. R. Meyerss) beſchreibt fie als eine Kalkſteinmaſſe, voll von Verſteinerun⸗ gen und eingemengten kleinen Geſchieben; Hr. Eſcher ) in einer frühern Abhandlung, als einen zwiſchen dem Jurakalk und der Molaſſe liegenden, ſehr verſteinerungsreichen Sand⸗ ſtein, in einer ſpätern als einen der Molaſſe aufliegenden Muſchelſandſtein; Hr. Ebel 40) unterſcheidet ihn nicht von der übrigen Molaſſe. Da mir die zum Theil ſchon eingeführte und durch Hrn. Eſchers Autorität unterſtützte Benennung, Muſchelſandſtein, nicht unpaſſend ſcheint, ſo will ich keine neue vorſchlagen; ſie hat vor der Benennung, Muſchelmolaſſe, die vielleicht ſyſtematiſcher ſcheinen möchte, den Vorzug, das Formations⸗ alter noch unbeſtimmt zu laſſen, und auch auf gröbere Con⸗ glomerate ausgedehnt werden zu können, da hingegen Molaſſe mit einem näher bezeichnenden Worte verbunden, bis dahin nur auf eigentliche, feine Sandſteine iſt angewandt worden. Es zerfällt nämlich dieſe Gebirgsart, in ihrer ganzen Ausdehnung betrachtet, ebenfalls in einen Sandſtein und eine Nagelfluh, deren gegenſeitiges Verhältniß aber, wie wir ſehen werden, mehr noch, als in dem bisher beſchriebenen Theil der Molaſſe-Formation, von Dunkel umgeben iſt. 37 Jorat II. p. 137. Mem. de Laus. III. p. 209. 3 Alpina J. p. 254. 3) Alpina I. p. 281 et 284. 40) Bau der Erde II. 42 u. f. Gebirgsarten. Muſchelſandſtein. 175 Sandſtein. Der Muſchelſandſtein im engern Sinn beſteht, wie die Molaſſe, größtentheils aus Quarzkörnern, die durch ein Falf- artiges Bindmittel verküttet find. Seine Feſtigkeit iſt ge- wöhnlich ſehr bedeutend und nähert ſich derjenigen der har— ten Molaſſe; die Ueberreſte organiſcher Körper haben wahr— ſcheinlich, wie bey dieſem, die bindende Kraft des Cements erhöht. In Säuren zerfallen auch die feſteſten Arten zu einem Haufwerk von Sand. Die grünlichſchwarzen Pünktchen, die wir in vielen Mo⸗ laſſen gefunden, ſcheinen dem Muſchelſandſtein vorzüglich eigen, und fehlen, ſo viel mir bekannt, niemals. Auſſer⸗ dem aber zeichnet ihn vor der Molaſſe die Beymengung einer grünlichen Subſtanz aus, die vielleicht mit jenen Pünktchen nahe verwandt iſt, und in dünnen, ſaftgrünen oder grünlich⸗ braunen, zuweilen wachsartig glänzenden Häutchen den Stein durchzieht, oder den einzelnen Geröllen und Muſchelkernen feſt anſitzt. Wenn dieſelben mehr angehäuft ſind, ſo erhält die Totalfarbe des Steins einen ſehr auffallenden Stich in's Grüne. Endlich kommen nicht ſelten auch größere grüne Theile vor, mit runden, oft kuglichten, platt ſphäroidiſchen, cylindriſchen Formen, von der Größe eines Hirskorns bis zu der einer großen Bohne, auſſen glatt und grünlichbraun, im Bruch feinerdig und hell graulichgrün, theils halbhart, theils leicht zerreiblich. Hr. Prof. Brunner, der auf meine Bitte dieſe Körner gefälligſt der chemiſchen Analyſe unter- worfen hat, theilt mir folgende Reſultate mit: b v» Mit Hülfe einer Loupe bemerkt man im Bruch einzelne Quarzkörnchen. Das ſpec. Gew. iſt 2, 552, — Vor dem Löthrohr ſchmelzen ſie nicht, es entwickeln ſich aber Waſſer⸗ dämpfe und ein deutlicher empyreumatiſcher Geruch. Werden fie nach dem Erhitzen mit Waſſer befeuchtet, fo reagiren fie alkaliſch. In Salzſäure und Salpeterſäure löſen ſie ſich * 176 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. mit Aufbrauſen leicht und größtentheils auf. In 100 Thei- 3 len war enthalten: | Waſſer nebſt thieriſcher (2) Subſtanz 5,8 Kieſelerde und Spuren von Manganoxyd 16, 2 Phosphorſaurer Kalk 36, 7 Kohlenſaurer Kalk eee Eiſenoxyd Talkerde ] Sburen | Verluſt ie 4, 25 | 100, 0 4 Nach dieſer Analyſe ſcheinen die Körner nahe verwandt h mit dem im Greenſand vom Havre vorkommenden Foſſil, das Hr. Berthier analyſirt hat. 2) | Ä Characteriſtiſch für den Muſchelſandſtein iſt, wie es die Benennung andeutet, die große Menge der ihm beyge⸗ miſchten Ueberreſte von Schalthieren. Einige Schichtungs⸗ abſonderungen ſind ganz mit Steinkernen von Cardien und Cythereen (2) bedeckt, und nicht ſelten folgen mehrere Lagen, nur durch dünne Sandſteinmaſſen getrennt, nahe aufeinander. Auch der Stein ſelbſt wird häufig von unverwitterten Schal⸗ bruchſtücken durchdrungen, oder von nefter- und ſtreifenartigen Anhäufungen derſelben ganz verdrängt. Zuweilen ſind auch nach der Erhärtung einige Schalen verſchwunden, und haben leere Stellen zurückgelaſſen, die im Querbruch ſich als feine, länglichte, etwas gebogene Poren zeigen, und deren Wände nicht ganz ſelten mit mikroſcopiſchen Kalkſpathkryſtallen bekleidet find. Der Kalkſpath iſt überhaupt ein treuer Begleiter des Muſchelſandſteins: er durchzieht ihn in feinen Adern, bildet kleine Neſter, und ſcheint oft, beſonders bey den feſtern Ab⸗ änderungen als eine feinſchuppige, oder ſplittrige Maſſe die Sandkörner ohne Beymiſchung eines andern Cements zu ver⸗ kütten. In größern Kryſtallen habe ich ihn nie Ne. 4) Annal. des Mines 1820 p. 197. i Gebirgsarten. Muſchelſandſtein. 177 Ungeachtet dieſes ſtarken, das der Sandkörner überwiegenden Verhältniſſes, in dem der Kalk erſcheint, geht der Stein indeß meines Wiſſens niemals in eigentlichen Kalkſtein oder auch nur in ſandigen Kalk über, und die a bleibt immer deutlich. Das Korn deſſelben iſt eben ſo mannigfaltig verſchieden, als das der Molaſſe. Im Aargau fand ich es ziemlich fein, in unſerm Canton größer. Nicht ſelten ſind, bey einem mitt⸗ lern Korn, kleine Geſchiebe beygemengt, und beſonders zeich⸗ nen ſich darunter, z. B. im Bucheckberg, kleine Steinchen von höchſtens 1 Centim. Durchmeſſer aus, ſtumpfeckig, ſehr glatt und faſt ſpiegelnd, ſchwarz, dunkelbraun, ſeltner grün⸗ lichſchwarz, im Bruch hingegen bräunlichgelb, flachmuſchlig und eben; Hornſtein oder Feuerſtein ähnlich, nur iſt die Beſchaffenheit der Auſſenfläche auffallend. Auch die Farbe des Muſchelſandſteins durchläuft alle der Molaſſe eigenthümlichen Nüancen. Wo die Anzahl der Muſchelſchalen bedeutend iſt, nähert ſie ſich dem bräunlich⸗ weißen; wo die grünen und braunen Pünktchen und Flecken in beträchtlicher Menge vorkommen, wird der Totaleindruck durch dieſe modificirt; an vielen Orten im Aargau iſt der Stein graulichblau, in unſerm Canton öfters ölgrün. Wie die meiſten Molaſſen zeigt er Neigung zu dickſchie⸗ friger Abſonderung und wird daher zu Steinplatten benutzt (Jensberg, Bucheckberg). In den Steinbrüchen des Aargau's findet er ſich aber auch in dickern Schichten, welche ſchon zur Zeit der römiſchen Herrſchaft (Mägenwyl) zu Bauſteinen gebrochen wurden; bey Würenlos wird er vorzüglich a Brunnkaſten verarbeitet. Die geognoſtiſchen Verhältniſſe des Taufe fandieing find ſehr einfach: Er bildet auf allen Hügeln, die ſich am Fuße des Jura zu einer gewiſſen Höhe erheben, bis ungefähr in die Mitte des großen Thales zwiſchen dem Jura und den Alpen, die 12 178 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. oberſten Lager, und iſt meiſt nur durch unbedeutende lockere Molaſſelager von der Dammerde getrennt, nicht ſelten 1 unmittelbar in Berührung mit derſelben. Seine größte Mächtigkeit ſcheint er im Aargau zu er⸗ reichen, wo er, zwiſchen Zofingen und Regenſperg, in zahl⸗ reichen und großen Steinbrüchen ausgebeutet wird. Bey Würenlos iſt feine Maſſe bey 18 dick, bey Mellingen und Mägenwyl vielleicht noch dicker; in unſerm Canton ſchwerlich je über 4 — 6 Meter. Es iſt indeß ſchwer hierüber zu ſichern Reſultaten zu gelangen, denn das Zuſammentreffen des Ge⸗ ſteins mit der tiefern Molaſſe läßt ſich nur ſelten beobachten. Da, wo ich dieſe Trennung geſehen (Aetigkofen im Bucheck⸗ berg) iſt ſie ſcharf und ohne Uebergänge. Auch die obere Abſonderung iſt meiſtens ſehr beſtimmt. Beydes wohl eher wegen der Verſchiedenheit des Zuſammenhalts, als wegen urſprünglicher Formationsverſchiedenheit. Der Stein nähert ſich aber der Molaſſe zuweilen ſo ſehr, daß man ihn, wenn er nicht Petrefacten enthielte, unmöglich davon unterſcheiden könnte, und da das Vorkommen der Petrefacten doch immer als etwas Zufälliges betrachtet werden muß, ſo bezieht ſich jede Grenze eigentlich nur auf die deutlich chargcteriſirten Lager des Muſchelſandſteins und nicht auf ſeine ganze A dehnung. | Der weſtlichſte Hügel, auf dem ich den Muſchelſandſtein gefunden, iſt der Jensberg, zwiſchen Aarberg und Nidau. Die Mächtigkeit läßt ſich nicht beſtimmen, aber die lockere Molaſſe geht nur wenig tiefer zu Tage. Die Schichten, nur wenig Deeimeter dick, fallen ſehr gleichförmig mit 25° nach 40. Der Steinbruch liegt gegen Mittag, auf der obern Fläche des Hügels, 567m hoch. Die Fortſetzung dieſer Lager erſcheint auf der nordweſt⸗ lichen Ecke des Bucheckberges, oberhalb Balm, auf 675 Höhe. Die Schichten ſind mächtiger als auf dem Jensberg und bilden gegen Oſten ein ſchroffes, ziemlich weit nördlich Gebirgsarten. Muſchelſandſtein. 179 laufendes Felsbord. Sie fallen mit 15% nach 260°, — Wahr⸗ ſcheinlich würde man auf allen höhern Punkten dieſes langen Hügelzuges dieſen Stein wiederfinden, auch ſind mehrere Steinbrüche darin angelegt. Die bekannteſte Bruchſtelle iſt der Bockſtein, in der Nähe von Aetigkofen, ein Felsriff, das mehrere Meter gegen Weſten aus einem Felde hervor- ragt, und als eine ſteile Wand ſich ſüdlich zieht. Die Schich⸗ ten liegen horizontal, ausgenommen am nördlichen Ende, dem eigentlichen Bockſtein, an dem ſich eine locale Störung der Lagerung zeigt. Die Höhe beträgt 537m. 41) Bey Utzigen, öſtlich von Bern, und den Alpen beträcht⸗ lich näher als jene Stellen, 705m abf, Höhe, wird auf der Ebene unter dem Schloß ein Stein ausgebeutet, der mit dem Muſchelſandſtein, in Rückſicht der Petrefacten ſowohl, als ſeines äuſſern Habitus, ſehr große Aehnlichkeit hat; nur ſind die grünen Theile nicht deutlich vorhanden, wenigſtens nicht als Körner, die ſchwarzen Pünktchen und grünlich⸗ braunen Flecken fehlen hingegen keineswegs. Die Schichten ſind von geringer Mächtigkeit, liegen unmittelbar unter der Dammerde und ruhen auf Nagelfluh. Sie fallen mit 30 nach 820. Am gegenüber liegenden Dentenberg, im Gümliger⸗ thal, findet man in gleicher Höhe 4), an der obern Kante des Hügels, Bruchſtücke von Muſcheln in der Nagelfluh ſelbſt. Es iſt eine Nagelfluh, die in Molaſſe übergeht, mit vorherr⸗ ſchendem, ſehr grobem und hartem Bindmittel, und zerſtreut eingeſprengten, kleinen Geröllen. — Auch am Abhange des Bantigers, zu Aeſchi, 667m abf. Höhe, fand ich einen har⸗ ten, groben Sandſtein ganz angefüllt mit kleinen Bruchstücken 40 Mittel zw. 541,6 und 533,0. — Ich hatte die Ehre auf meinem erſten Beſuch des Bucheckbergs den um die Naturkunde des Can⸗ tons Solothurn viel verdienten Herrn Profeſſor Hugi zu be⸗ gleiten. 42) Die beyden Höhen ſtimmen zufällig bis auf einen Decimeter überein. 12 * 180 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. von Muſchelſchalen. — Endlich ſollen aus dieſen Gegenden die Platten herrühren, auch grober Sandſtein mit Geröllen und Muſcheln, mit denen mehrere Gebäude in Bern, z. B. das Münfter - und Schulgebäude unterzogen find, Man kann dieſe Punkte als die letzten und he Spuren des Mu⸗ ſchelſandſteins betrachten. Oeſtlich vom Bucheckberg und, wie die erſt erwähnten Fundorte, bereits auſſerhalb dem Gebiet der dem Jura pa⸗ rallelen Hügel, findet man dieſe Gebirgsart ſehr ausgezeich⸗ net auf den Hügeln bey Burgdorf anſtehend. Auf der Gys⸗ naufluh, 687 n hoch, nur 2m unter der Dammerde, durch eine röthliche Molaſſe mit harten Knauern davon getrennt; über Raumsthal, 700m abf. Höhe, ziemlich hoch von Molaſſe bedeckt; auch auf der nordöſtlichen Fortſetzung dieſer Hügel gegen Bleyenbach. In mehrern großen Steinbrüchen, die dieſen Fundorten ziemlich nahe und gleich hoch liegen, konnte ich indeß keine Spur von Muſchelſandſtein auffinden. Noch mehr öſtlich bildet dieſe Steinart die oberſten Lager auf der Höhe über Brittnau bey Zofingen, und auf der andern Thalſeite, beym Wyckenſchloß. An beyden Orten wird fie gebrochen, und die Petrefacten von Wycken werden häufig ſchon von Lang und Scheuchzer eitirt. Der Brittnauer⸗ ſtein nähert ſich bereits ſehr der Molaſſe, doch fehlen weder die characteriſtiſchen Petrefacten, noch die grünen Theile; aber in dem Steinbruch, der, etwas nördlich von Wycken, durch ein Seitenthal davon getrennt wird, erblickt man auch dieſe letztern nicht mehr, der Stein iſt oryktognoſtiſch durch⸗ aus nicht von der gemeinen Molaſſe zu unterſcheiden, welche tiefer an mehrern Orten anſteht, und nur die wenigen Stein- kerne von Muſcheln, die den Muſchelſandſtein beſonders aus- zeichnen, laſſen ſeine Natur errathen. Von Zofingen an folgt nun, wie ſchon bemerkt worden, eine faſt ununterbrochene Reihe von Steinbrüchen, zu End- felden, Lenzburg, Mägenwyl, Mellingen, Wü⸗ Gebirgsarten. Muſchelſandſtein. 181 renlos, Poppelz, ſüdlich bis nach Bremgarten, und vielleicht noch weiter, öſtlich bis in die Nähe von Regen— ſperg. Die abſ. Höhe dieſer Lager iſt wahrſcheinlich geringer als in unſerm Canton. | Weiter öſtlich verlaſſen mich die Spuren dieſer Gebirgsbart. Nach einer Note in Andreäs Briefen, S. 58, ſollte man faſt glauben, ſie im Thurgau und bey Berlingen am Unter⸗ See wiederzufinden, und auch Hr. Karg“) erwähnt meh⸗ rerer Molaſſelager mit Meerpetrefacten zu Bodmann, He⸗ dingen, Berlingen und Zell, die vielleicht hieher gehören. Ganz unverkennbar habe ich ſie aber, noch beträchtlich viel öſtlicher, auf der oberſten Höhe eines Molaſſehügels bey Burkartshofen, zwiſchen Stauffen und Weiler in Süd⸗ Baiern, gefunden. Es fehlen zwar auch hier die grünen Körner, aber die Lagerung der Gebirgsart, als Decke der etwas tiefer anſtehenden Molaſſe, ihre deutliche Abſonderung in Tafeln von wenig Deeimeter Dicke, ihre Feſtigkeit und die Natur ihrer Beſtandtheile, ihre Petrefacten endlich, beſonders die vielen auf den Abſonderungen ſitzenden Cardien, laſſen keinen Zweifel übrig. Sie wird, wie auf dem Bucheckberg und Jensberg, in kleinen, mitten im Wald liegenden Stein- brüchen, unregelmäßig und mit öfterer Unterbrechung, aus⸗ gebeutet. Die Schichten fallen mit 250 nach 3200, die tiefer anſtehende Molaſſe hingegen liegt horizontal. — Die niedrigen Hügel dieſer Gegend würden gewiß auch jeden Nichtgeogno⸗ ſten an die Gegenden des Aargau's und Seelandes erinnern. Der Muſchelſandſtein begleitet die Molaſſe auch in die innern Thäler des Jura, und erſcheint daſelbſt in Verhält⸗ niſſen, die unſere volle Aufmerkſamkeit verdienen. In dem Thale von Tavannes und Court, das weſtlich durch die Höhen der Freyberge und den Engpaß von Pierre⸗ Pertuis, öſtlich durch den 1037” hohen Waſſertheiler zwiſchen Court und Gänsbrunnen zugeſchloſſen iſt, und ſeinen Waſſern 4%) Schriften der Schwäb. Naturf. Bd. 1. S. 56. 182 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. nur durch eine enge Felsſpalte gegen Münſter einen Aus⸗ lauf geſtattet, iſt beſonders in der Nähe von Court der ganze Thalboden mit Molaſſeſand bedeckt. Am Fuß beyder Thal⸗ wände findet man niedrige Hügel, mit runden Formen und faſt ganz bewachſen, und in der Mitte des Thales, zwiſchen Bevilard und Court, eine etwas höhere, durch zwey Kuppen ausgezeichnete Hügelreihe, welche insgeſammt, nach den An⸗ ſchürfungen und einzelnen Felſen zu urtheilen, theils aus Molaſſe, theils aus Süßwaſſerkalk beſtehen. Das Vorkom⸗ men des letztern werden wir an ſeinem Orte ausführlich be⸗ handeln, und uns hier nur auf die Molaſſe und die zunächſt damit verbundenen Gebirgsarten beſchränken. — Ganz nahe bey Bevilard zeigt ein Hügel der ſüdlichen Thalſeite, der ſich durch ſeine coniſche Form auszeichnet, an mehrern Stel⸗ len den nackten Fels. Seine Höhe über dem Thalgrund beträgt nur 41 u, und die abſ. Höhe des Thalgrundes fand ich bey Sorvilier gleich 70l w. Die Steinart iſt ausgezeich⸗ neter Muſchelſandſtein, demjenigen des Bucheckberges täu⸗ ſchend ähnlich und voll grüner Theile, in 6 Deeim. bis über 1 Meter mächtigen Schichten horizontal gelagert; ſeine Grundlage iſt nicht ſichtbar, aber im Thalbach iſt Molaſſe⸗ ſand entblöst; in der Höhe wird er unmittelbar von Damm⸗ erde bedeckt. — Weit merkwürdiger iſt ein mit jenem in der nämlichen Reihe ſtehender Hügel bey Sorvilier, deſſen Profil an dem Wege nach den obern Alpen vollſtändig aufgeriſſen iſt. Bis ungefähr 200 über dem Thalgrund zeigt daſſelbe nur Molaſſeſand und grauen Mergel; denn folgt ein bey Im mächtiges Lager von grünem Muſchelſandſtein, auf die⸗ ſem ein 7 Decimeter mächtiges Lager von Süßwaſſerkalk mit Planorben und Lymneen, und auf dieſem wieder der vorige grüne Muſchelſandſtein, in mächtig. Die Lager fallen regel⸗ mäßig ſchwach nördlich. Der Fels iſt ſo ſteil, daß man an der Einlagerung des Kalks in den Muſchelſandſtein nicht zweifeln kann; und die Steinart des obern und untern Sand⸗ Gebirgsarten. Muſchelſandſtein. 183 ſteinlagers iſt in Handſtücken unmöglich zu unterſcheiden. Man findet in dem Süßwaſſerkalk hin und wieder einzelne Gerölle von bunten Urgebirgsarten und Quarzgeſteinen, welche in dieſem rings von Kalkfelſen umſchloſſenen Thale ſehr auf— fallen müſſen; aber mehr noch erſtaunt man, über dem obern Muſchelſandſtein wahre Nagelfluh zu ſehn, bey sr mächtig, nur von der Dammerde bedeckt, und fo reich an den man- nigfaltigſten Geröllen, bunten Graniten, Porphyren und vorherrſchend ſplittrigen Quarzarten, als irgend ein Lager der Nagelfluh bey Thun oder im Emmenthal. Viele dieſer Gebirgsarten ſtimmen auch vollkommen überein mit den Nagelfluhgeröllen des Emmenthals, beſonders die bunten Granite; es finden ſich ferner, in bedeutendem Verhältniſſe, dunkle Kalkarten, deren Stammort man nur in den Alpen ſuchen kann; aber auch nach längerm Suchen gelang es mir nicht, ein Geröll von Jurakalk zu finden; und dieſe Aus⸗ nahme iſt um ſo auffallender, da etwas näher bey Court die erſte Stufe der mittlern Hügelreihe von einem Conglomerat bedeckt wird, das ausſchließlich Jurakalkgerölle enthält und das ich nur deßwegen nicht Nagelfluh nennen kann, weil das Cement nicht aus Quarzſand, ſondern ebenfalls aus kleinen Körnern von Jurakalk beſteht. Uebrigens ſind die Geſchiebe in jener mannigfaltigen Nagelfluh ſo friſch als irgend an den Alpen; die meiſten find fauſtgroß und einige gar von 3 Deei⸗ meter Durchmeſſer. Dieß alles zuſammengenommen ſetzt uns in nicht geringe Verlegenheit, wenn wir eine wahrſcheinliche Erklärung geben ſollen, wie dieſe Nagelfluh hier entſtanden ſey. Sie von Norden her durch den ganzen Jura durchzu⸗ führen, iſt ein vergeblicher Verſuch, denn die topographiſche Beſchaffenheit des Thales, die Seltenheit oder vielmehr gänzliche Abweſenheit ähnlicher Ablagerungen in den nörd⸗ lichern Thälern, das Vorkommen von Alpenkalk unter den Geröllen, und das Wegbleiben von Jurakalk ſind mit dieſer Vorausſetzung auf keine Weiſe zu vereinigen; eben fo wenig 184 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. vermögen wir indeß einzuſehen, durch welchen Canal dieſe Gerölle von Süden her eingedrungen ſeyn könnten, und das Ausbleiben von Jurakalkgeröllen iſt auch bey dieſer Annahme ein unauflösliches Räthſel. — Das ſchwache nördliche Fallen ſcheint hier Folge der Auflagerung auf den Fuß der Thal- wand; aber in dem letzten Hügel dieſer Reihe, gleich hinter Court, ſind die Muſchelſandſteinlager, zwar auch nördlich, aber fo ſteil eingeſenkt, mit 65° nach 3400, daß fie ſich un. möglich in dieſer Lage haben bilden können, und nothwendig eine gewaltſame Umwälzung erlitten haben müſſen. Wo finden wir aber den Hebel dazu in dieſem engen Thale? — N Es frägt ſich nun zunächſt, um den Gegenſtand dieſes Abſchnitts feſt zu halten, ob in allem dem Vorhergehenden wohl hinreichende Gründe liegen, den Muſchelſandſtein von der Molaſſe zu trennen, und als eine für ſich beſtehende For⸗ mation zu betrachten. Ich glaube nein. Die Beſtandtheile beyder Gebirgsarten ſind dieſelben, und wenn der Muſchelſandſtein mehr Sand enthält und feſter verbunden iſt, ſo haben wir auch in der Molaſſe Lager und ganze Folgen von Lagern geſehen, die an Feſtigkeit und Kalk⸗ gehalt den Muſchelſandſtein vielleicht noch übertreffen. — Seine Lagerung, als oberſte Decke der Molaſſe reicht nicht hin, um ihn von ſeiner Unterlage abzuſondern, denn auch in andern Formationen findet man oft Verſchiedenheiten, und weit auffallendere, zwiſchen den ältern und jüngern Schichten, und überdieß wird er ja auch von Molaſſe bedeckt. — Er geht endlich an mehrern Orten in gemeine Molaſſe über, indem ſeine unterſcheidenden Merkmale nach und nach ausbleiben. Ja ſelbſt mitten in deutlichen Schichtenfolgen deſſelben, z. B., in den Aargauerſteinbrüchen, kommen oft Lager vor, die durch Abnahme des Kalkeements und Mangel der grünen Theile der Molaſſe ſehr nahe ſtehen, oder ganz damit zuſammenfallen. Würden auch die Petrefacten aus⸗ Gebirgsarten. Muſchelſandſtein. 185 bleiben, ſo ſieht man gar nicht ein, wie es möglich wäre, die beyden Gebirgsarten zu unterſcheiden. Alle petrographiſchen und geognoſtiſchen Unterſuchungen ſcheinen daher die Anſicht zu unterſtützen, die den Mufchel- ſandſtein als eine bloße Modification der Molaſſe betrachtet, entſtanden durch eine ſpätere Beymiſchung organiſcher Theile und Muſchelſchalen, ſo wie auch in unſern Meeren die ober⸗ ſten Lager des Sandgrundes eine weſentliche Veränderung erleiden mögen; eine Anſicht, die indeß ſehr gut ſich mit der Annahme verträgt, daß die Petrefacten des Muſchelſand⸗ ſteins weſentlich von denen der eigentlichen Molaſſe verſchie⸗ den ſeyen, oder dieſelbe vielmehr beynahe vorauszuſetzen ſcheint. Nagelfluh. Es wäre nicht ganz richtig, wenn man die Nagelfluh des Muſchelſandſteins, oder die Muſchelnagelflußh, nur als einen Gerölle einſchließenden Muſchelſandſtein betrachten wollte, obſchon ſich allerdings die nahe „ bey⸗ der Gebirgsarten nicht verkennen läßt. Das Bindmittel dieſer Nagelfluh beſteht ebenfalls theils aus Sand, theils aus zerbrochnen Muſchelſchalen, die ſich lagerweiſe oft ſo anhäufen, daß ſie den Sand faſt verdrän⸗ gen. Die Schalen liegen nicht ſelten der Schichtung parallel und befördern ſo die Abſonderung in Platten, doch findet man häufiger dicke Lager, in denen ſie keiner beſtimmten Richtung folgen, und dem Stein durch ihr Ineinandergrei⸗ fen große Feſtigkeit geben. Viele Schalen ſind, wie im Muſchelſandſtein, nachdem der Stein ſchon erhärtet war, verſchwunden, und haben leere Räume zurückgelaſſen, die im Querbruch als ſchmale Poren erſcheinen, die Wände der⸗ ſelben ſind meiſtens mit Kalkſpathkryſtallen wie candirt, zu⸗ weilen füllt auch der Kalkſpath den ganzen Raum aus. Die 186 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Molaſſe, die den andern Theil des Bindmittels ausmacht, iſt ſehr feſt, theils ſehr grobkörnig, theils ſo feinkörnig, daß man die Körner mit bloßem Auge nicht unterſcheidet. Die grünen Theile, die den Muſchelſandſtein ſo ſehr auszeichnen, fehlen ganz. Die Anzahl der Gerölle iſt ſehr ungleich, aber immer geringer, als in der eigentlichen Nagel⸗ fluh, ſo daß gewöhnlich jedes Geröll ganz vom Bindmittel umſchloſſen iſt, und die andern nicht berührt; oft ſtehen ſie mehrere Centimeter weit auseinander, ja ein großer Theil dieſer Nagelfluh iſt ein wahrer Sandſtein mit zerſtreut ein⸗ geſprengten Geröllen. 7900 Die Größe der Gerölle überſteigt ſelten die einer großen Baumnuß, dagegen ſind ſie friſcher und weniger verwittert, als in der Nagelfluh, die den Alpen näher liegt; was frey⸗ lich größtentheils dem Umſtande beygemeſſen werden muß, daß in den Steinbrüchen, in welchen man die Muſchelnagel⸗ fluh beobachten kann, die Verwitterung weniger verſpürt wird. Unter den Geröllen findet man die ausgezeichnetſten Gebirgsarten der Thuner und Emmenthaler Nagelfluh wieder, die rothen und grünen Granite, die grünen und grauen Por- phyre mit glänzendem Quarz, ſchwarze und grüne Horn⸗ ſteine und Kieſelſchiefer u. ſ. w. Die Identität iſt voll kommen. Hingegen habe ich, mit Ausnahme eines einzigen dichten rauchgrauen Kalkgerölls, dem Stockhornkalk ähnlich, nichts entſchieden alpiniſches und gar keine Jurakalkſteine gefunden. Die buntfarbigen Urgebirgsarten herrſchen in großer Mannigfaltigkeit ſo ſehr vor, als in irgend einem Lager der andern Nagelfluh. Es iſt wohl nicht zufällig, daß die gerbllreichten Maſſen dieſer Nagelfluh ungefähr in einer geraden Linie liegen mit den fo weit nördlich vordringenden, mächtigen Nagelfluh⸗ gebirgen des Thuner-See's und der Emme, und der erſt beſchriebenen ſonderbaren Ablagerung von Sorvilier; da ja ſchon die große Uebereinſtimmung der Geröllarten auf einen * Gebirgsarten. Muſchelſandſtein. 187 nähern Zuſammenhang dieſer Punkte hindeutet. Weſtlich von dieſer Linie werden die Gerölle in der Muſchelnagel— fluh immer ſeltener, und öſtlich ſcheint die Gebirgsart ſich ganz zu verlieren. Am nächſten den Alpen, wenn man nicht etwa die Lager von utzigen und vom Dentenberg hieher zählen will, iſt die Muſchelnagelfluh bey Surenhorn, am nordöſtlichen Abhang des Frienisberges anſtehend, in einer Höhe von 086m, Sie erſcheint da in ihrer ganzen Eigenthümlichkeit, in dicken Schichten, die jedoch Neigung zu häufigern Abſonderungen zeigen, mit 19% nach 40 fallend (am nördlichen Eingang des Steinbruchs ſcheinen die Schichten weniger geneigt). Ungefähr 5m vom Boden werden fie, etwa 3m hoch, von fei- nem Molaſſeſand bedeckt, in welchem wieder horizontale Trümmer von Nagelfluh erſcheinen, und dieſer Sand miſcht ſich mit der Dammerde. | Eine der günſtigſten Stellen zur nähern Unterſuchung der Muſchelnagelfluh, und Ausmittlung ihrer geognoſtiſchen Ver⸗ hältniſſe zur Molaſſe und zum Muſchelſandſtein, iſt der große Mühlſteinbruch bey Schnotwyl, in der Verflächung des weſtlichen Bucheckbergs gegen die Ebene von Wengi und Meſ⸗ fen, 547m über's Meer ). Die Nagelfluhſchicht, welche ausgebeutet wird, mit häu⸗ figen Geröllen, iſt bey 5m mächtig, und fällt mit 15 bis 20 ° öſtlich, alſo dem Berge zu. Ihre Grundlage beſteht, nach Ausſage der Arbeiter, aus lockerer Molaſſe. Ueber der Na⸗ gelfluh, durch ein dünnes Mergellager davon getrennt, lie⸗ gen ſehr große, nördlich aufſteigende Ellipſoide, theils aus der untern Nagelfluh, aber mit mehr vorherrſchendem Bind- mittel, theils aus grobem Sand beſtehend, und durch dünne, zum Theil ſehr harte, graue Mergellager von einander ge⸗ ſondert. Der längere Durchmeſſer dieſer Ellipſoide beträgt Als Mittel zwiſchen 549,3 und 543,8. 188 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. mehrere Meter, ihre größte Dicke bey 1. Die Zwiſchen⸗ lager laufen unter ſpitzen Winkeln gegen das untere Mer⸗ gellager zuſammen, und vereinigen ſich mit demſelben. In dem Sande liegen harte Knauer als platte Ellipſoide, oder abgerundete Tafeln von 1 Decim. Mächtigkeit, dem Strei⸗ chen der großen Ellipſoide folgend, oft fo feinfürnig und hart, daß man ſie für dichten Kalk halten könnte. Die ungefähr 2= mächtige Lage dieſer auffallenden Bildungen wird durch eine horizontale, ſehr dünne Schicht feſter Mo⸗ laſſe oder Mergel quer durchſchnitten, über derſelben liegt wieder eine Reihe ſolcher halber Ellipſoide mit abwärts gekehrter Spitze; dann folgt, unmittelbar unter der Damm⸗ erde, lockere Molaſſe, oder Sand, mit dunkeln Streifen. Es mag dieſe räthſelhafte Structur im Allgemeinen durch das Zuſammenziehen der Maſſe beym Trocknen, und das Eindringen des feinern Schlamms in die Zwiſchenräume er⸗ klärt werden, auf ähnliche Weiſe wie die analogen Bildun⸗ gen in der gemeinen Molaſſe. Die ellipſoidiſchen Formen deu⸗ ten auf den Streit der zwey entgegengeſetzten Neigungen nach paralleler und nach kuglichter Abſonderung. | Steigt man von dem Bruche am Abhange des Berges aufwärts, ſo findet man bey Biezwyl die gewöhnliche lockere Molaſſe der ſubjuraſſiſchen Hügel, mit horizontal liegenden, harten Knauern, und auf der oberſten Höhe des Berges, mehr ſüdlich, erreicht man das vorhin erwähnte Felsbord von Muſchelſandſtein, 675m über's Meer. Steigt man von demſelben nach Balm hinunter, ſo ſtößt man an der ſüdweſt⸗ lichen Kante des Berges überall nur auf Molaſſe mit harten Knauern, bis man ganz in der Ebene, und tiefer als der Schnotwyler Steinbruch, die Grundlage des ganzen Abele, / den bunten Mergel anftehend findet. Dieſe Verhältniſſe ſcheinen entſcheideud. Die Nagelſub von Schnotwyl, ſo glaubt man ſchließen zu ſollen, liegt mit⸗ ten in der Molaſſe als untergeordnetes Lager, oder als ſtock⸗ Gebirgsarten. Muſchelſandſtein. 189 förmige Bildung; ſie wird von Molaſſe in einer Mächtigkeit von mehr als 120m bedeckt, und durch dieſelbe vom Muſchel⸗ ſandſtein des Bucheckberges getrennt. — Aber gegen dieſe einfache Anſicht laſſen ſich ſehr bedeutende Einwürfe machen, und das Vorkommen der Muſchelnagelfluh an andern Punk- ten ſpricht eher für ihre Formationsidentität mit dem Mu⸗ ſchelſandſtein, als für die Trennung beyder Geſteine durch eine ſo mächtige Lage von Molaſſe. Es läßt ſich auch dieſe Identität mit der gegenwärtigen ſtarken Niveauverſchieden⸗ heit entweder dadurch in Einklang bringen, daß man an⸗ nimmt, bey der Entſtehung beyder Steinarten ſey dieſer Hö⸗ henunterſchied ſchon vorhanden geweſen, und dieſelben Kör- per, die über Balm ſich auf die Höhe ablagerten, haben bey Schnotwyl erſt in der Tiefe des Steinbruchs Grund ge- funden; durch die leicht denkbare, urſprüngliche Verſchieden⸗ heit des Grundes, oder die natürliche Tendenz loſer Gerölle ſich an den tiefſten Punkten zu ſammeln, würde ſich auch die abweichende Beſchaffenheit beyder Gebirgsarten erklären; oder daß man einen localen Einſturz vorausſetzt, durch wel⸗ chen die Schnotwyler Nagelfluh aus dem Zuſammenhang mit dem Bucheckberglager ſey losgeriſſen worden. — Die eine wie die andere Hypotheſe beruht, wie man ſieht, auf der Annahme, daß die Lager von Schnotwyl nicht in den Berg ſelbſt eindringen, ſondern nur an der Auſſenfläche haften, und höchſtens von leichten Molaſſebildungen bedeckt werden, wie der Muſchelſandſtein ſelbſt auch. Nach der Configura⸗ tion des Landes, und bey der noch geringen Ausdehnung des Steinbruchs in öſtlicher Richtung, laſſen ſich weder für, noch wider dieſe Annahme entſcheidende Gründe auffinden. Nicht ungünſtig iſt ihr die ſehr unregelmäßige und zum Theil ſtarke Neigung der Schichten; denn die Lagerung der Mo⸗ laſſe⸗Formation in der Tiefe iſt ſonſt allgemein ohne Spu⸗ ren gewaltſamer Störungen, auf lange Strecken hin gleich⸗ förmig und weniger geneigt als an der Oberfläche. 190 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. Die Muſchelnagelfluh, mit weniger Geröllen als zu Schnotwyl, zeigt ſich wieder an der Südſeite des Dotzin⸗ gerbergs, hier aber mit nordweſtlichem Fallen, und, was noch wichtiger iſt, von mächtigen Molaſſelagern bedeckt. Ich fand zuerſt bey Dotzingen, ungefähr 20m über der Aar, an⸗ ſtehende lockere Molaſſe mit harten Knauern der Muſchel⸗ nagelfluh aufliegend, mit 40° nach 3300 fallend, im Ganzen aber ſehr unregelmäßig; dann, bis gegenüber Dießbach, an ſehr vielen Stellen die lockere Molaſſe mit Knauern, immer mit nordweſtlichem Fallen; in einem verlaſſenen Steinbruch endlich lag zu unterſt bey Zu hoch Nagelfluh, über ihr bey 5 Deeim. mächtig feſte Molaſſe, dann wieder 3m hoch Na- gelfluh, und auf dieſer lockere Molaſſe bis an das obere Ende des Bruchs, und wahrſcheinlich bis auf die noch bedeutend erhöhte obere Fläche des Hügels. Es ſcheint nach dieſem die Nagelfluh hier wirklich zur Hauptmaſſe des Berges zu gehören, und noch ſehr hoch von Molaſſe bedeckt zu werden. Würde ſich auf der Höhe der Muſchelſandſtein anſtehend zei⸗ gen, ſo bliebe wohl über die Verſchiedenheit beyder Abla⸗ gerungen kein Zweifel mehr; aber die nach allen Seiten ver⸗ breitete Waldung läßt wenig Hoffnung, daß die Frage hier fo direct entſchieden werden könne. Ganz nahe am Jura, zwiſchen Brügg und Mett, wenig über die Fläche des Bieler -See's erhöht, iſt die Mu⸗ ſchelnagelfluh durch einen Steinbruch aufgedeckt worden. Sie zeigt ſich in mächtigen Schichten, mit ſenkrechten Quer⸗ abſonderungen; auf ihr liegt ein harter, ſchieferiger Sand⸗ ſtein, wahrſcheinlich noch zum Bindmittel gehörend, dann lockerer Molaſſeſand mit dunkeln Streifen, und etwa 15% höher, aber etwas ſüdlich zurückſtehend, ſo daß wie zu Schnotwyl Zweifel über die Auflagerung erhoben werden könnten, rother Mergel. Auch unter der Nagelfluh tritt Mo- laſſe hervor. Die Schichten fühlen hier ſchon die Einwirkung des Jura, die öſtliche und nördliche Einſenkung iſt verſchwun⸗ Gebirgsarten. Muſchelſandſtein. 191 den, und das allgemeine Geſetz der Schichtenneigung in der Nähe des Jura macht ſich geltend: fie fallen mit 47“ nach 190 6. Der Bruch iſt indeß noch durch die ganze Ebene von Mett vom Jura geſchieden, das ſtarke ſüdliche Fallen kann alſo nicht Folge der Ablagerung auf einer ſchiefen Fläche ſeyn; iſt es vielleicht zufällig, nur local? oder war die Na⸗ gelfluh bereits gebildet, als die urſprünglich horizontalen Juraſchichten ihre ſtarke Neigung erhielten, und wurde ſie mit dieſen aus der Tiefe geriſſen? Am Jensberg fand ich ganz oben, wie ſchon erwähnt worden, den Muſchelſandſtein, ungefähr in mittlerer Höhe über Jens den bunten Mergel, und zwiſchen beyden Molaſſe mit harten Knauern. Am nördlichen Fuß lagen, als ich dort war, mehrere große Nagelfluhblöcke, die mir zur Schnotwy⸗ lerformation zu gehören ſchienen/ deren Stammort ich aber nicht entdecken konnte. Sie deuten ebenfalls auf ein vom Muſchelſandſtein unabhängiges, tieferes Nagelfluhlager. Hingegen ſcheinen die Verhältniſſe am andern Ende des Bieler ⸗See's und weiter weſtlich mehr die entgegengeſetzte An⸗ ſicht, welche Nagelfluh und Sandſtein als identiſche Bildun⸗ gen betrachtet, zu begünſtigen. Die Nagelfluh bildet dort, wie der Sandſtein im Aargau, meiſtens die Decke der Hügel, die Gerölle werden ſeltner, und der Stein iſt eher Sandſtein zu heißen. Die grünen Theile fehlen indeß durchgehends. Man findet die Nagelfluh auf beyden Seiten des Juli⸗ mont durch Steinbrüche aufgeſchloſſen. Am nördlichen Ab⸗ hang, in 558m Höhe, liegt fie auf lockerer Molaſſe mit har⸗ ten Knauern, die tiefer mit buntem Mergel wechſelt; ſie wird auch von Molaſſe bedeckt, doch erreicht ſie beynahe ſchon die obere Fläche des Hügels. Die Muſchelſchalen ſind, der Schichtung parallel, in beſondern Lagen oder Streifen angehäuft, da hingegen andere Theile des Steins, mit die⸗ ſen Streifen übrigens innig zuſammenhängend, beynahe leer davon find. Die Nagelfluhſchichten fallen mit ungefähr 20° € 192 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. öſtlich, die der aufliegenden Molaſſe ſind horizontal, oder eher ſüdlich eingeſenkt. — Am ſüdlichen Abhang iſt die Nagel⸗ fluh ohne alle Molaſſebedeckung und fällt mit etwa 10% nörd⸗ lich. In mehrern Anſchürfungen ſieht man unter ihr lockere Molaſſe und harte Knauer. Mit dieſer Nagelfluh ſtimmt diejenige der Steinbrüche zu Brüttelen, öſtlich von Ins, vollkommen überein. Sie enthält ebenfalls weniger Gerölle, als die Schnotwyler, aber immer dieſelben Granite und Porphyre, und wie am Juli⸗ mont wird ſie unmittelbar von der Dammerde bedeckt. In⸗ deß liegen die Brüche nicht auf der oberſten Höhe, und die Nagelfluh könnte tiefer in den Berg hinein wohl noch Molaſſe⸗ lager tragen. Aber auf dem Miſtelachberg, 642m über's Meer, iſt die Nagelfluh unmittelbar unter dem Signal auf⸗ gebrochen, und dieſes, das den höchſten Punkt des Berges bezeichnet, iſt wohl ſelbſt in ihre Maſſe eingetrieben. Auch hier ſind die Gerölle ſparſam eingeſprengt, mehr noch als bey Ins, aber Nagelfluh und Gerölle ſind unverkennbar dieſelben. Wie ſonderbar — hier am Fuſſe des Jura Granite und Por⸗ phyre, und an der gegenüberliegenden Seite der Alpen, zu Guggisberg und im Freyburgiſchen, Jurakalk in der Na⸗ gelfluh zu finden! Noch mehr weſtlich gelangen wir zu den berühmten, ſchon vom Graf Razoumovski beſchriebenen Steinbrüchen bey Tour de la Moliere, bey Seyrie und Bollion. Der Stein, der in einer Mächtigkeit von 8 bis 10= der lockern Molaſſe dieſer Gegend aufliegt, und nach Razoumovski noch weiter ſüdlich bis in die Mitte der Waadt die Decke der Hügel bildet, enthält nur ſehr wenige Gerölle mehr, und iſt kaum noch Nagelfluh zu heiſſen; aber die Feſtigkeit, den ſtar⸗ ken Kalkgehalt, die vielen Aederchen und Blättchen von Kalkſpath, die dicken Schichten mit Anlage zu dickſchiefriger Abſonderung, hat er mit der Nagelfluh der öſtlichen Hügel gemein, und nach ſeinem topographiſchen Vorkommen er⸗ ſcheint Gebirgsarten. Muſchelſandſtein. 193 ſcheint er deutlich als die Fortſetzung der Nagelfluh des Mi- ſtelachberges. Die Schichten im Steinbruch der Moliere fallen mit 15 0 nach 50, ziemlich regelmäßig; auch in den übrigen Steinbrüchen herrſcht nordöſtliche Einſenkung. Die abſolute Höhe der Tour de la Moliere wird vom Graf Ra⸗ zoumoyski gleich 347 Toiſen oder 676m angegeben; ich fand die des Seyrieſteinbruchs gleich 590 . Oeſtlich von Schnotwyl habe ich die Muſchelnagelfluh nirgends mehr anſtehend geſehen, nur ſind mir zwiſchen St. Urban und Brittnau an mehrern Orten größere Blöcke auf⸗ gefallen, die ich geneigt wäre dafür anzuſprechen. In der⸗ ſelben Gegend iſt indeß der Muſchelſandſtein auf allen Hö⸗ hen anſtehend, ohne die geringſte Annäherung zur Nagelfluh zu zeigen; man möchte daher beynahe hier, wie am Jens⸗ berg, auf ein tieferes, für ſich beſtehendes, ahnten ſchließen. Nachdem wir nun ſorgfältig alle Punkte unterſucht ha⸗ ben, wo ſich Spuren der Muſchelnagelfluh zeigen, befinden wir uns alſo in derſelben Ungewißheit über das Verhältniß dieſer Gebirgsart zum Muſchelſandſtein, als vorher. Für die Verſchiedenheit beyder ſprechen die Verhältniſſe am Do⸗ zingerberg und die Nagelfluhblöcke am Jensberg und bey Brittnau, für ihre Identität die Aehnlichkeit beyder Gebirgs⸗ arten, und der allmählige Uebergang der einen in die an⸗ dere. Es wird ſich in einem der folgenden Capitel zeigen, daß auch die Petrefacten auf einen ſehr engen Zuſammen⸗ hang zwiſchen den beyden Ablagerungen ſchließen laſſen. Sehr beachtenswerth iſt die gewöhnlich ziemlich merk⸗ liche und gegen alle Regel ſich ſträubende Neigung der Na⸗ gelfluhſchichten. Wir haben öſtliche, weſtliche, nördliche und ſüdliche Einſenkung gefunden, unter Winkeln von 20 bis 400; nicht ſelten zeigen ſich Umbiegungen im gleichen Steinbruch, wie zu Surenhorn und Schnotwyl, oder im gleichen Hügel, wie am Julimont. Die Sache wird noch auffallender, wenn | 13 194 II. Cap. Zweyter Abſchnitt. man erwägt, daß die Grundlage oft horizontal zu liegen fcheint , oder, unter weniger ſtarken Winkeln, oft nach an⸗ dern Richtungen geneigt iſt. So fallen am Julimont die tie⸗ fer liegenden Molaſſe- und bunten Mergellager ſüdlich, die Nagelfluhlager öſtlich und nördlich. Auf dem Miſtelachberg iſt die Nagelfluh mit ungefähr 10 “ nordöſtlich eingeſenkt, die Molaſſe und der bunte Mergel tiefer am Berg, ſchwach nord⸗ weſtlich. Bey Surenhorn ſind ähnliche Verhältniſſe. Man kann dieſe ſeltſame Erſcheinung einigermaßen durch die An⸗ nahme erklären, daß die ſchwachen Einſenkungen der Grund⸗ lage erſt nach der Erhärtung der Nagelfluh ſtatt gefunden 8 haben: jene weichern Gebirgsarten konnten durch ſanfte Bie⸗ gungen den auf große Diſtanzen hin wirkenden, unterirdiſchen Urſachen nachgeben, und, bey einem geringern Fallwinkel, die Niveauverſchiedenheit durch größere horizontale Entfer- nung ausgleichen; aber die dicken, feſt zuſammenhängenden, keiner Biegung fähigen Nagelfluhlager mußten bey einem plötzlichen Wanken ihrer Grundlage zerberſten, und, als Folge dieſes gewaltſamen, und daher regelloſen Zerreißens, ſtärkere und keinem Geſetz gehorchende Neigungen annehmen. 195 Drittes Capitel. Neuere Bildungen über der Molaſſe⸗ Formation. Obſchon es einer folgerechten Eintheilung angemeſſener ſcheinen möchte, unmittelbar an die geognoſtiſche Unterſuchung der Molaffe- Formation die Beſchreibung ihrer Petrefacten anzuknüpfen, ſo glaube ich doch beſſer zu thun, die in der Ueberſchrift angekündigten Gegenſtände vorauszuſchicken, ei⸗ nerſeits, weil es auch kein geringer Uebelſtand wäre, ſo nahe verwandte Gegenſtände, wie die des vorigen und dieſes Ca⸗ pitels, größtentheils Beſchreibungen ſich ſehr ähnlicher Ge— birgsarten, durch einen ganz heterogenen, mehr zoologiſchen, zu trennen, andrerſeits, weil dieſer letztere aus der Kenntniß der neuern Bildungen Vortheile ziehen wird, die er, wenn ihm der Vorrang geſtattet würde, nicht eben ſo erwiedern könnte. 0 Es iſt indeß nicht meine Abſicht, dieſem Capitel eine ſo große Ausdehnung, wie dem vorhergehnden zu geben. Die einzigen Bildungen, die der Molaſſe aufgeſetzt erſcheinen, ſind die des aufgeſchwemmten Landes, und obſchon zwar dem Agronomen, dem Hydrotechniker, dem Straßenbaumeiſter die Kenntniß der verſchiedenen Ackerkrumen, Kiesbänke, Torflager u. ſ. w. von höchſter Wichtigkeit ſeyn muß, obſchon auch für die allgemeine Phyſik ſich gewiß einſt aus dem Stu⸗ dium derſelben große und unerwartete Reſultate ergeben wer⸗ den, über das frühere Niveau, die Laufgeſchwindigkeit und daher die Waſſermaſſe der Ströme, alſo auch über das Quan⸗ tum des in den Gebirgen verdichteten Waſſers, über die Ver⸗ theilung dieſes Quantums auf das Jahr, über das damit auf's engſte zuſammenhängende, frühere Klima u. ſ. w.; ſo kann doch die Unterſuchung jener Bildungen wenigſtens in geognoſtiſcher Hinſicht nur von ſehr untergeordnetem Intereſſe . 196 II. Eapitel. ſeyn, da dieſelben ihrer ganzen Natur nach Localbildungen ſind, die mit jedem Landſtrich und Flußgebiet abändern, und alſo nicht geeignet ſeyn können, die allgemeinen Geſetze der Lagerung, die allein Gegenſtand geognoſtiſcher Forſchung ſind, im Geringſten aufzuklären. Ich werde mich daher vor⸗ züglich auf dasjenige beſchränken, was mit unſerm Haupt⸗ gegenſtand in näherer Berührung ſteht, immer die mir bekanntern Gegenden um Bern vorzugsweiſe im Auge behal⸗ tend. Wo ſich indeß Gelegenheit dazu darbietet, will ich auch nicht unterlaſſen, Materialien zu einer künftigen Bear⸗ beitung jener practiſchen, und allgemein phyſtkaliſchen Fra⸗ gen hier niederzulegen. 5 Die engliſchen Geognoſten unterſcheiden unter den neuern, nicht in regelmäßigen Lagern erſcheinenden Bildungen die⸗ jenigen, die von jetzt nicht mehr wirkenden Urſachen herrüh⸗ ren, von denen, deren Bildung ſtets noch fortſchreitet, und heiſſen die letztern Alluvial- Formationen, die erſtern Dilu⸗ vial-Formationen; indem fie von dieſen vorausſetzen, daß ſie insgeſammt von einer einzigen großen Kataſtrophe herſtam⸗ men, die im flächern Land unſere Thäler gebildet, die großen Kieshügel aufgehäuft, die Urfelsblöcke viele Meilen weit fortgetragen, die ganze damalige Schöpfung von Mammuths, Maſtodonten, Hyänen und Hölenbären vernichtet habe, und ebendieſelbe alles überſchwemmende Fluth geweſen ſey, von der uns die heilige Schrift und die Sage aller Völker das Andenken aufbewahrt hat. Ich will dieſe Eintheilung bey⸗ behalten, ohne dem Wort Diluvium indeſſen den ſpeciellen, etymologiſch ihm freylich zukommenden Sinn beyzulegen, den ihm, einer gutgemeinten Abſicht zu lieb, ich glaube zu⸗ erſt Herr Buckland gegeben hat. Daß alle zwiſchen den jüngſten regelmäßigen Lagern und dem Alluvium liegenden Gebilde von einer einzigen momentanen Fluth herrühren, iſt. eine Vorausſetzung, die durch die Geognoſie eben erſt bewie— ſen werden ſoll, aber meines Wiſſens noch nicht erwieſen iſt, Neuere Bildungen. 197 und welcher, in unſerm Lande wenigſtens, ſehr große und kaum zu beſeitigende Hinderniſſe im Wege ſtehen. Wollte man aber zwiſchen den Bildungen der Sündfluth und andern Ablagerungen, die nicht mehr fortdauern, unterſcheiden, ſo erhielten wir drey Abtheilungen, ſtatt zwey, und die erſte würde immer noch auf der Hypotheſe beruhen, daß ſich die Spuren jener Fluth wirklich erkennen laſſen; wir hätten einen Claßbegriff ohne Inhalt. — Für unſere zwey Abthei⸗ lungen, der geſchloſſenen und der noch fortdauernden Bildun⸗ gen, wären freylich ſchicklichere Namen ſehr zu wünſchen; denn auch die Benennung Alluvium muß auf mehrere ihrer Gegenſtände ſehr gezwungen angewendet werden, und ohne vorausgeſchickte Erklärung, daß die Worte nicht nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauch zu verſtehen ſeyen, würde man ſich kaum einen Begriff von Alluvialtorflagern, Alluvialtuff u. ſ. w. machen können. Doch wollen wir nicht um Worte ſtreiten. Daß es übrigens mit unſerer Trennung der neuern Bil⸗ dungen nicht ganz ſtrenge genommen werden dürfe, iſt wohl überflüſſig zu erinnern. Mehrere Arten derſelben, z. B. eben die Tuffablagerungen, ſind an einigen Stellen geſchloſſen, an andern dauern ſie noch fort, ſo auch die Kieslager; es wäre ermüdend geweſen, dieſelben unter beyden Titeln auf⸗ zuführen, und die Angabe von Localitäten hätte überdieß noch weitläufige und wenig belehrende Nachforſchungen gefordert; ich habe daher in jeder Abtheilung nur diejenigen Ablagerun⸗ gen aufgenommen, die mir beſonderes Intereſſe darzubieten ſchienen, und ihnen den Beynamen Diluvial oder Alluvial gegeben, je nachdem ſie mehr mit einem längſt verfloſſenen, oder mit dem noch fortdauernden Zuſtand der Dinge ſich in e zeigten. 198 III. Cap. Erſter Abschnitt. Erſter Abſchnitt. Diluvial⸗ Formationen. 1. Kies⸗ und Sandlager. Beynahe in allen unſern breiten Thälern it die Molaſſe mehr oder weniger, oft bey 40 hoch mit einer Ablagerung von Kies, Grien geheiſſen, Sand und Lehm bedeckt, welche die vielen Unebenheiten der obern Fläche der Molaſſe zum Theil wieder ausgeglichen hat. 5 Gewöhnlich iſt Kies und Sand ganz loſe; die Gerölle des erſtern ſind mit Sand und Lehm gemengt, die bey jedem nicht eben ſtarken Schlag, oder bey Berührung mit Waſſer zerfallen, und nur durch die eigene Schwere und Reibung einen geringen Grad von Zuſammenhalt annehmen; doch fin- det man zuweilen einzelne Neſter und Lager, die, ohne ſich äuſſerlich von den übrigen lockern Molaſſen zu unterſcheiden, eine Feſtigkeit beſitzen, die mit derjenigen mancher Nagelfluh die Vergleichung aushält, oder ſie gar noch übertrifft; ſeltner iſt eine ſolche Feſtigkeit der ganzen Ablagerung gemein. Die Verküttungsart der Gerölle unterſcheidet ſich nicht weſentlich von derjenigen der Nagelfluh. Es vermittelt ſie ein ſandiges Bindmittel, das immer vielen Kalk enthält, und daher heftig mit Säuren braust. Es beſteht gewöhnlich aus einem groben, ſchwärzlichen Sand, der aber eben ſo viel, oder mehr Kalkkörner als Quarzkörner enthält, und, auch wenn er ſehr feſt verküttet iſt, ſehr porös erſcheint, indem die kleinern Zwiſchenräume zwiſchen den platten Kalkkörnern nicht durch noch feinere Theile ausgefüllt find. Oft auch über- zieht ein weißlicher Kalkleim die Gerölle mit einem dünnen Häutchen, das wohl als Rückſtand des mit Kalk geſchwänger⸗ ten Waſſers betrachtet werden muß, in welchem die Geſchieb⸗ bank ſich gebildet hatte. — Obſchon ich dieſe Structur des Diluvial- Formationen. 199 Bindmittels bey ſehr vielen dieſer neuern Conglomerate ge— funden, ſo will ich indeß nicht behaupten, daß Cemente mit reinerm Quarzſand, von feinerm Korn und ohne leere Poren, von den Cementen wahrer Nagelfluh in nichts verſchieden, ganz fehlen. — Meiſtentheils iſt das ſandige Bindmittel in weit beträchtlicherm Verhältniſſe vorhanden, als die Gerölle, und öfters bildet es eigene Neſter und Lager, bald mit ſchar⸗ fer Trennung von den gröbern Maſſen, bald durch allmählige Aufnahme von Geſchieben in dieſelben übergehend. Die Gebirgsarten der Gerölle find je nach der Gegend verſchieden. Um Bern herum und im ganzen Aarthale be- haupten die dunkeln, alpiniſchen Kalk- und Grauwackearten das Uebergewicht; beygemengt find Alpengranit⸗, Alpen- gneus⸗ und bunte Nagelfluhgerölle. Bey Ins fand ich nur Juragerölle. Bey Kirchberg und im untern Emmethal nur bunte Nagelfluhgerölle. Eine genauere Unterſuchung würde zuverläſſig ſchätzbare Aufſchlüſſe über den frühern Lauf unſerer Ströme und die Geſchichte unſerer Thalbildung gewähren. So ſcheinen z. B. in den Grienmaſſen bey Könitz und Bümplitz die alpiniſchen Kalk⸗ und Sandſteine weit ſtärker vorzuherr⸗ ſchen, als in denen des, mehr in der Richtung des Aarthales gelegenen, Bremgartenwaldes; woraus man ſchließen darf, daß jene nicht von Waſſern abgeſetzt worden, welche mächtige Nagelfluhmaſſen durchfloſſen hatten, vielleicht von der Senſe. Die Größe der Gerölle iſt, wie in der Nagelfluh, ſehr verſchieden, zuweilen findet man ſogar einzelne große Blöcke. davon umwickelt, doch erreichen dieſe in den Ablagerungen, die wir hier näher im Auge haben, niemals eine ſo bedeutende Größe, wie in den eigentlichen Schuttmaſſen, und ihre Kan⸗ ten ſind meiſt abgerundet. | Sowohl die feſten, als die ganz loſen Kies⸗ und Sand bildungen erſcheinen nicht, wie meiſtens die Glieder der Mo⸗ laſſe⸗Formation, in regelmäßigen Lagern, die mit gleicher Mächtigkeit oft Meilen weit fortſtreichen, ſondern mehr in 200 III. Cap. Erſter Abſchnitt. ungeſchichteten Maſſen, die zwar auch ſehr deutliche Spuren periodenweiſer, horizontaler Ablagerung zeigen, aber ſo we⸗ nig regelmäßig, daß man die Abſonderungen nach kurzem An⸗ halten bald wieder ganz verliert. Beſteht die Hauptmaſſe aus Geröllen, ſo iſt der Sand in langen Neſtern, die oft das An⸗ ſehen von Lagern gewinnen, oder in großen Mulden eingela⸗ gert. Die Schichtung läßt ſich dann an der großen Längen⸗ ausdehnung dieſer Neſter, deren oft mehrere über einander mit Geröllen wechſeln, nicht verkennen; man bemerkt ſie auch an einer gewiſſen Streifung des Sandes ſelbſt, die von einer regelmäßigen Lage der Sandtheile, beſonders der etwas grö⸗ bern platten Kalkkörner, herzurühren ſcheint. — Die Lager, welche feſter verküttet ſind, ſtehen zuweilen über ein Meter weit aus den lockern, leichter zerſtörbaren Maſſen hervor. Die Auſſenfläche dieſer Ablagerungen iſt überhaupt gewöhnlich ſehr uneben, und zeigt hervorſpringende Ecken und größere Aushölungen, welche ſehr verſchiedene Grade des Zuſammen⸗ halts bezeichnen. Niemals findet man die gleichförmigen, ich möchte ſagen glatten, Wände der wahren Nagelfluh, welche ohne alle Vertiefungen oder Unebenheiten, als die vom Her⸗ vorſtehen der Gerölle herrühren, oft auf lange Strecken hin vollkommene Ebenen, oder ſanfte Bauchungen bilden. Als untergeordnete Glieder dieſer Bildungen ſind die mehr oder weniger reinen Lehm- und Töpferthonlager zu be⸗ trachten, von blauen und hellbräunlichen Farben, gewöhnlich unmittelbar unter der Dammerde liegend, und ſich mit ihr vermengend. Sie werden an vielen Orten zu Töpferarbeiten, Ziegelbrennereyen und andern Benutzungen ausgebeutet. Eine der lehrreichſten Gegenden zur Beobachtung dieſer neuen Bildungen iſt die von Strätligen und der Kan⸗ derbrücke. Man ſieht an der neuen Straße, die von dieſer nach Wimmis führt, den Durchſchnitt der Hügelkette, auf welcher Strätligen ſteht, von dem oberſten Rücken bis an das Waſſer entblöst, in einer Höhe von wohl 60m. Kalk- und — Diluvial : Formationen. 201 Grauwackengerölle, wie ſie noch jetzt die Kander und Simme herbringen, ſind in der obern Hälfte des Durchſchnitts, feſt verküttet durch einen grauen, ſandigen Lehm, der aus der Zerſtörung der Thon- und Mergelſchiefer des Frutigthales entſtanden ſeyn mag. Man hat, um die Straſſe in dieſen Schutt einzuſchneiden, Sprengarbeit anwenden müſſen. Mit⸗ ten in dieſer Maſſe bemerkt man auch größere Blöcke von Als pengranit oder Kalk, ziemlich abgerundet und mit ihren brei⸗ tern Flächen horizontal liegend; Spuren von Schichtung ſind aber, einige dunklere, horizontale Streifen am andern Ufer ausgenommen, keine wahrzunehmen. So bis ungefähr in die halbe Tiefe, wo dann eine deutliche, horizontale Abſonderung folgt, als ob zwiſchen der Entſtehung der obern und untern Maſſen eine beträchtliche Zeit verfloſſen, oder beyde unter verſchiedenen Umſtänden wären abgeſetzt worden. Die untern Maſſen erſcheinen in langen Neſtern, von ungleicher Feſtig⸗ keit, ſo daß die einen mehr als die andern hervorſtehen; ihre Gerölle ſind immer noch Kalk und Grauwacken, aber ſtatt durch Lehm, ſind ſie durch magern Sand verküttet, und dieſer Sand bildet oft eigene Lager, oder längere Neſter, die man iſolirt unmöglich von Molaſſe unterſcheiden könnte. Höchſt auffallend bey einer ſo neuen Formation iſt das ziemlich ſtarke, öſtliche Einfallen dieſer Neſter, unter einem Winkel, der nahezu 450 erreicht; man bemerkt daſſelbe längs dem ganzen Bett der Kander und Simme bis Wimmis, ſo wie auch die horizontale Trennung von der obern Maſſe, die in⸗ deſſen zwiſchen dem Strätlighügel und Wimmis nur noch wenige Fuß Höhe hat. — Ungefähr eine halbe Stunde nörd⸗ lich von Strätligen, findet man am rechten Ufer des alten Kanderbettes, mitten in der obern Schuttmaſſe, bey 20m unter dem Rücken des Strätlighügels, ein horizontales, 0,3” mächtiges Braunkohlelager, aus dicht zuſammengepreß⸗ ten, bräunlichſchwarzen Holzſtücken, Pflanzenſtengeln u. ſ. w. beſtehend, die ſich in dünnen Schichten von einander ablöſen 202 III. Cap. Erſter Abſchnitt. laſſen. Scheuchzer eitirt einen Buceiniten aus dieſem La⸗ ger “); man hatte ihn wahrſcheinlich gefunden, als die Kohle durch einen Stollen noch ausgebeutet wurde. Wie die ganz ähnliche Braunkohle von Utznach, iſt das Lager in einen fei⸗ nen, blauen Thon eingeſchloſſen, der es von der gröbhern Ge⸗ röllmaſſe trennt. — An dieſer bemerkt man über dem Lager horizontale ſchwarze und rothe Streifen, die von einem fei⸗ nen, ſtaubartigen Anflug herrühren, der ziemlich tief hinter die Auſſenfläche eindringt; der rothe Staub iſt Eiſenhydrat, der ſchwarze färbt Borax amethyſtblau und iſt alſo Mangan. — Am linken Ufer des alten Kanderbettes find die Geſchiebe ſo feſt verküttet, daß ſie, wie in mancher Nagelfluh, weit eher zerſpringen, als vom Bindmittel losreiſſen, und dieſes bricht beym Zerfchlagen in ſcharfkantige Stücke, mit ebener Bruch⸗ fläche. Die mächtigen, größere Hügel bildenden Schuttmaſſen von Thungſchneit und Jaberg, unweit der frühern Ein⸗ mündung der Kander in die Aare gelegen, ſind wohl als die Fortſetzung der eben beſchriebenen Ablagerung zu betrachten, und beweiſen wie dieſe, daß die Kander und Simme, oder die Waſſer des Frutig- und Siebenthales früher eine unge⸗ heure Maſſe von Geſchieben hervorgewälzt haben. Der Boden in der Umgegend von Bern beſteht an vielen Stellen bis in eine Tiefe von 40m nur aus Geröll⸗ und Sand⸗ maſſen. An dem Ufer der Aar, in der Nähe der Karlsruh, und am Abhang des Wylerholzes, bilden dieſelben hohe und wilde Felſen, zum Theil überhangend und an Gebirgsſcenen der Alpen erinnernd. Ganz unerwartet iſt das Vorkommen ſolcher Gebirgsmaſ⸗ ſen, deren Anlage zu horizontaler Schichtung auf eine ruhige Ablagerung in längern Zeiträumen ſchließen läßt, auf Höhen oder an Abhängen, die gegenwärtig ſehr hoch über dem Ni⸗ — — — —— —ę—¼ — —-—-¾¼ yt. — 4% Mus. diluv. No. 252, b. Diluvial- Formationen. 203 veau der Thalwaſſer liegen. So auf dem höchſten Punkt der Grauholzſtraße, wohl 150” über der Aare, abwechſelnde Sand⸗ und Gerölllager, faſt ausſchließlich Alpenkalk enthal⸗ tend, auch Alpengranit und einzelne Nagelfluhgerölle. Iſt es immer noch die Senſe, die früher hier durchfloß, oder deuten die Granite eher auf die Kander? — Noch auffallen- der find ähnliche Ablagerungen von ſehr altem Ausſehen, an der Mittagſeite des Frienisberges, ganz nahe bey May⸗ kirch; ihre Höhe über die Aare bey Bern beträgt 170, und man beherrſcht von da aus das ganze Land, das weſtlich von dem Plateau des Längenbergs liegt, bis an die Schweins⸗ berge. Die Geſchiebe beſtehen faſt ausſchließlich aus Alpen⸗ kalk, Nagelfluhgerölle, denen des Belphergs ähnlich, find ſelten, in den tiefſten Lagern liegen auch größere, meiſt ver⸗ witterte Blöcke von Molaſſe. Wo ſoll man das andere Ufer des Stromes ſuchen, der dieſe Geſchiebe abgeſetzt hat? In dem Sande, den Geröllmaſſen und den Lagern die⸗ ſer neuern Bildungen hätten wir alſo die Hauptglieder der wahren Molaſſe⸗Formation auf eine Art wiedergefunden, die uns beſorgen läßt, es möchte wohl in vielen Fällen ſchwer zu entſcheiden ſeyn, ob man wirkliche Molaſſe, Nagelfluh und Mergel, oder ob man Sand, Kies und Lehm vor ſich habe. Und leider iſt dieſe Beſorgniß nur zu gegründet. Sind die Steinarten wohl charakteriſirt, ſo wird man zwar kaum je in Verlegenheit gerathen. Die rauhe, zerfreſſene Auſſen⸗ fläche, das Unregelmäßige der Schichtung, die Natur des Cements, das Vorherrſchen des Sandes, und die Gebirgs⸗ arten der Gerölle unterſcheiden die Kieslager meiſt ſehr be⸗ ſtimmt von der Nagelfluh. Schwieriger möchte der Sand vom Molaſſeſand, und der Lehm vom grauen Mergel su un⸗ terſcheiden ſeyn, wenn man die Lagerung, die Beſchaffenheit der angrenzenden Bildungen, nnd die äuſſern Formen der Gegend nicht zu Rathe ziehen kann; und in Gegenden, wo die Molaſſe⸗Formation ihre Feſtigkeit und deutliche Schich⸗ — 204 III. Cap. Erſter Abſchnitt. tung verliert, die Nagelfluh nur in Neſtern erſcheint und viele Kalkgerölle enthält, und wo die Beſchränktheit der nack⸗ ten Aufriſſe die Ueberſicht erſchwert, kann es allerdings ge⸗ ſchehen, daß man ſich über das Alter einer Ablagerung und ihr Verhältniß zur Molaſſe nicht zu entſcheiden wagt. Auch war dieß Reſultat der reinen Beobachtung ſchon nach theoretiſchen Gründen zu erwarten. Die Molaffe- For- mation iſt im Waſſer gebildet, oder doch vom Waſſer lange Zeit bedeckt und bearbeitet worden. Ihre leicht beweglichen Sand⸗ maſſen, die ohne die ſchützende Vegetation, in mehrern Ge⸗ genden wie die Sandhügel der afrikaniſchen Wüſten vom Winde fortgetragen würden, ihre im Waſſer zerfallenden Mergellager, die Gerölllager ſelbſt, die wahrſcheinlich erſt durch das Austrocknen ihre jetzige Feſtigkeit erlangt haben, alles mußte von den Strömungen und Stürmen vielfaltig be⸗ wegt, fortgeriſſen und wieder neu erſetzt werden; viele Mo⸗ laſſelager, viele Nagelfluhmaſſen ſind zuverläſſig aus der Zer⸗ ſtörung älterer Lager hervorgegangen, und, vielleicht ohne ihre frühere Beſchaffenheit weſentlich zu verändern, regene⸗ rirt worden. Zwiſchen dieſen Bildungen und den ſogleich nach dem Zurückziehen des Meeres entſtandenen erſten Ablage⸗ rungen der Flüſſe kann aber kaum ein ſehr bedeutender Un⸗ terſchied ſtatt finden, denn daß die einen in ſalzigem Waſſer, die andern im Flußwaſſer hergeſchwemmt worden, kann auf die Art der Ablagerung und das Cement keinen Einfluß gehabt haben, und an dieſe erſten Flußbildungen ſchließen ſich die noch heut entſtehenden an, ohne merkliche Unterbrechung, als jüngere Glieder derſelben Epoche. 2. Gebirgsſchutt und große Blöcke. In ähnlichen Localverhältniſſen, wie die eben beſchrie⸗ benen, findet man Ablagerungen, deren ganze Beſchaffenheit einen ſehr verſchiedenen Urſprung anzeigt. Wenn in jenen die Abwechslung von Sand mit Geröllen, die allmählige Ab- Dilnvial » Formationen. 205 nahme der Größe der Gerölle in manchen Lagern, und die gleichförmige Lage der groben Sandkörner und Geſchiebe, auf eine ruhige, ſehr langſam erfolgte Ablagerung ſchließen laſſen, ſo tragen dieſe hingegen ganz den Charakter von Schuttmaſſen, die von wild verheerenden, aber nur momen- tanen Fluthen hergeſchwemmt worden. Große Blöcke, ſoge— nannte Fündlinge, oft mehrere Meter lang, und mit beynah noch friſchen Kanten, kleinere Gerölle, Sand und Lehm, ſind in größter Verwirrung durch einander geworfen, die kleinern Gerölle ohne Spur von Regel in dem Lehm zerſtreut, oft ſparſam, oft gehäuft, der Sand dem Lehm beygemengt, oder in ſtockförmigen Maſſen, die großen Blöcke theils einzeln, von einer lehmigten Sand- und Kiesmaſſe umſchloſſen, theils wie durch Titanenkraft über einander aufgethürmt, und ſich gegenſeitig unterſtützend. Zuweilen ſchließen ſich indeß dieſe Schuttmaſſen ſo enge an die regelmäßigern Kieslager an, daß man fait glauben möchte, fie ſeyen näher zuſammen ver- wandt, als es anfangs geſchienen. Bey dem ſchwankenden Charakter der Kieslager, die auch öfters größere Blöcke ein⸗ ſchließen, und zuweilen nur ſchwache Spuren von Regel- mäßigkeit zeigen, iſt es nicht immer möglich, von jeder An⸗ ſchürfung, oder Geſchiebmaſſe zu beſtimmen, ob ſie der einen oder der andern Claſſe von Ablagerungen angehöre, und die Scheidungslinie möchte oft nicht einmal zu erkennen ſeyn, wenn auch die Beobachtung weniger durch Vegetation und Schutthalden beengt wäre. Zudem muß jede größere An⸗ ſchwellung der Flüſſe und Bäche an der einen oder andern Stelle ihres Bettes die Regelmäßigkeit der Ablagerungen geſtört haben, und von dieſen localen, jährlich ſich erneuern⸗ den Schuttbildungen bis zu denjenigen, die von allgemeinen Einbrüchen verwüſtender Fluthen zeugen, darf man erwarten, eine Stufenfolge von Schuttmaſſen zu finden, deren relatives Alter, deren Zuſammenhang und Urſprung unmöglich mehr näher auszumitteln ſeyn möchten. 206 III. Cap. Erſter Abſchnitt. Die rieſenhafte Größe vieler Felsblöcke dieſer Schutt⸗ maſſen, die große Entfernung derſelben von ihrem muthmaß⸗ lichen Stammort, und die bedeutende Höhe über dem TIhal- grunde, auf der wir ſie oft finden, haben ſeit längerer Zeit die Aufmerkſamkeit unſerer erſten Naturforſcher auf ſie hin⸗ gezogen. Die Ueberzeugung, daß die heutigen Gewäſſer auch 2 in ihren ſtärkſten Anſchwellungen nicht im Stande ſeyen, ſolche Maſſen aus den hintern Alpenthälern bis auf die höch⸗ ſten Rücken des Jura zu wälzen, drängte ſich jedem auf, der das Phänomen auch nur oberflächlich beobachtete. Man ließ daher die Blöcke durch Meeresfluthen von den Alpen los⸗ reiſſen, man dachte auch an Gletſcher oder ſchiefe Ebenen, die von den Alpen ſich bis an den Jura erſtreckt hätten, oder man nahm Eisinſeln zu Hülfe, die zur Zeit der Meeres⸗ bedeckung von den Alpengletſchern ſich losgelöst, und mit Schutt beladen nach Norden getrieben hätten; noch Andere glaubten die Blöcke durch vulcaniſche Kräfte von den Alpen⸗ gipfeln in die Ferne geſchleudert, oder an Ort und Stelle mitten durch die neuern Felslager aus der Tiefe hervorges ſtoßen. Wie immer haben indeß nur diejenigen Geologen das Problem ſeiner Auflöſung näher gebracht, welche nicht nur ihre Einbildungskraft, ſondern vorher die en be⸗ fragten. Der große Sauſſure !“ bemerkte zuerſt, daß dieſe Ge⸗ ſchiebe ſich gegenüber den großen Alpenöffnungen am gehäuf⸗ teſten finden, und daß ſie nur in diejenigen Jurathäler ein⸗ dringen, welche gegen die Alpen nicht verſchloſſen find. Hie⸗ mit waren bereits die Alpen als ihr wahrer Stammort und mächtige Ströme als ihre Träger bezeichnet. Seine Mei— nung war, daß bey dem plötzlichen Rückzug des Meeres, la grande debäcle, die ſchnell abfließenden Fluthen tiefe Thäler eingegraben und mit Alpenſchutt ausgefüllt hätten, durch die langſamer nachfließenden Waſſer ſeyen dann die 47) Voyages I. ch. 6 et 7. Diluvial : Formationen. 207 kleinern Maſſen dieſes Schutts nach und nach abgeführt worden, die größten Blöcke aber liegen geblieben. Herr Ebel“) legte hierauf den Grund zu einer Claſſi— fieation der Geſchiebe nach den verſchiedenen großen Quer— thälern, durch die ſie hervorgeſchwemmt worden. Er ver— glich die Steinarten der Blöcke mit denen der im Hinter— grunde der Querthäler anſtehenden Gebirge, und ſuchte in der hüglichteu Schweiz und am Jura die Grenzen der Schutt- ſtröme zu beſtimmen. Durch ſeine lebhafte Darſtellung des furchtbaren Ereigniſſes, von dem dieſe großen Geſchiebe zeu— gen, wußte er mehr als je vorher das allgemeine Intereſſe für die nähere Erforſchung dieſes Phänomens zu erregen. Die ſchönſte Beobachtungsreihe und die ſcharfſinnigſten Unterſuchungen über daſſelbe, obſchon nur auf den Schutt⸗ ſtrom des Rhonethales beſchränkt, verdanken wir indeß un⸗ ſtreitig Hrn. von Buch!). Er zeigte, wie gegenüber der Rhoneöffnung die Granite am Jura nicht nur am gedräng⸗ teſten, ſondern auch am höchſten liegen, und wie ſie von da aus allmählig gegen die Ebene niederſteigen, ſchneller gegen Genf zu, weil die hohen Gebirge an der Mittagſeite des See's den Strom beengten, in weiterer Krümmung gegen Neuenſtadt und Biel. Nur eine plötzliche, ſtoßartig wirkende Fluth kann die Blöcke ſo regelmäßig vertheilt haben, und ſie müſſen von ihrem Stammort aus büſchelförmig, hoch über alle Abgründe weg, faſt wie geſchleuderte Maſſen auf den Jura gefallen ſeyn. Den wahrſcheinlichen Stammort dieſer Granite fand Hr. von Buch in der Spitze von Orner, dem öſtlichſten Ausläufer des Montblanegebirgsſtocks, denjenigen der vielen über die Gegend von Semſale und Romont bis über Eſtavayer hinaus zerſtreuten Grauwacken in den berühm⸗ ten Conglomeraten von Trient und Valorſine, die ſchönen ) Bau der Erde und Anleit. 9) Berliner Akad. S. 161. Nachträge und Berichtigungen in Ann. de Chimie. T. X. \ 208 III. Cap. Erſter Abſchnitt. Gabbro's und Serpentine der Gegend von Vevay vermuthete er im Bagnethal anſtehend. Durch eine annähernde Rech⸗ nung ſuchte er die Möglichkeit einer unmittelbaren gerad⸗ linichten Herfluthung der Granite von der Spitze von Orner bis auf den Chaſſeron zu erweiſen. Der ſelige Eſcher 0), der ſich in den letzten Jahren ſeines Lebens beſonders viel mit dieſer, dem Gegenſtande ſeiner praktiſchen Wirkſamkeit einigermaßen analogen Erſchei⸗ nung beſchäftigte, zeigte, daß die Vertheilung der Blöcke, längs den großen Stromthälern, in jeder Hinſicht den Geſetzen . gemäß erfolgt ſey, die ſich in den Kiesablagerungen unſerer Flüſſe erkennen laſſen, und daß eine mit Schlamm und Schutt beladene Waſſermaſſe, die das Rhonethal ausgefüllt hätte, und, bey plötzlicher Sprengung des Damms der vordern Alpenkette, hervorgebrochen wäre, eine mehr als hinreichende Stromgeſchwindigkeit erhalten haben würde, um die Blöcke ſchwebend bis an den Jura zu tragen. Wie Sauſſure ver- muthete er, daß das Ereigniß ein allgemeines geweſen, weil nur unter der Vorausſetzung gleichzeitig durch alle Quer⸗ thäler ſtrömender Fluthen es erklärbar ſey, daß nicht die Schuttablagerungen des einen mit denen des andern gemengt gefunden werden. So weit iſt bis dahin die Erklärung dieſes Phänomens gediehen. Es iſt erwieſene Thatſache, daß die Blöcke aus den Alpen abſtammen, und höchſt wahrſcheinlich, daß ſie durch hohe und plötzliche Fluthen hergeſchwemmt worden, aber auf ſonderbare Weiſe drängen ſich eine Menge von Schwierigkeiten hervor, ſobald man dieſer Erklärung weitere Folge geben, und den Quellen oder den Wirkungen jener Fluthen genauer nachforſchen will. Es iſt höchſt auffallend, daß in den Schuttablagerungen aller Querthäler, dasjenige der Limmat allein ausgenommen, der Granit eine ſo ausgezeichnete Rolle ſpielt, während in 50) Neue Alpina J. Diluvial Formationen 209 unſern Alpen der Gneus, Glimmerſchiefer und Kalk bey weitem häufiger ſind, und zu eben ſo großen Höhen anſteigen. So lange dieſe beſondere Auswahl des Granits, ſo wie im Linthkeſſel die des Sernfterconglomerats, nicht auf irgend eine Art mit der Haupterklärung in Zuſammenhang gebracht werden kann, müſſen wir immer fürchten eines der wichtig— ſten Momente des Phänomens überſehen, oder verkannt zu haben. — Es verträgt ſich ferner, weder mit den Anſichten von Sauſſure, noch mit denen von Eſcher, daß eben die Granite, die Bruchſtücke der höchſten Spitzen, ſich in den größten Maſſen und am weiteſten und höchſten fortgeführt finden, da hingegen die Gebirgsarten, die tiefer anſtehen, nur in kleinern Blöcken vorkommen, und ſich kaum über das hüglichte Land erheben, denn eine hoch aufgeſtaute und plötz⸗ lich abfließende Waſſermaſſe hätte gerade an den tiefern Stel⸗ len am kräftigſten wirken müſſen. — Und wo iſt denn, muß man fragen, aller der übrige Schutt geblieben, von dem jene Maſſen doch nur den kleinſten Theil ausgemacht hätten, und der unſere Thäler bis in große Höhe ganz ausgefüllt haben ſoll? eine Wegräumung deſſelben durch die nachfließen⸗ den Gewäſſer, oder durch fpätere Ströme ſcheint beynahe eben ſo furchtbare Umwälzungen, als die erſte ſelbſt voraus⸗ zuſetzen, und die Kanten der großen Blöcke, möchten unter dieſer beſtändigen Reibung, kaum ſich fo friſch erhalten haben, — Wie verträgt ſich ferner die dichte, ſchlammige Con- ſiſtenz der Ströme, die ſowohl Herr von Buch als Eſcher annehmen, um die Fallgeſchwindigkeit der Granite zu ver⸗ mindern, mit der großen Horizontalgeſchwindigkeit? — und nur unter der Vorausſetzung einer eigenthümlichen, unge⸗ wöhnlich großen Horizontalgeſchwindigkeit wird es doch erklär⸗ bar, wie dieſe Maſſen über die tiefen See'n haben wegfliegen können, die am Saum der Alpen und am Jura in ihrem Wege lagen; da Schuttſtröme, die von der Schwerkraft allein wären in Bewegung geſetzt worden, nothwendig das leichtere 14 210 III. Cap. Erſter Abſchnitt. reine Waſſer aus dieſen Becken ausgetrieben, und dieſelben mit Schlamm und Schutt ausgefüllt haben müßten. — Alle dieſe Zweifel und Einwürfe ſind auch bereits von Hrn. von Buch, von Eſcher und von Hrn. Brochant erhoben worden, und letzterer hielt es daher für rathſamer, wieder zu der ältern Hypotheſe einer geneigten Ebene zurückzukehren, wel⸗ cher indeß, in dem engen Zuſammenhange des Phänomens mit der gegenwärtigen Geſtalt der großen Querthäler, und in dem häufigen Vorkommen der Blöcke in den Niederungen, in dem ganzen Strich Landes von Vevay bis an den Neuen⸗ burger⸗See, z. B., leicht noch größere Schwierigkeiten ent⸗ gegenſtehen möchten. — Wir dürfen nur von erweiterten und planmäßig angeſtellten Beobachtungen die vollſtändige Löſung des Problems erwarten. ; Die Erſcheinung der Blöcke iſt, 1717 0 allen bisherigen Unterſuchungen, an hydrodynamiſche Geſetze gebunden, und verträgt alſo ſcharfe Berechnung: aus den drey Coordinaten einer beträchtlichen Anzahl von Blöcken der nämlichen Gebirgs⸗ art, aus dem ſpec. Gewicht dieſer Gebirgsart und aus der Configuration des Landes muß ſich einſt näherungsweiſe die Richtung der Fluth, die Geſtalt der von den Blöcken durch⸗ laufenen Fläche, die Dichtigkeit des Mittels und das Ver⸗ hältniß der verticalen zur horizontalen Geſchwindigkeit her⸗ leiten laſſen, und erſt dann wird man mit Zuverläßigkeit beurtheilen können, welcher Art die Kraft geweſen ſey, welche den Strom und die Blöcke in Bewegung geſetzt hat; vieles, das bey einer oberflächlichen Beurtheilung uns unmöglich, oder unwahrſcheinlich vorkommt, weil wir durch allgemeines Raiſonnement nicht alle Folgen dieſer Verwicklung von Kräf⸗ ten erfaſſen können, wird ſich dann als nothwendige Wir- kung eben dieſer Kräfte darſtellen, und, wie bey jeder mathe⸗ matiſchen Behandlung von Naturerſcheinungen, werden ſich aus der Analyſe ſelbſt eine Menge von Reſultaten ergeben, die der Beobachtung vorgreifen, und den fernern Forſchungen Diluvial - Formationen. 211 des Geologen einen ſichern Weg vorzeichnen. — Die Be- obachtungen, die ich auf wiederholten Streifereyen in der weſtlichen Schweiz über dieſes intereſſante Phänomen zu ſammeln Gelegenheit fand, können indeß, auch in Verbin⸗ dung mit den ſchon bekannten, den Forderungen des Geome⸗ ters noch nicht genügen, und jeder Verſuch einer analyti⸗ ſchen Theorie, die übrigens leicht meine Kräfte überſtiegen haben dürfte, würde daher nur illuſoriſche Reſultate gelie⸗ fert haben. Ich lege fie hier als Beyträge zu dieſer um⸗ faſſendern Arbeit nieder, und erlaube mir nur diejenigen all⸗ gemeinen Folgerungen daran zu knüpfen, die ii zunächſt darbieten. Die Felsblöcke des Aarthales. Wie im Rhonethale, ſcheint auch im Aarthal der Granit bey der gewaltſamen Umwälzung, von der die Blöcke zeugen, mehr als keine andere Gebirgsart gelitten zu haben; keine findet ſich in ſo groſſen Maſſen, keine in ſolcher Menge. Dieſer Granit, oder in der Landesſprache, Gaisberger⸗ ſtein, bleibt ſich, mit wenigen Ausnahmen, in allen Blöcken auffallend gleich. Er iſt körnig, von mittlerem Korn, mit kaum bemerkbarer Anlage zum Flaſrigen. Der gewöhnlich vorherrſchende weiße Feldſpath zeigt ſtellenweiſe blättrige Structur mit Perlmutterglanz, ſondert ſich aber niemals in deutlichen Prismen aus, oft iſt das blättrige Gefüge auch kaum zu erkennen. Der Quarz, in etwas ſchwächerm Ver- hältniß, iſt theils in größern körnigen Theilen ausgeſondert, grau und ſtarkglänzend, theils matt oder ſchwach ſchimmernd, von äuſſerſt feiner Sandſteinſtructur, wahrſcheinlich innig gemengt mit Talk. Der Glimmer, in noch ſchwächerm Ver⸗ hältniß, ziemlich weich, dunkelgrün, glänzend, in einzelnen Blättchen, oder vielmehr kleinen Neſtern, die aus feinen Fa⸗ fern zu beſtehen ſcheinen, und nur ſelten eine breite Glim⸗ merfläche zeigen. Selten fehlet Talk, in ſehr dünnen / bell 44 * 212 III. Cap. Erſter Abſchnitt. grünen, ſtark ſchimmernden Blättchen, die dem Feldſpath oder Glimmer ankleben. Die einzigen Modificationen beſtehen in etwas abgeänderten Verhältniſſen der Beſtandtheile. Zuwei⸗ len häuft ſich, in einem übrigens gleichförmig gemengten Granit, der Glimmer ſtellenweiſe mehr an, und bildet in der weißen Grundmaſſe größere oder kleinere dunkle Flecken. Es ſtimmt dieſer Granit vollkommen überein mit den Graniten der Grimſel und des Gotthards. Man findet ihn anſtehend an der Grimſelſtraße, oberhalb Räthriſchboden, in großen Blöcken zwiſchen Realp und Zumdorf, und, ebenfalls in Blöcken, ſo dicht zuſammengehäuft, als ob ein Gebirge in ſich zerfallen wäre, bey der Mayenſchanze, oberhalb Waſen. Er unterſcheidet ſich dagegen weſentlich vom Gaſterengranit, und der Geſchiebſtrom iſt daher wirklich der Aare von ihrer Quelle an gefolgt, und nicht etwa aus dem Kanderthal her- vorgebrochen. Daß indeſſen auch in dieſem Thal ähnliche, obgleich beſchränktere Ereigniſſe ſtatt gefunden, beweiſen die vielen Blöcke von Gaſterengranit, die man im Thale von Frutigen und Mühlenen und bis auf die Höhe von Aris, am Ausgang des Kienthals findet. — Im Aarthal ſelbſt und gegen den Jura zu iſt mir nie ein Gaſterengranit vorge⸗ kommen. | | Die Spuren des gewaltigen Schuttſtroms, der auf un⸗ erklärbare Art die großen Granite durch das Haslithal und über beyde See'n bis in die hüglichte Schweiz getragen, zeigt ſich in allen Einbiegungen der Thalſeiten, die der Fluth Ge⸗ legenheit gaben, einen Theil ihrer Geſchiebe abzuſetzen. Das wohl 1300m hoch liegende Gentelthal enthält eine Menge derſelben, und noch bis Wyler iſt der Abhang damit bedeckt. Ob ſie ſich auf dem Hasliberg auch finden, iſt mir unbekannt; aber auf dem Brünig, deſſen Höhe zwiſchen 1000 und 1200 fällt, hat fie Hr. von Buch in großer Menge gefunden?). Auch viele der vorn im Habkerenthal liegenden weißen 91) Berliner Akad. S. 185. ——— roiuueumesen Diluvial - Formationen. 213 Granite mögen hieher gehören. Von der Beatenbergkirche bis auf das Niederhorn habe ich keine gefunden, obſchon der Abhang ſehr gleichförmig und wenig geneigt iſt; die Kirche liegt aber wohl ſchon auf 1100 n Höhe. Ein ſehr großer Block, von unverkennbarem Grimſelgranit, wird gegenwärtig zu Därligen, nahe am Seeufer verarbeitet, und an der Seite von Leiſſigen und Spietz liegen noch viele, theils in Schutt begraben, theils frey. Nicht einer iſt dagegen in's Siebenthal eingedrungen. Am andern Seeufer ſteigen ein⸗ zelne bis oberhalb Sigriswyl; die meiſten Blöcke, mit denen dieſer Abhang bedeckt iſt, gehören aber den nahen Ralligſtöcken und ihrer Kalk- und Sandſteinformation an. Das Hügelland von Amſoldingen, Thierachern und Gurzelen iſt ganz überſäet mit großen Alpengeſchieben, obſchon es ſich kaum auf 700” erhebt. Die Grimſelgranite ‚find immer noch häufig, doch mengen ſich auch viele andere Gebirgsarten bey. Darunter Ein kleinflaſriger Gneus, weißer Feldſpath, mit talk⸗ artigem Glimmer, oder wirklichem Talk, der zuweilen die Abſonderungen ganz bedeckt, und wie ein faſriger Ueberzug von Speckſtein ausſieht, ſchmutzig grünlichgrau, in's Braune, ohne Glanz; ſtellenweiſe auch mehr glimmerartig und glän⸗ zend. Der Talk ſchließt ſich ſo nahe an den Feldſpath, daß man oft Mühe hat dieſen zu erkennen. | Ein kleinflaſriger Gneus, weißer Feldſpath, ſtatt Glim⸗ N mer Chlorit, theils in parallelen Streifen, theils in Neſtern, der Quarz zuweilen ausgeſondert in Druſen, als Bergkryſtall. Noch andere Abänderungen von Gneus; eine derſelben durch Verwitterung oft mit einer ocherrothen Kruſte über⸗ zogen. Sie ſtimmen alle überein mit Gneus arten, die man zwiſchen dem Suſtenpaß und Gaſteren, theils anſtehend, theils in den Gletſchergandecken findet. Ein inniges Gemeng von Kalk, Quarz und ſehr fein zertheiltem Glimmer. Mit Anlage zu krumm ⸗ und dickſchie⸗ — 214 III. Cap. Erſter Abſchnitt. | friger Abſonderung, im Bruch rauh, wie zerfreſſen; ſchwarz, matt, aber vom Glimmer ſchimmernd; zuweilen von Kalk⸗ ſpathadern durchzogen. Unter dem Namen Eiſenſtein bekannt. Auch die übrigen Kalk- und Kalkſchiefer, Grauwacken und Sandſteine unſerer Alpen. Der dick- und ebenſchiefrige grauſchwarze Kalk von Gadmen, Guttannen und Hasli; der harte ſchwarze Kalk aus den Gegenden der beyden See'n, der graue Kalk der Stockhornkette; die graue, grob⸗ und feinkörnige Grauwacke der Nieſenkette und des Siebenthals, oft mit verwitterten bräunlichen Körnern; die bräunlichen Quarzſandſteine der Nieſenſpitze, der Wandfluh, des Faul⸗ horns u. ſ. w. a | Mehr nördlich ſcheinen aber dieſe Gebirgsarten fih zu ſöndern. . Bey Geiſt und am Riedhubel behaupten die Granite ein entſchiedenes Uebergewicht; auch werden ſie daſelbſt ge⸗ graben und verarbeitet. In größter Menge liegen ſie um Riggisberg herum, beſonders mehr weſtlich gegen das Schwarzwaſſer zu, doch nicht bis in deſſen Nähe, und jen⸗ ſeits demſelben iſt mir keiner aufgefallen. Das Schloß Rig⸗ gisberg liegt auf 830m Höhe, die Kirche auf 812. Von da geht der Strich, über Rüggisberg, 933" hoch 55), Bütſchel und Blacken, in nordweſtlicher Richtung fort. Die übrigen Gebirgsarten herrſchen dagegen mehr vor an der Oſtſeite des Längenbergs und auf dem Belp⸗ berg. Die Gegend von Zimmerwald, der öſtliche und nörd⸗ liche Abhang des Längenbergs, die obere Fläche und alle Abhänge des Belpbergs ſind ganz bedeckt mit dieſen Geſchie⸗ ben, und nur ſelten mengt ſich ein Granit unter dieſelben. Ein großer, bey 5m langer Gneusblock an der Nordſeite des Gurten muß ſchon frühe die Aufmerkſamkeit auf ſich ge— zogen haben, da eine alte Sage ihn die Teufelsbürde nennt. 59) Diefe und die zwey vorigen Angaben nach trigonom. Meſſungen von H. Lüthardt. Diluvial » Formationen. 245 Dem Mineralogen ift er feiner Amianthadern wegen intereſ— fant. — Bey Anlaß von Gartenarbeiten im Gute Elfenau, nahe bey Muri, fand ſich in einer Erhöhung eine Menge großer Geſchiebe, von Gneusarten, Glimmerſchiefer, ſchwar— zem Kalkſchiefer, Grauwacke u. ſ. w., Granit nur in einzel- nen, kleinen Bruchſtücken. — Viele Unebenheiten und auch kleine Hügel unſerer Gegend beſtehen aus Anhäufungen großer Blöcke, die in Sand und Lehm begraben liegen, und nur hier und da mit einer Ecke aus der Dammerde hervortreten. Auch die langen Rücken und Gräte, die von Süd nach Nord die obern Flächen des Belpbergs und Längenbergs durchziehen, ſcheinen ausſchließlich durch dieſe Geſchiebmaſſen gebildet. Wie auf der linken Seite des Aarthales, wird dieſe Ab⸗ lagerung von Gneus⸗, Kalk- und Sandſteinblöcken, die an keine Höhe gebunden ſcheinen, und ſich ohne Unterſchied über Gebirgsebenen, Abhänge und Thalboden ausbreiten, auch auf der rechten Thalſeite von einer Zone großer Granitmaſſen eingeſchloſſen. Der Buchholterberg, der Kurzenberg, und der lange Rücken zwiſchen dem Blaſen und Bantiger ſind die ei⸗ gentlich elaflifchen Gegenden für die Granitblöcke, und für die Theorie dieſes Phänomens dürften ſie einſt eben ſo wichtig werden, als ſelbſt der Abhang des Jura über Neuchatel und Yverdon. — Leider iſt die Verarbeitung dieſer Granite ein In⸗ duſtriezweig geworden, deſſen zunehmende Ausdehnung dieſe Sphynxe und Pyramiden der Urgeſchichte unſers Landes bald alle zu zertrümmern droht; mehrere Arbeiter ſind ausſchließ⸗ lich mit Aufſuchung und Benutzung derſelben beſchäftigt, und ſchon jetzt ſind ſie genöthigt, ganz verödete Gegenden zu ver⸗ laſſen und ſich in andern umzuſehen. Eine der intereſſanteſten Gruppen findet man, auf kurze Zeit noch, an der Südſeite der Falkenfluh, unweit des Signals, in 9850 Höhe. Drey Granitblöcke, von denen je⸗ der bey 6000 Cubikfuß halten mag, liegen über einander, und in dem Raum zwiſchen zweyen derſelben hat der Stein⸗ 216 III. Cap. Erſter Abſchnitt hauer Buri, der Genſerich jener Vandalen, eine geräumige Schmiede errichtet, welcher der eine Block zum Boden, der andere zum Dache dient. Als ich dort war, hatte man be⸗ reits das große Stück weggeführt, aus dem die ſchöne Treppe am Eingang der H. Geiſtkirche gehauen iſt. — Welch’ ein Stoß muß das geweſen ſeyn, als dieſe Maſſe hier auffiel! Die zwey Querſpalten derſelben ſind ſichtbar nur Folgen der furchtbaren Erſchütterung, und faſt möchte man glauben, daß auch die Nordſeite des Berges damals hinuntergeſtürzt, und ſo die ausgedehnte Falkenfluh entſtanden ſey. Ein kleinerer, noch nicht angegriffener Block, etwa Im lang, liegt öſtlich vom Signal, auf 1025” Höhe. Es iſt, wie Buri ſagt, der höchſte in dieſer Gegend. Zwiſchen dem Buchholterberg und den Honeggen iſt ein großer Block bis in die Süderen vorgedrungen, deren Höhe wenig von 920m, derjenigen von Schwarzenegg, verſchieden ſeyn mag. Ein anderer, zwiſchen dem Buchholterberg und Kurzenberg durch, wenn nicht durch die Tiefe zwiſchen dem Stauffenhubel und dem Naters, bis in die Nähe von Eggi⸗ wyl. Aber weiter öſtlich, jenſeits der Emme, weis man von keinem mehr. Am nördlichen Abhang des Kurzenbergs dringen ſie nur bis Bowyl vor. Die großen Stücke, die, gegenüber dem Klöſterli bey Bern, die Grundlagen der Halde bilden, ſind zu Oberhünigen losgehauen worden. Oeſtlich von Bowyl verſchwinden ſie auch am Abhang des Blaſen, oder Hundſchüpfen. 5 In Menge findet man fie noch oberhalb Höch ſtetten, obſchon eben von da bisher die meiſten und größten ſind weggebracht worden. Hier mußte auch der mächtige Seiten⸗ arm des Stromes anprallen, der durch das Spornwuhr des Buchholterbergs und Kurzenbergs beengt, das tiefe Thal von Dießbach bis Stollen eingefreſſen. Erſt nachdem man bis über Möſchberg hinaufgeſtiegen, erreicht man die ſchmale Zone der Granite, und kaum 15m höher findet man ſchon Diluviol- Formationen. 2 wieder keine mehr. Durch zwey, an verſchiedenen Stellen gemachte, Beobachtungen fand ich die mittlere Höhe hier gleich 948m. Man kann die Zone der Blöcke längs dem ganzen Ab- hang, oberhalb Biglen durch, bis an das Thal von Walk⸗ ringen verfolgen. Auch auf dem Ballenbühl hat man mehrere gefunden. In das Thal von Walkringen ſcheinen ſie dagegen nicht tief einzudringen. Auf der andern Seite des Thales ſetzt die Linie, am Abhang der Utzigerhöhe fort, bis an das Lindenthal. Ueber Walkringen ſollen ſie früher ſehr zahlreich geweſen, aber jetzt faſt alle ausgegraben ſeyn. Ich fand die Höhe, wo, nach Buri, der höchſte gelegen, gleich 910m. — Etwa 20” tiefer ſah ich noch einen von 10m Länge, 10m Breite und 8m Höhe, alſo bey 20,000 Cubikfuß hal⸗ tend, der eben zu den Bachſchalen an der Marktgaſſe verar⸗ beitet wurde. — Ueber Liddiwyl, im Wald, lagen drey große Blöcke auf einander, wie auf der Falkenfluh, in der Höhe von 868 a. — Ueber Utzigen ein Block von 16m Länge, 10” Breite, 6a Höhe, aus dem das Denkmal auf der Höhe der Aargauerſtraße gehauen worden, in der Höhe von 867 n. — Auch auf dem nahe liegenden Dentenberg und an den Abhängen des Bantigers findet man Blöcke, doch ſcheint an dem letztern Hügel die Zone nicht mehr ſo ſcharf begrenzt, und die Maſſen ſind weniger groß. Viel⸗ leicht, daß die größten Stücke an dieſen ſtark bewohnten Abhängen ſchon in früherer Zeit benutzt worden ſind. Die tiefern Gehänge find bedeckt mit vielartigen Gneus⸗ und Kalkblöcken. Die Entfernung von der Falkenfluh bis Utzigen iſt nicht ganz doppelt ſo groß, als die von dem nämlichen Punkt bis Höchſtetten, und doch find die Blöcke bis Utzigen mehr als dreymal ſo tief gefallen, als bis Höchſtetten. Der von den⸗ ſelben zurückgelegte Weg kann demnach keine gerade, ſondern nur eine nach oben convere Linie ſeyn, was auch nach theo⸗ 218 III. Cap. Erſter Abſchnitt. retiſchen Gründen zu erwarten war, da die Fallgeſchwindig⸗ keit der Blöcke als conſtant, die horizontale Geſchwindigkeit aber, wegen der Reibung und der Verbreitung der Gewäſſer in ein größeres Becken, als verzögert betrachtet werden muß. Bringen wir die drey Punkte mit gleichen horizontalen und verticalen Abſtänden in eine Verticalebene, ſetzen wir ferner den Anfangspunkt der Coordinaten in den Punkt Falkenfluh, laſſen die x gegen Norden, die y gegen die Tiefe zu wach⸗ ſen, und legen durch die drey Punkte eine Parabel mit ho⸗ rizontaler Axe, ſo iſt die angenäherte So ihrer Gleichung für Metermaaß x = 309 — 1,372. Dieſe Gleichung giebt für y = 5 Fuß, alſo nach Hrn. von Buch's Annahme, für die Geſchwindigkeit in der erſten Sekunde x = 1530 Fuß, was offenbar viel zu ſtark iſt, und auch die mittlere Geſchwindigkeit von 813 Fuß, die man erhält, wenn die Diſtanz von Falkenfluh bis Utzigen durch die Dauer des Falls dividirt wird, überſchreitet alle Möglichkeit. Die Fallgeſchwindigkeit von s Fuß möchte da⸗ her allerdings, wie Eſcher ſchon vermuthete, beträchtlich, und zwar noch ſtärker, als um die Hälfte, zu vermindern ſeyn. — Es iſt übrigens klar, daß jene Curve der Natur nicht entſprechen kann; denn einerſeits würde der Scheitel der Parabel nicht einmal unter die Thalfläche fallen, und die Bewegung alſo, in Folge der ſtarken Reibung und Ver⸗ zögerung rückgängig geworden ſeyn, andererſeits erhebt ſich der obere Schenkel derſelben gegen die Alpen zu fo lang- ſam, daß in der Gegend der Grimſel, auch alle Krümmun⸗ gen des Aarthales mit eingerechnet, die Ordinate kaum 250m hoch würde. Der Grund dieſer unzuläßlichen Reſultate liegt theils in der zu großen Höhe des Punktes Höchſtetten, die man nur der ſchnellern Strömung in der Thalverengung von Dießbach zuſchreiben kann, theils dann aber auch in unſern Vorausſetzungen, und in der willkührlich angenommenen, engern Verbindung der drey Punkte, als ob die Blöcke, die Diluvial - Formationen, 219 dort liegen, alle von einem Punkte losgeriſſen, und unter gleichen Umſtänden wären weiters geführt worden. Das zonenartige Vorkommen des Granits zu beyden Sei⸗ ten des Thales, im Gegenſatz der regelloſen Verbreitung der Gneuſe, Kalk- und Sandſteinarten, ſtimmt vollkommen über- ein mit den von Hrn. von Buch beſchriebenen Verhältniſſen der Geſchiebe im Rhonekeſſel, und dieſe gleichförmige Ver⸗ theilung in zwey ſo verſchiedenen Querthälern, deutet auf eine nicht locale, gemeinſchaftliche Urſache. Wenn ich nicht irre, fo hat Hr. von Buch dieſelbe im ſpeeifiſchen Gewicht der Gebirgsarten geſucht, und in der That iſt dasjenige der im Aarkeſſel verbreiteten dieſer Annahme nicht ungünſtig. Nach Hrn. Prof. Trechſel iſt das ſpeeifiſche Gewicht des Gra⸗ nits von Utzigen 2,583, des Gneuſes der Fündlinge 2,641, des Kalks von Merligen 2,709, des Kalks von Hasli 2,673, des Kalkſchiefers von Golzwyl 2,665; der Granit mußte alſo allerdings ſich am längſten in der Höhe halten. Auch andere Thatſachen ſtimmen gut damit zuſammen. Die Zone auf der linken Thalſeite, auf dem Plateau des Längenbergs, iſt we⸗ niger ſcharf begrenzt, als auf der rechten, weil auch die Ab⸗ dachung viel ſchwächer iſt. Der Belpberg konnte die Granite nicht aufhalten, weil feine oberſte Höhe, 900m, noch unter die Höhe der Zone in dieſer Breite fällt. Schwieriger iſt es über die Menge von Graniten bey Riggisberg, beträchtlich tiefer, als die auf der rechten Thalſeite, genügende Rechen⸗ ſchaft zu geben. Wurde vielleicht die Kraft des Stromes in der Gegend von Amſoldingen geſchwächt durch Hügelreihen und Rücken, die er nach und nach mit ſich fortriß? oder hat die Stockhornkette die Gewalt des aus dem Brienzerthal her gegen ſie anprallenden Stromes gebrochen und zum Theil dem rechten Ufer zugeworfen? Deutet vielleicht die Richtung des Dießbachthales, die, vom Möſchberg aus überſehen, gerade auf das Stockhorn trifft, auf dieſes Anprallen? oder müſſen wir mehrere Durchbrüche unterſcheiden, von denen der eine, 220 III. Cap. Erſter Abſchnitt. weniger mächtig, die Geſchiebe nur in die Gegenden von Am⸗ ſoldingen und Riggisberg zu tragen vermocht hat, ſo wie auch der von Gaſteren nicht weiter ſcheint vorgedrungen zu ſeyn? Steht vielleicht auch die tiefe Lage der Blöcke von Därligen hiemit in einiger Verbindung, oder haben wir uns dieſe nur aus der Steilheit des Abendbergs zu erklären, an deſſen loth⸗ rechten Wänden die Blöcke, die ſich in dieſem Spornwinkel ablagerten, keinen feſten Grund finden konnten? | tit dem Bantiger auf der rechten und dem Gurten auf der linken Thalſeite verlieren ſich die Trümmer des Aar⸗ durchbruchs, in den Niederungen gegen den Jura zu, bis auf einzelne, zerſtreute Gneus⸗ und Kalkblöcke, über deren Abſtammung noch Zweifel erhoben werden könnten, da dieſe Gebirgsarten in der ganzen Alpenkette ſehr verbreitet, und in den verſchiedenen Theilen derſelben nicht beſonders charak⸗ teriſirt ſind. Deutliche Grimſelgranite ſind ſelten, auch an dem Frienisberg, an den die Fluth nothwendig anprallen mußte. Der Steinhauer Buri hat die ganze Gegend von Laupen mehrere Tage lang durchſucht, ohne einen einzigen größern Granit auffinden zu können. Herr Brochant ſagt 58), die Blöcke im Val de Tra- vers ſeyen von Eſcher und Hrn. von Buch für Grimſelgranit erkannt worden, und ein Theil des Aarſtroms ſey alſo bis in dieſes Thal eingedrungen. So hohes Vertrauen ich in den Ausſpruch jener zwey Geologen ſetze, ſo wird es mir doch ſchwer, zu glauben, daß der Strom, der zu Utzigen die Blöcke nur noch auf 867m zu halten vermochte, nach der ſtarken, fächerförmigen Ausſchweifung von ſeiner frühern Richtung, noch Kraft gehabt habe, die Blöcke über 853" hinauf %, bis in den hinterſten Winkel eines Jurathales zu 7 59) Ann. de Chimie, T. X, p. 243. 5% Die Höhe über dem See nach Oſterwald, die abſ. Höhe des Sees nach Trechſel. Diluvial - Formationen, 221 treiben; auch ſtreitet dagegen die Seltenheit der Blöcke im vordern Theile des Val de Travers. Oberhalb Biel, in ungefähr 520” Höhe, liegen zwey große Granite in den Reben. Der Feldſpath iſt in großen, weißen Kryſtallen ausgeſondert, wie niemals in den Blöcken, die zwiſchen der Grimſel und Bern liegen, und man darf daher ebenfalls noch zweifeln, ob ſie dem Aardurchbruch an⸗ gehören. Unter einer Menge großer Blöcke, welche durch die enge Spalte der Schüß bis Frainvillers eingedrungen ſind, fand ich indeß einen Granit, den ich von Brimfelgra- nit wirklich nicht zu unterſcheiden wüßte, einen Glimmer⸗ ſchiefer, — ſehr feines Gemeng von gelblichweißem, glanz loſem Quarz, der vorherrſcht, und dunkelgrauem Glimmer, auf den Abſonderungen dunkel braunroth angelaufen — der dem Glimmerſchiefer von Guttannen, oder Mühlethal ganz ähnlich ſieht, nebſt andern Gebirgsarten, die von den Quel⸗ len der Aar abſtammen möchten. Ich getraue mir jedoch nicht zu behaupten, daß in keiner andern Gegend der Alpen identiſche Gebirgsarten anſtehend ſeyen, da ſelbſt Hr. von Buch im Zweifel bleibt, ob die Geſchiebe von Biel, zum Theil oder alle, den Aarthälern oder dem . ange⸗ hören. Auch die Granite, die ſich in großer Menge oberhalb Lengnau finden, zeigen, ſo viel ich ihrer unterſuchte, deutlich begrenzte, zollgroße Feldſpathkryſtalle, oder doch größere Ausſonderungen von blättrigem Feldſpath und mehr Anlage zur Gneusſtructur, als die Granite des Aarthales. In einer ſehr mannigfaltigen Sammlung großer Geſchiebe, in den Mauern von Bettlach, konnte ich keine charakteri⸗ ſtiſche Gebirgsart auffinden; es ſind immer Granite mit großen, aber undeutlich begrenzten Feldſpaththeilen, Talk⸗ ſchiefer und andere Geſteine, deren Stammort mir unbekannt iſt / aber keine entſchiedene Grimſelgranite, und kein Alpen⸗ kalk. Daſſelbe muß 15 wiederholen von der außerordent⸗ j 222 III. Cap. Erſter Abſchnitt. lichen Anhäufung großer Granitblöcke und anderer urgebirgs⸗ arten auf der Ebene von Oberdorf, und längs dem Fuß des Jura, bis über Solothurn hinaus. Obſchon ich es daher allerdings für nicht unwahrſcheinlich halte, daß Aar⸗ geſchiebe bis an den Jura vorgedrungen ſeyen, ſo weiß ich doch, bis auf weitere Nachforſchungen, keine entſcheidende Thatſache für dieſes Vorkommen anzuführen. 1 | Die Felsblöcke des Rhonethales. Die den Rhonedurchbruch vorzüglich auszeichnenden Steinarten ſind: ein Granit mit Anlage zu Gneusſtructur und oft großen Feldſpathkryſtallen, Gabbro mit Smaragdit, Serpentin, und das Conglomerat von Valorſine, mit Binde⸗ mittel von Gneus. Die drey letzten Gebirgsarten ſind bis jetzt ausſchließlich in den Gebirgen gefunden worden, deren Thaler fich gegen die Rhone ausmünden. Alle find ſchon mit größter Genauigkeit, theils von Sauſſure, theils von Hrn. von Buch beſchrieben worden >). Hr. von Buch hat an den Abhängen des Jura die Zone des Montblanegranits am Chaſſeron auf 1050 gefunden, an dem Berge von Boudry auf 790, über Neuchatel auf 710”, über dem Anfang des Bieler-See's nicht mehr 700” hoch. Die Conglomerate von Valorſine hat er in der Ebene des Pays de Vaud, über Vevay, Chatel St. De⸗ nis, Romont, Payerne, bis St. Blaiſe verfolgt. Man überzeugt ſich leicht, daß jene Punkte eine nach unten gekrümmte Curve bezeichnen; denn Boudry liegt ungefähr in der Mitte zwiſchen dem Chaſſeron und dem Bieler-See, und die Differenz der Höhen vom Chaſſeron auf Boudry beträgt 260m, diejenige von Boudry an den Vieler-See aber nur 90” ; vom Chaſſeron auf Pa ift es ferner ungefähr zwey⸗ 55) Voyages dans les Alpes. — 355 den Berl. Abh. Ueber den Gab ⸗ bro. Ueber die Verbr. großer Alpengeſch. — Diluvial- Formationen. 223 mal fo weit, als von Boudry an den Chaumont, und doch ſinkt die Zone zwiſchen dieſen letztern Punkten nur um Som, ſtatt, wie man hätte erwarten ſollen, um 130 n. Es muß die mit ihrer vollen Kraft an den Chaſſeron anprallende Fluth hier furchtbar getobet, und, wie die Brandung im Sturme, ihre Waſſer hoch in die Lüfte geſchleudert haben, nach beyden Seiten aber bald wieder auf das nur langſam abnehmende, allgemeine Niveau des Stromes zurückgeſunken ſeyn. Wohl dürfte man ſich wundern, wenn die Gewäſſer, die bey Lignieres ſich noch auf 270 über die Ebene erhoben, ſich längs dem Jura und gegen Oſten zu nicht weiter verbrei- tet, und, wie Hr. von Buch anzunehmen ſcheint, durch die gerade Linie von Vevay nach St. Blaiſe begrenzt worden wären; eine ſolche Abweichung von den hydroſtatiſchen Ge— ſetzen ließe ſich wirklich nur durch die Annahme von Eſcher erklären, daß die gleichzeitig aus allen Alpenthälern hervor⸗ ſtürzenden Gewäſſer ſich gegenfeitig als Dämme gedient hät⸗ ten. Bevor wir uns indeß um eine Erklärung bemühen, wird es gut ſeyn, die Thatſache ſelbſt beſſer zu beleuchten. Wenn man die langſam der Ebene, wie einer Aſymptote, ſich nähernde Zone der Montblanegranite, vom Chaumont aus über Lignieres verfolgt, und ſich der Aehnlichkeit dieſer Granite mit denen von Lengnau und Solothurn erinnert, ſo möchte man leicht verſucht ſeyn, auch dieſe letztern noch mit jener Zone in Verbindung zu ſetzen, und ſogar, über Solo⸗ thurn hinaus, noch diejenigen an ſie anzuſchließen, die in 5 der Gegend von Wietlisbach und gegen Aarburg zu liegen. Indeſſen hat Hr. Ebel dieſe Granite als dem Gotthard und Criſpalt angehörend, und für identiſch mit den am Rigi, am Zuger ⸗See und um Luzern liegenden erklärt, und die ſtarke Erniedrigung des Napfplateau's gegen Oſten zu ſcheint aller⸗ dings auf mächtige Fluthen, die dem heutigen Laufe der Reuß gefolgt, hinzudeuten. Auch dürfte die Annäherung der Blöcke gegen die Ebene, die bey m erſten Ueberblick fie in eine 5 - * 224 III. Cap. Erſter Abſchnitt. ſo enge Beziehung zu der Zone der Montblanegranite zu ſetzen ſcheint, wohl größerntheils die Steilheit des Jura zur Ur⸗ ſache haben, denn ich ſah die Geſchiebe, von Viel bis öſtlich von Solothurn, immer bis an das obere Ende der ſanften Gehänge verbreitet, die den Fuß des Gebirges bilden, und zugleich mit dieſer Grenze ſich erheben und fallen; über Biel bis oberhalb dem weißen Haus, kaum 600 hoch; über Leng⸗ nau in bedeutender Anzahl, noch auf 700 Höhe, unmittel⸗ bar bevor man die ſteile Höhe gegen den Grencher Stieren⸗ berg anſteigt; bey Selzach in der Ebene ſelbſt, ungefähr in 450m Höhe; oberhalb Solothurn, auf der Ebene von Ober⸗ dorf, bis zunächſt an die Clus, die nach dem Weiſſenſtein führt, am gedrängteften indeß in Oberdorf ſelbſt, 570 hoch; Ran dem ſanfter verflächten Abhang von Günsberg fand ich Urfelsgeſchiebe bis über 650m hinauf. — Die Lage ſowohl, als die Steinart der Blöcke, ſcheint demnach in dieſer Gegend kein zuverläßiges Kriterium für die Grenzen der Geſchiebe des Rhone⸗, Aar- und Reußdurchbruchs zu ſeyn. | Einen ſtarken Verdacht, daß Wallisgebirgsarten bis in dieſe Gegend vorgedrungen ſeyen, wenn auch die Granite ſelbſt nicht als ſolche anzuſprechen wären, erweckten mir in⸗ deß zwey Geſchiebe, deren Steinart mit keiner andern, der Grimſel oder dem Gotthard angehörenden, verwechſelt wer⸗ den kann, und dieſer Verdacht iſt ſeitdem durch viele andere Beobachtungen, die ich nur zum Theil anführen will, voll- kommen beſtätigt, und, wie mir ſcheint, gegen jeden Zweifel geſichert worden. Das eine jener Geſchiebe iſt ein Gabbro, den ich an der Straße des St. Immerthales, ganz nahe bey Pierre Pertuis gefunden, zwar nur von Fauſtgröße, aber gänzlich übereinſtimmend mit dem Gabbro von Vevay; das andere, ein ziemlich großer Block untenher Günzberg, iſt ein Con⸗ glomerat, deſſen Grundmaſſe ein feinkörniger grauer Gneus und Diluvial- Formationen, 225 und deſſen Gefchiebe Quarzgerölle find, unverkennbar das Conglomerat von Valorſine. Auf dem Plateau zwiſchen der Saane und Senſe, bey Uebersdorf und Heitenried, ſind viele Granitblöcke mit großen Feldſpathkryſtallen verbreitet, die man kaum vom Reußthale herleiten kann, und, da wir nirgends im Aarthal ähnliche gefunden, auch nicht von der Grimſel. Mehrere ſind ſogar, über die Senſe, in die Gegenden von Schwar⸗ zenburg und Riedburg gedrungen. — Unſer Muſeum beſitzt ferner eine Sammlung von Geröllen aus der Senſe bey Neuenegg, die in mehr als einer Rückſicht merkwür⸗ dig iſt. Es ſcheinen die Gerölle aus einer Geſchiebbank her⸗ zuſtammen, die ſeither ganz weggeführt, oder mit andern Geſchieben bedeckt worden iſt; denn ungeacht wiederholten Suchens bey Laupen, Neuenegg, Dörishaus, Grasburg, konnte ich nichts Aehnliches mehr im Flußbett auffinden. Es ſagte mir indeß Hr. Pfr. Wyttenbach, der ehrwürdige Neſtor der ſchweizeriſchen Geologen, daß er ſelbſt noch dieſe Gebirgsarten bey Neuenegg in großer Menge geſammelt habe; und in der That habe ich ſpäter mehrere bey Uebersdorf auf den Feldern gefunden. Ich will nur beyläufig mehrerer Am⸗ phiboliten, mit vorwaltender Hornblende und Neigung zur Gneusſtructur erwähnen: eines Hornblendefels mit glänzen⸗ den, verwirrt durch einander greifenden, kurzen Faſern; eines ſehr feinfaſrigen Hornblendeſchiefers mit gelblichweißen Flecken von Talk und Granatdodekaedern; eines ſehr feinfaſrigen Horn⸗ blendeſchiefers ohne Talk, aber mit weißen Glimmerblätt⸗ chen, mit vielen Granatdodekaedern und eben ſo vielen Körnern von dunkelgelbem Bitterſpath. Obſchon ich überzeugt bin, daß man dieſe Gebirgsarten, beſonders die letztern, vergeblich un⸗ ter den Geſchieben des Aar⸗- oder Reußkeſſels aufſuchen würde, ſo ſind ſie doch immer noch zu wenig charakteriſtiſch, als daß ſich mit Sicherheit auf ihr Vorkommen, oder Nichtvorkommen eine Theorie en ließe. Dieß iſt aber nicht der Fall mit einer 15 226 III. Cap. Erſter Abſchnitt. Reihe ausgezeichneter Gabbro's, immer vollkommen identiſch mit dem Gabbro der Waadt. Blaulichweißer, an der Sonne ſchimmernder Sauſſürit, ſmaragdgrüner Diallag, und gold⸗ gelber oder bräunlichweißer, ſchimmernder, feinſchuppiger Talk; auch großkörnig, in gleichem Verhältniſſe gemengt, mit weniger Talk, aber deſto mehr Glimmer, der mit dem Talk innig gemengt iſt; auch als kleinkörniges Gemeng von Smaragdit, bräunlichweißem Talk und Hornblende, ohne ſichtbaren Sauſſürit, das wieder den früher erwähnten Horn⸗ blendſchiefern verwandt ſcheint. Ich kann endlich dieſer Folge noch einen fleiſchrothen, mit gelb und braun gefleckten, dichten Kalk beyfügen, die Flecken zuweilen fo ſcharf be- grenzt, daß ſie eingemengten kleinen Geröllen ähnlich ſehen, mit Adern von Kalkſpath, den ich faſt mit dem Marmor von Roche vergleichen möchte. Auch in den Kiesgruben an der Weſtſeite des Gurten werden Gabbro's gefunden, und ſelbſt Hr. von Buch eitirt in dem Catalog der Gebirgsarten von Neuenburg No. 198 einen Gabbro aus der Nähe von Bern. Im Thal von Lutze⸗ ren, zwiſchen dem Grauholz und Bantiger, liegen noch viele Blöcke von Grimſelgranit, auch ſogenannte Eiſenſteine; ich fand aber am öſtlichen Abhang des Grauholzes auch einen Block des vorhin beſchriebenen Granatfelſens, am nordweſt⸗ lichen Abhang, im Walde, Blöcke von Grimſelgranit und Eiſenſtein, zugleich mit größern Gabbro⸗ und Serpentin⸗ blöcken. Eben ſo im Dorfe Bäriswyl. Zugleich erſcheint hier ein dunkelgrauer, ſtarkglänzender Talkſchiefer ſehr häufig. In Hindel bank dieſelben Gebirgsarten in allen Mauern, auch große Blöcke der nämlichen Amphiboliten, die wir zu Neuenegg gefunden. Ein Gabbro von mehrern Metern im Durchmeſſer lag noch vor wenig Jahren am nordweſtlichen Fuß des Hoheſchwand, in der Nähe von Burgdorf. Ser— pentine find in dieſer Gegend vorzüglich haufig. Große Blöcke, einige Abſonderungen mit glänzend grünen Talkblät⸗ Diluvial- Formationen. 227 tern bedeckt, liegen noch gegenwärtig am Fuß des Schloß— hügels; ein Serpentin von zu Länge und Au Breite liegt auf der obern Fläche des Leuen, am Saum des Waldes, in 690m Höhe; große Trümmer findet man an allen Straßen, als Abweisſteine, oder Abraum der Felder. So wie man aber bey Bern und Burgdorf tiefer in die Thäler der Aar und Emme eindringt, ſo verliert ſich auch ſogleich jede Spur dieſer Steinarten. Auf der obern Fläche des Frienisbergs und Schüp⸗ bergs, zu Wahlendorf, Lindachwald, Schwanden, und be⸗ ſonders am nordweſtlichen Abhang des erſten Hügels, zu Dampfwyl und Landerswyl, findet man die ausgezeichnetſten Geſchiebe des Rhonethals wieder, Granite mit großen Kry⸗ ſtallen, Trientconglomerat, Gabbro, Serpentin, ebenfalls gemengt mit Amphiboliten, Granatfels, Talkſchiefer u. ſ. w. Zu Wierezwyl lag, als ich dort durchgieng, ein ſehr großer Block von Granit mit großen Kryſtallen an der Straße. Bey Krauchwyl, in einem Steinhaufen am Wald, große Blöcke von Serpentin, Gabbro, Talkſchiefer, Granatfels, und dem rothen Conglomerat der Dent de Moreles. Vor dem Thor von Bür en große Serpentine und fein gemengte Amphiboliten. Auch auf den Bucheckberg ſind dieſe Geſchiebe abge⸗ ſetzt worden. Als ich von dem Muſchelſandſtein oberhalb Balm, dem obern Rande des ſüdlichen Abhangs folgend, gegen Lütterswyl zu kam, glaubte ich durch den Buchwald eine hohe Felswand zu erblicken; es war ein Fündling, bey 15m lang, Sn hoch und Sm dick, eine Maſſe von nahe 30,000 Cubikfuß, vielleicht noch tief in den Boden geſenkt! Die Steinart / ein feinfafriger Talkſchiefer, grünlicharauer, ſtarkglänzender Talk, in über einander liegenden dünnen Blättchen, die ſich in zuſammenhängenden Lagen um geiklich- weiße, feinfandige Quarztheile herumbiegen. Einen Block derſelben Gebirgsart, bey du lang, Zu hoch, 2u dick fand ich etwas näher bey dem Muſchelſandſtein. Bepde mögen 15 228 III. Cap. Erſter Abſchnitt. i ungefähr in 650m Höhe liegen. — Es ſcheint dieſer Talk⸗ ſchiefer verwandt zu ſeyn mit demjenigen von Bäriswyl, doch ſind ſie nicht identiſch; denn der letztere enthält viel weniger Quarz, und auf den Abſonderungen wird derſelbe durch den Talk ganz bedeckt, im erſtern iſt er dagegen ſehr deutlich. Dieſe Verſchiedenheit iſt indeß nicht ſehr weſentlich. Stam⸗ men die Bucheckberger Talkſchiefer aus dem Rhonethal, dem Reußthal, oder dem Aarthal? — Zwiſchen Schnotwyl und Aetigen habe ich faſt ausſchließlich dieſe Steinart gefunden, fie ſcheint in der ganzen Gegend des Bucheckberges eben fo vorherrſchend, als die Serpentine zu Burgdorf, die Trient⸗ grauwacken zu Romont und Semſale, die Granite am Jurg. Die größte Geſchiebmaſſe, größer vielleicht als kein Gra⸗ nitblock des Jura, liegt in der Nähe von Seeberg, im Steinhof. Jede Seite mißt bey 150, nur gegen Morgen iſt fie etwas ſchmäler, die Höhe bey 12; ihr Inhalt ber trägt demnach über 60,000 Cubikfuß! Große Blöcke derſel⸗ ben Gebirgsart liegen ganz in der Nähe. Sind dieſelben auch als Splitter der Hauptmaſſe zu betrachten, durch die heftige Erſchütterung bey'm Niederfallen davon losgeſprengt? Aber woher dieſes heftige Anprallen, hier in der Ebene, in fo großer Entfernung vom Rhonethal, wie vom Reußthal? — Die Steinart läßt uns leider in Ungewißheit über die Ab⸗ ſtammung. Es iſt ein Talkgranit: kleinkörnig in's Gneus⸗ artige; vorherrſchend weißer Quarz, durch Verwitterung der andern Theile bräunlich gefleckt, undurchſichtig, auch grauer durchſichtiger Quarz, die Undurchſichtigkeit des erſtern ſcheint von innig beygemengtem Talk und Feldſpath herzurühren; in ſehr geringer Menge weißer blättriger Feldſpath, undeut⸗ lich begrenzt, in größerer Menge, doch immer noch zurück⸗ ſtehend gegen den Quarz, graulichgrüner Feldſpath innig mit Talk gemengt und ſchimmernd, ohne deutliche Structur. Auch feinkörnig, mit ſtärkerem Gehalt an Feldſpath. Auch in's Feinflaſrige, mit ausgeſonderter Hornblende, und gröſe Diluvial : Formationen. 229 fern Neſtern von durchſichtigem Quarz, der Talk den übri— gen Subſtanzen immer ein ſo ſandiges Anſehen ertheilend, daß man den Feldſpath und Quarz kaum zu unterſcheiden vermag. Dieſe letztere Abänderung ſcheint ganz in den Talk ſchiefer des Bucheckberges überzugehen. Unter den übrigen Blöcken auch ein grünlichgrauer Talkſchiefer, ohne ſichtbaren Quarz, dem von Bäriswyl ähnlich. Alle dieſe Uebergänge ſcheinen den großen Blöcken des Bucheckbergs, des Steinhofs und der Gegend von Hindel- bank einen gemeinſchaftlichen Stammort anzuweiſen, und durch die Lage dieſer letztern wird das Reußthal von der Mitbewerbung ſogleich ausgeſchloſſen. Zwiſchen dem Aar⸗ thal und Rhonethal wage ich aber nicht beſtimmt zu ent- ſcheiden. Talkſchiefer, die jenen ziemlich ähnlich ſind, kom⸗ men auch unter den Geſchieben zwiſchen Thun und Bern vor; man könnte ferner der Steinhofmaſſe einen Weg ſuchen durch das Thal von Walkringen, über Burgdorf und Wy⸗ nigen, den Geſchieben von Hindelbank durch das Lindenthal, ihr Vorkommen würde ſogar ein erwünſchtes Licht auf die Entſtehung dieſer Einſchnitte werfen. Auf der andern Seite liegen dieſelben mitten im Gebiet des Rhonedurchbruchs, zum Theil von unverkennbaren Rhonegeſchieben umgeben, und Hr. von Buch beſchreibt mehrere Gneus⸗ und Glimmer⸗ ſchieferarten aus den Gegenden von Neuenburg, die mit den unſrigen beynahe übereinzuſtimmen ſcheinen. | Dieſe Zweifel können indeß unſer Hauptreſultat nicht gefährden, und wir dürfen wohl, nach allen bisherigen Un⸗ terſuchungen, als zuverläſſige Thatſache aufſtellen, daß die großen Geſchiebe der Rhone ſich über den ganzen Landes⸗ ſtrich verbreitet haben, der zwiſchen dem Jura und dem weſt⸗ lichen Abfall der Plateaux des Längenbergs und Napfs ein⸗ geſchloſſen iſt. Wäre es nur Zufall, daß eben dieſer Landesſtrich ſich durch ſeine äußern Formen ſo auffallend vor der übrigen 230 III. Cap. Erſter Abſchnitt. niedrigen Schweiz auszeichnet? Daß die öſtliche Grenzlinie der Gabbro's und Serpentine ſo genau zuſammentrifft mit der plötzlichen Erniedrigung aller Rücken und Gebirgsebenen, vom Molezon bis Aarburg? Daß alle Hügelzüge innert dieſer Grenze gerade die Richtung nehmen, die ihnen eine dem Jura parallel ſtrömende Fluth gegeben hätte? Daß endlich die größten und ausgedehnteſten Tiefen gerade da ſich finden, wo der in ſeinem ſtärkſten Toben plötzlich gehemmte Strom den Grund mehr als irgendwo aufwühlen mußte? Unver⸗ kennbar trägt die Gegend noch die Spuren des furchtbar zerſtörenden Ereigniſſes, das alle ihre Hügel und Thalboden⸗ mit Wallisgebirgsarten bedeckt hat; der Ausbruch des Rhone⸗ thales hat der ganzen weſtlichen Schweiz me heutige Geſtalt gegeben. Es muß dieſer Ausbruch ſpäter erfolgt ſeyn / als der des Aarthals, denn die Verbreitung der Rhonegeſchiebe quer durch den Aarkeſſel hindurch, ohne die geringſte Andeutung eines zurückdrängenden Einfluſſes von Seite der Aargewäſſer, verträgt ſich nicht mit der Gleichzeitigkeit beyder Phänomene, und wir müſſen dasjenige für das ſpätere halten, deſſen Wirkungen die deutlichern geblieben ſind. Die Seltenheit aller Geſchiebe des Haslithales, weſtlich von Bern, ſobald man das engere Aarthal verläßt, und die plötzliche Verän⸗ derung der Hügelformen, an denen man keine Spur eines in der Richtung des Aarthals aus den Alpen an den Jura gefloſſenen Stromes auffinden kann, find nur unter der Vor⸗ ausſetzung einer nachfolgenden, die Geſtalt des Landes von neuem abändernden, und feine oberſte Decke zerſtörenden Um⸗ wälzung erklärbar. — Sogar die relative Kraft beyder Schuttſtröme vermögen wir angenähert zu beſtimmen. Die Fluth des Aarthales hat den ihr quer vorliegenden Frienis⸗ berg nur ſtark abzurunden, aber nicht zu ſchleifen vermocht, eben ſo wenig die des Rhonethals den Mont Pelerin; es darf daher die Macht dieſer Ströme auf den durchfloſſenen Boden Diluvial - Formationen, 231 nicht in's Unbeſtimmte geſteigert, und keineswegs etwa die Bildung der großen Querthäler ihnen allein zugeſchrieben werden. Aber ſo hoch wie am Chaſſeron liegen die Blöcke nirgends mehr am Jura, keine alpiniſchen Geſchiebe ſind ſo weit wie die des Wallis von ihrem Stammort weggeführt worden, in allen ſeinen Wirkungen zeigt ſich der Ausbruch des Rhonethals nicht nur als das letzte, ſondern auch als das furchtbarſte und ausgedehnteſte Ereigniß, das in den ſpätern Zeiten der Vorwelt die Schweiz betroffen. Zweyter Abſchnitt. Aueh a! irma ionen. Meine Beobachtungen über dieſen Theil unſerer Geognoſie ſind zu beſchränkt und von zu localem Intereſſe, als daß ich dieſem Abſchnitt die Ausdehnung geben könnte, zu der die Betrachtung der Diluvial-Bildungen angewachſen iſt; auch möchte ich ihn gewiſſermaßen nur als ein Schema zur Ein⸗ eäzung künftiger Unterſuchungen betrachtet wiſſen. Die Formationen, deren Bildungsproceß noch in unſern Zeiten fortdauert, laſſen ſich eintheilen, einerſeits in die rein mechaniſchen, theils durch die Schwerkraft bewirkt, Trüm⸗ mer⸗ und Schutthalden, theils durch die Gewäſſer, Kies, Sand ⸗ und Lehmbänke der Flüſſe und Bäche, andrerſeits die mehr chemiſchen, theils unorganiſche, durch Verwitterung entſtandene Sand⸗ und Gruslager, Ablagerungen von Kalk⸗ tuff, theils organiſche, Torfmoore, Dammerde. In ſo fern das Waſſer, als Theil der Erdrinde, mit in's Gebiet der Geognoſie gezogen wird, kann man in der Claſſe der durch die Schwerkraft bewirkten mechaniſchen Bildungen auch die Quellen unterbringen, die ſonſt ganz iſolirt ſtehen würden. 2322 II Cap. Zweyter Abſchnitt. Von allen dieſen Formationen werde ich indeſſen nur derjeni⸗ gen beſonders erwähnen, die mit unſerm Hauptgegenſtand in näherer Berührung ſtehen, oder die etwas unſern Gee Eigenthümliches darbieten können. 1. A Die Molaſſe⸗ Formation iſt im Allgemeinen der Bildung der Quellen ſehr günſtig, da die Nagelfluh ſowohl als die Molaſſe das Waſſer ziemlich leicht durchziehn laſſen, und die nicht ſeltenen Lager von Thon, Mergel oder feſter Molaſſe, wozu beſonders auch die dünnen Thon⸗ oder Mergelhäutchen gezählt werden müſſen, die oft zwiſchen zwey Schichten liegen, daſſelbe der Oberfläche züleiten, indem fie fein tieferes Ein⸗ dringen hindern. Es iſt auffallend, wie ſehr viel reicher an i Quellen diejenigen Thalwände ſind, die im gleichen Sinn wie die Schichten fallen, als die, welche ihre Köpfe zeigen. Die Nagelfluh, wenigſtens die mit Molaſſe wechſelnde, ſcheint vom Waſſer leichter als die Molaſſe durchdrungen zu werden, denn die Mehrzahl der Quellen findet man an der untern Abloſung der Nagelfluh (Belpberg, Julimont), ſelten an ihrer obern. So verhalten ſich auch die der Nagelfluh ähnlichen, nur noch loſern, Diluvialkieslager, und die Quel⸗ len bezeichnen daher ziemlich ſicher die obere Grenze der Mo⸗ laſſe, wo die Vegetation keine unmittelbare Beobachtung ge ſtattet, (z. B. am linken Aarufer von Bern bis zur Neubrück). Im Kiesgrund muß das Waſſer oft durch Sodbrunnen ge- ſucht werden. In den meiſten Fällen mag dieß Abfließen der Waſſer, längs der obern Abloſung der Molaſſeſchichten, ſei⸗ nen Grund mehr in der ſtarken waſſerhaltenden Kraft der Steinart, und in der hiedurch bewirkten Ueberfüllung der- ſelben, als in ihrem Mangel an Poroſität haben. Das Quellwaſſer iſt in den meiſten Fällen ziemlich rein. Seine gewöhnlichen Beſtandtheile find, nach den wenigen Alluvial » Formationen. 233 Analyſen, die wir von Morell beſitzen “), die im Bindmittel der Molaſſe vorkommenden Subſtanzen, Kalkerde, Talkerde und Eiſen, mit Kohlenſäure gebunden. Die ſelten fehlenden ſalzſauren und ſchwefelſauren Natronſalze laſſen uns mit ziem— licher Sicherheit auch dieſe Beſtandtheile in der Molaſſe ver- muthen. Oft auch iſt die Schwefelſäure mit dem Kalk zu Gyps vereinigt. Ob wohl dieſe Säure, die wir ſchon früher im Bitterſalz, das oft an nackten Molaſſefelſen auswittert, gefunden, dieſer Steinart urſprünglich angehört, oder nicht eher durch einen innern Proceß, die Zerſetzung von Waſſer⸗ kies, in ihr erzeugt wird? — In den Quellen unſerer Stadt hat Hr. Pagenſtecher auch ſalpeterſaure Salze entdeckt, wahrſcheinlich durch Zerſetzung animaliſcher Subſtanzen ent⸗ ſtanden; ob ſie auch in Quellen vorkommen, deren Lage dieſe Erklärung nicht zuläßt, iſt indeß noch nicht unterſucht worden. Stärkere Mineralwaſſer und Quellen von höherer Tem⸗ peratur fehlen in dieſer Formation. Die Geſundbrunnen, die innerlich und als Bäder benutzt werden, ſind entweder ſchwache Eiſenwaſſer, wie Engiſtein und Thalgut, theils ſchwache Schwefelwaſſer, wie Bonn und die Aarzihliquelle bey Bern. Sowohl das Eiſen als der Schwefelwaſſerſtoff möchten wohl eher von Zerſetzungen herrühren, die in der Molaſſe ſelbſt vorgehen, als aus tiefern Formationen durch die Molaſſe aufſteigen; denn fie kommen ziemlich häuftg und ſowohl in der Nähe des Jura und der Alpen, als auch mitten zwiſchen beyden vor, und die Mächtigkeit der Molaſſe⸗For⸗ mation iſt ſo groß, daß ein Aufſteigen von Quellen tieferer Formationen längs ihren faſt horizontalen Lagern, oder gar quer durch dieſe hindurch / ohnehin nicht denkbar iſt. 500 Morell, Geſundbrunnen und Bäder der Schweiz. Es paſſen nur ſechs Analyſen hieher; eine fiebente findet man in Hallers Schw. Bibl., Th. I. Nr. 1660. — Die frühern Arbeiten, z. B. das reiche Verzeichniß von Scheuchzer / ſind in chemiſcher ie ganz unbrauchbar. | 234 III. Cap. Zweyter Abſchnitt. 2. Geſchieb⸗ Sand- und Lebmbänke. 7 90 unſere Flüſſe, wie die der meiſten Gegenden ee 5, ſtehen, von ihrem Ausfluß aus den höhern Gebirgen an, in Betreff ihrer Einwirkung auf das Flußbett, in der ſpätern Epoche, indem ſie daſſelbe nicht mehr tiefer legen, ſondern auf ungefähr gleichem Niveau erhalten, oder eher durch Kies und Sand wieder erhöhen. In der Nagelfluh und Molaſſe und in den Kieslagern der Diluvialbildungen reiſſen ſie, bey den Anſchwellungen, die im Frühjahr durch das Schnee⸗ ſchmelzen in den Hochgebirgen, und im Sommer durch die ſtarken Gewitterregen verurſacht werden, große Stücke ihrer Ufer, auch wohl ihres Grundes, wenn das Gefäll ſtark ge⸗ nug iſt, los, führen ſie, vom Sand und Schlamm grau oder braun gefärbt, fort, bis ihr Lauf ſchwächer wird, und ſetzen fie nach und nach wieder ab. Nur in den höhern Nagelfluh⸗ gebirgen mag indeß hiedurch das Gefäll merklich und fort⸗ dauernd vermindert werden, was hingegen auſſer denſelben vom Grunde weggeriſſen worden ſeyn mag, wird bey folgen⸗ den Anſchwellungen bald wieder erſetzt, und verhältnißmäßig nur ein ſehr kleiner Theil, wenn je etwas, von dieſem Ge⸗ ſchiebe wird der Schweiz auf immer entführt. | Daß ſich z. B. die Wirkung der Aare, zwiſchen Thun und Bern, größtentheils auf dieſe Transmutation älterer Kies⸗ lager beſchränke, beweist die Natur ihrer Geſchiebe. Es be⸗ ſtehen dieſelben bey Bern in weit größerer Mehrzahl aus Kalk und Grauwacken, als aus farbigen Graniten und andern Ur⸗ gebirgsarten, obſchon alle Zuflüſſe ausſchließlich das Nagel⸗ fluhgebirge durchziehn; wenn demnach die Geſchiebe in be- deutendem Verhältniß abgeführt, und nur durch neu hinzu⸗ kommende erſetzt würden, fo müßten längſt ſchon die Nagel⸗ flühgerölle das Uebergewicht erhalten haben. In praktiſcher Hinſicht iſt es indeß ziemlich gleichgültig, ob die größere Maſſe des Geſchiebes nur von den alten Bänken der Ufer und . Yluviol- Formationen. 235 des Grundes losgeriſſen werde, oder ob fie unmittelbar aus den Gebirgen ſelbſt abſtamme; man frägt, ob der Fluß über— haupt Geſchiebe abwärts führe, gleichviel woher es erſetzt werde. Aus den Berichten der Commiſſionen für die Fluß⸗ verbeſſerungen im Seeland geht hervor, daß unterhalb Meyen⸗ ried die ſogenannte ſtille Aar gar kein Geſchiebe mehr trage und in Schlamm laufe, hingegen unterhalb Solothurn von der Emme wieder Kiesgrund erhalte. Das Vorrücken des Geſchiebes muß demnach ſehr langſam vor ſich gehn, da ſonſt ſeit langer Zeit die Gegend von Meye enried mit Geſchiebe überfüllt, und die Aare oberhalb dem Einfluß der Emme aufgeſtaucht worden ſeyn müßte. Daß es indeß nicht ganz unmerklich ſey, beweiſen die Beſorgniſſe, welche die Ein⸗ ſetzung jener Aufſichtsbehörden veranlaßt haben. | Dieſe ruhigern Verhältniſſe ſcheinen, wenigſtens in Bezug auf die größern fließenden Waſſer ſeit dem Anfang unſerer hiſtoriſchen Zeit, d. h. ſeit ungefähr 2000 Jahren, unver⸗ ändert beſtanden zu haben. Man findet im Grunde unſerer heutigen Flüſſe Pfahlwerke römiſcher Brücken an Stellen, wo man, der Schroffheit der Ufer wegen, am erſten glauben könnte, daß die Waſſer vor nicht gar langer Zeit höher ge⸗ ſtanden, oder einen andern Runs gehabt hätten. Z. B. un⸗ terhalb Bern, bey Bremgarten, und am Steinenbach, auch bey Wyleroltigen an der Einmündung der Saane ). Das hohe, wahrſcheinlich über die römiſche Zeit hinausreichende Alter mehrerer an Flüſſen und Seen gelegener Orte be⸗ weist ebenfalls den zum Gleichgewicht gekommkhene ſtablen Zuſtand unſerer Waſſerſyſteme. Es wäre hier der Ort näher über die Beſtandtheile des Flußſandes, namentlich über die Goldblättchen, die ihm oft beygemengt ſind, einzutreten, allein es fehlen mir eigene Beobachtungen über dieſen Gegenſtand. Allen Angaben zu⸗ folge ſind es beſonders einige öſtliche Zuflüſſe der Emme, | ) Haller. Helvetien unter den Römern. II. Bd. 236 | III. Cap. Zweyter Abſchnitt. oberhalb Lützelflüh, in denen man das Gold findet, und es leidet wohl keinen Zweifel, daß ſie es dem dortigen Molaſſe⸗ und Nagelfluhgebirge entreiſſen. Stehn vielleicht die im Em⸗ menthal ſo häufigen grünen Granite damit in Verbindung, und iſt auch hier das Gold aus der Zerſtörung eines por⸗ phyrartigen Syenit⸗ und Grünſteingebirges hervorgegangen? 3. Kalktuf f. Die Menge des in der Molaſſe enthaltenen Kalks Mi Urſache, daß an vielen Stellen die Waſſer, die längere Zeit durch die Molaſſe durchgeſintert ſind, durch ſtarken Fall auf unebnem Boden, oder durch Hinuntertropfen, ihre Kohlen⸗ ſäure fahren laſſen, und einen durch Eiſen etwas bräunlich gefärbten Kalk⸗ und Mergeltuff abſetzen, gewöhnlich als ein ziemlich feſtes, zelliges und poröſes Geſtein, das häufig, be⸗ ſonders zu Waſſerbauten, benutzt wird, zuweilen als erdige, loſe Tuffſandmaſſen, auch als Stalactiten und als dicker Ue⸗ berzug anderer Körper, z. B. Holzreiſer, dann mit con⸗ centriſchen Ringen und ſtrahliger Textur, braun und durch- ſcheinend. Wie überall findet man ſehr oft Stücke v von Holz, Blät- ter, Moos, ſeltner Schnecken in den Tuff eingeſchloſſen / oft auch nur ihre Abdrücke. Die Pflanzen und Schnecken gehören immer den noch gegenwärtig in der Gegend einhei⸗ miſchen Arten an. — Es find überhaupt keine Anzeigen vor- handen, daß unſer Tuff von ſo hohem Alter ſey, wie z. B. der im Gothaiſchen, wenn nicht vielleicht die beträchtliche Dicke, die an mehrern Stellen (Toffen, Fultigen, Reichenbach) ſeine Ablagerungen erreicht haben, dahin deutet. Meiſtens dauert die Tuffbildung noch gegenwärtig fort. 4. Tor fmo ore. Die hüglichte und niedere Schweiz iſt reich an mehr oder weniger ausgedehnten und tiefen Mooren, in denen ein Alluvial » Formationen. 287 ziemlich gut als Brennmaterial dienender Torf, theils Raſen— torf, theils ſehr bituminöſer Pechtorf, ausgeſtochen wird. Nicht ohne Erfolg hat man verſucht den Torf zu verkohlen. — Im Grunde einiger dieſer Moore, z. B., des Murten- mooſes, findet man, in einer Tiefe von ungefähr 27, ganze Stämme, oder deutlich mit der Axt abgehauene Stöcke von Eichen, gewöhnlich von Nordoſt gegen Südweſt liegend. — In den Mooren von Hofwyl kommt erdiges Eiſenblau vor. — Nicht ſelten iſt Eiſenocher, entweder dem Torf beygemengt und feine Aſche roth färbend, oder in Körnern und Knollen ausgeſondert, zuweilen in Aftergeſtalten von Holz- und Wur⸗ zelſtücken ''). Daher der Ocherſchlamm, den viele Torf- waſſer abſetzen. Viele Moore mögen die Ketten Ueberreſte früherer See'n ſeyn, an deren Stelle ſich immer noch die Waſſer anſammeln, aber nicht mehr in hinreichender Menge, um das ganze Jahr durch der Verdünſtung das Gegengewicht halten zu können. In den meiſten dieſer Moore hat ſich Torf gebildet. Meh⸗ rere find indeß bey zunehmender Feldeultur ausgetrocknet und allmählig in fruchtbares Erdreich umgewandelt worden. Es beweist z. B. der torfartige Boden vieler Mulden auf dem Längenberg, Belpberg und im Emmenthal, daß die Sümpfe und Moore in früherer Zeit dort viel Wie noch geweſen ſind, als wir ſie jetzt finden. Ueber die Entſtehung der großen Moore in der Gegend der drey See'n herrſchen verſchiedene Anſichten. Man läßt allgemein dieſen ganzen Landesſtrich in vorhiſtoriſcher Zeit von einem großen See bedeckt werden, der ſich von Entreroches bis in den Canton Solothurn, und von Murten bis an den Jura erſtreckte, und aus dem nur die höhern Hügel als Inſeln hervorragten. Späterhin ſoll dieſer See dann freyern Abfluß erhalten, und ſeine Zuflüſſe, beſonders die Broye, Glane und Orbe, ſollen ihn allmählig ausgefüllt 559 Razoum. Voeral, II. p. 196. 238 III. Cap. Zweyter Abſchnitt. haben, bis er ſich zuletzt getheilt, und ungefähr zwiſchen ſeine heutigen Grenzen zurückgezogen. Nach der ältern und allgemeinern Anſicht, die beſonders von Graf Razoumovski umſtändlich entwickelt worden iſt, hat dieſes Vorrücken der Ufer ohne Unterbrechung bis auf unſere Zeit fortgedauert, und auch jetzt noch nicht ſein Ziel erreicht; die Moore, ſo⸗ wohl die untern, zwiſchen dem Murten⸗See und Aarberg, und zwiſchen Sugy und St. Blaiſe, als die obern „bey Avenche und Orbe ſind noch nicht ganz trocken gelegter, alter See⸗ boden, und längs allen Seeufern findet man, auſſer dem Be⸗ reich des heutigen Waſſerſtandes, Kies- und Schlammboden mit Schalen der noch jetzt in dieſen See'n lebenden Muſcheln. Hr. Oberſt Koch ſchließt dagegen ) aus der Zuſammen⸗ ſtellung mehrerer Thatſachen, von denen ich nur die wichtig⸗ ſten anführen will, das Vorkommen einzelner Strecken römi⸗ ſcher Straßen mit noch erhaltenem Pflaſter, und in ihrem Mutterboden eingewurzelter, angehauener Eichenſtöcke, 5 bis 6 Fuß tief unter der gegenwärtigen Oberfläche des großen Murtenmooſes, ferner das Vorkommen römiſcher Pfahlwerke, die zu Fundamenten gedient haben mögen, mehrere Fuß tief unter dem Waſſerſpiegel zu Nidau, daß zwiſchen dem jetzigen und jenem älteſten Zuſtand eine Zwiſchenzeit eingetreten ſey, während welcher die Waſſer um 5 bis 6 Fuß tiefer als jetzt geſtanden wären; es ſey in dieſe Periode die Zeit der römiſchen Herrſchaft gefallen, während der erſten Jahrhunderte unſe⸗ rer Zeitrechnung; da ſey dieſe Gegend die fruchtbarſte in ganz Helvetien und in zahlreichen Städten und Dörfern bewohnt geweſen, wo jetzt Moore ſtehen, hätten Eichwälder ſich erho⸗ ben, und auf feſt gebauten Kunſtſtraßen ſey von den Bewoh⸗ nern dieſſeits und jenſeits der heutigen Sümpfe lebhafter Verkehr getrieben worden. Nach der gänzlichen Zerſtörung des Landes durch die germaniſchen Stämme, und in den Jahr⸗ hunderten der darauf folgenden Verwilderung hätten ſich die 50) Bericht der Schwelleneommiſſion. S. 37. Alluvial- Formationen. 239 Gewäſſer wieder erhöht, wahrſcheinlich in Folge eines hefti— gen Ausbruchs der Emme, und einer Aufdämmung der Aare durch Schutt und große Granitblöcke, die noch jetzt vor der Emmeausmündung liegen; die Gegend von Entreroches und Payerne bis Solothurn ſey zum zweytenmale ein zuſammen⸗ hängender See geworden, und habe daher bis in die ſpätern Zeiten der fränkiſchen Monarchie, der Inſelgau geheißen. Als nun die Bevölkerung wieder zugenommen, ſey der Schutt⸗ kegel der Emme durchbrochen, und den Gewäſſern freyer Ab- zug gegeben worden; aber da die Räumung nicht vollſtändig habe ausgeführt werden können, ſo ſey die Gegend ſeitdem immer periodiſchen Ueberſchwemmungen ausgeſetzt geblieben, und der Moorboden nicht trocken gelegt worden. Durch ein Ueberſtürzen der Aar, die früher in gerader Richtung nach Büren floß, links in die Zihl, ungefähr in der letzten Hälfte des 17ten Jahrhunderts, durch die Anhäufung ihrer Geſchiebe in dieſer Gegend, und das Aufſtauchen der Zihl bey ſtarker Aar hätten dieſe ungünſtigen Verhältniſſe von Jahrzehend zu Jahrzehend zugenommen, und bedrohten jetzt einen großen Theil der Gegend von Nidau und Büren mit dem Ruin ihrer Felder und Wohnungen. — Weit entfernt, mir über dieſen — ſchwierigen, und mir nur oberflächlich bekannten Gegenſtand ein Urtheil anmaßen zu wollen, erlaube ich mir in Bezug auf die äuſſerſt ſinnreichen Folgerungen von Hrn. Oberſt Koch nur die Bemerkung: daß die tiefe Lage der Eichenſtämme und der Straßenfundamente im großen Mooſe noch nicht ge radezu ein Steigen des Waſſers, ſondern nur eine weitere | Ausdehnung des Moores beweiſen möchte, die ihren Grund vielleicht einzig in dem allmähligen Vordringen des ſüdlichen Ufers an der Einmündung der Broye findet. Das Vorkom⸗ men von Baumſtämmen im Grund der Moore iſt ein ſehr allgemeines Phänomen, das nicht immer durch ein Aufhäufen des Torfs um und über die niedergefallenen Stämme zu er⸗ klären iſt; oft ſtehn die Wälder ſelbſt, oder die Sandlager, 240 III. Cap. Zweyter Abſchnitt. in denen ihre Wurzeln treiben, liegen auf altem, erhärtetem Moorboden, und wenn dieſer von den Moorwaſſern, die nicht immer gleichförmig die ganze Torfmaſſe durchziehn, angegrif⸗ fen und aufgeweicht wird, ſo werden die Bäume durch Wind⸗ ſtöße entwurzelt, und ſinken durch die ſchlammige Maſſe bis auf den feſten Grund 0). Die von Razoumovski angeführte Lage der Stämme, in der Richtung der heftigſten Winde dieſer Gegend, ſcheint anzudeuten, daß auch hier dieſer Er⸗ klärung der Vorzug gebühre. Die Annahme einer in ſpätern Zeiten erfolgten Erhöhung des Waſſerſpiegels möchte über⸗ dieß nicht ganz leicht zu vereinigen ſeyn mit dem erwieſenen Anwachſen des Landes am obern Theil des See's, von der Zeit Aventicums an, das noch vom See beſpült wurde, bis auf die unſrige. Dieſes Anwachſen, wenn man es allein durch die Alluvionen der Broye und Glane erklären will, findet ſchon nicht geringe Schwierigkeiten unter der Voraus⸗ ſetzung, daß die Waſſer ſich immer auf gleichem Niveau hal⸗ ten; läßt man nun die Waſſer ſogar ſteigen, ſo begreift man kaum mehr, wie jene Bäche, die längere Strecken vor ihrer Einmündung in faſt ebenem Moorboden fließen, eine ſolche Maſſe von Sand und Schlamm haben mitführen können, daß ihre Alluvionen dem Anwachſen des See's nicht nur das Gleichgewicht gehalten, ſondern es noch überwogen haben. 5, Dia m mere Die waſſerhaltende Kraft der Molaſſe und die mergel- artige Beſchaffenheit derſelben befördern die Vegetation und die Bildung einer reichlichen Dammerde, und unter kluger landwirthſchaftlicher Behandlung, durch Reinigung des Bo— dens von Kies- oder Nagelfluhgeſchieben, Mengung der Erd- arten, nicht zu ſparſamem Aufführen von Dünger und zweck⸗ mäßiger Bewäſſerung gedeihen alle Arten von Pflanzungen, die das Clima vertragen, mit beſtem Erfolg. Wir finden im Gebiete 6000 De Luc, lettres sur la terre. T. V. p. 131 et 175. Alluvial » Formationen. 24 dieſer nämlichen Formation die fetten Alpweiden des Appen— zells und Emmenthals, die fruchtbaren Kornfelder der Can— tone Bern und Aargau, und die köſtlichen Reben von la Cote und la Vaud, die ſchönſten Tann- und Buchwälder bekleiden die Abhänge und obern Rücken der Hügel, und hochſtämmige Eichwälder unterbrechen in größerer Nähe des Jura die Ein⸗ förmigkeit der ausgedehnten Ebenen. Es darf aber freylich, um dieſe Schilderung gehörig zu würdigen, nicht unberück⸗ ſichtigt bleiben, daß die große Mannigfaltigkeit der Gebirgs⸗ arten der Molaffe- Formation und der neuern, aufgeſchwemm⸗ ten Bildungen, eine eben fo große Abwechslung in Rückſicht auf landwirthſchaftliche Benutzung hervorbringen muß, als wenn das Gebiet wirklich in verſchiedene Formationen zer⸗ fiele, und daß alle jene Culturen nur für einzelne dieſer Mo⸗ dificationen der Molaſſe, oder der ihr aufgeſetzten Lager und keineswegs für die ganze Ausdehnung der Formation paſſen. Die Nagelfluh von der feſtern Art, wie ſie ſich in den höhern Gebirgsreihen findet, iſt der Bildung der Dammerde am wenigſten günſtig. Wie auf Kalkfelſen vermögen die Wurzeln und Faſern nicht zwiſchen die dicht aneinander lie⸗ genden Gerölle einzudringen, und an den ſtark geneigten Ab⸗ hängen wird die ſchwache Bekleidung von fruchtbarer Erde leicht von heftigen Regengüſſen weggeſchwemmt. Die Gras⸗ decke an dieſen Gebirgen iſt oft ſo dünn, daß man an Ge⸗ hängen, die aus der Ferne ſchöne Weiden zu tragen ſcheinen, wie auf hartem Geſteine geht, und oft nur mit großer Mühe und nicht ohne Gefahr auf- oder abwärts gelangt, indem weder Hände noch Füße feſte Anhaltspunkte finden. In Ver⸗ tiefungen bilden ſich aus Mangel an Abfluß leicht Sümpfe. Auch der mit der Nagelfluh abwechſelnde und oft ihr zum Bindmittel dienende Mergel befördert die Verſumpfung. Auf den meiſten Alpen dieſes Gebietes, z. B. auf den Vorbergen des Pilatus, oder auf dem Schärlig, muß man bey naſſer Witterung tief im Schlamm waten. Wo indeß dieſe Durch⸗ a 16 \ 242 III. Cap. Zweyter Abſchnitt. näſſung des Bodens nicht zu lange anhält, und durch die Natur oder die Induſtrie für gehörigen Waſſerablauf geſorgt iſt, findet man eben in dieſen Gegenden den ſchönſten Gras⸗ wuchs. 5 Im Gebiet der gemeinen Molaſſe ruht die Dammerde der Thalboden meiſt nicht unmittelbar auf der Gebirgsart, fon- dern auf Kies, Sand und Lehm. Nach der mehr oder weniger günſtigen Beſchaffenheit dieſer Grundlage ändert auch fie ihren Charakter: wo ſie noch keine bedeutende Mächtigkeit erreicht hat, mengt ſie der Pflug mit den angrenzenden Geſchieben, oder mit Sand und Lehm; wo ihre Grundlage ſich zu leicht vom Waſſer durchziehn läßt, wird ſie mager und dürr. Ver⸗ ſumpfung iſt nur in den tiefſten Gründen, oder auf weit von den Abhängen entfernten Ebenen zu befürchten. Auf dieſen Ebenen iſt Moorboden nicht ſelten. An den Hügeln, wo die aufgeſchwemmten Bildungen gewöhnlich fehlen, hat ſich von dem Abfall der noch ſtehenden, oder früherer Wälder oft eine mächtige Dammerde gebildet. Die Buche mengt ſich hier mit der Tanne, die in der vorigen Zone allein herrſchte, oder fängt ſogar an ſie zu verdrängen. Doch findet man auch ſtei⸗ lere Abhänge, wo die Dammerde noch ſehr dünne iſt, und, der Einmiſchung des Molaſſeſandes wegen, ſehr mager. Mehr dem Jura zu, wo lockere Molaſſe und Mergel vor⸗ herrſcht, haben auch die neuern Schuttmaſſen eine lehmichtere Beſchaffenheit angenommen, und nur wo die Dammerde un⸗ mittelbar auf Molaſſe liegt, iſt ſie oft mager und trocken, daher auch dem Weinbau günſtig. Verſumpftes oder moorig- tes Land ifi häufiger als in der vorigen Zone, und der tie- fern Lage wegen oft ſchwer zu verbeſſern. Die Wurzeln der Bäume durchdringen ungehindert ſowohl die Molaſſe, als den Mergel, und die Abhänge ſind daher, auch ohne Bekleidung von Dammerde, von dichten Wäldern beſchattet. Die Buche iſt hier vorherrſchend, in den Ebenen findet man ſchöne Eich- wälder. 243 Viertes Capitel. Foſſile Körper der Molaſſe-Format ion. Verſchiedene Gründe haben mich bewogen den Petrefacten der Molaſſe-Formation, deren Angabe man vielleicht in der Beſchreibung der einzelnen Formationsglieder vermißt haben wird, ein eigenes Capitel zu widmen, und dieſen Gegenſtand überhaupt als einen für ſich beſtehenden, von der Geognoſte im engern Sinn getrennten zu behandeln. Die Anwendung der Petrefactenkunde auf Geognoſie, wenn man ihr die in mehrern neuen Schriften angenommene Ausdehnung giebt, beruht auf der Vorausſetzung, daß die | Steinlager, in denen wir die Petrefacten finden, zugleich mit dieſen ſich aus dem Meere abgeſetzt haben, daß alſo überall die nämlichen Petrefacten auch daſſelbe Lager anzeigen. Für viele, beſonders ältere Formationen ſcheint dieß auch wirklich der Fall, und die organiſche Natur der Regel nach mit der unorganiſchen gleichmäßig vorwärts geſchritten zu ſeyn; aber nichts, wie ich glaube, berechtigt uns anzuneh⸗ men, daß es ſich immer ſo verhalte, und ein flüchtiger Blick auf das, was unter unſern Augen vorgeht, ſcheint eher dem Gegentheil günſtig; wenigſtens dürften wir zu ſeltſamen Re⸗ ſultaten gelangen, wenn wir z. B. alle Sandſteinlager, in die ſich in unſern Meeren die Conchylien eingraben, hier vielleicht aufgelockerte Grauwacke, dort Flußalluvionen, derſelben For⸗ mation beyzählen wollten, weil fie ähnliche fofile Körper ein⸗ ſchließen. Der Schluß von der Identität der Petrefaeten auf Identität der Gebirgslager, auch wenn dieſe nicht die geringſte oryktognoſtiſche Aehnlichkeit zeigen ſollten, und ihr lockeres Gefüge überdieß eine ſpätere Einmengung von organiſchen Körpern ſehr erleichtert haben muß, ſcheint mir daher auf's Gelindeſte ausgeſprochen, immer ſehr gewagt. N 46 244 IV. Gapitel, | Für nicht beſſer begründet muß ich die Trennung einer aus derſelben Gebirgsart beſtehenden Lagerfolge in mehrere Formationen, wegen Verſchiedenheit der Betrefacten, halten, denn zugegeben auch, daß z. B. Süßwaſſerſchnecken nicht aus dem gleichen Medium abgeſetzt werden konnten, als Meer⸗ conchylien, ſo frägt es ſich immer noch, ob die Verſchieden⸗ heit der Medien ſich auch auf den Boden ausdehne, d. h., ob dieſer ſelbſt auch Product derſelben, oder nur ihr Träger ge⸗ weſen ſey; es frägt ſich, ob nicht vielleicht die ſpätern Me⸗ dien den ſchon gebildeten Boden nur von neuem durcheinander geworfen, und um nichts, als um die Schalen ihrer Con⸗ chylien vermehrt haben; es iſt ſogar denkbar, daß gar keines der verſchiedenen Medien, die Spuren ihrer Bewohner zurück⸗ gelaſſen, den kleinſten Antheil an der Erzeugung dieſes Bodens genommen habe. Wenn je ſo finden dieſe Bemerkungen ihre Anwendung in der Formation der Molaſſe, deren Zuſammenhalt in vielen ihrer Glieder fo gering iſt, daß man mit Zuverſicht anneh- men kann, daß unter Meeres- oder überhaupt unter Waſſer⸗ bedeckung, jede Strömung und jede bis auf den Grund rei⸗ chende Bewegung große Maſſen derſelben umherwälzen, und die Beſchaffenheit des Grundes ſehr bedeutend verändern mußte. Hatten ſich an einer Stelle die im Sand lebenden Conchylien angeſetzt, und eine Zeit lang ruhig fortgepflanzt, ſo wurden ſie bey vermehrter Unruhe der Gewäſſer unter eine Sandſchicht begraben; auf dieſer entwickelten ſich neue Generationen, die ſpäter daſſelbe Schickſal erlitten; eine allgemeinere Umwäl⸗ zung veränderte vielleicht die Natur des Waſſers ſelbſt, das Meer wurde ein Süßwaſſer⸗See; oder die Fluthen fanden plötzlich einen Abfluß und es entſtand trocknes Land, es Feim- ten Pflanzen, und eine neue Thierwelt erfreute ſich ihres Da- ſeyns, bis eine Rückkehr der Gewäſſer auch dieſem Leben ein Ende machte, und ſeine Erzeugniſſe mit Sand bedeckte. Es iſt leicht möglich, daß alle dieſe Veränderungen den Boden — Foſſile Korper. 245 ſelbſt, den ſie vielfach durcheinander geworfen, weder mit neuen Lagern vermehrt, noch ſonſt weſentlich nach feiner urfprüng- lichen Beſchaffenheit verwandelt haben; es iſt moglich, daß wir in ihm nicht die geringſte Anzeige irgend einer Unter- brechung ſeines Zuſtandes, von ſeiner erſten Entſtehung an, bis auf ſeine gegenwärtige Geſtalt fänden, wenn nicht die Ueberreſte jener verſchiedenartigen Generationen davon jeug- ten. Sollen wir nun aber dieſes Sandgebirge in eben ſo viele unorganiſche Formationen zerſchneiden, als wir organiſche darin auffinden? Dürfen wir uns erlauben, darum, weil vielleicht die organiſchen Formationen mit denjenigen von Italien oder Paris übereinſtimmen, anzunehmen, daß die Gebirgsmaſſen, die ſie enthalten, ſelbſt auch gleichzeitigen Urſprungs ſeyen? Die wohlgegründeten Zweifel, die ein ſolches Verfahren erregen müßte, werden noch vermehrt, wenn wir das Vor⸗ kommen und die Arten der Petrefacten in der Molaſſe näher berückſichtigen. — Es laſſen ſich dieſe zu dem Zweck, den wir hier beſonders im Auge haben, in drey Claſſen abtheilen. In die erſte will ich die Süßwaſſerconchylien ſetzen, die ſich gewöhnlich im Begleit der Braunkohlelager finden. Faſt immer ſind dieſelben in einen beſondern Kalkmergel einge⸗ ſchloſſen, der augenſcheinlich mit ihnen zugleich gebildet wor⸗ den iſt, und alſo in der That als ein unorganiſches Glied dieſer Formation betrachtet werden muß. Aber dieſer Mergel wird von Molaſſe bedeckt und liegt auf Molaſſe, er iſt daher jünger als dieſe Gebirgsart, und die Möglichkeit iſt da, daß auch die obere Molaſſe durch ſpätere Gewäſſer aus der Nähe über den alten Seeboden verbreitet worden, und nicht durch eine Wiederholung des urſprünglichen Proceſſes, dem die ganze Formation ihr Daſeyn verdankt, entſtanden ſey. Auch die topographiſche Lage der Mehrzahl dieſer Süßwaſſerlager ſcheint auf eine ſehr ſpäte Epoche zu deuten, der ſogar die Bildung der Faun Thal⸗ und Hügelformen vorangegangen. Die 246 IV. Capitel. meiſten finden fich in einiger Höhe über dem Ufer unferer Seen, wie zu St. Saphorin, Paudex, Boudry, Käpfnach; in den höhern und wahrſcheinlich ältern Molaſſe- und Nagel⸗ fluhgebirgen, in unſerm ganzen Canton z. B. habe ich nie eine Spur davon auffinden können. Bey dreyen jener Stel⸗ len läßt uns die geringe Tiefe der zur Gewinnung der Stein⸗ kohle eröffneten Stollen noch ungewiß, ob ſich die Lager nur an die Bergrücken anlehnen, oder ob ſie unter denſelben durch⸗ ſtreichen; bey Boudry iſt vollends die geringe Ausdehnung der⸗ ſelben auſſer Zweifel, da die Molaſſe ſelbſt nur in beſchränk⸗ ter Mächtigkeit und Verbreitung am Jura angelagert iſt. Schon Graf Razoumovski glaubte daher in den Süßwaſſer⸗ lagern der Waadt und von Käpfnach nur Beweiſe einer frü⸗ hern größern Höhe des Genfer- und Zürcher -See's zu finden. Aehnliche Bemerkungen treffen auch die zweyte Claſſe, welche die Lager von Meerconchylien umfaſſen mag, die im Längenberg, Belpberg, zu St. Gallen und an andern Orten mehr, der Molaſſe eingelagert ſcheinen. Die größere Menge dieſer Conchylien, ich möchte beynah ſagen alle, gehören den Geſchlechtern an, die im Sand leben, oder an Klippen feſtſitzen, den Gattungen Solen, Mytilus, Oſtrea u. ſ. w., und ihr Vorkommen beweist deutlich, daß ſie an derſelben Stelle ge⸗ lebt und ſich fortgepflanzt haben, an welcher wir ſie aus⸗ graben. Die Molaſſe, oder der graue Mergel, der ſie ein⸗ ſchließt, kann daher möglicherweiſe eben ſo gut irgend einer ältern Sandſteinformation angehören, als viele mit Muſchel⸗ ſchalen angefüllte Sandbänke und Klippen unſerer heutigen Meere. Die Petrefactenlager ſcheinen zwar häufig von Mo⸗ laſſe, oder gar von Nagelfluh bedeckt; aber theils können dieſe obern Lager, wie über den Süßwaſſerbildungen, ſpätere An⸗ ſchwemmungen und nur regenerirt ſeyn, theils iſt vielleicht das Mergellager wohl, das die Petrefacten enthält, der Ge⸗ birgsmaſſe eingelagert, aber die Petrefacten können ſich erſt nach bereits erfolgter Ablagerung der obern Schichten in das⸗ Foſſile Korper, 247 ſelbe eingegraben haben, und man würde vielleicht fie allmäh— lig abnehmen und ganz verſchwinden ſehen, wenn man das Lager tiefer in den Berg hinein verfolgen könnte. Noch zweifelhafter ſind die Anſprüche der dritten Claſſe, der Petrefacten des Muſchelſandſteins. Ihre Lager ſind faſt immer nur von der Dammerde bedeckt und augenſcheinlich das Erzeugniß des zuletzt abgefloßnen Meeres. Der Ueber⸗ gang des Muſchelſandſteins in Molaſſe läßt freylich nicht zu, geognoſtiſch zwiſchen beyden Sandſteinen einen Formations⸗ unterſchied feſtzuſetzen, deswegen dürfen wir aber nichtsdeſto⸗ weniger überzeugt ſeyn, daß die Bildung der Molaſſe, fp- wohl der Zeit als der Art nach, weſentlich von derjenigen des Muſchelſandſteins, oder genauer, der im Muſchelſandſtein eingeſchloſſenen Petrefacten verſchieden geweſen ſey. Die Steinmaſſe, das Unorganiſche iſt beyden gemein, und nach allem Anſchein in beyden auf gleiche Weiſe entſtanden, und was den Muſchelſandſtein vor der Molaſſe auszeichnet, iſt nur eine ſpätere organiſche Beymengung, die ihn eben ſo wenig zum Rang einer eigenthümlichen Formation erhebt, als z. B. man die verwitterten äußern Schichten eines Ge⸗ birgs von den noch friſchen innern abſondert. Es wird ſich aus dem Folgenden ergeben, daß mehrere der hier geäußerten Beſorgniſſe zu weit getrieben ſind, wir werden zeigen, daß das nahe Verhältniß, das man früher zwiſchen den Braunkohlelagern und der gegenwärtigen Geſtalt des Landes zu finden glaubte, bey einer allgemeinen Prüfung ſich nicht bewährt, daß ferner die Petrefactenlager wirklich die ganze Maſſe der Hügel durchdringen, und in ihrem In⸗ nern wie in ihrem Ausgehnden mit foſſilen Körpern angefüllt ſind; aber beydes fordert einen Beweis, der nur nach einer gründlichen und weitläufigen Unterſuchung, ſowohl der Pe⸗ trefacten ſelbſt, als der Lagerungsverhältniſſe, gegeben wer⸗ den kann. Die ganze Behandlung dieſes Gegenſtandes erhält demnach durch Berückſichtigung jener Zweifel eine eigenthüm⸗ 248 IV. Capitel. liche Wendung, die ihn von dem Frühern gleichſam ifolirt, und es ſchien mir daher ſchicklicher, alles denſelben Betreffende in einem eigenen Capitel zuſammenzufaſſen, als durch Ein⸗ mengung fremdartiger und durch ihre Trennung an Evidenz verlierender Thatſachen und Beobachtungen, den frühern, ganz unorganiſchen Theil zu verwirren. So viel zur Recht⸗ fertigung der gewählten Anordnung. Wenn ſich auch wirklich ergeben ſollte, daß bis jetzt noch keine Petrefacten bekannt ſeyen, die man als der Molaſſe ei⸗ genthümliche betrachten könne, ſo dienen uns die bereits auf⸗ gefundenen doch, um das Alter der Formation wenigſtens von der einen Seite zu begrenzen, indem das Geſtein, das die Petrefacten einſchließt und ihre Lager trägt, nur gleich⸗ zeitig oder älter, aber nicht jünger als dieſelben ſeyn kann; den einzigen, nicht leicht täuſchenden Fall ausgenommen, wo Petrefacten älterer Gebirge ſich dem jüngern beygemengt hätten. Zu dieſem Zweck wird aber eine ſorgfältige Prüfung aller bisherigen Angaben foſſiler Körper der Molaſſe-For⸗ mation um ſo nothwendiger, da ihnen zufolge in dieſen Ge⸗ birgen die Petrefacten aller Alter, von der Uebergangszeit an bis in's aufgeſchwemmte Land, bunt durch einander lä⸗ gen, als ob die Molaſſe einzig ſich den bis jetzt überall be⸗ währt gefundenen Geſetzen der organiſchen Formationsfolge, die Hr. Brongniart und andere Geologen nachgewieſen haben, entzogen hätte. Obſchon man, fo lange das Alter der Molaffe - Forma⸗ tion noch unbeſtimmt iſt, nicht abſprechen darf, welche Be- trefacten man in der Molaſſe, nach der Analogie andrer Gebirge, finden könne, und welche nicht; ſo halte ich mich doch für befugt zu behaupten, daß alle bis jetzt zuverläſſig in der Molaſſe aufgefundenen foſſilen Körper den Forma⸗ tionen angehören, die jünger ſind als die Kreide. Ich dürfte, um dieſen Satz zu rechtfertigen, mit nebergehung aller ältern Schriftſteller, deren Angaben, ſofern Foſſile Körper, 249 fie ſchärfere eonchyliologifche Beſtimmungen betreffen, wenig Vertrauen verdienen, mich in Bezug auf die öſtliche Schweiz geradezu auf das Zeugniß Hrn. Schläpfers ), und, in Bezug auf die weſtliche, auf unſere öffentlichen und Brivat- ſammlungen berufen, welche kein einziges Stück enthalten, das ſeine Richtigkeit verdächtigen könnte. Indeſſen ſind ſelbſt jene ältern Werke demſelben nicht zuwider. Lang und Scheuchzer geben, mit Ausnahme von Wycken, wovon unten, nicht ein einziges Fundort älterer Petrefacten an, das Zweifel erregen könnte, und ihr Zeug⸗ niß über dieſen Gegenſtand iſt gewiß nicht nur demjenigen ihrer Zeitgenoſſen, ſondern auch ſpäterer Schriftſteller vor— zuziehen, im Fall dieſe ihnen widerſprechen ſollten. Bourguet und Bertrand enthalten faſt keine Fund⸗ orte, und unter den wenigen, die fie, freylich ſehr oberfläch- lich, anführen, iſt ebenfalls kein widerſprechendes. Mehrere Angaben, die unfrer Behauptung entgegen find, finden ſich in Gruners Anzeige Schweizeriſcher Mineralien; da aber Gruner, als Geſchäftsmann, nur ſelten die Stadt verließ, und ſeine Nachrichten meiſt der Gefälligkeit ſeiner Bekannten und Clienten verdankte, denen das Intereſſe der Wiſſenſchaft gewiß nicht immer ſehr am Herzen lag, ſo iſt ſeinen Angaben nicht überall zu trauen. Viele Mißgriffe in der Beſtimmung der Petrefacten ſind auch wohl aus der man⸗ gelhaften Erhaltung derſelben, und aus dem de Zu⸗ ſtande der Conchyliologie zu erklären. S. 106 werden Ammoniten aus einem Bächlein fon Lu⸗ try angeführt, und dabey auf Bourguet Fig. 265 — 276 ver⸗ wieſen; aber Gr. Razoumovski, dem dieſe Gegend durch ei⸗ nen langen Aufenthalt und fleißige Nachforſchungen genau bekannt war, ſagt ausdrücklich, daß er in der ganzen Waadt nie einen einzigen Ammoniten gefunden habe ). Er e 61) Neue Alpina 1, S. 270. 62) Jorat II, p. 29. zwar zugleich, daß man ihm einen Ammoniten mit der Eti- quette: „gefunden bey Lauſanne im December 1782“ ge⸗ ſchenkt habe, bezweifelt aber die Richtigkeit der Angabe, weil der Ammonit denjenigen des Berner Oberlands ſehr ähnlich ſehe. Man kann aus der letztern Bemerkung ſchlieſ⸗ ſen, daß derſelbe mit Schwefelkies impregnirt geweſen ſey, und da auch Gruner die ſeinigen als in Marcaſit verwandelt bezeichnet, da endlich erſt kürzlich noch Hr. Lardy angezeigt hat, daß ſich in der feſten Molaſſe, die am Genfer - See die gemeine Molaſſe unterteuft, als große Seltenheit Ammoniten finden, ſo dürfte man allerdings die Sache einer nähern un⸗ terſuchung werth halten. Hr. Lardy, mit dem ich mich mündlich über dieſen Gegenſtand zu unterhalten die Ehre hatte, ſchien indeß in ſeine nur beyläufige Notitz nicht großes Vertrauen zu ſetzen. Es wäre nicht unmöglich, daß die Pla⸗ norben von Pauder die erſte Veranlaſſung zu allen dieſen An⸗ gaben geweſen wären. Auf jeden Fall aber liegt es noch im Zweifel, ob die tiefſten Lager am Genfer⸗See, zwiſchen Clarens und Lauſanne, der Molaſſe oder dem Sandſtein des Molezon angehören. S. 123 führt Gruner Gryphiten vom Belpberg und Län⸗ genberg an. Es können damit nur die großen Auſtern mit bauchiger unterer Schaale gemeint ſeyn, vielleicht auch ein nicht ſeltnes Cardium. Weder Sprüngli, noch irgend ein neuerer Sammler, hat je um Bern wahre Gryphiten ge- funden. | | S. 125 und 126. Terebratuliten bey Lenzburg, Trach⸗ ſelwald, und eine andere Gattung bey Lutry, Aubonne und an andern Orten der Waadt. Vermengt mit dieſen Fund⸗ orten ſind auch viele angegeben, die im Jura liegen. Es iſt bekannt, daß früher die kleinen Cardien, Cardium rus- ticum und edule, häufig mit Terebratuliten und Pectuncu⸗ liten verwechſelt wurden; Lang verweist unter dem erſten 63) Naturw. Anzeiger 1821, No. 6. . Foſſile Korper. 251 Namen auf ſehr kenntliche Figuren von Cardien, Tab. 49, F. 4, 5, 6; auch Razoumovski 6% ſpricht von Terebratuli- ten oder Pectunculiten von St. Gallen, unter denen nur die daſelbſt häufigen Cardien gemeint ſeyn können, da Hr. Schlä⸗ pfer ihr Vorkommen geradezu verneint. | S. 141 werden, unter einer großen Menge von Fund⸗ orten aus dem Jura, auch Aarberg, Brüttelen und Wyden als Fundorte von Belemniten angegeben. Da keine unſrer hieſigen Sammlungen, die doch wohl zu den reichſten an inländiſchen Verſteinerungen, beſonders der beyden erſtern Orte, gehören, irgend etwas einem Belemniten ähnliches enthält, ſo möchte ich beynahe glauben, Gruner habe un⸗ deutliche Glaſſopetern dafür angeſehen. Ich finde auch in keinem ältern oder neuern Schriftſteller etwas, das ſeine Angabe unterſtützen könnte, mit Ausnahme doch von Lang, der auch den Fundort Wycken anführt, und nach ihm Scheuchzer. Vielleicht ſind dieſe Naturforſcher durch die Belemniten ähnliche Form getäuſcht worden, die zuweilen die früher erwähnten grünen Körner annehmen. Am meiſten hat wohl der um die Schweizeriſche Geognoſie fo ſehr verdiente Name Hrn. Ebels beygetragen, dieſen Ge⸗ genſtand einigermaßen zu verwirren. Hr. Ebel zählt, im Bau der Erde, unter den Verſteine⸗ rungen der Molaſſe eine Menge verſchwundener Geſchlechter, wie Ammoniten, Belemniten u. ſ. w. auf, und macht beſon⸗ ders noch auf die coloſſale Größe der erſtern aufmerkſam. Man bemerke aber, daß er als Fundorte vorzüglich Mandach und Dentſchbeuren anführt, welche von Alters her wegen des Reichthums und der Mannigfaltigkeit ihrer Petrefacten, und der ausgezeichneten Größe der Ammonshörner berühmt ſind. Beyde Orte nun liegen tief innert dem Jura, der Sandſtein, der die Petrefacten einſchließt und einige Aehnlichkeit mit Mo⸗ laſſe zeigt, gehört den Mergelbildungen der Jurakalkforma⸗ sn Mem, de la Société de Lausanne, III, p. 210. 252 IV. Capitel. tion an, und alle Steinkerne von dort her, an denen die Sprüngliſche Sammlung auf unſerm Muſeum beſonders reich iſt, beſtehen aus Jurakalk. Auf einer Reiſe durch jene Ge⸗ genden, die ich vorzüglich um dieſen Gegenſtand in's Reine zu bringen unternommen, habe ich keine ar von Molaſſe finden können. Daß das Vorkommen von Nummuliten it im ältern Sand⸗ ſtein, B. d. E., S. 75, ebenfalls irrig ſey, hat ſchon Hr. Eſcher bemerkt. Es iſt hier offenbar eine Verwechslung mit den Aubrigſandſteinen vorgegangen. In der Anleitung werden unter dem Artikel Burgdorf Ammoniten von der Gislifluh angeführt, ein Fundort, der auch Hr. Brongniart irre gemacht zu haben ſcheint 9), Es exiſtirt aber wohl eine Gysnaufluh, aber keine Gislifluh bey Burgdorf, letztere iſt hingegen ein ſehr bekannter Theil des Jura bey Aarau, der ſeiner Verſteinerungen wegen oft eitirt wird. Die Aehnlichkeit der Namen erklärt die Verwechslung hinreichend. Es ſind dieß alle mir bekannten Stellen, die meiner Be⸗ hauptung ungünſtig ſcheinen könnten, und ich glaube nicht, daß nach ihrer nähern Unterſuchung noch ein Zweifel an der Richtigkeit derſelben übrig geblieben ſeyn wird; wohl verſtan⸗ den indeß, daß ich ſie immer nur auf das bis jetzt Gefundene, auf zuverläſſige Molaſſepetrefacten, nicht aber auf Alles, was in Zukunft noch entdeckt werden könnte, ausdehne. Man darf nicht überſehen, daß alle unſere Fundorte wahrſcheinlich dem jüngſten Theil der Formation angehören; ſie liegen in be⸗ trächtlicher Entfernung von den Alpen und in den obern La⸗ gern der Hügel; in den von der gemeinen Molaſſe fo ſehr ver- ſchiedenen Sandſteinen der Lochſeite und Bäuchlen, in den Mergeln und der Nagelfluh von Thun, vom Rigi u. ſ. w. iſt bis jetzt noch nicht ein einziger foſſiler Körper gefunden wor- den, mit Ausnahme der früher ſchon erwähnten Pflanzen⸗ 65) Descript. des environs de Paris, nouy. dd. p. 422. Foſſile Körper. 253 abdrücke auf den Sandſteinabſonderungen, die aber leider keine nähere Beſtimmung erlauben. Nach dieſen wenigen Vorerinnerungen gehe ich nun zu der nähern Unterſuchung aller bis jetzt in der Molaſſe aufge— fundenen foſſilen Körper über, mit beſonderer Beziehung im— mer auf die mir genauer bekannten Gegenden, und mit Uebergehung der ſchon von Andern bearbeiteten Theile. In der Behandlung dieſes Gegenſtandes werde ich mich an keine ſtreng logiſche Eintheilung binden können. In den verſchiedenen Lagern, welche Petrefacten enthalten, kommen vegetabiliſche Körper mit animaliſchen, Süßwaſſerthiere mit Meerthieren, Waſſerbewohner mit Landbewohnern gemengt vor, ſcharfe Grenzen finden ſich nirgends. Da indeß immer- hin eine gewiſſe Ordnung gewählt werden muß, ſo will ich die Geſammtheit unſerer foſſilen Körper, das geognoſtiſche Intereſſe mit dem naturhiſtoriſchen verbindend, in drey Ab- ſchnitte vertheilen: die vegetabiliſchen Ueberreſte wer⸗ den uns zuerſt beſchäftigen, auf ſie will ich die, zum Theil in genauſter Verbindung damit ſtehenden, Süß waſſer⸗ und Landthiere folgen laſſen, und endlich die im Muſchelſand⸗ ſtein und in der gemeinen Molaſſe enthaltene große Menge von Meerthierüberreſten, als das Wichtigſte, zuletzt vornehmen. | Erſter Abſchnitt. Foſſile ueberreſte von Vegetabilien. Es verdienen dieſe Ueberreſte unſere Aufmerkſamkeit in deſto höherm Grade, da fie in den neueſten Schriften der fran- zöſiſchen Naturforſcher als das wahrhaft charakteriſtiſche Merk⸗ mal der ganzen Formation aufgeführt werden, und unter den Argumenten, welche die Identität der Molaſſe mit dem pla⸗ ſtiſchen Thon beweiſen ſollen, im erſten Rang ſtehen. 254 IV. Capitel. Erſter Abſchnitt. In der That ſcheinen dieſelben mehr als irgend eine Claſſe foſſiler Körper allen Gliedern dieſer Formation eigen⸗ thümlich anzugehören, da wir ſie in den Sandſteinen der Bäuchlen und Lochſeite, in der Nagelfluh von Thun, in der gemeinen Molaſſe der Gruppe von Bern, und in der lockern Molaſſe des Seelands finden; aber die Hoffnung, in dieſen allgemein verbreiteten Ueberreſten ein zur leichtern Wieder⸗ erkennung dienliches Familienzeichen für die in jeder Rück⸗ ſicht ſo verſchiedenartigen Glieder dieſer Formation gefunden zu haben, wird gleich wieder niedergeſchlagen durch die Ent⸗ deckung, daß dieſelben Ueberreſte beyde Grenzen der For⸗ mation überſchreiten, daß wir ſie auch im Sandſtein des Gur⸗ nigels und der Schweinsberge und in der ſogenannten Grau- wacke des Siebenthals wiederſehen, und durch alle jüngern Lager bis in die Diluvial⸗ und Alluvialbildungen verfolgen können. — Es iſt ſehr zu wünſchen, daß wir durch die Be⸗ mühungen der Pariſer Gelehrten, welche vor Kurzem die Aufmerkſamkeit und den Fleiß der Naturforſcher durch Aus⸗ ſchreibung einer Preisfrage auf dieſen Gegenſtand zu lenken geſucht haben, eine ſichere Diagnoſe der verſchiedenen Stein⸗ kohlearten, und eine genauere Kenntniß ihrer geognoſtiſchen Bedeutung erhalten; aber ich fürchte ſehr, daß man nie da⸗ hin gelangen werde, charakteriſtiſche und conſtante Unter⸗ ſcheidungsmerkmale für die undeutlichen, faſt immer nur in kleinen Maſſen vorkommenden Kohlentheile unſerer verſchie⸗ denen Sandſteinformationen aufzufinden, und es möchte da⸗ her allerdings die Anwendung dieſer Claſſe foſſiler Körper auf die Beſtimmung der geognoſtiſchen Altersfolge immer ſehr beſchränkt und unſicher bleiben. Gewöhnlich zeigen ſich die vegetabiliſchen Ueberreſte in der Molaſſe als ein feiner, ſtaubartiger Anflug auf den Ab⸗ ſonderungen, zuweilen von röthlich, oder gelblichbrauner, öfters von ſchwarzer Farbe, wie Kohlenpulver ausſehend, das man ſparſam auf den Stein geſtreut hätte, in manchen * Foſſile Ueberreſte von Vegetabilien. 255 Fällen, beſonders in der Bäuchlengruppe, auch wie zerhackte und ſpäter verkohlte Pflanzen. Die röthliche Farbe rührt von beygemengtem Eiſenoxyd her. Alle Zweifel, ob dieſe kohligten Theile gleichzeitiger, oder ſpäterer Entſtehung als die Formation ſelbſt ſeyen, wä— ren hier ungegründet; denn man findet ſie noch in den am tiefſten in's Gebirg eingeſchnittenen Steinbrüchen, z. B. zu Wabern, und auf den urſprünglichen Abſonderungen der dichten und feſten Molaſſe. Oefters ſind dieſelben nach Pflanzenformen begrenzt. — Die wenigſt ſeltene dieſer Formen, die man, wie keine an⸗ dere, in allen Gruppen der Molaſſe wieder antrifft, hat Aehnlichkeit mit plattgedrückten Rohr-, Tang- oder Gras⸗ arten, die faſt nur aus dünnen Häuten beſtanden haben müſ⸗ ſen, da man gegen die Mitte des Abdrucks zu gar keine Vermehrung der Maſſe gewahr wird. Die Breite dieſer Ab⸗ drücke beträgt von 1 bis 5 Centim.; ihre Länge ſcheint ſehr beträchtlich geweſen zu ſeyn, denn auch bey Stücken von be⸗ deutendem Umfang bemerkt man meiſtens gar keine Abnahme des Durchmeſſers, und nie iſt es mir gelungen, das natür⸗ liche Ende aufzufinden. Auch fieht man überhaupt felten Spuren einer beſondern Organiſation, Streifen, Ringe oder Knoten. Auf einem Stück, das ich im Canton Appenzell, zwiſchen Heiden und Wald, gefunden habe, ſind Längenſtrei⸗ fen ziemlich deutlich, auſſerdem enthält daſſelbe zwey erha⸗ bene Abdrücke, welche Aehnlichkeit mit den Kolben von Aeh⸗ ren zeigen. In der Sammlung des Chan. Fontaine zu Frey⸗ burg, ſah ich einen überaus deutlichen Abdruck eines platt⸗ gedrückten, in der Mitte aber noch erhabenen Rohrs, mit mehrern Knoten und parallelen Längenſtreifen, bey 3 De- eim. lang und 6 Centim. breit; er wurde in der Nähe der Stadt gefunden. — Sie ſind gerade ausgeſtreckt, ſelten ge⸗ knickt; gewöhnlich liegen mehrere in verſchiedenen Richtun⸗ gen durch einander. — Beſonders deutlich habe ich dieſe Ab⸗ 256 IV. Capitel. Erſter Abſchnitt. drücke bey Flühli, an der Mittagſeite der Bäuchlen, im Stockernſteinbruch am Bantiger, und an der Straße von Hei⸗ den nach Wald gefunden. Als Charakter der Molaſſe-For⸗ mation können ſie übrigens ſo wenig als der kohlichte An⸗ flug gelten, denn ſie zeigen ſich ebenfalls in den ältern Sand⸗ ſteinformationen. Eine andere Claſſe von Abdrücken ſcheint auf die Nähe von feſtem Boden und auf ein verhältnißmäßig ſehr niederes Alter hinzudeuten; es möchte aber für ſie ſchon mehr in | Frage kommen, ob fie mit der Formation zugleich, oder erſt ſpäter gebildet worden ſeyen. Hr. Levade ſagt in der kurzen, erſt eitirten Nachricht, die ich mir, da das Journal, in dem ſie ſteht, nicht ſehr ver⸗ breitet ſcheint, ganz einzuſchalten erlaube: „Ein Sandſtein⸗ oder Molaſſebruch, bey la Ab einem Landhaus, 20 Minuten nordweſtlich, oberhalb Lauſanne gelegen, bietet dem Naturforſcher manches Intereſſante dar. Die Molaſſe iſt voll Blätter von Bäumen, die an feuchten Orten wachſen, als Weiden, Pappeln, Birken, Eſchen, Er⸗ len u. ſ. w., ſogar ganze Zweige von verſchiedener Größe ſind eingeſchloſſen und verſteinert (2). Ich beſitze ein Stück von 6 ½ Zoll Länge und 2 Zoll Breite, etwas platt gedrückt durch das Gewicht der darüber liegenden Maſſen, und aus einem andern Stoff beſtehend, als die Molaſſe, die es einſchloß. Seine Farbe iſt ſchiefergrau, und eine Spalte, die vom ei⸗ nen Ende bis zum andern geht, iſt mit ſchwarzen, wie Kohle glänzenden Kryſtallen beſetzt, deren Form ſich aber nicht nä⸗ her beſtimmen läßt. Ungefähr 15 bis 20 Fuß unter dieſer Molaſſe findet man ein Lager von blaulichem, feinem Mergel, der an der Luft wie Dachſchiefer in dünne Blätter zerſpaltet, und amorphen Schwefelkies nebſt Meerconchylien einſchließt, deren einige noch ihre Farben und ihren Schmelz erhalten haben, aber ſo dünn ſind, daß ſie an der Luft ſogleich zerfal⸗ len. Unter dieſem, kaum 1 Fuß dicken, Mergellager folgt wieder Foſſile Ueberreſte von Vegetabilien. 257 wieder Molaſſe, von der Art der obern, und dieſe ruht eben- falls auf einem dem vorigen gleichen Mergellager.“ „Man ſieht hieraus, daß dieſes Gebirge mehrere ab— wechſelnde Zuſtände erlebt hat; die einen, ziemlich lang an⸗ haltenden, ſcheinen die Süßwaſſerlager, die dicken Molaſſe⸗ ſchichten, in deren Sand die Pflanzentheile eingeſchloſſen ſind, gebildet zu haben, und während einer kurzen Meeres⸗ bedeckung mögen die kleinen Lager von Mergel mit Meercon⸗ chylien niedergefallen ſeyn; dieſe regelmäßigen Abwechslun⸗ gen ſind indeß eine ſchwer zu erklärende Erſcheinung.“ Es lohnte ſich wohl der Mühe, daß uns die Waadtlän⸗ diſchen Geognoſten eine etwas umſtändlichere Veſchreibung dieſes intereſſanten Vorkommens mittheilten. In einem kleinen Steinbruch, an der Weinhalde ober⸗ halb Münſingen, auf den wir übrigens im dritten Abſchnitt zurückkommen werden, werden Pflanzentheile und Blätter, die mit Weideblättern Aehnlichkeit haben, in einen ſchwärz⸗ lichen oder bräunlichen Staub verwandelt, nicht nur zwiſchen Lagern mit Meerconchylien, ſondern mit dieſen Conchylien gemengt gefunden, ſo daß über die gleichzeitige Einhüllung der Pflanzen und Muſcheln kein Zweifel möglich iſt. Andere Blätterformen, als die von Weideblättern, habe ich in unſern Gegenden niemals, und auch dieſe ziemlich ſel⸗ ten gefunden. Man wird ſich erinnern, daß ich früher ei- nes Vorkommens derſelben Blätter in den ältern Sandſtein⸗ lagern über Ralligen erwähnt habe. Auſſer jenen Waſſerpflanzen und den Blättern von Bäu- men, die noch jetzt in dieſen Gegenden wachſen, hat man vor wenig Jahren in der Nähe von Lauſanne den wohl er⸗ haltenen Abdruck eines Blatts des Chamcerops humilis, var. non spinosa gefunden, einer Palmart, die in Sicilien, im ſüdlichen Spanien, und an den Küſten der Barbarey in Menge wächst, aber unſern Breiten gänzlich fremd iſt. Hr. Prof. Chavannes giebt über dieſe höchſt merkwürdige Ent⸗ 17 258 IV. Cap. Erſter Abſchnitt. deckung nähere Nachrichten im Decemberheft des Naturw. Anzeigers von 1821. Es ſteht dieſelbe indeß bis jetzt noch ganz vereinzelt, und es wäre daher wohl eben ſo voreilig irgend eine Erklärung derſelben zu verſuchen, als ſie zur Baſis allgemeiner Theorien zu wählen. Ich bin ſogar ge- neigt die einzige, aber ſehr wichtige Folgerung, die Hr. Cha- | vannes fich erlaubt hat, daß nämlich das Blatt vor der Mo- laſſe-Formation exiſtirt haben müſſe, weil man es mitten in derſelben — doch nur einige Fuß unter der Dammerde — gefunden habe, aus den in der Einleitung zu dieſem Ca- pitel angeführten Gründen, ſehr in Zweifel zu ziehen. Ei⸗ nerſeits iſt ſoviel gewiß, daß der Blattabdruck ſpäterer Ent⸗ ſtehung iſt, als feine wenigſtens 150 Meter (Höhe von Lau- ſanne über dem See) dicke Molaſſegrundlage, und andrer⸗ ſeits iſt es wohl eben fo wahrſcheinlich, daß die verhältniß⸗ mäßig ſehr dünne Decke von einer der nahgelegenen Erhöhun⸗ gen hergeſchwemmt, als daß fie zu der Zeit, da das Palm. blatt eingehüllt worden, ganz neu gebildet worden fen. Eben ſo allgemein verbreitet als der kohlenartige Staub und die Rohr- oder Gräſerabdrücke findet man wahre Braun- kohle, oder Ligniten, theils neſterweiſe, theils in Lagern von unbeſtimmter Ausdehnung. Da das letztere Vorkommen immer mit Süßwaſſerbildungen in engſter Verbindung ſteht, fo verſpare ich alle nähern Details darüber auf den folgen- den Abſchnitt, und beſchränke mich hier ausſchließlich auf die Neſter von Ligniten, in oder bey denen, meines Wiſ— ſens, noch nie eine Spur von animaliſchen Theilen irgend einer Art iſt gefunden worden. | Die Ligniten zeigen fih auf verſchiedenen Stufen der Verkohlung: Als foſſiles Holz, mit noch deutlicher Holzteptur; ſehr morſch, ſo daß die Fibern oft bey der geringſten Erſchütte⸗ Foſſile Ueberreſte von Vegetabilien. 259 rung auseinander fallen; innig durchdrungen von Waſſerkies und rothem Eiſenoxyd; letzteres ertheilt ihm eine dunkel braunrothe mit hell braunroth und ſchwarz nüaneirte Farbe; im Feuer ohne Flamme nur glimmend, und weder an Um— fang noch an Form verlierend, der Rückſtand ein Gemeng von Eiſenoryd und Aſche. f Als bituminöſes Holz; die Holztertur weniger deutlich; von vielen ſehr regelmäßigen Querabſonderungen durchſetzt, die oft nur 1 u um auseinander ſtehn, und das Zerbrechliche der Maſſe noch vermehren (an dem Stücke, das ich vor mir habe, iſt dieſe Art mit der vorigen vereinigt, die Querabſon⸗ derungen werden undeutlich, ſo wie ſie ſich dem foſſilen Holz nähern, und verſchwinden zuletzt ganz); das Eiſen iſt mei⸗ ſtens als Waſſerkies fein eingeſprengt; die Farbe bräunlich⸗ ſchwarz, ohne Glanz; im Feuer glimmend, ohne Flamme, mit ſtarkem, etwas mit Aroma gemiſchtem Schwefelgeruch; das durch und durch glühende Stück wird durch's Anblafen anfangs geſchwärzt, glimmt aber bald von innen heraus ſo ſtark oder ſtärker als vorher; vor dem Löthrohr treten die Waſſerkiestheilchen an die Oberfläche, zerplatzen, und hin⸗ terlaſſen ein glänzendſchwarzes, ſtark auf den Magnet ein⸗ wirkendes Eiſenkörnchen; der Rückſtand behält die anfäng⸗ liche Form, und beſteht aus einem Gemeng von rothem Eiſen⸗ oxyd, Magnetkies (2) und bräunlicher Aſche; das Innere der Stücke wird auch nach längerem Glühen vor dem Löthrohr nicht ganz zerſetzt, wenn ihre Dicke einige Millim. beträgt. Zwiſchen dieſe und die folgende muß ich eine Mittel- ſtufe hineinſetzen, die ich durch keinen eigenen Namen aus⸗ zuzeichnen weiß; ſie ſcheint ſich von der vorigen vorzüglich durch einen größern Gehalt an Bitumen, und eine ſchwä⸗ chere Beymengung von Eiſen zu unterſcheiden. Die Holztextur iſt nur an wenigen Stellen noch ſicht⸗ bar; die Querabſonderungen ſehr deutlich, aber weniger re- gelmäßig, und bis 3 Centim. auseinander ſtehend; aten ge I \ 260 IV. Cap. Erſter Abſchnitt. andere ganz unregelmäßige Zerklüftungen, ſo daß die Stücke, wie die der vorigen Art, leicht in kleine Trümmer zerfal⸗ len; dunkel bräunlichſchwarz; auf einigen gekrümmten Kluft⸗ flächen glatt, mit Anlage zu zerfloſſen fafriger Textur, ſtark glänzend und zum Theil ſpiegelnd; auf den übrigen Abſon⸗ derungs⸗ und Bruchflächen im Großen uneben, im Kleinen ſehr feinkörnig, mit ſchwachem Pechglanz ſchimmernd; mit ſtarker Flamme brennend, unter angenehm aromatiſchem Ge⸗ ruch, man ſieht das Bitumen an der Oberfläche aufkochen und einen dunkelgrauen Rauch bilden; durch's Anblaſen wird das Glühen ſogleich vermehrt, und die Flamme bricht wie⸗ der aus; der Rückſtand behält die frühere Form, und heſteht aus einer leicht zerreiblichen weißen Aſche; es bilden ſich aber auch vor dem Löthrohr keine Eiſenkügelchen. Die vierte, am häufigſten und in den größten Maſſen vorkommende Art ſtimmt ziemlich gut mit der Charakteriſtik der Pechkohle überein. Es iſt keine Spur von Holztextur mehr ſichtbar; die Kohle iſt feſt und bedeutend hart; dick⸗ ſchiefrig abgeſondert; auf den Hauptabſonderungen dickſchup⸗ pig und vielfach zerſpalten, glänzend mit ſtarkem Pechglanz, zuweilen mit Regenbogenfarben, ſchwach ſchimmernd, oder ganz matt; im Querbruch treten die Schieferſtücke ungleich weit hervor, ſie brechen einzeln ſehr rein ab, wie dicke Glas⸗ ſcheiben, mit ebener oder großmuſchliger Bruchfläche, ſtark glänzend, ſchimmernd oder matt; pechſchwarz; mit wenig Flamme brennend, der Geruch aromatiſch, aber weniger ſtark und angenehm, als bey der vorigen Art; im Anublaſen ſich wie die zweyte Art verhaltend; dunkler Rauch; es zeigen ſich auch ſchwarze Eiſenkügelchen, aber in etwas geringerer Menge; der Rückſtand behält die frühere Form, iſt weiß mit ſchwärzlichen und braunen Theilen gemengt und weniger zer— reiblich “). Zuweilen zeigt ſich auf den Stücken eine leichte Efflorescenz von Eiſenvitriol. 6) Das Verhalten im Brennen unterſcheidet die Steinkohlen oder Foſſile Ueberreſte von Begetabilten. 261 Auſſer dieſen vier Arten ließen fich noch eine Menge Uebergänge anführen, die ſich durch mehr oder weniger Rein- heit von erdigen, oder Eiſentheilen, durch größern oder klei— nern Bitumengehalt, durch eine veränderte innere Structur, oder andere nur gradweiſe Abweichungen davon unterſcheiden; ich glaube indeß aus den beſchriebenen Arten werde man leicht auf den allgemeinen Charakter ſchließen können. Alle Arten, die mir vorgekommen, ſind ſchwerer als das Waſſer. Das foſſile Holz kömmt gewöhnlich nur in Splittern vor, von der Länge eines oder weniger Deeimeter. Zuweilen knotig wie Wurzelſtücke, meiſtens ohne Formen. Die Holzarten haben Aehnlichkeit mit denjenigen unſerer inländiſchen Bäume, ohne daß man jedoch die Gattung näher angeben könnte. Meiſtens iſt die Molaſſe, welche dieſe Splitter einſchließt, bis auf ein Decim. weit von rothem Eiſenoxyd durchdrungen, ſo ſtark, daß es ſchwerlich nur das der Molaſſe eigenthüm⸗ liche Eiſen iſt, das in einen höhern Oxydationsgrad verſetzt worden. Häufig findet ſich auch der Waſſerkies ziemlich rein, in derben, größern Stücken, feinkörnig, hart, von gelblich⸗ grauer Farbe, als äuſſere Rinde das Holz umgebend, oder auch im Kern deſſelben, ſeltner kryſtalliſirt, an dem einzigen Stück, von Oberaar, das mir vorgekommen, in Cubo⸗Octae⸗ dern von wenigen Millim. Durchmeſſer 7). — Es iſt in hohem Ligniten der Molaſſe oder des aufgeſchwemmten Landes ſehr ſicher von denjenigen, die im Alpenkalk oder in dem Nieſenſandſtein liegen, von denen der Diablerets, von Boltigen, Beatenberg / Gemmenalp u. ſ. w. Dieſe alle fangen ſogleich an ſich aufzu⸗ blähen, das Bitumen, das den größern, zuweilen vielleicht den einzigen brennlichen Theil bildet, tritt kochend heraus, brennt mit ſchwacher Flamme, und einem geringen aromatiſchen Geruch und hinterläßt eine ſchwärzlich poröſe Schlacke, die wohl den ſechsfachen Raum des ungebrannten Stücks einnimmt, in ſtärke⸗ rer Hitze weiß wird, und zu Staub zerfällt. 7) Es ſind die Formen, wo die Flächen d ſich mit den Ecken berüh⸗ ren oder ſchneiden. 262 IV. Cap. Erſter Abſchnitt. Grade wahrſcheinlich, daß die Waſſerkieſe, welche ſich I ſo treue Begleiter der Braunkohle zeigen und ſichtbar, wenn auch auf unerklärbare Art, dem Verweſungsproceß die Ent⸗ ſtehung verdanken, durch ihre Zerſetzung die erſte Quelle der ſchwachen Schwefel- und Eiſenwaſſer werden, die wir im Gebiete der Molaſſe finden 8); auch den Gypsgehalt vieler Quellen möchte man faſt geneigt ſeyn, auf Rechnung dieſer neuen Verbindungen zu ſetzen. Die größern Neſter von Ligniten beſtehen faſt ausſchließ⸗ lich aus den drey letzten Kohlenarten. Sie ſind oft von be⸗ deutender Ausdehnung, aber nur wenig mächtig. In der Nagelfluh biegen ſie ſich um die geröllreichern Theile herum und werden wohl auch ganz unterbrochen, oder doch ſehr eitt- geengt, wenn die Gerölle das Bindmittel faſt verdrängen; häufiger find fie in den Nagelfluhgebirgen, z. B. bey Steffis⸗ burg und Thun, dem Mergel untergeordnet. Die bedeutendſten Fundorte dieſer Neſter mag man aus Gruners Anzeige kennen lernen; nähere Angaben über die in unſerm Canton gelegenen, und über die früher darauf verſuchten bergmänniſchen Arbeiten findet man in den Abhand⸗ lungen der ökonomiſchen Geſellſchaft für 1768 5. Seit lan- ger Zeit wird im Canton Bern an keiner einzigen innerhalb des Gebiets der Molaſſe liegenden Stelle auf Steinkohlen gearbeitet; die alten Stollen ſind zuſammengefallen, oder nicht mehr bebaut, und alle Vortheile, die wir jetzt zum Gewinn der Wiſſenſchaft aus ihnen ziehen könnten, ſind verloren. Eben dieſe Vernachläſſigung, in einem Lande, das ſonſt jede neue Erwerbsquelle eifrig benutzt, und in welchem noch gegen- wärtig Steinkohlen von nicht vorzüglicher Art aus wilden und entlegenen Seitenthälern des Siebenthals bis nach Bern 580 S. Hausmann, in Comment. Götting. III. und in den Flötzgeb. der Weſer. S. 67. 5) Hiſtoriſche Nachricht von verſchiedenen entdeckten Steinkohlen im Canton Bern. Abh. d. O. G. 1768 II. Foſſile Ueberreſte von Vegetabilien. 263 verführt werden, ſcheint indeß zu beweiſen, daß an feiner jener Stellen ein wahres Lager, von deſſen weiterm Anbau man ſich einigen Nutzen hätte verſprechen können, gefunden worden ſey. In jenem Aufſatz wird auch geradezu geſagt, die Anbrüche bey Thun und Steffisburg ſeyen wegen baldigem Auskeilen der Flötze, oder wegen Zerſtreuung derſelben auf— gegeben worden. Als das mächtigſte dieſer Neſter wird das von Frienisberg, weſtlich vom Kloſter an einer kleinen Anhöhe, angeführt, der holländiſche Geſandte in Bern ſoll mehrere Jahre lang nichts anders, als dieſe Steinkohlen in ſeinem Kamin gebrannt haben. Wenn dieſe Angabe richtig iſt, fo darf man ſich mit Recht wundern, daß die fpäter ent- ſtandene Actiengeſellſchaft, die ſich die Benutzung unſerer Steinkohlen zum Zweck geſetzt hatte, und deren Stifter eben der Verfaſſer jenes Aufſatzes war, dieſe der Hauptſtadt fo nahe liegende Stelle überſah, und lieber in den wildeſten Gebirgen des Oberlandes mit bedeutenden Koſten unſichere Spuren verfolgen ließ. Die noch vorhandene Anſchürfung liegt in der Nähe von Dampfwyl, am weſtlichen Abhang des Frienisbergs, aber die Kohle ſelbſt, oder die Stelle wo ſie gelegen, wird durch hohen Sand und Waſſer verdeckt. Von Süßwaſſermuſcheln oder Stinkſteinlagern iſt keine Spur vor⸗ handen, auch wird in keiner Schrift derſel ben erwähnt. Es iſt mir nicht unwahrſcheinlich, daß viele, beſondert kleinere Neſter von foſſilem und bituminöſem Holz ſehr neuer Entſtehung ſeyen, und von Wurzeln der noch jetzt in unſerm Lande einheimiſchen Bäume herrühren. In vielen Wäldern, . B. am Bucheckberg, iſt mir hierüber kein Zweifel geblie- ben, indem ich Neſter, die ebenfalls die Molaſſe ringsherum geröthet hatten, und ganz das Ausſehen des foſſilen Holzes hatten, bey fernerm Nachgraben für abgeſtorbene Theile einer ganz nahen Wurzel erkannte, die durch die lockere Molaſſe, oder durch Spalten bis tief in den Fels gedrungen war. Zwar habe ich noch keines dieſer zuverläſſig neuern Produkte 964 IV. Cap. Erſter Abſchnitt. verkohlt und mit Waſſerkies verbunden geſehn; aber die all⸗ mähligen Uebergänge zwiſchen ihnen und der vollkommenſten Pechkohle läßt mich nicht glauben, daß die Bildungsgeſchichte der einen ſehr weſentlich von derjenigen der andern abweiche. Vielleicht daß nur die größere oder geringere Maſſe des Holzes, die Art deſſelben, die Beſchaffenheit oder Dicke der einſchlieſ⸗ ſenden Molaſſe, oder ähnliche Umſtände die Verſchiedenheit aller unſerer Ligniten hervorzubringen vermögen. Für dieſe Anſicht ſpricht auch die Beſchaffenheit des foſſilen Holzes, das man in mächtigen Lagern, die noch ganze Baumſtämme einſchließen, an mehrern Orten im aufgeſchwemmten Lande. findet, z. B. im alten Kandergrund bey Strätligen, im Hum⸗ melwald bey Gaſter, in der Nähe von Zürich 70) u. ſ. w. Ob⸗ ſchon in dieſen Lagern zuweilen noch die Vegetabilien und Holzarten zu erkennen ſind, aus denen ſie entſtanden, ſo hat doch die größere Maſſe bereits eine Umänderung erlitten, die ihr das Gepräge wahrer Braunkohle ertheilt, ſie iſt wie dieſe dickſchiefrig abgeſondert, bedeutend feſt, bräunlichſchwarz, brennt mit ſtarker Flamme, unter Entwicklung eines torf- oder holzkohleartigen, aber zugleich mit dem Aroma der Ligniten gemengten Geruchs, entflammt ſich durchs Anblaſen von neuem, und hinterläßt einen ſtarken, bräunlichweißen Rückſtand. Es beweiſen dieſe Annäherungen, wie vorſichtig wir auch hier ſeyn müſſen, wenn wir nicht Glieder des aufge⸗ ſchwemmten Landes mit Gliedern der Molaſſe-Formation, und ſpätere Beymengungen dieſer Formation mit urſprüng⸗ lichen verwechſeln wollen. a Das Holz erleidet in einigen unſerer Gegenden noch eine andere Umwandlung, als die, welche uns bis jetzt beſchäftigt hat; da fie aber vermuthlich in der Dammerde, oder im auf- geſchwemmten Lande vorgeht, fo gehören ihre Produkte eben— falls nicht der Molaſſe-Formation an. Wir beſitzen mehrere Stücke Holz, die an den Abhängen der e ben m ch S. Ebel, Bau der Erde, II. S. 6h. Foſſile Ueberreſte von Vegetabilien. 265 Pflügen oder Ackergraben gefunden wurden: ihr äuſſeres An- ſehn iſt nicht ſehr verändert, aber man erkennt ſogleich an dem bedeutend größern Gewicht, daß man nicht gewöhnliches Holz vor ſich hat, auch bleiben die Spitzen im Feuer und in Säuren unverändert, und ſcheinen innig von einer fleinarti- gen Subſtanz durchdrungen; vor dem Löthrohr entwickeln ſie indeß ebenfalls, obſchon ſchwach, den aromatifchen Geruch der übrigen Ligniten. Eines der Stücke iſt bey 3 Deeim. lang, 1 Deeim. dick, und fieht einem knotigen Bruchſtück einer Weide ähnlich; es hat Aufferlich die hellgraue Farbe von Holz, das lange von der Rinde entblöst geweſen, inner⸗ lich aber iſt es dunkelgrau, ſo daß man doch glauben möchte, es habe einen Anfang von Carboniſation erlitten, und ſey nur von auſſen durch Entweichung der Kohle gebleicht; einige Theile davon ſind ziemlich morſch, und laſſen ſich mit dem Meſſer ſchaben, andere leiſten größern Widerſtand und ritzen Glas; quer durch gehen mehrere ſehr ſcharfe Schnitte, wie Hiebe einer Axt, ein ſolcher begrenzt auch das Stück an einem Ende, man ſollte wirklich glauben, es ſey hier mit einem ſcharfen Inſtrument abgehauen, da aber alle dieſe Schnitte genau parallel ſind, da ferner mehrere bloß einige Centime⸗ ter Länge haben, und nicht die ganze Breite des Stücks ein⸗ nehmen, fo bin ich geneigt, fie eher für etwas den Quer abſonderungen des bituminöſen Holzes Analoges anzuſehn. Zweyter Abſchnitt. Süßwaſſerbildungen und Ueberreſte von Landthieren. ’ Auf gleiche Weiſe, wie ich mehrere Lagerſtätten, die mit gleichem Recht dem vorigen Abſchnitt angehörten, in dieſen hinüberziehe, wegen dem höhern Intereſſe, das die animali⸗ 266 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. ſchen Spuren in denſelben vor den unorganiſirten Steinkohl⸗ maſſen behaupten, eben ſo werde ich auch in dieſem nicht die ganze Folge der bisher in der Molaſſe-Formation gefundenen Süßwaſſer⸗ oder Landthierüberreſte aufführen. Es beſtätigt ſich nämlich immer mehr, daß im Muſchelſandſtein, der eine ſo große Menge Schalen und Abdrücke von Meerconchylien und Zähne von Meerfiſchen einſchließt, auch Knochen und Zähne von Land - oder Sumpfthieren gefunden werden, fo daß dieſe jüngſten Lager der Molaſſe-Formation Anſpruch auf eine Stelle ſowohl in dieſem, als im folgenden Abſchnitt machen könnten; um aber nicht zu trennen, was die Natur ſelbſt zuſammengefügt hat, verſpare ich alles, was dieſelben betrifft auf die beſondere Section, die ich ihnen in dem fol⸗ genden Abſchnitt eingeräumt habe. Somit bleiben uns nun zunächſt zu unterſuchen: 10 die verſchiedenen Braunkohle- und Stinkſteinlager der Waadt und des weſtlichen Freyburgs, 2) die Stinkſteinlager von Boudry, 3) die Zähne und Knochen größerer Landthiere, die man bey Aarberg gefunden, A). die Stinkſteinlager des Courtthales, 5) die Mergelknauer bey Burgdorf, 6) das Braunkohlelager von Käpfnach, 7) dasjenige von Elgg, 8) die Stinkſteinſchie⸗ fer von Oeningen. | In Bezug auf einen unferer Hauptzwecke bey dieſen Unterſuchungen, die Vergleichung unſerer Gebirgslager näm⸗ lich mit denjenigen anderer Gegenden und die Beſtimmung ihres Ranges im geognoſtiſchen Syſtem, möchte man wohl von dieſem Abſchnitt, mehr als von keinem andern, wichtige Re⸗ ſaltate erwarten, da in den neueſten Zeiten, die eben ſo geiſt⸗ vollen als ſorgfältigen Arbeiten der HH. Cuvier, Brongniart, Feruſſac u. a. m. über dieſen Theil der Geognoſie ein neues Licht verbreitet, und mehrere mit großem Aufwand von Fleiß und Kunſt ausgeführte Kupferwerke die Beſtimmung dieſer Claſſe von organiſchen Ueberreſten, dem Anſchein nach, ſehr erleichtert haben. Aber fo wie man wirklich an's Werk ſchrei⸗ Sufwaffer » Formationen. 2,7 Da tet, fo zeigen fich dieſem Gegenſtand ganz eigenthümliche, zum Theil unerwartete Schwierigkeiten. Die Süßwaſſermuſcheln beſttzen im Allgemeinen fo wenig ausgezeichnete Charaktere, und die Anzahl und Mannigfaltigkeit der bekannten Arten wächst noch, mit jedem Tag beynah, ſo ſehr an, daß eine nähere und ſichere Beſtimmung, nach meiſtens ſchlecht erhal- tenen, zerdrückten Exemplaren oft unmöglich, und die Unter⸗ ſcheidung der Formationen durch ſie allein höchſt problematiſch wird. Hr. Brongniart ſelbſt getraut ſich nicht die drey Süß⸗ waſſerbildungen von einander zu unterſcheiden, wenn die Meer- formationen, die ſie in der Gegend von Paris trennen, ganz fehlen, oder nicht deutlich charakteriſirt find "I. Mit größe⸗ rer Sicherheit laſſen ſich in vielen Fällen die foſſilen Zähne und Knochen beſtimmen, aber die Anordnung der neuern La⸗ ger nach dieſem Charakter hat ſich auch bis jetzt nicht von allem Schwankenden frey machen können. Der Hügel von Montmartre iſt beynah der einzige Punkt, wo die Geognoſie mit der foſſilen Zoologie gleichen Schritt gehalten, die größere Menge der fremden von Hrn. Cuvier entzifferten Knochen, die aus den Diluvialbildungen ausgenommen, ſtammt dagegen aus Lagern ab, deren geognoſtiſche Beſtimmung noch als zweifelhaft betrachtet werden kann. Auch ſteht das zoologiſch-geognoſti⸗ ſche Syſtem, weder in ſich ſelbſt, noch in der Meinung ſeiner erſten Begründer, ſo feſt, daß man es bereits als einen zu⸗ verläſſigen Führer bis in allen Detail der Aufeinanderfolge einzelner Lager gebrauchen dürfte. Die foſſilen Elephanten⸗ knochen z. B., die in Toscana in Sandlagern zugleich mit Meerconchylien und ſogar unter dieſen Lagern gefunden wer⸗ den, kommen bey uns immer nur im aufgeſchwemmten Lande vor, und dieſe Verſchiedenheit muß um ſo mehr befremden, da, wie wir ſpäter ſehen werden, die foſſilen Conchylien der ſubapenniniſchen Hügel größtentheils mit denen der Molaſſe — — — 70) Descr. de Paris. p. 531. 268 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. übereinſtimmen; es liegen ferner die Knochen der Mammuth und anderer Pachydermen an vielen Orten gemengt mit Knochen von hirſchartigen Thieren, und doch betrachtet man es noch als unausgemacht, ob beyde Thierfamilien derſelben Epoche angehören d)); Hr. Brongniart ſieht in dem Vorkom⸗ men von Maſtodonten zu Käpfnach einen Beweis, daß die Molaffe- Formation, die fie umſchließt, gleichzeitiger Ent⸗ ſtehung ſey mit dem Gyps von Montmartre), da doch bis jetzt in dieſem keine Knochen dieſer Thierart, ſondern viel ältere gefunden worden ſind; auch Hr. Cuvier, obſchon alles ihm dafür zu ſprechen ſcheint, daß die Maſtodonten zugleich mit den Mammuth, Rhinoceros, und den übrigen Thierarten der Diluvialepoche gelebt haben, führt doch, mit gewohnter Unpartheylichkeit, Maſtodontenzähne an, die mit Fragmenten von Paläotherien vorgekommen find’). Erinnert man ſich nun überdieß noch an die ſchon in der Einleitung zu dieſem Capitel auseinandergeſetzten, die Petrefactenkunde der Molaſſe ganz beſonders betreffenden Schwierigkeiten, ſo möchte man vielleicht gar geneigt ſeyn, es in Frage zu ſetzen, ob wir überhaupt berechtigt ſeyen, zwiſchen fremden Formationen und unſerer Molaſſe eine Parallele zu ziehen, die nur auf Identität oder Aehnlichkeit der foſſilen Körper gegründet wäre. Das Vorkommen von Süßwaſſer⸗ und Landthieren in der Molaſſe iſt ſehr mannigfaltiger Art, ſowohl nach der Be⸗ ſchaffenheit der einſchließenden oder angrenzenden Steinart, als nach dem Rang derſelben in der Schichtenfolge der For⸗ mation, und es iſt dieſe Verſchiedenheit einer ſorgfältigen Beachtung werth. Ich werde mich daher zuvörderſt bemühen das Gleichartige in eigenen Sectionen zuſammenzufaſſen; ob nachher die Scheidewand wieder eingeriſſen werden darf, | 72) Beudant Voyage III. p. 264. 73) Envir. de Paris p. 353. 7%) Ossem. foss. I. p. 252. Sufwaffer : Formationen. 269 wird fich erſt aus einer genauen Kenntniß des Einzelnen und aus der gründlichen Vergleichung aller Elemente beſtimmen laſſen. 1. Braunkohlelager. Die Pechkohle, die bereits im vorigen Abſchnitt näher beſchrieben worden iſt, erſcheint auch in ausgedehnten Lagern, die Conchylien und Zähne von Landthieren einſchließen, und deren Unterſuchung daher in dieſen Abſchnitt gehört. Die Trennung wird überdieß noch gerechtfertigt durch die enge und conſtante Verbindung dieſer Lager mit Stinkſteinlagern, eine Verbindung, die wir bey den Braunkohleneſtern nie be- merkt haben, und die auf einen verſchiedenartigen Urſprung hindeutet. Sowohl die Folge der Lager, als die Natur der Steinarten bleibt auf große Diſtanzen hin ſich ae gleich. Bauder. Die genaue Beſchreibung, die Graf Razoumovski von dieſem Braunkohlelager mittheilt, iſt vor wenig Jahren erſt durch Hrn. Brongniart beſtätigt und erweitert worden. Einige hiſtoriſche Nachrichten findet man auch in der ſchon angeführ⸗ ten Abhandlung in den Schriften der ökonom. Geſellſchaft. “) Die Kohle ſtimmt vollkommen mit unſerer vierten Art überein, ſie enthält ſehr viel Bitumen und Waſſerkies. Die Beſtimmung der foſſilen Conchylien iſt, wenigſtens nach den Stücken, die mir zu Gebote ſtehn, unmöglich. Obſchon die Schalen noch erhalten ſind, ſo iſt doch alles zerquetſcht und alle feinern Charaktere ſind verloren. Die Mehrzahl ſind Planorben, von wenig Millimeter bis zu 1 Centim. Durch- meſſer, ſeltner Lymneen und Bivalven, die nach Hrn. Bron⸗ gniart zu den Anodonten gehören. 75) Jorat. II. p- 49 u. f. — Envir. de Paris p. 351. — Oekon. Schrif⸗ ten 1768. 270 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. Belmont. Ungefähr eine Stunde nordöſtlich von Pauder, zu Bel⸗ mont, wurden vor vielen Jahren auch Braunkohlen ausge⸗ beutet, und Razoumovski, der ſich noch Bruchſtücke der Lager aus den Halden verſchaffen konnte, fand Nane denen von Paudex vollkommen ähnlich. S t. Saphorin. Auch dieſer Stollen, über den uns Hr. Brongniart ge- nauere Nachrichten mittheilt, iſt ſeit langem wieder zuge⸗ deckt. — Es iſt ſehr merkwürdig, daß die angrenzenden Fels⸗ arten ſich weſentlich von denjenigen von Paudex unterſcheiden. Die Molaſſe iſt feſte, oder gar dichte und grobkörnige, und die Decke iſt Nagelfluh; der ganze Charakter des Gebirges erinnert an die den Kalkalpen zunächſt liegenden Gruppen, da hingegen die vorigen und auch die folgenden Anbrüche ſchon im Gebiet der feſten und gemeinen Molaſſe liegen. Oron. Die nun ebenfalls verlaſſenen Gruben waren in der Nähe von Chatillens und Paleizieux eröffnet worden. Die Kohle war zwiſchen zwey Stinkſteinlager eingeſchloſſen, die eine Menge Süßwaſſerconchylien, beſonders Planorben enthielten. Die herrſchende Gebirgsart iſt feſte Molaſſe, mit ſüdlichem Fallen. Semſale. Zunächſt der Glashütte. Die Schichtenfolge von oben abwärts war nach Razoumovski, 1. feſte Molaſſe, 2. gemeine Molaſſe, 3. feiner und fandiger Mergel, 4. Stinkſtein mit Planorben, 5. Molaſſe und Mergel, 6. abwechſelnde dünne Lager von Stinkſtein und Kohle. — Der Stollen ſoll 35 Lachter lang und mit mehreren Seitenſtollen verbunden ge— weſen ſeyn. Er ſteht nun ſeit mehreren Jahren verlaſſen, Sufwaffer = Formationen. 271 ich weis nicht, ob wegen Erſchöpfung, oder wegen ee Gewinnung an andern benachbarten Stellen. In der Sammlung des Hrn. Chanoine Fontaine in Freyburg ſah ich zwey Stücke von ſehr feinem, blaugrauem Letten oder Mergel aus dieſer Grube, mit Anſlügen von Bi tumen und geſchloßnen, vollkommen erhaltenen Bivalven von mehr als 3 Centim. Breite, der Gattung Anodonta oder Unio angehörend. St. Martin. Mit großer Thätigkeit wird aber gegenwärtig in den Gruben von St. Martin, ungefähr in der Mitte zwiſchen Semſale und Oron, gearbeitet. Als ich vorigen Herbſt dieſe Gegend beſuchte, fand ich vier Stollen und einen Schacht, der 20 Lachter tief ſeyn ſoll, in raſchem Fortſchreiten, alle an dem weſtlichen Abhang des flachen Hügelzuges, der ſich von Chatel nach Semſale erſtreckt, der tiefſte Stollen ganz unten im Thal, der höchſte nur etwa 15” unter dem oberſten Rücken. Die Zeit erlaubte mir leider nicht die Gruben zu befahren, und ich bin daher auf das beſchränkt, was ich am Eingange und aus den Halden erſehen konnte. Die herrſchende Gebirgsart iſt feſte Molaſſe, derjenigen von Luzern ähnlich, in dicke Schichten abgeſondert, die mit 40 0 nach 155 9 fallen, und daher wahrſcheinlich die Nagel- fluh von Chatel St. Denis unterteufen. Die Kohle iſt von derjenigen von Käpfnach und Elgg nicht zu unterſcheiden, und auch die einſchließenden Gebirgsarten ſind vollkommen dieſelben; ein ſchwärzlich⸗ und bräunlichgrauer, mit Kohle impregnirter, auch hellbräunlicher, feſter Stinkkalk, in feſt an einander hängende, ſehr ebene und dünne Straten, die oft ganz mit Planorben bedeckt ſind, abgeſondert, zum Theil mit dünnen Kohlelagern abwechſelnd; zuweilen auch in un⸗ abgeſonderten Lagern von 3 Deeim. Dicke; ferner ein hell- blauer Letten oder Mergel, der, wie es ſcheint, in bedeu⸗ — 272 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. tender Menge, aber in gröſſerer Entfernung von der Kohle vorkömmt; an der Halde des Schachts haben wir feſte Knauer gefunden, aus zerbrochenen Schalen, Sand und Mergel zu⸗ ſammengebacken, welche der Molaſſe eingelagert ſeyn mögen, und zum Theil in dieſelbe übergehen. Alle Petrefacten in dem Stinkkalk ſind ganz platt ge⸗ drückt und zerquetſcht, und daher nicht mit Sicherheit zu beſtimmen; die Schalen haben Farbe und Schmelz verloren, und ſind in eine mürbe, weiße Subſtanz übergegangen; nur in jenen Knauern ſind die Formen unverändert geblieben, dagegen aber die Schalen zum Theil ganz zerſtört worden. Die noch einigermaaßen beſtimmbaren Arten in unſern Samm⸗ lungen ſind folgende: 1. Cyclas. Vielleicht C. lacustris. Ein einzelner Ab⸗ druck auf Stinkſtein, von nicht ganz Tem Breite. sl. 5. 2. Unio. Dem U. ovatus ähnlich, nur bedeutend klei⸗ ner. Theils in getrennten, theils in geſchloſſenen Schalen, ziemlich häufig in den feſten Knauern, alle von ungefähr gleicher Größe, kaum über 35m hreit; die Schalen mit noch erhaltenem Perlmutterglanz, ziemlich dick, aber ſich lie abſchälend. sl. 22. 3. Helix. Die Form von H. rhodostoma, nur iſt die letzte Windung höher, fo daß die innern wenig hervorragen; regelmäßig, fein geſtreift. Größter Durchm. 13 um. sl. 15. 4, Helix. Der H. cespitum ähnlich, wie fie im ſüd⸗ lichen Frankreich vorkömmt, doch glaubt man an der letzten Windung faſt Spuren einer Schärfe zu bemerken. Mitt- lerer Durchm. 20mm. sl. 17. — Dieſe und die vorige Helix aus den Knauern. | | 5. Helix. Zerquetſcht im Stinkkalk und daher einem Planorbis ähnlich. Die Vergleichung mehrerer Individuen läßt aber auf eine flache Helix ſchließen. Vier Windungen, die letzte ziemlich breiter als die übrigen. Mit regelmäßigen, | feinen Sufwafer: Formationen, 273 feinen Längerippen. Durchm. 18 um. Vielleicht II. stri- gata. — sl. 10. 6. Planorbis. Platt gedrückt im Stinkkalk; ſehr häufig. Mit vier Windungen, die letzte bedeutend größer, als die übrigen. Durchm. 24. Dem Pl. Prevostinus Brong. ſehr ähnlich. sl. 4. — Die kleinen Planorben, die einige Ab— ſonderungen bedecken, gehören vielleicht ebenfalls dieſer Art an. } | 7, Lymnea. Sehr ähnlich der L. fusiformis Sow. tab. 169, f. 2 und 3, nur iſt die letzte Windung etwas größer. Länge 30mm. Flacher, aber deutlicher Abdruck im Stinkkalk. sl. 10. 8. Lymnæa. Der L. peregra. ähnlich. Die Windun— gen gerade und die letzte ziemlich bauchig. Länge 9m, sl. 7. Auf einer Abſonderung fand ich auch einen 15mm hrei— ten, glänzend kohlichten Abdruck eines Rohres, oder einer langen Gradart. Graf Razoumovyski ſchließt aus der Aehnlichkeit der Stinkſteinlager, ihrer Conchylien und der Braunkohle ſelbſt, daß alle dieſe Anbrüche der Waadt und des weſtlichen Frey— burgs einer einzigen, unter der Molaſſe durchziehenden Braunkohlebildung angehören, und wirklich trifft die Fort— ſetzung des Streichens von St. Martin ſüdlich gerade auf Paleſteux und Chatillens, Belmont und Paudex, nördlich auf Semſale. Schwieriger möchte St. Saphorin ſich mit den übrigen vereinigen laſſen, beſonders da auch die Gebirgs— art verſchieden iſt. — Der weit vorgerückte Bergbau zu Pauder, Semſale und St. Martin, und die Regelmäßigkeit der Schichtenfolge läßt ferner an der wirklichen Einlagerung des Stinkſteins und der Braunkohle in die Molaſſe nicht zweifeln, und verdrängt jeden Gedanken an eine ſpätere Al⸗ luvialbildung. Auch zeigt ſich bey genauerer Prüfung zwi⸗ ſchen dem Vorkommen der Braunkohle und der heutigen Thal- a 18 274 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. a bildung eben fo wenig irgend ein engerer Zuſammenhang, als zwiſchen der letztern und der Schichtenſtellung überhaupt. Nördlich und nordöſtlich von Semſale verlaſſen uns die Spuren der Braunkohlelager, durch beyde Cantone Freyburg und Bern hindurch, bis in die Gegend von St. Urban. Eine Stunde vom Kloſter, zu Unau, fol nach Razoumovski die Braunkohle in ganz ähnlichen Verhältniſſen wie in der Waadt vorkommen, und früher ausgebeutet worden ſeyn; etwas Nä⸗ heres iſt mir über dieſe Stelle nicht bekannt. Noch mehr öſtlich endlich treffen wir auf die berühmten Gruben von Käpfnach und Elgg. 5 Käpfnach. Mehrere Hülfsmittel, nämlich zwey kleine Sammlungen mit Etiquetten von Eſcher, eine Reihe von Gebirgsarten, die ich an Ort und Stelle geſammelt, und die Nachrichten, die Hr. Dr. Schinz in den beyden letzten Verſammlungen der Naturf. Geſellſchaft zu Aarau und Schaffhauſen mitge⸗ theilt hat, machen mir es möglich, über dieſe Lagerſtätte etwas näher, als über die Mehrzahl der frühern, einzutreten. Die Grundlage der Gegend von Käpfnach, ſo wie über⸗ haupt der ganzen Albiskette, bildet eine Molaſſe, die größ⸗ tentheils den Charakter unſerer gemeinen Molaſſe trägt, nicht ſelten auch in feſte Molaſſe übergeht, und zahlreiche untergeordnete Lager von grauem, auch wohl von buntem Mergel einſchließt. Nagelfluh findet man, wenn man den Canton Schwyz betritt, am Fuß des hohen Rhone, und auf der oberſten Höhe der Albiskette, dem Uetliberg. Bey Käpfnach ſelbſt iſt die Molaſſe, vom Seeufer an gerechnet, 76 Fuß mächtig 79; dann folgt ein 6 Fuß dickes Lager von Thon, in der Nähe der Kohle ſchwärzlichgrau, 76) Die Folge und Mächtigkeit der Lager gebe ich nach den Beſtim⸗ a mungen von Eſcher, die Beſchreibung der Gebirgsarten nach eigener Anſicht, und nach den vor mir liegenden Stücken. Süßwaffer » Formationen. 275 innig durchdrungen von fein eingeſprengtem Waſſerkies und Alaun, im Feuer ſich theils hellgrau, theils roth brennend, erſteres nur als Ausnahme, mit ſtarkem Schwefelgeruch. Zer— ſtreute Süßwaſſermuſcheln enthaltend. Sogenannter Stroß— berg. Auf dieſem Mergel liegt das Braunkohleflötz ſelbſt, oder vielmehr die zwey Flötze, die durch einen bituminöſen Mer- gel, bräunlichſchwarz, ſchiefrig, dem vorigen ähnlich, und wohl auch von kleinen Kohltrümmern durchdrungen, getrennt ſind. Jedes dieſer drey Flötze iſt bey 6 Zoll mächtig. — Die Kohle iſt bedeutend feſt, glänzend ſchwarz, und gehört unſrer Pechkohle an. Sie iſt in, zum Theil feſt an einander hängende Schichten abgeſondert, oft nur von Papierdicke in großer Menge auf einander liegend, nicht ſelten auch bis ein Zoll mächtig. Im Querbruch muſchlig, ſtark glänzend, faſt ſpiegelnd. Auſſer den Schichtungsabſonderungen zeigen ei⸗ nige Stücke auch Querabſonderungen, die fie in rhomboedri⸗ 'ſche Stücke mit Winkeln von 60 und 120 0 zerſchneiden. Sie enthält, wie die meiſten unſrer Braunkohlen engen . Waſſerkies. Unmittelbar auf dem obern Pechkohlelager, zuweilen auch in daſſelbe eindringend, liegt eine, von zwey Zoll Mäch⸗ tigkeit bis auf einen halben ſich zuſammenziehende, auch wohl ganz ausgehende Schicht eines feſten, hell bräunlichgrauen Stinkmergels, feinſchiefrig abgeſondert, die Blätter ſehr feſt an einander hängend, ganz voll Süßwaſſerconchylien, befon- ders Planorben, mit noch erhaltenen Schalen. Die Con⸗ chylien ſitzen oft auch an der obern Abloſung der Pechkohle feſt. Es folgt nun wieder ein ähnlicher graulichſchwarzer Thon, wie der, welcher die Kohle von der untern Molaſſe ſcheidet, aber nur in einer Mächtigkeit von 6 — 7 Zollen. Er heißt Schrammberg. Die Einmengung kohliger Theile hat nun auch ihre obere Grenze erreicht. Das folgende, ein Fuß mächtige Lager iſt Ws 276 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. ein gewöhnlicher, hell blaulichgrauer, ſehr feiner Mergel, mit, nur durch ihren Glanz erkennbaren, eingeſprengten Glimmerpünktchen. | Höher miſcht fich dieſem Mergel etwas gröberer Sand bey, ſo daß das folgende, ſechs Fuß dicke, Mergellager von dem vorhergehenden als ein 1 Mergel unterſchieden werden kann. Und nun folgt, bis zu den S. 92 beſchriebenen Kalk⸗ lagern, nur gemeine, oder feſte Molaſſe, theils merglicht, blaulichgrau, theils ölgrün, in einer Mächtigkeit von 227 Fuß, in deren untern Lagern indeß, wie wir unten ſehen werden, ebenfalls Süßwaſſerconchylien gefunden werden. Man findet in der Pechkohle Stücke, welche die größte Aehnlichkeit mit plattgedrücktem und verkohltem feinfafrigem Holz, z. B. Buchenholz haben, ſehr weich und abfärbend ſind, und in jeder Rückſicht den Namen mineraliſche Holz⸗ kohle verdienen. Ob ſie in größern Maſſen vorkommen, und in welcher Verbindung mit der übrigen Kohle, iſt mir un⸗ bekannt. Hr. Eſcher bemerkt, daß ſie zuweilen die obere Abloſung bilden *). Andere Stücke werden bey der Grube und in mehrern Schriften für verkohlte Nadelholzblätter ausgegeben, man kann ſich aber ſogleich von der Grundloſigkeit dieſer Anſicht überzeugen, wenn man dieſelben aufmerkſamer betrachtet. Es find dünne Cylinder von nicht ganz lum Dicke, und zum Theil wenigſtens 5 Centim. Länge, vielleicht auch mehr, denn alle, die ich vor mir habe, ſind am einen Ende abgebrochen; dicht in paralleler Richtung an einander liegend, theils ge⸗ rade, theils mit kleinen Biegungen; vollkommen ſchwarz, äuſſerlich ſchwach glänzend in's Matte, im Querbruch mit ſtarkem Glanz, wie andere Pechkohle; an einigen glaubt man an der untern Seite eine feine Längenkerbe zu bemerken; im — no 77) Alpina II, p. 6. N Sufwaffer » Formationen. 7 Feuer zerſpringend, oder mit ſchwacher Flamme und dem Geruch der andern Kohle brennend, einen weißen, die Form behaltenden Rückſtand hinterlaſſend. An dem Stück, das ich vor mir habe, iſt die Lage dieſer ſonderbaren Körper, die den Abſonderungen der Kohle fait parallel liegen, nicht über 5mm dick, ihr unteres Ende verliert ſich in die bey 1 Centim. dicke Pechkohle, auf deren entgegengeſetzter Ab⸗ ſonderung man Spuren einer ähnlichen, aber noch dünnern Lage bemerkt, deren Cylinder alle wie halb zerfloſſen ſcheinen. Hr. Eſcher erwähnt ebenfalls dieſer Nadelholzblätter, g. a. O., und meint, fie dürften wohl nicht organiſchen Ur⸗ ſprungs, ſondern nur eine eigene Abänderung der Kohle ſeyn; Hr. Brongniart dagegen glaubt Theile von Palmen darin zu erkennen. Eine ſehr ähnliche, man möchte ſagen identiſche, Subſtanz führt Hr. Leonhard in feiner Oryfto- anofie als Nadelkohle an. Leider erlaubt keines der Stücke mit Süßwaſſerconchy⸗ lien, die wir hier beſitzen, eine genauere Beſtimmung der Arten. Die meiſten Conchylien finden ſich in dem Lager, das die Kohle deckt, und gehören, wie ſchon bemerkt, der Gattung Planorbis an; der Durchmeſſer dieſer Planorben überſteigt gewöhnlich nicht 2 bis Zum, einzelne, wahrſchein⸗ lich einer andern Art, erreichen aber auch eine Größe von 1 Centim und mehr. Mit den Waadtländiſchen Planorben zeigen fie, ſo wie auch der Stein mit dem dortigen Stink⸗ ſteinſchiefer, große Aehnlichkeit. Im gleichen Lager findet man auch, obſchon ſeltner, Schnecken von der Form der Lymneen, und Muſcheln, die der Gattung Cyrene an⸗ gehören möchten; Anodonten habe ich keine bemerkt. Die größern Turbiniten, Melania Escheri Br., ſchei⸗ nen am häufigſten, ob ausſchließlich? in der das Braunkohle⸗ lager bedeckenden Molaſſe vorzukommen; wenigſtens ſaſſen alle, die mir zu Geſicht kamen, weder in dem Stinkſtein mit Planorben, noch in dem feinen, darüber liegenden Mergel, Er IV. Cap. Zwehyter Abſchnitt. ſondern in wahrer blaulichgrauer Molaſſe. Ihre Länge be⸗ trägt 20 bis 25mm. In einem Stück Molaſſe, das Spuren dieſer Melanien zeigt, befindet ſich auch der Abdruck einer Muſchel, die wahr⸗ ſcheinlich den Anodonten zugehört; ihre Breite beträgt 71 un, ihre Länge beym Schloß 26 :, der Vordertheil iſt ſchna⸗ belförmig vom Schloß etwas weggebogen. . Die merkwürdigſten foſſilen Ueberreſte, die man bis jetzt in Käpfnach gefunden, find aber unſtreitig die, welche hö bern Thierelaſſen angehören. Hr. Brongniart ſchon erwähnt einiger Maſtodontenzähne, und des Schädels eines dem Bi⸗ ber ſehr nahe ſtehenden Nagers, wenn nicht eines wahren Bibers; er hatte dieſelben bey Hrn. Prof. Meisner geſehen, der das Verdienſt hat, zuerſt dieſe Ueberreſte näher angezeigt zu haben. Seitdem ſind mehrere Entdeckungen gemacht wor⸗ den, über die Hr. Dr. Schinz in den vorigen Jahren der Naturf. Geſellſchaft Bericht abgeſtattet hat. Vom Mastodon angustidens fand man noch mehr Zähne und einen ganzen Schädel, der aber leider zertrümmert ward, auſſerdem vier Bruchſtücke eines großen Stoßzahns, vielleicht derſelben Thierart, Biberzähne und Zähne kleinerer Wiederkauer, wahrſcheinlich Hirſcharten. Alles iſt in eine kohleartige Sub⸗ ſtanz verwandelt, und mit einem dicken, ſchwarzen Email überzogen. — In dem letzten, kürzlich erſt erſchienenen, Bande der Ossem. foss. werden dieſe Beſtimmungen der zu Käpfnach gefundenen Landthierüberreſte, ſo wie auch die der zu Elgg entdeckten, von Hr. Cuvier für richtig anerkannt. Da von Seite der einſichtsvollen Oberdireetion der Grube- arbeiten alle Anſtalten getroffen ſind, daß von dieſen Ueber⸗ reſten nichts verloren gehe, oder durch Verkauf an fremde Liebhaber zerſtreut werde, fo darf man, bey der ſteten Fort- ſetzung des Grabens noch manche höchſt wichtige Entdeckung erwarten. Mehreren Angaben zufolge geht eine bituminöſe Mergel- Suͤßwaſſer-Formationen. 279 ſchicht, wovon die Stücke, die wir hier beſitzen, dem unter und über der Käpfnacher Braunkohle liegenden, graulich— ſchwarzen Mergel ganz ähnlich ſind, am öſtlichen und weſt— lichen Abhang der Albiskette noch an andern Orten zu Tage. Nach Hrn. Eſcher, a. a. O., liegen alle dieſe Stellen in einer Höhe von 100 bis 800 Fuß über dem See, alſo faſt immer dem Fuß des Gebirges näher, als dem Rücken, der ſich zu einer mittlern Höhe von 1000 bis 1500 Fuß erhebt. Dieſer Mergel enthält ebenfalls Turbiniten, wahrſcheinlich Melanien, und ſein Dach iſt derſelbe Stinkſtein, der zu Käpfnach die Planorben einſchließt. Dieſe begleiten ihn auch hier, doch nicht überall, denn einige Stücke unſerer Samm⸗ lung ſind ganz leer davon; der Kalk iſt bedeutend feſt, wie dichter Kalk, im Querbruch hell- und dunkelbraun gebän⸗ dert, aber nicht ſo feinſchiefrig abgeſondert, wie der Käpf⸗ nacher. | Ob alle dieſe Stellen mit einander zuſammenhängen, und, was von größerer Wichtigkeit iſt, ob das Steinkohle⸗ und Süßwaſſerkalklager wirklich unter der Albiskette durch⸗ ſtreiche, oder nur an ihre Abhänge angelagert ſey, bleibt kaum noch unentſchieden, wenn man ſich der auffallenden Gleichheit aller Verhältniſſe mit denen der Lager in Waadt und Freyburg, und der regelmäßigen Einlagerung dieſer letz⸗ tern unter eben ſo mächtige Maſſen, als die Albiskette er⸗ innert. 6 Elgg. Die Gegend von Elgg unterſcheidet ſich geognoſtiſch be⸗ deutend von derjenigen von Käpfnach. Auf ähnliche Weiſe, wie in unſerm Canton die große Maſſe der Thuner⸗ und Emmenthalergebirge ein weiteres Ausbreiten der Nagelfluh gegen Norden zu, längs der Emme, veranlaßt, da hingegen mehr weſtlich, wo in der Nähe der Alpen die Nagelfluh fehlt, auch in größerer Entfernung von denſelben nur Molaſſe ge⸗ “280 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. funden wird, fo dringt auch öſtlich vom Zürcher See die Nagelfluh, von den hohen Gebirgen des Toggenburgs und in⸗ nern Appenzell her, weit mehr nördlich, als an ſeiner Weſt⸗ ſeite und im Aargau, in deren Hintergrund eine einzige, durch mehrere ausgezeichnete Punkte zwar berühmte, aber doch im Vergleich mit jenen Gebirgen nicht ſehr mächtige Nagelfluhkette vorhanden iſt. | Rundliche Hügel und Hügelzüge verflächen ſich hier mit ſanften Abhängen in breite und ebene Thäler, deren Vege⸗ tationsdecke ohne Unterbrechung ſich über alle Unebenheiten des Bodens ausbreitet. Wenige dieſer Hügel mögen wohl eine Höhe von 120m überſteigen. Die Gebirgsart iſt vor⸗ herrſchend Nagelfluh, die Lagerung horizontal, oder nur wenig vom Horizontalen abweichend. So wenigſtens bey Elgg ſelbſt. Gegen Frauenfeld zu nehmen auch Molaſſe und Mergel, grauer ſowohl als rother, mehr überhand; an der Murg, etwa eine Viertelſtunde vor Frauenfeld, findet man dieſe Gebirgsarten in dicken, horizontalen Schichten an⸗ ſtehend, und, da der Ort tiefer liegt als das Elggthal, ſo ſcheint auch hier Molaſſe die Grundlage der Nagelfluh zu ſeyn. ; Das Braunkohlelager, das durch zwey große Stollen ausgebeutet wird, von denen der eine, weſtlichere, nach Ausſage der Arbeiter, bey 150 Lachter Tiefe hat, liegt in den niedrigen Hügeln, nördlich von Elgg, bey 30m über dem Thalgrund, und etwa doppelt ſo viel unter dem Gipfel der Hügel. Seine Mächtigkeit wächst bis zu zwey Fuß an. Die Kohle iſt eine ſchwarze, im Querbruch ſtark glänzende, ſchie⸗ frige Pechkohle, die ſich im Feuer wie die von Käpfnach ver⸗ hält, nur daß ſie weniger von Waſſerkies durchdrungen ſcheint. 5 Die Stinkſteinlager mit Planorben und andern Güß- waſſerconchylien fehlen hier, und, ſo wie die Lignitenneſter, wird dieſes Lager theils unmittelbar von Nagelfluh einge- 1 — Suͤßwaſſer-Formationen. 281 ſchloſſen, theils von einem feinen, blaulichgrauen Mergel, der ganz mit demjenigen übereinſtimmt, der zu Käpfnach über dem Schrammberg liegt, theils von Molaſſe, die oft ſtark mit kohligen Theilen impregnirt und ſchwärzlichgrau ge⸗ färbt iſt. Die einzige Muſchel, die ich gefunden habe, iſt fo zer⸗ quetſcht, daß man nicht einmal die Gattung beſtimmen kann. Die Schalſubſtanz iſt indeß noch vollkommen erhalten, und auch die bräunliche Farbe derſelben ſcheint natürlich. Ihre „Breite mag bey 2 Centim. betragen haben. Sie ſitzt in dem feinen, die Kohle oft begleitenden Mergel. In dem mehr eitirten Bericht führt Hr. Dr. Schinz einen Rhinoceroszahn aus dieſem Lager aun, 100 er dem Rhi- noceros minutus zuſchreibt, deſſen Ueberreſte bis jetzt ein⸗ zig zu Moiſſac, im Norden der Pyrenäen, ſind gefunden worden. Es iſt dieß Zuſammentreffen um ſo merkwürdiger, da die Beſchaffenheit der Mergelformation, die ſich am nörd⸗ lichen Fuß der Pyrenäen ausbreitet, auffallend mit derjenigen unſerer Molaſſebildungen übereinzuſtimmen ſcheint 9, Vor einiger Zeit ſind 1 Zähne von Maſtodonten gefunden Mürdeh⸗ In Süd⸗ Baiern 3 wir die Srrunfableiader: mit Stink⸗ fein und Conchylien am Peiſſenberg und an mehrern andern Stellen 7957 in Ungarn zu Sari⸗Sap wieder 80), immer in ganz ähulichen Umgebungen. Unter den foſſilen Conchylien, die ſich an dieſer letztern Lagerſtätte, theils in dem Mergel⸗ ſchiefer finden, der mit der Kohle wechſelt, und dann ſtark zerguetſcht find, theils in einem ſchwärzlichen Mergel, der 0 S. die ganze Beſchreibung der Gegend von Moiſſae in den Ossem. foss. II, p. 89. Ferner d’Aubuisson, . II, p. 439. 70) Von Flurl, Geb. von Baiern. 80) Beudant, Voyage, III, p. 255. 282 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. das Dach des Kohlelagers bildet, erkennt man Planorben, Lymneen und Bivalven, die zur Gattung Cyclas oder Unio gehören möchten; die Planorben und Lymneen liegen mehr in dem Mergelſchiefer des Kohlelagers, die Bivalven und gethürmten Schnecken, Cerithien, Turritellen oder Melanien, in dem obern Mergel. Wer könnte die Analogie mit den Verhältniſſen zu St. Martin und Käpfnach verkennen? Es gehören unſere Braunkohlelager offenbar dem tie— fern, oder doch mittlern Theil der Molaſſe-Formation an, der Gruppe der gemeinen, horizontalen, oder der feſten, ſüdlich fallenden Molaſſe; denn in der Waadt und im Frey⸗ burgiſchen liegt die ganze dicke Lagerfolge von feſter und dichter Molaſſe und von Nagelfluh auf ihnen, die zwiſchen Semſale und Clarens das Kalkgebirge umgiebt, bey Käpf⸗ nach, allem Anſchein nach, die ganze Albiskette, in einer Mächtigkeit von mehr als 400m. Zuverläßig muß man dem⸗ nach dieſe Lager für weſentliche Glieder der Molaſſe-For⸗ mation, und ihre Thierüberreſte vorzugsweiſe für charak⸗ teriſtiſche und das Alter der Formation bezeichnende halten. Leider geſtattet aber der gegenwärtige Zuſtand der foſſilen Zoologie noch nicht, aus dieſem Reſultate großen Nutzen zu ziehn. Die einzigen, mit einiger Sicherheit beſtimmbaren Ueberreſte gehören dem Biber, dem Maſtodonten, und einem Rhinoceros an, alles Thierarten, die ſonſt nur in Diluvial⸗ bildungen vorgekommen ſind; nicht nur läßt ſich aber die Molaſſe⸗ Formation nach ihrem ganzen Charakter auf keine Art dem aufgeſchwemmten Lande beyzählen, ſondern ſie ent⸗ hält, wie wir bald ſehen werden, in ihrem füngern Theile ausgedehnte Lagerfolgen, die mit Meerconchylien angefüllt ſind, was dem Begriff der Diluvialformation geradezu wi⸗ derſtreitet. Jene Thierüberreſte ſind daher eine offenbare Anomalie von den bisherigen Reſultaten der zoologiſchen Erd- Süfwaffer » Formationen. 283 kunde, und dürfen, bis durch neue Unterſuchungen dieſe ſchwierige und noch ſo neue Wiſſenſchaft wieder mit ſich ſelbſt eins geworden, keinen Schlüſſen über das Alter und die La— gerfolge der Formationen zum Grunde gelegt werden. Man hat aber, auch abgeſehen von dieſen einzelnen foſ— ſilen Ueberreſten, die Braunkohle überhaupt als Charakter der Formation aufgeſtellt, dieſe ſogar nach ihr benannt, und, weil auch im Plaſtiſchen Thon häufig Braunkohlen vorkom⸗ men, auf die Identität beyder Formationen geſchloſſen. So lange es indeß noch zu erweiſen ſteht, daß die Braunkohle der Molaſſe und dem Plaſtiſchen Thon eigenthümlich ange⸗ höre, und ſich nicht, wenigſtens nicht in ſo groſſen Maſſen, auch in andern Formationen, dem bunten Sandſtein z. B., dem Quaderſandſtein, oder allen jüngern Formationen über⸗ haupt finde, ſcheint uns dieſes Argument nicht feſt begrün⸗ det. Es dürfte leicht die Bildung der Braunkohle an Lo⸗ calumſtände, die Nähe von Land, die längere Dauer der Sandſteinbildung, die Beweglichkeit der ſchon gebildeten Sandſteinmaſſen, gebunden ſeyn, die ſich hier bey dieſer For⸗ mation, dort bey einer andern mögen vorgefunden haben, und, ſo wie das nämliche Glied des Tertiärgebirges in dem einen Lande als Kalk, in einem andern als Thon, in einem drit⸗ ten als Sandſtein erſcheint, ſo könnte, unter dem Zutreten jener Umſtände, jede neuere Formation, welche die Geſtalt von Sandſtein annimmt, auch von Braunkohle begleitet ſeyn. — Vergleichen wir überdieß unſere Braunkohlelager etwas genauer mit denjenigen, die Hr. Brongniart unter der Aufſchrift des Plaſtiſchen Thons anführt, ſo müſſen unſere Bedenklichkeiten noch vermehrt werden. Die Anzahl der Conchylien, die wir etwas näher haben beſtimmen können, iſt zwar zu gering, als daß Einwürfe von dieſer Seite großes Gewicht haben könnten; doch muß es auffallen, daß von allen unſern. Arten ſich, mit Ausnahme des in allen Süßwaſſerbildungen wiederkehrenden Plan. Prevostinus, 1 284 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. nicht eine einzige, auch nur ähnliche, in dem Plaſtiſchen Thon vorkömmt, während ſie ſich bis in Ungarn verbreitet zu haben ſcheinen; daß ferner in jenem Catalog, dem ein ſehr viel ausgedehnteres Gebiet als unſere Schweiz zur Grundlage gedient hat, nicht eine einzige Unio oder Ano- donta angeführt wird, da doch dieſe Gattungen mehr als keine andern für unſere Braunkohlen charakteriſtiſch ſind. Wo aber bey der Vergleichung zweyer Formationen die Petre facten nicht aushelfen, wo auch die Lagerung undeutlich iſt, da iſt die Steinart ſelbſt, ihre Beſchaffenheit und die Folge ihrer Glieder, das letzte Beſtimmungsmittel; von größter Bedeutung iſt es daher, daß der Stinkkalk, der ein ſo we⸗ ſentliches Glied unſerer Braunkohleformation, und größten⸗ theils das Muttergeſtein der Süßwaſſerconchylien iſt, in allen von Hrn. Brongniart angeführten Lagerſtätten zu fehlen ſcheint, in allen wenigſtens, die mit Sicherheit dem Plaſti⸗ ſchen Thon angehören; denn der Baſtberg bey Buchswyler, wo ein Süßwaſſerkalk die Braunkohle bedeckt, möchte wohl noch einer nähern geognoſtiſchen Beſtimmung ermangeln. 2. Stinkſteinlager. Der Stinkſtein tritt öfters auch unabhängig von der Braunkohle auf, und unterſcheidet ſich von demjenigen, der dieſe begleitet, durch ſeine Beſchaffenheit und Lage: er bildet größere Maſſen, iſt dichter, gewöhnlich heller, weniger ab— geſondert, und erſcheint in Abwechslung mit dem oberſten Theile der Molaſſe-Formation, oder als Decke derſelben, mehr dem Jura genähert, an ſeinen Abhängen, oder in ſei⸗ nen Thälern. Einzelne Schichten deſſelben ſind eben ſo reich an Süßwaſſerconchylien, als der Stinkkalk der Braunkohle, ja, wenn alle Stellen, die wir hieher rechnen, dieſer Gruppe wirklich angehören, ſo übertrifft er denſelben bey weitem. Suͤßwaſſer-Formationen. 285 Goumoens. Zufolge der Beſchreibung von Razoumovski 3") gehört in dieſe Claſſe von Steinlagern der merglichte Stinkkalk von Goumoens und der Gegend von Echallens. Unter der Damm⸗ erde folgt 1.) ein eiſenhaltender Thonmergel, 4 Fuß dick; 2.) der Kalk, auch 4 Fuß; 3.) ein ſandiger Mergel, der ſich an die Molaſſe anſchließt. Der Kalk hat große Aehnlichkeit mit demjenigen, der die Kohlenlager begleitet, und eine Ab⸗ art deſſelben zerfällt an der Luft in Schiefer, deſſen Flächen mit Steinkernen von Planorben und Bivalven bedeckt ſind. Die größere Maſſe des Steins iſt frey von Petrefacten. Bo ud er y. Mit der Molaſſe/ auf welcher das Städtchen Boudry ſteht, find auch Lager von Stinkkalk verbunden. — Man ſieht die Lagerfolge am ſchönſten in dem bey 20 hohen Profil, das in Boudry ſelbſt die Reuze in die Molaſſe-Formation eingeſchnitten hat, — Es liegt ganz unten ein fait weißer, abfärbender Mergel, von Gypoäderchen durchzogen; auf dem⸗ ſelben lockere Molaſſe und grauer Mergel mit mehrern Lagern von Süßwaſſerkalk wechſelnd, das mächtigſte von 3 Deeim. Dicke. Der Kalk, von hell graulichbrauner Farbe, iſt bedeu⸗ tend feſt und zäh, in ſcharfkantige Bruchſtücke hrechend, mit erdigem unebenem, oder hackigem, aber auch mit großmuſch⸗ ligem, ſehr feinſplittrigem Bruch, ſtellenweiſe mit Poren, theils länglicht, aber ſehr dünn, wie von Würmern einge⸗ freſſen, theils in der Form kleiner Planorben und Lymneen, von denen ſelten noch ein Bruchſtück der Schale geblieben if; gerieben ſtark bituminös riechend; unabgeſondert. Es folgt nun ununterbrochen Molaſſe, lockere und feſte, und grauer Mergel mit Gypsadern, bis in ungefähr zwey Drittel Höhe, dann wieder eine mächtigere Kalkſchicht, die ebenfalls von — ß, ⁵——— ͤpU 81) Jorat, II, P. 43. 286 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. Molaſſe bedeckt wird, höher noch eine Kalkſchicht, und end⸗ lich, als Decke des Ganzen, wieder Molaſſe. — Mit Aus⸗ nahme der leeren Abdrücke und einiger Steinkerne von Lym⸗ neen, der peregra ähnlich, konnte Se feine Dee auf finden, Court. In ganz ähnlichen Verhältniſſen finden wir den Süßwaſ⸗ ſerkalk in dem Thale von Court und Tavannes wieder. In der Mitte des Thales, nördlich von Sorvilier, fällt ein Hügelzug auf durch zwey rundliche Kuppen, die ſich auf ſeinem Rücken über alle Hügel des ſehr unebenen Thal⸗ bodens erheben. Es iſt die Form des Baſtberges, wie ſie Hr. Hammer in dem Brief an Hr. Cuvier beſchreibt. Die Höhe der öſtlichen Kuppe, über dem Thalboden bey Sorvilier, fand ich gleich 101, die des weſtlichen gleich 11 Die meiſten Abhänge ſind überwachſen. Wenn man von Court aus anſteigt, fo A man in mittlerer Höhe den Süßwaſſerkalk anſtehend, in horizontalen Schichten, die durch den Froſt ſenkrecht zerſpalten und ſchie⸗ frig ſind. Der Stein ſoll an der Luft bald zerfallen und verwittern. — Er unterſcheidet ſich nicht weſentlich von dem⸗ jenigen von Boudry, nur iſt er mehr erdig und bricht nicht in ſcharfkantige Stücke, wahrſcheinlich nur, weil er da, wo ich ihn angreifen konnte, länger der Atmoſphäre ausgeſetzt geweſen war. Seine Farbe iſt heller, bräunlich- und gelb⸗ lichweiß, verläuft ſich aber in Nüancen bis in die des Boudry⸗ ſteines. — Höher, an dem Abhang der öſtlichen Kuppe iſt Molaſſeſand in horizontalen Schichten anſtehend, auf der Kuppe ſelbſt wieder Süßwaſſerkalk. Es ſcheint demnach eine Kalkſchicht der Molaſſe eingelagert zu ſeyn, und eine zweyte ſie zu bedecken. Beſſer noch überzeugt man ſich hievon an der weſtlichen Kuppe. Der Gipfel wird ebenfalls durch Süßwaſſerkalk ge⸗ Suͤßwaſſer⸗-Formationen. 287 bildet. Steigt man am ſüdlichen Abhang hinunter, ſo ſieht man die Auflagerung des Kalks auf die Molaſſe mit größter Deutlichkeit, denn dieſe ſteigt anſtehend bis faſt auf die Spitze, meiſt als Sand, doch auch feſter, in horizontalen Schichten, und nur zwey Schritte davon finder man, etwas höher, den Süßwaſſerkalk, ebenfalls horizontal. Am äuſſern Rande der Ebene, auf der die Kuppe ſteht, über Sorvilier, iſt an dem ſteilen Abſturz wieder Kalk anſtehend, in bedeu- tender Mächtigkeit; im Thalgrund ſelbſt Molaſſe. Die größere Maſſe dieſes und des obern Kalks iſt ganz leer von Petrefaceten. Unter den Trümmern an den Abhängen findet man indeß zuweilen Stücke, die eine Menge von Stein⸗ kernen enthalten, meiſt, als Ueberreſt der Schale, mit einem weißen, mehlichten, auch wohl mit einem ocherrothen, glat- ten Anflug überzogen; ſeltner uneben ſchiefrige Stücke, de⸗ ren breite Fläche mit kleinen, beſſer erhaltenen Planorben, und mit einem leichten Anflug von Kohle bedeckt ſind. Des Kalks, der an dem Fels ſüdlich von Sorvilier dem Muſchelſandſtein eingelagert iſt, habe ich ſchon früher er- wähnt. Der Stein iſt vollkommen identiſch mit dem von Boudry, von gleicher Farbe, mit feinſplittrigem Bruch, und in ſcharfkantige Stücke brechend, porös durch die leeren Räume kleiner Planorben, auf einigen Abſonderungen mit äuſſerſt kleinen Kalkſpathkryſtallen bedeckt. Auch mehr gegen Tavannes zu, bey Reconvilliers, findet man im Thalgrund dicke Schichten von Süßwaſſerkalk, die mit ungefähr 20° füdlich fallen; ſchwarzgrau und fehr feſt, mit feinſplittrigem Bruch, an andern Stellen auch gelb— lichweiß, dann ſehr porös und von eylindrifchen, leeren Röh⸗ ren durchzogen. Der ſchwärzliche enthält zuweilen Planorben und Lymneen, deren Schale ebenfalls eine ſchwarzbraune Farbe angenommen hat. Folgendes ſind die bis jetzt in dieſem Thal aufgefunde⸗ nen Conchylien. Alle ſtammen von dem zuerſt beſchriebenen 288 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. Hügel, theils aus dem obern, theils aus dem untern Kalk lager; es enthalten beyde dieſelben Arten. 1. Helix. Von jüngern Individuen der H. hit nur durch ſtärker ausgebogenen Mund und geringere Wölbung unterſchieden, hiedurch der H. fruticum genähert, aber nur von vier Windungen. An kleinern Individuen bemerkt man an der letzten Windung eine ſchwache Schärfe. Durchm. 14 u. Ziemlich häufig. ot. 8. 2. Hels Der cespitum ähnlich, mit fünf Win⸗ dungen. Ohne Spur einer Schärfe an der letzten Windung. Durchm. 15 u:. Oft oval, oder zerquetſcht. ot. 30. 5 3. Planorbis. Vielleicht Pl. Prevostinus Brongn. Vier ſehr gerundete Windungen und die letzte bedeutend größer. Kleiner und auf beyden Seiten gleich tiefer Nabel. Durchm. 13 um. Ct. 11. Häufig auch kleinere Planorben. 4, Planorbis. Vielleicht Pl. cornu Brongn. Die letzte Windung ſehr hoch, ſo daß die Dicke im Verhältniß des Durchmeſſers bedeutend ſtark iſt. Höchſtens vier Windungen. uch e Hohe Ze) en 5. Lymnæa. Es ſcheint dieſelbe große L., die wir bey St. Martin gefunden und mit L. fusiformis verglichen ha— ben. Die Länge von vollſtändigen Exemplaren mag bey 300 betragen haben. ct. 1. ö 6. Lymnæa. Der L. peregra ſehr ähnlich. Im Durchſchnitt von 11mm Länge, ſelten größer. ct. 36. In großer Menge. 7. Lymnæa. Von der Form der vorigen, aber die Windungen ſind bedeutend ſchiefer, und die Länge iſt im Ver⸗ hältniß zur Dicke etwas beträchtlicher. ot. 25. 8. Lymnxa. Die unterſte Windung bauchig aber kurz, den jungen Individuen der L. palustris ähnlich, nur ſind die obern Windungen gegen die unterſte beträchtlicher und höher, faſt wie bey L. elongata. Länge 13m. ct. 46. 9. Lymnæa. Iſt von jungen Individuen des L. acro- nicus Sufwaffer » Formationen. 289 nicus meines Vaters, einer dem L. ovatus genäherten Art, mit ganz abgeplatteter Spitze, die ſich im Boden-See findet, nicht zu unterſcheiden. Kaum über sm lang. 40, Paludina. Die Form des Mundes iſt deutlich zu erkennen. Geſtalt und Größe ſonſt die der L. peregra. Von Bivalven gar keine Spuren. Das Courtthal iſt nicht das einzige im Jura, das Süß⸗ waſſerbildungen enthält, und in mehreren ſtehen dieſelben vielleicht ebenfalls mit Molaſſe in Verbindung. Der Kalk des Dillingerberges bey Baſel ſieht dem von Boudry und Sorvilier täuſchend gleich, und der Sandſtein, der ihn, nach Hrn. Merians Karte, im Norden umſchließt, möchte wohl auch, wie der von Bottmingen, der Molaſſe-Formation an⸗ gehören. Der Süßwaſſerkalk von Locle unterſcheidet ſich durch ſeine Hornſteinlager und Opale; auch ſcheint im gan⸗ zen Thale keine Molaſſe vorzukommen. Deningen. Ich glaube endlich, ungeachtet mehrerer abweichender Verhältniſſe, die eher auf Analogie mit den Braunkohlelagern deuten, auch die berühmten Kalkſchiefer von Oeningen mit dieſer Eruppe vereinigen zu können. Die Steinbrüche liegen auf dem Rücken eines Hügels, der aus lockerer oder eher ſandiger Molaſſe beſteht, die hier aus dem Thurgau her über den Rhein ſetzt und ſich bis in's Hegau ausbreitet. Sie iſt an mehrern Stellen röthlich gefärbt, wie von buntem Mergel. Auch die Höhe über dem Steinbruch, der Schienerberg, iſt Molaſſe, und enthält nach Hrn. Brongniart Zwiſchenlager von Nagelfluh. An der Nordſeite, gegen Bahlingen, kehrt dieſer breite Rücken dem Hegau ſteile, nackte Felſen zu, deren nähere wa lee vielleicht über die Richtigkeit der a N RE, 5 290 IV. Cap. Zwerter Abfchnitt. einen oder andern der folgenden zwey Anfichten entſcheiden würde. Hr. Brongniart nämlich nimmt an s.), daß die Süß⸗ waſſerbildung ſich unter dem Schienerberg durchziehe und als ein Zwiſchenglied der Molaſſe-Formation angeſehn werden müſſe; er findet ſogar wahre Molaſſe im Bruch ſelbſt, in den obern petrefactenleeren, ſandigen Schichten. Nach Hrn. Karg hingegen, dem wir eine ſehr genaue Befchreibung dieſer Stein⸗ brüche und ihrer Petrefacten verdanken 87), iſt die ganze For⸗ mation entſtanden aus dem ſucceſſiv abgeſetzten und erhärte⸗ ten Schlamm vertrockneter Fiſchteiche, die den umliegenden geiſtlichen Stiftungen angehört haben; alle Pflanzen ⸗ und Thierabdrücke, die man zwiſchen den Schiefern findet, ge⸗ hören Arten an, die noch gegenwärtig in der Gegend vor⸗ kommen, und die oberſten Schichten ſind nicht Molaſſe, ſon⸗ dern nur mit Sand gemengter Schlamm, der mit zu der tiefern Schichtenfolge gehört. Ich geſtehe, in Rückſicht dieſes letztern, übrigens nicht ſehr wichtigen Streitpunktes, daß die oberſten Lager des Bruchs mir auch eher der Süßwaſſerformation als der Molaſſe ver⸗ wandt ſcheinen. Vielleicht iſt Hr. Brongniart in einem andern Bruch geweſen, als in dem gewöhnlich beſuchten. Das Alter der Formation wird aber durch ihre Petrefacten und nicht durch den Character der Steinart beſtimmt werden müſſen. Die vielen Bivalven, einer kleinen Art Anodonta oder Unio angehörend, und die auf einigen Abſonderungen dicht ge- drängten kleinen Planorben erinnern an die Formation von Käpfnach und St. Martin, die wohl erhaltenen Blattformen und viele Thierarten dagegen mehr an die neuſten Alluvial- bildungen. Die Beſtimmungen von Hrn. Karg rühren in⸗ deſſen aus einer Zeit her, wo die feinen Unterſchiede der foſ— ſilen Arten und der noch lebenden nicht ſo genau beachtet 31) Environs de Paris, p. 543. 9) Denkſchr. der Naturf. Schwab. Th. 1. Sufwaffer » Formationen. 294 wurden, und nach dem in letzter Inſtanz geltenden Ausſpruch Hrn. Cuviers ?), iſt die Behauptung, daß alle Oeninger Petrefacten mit den Pflanzen und Thierarten der umliegenden Gegend übereinſtimmen, weit entfernt durch eine genauere Prüfung beſtätigt zu werden. In Ungern findet dieſer Süßwaſſerkalk ſein Analogon in demjenigen von Nagy⸗Vaſony, der auf Molaſſeſand ruht, und nur von Dammerde bedeckt wird. Die Aehnlichkeit dehnt ſich auch auf die Petrefacten aus, die ebenfalls nur als Stein⸗ kerne vorkommen, und vorherrſchend in kleinen Lymneen, kleinen Planorben und glatten Helix beſtehn. Man findet auch große Planorben, die ſich dem Pl. corneus nähern, und eine Menge ziemlich dicker Helix, die Aehnlichkeit mit H. tristani Brongn. und H. fruticum haben. Die Biba i ven ſcheinen ganz zu fehlen 8“). Nach der Beſchaffenheit der Steinart können dieſe Bil⸗ dungen wohl nur mit der neueſten Süßwaſſerformation von Paris verglichen werden. Die Beſchreibung, die Hr. Bron⸗ gniart von dieſem Kalk giebt, paßt auf den unſrigen bis auf zufällig ſcheinende Merkmale, und da, wie es ſich im folgenden Abſchnitt zeigen wird, die oberſten Lager der Mo⸗ laſſe mit der obern Meerformation zuſammenfallen, ſo ſtimmt zum Theil auch die Lagerung überein. — Es ſcheint indeß ſowohl aus den Verhältniſſen zu Boudry, als aus denen von Sorvilier zu folgen, daß die Bildung der Molaſſe zur Zeit, da die Kalklager entſtanden, noch nicht ganz geſchloſſen ge⸗ weſen ſey, denn, wofern auch die Auflagerung von Molaſſe 8) Oss. foss. V. ire part. p. 61. Die genauere Ausführung in der 2ten Hälfte des V. Theils. f b 940 Beudant, Voyage III. P. 283; a 19 5 292 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. zu Boudry und an dem Hügel von Court ſich vielleicht durch ein Ueberwerfen nahe liegender älterer Molaſſe erklären ließe, fo würde dieſe Aushülfe doch ſchwerlich auch auf die Fels⸗ wand von Sorvilier paſſen, wo der Kalk nicht nur von ge⸗ meiner Molaſſe und Sand, ſondern von ſehr feſtem Muſchel⸗ ſandſtein bedeckt wird, der keine Spur von Regeneration trägt. Dieſe Eigenthümlichkeit unſers Süßwaſſerkalks läßt uns einſt⸗ weilen die Vergleichung mit der Pariſerformation nicht weiter fortſetzen. Es iſt überdieß befremdend, auch unter den Petre⸗ facten fo wenig Uebereinſtimmung zu finden, da ſich doch unſere Arten, wie es ſcheint, öſtlich auf mehr als die dop⸗ pelte Diſtanz verbreitet haben. Die Verſchiedenheit iſt in⸗ deß weit geringer, als die zwiſchen den Braunkohlepetrefac⸗ ten und denen des Plaſtiſchen Thons. So ſchwierig es auch ſeyn dürfte, ſich eine deutliche Vor⸗ ſtellung von der Bildungsweiſe unſerer obern Stinkkalklager mitten in einer Meerformation zu machen, To iſt das Vor⸗ kommen im Grunde doch kein anderes als das, womit wir ſchon in der vorigen Gruppe bekannt geworden ſind, und das ſehr wahrſcheinlich auch bey den meiſten fremden Süßwaſſer⸗ formationen ſtatt findet. Niemanden wird es einfallen, der Süßwaſſerconchylien in unſerer Braunkohle wegen, auch das Liegende und das Dach dieſer Lager, d. h. die ganze Molaſſe⸗ Formation in Süßwaſſer⸗See'n entſtehn laſſen zu wollen, und weder unten noch oben bemerkt man doch eine Verſchie⸗ denheit oder Trennung der Steinarten, wie ein doppelter Wechſel von Meer und Land oder Sumpf ſie hervorgebracht haben ſollte; — es if die der Braunkohle aufliegende Mo⸗ laſſe der untern ſo vollkommen gleich, als zu Sorvilier der obere dem untern Muſchelſandſtein. Graf Razoumovski hielt den Kalk von Goumoens und Oeningen, die einzigen Lagerſtätten dieſer obern Gruppe, mit denen er bekannt war, für identiſch mit demjenigen, der die Braunkohle begleitet, und eine große Aehnlichkeit und Suͤßwaſſer-Formationen. 293 Annäherung durch einzelne Abarten iſt allerdings nicht zu verkennen. Man darf ſich wenigſtens die Frage erlauben, ob wohl in der Tiefe unter den Kalklagern der obern Gruppe nicht ebenfalls Braunkohlen gefunden werden möchten, ob nicht überhaupt der Süßwaſſerkalk ein Vorbote der Braun— kohle ſey? Unter dem Stinkkalk des Baſtberges, wo Hr. Hammer früher Braunkohle vermuthete, iſt fie ſeitdem wirk— lich entdeckt worden, unter den Schieferbrüchen von Denin- gen ſoll man ebenfalls ein Braunkohleflötz ausbeuten, auch in Locle liegt Kohle unter dem Süßwaſſerkalk. Deuter nicht vielleicht im Thale von Court der kohligte Anflug auf einigen Abſonderungen und die ſchwärzliche Farbe, die der Kalk be. ſonders in den tiefern Lagern annimmt, auf verborgene Braunkohle? 3. Ueberreſte größerer Thiere in Molaſſe. Aarberg. Die Mere ürdigen Zähne und Knochen, welche man im Jahr 1805 in der Rappenfluh bey Aarberg ausgegraben hat, ſind ſchon vor längerer Zeit durch Hr. Prof. Meisner in einer für die foſſile Oſteologie der Schweiz ſehr wichtigen und mit treuen Abbildungen begleiteten Abhandlung bekannt gemacht worden s). — Leider iſt es bey jener erſten Ent⸗ deckung geblieben, ſo daß ich die ſchon bekannten Angaben nicht vermehren kann. Die geognoſtiſche Beſchaffenheit der Rappenfluh iſt ſchon früher, Seite 100, beſchrieben worden. In dem Gemenge von buntem Mergel und lockerer Molaſſe, das zwiſchen Aar⸗ berg und Gümmenen am rechten Aarufer hohe und ſteile Felſen bildet, findet man weder Braunkohle in Lagern, noch Stink⸗ kalk, noch überhaupt eine petrographiſch abgeſonderte For⸗ mation, und in den großen Stücken, die auf unſer Muſeum 50 Muſeum der Naturgeſch. Saeed Nr. 9 und 10. 294 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. gebracht worden ſind, werden die Knochen unmittelbar von buntem Mergel und lockerer Molaſſe eingeſchloſſen. — Die Zähne, die noch in dem Stück der Kinnlade feſtſitzen, lagen, nach dem oberamtlichen Berichte 85), ungefähr Gm unter der Oberfläche des Bodens, und eben ſo viel einwärts im Fels, die Bruchſtücke von Schildkrötenſchalen bey 3m tiefer einwärts, die andern Knochen und die einzelne Zahnkrone in geringer Entfernung. Es wurden auch einzelne Neſter von Braun⸗ kohle gefunden. Die drey Zähne, die noch in der Kinnlade feſtſitzen (Muſ. fig. 2), ſtimmen nach Größe und Form vollkommen überein mit dem zweyten, dritten und vierten Zahn des rech⸗ ten Unterkiefers des Babiruſſa, wovon Hr. Meisner in ſeiner Sammlung einen Schädel beſttzt. Die ſehr gut erhaltene, noch gar nicht abgeſtumpfte Backenzahnkrone (hg. 1) glaubte Hr. Meisner einem Ana⸗ plotherium von der Größe eines Fiſchotters zueignen zu kön⸗ nen. Ich finde aber weit mehr Aehnlichkeit, die Größe ab⸗ gerechnet, mit dem Zahn f. Oss. foss, pl. LXVIII. fig. 1. der nach Hrn. Cuvier der neuen Gattung Chaeropotamus an⸗ gehört. Wie dieſer Zahn, beſteht unſere Krone aus vier ganz getrennten Kegeln, es fehlt nur der kleine Kegel zwi⸗ ſchen den zwey vordern, oder derſelbe ſitzt vielmehr ganz an der vordern äuſſern Ecke, es fehlt auch der noch kleinere Kegel zwiſchen den zwey hintern, dafür iſt die ſcharfe Kante, die ſich vom innern-hintern gegen den äuſſern zieht, ziemlich hoch, endlich fehlt auch die Erhöhung mitten zwiſchen den vier Kegeln. Die eine Seite der Krone mißt 1m, die andere 14 um. Ob ſie vielleicht ebenfalls dem Babiruſſa an- gehört, kann ich nicht entſcheiden, da wir hier keine unab- genutzten Zähne dieſer Thierart befibem Das übrige ſind theils unverkennbare Bruchſtücke von Schildkrötenſchalen, theils weniger charakteriſirte Fragmente 8/) In dem Archiv der Naturf. Geſellſch. in Bern. U Suͤßwaſſer⸗Formationen. 295 von andern Knochen. Hr. Bourdet findet mehrere jener Schalenfragmente den Schalen der gemeinen Landſchildkröte (Testudo europæa) ſehr ähnlich; auch einige der übrigen Knochen glaubt dieſer Naturforſcher mit der nämlichen, oder einer ihr analogen foſſilen Art vergleichen zu ſollen. Andere Bruchſtücke ſind von ihm einer Chelonee zugeſprochen worden. Unter Abraumſteinen bey Gümmenen hat Hr. Mouſſon ein Stück Molaſſe mit eingeſchloſſenen Fragmenten größerer Knochen gefunden, die aber keine nähere Beſtimmung zu⸗ laſſen. — Es wird hiedurch beſtätigt, was bereits aus dem Vorkommen der Aarbergerknochen, mitten in regelmäßigen Felslagern, gefolgert werden konnte, daß nämlich dieſe Ueber⸗ reſte nicht etwa ſpäter dem lockeren Geſtein beygemengt wor⸗ den ſeyen, ſondern auf eigenen Lagern verbreitet liegen und dem Streichen derſelben folgen. Vielleicht iſt auch Gruners Angabe von Schildkröten⸗ ſtücken und andern Knochen, die man zu Wynau an der Aar gefunden hat 57), hieher zu beziehen. 4. Steinkerne von Shncken in harten Knauern. B u a dere. Zwiſchen Affoltern und Rügsau im vordern Emmethal, über den Wohnungen Buacker, faſt auf dem oberſten Kamm des Ausläufers, der die Schachen von Rügsau und Heimis- wyl trennt, in 812 Höhe, find in einem kleinen Steinbruch wohl erhaltene Steinkerne von Landſchnecken gefunden worden. Die Molaſſe der Gegend bildet einen Uebergang der ge⸗ meinen in die lockere, und dicke Lager der letztern wechſeln mit Lagern der erſtern, hier und da fi ſeht man A Lager, 87 Schweiz. Mineral. . 101 und 103, 296 IV. Cap. Zweyter Abſchnitt. Ber oder vielmehr Neſter von Nagelfluh. Näher bey den Woh⸗ nungen Im⸗Trog, öſtlich von Buacker, etwas höher als der Steinbruch, ſind ziemlich hohe Felſen entblöst, die aus einem unregelmäßigen Gemenge von Molaſſe und Nagelfluh beſtehn, beyde greifen neſterartig in einander. Unten im Thal, nahe bey Rügsbach, ſieht man an der linken Thalſeite hohe Fel⸗ ſen, die vorherrſchend aus Nagelfluh beſtehen, ſo locker und mit Molaſſe und Sand durchmengt, daß man lange im Zwei⸗ fel bleibt, ob es nicht neuere Anſchwemmungen ſeyen. Der Steinbruch iſt bey 7m hoch und bey Am tief ein⸗ wärts im Fels, die Schichten fallen ſchwach öſtlich. Die untern Lager beſtehen aus feinkörniger, lockerer Molaſſe; die obern aus kleinkörniger, lockerer Molaſſe, die in Sand übergeht, und große harte Knauer einſchließt. Dieſe Knauer ſind meiſt von platt ellipſoidiſcher Form, und folgen dem all⸗ gemeinen Streichen. Zwiſchen beyden Molaſſen, am weſt⸗ lichen Ende des Bruchs Zu unter der Dammerde, am öſtlichen Im, liegt ein 1 — 3 Deeim. mächtiges Lager von feinſandi⸗ gem, hellgrauem Mergel, der Gerölle mannigfaltiger Gebirgs⸗ arten, dunkelgraue, reinere Mergelnieren, vielleicht thoniger Sphäroſiderit, und kleine Knollen von weißem Kalk ein⸗ ſchließt, der ganz das Ausſehen und die Conſiſtenz der Kreide hat, und mit den Kalkknauern im Courtthale verglichen wer- den kann. Gegen das weſtliche Ende des Bruchs zu wird dieſes Lager durch zwey ellipſoidiſche Mergelknauer von 3 Me⸗ ter Länge und 6 Deeim. Höhe, die der untern Molaſſe auf liegen, und zum Theil noch davon umſchloſſen werden, bis auf 1 Centim. Dicke zuſammengedrängt, und die weißen Kalk⸗ knollen vereinigen ſich, dieſe Verengung hindurch, zu einem regelmäßig anhaltenden Lager von nur Zum Dicke. An der Abloſung gegen dieſes dünne Lager wird die obere Molaſſe etwas ochrig. Der Mergel der Knauer iſt im untern Theile derſelben ſehr feſt, durch Sandkörner verunreinigt, und ſich der untern Molaſſe annähernd, in der Mitte feinkörniger und Suͤßwaſſer- Formationen. - 297 mürber, und nach oben geht er in einen weichen feinen Mer- gel von graulich ſtrohgelber Farbe über. In dieſem obern Theile liegen die Steinkerne der Schnecken, mit ihrer breiten Fläche horizontal, ohne Regel zerſtreut und in nicht großer Anzahl. In der Mergelſchicht ſelbſt und in der Molaſſe konnte ich keine auffinden. Ob auch die Knauer, welche auſ⸗ ſerhalb der Mergelſchicht in der obern Molaſſe liegen, und nach ihrer Steinart jenen ganz ähnlich find, Schnecken ent⸗ halten, habe ich nicht unterſuchen können. Gegen Oſten zu wird die Mergelſchicht ausgedehnter, die Anzahl der Gerölle nimmt zu, ſo daß der Mergel in Nagelfluh übergeht, und zu⸗ gleich dringt die untere Molaſſe in fie ein und zertheilt die Nagelfluh in zwey Schichten, die ſich bald unter der Damm⸗ erde verlieren, welche den Bruch öſtlich begrenzt. Alle die Steinkerne von Schnecken gehören einer einzigen Art an. Es iſt eine Helix von mittlerer Größe, mit fünf Windungen, ziemlich flach, mit ſtark ausgebogenem Mund, ſie nähert ſich der H. vermiculata, doch erreicht ſie nie dieſe Größe und die letzte Windung iſt weniger bauchig; am näch⸗ ſten ſteht fie der H. thyroida, man bemerkt aber an den Steinkernen keine Spur mehr von Streifung. Die Mehrzahl iſt oval, die größten, dem Anſchein nach ganz ausgewachſe⸗ nen Exemplare haben einen mittlern Durchmeſſer von 29mm, Von der Schale iſt nur ein weißer mehligter Anflug geblieben. In dem öſtlichen Theile der Mergelſchicht bemerkt man runde Löcher, die von breiten Zonen feſter ochriger Molaſſe umgeben ſind, und ſichtbar von verwittertem Holze herrüh⸗ ren, das noch am öſtlichen Ende des Bruches, in ſehr mür⸗ bem Zuſtande, auch von ochriger Molaſſe umgeben, gefunden wird. Auch zwiſchen den beyden Ellipſoiden, und ſelbſt mit⸗ ten in dieſen, findet man roſtbraune Abdrücke von Pflanzen⸗ ſtengeln oder Grabarten. 298 VI. Cap. Dritter Abſchnitt. 1 Dritter Abſchnitt. Ueberreſte von Meerthieren. Die Lager der Molaſſe, welche Meerpetrefacten einſchlieſ⸗ ſen, laſſen ſich, ſowohl geographiſch, als nach ihrer Steinart und Lagerung, in zwey große Gruppen zuſammenfaſſen, die man die Gruppen der ſubjuraſſiſchen und der ſubalpiniſchen Hügel nennen kann. In die erſtere müſſen wir alle Petre⸗ factenlager des Muſchelſandſteins ſetzen, oder vielmehr die ganze, faſt nur durch die darin eingeſchloſſenen Muſchelſchalen von der Molaſſe verſchiedene Lagerfolge, die dieſen Namen trägt, macht ſelbſt die Gruppe aus; in die andere, die mit gemeiner und feſter Molaſſe und mit Nagelfluh wechſelnden merglichten Petrefactenlager des Längenbergs, Belpbergs, von Luzern, St. Gallen u. ſ. w. Beyde Gruppen ſind, wie wir ſogleich ſehen werden, augenſcheinlich, wenn nicht im Meer ſelbſt entſtanden, doch längere Zeit davon bedeckt, und die Heimath einer zahlloſen Menge von Meergeſchöpfen gewe— fen; der Muſchelſandſtein insbeſondere verdankt den Ueber⸗ reſten dieſer Thiere einen beträchtlichen Theil ſeiner Maſſe; und obgleich man mitten unter dieſen Ueberreſten, und zwar eben in dieſer letztern Gruppe, auch Zähne und Knochen von Landthieren findet, ſo beweist das iſolirte, ſeltne Vorkommen derſelben doch hinreichend, daß wir ihre jetzige Lagerſtätte nicht als ihr natürliches Grab zu betrachten haben, und kei⸗ neswegs folgt etwa daraus, daß die Schichten, zur Zeit da dieſe Knochen davon umſchloſſen wurden, trocknes Land oder Süßwaſſerboden geweſen ſeyen. Da die Gruppe des Muſchelſandſteins in der en Niet neten und auch in geographiſcher Rückſicht den Formationen des vorigen Abſchnitts näher ſteht, als die der ſubalpiniſchen Hügel, fo will ich ihr den Vorrang geben, obwohl dieſe fie an Reich- thum verſchiedenartiger Meerproducte bedeutend übertrifft. Ueberreſte von Meerthieren. 299 I. Petrefacten des Muſchelſandſteins. Die organiſchen foſſilen Körper aus den entlegenſten Thei- len der Muſchelſandſteinbildung ſehn ſich ſo ähnlich, und der ausgezeichnete Charakter der Steinart läßt fo wenig eine Ver⸗ wechslung ungleichartiger Formationen befürchten, daß es nicht nothwendig iſt, wie in dem vorigen Abſchnitte, die Petre⸗ facten in topographiſcher Ordnung anzuführen, und ich wähle daher die in den meiſten ältern und neuern Schriften ange⸗ nommene, eine leichtere Ueberſicht gewährende Eintheilung nach dem zoologiſchen Syſtem. Ich werde ſelbſt den Unter⸗ ſchied zwiſchen Muſchelſandſtein und Muſchelnagelfluh hier ganz fallen laſſen, denn in den Petrefacten läßt ſich keine Altersverſchiedenheit beyder Steinarten erkennen, und die Fiſchzähne und Muſcheln von Tour ⸗la⸗Moliere, oder von Brüttelen finden ſich, in allen ihren Arten und auf derſelben Stufe der Erhaltung, auch im Sandſtein des Bucheckberges und des Aargau's wieder. Sollte indeß, wider Vermuthen, aus fortgeſetzten Unterſuchungen eine Abſonderung der Nagel- fluh vom Sandſtein nothwendig werden, ſo wird man das fol⸗ gende Verzeichniß, nach den überall beygefügten Fundorten, immer wieder in zwey, jeder Gebirgsart insbeſondere gewid⸗ mete Theile zerlegen können. Die Anzahl der Thierarten, die man bis jetzt in dem Muſchelſandſtein aufgefunden hat, iſt, wahrſcheinlich nur wegen der Unachtſamkeit der Arbeiter in den Steinbrüchen, nicht ſehr beträchtlich; um deſto mehr muß man über die Man⸗ nigfaltigkeit der Claſſen erſtaunen, denen die wenigen Stücke, die wir erhalten konnten, anzugehören ſcheinen. Ueberreſte von warm⸗ und kaltblütigen Thieren, von Land- und Waſſer⸗ bewohnern, von Pachydermen, Wiederkauern, fleiſchfreſſen⸗ den Thieren, Amphybien, Fiſchen, Cruſtaceen und Mollus⸗ ken laſſen ſich bereits in unſern hieſigen Sammlungen erken⸗ nen, die zum Theil erſt vor wenigen Jahren ſind angefangen 2 300 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. worden, und von den reichſten Fundorten Tagreiſen weit ent⸗ fernt liegen. Was dürften wir nicht für Entdeckungen erwar⸗ ten, wenn dieſe Steinbrüche von den in der Nähe wohnenden kenntnißreichen Naturforſchern fleißiger beſucht, und die Ar⸗ beiter durch Männer, die im Lande bekannt und geachtet find, aufgemuntert und rege erhalten würden! | Die Muſcheln haben unter den foſſilen Körpern ein fehr großes Uebergewicht, und unter denſelben ſind es auch nur wenige Arten, die den bedeutendſten Antheil der ungeheuren Menge zertrümmerter Schalen geliefert haben. Nächſt ihnen ſind Gloſſopetern, oder Fiſchzähne, am häufigſten, ſo daß man ſelten einen Steinbruch verläßt, ohne mehrere gefunden zu haben. Einſchalige Conchylien und Knochen oder Zähne größerer, beſonders Landthierarten ſind Seltenheiten. Die Subſtanz, ſowohl der Fiſchzähne, als der andern hat nur eine geringe, oder gar keine Veränderung erlitten, die Knochen ſind gewöhnlich ſchwerer, als im natürlichen Zu⸗ ſtande, weil ſie theilweiſe von Eiſenocher durchdrungen ſind; die Muſchelſchalen ſind öfters unverändert erhalten, zuweilen zu einer weißen Maſſe verwittert, nicht ganz ſelten in Kalk⸗ ſpath verwandelt, aber wohl am häuftgſten ganz verſchwunden; den meiſten Widerſtand haben der Zerſtörung die Pectiniten und Auſtern geleiſtet. Gewöhnlich find die Knochen - und Muſchelfragmente regellos durcheinander geworfen. Niemals hat man noch in der Nähe eines Knochens die übrigen des Gerippes gefunden, nie liegen mehrere getrennte Fiſchzähne gleicher Art neben⸗ einander, die Muſcheln ſind meiſtens ausgewachſene Indivi⸗ duen, und man findet nicht Familien von allen Altern ver⸗ einigt; auch wo eine Art, z. B. cardium edule, ausſchließlich und in zahlloſer Menge die Oberfläche der Steinlager bedeckt, bleibt man im Zweifel, ob dieß wirklich ihr urſprünglicher Wohnort ſey, denn immer fehlt die junge Brut neben den größern Schalen, und von dieſen iſt ſtets nur die eine Hälfte Ueberreſte von Meerthieren. 301 da, ſo daß die Steinkerne nur als halbes Relief auf der Steinfläche und nicht in vollſtändigen, vom Stein getrennten Formen gefunden werden. Sn get h ier e. Im Museum diluvianum werden mehrere Knochen größe— rer Thierarten aus den Steinbrüchen von Mägenwyl, Würen- los und Poppelz angeführt, über deren Natur indeß Scheuch— zer, wie er in der Oryktographie bezeugt, nicht in's Klare gekommen iſt. Nicht ſo leicht dürfte wohl die Angabe eines zu Mägenwyl gefundenen Geweihs zu bezweifeln ſeyn. Mus. diluv. No. 8 | In Andreä's Briefen „ Tab. 9, iſt ein Oemei von Ber⸗ lingen abgebildet. Auch in Razoumovski's 40 at. findet man mehrere Ab- bildungen größerer Knochen aus den Steinbrüchen von Tour⸗ la⸗Moliere. Hr. Prof. Meisner und Hr. Bourdet haben in dieſen Kupfern und in der Sammlung des Hrn. Chan. Fon- taine zu Freyburg, die beſonders reich iſt an intereſſanten Stücken von der Moliere, Knochenfragmente von großen Pa- chydermen und Hyänenarten erkannt. Hr. Cuvier führt eine untere Schweinskinnlade von der Moliere an ). Unſere öffentliche Sammlung enthält: Mehrere Fragmente von Rippen, die größern As breit, 32m dick, mit geringer Krümmung, vom Bockſtein, mf30— Kleinere, 24m breit, 18: dick, von Mägenwyl, Ib 25; die Knochenſubſtanz derſelben iſt äuſſerſt dicht und feſt, und, was vorzüglich wichtig iſt, der Durchſchnitt der Rippe iſt eine vollkommene Ellipſe, nach innen und auſſen gleich ge- rundet. Es iſt dieß der ausgezeichnete Charakter der Manati⸗ rippen, mit denen die größern unſerer Sammlung auch in den Dimenſionen genau übereinſtimmen u 20) Ossem. foss. V. zme part. p. 504. 9) Ebendaſ. T. V. ıre part. p. 252. 302 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Einen mit der Wurzel erhaltenen Eckzahn, 25 Yang, der vollkommen mit denen des gemeinen Fiſchotters, Ilutra vulgaris, übereinſtimmt, vom Staufberg bey Lenzburg 1b 37. Ein Knochenſtück von eben daher, Ib 38, ſieht einem Schlüſſelbein ähnlich, erlaubt aber keine nähere Beſtimmung. Hr. Prof. Meisner beſſitzt: Ein Bruchſtück eines großen Backenzahns mit abgenutzter Krone. Es trifft ganz mit der äuſſerſten obern Ecke rechts des Rhinoceroszahns in den Ossem. foss. II. pl. VI. f. 2 zuſammen, ſo gut, daß man kaum an der Richtigkeit dieſer Vergleichung zweifeln kann. An der Wurzel iſt der Zahn an dieſer Ecke noch 28 m hreit, läuft dann coniſch, ſogar etwas concav, von beyden Seiten nach oben zuſammen und erhält da genau die Dimenfionen der angeführten Figur. Die Höhe der Krone iſt 22,5 , die Dicke des Emails aber 2, uw. Als Fundort iſt „aus einem Spalt in der Gysnaufluh bey Burg⸗ dorf“ angegeben, eine Etiquette, die auch ſchon in Gruners Verzeichniß vorkömmt, und zwar bey Knochen, die in Feuer⸗ ſtein verwandelt ſeyn ſollen, was aber wohl vom Email ähn⸗ licher, oder gar des nämlichen Zahns verſtanden werden muß. Die Etiquette läßt es allerdings ſehr im Zweifel, ob dieſe merkwürdigen Fragmente dem Muſchelſandſtein oder dem auf⸗ geſchwemmten Lande angehören; indeß wird die Gysnaufluh in der Höhe von Muſchelſandſtein bedeckt. Den Backenzahn eines fleiſchfreſſenden Thiers. Die Auſ⸗ ſenſeite beſteht aus drey Hügeln; der erſte nur niedrig, mit ſcharfem, um das eine Ende der innern Vertiefung herum⸗ laufenden Rand, die beyden andern größere rechtwinklichte Spitzen mit ſcharfem Rand, der dritte nicht, wie gewöhn- lich, quer abgeſchnitten, ſondern eher etwas höher als der mittlere, und an der Seite, die dieſem zugekehrt iſt, noch eine ganz kleine Spitze tragend; an der innern Seite des Zahns, gegenüber den zwey großen Spitzen, zwey ſtumpfe, etwas niedrigere Kegel und zwiſchen denſelben ein ſehr kleiner Ueberreſte von Meerthieren. 303 Kegel. Der Zahn hatte zwey ſchief abſtehende Wurzeln, die aber abgebrochen find. Länge 18m, größte Breite sum, Ich finde in den Ossem. foss. und auch in Hrn. Prof. Meisners Schädelſammlung nichts ganz übereinſtimmendes; am ähn— lichſten iſt der große Hundszahn Oss. foss. IV. pl. 18. No. 4. Der Fundort iſt nicht angegeben, Hr. Meisner glaubt, er komme aus dem Bucheckberg; er iſt in einem Stein einge- ſchloſſen, der mit dem Muſchelſandſtein des Bucheckbergs, oder von Burgdorf vollkommen übereinſtimmt. In der für die vaterländiſche Petrefactenkunde bereits ſehr wichtigen Sammlung von i Fr. Meyer, Stud. Theol. befindet ſich: Ein Schulterblatt von 30mm Breite, 27 um Länge, in der Form ungefähr mit der Abbildung Ossem. foss. V. pag. 1. pl. IX. fig. 6 übereinſtimmend, doch nicht genug um eine Identität der Thierarten wahrſcheinlich zu machen. Vom Bockſtein. 5 5 | Ein ſonderbares Knochenfragment, das ich mit nichts zu vergleichen weis. Fünf elliptiſche, oder ſtumpfkantig vier⸗ ſeitige Prismen von Sum größerem und sum kleinerem Durch- meſſer, aus dichter, dunkelbrauner Knochenſubſtanz beſtehend, ſind mit ihren breiten Flächen um eine mehr porös knöcherne, undeutlich damit verwachſene Axe zu einem dicken Cylinder, oder ſtumpfkantig fünfſeitigen Prisma von 21mm und 18m Durchmeſſer vereinigt, an deſſen Auſſenfläche die Zwiſchen⸗ räume der Cylinder vier tiefe, Zum breite, und eine der un⸗ geraden Seite gegenüberſtehende ganz ſchmale und ſehr wenig tiefe Furchen bilden. Das Stück iſt an beyden Enden ab- gebrochen, und bey 1 Deeim. lang; gegen das Ende wird es etwas dünner. Aus dem Bann bey Zofingen. Amphibien. Andrei erwähnt eines Stücks von dem Schild der 9e. meinen Süßwaſſerſchildkröte, aus der Geßnerſchen Samm⸗ 304 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. lung von Berlingen, und giebt eine Abbildung davon Tab. 9. fig. a. 1 Ueber ein Stück aus der Sammlung des Hrn. Fontaine giebt Hr. Bourdet folgende Erklärung: es iſt der innere Ab⸗ druck einer Emys, der den untern Theil beyder Schalen dar- ſtellt; der obere zeigt noch Spuren von drey Rippen auf jeder Seite, das Ganze hat große Aehnlichkeit, ſowohl der Form als Größe nach, mit den analogen Theilen der Testudo punctata. Von Tour⸗la⸗Moliere. a In der öffentlichen und in Hrn. Meyers Sammlung be⸗ finden ſich mehrere Stücke, die wohl auch Schildkröten ange⸗ hört haben mögen, aber keine nähere Beſtimmung geſtatten. Sie ſtammen theils aus dem Bucheckberg, theils von Brittnau. ih ien | Ich enthalte mich in ein näheres Verzeichniß der häufi⸗ gen und mannigfaltigen Gloſſopetern und Bufoniten des Mu⸗ ſchelſandſteins einzutreten, da der thätige und kenntnißvolle Naturforſcher, Hr. Bourdet, ſeit längerer Zeit mit einer Arbeit über dieſen Gegenſtand beſchäftigt iſt, die vielleicht noch vor der meinigen im Druck erſcheinen, und von vorzüg⸗ lich gut ausgeführten Kupfern begleitet ſeyn wird. Wir beſitzen in den hieſigen Sammlungen unter den Pe- trefacten des Muſchelſandſteins die meiſten der in Scilla, de corp. mar., abgebildeten Zähne des squalus carcharias und canicuia, ferner, nach Hrn. Bourdet, Zähne des squalus cor- nubicus, ferox und galeus; auch Gaumenſtücke von Nochen, theils als vierſeitige, theils als ſechsſeitige Tafeln, überein⸗ ſtimmend mit den Abbildungen im Jorat. II. fig. 1 — 4 und Mem. de l’Acad. 1721 pl. 4. Die Bufoniten find meiſt klein, ſchwärzlichbraun, platt, elliptiſch, der größte, in der Samm- lung von Hrn. Meyer, hält nur Sem im größern Durchmeſſer. Nicht ganz ſelten find Fiſchwirbel. Das Muſeum beſttzt einen ſehr wohl erhaltenen, vollkommen runden von 21mm Durch- Ueberreſte von Meerthieren. 305 Durchmeſſer; die Spitzen der zwey Trichter berühren ſich, und die Seitenwände derſelben find fein concentriſch gereift. Die ganze Höhe beträgt 10m, Von Burgdorf. Cruſtaceen. Im Mus. diluv. führt Scheuchzer zwey Glieder des Flußkrebſes aus dem Sandſtein bey Poppelz an. Schlechte Abbildungen davon kann man in der Oryktographie nach⸗ ſehen. In der öffentlichen Sammlung beſitzen wir den einen Theil einer Scheere, nur 11mm lang und Zum breit, aber unmöglich zu verkennen. Die fein chagrinirte Schale ſcheint ganz unverändert. Vom Staufberg bey Lenzburg. Ib. 43. Mollusken. Nicht ſelten ſieht man auf der Bruchfläche des Sand⸗ ſteins ovale Theile von ſpäthigem Kalk mit Perlmutterglanz, die vielleicht von Corallenarten herrühren. Würenlos. 1. In die Claſſe der Anneliden gehört ein Stück aus Hrn. Meyers Sammlung, das mir ganz mit Dentalium striatum übereinzukommen ſcheint. Die Länge beträgt 27mm, Es iſt in Kalkſpath verwandelt. Vom Bockſtein. 2. In derſelben Sammlung befindet ſich ein Stück, das eine Anhäufung keulenförmiger Fiſtulanen einſchließt, auch in Kalkſpath verwandelt und damit ausgefüllt. Die Form ſtimmt vollkommen mit F. echinata Brocchi tav. XV. f. 1 überein, da aber das Aeuſſere der Schale meiſt von der ſehr harten Steinmaſſe bedeckt wird, ſo kann man über die Richtigkeit der Vergleichung nicht entſcheiden. Die Länge der größten beträgt 180 w. Vom Bockſtein. 3. Eine der häufigſten Muſcheln, von der ich aber immer a nur getrennte Schalen und halbe Abdrücke gefunden habe, hat Aehnlichkeit mit Mactra solida. Das Schloß iſt un⸗ gefähr in der Mitte, und die Form iſt dreyeckicht. Die 20 306 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Schale iſt ziemlich dick, und durch das concentriſche Ablöſen und Abfallen des äußern Theils derſelben, bilden ſich auf ihr erhöhte, breite Zonen; die Zwiſchenräume ſind oft noch ſtellenweiſe ausgefüllt. Breite der größten 42mm, Länge 39 m. ev. 15. — Beſonders häufig habe ich dieſe Muſchel in der Nagelfluh gefunden, zu Tour la Moliere z. B. ſind ganze La⸗ ger nur von ihr bedeckt, und meiſtens iſt die Schale noch er⸗ halten oder in Kalkſpath verwandelt, immer aber ſo feſt mit der Steinmaſſe verwachſen, daß es ſehr ſelten gelingt, ein freyes Exemplar zu ſchlagen. Die Bruchſtücke von Schalen, welche häufig das Cement der Nagelfluh bilden, ſcheinen größtentheils von dieſer und der folgenden Art herzurühren. — Sie fehlt indeß auch in der mittlern und öſtlichen Schweiz nicht, und kann daher nicht etwa dienen, die Nagelfluh vom Sandſtein zu unterſcheiden; oberhalb Brittnau z. B. enthält ſie der dortige Muſchelſandſtein in ungeheurer Menge, und bey Wycken, auf der jenſeitigen Höhe, erſcheint ſie gemengt mit Cardien; an beyden Stellen findet man nur Steinkerne. 4. Mit der vorigen Art gemeinſchaftlich, und in eben fo großer Menge findet man eine Muſchel, die wahrſchein⸗ lich der Gattung Cytherea angehört. Die Form kommt überein mit der Venus læta Gualt. t. 88, f. V. Breite 43mm), Länge 30mm. — ev. 16. 5. Cardium. Ebenfalls eine der in größter Anzahl vor⸗ kommenden, und für den Muſchelſandſtein charakteriſtiſchen Gattungen. Die meiſten erkennt man deutlich, obſchon die Schalſubſtanz gewöhnlich verſchwunden iſt, für Card. ru- sticum und edule, oder eher edulinum Sow., einige, die länger als breit, aber von der nämlichen Größe find, dürf⸗ ten auch einer dritten Art angehören. — Die große Menge dieſer Cardien iſt mir beſonders aufgefallen in der Gegend von Burgdorf und St. Urban, und in dem früher erwähnten Steinbruch bey Burkartshofen in Süd- Baiern; fie find auch ſehr häufig in den Steinbrüchen des Aargan's. Ueberreſte von Meerthieren. 307 6. Eine ſeltnere Art dieſer Gattung trifft in Form und Größe mit Card. edule zuſammen, ſtatt der Rippen ficht man aber nur die halbverloſchnen Spuren dichtgedrängter, ſehr feiner Längeſtreifen. Bockſtein, Utzigen. 7. Ziemlich gewöhnlich find einzeln zerſtreute Pectiniten⸗ ſchalen, oder Bruchſtücke von Schalen, deren Subſtanz keine Veränderung erlitten zu haben ſcheint, aber ſo feſt am Stein anſitzt, daß es ſelten gelingt, etwas Vollſtändiges zu erhalten. Viele ſcheinen vom Pecten Jacobæus herzuſtammen; klei⸗ nere Arten von 2 — 3 Centim. Durchm. mit 14 bis 16 Rip⸗ pen und flachen Zwiſchenräumen, ziemlich ſtark gewölbt, wage ich nicht zu beſtimmen, da es mir nie gelungen iſt, das Schloß ganz zu erhalten. | 8. Auch kleine Auſtern, oder Bruchſtücke davon, finden ſich nicht ſelten, die Exemplare unſrer Sammlung geſtatten aber auch keine nähere Beſtimmung. Sie ſcheinen mir ins⸗ geſammt verſchieden von den kleinen Auſtern von Mont⸗ martre. 5 Die einſchaligen Conchylien, oder eigentlichen Mollusken von Lamare, gehören im Muſchelſandſtein beynahe zu den Seltenheiten, wenigſtens in Vergleichung mit der zahlloſen Menge von Vivalven. Razoumovski vergleicht die einzigen, die er zu la Mo⸗ ‚Tiere gefunden, nach den Kupfern von Gualtieri, mit Mu- rex erinaceus und Trochus striatus Lin. Aus unſern Sammlungen gehören folgende Stücke hieher: 9. Eine ſehr ausgezeichnete Cassis, ganz in Kalkſpath verwandelt, der C. crumena Enc. pl. 406, f. 2 ähnlich in Form und Größe, nur iſt der rechte Rand der Oeffnung dicker, ſcharf und eben abgeſchnitten, gegen den Mund zu feiner gezähnt und bauchiger, faſt wie ein Dolium. Vom Bockſtein. Meyer'ſche Samml. 10, Ein Bruchſtück einer Terebra, oder eines G thium' 6, mit vollkommen ebenen Windungen und kaum be- 20 * 308 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. merkbaren Einſchnitten, ſo daß die ganze Kegelfläche in der Längenrichtung gerade iſt. Es ſind nur zwey vollſtändige Windungen, die untere von 5m Höhe, und an ihrer Baſis von 10: Durchm., erhalten. Gelblichweiß caleinirt. Bock⸗ fein. Meyer'ſche Samml. 14. Zwey Bruchſtücke, die wahrſcheinlich den Gattungen Voluta oder Buccinum angehören. Es ſind nur die untern Windungen zum Theil erhalten, die der einen von 20m, die der andern von 45m: Höhe. Letztere zeigt noch deutliche Spu⸗ ren von Querringen. Beydes find Steinkerne. 1 Stauf⸗ berg. Meyer'ſche Samml. 12. Ein Bruchſtück, wahrſcheinlich einer Ami, mit gewölbten Windungen und hervorſtehender Spitze. Kaum über 2 Centim. hoch. Die Schale zum Theil in Kalkſpath verwandelt, zum Theil zerſtört. Vom Bockſtein. Muſeum mf. 21. 13. Steinkern eines Conus mit zerbrochner Spitze und Baſis. Ganz übereinſtimmend mit C. canaliculatus Broc- chi tav. V. 12, auch mit C. concinnus Sow. t. 302; die feinern Charaktere ſind verſchwunden. Die ganze Länge mag bey 23 um betragen haben. Vom Staufberg. Meyer ſche Sammlung. | Wir haben unter allen dieſen Conchylien keine Süßwaſ⸗ ſermuſchel und dagegen viele Arten gefunden, die, im Fall auch ihre Beſtimmung noch als zweifelhaft angeſehen werden muß, zuverläßig doch Gattungen angehören, die nur im Meere leben; unſere anfängliche Behauptung, daß der Mu⸗ ſchelſandſtein den Meer formationen angehöre, ſcheint demnach feſt genug begründet. Indeſſen bemerkt Graf Razoumovski in ſeiner Beſchreibung des Jorat, daß die Bivalven von la Moliere der gewöhnlichen Mya, oder jetzt Unio pictorum unſerer Schweizer -See'n fo ähnlich ſeyen, daß man kaum an der Identität zweifeln könne, und ſcheint demnach noch eine Ueberreſte von Meerthieren. 309 uns unbekannt gebliebene Muſchel in jenem Steinbruch gefun. den zu haben, deren Vorkommen ein zweydeutiges Licht auf unſere Reſultate werfen könnte. Da aber der Graf ſelbſt auch Meerconchylien und Gloſſopetern von la Moliere an— führt, ſo kann ſeine erſtere Angabe, inſofern ihr, in Er— wägung des frühern Zuſtandes der foſſilen Conchyliologie, et niges Gewicht beyzulegen iſt, höchſtens eine locale Ver— miſchung von Süßwaſſer- und Meermuſcheln wahrſcheinlich machen, was zwar merkwürdig genug, aber, in Bezug auf die ganze Formation, nicht von allgemeiner Wichtigkeit wäre. Ich vermuthe fait, daß die Unio von Razoumovski und un ſere Cytherea (5) ein und daſſelbe Geſchöpf ſey; denn auf meinen und meiner Freunde häufigen Beſuchen von Tour la Moliere kann uns eine Bivalve, die ſich in ſo großer Menge finden ſoll, faſt unmöglich entgangen ſeyn. Ich laſſe es bis auf weitere Unterſuchung unentſchieden, ob die Widerſprüche, die Andreä in der Note S. 58 zuſam⸗ mengeſtellt hat, auch zu Berlingen eine ſolche Vermiſchung anzeigen, oder ob nicht vielmehr in derſelben zwey ganz ver⸗ ſchiedene Formationen verwechſelt worden ſeyen. Am Ende der Note macht Hr. von Beroldingen ein ſolches Bild von dem Berlingerſtein, daß man kaum an ſeiner Identität mit unſerm Muſchelſandſtein zweifeln kann, „es iſt“, ſagt er, „ein Sandſtein, der fo voller Muſcheln ſteckt, daß er zu Kalk y gebrannt werden kann. Die meiſten darin vorkommenden „Muſcheln find Chamæ striatæ, zuweilen Pectiniten und „selten Schnecken, als Bulle, Strombi ꝛc. ie. , die Frag- „menta testudinum und die Glossopetræ ſind eben nicht „ auſſerordentlich felten darin ꝛc. c.“ Im Anfang hingegen ſagt Geßner: „die Verſteinerungen ſind meiſtens von der v ſchwarzen dickſchalichten Flußmuſchel und dunkeln Fluß⸗ „muſchel, Mya (Unio) margaritifera und pictorum, deren vy nuclei und test calcinatæ häufig daſelbſt angetroffen wer- „den, nebſt den nucleis und testis der Helix citrina, ar- 310 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. „bustorum , lucorum, ferner verſchiedene Blätter von ein. » heimiſchen Bäumen ꝛc.“ Die Angaben des gelehrten Zür- chers werden einigermaßen beſtätigt durch zwey Berlinger⸗ ſteinkerne mit Ueberreſten der Schale, die unſer Muſeum be⸗ ſitzt, der eine wohl zuverläßig von einem jungen Individuum der Unio elongata Lam. (Mya margaritifera Lin.) herrüh⸗ rend, 91 ůum breit, mit ſtarker Einbiegung des obern Randes, der andere von einer Helix mit platten Windungen, viel⸗ leicht einer unausgewachſenen H. arbustorum. Die Stein- art dieſer Kerne iſt eine ſehr harte, glimmrige, ziemlich grobe Molaſſe. » Ich knüpfe an diefe Section noch einige Fundorte von Petrefacten, die mehr nach ihrer topographiſchen Lage, als nach der, theils unbekannten, theils wenig charakteriſtiſchen Beſchaffenheit der Steinart, zu der Gruppe des Muſchel⸗ ſandſteins gehören. | Gruner führt an, daß zu Court im Münſterthale man einen tief in der Erde befeſtigten Felſen (wahrſcheinlich alſo nicht anſtehend) gefunden habe, deſſen Fuß ganz ſichtbar von Pholaden durchbohrt geweſen ſey, und in einigen Löchern hätten noch Bruchſtücke, aber keine ganzen Schalen gelegen. Ferner, von geſtreiften Turbiniten ſey der ganze Berg Mo— ron bey Court ſo durchwirkt, daß ein Quadratfuß deren mehr als hundert enthalte; und zwiſchen Malleray und Court ſeyen zwey Felſen faſt ausſchließlich aus granulirten Tur⸗ biniten zuſammengeſetzt 99. Auf dem oberften Rücken des Hügels, der zwiſchen dem zweykuppigen Süßwaſſerhügel und Court liegt, habe ich ein etwa 3 Deeim. großes Geſchiebe von hellbräunlichem Jura⸗ kalk gefunden, loſe auf der Grasdecke liegend, deſſen eine Seite von Pholaden ganz durchlöchert war, und in den Lo. chern waren die ungemein zarten Schalen, faſt unverändert, 5c) Helv. in der a. Welt, S. 55 u. 73. Naturgeſch. des Schw. L., S. 118. AUeberreſte von Meerthieren. 344 größtentheils noch vorhanden. — Die Form der Pholaden hat ſehr große Aehnlichkeit mit Ph. cylindricus Sow. tab. 198, ſo daß ich faſt zweifle, ob ſie nicht wirklich dieſer Art angehöre. In allen Löchern, auch wenn ſie bis auf die kleine natürliche Oeffnung verſchloſſen waren, fand ich nur zwey Schalen. Wie bey jener Pholade iſt der Vorderrand ſchnabelförmig aufgebogen, und vom Schloß weg iſt die in— nere Bekleidung über die Nates umgelitzt. Die ganze Schale iſt fein in die Quere gereift, und gegen den Vorderrand zu auch in die Länge, ſo daß auf dem Vordertheil eine äuſſerſt feine, netzartige Textur entſteht. Sie unterſcheidet ſich in⸗ deſſen von jener Art durch ihre Kleinheit, denn die größten Exemplare von wohl ein Hundert, die im Block ſaßen, über⸗ ſtiegen nicht 150m; ferner durch einen langen, wie ein Häck⸗ chen mitten in die Schale eingebogenen Cardinalzahn; end⸗ lich iſt der Rand von der Schnabelſpitze gegen das Schloß ſo wie gegen den obern Rand zu einwärts gebogen. Die Felſen mit unveränderten Turbiniten zwiſchen Mal⸗ leray und Court habe ich vergeblich aufgeſucht, und ver⸗ muthe faſt, die Stelle in Gruner müſſe von dem erſt erwähn⸗ ten Molaſſehügel verſtanden werden, an deſſen ſüdlichen und weſtlichen Abhängen mir terraſſenartige, aber ganz mit Gras⸗ wuchs bekleidete, oder mit Ackerkrume bedeckte Abſätze auf⸗ gefallen ſind, denjenigen ähnlich, die im Längenberg von den Petrefactenlagern gebildet werden. Es iſt vielleicht zu Gru⸗ ners Zeiten der Fels an einigen Stellen noch nackt geweſen. An der nördlichen Thalſeite, oberhalb Malleray, haben wir indeß in den Feldern, wo alle Anſchürfungen Molaſſeſand zeigen, gebleichte, aber ſonſt wohl erhaltene Cerithien gefun⸗ den, die vollkommen mit C. plicatum übereinſtimmen, nur daß die oberſte Körnerreihe weniger hervorſteht, weßwegen die Windungen nicht ganz ſo thurmähnlich erſcheinen, wie an einem Exemplare von Mainz, das ſich, mit einer Etiquette von Hrn. Brongniart, in Hrn. Meisners Sammlung befindet. * 312 UV. Cap. Dritter Abſchnitt. Dagegen ſind ſie von einem Cerithium aus Piemont, das dem Muſeum angehört, und das ich auch für C. plicatum halten muß, nicht zu unterſcheiden. — Alle unſere Exem⸗ plare find zerbrochen, die größten mögen 30mm lang geweſen ſeyn. | In der Sammlung von Hrn. Ziegler und Zehender hier in Bern fand ich eine gebleichte Turritelle, mit der auf die Schale geſchriebenen Aufſchrift: „ab dem Berge Moron im Baslerbieth“, und ich zweifle nicht, daß dieß einer der Tur⸗ biniten vom Moronberge ſey, von denen Gruner ſpricht. Es trifft dieſe ſehr gut erhaltene, nur gebleichte Turritelle, die in vollkommnem Zuſtande bey 80m lang geweſen ſeyn mag, in jeder Rückſicht mit T. imbricataria überein. In dieſe Gruppe muß ich auch die kürzlich von Hrn. Proſ. Merian beſchriebenen Petrefactenlager der Molaſſe von Baſel und der Lettgruben von Bottmingen und Bin⸗ ningen ſetzen. Das Cer. plicatum kömmt auch hier vor, überdieß eine Menge von Auſtern, von denen viele ſich der O. edulis nähern, endlich Balanus miser. — Hr. Merian bemerkt auch, er habe auf der öffentlichen Sammlung in Baſel ſehr wohl erhaltene Exemplare des Cerith. plicatum aus dem Bisthum Baſel (wahrſcheinlich von Court) gefun⸗ den, und, wofern mein Gedächtniß mich nicht täuſcht, ſo glaube ich in der Bernouilliſchen Sammlung zu Baſel auch eine Turritella imbric. von Court geſehen zu haben. Bey⸗ des verbürgt die Richtigkeit unſerer obigen Beſtimmungen und der angeführten Fundorte. — Die foſſilen Conchylien von Bottmingen, ſo wie die von Court ſind nur caleinirt, und faſt ſo gut erhalten, als die des Grobkalks von Paris, oder die aus Italien. Ich habe dieſe vollkommne Erhaltung in keinen andern Lagern der Molaſſe, weder am Längenberg und Belpberg, noch zu St. Gallen wiedergefunden. Ueberreſte von Meerthieren. 313 II. Petrefacten der ſubalpiniſchen Hügel. 1. Zoologiſcher Theil. Die foſſilen Körper dieſer Gruppe ſprechen unſere Auf merkſamkeit mehr, als die aller vorigen an, weil die größere Mannigfaltigkeit derſelben uns endlich ein zuverläßigeres Ne ſultat unſerer Unterſuchungen hoffen läßt. Auch habe ich mir vorgenommen, ihrer Unterſuchung den möglichſten Fleiß zu widmen, und glaube dieſem Theile, wenn irgend einem, einige Haltbarkeit geben zu können, da ich mich durch häu— figen Beſuch der nur zwey bis drey Stunden von uns ent⸗ fernten Fundorte, und durch die Ausdehnung, die unſre öffentlichen und Privatſammlungen erreicht haben, im Beſttz bedeutender Hülfsmittel und mehrmals geprüfter Beobach⸗ tungen ſehe. Man erwarte deßwegen nicht die Schärfe der Beſtimmungen und die Genauigkeit in allen Details, die wir in den claſſiſchen Werken von Lamarce, Brocchi und Brongniart finden; nicht nur würden meine Kräfte lange nicht hinreichen, mich dieſen Vorbildern zu nähern, ſondern die Natur ſelbſt hat unſrer Forſchbegierde Grenzen geſetzt, die man nie wird überſchreiten können. Unſre foſſilen Con⸗ chylien, obſchon vielleicht von gleichem Alter, als die der ſubapenniniſchen Hügel, und jünger, als die von Grignon und Courtagnon, beſitzen doch bey weitem nicht den hohen Grad von Friſche, und die bewunderungswerthe Erhaltung der feinſten äußern und innern Theile, die wir an dieſen bemerken. Die Schalen ſind nur bey wenigen Gattungen, Pecten und Ostrea vorzüglich, unverändert geblieben, und auch bey dieſen ſitzt die Steinmaſſe fo feſt an den innern Theilen, daß es ſelten gelingt, ganz freye Exemplare zu er⸗ halten. Viele hingegen zeigen ſich im Zuſtande eigentlicher Petrefacten, welche, obſchon ganz aus Mergel oder Molaſſe beſtehend, doch die Formen der äußern Theile der Mufchel u 314 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. angenommen haben, und nicht nur als Steinkerne, d. h. als Abdrücke der innern Theile betrachtet werden können; die Mehrzahl wird indeß gar nur in dieſem letztern Zuſtande ge⸗ funden, und noch andere bilden eine Art von Uebergang, indem ſie zwar auch die äußern Formen, aber ſehr verwiſcht und kaum mehr erkennbar darſtellen. Nicht ſelten zeigen ſich noch Spuren und Bruchſtücke der Schalen in weißen, meh- lichten Anflügen, beſonders in der Gegend des Schloſſes der Bivalven und in den tiefern Furchen und Ringen. Dieſe Zerſtörung der feinern und charakteriſirenden Theile macht die genauere Beſtimmung der Art, zuweilen auch der Gat⸗ tung, aller Petrefacten, die ſich nicht durch ihre Form ſchon hinreichend auszeichnen, ſehr unſicher, und läßt uns bey dieſer Unterſuchung keinen andern, als den rein geognoſtiſchen Zweck wählen, der keine Beſtimmungen, die als Grundlagen dienen ſollen, ſondern nur ſolche fordert, die den zoologiſchen Charakter einer noch zweydeutigen Formation feſtſtellen können. Ich werde in das folgende Verzeichniß alle Petrefacten aufnehmen, die, fo viel mir bekannt iſt, bis jetzt in unſrer Gegend gefunden worden find, auch wenn mir nur Bruch⸗ ſtücke, oder undeutliche Steinkerne zu Gebote ſtehen ſollten; würden dieſe ganz übergangen, ſo könnte man immer noch Formen darin vermuthen, die auf Gattungen von höherem oder geringerem geognoſtiſchem Alter hindeuteten, und die Folgerungen, die wir aus den feſt beſtimmten Arten ziehen können, müßten nothwendig durch dieſen Zweifel ſehr ge— ſchwächt werden. Neue Namen werde ich nicht einzuführen ſuchen, obſchon mehrere Arten mir wirklich neu und noch nicht beſchrieben ſcheinen, es widerſpräche dieß einerſeits dem, die Anforderungen der Zoologie ausſchließenden, be— ſchränktern Zweck dieſer Arbeit, und andrerſeits möchten neue Benennungen, die nicht von guten Abbildungen begleitet ſind, ſchwerlich ein geſichertes Bürgerrecht in unſern zoo— logiſchen Verzeichniſſen erhalten. Im Syſtematiſchen folge Ueberreſte von Meerthieren. 315 ich ganz Lamare. Alle Details endlich über das Vorkommen der Petrefgeten, die genauere Angabe der Fundorte, die Beſchreibung der Steinart und Lagerung verſpare ich auf den zweyten Theil dieſer Abtheilung. Asterias. 1. A. aranciaca. Ein einziges Exemplar. Der Stern ragt mit feiner Rückſeite halb erhaben aus einer Mergeltafel hervor. Von den zwey noch ganz erhaltenen Strahlen mißt der eine 80, der andre 90 in der Länge 9). Der Abdruck iſt übrigens ſehr deutlich, und die Richtigkeit der Beſtim⸗ mung kaum zu bezweifeln. Vom Imi, wahrſcheinlich aus der mittlern Schicht. ii. 5. Serpula. 2, Steinkern einer Serpula, vielleicht S. arenaria. Un- regelmäßig aufſteigende und getrennte Windungen, drey an der Zahl, die obern faſt anſchließend, das Ende durch Stein- maſſe verdeckt; glatt. Durchmeſſer der Röhre 9, größter Durchm. der unterſten Windung 32. Von Oberaar, — Meyerſche Sammlung. 1 Balanus. 3. Vielleicht B. perforatus, aber nicht mit Sicherheit zu beſtimmen. In bedeutender Menge der Schale eines Pecten laticostatus, ji. 53, vom Imi aufſitzend. Der größte hat an der Baſis 9 im Durchm., und iſt 5 hoch. Solen. 4. S. vagina. Sehr deutliche Abdrücke, theils gefchlof- ſen, theils offen. Der größte, di. 90, iſt 96 breit und an beyden Enden abgebrochen; ein anderer in Hrn. Meisners — — ) Die Maßeinheit in dieſem Theil iſt überall das Millimeter. 316 IV. Cap. Dritter Abſchnttt. Sammlung muß noch größer geweſen ſeyn, die Höhe der ı Schalen beträgt wenigſtens 26. Nicht ſelten, bey'm Tennli, bey Hohburg, auf Imi u. ſ. w. Ein Abdruck, bp. 88, zeigt zugleich Abdrücke kleiner Serpuliten. 5. S. legumen. Sehr deutliche Abdrücke, theils ge- ſchloſſen, theils offen. Die größten 63 breit. In großer Menge beyeinander liegend bey'm Tennli. di. 22, 23. 6. S. strigilatus. Ziemlich gut übereinſtimmend, vor⸗ züglich mit Rumph, Amb. Rar. Cab. t. 45 N., nur we niger gerundet auf beyden Seiten, und ohne Einbiegung am obern Rand. Als Steinkerne vom Belpberg. Br. von nen 57 84, L. 43. i Panopœa. 7. P. Faujas. Die ausgezeichnete Form dieſer Muſchel läßt ſte in ihren Abdrücken mit Sicherheit wieder erkennen. Die größten Individuen meſſen bis 130 in der Breite, 75 L. und 50 Dicke; alle ſtehen an ihrem vordern Ende ſehr weit offen, und haben ſtarke, gerundete Nates; die Oberfläche iſt ſtark gerunzelt. Die Verhältniſſe der Formen ſind übrigens ſehr ſchwankend: die einen ſind, beſonders in der Nähe des Schloſſes, bedeutend dicker, im Verhältniß von 55 gegen 69 L. und 124 Br., und 50 gegen 62 L. und 107 Br., andere dagegen nehmen in der Dicke ab, bis auf 40 bey 59 L. und 100 D., und 38 bey 55 L. und 103 Br. Daß dieſe Abwei- chungen nicht auf Rechnung des verſchiedenen Alters zu ſetzen ſeyen, beweiſen ganz junge Individuen, die wohl unbezwei⸗ felt dieſer Art angehören, und bereits ſo bauchig ſind, als die erſt angeführten, z. B. bp. 31, das bey 27 D., gleiche L., und nur 57 Br. hat; die flächern Individuen, z. B. di. 24, bp. 9, ſcheinen auch keineswegs etwa zerdrückt oder zuſammengefallen zu ſeyn. Vielleicht gehören die hier zuſam— mengeſtellten Abdrücke mehreren Arten, z. B. Lutraria sole- noides, an, doch wüßte ich nicht eine ſcharfe Trennung zu Ueberreſte von Meerthieren. 317 machen. Es iſt dieß eines der häufigſten und ausgezeichnetſten Petrefacte unſerer Gegend, das in einigen Lagern, dicht in einander gedrängt, vor allen andern Arten vorherrſcht. Den Normalcharakter tragen ii. 11, 12, om. 11. ü Mya. 8. Zwey Abdrücke in der Meyer'ſchen Sammlung ſehen der untern Figur von M. mandibula Sow. tab. 43 ähnlich, da aber nur der Abdruck der einen Schale da iſt, ſo läßt ſich nicht einmal die Gattung zuverläßig beſtimmen. Imi und Aeppeacker. Anatina, 9. Der Abbildung in Ene. t. 229 f. 3 von A. globulosa ſehr ähnlich, nur etwas breiter, und mit Spuren von feinen Querringen, ſtatt Längeſtreifen, auch ſcheint ſie vorn ge⸗ ſchloſſen, oder nur ſehr wenig geöffnet geweſen zu ſeyn. Br. 27, L. 20. Aus der obern Schicht von Aeppeacker. ep. 34. Lu traria. 10. Steinkern mit ſtarken Musculareindrücken, zugleich auch mit Längeſtreifen; auf beyden Seiten, beſonders auf der vordern klaffend. oa. 34 hat 67 Br., 59 L., 30 D. — bp. 2 iſt etwas dicker. Die Form ſtimmt ganz überein mit L. rugosa Enc. pl. 254, f. 2. — Aus der untern Schicht von Obergar, auch aus der Muſchelbank von Hohburg. Nicht häufig. f Corbula. 11. Ein einzelner Abdruck, der in Form und Größe ſehr gut mit C. gallica Enc. t. 230, f. 5 übereinſtimmt. Die Form iſt aber zu allgemein, als daß man, ohne das Schloß zu ſehen, dieſer Aehnlichkeit ganz vertrauen dürfte. Von Hohburg. Meyer'ſche Samml. 1 348 IV. Cap. Dritter Abfchnitt. Zellina. 12. T. virgata. Ein noch junges, aber unmöglich zu verkennendes Individuum dieſer Art; es ſtimmt ſowohl mit den Abbildungen, als mit der Muſchel ſelbſt vortrefflich über- ein. Steinkern von 44 Br., aus der obern Schicht von Aeppeacker. ep. 35. 13. T. tumida Brocchi. Die Uebereinſtinmmung der Steinkerne mit der Figur in Brocchi iſt ſo vollkommen, daß ich kaum an der Richtigkeit der Vergleichung zweifeln kann. Br. 57, L. 48, D. 23, von oa. 49. Man findet dieſe Art, ſo wie die beyden folgenden, ſelten mit Reſten der Schale, beſonders häufig in dem untern reichen Lager bey Oberaar und am Marchbach; auch in dem untern Lager zu Aeppe⸗ acker. | | nr 14. T. Der vorigen Art ſehr nahe ſtehend, aber mehr gerundet, und faſt gleich lang als breit, die Dicke eher noch beträchtlicher. Da viele Steinkerne in Form und Dimen- ſionen auffallend übereinſtimmen, ſo glaube ich nicht, daß es nur Varietäten der T. tumida ſeyen. Die Form iſt mehr die von T. sulcata Enc. t. 290, f. 3, aber die Falte ſteht faſt ſenkrecht auf dem obern Rand. Die Dimenfionen von ep. 20 ſind: Br. 57, L. 54, D. 28. 15. T. Unterſcheidet ſich von den vorigen Arten durch die mehr dem Hintertheil genäherte Lage des Schloſſes, wo— durch eine Donarform entſteht. Sie iſt ähnlich der T. la- cunosa Enc. pl. 290, f. 14, der obere Rand iſt ebenfalls eingebogen, aber das Schloß liegt noch mehr ſeitwärts und der Vorderrand iſt nicht gerundet, ſondern faſt ſchnabelför⸗ mig. Br. 56, L. 46, D. 27. 16. Mehr noch nähern ſich der ſchon eitirten Figur der T. lacunosa, in der Enc. pl. 290, f. 14, mehrere Individuen von der Weinhalde bey Dägertſchi, nur iſt die char rakteriſtiſche Einbiegung am obern Rand wenig ausgezeichnet. Ueberreſte von Meerthieren. 319 Es find Abdrücke, die noch deutliche Querrunzeln zeigen, da die vorigen hingegen glatt find. di. 97 hat 41 Br., 32 L. und 18 D. | 17, Ein ſehr häufiges Petrefact, deſſen äußere Form mehr Aehnlichkeit mit den Venus, beſonders V. papiliona- cea hat, indem der hintere Theil nur etwa halb ſo breit, als der vordere iſt, ſcheint doch, wegen der Schnabelform und Umbiegung des vordern Theils, dieſer Gattung anzu⸗ gehören. Abdrücke mit feinen Querringen. Das ſchön be ſtimmte Exemplar oa. hat 77 Br., 50 L. und 25 D. 18. In der Form auf's Täuſchendſte übereinſtimmend mit der Arca fluviatilis Schröt. Flußce. t. IX, f. 2, mit ſtarken Falten längs dem Vorderrand, und groben Runzeln. Das Schloß ſcheint indeß, ſo viel ſich an einem Steinkern beurtheilen läßt, nicht das einer Arca geweſen zu ſeyn, und der Schnabel iſt, ſtatt aufwärts, eher abwärts gebogen, Br. 28, L. 13, D. 9. Von der Weinhalde di. 9. Corbis. 19. Ein Petrefact, zu dem ich keine ähnliche Abbildung finde, ſcheint dieſer Gattung am nächſten verwandt. Der Umriß iſt beynahe rund, das Schloß faſt in der Mitte, nur dem Anus etwas näher; ſehr bauchig, mit deutlichen Spu⸗ ren von concentriſchen Reifen. Die Br. von di. 86 iſt 47, die L. 40. Donax. 0 20. Hat ſehr große Aehnlichkeit in Form und Größe mit Donacites Saussuri, Ann. des Min. V. 6, pl. VII, f. 3, nur iſt die Vulva, ſtatt einwärts, eher etwas auswärts ge⸗ bogen, und der Hintertheil iſt mehr gerade abgefchnit- ten. An di. 30, das noch einige Reſte der Schale zeigt, glaubt man auch Spuren von Längeſtreifen wahrzunehmen; an om. 19 ſind die Längeſtreifen unverkennbar, und zugleich 2 320 IV. Cap. "Dritter Abſchnttt. fist über dem Vorderrand eine dünne Ausbreitung deſſelben, die faſt an Cucullæa fibrosa Sow. t. 207, f. 2 erinnert. Die Br. von ep. 33 iſt 66, die L. 47, die D. 30; diejenige von di. 70 iſt 72, die L. 59, die D. 29. Cytherea, 21. Es mögen dieſer Gattung mehrere der mit den Ve- nuliten vereinigten Steinkerne angehören. Mehrere halbe Abdrücke aus dem Bütſchelgraben haben Aehnlichkeit, theils mit C. exoleta Enc. pl. 280, f. 1, theils mit C. convexa Brong. Env. d. P. pl. VIII, f. 7, A. B. i Venus. 22. V. Islandica. Sehr häufig, und vollkommen über- einſtimmend mit V. aqualis Sow. t. 21. Als Steinkern mit ſehr N Muskelabdruck am Anus. Br. von oa. 80 gleich 87 7 5 80, D. 7 In andern Steinkernen, die derſelben Art anzugehören ſcheinen, iſt die Länge etwas geringer, und der Vorderrand läuft vom Schloß weg mehr gerade, und dem obern, auch mehr gebogenen, faſt parallel, ſo daß die Form ganz mit V. angulata Sow. t. 65 übereinſtimmt. Dieſe Abweichung wird bey einigen, auch ausgezeichnet groß vorkommenden Individuen fo bedeutend, daß ich faſt ge⸗ neigt wäre, ſie als verſchiedene Art zu trennen, beſonders da dieſelbe Form ſich in allen Altern zeigt. Sie hat große Aehnlichkeit mit V. litterata Gualt. t. 86 F. Der Vorder⸗ rand erſtreckt ſich bey der größten, di. 43, weit vorwärts, mehr dem obern Rand parallel, ſo daß das Schloß, wenn jener horizontal iſt, ganz auf die Seite zu ſtehen kommt, und dem Anus zugekehrt iſt, die Vulva iſt groß und tief, und trägt ein ſtarkes, über den Umriß hervorragendes, auch in harten Mergel verwandeltes Ligament. Br. 100, L. 78, D. 48. Ich möchte faſt glauben, daß dieſe letztere Art, welche, mit Ausnahme 4 Ueberreſte von Meerthieren. 321 Ausnahme des tief eingeſchnittenen Anus, einige Aehnlichkeit mit Lamarc's Cyprina Islandica Enc. pl. 301, f. 4 hat, die wahre V. Islandica ſey. Die erſtern Steinkerne könnten, ohne daß es mehr möglich ſeyn dürfte, die verſchiedenen Arten zu trennen, von Cytherea Chione, Venus mercenaria, exalbida und andern herrühren. 23. Beynahe ganz kreisförmig, nur das ſtarke Schloß macht eine Ausbiegung, ſonſt in Manchem ſich der vorigen nähernd. Mit ſtarken Muskeleindrücken. Die Vulva groß und tief, das Ligament mochte auch darüber vorſtehen. Br. 90, L. 81, D. 40. Vom Tennli. In der Meisnerſchen Samml. 24. Ebenfalls der V. angulata ähnlich, aber das Schloß liegt mehr in der Mitte, ſo daß der Vorderrand kürzer wird, da hingegen der Hintertheil noch mehr flügelähnlich ausge⸗ ſchweift iſt, mit ſtark eingebogenem Anus. Br. 86 8, 74 1* D. 38. — Ep, 18. 25. Der Astarte excavata 7 7 t. 233 fehr ne nur etwas ſchmäler, beynahe ein Quadrat, und die Vorder⸗ ſeite ſtärker abgeſchnitten. di. 69. Br. 58, L. 60, D. 34. 26. V. rustica Sow. Mit der Abbildung t. 196 voll⸗ kommen übereinſtimmend, ſowohl in der Form, als in der Größe, vom Tennli di. 65. Ein anderes Stück dieſer Art, vom gleichen Ort, iſt etwas breiter als die Figur, nämlich 76 auf 48 Länge. di. 57. 27. Der äußere Umriß ſtimmt gut überein mit dem der Lutraria Gurgitis Br ongn. Env. de Paris pl. IX, f. 43 A, nur iſt das Schloß etwas weniger erhöht und die Ecken we⸗ niger abgerundet, der Vorderrand iſt ſchnabelförmig in der obern Ecke links etwas auggefälpt, Die Schalen ſchloſſen übrigens ganz zuſammen. Br. 61, L. 45, D. 30. e Zu Aeppeacker und im Tenuli. 152 5 | 28. Zwey vollſtändige Abdrücke der eine von Hohburg bp. 10, der andre von Aeppeacker, in der Meyer ſchen 21 * 322 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Samml. zeigen große Aehnlichkeit mit V. subrostrata Enc. pl. 267, f. 7. Man ſieht noch deutliche Querringe. 29. V. papilionacea. d' Argenv. Zoom. pl. 42 D, Enc. pl. 281, 3. Beſonders die erſtere Figur paßt ſehr gut auf eine der häufigſten Muſcheln der Molaſſe, nur iſt der Hintertheil um ein Geringes kürzer. Die größte di. 6⁵ hat 71 Br., 42 L. Häufig findet man dieſe Formen mit größerm Engen hältniß, ich kann ſie aber unmöglich mit Sicherheit als ver⸗ ſchiedene Art charakteriſren. So bp 3, das auf 66 Br. eine L. von 46 hat. Dieſe letztern vorzüglich treten der Tel- lina (17) ſo nahe, daß man nur mit Mühe beyde Gattungen unterſcheidet. Es mögen überhaupt auch unter dieſer Form ſich mehrere Arten vereinigen, die ſich im Zuſtand von Stein⸗ kernen und Abdrücken gar nicht mehr trennen laſſen, wie z. B. V. litterata, V. maculata u. a. m.; einige find ſogar Fluß⸗ muſcheln, Unio ovatus, crassus u. a. täuſchend ähnlich; und an Stellen, wo, wie an der Weinhalde, Blätterabdrücke ſich mitten in den Petrefactenlagern finden, dürfte es eben nicht ſehr auffallen hol Süßwaſf e lehnen zu finden. 30. Der äußere Umriß iſt dem der vorigen Art ähnlich, vorzüglich dem der V. papilionacea in der Enc., die Muſchel iſt aber weniger lang und bauchiger; der Anus gerundet, die Altersringe deutliche regelmäßige feine Reifen bildend; vorn und hinten ziemlich mis zulaufend. di 68. Br. 53 / “VD. 22. ö 31. Der Umriß bildet die Seite des Anus ausgenom⸗ men, der ziemlich tief eingebogen iſt, eine ſehr regelmäßige Ellipſe, von gleichförmiger ſtarker Wölbung. Das Schloß liegt in der Mitte. Re e e e ſehr deutlich. N om 32, Bk. 60, L. 4 Abdkuck der einen Schale, von Obermuhleren. — Ueberreſte von Meerthieren. 323 Cardium. 32. C. edulinum Sowi. t. 283 f. 3. Ziemlich häufig. Ich hielt es anfangs für C. rusticum, weil die Anzahl der Rippen nie über 20 ſteigt, die Abbildung und Beſchreibung von Sow. paßt aber vollkommen dazu. Die Beſchaffenheit der Rippen iſt in dieſen halb innern halb äuſſern Steinkernen ein trügeriſches Kennzeichen. Die Steinkerne ſind übrigens, wie faſt alle in dieſer Gruppe, meiſtens ganz und von allen Altern, ein Umſtand, der bey der Vergleichung dieſer Petre⸗ facten mit denen des Muſchelſandſteins nicht auſſer Acht ge⸗ laſſen werden darf. 33. Ein C. aus der Meisnerichen Sammlung, das Aehn⸗ lichkeit hat mit C. multicostatum Brocchi t. XIII f. 2. aber ſtärker gewölbt iſt und eher mehr als weniger Rippen zählt. Der Schnabel des Schloſſes iſt etwas dem Anus zu⸗ gebogen, der obere Rand ſehr gleichförmig gerundet. Stein⸗ kern der einen Schale. L. 67, Br. 71, D. 30. — Vom Tennli. 34. Auch nur ein Bruchſtück eines Schalabdrucks. Große Uebereinſtimmung zeigend mit C. hians Brocchi t. XIII. f. 6, daſſelbe Ausſchweifen des Hintertheils , dieſelben, weit aus einanderſtehenden gebogenen Rippen, dieſelbe Größe end⸗ lich in den Dimenſionen. Von Aeppeacker ep 40. — Der⸗ ſelben Art möchte ich einen ganzen Steinkern heyzählen, deſ⸗ ſen Vordertheil, obſchon etwas beſchädigt, ſcheint geklafft zu haben, der ungefähr 17 Rippen zählt, ſehr bauchig und von der Größe des vorigen iſt. Er iſt, wie häufig die Steinkerne der großen Cardien, ſchief gedrückt, ſo daß die eine Schale bauchiger als die andre iſt, da hingegen die Schnabelwölbung der letztern beträchtlich über die der andern e e; Ebenfalls von Aeppeacker. ep 4. 35. C. oblongum. Ich darf faſt nicht zweifeln daß dieſe bald einſchalig, bald zweyſchalig, als äuſſerer Steinkern vor⸗ kommende Muſchel nicht derſelben Art angehöre, die Brocchi unter dieſem Namen eitirt. Die Länge eines vollkommenen 213 324 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Steinkerns in der Meyerſchen Sammlung, von Oberaar, be⸗ trägt 72, die Breite 54, die Dicke 50, Auf der Mitte der Schalen bemerkt man Spuren flacher und gedrängter Länge⸗ ſtreifen, an den Seiten beſonders nach hinten, Querrunzeln. Der Vordertheil iſt ausgezeichnet herzförmig, der Rand gerade, mit dem obern Rand unter einem ſpitzen Winkel zuſammen⸗ ſtoßend, wie C. medium, die Winkelecke iſt aber gerundet. Ein halber Steinkern von Aeppeacker, ep. 32, hat 77 Länge, 67 Br. und 33 D. 36. Der äuſſere Umriß ganz mit C. apertum Fig pl. 15 296 f. 5 übereinſtimmend, aber der Vordertheil ſcheint ent⸗ weder gar nicht, oder nur äuſſerſt wenig geklafft zu haben. Man zählt über 50 feine Rippen. B. 50, L. 46, D. 29. — di 78. bp 74. Tennli und Hohburg. 37. Abdruck einer Schale. Vollkommen üäbereinſtimmend mit C. semigranulatum Sow. t. 144, wahrſcheinlich die Venus cypria Brocchi tav. XIII. f. 14. Fein in die Länge geſtreift. Auf der hintern, etwas zurückgebogenen Seite be⸗ merkt man indeß nicht die weiter aus einander ſtehenden Strei⸗ fen, mit tiefern Zwiſchenräumen, ſondern eher größere Menge und mehrere Undeutlichkeit derſelben. Auch die Querabſätze fehlen ganz. B. 53, L. 53. — Vom Tennli. di 31. 38. Gleichſeitig, länger als breit, mit 16 weit aus ein⸗ anderſtehenden hohen Rippen. Der obere Rand iſt abgebro⸗ chen, ſo daß man die ganze Länge nicht beſtimmen kann, aber nur das Bruchſtück mißt 75 in die Länge, bey 64 Br. — bp 53, Von Hohburg. 39. Dem C. medium ähnlich, nur breiter, und die Ecke im Vorderrand iſt weniger ausgezeichnet, und nicht am Ende der Kante, ſondern mehr gegen die Mitte des obern Randes zu gelegen. Man zählt bey 21 Rippen. L. 53, B. 53. — Vom Tennli. di 77. | 40. C. clodiense Ren.-Brocchi t. XIII f. 3. Voll⸗ kommen übereinſtimmend, nur ſtärker gewölbt, was aber ſicht⸗ Ueberreſte von Meerthieren. 325 bar von Zerquetſchung ekküühm B. 25, L. 17. — Von Guggisberg. Sg Su. h Arca. 41. A. antiquata. Gualt. t. 87. B. C. Ein vollſtändiger Abdruck von Hohburg, auch das Schloß iſt ganz frey. Die Uebereinſtimmung mit der eitirten Abbildung iſt ſehr gut, nur ſtehn die Schnabel etwas weiter aus einander. B. 58, L. 41. Abſtand der Schnabel 12. bp 6. 42. Der Umriß hat Aehnlichkeit mit A; antiquata, nur | iſt der obere Rand noch mehr gebogen, und der Vordertheil kürzer. Die Schnabel berühren ſich beynah, man ſieht indeß einen Theil des geradlinichten Schloſſes. Mit ſehr vielen fei⸗ nen Längerippen. B. 54, L. 46, D. 33. — Von Oberaar. oa 41. 43. Ich getraue mir nicht die Gattung dieſer und der folgenden ausgezeichneten und häufig in der Banopdenfchicht von Obergar und zu Dägertſchi vorkommenden Muſchelart zu beſtimmen. Die Aehnlichkeit der erſten Art mit Arca insu- brica Brocchi beſtimmt mich, fie hier anzuknüpfen. Man findet nur die Abdrücke einzelner Schalen, meiſt mit mehlig⸗ tem, oder ochrigem Ueberzug und von Meerwürmern zerfreſ⸗ ſen, ſelten mit vollſtändigem Umriß. Die Schnabel ſtehen ſtark in die Höhe, und ſind ſichtbar durch eine äuſſere Fläche getrennt geweſen; das Schloß ſcheint eher gerad - als krumm⸗ linicht geweſen zu ſeyn. Wie bey den Venericardien iſt die Schnabelſpitze einwärts eingebogen, und der Vordertheil brei⸗ tet ſich ebenfalls nach dem Schloß zu etwas mehr aus als der hintere, iſt aber dafür gegen den obern Rand durch einen regel⸗ mäßigen Bogen ſehr kurz abgeſchnitten. Die Wachsthums⸗ ringe ſind eng gedrängt aber ſehr deutlich; vorn und hinten zieht ſich vom Schloß nach dem Rande eine ſtarke Falte, von einer Vertiefung begleitet, die vordere beſonders iſt ſehr auf- fallend. Man findet Abdrücke beyder Schalen. Die Vauchung 396. IV. Cap. Dritter Abſchnitt. iſt im Verhältniß des bedeutenden Umfangs, den die Muſchel erreicht, nicht ſehr beträchtlich. Die Länge von di 7s beträgt 95, die Breite 100. 44. In Allem ſtimmt eine Anzahl anderer Abdrücke, von denen beſonders Hr. Meyer einen ſehr gut erhaltenen beſitzt, mit den vorigen ſo ſehr überein, daß ich ſie faſt nur für Abänderungen halten möchte. Der Schnabel ſteht vom Schloß weg noch mehr in die Höhe, ſo daß die Entfernung vom Schloß zur Schnabelſpitze bey 20m beträgt, Die Schale iſt faſt gleichſeitig, länger als breit, ziemlich bauchig; die Form erinnert an die Podopsis. Env. de Paris pl. V f. 2. Länge vom obern Rand bis an End 2 Wide 8⁵ „ Breite 72, Tiefe 28. i 50.296 e N | Unio. ee N 45. In der Schicht an der Weinhalde findet man Stein⸗ kerne, zu denen ich kein Analogon unter den Meerconchylien und dagegen die größte Aehnlichkeit zwiſchen ihnen und der Unio in Schröt. Einl. t. VII f. 5 finde. Auch die ſtarken Runzeln an der Oberfläche ſcheinen ſie als Flufmuſcheln zu charakteriſiren. Das größere Exemplar di 2⁵ ift 60 breit, und 43 lang. KUN Modiola. 40. M. elegans Sow. Ein Individuum von 33 L. in der Meyerſchen Sammlung, zum Theil mit Stücken der ſehr mürben Schale bedeckt, ſtimmt vollkommen mit der Figur in der untern Ecke links Sow. t. 9 überein. Andere, etwas klei⸗ nere Individuen haben die Falte, die quer über die ganze Schale läuft, ſo ſtark, daß ſie eine ziemlich hohe und ſcharfe Kante bildet. Die feinen Längeſtreifen find bey allen ſehr deutlich, und die Schale zeigt zum Theil noch Perlmutter⸗ glanz. Alle von der Weinhalde bey Dägertſchi. 47, M. lithophaga. Ein Steinkern in der Meisnerſchen Sammlung, von 53 Länge. Mit den Abbildungen dieſer nicht Ueberreſte von Meerthieren. 4 leicht zu verwechſelnden Muſchel ſeht gut übereinſtimmend. Von der Weinhalde bey Dägertſchi. | N yeilus. 48, Der äuſſere Umriß ſtimmt überein mit £ 15. A. Env. de Paris pl. IX, nur iſt das Hintertheil vom Schloß an, ohne Einbiegung des Anus, ſtark abgerundet. Gerun⸗ zelt. Nicht ſtark klaffend, hinten beynah geſchloſſen. di 6, 7, 8. Br. 40, L. 25, D. 20. Von ebendaher. Meleagrina. 952 449. M. margaritifera. Die ächte Perlanſchel. Der Abdruck einer Schale von 77 L., 65 B. Die Uebereinſtim⸗ mung, beſonders mit Rumpf . 47 f. F. und Gualt. t. 84 f. E. ſo wie mit der nicht foſſilen Muſchel ſelbſt iſt ſo voll⸗ kommen, daß kein Zweifel über die Identität dieſer merk⸗ würdigen und durch ihre Form ſo ausgezeichneten Art mit unſerer foſſilen übrig bleiben kann. N Tennli. di 74. Pecten. 50. P. medius. Ich darf die bu. e großen Pectiniten, meiſt mit noch unzerſtörter Schale weder dem Jacobæus, noch dem maximus beyzählen, da ich an keinem die charakteriſtiſchen Längeſtreifen bemerken kann, und hingegen ſehr feine Querſtreifen an mehrern ſehr deutlich ſind. Die 14 Strahlen der untern Schale ſind platt mit runden Kanten und engen Zwiſchenräumen, die der obern eckigt, ſchmal, mit breiten Zwiſchenräumen. So an dem gut erhaltenen ii 16, vom Imi. — Daß mehrere Schalen jenen beyden Arten angehören, iſt mir indeß ſehr wahrſchein⸗ lich, es iſt möglich, daß die Längefurchen an einigen ver⸗ wiſcht worden ſeyen. 51. Ein großer Pecten von Oberaar mit zum Theil zer⸗ ſtörter Schale, auf deſſen Rippen ſowohl, als in den Zwiſchen⸗ 328 IV. Cap. Dritter Abschnitt. räumen ich Längeſtreifen wahrzunehmen glaube, gehört nach dieſem Kennzeichen wirklich der Art P. maximus an. ö 52. P. laticostatus, — Ostr. latissima Brocchi. Wir beſitzen von dieſem coloſſalen Peetiniten mehrere ſehr gut, mit faſt unveränderter Schale, erhaltene Exemplare, die alle am Imi ſind gefunden worden. Zwey derſelben beſitzen noch beyde faſt gleich gewölbte Schalen, die untere und die obere iſt fein in die Quere geſtreift, und in den Zwiſchenräumen bemerkt man auch Spuren von Längeſtreifen. In einem Ab⸗ fand von etwa 40 vom Schloß findet eine ſchwache, mit dem obern Rand concentriſche Einbiegung ſtatt, eine etwas ſtärkere 20m pom Schloß, zwiſchen dieſer und dem Schloß iſt die Schale ſtark angeſchwollen. Vielleicht ſind dieſe Un⸗ ebenheiten die von Brocchi angeführten Knoten. Die größte unſerer Schalen iſt 180 breit. Die Breite der ſieben großen flachen Strahlen am obern Rand iſt 18, die der Zwiſchen⸗ räme 12, 11 51 — 53. Man u De in 55 obern Schicht am Marchbach. | 53. Etwas ungleichfeitig, bauchig. Mit 14 — 16 brei⸗ ten, flachgewölbten Strahlen und engen, nicht tief ausge⸗ kerbten Furchen. Obſchon ich kein ganzes Exemplar beſitze, ſo beweiſen doch die einzelnen, theils obern, theils untern Schalen, daß die Muſchel faſt gleichſchalig war. Sie u viel Aehnlichkeit mit P. rotundatus Knorr petrif. p. tab. B. 1. C. fig. 5. 6. Der größte iſt 86 breit. il 4 1 2 27 — 29. Vom Imi. 54. O. dubia. Etwas ungleich ſeitig/ ziemlich flach, faſt gleichſchalig mit 16 — 18 Strahlen, die ſowohl als die Furchen der Länge nach geſtreift ſind. Br. des größten 46. 1 Von ebendaher. il 22, 26, Die ziemlich gut erhaltenen Schalen ſtimmen ſowohl mit der Beſchreibung von Brocchi, als mit foſſilen Exemplaren von Parma vollkommen überein. Ueberreſte von Meerthieren. 329 Östrea. | 55. O. ehe Wir beſitzen mehrere ſehr gut erhaltene Exemplare vom Belpberg, die ſowohl mit den Abbildungen, als mit der Muſchel ſelbſt vollkommen übereinſtimmen. Die Schalen ſind beynah unverändert. Die Längerunzeln ziemlich ſtark ausgedrückt. Meiſtens von Hohburg. 56. O. crassissima. Der O. virginica ähnlich, 165 lang und 60 breit; die untere Schale, von 45 Dicke, beſteht aus einer Menge von Blättern, die an der Oberfläche als Querrunzeln und an den Seiten wie die Blätter eines Buchs . Die obere Schale flach. ht 21. Von Hütligen. 57. O. canadensis. Dieſer Art gehört die Mehrzahl De großen Auſtern von Hütligen / Dägertſchi u. ſ. f. an. Die meiſten Individuen kommen ganz überein mit der Be⸗ ſchreibung von Lamare und der Abbildung der Ene. pl. 180. Das größte Individuum, das mir vorgekommen, iſt di 17 von der Weinhalde, ziemlich ſtark von der Linken zur Rechten gebogen, und nach vorn zu ſich ſchaufelförmig ausbreitend; die untere Schale ſehr dick, beſonders in der Mitte, die Auſ⸗ ſenfläche derſelben mit Querabſätzen, die das Ende der Blät⸗ ter bezeichnen; der Canal lang und tief, mit parallelen, in der Höhe gerundeten Seitenwänden und in die Quere gekerbt; die obere Schale flach und ziemlich dick; ſie bedeckt den ganzen Canal, doch liegt ſie ihm nicht auf, ſondern ſteht vom Schloß an ziemlich ſtark ſchief in die Höhe; es entſpricht dem Canal an der obern Schale eine eben ſo lange, nach der Breite etwas convexe, nach der Länge concave, ſtark in die Quere gekerbte Fläche, mit zwey Hohlkehlen zu beyden Seiten, welche der obern Rundung der Canalwände entſprechen. Länge 200, Breite 95, Dicke der untern Schale 70, Dicke der Auſter, wenn beyde Schalen auf einander e 100, Länge 2 Canals 50, 58. Eine coloſſale Auſterart 17 ich in einem n Tobel über Oberaar als Geſchiebe gefunden; wahrſcheinlich ſtammt ſie 1 330 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. aus der obern Nagelfluhmaſſe. Es iſt nur ein Steinkern in ſandigem Mergel, oder ſehr feinkörniger Molaſſe, ohne Spur von Schale, das Schloß iſt abgebrochen. Die Länge des Bruchſtücks beträgt 300, die größte Breite 160, die Dicke 110. Die Form ſtimmt übrigens mit derjenigen der vorigen Art gut überein, ſo viel daran noch erkennbar iſt; ſie iſt ſchaufelförmig ziemlich ſtark ſeitwärts gebogen. | 59. Mit keiner der vorigen Auſterarten übereinſtimmend. Der äuſſere Umriß iſt oval, gegen das Schloß zu in eine Spitze von 600 auslaufend; der obere Rand kreisförmig ge⸗ rundet; die untere Schale nicht ſehr dick, aus Blättern ge⸗ bildet; die obere Schale, gegen die Mitte etwas concav, endet ſich über dem Canal in einen dreyſeitigen, ebenen, der Länge nach geſtreiften, ſchief aufſtehenden Abſchnitt; der Canal iſt nicht ſehr lang, in die Quere gekerbt, mit feinen Längeſtreifen, ſeine Seitenwände ſind oben gerundet, und haufen gegen die Spitze unter einem Winkel von 400 zu⸗ ſammen. L. 165, Br. 119, Dicke der untern Schale 35, Länge des Kerber 26, größte, Breite deſſelben 21. — Von ö Sonia; zht 19. 60. In Form und Größe der 0. undulata 8 t. 238 ch nah kommend, nur ſind die Runzeln auf der Auſſenſeite der untern Schale in größerer Anzahl und kaum halb ſo breit, guch iſt dieſe Schale mehr concav, beſonders zunächſt unter dem Canal, wo ſich eine Art Keſſel befindet; die obere Schale flach und faſt kreisrund. — Von Gerzenſee. 82 12. 61. Der O. flabellula Sow. t. 253 ſehr ähnlich, wenn nicht dieſer Art wirklich angehörend, die etwas beſchädigten Exemplare bp 81 und mehrere in der Meyerſchen Sammlung laſſen keine ſichere Beſtimmung zu; die Schalen ſind alle ziemlich breit, auch am Schloß, an einigen bemerkt man noch die Falten der untern Schale. — Tennli, Hohburg, Imi. 62. Kleine Auſter mit ſehr unebener, ſtark in die Quere Ueberreſte von Meerthieren. 331 gerunzelter oberer und unterer Schale, jene flach, dieſe nur wenig gewölbt, mit ſchief abwärts gehendem ſchnabelförmi⸗ gem Canal. L. 65, Br. 45. Vom Tennli. di 80. 63. Oval, von mittlerer Größe, vorn regelmäßig gerun⸗ det, die untere Schale, die ich allein beſitze, platt, aus dicht auf einander liegenden dünnen Blättern beſtehend, die ſich mitten in einen, vom Schloß bis an den obern Rand laufen⸗ den, dicken Kamm erheben. Die obere Schale war, dem noch vorhandenen Abdruck zufolge, flach. L. 91, Br. 90 Von ee Be 788. 0 2 0 Nabiga. . 64. N. canrena. Immer nur als Breintän, nicht ganz ſelten. Die Richtigkeit der Beſtimmung iſt kaum zu be⸗ zweifeln, doch habe ich ſie nie ganz von der Größe gefunden, die ſie ſonſt 8 0 ſoll, „ die eößten, von 30 De ll di 49, bp 29. 93 55 906 5 Abs. N. a Ein Steinkern in der Meyerſchen Sammlung ſcheint ſeiner Größe und der flachen Spitze wegen dieſer Art anzugehören, die unterſte Windung, von 35 Durch⸗ meſſer, iſt im Verhältniß beträchtlich größer als bey der vori⸗ gen Art. — Tennli. 66. In Form und Größe faſt ganz mit Helix arbu- storum übereinſtimmend, aber die Windungen bilden nicht eine gerundete Kuppe, ſondern ſtehen Treppen ähnlich eine aus der andern hervor. en der unterſten 17. Von Hohburg. bp 30. Jos e ene e eie e | Trochus. 67. T. zizyphinus. Gteinferne) 1 Thel nd mit eh der Schale bekleidet, Ungefähr acht feine Querringe auf den Windungen tragend) deren Spuren man noch deut⸗ lich bemerken kann, die Baſis etwas concav/ der Mund ſcheint gerundet geweſen zu ſeyn Nicht ganz ſelten, beſonders im 1 332 IV. Cap. Drittter Abſchnitt. Tennli, auch zu Apes Höhe 21, ee er 27. fü di 44, 45. 68. Sehr flach, mit igen Windungen und indie Spuren einzelner Ringe. Höhe 9, Durchm. 23, Höhe der unterſten Windung 7. — Weinhalde. Meyerſche Samml. 69. Etwas erhabener als der vorige, aber immer noch flach, mit ziemlich ebenen Windungen und wenig bemerkbaren Einſchnitten, die Seite des Kegels iſt etwas convex, der untere Rand ſcharf. Spuren von Ringen. Die Schale zum Theil noch erhalten. Höhe 10, mittlerer Durchm. 24, er iſt wahrſcheinlich durch Quetſchung etwas elliptiſch. — Eben⸗ Wie Meyerſche Sammlung. | 70. Coniſch zulaufend, fehr flach, mit kaum bemerkbaren Emnſchnitten. Die Windungen nur ſehr wenig conver, fein gegittert, die Ringe kaum ſichtbar, die Längeſtreifen abwech⸗ ſelnd feiner und gröber, und zweymal auf jeder Windung unterbrochen, ſo daß ſie drey Ringe etwas länglichter Wärz⸗ chen bilden. Die Axe ziemlich fchief ſtehend. Die Grund⸗ fläche ſchwach elliptiſch. Größter Durchmeſſer 16, Höhe 5. Ebendaher. di 83. — Wbkſcheinlich der Gattung Calyptræa angehörend. | T urritella. 71 F terebra. Oft in großer Menge, mit der folgen: den Art gemengt. Immer nur als Abdruck, auf dem ſich indeß die feinen Reife deutlich erkennen laſſen. Meiſtens von der Größe der Abbildung in Brocchi tav. VI, f. 8, doch findet man auch bedeutend größere, fo oa 48, deſſen unterſte Windung 29 Durchm. hat. 72, Turbo triplicatus Br. Ebenfalls ſehr häufig, mit deutlich ausgedrückten drey Reifen, die Größe iſt ſehr ver⸗ ſchieden, und, wie bey allen Arten dieſer Gattung, ſchwer zu beurtheilen, weil man faſt immer nur verſtümmelte Exem⸗ plare erhält. Mein größtes Exemplar di 83 hat gerade die Ueberreſte von Meerthieren. 333 Dimenſionen der Figur in Brocchi t. VI. f. 14. Vielleicht gehören einige dieſer Abdrücke auch den verwandten Arten, vermicularis und tricarinatus an. 73. Ganz ähnlich der T. conoidea Sow. t. 51, f. A, vielleicht Turbo marginalis Br. tav. VI, f. 20. Man ſieht keine Spur von Ringen mehr, die Windungen ganz flach. Vom Tennli. di 51. 74. Turbo subangulatus Brocchi tav. VI. 16. Sehr gut übereinſtimmend, der mittlere Ring am deutlichſten, auf- ſerdem zwey oben und zwey unten. Die Länge mag 55 be⸗ tragen haben. Die Schale iſt, eine ſeltne Erſcheinung in dieſer Gruppe, in Kalkſpath verwandelt. Von Hohburg. ‚bp 80. | 75. Daß noch bedeutend größere Arten ſich gefunden haben, beweist ein ſchraubenförmiger Steinkern, von der Größe des in Sow. k. 39 abgebildeten, deſſen untere Win⸗ dung, die vielleicht nicht die letzte war, 30 Durchm. hat. Vom Tennli, in der Meisnerſchen Samml. Cerithium. 706. C. lima Brug. Murex scaber Brocchi tav. IX. f. 17. Mit noch erhaltener, morſcher Schale und meiſtens zerquetſcht. L. 10. — Nur an der Weinhalde, im Mergel. di 85. j Cancellaria. 77. Hat Form und Größe von Voluta cassidea Brocchi tav. III. f. 13. Man bemerkt deutliche Spuren von Länge⸗ rippen und feinen Querringen. Die Spitze muß etwas mehr hervorgeragt und mehr Windungen gehabt haben. Steinkern von der Weinhalde, in der Samml. von Hrn. Mouſſon. \ Murex: 78. M. rugosus Park.-Sow. k. 34. Steinkerne von ebendaher. Die Querſtreifen ſind nicht mehr zu ſehn, aber 334 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. die Form und die Längerippen ſtimmen ganz überein, nur ſcheinen dieſe in der Nähe des obern Randes der Windungen etwas erhöht geweſen zu ſeyn, was in jener Abbildung nicht der Fall iſt. Eine gute Figur giebt Lang t. 34, . 2 und 3 di 94 und 95. Fe 79. M. minax 1 SowW. 229 . Sintern mit allen Windungen und dem Anfang des Schwanzes. An der Stelle, wo die Spitzen ſtunden, deutliche Warzen und Erhöhungen. Von der Baſis der unterſten Windung bis auf die Spitze 35, Durchm. der unterſten Windung 39. en A Tennli. Meisn. Samml. 80. Von der Form des M. striatulus, Ann. bed Mus, pl. III. f. 5; man bemerkt aber an der unterſten Windung, ungefähr in der Mitte, deutliche Spuren zweyer erhöhter Querringe, die obern Windungen eben, thurmähnlich. Viel⸗ leicht der Gattung Pleurotoma oder Fusus angehörend. L. 30. Steinkern von der Weinhalde, in der Sende von Hrn. Mouſſon. Buccinum. 81. B. corrugatum Brocchi t. XV. f. 16. Nur Ab⸗ druck, aber in allen noch erkennbaren Charakteren, der Form, den Längerippen und Querſtreifen dieſer Art angehörend. — Wahrſcheinliche Länge der ganzen an. 16. Vom Tennli. di 55, 82. Hat ganz die Form einer Pyramidella, mit flachen Windungen und wenig bemerkbaren Einſchnitten. Die Win⸗ dungen ſtehen ſehr ſchief auf der Axe. L. der fünf Windun⸗ gen 36, Durchm. der unterſten 14. — Weinhalde. 93. 83. In Form und Größe der vorigen Art ähnlich, es ſi ind aber etwa zwey Windungen mehr geweſen, und dieſelben, waren mehr bauchig, ſo daß die Einſchnitte ſehr deutlich find, auch iſt die unterſte Windung im Verhältniß zu den übrigen etwas höher. Wahrſcheinliche L. 40, Durchm. der 1 Windung 15. — Von Hohburg. bp 86. | Ueberreſte von Meerthieren. 335 Mitra. 84. Hat viel Aehnlichkeit mit Murex mitræformis Brocchi tav. VIII. f. 20, nur ſtehn die Windungen etwas weniger ſchief auf der Axe. Der Mund iſt ſehr beſchädigt. Steinkern in der Meyerſchen Sammlung. e Unſere Sammlungen enthalten noch mehrere Bruchſtücke von Steinkernen, die dieſer und den vorigen Gattungen ange⸗ hört haben mögen, ich finde es aber unnöthig, fie alle hier an⸗ zuführen, da ſich von den meiſten kaum die Gattung errathen läßt. Die einſchaligen Conchylien gehören, mit Ausnahme der Turritellen, in den Molaſſelagern unſerer ee i den Seltenheiten. ’ Ueberreſte von Sichen Kleine Fiſchzähne / beſonders von sg. canicula und cor- nubicus / findet man in allen Petrefactenlagern dieſer Gruppe, und oft auch in Molaſſefelſen, die weiter keine Spur von foſſilen Körpern enthalten. Sie ſcheinen, wie die Braun⸗ kohletrümmer, ein conſtanter Begleiter dieſer Gebirgbvart; doch habe ich ſie immer nur in der gemeinen und lockern Molaſſe und nie in den zunächſt den Alpen liegenden Ab⸗ änderungen gefunden; auch ſieht man fie niemals, ſelbſt in den Petrefaetenlagern, in ſo großer Menge, wie im Muſchel⸗ ſandſtein, und unſere Sammlungen, obſchon wir den Längen⸗ berg, Belpherg und Münſingen weit öfters und fleißiger, als die Hügel im Seeland beſucht haben, können von e Helle nur einzelne Exemplare aufweiſen. Noch ſeltner, und dem Anſchein nach auf die ede factenlager beſchränkt / ſind die Bufoniten und prismatiſchen Gaumenſtücke (Myliodonten). Wir haben kleine Bufoniten, rund, von höchſtens 5 Durchmeſſer, oder elliptiſch, glatt, ſchwarz oder grauſchwarz, beym Tennli, am Sagibach, bey Obermuhleren und Aeppeacker gefunden. Ein Gaumenſtück u Tennli di 81, iſt eines der ſchönſten, das mir noch vor⸗ 336 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. gekommen: die Oberfläche iſt ein langes, regelmäßiges Sechs⸗ eck von 35 L., 7 Br., die langen Seitenflächen von 4 Höhe ſind ſtark gefurcht, die Baſis von höchſtens 1 Höhe ſteht ſchief, an der einen der langen Seiten einwärts, an der an⸗ dern etwas vorwärts, ſo daß ſie an dieſer einen Abſatz bildet. 2. Topographiſcher Theil. Das Vorkommen der Petrefacten in der ſubalpiniſchen Gruppe bietet uns mehrere Eigenthümlichkeiten dar, deren nähere Erörterung uns wichtige Aufſchlüſſe über die Geologie unſers Landes verſpricht. Die Anbrüche der Muſchellager, die im Canton Bern auf einen Raum von ungefähr vier Bernſtunden größten Durch⸗ meſſers zuſammengedrängt find, liegen im Allgemeinen in ſo verſchiedenen Niveaur, daß, bey einer nur flüchtigen Anfit, irgend ein Zuſammenhang zwiſchen ihnen unmöglich ſcheint, und doch zeigt ſich wieder in der Steinart und in den Petre⸗ facten ſelbſt zu große Uebereinſtimmung, als daß man es ge⸗ radezu aufgeben dürfte, dieſen Zuſammenhang aufzuſuchen. Die Vergleichung der Höhedifferenzen unter ſich und mit denjenigen, die aus der Schichtenneigung der ganzen Gruppe entſpringen, muß uns nothwendig über das Verhältniß der organiſchen Petrefacten⸗Formation zu der Molaſſebildung Auf⸗ ſchlüſſe geben, nach denen wir uns bis jetzt, in der Unter⸗ ſuchung der iſolirten Süßwaſſerlager und des beſtimmt als jüngſtes Glied der Molaſſe erſcheinenden Muſchelſandſteins, vergebens umgeſehn haben. Es wird zugleich dieſe genauere Behandlung uns über einen Zweifel aufklären, den ich ſchon in der Einleitung zu dieſem Capitel berührt, und deſſen Ent⸗ ſcheidung auf die allgemeinen Reſultate unſerer Forſchung den größten Einfluß haben muß, den Zweifel nämlich, ob die Muſchelbänke, die wir in verſchiedenen Höhen an den Abhängen N der Ueberreſte von Meerthieren. 337 der Hügel finden, dieſelben wirklich durchziehn, und alſo älter ſeyen, als alle höhern Lager, oder ob wir ſie nicht vielmehr als die Spuren alter Ufer zu betrachten haben, denen nur bis auf eine geringe Tiefe Petrefacten beygemengt ſeyen. Eine Erſcheinung, zu der wir im Mufchelfandftein nur eine ſchwache und dazu noch ſehr zweifelhafte Analogie fin- den, giebt jener Unterſuchung noch ganz beſonderes Intereſſe. An derſelben Felswand zeigen ſich oft mehrere Lager, die Petrefacten enthalten, über einander, abwechſelnd mit oft be⸗ trächtlich dicken Lagerfolgen von Molaſſe, in der man keine Spur von organiſchen Ueberreſten entdeckt. Dieſe Petrefac⸗ tenlager unterſcheiden ſich zwar von einander, theils durch die Steinart, theils durch eine verſchiedene Vertheilung der Conchylien, nicht aber durch Verſchiedenheit der Conchylien ſelbſt; es ſind nämlich wohl in dem einen Lager z. B. Pa⸗ nopäen, in einem andern Pectiniten, in einem dritten Tur⸗ ritellen vorherrſchend, aber die andern Gattungen fehlen des⸗ wegen ſelten ganz, und die nämliche Art, die in einem der oberſten Lager vorherrſchend war, zeigt ſich oft wieder in bedeutender Menge in einem der tiefſten, während die Zwi⸗ ſchenlager ſie nur als Seltenheit, oder gar nicht enthalten. Bey der höchſt unvollkommenen Beſchaffenheit unſerer foſſilen Conchylien kann man freylich die Identität der Arten, auch bey der größten Uebereinſtimmung der Steinkerne, nie ganz verbürgen; wenn ſich indeß dieſe Uebereinſtimmung auf meh⸗ rere Formen zugleich erſtreckt, ſo darf man doch kaum an der wirklichen Identität, wenigſtens einiger derſelben zwei⸗ feln. Die allmählige Verwandlung der Thierwelt mit der Höhe, die Hr. Cuvier und Brongniart in den verſchiedenen Lagern des Pariſerkalks nachgewieſen, ſcheint demnach der Molaſſe fremd zu ſeyn, und man möchte vielleicht auch dieſer Anomalie wegen ſich zu der Anſicht geneigt fühlen, die jene in verſchiedener Höhe über einander liegenden Anbrüche nicht a als das Ausgehende eben ſo vieler, den Berg durchziehender 22 338 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Petrefactenſchichten, ſondern nur als oberflächliche, gleich⸗ zeitige Lagerſtätten betrachtet, welche von den verſchiedenen Gattungen und Arten, je nach der ihrer Individualität am beßten zuſagenden Tiefe unter dem Waſſerſpiegel, oder je nach der Steinart ausgewählt worden wären. Im genaueſten Zuſammenhang mit dieſer Unterſuchung ſteht diejenige, ob die Stellen, welche die Ueberreſte von Meerthieren enthalten, wirklich ihr Wohnplatz geweſen ſeyen, oder ob Strömungen ſie, aus unbekannter Ferne, daſelbſt angehäuft haben. Die Verhältniſſe im Muſchelſandſtein ſchie⸗ nen uns mehr der letztern Annahme günſtig, in der ſubalpi⸗ niſchen Gruppe möchte dagegen, ſchon nach dem, was bisher darüber angeführt worden, leicht die erſtere das Uebergewicht erhalten. 5 Nur genaue Localkenntniß kann uns in Stand ſetzen, über dieſe wichtigen Fragen ein beſtimmtes Urtheil zu fällen, und ich glaube daher in dieſem Abſchnitt wieder zu der frühern topographiſchen Methode zurückkehren zu ſollen. Es wird dieß nähere Eintreten in alle localen Verſchiedenheiten des Bo⸗ dens zugleich den Vortheil gewähren, die allgemeinen Sätze, die wir im vorigen Capitel über die geognoſtiſche Beſchaffen⸗ heit der Molaſſe⸗Formation aufgeſtellt haben, durch conerete Beyſpiele erläutern und feſter begründen zu können. Rechtes Aarufer zwiſchen Thun und Bern. Der Lochenberg. Gruner ) beſchreibt dieſen Fundort der großen Auſter mit ziemlich viel Detail, nach ihm auch Hr. Ebel und andere Schriftſteller. An der Weſtſeite des Lochenbergs zieht ſich, 24mm 90 92) Helvetien in der alten Welt, S. 36. 95) Mittel zwiſchen 240,8 und 249,6. Ueberreſte von Meerthieren. 339 über Belp, ein bey 2= hohes Felsbord bis über das Dorf Hütligen hinaus. Es beſteht aus einer harten Nagelfluh mit vorherrſchendem, ſehr grobkörnigem, graulichweißem Sandſteinbindmittel. Die Gerölle von Nuß⸗ und Eyergröſſe find wenig mannigfaltig, größtentheils Quarz- und Kieſel⸗ arten, von weißen, grauen und gelblichen Farben. Das Bindmittel bildet für ſich untergeordnete, ſchiefrige Lager. Das Felsbord ſcheint horizontal fortzuſetzen, aber die Schich⸗ tungsabſonderungen fallen mit 10 — 250 unregelmäßig nach Norden, in Uebereinſtimmung mit dem allgemeinen Fallen dieſer Gegend. In dieſer Nagelfluh ſind einzelne Bruchſtücke der dicken Auſtern, O. crassissima und Canadensis, ohne ſichtbare Veränderung der Schalſubſtanz, eingewachſen, ſeltner auch ganze Auſtern; fie ſcheinen zu der Gebirgsart im gleichen Verhältniſſe zu ſtehen, wie die verkütteten Geſchiebe. Etwas nördlicher ſoll in einem Walde ein Lettenlager zu Tage gehen, in welchem eine zahlloſe Menge ganzer, aber äußerſt mürber Auſtern liegen. Ich habe die Stelle nicht ſelbſt beſucht, glaube aber in der Beſchreibung, die man mir davon macht, die Auſterbank von Gruner wieder zu er⸗ kennen. Ungeacht häufiger Beſuche dieſer Gegend war es mir nie gelungen dieſe Stelle, von der ich erſt dieſen Win⸗ ter Kenntniß erhielt, aufzufinden, und ich vermuthete daher, das Lagervon Gruner ſey in Folge der ſeitherigen Ausdehnung des Ackerbaues überdeckt worden. | Unfere Sammlungen enthalten mehrere vorzüglich ſchöne Auſtern/ meiſtens O. Canadensis, die früher hier ſind aus⸗ gegrahen worden, von andern Gattungen aber keine Spur. Bertrand 94) führt indeſſen auch Musculiten und Tellini- ten an. Etwa sm. unter dem Felöbord an ſeinem nördlichen Ende, wird durch einen kleinen Steinbruch eine ziemlich 94) Bertrand, usage des Mont. n 340 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. lockere Molaſſe entblöst, deren in der Tiefe mächtige, unter der Dammerde aber ſchiefrige Schichten ebenfalls ſchwach nördlich fallen. Noch tiefer ragt aus dem Abhang ein dem obern ähn⸗ liches, aber weniger ausgedehntes Nagelfluhlager hervor, das auch Bruchſtücke von dicken Auſtern enthält. In der Tiefe von ungefähr 30m unter dem obern Felsbord iſt wieder Mo⸗ laſſe anſtehend, deren Schichten horizontal ſcheinen. An der Oſtſeite des Lochenbergs, am Saum des Waldes über der Wolfsmatt, 228m über Belp, findet man die Nagelfluh von Hütligen und ihr Bindmittel in breiten Ta⸗ feln anſtehend, die mit ungefähr 10° nördlich fallen. Die Bruchſtücke von Auſterſchalen fehlen nicht in derſelben. Unmittelbar unter dieſen grobkörnigen Sandſteintafeln folgt ein bey 3m mächtiges Letten⸗ oder Mergellager, das eine ſo ungeheure Menge theils ganzer Auſtern, theils ein⸗ zelner Schalen, auch O. Canadensis meiſtens, einſchließt, daß der Mergel faſt verdrängt wird. Die Schalſubſtanz iſt ſo mürbe, daß es beynahe unmöglich iſt ganze Exemplare zu erhalten; nach einiger Zeit erhält ſie indeß an der freyen Luft eine ſehr große Feſtigkeit, wie dieß, nach Gruner, mit den Auſtern von Hütligen auch der Fall war. Gruner nimmt an, daß die Auſtern ſich hier noch an ihrem urſprünglichen Wohnplatz befinden, und ſucht dieß aus der großen Menge derſelben, aus ihrer auffallend guten Er⸗ haltung, aus dem, wie auch er fand, gänzlichen Mangel andrer Meergeſchöpfe in dem Lager, und endlich aus den dieſer Gattung vollkommen angemeſſenen Ortsverhältniſſen zu beweiſen. Es ſcheint mir in der That dieſe Annahme, ſo⸗ fern man ſie nämlich auf die Auſtern in dem Mergellager beſchränkt, kaum einem Zweifel unterworfen zu ſeyn. Wenn aber Gruner auf derſelben Seite es wahrſcheinlich findet, daß die Auſtern, wie in den heutigen Meeren, ſich ihre Wohnſtätte unter dem hervorragenden Felsriffe ausgewählt Ueberreſte von Meerthieren. 341 hätten, und doch zugleich ein Durchſetzen des Lagers durch den ganzen Berg annimmt, ſo ſteht er offenbar mit ſich ſelbſt im Widerſpruch, da das Nagelfluhlager auf dieſe Art vor der Anſiedlung der Auſtern in der Luft geſchwebt haben müßte. Aus dem Vorkommen der Auſterbank an beyden ent- gegengeſetzten Abhängen des Hügels läßt ſich übrigens keines- wegs noch ein Durchſetzen derſelben folgern, die Auſtern konnten ſich, an dem einen Orte ſo gut wie an dem andern, unter dem vorhangenden, von den Fluthen unterwaſchnen Fels angelagert haben; eben ſo wenig hängt aber auch die Annahme, daß dieſe Thiere wirklich hier gelebt und in vielen Generationen ſich fortgepflanzt haben, in nothwendigem Zu⸗ ſammenhang mit der Präexiſtenz dieſer Felsriffe, da ja, wie bekannt, die Auſtern eben fo häufig auf Sand- und Lehm⸗ grund, fondi fangosi 9), als auf Felſen wohnen. Nicht unbemerkt darf bleiben, daß das Vorkommen von Auſterſcha⸗ len mitten in der Nagelfluh ſich wohl eher mit einer frü⸗ hern Entſtehung des Auſternlagers, als mit Gruners Hy⸗ potheſe vertragen möchte; aber auch dieſes Argument iſt nicht entſcheidend, und die Verhältniſſe an dieſer einzelnen Stelle können überhaupt nur in Verbindung mit der Ge⸗ ſammtheit der Petrefactenlager dieſer Gegend richtig beurtheilt werden. Steinbruch an der Weinhalde. Am weſtlichen Abhang des Ballenbühl, bethall Tä⸗ gertf chi, 139m über Belp 5). — Der verlaſſene kleine Steinbruch hat den Berg bis auf ungefähr Zu aufgeſchloſſen, bey etwa sm Höhe. Die unterſten Schichten beſtehen aus ſchiefriger, blauer und grünlichgrauer, feſter, feinkörniger Molaſſe, horizontal liegend; in In Höhe vom Boden folgt eine An mächtige, 95) Olivi, Zool. Adriat., p. 122. 95) Mittel zwiſchen 135,5, 140,7 , 142,5. 342 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. blauliche, dem dichten Kalk ſich nähernde feſte Molaſſeſchicht; auf dieſe bey Au hoch ſchiefriger Mergel. Die unterſten Mo⸗ laſſeſchichten enthalten nur ſehr ſparſam Bruchſtücke dicker Auſtern, ganze Auſtern und andere Conchylien habe ich nicht bemerkt; in dem Mergel hingegen findet man eine große Menge, meiſtens Steinkerne, der mannigfaltigſten Gattun⸗ gen. Das intreſſanteſte Lager bildet aber gleich über dieſem Mergel ein ſehr feiner und weicher Mergel, 5m mächtig, am nördlichen Ende des Bruchs ſich nach unten zu ausbreitend und nördlich fallend, auf Unkoſten der tiefern Schichten, die jedoch hier auch abwärts gebogen find; die Farbe des Mer⸗ gels iſt hellgrau in's Bräunliche, zum Theil blau gefleckt, und auf den krumm⸗ und kleinſchiefrigen Abſonderungen glän⸗ zen viele mikroſcopiſche, weiße Glimmerpünktchen; er zer⸗ fällt leicht in unregelmäßig polyedriſche Stücke, deren Flä⸗ chen einen ſchwärzlichen Anflug tragen. In dieſer Schicht liegen die meiſten dicken Auſtern, O. Canad., u. a. ſtammt das früher (57) beſchriebene Stück daher, auſſerdem aber, meiſt in eigenen dünnen Streifen angehäuft, und faſt immer mit noch erhaltener, in einen feinen, mehlichten Staub ver⸗ wandelter Schale, eine große Mannigfaltigkeit andrer Gat⸗ tungen, die man zum Theil an den übrigen Fundorten ſelten oder gar nicht antrifft, z. B. Modiola elegans und litho- phaga, der Mytilus (48), die Trochus (68 - 70), die Cerithien (76) Murex rugosus, die Buceiniten (82) u. g. m.; mitten in dieſem Lager und zum Theil mitten in Petre⸗ factenſtreifen finden ſich auch die Weideblätter ähnlichen brau⸗ nen Abdrücke, ſo wie überhaupt Spuren von Vegetabilien. Höher folgt wieder ſchiefrige, dem Mergel genäherte Mo- laſſe, in der auch große Auſtern und Steinkerne, aber in ge⸗ ringerer Menge, vorkommen, in einer Mächtigkeit von 1m, d. h. bis an die obere Grenze des Bruchs. An mehrern Stel⸗ len wittert, ſowohl in den untern, als in den obern Schichten, Bitterſalz aus. Ueberreſte von Meerthieren. 343 Wie ſchon erwähnt worden, liegen die Schichten im Bruch ſelbſt horizontal, und biegen ſich nur am nördlichen Ende plötzlich der Tiefe zu; am ſüdlichen Ende bemerkt man keine Störung , aber in einem kleinern, etwas höher und ſüd⸗ licher liegenden Bruch findet man grobkörnige harte Molaſſe mit einzelnen Kieſelgeröllen, und großen, theils ganzen, theils zerbrochnen Auſtern, in ſchwach ſüdlich fallenden Schichten. | | | Die Auflagerung dieſer Molaſſenagelfluh auf den Mergel, in dem ſich die großen Auſtern finden, erinnert unwillkührlich an die Verhältniſſe am Lochenberg. Daß der Mergel der Weinhalde ſehr viele Muſchel⸗ und Schneckenarten, der⸗ jenige des Lochenbergs aber nur Auſtern enthält, darf nicht eben befremden, und beweist keineswegs die Verſchiedenheit beyder Lager, da ſich in unſern Meeren ähnliche Abweichun⸗ gen wohl häufig finden mögen. | e un LE Ganz nahe am Steinbruch der Weinhalde, etwas nörd⸗ licher und höher, findet man die Straße, die von Hurſellen her gegen den Hof Tennli und nach Münſingen führt; ſie iſt tief in den Abhang eingeſchnitten, und ſteigt vom Tennli gegen Mittag ziemlich ſtark an. Am obern Ende dieſes Hohl⸗ wegs, wo ſich derſelbe mehr öſtlich, Hurſellen zu, wendet, bricht ein harter, grobkörniger Sandſtein in dicken und großen Tafeln, baumnußgroße Gerölle von Quarz und Urgebirgs⸗ arten, Bruchſtücke dicker Auſtern, und, zin nicht großer Menge, theils Steinkerne, theils Schalen von Venus, Car⸗ dien, Pectiniten enthaltend, ſo feſt mit dem Stein zuſam⸗ menhängend, daß es kaum möglich iſt, freye Exemplare zu ſchlagen. Die Schichten fallen ziemlich ſtark ſüdlich. Etwa 6m tiefer, gegen das Tennli zu, 143 über Belp), ſchließt die lockere, ſchiefrichte Molaſſe an den 97) Mittel zw. 142,7, 143,9 , 142,0. 344 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Wänden des Hohlwegs eine große Menge Steinkerne, ſeltner noch erhaltne Schalen ſehr mannigfaltiger Conchylien ein. Sie liegen familienweiſe bey einander, hier Solen vagina und legumen, dort Cardium edulinum und andre Arten, an einer dritten Stelle Turritellen u. ſ. w., auch die verſchie⸗ denen Venusarten find ſehr häufig, und von jeder Art findet man Individuen von allen Altern. Wenn man das Lager tiefer angräbt, fo überzeugt man ſich indeß bald, daß die lockere Beſchaffenheit deſſelben nicht die urſprüngliche, oder wenigſtens nicht die ausſchließliche ſey; denn nach kurzem Graben ſtößt man, beſonders nach unten zu, auf einen fehr - feſten, blauen, ſandigen Mergel, in dem die Petrefacten in größter Menge angehäuft ſind; hier meiſtens noch mit dem mehlichten Ueberreſte der verwitterten Schale, der aber oft in der Hülle des Petrefacts ſitzen bleibt, ſo daß man nur den Steinkern erhält; häufig auch zerquetſcht, als ob ſie in erweichtem Zuſtande einen ſtarken Druck erlitten hätten. Wie zu St. Martin ſcheint die größte Menge der Petre⸗ facten, beſonders die mit noch erhaltener mehlichter Schale, in feſten Mergelknauern, die frey in der Molafe liegen, zuſammengedrängt. Die zweyſchaligen Conchylien ind wie überhaupt in der ganzen Gruppe, ſehr vorherrſchend, ſowohl nach der An⸗ zahl verſchiedener Arten, als nach der Menge der Indivi⸗ duen; nur die Turritellen, T. terebra und triplicata, ſind neſter- und ſchichtenweiſe, oft in zahlloſen Haufen zuſammen⸗ gedrängt. Nicht ganz ſelten, aber nur einzeln, findet man Trochus zizyphinus und Natica canrena. Unter den Mu⸗ ſcheln find Venus, vorzüglich V. Islandica, papilionacea und verwandte Arten, Cardien, C. edulinum, und Pecten, P. medius, beſonders häufig, aber auch andere Gattungen zeigen ſich in großer Menge und Mannigfaltigkeit, und unſre Sammlungen haben ſich von hier aus vielleicht mehr, als von keinem andern Fundorte her, bereichert. Ueberreſte von Meerthieren. 345 1 In den lockern, ſandigern Petrefactenlagern, ſowohl hier, als im Längenberg zu Aeppeacker, findet man nicht ſelten Körperformen, die vielleicht auch organiſchen Ur- ſprungs ſind, aber zu wenig charakteriſirt, als daß an eine nähere Beſtinmung zu denken wäre. Die einen ſehen Kno⸗ chenfragmenten, oder dicken Corallen ähnlich; es ſind ellip⸗ tiſche Cylinder von ungefähr 5 Centim. im größern Durch- meſſer, am einen Ende zuweilen mehr angeſchwollen, wie Köpfe von Schenkelknochen, oder wie Corallen, die ſich ver⸗ äſteln wollen. Die andern ſind platte Cylinder von etwa 2 Centim. Durchm., ſehr getrennte, etwas elliptiſche Win⸗ dungen bildend, von denen man aber gewöhnlich nur Bruch⸗ ſtücke erhalten kann, am einen Ende ſich geradlinicht in einem Knorpel endigend; es iſt vielleicht eine große Serpula. — Die Steinkerne ſind nur wenig feſter als die umſchließende Molaſſe. — Auch in dem Muſchelberg zu St. Gallen kom⸗ men dieſe Geſtalten vor. Die Petrefacten finden ſich längs dem Wege auf einer Länge von ungefähr 15, und ihr Lager, wenn es nicht mehrere find, mag bey Am Dicke haben. Seine Grundlage iſt ein gelblichgrauer, ſandiger Mergel, der gegen das Tennli zu bald von Vegetation bedeckt wird, und keine Spur von Petrefacten enthält. Das Fallen iſt ſehr regelmäßig, ſchwach nördlich, und das ſtarke ſüdliche Fallen der obern, harten Nagelfluhlager ſcheint demnach nur local und ähnlicher Art, wie dasjenige der Muſchelnagelfluh und zum Theil des Mu⸗ ſchelſandſteins ſelbſt, das wir in nahe liegenden Steinbrü⸗ chen, und wohl gar im nämlichen Steinbruch eben ſo un⸗ regelmäßig gefunden haben. Obſchon die große Auſter hier zu fehlen ſcheint, fo deu⸗ tet doch einerſeits die wenig verſchiedene Höhe, andrerſeits die Nagelfluhbedeckung auf einen ſehr nahen Zuſammenhang mit dem Lager der Weinhalde, und dieſes ſcheint zwiſchen dem nur Auſtern enthaltenden Lochenberg⸗ und dem auſternleeren 346 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Tennlilager den Uebergang zu bilden. Hiemit will ich nicht eben behaupten, daß die Lager an der Weinhalde wirklich dieſelben ſeyen, die im Hohlweg zu Tage gehen; die Höhedifferenz, obſchon nur von Au, zeigt ſich als Ueberſchuß gerade an der Stelle, wo man, zufolge dem nördlichen Fallen, das Lager eher tiefer erwarten ſollte; auch iſt die Verſchiedenheit der Steinart und der charakteriſtiſchen Petrefacten für die geringe Entfernung beyder Stellen ſehr bedeutend. Wir werden aber ſpäter ſehen, daß das Lager, das wir am Lochenberg auf⸗ gefunden, und im Verfolg nach den ihm eigenthümlichen dicken Auſtern das Auſternlager nennen wollen, oft eine ſehr beträchtliche Mächtigkeit erreicht, und in vielen Fällen eher als eine Folge mehrerer Lager betrachtet werden muß; es wäre daher leicht möglich, daß wir an den drey bisher be- ſchriebenen Stellen dieſe Lagerfolge in verſchiedenen Diſtan⸗ zen von ihrer obern und untern Grenze kennen gelernt hätten, und daß die Abweichungen zwiſchen denſelben mehr dieſen ver⸗ ticalen, als den horizontalen Entfernungen beyzumeſſen wären. Andere Stellen, an denen ſich Petrefacten gefunden hät⸗ ten, ſind mir am rechten Aarufer zwiſchen Thun und Bern nicht bekannt, und auch weiter öſtlich weis ich von keinem Fundort, das dieſer Gruppe angehörte, bis ganz in die Nähe der Stadt Luzern. Die Molaffe- und Nagelfluhgebirge des Emmenthals und Entlebuchs, die breiten Thunergebirge, die ihre ganzen Profile entblößenden hohen Rücken der Lochſeite und Bäuchlen ſcheinen leer von allen N der fh Thierwelt. Ein Peectinit, vielleicht P. medius, iſt in einem Stein⸗ bruch gefunden worden, der bey Märchligen, nahe bey Muri, ganz am Ufer der Aare liegt, und bey hohem Waſſer wohl von der Aare beſpült werden mag. Die Stelle iſt, als einer der tiefſten Punkte unſerer Gegend, ſehr intreſſant, und das Ueberreſte von Meerthieren. 347 Vorkommen der nämlichen Petrefacten, die man in 100 bis 500 Meter höhern Schichten findet, würde ein Beweis mehr ſeyn, daß die Molaſſe in ihrer ganzen Mächtigkeit, ſo tief dieſe von den Gewäſſern dieſer Gegend durchſchnitten iſt, derſelben organiſchen Bildungsepoche angehöre. Ein ſolcher Schluß wäre indeß, ehe wir noch über das wahre Verhältniß der Petrefacten zur Molaſſe⸗Formation im Klaren ſind, und beſonders auf ein ſo iſolirtes und undeutliches Factum ge⸗ gründet, zu voreilig. Meine Bemühungen, mehr und andre Petrefacten in diesem Steinbruch zu finden, ſind fruchtlos geweſen. Eben fo auch an einer ähnlichen Stelle 75 ganz nahe bey Bern, in einem verlaſſenen Steinbruch an der Aare, unten an der nordweſtlichen Ecke des Kirchenfeldes. Man ſoll hier früher Fiſchzähne, Sq. cornubicus und oanicula, gefunden haben. Als man vor einiger Zeit wieder Steine daſelbſt brach, ſah ich auf den Abſonderungen ſehr viele bituminöſe und ochrige Holztheile, ganz unbeſtimmbar und zuſammen⸗ gepreßt, aber keine Spur von Conchylien, oder Fiſchzähnen. Nicht beſſer iſt es mir gelungen, die Stelle am ſüd⸗ lichen Abhang des Bantiger, bey Hohfurren, zu entdecken, wo, nach Gruner ), die nämlichen dicken Auſtern vorkom⸗ men ſollen, die man zu Hütligen findet. Auch Sprüngli, in dem Catalog zu ſeiner, nun dem hieſigen Muſeum ein⸗ verleibten Sammlung, erwähnt dieſes Fundortes; es iſt in⸗ deß auffallend, daß ſeine Sammlung auch nicht ein einziges Stück von da her enthält, obſchon er fiebenzehn Jahre zu Stettlen, kaum eine halbe Stunde von Hohfurren entfernt, gelebt, und eben um dieſe Zeit dem Studium der Petrefacten mit größtem Eifer obgelegen hatte. — Im höchſten Grade zweifelhaft endlich iſt mir das ebenfalls von Gruner ange⸗ führte Vorkommen dieſer Auſtern an Thal, 1 vom Stockhorn. 98) Helv. in der g. Sn) 8 348 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Der Belpberg. Man wird ſich aus dem zweyten Capitel, in dem die geognoſtiſche Structur dieſes merkwürdigen Hügels ausführlich beſchrieben worden iſt, erinnern, daß die Petrefactenlager ausſchließlich der bey 100 n mächtigen Einlagerung von Mo⸗ laſſe untergeordnet ſind, welche bis an die obere Kante des Bergs reicht, und daſelbſt von Nagelfluh bedeckt und ge⸗ ſchützt wird. Die häufigen Felſen und Tobel laſſen uns hof⸗ fen, hier zu einer weit genauern und reichern Kenntniß der foſſilen Conchyliologie und der verſchiedenen Lagerverhäftniffe- zu gelangen, als dieß an den ſanften Abhängen des rechten Aarufers der 0 ſeyn konnte. Weſtſeite. Wenn man an der nordweſtlichen Ecke von Belp her die gewöhnliche Straße nach Hohburg anſteigt, und die mittlere Nagelfluh unter ſich gelaſſen hat, ſo findet man / et⸗ was oberhalb der Ruine des alten Schloſſes Belp, 195” über dem Thalboden, in einer kaum zwey Deeim. mächtigen Schicht, die erſten Spuren von Petrefaceten. Der Stein iſt ſehr grobkörnig, zum Theil ſelbſt kleine Gerölle enthaltend, von vielem blauem Schieferthon unregelmäßig durchzogen; die Petrefacten erſcheinen auf den Abſonderungen meiſt als roſtfarbene Steinkerne von Cardien, mit vielen nur wenig erhabenen Streifen, oder als zertrümmerte, ſelten ganze Schalen von kleinen Pecten, in geringer Menge und unbe⸗ ſtimmbar. Die Steinart ſowohl, als das Vorkommen der Petrefacten erinnert an den Muſchelſandſtein. Höher an der Straße, 2260 über Belp), geht eine mächtigere Schicht zu Tage, voll mannigfaltiger Petrefaeten mit weißem, mehlichtem Ueberreſt der Schale. Die charak⸗ 9) Mittel zwiſchen 222,5 , 220,2, 236,9. Ich halte die letzte Höhe für fehlerhaft, erlaube mir indeß nicht, ſie zu verwerfen. Ueberreſte von Meerthieren. 349 teriſtiſche Muſchelart iſt die Panopæa, die zugleich mit den gewöhnlichen Venusarten, V. Islandica, Chione, papilio- nacea und Cardien vorherrſcht. Die Stelle iſt nicht günſtig, das Lager hier gehörig zu unterſuchen, wir werden es aber anderwärts als eines der merkwürdigſten der ganzen Gruppe kennen lernen, und vorläufig will ich es durch den Namen Panopäenlager näher bezeichnen. Die Steinart iſt ein ſandiger, dunkelgrauer Mergel von bedeutender Feſtigkeit, demjenigen im Hohlweg bey'm Tennli nicht unähnlich. Etwa 6 höher, alſo bey 232 über Belp, ſtreift durch den Molaſſeſchiefer, der das Panopäenlager bedeckt, ein dün⸗ nes Lager, das ausſchließlich mit Steinkernen von Turri⸗ tellen, T. terebra und triplicata, angefüllt iſt. Endlich folgt, nur wenig Meter höher, die obere Nagel- fluh, die hier eine Mächtigkeit von mehr als 25” erreicht, und, mit Ausnahme ſparſam eingeſprengter Bruchſtücke dicker Auſtern, keine Petrefacten enthält. Etwas mehr ſüdlich findet man einen der großen Tobel, die trichterförmig, d. h. in der Höhe einen weiten Halbkreis bildend und mit ſteilen, nackten Wänden gegen die Tiefe zu ſich verengend, in die Abhänge eingeſchnitten ſind. Alle dieſe Tobel ſind der nähern Unterſuchung der Petrefactenlager vor⸗ züglich günſtig. 4 Wenn man von unten her in dieſen Tobel eindringt, ſo erblickt man zuerſt die mittlere Nagelfluhmaſſe, gegen die Höhe zu mit Molaſſe wechſelnd, die zuletzt, meiſt ſchiefrig und treppenartig, allein herrſcht. Es zeichnet ſich darin eine dickere, mehr hervortretende Schicht aus, die längs der gan⸗ zen Rundung des Tobels eine Stufe bildet, und aus harter Molaſſe beſteht. So erſcheinen gewöhnlich in dieſen Tobeln die Petrefactenlager, die, durch den animaliſchen Kütt und die dicht gedrängten Steinkerne feſter geworden, den zer⸗ ſtörenden Kräften längern Widerſtand entgegenſetzen. Ich fand indeß nur ſehr zweydeutige Spuren von Mufchelüber- 350 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. reſten. Die Höhe, nach derjenigen der obern Schicht ge⸗ ſchätzt, mag 212ů betragen. Zu dieſer kann man nur von der Seite her durch den Wald gelangen, denn die Wände des Tobels werden nun zu ſteil, als daß man höher über den nackten Fels anſteigen könnte. Wie die untere, tritt fie als eine bey In hohe, ſenk⸗ recht abgeſchnittene Stufe aus der ſtark geneigten Tobelwand heraus, und zieht ſich rings an derſelben herum. Die Stein⸗ art iſt dunkelgrauer, feſter Mergel, die Petrefacten, fami⸗ lienweiſe gruppirt, find die gewöhnlichen Venusarten, Pa⸗ nopäen, Solen, Cardien, Pecten, Auſtern, O. edulis, letz. tere mit wohl erhaltener Schale, die erſtern zum Theil mit einem weißen, mehlichten Anflug, die meiſten, auch als Steinkerne, mit ſcharfem Umriß, und die Muſcheln feſt ge⸗ ſchloſſen. Es iſt das Panopäenlager, das hier wieder zu Tage geht, dafür zeugt auch die faſt identiſche Höhe über Belp von 224 100). Vor einigen Jahren hatte ich, mehrere Meter höher, auch ein Turritellenlager gefunden, ganz dem⸗ jenigen der Hohburgſtraße entſprechend, aber ſeitherige Ein⸗ ſtürze ſcheinen es wieder verdeckt zu haben. Vor kurzer Zeit noch war die Petrefactenſchicht dieſes wilden Tobels, in der Gegend die Muſchelfluh geheiſſen, der einzige bekannte Fundort der Belpberger Verſteinerungen. Wahrſcheinlich ſtammem alle Stücke in unſern ältern Ca⸗ bineten, und alle, die Gruner u. g. vom Ber eitiren, ausſchließlich von da her. Die Grenzen des Lagers gegen die N und untere Molaſſe ſind hier, wie faſt überall, nicht ſcharf zu beſtim⸗ men, weil der aufgelockerte Sand die Abſonderungen ganz verwiſcht. In der Mitte ſind die Steinkerne ſo dicht ge⸗ drängt, daß ſie an Maſſe den dazwiſchen liegenden Kütt wohl übertreffen mögen, aber nach oben und unten nimmt ihre 00) Mittel zwiſchen 216,3, 223,4, 230,0, 225%. Ueberreſte von Meerthieren. 351 Menge nicht ſo plötzlich ab, daß man nach ihrem Vorkom— men die Lagergrenze ausmitteln könnte, und oft findet man noch einzelne ſporadiſch zerſtreute in einer Höhe, die man erſt als ganz frey davon zu betrachten geneigt war. Die obere Nagelfluhmaſſe zeigt ſich hier ungefähr 6m über der Muſchelfluh, die Steilheit der Felswand erlaubt aber keine nähere Unterſuchung derſelben. Bequemere Standpunkte finden ſich, wenn man den nahe liegenden großen Tobel beſucht, noch mehr gegen Mittag zu. Je weiter man vordringt, deſto häufiger werden in dem un⸗ tern Theile der Nagelfluh Bruchſtücke von Schalen und ganze Muſcheln, und die Nagelfluh zerſpaltet zugleich in mehrere Schichten, zwiſchen welche Neſter und Trümmer harter Mo- laſſe eindringen, und auch wohl zu beträchtlichen Einlagerun⸗ gen anwachſen. Es läßt ſich dieſes obere Petrefactenlager ſo weit ſüdlich verfolgen, als das Geſtein entblößt iſt, aber der Zugang iſt, wegen dem dichten Geſtrüpp und dem ſumpfichten Boden, ſehr beſchwerlich; auch wird der Fels oft von Tuff bedeckt, den die vielen, zwiſchen der Nagelfluh und der Mo⸗ laſſe durchſinternden Waſſer abſetzen. Die Höhe der untern Abloſung der Nagelfluh über Belp beträgt 239 w. — Nur am ſüdlichſten Ende des Tobels tritt das Panopäenlager wieder an den Tag. Die Nagelfluh mit eingelagerter harter Molaſſe folgt ſchon om höher, iſt aber, bis auf wenige dicke Auſterſchalen, petrefactenleer. Unterhalb dem Panopäen⸗ lager iſt der Fels bedeckt bis ganz in die Tiefe, wo die Na⸗ gelfluh hohe Abſtürze bildet. Die Höhe des Panopäenlagers über Belp beträgt hier 247m 191), | O ſtſeite. In weit größerer Ausdehnung noch als an der Weſt⸗ ſeite, iſt der Berg an der Oſtſeite, oberhalb Oberaar, 200 Mittel zwiſchen 244,9, 248,9, 352 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. aufgeriſſen, aber die Steilheit der Felſen, beſonders der oft lothrecht abfallenden mittlern und obern Nagelfluhmaſſe, ſetzt hier der genauern Unterſuchung neue Hinderniſſe entgegen. Wenn man von Hohburg aus die obere Fläche des Ber⸗ ges ſchief durchſchneidet, ſo gelangt man, in der Nähe von Hofmatt, an das nördliche Ende dieſer Felſen, und findet daſelbſt, an der obern Kante des Abhangs, die Auſternagel⸗ fluh anſtehend. Sie erſcheint hier als grobkörnige, harte Mo⸗ laſſe mit zerſtreut eingeſprengten Geröllen, ſtellenweiſe auch als Nagelfluh, an andern Stellen ohne alle Gerölle. Die Auſtern, theils ganz, theils als Bruchſtücke, ſind bald in Menge, dicht gedrängt, bald fehlen ſie ganz. Nicht ſelten mengen ſich auch Pectiniten, Cardien und andere Gattungen ein, meiſt mit noch unveränderter Schale, aber ſo feſt von der Molaſſe umſchloſſen, daß es faſt unmöglich iſt, ganze Exemplare zu erhalten. — Die untere Abloſung dieſes bey sm hohen Lagers von der gemeinen, zum Theil ſchiefrigen Molaſſe liegt 229 über Belp. Das Fallen ift ſchwach ſüd⸗ lich. — Bey 5m tiefer, alſo in 224m Höhe, ſteht eine bey 4m dicke Schicht etwas mehr aus dem Abhang hervor, und enthält ebenfalls Petrefacten, größtentheils Venus. Sie läßt ſich aber, wegen dem Ueberzug von Tuff und Mooſen, und dem ſchwierigen Zugang, nicht genauer unterſuchen. — Wie⸗ der Im tiefer, in 218 * Höhe, folgt ein bey 2m mächtiges Lager, wohl Am weit ſchirmdachähnlich hervorragend, und ganz voll Steinkerne von Panopäen, Venus (22 — 29), Tellinen (13 — 15), Pectens, Archen (43 — 44) u. ſ. w., und unmittelbar unter demſelben, aber nicht mit hervor⸗ ſtehend, ein kaum über 1 Decim. dickes Lager von weichem Sandmergel, das ausſchließlich dicht gedrängte Venus, be- ſonders (22) enthält, mit noch erhaltener, aber ganz meh- lichter Schale, die ſich äußerſt leicht von den Steinkernen ab- löst, und meiſt an der Steinhülſe haften bleibt. Die Stein— art der vorſtehenden Schicht iſt ein feſter Sandmergel. Am Ueberreſte von Meerthieren. 353 Am ſüdlichen Ende der Felſen findet man vollkommen ähnliche Verhältniſſe: als Decke die mächtige Nagelfluh mit Auſtern, dann, in einem Abſtand von etwa 8m, eine vortre- tende Schicht, und wieder 5m tiefer eine dicke, ſchirmdach⸗ ähnliche Schicht, unter welcher ebenfalls das weiche Lager mit Venuliten zum Vorſchein kömmt. Man kann die vor⸗ ſtehenden Schichten in den halbkreisförmigen, zum Theil 150 und mehr Meter im Durchmeſſer haltenden Tobeln längs dem ganzen Felsabhang verfolgen. Die Höhen ſind aber hier, des ſüdlichen Fallens wegen, geringer; die mittlere Höhe der letzten hervortretenden Schicht beträgt 179m. — In einem der frühern Jahre hatte ich, ungefähr 12 unter dieſer Schicht, noch ein Venulitenlager geſehen, dem obern ganz ähnlich, und auch nicht hervorſtehend; ſpäter aber konnte ich es, ungeachtet ich, bis auf die Nagelfluh hinunter, in mehrern Tobeln Schicht für Schicht unterſuchte, nicht wieder auffinden. Bequemere Standpunkte zum Sammeln gewährt der noch weiter ſüdlich liegende, waldige Einſchnitt des March⸗ bachs, in deſſen tiefern Schluchten wir bereits wichtige Aufſchlüſſe über den Wechſel der Molaſſe und Nagelfluh nn funden haben. Von der obern Abloſung der mittlern Nagelfluh im Bachgrund aufwärts ſteigend, findet man in einer Stufe, 132m über Belp 105), die erſten Petrefacten. Der Stein iſt harte Molaſſe, und die Petrefacten, die als Steinkerne am dichteſten in einem Lager von ungefähr 1 Decim. zuſammen⸗ gedrängt ſind, gehören den Gattungen Panopäa, Venus, Pecten, Cardium u. a. m. an. — Ueber die ebenen Schich⸗ ten des Molaſſeſchiefers ſteigt man, wie über eine Treppe, höher, ohne eine Spur von Verſteinerungen zu erblicken, bis man am Ende des Tobels durch den Anblick des pittores⸗ 102) Mittel zwiſchen 123,3, 136,9, 128,1, 137,1, 135,5. 23 354 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. ken Hintergrundes überraſcht wird. Eine nackte Felswand, ein Amphitheater von wohl 40m Durchmeſſer, ſchließt halb⸗ kreisförmig den tiefen Grund plötzlich ab; ihr oberer Theil bildet ein Am weit hervortretendes Schirmdach, von deſſen Rand an der Fels, aus leicht verwitterndem Molaſſeſchiefer beſtehend, mit gleichmäßiger Abdachung ſich noch bey se hoch bis an die obere Waldung erhebt. Ueber dieſe ſteile Fläche weg ſtürzt das Waſſer auf die untern Schutthalden. — Das ſo ſtark hervortretende Lager enthält in großer Menge Pa⸗ nopäen, Tellinen (13 — 15), Venus, Pertiniten (52), Car- dien, Archen (43 — 44), dicht gedrängt in einem feſten, in harte Molaſſe übergehenden Mergel, und die Steinkerne laſſen ſich aus der Diele des Vordachs, das man hinter dem Waf- ſerfall durch längs dem ganzen Umkreis verfolgen kann, ziem⸗ lich leicht ablöſen. Ungefähr 5m unter derſelben, an der hintern Wand der durch das Vordach gebildeten Gallerie, findet man eine bey 2 Deeim. mächtige Lage dicht in einander gedrängter, runder Venus, faſt ohne andere Beymengung, mit zum Theil noch erhaltenen, aber äußerſt mürben Scha⸗ len, und leicht, aber gewöhnlich nur als Steinkerne aus dem weichen Sandmergel zu löſen. Zwiſchen dieſer Schicht und dem Schirmdach enthält die Molaſſe nur wenig, oder keine Petrefacten. Die Höhe des Venulitenlagers über Belp beträgt 159 103). — Am obern Rande des Schirmdachs, alfo 1680 über Belp, kommen unmittelbar unter der Dammerde wieder Petrefacten zum Vorſchein, meiſt Steinkerne von Venus und Cardien. Das Lager ſelbſt iſt verdeckt. An jeder der drey von uns beſuchten Stellen, aber in verſchiedenen Höhen, hat ſich demnach das ausgezeichnete, ſtark vortretende Lager, in dem wir, nach ſeiner Entfernung von der obern Nagelfluh, unſer Panopäenlager wieder er— kennen, in Begleit eines nie über im davon abſtehenden Ve— 0 3) Mittel zwiſchen 161,9 , 155,1, 156,5, 164,9. Ueberreſte von Meerthieren. 355 nulitenlagers gefunden. Zwiſchen der Panopäenſchicht und der Nagelfluh iſt noch ein Petrefactenlager eingeſchoben, in der Tiefe zeigt ſich, 12 unter den Panopäen, ein zweytes Venulitenlager, und 27m unter denſelben ein hartes Molaffe- lager mit mannigfaltigen Petrefacten, meiſt denſelben Arten angehörend, als die im obern Lager vorkommenden. Es ſcheinen indeß dieſe tiefern Lager nicht, wie die obern, längs der ganzen Oſtſeite des Berges anzuhalten. Auch in der Gegend von Gerzenſee findet man häufige Anzeigen von Petrefacten; aber die mehrere Cultur des ſanf⸗ ten Abhanges läßt den nackten Fels faſt nirgends hervor⸗ dringen. Doch findet man 120 über dem Dorf, 233m über Belp eine mehrere Meter hohe Nagelfluhwand, die dicke Au⸗ ſtern und Bruchſtücke von Schalen einſchließt, und wohl zu⸗ verläßig der obern Nagelfluh angehört. Wie dieſe Nagelfluh ſich zu der unweit davon in 200 Höhe anſtehenden verhalten mag, die wir früher ebenfalls der obern Nagelfluhmaſſe bey⸗ gezählt haben, iſt mir nicht deutlich geworden. — Ein Ge⸗ ſchiebe, das über Gerzenſee in einem Haufen von Feldſteinen gefunden wurde, und ausſchließlich aus dicht in einander ge⸗ drängten, ganzen und zerbrochenen Venusſchalen, ohne Bey⸗ mengung von Mergel oder Molaſſe, beſteht, ſcheint anzudeu⸗ ten, daß auch die Venulitenlager ſich bis hieher erſtrecken. Das, wie es ſcheint, ununterbrochene Vorkommen der Petrefacten um den ganzen Berg herum beweist indeß keines⸗ wegs noch, daß die Steinlager, in deren zu Tage gehendem Theil wir ſie finden, auch im Innern des Berges damit an⸗ gefüllt ſeyen, und die wichtige Frage über das Verhältniß der Petrefacten zur Gebirgsart iſt demnach, auch durch unſere nun ſehr erweiterte Kenntniß, noch nicht gelöst. Daß die Menge der Petrefacten indeß bis auf eine ſehr bedeutende Tiefe nicht abnehme, ergiebt ſich daraus, daß an der Muſchel⸗ fluh bey Hohburg, ungeachtet faſt jährlich mehr oder weniger große Maſſen derſelben hinunterſtürzen, bis jetzt noch gar | | 93-* 356 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. keine Verminderung in der Anhäufung der Petrefacten be- merkt worden iſt; und wenn man überdieß bedenkt, daß die 50 und mehr Meter tiefen Tobel, an deren hintern Felswand wir die reichſten Lager gefunden, doch wohl erſt nach Abfluß des Meeres durch Quellwaſſer, die größtentheils jetzt noch fließen, ausgefreſſen worden ſind, ſo möchte man wohl geneigt ſeyn, jeden andern Beweis des Durchſetzens der Petrefaeten durch den ganzen Berg für überflüſſig zu halten. Der Längenberg. Auch das weitläufige Hügelſyſtem des Längenbergs bietet uns, wie der Belpberg, eine Reihe übereinander liegender Petrefactenlager dar; aber die bedeutenden Entfernungen zwiſchen den Anbrüchen, und der Mangel ausgedehnter Pro- file macht das Wiedererkennen der Lager an den verſchiede⸗ nen Stellen hier ſchwieriger und zuweilen ganz unmöglich. Gegend von Guggisberg. Wenn man von Guggisbergdorf nach der Guggersbach⸗ brücke zugeht, ſo findet man, am untern Saum eines ſteilen Waldes, 465m über Belp, einen geſchichteten, feinſandigen Mergel, in welchem der Weg ziemlich tief eingeſchnitten iſt. Das Fallen der Schichten iſt, wie in dieſem ganzen Gebirgs⸗ ſtock, ſchwach ſüdlich, und der Mergel erſcheint als ein weſent⸗ — liches, der höher und tiefer zu Tage gehenden Nagelfluh unter. geordnetes Zwiſchenlager. Die Petrefaeten erſcheinen in dieſem Mergel meiſt als Steinkerne, zuweilen mit mehlichtem Ueberreſt der Schale, die auch anderwärts gewöhnlichen Turritellen, T. terebra und triplicata, und verſchiedene Arten von Cardien, C. clo- diense u. a., familienweiſe zuſammengehäuft, find vorherr⸗ ſchend, es fehlen aber auch die andern Gattungen nicht, die | Ueberreſte von Meerthieren. 357 Venus, die Solen, die Pecten, die bey Tägertſchi und am Belpberg vorkommen, und die Identität der Arten mit denen der übrigen Fundorte iſt unverkennbar. Sofern man die Petrefacten dieſes Lagers nicht, nach einer immer mehr in den Hintergrund zurück tretenden Anficht, als nur ſpäter erſt in die Auſſenfläche eingedrungen, ſondern als urſprüngliche Bewohner auch des innern Theiles der Schicht betrachtet, ſo muß wohl auch die Formationsidenti⸗ tät dieſer Schicht mit den analogen des Längenbergs und Belpbergs, und ſomit auch die der ihr aufgelagerten, d. h., des größten Theiles der Guggisberger Nagelfluh, mit den jüngſten Nagelfluhmaſſen jener Hügel anerkannt werden. Bis jetzt iſt es mir indeß nicht gelungen, in jener die in dieſen ſo häufigen, charakteriſtiſchen Auſterſchalen aufzufinden, und auch die auffallende Verſchiedenheit der Geſchiebe, aus denen die Nagelfluhgebirge auf beyden Seiten des Schwarzwaſſers be⸗ ſtehn, läßt nicht zu, ſie als vollkommen identiſche Bildungen zu betrachten. Weſtlicher iſt mir keine Stelle bekannt, die in dieſe Gruppe von Petrefactenlagern gehörte, in der Sammlung des Hrn. Chan. Fontaine zu Freyburg befindet ſich nichts analoges und auch der Graf Razoumovski erwähnt, in feinem Werk über den Jorat, keiner in der Nähe der Alpen vorkommenden fof- ſilen Meerconchylien. Bütſchelgraben. Die tiefſte Petrefactenſchicht, die mir in dieſem ganzen Bezirk vorgekommen, geht in dem ſchon bey einer andern Gelegenheit erwähnten Graben zu Tage, der die Waſſer der Bütſchelegg dem Schwarzwaſſer zuleitet. Ungefähr in der Mitte zwiſchen dem Schwarzwaſſer und dem Fuß der Bütſchelegg, wenn man, von jenem herkommend, die mächtige Nagelfluheinlagerung längſt ſchon hinter ſich ge— laſſen hat, findet man am linken Ufer unter den Trümmern, 358 IV.“ Cap. Dritter Abſchnitt. die von der ſteilen Molaſſewand hinuntergefallen ſind, ein⸗ zelne Stücke einer ſehr feſten, merglichten Molaſſe, welche Gerölle von der Größe einer Baumnuß, vielfarbige Granite, helle und dunkle Kieſel u. ſ. w. einſchließt, und deutliche Ab⸗ drücke von Bivalven enthält. | Die feſte Molaſſe, die als Bindmittel der Gerölle dient, zeichnet ſich aus durch die große Menge der in vielen Molaſſen gewöhnlichen, grünlichſchwarzen Pünktchen, auch ſieht man in ihr kleine Neſter der hellgrünen, erdigen Subſtanz, die für den Muſchelſandſtein ſo charakteriſtiſch iſt, und die Muſchel⸗ abdrücke ſelbſt ſind mit dunkelbraunen, zuweilen fettartig glänzenden Häutchen überzogen, die ebenfalls ſehr an jene Gruppe erinnern. Ich habe immer nur Abdrücke getrennter Schalen, nie ganze Steinkerne gefunden, auch fehlt die Mannigfaltigkeit der Gattungen, welche die Petrefacten dieſer Gegenden ſonſt auszeichnet. Einige dieſer Abdrücke haben Aehnlichkeit mit Cytherea exoleta, Ene. pl. 280 f. 1, andere ſtimmen ganz überein mit Cyth. convexa Brong., Env. de P. pl. VIII, f. 7 A. B., noch andere fcheinen junge Individuen der Tel⸗ lina tumida. Nicht ohne Mühe entdeckte ich die Lagerſtätte dieſer Trüm⸗ mer in einer nur bey 2 Decim. mächtigen Schicht, die 5 über dem Grund des Grabens, in den horizontalen Molaſſeſchiefer eingelagert iſt, und ſich ziemlich weit an der Wand des Gra⸗ bens verfolgen läßt. An den hohen und nackten Felſen der Schwarzwaſſerau konnte ich aber keine Spur mehr davon ent⸗ decken, was indeß noch nicht ihr Ausgehn beweist, da man leicht ein ſo wenig mächtiges Lager verfehlen kann, an der rechten Wand des Grabens wird man durch die Vegetation verhindert ihm nachzuſpüren. Höchſt auffallend iſt, im Gefolge ſo vieler anderer Ang⸗ logien, die Uebereinſtimmung der Höhe dieſes Lagers mit der— jenigen der nächſtgelegenen Bruchſtelle des Muſchelſandſteins: Ueberreſte von Meerthieren. 359 eine freylich noch der Beſtätigung bedürfende Meſſung gab mir für die Verticale über Belp 177, alſo auf 27 genau die Höhe des Utzigerſteinbruchs. Höher im Graben findet man am rechten Ufer im merg— lichten Molaſſeſchiefer ſonderbare Verhärtungen, in der Form langer Cylinder, von verſchiedener Dicke, bis zu s Centim. Durchmeſſer, theils gerade, theils gebogen, meiſt ſenkrecht ſtehend, zuweilen liegend, ſelten gabelförmig ſich theilend. Wir werden dieſe Körper noch an einer andern Stelle dieſes Gebiets wiederſehn, und dort näher kennen lernen. Bütſchelegg. Am weſtlichen Fuß der Bütſchelegg, zunächſt den Häuſern Baumgarten (Bungerte) iſt die Molaſſe, wie in der unter⸗ ſten Maſſe des Belpbergs, in deutlich abgeſonderten, 1 Deeim. mächtigen feſten Schichten anſtehend, in horizontaler Lagerung. Auch an andern tiefen Stellen des Längenbergs findet man get ausgezeichnete Schichtung und Feſtigkeit der Molaſſe. Eingelagert in dieſe feſte Molaſſe bemerkt man ein nur wenig Decim. mächtiges Nagelfluhlager, mit kleinen, aber mannigfaltigen Geröllen in ſehr grobkörnigem Bindmittel; es enthält einzelne Auſterſchalen, von der Größe der O. edulis, Cardien, dem edule ähnlich, die in faſt allen Lagern häufigen breiten Venus, und Gloſſopetern. 125 fand die Höhe über Belp gleich 34 2. Am ſüdlichen Abhang findet man im Walde ein aus feſter merglichter Molaſſe beſtehendes Lager, das in unterbrochenen Felſen aus dem Boden hervorragt, und eine ſehr große Menge mannigfaltiger Petrefacten, theils als Steinkerne, theils mit dem gewöhnlichen mehlichten Ueberreſt der Schale bekleidet, einſchließt, einige Gattungen, Pecten und Ostrea, auch mit vollſtändig erhaltener Schale. Man erkennt in ihnen die Pe⸗ trefacten des Panopäenlagers, Panopäen, Venus, Cardien, 360 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Turritellen, Trochus u. ſ. w., die Höhe über Belp ſteigt hier auf 47 Am 104) In größerer Ausdehnung iſt, etwas höher, am weſtlichen und ſüdlichen Abhang, eine mächtige Nagelfluhmaſſe anſtehend, welche Bruchſtücke großer Auſtern einſchließt, auch darin der obern Belpberger Nagelfluh ähnlich, daß ihr Bindmittel oft vorherrſchend wird, und eigene geröllleere Neſter und Zwiſchen⸗ lager bildet. Eine Meſſung gab mir für die Höhe über Belp 495m, ich könnte aber nicht verſichern, daß ich gerade die untere Abloſung getroffen, ſo daß vielleicht die Nagelfluh der untern Petrefactenſchicht näher ſteht, als es dieſen Angaben nach ſcheinen möchte. Das dicke Geſtrüppe hindert eine ge⸗ nauere Unterſuchung ſowohl dieſes als des untern Lagers. Guten brünnenfluh. Gegen das Belp- oder Gürbethal fällt der Gebirgszug der Bütſchelegg in einer hohen und weit ausgedehnten Felswand ab, die Gutenbrünnenfluh geheißen. Wie bereits er⸗ wähnt worden, beſteht der untere Theil derſelben aus merg⸗ lichter Molaſſe und blauem Mergelſchiefer, der obere aus dickern Schichten gemeiner Molaſſe, durchgehends in horizon⸗ taler Lagerung. Unter den Trümmern, über die man an die Serfen an⸗ ſteigt, findet man Bruchſtücke einer feſten merglichten Molaſſe mit Steinkernen und Schalen von Panopäen, Venus, Pec⸗ ten u. ſ. w., welche das zu⸗Tage⸗gehn eines Petrefacten⸗ lagers beweiſen, das wohl kein anderes als das Panopäen⸗ lager ſelbſt iſt. | In den oberſten Schichten des Mergels, 261” über Belp 105), ſo wie auch in den unterſten der aufliegenden Mo⸗ laſſe, fallen ähnliche, nur noch ausgezeichnetere eylindriſche — 100 Mittel zwiſchen 467,5, 480,6. 105) Mittel zwiſchen 258,6, 262,6. Ueberreſte von Meerthieren. 361 Ausſonderungen auf, als wir bereits im Bütſchelgraben ge— funden. Sie beſtehn aus einer, wahrſcheinlich durch Kalk— ſpath, hart verkütteten Molaſſe, vom Korn der aufliegenden, halten 1 bis 5 Centim. im Durchmeſſer, bey einer Länge von zuweilen 1 bis 1,5 Meter, und ſtehn meiſt ſenkrecht, nur nach unten biegen ſie ſich gewöhnlich in den Fels hinein. Durch concave Querabſonderungen werden ſie in Stücke von meh⸗ rern Centim. bis 1 Deeim. Länge zertheilt, die bey einiger Erſchütterung leicht aus einander fallen, doch ſtehn auch öfters längere Cylinder faſt ganz loſe, und vom verwitterten und abgeſchwemmten Mergel befreyt. Nach oben endigen ſie ſich in eine etwas conver⸗coniſche Spitze, ein einziger trug über derſelben noch einen harten Knorpel, aus Sand befte- hend, der durch Eiſenocher feſt zuſammengebacken war; das untere Ende, das ich zwar, wegen der Einbiegung nach innen, nur einmal auffinden konnte, rundet ſich mit einer leichten Convexität gegen den Stein aus. Gabelförmige Theilung bemerkte ich hier nicht. — Die Gleichförmigkeit dieſer Struc⸗ tur in den vielen Cylindern, die ich genauer unterſucht habe, und das Vorkommen derſelben ſowohl im Mergel, als in der Molaſſe deuten mit vieler Wahrſcheinlichkeit auf einen orga⸗ niſchen Urſprung, doch läßt ſich weder an der Auſſenfläche, noch im Innern eine Spur von regelmäßigen Streifen, oder ſonſtiger organiſcher Zeichnung entdecken. Bis auf die ſehr viel beträchtlichere Länge, ſtimmen dieſe ſonderbaren Körper ganz überein mit dem Petrefact, das Hr. Dr. Schläpfer bey St. Gallen aufgefunden hat, und für den Steinkern einer Sertularia hält. — Tſchuggen. Vom ſüdlichen Abhang des Tſchuggen und des Waſſer⸗ theilers, deſſen höchſten Punkt er bezeichnet, laufen mehrere kleine Querthäler gegen den Bütſchelgraben zu. Im höhern Thalgrund eines derſelben, am Mättenbach bey'm Hof im / 362 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Ried, fand ich an einer Anſchürfung, die ſeitdem wohl wieder zugedeckt worden ſeyn mag, eine harte, grobkörnige, zum Theil in Nagelfluh übergehende Molaſſe, die undeutliche Spuren von Venusſteinkernen enthielt, eingelagert in fein⸗ körnige gemeine Molaſſe. Die Höhe über Belp beträgt 289 m. Das nördlich Ausgehende dieſes Lagers glaube ich in einer petrefactenhaltenden Molaſſe wieder zu erkennen, die an der Straße anſteht, welche von Bühl nach Bumishaus führt. Sie iſt ſehr hart, grobkörnig und in Schichten von 1 Deeim. Mächtigkeit deutlich abgeſondert. Die unterſte derſelben ent⸗ hält eine Menge Muſchelabdrücke, die alle nur einer Art an⸗ zugehören ſcheinen, und viel Aehnlichkeit mit der im Muſchel⸗ ſandſtein ſo häufigen Mactra haben, nur daß ſie faſt noch ein⸗ mal ſo groß ſind. Des groben Korns der Molaſſe wegen ſind die Formen nur undeutlich erhalten; von der aufgelösten Schale iſt ein weißlicher Schleim geblieben, der die Uneben⸗ heiten des Sandſteinkorns zum Theil ausgleicht, und nach der Form der Schale eine glatte Fläche bildet, durch die man in⸗ deß die darunter liegenden Sandkörner, wie durch ein dünnes Häutchen, zum Theil noch erkennen kann. — In dem Bach, durch den wahrſcheinlich der Graben, in dem man ſich befindet, ausgewaſchen worden iſt, ſteigt man, tiefer als jene Schichten, über ebene Molaſſelager, wie über eine Treppe, bis zu einem halbkreisförmigen, bey Am hohen Fels, welcher im Kleinen den ſchönen Tobel des Marchbachs darſtellt, und wie dort in feinem vorſtehenden hintern Lager Petrefacten enthält. Die Lagerung ſcheint horizontal, wahrſcheinlich nur, weil man keine längere Profillinie überſehn kann, denn das Fallen dieſes ganzen Gebirgsſtocks iſt ſchwach N. O.; die etwas geringere Höhe über Belp, 278 , ſpricht alſo eher für, als gegen den Zuſammenhang mit den Lagern beym Ried. Weſtlich von dieſen beyden Lagerſtätten, an der Südſeite des Tſchuggen, findet man, etwa 30m oberhalb dem obern Nußbaum, das Ausgehende einer harten, grobkörnigen Ueberreſte von Meerthieren. 363 Molaſſeſchicht, deren Abſonderungen, wie oft die des Muſchel— ſandſteins, mit undeutlichen, reliefartigen Muſchelabdrücken beſetzt find. Die Höhe über Belp beträgt 373”, Noch höher an dieſem Abhang, 405m über Belp, an der Kante der oberſten Terraſſe, auf welcher der Tſchuggen ſteht, geht ein bey 3 Deeim. mächtiges Nagelfluhlager mit baumnußgroßen mannigfaltigen Geröllen zu Tage, in welchem ich ſparſame Bruchſtücke großer Auſtern gefunden habe. Die ſehr beſchränkte Anſchürfung erlaubte mir keine nähere Be⸗ obachtung. Endlich findet man, 467m über Belp, nur öm unter dem Gipfel des Tſchuggen, ein gegen N. hervorſtehendes Lager feinkörniger, ſehr harter Molaſſe, das Steinkerne von Venus und Cardien und Schalen von Peectiniten einſchließt. Ob es noch von Nagelfluh bedeckt werde, nach Analogie aller höhern Punkte dieſer Gegend, oder ob die harte Molaſſe allein ſchon hinreichend geweſen ſey, dieſen einzelnen Gipfel vor Zerſtörung zu bewahren, läßt ſich, ohne directes on graben nicht ausmitteln. J mi. Der berühmteſte und früher der reichſte Fundort von Petrefgeten im Langenberg iſt der ſüdweſtliche Abhang des Imihügels, in der öſtlichen Fortſetzung des Waſſertheilers gelegen, auf dem der Tſchuggen ſteht, von der Bütſchelegg durch einen gegen Oſten zu anſteigenden und geſchloſſenen Graben getrennt. Die Ausbreitung des Feldbaues hat auch hier den nackten Fels und ſomit das Sammeln und die geog⸗ noſtiſche Unterſuchung ſehr beſchränkt, doch ſind die Lage⸗ rungsverhältniſſe immer noch klarer, als an den meiſten an⸗ dern Stellen. Das zu unterſt, 430 über Belp, anstehende Petrefacten⸗ lager zieht ſich, als ein bey 2m hohes, ſenkrecht abgeſchnit⸗ tenes Felsbord, unter dem Hauſe durch und längs dem ganzen 364 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. weſtlichen Abhang bis an den Ratzeberghof. Es ſind vor Kurzem erſt zu dem neuen Baue dieſes Hofes mehrere kleine Steinbrüche darin angelegt worden, welche eine gründlichere Beobachtung möglich machen. Der Stein iſt die eigentliche harte Molaſſe, von ungewöhnlich feſtem Zuſammenhalt, und ſpaltet in ſehr große, wenige Decim. dicke Tafeln. Die Abſonderungsflächen ſind bedeckt mit einer Menge einzelner Schalen von Pectiniten, die meiſten wahrſcheinlich von P. medius, gut erhalten, eher härter als in dem natürlichen Zuſtande, und ſo feſt am Stein anſitzend, daß es ohne län⸗ geres Ausmeiſſeln, das dazu wegen der Sprödigkeit der Stein⸗ maſſe ſelten gelingt, kaum möglich iſt, gute Exemplare zu erhalten. Auf einigen Abſonderungsflächen ſind reliefartig, halbe Steinkerne von Cardien, oder von breiten Venusarten angehäuft, auch Gloſſopetern hat man gefunden, im Ganzen ſind jedoch die Pectinitenſchalen vorherrſchend. Ein ganz ähnliches Felsbord, das ſich am ſüdlichen Ab⸗ hang wohl eine halbe Stunde weit verfolgen läßt, unter⸗ bricht die Raſendecke, 442m über Belp 106). Der Stein iſt ein feſter, ſandiger Mergel, die Petrefacten ſind, wie in der Panopäenſchicht, ſehr mannigfaltig, Venus, Panopäen, Pec⸗ ten, Cardien u. ſ. w. Von hier ſtammen die ſchönen Exem⸗ plare von P. laticostatus und P. medius, ſo wie die aus⸗ gezeichnetſten Panopäen, die unſere Sammlung beſttzt. Wenn man endlich, in der Höhe von 453”, die obere Ebene erreicht, auf der die beyden, nur bey 10m höhern Imi⸗ hügel 107) ſtehn, fo findet man an der ſüdweſtlichen Kante nackte Felstafeln, als das Ausgehende des feſtern Lagers, durch welches der Hügel vor tieferer Abwaſchung geſchützt worden iſt. Die ſehr harte Molaſſe, aus der dieſe Felsdecke 106) Mittel zwiſchen 439,7, 448,6. 107) Die Höhe des weſtlichen beträgt 4630, im Mittel von 467%, 459,2, 462,8, die Höhe des öſtlichen 4640, nach einer einzigen — Meſſung; er iſt aber offenbar etwas niedriger als der weſtliche. | Ueberreſte von Meerthieren. 365 beſteht, iſt derjenigen der unterſten Schicht ſehr ähnlich und wie dieſe in Tafeln von wenig Deeim. Dicke abgeſondert, die ſich, wahrſcheinlich als Folge des längern atmoſphäri⸗ ſchen Einfluſſes, leicht von einander trennen. Sie ſchließt ſehr viel Steinkerne, beſonders von den breiten Venus⸗ arten ein. Die Imihügel ſelbſt, wenigſtens ihr oberer Theil, der einzig nackten Fels zeigt, beſtehn, wie man es nach Analo- gie der nahen Bütſchelegg erwarten durfte, aus Nagelfluh, die Schalen der dicken Auſter einſchließt, und wohl auch ganze Auſtern, in größerer Menge, als weder die Nagelfluh von Hütligen, noch die des Belpbergs, oder der Bütſchelegg. Es iſt nicht unwahrſcheinlich, daß dieſe Nagelfluh mit dem vorigen Petrefactenlager im genaueſten Zuſammenhang ſtehe, und wie am Belpberg, über der Panopäenſchicht ein aus harter Molaſſe und Nagelfluh regellos zuſammengeſetztes La⸗ ger bilde, doch ſieht man in dem kleinen, an der N. O. Seite des weſtlichen Imi eröffneten Steinbruch, nur gemeine Mo⸗ laſſe, unten in Meter dicken Lagern, nach oben zu ſchiefrig, mit ſchwachem N. O. Fallen, ohne Spur von Petrefacten. Er liegt nur bey 5m unter der Spitze. Ae ppeacker. An der Straße, die von Aeppeacker, einem Hof weſt⸗ lich von Obermuhleren, nach der nördlichen Höhe führt, ſind zwey Petrefactenlager anſtehend, welche, ſo wie die vorigen, ſehr reich an mannigfaltigen Gattungen ſind, und bequeme Stellen zum Sammeln darbieten. Da die Straße ungefähr der Richtung des Meridians folgt, fo durchſchneidet fie das Profil der Schichten, und man kann deutlich ihren Wechſel mit ſchiefriger Molaſſe, und das Fallen mit 70 nach N. O. beobachten. Das untere Lager, 376m über Belp 108), zeichnet ſich in — — 108) Mittel zwiſchen 367,8, 377,8, 382,0, 366 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. der mürben Molaſſe aus durch größere Feſtigkeit. Seine Mächtigkeit beträgt etwa 1 Meter. Die Menge der Stein⸗ kerne darin, beſonders der Panopäen und Pectiniten, letztere wie gewöhnlich mit noch erhaltener Schale, iſt auſſerordent⸗ lich, auch Venus, Cardien, Trochus, Turritellen u. ſ. f. fehlen nicht. Die Steinart iſt derjenigen der mittlern Imi⸗ ſchicht ſehr ähnlich. Das obere Lager, 387m über Belp 109), das man weſt⸗ lich als eine aus dem Acker heraustretende Stufe ziemlich weit verfolgen kann, wird durch ein bey 2n mächtiges Lager petrefactenleerer Molaſſe in zwey Schichten getrennt. Die Steinart derſelben iſt harte Molaſſe, und die Petrefacten meiſt Steinkerne breiter Venus, etwas ſeltner von Tellinen, T. tumida und virgata, auch Nerita canrena, Trochus zizyphinus, Turitella triplicata und terebra, und, was beſonders nicht zu überſehn, Bruchſtücke von dicken W ſchalen. * Höher folgt wieder gemeine Molaſſe in Schichten von mehreren Deeimeter, bis auf die Höhe des Plateau's, von Nagelfluh aber keine Spur. Obermuhleren. Etwas näher bey Obermuhleren ragt aus dem Feld ein Schichtenkopf hervor, von beſchränkter Ausdehnung, 364 über Belp 110), der aus harter Molaſſe beſteht, und einzelne Steinkerne von Tellinen, T. tumida, und Venus enthält. In Obermuhleren ſelbſt kam man bey'm Graben eines Brunnens, in einer Tiefe von ungefähr 10, auf ein Petre⸗ factenlager, das aus wenig feſter merglichter Molaſſe beſtund, und eine ſehr große Menge von Steinkernen breiter und run⸗ der Venus und Tellinen (17) enthielt. Die Stelle iſt be⸗ trächtlich weit von der Niederung entfernt, DaB Ober- 109) Mittel zwiſchen 393,5 , 384,7, 386,7, 383/7. 110) Mittel zwiſchen 371,2, 356,0. Ueberreſte von | Meerthieren. 367 muhleren von dem Hügelzug des Tſchuggen trennt, fo daß wenigſtens hier die Petrefacten nicht nur an der Auſſenfläche haften, ſondern ziemlich hoch von Molaſſe bedeckt werden. Die Höhe fand ich gleich 331. An der Kante des Abhanges, bey'm Hof im Maur⸗— graben, hat man einen kleinen Steinbruch in einer ſehr harten Molaſſe eröffnet, die in großen Tafeln bricht und mit 6 — 700 nach N. O. fällt. Die Abſonderungen des Steins, der mit der unterſten Imiſchicht die größte Aehnlichkeit zeigt, ſind zum Theil bedeckt mit Addrücken von Venus und mit einzelnen, obern und untern, feſt anſitzenden Peetinitenſcha⸗ len, in geringerem Verhältniß kommen auch andere Gattun⸗ gen, Cardien, Panopäen, Turritellen, Neriten, vor, ſeltner noch kleine Fiſchzähne von Sg. canicula und cornubicus, und Bufoniten. Weder die Steinkerne, die meiſt nur halb und reliefartig aufſitzen, noch die Schalen laſſen ſich von der Steinmaſſe trennen. Die Höhe über Belp beträgt 336 111), und die Schicht ſcheint daher, bey dem nördlichen Fallen derſelben, im Dorf Obermuhleren ungefähr in der Höhe der vorigen fortſtreichen zu müſſen. Ob die große Abweichung zwiſchen beyden, in Rückſicht der Steinart, nur ſcheinbar und darin begründet iſt, daß die eine tief im Boden fortdauernd durchnäßt wird, während die andere an der freyen Luft ganz austrocknen konnte, nach der Analogie unſerer Bauſteine, oder ob man im Dorf nur obere, weichere Lager angeſtochen, und nicht bis auf das harte Lager des Maurgrabens gedrun- gen iſt, will ich nicht entſcheiden. Gurt ein. An dieſem durch viele Steinbrüche und Anſchürfungen aufgedeckten Hügel hat man bis jetzt nur in dem einzigen Wabernſteinbruch und in deſſen Nähe Spuren von Petre⸗ facten gefunden, und auch da nur ſehr ſparſam. 20) Mittel zwiſchen 336,0, 340,5, 330,5. 368 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Im Bruch ſelbſt ausſchließlich kleinere Gloſſopetern, nach Ausſage der Arbeiter in den Lagern von gröberm Korn, die mit der, zu Bauſteinen beſſer tauglichen feinen Molaſſe wechſeln. Die unterſten Schichten des Bruchs liegen in der Höhe von 45m. Ueber dem Bruch findet man, im Anſteigen rechts, 78” über Belp, ein kleines Felsbord, das aus ver⸗ witterter, lockerer Molaſſe beſteht, von grobem Korn, wie die Lager des Bruchs, welche Fiſchzähne enthalten, in ſeiner obern Hälfte ſelbſt Gerölle aufnehmend, und ſtellenweiſe in wahre Nagelfluh übergehend, höher aber wieder von feiner, merglichter Molaſſe bedeckt. Die ſehr undeutlichen Spuren von Cythereen, oder Venus, ſehen denen über Bühl, an der Nordoſtſeite des Tſchuggen, ähnlich, auch darin, daß von den Schalen nur eine ſehr dünne, weißliche Schleimhaut zurückgeblieben. Auf den Flächen der Mergelblätter des nahe liegenden Steinbruchs hat Hr. Mouſſon Abdrücke gefunden, die viel⸗ 1 leicht von Zoophyten herrühren. Die einen zeigen erhöhte Stengel von Zum Breite, in der Mitte mit einer Kerbe, an welche abwechſelnd dicht gedrängte, ſchiefe Blättchen an⸗ ſetzen. Ich habe vollkommen gleiche Abdrücke auch von St. Gallen geſehen, wo fie für Seefedern gelten; vielleicht iſt es Funiculina cylindrica Lam. Die andern haben Aehn⸗ lichkeit mit langen Blättern, z. B. Env. de Par. pl. VIII, f. 1 A/ aber die ſtarke Erhöhung deutet auch auf einen dickern Körper. Sie werden nach der ganzen Länge von einer ſtarken Rippe durchzogen. Länge 64, Breite 20. In die Claſſe der Sertularien ſcheint endlich ein erhöhter Abdruck zu gehören, der an einem cylindriſchen Molaſſeknauer von 360mm Länge und 75m Durchm. anſitzt, und mit demſelben an beyden Enden abgebrochen iſt. Der Abdruck hat unten 33 u, oben 40mm Breite, und beſteht aus federartig ſchief gegen die Mitte zuſammenlaufenden Flocken, fo dicht gedrängt, daß fie ein⸗ 2 | ander Ueberreſte von Meerthieren. 369 ander zum Theil bedecken. An allen iſt keine Spur von or- ganiſcher Subſtanz vorhanden. Nach dieſer genauern Beſchreibung aller zwiſchen der Senſe und Emme bekannten Fundorte von Petrefacten, bleibt uns noch die Unterſuchung übrig, ob ſich wohl einige von ihnen als Punkte deſſelben, nur durch die ſpätere Thalbil⸗ dung zerrißenen Lagers betrachten laſſen, oder ob es in der That nur iſolirte, oberflächliche Neſter ſeyen, die weiter in keinem Zuſammenhang unter ſich ſtehen, und wohl eine frü⸗ here Meeresbedeckung, aber keineswegs die Bildung der Mo⸗ laſſe in dieſem Meere beweiſen. Die Aehnlichkeit der Verhältniſſe am Belpberg und auf dem Längenberg iſt ſo auffallend, daß ſchon Gruner, und nach ihm alle ſpätern Schriftſteller, einen frühern Zuſammen⸗ hang der Lager, die jetzt das breite Gürbethal trennt, als ausgemachte Thatſache annahmen. Es iſt indeß nur zu be⸗ kannt, wie bald man ſich vor fünfzig Jahren zufrieden gab, und wie wenig wir den damaligen geologiſchen Urtheilen ver⸗ trauen dürfen; auch würde wohl Gruner ſelbſt irre geworden ſeyn, wenn ihm die ſtarken Höheunterſchiede von 300 und mehr Meter bekannt geweſen wären, um deſto mehr, da er ſich die Verhältniſſe überhaupt nicht ganz klar gedacht zu haben ſcheint, und, wie wir ſchon anfangs am Lochenberg geſehen, jene beyden, auf keine Art vereinbaren Anſichten zugleich feſthalten wollte. Da ſich die höchſten Fundorte an den hintern Hügeln des Längenbergs befinden, und ihre Erhebung abnimmt, je mehr man gegen Nordoſt, d. h. in der allgemeinen Richtung des Fallens in dieſer Gegend, vorſchreitet, ſo drängt ſich von ſelbſt die Vermuthung auf, daß jene Höheabnahme einzig im Fallen ſeinen Grund haben möchte. Die Prüfung dieſer Ver⸗ muthung wird rein mathematiſch, es frägt ſich nämlich: ob 24 370 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. eine ſchiefe Ebene, die durch drey Punkte gelegt wird, auch alle andern Punkte treffe, von denen wir glauben, daß ſie mit jenen demſelben Lager angehören; und es bietet ſich uns daher unverhofft eine Gelegenheit dar, die ſtrengen Metho⸗ den, denen die Naturwiſſenſchaften einzig ihre hohe Ausbil⸗ dung verdanken, auch in der Geognoſie anzuwenden; eine Ge⸗ legenheit, die wir nicht abweiſen wollen, wenn ſie auch kei⸗ neswegs geeignet iſt, uns glänzende Reſultate, oder den Ruhm tiefer analytiſcher Behandlung zu verſprechen. Ich habe zu dieſem Zwecke die wichtigern Fundorte durch ein trigonometriſches Netz verbunden, die Winkel deſſelben mit einem ſechszölligen Spiegelſextanten von Cary hinreichend ge⸗ nau gemeſſen, und vermittelſt der barometriſchen Verticalen auf den Horizont reducirt. Nach den von Hrn. Ing. Lüthardt gütigſt mir mitgetheilten Coordinaten der drey zur Cantons⸗ vermeſſung gehörenden Signale, Bütſchelegg, Belpberg (Har⸗ zeren) und Belp, iſt das Netz orientirt, und die Coordinaten aller Punkte für den Nullpunkt Belp berechnet worden. Die folgende Tafel giebt dieſe Coordinaten in Decametern; x find die Abſeiſſen, pofitiv gegen Weſt, y die Ordinaten, poſitiv gegen Süd, 2 die ſchon angeführten Verticalen, ohne Ven jüngung, in ganzen Metern. Bezeichn. Xx J Y-Yo 21 Panopäenlager am ſüdl. Abhang | der Bütſchelegg rn Bin eee Panopäenlager am ſüdl. Abhang | T 420 1423 442 des Imi J Panopäenlager an der Straße von Aeppeacker \ A 7389 370 Nördlichſtes Ende der Hohburg⸗ felſen f . N —129 +87 226 Südlichſtes Ende der o dbu felſen 8 f= 77 127 47 Ueberreſte von Meerthieren. 371 f Bezeich. as e K Panopäenlager über Oberaar in 8 der obern Grupe 0 2371229, 248 Steinbruch an der Weinhalde bey Tägertſchi 9 %%⁰%%⁹§ bd 636 28 439 Obere Nagelfluh bey Hütligen H — 730 6332 245 Steinbruch im Maurgraben bey Obermuhlern N M +334 296 336 Gipfel des Tſchuggen, Petreſac⸗ is,, ea 520 167 Die Verjüngung der horizontalen Koordinaten ift eher noch zu gering angenommen, da nach der Gleichung, die wir für die Ebene finden werden, einer Veränderung von Am in den Verticalen, eine von Am in X und y entſpricht, und ich die Einer der x und y glaube verbürgen zu können. Die Ge⸗ nauigkeit der 2 ergiebt ſich aus den mitgetheilten, einzelnen Reſultaten; am wenigſten traue ich denen von B, J, N, S, O, J, die nur auf einer oder zwey Meſſungen beruhen; N, das durch drey Meſſungen beſtimmt iſt, dürfte wohl zu hoch ſeyn, da die Höhe der Muſchelfluh, die zwiſchen N und S inne liegt, nach vier gut übereinſtimmenden Meſſungen, tiefer als die der beyden Extreme der Fluh wäre. Ich will mir indeß keine fernere Aenderung an jenen Angaben erlauben. Am erſten eignen ſich zu einer Unterſuchung, wie die, welche wir uns vorgeſetzt haben, die verſchiedenen Anbrüche des Panopäenlagers; die Anbrüche der tiefern Lager ſind theils in zu geringer Anzahl vorhanden, theils zu wenig charakteriſirt, und daher leicht zu verwechſeln, die obere Auſterſchicht dagegen iſt in ihrer Mächtigkeit und in ihrem ganzen Verhalten zu unregelmäßig, und, als oberſtes Lager, zu ſehr localen Störungen ausgeſetzt. Die ſechs Punkte, an denen wir die Panopäenſchicht beobachtet haben, find B, J, A, N, S, O; den letzten müſſen wir aber hier ausſchließen, da die ganze Oftfeite des Due. 372 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Belpbergs offenbar eine Störung erlitten hat. Aus den fünf übrigen könnten wir nun drey auswählen, und nach ihnen die Gleichung einer ſie durchſchneidenden Ebene be⸗ ſtimmen; conſequenter aber wird es ſeyn, alle fünf Punkte zugleich zu gebrauchen, und, da mehr Gleichungen als Un⸗ bekannte ſind, nach der Methode der kleinſten Quadrate, die gleichſam oſeulirende Ebene zu ſuchen, welche ſich Allen am meiſten nähert. Wenden wir demnach auf die Gleichun⸗ gen unſrer fünf Punkte das von Gauß in der theoria mo- tus corp. cœl. vorgetragene elegante Verfahren an, fo er⸗ halten wir für die geſuchte Ebene die Finalgleichung 0,2327 x + 0,2964 y + 229/56 2 welche für die Verticalen der einzelnen Punkte folgende Wer⸗ the giebt, die ſo gut, als wir es immer wünſchen durften, mit den gemeßnen übereinſtimmen. Punkte berechn. z e Diff. B 467 47 — 7 J 453 442 1,44 A 371 376 — 5 N 225 226 — 1 N) 249 247 172 Die ſtärkſten Differenzen fallen gerade auf die zwey Punkte, die noch am wenigſten ſicher beſtimmt ſind, und bey B iſt der Unterſchied dem der einen Meſſung vom Mittel gleich, ſo daß, wenn wir jener Meſſung den Vorzug geben wollten, derſelbe ganz wegſiele; alle, ausgenommen der bey J, wo eine kleine, locale Einbiegung ſtatt finden mag, liegen in⸗ nerhalb der Grenzen der möglichen Fehler. Der Gleichung zufolge fällt das Panopäenlager mit 20, 0, 40’ nach 389, 87, alſo ganz im Sinn des unmittelbar begin teten Streichens nach Nordoſt; nur mit einem geringern Fall winkel, was uns keineswegs befremden darf, da der berech- nete das Mittel aller einzelnen hält, die nur in ihrem Mari⸗ Ueberreſte von Meerthieren. 373 mum und an der Oberfläche 6 bis 7 erreichen. Schon die Abnahme des Fallwinkels gegen die Tiefe zu, oder im regel⸗ mäßigen Gebirge, und das ſcheinbare Verſchwinden deſſelben in den tiefſten Punkten, z. B. im Bütſchelgraben, am öſt⸗ lichen Fuß des Belpbergs u. ſ. w. deutet darauf hin, daß die ſtärkere Neigung in der Höhe nur local ſey. Man kann die⸗ ſelbe von ſpätern Auswaſchungen tieferer, leicht zerſtörbarer Lager durch die Quellwaſſer herleiten, womit auch erklärt würde, warum ſie gewöhnlich im Sinn des allgemeinen Fal⸗ lens ſtatt habe, da der Quellenlauf durch dieſes beſtimmt wird; wenn man nicht lieber der Anſicht, die am Ende des Abſchnitts über den Muſchelſandſtein iſt geäußert worden, den Vorzug geben will. In beyden Gruppen haben wir offen⸗ bar die nämliche Erſcheinung vor uns. Nach der genau beſtimmten Lage der Panopäenſchicht können wir uns nun orientiren, um auch andere, höhere oder tiefere Lager aus den einzelnen Anbruchſtellen derſelben wieder zuſammenzuſetzen. Die übereinſtimmende Lage mehrerer Anbrüche der Au⸗ ſternagelfluh ergiebt ſich von ſelbſt, da wir fie überall, wo zugleich die Panopäenſchicht zu Tage geht, ungefähr in gleicher Höhe über derſelben gefunden haben. So an der Bütſchelegg, am Imi, am Belpberg. Auch müſſen wir jetzt das obere Lager zu Aeppeacker dahin zählen, in welchem wir zwar Auſterbruchſtücke nur als Seltenheit gefunden haben, und von Nagelfluh keine Spur; aber ſchon am Imi zeigt ſich die Schicht mehr als Molaſſe, und das allmählige Wegbleiben größerer Gerölle gegen Norden zu, wodurch die Nagelfluh zu⸗ letzt ſich in die Molaſſe verliert, iſt uns früher bereits als allgemeine Regel aufgefallen, und zeigt ſich auch in dem Lager bey Münſigen. Berechnen wir die Höhe der Panopäenſchicht für den Punkt an der Weinhalde, fo finden wir 118m; die Höhe der Auſterbank daſelbſt beträgt 139 u, nur 21= mehr. Alſo — 374 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. auch hier die befriedigendſte Uebereinſtimmung an einer Stelle, die von den nächſten Anbrüchen der Auſternſchicht durch das breite Aarthal getrennt wird, und mehr als zehntauſend Me⸗ ter von der Bütſchelegg entfernt liegt. Ganz abnorm zeigt ſich dagegen der Punkt Hütligen, für welchen die Gleichung 2 = 153, alſo, nach Abzug von 20m für den Abſtand des Auſtern⸗ vom Panopäenlager, im⸗ mer noch um mehr als 70m zu tief giebt. Es ſcheint demnach unſre anfängliche Hypotheſe über den Zuſammenhang der La⸗ ger von Hütligen und Tägertſchi nicht begründet, und jenes, wie auch ſchon das Erſcheinen mehrerer Auſternagelfluhlager in beträchtlichen Abſtänden von einander darauf hindeuten könnte, einer andern Gruppe anzugehören; vielleicht hat auch das conſtante Streichen und Fallen des Lagers in dieſer Ge⸗ gend ſein Ende erreicht, und das Lager hier eine Beugung er⸗ litten, denn es verſteht ſich von ſelbſt, daß wir dieſelbe Re⸗ gelmäßigkeit nicht in der ganzen Ausdehnung deſſelben erwar⸗ ten dürfen. Umgekehrt liegt die Nagelfluh von Gerzenſee über 100 tiefer, als die aus der Gleichung berechnete Höhe. Wahre ſcheinlich immer noch, wie in der Nähe von Oberaar, in Folge des unregelmäßigen ſüdlichen Fallens der Oſtſeite des Berges. | Das unterſte Lager des Imi, 12m unter der Panopäen⸗ ſchicht, findet ſein Analogon in dem iſolirten Schichtenkopf zwiſchen Aeppeacker und Obermuhlern. Die Gleichung giebt für die Höhe dieſes Punktes ungefähr 380m, alſo 16m mehr als die gemeſſene, ſtatt 12a. — Am Belpberg iſt die Fort- ſetzung dieſes untern Lagers unnöthig nachzuweiſen. | Die große Aehnlichkeit der Steinart des Lagers vom Maurgraben mit der des untern Imilagers, ſcheint auch zwiſchen dieſen Punkten eine Verbindung anzudeuten; aber der für Obermuhlern berechnete Werth der Panopäenſchicht beträgt 395m, alfo 5I= mehr. Wahrſcheinlich gehört daher \ Ueberreſte von Meerthieren. 375 dieſer Punkt den untern Lagern von Oberaar oder vom Sa— gibach an. AR Die übrigen, ziemlich iſolirten, und wenig deutlichen Anbrüche am Tſchuggen, im Bütſchelgraben, bey Wabern und Guggisberg geſtatten kaum eine nähere Be- ſtimmung. Das Lager zwiſchen Mättenbach und Bühl iſt von allen des Imi verſchieden, indem es bey 160 tiefer liegt, als die für den Tſchuggen berechnete Höhe der Pano⸗ päenſchicht; ſogar für die untern Belpberglager, mit denen übrigens auch die große Verſchiedenheit der Steinart keine Vergleichung geſtattet, iſt dieſer Abſtand zu bedeutend. Um ſo weniger dürfen wir verſuchen, das noch über 100m tiefer liegende Lager im Bütſchelgraben mit irgend einem der andern zuſammenzuſtellen. Dagegen trifft jene für den Tſchug⸗ gen berechnete Höhe bis auf 13m zuſammen mit derjenigen der wenig unter dem Gipfel anſtehenden Petrefactenſchicht; es iſt daher möglich, daß dieſe hier das Auſternlager ver⸗ tritt, das gerade auch um ſo viel höher liegen müßte. Ungeacht der zwey, überdieß wohl zu rechtfertigenden Ausnahmen von Hütligen und Gerzenſee, ſcheint mir das Endreſultat unſrer Unterſuchungen nicht mehr zweydeutig. Alle Punkte, wo wir die Panopäen vorherrſchend gefunden haben, alle, mit Ausnahme von Hütligen und Gerzenſee, in denen die dicken Auſtern oder Bruchſtücke derſelben vor⸗ kommen, alle endlich, wo ſich in einem Abſtand von ungefähr 12 von den Panopäen noch tiefer liegende Petrefacten ge⸗ zeigt haben, würden faſt genau in gleicher Höhe liegen, wenn die Schichten der Hügelgruppe aus ihrer geneigten Lage in die horizontale übergiengen. Was kann aber dieſer rein⸗ mathematiſch ausgeſprochene Satz anders heiſſen, als, das Vorkommen der Petrefacten iſt beſchränkt auf eigene Lager, und dieſe haben mit denen der ganzen Gruppe gleiches Fal⸗ len und Streichen. Mit dieſer Thatſache verträgt ſich nun die Anſicht, daß die foſſilen Muſcheln nur oberflächliche Ein⸗ 1 376 | IV. Cap. Dritter Abſchnitt. mengungen ſeyen, auf keine Weiſe; denn nimmt man an, die zerſtreuten Fundorte derſelben ſeyen Ueberreſte des ehe⸗ maligen horizontalen Ufers, und dieſes habe erſt nach Abfluß des Meeres, oder kurz vorher, mit der übrigen Gruppe eine Senkung erlitten, ſo ſetzt man dieſe Senkung in eine um ſehr viel zu ſpäte Zeit, da, wie wir ſpäter ſehen werden, dieſelbe zuverläßig der Erofion unſerer Thäler lange vorher⸗ gegangen iſt; will man aber umgekehrt die Schichtenneigung als ſchon vorhanden vorausſetzen, ſo muß man annehmen, die Schalthiere ſeyen in ihren Anſiedlungen auf weite Ent⸗ fernungen hin dem Ausgehenden der nämlichen Lager ge⸗ folgt, obſchon in ſehr verſchiedenen Tiefen unter dem Waſ⸗ ſerſpiegel; was ſich allenfalls noch begreifen ließe, wenn die Steinart dieſer Lager ſich vor derjenigen der übrigen auf⸗ fallend auszeichnete, aber im höchſten Grade unwahrſchein⸗ lich wird, wenn man die geringe, größtentheils wohl eben durch die Beymengung der Muſchelüberreſte entſtandene Ver⸗ ſchiedenheit derſelben berückſichtigt. Beyde Vorausſetzungen endlich beruhen auf der Hypotheſe, daß die heutige Geſtalt der Thäler älter ſey, als die letzte Meeresbedeckung, und dieſe Hypotheſe zeigt ſich bey näherer Prüfung wo möglich noch unhaltbarer, als die beyden vorigen. — Alles ver⸗ einigt ſich daher, die Anſicht, daß die Petrefacten, als weſentliche Beſtandtheile ihrer Lager, ſich im bedeckten Theile derſelben, wie im Ausgehnden finden, und ihnen durch alle Hügel durch beygemengt ſeyen, als die einzig halthare und der Natur entſprechende darzuſtellen. | Es find mir in der öſtlichen Schweiz nur zwey Fundorte von Petrefacten genauer bekannt, die der Gruppe der ſub⸗ alpiniſchen Hügel angehören, der eine nahe bey Luzern, der andere in den Umgebungen von St. Gallen. In der Ueberreſte von Meerthieren. 377 Langiſchen Sammlung zu St. Urban ſah ich indeß Stein⸗ kerne von Panopäen, und andere für dieſe Gruppe charaf- teriſtiſche Petrefacten, nach ihrem ganzen Habitus von den Belpberger, oder Längenberger nicht zu unterſcheiden, die, nach den Etiquetten, von Beroldingen, Canton Zürich, und von Krummenfluh, Canton Luzern, herſtammen ſollen. In der Sammlung von Hrn. Pfarrer Wyttenbach befinden ſich ferner mehrere Stücke, denjenigen vom Belp⸗ berg oder von St. Gallen, ſowohl nach der Steinart, als nach den Petrefacten, vollkommen ähnlich, deren Etiquette auf Baden, alſo eine Juragegend, hinweist. Es wäre wichtig auszumitteln, in welcher Beziehung dieſes Lager zu dem Muſchelſandſtein von Würenlos ſtehe. Deutliche Be⸗ weiſe der öſtlichen Fortſetzung unſerer Petrefactenlager fand ich auch im Bregenzerwald, und ich zweifle nicht, daß man dieſelbe, mit öfterer Unterbrechung, längs der ganzen Alpen⸗ kette ee könnte. Luzern. Der Rothe⸗See bey Luzern wird öſtlich von einem niedrigen Hügelzug begrenzt, deſſen öſtlicher Abfall, in der Nähe der Tabackſtampfe, an mehrern Stellen den nackten Fels zeigt. Die vorherrſchende Gebirgsart iſt feſte Molaſſe, mehr untergeordnet ſind Nagelfluh⸗ und graue Mergellager. Das Fallen iſt ſteil nördlich. Die Petrefacten kommen dicht ge⸗ drängt, theils in dünnen Lagern oder Adern vor, die ohne | Trennung den mürben Mergel durchziehen, theils in einer ſehr feſten, merglichten Molaſſe, die als Knauer im Mergel zu liegen ſcheint, ganz wie in den Braunkohlegruben zu - St. Martin, und wie im Tennli. Die Mehrzahl derſelben ſind Steinkerne, die noch mit einem weißen, mehlichten Ueberreſt der Schale bedeckt ſind. In der Sammlung von Hrn. Mouſſon, dem ich die erſte Anzeige dieſes Fundorts verdanke, fand ich folgende Arten: 378 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. 1. Tellina. Nahe zuſammenſtimmend mit unſerer Tel- lina (17), nur iſt der Hintertheil kürzer. Mit Lappen der Schale, auf denen man noch Spuren rother Farben zu ſehen glaubt. | 2. Tellina, Auch die Form von Tellina (17), nur brei⸗ ter und der Vordertheil ſchnabelförmig dem obern Rand zu⸗ gebogen. Sie unterſcheidet ſich auch durch ihre geringe Größe. Br. 30, L. 16. In größter Menge, oft alle andern Arten verdrängend. 3. Tellina. Einigermaaßen der T. virgata ähnlich. Das Schloß in der Mitte, der Vordertheil gerundet, der Hinter⸗ theil enger zulaufend, man bemerkt keine Falte. Br. 9 } L. 28. 4. Donax. Steinkern, der D. sulcata Brocchi tav. XIII, f. 9 ähnlich. 5. Venericardia. Sehr breit, der Lutraria angustata Saw. 397. ähnlich, aber das Schloß hat ausgezeichnete Schnabel, wie das der Cardien, und der hintere Rand iſt flügelartig ausgeſchweift. Der hintere Muskeleindruck fehr - ſtark. Die ungefähr zwölf Strahlen ganz ſo breit und ge⸗ wölbt, wie in der eitirten Figur, und am obern Rand wellen⸗ förmige Einbiegungen bildend. 6. Cardium, mit 16 Rippen, länger als breit, mit zu⸗ rückgebogenen Nates, vorn abgeſchnitten. Die Länge der größten 24. 7, Pinna. Sehr gut mit P. saccata, Schröt. Einl. t. IX, f. 17, übereinſtimmend. Die obere Schale iſt flach, und zeigt den Abdruck von acht bis zehn Längerunzeln; die untere Schale, ziemlich gewölbt, iſt zum Theil noch erhalten, ſchuppigem Talk ähnlich. Die Spitze iſt abgebrochen; die vollſtändige Länge mochte bey 8s betragen. 8. Pecten. Abdruck einer Schale mit 16 Strahlen, gleichſeitig. Br. 42, L. 36. Ueberreſte von Meerthieren. 379 9. Natica. Mit N. canrena übereinſtimmend. Ziem- lich häufig. ; 10, Trochus. Form und Größe von T. zizyphinus, aber ohne Ringe, und die Windungen concav. Die Schale iſt noch erhalten. Vier Windungen und oben abgeſtumpft, hiedurch auch dem T. vorticosus Brocchi t. V, f. 14 ähnlich. 11. Turritella. Deutliche Abdrücke von T. terebra, mit mehlichtem Ueberzug. 42, Turritella triplicata. Turbo triplic. von Brocchi. So wie die vorige und die folgende Art, in größter Menge und gewöhnlich beſſer erhalten als in unſern Lagern. / 13. Turritella. Kleine Turritellen mit ſtarken Ein⸗ ſchnitten, den vorigen nahe ſtehend; ohne deutliche Zeichnung auf den ſehr convexen Windungen. Mit noch erhaltener, mehlichter Schale. Oft ausſchließlich herrſchend. 44, Fusus. Vielleicht F. funiculosus, aber zu beſchä⸗ digt als daß auch nur die Gattung mit Sicherheit zu beſtim⸗ men wäre. Mit vielen Längerippen. 45, Pyrula. Ganz die Form von P. ficus. Fein gegit⸗ tert, die Querringe abwechſelnd feiner und gröber. Länge 15. 46. Pyrula. Das feine, netzartige Geflecht der Ober⸗ fläche und die Abplattung der Spitze erinnert an die vorige Art, aber die Länge iſt viel geringer, kaum ſo groß als der Durchmeſſer, und die untere Windung oben ſtark angeſchwol⸗ len. Der Vorderrand iſt zerſtört. 47, Mitra. Der M. crenifera Enc. pl. 370, f. 3 ähn⸗ lich in Form und Größe, aber nicht näher zu beſtimmen. Fein ne Oberfläche. | | 5 . Voluta. Bruchſtück, vielleicht von V. mitræeformis Brosch t. XV, f. 13, man ſieht nur den mittlern Theil der Schnecke und ſtarke Rippen mit Querſtreifen. 19. Conus. Eine Mittelart zwiſchen C. antediluvianus und C. Noë Brocchi, von der Größe und Form des letztern, 380 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. tav. III, f. 3, nur iſt die äußerſte Windung, wie im erſtern, in bedeutendem Abſtand vom letzten Einſchnitt angeſetzt. Die obern Windungen ſteigen treppenartig aus einander hervor, was aber wohl von der Zerſtörung der äußern Schale herrüh⸗ ren mag; auch haben ſie nicht, ſo wenig als die unterſte, eine ſcharfe Kante, wie im antedil., fo daß, als die Ein ſchnitte mit Schalſubſtanz ausgefüllt waren, die Treppenform ganz verſchwunden ſeyn mochte. | St. Gallen. Wir haben ſchon in einem der vorigen Abſchnitte Gelegen⸗ heit gehabt, auf die große Analogie zwiſchen den geognoſti⸗ ſchen Verhältniſſen der Gegend von St. Gallen und denen des Belphergs und Längenbergs aufmerkſam zu machen; viel auffallender, als in der Steinart und ihrer Lagerung, tritt uns dieſe Aehnlichkeit in dem Vorkommen, der Beſchaffenheit und den Arten der Petrefacten entgegen, ſo täuſchend, daß z. B. am Muſchelberg in der Nähe des Hagebuchs, man ſich an die Straße von Aeppeacker, oder in den Hohlweg über Tägertſchi verſetzt glauben könnte. Da eine eigene Be⸗ ſchreibung, ſowohl der geognoſtiſchen Lage, als der einzelnen Arten der Petrefacten, von Hrn. Dr. Schläpfer in Trogen dem erſten Bande der neuen Alpina beygerückt worden iſt, ſo darf ich mich füglich enthalten mehr in's Einzelne ein⸗ zutreten, um ſo mehr, da dieſe wichtige Arbeit doch die Hauptquelle meiner Angaben ſeyn würde. | Die abſolute Höhe von St. Gallen wird von Wahlen⸗ berg auf 2086 Fuß, oder 678m angeſetzt; ziehen wir davon die Höhe von Belp ab, um ſie auf unſer gewohntes Niveau zurückzuführen, fo bleiben uns 148”, In dieſer Höhe liegen, nach Hrn. Schläpfer, die Petrefacten der Steingrube, die Straße im Hagebuch liegt gewiß nicht 300 höher, und beyde Stellen fallen alſo innerhalb der Niveaugrenzen, die wir für die Petrefactenlager in unſerm Canton gefunden haben. Eine Ueberreſte von Meerthieren. 381 Uebereinſtimmung, die wir in einer Entfernung von 40 Stun— den nicht erwarten durften, und die wohl auch zum Theil zufällig ſeyn mag. Die Steinart iſt dieſelbe merglichte Molaſſe, mürbe an der Oberfläche, ziemlich feſt, wenn man ſie tiefer angreift, und in Schichten abgeſondert, die mit petrefactenleeren ab- wechſeln. Die wenig ausgedehnten Anſchürfungen und Pro- file geſtatten indeß nicht, wie an unſerm Belpberg, die ganze Folge der Lager zu beſtimmen. Auch die Beſchaffenheit und Erhaltung der Petrefacten ſtimmt ganz mit derjenigen der unſrigen überein: die meiſten ſind Steinkerne, zuweilen mit weißen, mehlichten Lappen und Ueberreſten der Schale, die Pectiniten und Auſtern gewöhnlich mit wenig veränderter Schale. Petrefacten aus unſrer Gegend und von St. Gallen neben einander geſtellt laſſen ſich, wenn man nicht Arten wählt, die dem einen von beyden Bezirken eigenthümlich ſind, unmöglich unterſcheiden. Auf der andern Seite ſind auch mehrere Aehnlichkeiten mit Luzern nicht zu verkennen: die Turbiniten mit erhaltener Schale, wie ſie in der St. Galler Steingrube vorkommen, haben wir bey'm Rothen⸗See, aber nicht in der Gegend von Bern geſehen; auch mehrere ausgezeichnete Arten ſchei⸗ nen den Lagern von St. Gallen und Luzern gemeinſchaftlich und eigenthümlich. Die zweyſchaligen Conchylien ſind ſowohl an Individuen, als an Arten ſehr vorherrſchend, doch finden ſich auch, wie bey uns, Neſter, die faſt nur Turbiniten enthalten. Von den 49 durch Hrn. Schläpfer bekannt gewordenen Arten ſtimmen beynahe der Drittel, und zwar gerade die charakteriſtiſchen und in größter Menge vorrommenden, mit den unſrigen über⸗ ein, wie ſich aus folgender Zuſammenſtellung ergiebt, welche zugleich als Synonimik der von Hrn. Schläpfer gewählten Benennungen mit den unſrigen dienen kann. In der erſten 382 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Reihe ſtehen die Namen von Hrn. Schläpfer, in der zwey⸗ ten die ſynonimen unſrer hieſigen Petrefacten. Einſchalige Conchylien. Turbo terebra Turritella terebra —— exoletus Ob T. triplicata? — — levis I —.—. helicinus Nerita canrena Natica canrena een ö —— glaucina — — oblonga | . Bulla ficus Poyrula ficus in Luzern Buccinum lævigatum | — — — tuberculatum — — maculatum Murex tuberculatus —— cancellatus Trochus excavatus Ob Tr. n. 10 von Luzern? rer. ‚rotundabls' | ——— striatus RN Helix rotundata Ob die Natica (66) ? — — complanata — — planorbis Conus striatus 5 — — acuminatus Voluta episcopalis Patella lævis —— striata Zweyſchalige Conchylien. Pecten Jacobæus . ö P. medius — — maximus —öStriatus Ob P. dubius (54) ? Pinna rudis Ueberreſte von Meerthieren. 383 Mya panopæa Panopæa 2 pictorum Tellina (17) und V. papil. —— oblonga Venus papilionacea. Mytilus anatinus Modiola papuana Tellina radiata -ı. . ‚virsata T. virgata Pholas dactylus Arca antiquata A, antiquata Concha Chione V. Islandica levis V. papilionacea. ——— striata — — lithophaga Donax scortum Ostrea edulis O. edulis Cardium cardissa - — —+ -Toseum — — — rusticum C. edulinum - — — — edule Ob auch das vorige? f — — oblongum Solen legumen S. legumen Ich muß bemerken, daß die Identität der Arten nicht allein nach den ſyſtematiſchen Beſchreibungen Hrn. Schläpfers, ſondern, wenigſtens zum Theil, unmittelbar nach einer Sammlung von St. Galler Petrefacten beſtimmt worden iſt, die unſer Muſeum der Güte des Hrn. Zyli verdankt. In dieſer Sammlung finde ich die Turritella triplicata, die Hr. Schläpfer wahrſcheinlich unter der Benennung T. exo- letus anführt, in großer Menge; ein anderer Steinkern, den Hr. Schläpfer nicht beſchreibt, ſtimmt ganz mit der Venericardia No. 5 von Luzern überein; die zweifelhaften Venuliten, die ich unter den beyden Namen, V. Islandica und V. papilionacea zuſammengeſtellt habe, ſind ebenfalls in großer Anzahl in dieſer Sammlung vorhanden. 384 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Bregenzer⸗Wald. Ehe man von Bregenz her durch den Wald nach La n⸗ gen kommt, ſteigt man in einen tiefen Tobel hinunter, zu einem einzelnen Hauſe, von dem an die Straße ſogleich wie⸗ der aufwärts führt. Beynahe auf der Höhe wieder, aber im dichteſten Walde, fand ich links einen hohen Fels, an deſſen Fuß mehrere Stücke eines blauen, ſandigen Mergels voll Steinkerne und gebleichter Schalen lagen, die mich auf fallend an die Petrefacten des Belpbergs erinnerten. Ich erkannte Bruchſtücke von Cardien und Venus, und Stein⸗ kerne einſchaliger Conchylien, die den Gattungen Natica, Turritella und Murex angehören möchten. Ueber mürben, ſchiefrigen Mergel, aus dem fußdicke, harte Lager hervor⸗ ſtanden, kletterte ich aufwärts, ohne das Petrefactenlager, das höchſt wahrſcheinlich in dieſe Mergelfolge eingelagert iſt, auffinden zu können. Ganz oben war der Mergel durch Nagelfluh bedeckt. Alſo auch hier, nahe bey 50 Stunden öſtlich vom Belpberg, gehören die Petrefacten dem nördlich⸗ fallenden Molaſſe⸗ und Nagelfluhgebirge an, und zwar der oberſten, noch einmal von Nagelfluh bedeckten Folge von Molaſſe⸗ und Mergellagern. Um mir keinen Zweifel über die vollkommene Identität aller Verhältniſſe zu laſſen, boten ſich mir, kaum eine Viertelſtunde vor Langen, an einem Wege, der von der Hauptſtraße zu einigen tiefer liegenden Häuſern führt, Nagelfluhfelſen dar, die eine Menge Bruch⸗ ſtücke der großen dicken Auſter einſchlieſſen. Ob es große Blöcke ſind, oder anſtehendes Geſtein, konnte ich nicht ent⸗ ſcheiden, aber auf jeden Fall muß man ſie der oberſten Na⸗ gelfluhmaſſe des Gebirges beyzählen. Ueberreſte von Meerthieren. 385 3. Vergleichung der ſubalpiniſchen Petrefacten mit denjenigen des Muſchelſandſteins und fremder Formationen. Nicht bald ſehn ſich bey einer erſten flüchtigen Anſicht zwey Formationen ſo unähnlich, wie die der ſubalpiniſchen und der ſubjuraſſiſchen Petrefactenlager. Dieſe erſcheinen conſtant als die oberſte Decke der Hügel, ſo abgeſchloſſen von der übrigen Molaſſe, daß man zweifeln kann, ob ſie wirklich noch derſelben angehören, oder eine eigenthümliche Formation für ſich ausmachen; jene dagegen wechſeln wiederholt mit petre⸗ factenleerer Molaſſe, und die Lager am weſtlichen Fuß der Bütſchelegg mögen wohl eine Gebirgsmaſſe von 300m Dicke tragen. Die Gipfel der niedrigen Hügel am Jura vermögen nie die Höhe von 200m über Belp zu überſteigen, und bleiben mehr als 300 unter den obern Lagern des Längenbergs. Sogar im Streichen und Fallen herrſcht vollkommener Gegen⸗ ſatz, und während wir im Gebiete des Muſchelſandſteins oft im nämlichen Steinbruch vergeblich nach etwas Gemeinſchaft⸗ lichem ſuchten, tritt uns in dem großen Bezirke vom Schwarz⸗ waſſer bis jenſeits der Aare die bewunderungswürdigſte Regel⸗ mäßigkeit entgegen. Das Vorkommen und die Erhaltung der Petrefacten ſelbſt iſt nicht weniger abweichend, als es die Lagerungsverhältniſſe ſind. Im Muſchelſandſtein finden wir größtentheils zerbrochene und in größter Unordnung durch ein⸗ ander geworfene Schalen, in der ſubalpiniſchen Gruppe wohl erhaltene Steinkerne und unzerſtörte, geſchloſſene Muſcheln, die, familienweiſe geordnet, uns ein treues Bild des heutigen ruhigen Meerbodens darſtellen. — Indeß muß wohl der ent⸗ ſcheidende Ausſpruch über Identität oder Verſchiedenheit zweyer Petrefacten⸗ Formationen weder in der Lagerung noch ſelbſt in dem äuſſern Habitus der Petrefacten, ſondern einzig in dem zoologiſchen Charakter ihrer Geſchlechter und Arten geſucht werden; denn offenbar können eine Menge zufälliger | 25 386 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Umſtände jene auf's mannigfaltigſte modifieiren, da ſich hin⸗ gegen kaum eine weſentliche Altersverſchiedenheit zwiſchen zwey organiſchen Formationen annehmen läßt, N Thier⸗ arten größtentheils dieſelben find 11). Vergleichen wir nun beyde Gruppen aus dieſem letzten Geſichtspunkte, ſo finden wir zwar in der ſubalpiniſchen allerdings eine Menge von Conchylien, die in der ſubjuraſ⸗ ſiſchen nicht vorzukommen ſcheinen, und in dieſer dagegen Ueberreſte von Thieren höherer Ordnungen, die in der erſtern fehlen, oder wenigſtens ſehr ſelten ſind; aber die Gattungen der Conchylien des Muſchelſandſteins ſind ganz dieſelben als die der Belpberger und Längenberger Petrefacten, und die wenigen Arten, die ſich in jener Gruppe näher beſtimmen laſſen, vor allem die charakteriſtiſchen Cardien, finden ſich auch in der ſubalpiniſchen Gruppe ſehr häufig, die Fiſchzähne, Bufoniten und Gaumenſtücke, ebenfalls charakteriſtiſche Be⸗ gleiter des Muſchelſandſteins, haben wir, wenn auch in weit geringerer Anzahl, doch in zum Theil ausgezeichnet ſchönen Exemplaren im Längenberg, Belpberg und zu Tägertſchi wiedergefunden. Die Petrefacten der Jurahügel, die ſich an den letztern Fundorten noch nicht gezeigt haben, ſind, wie wir ſehn werden, in andern Ländern mit den Petrefacten derſelben gemengt; und überdieß geht auch daraus die Gleich⸗ artigkeit beyder Petrefactenſyſteme hervor, daß keines der⸗ ſelben mit irgend einem dritten, anderwärts vorkommenden iR, beſſer übereinſtimmt. Die zoologiſche Unterſuchung ſcheint alſo allerdings der Vereinigung beyder Gruppen ſehr günſtig. Betrachten wir nun aber die übrigen Verhältniſſe etwas genauer, ſo zeigen ſich auch in ihnen wider Vermuthen Aehnlichkeiten, die wir nicht als blos zufällige betrachten dürfen. Die Schalen der Conchylien ſind zwar in der einen Gruppe meiſt zerbrochen, 12) S. S. die vortrefflichen Bemerkungen über dieſen Gegenſtand von Hrn. Brongniart im Journ. des Mines. Ueberreſte von Meerthieren. 387 in der andern öfters vollſtändig, aber der Zuſtand der Schal— ſubſtanz iſt in beyden Gruppen nahezu derſelbe; die Schalen der Pectiniten und Auſtern, fe ſeyen zertrümmert oder noch ganz, ſind faſt unverändert, die der Cardien, Venus und der einſchaligen Conchylien ſo viel als verſchwunden, nur die Cythereen- und Mactrenſchalen in der Muſchelnagelfluh machen eine Ausnahme, der man indeß auch analoge aus der andern Gruppe entgegenſtellen könnte. Die Muſchellager der ſubalpiniſchen Hügel, obſchon nicht, wie die des Muſchel⸗ ſandſteins, faſt ausſchließlich die Decke der Hügel bildend, gehören doch auffallend genug dem oberſten Theile der For- mation an: die reichſten und mächtigſten, das Panopäen⸗ lager, die Venusſchicht, die untere Petrefactenſchicht, das Auſternlager ſind da gleichſam zuſammengedrängt, die Man⸗ nigfaltigkeit der Arten und ihre Menge nimmt ſichtbar zu mit der Höhe der Lager, als ob erſt gegen das Ende der Molaſſebildung das organiſche Leben im damaligen Meere ſeine volle Entwicklung erreicht hätte, und die vereinzelten Steinkerne und Schalen, die wir in den tiefen Graben des Längenbergs gefunden, erregen kaum mehr unſere Aufmerk⸗ ſamkeit, nachdem wir den Reichthum der obern Theile kennen gelernt haben; die Auſternſchicht endlich, die an mehrern Stellen in eine harte Molaſſe mit zerſtreuten Geröllen über- geht, und öfters nur Bruchſtücke von Schalen einſchließt, nähert ſich auch in Rückſicht der Lagerung ſo ſehr dem Mu⸗ ſchelſandſtein oder der Nagelfluh von Utzigen, vom Julimont und Vully, daß man wohl an wirkliche Continuität denken möchte. Alles ſcheint demnach zu beweiſen, daß beyde Gruppen, wenn auch nicht in jeder Rückſicht, doch in allem Weſent⸗ lichen, ſo vollkommen übereinſtimmen, daß man ſie als gleich⸗ zeitige Bildungen deſſelben Meeres betrachten kann. Die Verſchiedenheiten zwiſchen ihnen mögen von localen Eigen⸗ thümlichkeiten herrühren. Der Muſchelſandſtein entſtund viel⸗ 9 388 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. leicht in tieferem Meeresgrund durch Anhäufung der durch Strömungen und Flüſſe hergetriebenen Conchylientrümmer, Fiſchüberreſte und Landthierknochen; nur die Cardien und Cythereen, vielleicht auch die Peetiniten, ſcheinen an Ort und Stelle gelebt zu haben. Die ſubalpiniſchen Lager dagegen ſind wohl die eigentliche Wohnſtätte der Muſcheln geweſen, ein ſeichtes Ufer von ſchlammigem Sand, in dem die feinen Schalthiere ſich längere Zeit durch vermehren konnten, ohne von Strömungen oder von der Brandung beunruhigt zu wer⸗ den. Bedeutende Einſtürze höherer Sandmaſſen, oder momen⸗ tane Anſchwemmungen ſcheinen indeß dieſe Ruhe doch einige⸗ male unterbrochen, und die ganze Muſchelwelt auf einmal begraben zu haben; hiedurch mag die Natur des Ufergrundes zum Theil verändert worden ſeyn, ſo daß ſich nicht mehr die⸗ ſelben Arten in demſelben niederließen, und ſo mögen denn die verſchiedenen Petrefactenlager ſich gebildet haben, die uns durch die Abſtürze des Belpbergs und die Tobel des Längenbergs aufgedeckt werden. Man könnte leicht verſucht ſeyn, das gegenſeitige Ver⸗ hältniß beyder Gruppen noch auf andere Art zu erklären. Einige der tiefern Lager des Längenbergs, z. B. das im Büt⸗ ſchelgraben und das im Maurgraben bey Obermuhleren ſtehn in mehrern Rückſichten dem Muſchelſandſtein ſo nahe, daß man ſie wahrſcheinlich nicht davon unterſcheiden würde, wenn nicht ihre mächtige Decke von Molaſſe, die wieder andere Petrefactenlager enthält, eine, wenigſtens vorläufige Tren⸗ nung nothwendig machte. Da nun auch die Höhe dieſer tie- fern Lager mit derjenigen des Muſchelſandſteins ziemlich gut übereinſtimmt, ſo könnte man dieſelben wohl auch als die wirkliche Fortſetzung dieſes letztern betrachten, die in der Nähe der Alpen, wie die Molaſſe-Formation überhaupt, von einer ſpätern mächtigen Ablagerung bedeckt worden wäre, und daher nur an einzelnen tief eingeriſſenen Stellen zum Vorſchein käme. Dieſer Anſicht, die ſich übrigens nur auf Ueberreſte von Meerthieren. 389 die unweſentliche Aehnlichkeit der Gebirgsart und des Vor— kommens der Petrefacten gründet, und nicht auf nähere Uebereinſtimmung der Petrefactenarten, widerſprechen indeß die Geſetze des Fallens, die wir in der ſubalpiniſchen Gruppe aufgefunden haben. Die höchſten Lager des Längenbergs fin- ken nämlich, in Folge der N. O. Neigung der Schichten, bereits zu Tägertſchi auf das mittlere Niveau des nächſtge— legenen Muſchelſandſteins von Utzigen, und die untern Lager des Längenbergs, ſo fern ſie bis in dieſe Gegend andauerten, müßten daher bedeutend tiefer liegen. Es iſt aber auch dieſes Andauern der Lager ſehr zweifelhaft, da wir in den voll⸗ ſtändigen Profilen des Belpbergs keine Spur mehr davon finden, und dasjenige des Bütſchelgrabens ſogar ganz in der Nähe, in der Schwarzwaſſerau, ſchon auszubleiben ſcheint. Auſſerdem ſetzt dieſe Anſicht voraus, daß die Grundlage der ganzen Molaſſe⸗Formation ungefähr horizontal liege, und die ſchiefe Neigung der obern Lager nur Folge ſey der durch neue Ablagerungen entſtandenen ſchiefen Fläche. Obſchon nun zwar die Abnahme des Fallwinkels mit der Tiefe, und ſogar unſere eigene Anſicht über die Bildung der ſubalpini⸗ ſchen Lager dieſer Vorausſetzung ſehr günſtig ſind, und ein fächerförmiges Zuſammenlaufen der Lager gegen die Ebene nothwendig zu fordern ſcheinen, ſo läßt ſich doch leicht, theils aus dem Parallelismus der nördlich fallenden Schichten in ausgedehnten Profilen, z. B. an der Ilſis, theils aus der Größe der Neigung, z. B. am Kurzenberg, bey Luzern u. a. O. erweiſen, daß jene Vorausſetzung durchaus nicht hinreiche, ein ſo allgemeines Phänomen genügend zu erklären, und auf jeden Fall immer mit der Annahme einer ſpätern Hebung oder Einſenkung der Lager verbunden werden müſſe. Die Meerformation, die wir ſo eben als eines der jüng⸗ ſten Glieder der Molaſſebildung kennen gelernt haben, ſcheint „ IV. Cap. Dritter Abſchnitt. keineswegs auf das Thal zwiſchen den Alpen und dem Jura beſchränkt, ſondern im genaueſten Zuſammenhang zu ſtehen mit analogen Ablagerungen, die über den größten Theil von Europa und wahrfcheinfich über deſſen Grenzen hinaus ver⸗ breitet ſind. Hr. Brongniart, dem wir vorzüglich die nähere Kenntniß dieſer merkwürdigen Bildungen verdanken, iſt ge⸗ neigt, wie bereits in der Einleitung angeführt worden, die⸗ ſelben in eine untere und obere Meerformation zu trennen, von denen die erſte ihren Typus im Grobkalk von Paris und in der London⸗ clay, die andere in dem Sandſtein von Mont⸗ martre und der Mergelbildung der ſubapenniniſchen Hügel fände. Derſelben Anſicht ſtimmen Hr. Prevoſt und die engli⸗ ſchen Geognoſten bey, da hingegen Hr. Beudant dieſe Tren⸗ nung für eine illuſoriſche zu halten, und über dem Pla- ſtiſchen Thon nur eine Meerformation anzunehmen ſcheint, die, je nach Verſchiedenheit der Gegenden oder des Grundes, hier die Petrefacten des Pariſerkalks, dort die der italieni⸗ ſchen Hügel enthalte. Es ſcheint dieſer Gegenſtand in der That noch näherer Aufklärung zu bedürfen, da auch die HH. Brongniart und Prevoſt nicht immer zu entſcheiden wagen, ob eine Ablagerung der obern oder der untern Meerformation beyzuzählen ſey, oder ob beyde darin vereinigt vorkommen; behutſamer und folgerechter möchte es indeß auf jeden Fall ſeyn, beyde Gruppen von neuern Meerpetrefacten, die ſich denn doch durch mehreres weſentlich von einander unterſchei⸗ den, noch getrennt zu halten, bis ihr Reichen Urſprung wirklich erwieſen iſt. Von der Formation des Pariſerkalks unterfeheidet ſich die Meerformation der Molaſſe ſowohl durch ihren ganzen geognoſtiſchen und petrographiſchen Charakter, als durch ihre Petrefacten. Nirgends wird fie, wie jene, von einer Formation bedeckt, die man für analog mit dem Gyps von Montmartre halten könnte. Die Gebirgsart ferner iſt ein wahrer Sandſtein, der mit Gerölllagern wechſelt, und wohl in ſandigen Kalk⸗ Ueberreſte von Meerthieren. 391 mergel, aber niemals in eigentlichen Kalk übergeht. Die einzige deutlicher charakteriſirte Muſchelart, die ſich zu Paris wieder- findet, iſt Solen vagina, und zwar übertreffen die Exemplare, wie die der heutigen Meere und wie die ſubapenniniſchen, die Pariſer bedeutend an Größe; in der London elay kömmt Mo- diola elegans vor; von den zweifelhaft beſtimmten kommen nur Ostrea flabellula zu Grignon, Murex minax und Car- dium semigranulatum in der London- clay vor. Dagegen fehlen uns die Nummuliten, Nautilus, Orbuliten u. ſ. w. ganz; die Cerithien, die im Pariſerkalk in ſo ausgezeichneter Mannigfaltigkeit erſcheinen, ſind auf wenige und andere Ar⸗ ten beſchränkt, und an ihrer Stelle herrſchen Turritellen vor; es zeigen ſich Auſtern und Pectiniten von ungewöhnlicher Größe und in auffallender Menge; viele Petrefacten endlich ſtimmen ganz überein mit Arten, die noch in unſern heutigen Meeren leben, da die Pariſer hingegen faſt ohne Ausnahme untergegangenen Arten angehören. Vergleichen wir dagegen unſere Petrefactenbildungen mit denjenigen, die der obern Meerformation beygezählt werden, ſo treten uns in jeder Hinſicht die auffallendſten Analogien entgegen, ja es ſcheinen ſich die Eigenthümlich⸗ keiten weit aus einander liegender Theile der Formation bey uns auf einem kleinen Raume zuſammenzudrängen. Hr. Brongniart giebt von der Beſchaffenheit der ſu b⸗ apenniniſchen Hügel folgende allgemeine Beſchreibung 113); „Die Grundlage dieſer Hügel iſt ein oft lockerer und ſandiger Mergel, der mit Lagern eines ziemlich feſten, grauen oder blaulichen Kalkmergels abwechſelt, welche ausſchließlich die große Menge foſſiler Muſcheln einſchließen, deren Abbildung und Beſchreibung wir Hrn. Brocchi verdanken; über dieſem ſandigen und glimmerhaltenden Mergel zeigt ſich, faſt ohne Ausnahme im ganzen Gebiet der ſubapenniniſchen Hügel, eine ſandige, etwas thonige Bildung, von eee Mächtig⸗ 113) Env. de Paris, p. 429. 392 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. keit, von weitem an ihrer braunröthlichen Farbe erkennbar, welche einzelne feſte Sandſteinlager mit kalkigem Bindmittel und faſt immer, beſonders in der Höhe, einen, oder meh⸗ rere Bänke mit großen Auſtern, ſehr ähnlich der O. hippo- pus, großen Pectiniten und einigen andern Muſchelgattungen einſchließt; noch höher folgen Gerölle von verſchiedenen, be⸗ ſonders Kieſelgebirgsarten, und in dieſer oberſten Lage, die hin und wieder auch noch Meerconchylien enthält, ſind die Ueberreſte großer Säugethiere, Elephanten, Rhinoceros u. ſ. w. gefunden worden.“ | | Einer der ausgezeichnetſten diefer Hügel iſt der Monte Mario bey Rom, von dem ſchon im vorigen Jahrhundert der. Abbe Mazeas 114), und ſpäter Hr. von Buch 115) Beſchreibun⸗ gen gegeben haben. Die Petrefacten finden ſich in abgeſonder⸗ ten parallelen Lagern, die mit Lagern von Sandſtein, Thon und feſt verkütteten Geröllen, dieſe beſonders am Fuß, ab⸗ wechſeln. „Es find,“ fagt Hr. von Buch, „Bucarditen, Pectiniten, Chamiten, wenige Mituliten, (meiſtens Bival⸗ ven 1%); ihre Form nehmen Sandkörner ein, die eine kalk⸗ artige Maſſe verbindet; höher hinauf erſcheinen eine Menge Oſtraciten von anſehnlicher Größe, mit wenig veränderter Schale, ſie liegen alle über einander, und kaum ſieht man noch einige jener andern Verſteinerungen in ihrer Nähe oder zwiſchen ihnen. — Wenn man, auſſerhalb der Porta Fabrica, den vaticaniſchen Berg hinaufſteigt, ſo ſieht man den Sand⸗ ſtein in feinkörnigen Schichten hervortreten, und weiter hin⸗ auf findet man ihn als grobkörniges Conglomerat, in der Gegend der Oſteria Cruciano. Weiße und rothe Quarzſtücke, graulichweiße Kalkſteingeſchiebe, oft anſehnliche Stücke von blutrothem, muſchlichem Jaſpis, oft Geſchiebe von Feuer⸗ ſtein, Kieſelſchiefer und ſchwärzlichbraunem Uebergangskalk⸗ 114) Savans etrang. T. VI. 5) Geognoſt. Beobacht. II. S. 13 u. f. 216) Mazeas p. 3. Ueberreſte von Meerthieren. 393 ſtein, ſind durch eine Kalkmaſſe verbunden, die häufig ſchon ein blättriges Gefüge annimmt, und durchaus mit kleinen ſilberweißen und ſchwärzlichen Glimmerblättchen gemengt iſt. Der feinkörnige Sandſtein, in welchem das Bindmittel durch- aus die Oberhand hat, wird durch dieſe Glimmerblättchen ſehr glänzend, und erhält ein thonartiges Anſehn, obgleich die ganze Maſſe heftig mit Säuren aufbraust. — Dieſe grob⸗ und feinkörnigen Schichten wechſeln mehreremale über einander.“ Wer glaubt nicht hier die Beſchreibung des Belpbergs zu leſen, ſeiner Nagelfluhlager, die mit feinen Sandſteinen wech⸗ ſeln, und faſt aus gleichen Geröllarten beſtehen, ſeiner Petre⸗ facten, auch faſt ausſchließlich Bivalven, und nur Steinkerne, ſeiner Auſterſchicht, die den Hügel, wie alle dieſer Gegend bedeckt? Und nun erſt die Uebereinſtimmung der Petrefacten ſelbſt! 8 Die Zahl der mit einiger Zuverläßigkeit beſtimmbaren Arten unſerer Petrefacten beläuft ſich, mit Ausſchluß der St. Galler, ungefähr auf 40, und von dieſen finden wir 21, und zwar gerade die ausgezeichnetſten in Brocchi wieder, nämlich: Brocch:. Solen vagina id. sens S. candidus Panopæa Faujas Mya panopæa Tellina tumida id. Venus Islandica id. — — Chione id. — -— papilionacea V. rotundata Cardium edulinum C. edule „ ans 1d. — — — Clodiense id. Arca antiauata id. Pecten laticostatus Ostrea latissima — — dubius — — dubia 394 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Brocchi. Ostrea edulis id. Natica canrena Nerita canrena — — glaucina — — glaucina Turritella terebra Turbo terebra — — — triplicata — — triplicatus — — — subangulata — — subangulatus Cerithium lima Murex scaber Buccinum corrugatum id. Die Panopæa Faujas, Venus Islandica und papil., Card. edule, Pect. laticostatus, Natica canrena und Tur- ritella triplicata find die für unſere Molaſſe wahrhaft charak⸗ teriſtiſchen Arten, und faſt alle, beſonders Panop. Fauj. und Natica canr. gehören auch in Italien zu den am allgemeinſten und in größter Menge verbreiteten. Mehrere Vergleichungen habe ich überdieß weggelaſſen, weil ſie mir einen geringern Grad von Zuverläßigkeit zu haben ſchienen, z. B. Card. semi- granulatum mit Venus cypria, Modiola lithophaga mit Chama coralliophaga Br., Trochus zizyphinus mit Tr. cingulatus. Unter den St. Galler Petrefacten finden wir ferner noch folgende übereinſtimmende: Brocchı. Venus lithophaga id. Cardium rusticum id. Modiola papuana Mytilus modiolus Pecten Jacobæus Ostrea Jacobæa — — maximus — — maxima Pyrula ficus Bulla ficus. — Tellina virgata Voluta episcopalis. Ueberreſte von Meerthieren. 395 Das Petrefact, das Hr. Schläpfer Tellina virgata be- nennt, verſichert er in Italien ſehr häufig gefunden zu haben, die Voluta episc. citirt Hr. Brocchi als von andern angeführt. Auch die übrigen Petrefacten unſerer Meerformation wer⸗ den von Brocchi größtentheils unter den ſubapenniniſchen auf⸗ gezählt, ſo die Asterias auranciaca, die Fistulana echi- nata, die Zähne von Squalus carcharias, galeus und cani- cula, die Gaumenſtücke von Rochen. Ein vollſtändigeres Zuſammentreffen zwiſchen den foſſilen Thierarten beyder Länder hätte man kaum wünſchen dürfen. Freylich läßt ſich nicht läugnen, daß unſere Beſtimmungen, theils wegen der mangelhaften Erhaltung der Petrefacten, theils weil ich mich beynah ausſchließlich an Abbildungen hal⸗ ten mußte, den Vorwurf von Unzuverläßigkeit nicht ganz von ſich abwälzen können; das Endreſultat unſerer Vergleichung kann aber durch mögliche Modificationen dieſes oder jenes ein⸗ zelnen Elementes nicht gefährdet werden, denn der überein⸗ ſtimmenden Arten ſind zu viele, und mehrere derſelben ſind zu gut charakteriſirt, als daß man mit einigem Grund auf alle Verdacht werfen könnte. Die HH. Brongniart und Prevoſt haben die Formation der ſubapenniniſchen Hügel zu Nice, Avignon, Mont⸗ pellier, Narbonne und im Rouſſillon wiedergefun⸗ den, ſie ſcheint längs den Alpen ziemlich weit nördlich an⸗ zuſteigen. Auch am nördlichen Fuß der Pyrenäen kömmt nach Hrn. d' Aubuiſſon eine ſandige und merglichte Formation vor, die wahrſcheinlich hieher zu zählen iſt. In der Langi⸗ ſchen Sammlung zu St. Urban fand ich Petrefaeten / die mit den unſrigen vollkommen übereinſtimmen, unter andern eine Panopæa Faujas oder Lutraria solenoides, welche aus Portugal herſtammen ſollen. Zu Angers an der Loire und in der Tourraine findet man ebenfalls deutliche An⸗ zeigen dieſer Conchylienlager, und ſo gelangen wir faſt ohne Unterbrechung bis nach Paris, wo die obere Meerformation 396 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. zuerſt in ihrem Verhältniſſe zu dem übrigen Tertiärgebirge unterſucht und beſtimmt worden iſt. So wie der Monte Mario und die italieniſchen Hügel dem Belpberg und feiner Gruppe, fo find in Frankreich andere dieſer Formation angehörende Hügel mehr der Gruppe des Muſchelſandſteins ähnlich. Der Unterſchied zwiſchen den Ab⸗ lagerungen am Fuß der höhern Gebirge und denen in der Ebene ſcheint ſich demnach als ein allgemeiner zu bewähren. Ein Hügel bey Avignon beſteht nach Hrn. Bron⸗ gniart 117) aus folgenden Lagern: 1) ganz oben ein ſehr gro⸗ ber, kalkiger Sandſtein, der viele Muſchelabdrücke, die ge⸗ ſtreiften Corbulen ähnlich ſehn, und viele Gloſſopetern ein⸗ ſchließt, 2) ein dichterer Sandſtein, mit kleinen ſpäthigen Knoten, die vielleicht von Echinitenſtacheln herrühren. (Die Beſchreibung dieſer zwey Lager paßt vollkommen auf unſern Muſchelſandſtein, die Corbulen ſcheinen unſere Cardien zu vertreten; 3) Molaſſe, derjenigen von Lauſanne ſehr ähnlich, mit Blätterabdrücken und ſehr reich an Glimmer; 4) eine ſandige Kalkbreccie, die faſt nur aus zerbrochenen Muſchel⸗ ſchalen, Madreporen und Gloſſopetern zu beſtehn ſcheint, und in der man Wirbelſtücke gefunden hat, die Cetaceen angehört zu haben ſcheinen. — Beynah ſollte man glauben, daß die beyden Lager des Muſchelſandſteins und der Muſchelnagelfluh, deren gegenſeitiges Verhältniß wir in der Schweiz vergebens aufzuhellen geſucht haben, hier im wäimſcheg Hügel deutlich getrennt vorkommen. Von den Hügeln bey Angers an der Loire ſteht in den Ossem. foss. 119 folgende Beſchreibung: „Der mittäglich von der Loire gelegene Theil des Dep. Maine und Loire ent⸗ hält mehrere Plateaur, die aus einem groben, dem Pariſer ziemlich ähnlichen Muſchelkalk beſtehn, bald ſo dicht, daß er als Bauſtein dient, bald aus kleinen Bruchſtücken ver⸗ 117) Env. de Paris, p. 418. 19) Oss. foss. V. ıre part. p. 266. Ueberreſte von Meerthieren. 397 ſchiedenartiger, ziemlich harter, aber grob verkütteter Meer— körper zuſammengeſetzt; man unterſcheidet darin Fragmente von Pectiniten, Cardien, Reteporen, Milleporen, Quarz⸗ gerölle, aber nichts vollkommen ganzes, mit einem Wort, die Steinmaſſen ſehn ganz aus, wie Ablagerungen, die durch Strömungen oder durch die Fluth in einer weniger bewegten Bucht wären gebildet worden, und nicht durch ruhiges Nie⸗ derfallen in einem Meere, worin die Thiere, deren Ueber⸗ reſte wir hier begraben finden, gelebt und ihr natürliches Ende erreicht hätten.“ — In dieſer Muſchelbreccie, deren Beſchreibung ſo vollkommen auf unſere Muſchelnagelfluh paßt, wurden, wie auf dem Bockſtein, Manatiknochen gefunden. Auch die Manatirippen, die Hrn. Cuvier von andern Gegenden in Frankreich zugeſandt worden ſind, ſcheinen aus ähnlichen Ablagerungen herzuſtammen: von Bordeaux aus einem groben Kalk, der Meerkörper enthält, von la Rochelle aus einem Kieſelkalk (kalkiger Sandſtein), dem viele Meerconchylien, Hayſiſchzähne, Fiſchwirbel und andere Ichthyolithen beyge⸗ mengt waren, von Longjumeau bey Paris aus der deutlich charakteriſirten obern Meerformation, die hier nebſt Meercon- chylien ebenfalls Hayſtſchzähne einſchließt. In England werden von den HH. Phillips und Cony⸗ beare drey Stellen der obern Meerformation beygezählt. 117) Der Crag oder Kies an der Küſte von Suffolk, aus lockerem, zuweilen durch Eiſenocher ſchwach verküttetem Sand und Kies beſtehend, und eine Menge ſehr gut erhaltener Con⸗ chylien einſchließend, die größtentheils mit denjenigen der be⸗ nachbarten Meere übereinſtimmen. Unter den angeführten Arten treffen folgende mit ſubalpiniſchen zuſammen: Venus rustica Turritella terebra Cardium edulinum „ Natica canrena Murex rugosus. — — glaucina 19) Geology of Engl. and Wales, p. 10 u. f. 398 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Auſſerdem werden nicht ſelten Knochen und Zähne gröſſe⸗ rer Thierarten gefunden, die ganz von Eiſenhydrat durch⸗ drungen ſind. Der Sand und Sandſtein der Haide von Bagſhot, weſtlich von London, und die harten Sandſteine, Grey wea⸗ thers oder Druidenſteine, aus denen größtentheils die Ruinen von Stonehenge und Amesbury beſtehn. Die Grey⸗weathers ſchließen zuweilen Kieſelgerölle ein, und Hr. Buckland 120) vergleicht ſie mit unſerer Nagelfluh. Die unvollkommen er⸗ haltenen Petrefacten ſollen mit denen der obern Meerformation zu Paris übereinſtimmen. 5 Die hellgrünliche Mergelbildung, die, auf der Inſel Wight, der untern Süßwaſſerformation von Headon⸗- hill aufliegt. Die Muſcheln ſind auſſerordentlich häufig, vorzüglich gut erhalten, und können zum Theil von friſchen des angren⸗ zenden Meeres gar nicht unterſchieden werden; nur wenige davon kommen auch in der London⸗ clay vor. Die kleinen rundlichen Nieren von grünem verhärtetem Mergel, die man als Begleiter dieſer Muſcheln findet, erinnern an die grünen Kugeln und Linſen im Muſchelſandſtein des Bucheckbergs. Einzelne Lager ſind ganz mit Auſtern angefüllt. Gegen Oſten zu verlaſſen uns die Spuren dieſer Bildun⸗ gen von Stauffen in Süd- Baiern weg bis in die Gegend von Wien. Ich kann in den Werken der HH. von Flurl und Weiß nichts auffinden, das hieher zu beziehen wäre, denn alle ihre Angaben von Verſteinerungen, von Nummuliten, Echini⸗ ten u. ſ. w., im jüngern Sandſtein, ſind zuverläßig von dem grünen Aubrigſandſtein und dem damit verbundenen Eiſen⸗ ſandſtein zu verſtehn. Deſto erwünſchter müſſen uns daher die ſorgfältigen Unterſuchungen von Hrn. Prevoſt über die Petrefactenlager am Kalenberg bey Wien ſeyn 12), durch welche das ſporadiſche Vorkommen der ſubalpiniſchen Meer⸗ —— 120) Struct. geogn. des Alpes. Journ. de Ph. T. 5 p- 20. 12) Journ. de Ph. T. 91. p. 347. 4 Ueberreſte von Meerthieren. 399 formation längs der ganzen Alpenkette auſſer Zweifel geſetzt wird. Ein ſandiger Mergel, der Glimmer enthält, und nach der Höhe in einen kalkigen Sandſtein übergeht, worin zerſtreute Nagelfluhgerölle vorkommen, bildet im Thale von Baden kleine Hügel, die theils frey ſtehn, theils ſich an den Fuß der Kalk⸗ alpen anlehnen. Es iſt offenbar die öſtliche Fortſetzung un⸗ ſerer Molaſſe, die in der Tiefe, was in der Schweiz ſelbſt ſo häufig der Fall iſt, zu Mergel geworden iſt. Die Petrefacten finden ſich ſowohl in dem obern Theile des Mergels, als in dem darüberliegenden Sandſtein, vorzüglich aber in dieſem, und ihre Beſchaffenheit iſt verſchieden, je nach der Steinart, die ſie umſchließt: die Schalen ſind vollkommen erhalten in dem Kalkſande, beſſer, wie es ſcheint, als in keinem unſerer Lager, und ganz zerſtört in dem harten Sandſtein, oder dem weichen Mergel, ſo daß nur die Steinkerne oder äuſſeren Abdrücke ge⸗ funden werden. Vermengt mit den Conchylien kommen auch Hayfiſchzähne (sd. cornubicus) und Knochen von Säuge⸗ thieren vor, ferner Echiniten, Madreporen und Serpulen. Die Gattungen der Conchylien ſind dieſelben, die ſich bey uns finden, nur ſcheinen die einſchaligen ziemlich vorherrſchend, da ſie im Gegentheil in den meiſten unſerer Lager von den Muſcheln faſt verdrängt werden; ein Unterſchied, der wohl größtentheils zufällig iſt, da auch in Luzern und noch mehr in St. Gallen ſich unter den einſchaligen Conchylien eine weit größere Mannigfaltigkeit als in der Gruppe des Belpbergs zeigt. Indeß iſt es gewiß dieſer Eigenthümlichkeit zuzuſchrei⸗ ben, daß von den 27 Arten, die Hr. Prevoſt anführt, nur zwey ſich in unſerm Verzeichniß wiederfinden, nämlich Solen candidus und Cardium hians, die überdieß noch unter un⸗ ſere zweifelhaften gehören. Alle jene 27 Arten werden da⸗ gegen, ſo wie die Hälfte unſerer Arten, von Brocchi unter den ſubapenniniſchen aufgezählt, 20 andere Arten ſtimmen über⸗ ein mit noch unbeſchriebenen Petrefacten, die Hr. Prevoſt in Sammlungen ſah, die ebenfalls aus Italien herſtammen, ſo 400 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. daß, in Erwägung der übrigen Verhältniſſe, die Identität der Wienerformation mit der italieniſchen und alſo auch mit der unſrigen nicht bezweifelt werden kann. | Nach Hrn. Beudants Beobachtungen wird die Molaſſe auch in Ungern von petrefactenhaltenden Kalk- und Sand⸗ ſteinmaſſen bedeckt, deren Lagerungsverhältniſſe und zum Theil auch petrographiſcher Charakter auffallend mit denen unſers Muſchelſandſteins übereinſtimmen. Aus mehreren Gründen glaubt indeß Hr. Beudant den größten Theil derſelben nicht der Formation der ſubapenniniſchen Hügel, ſondern eher dem groben Pariſerkalk beyordnen zu ſollen, den er übrigens, wie ſchon erwähnt worden, mit jener für gleichzeitigen Urſprungs hält; einige hingegen fand er in der That mehr der Wiener und der ſüdfranzöſiſchen Formation genähert, und wäre ge⸗ neigt, im Fall wirklich zwey Meerformationen unterſchieden werden müßten, dieſelben der obern beyzuzählen. — ͤ öw»v:—— Das relative Alter unſerer Süßwaſſer- und Meerbildun⸗ gen iſt ſchwer zu beſtimmen, weil faſt immer dieſelben in bedeutender Entfernung von einander vorkommen, und auch wenn man ſie irgendwo in Berührung fände, der Zweifel bliebe, ob, was für ein Süßwaſſerlager gilt, Regel für alle ſey. — Halten wir uns an die allgemeinen Lagerungsverhält⸗ niſſe, ſo ſehn wir in der Waadt Süßwaſſerlager und bey Guggisberg Meerlager, welche die Nagelfluh unterteufen, bey Käpfnach wird die Braunkohle hoch von Molaſſe bedeckt, im Bütſchelgraben ein Meerlager 360m hoch, bey Sorvilier haben wir ein Süßwaſſerlager mitten im Muſchelſandſtein eingefchloffen gefunden, und der Muſchelſandſtein anderer Gegenden enthält Meerconchylien und Landthierknochen regel- los durcheinander gemengt, in Niederöſterreich endlich iſt eine Maſtodontenkinnlade in dem oberſten Lager eines Hügels gefunden worden, der wahrſcheinlich aus Muſchel⸗ ſandſtein Ueberreſte von Meerthieren. 401 ſandſtein beſteht 122). Die nämlichen Abänderungen von Mo- laſſe, Mergel und Nagelfluh umgeben die Süßwaſſerlager wie die Meerlager. Wenn nach dieſem noch von Altersverſchie⸗ denheit die Rede ſeyn kann, ſo möchte ich, ungeacht der größern Schwierigkeiten, in die uns dieſe Annahme verwickelt, eher die Süßwaſſerlager, oder genauer die Braunkohlelager für die ältern, die Meerlager für die jüngern halten. Die tiefliegenden Lager von Käpfnach und in der weſtlichen Schweiz ſtehen in ihrer vollen Entwicklung, und zeigen einen großen Reichthum mannigfaltiger Petrefacten; die Meerlager zu Guggisberg und im Bütſchelgraben erſcheinen dagegen nur arm und unbedeutend in Vergleichung mit den Lagern, die in der Höhe vorkommen. Man hat ferner S. 256 geſehen, daß zu Lauſanne, alſo im Dach der Pauderlager, Meercon⸗ chylien gefunden werden. Bey Aarberg kommen die Thier⸗ überreſte faſt am Ufer der Aare vor, der Muſchelſandſtein von Surenhorn liegt dagegen 238 über derſelben. Zu Unau bey St. Urban, wo der Muſchelſandſtein auf allen Höhen er⸗ ſcheint, ſoll ein Braunkohleflötz mit Süßwaſſermuſcheln der Molaſſe untergeordnet ſeyn. Die Lager von Käpfnach und Elgg endlich werden ſehr hoch von Molaſſe und Nagelfluh bedeckt, und, in ungefähr mittlerem Abſtande von den Alpen, erſcheint zu Bremgarten und gegen Baden zu, ob wohl nicht auf der Albiskette ſelbſt auch? der Muſchelſandſtein als die Decke der Hügel. Wir kennen indeß unter der obern Meerformation keine Süßwaſſerbildungen im Tertiärgebirge, als die des Gypſes von Montmartre und die des Plaſtiſchen-Thons. Mit der letztern haben wir unſere Braunkohlelager ſchon früher ver- glichen, und eine ſo bedeutende Verſchiedenheit gefunden, daß eine Vereinigung beyder Formationen für ſehr gezwun⸗ gen und willkührlich erklärt werden müßte. Faſt eben ſo 122) Ossem. foss. V, 2de part., p. 498. 26 402 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. grundlos muß eine Zuſammenſtellung mit dem Gyps von Montmartre erſcheinen, da von allen den charakteriſtiſchen höhern Thierarten, den Anoplotherien, Paläotherien u. ſ. w. bis jetzt noch keine Spur in der Molaſſe iſt entdeckt worden, und unſere Braunkohlelager, wenn man ſie den foſſilen Kno⸗ chen nach claſſificiren will, ſich im Gegentheil eher den Di⸗ luvialbildungen verwandt zeigen. Entweder müſſen wir da⸗ her zwiſchen die obere Meerformation und den Gyps noch eine eigene Süßwaſſerformation einſchalten, die ſich von der⸗ jenigen des Gypſes durch ihre Thierarten und durch die Be⸗ ſchaffenheit ihrer Steinlager unterſcheiden würde, oder, was weit mehr Wahrſcheinlichkeit hat, wir müſſen unſere Braun⸗ kohlelager ebenfalls der obern Meerformation beyzählen, und uns ihr Verhältniß zu den Lagern, die Meerproducte ent⸗ halten, ungefähr eben ſo vorſtellen, wie dasjenige, das auch jetzt noch zwiſchen angrenzendem Land - und Meerboden ſtatt findet. Das Vorkommen von Landthierüberreſten und viel⸗ leicht Süßwaſſermuſcheln im Muſchelſandſtein, dasjenige von Blättern und Pflanzentheilen zu Tägertſchi, und die Natur der meiſten Muſchelgattungen, die in den Meerlagern ge⸗ funden werden, ſcheint ohnedieß auf die Nähe von Land hin⸗ zudeuten. Nicht nur würde endlich durch dieſe letztere Er⸗ klärung die Anomalie, die bis jetzt die Molaſſe als eine Aus⸗ nahme von den allgemeinen Geſetzen der Lagerfolge erſcheinen ließ, größtentheils gehoben, und der richtige Blick der HH. Cuvier und Brongniart auch hier wieder bewährt, ſondern wir gewännen damit auch ein neues Beleg für die Identität unſerer Formation mit der ſubalpiniſchen, die bereits in ſo vielen andern Rückſichten eine ſo auffallende Uebereinſtimmung gezeigt hat. Auch in Toscana kommen nämlich die Dilu⸗ vialknochen öfters mit den Conchylien der letzten Meerfor⸗ mation gemengt vor, werden davon bedeckt, und können durch keine ſcharfen Grenzen von ihnen geſchieden werden. Leider dürfen wir aber das Alter der Molaſſe-Formation Ueberreſte von Meerthieren. 403 ſelbſt nicht einzig von demjenigen ihrer Petrefactenlager ab— hängen laſſen. Ein ſehr großer Theil der Formation iſt nothwendig lange vor der Bildung dieſer Lager vorhanden geweſen; die Molaſſe bildete den Boden, auf dem die Ma⸗ ſtodonten und Rhinoceros lebten, deren Ueberreſte fie ein- ſchließen, und die Meeresufer, in die ſich die Venus und Panopäen eingruben, gehörten ebenfalls ſchon dieſer For- mation an. Unſere frühern Zweifel über das Durchgreifen der Petrefactenlager mitten durch die Maſſe der Hügel, deren Abhänge ihr Ausgehendes darbieten, ſind zwar nun vollkom⸗ men gehoben, aber an vielen Stellen muß es doch immer noch ungewiß bleiben, ob die aufgelagerte Molaſſe wirklich neu gebildete, oder ob ſie nur regenerirte ſey, und die große Aehnlichkeit neuerer Flußalluvionen mit wahrer Molaſſe läßt uns auf eine noch täuſchendere Annäherung älterer Meer⸗ alluvionen zu derſelben ſchließen. Die Möglichkeit, daß die Molaſſe⸗Formation, wie andere Sandſteinbildungen auch, an eigenthümlichen Petrefgeten leer ſey, und nur jüngere Lager zum Theil umhülle, läßt ſich immer noch nicht fieg- reich beſtreiten. — Es muß dieſe Anſicht beſonders in ei⸗ niger Entfernung von den Alpen und in der Nähe des Jura ſich hervordrängen, wo die Süßwaſſer⸗ und Muſchelſand⸗ ſteinlager ſtets in dem jüngſten Theile, oder als Decke der Molaſſe⸗Formation erſcheinen, und ſich faſt von derſelben abzuſondern ſtreben. In der ſubalpiniſchen Zone läßt fie ſich dagegen nicht in ihrer vollen Ausdehnung vertheidigen. Wir haben im Canton Freyburg und zu Guggisberg die Petre⸗ factenlager unter die große Nagelfluhmaſſe einſchieſſen ge⸗ ſehen, und die frühere Unterſuchung der ſüdlichen Grenze der Formation und der Lagerungsverhältniſſe des Nagelfluh⸗ gebirges berechtigt uns, von der weſtlichen Nagelfluh auch auf die der mittlern und öſtlichen Schweiz, des Rigi, des Appenzellerlandes, des Allgaus, zu ſchließen. Alle dieſe Maſſen und die mit ihnen wechſelnden dichten und grobkör⸗ 20 * 404 IV. Cap. Dritter Abſchnitt. Ueberreſte ꝛc. nigen Sandſteine, oder auch nur diejenigen von Vevay bis Guggisberg, kann man unmöglich für regenerirt halten, in⸗ dem ſie ſelbſt das Hauptgebirge ausmachen, und einer der beträchtlichſten und intereſſanteſten Theile der Formation, das ganze ſüdlich fallende Nagelfluhgebirge, muß daher im⸗ merhin für jünger als die obere Meerformation anerkannt werden. Mit dieſem Gebirge ſtehen aber auch die Nagelfluh⸗ und Molaſſelager in enger Verbindung, welche im Längen⸗ berg, Belpberg, zu Tägertſchi, bey Luzern und St. Gallen die ſubalpiniſchen Petrefactenlager decken, und was für jene angenommen wird, kann ohne Bedenken auch auf dieſe aus⸗ gedehnt werden. Während die Lagerfolge in der Nähe des Jura mit dem Muſchelſandſtein geſchloſſen blieb, ſcheint dem⸗ nach an den Alpen die Bildung der Petrefactenlager wieder⸗ holt durch neue Molaſſeablagerungen unterbrochen, und die ganze Formation zuletzt durch das hohe a. be⸗ deckt worden zu ſeyn. 405 Schlußbemerkungen. Nachdem wir nun alle die mannigfaltigen Bildungen, die das große Thal der Schweiz erfüllen, nach ihren Beſtand⸗ theilen und ihren gegenſeitigen Verhältniſſen kennen gelernt haben, dürfen wir erſt dem lange unterdrückten Wunſche Raum geben, wo möglich in die Geſchichte der Urzeit ein- zudringen, die Zeuge der großen Umwälzungen war, deren Trümmer wir in jenen Bildungen erblicken. Ein deutlich bezeichneter Zeitpunkt hilft uns dieſe eich. artigen Ereigniſſe in zwey große Epochen ſöndern, die wir nothwendig als eine frühere und ſpätere anerkennen müſſen, der Zeitpunkt nämlich, in dem unſere großen Querthäler entſtanden, und der erſte Grund zu der gegenwärtigen Form des Landes gelegt ward. Was ſich von dieſer Geſtalt ganz unabhängig zeigt, und vielmehr durch dieſelbe eine Störung erlitt, das muß derſelben vorangegangen ſeyn; was dagegen in irgend einem Bedingungsverhältniß damit erſcheint, das muß als ſpäteres Ereigniß betrachtet werden. In jene Epoche fallen vier der wichtigſten Zeitmomente in der Geſchichte der Molaſſe, ihre Entſtehung, die Einmengung von Süßwaſſer⸗, Land⸗ und Meerthieren die Entſtehung der Nagelfluh und die Einſenkung oder Aufrichtung der Schichten; in dieſe die Verbreitung der großen alpiniſchen Blöcke, die Ablagerung des mächtigen f und der Anfang der Alluvial⸗ Be Die große Dicke der meiſteh Petrefactenloger und die wiederholte Erſcheinung derſelben in verſchiedenen Höhen deſſelben Hügels beweiſt, daß zwiſchen der Bildung der un⸗ tern Molaſſe und der aufgelagerten Nagelfluh ein langer Zeitraum verfloſſen ſey, in welchem die Ablagerung von Mo⸗ laſſe und Nagelfluh zwar nicht vollkommen unterbrochen, 406 Schlußbemerkungen. aber doch ſehr geſchwächt und auf geringere Maſſen beſchränkt war. — Aus dem Vorkommen der Süßwaſſer- und Land⸗ thierüberreſte mitten zwiſchen Meerablagerungen haben wir vorhin auf eine geringe Höhe des Meeresſpiegels und auf die Nähe von Land geſchloſſen, ſey es, daß während jenem Zeit⸗ raum wirklich Meer und Land neben einander beſtanden, was den bisherigen Beobachtungen hinreichend entſpricht, oder daß durch abwechſelnde Hebungen und Senkungen des Bodens der nämliche Fleck Landes bald trocken gelegt, bald wieder vom Meere bedeckt ward, wodurch ein Alterniren von Süß⸗ waſſer- und Meerlagern erklärt werden könnte, wenn je die Beobachtung von Sorvilier weitere Folge erhalten ſollte. Die ſtarken Fallwinkel in der Molaffe- Formation find nur durch gewaltſame Veränderungen der Schichtenlage zu erklären, und die Gleichförmigkeit des Fallens längs der ganzen Alpenkette, die genaue Verbindung, in der es zu der Schichtenneigung der Kalkgebirge ſteht, die Spuren endlich, die wir von dieſem Zuſammenhang auch in der Nähe des Jura und in ſeinen innern Thälern bemerken, deuten auf ein fehr großartiges Phänomen, an dem ein beträchtlicher Theil der Alpenkette, wenn nicht die ganze, und alle ihre nähern Um⸗ gebungen Antheil genommen haben müßen. — Die Fallwinkel werden immer ſtärker, je mehr man ſich den Alpen nähert, und in den Gebirgen, die an den Kalk anſtoßen, iſt die Störung der frühern Schichtenlage am auffallendſten. Auf allen Hügeln der niedrigen Schweiz, im Seeland, im Aar⸗ gau, durch die Cantone Zürich und Thurgau bis in's ſüdliche Deutſchland ſehen wir den Muſchelſandſtein in wenig ver⸗ änderten Verhältniſſen, auf ziemlich gleicher Höhe, oft ganz horizontal, oder auf horizontaler Grundlage, in der ſubalpi⸗ niſchen Gruppe dagegen zeigen ſich zwiſchen verſchiedenen Punkten des nämlichen Petrefactenlagers Höhenunterſchiede von 400 und mehr Meter, das ſtärkere, Fallen bleibt auf große Diſtanzen conſtant, und auch die Grundlage, obſchon mit ge⸗ Schlußbemerkungen. 407 ringerem Winkel, nimmt daran Theil. Es iſt daher wahr— ſcheinlich, daß die Kataſtrophe die Alpen vorzugsweiſe be⸗ troffen habe, und daß die größere Höhe der gegen fie anſtei— genden Lager durch eine Hebung über das frühere Niveau und nicht durch ein Verſinken gegen den Jura zu erklärt werden müſſe. Noch auffallendere Reſultate ergeben ſich, wenn wir die Höhen unſerer Petrefactenlager mit denen der obern Meer- formation anderer Länder zuſammenſtellen. Die Lager des Muſchelſandſteins, die wir als den vormaligen Meeresgrund betrachten können, liegen zwiſchen Tour la Moliere und Staufen auf einer Höhe von 550 bis 700m, und die geneigten Lager der ſubalpiniſchen Hügel, die mehr Aehnlichkeit mit alten Ufern zeigen, erheben ſich in der Bütſchelegg bis auf 1030 m. Dagegen ſetzt Hr. Prevoſt die Höhe der auch als ein altes Geſtade erſcheinenden Lager bey Wien nur auf 220m; Hr. Beudant diejenige der Ungeriſchen Lager auf 100 bis 150m; Hr. Phillips die des Crags auf 20m, und die des Bagshot⸗Sandes auf höchſtens 150 ; die abſolute Höhe von Montmartre beträgt nach den HH. Cuvier und Brongniart 140m, und diejenige der Lager im ſüdlichen Frankreich iſt wahrſcheinlich noch bedeutend geringer; die Stadt Turin und die dortigen reichen Lager liegen in einer Höhe von 230m; die größte Höhe des Monte Mario beträgt nach Hr. von Buch 140m, die meiſten Punkte in Toscana mögen wohl nicht höher ſteigen, und nur in Romagna treffen wir zu San Marino wieder auf eine Höhe von 700m, die Hr. Brocchi als das Maximum der ſubapenniniſchen Tertiär⸗Formation betrachtet. Die Höhedifferenzen der Lager, und zwar nicht nur der⸗ jenigen, die als früherer Meeresgrund erſcheinen, ſondern auch ſolcher, die durch die Gattungen, die Gruppirung und gute Erhaltung ihrer Conchylien mehr auf alte Ufer ſchließen laſſen, ſteigen demnach wenigſtens auf 900 n. So wenig wir nun auch bis jetzt von der zoologiſchen Topographie des Mee⸗ 408 Schlußbemerkungen. res kennen, ſo iſt es doch, theils nach den Beobachtungen von Olivi, theils nach der Analogie deſſen, was wir über dem Meere ſehen, höchſt unwahrſcheinlich, daß, nicht nur einzelne Arten von Conchylien, ſondern eine große Menge gleicher Gattungen und Arten familienweiſe unter ſo ſehr verſchiedenen Verhältniſſen gelebt, und ohne die geringſten Folgen für ihre Organiſation, an der einen Stelle einen um nahezu 90 At⸗ moſphären ſtärkern Druck, als an der andern ausgehalten haben; ja es läßt ſich ſogar die Möglichkeit bezweifeln, daß die zartſchaligen, zerbrechlichen Arten, die man in den tie⸗ fern, wie in den höhern Lagern findet, unter jenem Druck hätten exiſtiren können. Faſt ſollte man daher glauben, daß jene ſtarken Höhenunterſchiede nicht ſowohl eine bedeutende Abweichung des frühern zoologiſchen Haushalts von dem jetzigen, als vielmehr eine ſehr in's Große gehende Verände⸗ rung des Niveaus der alten Meeresufer andeuten, entweder, daß wir annehmen, das Meer ſelbſt habe ſich nach und nach von den höhern Punkten auf die tiefern zurückgezogen, was uns aber in Bezug auf die einzige obere Meerformation in alle die Schwierigkeiten verwickeln würde, die man bey dieſer Hypotheſe findet, wenn man die Entſtehung der ganzen La⸗ gerfolge damit erklären will, oder, daß wir / in Uebereinſtim⸗ mung mit unſern frühern Vermuthungen, in dem ſcheinbar feſten Boden den Stammſitz dieſer Umwälzungen ſuchen, und alle höhern Punkte mit ihrer Umgebung als aus e a Meeresgrund emporgeſtiegene betrachten N Drey der allerwichtigſten Thatſachen, die Beſchafenbeit und Zuſammenſetzung der Nagelfluh, die Neigung der Schich⸗ ten und die abſolute Höhe der Petrefactenlager vereinigen ſich daher, uns zu einem Reſultate zu führen, zu dem ſich die neuere Geologie überhaupt immer mehr hinneigt, und das erſt kürzlich durch die wichtigen Arbeiten der HH. von Hum⸗ boldt von Buch und von Hof eine wiſſenſchaftliche Ber gründung erhalten hat, zu der Anſicht, daß die Gebirgsketten Schlußbemerkungen. 409 durch unterirdiſche Kräfte über Spalten der Erdrinde hervor⸗ geſtoßen, und ganze Länder durch ein blaſenartiges Anſchwel⸗ len über den Meeresgrund erhoben worden ſeyen. | Wir haben mehreremale Gelegenheit gehabt, die ſonder⸗ bare, bis in allen Detail der Gebirgsſtructur ſich zeigende Gleichförmigkeit unſerer und der italiäniſchen Tertiär⸗For⸗ mationen zu bewundern. Feſtere Petrefactenlager wechſeln, in den Hügeln dieſſeits und jenſeits der Alpen, mit Molaſſe und Mergel, und eine Geröllſchicht mit Muſchel⸗ und Knochen⸗ fragmenten bildet die Decke der Hügel; die höhern Thierarten, die unſere Molaſſe auszeichnen, die Maſtodonten und Rhi⸗ noceros, ſind auch in Piemont, in Toscana und im ſüd⸗ lichen Frankreich die charakteriſtiſchen; unſere Meerconchy⸗ lien ſtimmen mit den ſubapenniniſchen weit beſſer überein, als mit denjenigen des mittlern und nördlichen Frankreichs, oder als mit den deutſchen; ſogar die Süßwaſſer⸗ und Land⸗ ſchnecken finden die ihnen analogen Arten größtentheils im ſüdlichen Frankreich und in Italien, und die wenigen be⸗ ſtimmbaren Pflanzenformen, die Palmen von Lauſanne und Käpfnach und das Rohr von Freyburg, deuten ebenfalls auf ein mittägliches, wenn auch nicht gerade auf ein tropiſches Klima. Iſt vielleicht zu der Zeit, als dieſe Thier⸗ und Pflanzenwelt in friſchem Leben ſtand, die hohe Grenzmauer des Süden und Nordens noch gar nicht, oder nicht in ſo coloſſalen, weit in die Schneeregion hinaufſteigenden Maſſen vorhanden geweſen? Standen einſt die ſubapenniniſchen und ſubalpiniſchen Hügel in unmittelbarer Berührung? — Merk⸗ würdig genug ſcheint der Untergang der frühern Organiſation zuſammenzutreffen mit dem Aufthürmen der hohen Nagelfluh⸗ gebirge, der Aufrichtung und dem Einſtürzen unſerer Ge⸗ birgslager und der Entſtehung der großen Querthäler. Dürfen wir uns erlauben, in dieſem Dunkel noch einen Schritt weiter vorzudringen, ſo möchte vielleicht die Nagel⸗ fluh, die von den Meerlagern bedeckt wird, und die im All⸗ 410 Schlußbemerkungen. gemeinen durch ihre Geſchiebe ſich von der ſüdlich fallenden Nagelfluh unterſcheidet, auf ein ähnliches, aber älteres Phä⸗ nomen hindeuten, das zum Theil auf andere Gebirgsfor⸗ mationen eingewirkt und einen langſamern Gang genommen, daher auch nicht ſo gewaltſame Kataſtrophen hervorgebracht hätte, und die genaue Verbindung dieſer ältern Nagelfluh mit der Molaſſe möchte endlich ſelbſt einiges Licht 1 den Urſprung der ganzen Formation werfen. l 411 Tafel der abſoluten Höhen. Trigonometriſch beſtimmte. (T Trechſel, L Lüthardt). is r eien Bantiger, Gipfel EL I amm Berg, Harzer“? ER RERRSTTRNEE N, 900 Bera, Gipfel „een 1731 Bern, Aare e en nee Du 513 Bieler⸗See „ en enn, 431,4 ,, 1036 PC%r ⁵ß skne 1554 Gurten, Signal e 866 Hallſtädtegg/ Gurnigelberge „. 1419 Meyenried, Aare VVV 427,5 Murten - See NIS IR SANT E SR AL R any Sigunllll! en an ARE Neuenburger⸗See en en Pfeife, Gurnigelberge VVVVVFCVVVVV Riggisberg, Kirche VT eig, Schloss de erg, dorf n eee e ͤ . a a Schüpfen/ Gurnigelberge t Schwendelberg, bey Guggisberg een Seelisbühl, Gurnigelberge ae ne Solothurn, Aare „ ͤ („ dnn Thun, Aare ingame n Wahlenhaus, bey Guggershorn . Zimmerwald Kirche „„ ; err Er = 0 af Baronmetriſch bestimmen N | (Die erſte Ziffer bezeichnet die Anzahl der Beobachtungen). 775 Aeppeacker, unteres Petrefactenlageuru 3 906m 57 ei = oberes r + 0 + 5 4 917 Aeſchi, am Bantiger, Petrefacten 1 6067 412 Aeſchlenalp, oberſte Höhe des Buchholterbergs Belp, Thalboden bey'm Pfarrhaus FE Bevilard, Hügel von Muſchelſandſtein Bockſtein, auf dem Bucheckberg u Bunker, Steinbruch e FRE Bucheckberg, Muſchelſandſtein über Balm Bütſchelegg,/ unterſtes Petrefactenlager bey Bungeren — — — Panopäenlager EEE ee Aufkernlagen nat. am Bütſchelgraben, Petrefactenlager nt Court, öſtlicher Süßwaſſerhügel „ — —7 weſtlicher — — — — EL ——, Wafferfcheide gegen St. Sofeph } ; Dentenberg, Steinbruch „% ᷑ ᷑ 0vmB:( Falkenfluh, große Granitblöcke — — —, Block öſtlich vom Signal e Frienisberg, oberſte Höhe „ eee Gerzenſee, Nagelfluhlageruͥu 0. — — — , Auſternlager % Guggisberg, Petrefacten lager Günsberg, bey Solothurn, große Blöcke Gurten, Petrefactenlager Ara Abe fi Terraſſe + + 0 + + . Gutenbrünnenfluh, Mergellager N 0 Gysnaufluh, bey Burgdorf, En UN in einem Steinbruch 5 8 500 Hasli, im Grund, an der Aare a d Hohburg, mittlere Nagelfluhmaſſe e 12 — — — unterſtes Petrefactenlager an der. Straße . — ——7 Panopäenlager an der Straße 8 — ——/ obere Auſternagelfluh an der Straße, untere Ablloſung „% ee — ——, Muſchelfluh i — —— / Panopäenlager, ſüdliches Ende 4 Hütligen, Auſternagelfluhyg ORTEN. Bensberg , Steinbruch auf der Höhe a RN Imi, unterſtes Pekrefacten lagen = —— Panopäenlager . Mt | obere Gbenrn n — , weſtliche Spi ge Imi, öſtliche Spitze { Julimont, Steinbruch an der Nordſeite Lengnau, große Blöcke e Liddiwyl, große Blöcke . ö 3 Marchbach, untere Abloſung der mittlern Nagelfluh — — — unteres Petrefacten lager — — —,/ Panopäenlager . . Miſtelachberg, Signal . Naters, Signal 4 Oberaar, untere Abſonderung der mütlerh Nagelflub — —, obere s 4 s s z 2 — —/ Panopläenlager am nördlichen Ende der Felſen — —,/ Auſternlager e, ,, le Me — —/ Panopäenlager am ſüdlichen Ende der Ba Oberdorf bey Solo thun n Obermuhleren, Sodbrunnen im Doerr — — — — / Petrefactenlager im Maurgraben — — —-—,,ñ „gegen Aeppeacker zu Raumsthal, Steinbruch, 3 von e a Schnotwyl, Steinbruch 5 Schwarzenegg, Kirche %%%%«öÄ0%5Ü ER Schwarz⸗See N NEL RS Seyrie, Steinbruch, bey Tour la Moliere N. S oflier, Thalg rund Bere Stauffenhubel e Surenhorn, Steinbruch N REES Tennli, bey Münſingen, Petrefactenlager 3 Tſchuggen, Betrefastenlager im Nied f — — —, „% % „ uüner Bumishaus — — —, „„ «„ „ bey'm Nußbaum — — —,Nagelfluhlager mit e, | — — —, Gipfel h Utzigen, Steinbruch — —,/ große Blöcke , NEED. Walkringen, große Blöcke . Weinhalde, bey Tägertſchi, Betrfutenfage Wolfsmatt/ le HS PRE RP DRG np Be a n a A aha ha Br Eon an 413 9m 558 700 868 567 662 690 642 1222 587 645 748 759 709 570 861 866 894 700 547 930 1059 590 704 1157 686 673 819 808 903 935 997 705 867 910 669 758 414 Inhalt. Erſtes Capitel. Die äußern Formen der Gr birge, Hügel und Thäler „„ Zweytes Capitel. Geognoſtiſche Beſchrei⸗ ing a 24 Erſter Abſchnitt. Grenzen der Molaſſe⸗ Fornation 25 I. Südliche Grenze. . Gruppe der Schweins ⸗ und Gurnigelberge 26 Gruppe von Ralligen 1 Gruppe der Bäuchlen, Lochſeite und Honeggen 51 Der Rig! % en a 60 E SR Hach Osten Ä 64 Oeſtliche und weſtliche Grenze Ah 67 11 Nördliche Grenze Ä 68 Zweyter Abſchnitt. e e der Molaſſe⸗ | Formation 8 . au 71 I. Molaſſe. . k ; 72 Gruppe von Schangnau und Luzern b 72 Gruppe von Bern. N : h : 78 Gruppe des Seelandes . e 95 II. Nagelfluh 5 5 h 0 1 106 Gruppe von Guggisberg 144 Gruppe von Thun. i 116 Gruppe der Bäuchlen und Lochſeite aaa >. Gruppe des Emmenthals 2 R j 131 Gruppe des Belpberg. „ Oeſtliche Schweiz und Süd— Baiern e III. Muſchelſandſtein . \ x h h 174 Sandſtein ; g ; ; : 5 115 Nagelfluh g N Ä N g ’ 185 415 Drittes Capitel. Neuere Bildungen Seite 195 Erſter Abſchnitt. Diluvial⸗ Formationen 198 I. Kies- und Sandlager . A ; 198 II. Gebirgsſchutt und große Blöcke „ Im Aarthal . X ; . . „ NS Im Rhonethall 0 ; 89 Zweyter Abſchnitt. Alluvial⸗ Formationen . 231 I. Quellen . „ II. Geſchieb⸗„ Sand⸗ und Lehmbänke 1 III. Kalktuff . . Ine > 930 Vene 10 Viertes Capitel. Foſſile Körper „ Erſter Abſchnitt. Au Ueberreſte von Vegeta⸗ bilien N , 253 Zweyter Abſchnitt. einen mange und Ueberreſte von Landthieren . ; 265 I. Braunkohlelager Ä ; a g 1 269 Pauder . . a 4 0 269 Belmont ; 4 Ä 2 0 270 St. Saphorin e ec 200 Oron „ le ein ae 220 Sema, ne 2 H VTV Käpfnach „%%ös¾ð ͤ ⁶ Bö ne ze Elgg ; „ 5 8 r A 279 II. Stinkſteinlager %%% ln h 284 Goumoens %% łĩ ů ' ee. 25 Boudry . 5 s x A 5 : 285 f -VMâ ⁊ ᷣ , Oeningen ; 100289 III. Ueberreſte größerer Thiere in Molaſſe 293 Aarberg. 5 . 293 IV. Steinkerne von Suede in harten Knauer 295 \ 416 Dritter Abſchnitt. Ueberreſte von Meerthieren S. 298 I. Petrefacten des Muſchelſandſtein s II. Petrefacten der ſubalpiniſchen Hügel 1. Zoologiſcher Theil . ENTE 2. Topographiſcher Theil Rechtes Aarufer zwiſchen Thun und Bern Der Belpberg { ; a ; i Der Langenberg . 5 ; { P Luzern ; er): k 139 St. Gallen . i elle Bregenzerwald 0 x 3. Vergleichung der ſubalpiniſchen Petre⸗ facten mit denjenigen des Muſchelſand⸗ ſteins und fremder Formationen Schlußbemerkungen „ „ Tafel der abſoluten Höhen „enen, Druckfehler. S. 60 Lin. 2 von oben, ſtatt erſtern lies erſtere. — 281 — 4 — unten, — ganze — geognoſtiſche. — 354 — 15 — oben, — m — 4m, 299 313 313 336 338 348 356 377 380 384 385 405 414 0 Regiſter. (V. bezeichnet die Vorrede.) A. Aar, ihre Geſchiebe, 234. Aarberg, geogn. Verh., 100. Foſſile Knochen, 293. Aargau, Hügelformen, 12. Mus ſchelſandſtein, 180. f Aargauerſandſtein, iſt Mu⸗ ſchelſandſtein, V. 13. Aarthal, beſchrieben, 15. Fels⸗ blöcke 211. Aeppeacker, Petref.⸗Lager, 365. A lire, äuſſere Form, 3. Alluvial⸗ Formationen, 231. Alpenkette, äuſſere Formen, V. 3. Entſtehung , 406. Ammoniten, in der Mere 249, 252. Amphiboliten, bey Neuenegg, 225, bey Bäriswyl, 226, Ampullaria, 308. Amſoldin gen, Gegend, 4. — Steinarten, 116, Felsblöcke, 3, Anaplotherien, aer wee, i 294. Anatina, 317. Andrea, über Berlingen, 309. Angers, obere Meerform, 396. Anodonta, 278. Appenzell, Plateau, 13, Na⸗ gelfluhgebirge, 155. * Arca, 325, Aſterias, 315. Au buiſſon, d', Alter der Mo⸗ laſſe, V. 16. M. an den Pyre⸗ näen, 67. Auſtern, ſ. Oſtrea. Auſtern lager, 346, ſ. Lage math. beſtimmt, 378. Avignon, obere Meerform, 396. B. Babiruſſa, foſſil, 294. Baden, Petref., 377. Bagſhot⸗ Sand, beſchrieben, 398. Baiern, Süd⸗, Molaſſe, 67, 71, Nagelfluh, 157, Conglom. am Bolgen, 172, Muſchelſand⸗ ſtein, 181. Braunkohle, 281. Meerpetrefacten, 398. Balanus, 312. 315. Ballen bühl, große Blöcke, 217. Bantiger, Lage, 9. Form, 10. Muſchelſandſt., 179. Felsblöcke, 217. 220. Petref., 347. Bäriswyl, Felsblöcke, 226. Baſel, Molaſſe; 70. Petrefac⸗ ten, 312. Bäuchlen, 5. Gruppe der, 32. Nagelfluh, 128. 27 418 N Belemniten, am Gurnigel, 31, in der Molaſſe, 231. Belmont, Braunkohle, 270. Belpberg, Form, 7. Nagel⸗ fluh, 138. Felsblöcke, 214. Pe⸗ trefacten, 348, mit Monte Mario verglichen, 393. . Bera, Form, 3. 10. Gebirgs⸗ art, 32. Berlingen, Petref., 309. Bern, Kieslager, 199. 202. Gab⸗ bro, 226. \ Beroldingen, Betref., 377. Bertrand, über Petref., 249. Bettlach, Felsblöcke, 221. Beudant, Alter der M., V. 18. über die M. in Ungern, 67, über die obere Meerform, 400. Biber, foſſil, 278. Biel, Felsblöcke, 221. 224. Bitterſalz, in der M., 94. Blaſen, Lage, 9, geognoſtiſche Beſchaffenheit, 136. Blätterabdrücke, über Ralli⸗ gen / 40, in der Molaſſe, 34. 256, im Tuff, 236. Blöcke, im Habkerenthal, 165. bey Schangnau, 169, am Bol⸗ gen, 172, im Schuttgebirge, 204, Urſprung derſ., 208, im Aarthal, 211, ihre Bahn, 218, im Rhone⸗ thal, 222, am Jura, 222, bey Uebersdorf, 225, Blume, 4. Bonnard, Alter der M., V. 16. Boudry, Gyps, 105, Stink⸗ ſtein, 285. Boué, über den Alpenkalk, V. 9. Bourdet,, über foſſile Schild⸗ fröten, 295, über Tour la M./301. Regiſter. Bourguet, über Petref., 249. Bramegg, Molaſſe, 60 Braunkohle, im Gurnigel⸗ ſandſtein, 28. Zu Ralligen, 39, an der Bäuchlen, 52, bey Straͤt⸗ ligen, 201, Beſchreibung, 258, neuere Entſtehung, 263, Bedeu- tung, 282, im Courtthal, 293. Braunkohleſandſtein 7 für Molaſſe, V. 12. Breccie, in der Nagelfluh, 142. Bregenzerwald, Petref., 384. Brittnau, Muſchelſandſt. „180. Nagelfluh, 193. Broc, Steinart, 32. 0 Brochant, über die großen Blö⸗ cke, 210. 220. f Brongniart, über den Alpen⸗ kalk, V. 9, uͤber das Alter der Mol., V. 19, über Deningen, 290, beſchreibt die ſubalp. Hügel, 391, einen Hügel bey Avignon, 396. Brügg Nagelfluh, 190. Brünig / Granitblöcke, 212. Brunner, analyfirt die harten Knauer, 98, die grünen Kör⸗ ner / 175. Brüttelen, Nagelfluh, 192. Buacker, foſſile Schnecken, 295. Buceinum, 308. 334. Buch, von, Aufrichten der Kalk⸗ gebirge, V. 6. Beſtimmung der alpin. Kalkform, V. 7, über die Mol.⸗Format., V. 27, über Bou⸗ dry, 68. 105, über Conglomerat⸗ Bildung, 165, die Congl. von Sepey, 171, über die großen Blöcke, 207, beſchr. den Monte Mario, 392. Bucheckberg, Form, 11, Mu⸗ Regiſter. ſchelſandſt., 178, große Blöcke, 227. Buchholterberg, Form, 5, Nagelfluh, 58, Mergel, 102. Buckland, über den Alpenkalk, V8 über das Alter der Molaſſe, BB an | | Bufoniten, ſ. Fiſchüberreſte. Büren, große Blöcke, 227. Burgdorf, Muſchelſandſt., 180, große Blöcke, 226. | -Bütfchelegg, 4. Petrefacten, 359, Bütſchelgraben, Petr., 357. Verhältn. derſ. zur Mol.⸗Form. 375, zum Mufchelfandfl., 388. | C. Cancellaria, 333. Cardium, 306. 323. 378. Caſſis, 307. Cerithium, 307. 311. 333. Chaeropotamus, in der Mo⸗ laſſe, 294. Chambrier,/ über die Nagelfluh, V. 33, uͤber die Riginagelfluh/ 61. Charpentier, über den Alpen⸗ kalk, V. 8. Chavannes, über den Chamoe⸗ rops, 257. Conglomerat, Gerölle in der Nagelfluh, 130, Bildung, 165, im Habkerenthal, 168, bey Fru⸗ tigen, 170, bey Gſteig, 171, zu Sepey, 171, am Bolgen, 172, des Rhonethals, 222. 224. Conus, 303. 379. Corbis, 319. Corbula, 317. Court, Muſchelſandſtein 181, / 419 Stinkſtein, 286, Braunkohle, 293, Meerpetref., 310 Crag, mit der Molaſſe vergli- chen, 397. . Cruſtaceen, foſſile, 305. Cyelas, 272. Cyrene, 277. Cytherea, 306. 320. D. Dammerde, 240. Därligen, Granitblöcke, 213. Deleroz, über die Höhe von Bern, V. 29. Dentalien, 305. Dentenberg, Muſchelſandttein, 179, große Blöcke, 217. Dillingerberg, 289, Diluvium, 196. ea: Donax, 319. 378. Dotzingerberg, Nagelfluh, 190. i Ebel, über die Nagelfluh, V. 10, V. 33, über die Mol. „Form / V. 11, über die Molaſſe des Zuger⸗Sees, 62 über den Tiefenbachtobel, 62, über die großen Blöcke, 207, über die Petref. der Mol., 251. Ebnat, im Längenberg, 4. E geri, Plateau, 12. Eggiwyl, große Blöcke, 210. Einſiedlen, Plateau, 13, Steinarten, 64. 723% Eiſenblau / im Torf, 237. Eiſenocher, im Torf, 237. Eiſenſtein, Beſchr., 128. 213. Eiſenwaſſer, in der Mol., 233, Entſtehung, 262. f Form, 11, 420 Regiſter. Elgg, 279. Frutigen, Conglom. der Tellen⸗ Ellipſoidiſche Structur, burg, 170. 2 in der Mol., 86, in der Nagel⸗ Fuͤndlinge, 205. g flub, 187. Fufus, 379. Emme, ihr Lauf, 20. ü Emmethal, ſeine Hügel, 7, G. Lagerungsverhältniſſe, 56. 134. Gabbro, in der Nagelfub, 1217 Nagelfluh, 131. Goldſand, 235. Geſchiebe im Jura, 224, bey England, obere Meerform, 397. Neuenegg, 226, am Gurten, 226. Entlebuch, feine Hügel, 7. La⸗ Gallen, St., Nagelfluh / 156. gerungsverhältniſſe, 134. Petrefacten, 380. Enzi, 7. a Gentelthal, Granitblöcke, 212. ESſcher von der Linth, über Geognoſie, ihre Fortſchritte in den Alpenkalk, V. 8, über die der Schweiz, V. 22. f Nagelfluh, V. 10, über die Mol. Gerölle, in der Molaſſe, 93. Format., V. 11, über die Nagel⸗ Gerzen ſee, Petref., 355. Ver⸗ flub, V. 33, über die Molaſſe des hältniß zum Auſterlager, 374. Zuger⸗Sees, 62, über den Tiefen⸗ Geweih, foſſiles, 301. bachtobel, 62, über die großen Gibelegg, äuſſere Formen, 4. Blöcke, 207. Gneus, in der Nagelftuh, 120. | 130. 143. 152. Blöcke im Aar⸗ | F. thal, 213, ihr fpec. Gew., 219. Falkenfluh, Umbiegen der Gold, im Flußſand, 235. Schichten, 55, große Blöcke, 215. Goumoens, Kalklager, 285. Feldſpath, Gerölle in der Na- Granit, in der Nagelfluh, 148. gelfluh, 123. 142. 149. 120. 129. 140. 141. 142. 143. Fiſchotter, foſſile, 302. 146. 151. 152. 155. Blöcke im Fifhüberrefte, 301. 335. Habkerenthal, 166. 167, im Aar⸗ Fiſtulanen, fofile, 30s. thal, 211, ihr ſpec. Gew., 219, Flurl, von, über die Molaſſe am Jura, 221, im Steinbof, in Baiern, 67. 228. Fontaine, Chan, Samml./255. Granitporpbyr, in der Nagel ⸗ Foſſile Körper, ſ. Petrefaeten. fluh, 119. 151. | Frankreich, Molaſſe, 67, obere Grauholz, Lage, 9, äuſſere Meerformation, 395. Form, 10, Kieslager, 203. Freyburg, Lage der Stadt, 15, Grauwacke, im Habkerenthal / Nagelfluh im Canton, 115. 167. Frienisberg, Form, 10. Mur Grobkalk, von Paris, Cbarak⸗ ſchelnagelfluh, 117, große Blö⸗ ter, V. 17, Verhältniß zur Mo⸗ de, 227. Braunk., 263, laſſe, 390. Regiſter. Grümdten, Steinart, 65. Gruner, über die Petrefacten, 249. 340. Gryphiten, in der Molaſſe, 250. Gſteig , Conglomerat, 171. Guggersbach, Bitterſalz, 94. Guggisberg, Nagelfluh, 111. Petrefaeten, 356. 375. Gümmenen, foſſ. Knochen, 295. Günsberg, Felsblöcke, 224. Gürbemoos, 17. Gurnigelberge, äuſſere For⸗ men, 3, Gebirgsart, 30, Pro⸗ fil, 35, Granitblöcke, 170. Gurnigelſandſtein, Charak⸗ ter, 32, in fremden Laͤndern, 67. Gurten, äuſſere Form, 10. Fels⸗ blöcke, 214. 220. 226. Petrefac⸗ ten, 367. 375. Gutenbrünnenfluh, Bitter⸗ ſalz, 94. Petrefacten, 360. Gyps, ſ. Bedeutung, V. 6, am Schwarzen⸗See, 27, im Mus ſcherenſchlund, 29, am Gurni⸗ gel, 31, bey der Kanderbrück, 36, in der Molaſſe „ 104. | SR Habkerenthal, große Blöcke, 165. 212. Conglomerat, 168. Hegau, Molaſſe, 71. Heiligenkreutz, Molaſſe, 60. Heitenried, große Blöcke, 225. Helix, 272. 288. 297. Hilfern, Profil, 32. Hilterfingen, Granit, 170, Hindelbank, Grabſtein, 81. Felsblöcke, 226. Hirzli, Nagelflub, 65. Höhfletten, große Blöcke, 216. 421 Hohburg, Petrefactenlager, 348. Höheangaben, V. 28. Hohfurren, Petrefacten, 347. Holz, foſſiles, ſ. Braunkohle, in Mooren, 237, in der Damm⸗ erde, 264. g Holzkohle, mineraliſche, 276. Homberg, 4. Honeggen, äuſſere Form, 4. Steinart, 57. Hornſtein, in der Nagelfluh, 4113. 123. f Humboldt, von, Benennung der Molaſſe, V. 13, Alter der Molaſſe, V. 19. Hunds zahn, foſſiler, 302. Hürndli, äuſſere Form, 5, Steinart, 33. Hütligen, Auſterbank, 339. 374. J. Jaberg, Kieslager, 202. Jensberg, äuſſere Form, 11. Steinart, 178. Illerthal, Re am Aus⸗ gang, 65. Smi, Petrefactenlager, 363. 370. Julimont, äuſſere Form 10. Steinart, 191. Jura, unter der Molaſſe, 68. Molaſſe in ſeinen Thälern, 70. Muſchelſandſt. inf. Thaͤlern, 181, große Blöcke, 222. Süßwaſſer⸗ bildungen, 285. 289. K. | Kalk, in der Molaſſe als Lager, 92, als Knauer, 99. 296, als Geröll in der Nagelfl., 111. 112. 118. 122, 118, als große Blöcke, 222 214, ihr ſpec. Gew., 219, bey Neuenegg, 226. \ Kalkgebirge, Entſtehung, V. 6. Abtheilung, V. 17. Kalkketten, allgem. topograph. Verhältn., 51. i Kalkſpath / in der Molaſſe, 78. 92. 94, im Muſchelſandſt., 176. Kander, ihr früherer Lauf, 17. Kanderbrücke, Gyps, 36. Kieslager, 200. Käpfnach, Kalklager, 92. Braun⸗ kohle und Petrefacten, 274. Karg, über Oeningen, 290. Keferſtein, benennt die fe V. 12. Kienthal, Sandſtein, 47. Kieslager, Beſchr., 198, auf großer Höhe, 203. Kirchenfeld, Petrefacten, 347. Knauer, harte, in Molaſſe, 93. 97, enthalten Betrefact., 295. Koch, über das Seeland, 12. 238. Körner, grüne, im Mufchel- ſandſtein, 175. Krattigen, Sandſtein, 47. Krauchwyl, große Blöcke, 227. Krummenfluh, Petref., 377. Kurzenberg, äuſſere Form, 5. „Lagerung, 58. Felsblöcke, 216. L Lang, über die Petref., 249. 251. Längenberg, äuſſere Form, 4 6. Steinart, 149, große Blöcke, 214. Petref., 356. Laͤngenthäler, in der Mol., 13. Lardy, über Ammoniten in der Molaſſe, 250. Laumonit, zu Ralligen, 47. Regiſter. Laupen, keine alpin. Blöcke / 220, Lauſanne, Betref., 256, Lehm, 200. Lengnau, große Blöcke, 221. 223. 224. Letten 7 92. N Levade, über foſſile Pflanzen / 256, Ligniten, ſ. Braunkohle. Lindenthal, aan 229. Linth, 21. Lochenberg, Petref., 338. Lochſeite, äuſſere Form, S. Steinart, 54. N Locle, Süßwaſſerform, 289. Luce, de, über die Betrefact. der Molaſſe, V. 21. Lupin, von, über das Iler⸗ thal, 66. Lutraria, 317. Lutry, Ammoniten, 249. Lutzeren, Felsblöcke, 226. Luzern, Molaſſe, 75. Nagel⸗ fluh, 154. Petrefaeten, 377. Lymnaea, 273. 288, | M. Maetra, 305. Manatirippen, 301. Mangan, als Anflug, 202. Marchbach, geogn. Beſchr., 139. Petrefacten, 358. ü Märchligen, Petrefacten, 346, Mario, Monte, beſchr., 392. Martin, St., Braunkoble und Petrefacten, 270. Maſtodonten, 278. 281, Maykirch, Kieslager, 203. Mazeas, beſchr. d. M. Mario 392. * — Regiſter. Meerformation, obere, Cha⸗ rakter, V. 20, ihre Verhaͤlt⸗ niſſe in der Molaſſe, 246. 391, ihre abſ. Höhe, 407. Meisner, über foſſile Knochen, 278. 293. 301. Melania, 277, Meleagrina, 327. Mergel, grauer, Fundorte, 38. 53, 66, befchrieben, 76. 89, mit Braunkohle, 271. 276. — — — bunter, Fundorte, 62. 54. 56. 62, beſchr., 76. 99. Mergelſandſtein, iſt Molaſſe, V. 13. Merligen, Steinarten, 37. Meyer, R., über die Nagel fluh, V. 10. Min eralwgffer/ 233. Miſtelachberg, äuſſere Form, 10. Steinart, 192. Mitra, 335. 379. Modiola, 326. Molaſſe, dichte, Vorkommen, 52. 54, 67. Beſchr., 73. — — feſte, Vorkommen, 62, 6. Beſchr., 74. — — Formation, Alter, V. 16, 282. 402. Benennung, V. 12, Charakter, V. 15, Einthei⸗ lung, V. 11, Entſtehung, 409, Lagerung, 389. Vegetation, 242. Wichtigkeit, V. 25. — — gemeine, Vorkommen, 56. 71. Beſchr., 78. — — grobkörnige, Vorkom⸗ men, 53. 55. 57. 60. Beſchr., 73. — — harte, Beſchr., 88. — — kleinkörnige, Beſchr. 87. 423 Molaſſe, lockere, Beſchr., 95. — — + fand, Beſchr., 96. Molezon, Steinart, 32. Moliere, Steinart, 192. Pe⸗ trefacten, 308. Moore, 236. Morell, Analyfen von Mineral- waſſern, 233. Müllerenmoos, Steinart, 60. Murer, 307. 333. Muri, große Blöcke, 215. Muſchelfluh, am Belpberg, 350. Muſchelnagelfluh, Beſchr., 185. Petrefacten, 299. Muſchelſandſtein, Beſchr., 174. Betref., 299. Alter, 385. Muſcherenſchlund, Stein⸗ art, 29. Mya, 308. 317. Mytilus, 327. N. Nadelkohle, 377. Nagelfluh, Alter, 403. Be⸗ ſchreibung, 106. 111. 116. 128. Entſtehung, V. 32, 159. 183. Mächtigkeit, 115. 127. Name, V. 15. Neſter, 136. 147 Vege⸗ tation, 241. Verhältn. zum Kalk⸗ gebirge, V. 10, 161, zur Molaſſe, 135. Vorkommen, 35. 52. 54—69. 111—138, im Jura, 183. 185. Napf, 7 Naters, 8. Natica, 331. 379. Neuenegg, Geſchiebe, 225. Nummuliten, in der Molaſſe, 252. 424 O. Oberaar, Petref., 351. Oberdorf, große Blöcke, 222. „ f Obermuhleren, Petref., 366. 374. Oeningen, 289. Oron, Braunkohle, 270. Oſtrea, 307. 329. P. | Pagenſtecher, Waſſeranalyſe, 233. Palmüberreſte, 257. 176. Palud ina, 289. Panopäa, 316. Panopäenlager, 349. Beſtim⸗ mung der Lage, 371. Pauder, Braunkohle, 269. Pechkohle, ſ. Braunkohle. Becten, 307. 327. 378. Petre facten, Schwierigkeit fie zu beſtimmen, V. 34, drey Ge⸗ ſichtspunkte ihrer Beſtimmung, V. 35, Bedeutung in der Geo— gnoſte, 243. Petrefactenlager, allgemeine Berhältn. in der ſubalp. Gruppe, 337. 340. 355, Pflanzen, foſſile, 253. Pholas, 310. Pilatus, Vorberge, 60. Pinna, 378. Planorbis, 273. 288. Plaſtiſcher Thon, Charakter, V. 17, mit der Molaſſe vergli⸗ chen, 283. Porphyr, in der Nagelfl., 120. 121. 122. 142. Portugal, obere Meerform, 395. Regiſter. Prevoſt, über die Wiener Ge⸗ gend, V. 21, 398. Pyrenäen, Molaſſe an ihrem Fuß, 67. 395. * Quarz, gemeiner in der Nagel⸗ fluh, 143. 144. 145, 152, körniger in der N., 140. Quellen, im Gebiete der Mo⸗ laſſe, 232. g Querthäler, 14. 405. Ralligen, Steinarten und Pe⸗ trefacten , 37. 124. Nalligſtöcke, Steinart, 9. Rämisgum, 9. Razoumovski / über das See⸗ land, 238, über die Petrefacten der Waadt, 249, über la Mo⸗ liere, 308. a Reuß ihr Lauf, 21. Rhein, ſein Lauf, 21, ſeine Ufer unterhalb Schafhauſen, 103. Rheinthal, Steinart am Aus⸗ gang, 76. Rhinoceros, foſſil, 281. 302. Rhone, ihr Lauf, 14. Niedburg, große Blöcke, 225. Riggisberg „ Granitbl., 170.214. Nigi, Steinart, 60, 154, Rohr, foſſiles, 255. Rüggisbergegg, 4. S. Saane, ihr Lauf, 15. Salpeter, in der Molaſſe, 84. Sandſtein, brauner, 40. 59. 64, grüner, 45. 59, als Geröll Regiſter. in der Nagelfluh, 112. 118. 123. 124. 129. 130. 141. 144. 152. Saphorin, St., Braunkohle, 270. Sauſſure, über die Nagelfluh, V. 33, 131, über den grünen Sandſtein, 132, über die großen Blöcke, 206. Schangnau, große Blöcke, 169. Scheuchzer, über Petrefacten, 249. 251. Schildkröten, 294. 303. Schläpfer, Petrefaeten von St. Gallen, V. 21, 249. 381. Schnotwyl, Nagelfluh, 187. Schrammberg, 275. Schüpberg, Form, 10, große Blöcke, 227. Schuttmaſſen, 204. Schuttſtröme, Kraft derſel⸗ ben, 230. Schwarzenburg, große Blö⸗ cke, 225. Schwarz⸗See, Steinart feiner Ufer, 26. Schwarzwaſſer, ſein Lauf, 20. Schwefelwaſſer, in der Mo⸗ laſſe, 233, ihre Entſtehung, 262. Schweinsberge, Geſtalt, 3. Steinart, 27. s Schwendelberg, äuſſere Form, 4. 10. 113. Seeland, allgemeine Verhält⸗ niſſe, 11. 238. Seitenthäler, im Gebiet der Molaſſe, 21. Selzach, Molaſſe, 69. Semſale, Braunkohle, 270. | Ge „ihr Lauf, 19. Profil, 34. Sorvilier, 425 Sentis, Steinart feiner Vor⸗ berge, 65. Sepey, Conglomerat, 171. Serpentin, in der Nagelfluh, 145, als Geſchiebe, 226. Serpula, 315, 345. Sertularia, 368. Sigriswyl, große Blöcke, 213. Solen, 315. Solothurn, Molaſſe, 70, große Blöcke, 222. 223. Nagelfluh, 182. Stinkſteinlager, 286. Specifiſches Gewicht, Be⸗ ſtimmung deſſelben, 82. Speer, Steinart, 65. Sphaͤroſiderit, 38. 77. Steffisburg, Thonlager, 92. Steiglen, Profil, 54. Stein hof, große Blöcke, 228. Steinkohle, ſ. Braunkohle, der Kalkgebirge, 261. ä Stinkkalk, mit Braunkohle, 271. 275, ohne Braunkohle, 284. 291. Stockenthal, 17. Strätligen, Kieslager und Braunkohle, 200. Stroßberg, 275. Supalpiniſche Petrefacten, 313. Topographie, 336. Lage⸗ rung, 369. Alter, 385. Subapenniniſche Hügel, beſchrieben, 391. Süderen, große Blöcke, 216. Süßwaſſerbildungen, V. 19, 245. 273. Schwierigkeit ihrer Unterſuchung, 266. Alter, 400, 28 426 * Tägertſchi, Bitterſalz, Petrefacten, 341. 94, Talkſchiefer, als Geſchiebe, 226. 227. Tellenburg, Conglom., 47, 170. Tellina, 318. 378. Temperatur, von Bern, V. 29. Tennli, Petrefacten, 343. DTerebra, 307. Derebratuliten, in der Mo⸗ laſſe, 230. Tertiärgebirge, Formationen deſſelben, V. 17. Thal, an, Petrefacten, 347. Thäler, in der Molaſſe, 13. Thon, als Gebirgsart, 92. 99. Gallen, 94, im Diluvium, 200. Thun, Nagelfl., 116. Mergel, 126. Thuner⸗See, feine Ufer, 17, große Blöcke an denſelben, 213. Thungſchneit, Kieslager, 202. Thurgau, Muſchelſandſt., 181. Tiefenbachtobel, V. 10, 62. Torf, 236. Travers, Val de, große Blö⸗ cke, 220. Trechſel, Höhe von Bern, V. 29, des Seelandes, 12, ſpecif. Gew. der Molaſſe, 82, der Fünd⸗ linge, 219. Trigonella, 31. 33. Trochus, 307. 331. 379. Tſchuggen, Petrefacten, 361. 375. N Tuff, auf der Molaſſe, 236. Turritella, 312. 332. 379. Regiſter. Uu. Uebersdorf, große Blöcke, 225. Unau, Braunkohle, 274. Ungern, Molaſſe, 67. Braun⸗ kohle, 281. Stinkſtein, 291, obere Meerformation, 400. Unio, 272. 326. Urgebirge, Entſtehung, V. 5. Urnäſch, Nagelfluh, 155. Uttinger, über das Illerthal, 66. Ubigen, Muſchelſandſtein 179, große Blöcke, 217. VB. Vegetabilien, foſſ. f. Pflanzen. Vegetation, auf der Molaſſe, 47. $ Venericardia, 378. Venulitenlager, 332. Venus, 320. Vevaiſe, Sandſtein, 47. Voirons, Steinart, 32. Voluta, 308. 379. W. Wabern, Steinbruch, 86. Pe⸗ trefacten, 368. Wäggithal, Steinart, 64. Walkringen, große Bloͤcke, 217. Thalbildung, 229. Waſſerkies, mit der Braun⸗ kohle, 259. Weinbalde, Petrefacten, 257. 344. 318. Wien, obere Meerformat., 398. Wierezwyl, große Blöcke, 227. Wietlisbach, Granite, 223. Wight, obere Meerformat., 398. Regiſter. 427 Wolfsmatt, Auſtern, 340. 3 Wycken, Muſchelſandſtein, 180. 5 Wynau, foſſile Knochen, 295. Zoophyten, foſile, 368. Wyttenbach, über die Ge⸗ Zuger ⸗See, Lagerfolge, 61. ſchiebe von Neuenegg, 228. Nagelflub, 154. u TEE En ei ET nn = 7 r Eu 73 er »- iy 8 va: N RN ah * * Jas. Amn Arn, Laushültenesel. Hohmalt Napf: Hoh-Scheundt. Hag“ Bilatus Schpmberg Thorgutseh Schaafmatt. Feuerstein Oremschigrat Heuflulı Sehraltenfluls uu Bothhorn Eurgyengutsch llohgaut. Garzen Wildgersten. Sebwurzhorn. Welterboru. Berglirluck. Schredihörner Viercherhörner Finsteraarhore, Eiger: Mönch. Schneehern. Junzfrun. Bösarnı Einetbachhöhe Wolkringen Blasen. Schynenzingen Staheleck Umiboden. Sch ansah, Kırst. Eibwltateltenfiuh, Spyrtolsen Hagleren Stauffen Seheibengutsch Hintere Elatt Daumyartenfluh. Biritwandfluh Sohlflüh. Wellhorn Selon, Blumhorn Notllioru Sittelgrat. Hahre Ralligstoche Bellen Sulegg Wes Ale llobigen Nohbure Wyl Hürnberg‘ Überltal Lingunm. Apfferseck. Rainsgunns Banchlen. Kyrschibodenfiuh Birrmoos Oberboden Arschlenalp Hotlmesgen. Rubel Luegtubel.Stauffenknabel. Henne, Naschegg Homberg Nolwerden. Blume Hilterfingen. Heil Schwandi Sıgriswyl Ralligem Höchstellen. Mäschberg‘ Kallenbuhl. Harzeren Tagertschi. Lochenberg. Heutligen Oasen hl, Haube Falkenfluli. Niesen Rıederenfluh Heust, Kuppenflul Grusisberg Münsingen Ir meiner = Manbungllult Sa BR) — (u Raltıgstocke Lig 1. Durchschnitt am rechten Ufer der Sense. Fig 2 Rechtes Ufer des Thunersees rather Fig 5. Durchschnitt des ‚Ihsthales zwischen Marbach und Eischolzmatt Yıg 4 Durchschnitt der Ost, Sıgrıswyl und Merlıngen 1 e ene des Belpber Ouenigelkette - Q 3 75 5 Boche Guggershorn. \ Hallstältege, ter Mund eg Bäuchlen 2 Echwendelberg, \ Strasse ins Justithal \n: 100 Sg NN nn 975 on NON e 28 nt — h \ / Eigengraben SS er . G0 uα Sbrusse nach Merlingen = — 530 0 Funopaen Lager 130 Orssse bestens Venus 50 Iyr Rysdubodenfluh ’ Unteres Petrefi Lager. Mitliere Nagelfluh 180/310: — q 5 Zusammenf ſuss der zei 1 beter Narelflub Sense — * — 2 r Frag 5 2 PR wu, 00 „u e . N 0 PIN opt ns | N N BUT 80 1776 e PN nu an > RT ie RN N 8 N 1 1 — 1 —