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BIBLIOTHECA BOTANICA.
Abhandlungen
dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
Dr. Oscar Uhlworm na Dr. F, H. Haenlein
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CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
1887 — 1859.
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AUG 7- 1923
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Inhalts -Verzeichniss:
(Heft 6) Schenk, Prof. Dr., Fossile Pflanzen aus der Albourskette. Mit 9 Tafeln.
(Heft 7) Reess, Dr. Max und Dr. Carl Fisch, Untersuchungen über Bau und Lebensgeschichte der
Hirschtrüffel, Elaphomyces. Mit 1 farbigen Doppeltafel und 1 Holzschnitt.
(Heft S) Buchtien, Dr. 0., Entwicklungsgeschichte des Prothallium von Equisetum. Mit 6 Tafeln.
(Heft 9) Huth, Dr. E., Die Klettpflanzen mit besonderer Berücksichtigung ihrer Verbreitung durch
Thiere. Mit 75 Holzschnitten.
. (Heft 10) Schulz, Aug., Beiträge zur Kenntniss der Bestäubungseinrichtungen und der Geschlechts-
vertheilung bei den Pflanzen. Mit 1 Tafel.
. (Heft 11) Wigand, Dr. A. und Dr. E. Dennert, Nelumbium speciosum W, Mit 6 Tafeln.
. (Heft 12) Stenzel, Prof. Dr. &., Die Gattung Tubicaulis Cotta. Mit 7 Tafeln.
(Heft 15) Geheeb, Adelbert, Nene Beiträge zur Moosflora von Neu-Guinea. Mit 5 Tafeln.
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DUPLICATA DE LA BIBLIOTHEQUE
DU CONSERVATCIRE BOTANIQUE DE GENEVE
VENDU EN 1922
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-_BIBLIOTHECA BOTANICA,
Abhandlungen
aus
dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
von
Dr. Oscar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein
(Heft No. 6.)
Professor Dr. Schenk: Fossile Pflanzen aus der Albourskette, gesammelt von E. Tietze,
Chefgeologen der k. k. geologischen Reichsanstalt. — Mit 9 Tafeln.
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DU CONSERVATOIRB BOTANIQUE DE GENEVE\ | 1.4.”
VENDU EN 1922
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
1887.
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BIBLIOTHECA BOTANICA.
Abhandlungen
aus
dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
von
Dr. Oscar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein
in
Sassel.
(Heft No. 6.)
Professor Dr. Schenk: Fossile Pflanzen aus der Albourskette, gesammelt von E. Tietze,
Chefgeologen der k. k. geologischen Reichsanstalt. — Mit 9 Tafeln.
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
1587.
Fossile Pllanzen aus der Albourskette,
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E. Tietze,
Chefgeologen der k. k. geologischen Reichsanstalt.
Besprochen
von
Drofessor Dr Schenk:
Mit 9 Tateln.
VENDU EN 1922
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Verlag von Theodor Fischer.
1887.
Die von E. Tietze in der Albourskette gesammelten
fossilen Pflanzen.
Besprochen
Professor Dr. SchenE.
Hin Beitras zursFlora dss.Bhär
Herr Tietze, Chefgeologe der k. k. geologischen Reichsanstalt zu Wien, sammelte während seiner
Reise im nördlichen Persien an der West- und Südseite des Kaspischen Meeres im Alboursgebirge eme Anzahl
fossiler Pflanzen in der Nähe von Hif bei Kaswin, bei Täsch zwischen Schachrud und Asterabad, ferner am
Berge Siodsher bei Ah, welche er mir zur Untersuchung anvertraute, wofür ich ihm an dieser Stelle meinen
lebhaftesten Dank ausspreche. An denselben Fundorten sammelte später auch Herr Dr. Pohlig zu Bonn,
welche Sammlung mir durch die Zuvorkommenheit Herrn Protessor's Dr. Fritzsch zu Halle zur
Benutzung überlassen wurde, Herr Professor Dr. Römer in Breslau gestattete die Untersuchung der aus
dem nördlichen Persien von Tasch stammenden, in der Sammlung der Universität Breslau befindlichen,
von Göbel gesammelten fossilen Pflanzen, wofür ich beiden Herren zu Danke verptlichtet bin.
Ueber das Vorkommen der Pllanzenreste hat Herr Tietze in dem Jahrbuche der k. k. geologischen
Reichsanstalt ausführlich berichtet, ich erwähne hier nur kurz, dass die sämmtlichen PHlanzenreste und
Kohlenführenden Schichten in einer Formation vorkommen, welche der Hauptmasse nach aus einem grün-
üichen, zuweilen etwas röthlichen Sandstein besteht, welchem braune oder schwarze Schieferthone, bisweilen
eine Art von Alaunschiefer, Kohlenflötze und Lager von Thoneisensteinen untergeordnet sind. Diese auf
grosse Strecken verbreitete Formation liegt, bisweilen getrennt durch ein mächtiges Schichtensystem, wahr-
scheinlich einem Aequivalent der Trias, über der palaeozoischen Schichtenreihe , wie die devon’schen und
carbon’schen Versteinerungen erweisen.
Sämmtliche Pflanzenreste sind sehr sertrüämmert, regellos durcheinanderliegend, ihre organische
Substanz meist zerstört, die Abdrücke durch Eisen gefärbt. Ohne Zweifel ist dies Verhalten durch die Vor-
gänge bei ihrem Untergang hervorgerufen, sie sind durch eine Strömung angesammelt und erst nach längerer
Zeit im Schlamme eingeschlossen. Alle Reste tragen, wie dies schon Göppert erkannte, den liasisch-
jurassischen Charakter, sie stammen aus Schichten, welche nicht älter als das Rhät, nicht jünger als die
Wealdenformation sind. Die specielle Untersuchung wird ergeben, welchen Schichten sie angehören.
Schenk, Fossile Pflanzen aus der Albourskette. 1
Archegoniatae.
Equisetaceae.
Ans dieser Gruppe liegen mehrere sehr unvollständige Fragmente vor, deren Bestimmung dadurch
unsicher wird. Zunächst ein nicht ganz vollständiges Exemplar eines Diaphragma (Taf. I, Fig. 1),
unzweifelhaft von einer Equisetacee stammend, unentschieden muss jedoch bleiben, ob von Schizoneura
oder Equisetum, da jeder Anhaltspunkt fehlt.
Ein zweites, den Equwisetaceen angehöriges Fragment ist Taf. VIII, Fig. 48 abgebildet. Es ist ein mit
zwei unvollständigen Internodien versehenes Stengelfragment, an dessen Knoten Reste von Blattbasen und die
Narben verloren gegangener Blätter erhalten sind. Der Stengel ist dicht und feingestreift. Ich vermuthe,
dass der Rest zu Schizoneura (?hoerensis Schimp.) gehört, der Erhaltungszustand erlaubt indess keine nähere
Bestimmung der Art. Zu diesen Resten gehören wohl, als noch weniger gut erhalten, kleine Fragmente,
welche auf einzelnen Stücken vorkommen, z. B. Taf. IX, Fig. 54, 55. Dazu gehört auch wohl als Ast-
fragment der Taf. IV, Fig. 20 neben Oleandridium abgebildete Stengelrest.
Taf. X, Fig. 51 ist das Fragment eines Eguisetum, Theil eines Knotens mit einem Rest der tief
gezähnten Scheide. Die Scheidenzähne mit den Abdrücken der Spaltöffnungen linear, lang zugespitzt,
ganzrandig. Eine sichere Bestimmung dieser Fragmente halte ich nur für möglich bei ausreichendem
Materiale zur Vergleichung. Verwandt ist es mit E. Ungeri Ettingsh. aus den Grestnerschichten von Waid-
hofen und Fünfkirchen. Sämmtliche Exemplare von Hif bei Kaswin, eines aus den Kohlen des Berges
Siodscher bei Ah als Steinkern mit kohligem Ueberzuge erhalten.
Filiees,
Asplenium L. (Alethopteris ex p., Asplenites ex p., Cladophlebis ex p.).
A. Rösserti Heer, Taf. I, Fig. 2, 3, 4, II, Fig. 8, 10, IV, Fig. 19, VI, Fig. 33, VII, Fig. 36.
Trümmer von doppelt gefiederten Blättern, verschiedenen Regionen des Blattes angehörend. Bei
einigen sind die Fiederabschnitte breiter (Taf. I, Fig. 4, II, Fig. 6, IV, Fig. 19), bei anderen schmäler
(Taf. I, Fig. 3). Die ersteren gehören, wie ich glaube, dem unteren, die letzteren dem oberen Theile des
Blattes an. Alle Fiederabschnitte sind auf der nach der Basis des Blattstieles gekehrten Seite convex,
auf der entgegengesetzten Seite concav, also sichelförmig, ferner alternirend, bald durch eine kaum wahr-
nehmbare Bucht getrennt oder die Bucht deutlich sichtbar. Seeundäre Leitbündel unter spitzem Winkel
aus dem Mittelnerv der Fiederchen austretend, einfach gabelnd. Hierher gehört Göppert’s Pecopteris
whitbyensis, Berichte der schles. Gesellsch. 1560.
Auch die Taf. I, Fig. 2, Taf. II, Fig. 10 abgebildeten Exemplare scheinen mir hierher zu gehören.
Wie ich glaube, sind es die obersten Fiederfragmente des Blattes oder eine Form mit verkürzten Fieder-
abschnitten.
Verwandt ist der Farn mit Asplenium whitbyense Heer, A. Heerii Nath., Cladophlebis nebbensis Sap.
Alethopteris indica Feistm., die letzte nach Heer identisch mit A. whätbyense Heer. Von Zeiller ist sie
aus dem Rhät von Tongking beschrieben (Zeiller, examen de la flor. foss. des couches du charbon du
Tong-King. Paris 1882). Unter den oben genannten Formen steht sie Cladophlebis nebbensis Sap. und
Asplenium Heerii Nath. am nächsten, Nathorst’s Abbildungen dieser Art, welche er in Floran vid Höganas
och Helsingborg. Stockholm 1878, mit Asplenium Rösserti Heer vereinigt, zeigen klar den Formenwechsel
derselben.
Hit bei Kaswin.
Da bei dieser Art wie bei A. whitbyense von mir und Heer Fructificationen, welche von jenen
bei Asplenium nicht zu trennen, nachgewiesen sind, habe ich sie dieser (Gattung angereiht.
Adiantum L.
A. Tietzei, Blätter doppelt gefiedert, seceundäre Fiedern kurz gestielt, schief aufrecht, alternirend, ,
sich deckend, eiförmig, gegen die Basis keilföürmig verschmälert, so weit sie erhalten ganzrandig,, Leit-
bündelverlauf fächerförmig, die einzelnen Leitbündel wiederholt gabeltheilig.
Rat Ric. 9.
Hif bei Kaswin.
Es liegen mir leider nur zwei sterile Exemplare dieses mit Adiantum verwandten, ohne Zweifel
zartblättrigen Farnen vor, welche überdies durch Maceration sehr zerstört sind, so dass kaum mehr als
die Leitbündel erhalten sind. Eine verwandte Form, bei welcher die Blattstiele fehlen, ist von Loczy
während der Expedition des Grafen Szechenyi in China gesammelt worden. Die Fiederblätter sind
sämmtlich unvollständig, es fehlt die Spitze, die Textur des Blattes ist nach dem seichten Abdruck, welche
schwierig den Umriss der Fiedern erkennen lässt, zu urtheilen, zart gewesen. Zu Adiantum habe ich sie
wegen der Aehnlichkeit mit Arten z. B. A. Farlayense Moore, A. «ethiopieum L. gezogen, eine Stellung,
welche bei dem Fehlen der Fructifieationen vorerst provisorisch ist.
Pecopteris Brongniart.
P. persica, Blattstiel etwas hin- und hergebogen, Blätter gefiedert, Fiedern alternirend, kurz gestielt,
beinahe sitzend, lanzettlich, spitz, Ränder gezähnt, Zähne spitz, Basis abgerundet, Verzweigungen
des mittleren Leitbündels der Fiedern in den Zähnen endend.
Taf. I, Fig. 5, 6, Taf. VI, Fig. 27, Taf. IX, Fig. 54.
Hif bei Kaswin.
Einzelne Fiedern und einfach gefiederte sterile Fragmente liegen mir vor, welche ohne Zweifel bei
vollständigerer Erhaltung als Bruchstücke eines doppelt gefiederten Blattes sich erweisen würden. Verwandt
sind sie mit P. angusta Heer von der neuen Welt bei Basel. Die Textur der Fiedern scheint lederartig
gewesen zu sein, der Blattstiel ist durch Einschrumpfen quergerunzelt. Die Bezeichnung Pecopteris schien
mir bei der Unsicherheit der Stellung als die geeignetste.
Zu diesem Farn ziehe ich auch ein kleines, wegen seiner unzureichenden Erhaltung nicht abge-
bildetes, steriles Fragment, welches der Spitze des Blattes angehören kann. Ist diese Voraussetzung richtig,
1*
so nimmt der Durchmesser des Blattstieles bei diesem Farn gegen die Blattspitze bedeutend ab, in gleichem
Maasse die Grösse der Fiedern.
Zweifelhaft hinsichtlich der Gattung bleibt ein nur in einem kleinen, aus drei vollständigen
Fiederabschnitten bestehenden Bruchstücke mir vorliegender Farn. Die erhaltenen Fiederabschnitte
eiförmig ,
IX, Fig. 53, 53a). Auf der allein sichtbaren Unterseite der Fiederabschnitte stehen fünf bis sechs Sporen-
ganzrandig, mit ganzer Basis sitzend, an der Spitze stumpf abgerundet (Taf. VII, Fig. 36h,
fruchtgruppen, deren jede bei stärkerer Vergrösserung (Zeiss: Syst. Aa, Ocular 2) bei auffallendem Lichte
sechs bis acht Sporangien, mit dem Spuren des Ringes erkennen lässt. Von Hif bei Kaswin.
Selbstverständlich eignen sich solche unvollständige Fragmente nicht zu einer definitiven Bestim-
mung. Ich vermuthe, dass das Fragment den Gleicheniaceen angehört, wofür die Form der Fiederabschnitte
und die Stellung der Sporangiengruppen spricht.
Nicht weniger unvollständig ist ein anderer Farn von Hif, Ctenis asplenioides Schenk, (Macrotaeniopteris
Schimper, Taeniopteris asplenioides Ettingsb.) erhalten (Taf. VIII, Fig. 46). Es liegt mir das Bruchstück
eines sterilen Fiederabschnittes vor mit den gut erhaltenen, parallel verlaufenden Leitbündeln, der unteren
Region des Fiederabschnittes, wie es scheint, angehörig.
Oleandridium Schimper.
O. tenuinerve Schimper.
Blätter länglich, ganzrandig, gegen die Basis verschmälert, Mittelnerv sehr stark, Seitennerven
unter spitzem Winkel austretend, in kurzem Bogen nach dem Rande sich wendend, gabelnd, selten einfach,
beinahe horizontal verlaufend.
Taf. IV, Fig. 17, Taf. V, Fig. 20, Taf. VII, Fig. 41.
Hif bei Kaswin, Tasch zwischen Schachrud und Asterabad.
Die Art stimmt mit dem Oleandridium tenwinerve Schimper (Taeniopteris Brauns) überein und ist mit dem
OÖ. stenoneuron Schimper (Taeniopteris Schenk) und Taeniopteris augustodunensis Sap. verwandt, unterscheide
sich aber von dem ersteren durch den sehr starken Mittelnerven und die viel dichter stehenden Seiten-
nerven. Mit 7. angustodunensis Sap. theilt sie den starken Mittelnerven, die Seitennerven stehen jedoch
viel dichter bei der nordpersischen Pflanze und fehlt ihr auch die Randzone der Art aus dem französischen
Rhät. Mit anderen bisher beschriebenen Arten vermag ich sie nicht zu identifieiren.
Die systematische Verwandtschaft von Oleandridium und der mit ihm verwandten Formen ist bis
heute nicht aufgeklärt, wenn auch ihre Stellung unter den Marattiaceen wahrscheinlich ist. Keines der
mir vorliegenden Exemplare ist vollständig erhalten, über die Spitze, die Basis, ob ein Blattstiel vor-
handen oder nicht, darüber lässt sich nichts aussagen. Der Verlauf der Seitennerven ist überall der oben
angegebene, wenn das Blatt keine Verschiebung erlitten hat.
O. spathulatum (Angiopteridium Schimper, Stangerites Me Ulelland, Taeniopteris Mooris et Oldham,
Zeiller). Taf. V, Fig. 20b, Taf. VIII, Fig. 42.
Hif bei Kaswin, Tasch zwischen Schachrud und Asterabad.
Ebenfalls unvollständige Exemplare, von welchen eines mit einem kurzen Stiele versehen ist.
Schimper vergleicht die indische Art mit Angiopteris, wie ich glaube, ohne sichere Begründung, da
Fruetificationen und vollständig erhaltene Blätter nicht bekannt sind. Mit den Abbildungen von Oldham
sb)
and Morris (Fossil Flora of Rajmahäl hills) und Zeiller (examen de la flore foss. du Tong-King) stimmt
die persische Pflanze gut überein.
Dietyopterideae.
Aus der Gruppe der Dictyopterideen liegt mir vom Berge Siodsher bei Ah ein kleines Fragment
vor, welches zu Dietyophyllum (Taf. IV, Fig. 17e) gehört. Vollständiger ist ein von Göbel bei Asterabad
gesammeltes Exemplar (Taf. II, Fig. 7), von Göppert seiner Zeit (Berichte der schles. Gesellsch. 1560.
Ueber das Vorkommen von Liaspflanzen im Kaukasus und in der Albourskette) als T’haumatopteris Münsteri
bezeichnet, es gehört indess zu Dietyophyllum acutilobum Schenk. Es sind sieben Abschnitte des Blattes
mit buchtig gezähnten Rande vorhanden.
Gymnospermae.
Oycadaceae.
Die Fragmente aus dieser Gruppe sind sehr zahlreich, wie sich in Folge der Textur der Blätter
erwarten lässt, indess auch hier sind unvollständig erhaltene Blätter nicht selten.
Ctenozamites Nathorst.
Ct. eycadea Nathorst (Ctenis eycadea Brongniart).
Tafel III, Fig. 11—16a, Tafel IV, Fig. 18, Tafel VI, Fig. 30, VII, Fig. 36, VIII, Fig. 43, IX, Fig. 54.
Hif bei Kaswin; Tasch bei Schachrud.
Diese ziemlich häufig an den genannten Fundorten vorkommende Pflanze ist bis jetzt hinsichtlich
ihrer Stellung, ob Farn, ob Cycadacee, nicht allgemein anerkannt. Meiner Ansicht nach ist sie den Cycadaceen
anzureihen, da weder die Dichotomie des Blattstieles noch der dichotome Verlauf der Leitbündel dieser Familie
fehlen. Die Leitbündel der schwach sichelförmigen Fiedern sind, wenn sie, was der dicken, lederartigen Be-
schaffenheit des Blattes wegen nicht immer der Fall ist, deutlich erkannt werden, kurz nach dem Eintritt
in die Fieder dichotom. Zunächst verwandt ist Otenozamites mit den Pilozamites-Arten, bei denen jedoch
der Leitbündelverlauf strahlig ist. Der Blattstiel ist mit zahlreichen @Querrunzeln und sonstigen Ver-
tiefungen versehen, welch’ letztere ohne Zweifel Haaren oder Höckern ihren Ursprung verdanken.
Podozamites F. Braun, Schimper. ,
P. lanceolatus Heer.
| Tafel VII, Fig. 35, VII, Fig. 42. Tafel IX, Fig. 51.
Tasch bei Schachrud.
| Einzelne von dem Blattstiele getrennte Blätter dieser lange dauernden
' und weit verbreiteten Art gegen die Basis verschmälert, indess meist in nicht
| ganz vollständigen Exemplaren. Von Hif bei Kaswin liegt mir ein kleines
| Fragment eines Podozamites vor (Tafel VII, Fig. 48a) mit alternirenden, ge-
| näherten, gegen die Basis verschmälerten, an der Spitze stumpf gerundeten,
länglichen Fiederblättern.
Vollständige Exemplare derselben sind von Pohlig gesammelt worden
und befinden sich in der Sammlung der Universität zu Halle (Fig.1). An dünnen,
| schlanken Blattstielen, zum Theile paarweise genähert, die alternirenden Fieder-
blätter mit sechs parallelen, gegen die Spitze convergirenden Leitbündeln. Ich
|
|
bin geneigt, die Blätter für eine der zahlreichen Formen des vielgestaltigen P. lanceolatus zu halten, welche
dem P. angustifolius Eichw. nahe steht, aber durch die Form und Grösse der Fiederblätter sich unter-
scheidet. Will man sie durch die Bezeichnung sondern, so kann man sie P. gracilis nennen.
Zamites Brongniart.
Zu Zamites stelle ich Fragmente einer Cycadacea (Tafel VI, Fig. 31) mit kurz gestielten, unpaarig
getiederten Blättern, linearen, alternirenden, an der Basis abgerundeten Fiederblättern, Leitbündel gabelnd,
meist drei, welche sogleich nach dem Austritte sich theilen: der Habitus der Fragmente erinnert an Podo-
zamites gramineus Eichwald, sie sind indess durch den kurzen Blattstiel und die abgerundete Basis des Fieder-
blattes verschieden. Ich trage auch hier Bedenken, die unvollständigen Fragmente zur Aufstellung einer
Art zu verwerthen.
Hif bei Kaswin.
Pterophyllum Brongniart.
P. Braunianum Göppert.
Tafel V, Fig. 24, 26. Tafel VI, Fig. 33. Tafel VII, Fig. 35, 36, 33—40.
Hif bei Kaswin.
Die Exemplare unterscheiden sich von den meisten der in den fränkischen Fundorten vorkommenden
durch die sehr dicht stehenden Fiedern, welche sich beinahe berühren. Indess ist dies Verhalten bei
den fränkischen, wenn auch nicht in dem Maasse ausgesprochen und häufig, doch insofern vorhanden, als
die Fiedern sehr nahe an einander gerückt sind, was auch von jenen von Steierdorf gilt. Die Leit-
bündel sind entweder unverästelt oder gabelig. Die Reste sind nicht selten, jedoch keines der Blätter
vollständig erhalten.
P. aequale Brongniart.
Tafel V, Fig. 23, 24, 25, VI, Fig. 32, 34, VII, Fig. 55.
Hif bei Kaswin, Tasch bei Schachrud.
Alle abgebildeten Exemplare halte ich für diese, schon lange von Hoer bekannte Art,
welche eine sehr ausgedehnte Verbreitung besitzt, da sie nicht nur im südlichen Scandinavien, sondern
auch in Tongking beobachtet ist. Die Fig. 24 gehört der Blattspitze an und zeigt das unpaare Endblatt.
Das von Göppert (Berichte der schles. Gesellschaft, 1860) unterschiedene, Tafel VII, Fig. 20 abgebildete,
zu Breslau befindliche, von Göbel bei Tasch gesammelte Pterophyllum Abichianum gehört hierher, Auf
derselben Platte noch Podozamites lanceolatus Heer und das schmalfiedrige P. Braunianum Göpp. Leit-
bündel unter rechtem Winkel austretend, einfach.
P. Minsteri Göppert.
Von Dr. Pohlig bei Hif gesammelt. Die Exemplare gehören verschiedenen Theilen des
Blattes an.
P. Tietzei, Blattstiele stark, Blätter gefiedert, Fiedern mit etwas verbreiterter Basis sitzend, langlinear,
unterer Rand convex, oberer Rand gerade oder schwach sichelförmig, Spitze stumpf, mehr als 50 Millimeter
lang, 3—10 Millimeter breit, die unteren kürzer, die mittleren länger, Leitbündel einfach oder gemischt
mit gabeligen oder alle gabelig, parallel, 20—22.
Tafel VI, Fig. 27—29. Tafel IX, Fig. 52.
Hit bei Kaswin.
Alle Exemplare sind unvollständig, es fehlt die Spitze und Basis. Ebenso fehlt den Fiedern, mit
Ausnahme der unteren, die Spitze, weshalb die Länge der mittleren wohl mehr als fünfzig Millimeter
betragen hat. Die Art gehört zu den Formen mit grossen bandartigen Fiedern und ist dem P. propin-
quum Göpp. verwandt, der DBlattstiel mit zahlreichen Querrunzeln. Eine weitere Verwandtschaft
ergiebt sich mit einigen aus dem Rajmahalhills bekannt gewordenen Pferophyllum- Arten, z.B. P. Rajmaha-
lense Morris et Oldham.
Dioonites Schimper.
D. affinis, Blätter gefiedert, Fiedern genähert, schief abstehend, linear, spitz, 4—5 Millim. breit,
über 30 Millim. lang, Ränder gerade, Leitbündel acht bis zehn, einfach.
Tatel- VII, Big. 37.
Hit bei Kaswin.
Dem von Nathorst in Fossil floran vid Biuf beschriebenen Dioonites spectabilis verwandt, indess
durch die genäherten Fidern verschieden. Ferner ist auf die Aehnlichkeit mit Pterophyllum eteniforme Nath.
(Fossil Floran vid Biuf) hinzuweisen. Im Gegensatze zu anderen Arten scheinen die Fiedern weniger
dick gewesen zu sein.
Nilsonia Brongniart.
N. polymorpha Schenk.
Tafel I, Fig. 3, V, Fig. 22.
Hif bei Kaswin
Ich trage kein Bedenken, dieses Blatt mit dieser vielgestaltigen, im Rhät sehr weit verbreiteten
Art zu vereinigen. Ganz übereinstimmende Blätter finden sich unter jenen der scandinavischen und fränk-
ischen Fundorte, auch fehlen solche Blätter nicht, deren Rand nur gekerbt (Taf. V, Fig. 22 rechts), das
Blatt selbst sehr schmal ist, wie sie auch bei Palsjö und in Franken vorkommen.
N. compta Heer.
Tafel VIIL, Fig. 47.
Hit bei Kaswin.
Ausser dem abgebildeten liegen mir noch einige Bruchstücke vor, welche ich zu dieser Art aus
dem englischen Oolith zähle.
Anomozamites Schimper.
A. minor Brongniart.
Tafel V, Fig. 21—22. Tafel VI, Fig. 32.
Hif bei Kaswin.
Keines der Blätter vollständig erhalten, meist nur der obere Theil mit den allmählich an Grösse
abnehmenden Fiedern. Mit Pterophyllum aequale Brongn. auf Tafel VI. Fig. 32 zusammenliegend. Neben
der typischen Form auch die Form mit abgerundeten Fiederchen.
Zu den Cycadeen gehört meines Erachtens noch ein weiterer Rest, welcher beinahe kugelig, im platt-
gepressten Erhaltungszustand zwischen den Blättern von Oleandridium liegt (Taf. V, Fig. 20c). Es dürfte wohl
nichts anderes als ein durch Maceration verändertes junges Cycadeenstämmchen sein, welches in diesem Zustande
|
0)
leicht zusammen zu drücken ist. Die Aussenseite ist mit rhombischen Blattnarben bedeckt, in deren Mitte
ein dunkler Punkt als Gefässbündelspur sichtbar ist. Eine andere Deutung liesse den Rest als Zapfen
einer Conifere erscheinen, wobei dann kaum an eine andere Conifere als Seguoia zu denken wäre.
Coniferae.
Palissya Endlicher.
P. Braunii Endlicher.
Tafel VIII, Fig. 46, 49.
Hif bei Kaswin, Tasch bei Schachrud.
Ich zweitle nicht, dass die kleinen Bruchstücke, welche allein mir vorliegen, den Zweigspitzen
dieser Art angehören. Indess dürfte auch auf die als Stachyotaxus septentrionalis Nath. in der fossilen
Flora von Binf beschriebenen Coniferenzweige hinzuweisen sein.
P. Sternbergi Nath.
Tafel VIII, Fig. 43a.
Hif bei Kaswin.
Eine bis jetzt nur aus dem Rhät von Biuf bekannte Form (Nathorst, Foss. Floran vid Biuf.
Stockholm 1370—1886, pag. 107, Tafel 24.) Ich glaube nicht zu irren, wenn ich die dürftigen Reste der
persischen Fundorte mit den Resten der scandinavischen vereinige.
Cyparissidium Nathorst.
€. Nilsonianum Nathorst.
Tafel VIII, Fig. 45.
Tasch bei Schachrud, Hif bei Kaswin.
Ein einziger dünner Zweig, der Spitze angehörend, mit stumpfen, linearen, angedrückten Blättern.
mit Nathorst’s Abbildungen in Fossil Floran vid Biuf, Tafel XXII, Fig. 12, 13, gut übereinstimmend,
die noch kleineren Zweigstücke mit Palissya Sternbergi, Podozamites, Asplenium Rösserti zusammen auf
Tafel VIII, Fig. 48a.
Gingko L.
@. Minsteriana Heer.
Tafel VIII, Fig. 44.
Tasch bei Schachrud.
Ein ziemlich schlecht und unvollständig erhaltenes Exemplar, von welchem nur der untere Theil
der Blattfläche erhalten ist, der Blattstiel und der obere Theil des Blattes fehlt. Die Bestimmung ist
desshalb nicht ganz zu sichern, ich möchte jedoch glauben, dass der Rest zu @. Münsteriana Heer (Jean-
paulia Unger) gehört. Ausserdem liegt mir noch ein Fragment vor aus einem kurzen Stiele und Ab-
schnitten eines Blattes bestehend; wie ich glaube die Basis eines Blattes von Gingko paueipartita Nath.
oder einer verwandten Art.
Am Schlusse der Coniferen erwähne ich Fragmente schmaler, linearer, nadelförmiger, spitzer Blätter,
deren eines, zum Theil sichtbar, mit Oleandridium (Tatel V, Fig. 20e) abgebildet ist. Sie können einer Schizolepis
oder Czekanowskia angehören, demnach kann eine dieser Gattungen ebenfalls einen
Bestandtheil dieser Flora bilden. Andrae’s Podocarpites acieularis von Steierdorf
mag wohl hierher gehören.
Unter den von Pohlig bei Hif gesammelten Pflanzenresten befindet sich
auch ein kleiner, glatter, eiförmiger, spitzer, vier Millim. grosser Carpolith, welcher
ohne Zweifel einer Gymnosperme angehört, welcher, lässt sich mit Bestimmtheit
nicht sagen.
Ebenfalls von Pohlig an dem gleichen Fundorte gesammelt ist ein
Pflanzenrest, welcher zu Stachyotaxwus septentrionalis Nath. (Foss. Floran vid Biuf)
zu gehören scheint (Fig. 2). In den Achseln schmaler, linearer, am Rande gezähnter
Fruchtblätter stehen stumpf-eiförmige Samen, an dem unteren Theile des Zweiges dicht
gedrängt lineare Blätter. Auf die Verwandtschaft mit einer anderen fossilen Conifere habe
ich hinzuweisen, auf Conchophyllum Richthofeni (Richthofen, China, Band IV,
Tafel 42, Fig. 21—26, pag. 235) aus dem Carbon von Kai-Ping in Tschili.
Wie Conchophyllum schliesst sich auch Stachyotaxus an die lebende Gattung
Daerydium an und besitzt wie diese einen ährenförmigen weiblichen Blüthenstand,
dessen Fruchtblätter jedoch an der Basis die Samenknospen tragen.
Schenk, Fossile Pflanzen aus der Albourskette. 2
Allgemeine Bemerkungen.
Die in der Albours-Kette vorkommenden Pflanzenreste haben schon früher durch die von Göbel
(Mitglied der Khanikoff’schen Expedition in Nordpersien) bei Tasch gemachten und von Göppert (Berichte
der schles. Gesellschaft 1860) kurz besprochenen Sammlungen die Aufmerksamkeit auf sich gezogen und
waren die Grundlage für die Bestimmung des Alters der Schichten, in welchen sie vorkommen. Göppert
sprach sich für den Lias aus, auf Grund seiner Untersuchung, welche die nahe Beziehung der wenigen
persischen Pflanzenreste zu jenen der Fundorte Frankens klar legte, und in beinahe ununterbrochener Folge
von Hassfurt und Bamberg bis nach Baireuth längs des Mainthales und in demselben sich hinziehen.
Die von Herrn E. Tietze unternommenen Sammlungen haben nun bei Weitem reichere Aufschlüsse
gegeben, welche in der letzten Zeit durch die von Dr. Pohlig gemachte Sammlung einen weiteren
Zuwachs erfahren haben und es möglich machten, mit Sicherheit über das Alter der pflanzenführenden
Schichten der Alborus-Kette sich auszusprechen, als dies bislang möglich war.
Zwei Fundorte sind es vor Allem, von welchen diese Pflanzenreste stammen, der eine, an welchem
bereits Göbel sammelte: Schachrud bei Tasch, sodann das von Eichwald und E. Tietze zuerst, später
von Dr. Pohlig besuchte Hif bei Kaswin, beide dieselben Reste enthaltend, jedoch in verschiedenen
Erhaltungszuständen. An dem ersteren Fundorte sind die verkohlten Pflanzenreste in durch organische
Substanz schwarz gefärbten Thonschiefer eingelagert, Structur lässt die Kohle so wenig wie an einem
dritten, ebenfalls von E. Tietze besuchten Fundorte, Berg Siodscher bei Ah, nachweisen, bei Hif sind
sie in durch Eisen gefärbten Abdrücken erhalten und durch äussere Einflüsse stark zerstört.
Nach Göppert’s Bestimmungen hätte Göbel bei Tasch gesammelt: Pecopteris whitbyensis,
Taeniopteris vittata, Thaumatopteris Münsteriana, Camptopteris Nisoni, Zamites distans, Nüsonia Stern-
bergi. Göppert spricht sich in Folge dieser Bestimmungen in dem Eingangs erwähnten Sinne aus und
vergleicht die in Nordpersien vorkommenden Reste mit jenen von der Theta bei Baireuth, welche er eben-
falls dem Lias zuweist. Eichwald, welcher an demselben Fundorte sammelte, führte neben Pecopteris
whitbyensis noch P. meridionalis Eichw., Zamites approximatus, Z. angustifolius, Podozamites distans,
Dictyophyllum Nilsoni, ein Gemenge von Oolith- und Liaspflanzen. Heer macht in Flora foss. aret.
tom. IV, p. 17 mit Grund aufmerksam, dass die Flora der Theta jünger sei und die von dort durch
Göppert erwähnten Arten nicht mit den gleichnamigen des Oolith identisch seien, was ich seiner Zeit
in meiner Flora der Grenzschichten zur Genüge nachgewiesen habe.
Be
Die Untersuchung der neuesten Aufsammlungen haben mich zu der Ueberzeugung geführt, dass
die Pflanzenreste von Tasch, Hif und des Berges Siodscher der rhätischen Formation angehören und mit
den in Franken vorkommenden, sowie den durch Zeiller aus Tongking (Zeiller, examen de la tor.
foss. des couches de carbon du Tong-King. Paris, 1882) untersuchten Pflanzen und jenen von Skandinavien
zum Theil identisch sind, unter ihnen aber auch einige eigenthümliche Arten sich befinden. Die auf
p. 12 folgende Tabelle wird dies am besten zur Anschauung bringen, Zugleich wird sie am klarsten die
Verbreitung der rhätischen Formation und ihrer Vegetation übersehen lassen. Von den in der Albours-
Kette gesammelten 28 Arten sind mit Gresten fünf Arten, mit Steierdorf sechs, mit Fünfkirchen zwei, mit
den fränkischen Fundorten (Bamberg, Veitlahm, Baireuth etc.) zehn, mit den verschiedenen skandinavischen
Fundorten zwölf, mit Tongking sechs Arten gemeinsam, während sieben Arten den oben genannten Fund-
orten Nordpersiens eigenthümlich sind. Ueberwiegend ist die Zahl der Cycadeen, 11 Arten, nach ihnen jene
der Farne mit 8 Arten, dann die der Coniferen, 6 Arten, Equisetaceen sind nur zwei gefunden. Wie die
Vegetation aller liasisch-jurassischen Fundorte einen tropischen Charakter trägt, so ist dieses neben dem
Ueberwiegen der Cycadeen auch hier der Fall.
12
Stachyotaxus septentrionalis Nath.
Dt 5 .| 5
Nordpersien. | & = 3 E s A a
Hif und Tasch. & 3 € 3 E ® onstige Fundorte.
Tem 2 | zu 7 RE j
l
Equisetaceae. | |
Schizoneura sp. = en. — -n |
Equisetum sp. — za ln ee za
Filices.
Asplenium Rösserti Heer ee E= —/ +!+| + Coburg.
Pecopteris persica n. Sp. | a ee ee ea
Adiantum Tietzei n. sp. I = — — ER IP ee re
Oleandridium tenuimerve Schimp. I|-|-|-|+I-|-
Oleandridium spathulatum Schimp. ==] Ze een Rajmahalhhills.
Gleicheniacea ? ee a — au eye
Otenis asplenioides Schenk. (Taeniopteris
Schimp.) . ; zE AL | | ||
Dictuophyllum acutilobum Schenk. —/+|I--! +1 +]I + |
Gymnospermae. | | |
Uyecadeaceae. |
Ctenozamites eycadeu Nath. +1 —- | + || + | — | Coburg, Lyme Regis,
Podozamites lanceolatus Heer il +JI|- | +| +| + Halberstadt.
Zamites sp. | ES a I VE Nr
Pterophyllum aequale Brongn. | —-— | -|-|-| +/J +|
. Münsteri Göpp. . Pace Er az
= Tietzei n. sp. . | — — ee
n Braunianum Göpp. a
Dioonites affinis n. sp. . . I | = | zelRe| ||—
Nilsonia polymorpha Schenk Ie= +| -| +| +] +
compta Heer — | -|- | | — | — Oolith: China, England.
Anomozamites minor Brongn. = — — — | +|I —-
Coniferae. |
Palissya Braunü Endl. + +1 + +| +. —
„ Sternbergi Nath. — | -| -| -|)| +| —
COyparissidium Nilsonianum Nathı. — | — | —-- | —- | +4| —
Gingko Minsteriana Heer — | -|+|1-|
4
Schizolepis (2)
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 5.
Bio. 6.
Rio.
Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 10.
Fig
Ehe lit.
Fig. 18.
Fig. 19.
Fig. 20.
Fig 21.
Fig. 23.
Fig. 26.
Erklärung der Tafeln.
Tafel I.
Diaphragma eines Equisetum.
3. 4. Asplenium Rösserti Heer. Fig. 3 links Nilsonia polymorpha Schenk.
Pecopteris persica Schenk ; links Pferophyllum Tietzei Schenk.
Pecopteris persica Schenk; links Anomozamites minor Brongn.
Tafel II.
Dietyophyllum aecutilobum Schenk.
Asplenium Rösserti Heer.
Adiantum Tietzei Schenk.
Ctenozamites eycadea Nathorst mit Asplenium Rösserti Heer.
Tafel IL.
. 11— 16a. Ctenozamites ceycadea Nathorst.
Tafel IV.
Oleandridium tenwinerve Schimper. Ausserdem Cyeadeenschuppe, Fragmente von Podozamites
lanceolatus Heer und Dietyophyllum.
Ctenozamites cycadea Nathorst.
Asplenium Rösserti Heer, Fragmente von Oleandridium.
Tafel V.
a Oleandridium tenuinerve Schimper; b Oleandridium spathulatum Schimper,
Stengelfragment, ce Cycadeenstämmehen, e Schizolepis ?
22. Anomozamites minor Schimper.
24. 25. Pterophyllum aequale Brongniart.
Pterophyllum Braunianum Göppert.
d
Schizonen. \
’
Fig. 27. 28. 29. Pterophyllum Tietzei Schenk. 27a. Pecopteris persica Schenk.
Fig. 30. Ctenozamites cycadea Nathorst.
Fig. 31. Zamites spec., rechts ein Zweigfragment.
Fig. 32. Pterophyllum aequale Brongniart. Querliegend Anomozamites minor Schimper.
Fig. 33. Pterophyllum Braunianum Schimper; links Asplenium Rösserti Heer und Pt. aequale Brongn.
Fig. 34. Pterophyllum aequale Brongn., Schizoneura?
Tafel VII.
Fig. 35. Pterophyllum aequale Brongniart (P. Abichianum Göppert). Dazwischen Pterophyllum Braunianum-
Göppert und Podozamites lanceolatus Heer.
Fig. 36. Pterophyllum Braunianum Göppert; links b Fragment eines fructifieirenden Gleicheniacenblattes,
a Asplenium Rösserti Heer; rechts Pterophyllum Tietzei Schenk und P. Braunianum Göpp.
Fig. 37. Dioonites affınis Schenk.
Fig. 38. 39. 40. Pterophyllum Braunianum Göppert.
Fig. 41. Oleandridium tenuinerve Schimper.
Tatel VI.
Fig. 42. Oleandridium spathulatum Schimper, zusammen mit Podozamites lanceolatus Heer.
Fig. 45. Ctenozamites cycadea Nathorst und Podozamites lanceolatus Heer.
Fig. 44. Gingko Münsteriana Heer.
Fig. 45. Cyparissidium Nilsonianum Nathorst.
Fig. 46. Ctenis asplenioides Schenk mit Palissya Braunii Endl.
Fig. 47. Anomozamites minor Schimper.
Fig. 48. Schizoneura.
Fig. 48a. Fragmente von Asplenium Rösserti Heer, von Podozamites (vergl. pag. 5, Fig. 1), einer Sequoia?
Fig. 49. 50. Palissya Braunii Endl.
Tafel IX.
Fig. 51. Equisetum spee., Podozamites lanceolatus Heer, Ctenozamites cycadea Nath.
Fig. 52. Pterophyllum Tietzei Schenk.
Fig. 53. G@leicheniacea.
Fig. 54. Ctenozamites cycadea Nath. und Pecopteris persica Schenk.
Fig. 55. Schizoneura.
Tafel VI.
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Art. Anst v. Th. Fischer, Cassel.
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Taf. 14.
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st, Verlag von Theodor Fischer in Cassel. ‚2
Bibliotheca botanica.
Original-Abhandlungen aus dem Gesammtgebiete der Botanik,
herausgegeben von
Dr. 0. Uhlworm und Dr. F., H. Haenlein in Cassel.
— ——
Inhalt der bisher erschienenen Hefte:
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2. Zopf, Dr. W., Botanische Untersuchungen über die Gerbstoff- und Anthoeyan-Behälter der Fumariaceen.
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Rees, Dr. Max u. Fisch, Dr., Ueber Elaphomyces.
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Die „Bibliotheea botaniea“ erscheint in Quartformat in zwanglosen Heften mit zahlreichen, zum grossen Theil farbigen
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Botanisches Centralblatt
Referirendes Organ für das (resammtgebiet der Botanik des In- u. Auslandes.
Herausgegeben
unter Mitwirkung zahlreicher Gelehrten
von
Dr. Oscar Uhlworm 2 Dr. W. J. Behrens
in Cassel i in Göttingen.
Zugleich Organ des Botanischen Vereins in München, der Botaniska Sällskapet
i Stockholm, der Gesellschaft für Botanik zu Hamburg, der botanischen Section der
Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau und der Botaniska
Sektionen af Naturvetenskapliga Studentsällskapet i Upsala.
je Abonnement für den Jahrgang (4 Bände in 52 Nm.) mit 28 M. durch alle Buchhandlungen
und Postanstalten.
Druck von Gebr. Gotthelft in Cassel.
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Abhandlungen
aus
dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
von
Dr. Oscar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein
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(Heft No. 7.)
Dr. Max Reess und Dr. Carl Fisch: Untersuchungen über Bau und Lebensgeschichte der Hirsch-
trüffel, Elaphomyces. (Mit einer Tafel und einem Holzschnitt.)
CASSEIL.
Verlag von Theodor Fischer.
1887.
BIBLIOTHECA BOTANICA.
Abhandlungen
aus
dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
von
Dr. Oscar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein
in
Sassel.
(Heft No. 7.)
Dr. Max Reess und Dr. Carl Fisch: Untersuchungen über Bau und Lebensseschichte der Hirsch-
trüffel, Elaphomyces. (Mit einer Tafel und einem Holzschnitt.
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
1887.
Untersuchungen
über
Bau und Lebensgeschichte der Hirschtrüffel,
Elaphomyces.
Dr. Mazz TBesess und Dr. Sar Fisch.
(Mit einer Tafel und einem Holzschnitt.)
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
1887.
Vorwort.
In die unbekannte Lebensgeschichte der trüffelartigen Pilze einen Einblick zu gewinnen, ist seit
vielen Jahren mein Arbeitsziel gewesen. Den eigentlichen Trüffeln habe ich bei vielerlei Ungunst des
Materiales und des Ortes lange Zeit hindurch viele Mühe umsonst gewidmet. Inzwischen hatte 1376
Boudier!) die längst geahnte und naheliegende Beziehung der Tuberaceen zu Gehölzwurzeln an der
sog. Hirschtrüffel, Elaphomyces, bestimmter ins Auge gefasst. Hinsichtlich dieser Gattung sind mir dann
die örtlichen Verhältnisse günstiger gewesen, so dass ich seit 1380 über den Parasitismus von Elaphomyces
auf den Wurzeln der Kiefer eine Reihe von dankbareren Untersuchungsergebnissen habe veröffentlichen
können. ?)
Diese Mittheilungen sind leider ohne Abbildungen erschienen, ein Mangel, welchem die vorliegende
Veröffentlichung zunächst abhelfen soll. Im Uebrigen erscheinen hier die früher zum Theil bekannt
gemachten Untersuchungsergebnisse nicht etwa bloss ausführlicher wiederholt, sondern vollständig
umgearbeitet, in zahlreichen Punkten ergänzt, erweitert und präeisirt. Hinzugekommen sind u. A.
entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen, insbesondere über die Sporenfrucht von Elaphomyces, und eine
Reihe von biologischen Erörterungen. j
Die lange Zeit festgehaltene Hoffnung, über die Sporenkeimung berichten zu können, habe ich
zunächst aufgegeben; wenigstens liegt kein Grund vor, um ihretwillen den Abschluss dieser Arbeit noch
länger hinauszuschieben.
Anknüpfend an meine 1880er Mittheilung hat sich Frank mit der Symbiose der Tuberaceen und
Baumwurzeln beschäftigt; er konnte, soweit es sich um das rein Thatsächliche in morphologischer,
anatomischer, entwicklungsgeschichtlicher und parasitologischer Hinsicht handelt, meine Angaben für
Elaphomyces bestätigen ?), und kurz nachher auch bezüglich der ächten Trüffeln analoge Beobachtungen
veröffentlichen*). Frank’s mit reichem Material und amtlicher Unterstützung geförderte Untersuchungen
!) Boudier, Bull. d. l. Soc. bot. d. France XXII. 115, 1876.
?) Reess, Sitzb. d. phys.-med. Soc. zu Erlangen, 1880, 10. Mai.
Berichte d. Deutsch. Bot. Gesellsch. 1885, 20. Juli u. 19. Septbr.
39) Frank, Berichte d. Deutsch. Bot. Gesellsch. 1895, 123 und XXVII.
*) Frank u. A. in Leunis’ Synopsis III. Aufl., III. Bd., 366.
Reess u. Fisch. Bau und Lebensgeschichte der Hirschtrüffel. 1
schliessen nach ihren bisherigen Ergebnissen und weiteren Aussichten die Fortführung meiner eigenen
ähnlichen Arbeitspläne so ziemlich aus.
Frank hat aus seinen Untersuchungen nicht allein die allgemeine Verbreitung von Wurzelpilzen
auf Coniferen, Cupuliferen u. dergl. dargethan, sondern gleichzeitig diesen Wurzelpilzen eine neue biologische
Seite abzugewinnen gesucht. Er hält die Symbiose seiner Wurzelpilze mit den Baumwurzeln auch für
der letzteren Gedeihen und Nahrungsaufnalime erforderlich. Ohne an fraglicher Deutung hier eine
Kritik zu üben, darf ich vielleicht auch an dieser Stelle als thatsächlich aussprechen, dass ich die ein-
schlägigen anatomischen Verhältnisse für Kiefer- und Hirschtrüffel seit sechs Jahren so genau als möglich
gekannt, und die von Frank vertretene Auffassung der Symbiose auch meinerseits gesprächsweise als
möglich bezeichnet habe').
Aus einer meiner früheren Veröffentlichungen sind in der vorliegenden Abhandlung einzelne Stellen
wörtlich aufgenommen. Herr Dr. Fisch hat mich in der mannigfachsten Weise unterstützt und
insbesondere die Morphologie der Fruchtentwicklung bearbeitet).
Erlangen, Pfingsten 1887.
M. Reess.
!) Vergl. Reess, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges. 1885 a. a. ©. Woronin, ebenda 1885, 205.
?) Mattirolo's Arbeit: Sul parassitismo dei tartufi (Malpighia I) ist mir erst während des Druckes vorliegender
Abhandlung bekannt geworden.
. |
Einleitung.
Bei sämmtlichen von mir untersuchten Elaphomycesarten (insbes. E. granulatus und variegatus)
liegen die reifen Früchte einzeln in besonderen Hüllnetzen aus Baumwurzeln. Diese Wurzelhüllen der
Elaphomycesfrüchte scheinen zuerst von Tulasne einiger Aufmerksamkeit gewürdigt worden zu sein.
Tulasne erwähnt die Wurzeln als Bestandtheil der Hüllen und giebt zwei unvergrösserte Habitusbilder
derselben, allerdings ohne weitere Zergliederung. Die Art und Weise indessen, wie er im Text dieser
ganz eigenthümlichen Bildungen gedenkt, zeigt deutlich genug, dass er ihnen und insbesondere ihrer
Zusammensetzung aus lebenden Wurzeln keine Bedeutung beilegt ').
Einen wesentlichen Fortschritt in der Erkenntniss der Wurzelhülle verdanken wir einer Mittheilung
Boudier’s „du parasitisme probable de quelques especes du genre Elaphomyces“ 1876 2). Boudier
seinerseits giebt an, dass die Wurzeln, welche um die Früchte von Elaphomyces dichtgeflochtene Hüllnetze
bilden, von einem Mycelium überzogen seien, das zwischen ihnen reichlicher auftrete, als im benachbarten
Boden. Dieses Mycelium befalle die Wurzeln nur oberflächlich, ohne in sie einzudringen, rufe aber dennoch
eigenthümliche Entartungen derselben hervor. Leider ist Boudier’s vielverheissende Entdeckung über
diese bruchstückweise und zurückhaltende Veröffentlichung nicht hinausgediehen.
Ich habe die von Boudier ausgegangene Anregung aufgenommen, sobald ich in der Umgebung
von Erlangen Elaphomyces-Nester gefunden, im Herbst 1579.
1) Vergl. Tulasne, Fungi Hypogaei, 1851, p. 105, 110, 202. pl. II, Fig. VI u. VII. Die Abbildungen beziehen
sich auf El. echinatus und E. Leveillei. Von letzterem schreibt Tulasne: „Fungus .... erusta vivus aretissime involvitur
erassissima e mycelio confeeta densissimo late in terra diffuso, luteo-virescente vel aeruginoso exsiccationeque non mutato, ac
fibris nigris (plantarum ambientium radicellis languidis) stellatim interno pariete signata“. Ueber El. granulatus heisst es:
„Fungus — saepissimeque fibrillis radicalibus arborum quibus terra matrix obumbratur, arctissime et tanquam rete involutus“.
Nur bei drei von seinen 21 Elaphomycesarten erwähnt Tulasne die Wurzelhülle. — Vittadini (Monogr. Tuberacearum p. 62
u. fi.) erwähnt die Wurzelhülle als „Crusta“ und bildet sie einigemale ab; dass sie aus Wurzeln bestehe, ist ihm entgangen.
2) Boudier, Bull. d. 1. Soc. bot. d. Fr. XXIII. 115, 1876.
1*
Unsere Fundorte von Elaphomyces liegen ausnahmslos im Kiefernwald'). Einzelne hochstämmige
Bäume beschatten Elaphomyces-Nester, aus denen man leicht ein halbes Hundert Früchte verschiedenen
Alters gewinnen kann.
Die reifen Hirschtrüffeln brechen glatt aus ihrer Wurzelhülle; diese bleibt in der Erde stecken.
Sie besteht aus einer etwa 4 mm dicken, meist dreitachen Lage dicht und allseitig verflochtener . dünner
Wurzelzweige und Wurzelspitzen. Dazwischen‘ erkennt man mit unbewaffnetem Auge Humusbröckehen,
todte Wurzelreste, Sandkörner und gelbe Schüppchen aus abgestossenem Gewebe der Pilzfruchtrinde.
Diese Schüppchen kann man mit der Nadel nicht einzeln aufheben, sie smd durch mikroskopisch unsicht-
bare Hyphen untereinander verbunden. (Vergl. Fig. 1).
Wäscht man einen vorsichtig ausgegrabenen Elaphomyceshaltigen Erdbrocken sorgfältig aus, so
überzeugt man sich leicht, dass die ganze Wurzelhülle einer Pilzfrucht aus der überreichen Verzweigung
eines einzigen jungen Kiefernwurzelästchens hervorgegangen ist (Fig. 2, 3). Es gelingt auch, längere
Wurzeläste unversehrt blosszulegen, an deren Zweigen mehrere Früchte ungleichen Alters befestigt sind.
NE
Elaphomyces als Wurzelpilz der Kiefer.
An sämmtlichen Würzelehen der Hülle, sie mögen der Frucht geradezu aufgepresst sein, oder
ausser jeder unmittelbaren Berührung mit ihr stehen, fallen zwei Eigenthümlichkeiten besonders auf. Die
Wurzeln sind in diehtester Aufeinanderfolge (selten über 2 mm Abstand) der einzelnen Gabelungen allseits-
wendig, besonders aber parallel zur Fruchtoberfläche gegabelt. Ihre etwas aufgetriebenen Spitzen aber
zeigen statt der braunen glatten Oberfläche gesunder Wurzeln (Fig. 6e.), einen gegen die älteren Wurzel-
abschnitte sich scharf absetzenden, meist gelblichweissen Anflug”) (Fig. 3, 6b.).
Die oberflächlichste Musterung eines Hirschtrüffelnestes genügt, um sich zu überzeugen, dass genau
in der gleichen Weise veränderte Wurzelspitzen ohne jede unmittelbare Beziehung zu einer Elaphomyces-
frucht auftreten. (Vergl. Fig. 4 u. 5).
Vor mir liegt ein Wurzelast von '/g Meter Länge. Er hat einige reife Früchte getragen und
zeigt im Uebrigen einen ganz regellosen Wechsel zwischen spärlich verästelten, unveränderten und häufig
sich gabelnden, entarteten Zweigen und Zweigabschnitten. Hier ist aus weisslich bepuderten Wurzel-
gabelungen schon ein erbsengrosses Knäuelchen gebildet; dort tritt soeben die erste Dichotomie einer
Wüunzelspitze auf, verrathen durch den hellen Anflug.
!) Die hier gefundenen Arten, E. variegatus und granulatus, werden von Tulasne (Fungi hypogaei 109 fi.) in
„Ppinetis, quercetis et castanetis“ angegeben. Vergl. auch Caspary, Trüffeln und: trüffelähnliche Pilze in Preussen, Schr. d.
phys.-ök. Ges. Königsberg XXVII 192 fi., 1887 Ludwig, Ueber einige Pilzfunde, Sitzb. Bot. Verein Prov. Brandenb. 1880, XII.
?) Zuweilen entbehren die Spitzen in dichtester Aufeinanderfolge gegabelter Wurzelknäuelchen, obgleich in Allem
mit den oben beschriebenen übereinstimmend, der abweichenden Färbung und erscheinen einfach dunkelbraun.
Ueber die Natur dieses Anfluges schafft die mikroskopische Untersuchung des Längsschnittes einer
solchen Wurzelspitze augenblicklich Aufschluss. (Fig. 10).
Die Wurzelspitzen stecken in einer dichtanliegenden, lückenlosen, festgeflochtenen Scheide aus
pseudoparenchymatischem Pilzgewebe. Die farblose Pilzscheide, ungefähr Smal schmäler als die Wurzel,
hebt sich einerseits von dem braunen Rande der Wurzel scharf ab, und löst sich anderseits sehr häufig
nach aussen in ein Netzwerk von einzelnen Hyphen auf. (Diese fehlen in Fig. 10, sind aber auf Fig. 5
zu erkennen.) Gute Präparate lassen aber auch darüber nicht im Zweifel, dass aus der Pilzscheide einzelne
Fäden, zunächst intercellular, in die Wurzelrinde eindringen (Vergl. Fig. 8 W.)
Sie rücken übrigens im Innern der Wurzel nicht weiter aufwärts, als aussen die Scheide reicht.
Ich habe leider versäumt, der Fig. 10, welche einen verhältnissmässig ausgebildeten Entwickelungs-
zustand der pilzumscheideten Wurzel darstellt, einen jugendlicheren an die Seite zu stellen, wie er mir in
mehreren Präparaten vorliegt. Da treibt die pilzbescheidete Saugwurzel eben frisch aus; als schwellender
Höcker drängt sich die Wurzelspitze hervor, von einer einzigen Lage brauner Wurzelhaubenzellen bedeckt.
Das gesunde Gewebe des Vegetationspunktes zeigt keinerlei eingedrungene Pilzfäden; das fertige Rinden-
parenchym hingegen ist von intercellularen Hyphen durchwachsen, die ganze Oberfläche der Wurzelspitze
endlich von der Pilzscheide umspannt.
Zum Unterschiede von anderen, gelegentlich beobachteten Wurzelpilzen sei wiederholt betont,
dass ich die Pilzscheide sammt den ihr entspringenden Fäden bei Elaphomyces immer farblos gefunden habe.
Was die feinere Einwirkung der Hyphen auf das Rindenparenchym betrifft, so bleibt es für
Elaphomyees nicht bei der u. A. von Frank beschriebenen intercellularen Verbreitung der auf den Parenchym-
membranen netzartige Zeichnungen hervorrufenden Pilzfadengeflechte; vielmehr treten im Inneren der
Zellen ganz eigenthümliche Ausstülpungen und Knötchen auf.
Man findet dieselben am auffallendsten in den älteren, schon stärker vom Pilz ergriffenen gebräunten
Theilen, am jugendlichsten aber in den noch farblosen, eben erst im Beginn der Verpilzung stehenden
Zellen des Rindenparenchyms.
Ich gehe zunächst von letzteren aus. Die Rindenparenchymzellen erscheinen auf dünnen Quer-
schnitten durch eine bis zwei Schichten Pilzhyphen getrennt. (Vergl. den Holzschnitt A.) In den Zellen-
raum herein ragen kurze, verschieden geformte Knötchen. Sie haben bald ein eigenes Lumen, bald keines,
und hängen entweder deutlich mit intercellularen Hyphen zusammen, oder auch nicht. In älteren Parenchym-
theilen massiger ausgebildet, erscheinen sie reich gelappt, maulbeerähnlich zusammengesetzt, geschichtet u. s.t.
Taf. 1, Fig. 9 ist nach einem früheren Präparat leider gezeichnet worden, ehe ich die entsprechenden
Einzelheiten an Jugendzuständen aufgeklärt hatte; sie giebt ein Bild für ältere Zustände, aber auch dafür
kein genaues. Die hier folgende Zeichnung bringt die Sache ins Reine.
Es frägt sich vor Allem: sind diese Knötchen intercellulare Hyphenendigungen, „Haustorien“ im
eigentlichen Sinne, oder sind sie vom Pilz angeregte Wucherungen der Parenchyinzellenmembran ?
Von manchen zarten und farblosen Jugendzuständen gilt nun auch vermöge ihrer Pilzcellulose-
reaction — ganz zweifellos das Erstere. (Vergl. Holzschn. A.x.) Ebenso von manchen älteren, gebräunten,
die ganz deutlich ein durch die Parenchymmembran hereingewachsenes, sogar verzweigtes, Jumenhaltiges
Hyphenende darstellen.
Aber ebenso sicher giebt es unter den stattlichsten dieser Gebilde solche, deren Hauptmasse be-
stimmt der Parenehymmembran angehört, und mit dieser gleich reagirt. Die anatomische Verbindung mit
dem intercellularen Hyphennetz bleibt häufig zweifelhaft, ebenso die Existenz eines Lumens.
Aus Längsschnitten durch Elaphomycesbefallene Wurzelspitzen der Kiefer, das Verhalten der Hyphen im Rindenparenchym
veranschaulichend, 600f. vergr.
A. Durchschnitt der Scheidewand zwischen 2 Parenchymzellen a und b; h h das intercellulare Hyphenwerk, bei x
in die Zelle a eingedrungen. Junger Zustand. j
B. Aus älterem, gebräuntem Rindenparenchym mit verdickten Wänden; i eindringender Pilzfaden, von der gehobenen,
geschichteten Parenchymmembran bedeckt; k ein Knötchen mit Lumen; p intercellulare Hyphenabschnitte.
Will man allen Einzelfällen gerecht werden, so wird man einerseits wirklich durchbrechende
haustorienartige Hyphenendigungen annehmen müssen. Andererseits aber — und zwar anscheinend noch
häufiger — blosse Hervorwölbungen der Parenchymmembran durch kleine Pilzknötchen; diese Fälle
können durch gesteigerte Verdieckung und Schichtung der Membran besonders auffällig erscheinen. Zu-
weilen füllen sie ganze Zellen klumpig aus'). (Vergl, Holzschn. B bei i u. k.)
Ausnahmsweise habe ich diese Knötchen auch in der Endodermis beobachtet. Alle sonstigen
Einwirkungen des Pilzes auf die Wurzelgewebe sollen später erörtert werden.
Uebrigens entsprechen bis auf die von Frank nicht angegebenen Knötchen die anatomischen und
entwicklungsgeschichtlichen Verhältnisse der Elaphomycespilzscheiden auf Kiefernwurzeln Frank’s Angaben
und Zeichnungen der Cupuliferen-Mycorhiza (Ber. d. D. B. G. 1885, S. 129 #., Taf. X, Fig. 5 u. 6) so
vollständig, dass ich einfach auf Frank verweisen darf. Und obgleich ja Bau und Entwickelung der
Gewebe am Wurzelvegetationspunkt der Kiefer gewisse Eigenthümlichkeiten zeigen, so stimmt doch wieder
z. B. die fast völlige Verkümmerung der Wurzelhaube, dann das ausschliessliche Eindringen der inter-
cellularen Hyphen ins ausgebildete Rindenparenchym, im Einzelnen mit Frank’s Darstellung. j
Zwischen den entarteten Wurzelspitzchen der Elaphomycesfruchthüllen und den unabhängig von
Elaphomycestrüchten vorkommenden giebt es bezüglich der schmarotzenden Pilzscheide keinen Unterschied.
(ef. Fig. 7 u. 8 W.sch.).
Beide bestehen aus Elaphomyces-Mycelium.
'!) Vergl. hiezu die Cellulosescheiden der Ustilagineen-mycelien (de Bary, Vergl. Morph. u. Biol. d. Pilze 1884,
p. 422 u. a. m.).
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-1
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LI:
Mycelium.
Dieses Mycelium habe ich anderswo, als in von Kiefern durchwurzeltem Boden nie begegnet.
Es scheint also an den Wurzelbezirk gebunden, und hält mit unzähligen Fäden unzählige Wurzelzweige
schmarotzend fest, die Wurzelspitzchen bald sämmtlich umscheidend, bald einzeln freilassend.
Das Elaphomyces-Mycelium besteht zuweilen aus nicht mit blossem Auge erkennbaren gelblichen
oder graugelben spinnwebigen Fasernetzen oder seidenweichen dünnen Strängen ).
So trifft man dasselbe, öfters ganz junge Fruchtansätze bergend, gern im mulmigen, an Kiefern-
geweberesten reichen, wurzeldurchwucherten Humus. (Fig. 11). Weit häufiger aber ist das Mycelium im
Boden so fein vertheilt, dass man seiner erst mit dem Mikroskop sicher wird”). Ein und dasselbe
mikroskopisch gekennzeichnete Mycel erfreut sich in den Elaphomycesnestern allgemeiner und fast concurrenz-
loser Verbreitung. Es bleibt dasselbe, ob man das erste beste leere Humusbröckchen unter dem Mikroskop
zerlegt, oder die Nachbarschaft freier pilzbefallener Wurzelspitzen mikroskopisch absucht, oder endlich
die Hyphenmasse zwischen den Maschen der Elaphomycesfrucht-Wurzelhülle verfolgt. Um jüngere bis
halbreife Fruchtanlagen bildet es zuweilen bis 5 mm dicke, schmutziggelbe, fast ununterbrochene, cocon-
ähnliche Gespinnste. Seinen anatomischen Zusammenhang mit der Rinde sowohl jugendlichster als reifer
Früchte habe ich selbstverständlich genau festgestellt.
Fig. 12 giebt ein mikroskopisches Habitusbild, Fig. 13 die Einzelheiten des Myceliums von
Elaphomyces. Dasselbe bildet ein reichverzweigtes Hyphennetz, in welchem freie Hyphenendigungen ver-
hältnissmässig selten vorkommen. An eigentlichen Schnallen arm, zeigt es sehr zahlreiche Hyphen-
verwachsungen; bei der Präparation reissen diese Verbindungen häufig ab.
Die Fäden sind 4—5 Mik. breit, in grösseren Abständen septirt. Membran unterm Mikroskop
zart und farblos, mit Chlorzinkjod braun (ältere Mycelien sind zuweilen auch unterm Mikroskop braun-
gelb). Die Zellen führen Protoplasma und Kern®). Aeltere Fäden sehr inhaltsarm.
Wo die Hyphen Stränge bilden, bleiben auch diese ungemein zart und weich, die Hyphenstructur
zeigt nichts Abweichendes.
Von den meisten mit ihm zusammen vorkommenden anderen Bodenmycelien lässt sich das
Elaphomyces-Mycelium nach den angegebenen Merkmalen unterscheiden. Die anderen sind bald anders
gefärbt, bald straffer verzweigt, bald schnallenreicher, in vielen Fällen auch (wie Fig. 14) mit Kalk-
körnchen incrustirt.
!) Nie so rein goldgelb wie z. B. das neben ihm vorkommende Mycelium von Cordiceps ophioglossoides.
2) Sehr unscheinbar und hellfarbig wird es in humusärmerem trockenen Sandboden, den es auch in unserer Umgebung
öfters bewohnt. In solchem Boden ist auch die Fruchtbildung eine dürftige.
®) Kern nachgewiesen durch Borax-Carminfärbung, sowie durch Behandlung des Mycels nach der Haematein-
Ammoniakmethode.
IV.
Aeussere Fruchtentwickelung, Beziehungen zur Wurzelhülle.
Sowie man anscheinend zu allen Jahreszeiten dem Mycelium von Elaphomyces im Boden begegnet,
so findet man auch zu allen Jahreszeiten lebendige Früchte der verschiedensten Entwickelungszustände.
Etwaige Periodieität der einen und der anderen Entwickelungserscheinung wäre noch festzustellen. Es
ist aber immerhin möglich, dass die sommerlichen und winterlichen Temperaturdifferenzen der im schattigen,
hochstämmigen Kiefernwalde tiefer gelegenen Hirschtrüffelnester durchschnittlich zu unbedeutend wären,
um hierauf entscheidend einzuwirken.
Die Fruchtreife scheint sich langsam zu vollziehen.
Man kann aus einem ergiebigen Elaphomycesnest ungemein zahlreiche Früchte verschiedenen
Alters herausholen. Sicher werden die Früchte in grosser Anzahl dicht nebeneinander angelegt. Sie
drücken sich dann oft bei der weiteren Ausbildung, so dass ein grosser Theil der Anlagen schon aus
Raummangel zu Grunde gehen muss. Aber auch sonst schlagen, wie im Abschn. V. ausgeführt wird,
ungemein zahlreiche Fruchtanlagen fehl.
/i mm Durchmesser aufwärts
Die jüngsten und jüngeren Fruchtanlagen — wir haben sie von
verfolgt — sind bisweilen einem Kiefernwürzelchen unmittelbar angeschmiegt, oder wenigstens im Inneren
eines Wurzelknäuelchens eingebettet (Fig. 6a.). Meist aber liegen sie ziemlich zahlreich frei im massiger
auftretenden, zwischen Wurzeln wuchernden Mycelium.
Obgleich verpilzte Wurzeln in der Nähe nie fehlen, so kann eine junge Frucht bis 1 cm stark
werden, ohne jede unmittelbare Berührung mit einer Wurzel'). Sie liegt lose in einer wenig Halt
bietenden Höhlung, die lediglich mit abgestossenen gelben Fruchtrindenschüppchen ausgekleidet ist.
Zufällig streift dann die erste Wurzel die junge Frucht. Sofort wird die Berührungsstelle ein ausgiebiger
Verzweigungsheerd; ich habe in einem solchen Falle 17 Vegetationspunkte dicht bei einander gezählt.
Bald ist die Wurzelhülle locker angelegt. Reicher und dichter verzweigt umschliesst sie die reifende
Frucht, welche dieser ausgiebigen Nahrungsversorgung besonders zu bedürfen scheint?). Das Wachsthum
der Frucht steigert die Ausgiebigkeit der Berührung der Fruchtoberfläche mit der ausgedehnten Wurzel-
hülle, deren Wurzeln schliesslich durch Pressung tangential zur Fruchtoberfläche fast plattgedrückt werden.
(Vergl. Fig. 7). Nach beendigter Fruchtreife stirbt die Wurzelhülle ab und verwittert allmählig.
Inzwischen ist das die Frucht überziehende Mycelinm, ohne zu verschwinden, erheblich zurück-
gegangen.
') Ich verzichte auf genauere Massangaben der einzelnen Entwickelungszustände noch hüllenloser und hüllenbildender
Früchte, weil — wie in Absch. V. ausführlicher dargethan wird — die Gewebedifferenzirung der Fruchtanlage mit deren
Grösse keineswegs gleichen Schritt hält. Die erste Anlegung der Wurzelhülle habe ich öfters bei 9—12 mm Fruchtdurchmesser,
den Ansatz zu ihrer stärksten Ausbildung bei 17—18 mm Fruchtdurchmesser getroffen.
”) Man findet als Ausnahmsfälle junge Fruchtanlagen in verwitterten alten; da ist selbstverständlich das junge
Mycelium in den verwitterten alten Fruchtrest hineingewachsen.
D n
Ueber die Art der Verbindung zwischen den Wurzeln der Fruchthülle und den Früchten selbst
kann man sich weder an jüngeren, noch an älteren Zuständen mit blossem Auge ganz sicher belehren.
Die verbindenden Hyphen reissen: glatt schält sich die Frucht aus der Hülle.
Deshalb helfen auch mikroskopische Präparate wenig, so lang man unterlässt, die ganze Frucht
sammt Hülle und Erdkruste vor dem Schneiden einzubetten. Glyceringallerte ist dazu vorzüglich.
Ein mikroskopischer Schnitt durch ein solches Einbettungspräparat gewährt jede Auskunft. (Vergl.
Fig. 7, 8). Aussen auf der Rinde der reifen Frucht liegen (Fig. 7) über einander drei Schichten von
Wurzeldurchschnitten jeder Richtung. Alle ringsum pilzbescheidet, gleichviel, ob sie die Rinde berühren
oder nicht. Sie füllen entweder die Vertiefungen zwischen den Rindenwarzen völlig aus und es besteht
die innigste Berührung zwischen der Pilzscheide und der Fruchtrinde. Oder die Verbindung ist lockerer,
der Zwischenraum zwischen Wurzel und Frucht ausgefüllt durch Humusbröckchen und Elaphomyceshyphen,
die von der äussersten Rindenschicht der Frucht zu den Pilzscheiden der Wurzel zusammenhängend ver-
laufen. (Fig. 7Tc. u. Fig. 8c.)
Die Wurzelhülle fehlt bei reifen gesunden Früchten nie. Ihre Bedeutung für die Ernährung der
Elaphomycesfrucht ergiebt sich auch daraus, dass diese, von der Wurzelhülle umsponnen, noch sehr beträcht-
lich wächst, so dass die erst stielrunden Würzelchen der Hülle in tangentialer Richtung breit gedrückt werden.
Wiederholt habe ich halbreife Fruchtanlagen, vor der Hüllbildung, und reifere, nach Entfernung
ihrer Hülle, vorsichtig aber vollständig abgerieben, und in der ihnen sonst zuträglichen Erde in den Keller
gebracht. Ihre Weiterentwiekelung steht überall still, ganz reife Früchte gehen allmählig zu Grunde, die
jüngeren lassen aus ihrer Rinde zuweilen noch kurze neue Hyphen hervorwachsen, gewissermassen als
letzten Versuch der Nahrungsbeschaffung. Möglich, aber kaum wahrscheinlich ist, dass so auswachsende
Früchte von noch pilzfreien Kiefernwurzeln wieder angenommen würden; daraufzielende Versuche
habe ich unterlassen.
Anderweitige Versuche, Elaphomycesfreie Wurzeln mehrjähriger Versuchskiefern zum Umwachsen
loser reifer Früchte oder ähnlich gestalteter Korkstücke zu bewegen, sind trotz mehrjährigen Zuwartens
umsonst gewesen.
Der Reiz, welcher die Hüllenbildung veranlasst, muss also von den die junge Fruchtanlage
umgebenden Hyphen ausgehen und ein ganz speeifischer sein. Er wird kaum durch blosse Berührung,
sondern lediglich durch das Eindringen der Pilzhyphen in die Wurzeln ausgeübt. Ob ihm auch noch
vorher unverpilzte Wurzeln unterliegen, oder wofür alles spricht, bloss bereits pilzumscheidete ?
V.
Innere Entwickelungsgeschichte des Fruchtkörpers.
Das reichliche, den oben bezeichneten Standorten entstammende Material, aus dem mit Leichtig-
keit lückenlose Altersfolgen zusammengestellt werden konnten, gestattete bis auf die ersten Anfänge die
Entwickelungsgeschichte der Elaphomycesfrüchte erschöpfend durchzuarbeiten. Die bisher über diesen
Reess u. Fisch, Bau und Lebensgeschichte der Hirschtrüffel. 2
Be
Punkt vorliegenden Angaben sind nur spärlich und berücksichtigen nur einige beliebig herausgegriffene
Stadien; so namentlich diejenigen von Tulasne!); ausführlicher ist de Bary °) auf die Frage eingegangen,
jedoch scheint es auch ihm an vollständig genügendem Material gefehlt zu haben; trotzdem hat er in
grossen Zügen den Entwickelungsgang klar und richtig geschildert. In neuester Zeit ist Elaphomyces in
der bezeichneten Richtung Gegenstand einer Untersuchung von Solms-Laubach gewesen °); seine kurzen
Angaben sind insofern von Wichtigkeit, als die Entstehung der ascogenen Fäden aus den sogenannten
Capillitiumfasern erkannt ward. Mit Uebergehung einiger unwichtigerer und zum Theil auch falscher
Notizen anderer Forscher (Boudier etc.), ergiebt sich aus dem Gesagten, dass unsere Kenntnisse von der
Entwickelung der Elaphomyeesfrüchte unvollständig sind; dass aber die Vervollständigung derselben
wünschenswerth sei, wird mit Hinweis auf unser geringes Wissen von der Entwickelung der Tuberaceen
überhaupt einleuchten Im Folgenden soll hierzu beigetragen werden, wenn auch leider die empfindlichste
Lücke, die erste Anlage der Fruchtkörper, unausgefillt gelassen werden muss. Elaphomyces granulatus
und variegatus werden hier gemeinsam besprochen werden, da sie sich nur durch geringe ana-
tomische Differenzen im fertigen Zustand unterscheiden und in der Entwickelung absolut mit einander
übereinstimmen.
Das im Wald gesammelte Material wurde zu Hause sortirt und in Spiritus aufbewahrt. Zum
Zwecke der Untersuchung wurden die jüngeren, kleineren Stadien durch das Mikrotom in Serien von
10—20 u dicken Schnitten zerlegt. Bei den grösseren, älteren genügte die gewöhnliche Schneidemethode.
Zur Färbung der Präparate für die gewöhnlichen Zwecke muss auch hier wieder gewöhnliche Jodlösung
als vorzüglichstes Mittel empfohlen werden; zum Zweck feinerer Beobachtungen einiger Einzelheiten kamen
Eosin, Haematoxylin und Carmin in den üblichen Lösungen) zur Verwendung. — Die Elaphomycesnester
enthalten stets neben gesunden, entwickelungsfähigen, eine grosse Anzahl schon früh abgestorbener oder
rudimentär gebliebener Fruchtkörper; in jüngeren Stadien sind die letzteren vor den gesunden leicht an
der kolossal entwickelten Warzenbildung, sowie an der Brüchigkeit der Rinde und der lockeren, spinn-
webartigen Beschaffenheit des Innengewebs zu erkennen. Das Verhältniss zwischen gesunden und solchen
stecken gebliebenen Früchten ist ein sehr hohes; auf die letzteren entfallen nicht selten bis zu 80%, der
gesammten Menge. Es wird noch weiter unten auf diese eigenthümliche Thatsache zurückzukommen sein;
hier sei sie nur erwähnt, um daran zu erinnern, dass man mit der Einreihung irgend eines Stadiums in
den Entwickelungsgang sehr vorsichtig sein muss.
Die jüngsten Fruchtanfänge finden sich in Gestalt kleiner mehr oder weniger kugeliger Körper
frei im Waldboden, nach aussen von einem meistens nicht sehr dichten Mycelnetz umgeben. Die aller-
kleinsten zur Beobachtung gekommenen messen ungefähr 0,25 mm im Durchmesser, waren also unendlich
viel kleiner und wohl weit jünger als die jüngsten von de Bary untersuchten (1''g mm im Durchmesser).
Ihre Structur war die eines einfachen Mycelknäuels mit vielfachen, lufterfüllten Intercellularräumen. Da
das Mycelium selbst oben beschrieben ist, so mag in Bezug auf den Bau der einzelnen Fäden des Knäuels
!) Fungi hypogaei p. 21 ff.
2) Morphol. u. Biolog. d. Pilze. II. Aufl., p. 209 f. Fruchtentwickel. d. Ascomyceten, p. 31 ff.
®) Penicilliopsis elavariaeformis. Ann. d. jardin bot. d. Buitenzorg VI, p. 70.
*) Vergl. Strasburger, botan. Praktikum II. Aufl. p. 309 ff. etc.
ee
darauf zurückverwiesen werden. Mannigfach durcheinander gewunden und relativ häufig verzweigt, bieten
sie ein Bild, wie es von den ersten Bildungsstadien vieler Sklerotien nur zu bekannt ist. Die Abgrenzung
nach aussen ist wenig scharf und durch keine Besonderheit angedeutet. Vielmehr gehen die umgebenden
Mycelfäden direet in den Knäuel über und können an günstigen Schnitten auf weite Strecken im Innern
der letzteren verfolgt werden. Ob die Bildung des Knäuels von einem einzigen Mycelfaden oder viel-
leicht einem besonders ausgebildeten Ast desselben ausgeht, oder ob mehrere gleichwerthige daran Theil
haben, muss leider unentschieden gelassen werden. So viel Mycelium auch untersucht wurde, konnte doch
nie ein jüngeres Fruchtkörperstadium angetroffen werden; nach dem Aussehen der jüngsten Fruchtanlagen
indessen und dem Vergleich ihrer Bestandtheile mit dem vegetativen Mycel muss man die Anlagen als
rein vegetative bezeichnen. Irgend welche Sexualorgane oder von solchen sich ableitende Gebilde sind
nicht einmal andeutungsweise vorhanden. Der Inhalt der Knäuelhyphen ist nicht besonders dicht und
zunächst noch völlig gleichmässig vertheilt; auch hier enthält jede Zelle einen oder mehrere Zellkerne. —
Etwas grössere Sporenfrüchte sind nur dadurch von den eben geschilderten unterschieden, dass die gegen-
seitige Durchwachsung und Verflechtung der Knäuelhyphen eine diehtere geworden ist, in Folge dessen
die Intercellularräume mehr und mehr schwinden und die Hyphenzellen sich allseitig berühren; die Ver-
bindung der peripherischen Zelllagen mit dem freien Mycelium ist dieselbe geblieben, und im Innern der
Frucht macht sich eine Differenzirung insofern bemerklich, als der centrale Kern von der ihn umgebenden
Aussenschicht sich durch hyalines Aussehen abhebt, während die letztere schwach gelblich gefärbt erscheint.
Sie geht sehr bald in den Zustand eines Pseudoparenchyms über, indessen im Innern die Zusammensetzung
aus einem Fadengewirr stets deutlich erkennbar bleibt. Die äussere Schicht wird zum Cortex Vittadinis,
die centrale Masse zum eigentlichen Peridium und ascogenen Gewebe. Sehr viele Fruchtkörperanlagen
überschreiten dies Stadium nicht. In der Weise, wie es nachher für den normalen Verlauf beschrieben
werden soll, bilden sie auf dem Cortex eine Anzahl grosser Warzen aus, das Innere nimmt eine violett-
röthliche Färbung an, die sonst erst viel später auftritt, und dabei jene eigenthümlich fädige Beschatfen-
heit, die oben als spinnwebig bezeichnet wurde.
Bei der gesunden Frucht besteht die nächste Veränderung in der Absonderung des Peridiums
von dem centralen Kern; sie ist verbunden mit einem bedeutenden interealaren Wachsthum des ganzen
Sporocarps. Es scheidet sich dabei durch dichtere Verflechtung der Hyphen eine, namentlich bei Elaph
variegatus dicke Lage rings um das jetzt wieder locker gewordene Hyphengewirr im Centrum. Erstere
nimmt fast sogleich eine pseudoparenchymatische Structur an und hebt sich so scharf von dem zur „Gleba“
werdenden Körper ab. (Der Name „Gleba“ ist hier einmal eingeführt und mag aus Bequemlichkeitsrück-
sichten beibehalten werden.) Es besteht also jetzt der Fruchtkörper aus drei verschiedenen Gewebemassen:
Cortex, Peridium und Gleba. Ohne sonst irgend welche Veränderungen zu zeigen, erreicht er die Grösse
von 2—3 Millimeter. Dann erst beginnt im Inneren eine Färbung der Gleba, die damit endet, dass sie
durch und durch röthlich bis röthlich-violett wird. Diese Färbung erstreckt sich noch in die inneren Zell-
lagen des Peridium hinein, so dass nun zwischen dem gelben Cortex und der violetten Gleba das Peridium
als ziemlich breite reinweisse Zone verläuft. Die violette Färbung beruht auf der Verfärbung der Mem-
branen der betreffenden Zellen. Ob hier eine chemische Veränderung der Zellwände vor sieh geht, oder
nur ein Farbstoff eingelagert wird, konnte nicht ermittelt werden. Jedenfalls ist die Farbe gegen Einwirkung
vieler chemischen Reagentien äusserst widerstandsfähig. Der Inhalt der Zellen aller Theile des Frucht-
S:
cu
körpers ist noch immer völlig gleichartig; zwischen den Glebahyphen machen sich hier und da Intercellular-
räume bemerklich.
Auch dieses Stadium wird nur von einem kleinen Procentsatz der Fruchtanlagen überschritten.
Die meisten gehen unter den angegebenen Veränderungen zu Grunde; sehr häufig wird auch der Inhalt
von einer kleinen Anguillula ausgefressen. In der Weiterentwickelung besteht der nächste Schritt in der
Differenzirung des Cortex. Peridium und Gleba wachsen intercalar weiter, letztere in stärkerem Grade,
so dass die ganze Frucht allmählich sich der normalen Grösse nähert. Irgend welcher Massstab zur
Beurtheilung der Zeitdauer, in der diese Veränderungen vor sich gehen oder die sie beanspruchen, kann
leider nicht gegeben werden. Doch dürfte man nicht fehl greifen, wenn man eine Reihe von Jahren dafür
annähme. — Während des allmählichen Heranwachsens der Frucht ist die Beziehung zu dem umgebenden
Mycelium fort und fort lockerer geworden. Die Rinde ist mit einzelnen vorspringenden Zellresten bedeckt,
die den Stellen entsprechen, wo früher ein Mycelfaden mit der Frucht in Verbindung stand. Mit dem
Fortgang des Wachsthums rücken diese Zellenreste immer mehr auseinander, werden auch undeutlicher,
so dass die Frucht eine Zeit lang völlig isolirt ist; die Durchmesser solcher Früchte betragen 5—10 mm.
Dann beginnen aber Wachsthumserscheinungen in der Rinde sich geltend zu machen, die wohl gleichzeitig
in Verbindung stehen mit der jetzt ebenfalls antangenden Bildung der Wurzelhülle. Zunächst beginnen
die Zellen der Rinde sich zu vergrössern, so dem intercalaren Wachsthum des Peridium und der Gleba
folgend, und dabei eine intensiver braungelbe Farbe anzunehmen. Gleichzeitig wachsen sie an zahlreichen
Punkten dicht nebeneinander zu kleinen kegelförmigen Zelleomplexen aus, den Warzen der Fruchthülle.
Es wurde schon bemerkt, dass diese Wucherungen an abortirenden Fruchtkörpern weit früher auftreten
als an den sich normal entwickelnden. Ihre Entstehung ist aber auch hier dieselbe. Sie wird eingeleitet
durch allseitige Theilungen einer kleinen Anzahl von Rindenzellen, gewissermassen eine Art Meristem-
bildung: es entstehen so dicht beieinanderliegende kleine Gruppen von zarten, dünnwandigen Elementen,
die allmählich seitlich zusammenstossen und so eine einheitliche netzartige Schicht um die ganze Frucht
herum bilden. Von ihnen erheben sich nun durch fortdauernde Theilungen jene Zellwucherungen, die
nach oben sich allmählich verjüngen und so ungefähr Kegelform annehmen. Wenn de Bary sagt, dass
die Basen dieser Kegel der Innenschicht (Peridium) direet aufsitzen und sich. seitlich berühren, so ist damit
jene eigenthümliche meristematische Schicht gemeint. Die Warzenzellen selbst gleichen im fertigen Zustande
den Cortexzellen völlig; in der Axe jedes Kegels indessen bildet sich eine langgestreckte Zellgruppe zu
äusserst dickwandigen Elementen um, die gewissermassen das Gerüst der Warzen bilden. Sie zeigen sich
im fertigen Zustande als bis zum Verschwinden des Lumens verdickte Zellen mit gelbgefärbten Zellwänden.
Die an der Oberfläche der Warzen liegenden Zellen wachsen zu langgestreckten, auf der Oberseite des
Kegels senkrecht stehenden Zellreihen aus; die letzteren, die übrigens meistens vierseitig zu sein scheinen,
bedecken also pallisadenähnlich die ganze Oberfläche. In den Vertiefungen zwischen den Warzen stossen
sie mit den von benachbarten Kegeln ausstrahlenden zusammen. Die dem Gipfel und dem oberen Kegel-
ende entspringenden verlängern sich indessen zu langen Zellfäden, die direet in die Pilzscheiden der
benachbarten Kiefernwurzeln übergehen und so den Fruchtkörper mit der Wurzel in Verbindung setzen.
Die Warzen werden allmählich von oben her abgeschülfert und von unten fortwährend neu nach-
gebildet, indem die meristematische Schicht stetig neue Zellen nachschiebt. Bei der sich allmählig ver-
grössernden Oberfläche der Frucht muss auch ihre Zahl zunehmen und zwar wird dies erreicht durch
Längsspaltungen schon vorhandener Warzen. Es geschieht das, indem die Meristempartie unter der
Warze, die Ersatzzellen, nicht mehr einheitlich in die Höhe wachsen, sondern gewissermassen zwei Vege-
tationspunkte bilden, die nun nach und nach in die Höhe wachsen und so förmlich oder scheinbar in die
primäre Warze hineinragen, bis dieselbe endlich ganz abgeschülfert ist und die Nachkömmlinge frei her-
vorragen. Da übrigens diese Anschauung nur nach Querschnitten durch den Cortex gewonnen ist, so ist
nicht ausgeschlossen, dass bei der Längstheilung auch eine Spaltung in mehr als gerade zwei secundäre
Warzen vorkommen kann. Ja einige Flächenschnitte scheinen auf ein solches Verhalten hinzuweisen.
Einen Flächenschnitt beschreibt im Sonstigen de Bary äusserst treffend mit folgenden Worten: „Ein der
Oberfläche paralleler Schnitt ist somit aus zierlichen, von strahligen Zellreihen gebildeten rundlichen
Facetten zusammengefügt, deren jede in ihrer Mitte eine Gruppe derber, lebhaft gelber Zellen zeigt.“
Bei Elaphom. granulatus sind die Warzen flach und meistens abgestumpft, wie denn überhaupt
hier die Rinde nur wenig entwickelt ist; anders bei Klaphom. variegatus, wo die Kegel zu ziemlich grossen,
festen, stachelartigen Gebilden auswachsen und auf einer dieken, derben Rinde aufsitzen ), Mit der eben
beschriebenen Differenzirung der Rinde hat die Frucht, wenn auch noch nicht ihre endliche Grösse, so
doch alle die Eigenschaften erreicht, die wir im reifen Zustande an ihr finden, abgesehen von der Ent-
wiekelung der Gleba, die unten besonders zu behandeln ist. Ihre Hülle besteht also aus der Rinde, die
eben für die beiden untersuchten Arten charakterisirt wurde, und dem Peridium. Während die Rinden-
zellen, soweit sie nicht den noch in Bildung begriffenen Theilen angehören, die Eigenthümlichkeiten euti-
eularisirter Zellen aufweisen, d. h. gegen Säuren und Alkalien äusserst widerstandsfähige Membranen
besitzen, besteht das Peridium Zeit seines Lebens aus einem weichen, quellbaren Gewebe. Die äusseren,
dem Cortex direet anliegenden Schichten desselben sind deutlich pseudoparenchymatisch ausgebildet,
während die inneren mehr ein dichtes Geflecht von der Peripherie parallellaufenden Fäden darstellen.
Bei Elaphom. granulatus ist die Dieke des Peridiums nicht sehr gross und auch seine Festigkeit ist nicht
bedeutend, entsprechend dem lockeren Gefüge und den weniger stark verdickten Zellwänden. Seine
Färbung ist hier weiss oder schwach röthlich angehaucht. Elaphom. variegatus dagegen hat ein sehr
dickes Peridium von brauner oder braunrother Farbe (im reifen Zustande). Die dasselbe zusammen-
setzenden Hyphen sind überaus stark verdickt, in ihrem Verlauf unterbrochen durch feine, labyrinthisch
verzweigte Linien oder netzartige Figuren von gelblicher oder röthlicher Färbung, die von kurzgliederigen,
steinzellenartig verdickten Hyphenästen herrühren, übrigens deutlich nur in dem nicht ganz reifen Frucht-
körper wahrzunehmen sind.
Die Gleba hält bei dem eminenten, intercalaren Wachsthum, das der Fruchtkörper von dem
Augenblick der Trennung in Rinde, Peridium und Gleba an bis zum ersten Auftreten der ascogenen
Hyphen erfährt, in der ersten Zeit gleichen Schritt mit der Hülle oder überflügelt diese wohl auch, d. h.
füllt den von ihnen umschlossenen Raum vollständig aus. Es ist schon erwähnt worden, dass ihre zart
röthlich-violett gefärbten Hyphen ein zunächst ziemlich dichtes Geflecht bilden. Mit dem fortschreitenden
Wachsthum ändert sich das indessen meistens, indem sie demselben nicht zu folgen vermögen. Es ent-
stehen zunächst kleinere, bald grössere Zwischenräume, die sich zu grösseren Löchern erweitern und oft
den grösseren Rauminhalt der ganzen Frucht ausmachen. Die letztere ist dabei von einigen fädigen
!) Nach Tulasne Il. c. p. 108 kommen indessen auch hier hin und wieder punktförmige Warzen vor.
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Resten noch netzartig durchzogen. Während dieses Vorganges nehmen die Glebafäden mehr und mehr
eine dunkelbraune Farbe an, sie werden dünner und dünner, schnurren förmlich zusammen und bilden
schliesslich ein trockenes, fädiges Netzwerk. Es ist das, was in der Sporenfrucht Capillitium genannt
wird. Solche Fruchtzustände ähneln häufig sehr stecken gebliebenen Anfängen, unterscheiden sich indessen
stets leicht und sicher durch die Beschaffenheit der Hülle. In der That bleiben auch wirkligh viele
Früchte in diesem Stadium stehen; sie fangen an zu faulen, erfüllen sich mit allerlei fremden
Mycelien und sind dann schon mit noch gesunden verwechselt worden. Ob Tulasne’s Angaben sich
auf solche Fälle beziehen. ist schwer zu entscheiden, jedoch wahrscheinlich. De Bary scheint solche
Hohlräume nicht gesehen zu haben; auch ich fand sie häufiger nicht an Früchten, die nur klein blieben. _
Hier füllte die Glebahyphenmasse als relativ dichtes Geflecht den ganzen Innenraum. Aus der unendlich
verschiedenen Grösse der reifen Früchte erklärt sich auch der Widerspruch zwischen meinen und de Bary’s
Angaben, nach dem schon während des intercalaren Wachsthums der ganzen Frucht ascogene Hyphen
angelegt werden. Ich habe dergleichen nie beobachtet, will aber trotzdem ein solches Verhalten in
einzelnen Fällen nicht bestreiten.
Die ascogenen Fäden sind nun nicht etwa ein Product jener zusammengetrockneten Glebamasse,
wie de Bary und Solms-Laubach angeben. Sie entstehen von besonderen Sprossungen, die von der
dem Peridiuminnern aufliegenden Hyphenschicht ausgehen und sich zwischen die lockere Glebamasse
hineindrängen; die letztere ist ein transitorisches Gebilde von rein biologischer, ohne morphologische
Bedeutung. Es erinnert fast an die Zellmasse, die das junge Perithecium von Aylaria erfüllt und später
verquillt. Auch bei diesem Pilz entsteht das ascogene Gewebe als secundäre Sprossung der Perithecium-
basis. — Ganz so bei Elaphomyces. Wenn man will, die innerste Zelllage des Peridium, jedenfalls eine
mit der Peridie in unmittelbarer Continuität stehende Hyphenschicht, die weniger intensiv gefärbt ist, als
die sonstige Glebamasse und auch die Veränderungen, wie diese, nicht durchgemacht hat, treibt mehr oder
weniger lange Sprossungen. Die Länge derselben hängt ab von der Grösse des Hohlraums, in den sie
nie hineinwachsen, daher denn auch so unendlich oft in fast reifen, mit schon fertigen Ascis und Sporen
versehenen Fruchtkörpern solche Hohlräume gefunden werden. Sehr schön heben sich diese Sprossungen
von den Capillitiumfasern nach der Färbung mit Jodlösung ab. Sorgfältig in Paraflin eingebettete und
dann geschnittene Früchte zeigen so, wie sich die neugebildeten Fäden durch Dicke und Inhaltsmenge
von den Glebafäden unterscheiden und zunächst noch ein wenig dichtes, zwischen den ersteren sich aus-
breitendes Netz bilden. Sehr bald aber treten an ihnen seitliche Verzweigungen auf, die kurzgliedrig und
dabei ziemlich dick bleiben, sich wieder verzweigen und so binnen kurzer Zeit ein Nest in den Capillitium-
fäden bilden und diese zur Seite drängen und häufig in Gestalt ‘von Platten oder eine Art Kammern
bildenden Scheidewänden zusammenpressen. Diese Nester, aus ascogenen Fäden bestehend, erscheinen
dem blossen Auge als zart fleischrothe Klumpen, durch schwarze oder braune Zwischenmasse von einander
getrennt. Ihre Grösse ist sehr verschieden: stecknadelkopt- bis bohnengross. Die ascogenen Hyphen
selbst sind vielfach gekrümmt und in sich zusammengeknäuelt und führen einen sehr reichen protoplasma-
tischen Inhalt. An ihnen entstehen die Asci als End- oder seitliche Zweige (Fig. 19a), wie dies ja auch
schon von Tulasne und de Bary dargestellt und abgebildet ist. Die jungen Asci sind keulen- oder
kugelförmige Anschwellungen der Enden jener Zweige und von allen bisher bekannten Aseis dadurch
ausgezeichnet, dass der Abschluss durch eine Querwand nach dem Tragfaden hin erst sehr spät erfolgt,
ld
oft erst, nachdem die jungen Sporen in die ersten Stadien der Membranbildnng eingetreten sind. Der
Inhalt der jungen Schläuche ist anfangs nicht besonders massig; wie Errera') selbst, vermisste auch
ich darin die die Anwesenheit von Glycogen andeuten sollende Reaction. Immer konnte mit Haematoxylin
die Anwesenheit eines Zellkernes leicht nachgewiesen werden; er lag meistens an der Stelle des Ueber-
ganges des Ascus in den Stiel. Sein Bau ist der der gewöhnlichen Pilzzellkerne, d. h. ausgezeichnet
durch einen relativ grossen Nucleolus. Kerntheilungsstadien sind nicht gefunden worden. Die Membran
der Asci ist deutlich zweischichtig; durch Jod und Schwefelsäure wird sie hellbraun gefärbt. Schon
de Bary?) erwähnt das häufige Vorkommen von Schläuchen mit wasserhellem Inhalt; auch mir sind die-
selben sehr oft und sehr zahlreich begegnet. Bei sorgfältiger Vergleichung hat sich dabei herausgestellt,
dass diese Gebilde nicht entwickelungsfähig waren, also als gehenmte Schläuche zu bezeichnen sind. Die
Zahl, in der sie in dem einzelnen Fruchtkörper vorkommen, übertrifft die der zur Reife kommenden oft
um. das Zehnfache.
Die Entwickelung der Sporen ist durch alle Stadien auf das Genaueste verfolgt worden, so dass
wir davon mit Zuhülfenahme der werthvollen Arbeit de Bary’s folgendes Bild entwerfen können. Wie
schon gesagt, ist die Theilung des Ascuskerns nicht direet beobachtet; dagegen zeigt Fig. 19a einen Fall,
wo statt des einen 7 Zellkerne im Ascus enthalten sind. Charakteristisch für die Sporenbildung von
Elaphomyces ist die Ungleichzeitigkeit der ersten Anlage: auch dafür bildet Fig. 19a ein Beispiel, indem
6 Zellkerne unregelmässig im Plasma vertheilt sind und nur um einen einzigen sich eine rundliche Plasma
"masse, die junge Spore, angelagert hat. De Bary beschreibt die jüngsten Sporenanlagen als „wasser-
helle oder mit einer dünnen, eine excentrische grosse Vacuole umgebenden Protoplasmaschicht versehene
kugelige Bläschen.“ Ich kann dies nicht bestätigen und vermuthe, dass de Bary schon ältere Anlagen
vor sich gehabt hat, auf die diese Beschreibung eher passt. Sowohl in frischem als in gefärbtem Material
bilden die jüngsten Sporenzustände rundliche, kleine, aus einem dichten körnigen Plasma bestehende
Körper, in deren Mitte oft schon ohne Färbung der Nucleus wahrnehmbar ist. Wie de Bary richtig
bemerkt, sind sie fast immer dicht zusammengelagert und oft einer wandständigen Plasmaschicht eingelagert ;
dass indessen dies letztere nicht immer der Fall ist, zeigt Fig. 19b. Die Zahl der Sporenanlagen ist
sehr verschieden und wechselt sowohl bei Elaph. granulatus wie bei Elaph. variegatus zwischen 8 und 2.
Dazu kommt, dass sehr häufig einzelne Anlagen abortiren und dann im späteren Verlaufe der Entwickelung
entweder ganz verschwinden, oder nur als unregelmässige dichtere Klumpen erscheinen (Fig. 19d). Es
mag gleich hier bemerkt werden, dass Tulasne°) dem Elaph. variegatus „asci 2—4 spori“, dagegen
dem Elaph. granulatus „asci 1—8 spori“ zuschreibt. Es ist das insofern richtig, als bei der ersteren
Form die Zahl der Sporen im Ascus meistens geringer ist als bei der letzteren, indessen kommen auch
bei ihr 5- und 6sporige Schläuche vor. Dagegen trifft man nicht selten auch typische Exemplare des
Elaph. granulatus (es sind das namentlich kleinere), in denen alle Schläuche nicht mehr als I—5 Sporen
enthalten. Daraus ergiebt sich, dass die Anzahl der Sporen im einzelnen Aseus nicht als Unterscheidungs-
merkmal, wenigstens zwischen den beiden genannten Arten benutzt werden kann.
A) L’Epiplasme des Ascomyc£ttes etc. 1882.
?) Ueber die Fruchtentwickelung der Ascomyceten.
®) Fungi hypogaei p. 108 u. 109.
— 16. —
Nachdem um die beschriebenen jungen Sporen eine dünne, mit Jod und Schwetelsäure sich hell-
gelb fürbende Membran abgeschieden ist, beginnt eine Vergrösserung der Anlagen, die nun bis zur Reife
der Spore stetig fortschreitet. Aus der nun folgenden Beschreibung der dabei eintretenden Veränderungen
ist mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass diese Vergrösserung wesentlich in einer Wasseraufnahme,
einer Quellung ihren Grund hat. Bald nach Ablagerung der Membran nämlich greift eine Vertheilung
des Sporeninhalts Platz in der Weise, dass die Protoplasmakörnchen sich um den Zellkern als dichte,
ungefähr den halben Durchmesser der Spore betragende Masse ansammeln, während der Raum zwischen
dieser und der Membran von einer völlig hyalinen Substanz erfüllt ist, die sich durch mikrochemische
Reactionen als Hyaloplasma erweist. Zunächst hat also einfach eine Abscheidung des letzteren von dem
granulirten Plasma stattgefunden (Fig. 19 und e). Unter stetiger Grössenzunahme und allmählicher
Verdickung der Sporenmembran (Fig. 19c) treten aber andere Veränderungen ein, die die Spore in
ihren definitiven Zustand überführen. Die centrale körnige Plasmamasse wird kleiner und kleiner, man
sieht förmlich, wie die Zahl der Plasmakörnchen continuirlich abnimmt; dafür gewinnt die hyaline Zwischen-
substanz in bedeutendem Masse und zeigt nun auch nicht mehr reine Plasmabeschaffenheit. Zwar färbt sie °
sich noch mit Jod gelb, quillt aber in Wasser ungemein stark auf, wenn man durch Druck auf das Deck-
glas die Sporenmembran gesprengt hat. Sie tritt dann als unförmlicher Körper aus der Membran hervor
und lässt dabei schon die Andeutung einer Schichtung erkennen; sie scheint, wie dies auch de Bary
angiebt, aus zwei Schichten zu bestehen, einer äusseren, sehr stark quellbaren und einer inneren, etwas
festeren. Wenigstens sieht man bei zerdrückten Sporen sehr häufig in der gequollenen Masse einen rund-
lichen, glänzenden Kern, der den körnigen Plasmarest umschliesst.
Die Verdickung der Membran, die Zunahme der quellbaren Masse und auch die Abnahme der
centralen Plasmamasse schreiten nun fort, bis diese Theile ungefähr die Grösse und "Beschaffenheit
angenommen haben, die sie auch in der fertigen Spore besitzen (Fig. 19c). Die Sporenmembran wird
zu einer derben glänzenden Schicht, die sich mit Jod und Schwefelsäure braun färbt. Sie ist nur wenig
elastisch und wird daher bei einem Quellen der Inhaltsmasse leicht gesprengt. Aus diesem Grunde ist
es mir auch unwahrscheinlich, dass die Sporen nach der Befreiung aus dem Schlauch noch an Grösse
zunehmen sollen, ich habe dies wenigstens nie constatiren können; die scheinbare Grössenzunahme wird
auf die Auflagerung des Episporiums zurückzuführen sein. Die hyaline Inhaltsmasse macht jetzt bei
Weitem den grössten Theil der Spore aus; sie ist wenig lichtbrechend, lässt dagegen meistens eine
Schichtung deutlich erkennen, namentlich bei ganz geringer Quellung. Sie hat sich in eine cellulose-
ähnliche Substanz umgewandelt, die mit Chlorzinkjod unter starker Quellung schwach blau gefärbt wird.
Mit Jod und Schwefelsäure konnte ich eine deutliche Blaufärbung nicht erzielen, wahrscheinlich weil bei
Zusatz der letzteren Substanz die Quellung sofort in eine Auflösung überging Durch Jod allein tritt
nur eine schwache Gelbfärbung ein. Der eigentliche Sporenleib ist zu einer winzigen körnigen Masse
zusammengeschrumpft; ein Zellkern ist, wenn auch nicht immer, noch nachzuweisen, dagegen die übrige
Substanz auf ein sehr geringes Quantum reducirt; man könnte sagen, die Plasmakörnchen seien mit
Leichtigkeit zu zählen. Der Durchmesser dieser Oentralmasse ist höchstens ein Sechstel des Durchmessers
der Spore in dem beschriebenen Entwickelungszustand.
Während dieser Vorgänge ist das Plasma des Ascus zunächst unverändert geblieben; vielleicht
ist die Zahl und Grösse der Vacuolen etwas gestiegen, jedenfalls nicht in besonders auffälligem Masse;
die Sporen liegen einzeln oder in einen Klumpen zusammengeballt im Ascusplasma. Haben sie das zuletzt
geschilderte Stadium erreicht oder besser gesagt abgeschlossen — denn nachher tritt in den genannten
drei Sporenbestandtheilen keinerlei Veränderung mehr ein — so bemerkt man, wie um jede Spore sich
eine dunkle körnige Zone aus dem Ascusplasma (Epi- oder Periplasma) ablagert, die gegen den jetzt
hyaliner werdenden Schlauchinbalt bald scharf absticht (Fig. 19d). Die Dicke dieser Zone ist verschieden,
bei Elaph. variegatus stets geringer als bei Elaph. granulatus; wo die Sporen klumpenweise beisammen
liegen, sind die Zonen der benachbarten Sporen oft miteinander verschmolzen; häufiger jedoch sieht man
sie durch eine hyaline oder weniger körnige Schicht von einander geschieden. In den körnigen Höfen
beginnen bald nach ihrer Bildung die Körnchen etwas aufzuquellen und sich in kurze, dicht an einander
gelagerte radiale Reihen zu ordnen, die allseitig von der Sporenmembran gleichmässig ausstrahlen. Es
erinnert dies an die Vorgänge, wie sie Strasburger zuerst von der Membranbildung der Pollenkörner
beschrieben hat. Die seitliche Entfernung zwischen den Körnchenreihen ist nicht ganz gleich, so dass
bald eine völlig isolirt steht, bald 2 bis mehrere sich so genähert sind, dass sie sich berühren und dann
oberflächlich betrachtet, wie eine einzige dickere Reihe erscheinen (Fig. 191). Zwischen den Reihen selbst
liegt eine hyaline Substanz, die auch in einem etwas älteren Stadium gegen das Epiplasma hin die Spore
durch eine nicht sehr dünne, nicht scharf‘ contourirte Schicht abgrenzt. Namentlich schön tritt dies bei
Jodfärbung hervor, wo dann die Körnchenreihen dunkelbraun, das Ascusplasma hellbraun und die eben
genannte Substanz schwach gelb gefärbt werden.
Häufig beginnt schon in diesem Entwickelungszustand das Quellen und Schwinden der Ascus-
membran, so dass man dann Sporen und Sporenballen von dem beschriebenen Aussehen in einer gemein-
samen, aus der Quellung der Ascusmembranen, der ascogenen Fäden und dem Epiplasma der verschiedenen
Asci entstehenden Grundmasse eingebettet findet; auf solche Fälle beziehe ich auch die Angaben de Bary’s
über die Vergrösserung der Sporen nach der Entleerung aus dem Ascus. Gemeiniglich bleiben indessen
die Sporen bis zu ihrer vollen Reife im Schlauche eingeschlossen.
Die letztere wird erreicht, indem die Körnchen der einzelnen Körnchenreihen mit einander unter
gleichzeitiger chemischer Veränderung zu einem soliden Stäbchen verschmelzen. Wie kurz vorher bemerkt,
sind diese Stäbchen sehr verschieden dick, je nachdem sie aus einer einzelnen Reihe oder aus mehreren,
sich seitlich berührenden hervorgehen. Sie nehmen dabei eine mehr oder weniger dunkle Farbe an, die
schliesslich in ein undurchsichtiges Braunschwarz übergeht. Die erst erwähnte hyaline Zwischenmasse
schrumpft zu einem dünnen, faltigen Häutchen ein, das die ganze Spore mit einem hellen Rand umgiebt
und die Zwischenräume zwischen den einzelnen Stäbchen ausfüllt. Während die letzteren gegen alle
Reagentien sich als völlig widerstandsfähig erweisen, auch durch Kochen mit Kalilauge ausser einer
geringen Quellung und Aufhellung keine weitere Veränderung erleiden, quillt die hyaline Aussenschicht
schon in Wasser etwas auf; in Chlorzinkjod, Kalilauge etc. wird sie nach voraufgegangener Quellung sehr
schnell ganz gelöst unter einem eigenthümlichen Körnigwerden (Fig. 19g). Das Verhalten der inneren
Sporentheile bleibt das oben beschriebene, die ganze Spore ist fertig und reif. In älteren Früchten,
solchen, die nach der Reife schon verschiedenem Wechsel der äusseren Bedingungen ausgesetzt waren,
fehlt meistens die äussere, hyaline Zone und auch der Stäbchenmantel ist nicht mehr ein intakter,
sondern hier und da unterbrochen, die Sporen machen den Eindruck, als fingen sie an zu verwittern.
Reess u. Fisch, Bau und Lebensgeschichte der Hirschtrüffel. 3
Da
Mit der Reifung der Sporen und der Auflösung der Asei Hand in Hand geht die innere Umbildung
des ganzen Fruchtkörpers. Die äusseren Hüllschichten beharren in dem früher beschriebenen Zustand,
das primäre Innengewebe schrumpft mehr und mehr zusammen und wird zu einem spinnwebartigen
Geflechte, das die Fruchthöhlung ganz oder theilweise durchzieht; die ascogenen Fäden werden von
unten her in der gewöhnlichen Weise aufgelöst, indem ihre Inhaltsmassen in die höheren Zellen wandern
und die Membranen gallertig verquellen. Während die Inhaltsstoffe derselben sowie das Periplasma der
Asci zur Ausbildung der Sporen verwandt werden, wird das Innere des Fruchtkörpers trockner und
trockner, bis schliesslich zwischen den zusammengeschnurrten Capillitiumfäden nur noch ein lockeres,
violettschwarzes Sporenpulver denselben erfüllt. Auch die Fruchthülle trocknet zusammen, wenn auch
nur in geringem Masse in Folge der sklerotischen Verdickung vieler ihrer Zellen. Die Frucht ist reif
und lässt sich mit Leichtigkeit aus der Wurzelhülle, die nach und nach abstirbt, herausnehmen. Wie lange
eine Hyphenverbindung mit der Wurzelhülle in Bestand bleibt, vermag ich nicht anzugeben.
Die im Vorstehenden gegebene Entwickelungsgeschichte des Elaphomycesfruchtkörpers weicht in
mehreren Punkten nicht unerheblich von den Darstellungen de Bary’s ab, die wesentlich den Ort des
Entstehens der ascogenen Fäden und die Ausbildung der Sporen anbetreffen. Kleinere Differenzen, wie
sie sich zum Beispiel in der Darstellung des Baues der Peridien herausgestellt haben ete., sind völlig
unwesentlich. Auch für die Sporenentwickelung kommen die folgenden Zeilen nicht in Betracht; wohl
aber muss die morphologische Bestimmung der Herkunft der ascogenen Fäden insofern kurz berücksichtigt
werden, als sie für die Feststellung verwandtschaftlicher Beziehungen von Wichtigkeit ist. Sowohl de Bary,
wie später auch Graf Solms!) lassen die ascogenen Fadenknäuel an den primären Binnengewebshyphen zur
Ausbildung gelangen, während ich nachgewiesen habe, dass dies nicht der Fall ist. Ihre Entstehung von
den inneren Schichten der Peridie steht fest. Verwandte Formen zeigen nun wohl den von den genannten
Autoren beschriebenen Bildungsmodus, Formen die nach dem ganzen Fruchtbau, der Sporen- und Aseus-
gestaltung etc. nicht von Elaphomyces zu trennen sind. Auch für die Entstehung ihrer Fruchtkörper
dürfen wir wohl einen apogamen Anfang annehmen, wie dieses bei Elaphomyces so gut wie nachgewiesen
ist. Wenn letztere Form durch den Ort der Bildung ihres ascogenen Gewebes von ihren Verwandten
abweicht, so ist das also nur ein Beweis für die schon öfter aufgestellte Behauptung ?), dass dies Moment
bei apogamen Ascomyceten für ihre systematische Stellung nicht massgebend ist. Wenn freilich trotzdem
Elaphomyeces dadurch etwas weiter entfernt von seinen bisherigen nächsten Verwandten seine Stellung
erhält. so entspricht das andererseits einer Anzahl von abweichenden Charakteren, die ihm eigen-
thümlich sind.
!) Penicilliopsis clavariaeformis. Ann. d. jard. bot. de Buitenzorg. Vol. VI. Auf diese Abhandlung sei auch in
Bezug auf die morphologischen Details der verwandten Formen (Terfezia etc.) verwiesen.
*) Fisch, Entwickelung einiger Ascomyceten. Bot. Zeitg. 1881.
—.'19. —
v1.
Weiteres Schicksal der Früchte und Sporen.
Von hier ab zeigt die Lebensgeschichte von Elaphomyces einen dunkeln Punkt nach dem andern.
Ueber die Keimung der Sporen, die Crux aller Tuberaceenentwicklungsgeschichten, vermag ich nicht
die geringste positive Angabe zu machen, wonach sich von selbst versteht, dass auch über das Verhältniss
zwischen Sporen, Keimmycelien und Nährwurzeln nichts zu berichten ist.
Die reifen Früchte, im Boden sich selbst überlassen, verwittern ganz allmählig, ohne dass die
Sporen eine Weiterentwicklung erfahren. Im Gegentheil, nach längerer Zeit werden auch die sonst sehr
widerstandsfähigen Sporen oberflächlich etwas corrodirt; sie scheinen dann auch gegen Reagentien weniger
widerstandsfähig') zu sein.
Die Hirschtrüffeln besitzen keine eigenen Sporenverbreitungsmittel, und ohne das Eingreifen von
Thieren käme keine Spore vom Fleck. Einiges mögen zum Transport Würmer leisten, auch Nematoden,
die zuweilen Früchte zerstören, vielleicht auch einmal eine Käferlarve. Die Hauptverbreiter aber
stellt das Wild, welches die Hirschtrüffeln am Geruch im Boden wittert und zu allen Jahreszeiten
begierig ausscharrt und verzehrt. Die Sporen finden sich, frei vom sonstigen Gewebe, unverändert in
den Exerementen der Thiere wieder. Das gleiche Ergebniss hatten Fütterungsversuche mit Dammwild.
Liegt nun auch in diesen Daten der deutliche Fingerzeig nicht allein hinsichtlich der Verbreitung der
Sporen durch Thiere, sondern vielleicht auch hinsichtlich einer besonderen Förderung der Keimung durch
den Thierkörper, so bin ich doch bisher mit allen einschlägigen Versuchen gescheitert. Wenn man älteren,
vom Wald geholten Rehmist untersucht, so findet man die Sporen genau so unverändert, wie wenn man
die Exeremente vom Versuchsthier frisch untersucht. Wie ich auch den Mist weiter behandeln mochte,
es war nie ein Keimungsanfang zu erzielen.
Die gleiche Ergebnisslosigkeit kennzeichnet alle meine sonstigen Versuche, die Sporen zur Keimung
oder Mycelien zur Uebertragung auf Kiefernwurzeln zu bewegen. ?)
In ersterer Hinsicht habe ich bei sehr verschiedenen Temperaturen, hell und dunkel, ausprobirt:
Mistdecocte, Obstdecocte, Bodenauszüge, Pankreatin- und andere Fermentlösungen, Alles umsonst.
Ferner in einem Haideerdebeete im Warmhaus, durch 1'/s Jahre beobachtet: Sporen, Sporenmist,
unversehrte und zerschnittene und bereits verwitterte Früchte, Myceliumnester.
In Töpfen und im Freien während fünf Jahren: Kiefern vom 3. Jahre ab mit Sporen, Sporen-
mist, Mycelien, unversehrten und aufgebrochenen Früchten. Das Mycel wuchs aus seinem Humus nicht
heraus, lebte einige Monate und ging dann zu Grunde.
Ich bin nun zwar weit entfernt, aus der Erfolglosigkeit dieser Versuche sehr weitgehende Folgerungen
zu ziehen. So gut die Uebertragung gesunder Mycelien auf Versuchskiefern und eventuell sogar die
Wurzelhüllbildung um künstlich zum Auswachsen ihrer Rindenhyphen gebrachte halbreife Früchte einmal
!) Bei Versuchen im Freien — in gewöhnlichen Gartenbeeten — verwitterten die Früchte binnen zwei Jahren
simmtlich, manche schon rascher. Aber noch nach 5 Jahren konnte ich papierdünn gewordene Fruchtrindenreste erkennen,
ebenso erhalten sich die Sporen, zu schwarzen Klumpen geballt, unter Umständen lange Zeit, sicher drei Jahre, fast unversehrt.
2?) Von welchem Alter ab die Kiefer Elaphomyces tragen kann, ist mir gleichfalls unbekannt,
ax
Kr je
— 0 —
im Experiment glücken mag, so gut ist es möglich, dass morgen Jemand keimende Sporen im Mist findet,
oder auf das richtige künstliche Gemisch geräth, um die derben Sporenmembranen von Elaphomyces zu
erweichen.
Darum liegt auch nicht der leiseste Grund vor, die oben zwischen Elaphomyces und Wildstand
durchgeführte Beziehung für bedeutungslos zu halten.
Aber das jahrelang redlich fortgesetzte ergebnisslose Suchen nach dem natürlichen Vorgang führt
schliesslich auch auf andere Gedanken.
Es muss auch die Möglichkeit zugegeben werden, dass aus den Sporen heutzutage überhaupt nichts
mehr wird. dass dieselben ihre Keimfähigkeit eingebüsst haben. Klingt diese Annahme gegenüber der
Massenproduction von Früchten und anscheinend für eine Ewigkeit eingerichteten Sporen zunächst be-
fremdend, so vereinigen sich doch als Argumente zu ihren Gunsten einmal der ungewöhnlich hohe
Procentsatz in allen. insbesondere auch höheren Entwicklungsstufen verkümmernder und zwar nicht bloss
aus äusseren Ursachen verkümmernder Fruchtaniagen; sodann das Fehlschlagen zahlreicher „gehemmter“
Sporenschläuche; endlich die gegenüber der massigen "Zellwand unverhältnissmässige Armuth der Sporen
an Protoplosma.
vn.
Biologische Beziehungen zwischen Elaphomyces und der Kiefer.
Fasst man von der Gesammtheit biologischer Wechselbeziehungen zwischen Elaphomyces und der
Kiefer zunächst das Abhängigkeitsverhältniss des Pilzes von seiner Nährpflanze ins Auge, so trägt sich
vor Allem, ob das Mycelium, trotz seiner thatsächlichen Anpassung zum Parasitismus, etwa auch ohne
die Nährpflanze leben kann.
Die verschiedenartigsten Versuche, dasselbe im den sonst verwendbaren Nährlösungen, oder in
Auszügen aus dem von ihm bewohnten Boden zu kultiviren, sind mir bisher missglückt. Aber wenn
auch ein soleher Versuch einmal glückte, so glaube ich nicht, dass derselbe hinsichtlich der normalen
Lebensweise unseres Pilzes sehr von Bedeutung wäre,
Indessen macht sowohl die Art des natürlichen Vorkommens des Myceliums, als auch die Organisation
der Wurzelpilzscheide den Eindruck, als ob der Pilz nicht allein in letzterer Form auch dem Boden
anorganische (?) Nahrung entnehme, sondern auch als Mycelium von Bodenbestandtheilen saprophytisch leben
könne. Letzterer Punkt wird dureh die Thatsache illustrirt, dass man Elaphomyces-Mycelien mehrere Monate
lang im Keller ohne lebende Wurzeln, einfach in seiner üblichen an Kiefernwurzelgeweberesten überreichen
Humuserde lebendig erhalten kann. Es nimmt dabei freilich nicht zu. Auch von Früchten habe ich bereits
angeführt, dass dieselben unter den gleichen Bedingungen noch einige Rindenhyphen hervorwachsen lassen.
Alle übrigen Erscheinungen aber sprechen dafür, dass das fern von lebenden Wurzeln niemals
vorkommende Mycelium auf den Kieferwurzeln selımarotzt, und irgend welche erhebliche Entwickelung
ohne sehmarotzende Lebensweise nicht erreicht.
Die Früchte werden zwar jeweils ohne unmittelbare Berührung mit Wurzeln von Myeelium an-
gelegt, aber nur im Wurzelbezirk. Dass ihre Reife nur innerhalb der Wurzelhülle sich vollzieht, und die
Art und Weise, wie sich innerhalb der Wurzelhülle die parasitische Verbindung zwischen Fruchtrinde
und den Wurzeln vervielfältigt und steigert, das Alles spricht für eine ausgiebige Ernährung der reifenden
Frucht durch die Wurzeln.
Nur Wurzeln im primären Zustande werden vom Pilze ergriffen. Die secundäre, unter der
Endodermis beginnende Rindenentwickelung stösst mit dem pilzdurchwucherten primären Rindenparenchym
die Pilzscheiden ab. Es kömmt vor, dass vorher die Wurzel vom Pilz zerstört wird; aber das scheint
der seltenere Fall. In der Regel wird der Pilz von der Wurzel überwunden, und oft, wenn man im
kritischen Augenblick glaubt, vor dem Untergange der im primären Rindengewebe arg zugerichteten
Wurzel zu stehen: die Innenkorkbildung beginnt gerade, und unter ihr ist bei aller Zartheit desselben —
alles Gewebe, auch hinsichtlich der Art und Menge der Zellinhaltsbestandtheile u. s. w. vollkommen
gesund. Der secundäre Wurzelzustand ist alsdann völlig normal, man findet zur Uebergangszeit noch
anhängende Reste der Pilzscheide; endlich schwinden auch diese. In das von Innen her gänzlich
organisch abgesperrte verwitternde Gewebe dringen dann saprophytische Mycelien — zuweilen auch ein
freier Elaphomycestaden — mechanisch ein.
Kamienski hat neuerdings auf Grund eigener Untersuchungen den parasitischen Angriff des
Elaphomyces auf seine Nährwurzel für diese im Allgemeinen als nachtheilig erklärt: die verpilzten Wurzeln
würden insbesondere schliesslich durch Resinosis ihrer Leitstränge zerstört. Ich kenne Kamienski's
russische Arbeit!) leider nur aus dem Referat im Bot. Centr.-Bl. Bd. XXX S. 2. Nach sehr um-
fassenden Nachuntersuchungen kann ich nur sagen, dass ich den mit Verharzung der Gefässbündel, ins-
besondere des Phloöms und Pericambiums, endigenden Grad des Pilzangriffs nicht so häufig beobachtet
habe, selbst nicht bei den mit am stärksten vom Parasiten ausgenützten und schliesslich wirklich ganz
verwitternden Würzelchen der Fruchthülle. Natürlich ist (wie auch bei gesunden Wurzeln) jeder Quer-
schnitt zunächst von ausfliessendem Balsam bedeckt. Nach dessen Auflösung durch Alkohol indessen
habe ich auch bei Elaphomyceswurzeln die Gefässbündelelemente in den meisten Fällen noch unversehrt
gefunden.
Balsamanhäufung habe ich im primären und secundären Stadium der Elaphomyceswurzel ausser-
halb der eigentlichen Balsamgänge öfters beobachtet in einigen wenigen Parenchymzellen der äussersten
Pericambiumschicht. Selten steigert sich das so, dass jede Zelle dieser Schicht mit einem grossen Balsam-
tropfen erfüllt ist. Ob die an zahlreichen schliesslich ganz verwitternden Elaphomyceswurzeln eintretende
völlige Zerstörung des Kerns — nur hohle morsche Rindenreste bleiben zunächst noch übrig — regel-
mässig durch Verharzung eingeleitet wird, ist mir zweifelhaft. Entscheidend wird vielleicht sein, dass
der Pilzangriff auch das Kerngewebe beschädigt und auflockert, ehe der secundäre Zustand erreicht wird.
Was bei mittlerer Intensität des Pilzangriffs der Pilz dem Wurzelgewebe als Nährstoff entzieht,
das lässt sich schwer genau sagen. Die Rindenparenchymzellen werden eines grossen Theiles ihres
Inhaltes beraubt. Zurück bleibt regelmässig ein sehr ansehnlicher Rest des Zellkerns und wenig Portoplasma,
sonst nichts. Zuletzt wird das ganze Gewebe, mit den Membranen beginnend, gebräunt.
!) Vergl. auch Grosglik, Bot. Centr.-Bl. 1586. NXV. p. 13b.
Dass in allen diesen Momenten, der überreichen, gabeligen, durch das Eindringen des Pilzes ver-
anlassten Verzweigung der Wurzeln,') der Nährstoffentziehung und der in vielen Fällen eintretenden
Zerstörung der Wurzeln lauter vom Pilz ausgehende Beeinträchtigungen der Nährpflanze liegen, unterliegt
ja keinem Zweifel und muss an sich zugegeben werden, selbst wenn man mit Frank einen Nutzen der
Pilzscheide durch Nahrungszufuhr für den Baum ohne Weiteres annimmt.
Bevor ich auf die eben gestreifte Streitfrage näher eintrete, möchte ich, selbst auf die Gefahr
hin, etwas Selbstverständliches noch einmal zu sagen, darauf aufmerksam machen, dass im Elaphomyces-
bezirk gegen den Herbst fast alle Wurzelspitzen verpilzt sind. Kommen im Mai und Juni die neuen
Saugwurzeln, so geht es bunt durcheinander. Bald bricht die junge Wurzel, einer noch bescheideten
entstammend, schon mit verpilztem Vegetationspunkt hervor, bald erscheint sie mit braunem, glattem
gesundem Scheitel aus irgend welcher gesunden, im secundären Zustand befindlichen Mutterwurzel.
In einem und demselben Verzweigungssystem herrscht die grösste Mannigfaltigkeit. Allmählig aber
steigert sich die Zahl der pilzbefallenen Spitzen mehr und mehr.
Mir steht, lediglich für das Verhältniss der Kiefer zu Elaphomyces und umgekehrt betrachtet, das
erforderliche Material von Thatsachen und Versuchen zur Entscheidung der Symbiosenfrage nicht zu
Gebote. Ob die vorhin erwähnten gesunden glatten Saugwurzeln Nährstofflösungen aus dem Boden auf-
nehmen können, weiss ich nicht. Auch wird damit, dass man auf wurzelpilzlose jüngere Versuchskietern,
auf die Möglichkeit, junge Kiefern in Wasserkultur zu ziehen, und auf den Umstand verweist, dass man
nicht nur an Kiefernkeimpflanzen, sondern, wie ich bestimmt versichern kann, auch an mehrjährigen Kiefern,
zuweilen typische Wurzelhaarbekleidung antrifft, die Streitfrage noch nicht zu Ungunsten Frank’s
entschieden. Höchstens folgt daraus, dass der Wurzelpilz der Kiefer zu ihrer Ernährung nicht unerlässlich
ist, und diese Folgerung möchte ich persönlich auch gezogen haben?). Aber eben so wenig kann man
sich der Erwägung verschliessen, dass mit dem Vorhandensein der zunächst vom parasitologischen Gesichts-
punkte aus zergliederten Organisation der Wurzelpilzscheide die Möglichkeit, sie liefere auch Wasser und
wässerige Lösungen aus dem Boden in die Wurzel hinein, ziemlich nahegelegt ist.
Leider weiss man aber überhaupt nicht, was die Wurzelpilzscheide aus dem Boden aufnimmt.
‘) Pilzfrei in Wassereulturen erzogen sind die Wurzelverzweigungen junger Kiefern regelmässig monopodial.
Ueber mehr oder weniger ähnliche Bildungen an Wurzeln vergl. u. A. Frank, Ber. d. Deutsch. Bot. Ges., Febr.
1887; Tschirch ebenda, Brunchorst, Unters. a. d. Bot. Inst. z. Tübingen I. 1. 1886. Reess Sitzb. d. phys.-med. Soc. z.
Erlangen, 10. Mai 1880 (Anm.) u. s. w. Frank, Die Krankh. d. Pflanzen, Breslau 1880 S. 647 f. Bruchmann, Jen.
Ztschr. VIII. 572.
*) Zahlreiche, im gleichen Sinne zu deutende Thatsachen scheinen R. Hartig zu Gebote zu stehen. Vergl. dessen
Vortrag „über die symbiontischen Erscheinungen im Pflanzenleben.“ Bot. Central-Bl. 1886, XXV. Bd., 350 ff.
v1.
Andere Wurzelpilze.
Am Schlusse dieser Arbeit darf ich vielleicht über einige sonstige Wurzelpilze kurz berichten,
welche mir — abgesehen von den auf Frank’s Anregung unternommenen einfachen Nachuntersuchungen —
während derselben in die Hände gerathen sind.
1. Der interessanteste unter ihnen heisst in meinen Notizen „Gelber Kiefernwurzelpilz“.
Er fand sich vor einigen Wochen sehr vereinzelt in unserem Reichswald unmittelbar über einem Elapho-
mycesnest, übrigens nicht sehr tief unter dem Boden. An einem mit mehreren normalen und pilzlosen
jungen Saugwurzeln versehenen Kiefernwurzelästchen sitzen einzelne hochgelbe einfache und auch gegabelte
Wurzelspitzchen. Die gelbe Pilzumkleidung stellt eine richtige, zum Theil noch locker gewobene Scheide
aus Pseudoparenchym dar. Von den Hyphen, in welche sich diese auswärts auflöst, sind unterm Mikroskop
die älteren Zustände braun und auf der Membranaussenseite körnchentragend, die jüngeren noch farblos
und körnchenfrei.
Der Pilz durchdringt das ganze Rindenparenchym, und erscheint bei jüngeren Entwickelungs-
zuständen überwiegend intercellular, mit je einem bis mehreren Fäden auf jeden Intercellularraum einzelne
Fäden gehen schon ins Innere der Zellen.
Die Parenchymwände der äusseren Schichten schon gebräunt, weiter einwärts noch farblos.
Zelleninhalt bald ungemein grosse Zellkerne, bald grössere körnige Schleimmassen.
Ganz eigenthümlich sind nun die weiteren Ausbildungsstadien. Die aufgetriebenen Rindenparenchym-
zellen mit Hyphenwerk pseudoparenchymähnlich vollgestopft, das Pilzgewebe voll Fett, ganz wie ein
Sclerotium; sonst noch Reste des Parenchymzelleninhaltes vorhanden. Die Intercellularräume zum Theil
abnorm ausgedehnt und jetzt fast vollständig hyphenfrei.
Farbe des Pilzes wie das Mycel von Cordiceps ophioglossoides oder von hochgelben Clavarien.
2. An einer 1Y/sjährigen, vom Samen im Topf gezogenen Versuchskiefer, deren Jahrestrieb aus-
geblieben war, trug das dürftige Wurzelsystem einige knopfartige, nicht gabelig angeordnete Anschwellungen
ohne Pilzscheide. Im Innern zwischen aufgetriebenen Zellenmassen Mycel unbekannter Zugehörigkeit.
3. Aehnliche Topfkiefernpflanze, im Gewächshaus vom Samen gezogen. Nach dem ersten Jahr
sind einige Wurzelspitzen dicht umsponnen, aber nur oberflächlich und ohne Pilzscheide. Hyphen schnallen-
reich mit Kalksecretionen, wie Sphaerobolus sie zeigt.
4. An achtjährigen Versuchskiefern, vom 3. Jahr ab im Garten kultivirt, sind die Wurzeln zum
Theil gegabelt und der Mehrzahl nach leicht verpilzt. Wurzelhaube frei, dahinter beginnt die Bildung
lockerer Pseudoparenchymscheiden; oder die ganze Wurzelanlage in der Scheide steckend. Hyphen kraus
oder gestreckt, Kryställchen tragend.
5. Unbekannte Monotocylen- Wurzel aus dem Garten (Quecke?); einmal eine Wurzel pilzbescheidet.
6. Monotropa-Wurzeln. Kamienski hält in seiner Heimath den Monotropa-Wurzelpilz für etwas
Anderes als Elaphomyces, weil dieser dort fehle. Ebenso schienen mir mehrere hiesige Monotropawurzel-
pilzproben, die ich 1581 und 1832 untersuchte, nicht Elaphomyces zu sein.
BER Ye
Später (1885) und neuerdings wieder habe ich einen hiesigen Standort untersucht, an welchem
spärlich fruchttragender Elaphomyces auf Kiefernwurzeln wächst, welche zwischen Monotropawurzeln
reich verästelt mit diesen in ausgiebiger, innigster Berührung stehen. Der Kiefernwurzelpilz erweist sich
hier auch durch sein Verhalten im Gewebe, durch seine charakteristischen Knötchen, bestimmt als Elapho-
myces. Der Pilzüberzug der Monotropawurzeln aber sieht makroskopisch und im Bau seiner Hyphen eben
diesem Elaphomyces so ähnlich, dass die Identität beider Pilze wenigstens nicht ausgeschlossen zu werden
braucht. Im Angriff auf die Monotropawurzeln freilich — spärliches Eindringen höchstens in die erste
Parenchymzellenlage, keinerlei Knötchenbildung u. dergl. — unterscheidet sich der Monotropapilz durch-
aus von dem Elaphomyces der Kieter.
Erklärung der Tafel 1.
Fig. 1. Wurzelhülle einer vollständig reifen Elaphomycesfrucht, nach Entfernung dieser.
Fig. 2. Reife Frucht von Elaphomyces granulatus (etwa 1'/efach vergr.), in der Wurzelhülle,
welche aus einem einzigen Kieternwurzelaste gebildet ist.
Fig. 3. Eine ähnliche Wurzelhülle nach Entfernung der Frucht; auseinandergebrochen, bei c
vollständig bis auf die Wurzelspitzchen ausgewaschen; bei b etwas, bei a gar nicht ausgewaschen.
(Vergr. 2.)
Fig. 4. Abschnitt einer Kiefernwurzel mit zahlreichen pilzumscheideten gegabelten Zweigspitzchen.
(Lupenvergr.)
Fie. 5. Aehnliches Präparat; in dem Humusbröckchen keine Fruchtanlage, nur Mycelium.
oO 1 I 2. p
Fis. 6. Kiefernwurzelstückchen, bei a eine junge Fruchtanlage — noch ohne jede Wurzelhüll-
g , J : f
bildung — tragend; Wurzelspitzchen bei a und b verpilzt, bei c pilzfrei. (Schwache Lupenvergr., Durch-
messer der Frucht 1!/s Mm.)
Fig. 7. Elaphomyces variegatus. Durchschnitt durch eine reife Frucht und ihre Wurzelhülle,
Verbindung der Fruchtrindenhyphen mit den Wurzelscheiden. Fr Frucht, W Wurzelhülle, k innere
Rindenschicht; a festes Warzengewebe, b lockereres Hyphengewebe der äusseren Fruchtrinde; c ver-
bindende Fäden. (Schwach vergrössert.)
Fig. 5. Aehnliches Präparat, die Verbindung der Fäden der Pilzscheide sch der Wurzel W mit
der Fruchtrinde zeigend. Buchstabenbedeutung wie oben. (Vergr. 300.)
Fig. 9. Randstück eines Querschnittes durch eine pilzbefallene Wurzel. Pilzscheide aussen nur
schematisch angedeutet. Hyphen zwischen den bereits gebräunten’ und verdiekten Rindenparenchymzellen,
in diesen die Membranknötchen a, b, c, d (Vergr. 600). Diese Zeichnung ist hinsichtlich der Verbindung
zwischen Hyphen und Knötchen nicht richtig. (Vergl. 8. 6.)
Fig. 10. Längsschnitt durch eine Kieternwurzelspitze mit Pilzscheide (sch). Zum Theil etwas
schematisirt. (Vergr. 70.)
Fig. 11. Elaphomyces-Myceliumnest im Humus (Lupenvergrösserung), die verwitternden Wüurzel-
stückchen a und b jetzt ohne eigentliche Pilzscheide.
Fig. 12. Elaphomyces-Mycelium, stark vergrössert, Habitus.
Fig. 13. Desgl. (600fach vergr.); Einzelheiten, Zellkerne etc.
Fig. 14 und 14a. Fremde Mycelien aus Elaphomyces-Nestern (600fach vergr.), schnallenreich,
mit Kalknädelchen.
ig. 15.
Fig. 16.
Fig. 17.
Fig. 18.
Fig. 19
(Basidiomycetenmycelien ?)
Jüngere Frucht von E. granulatus (schwach vergr. Durchm. 12:9 Mm.) Längsschnitt.
Desgl. von E. variegatus (9'/2:3 Mm.).
Etwas reiferer Zustand von E. granulatus (18:15 Mm.) Längsschnitt.
Frucht von E. variegatus, ausgewachsen, mit grosser Kluft (34:19 Mm.) Längsschnitt.
a. Ascogene Fäden mit jungen Schläuchen. Vergr. 540.
b. Junger Schlauch mit eben angelegten Sporen. Vergr. 540.
c. Etwas älteres Stadium als b. Vergr. 540.
d. Bildung des Epispors an den jungen Sporen. Vergr. 540.
e. Sporen in verschiedenen Entwickelungszuständen. Vergr. 540.
f. Differenzirung des Epispors in Stäbchen. Vergr. 600.
Reife Sporen. Vergr. 600.
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Artist. Anstv. Th. Fischer, Cassel
Theodor Fischer in Cassel. ‚2°
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Bibliotheca botanica.
Original-Abhandlungen aus dem Gesammtgebiete der Botanik,
herausgegeben von
Dr. 0. Uhlworm und Dr. F, H. Haenlein in Cassel.
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I. Band.
Schenek, Dr. H., Vergleichende Anatomie der submersen Gewächse. Mit 10 Tafeln. Preis 32 Mk.
. Zopf, Dr. W., Botanische Untersuchungen über die Gerbstoff- und Anthocyan-Behälter der Fumaria-
ceen. Mit 3 farbigen Doppeltafeln. Preis 30 Mk.
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Dietz, Dr. Sändor, Ueber die Entwiekelung der Blüthe und Frucht von Sparganium Tourn. und
Typha Tourn. Mit 3 Tafeln. Preis 3 Mk.
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Rees, Dr. Max u. Fisch, Dr. €., Untersuchungen über Bau und Lebensgeschichte der Hirsch-
trüffel, Elaphomyces. — Mit 1 Tafel und 1 Holzschnitt.
8. Buchtien, Dr. 0., Entwickelungsgeschichte des Prothallium von Equisetum. Mit 6 Tafeln.
Huth, Dr. E., Die Klettpflanzen mit besonderer Berücksichtigung ihrer Verbreitung durch Thiere. —
Mit 79 Holzschnitten.
. Schulz, Aug., Beiträge zur Kenntniss der Bestäubungseinrichtungen und der Geschlechtsvertheilung
bei den Pflanzen. Mit 1 Tafel.
. Wiegand, Dr. A., Nelumbium speeiosum. — Nach des Verfassers Tode herausgegeben von Dr.
E. Dennert. Mit 6 Tafeln.
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Dr. Oscar Uhlworm .< Dr. W. J. Behrens
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BIBLIOTHECA BOTANICA,
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dem Gesammtgebiete der Botanik.
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(Heft No. 8.)
Dr. ©. Buchtien: Entwicklungsgeschichte des Prothallium von Equisetum. — Mit 6 Tafeln.
CASSEIL.
Verlag von Theodor Fischer.
1887.
A et
Da Frag?
BIBLIOTHECA BOTANICA,
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dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
von
Dr. Oscar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein
ın
Cassel.
(Heft No. 8.)
Dr. ®. Buchtien: Entwicklungsgeschichte des Prothallium von Equisetum. — Mit 6 Tafeln.
GASISEIE:
Verla von Theodor Fischer.
1587.
Entwicklungsgeschichte
Prothallium von Equisetum.
Dr. ätto Buchtien,
Rostock.
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer
187.
X‘. Historischer Ueberblick.
Die Natur der Equisetensporen hat schon seit dem Anfange des 18. Jahrhunderts die Botaniker
beschäftigt. Dillenius*) stellte sie den Pollenkörnern höherer Gewächse zur Seite und bezeichnete sie
) 1742 wurden sie als Pollenkörner
als einen befruchtenden, männlichen Staub; auch von Haller
Selbst Hedwig,7) der doch die Geschlechtsorgane
betrachtet, ebenso später von Lamarck **
der Moose auffand, freilich ohne ihre Funktionen zu erkennen, und der die Entwicklung der Moosptlanze
aus der Spore beobachtet hatte, gerieth in Betreff der Equiseten in einen ähnlichen Irrthum wie seine
Vorgänger. Nach ihm sollten die Schachtelhalme hermaphrolditische Blüthen besitzen, wobei er die Elateren
als Filamente und die körnigen Erhabenheiten derselben, die sich besonders auf den spatelförmigen
Erweiterungen finden, als Pollenkörner betrachtete; und die Spore, auf der er einen kurzen Fortsatz zu
erkennen glaubte, sollte den Fruchtknoten mit «dem Pistill darstellen. Andere Forscher, «ie die Sporen
selbst für Pollen hielten, suchten nach den weiblichen Blüthen, aber keiner von ihnen scheint auf den
Gedanken gekommen zu sem, einen Versuch mit der Aussaat der Sporen zu machen.
Erst 1822 werden die ersten entwicklungsgeschichtlichen Thatsachen angegeben und zwar gleich-
zeitig von einem schweizerischen und einem schwedischen Botaniker. Da indessen die Untersuchungen
des ersteren bereits im Jahre 1817 angestellt, und im Februar 1818 schon in der „Soeiete d’histoire
naturelle et de physique* die Arbeit verlesen wurde, so möge auch ihm der Vorrang gebühren. Es ist
der Genfer Professor Vaucher (1), der zuerst den Generationswechsel in der Entwicklung von Equisetum
beobachtete, ohne ihn freilich als solchen zu erkennen. Anussaaten verschiedener Arten, die er sowohl
auf Wasser als auch auf feiner Erde gemacht hatte, zeigten ihm «lie Keimfähigkeit der Sporen. Er
beobachtete das Auftreten der Haarwurzel und die Entstehung der Zellen; doch gingen seine Prothallien
sehon nach kurzer Zeit zu Grunde in Folge der Ueberwucherung durch Algen und Moose und besonders
durch den „bysse terrestre*. Die von ihm gegebenen Abbildungen verschiedener Entwieklungsstadien
sind sehr mangelhaft ausgeführt. Immerhin waren seine Beobachtungen von höchster Wichtigkeit, da
sie einerseits über die Natur der Sporen Aufschluss gaben, andrerseits durch sie die systematische Stellung
mn .
der Equiseten gesichert wurde, denn so viel erkannte er, dass kein Embryo in den Sporen enthalten
*) Dillenius: Dissertationes epistolares de plantarum propazatione, in E:ph&mörides de l’Acad. des curienx de
la nature 1717.
**) Haller: Enumeratio stirp. Helvetiae 1742.
»#*) Lamarck: Flore Frangaise I. pag. 5.
7) Hedwig: Theoria generationis et fructifieationis plantarum eryptogamicarım 1784.
OÖ. Buchtien, Entwicklungsgeschichte des Prothallium. 1
war. Die Keimfähigkeit derselben war hiermit erwiesen, er wunderte sich nur darüber, dass sie so
schlecht ihre Bestimmung erfüllten, da aus ihnen ein ganz andres Gebilde hervorginge, wie es deı
ausgewachsene Schachtelhalm darstelle, und da er auch im Freien nie ganz junge Pflanzen gefunden hat,
kommt er zum Schluss, dass sich die Equiseten wohl ursprünglich durch diese Sporen fortgepflanzt haben
möchten, dass letztere indessen gegenwärtig unfruchtbar wären. Von der Hedwig’schen Annahme kann
er sich dabei auch noch nieht ganz lossagen, denn wenn er auch zugiebt, dass die von jenem Beobachter
angenommene Fruchtbildung nieht sicher erwiesen sei, so hält er doch die Befruchtung der Spore durch
den auf den Filamenten (Elateren) sitzenden Pollen, begünstigt durch die hüpfende Bewegung, für sehr
wahrschemlich.
In demselben Jahre veröffentlichte auch M. Agardh (2), Professor m Lund, die Resultate
seiner Untersuchungen. In Folge einer bei der Keimung der Spore senkrecht zur Wurzelzelle aufge-
tretenen Wand wurde er getäuscht und glaubte, die Bildung von Kotyledonen vor sich zu haben, zwischen
denen dann zu seiner Verwunderung anstatt des erwarteten jungen Schachtelhalns, eine Conferve hervor-
sprosste. Auch er steht einem Räthsel gegenüber, er begreift nicht, wie aus einem solchen Gebilde ein
Schachtelhalm entstehen kann, aber doch ist es für ihn sicher, dass „les poussieres des preles sont des
semences qui les reproduisent“, und er nimmt an, dass das fragliche Gebilde ein Entwicklungsstadium
darstelle, und durch die entfernte Achnlichkeit dieser ersten Keimungsstadien mit Moosprotonemata getäuscht,
kommt er zu der Ueberzeugung, dass die Equiseten mit den Moosen nahe verwandt seien, und dass alle
auf Erde vorkommenden Conferven derartige Entwicklungsstadien darstellen. Auch seine Culturen fanden
ein frühzeitiges Ende. Er beobachtete schon den Einfluss des abgeschwächten Lichtes auf die Keimung,
wodureh dieselbe verzögert wurde, und die Ausbildung der jungen Zelle unregelmässig erfolgte. Die
von ihm gegebenen Abbildungen sind ebenfalls sehr mittelmässig, wenngleich er schon theilweise die
Zellgliederung angiebt.
Agardh’s Vermuthung, dass man es in den eonfervenartigen Bildungen mit Entwicklungsstadien
zu thun habe, wurde bald darauf von Vaucher (3) bestätigt. Es gelang diesem, seime Culturen so
lange am Leben zu erhalten, bis aus ihnen die jungen Pflanzen hervorsprossten. Auffallend ist ihm an
diesen nur noch die ungegliederte Wurzel, die doch bei den alten im Freien vorkommenden gegliedert
sei, und er begreift nieht, wie diese Gliederung noch nachträglich zu Stande kommen könne.
Duvernoy (4) bestätigt nur in einer kurzen Notiz einige von Vaucher und Agardh bereits
gemachten Beobachtungen, so «das Fehlen des von Hedwig erwähnten Pistills und der Pollenkörner und
spricht von vier Elateren, die «lie Spore umhüllen.
1326 führt Vaucher in einer „note sur Ja germination des Preles* an, dass er im Freien
erwachsene junge Equisetenpflanzen zugesandt erhalten habe, womit also der Beweis geliefert sei, dass
die Sporen unter günstigen Bedingungen auch in der Natur die Vermehrung der Equiseten bewirken
können.
1527 giebt De Candolle (5) eine nähere Beschreibung der Sporen. Er econstatirt, dass nur
zwei Elateren vorhanden seien, die indess seiner Angabe nach gekreuzt sem sollen. Uebrigens schemt
für ihn, trotz der vorangegangenen Untersuchungen, die Natur der Sporen noch nicht ganz klargestellt,
denn bezüglich der Elateren sagt er: „je serais presque dispose A les consid@erer comme de simples
elateres analogues a ceux des hepatiques“.
1528 constatirt Bischoff (6) ebenfalls einen Einfluss des Liehts auf das Wachsthum, er findet,
dass bei schwächerer Beleuchtung die Zellen mehr m die Länge gestreekt erscheinen. Wie er sich die
Zellvermehrung denkt, ist aus semen Worten nieht ganz ersichtlich, zwischen die alten sollen sieh neue
Zellen eimschieben. Er betont auch, dass von einem vorgebildeten Embryo in der Spore, wie seine
Vorgänger es noch mehr oder minder angenommen hätten, durchaus nicht die Rede sein könne, ebenso
wenig wie von emem Vergleiche des aus der Spore hervorgehenden Gebildes mit Samenlappen. Dieses
Gebilde bezeichnet er zuerst als Vorkeim (Proembryo), der den Zweck haben soll, die eigentliche Keim-
pflanze entstehen zu lassen, und sie in den ersten Stadien zu ernähren. Dass noch vorher Geschleehts-
organe auftreten müssen, scheint er nicht vermuthet zu haben. Die Untersuchungen von Bischoff
sind weit genauer als die von Vaucher und Agardh, doch auch seme Culturen gingen frühzeitig zu
Grunde, junge Keimpflanzen entwickelten sich in denselben nicht.
Indessen fand er schon imı nächsten Jahre eme grosse Anzahl derselben im Freien und giebt
nun, «la diese die verschiedensten Entwieklungsstadien zeigten, eine eingehende Beschreibung derselben (7),
nachdem er noch zuvor auf die bereits in seinen „eryptogamischen Gewächsen“ gegebene Schilderung
der Keimung der Sporen kurz zurückkommt. Wenn er behauptet, dass die Vergrösserung des einzelligen
Keimgebildes dadurch geschehe, dass sich an die ersten Zellen fortwährend nene anlegen, so scheint er
anzunehmen, «lass dies durch eine Art Sprossung zu Stande käme. Im Uebrigen hat er die Keimungs-
stadien sehr riehtig beobachtet. In Betreff der jungen Keimpflanzen eonstatirte er, dass mehrere Spross-
generationen auf einander folgen, die sich durch die Zahl «ler Blattscheidenzähne unterscheiden, dass die
Sprosse mehr aus einem gleichmässigen parenehymatischen Gewebe bestehen, und «dass einer der spätern
in den Boden dringt und zur unterirdischen Achse wird, und bestreitet, «dass die bei den ersten Spross-
generationen auftretende Wurzel die eigentliche Hauptwurzel darstelle. Er kritisirt deshalb auch die von
Vaucher (3), Tab. 27, Fig. 4 u. 5 gegebenen Zeichnungen, der auf diesen den Wurzeln quirlig
gestellte Seitenwürzelchen giebt, die allerdings nicht vorhanden sind, und wie Bischoff glaubt, bloss aus
der einmal vorgefassten Memung entsprangen, dass sich diese erste Wurzel in den gegliederten Stock
umwandeln müsse. - Bemerkenswerth ist noch, dass ihm auch bei diesen Untersuchungen keine Geschlechts-
organe aufgefallen sind, da er doch auch solche Prothallien gefunden hatte, aus denen die Keimpflanzen
noch nieht hervorgesprosst waren, und so gut er auch sonst die Entwicklungsstadien verfolgte, hat er
doch nicht gesehen, dass eine äussere Haut der Spore bei der Keimung abgeworfen wird, sondern sagt
direet, «lass hier von einer besonderen Sporenhaut, wie z. B. bei den Farnkräntern, nicht die Rede sen
könne. Er erkennt die Verwandtschaft der Schachtelhalme mit den Farnen, «die beide einen Vorkeim
besitzen, aus dem die junge Pflanze hervorsprosst.
1844 entdeckt Naegeli die Spermatozoiden der Fame (8).
1548 werden von Leszezye-Suminski (9) auf den Farmprothallien «ie Archegonien autge-
funden und in ilhmen die Organe erkannt, in denen nach vorangegangener Befruchtung der Embryo
entsteht.
1849 ist ein wesentlicher Fortschritt in der Erkenntniss des Entwicklungsganges zu constativen.
Thuret (10) entdeckte die Antheridien auf den Equisetenprothallien und die in ihmen gebildeten
Spermatozoiden. Von ersteren sagt er, dass sie auf den Spitzen der Lappen entstehen, von eiförmiger
Gestalt und in das Gewebe klemer vorspringender Warzen eingesenkt seien, von letzteren, dass sie denen
1?
der Farne gleichen. Aber auch durch diese Entdeckung wird das ganze Verhältniss nicht klarer, denn
voreingenommen von der Hedwig’schen Theorie, dass die Sporen befruchtet werden müssten, kann er
nieht begreifen, wie dies von den Spermatozoiden bewirkt werden könne, da beide Gebilde doch zu so
ungleieher Zeit entständen, und so kommt er zum Schluss: „Je me suis assurd que les Equisdtacdes ne
doivent pas eauser moins d’embarras A l’imagination de ceux qui veulent admettre une sorte de fecon-
dation chez les Cryptogames“ (pag. 9).
Sehr eingehende Untersuchungen folgen nun 1851 von Milde (11), die an Gründlichkeit und
Schärfe alle vorhergehenden übertreffen; auch sind die von ihm gegebenen Figuren als recht gute zu
bezeichnen. In den mit einer doppelten Membran versehenen Sporen constatirt er das Vorhandensein
eines Zellkerns. Die Keimfähigkeit betreffend giebt er an, dass sie nach vierzehn Tagen fast ganz
verloren gehe, wobei er innere Veränderungen in der Spore beobachtet haben will; unter dem Wasser
sollen dieselben absterben. Bei der Keimung wird nach vorangegangener Grössenzunahme die äussere
Haut abgeworfen, von der schon nach kurzer Zeit jede Spur verschwinden soll. Er beobachtete nun
ferner die Formveränderung der Chlorophylikörner, dass sie, Anfangs von runder Gestalt, elliptisch
würden, sich einsechnürten und theilten. Freilich will er gesehen haben, dass hierbei eine Wand auftrat,
wobei er sich dagegen verwahrt, dass er etwa kleine Stärkekörner oder ähnliches dafür gehalten haben
könne. Er kommt zu dem riehtigen Schlusse, dass die Chlorophylikörner sich durch Theilung vermehren,
aber die Membran, von der sie umgeben sein sollen, dürfte er schwerlich beobachtet haben. Die Stärke-
einschlüsse des Chlorophylikorms werden ebenfalls von ihm erwähnt. Dann schildert er die einzelnen
Keimstadien, die Entstehung der Zellen dureh Theilung und geht dann zu den Formen über, die bei der
Keimung im Dunkeln auftreten. Die Sporen streeken sich hier erst bedeutend in die Länge, ehe die
Theilungswand zwischen Wurzel- und Prothalliumzelle sichtbar wird. Letztere ist hier chlorophyllärmer, die
einzelnen Körmer sind kleiner, das Auswachsen der Wurzelzelle zum Wurzelhaar erfolgt erst nach längerer
Zeit (nach 14 Tagen), während schon zwei bis drei Prothalliumzellen gebildet sind. Als Wachsthums-
gesetz stellt er gegenüber der Annahme von Bischoff, dass die Zellvermehrung dureh Sprossung zu
Stande komme, den Satz auf: „Totum inerementum et forma proembryonis ex duabus rebus pendet,
primum ex partitione transversa et longitudinali, et deinde ex eellularum facultate in quameunque
regionem sese extendi* (pag. 13). Haarwurzeln können aus jeder Zelle durch Auswachsen derselben
entstehen. Auch Antheridien fand er schliesslich an seinen Prothallien, bezüglich deren Bau er ausführt,
dass eine ringförmige Zellenlage die die Spermatozoiden enthaltende innere Höhlung umgebe. Er hat
das Austreten der Samenfäden beobachtet und giebt eine Beschreibung von der Art ihrer Bewegung.
Die von Suminski (9) erwähnten Embryonen hat er, wie er angiebt, in seinen Culturen vergeblich
gesucht, doch hat er im Juli seitlich an mehreren Prothallien massige, gelappte Gewebekörper sieh
entwiekeln sehen, deren Zellen dieht mit Inhalt erfüllt waren, so dass er im Innern nichts erkennen
konnte, doch vermuthet er ganz richtig, dass in ihnen die „gemmula” entstehen würden, da er es hier
wie aus seiner Abbildung und Beschreibung hervorgeht, mit der Bildung der Meristems zu thun hatte.
Mettenius (12) theilt in demselben Jahre mit, dass er an einem kleinen Stücke eines Vorkeins,
den er bei Bischoff zu sehen Gelegenheit gehabt habe, „Eichen“ im abgestorbenen Zustande angetroffen
habe, genau entsprechend dem Stadium der „Eichen“ der Farme, welches Suminski (9) Taf. III Fig. 8
abgebildet habe.
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1551 macht Thuret (13) weitere Mittheilungen über die Antheridien und Spermatozoiden.
Bezüglich der ersteren führt er an, dass sie schon nach wenigen Wochen auftreten. Dabei unterscheidet
er am Prothallium zwei Theile, den einen, der sich aus emigen unregelmässigen Fäden zusammensetzt,
und einen andern, der aus einem dieken, gelappten Gewebe besteht, und auf dessen Spitze die Antheridien
auftreten. Diese beschreibt er als aus einer einfachen ovoiden Höhle gebildet, die vom Gewebe des
Prothallium bedeckt sei. Er giebt an, dass durch Auseinanderweichen der Endzeilen der Antheridien
diese geöffnet werden, während jene Zellen an der Basis vereinigt bleiben und eine Art Krone bilden.
Ausserdem will er noch dentlich zwischen den Zähnen dieser Krone die Trümmer einer Cutieula bemerkt
haben, die die Lappen bedecke und im Augenblicke des Oeffnens des Antheridiums zerrissen werde,
Nach Archegonien, die er nach Analogie mit den Farnen bier sicher vermuthet, hat er vergeblich gesucht,
da ihm seme Culturen frühzeitig zu Grunde gingen
In demselben Jahre veröffentlichte Hofmei. >» «ie Resultate seiner Untersuchungen (14). Die
Spore hat emen kugeligen Zellkern, der deutlich sichtbar in der grlbliehen, ölreichen Inhaltsflüssigkeit
schwimmt. Die Chlorophylikörner vermehren sieh ras-h bei der Anssaat. Dann giebt er eine detaillirte
Beschreibung der nächsten Keim- und Entwieklungsstädien; er führt an, dass die Seitensprosse angelegt
werden dureh Aussackung der Wand irgend einer älteren Zelle mit verhältnissmässig später Abtrennung
der Ausstülpung von der ursprünglichen Zelle durch eine Querwand, dass einer dieser Sprosse sich
besonders stark entwickele, zum Hauptspross werde, am Rande die Antheridien trage und auf der unteren
Seite die Haarwurzeln auswachsen lasse. Die Entstehung der Antheridien erklärt er in eigenthümlicher
Weise. Eingeleitet werde sie durch die mehrmals wiederholte Theilung einer der Zellen des Prothallium-
randes mittelst wechselnd nach zwei Riehtungen geneigter Scheidewände. Die so entstandenen Zellen
theilen sich «dureh radiale Längswände, und jede der so gebildeten dreiseitigen Zellen durch der Achse
des Organs parallele Wandungen in innere und äussere, von denen die letzteren die Hüllschicht der
Antheridien bilden, die inneren sich zu den Spermatozoidmutterzellen umgestalten. Diese Umbildung
erfolge der Art, dass dureh rasch sich wiederholende Theilungen nach allen drei Riehtungen des Raumes
aus ihnen eine Menge kleiner tesseraler in sehr innigem Zusammenhange stehender Zellen gebildet werde.
In jeder dieser trete em abgeplattet ellipsoides Zellehen auf, das durch Verflüssigung der Wände der
tesseralen Zellen frei werde. In ilmen zeige sich eine der Innenwand fest angeschmiegte gallertige Masse,
die erste Andeutung des in Bildung begriffenen Samenfadens. Gemäss der von ihm gegebenen Entstehungs-
weise der Mantelzelle der Antheridien bezeiehnet er die Derlelzelle als Scheitelzelle der Hüllsehicht.
Solche Scheitelzellen seien meist zu vier vorhanden, die bei der Reife ausemanderweichen. Dann giebt
er eine Beschreibung der Spermatozoiden, deren Bewegung er fünf Stunden lang beobachtete, und er
glaubt, dass das Austreten der Spermatozoidmutterzellen unzweifelhaft freiwillig erfolge. Zum Schluss
erwähnt er noch, «dass er Rudimente von Archegonien gesehen habe (die beiden hierauf bezüglichen
Abbildungen Tatel 20, Fig. 61 u. 62 sind im Gegensatz zu den übrigen Zeiehnungen höchst mangelhaft),
die weitere Entwicklung derselben habe er aber nieht verfolgen können, da seine Culturen zu Grunde
gingen.
1%252 erhalten wir von Milde eme weitere Untersuchung (15), die zum grössten Theil eine
Reproduetion seiner Inaugural-Dissertation ist. Er kommt auf die Ansichten, die er in seiner früheren
Arbeit bezüglich der Chlorophylikörner vertreten hat, zurück, und zwar äussert er sich hier folgender-
massen: „Ich sah dann auch (nachdem er sie aus der Zelle heraus ins Wasser gebracht hatte), dass die
Chlorophylikörner wirklich eine Membran besassen, innerhalb weleher die Kerne (Amylum) gleichsam
schwammen. Die Chlorophylikörner sind daher als Zellen zu betrachten, welche sich durch Quertheilung
fortpflanzen, in ihrem Innern ein Amylumkorn enthalten, auf welehem sich der grüne Farbstoff nieder-
geschlagen hat.“ In Betreff der Antheridien behauptet er, dass diese ihre Spiralfäden nicht nur in das
Wasser entsenden, sondern sie auch freiwillig ausstossen, ohne sich im Wasser zu befinden.
In demselben Bande der „Nova aecta“ sind Nachträge zu den obigen Untersuchungen enthalten
(pag. 657—641). Im diesen theilt Verfasser mit, dass es ihm gelungen sei, von Equisetum arvense im
Freien Vorkeime und junge Keimpflanzen in grosser Menge zu finden. Die ersteren beschreibt er als
aus vielen Lappen bestehend, die sämmtlich am Grunde zu einer sehr diehten Masse, welche des Chloro-
phylis entbehre, dafü, aber mit Amylum dicht erfüllt sei, verwachsen seien. Auf emzelmen Prothallien,
die schon junge Stengel tragen, beobachtete er auch Antheridien. Er bestätigt, dass die Hauptwurzel
des ersten Sprosses bald abstirbt, während einige Stengel, die sich erst blass und dann braun färben,
in den Boden eindringen und sich in das Rhizom verwandeln, wie schon von Bischoff angegeben
wurde. Ferner erwähnt er, dass er wieder jene fleischigen Gebilde an den Prothallien beobachtet habe,
von denen er sehon in seiner Dissertation spricht, und dass er auf einem derselben ein aus vier, je zwei
einander senkrecht zegenüberstehenden, lichten Zellen bestehendes, längliches Organ gesehen habe, das
er leider nieht genauer habe untersuchen können, von dem er aber nicht glaube, dass es ein Arche-
gonium gewesen sei. Wie indess aus der beigegebenen Figur (Tafel LIX, Fig. 47 b) ersichtlich, hatte
er es unzweifelhaft mit einem solehen zu thun.
In demselben Jahre theilt auch Hofmeister weitere Beobachtungen mit (16). Er führt an,
dass die Prothallien von Equisetum entschiedenste Neigung zur Diöcie zeigen; dass diejenigen, welche
Antheridien tragen, diese sehr reichlich, Archegonien gar nicht oder auf spät erscheinenden Sprossungen
älterer Theile des Prothallium, und dass die reiehlich Archegonien erzeugenden Prothallien keine Anthe-
ridien bilden. Das Archesonium entstehe meist auf dem Rande fleischiger Lappen des Prothallium,
selten auf deren Fläche. Da rechts und links von ihm das Gewebe weiter zu wachsen pflege, komme
es später in die Achsel zweier Sprosse desselben zu stehen. In der frühesten Jugend erscheine die
Centralzelle des Archegenium als eine von einem Doppelpaar von Zellen mit «urehsichtiger Inhalts-
Hlüssiekeit bedeckte Zelle des Prothalliumgewebes, die nur durch reichlicheren Proteplasmagehalt von
ihren Naehbarinnen abweiche. Bei weiterer Entwicklung "des Archegonium theilen die letzteren sich
wiederholt und bilden so eine die Centralzelle umhüllende Schicht enger Zellen. Die vier Zellen, welehe
die Centralzelle ‘deeken, wachsen aufwärts, theilen sich zwei bis drei mal dureh Querwände und bilden
sich so zu einem Cylinder um, der aus vier Längsreihen von je drei langgestreekten Zellen bestehe, das
oberste Doppelpaar dieser Zellen dehne sich ganz besonders im die Länge. Bei der Reife der Arche-
gonien bilde sieh in der Centralzelle das Keimbläschen. Die vier Längsreihen von Zellen des die
Oentralzelle überragenden Cylinders treten an den Berührungskanten auseinander, so dass ein offener
Canal entstehe, die Mündungszellen krümmen sich wurfankerähnlich zurück. Das befruchtete Keim-
bläschen werde durch wiederholte Theilung zum Zellkörper. Seitlich an der wenig entwickelten primären
Achse des Embryo werde die seeundäre Hauptachse der neuen Pflanze angelegt. Sie entstehe aus
Vermehrung von Zellen der Oberfläche «der primären, nieht im Innern (les Gewebes derselben. Die
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-]
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secundäre Achse entwickele ihr erstes Blatt, eine Ringscheide, deren Rand zu drei Lappen auswachse.
Dann erscheine die erste Wurzel an der entgegengesetzten Seite der primären Achse. Junge Keim-
pflanzen hat er schon etwa 7 Wochen nach der Aussaat erhalten.
In dem nämlichen Jahre veröffentlicht Milde (17) ebenfalls weitere Beobachtungen. Er giebt
die Entwicklung der Archegonien, die sich zuerst als papillenartige Erhabenheiten zeigen, welche sich
dureh ihren wasserhellen Rand auszeichnen und in der Mitte mit hellgrünem Chlorophyll erfüllt sind.
Die Papille wird von vier Zellen gebildet, die dureh Querwände unterhalb ihrer kleineren Hälfte wieder
getheilt sind, aus denen dann das Chlorophyll verschwindet. Durch dieses Organ geht ein Canal zu
einer kugligen, ganz scharf begrenzten Höhle im Innern des Proembryo. Weiter sah er ebenso wie
Hofmeister, dass die vier oberen Zellen sieh mit ihren Längsscheidewänden von einander trennten
und wulstartig sich zurückschlugen. Nach ihm ist die Stellung der Archegonien am Prothallium derartig,
dass die Spermatozoiden aus den Antheridien, welche oberhalb von ihnen auf dem besonderen höheren
Vorkeime sitzen, mit Leichtigkeit auf sie gelangen können. Fermer giebt er an, dass jede der vier
Zellreihen des Halstheils des Archegonium nur aus zwei Zellen bestehe, von denen die obere chloro-
phylileer, die untere in ihrer Mitte stets mit einer kugligen Anhäufung von Chlorophyll erfüllt sei. Aus
seinen Culturen sprossten ebenfalls junge Pflanzen hervor, deren Entstehung er aber nicht verfolgt hat.
Ferner erscheint noch 1852 eme zweite Arbeit von Hofmeister (18), in der er seine in der
„Flora“ gemachten Mittheilungen theilweise reprodueirt resp. erweitert. Er macht darauf aufinerksam,
dass die männlichen Prothallien sich von den weiblichen dureh die Färbung unterscheiden, dass das
Chlorophyll der ersteren mit dem der letzteren «dureh einen deutlichen Stich ins Gelbe eontrastire. Das
weibliche Prothallium bezeiehnet er bei normaler Entwicklung als eme im allgemeinen Umriss kreis-
förmige Vereinigung von drei bis sechs fleischigen Zellgewebsmassen, «ie sehr zahlreiche, kräftig grüne,
'/s Zoll Durchmesser, jungen Pflanzen von
krause Sprossungen von zarter Textur tragen, von Ya bis
Anthoceros punctatus ähnlich. Die Archegonien treten weit später auf, als die Antheridien. Er spricht
die Ansicht aus, dass äussere Einflüsse von Wirkung auf das Geschlecht der keimenden Prothallien zu
sein scheinen. Die Entwicklung der Archegonien giebt er hier richtiger als in der „Flora“ an. Nach
beträchtlicher Wölbung der freien oberen Wand der Mutterzelle des Archegonium tritt eine horizontale
Membran auf, die untere der so entstandenen Zellen wird zur Centralzelle des Archegonium, die obere
bildet sich zum Mündungsgang aus. Zunächst werden aus ihr dureh Auftreten zweier auf einander
rechtwinklig stehender Wände vier Zellen gebildet, die auswachsen und dureh wiederholte Querwände
getheilt werden. In den Nachbarinnen der Centralzelle treten dann auch mit ihr parallele oder zu ihr
senkrecht stehende Theilungswände auf, wodurch ein oder zwei epithelienartige Zellschiehten um die
Centralzelle gebildet werden. Im dieser entstehe eme freie Tochterzelle, das Keimbläschen, das sich nach
der Befruchtung durch eme gegen die Längsachse des Archegonium geneigte Wand theile, beide Theil-
hälften werden dann aufs Neue dureh Querwände zerlegt, die reehtwinklig zu den eben gebildeten
stehen. Um diese Zeit gehen die Zellen des Archegoniumhalses zu Grunde. Dann giebt er eine weitere
Schilderung der auftretenden Zelltheilungen, die zu der Ausbildung der jungen Pflanze führen, und die
mit der in der „Flora* gesebenen überemstimmt.
1553 erhalten wir wieder von Bischoff (19) einige Mittheilungen. Er hat ein monöeisches
Prothallium von Egquisetum silvaticum beobachtet, das er beschreibt. Neues bringt er nicht.
In jenem Jahre berichtet Pringsheim (20) bezüglich der Schleuderer von Equisetum, dass die
Elateren sich bei ihren Spiralwindungen um die Spore nicht gegenseitig kreuzen, ja dass sie sogar dort,
wo sie derselben angeheftet seien, nicht einmal eine gemeinsame Berührungsstelle haben.
1863 erklärt Pringsheim (21) die Hofmeister'sche Angabe, nach der der fortwachsende Stamm
der Pflanze erst als Seitenzweig an der nieht weiter entwicklungsfähigen primären Achse entstehe, für
unrichtig und behauptet, dass die vorausgesetzte in der Entwieklung stehen bleibende primäre Achse
nieht vorhanden sei, sondern dass die befruchtete Eizelle selbst unmittelbar zur Scheitelzelle des sich
fortentwiekelnden Hauptstammes werde.
1864 erschien das grosse Equisetenwerk von Duval-Jouve (22). Auffallender Weise leugnet
er das Vorhandensein des doch so deutlich sichtbaren und isolirbaren Zellkerns der Spore. Nach ihm
tritt derselbe mit seinem Kernkörperchen erst nach dem Beginne der Keimung auf. In Betreff des
Baues der Chlorophylikörner schliesst er sich der von Milde gegebenen Darstellung an. Die Entstehung
der Antheridien giebt er etwas abweichend von Hofmeister, doch nicht richtiger als dieser. Von der
nach genanntem Autor Anfangs auftretenden Segmentirung hat er nichts gesehen, nach ihm erscheinen
in der Antheridienmutterzelle zunächst zwei auf einander rechtwinklig stehende Wände, worauf einige
Querwände folgen. Jeder der so entstandenen Theile wird durch radiale Wände weiter zerlegt, so dass
dureh diese eine grosse Anzahl kleiner Prismen gebildet werden, deren grösste Seite die Peripherie
bildet, und parallel mit dieser Oberfläche theilt sich jedes in zwei Zellen, von denen die äussere zur
Bekleidung des Organs dient, die innere dem eigentlichen Antheridium angehört. Seine und Hof-
meisters Angaben stimmen also in dem Punkte überein, dass beide die Spermatozoidmutterzellen und
die Mantelzellen des Antheridium als Schwesterzellen betrachten. Das reife Antheridium soll sich auf
dem Scheitel öffnen, ohne dass hiermit ein Entlassen der Spermatozoiden im Zusammenhange stehe,
welches erst bei Gegenwart von Wasser erfolge; wodurch er sich indessen das Oeffnen bewirkt denkt,
giebt ernichtan. Die Schilderung der Entwicklung der Archegonien stimmt mit der von Hofmeister (18)
gegebenen überein, im Grossen und Ganzen auch die der Embryoentwieklung, auch er nimmt eine
primäre Achse an, aus der die seeundäre hervorsprosst, doch nicht exogen, wie Hofmeister glaubt,
sondern endogen aus central gelegenen Zellen.
Ferner erschienen in diesem Jahre die Untersuchungen von Schacht über Spermatozoiden (23),
in denen er einige wenige entwicklungsgeschichtliche Angaben macht. Prothallien der auf Wasser aus-
gesäten Sporen bringen es höchstens bis zum Auftreten der Antheridien. Beim Oeffnen dieser werden
ausser den Mutterzellen der Spermatozoiden keine körnigen Stoffe entlassen. Den grössten Theil seiner
Arbeit bildet, wie der Titel sehon erkennen lässt, die Entwieklung und Beschreibung der Spermatozoiden.
1867 veröffentlicht Roze eme Arbeit über dasselbe Thema (24).
1872 erscheinen die Untersuchungen von Janezewski über die Entwicklung der Arche-
vonien (25). Er weist nach, dass bei den Farnen die Centralzelle des Archegonium zunächst die Basal-
zelle abgliedere, dann die Halscanalzelle und darauf die Bauchcanalzelle. Die Archegonien der Equiseten-
prothallien verhalten sich ebenso, nur dass dort keine Basalzelle gebildet werde.
1875 macht Sadebeek Mittheilungen über die Antheridien-Entwieklung der Schaechtelhalme (26).
Die Verzweizung der männlichen Prothallien soll der Art erfolgen, dass die Seitensprosse in ihrer
Flächenausbildung abwechselnd senkreeht und zgleichgerichtet zur Flächenausbildung des Muttersprosses
stehen. Theilt sieh bei der Keimung der Spore diese «durch zwei auf einander senkrecht stehende Wände
in Kugelquadranten, so hält er es nieht für unmöglich, dass mit diesem Wachsthum die Entwicklung
des weiblichen Vorkeims eingeleitet werde. Die Entstehung der Antheridien soll der Art vor sich gehen,
dass zunächst durch eine Querwand eine Basalzelle abgeschnitten, darauf dureh vier auf einander senk-
recht stehende Wände aus der oberen Zelle das auf der Fläche quadratisch erscheinende Antheridium
herausgeschnitten werde.
1877 kommen von Tomaschek (27) eigenthümliche Mittheilungen über «die Equiseten-
prothallien, auf die ich nur der Curiosität halber eingehen will. Er macht es sich zur Aufgabe, mit
seinen Untersuchungen die Lücken auszufüllen, die sich noch m der Entwicklungsgeschichte genannter
Prothallien finden, wobei er denn zu ganz sonderbaren Entdeekungen gekommen ist. Er schlägt für
das Wort Prothallium die Bezeiehnung „Protoriceia* vor, „wodurch“, wie er sagt, „angezeigt werden
soll, dass, wenn die Pflanze mit der Bildung von Sporokarpien abschliessen würde, sie ihre Stellung im
System auch ihrer übrigen Eigenthümlichkeiten wegen in der Nähe der Rieeien an der tiefsten Stelle
der Lebermoose finden müsste“. In seinen Angaben wiederholt er nicht allein bereits berichtigte, ältere
unriehtige Beobachtungen, so das Vorhandensein einer undulirenden Flosse bei den Spermatozoiden, das
Wachsthum der Antheridien mit einer Scheitelzelle, sondern er entdeckt auch Differenzirungen im Bau
der „Protorieeia“, die sonst von Niemandem beobachtet sind, und die die Vermuthung nahe legen könnten,
seine „Protorieeia“ sei alles andere, nur kein Equisetenprothallium. Zwischen den klemen polygonalen
Zellen des stammähnlichen Grundkörpers findet er „grössere und kleinere Luftlücken, die zuweilen so
häufig auftreten, dass sie einigermassen mit ähnlichen, doch immer mehr gleiehmässig vertheilten Luft-
lücken der Rieceia erystallina verglichen werden könnten.“ „Auf der Unterseite wird besonders an älteren
Theilen des Sprosses eine rindenartige aus Zellenreihen kleinerer und grösserer rechteckiger Zellen
gebildete Epidermis differenzirt.“ Die an weiblichen Prothallien entstehenden Lappen „gleichen hinsichtlich
ihrer Entstehung an dem oberen Rand des Thalloms, sowie in ihrer anfänglichen Gestaltung den
Trichomen“. „Die älteren Haarwurzeln haben in das Innere vorspringende zapfenartige, zuweilen verzweigte
Zellhautverdiekungen, wie bei Riceia glauca und Marchantia* und was derlei Becbachtungen mehr sind.
Da Tomaschek seine Prothallien im Freien gefunden hat, bin ich zu der Annahme geneigt, dass er
zwischen «diesen Lebermoose mit aufsenommen hat, und dass so durch Verwechslung diese Angaben
entstanden sind. — Die von ihm der Abhandlung beigefügten Figuren sind ebenfalls höchst mittelmässig,
so gleicht die Fig. 10a, die ein Antheridium darstellen soll, weit eher emer Himbeere, mit der freilich
nach ihm dieses Organ auch eine grosse Achnliehkeit besitzen soll.
Wiehtige Untersuchungen folgen 1878 von Sadebecek (28). In Betreff der Keimbildung ist
er zu anderen Resultaten gekommen, wie Hofmeister und Duval-Jouve. Er stimmt mit ihnen
überein in der Theilung der Zelle in vier Kugelquadranten, die weitere Entwieklung giebt er aber
anders. Die obere Hälfte des noch zweizelligen Embryo stellt ganz unmittelbar die primäre Achse dar,
von der in gleicher Weise, wie später bei der wachsenden Stammknospe die Blätter gebildet werden.
Durch weitere Segmentirung werden die folgenden Blätter angelegt, und aus der Verwachsung der ersten
drei entsteht der erste Ringwall (Blattscheide). Die Scheitelzelle der Stammknospe entspricht jetzt schon
der der erwaehsenen Pflanze, ihre Gestalt ist die einer verkehrt dreiseitigen Pyramide. Während dieser
Vorgang in der oberen Hälfte stattfindet, gehen auch die Theilungen in der unteren weiter vor sich.
0. Buchtien, Entwicklungsgeschichte des Protballium. 2
—. 107 —
Hier wird durch die erste Längswand die Differenzirung der Wurzel eingeleitet, indem als erstes Segment
der sogenannte Fuss abgetrennt wird. In dem anderen Quadranten findet sehr beträchtliche Zellver-
mehrung statt, als deren Resultat wir die Bildung der ersten Scheitelzelle der Wurzelzelle und die der
Wurzelhaube auffassen können. Meist erst nach der Anlage des zweiten, mitunter auch erst nach der
Anlage des dritten Ringwalles durchbrieht der Embryo das Archegonium, wobei er den Hals desselben
bei Seite schiebt, die Wurzel durehbohrt nach unten zu dasselbe. Zur Wurzelbildet sich immer derjenige
Quadrant aus, der am schnellsten und leichtesten den Erdboden erreichen kann.
1879 berichtigt Sadebeck (29) seine früheren Angaben betreffend die Entstehung des Anthe-
ridiums, nach der zunächst eine Aussenzelle des Prothalliums sich durch eine zur Aussenwand parallele
Wand in eine Basal- und eine Antheridiumzelle theilen sollte. Ebenso giebt er eine gegen früher
wesentlich veränderte Darstellung der Keimbildung, wodurch eine grössere Uebereinstimmung mit der
Ausbildung der Farnembryonen erzielt wird.
B. Eigene Untersuchungen.
1. Die Cultur.
Von fast allen bisherigen Untersuchern der Entwicklungsgeschichte von Equisetum findet man
die Schwierigkeiten erwähnt, die sich der Aufzucht aus Sporen entgegenstellen. Pilze und Algen, ja
selbst Moose werden als schlimme Feinde der jungen Culturen genannt, die dieselben in kurzer Zeit
verniehten sollen. Da ich nun durchaus keinen erheblichen Sehwierigkeiten in der Aufzucht der Equi-
seten aus Sporen begegnet bin, sondern meine sämmtlichen Culturen bis zu der Entwicklung der jungen
Pflanzen gelangt sind, so dürfte die Angabe meines Culturverfahrens von einigem Interesse sem.
Als Aussaat-Substrat habe ich mich vorzugsweise des Lehms bedient, zu Culturtöpfen wählte ich
flache Saatschalen, die indessen am Boden nieht durehbrochen sein «dürfen, da die in solehen Schalen
befindlichen Culturen weit mehr der Infieirung durch Algen ausgesetzt sind. Die grösste Sorgfalt habe
ich auf das Sterilisiren aller bei der Aussaat zu benutzenden Gegenstände verwandt. Die Saatschalen
sammt Untersätzen habe ich eine Stunde in kochendem Wasser gehabt, den als Substrat benutzten Lehm
zwei bis drei Stunden, die Glastafen zum Bedecken der Culturen wurden in einer Gasflamme stark
erhitzt. Sowie die Schalen mit Lehm gefüllt waren, habe ich sie mit einer Glasscheibe bedeckt, um
jegliches Eindringen fremder Sporen zu verhindern, auf unbedeckt gebliebenem Lehm hatte ieh nach
drei Tagen bereits die schönste Schimmelenltur.
Als weiteren Anssaat-Substrats habe ich mich des Torfes bedient, und zwar ist der dichte, feste
Torf dem lockern Moostorf vorzuziehen, da dieser zu grosse Wassermengen in sich aufnimmt. Den
Torf habe ich in zwei em. dieke Scheiben zerschnitten und diese dann drei bis vier Stunden kochen
lassen. Doch ist es vorzuziehen, diese Stücke nicht unmittelbar auf einen Teller zu legen, sondern auf
denselben erst, durch ein paar untergelegte Scherben erhöht, eine Glasscheibe zu bringen, den unter
derselben befindliehen Raum voll Wasser zu giessen, das die über die Cultur gestülpte Glasglocke
verschliesst und so eine Communication der äussern Luft mit der unter der Glocke befindlichen unmöglich
macht. So haben wir einen stets feuchten Raum gewonnen, und braucht das Torfstück jetzt nur etwa
alle vierzehn Tage begossen zu werden. Es ist dann nie ganz mit Wasser getränkt, was der Fall sein
würde, wenn wir es direet auf den Teller gelegt hätten, vorausgesetzt, dass wir auch in diesem Fall
einen Verschluss der Glasglocke durch Wasser herstellen wollten, denn wenn auch die junge Cultur
immer feucht gehalten sein will, und schon eine Austrocknung selbst von kürzester Dauer unbedingt
2%
das Absterben der Prothallien zur Folge hat, so wirkt doch eime zu grosse Feuchtigkeit hemmend auf
ihre Entwieklung ein. Die wie eben angegeben hergerichteten Aussaaten erfordern freilich bei weitem
nicht die Aufmerksamkeit, welehe man auf die Lehmeulturen zu verwenden hat, aber die Resultate sind
dafür auch nicht so zufriedenstellend wie bei jener.
Als ein für die Aussaat sehr günstiges Substrat, vielleicht als das günstigte sind noch die Säge-
spähne zu erwähnen, wenigstens ist es mir bei einigen Nebeneulturen so erschienen, da ich hier schon
nach kurzer Zeit Prothallien erhalten habe, die weit kräftiger waren, als ebenso alte auf Lehm erwachsene.
Doch wird man die Sägespähne besonders lange kochen müssen, da auf solehen, die eine Stunde in
siedendem Wasser gewesen waren, schon nach acht Tagen Algen und Pilze erschienen.
Die Aussaat der Sporen habe ich entweder so bewirkt, dass ich sie erst in gekochtem Wasser
vertheilt habe und dann mit einer Pipette auf das Substrat übertragen, oder ich habe durch schwaches
Berühren der Sporangienstände die Sporen direet ausgesät. Doch scheint mir die erste Methode vorzu-
ziehen zu sein, denn so hat man es mehr im der Hand, die Dichtigkeit der Aussaat zu reguliren, da
andernfalls leicht zu viele Sporen ausgesät werden, was immer in so fern einen Nachtheil mit sich bringt,
als die Entwieklung der Cultur dann etwas langsamer von statten geht; indess habe ich gefunden, dass
eine zu dünne Aussaat ebenso schädlich, ja noch ungünstiger ist, da man in diesem Falle freilich sehon
frühzeitig kräftige Prothallien erhält, doch unter Umständen lange Zeit auf die Befruchtung der Arche-
gonien warten kann.
Das Wasser zum Begiessen darf nicht einfach aufgekocht werden, sondern muss längere Zeit
sieden. Ich habe es immer etwa eine Stunde kochen lassen, doch scheint die Zeit für Tötung sämmt-
licher darin enthaltenen Algensporen noch nicht ganz ausreichend zu sein, da trotzdem nach Verlauf von
sechs bis acht Wochen Spuren von Algen auf den Culturen bemerkbar wurden. Das Begiessen hat in
der ersten Zeit ausschliesslich von unten zu erfolgen, da die Feuchtigkeit, die dem Lehm dureh die
Wand der Schalen zugeführt wird, vollkommen für die Entwicklung der Prothallien ausreicht. Erst fünf
bis sechs Wochen nach der Aussaat, wo man auf geschlechtsreife Vorkeime rechnen kann, ist es noth-
wendig, die Culturen auch von oben zw befeuchten, doch darf das Wasser nur in Staubform auf sie
kommen, weshalb man am besten thut, einen Zerstäubungsapparat dafür zu verwenden, denn ein zu
starkes Befeuchten wirkt selbst noch auf die weit vorgeschrittenen Prothallien nachtheilig. Man darf
deshalb auch jetzt nicht mit dem Begiessen von unten aufhören.
Zur Entwieklung habe ich den Aussaaten einen warmen, sonnigen Platz angewiesen, wo sie von
12 bis 5 Uhr dem direeten Sonnenlicht ausgesetzt waren, nur in den heissesten Tagen wurden sie vor
den sengenden Strahlen geschützt.
Die so hergeriehteten Culturen haben sich sehr gut entwickelt und sind in der ersten Zeit, wo
sie am empfindliehsten sind, von allen Feinden verschont geblieben. Erst nach sechs bis acht Wochen
traten, wie vorhin erwähnt, die ersten Algen auf, doch konnten sie kein nennenswerthes Unheil mehr
anrichten, da die Prothallien schon kräftig genug entwickelt waren, um ihren Coneurrenten zu wider-
stehen, und von allen Arten, die ich rechtzeitig ausgesät habe (Equisetum arvense, pratense, Telmateja,
silvatieum und variegatum) erhielt ich eine sehr grosse Anzahl junger PHlanzen. Alle Arten scheinen
sich indess mieht gleich gut für die Aussaat zu eignen, wenigstens habe ich es bei allen Vorsichtsmass-
regeln nicht verhindern können, dass die Culturen von Equisetum limosum und palustre von einem
Pilze heimgesucht wurden, der theilweise sehr zerstörend auftrat. Die Sporen desselben sind hier sicher
mit denen des betreffenden Equisetum auf das Substrat gelangt; ob er mit dem von Sadebeck
erwähnten Pythium Equiseti (29 pag. 177) identisch ist, habe ich nieht näher untersucht. Als die für
entwicklungsgeschichtliche Studien günstigsten Arten haben sich bei meinen Culturen Equisetum pratense,
Telmateja und variegatum erwiesen.
Die Spore.
Die reifen Sporen der Schachtelhalme sind von fast sphärischer Gestalt (Tafel I, Fig. 1), ihr
Durchmesser beträgt nach mehreren Messungen, die wenig von eimander abwichen, im Durehschnitt
0,038 mm. In ihrer Mitte schliessen sie einen deutlich sichtbaren Zellkern mit grossem Kernkörperehen
ein, der von einer hyalinen mit stark liehtbrechenden Körnchen erfüllten Protoplasmaschicht umgeben
ist, dann folgen eoneentrisch gelagert die Chlorophylikörner in drei bis vier Reihen neben einander, und
darauf wieder eine hyaline Schieht mit den nämlichen Einschlüssen, welche die um den Kerm gelagerte
zeigt. Die Sporen enthalten sehr reichlich fettes Oel, so dass die mit Ueberosmiumsäure behandelten in
Folge des ausgeschiedenen metallischen Osmium fast völlig schwarz werden; Stärke ist dageren kaum
darin enthalten, wenigstens gelang es mir nur selten, winzige Körnchen davon nachzuweisen.
Vier deutlich unterscheidbare Häute umhüllen die Sporen, die Elateren, dann die von Strasburger
als „Mittelhaut“ bezeichnete, darunter die von ihm als Innenhaut, von Sachs als eigentliehes „Exospor*,
und unter dieser die von Leitgeb (30 pag. 67) als „Intine“ bezeiehnete Haut. Von allen vieren ist
die letzte die wohl am wenigsten bekannte. Beobachtet ist sie zuerst von Sanio (bot. Zeite. 1856
pag. 195) und Hofmeister (31 pag. 289), sie ist die am schwersten erkennbare. Es ist mir gelungen,
sie nach der von Sanio angegebenen Behandlung mit Aectzkali und durch darauf folgendes vorsichtiges
Quetschen der Spore zu Gesicht zu bekommen. Sie liegt dem Inhalt derselben ungemein dieht an und
ist sehr dehnungsfähig, es glückte mir, sie zu isoliren, wo sie sich dann als ein äusserst zartes Häntchen
zeigte, das durch Chlorzink-Jod hellviolett gefärbt, durch Zusatz von Schwefelsäure schön blau wurde
und sieh dann sehr schnell löste, ohne auch nur die geringste Spur zu hinterlassen, sie besteht demnach
aus reiner Cellulose. Hofmeister’s Beobachtung (l. e.), dass sie nur nach aussen scharf begrenzt sei,
nach innen aber im eine Schicht halbfester Gallerte übergehe, kann ich nicht bestätigen. Das darauf
folgende „Exospor“ und die „Mittelhaut* entbehren jeglicher Cellulosereaction, sind äusserst resistent
gegen Schwefelsäure und zeigen sich demnach stark eutieularisirt. Die von Milde (15 pag. 621)
erwähnte hyaeintrothe Färbung der innern Haut („Exospor“) durch Aetzkali, rührt nach Sanio (l. e.)
nieht von dieser, sondern von dem peripherischen Theil des Zellinhaltes her, was also einen Schluss
auf Anwesenheit von Gerbstoff in diesem zulasse. In Bezug auf ihre Dehnbarkeit verhalten sich die
Häute auch verschieden. Sowie die Sporen ins Wasser gelangen, quellen sie sofort, sie vergrössern
dabei ihren Durchmesser von 0,058 mm auf 0,052 mm, wobei also ihre Oberfläche von 0,004537 [mm
auf 0,008495 [_|mm steigt, mithin sieh nahezu verdoppelt. Mit der Keimung steht diese Quellungs-
erschemung nieht im Zusammenhang, da todte Sporen sich ebenso verhalten. Ich habe aber in Betreff
der Dehnbarkeit zwischen den beiden zuletzt erwähnten Häuten keinen Unterschied finden können, ich
halte es für unriehtig, wenn behauptet wird, die „Mittelhaut“ sei weniger dehnbar als das „Exospor“,
ee
denn die Grösse, welche die Spore schon in derselben Seeunde, wo sie ins Wasser ‘gelangt, annimmt,
wird wenig mehr verändert bei der Einleitung zur Keimung. Auch die Behandlung mit Kalilauge kann
hierfür als Beweis dienen. Bringt man die Sporen in eine nicht zu eoncentrirte Lösung von Aetzkali,
so geht die Quellung genau so vor sich, als wenn sie einfach ins Wasser gebracht würden, es ist durch-
aus kein stärkerer Grad derselben wahrzunehmen. Versucht man nun durch Rollen der Sporen unter
dem Deekglase die „Mittelhaut* zu entfernen, was ziemlich leicht geht, so behalten sie trotzdem den-
selben Umfang, folglich ist auch das „Exospor“ nicht dehnbarer als die „Mittelhaut“. Versuchen wir
nun aber auch diese Haut noch zu sprengen, was durch Druck nach einigen Bemühungen gelingen wird,
so sehen wir eine rapide Grössenzunahme der Spore, sie erreicht jetzt einen Durchmesser von 0,1 mm,
besitzt also eine Oberfläche von 0,031416 [_]mm, hat diese also um das siebenfache vergrössert. Mithin
‚ist die „Intine“ weit dehnbarer als die beiden andern Häute.
Die die Sporen umgebenden Elateren sind in zwei Schiehten differenzirt, von denen die untere
aus Cellulose besteht, wogegen die obere eutieularisirt ist. Doch darf man es wohl nicht so auffassen,
als ob die eutieularisirte Sehieht in einer eontinuirlichen Lage sieh über die aus Cellulose gebildete
erstrecke, denn dann müsste bei der Behandlung mit Schwefelsäure auch eine zusammenhängende Platte
zurückbleiben, was aber nicht der Fall ist, denn sowie diese auf die Elateren einwirkt, sieht man sie
sich lösen, und nur äusserst feine unter dem Deekglas schwimmende Theilchen zeigen an, dass ein Theil
derselben eutieularisirt war. Auch die Behandlung mit Chlorzink-Jod zeigt dasselbe, während „Mittel-
haut“ und „Exospor“ tief gebräunt werden, zeigt die Elatere eine schmutzig violette Färbung, die nur
an der Oberseite ein wenig ins Bräunliche übergeht.
Die Elateren umgeben die Sporen in Spiralwindungen und zeigen sich äusserst hygroskopisch;
der geringste Luftzug, eine Bewegung mit der Hand, genügt, um sie flach auf den Öbjeetträger auszu-
streeken, und sehon beim schwachen Hauch rollen sie sich sofort wieder um die Spore. Ausgestreckt
zeigen sie sieh in Form zweier Bänder, die an ihren Enden spatelig erweitert sind. Auf dem schmälern
Theil besitzen sie eine spiralige Streifung und auf dem erweiterten eine gerade verlaufende. Duval-
Jouve, der ihren Bau sorgfältig untersucht hat (l. e. pag. 84 u. folg.), weist nach, dass diese Streifung
auf Faltenbildung der Elateren bei der Austrocknung zurückzuführen ist. Da nun diese die Sporen
spiralig umwinden, so muss die eine ihrer Seiten länger sein als die andere. Strecken sie sich jetzt
beim Austrocknen gerade aus, so kann dies allerdings ohne gleichzeitige Spiraldrehung des Fadens um
sich selbst nicht geschehen, die Falten, die beim Austrocknen auf ihm entstanden sind, müssen an dieser
Drehung mit Theil nehmen, und so erhalten dann die Elateren das Aussehen einer auf ihrer Oberfläche
schief verlaufenden Streifung. Da nun die spatelförmige Erweiterung an dieser Drehung wegen ihrer
grösseren Breite sich nicht betheiligt, so verlaufen hier die Streifen in gerader Linie, und ist auch aus
demselben Grunde eine grössere Zahl von Falten entstanden. In Wasser und in Aetzkali verschwindet
die Streifung. Auf der Uebergangsstelle zwischen der Erweiterung und dem eigentlichen Faden können
wir übrigens ganz deutlich die Spiraldrehung erkennen. Pringsheim (20) hat zuerst nachgewiesen,
dass die Elateren sich nieht kreuzen, wie es bei einer oberflächlichen Betrachtung allerdings erscheint.
Ich habe diesen Punkt auch näher untersucht und bin zu demselben Resultate gekommen. Sie lagern
sich seitlich gegen einander und berühren sich nur auf einer kleinen Stelle, ohne indessen dort mit
einander verwachsen zu sein. Sie sind dabei auch nieht in ihrem Mittelpunkte an der Spore: befestigt,
u
sondern werden durch diese in zwei ungleich lange Abschnitte zerlegt (Tafel I, Fig. 2), von denen der
eine etwa Vs kürzer ist als der andere, und zwar so, dass nach jeder Seite der Spore hin diese von
dem längern Arm der einen und dem kürzern der andern Elatere überragt wird. Die Gesammtlänge
der letzteren beträgt 0,3 mm, ihr Quermesser 0,0063 mm und der Durchmesser der spateligen Erwei-
terung 0,0143 mm.
Die physiologische Bedeutung der Elateren beruht darauf, die Isolirung der Sporen zu verhüten,
die bei den meist dioeeisch ausgebildeten Prothallien leicht dahin führen könnte, dass diese unbefruchtet
blieben. Duval-Jouve (l. e. pag. 120) weist hierauf schon hin, wenn er sagt: „Il est bon de semer
les spores assez dru. Semees clair, elles se developpent bien, mais des sporophymes isol&s risquent de
ne pas 6tre fecondes. Le rapprochement fore& des spores par lenchevötrement de leurs £lateres au
moment de l’&mission indique assez d'ailleurs qu'il est dans leur nature d’etre semdes dru.* Auch De
Bary (32) bemerkt, dass die Elateren im Folge der dureh sie bewirkten Verkettung einer mehr oder
minder grossen Zahl von Sporen wesentlich die Befruchtung der weiblichen Prothallien sicherten.
Die Keimunsge.
Die Sporen behalten ihre Entwicklungsfähigkeit, wie alle chlorophyllhaltigen Sporen der Pterido-
phyten, nur für kurze Zeit. Ich habe jene von Equisetum palustre und limosum daraufhin untersucht
und habe gefunden, dass noch nach fünfzehn Tagen eme ziemlich beträchtliche Zahl keimte. Von da
an nahm die Keimfähiskeit rapide ab, und nach 21 Tagen, wo ich die Versuche schloss, entwickelte
sich kaum noch 1°, derselben. Aber nicht allem nahm die Entwieklungsfähigkeit in sofern ab, dass
immer weniger noch keimten, sondern auch die Keimung selbst verlief immer langsamer. Am ersten
Tage ausgesäte hatten 24 Stunden nach der Aussaat bereits ziemlich lange Haarwurzeln getrieben, die
Wurzelzelle war sogar schon nach 6—10 Stunden gebildet. Schon die zwei Tage alten Sporen zeigten
eine langsamere Entwicklung, nach 24 Stunden war erst eine kleine Papille getrieben, die dann nach
weiteren 24 Stunden zur Haarwurzel ausgewachsen war. Die sieben Tage alten Sporen zeigten sich
zum grossen Theil nach 24 Stunden nur wenig verändert, nur bei einigen war bereits eine Papille
vorhanden, bei der grossen Mehrzahl wurde diese erst nach weiteren 24 Stunden gebildet, und erst am
dritten Tag nach der Aussaat zeigten die meisten eine Haarwurzel. Bei elf Tage alten Sporen war erst
am zweiten Tage nach der Aussaat von den meisten die „Mittelhaut* abgeworfen, und die 21 Tage
alten Sporen hatten erst 3 Tage nach der Aussaat die Papille getrieben, die wenigen noch keimungs-
fähigen hatten hierzu also etwa die siebenfache Zeit gebraucht, wie die eben verstäubten.
Worauf die Ursache des Verlustes der Keimfähigkeit beruht, weiss ich nicht. Ich habe einen
Theil der Sporen einfach in einer Glasdose aufbewahrt, einen andern in einer feuchten Kammer, aber
anstatt dass letztere, wie ich erwartet hatte, länger entwicklungsfähig blieben, keimten im Gegentheil von
diesen immer weniger, als von den in der Dose aufbewahrten und stellten ihre Keimung schon einige
Tage früher ein. Freilich hatten sieh auf diesen Sporen Pilze angesiedelt, und mag der frühere Verlust
der Keimfähigkeit auf deren Rechnung zu setzen sein. Ich habe wiederholt ältere, nieht mehr entwick-
lungsfähige Sporen untersucht, um etwaige mit denselben vorgegangene Veränderungen aufzufinden, habe
ee
aber die von Milde (15 pag. 621) und von Douval-Jouve (l. e. pag. 95) angegebenen nicht beobachtet.
Milde sagt: „Die grüne Farbe (der Sporen) hatte sich ganz verloren und einer grauen Platz gemacht,
die äussere Sporenhaut hatte sich von der innern getrennt, dass jene in dieser wie in einem weiten Sacke
lag.“ Ebenso äussert sich Douval-Jouve: „Leur membrane interieure s’etait eontractee et tellement
separde du sporoderme exterieur qu’elle y &tait flottante comme dans un sae trop large.“
Ich habe von dieser sackförmigen Umhüllung durch die äussere Sporenhaut wenigstens bei
solehen Sporen, die erst seit Kurzem ihre Keimfähigkeit eingebüsst hatten, nie etwas gesehen, ebenso
wenig bemerkt, dass die nicht mehr keimfähigen weniger grün sind, im Gegentheil, die einzige Differenz,
die ich wahrgenommen habe, und die mir stets als Merkmal einer nicht mehr keimfähigen Spore gegolten
hat, ist gerade ein dunkleres Grün, das in diesem Falle die concentrisch gelagerte Chlorophylilschicht
zeigte.
Die ersten Anzeichen der Keimung treten sehr bald nach der Aussaat auf. Schon nach wenigen
Stunden sehen wir die bis dahin runden Chlorophylikörner ihre Gestalt verändern, sie nehmen mehr
eine längliche Form an, schnüren sich ein-und vermehren sich sehr schnell durch Theilung. Die Elateren
und die „Mittelhaut“ werden abgeworfen, die Spore erfährt noch eine ganz geringe Grössenzunahme, und
nach 10 Stunden etwa wird sie durch eine mehr oder minder stark uhrglasförmig gebogene Wand in
zwei meist ungleich grosse Hälften getheilt. Milde (15 pag. 624) erwähnt die Beobachtung, dass er
die erste Wand schon vor dem Abwerfen der „Mittelhaut* habe entstehen sehen, doch habe ich bei
meinen Untersuchungen nie dieses Stadium antreffen können; indessen tritt diese Wand häufig schon
auf, wenn die Spore noch nieht im Geringsten von der sphärischen Form abgewichen ist (Taf. I, Fig 3).
In diesem Falle zeigen auch beide neugebildete Zellen sieh gleichmässig von Chlorophyll erfüllt, und nur
durch die geringere Grösse kann man die Wurzelzelle von der primären Prothalliumzelle unterscheiden.
Häufig aber giebt die Spore schon vorher ihre kuglige Gestalt auf, indem sie nach der eimen Seite eine
kleine Papille treibt, und gleichzeitig tritt die Wand auf, aber auch im ersten Falle erfolgt die Bildung
der Papille sehr bald, sie ist die Anlage der ersten Haarwurzel, 24 Stunden später ist diese gewöhnlich
lang schlauchförmig ausgewachsen.
Prüft man in diesem Zustande die Zellhaut mit Chlorzink-Jod oder mit Jod und Schwetelsäure,
so fällt es auf, dass nunmehr eine deutliche Cellulosereaetion vorhanden ist. Freilich ist auch jetzt als
schwach bräunlicher Anflug ein eutieularisirter Theil der Zellhaut erkennbar, aber immerhin ist es
höchst merkwürdig, dass diese Bräunung nicht im Entferntesten mehr derjenigen gleicht, die das
„Exospor“ zeigte. Wenn aber dieses, wie gewöhnlich angenommen wird, bei der Keimung nicht abge-
worfen ist, so müsste zwischen die eutieularisirten Theile nachträglich Zellstoff eingelagert sein, in Folge
dessen die Cellstoffreaetion dann mehr in den Vordergrund treten würde. Da diese Annahme mehr als
unwahrscheinlich ist, so halte ich die Beobachtung von Hofmeister (31 pag. 289), dass bald nach
der Sprengung der „Mittelhaut* auch das „Exospor* abgeworfen werde, für sehr glaubwürdig. Ich
habe freilich selbst nie hierauf geachtet, da mir die Hofmeister'sche Angabe erst nach Schluss meiner
Untersuchung zu Gesicht kam, doch würde dies ohne Weiteres das Verhalten der das junge Prothallium
umschliessenden Zellhaut ehemischen Reagentien gegenüber erklären, es würde in diesem Fall die ursprüng-
lich aus reiner Cellulose bestehende Intine in ihrer weiteren Entwieklung den Charakter einer Cutieula
annehmen. Doch wäre auch der Fall denkbar, dass durch einfache Wachsthumsvorgänge das „Exospor*“
stark gedehnt würde und daher jetzt die Cellstoffreaction erkennen liesse.
Betrachten wir nun das Verhalten «des Chlorophylis bei der Bildung der Haarwurzel, so haben
wir gesehen, dass beim Auftreten der ersten Wand in der Spore bezüglich desselben keine Differenz
zwischen der primären Prothalliumzelle und der Wurzelzelle sieh zeigt. Sobald diese nun aber die
Papille treibt, schen wir das Chlorophyll mehr und mehr verschwinden. In die Spitze derselben reicht
es schon jetzt nicht mehr hinein, sie bleibt farblos. Die Chlorophylikörner der Wurzelzelle werden zunächst
kleiner, haben aber noch ihre runde Gestalt, dann erscheinen sie wie angefressen, so dass sie unregel-
mässig geformt werden, theilweise werden sie vielleieht ganz resorbirt. Dabei verschwindet das Chloro-
phyll vollkommen, die Träger desselben werden farblos, wir haben es mit einem Zurückführen der
Chloroplasten in Leueoplasten zu thun, und zwar wird diese Zurückführung vollständig, wenn die Wurzel
in die Erde dringt, sie zeigt alsdann nur Leucoplasten. Anders freilich verhält es sich, wenn wir in
einem Wassertropfen auf dem Objeetträger längere Zeit Prothallien eultiviren, in diesem Fall verschwindet
der grüne Farbstoff nie ganz, es bleibt stets eine grosse Anzahl von Chlorophylikörnern übrig, die indess
eine etwas geringere Grösse als die der Prothallienzellen haben. An diesen Objecten können wir auch
sehr schön die Protoplasmaströmungen in der Haarwurzel beobachten.
Die Keimung der Sporen ist stets möglich, sobald die genügende Feuchtigkeit vorhanden ist.
Ob wir auf feuchte Erde, feuchtes Fliesspapier, aufs Wasser oder ims Wasser die Sporen bringen, zum
Keimen werden sie stets gelangen. Wenn von Milde (15 pag. 622) behauptet wird, dass die im
Wasser zu Boden gesunkenen Sporen sich nieht entwickeln, so irrt er darin, sie keimen sogar schneller
als die, welche auf der Wasseroberfläche treiben. Um die ersten Keimungsstadien zu beobachten, eignet
sich am besten eine Cultur im Wassertropfen auf dem Objectträger, die Sporen entwickeln sich hier
weit schneller als aut feuchtem Boden. Schon bei der Keimung müssen sie auf endosmotischem Wege
Nahrung aus dem umgebenden Medium nehmen, denn streuen wir die Sporen in destillirtes Wasser,
so gehen sehr viele, wohl aus Mangel an Nahrung, zu Grunde; möglicherweise könnten aber auch aus
diesen vom Wasser Stoffe ausgezogen sein, die der Spore für die Keimung unentbehrlich sind. Doch
zu viele Nährstoffe darf das Wasser auch nicht enthalten, da auch hierdurch die Entwicklung gehemmt
wird. Säen wir die Sporen in eine Nährlösung aus, die 3 pro mille Salze enthält, so geht die Keimung
sehr langsam von Statten. Die erste Theilung der Spore erfolgt hier meist durch zwei auf einander
senkrecht stehende Wände (Taf. I Fig. 4), womit die Anlage eines Zellkörpers gegeben ist. Auch m
der weiteren Entwicklung bleibt es dann meist bei der körperlichen Ausbildung (Taf. I Fig. 5), wobei
die Zelltheilungen nur äusserst langsam erfolgen. Die Ausbildung emer Haarwurzel unterbleibt hier oft
ganz, wogegen im einer Cultur m Flusswasser diese zu verhältnissmässig riesiger Länge auswächst. Die
Prothallien speichern in diesem Falle gewaltige Mengen Stärke auf, so dass sie bei Behandlung mit Jod
völlig schwarz erscheinen. Diese reichliche Stärkeaufspeicherung finden wir überhaupt bei allen den-
jenigen Vorkeimen, die aus irgend einem Grunde sich langsam entwickeln, auch die Haarwurzeln finden
wir davon oft völlig vollgeptropft.
Selbst ganz im Dunkeln können wir die Sporen zum Keimen bringen, doch verläuft hier die
Entwicklung ungleich langsamer als beim Zutritt des Tageslichtes. Nach vierzehn Tagen sind gewöhnlich
erst ein bis zwei Prothalliumzellen vorhanden, während die Wurzelzelle noch nicht zur Haarwurzel
©. Buchtien, Entwicklungsgeschichte des Prothallium. 3
Fe
ausgewachsen ist. Freilich verlangsamt auch das direete Sonnenlicht etwas die Keimung, doch ist der
Unterschied mit dem diffusen Tageslicht kein so grosser. Die Lage der die Wurzelzelle von der
primären Prothalliumzelle trennenden Wand ist nach Sta hl (33) normal zur Lichtquelle orientirt, indess
ist dies nur beim Zutritt des direeten Sonnenlichtes, in dem auch Stahl seine Versuche angestellt hat,
zutreffend, das diffuse Tageslicht übt keinen Einfluss auf eine derartige Orientirung jener Wand aus,
ebenso ist auch, wie Dunkeleulturen ergeben haben, die Schwerkraft ohne Einwirkung auf die Anlage
der Wurzelzelle, doch ist bei diesen Culturen die stark uhrglasförmige Krümmung der ersten Wand
auffallend. Freilich findet sich daneben auch dann das andere Extrem, dass die Spore durch eine flache
Querwand in zwei gleich grosse Hälften getheilt wird, so dass es unmöglich ist anzugeben, welches von
beiden die Wurzelzelle ist (Taf. I, Fig. 8). Auch das Chlorophyll, welches sonst gleichmässig die Spore
erfüllt, ist hier an die Zellwände und um den Zellkern getreten und in geringerer Menge als bei den
im Lichte gekeimten vorhanden (Taf. I, Fig. 6 u. 7). Sehr interessant sind noch die von Stahl (l. e.)
auf dem Klinostaten angestellten Versuche, die freilich noch nicht ganz abgeschlossen sind, aber doch zu
dem Resultate zu führen scheinen, dass bei intensiver einseitiger Beleuchtung die Keimung der Sporen
auf genanntem Apparate, in Folge ihrer immer wechselnden Lage zum Lichtstrahl, ganz verhin-
dert wird.
Um Sporen zum Keimen zu bringen, ist es nicht nothwendig, solche zu verwenden, die schon
vom Sporangium ausgestreut werden, ich habe beobachtet, dass auch jene, die noch nicht so reif sind,
sofern nur das Chlorophyll in ihnen schon gebildet ist, sich entwieken. Freilich erfolgt die Keimung
in diesem Falle etwas langsamer, denn nach drei Tagen besassen erst wenige eine Haarwurzel. Dasselbe
Verhalten habe ich auch bei den unreifen Sporen von Polypodium vulgare gefunden, deren Sporangien
noch ganz hellgelb gefärbt waren, aus deren Sporen aber trotzdem ein paar Wochen nach der Aussaat
die Prothallien hervorgingen.
Die Prothalliumentwicklung.
Die Entwieklung des Vorkeims beginnt mit der Theilung der primären Prothalliumzelle. Diese
erfolgt durch eine Wand, die entweder zur Längsaxe oder zur Wand, welche die primäre Prothalliumzelle von
der Wurzelzelle absehneidet, senkrecht steht (Taf. I, Fig. 9—13). Ein Gesetz lässt sich hier nicht erkennen, in
derselben Cultur sieht man sowohl die eine wie die andere Art der Theilung vor sich gehen, doch ist bei Equise-
tum palustre die letztere die gewöhnliche. Vielleicht liesse sich diese Erscheinung einfach aus der verschiedenen
Ausdehnung der primären Prothalliumzelle erklären. Erfolgt diese zunächst in der Länge, so werden
wir eine Querwand, erfolgt sie in der Breite, eine Längswand als erste auftretende Theilungswand haben.
Die weitere Entwicklung der Prothallien kann nun auf sehr mannigfache Weise erfolgen, doch sind
hierbei einige Typen gut zu unterscheiden. Entweder findet zunächst Ausbildung eines Zellfadens, einer
Zellläche oder gleich eines Zellkörpers statt. Uebergänge unter diesen Formen finden sich häufig, da
ein zunächst flächenförmig oder körperlich angelegtes Prothallium in der weiteren Entwicklung zu
einzelnen Zellfäden auswachsen kann. Doch lassen sich hier die bestimmenden Ursachen genau nach-
weisen. Als normal sich entwiekelnde Vorkeime dürfen wir nur die bezeichnen, die zunächst eine
Reihe Zellen in einer Riehtung anlegen. Solche finden wir in allen Culturen, die sich auch in ihrem
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weiteren Wachsthum als die entwieklungsfähigsten und kräftigsten erweisen, nämlich in denen, die
täglich nur einige Stunden dem Sonnenlichte ausgesetzt sind. Sobald man dagegen die Culturen so auf-
stellt, dass sie vom Morgen bis zum Abend von der Sonne beleuchtet werden, erfolgt sofort die Aus-
bildung zu einer Zellfläche, aber nicht zum Vortheil der Cultur. Die Prothallien zeigen dann nicht das
frische grüne Aussehen der vorhin genannten, sondern eine gelblich-grüne Färbung, sind reichlich mit
Stärke gefüllt und entwickeln sich nur sehr langsam. Noch weniger ünstig ist es indess für das Prothallium,
wenn es sich sofort zum Zellkörper gestaltet, die Ursache hierfür ist in dem zu reiehlichen Vorhanden-
sein der Nährstoffe zu suchen. Säet man nämlich Sporen auf einen Objeetträger in eine Nährlösung,
die nur 2—3 pro mille Salze enthält, so sieht man schon die Ausbildung eines Zellfadens unterbleiben,
dafür aber erfolgt sofort die Anlage eines Zellkörpers. Aber die Zellenvermehrung geht in diesem
Falle ungemein langsam vor sich, ein wenigzelliger, von Stärke dicht vollgepfropfter Körper entsteht,
der in seiner weiteren Entwicklung durchaus keine Fortschritte macht. Geschlechtsreif habe ich diese
nie werden sehen.
Gehen wir nun von den normal sich entwiekelnden Prothallien, den Zellfäden aus, so sehen
wir, dass auf ihre Ausbildung die Intensität des Lichtes den grössten Einfluss ausübt. Schwächen wir
dasselbe etwas ab, oder haben wir eine sehr dichte Aussaat gemacht, so dass die sich entwickelnden
Pflänzchen sich gegenseitig beschatten, so sehen wir die Ausbildung der Zellen nieht so regelmässig vor
sich gehen, wie bei den im genügenden Licht erwachsenen Prothallien. Wir können hier die abnormsten
Zellformen antreffen, einerseits haben dieselben das Bestreben, sehr in die Länge zu wachsen, bevor das
Auftreten einer neuen Wand erfolgt, andererseits von ihrer eylindrischen Gestalt abzuweichen. Sehr
häufig finden wir auch die Form, wo die Zellen an ihrem untern Ende tonnenförmig angeschwollen sind,
am obern dagegen schmal werden, oder wo die ganze Zelle eine kugelförmige Gestalt annimmt. Dann
begegnen wir wieder solehen Stadien, wo jede Zelle für sich gesondert auswächst, nur am Grunde mit
der folgenden zusammenhängend, oder die Endzelle wächst zu mehreren Zipfeln aus, so dass im weitern
Wachsthum zwei Zellfäden entstehen können, ohne dass in der beiden gemeinschaftlichen Ursprungszelle
eine Scheidewand aufgetreten ist. Femer kann jede beliebige Zelle zu einem Wurzelhaar auswachsen,
so dass höchst unregelmässig geformte Prothallien entstehen (Taf I, Fig. 14—17). Aber alle diese Fermen
müssen wir als abnormale bezeiehnen, herbeigeführt durch mangelhafte Beleuchtung. Sobald dagegen
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genügendes Licht für die Weiterentwicklung vorhanden ist, sehen wir diese mit grosser Regelmä
vor sich gehen. Nachdem ein wenigzeller Faden gebildet ist, tritt in der obersten Zelle eine auf der
letzten Wand senkrechte Theilung auf, womit der Beginn der flächenförmigen Entwicklung gegeben ist
(Taf. I, Fig. 18. un. 19). Quer- und Längstheilung wiederholen sich nun in der Folge, einzelne seitliche
Zellen wachsen stärker aus und erfahren ebenfalls Quer- und Längstheilung. Aus ihnen gehen Lappen
hervor, die also in acropetaler Folge angelegt werden; doch dürfen hiermit nieht diejenigen verwechselt
werden, welche später an den weiblichen Prothallien auftreten, und deren Entstehung, wie weiter unten
gezeigt wird, mit der Meristementwieklung zusammenhängt.
Bis zu diesem Stadium verläuft nun die normale Entwicklung der Prothallien ziemlich gleich”
mässig. Nun aber treten grössere Differenzen auf. Da bekanntlich die Vorkeime gewöhnlich dioeeisch
sind, die Archegonien aber nur auf einem Gewebepolster, die Antheridien dagegen an Zellllächen, ja sogar
an Zellfäden “entstehen können, so liegt hierin schon der Grund, dass in der weiteren Entwicklung
3x
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männliche und weibliche Prothallien sich verschieden verhalten werden. Die männlichen setzen Quer-
und Längstheilungen der Zellen fort, wobei noch einige wenige Lappen gebildet werden, diese bleiben
indess im Allgemeinen alle steril, nur in seltenen Fällen treten an ihnen Antheridien auf. Die Ent-
stehung dieser ist gewöhnlich auf den Haupttheil des Prothalliums beschränkt, doch um jene zu verfolgen,
müssen wir passende Objeete haben. Wir wollen vorläufig diejenigen Prothallien näher untersuchen, die
ebenfalls günstigen Beleuchtungs- aber weniger günstigen Ernährungsbedingungen unterworfen waren. Für
diese hatte ich eine Cultur auf grobkörnigem Seesand hergerichtet, der mit Salpetersäure ausgekocht
und dann mit Wasser aufs Sorgfältigste ausgewaschen war, begossen wurde sie mit Flusswasser. Auf
diesem wenig Nährstoffe enthaltenden Substrate entwickelten die Prothallien sich naturgemäss weit
weniger üppig, gewöhnlich entstanden nur wenig getheilte Zellfäden, an deren Spitze die Antheridien
auftraten. Hier hatte ich nun das geeignetste Material, um die Entstehung derselben verfolgen zu können.
Zu diesem Zwecke brachte ich die Prothallien in sehr verdünnte Kalilauge, in der sie acht bis vierzehn
Tage liegen blieben. Nach Verlauf dieser Zeit war der Protoplasma-Inhalt der Zellen vollständig zerstört,
so dass die Wände, die zur Bildung der Antheridium-Mutterzelle aufgetreten waren, auf das Schönste
zu verfolgen waren. Doch da man hier nur durch Ansicht von oben zu richtigen Resultaten gelangen
kann, so brachte ich die mit einem Antheridium abschliessenden Zellfäden in eine sehr wasserreiche
Lösung von Agar-Agar, in der es dann gelang, dieselben so zu richten, dass ich eine gute Oberansicht
davon gewinnen konnte. Nach meinen Beobachtungen stimmte nun die Entstehung der Antheridien
nicht ganz mit der von Sadebeck (29 pag. 134) gegebenen überein.
In der Endzelle des Fadens tritt zunächst eine mit der Wachsthumsachse derselben fast parallele
Wand auf, die ziemlich reehtwinklig zu der äusseren Zellwand ansetzt und derselben annähernd parallel
laufend an einem, dem ersten Ansatzpunkt fast diametral gegenüberliegenden Punkte die gegenüber-
liegende Seite ebenfalls fast rechtwinklig trifft. Eine zweite Perikline setzt nahezu rechtwinklig zur
ersten an und trifft ebenfalls - bogenförmig verlaufend, die Mitte des durch die erste Perikline abge-
schnittenen Halbkreises der äussern Wand. Eine dritte Perikline endlich, die auch parallel der Wand
verläuft, setzt sich zwischen der ersten und der zweiten an (Taf. I., Fig. 20, 21). Jedoch gehen diese
drei Periklinen nieht in der Fläche parallel mit der Zellwand, sondern die zweite und dritte treffen
unten in einer Linie zusammen, so dass sie also der Form nach die nahezu tetraedrische Antheridium-
Mutterzelle abschneiden. Zwischen den Wänden derselben tritt dann eine Querwand auf, die die Deckel-
zelle abtrennt (Taf. I, Fig. 22—24). Nachdem so das Antheridium gebildet ist, erfährt die Deckelzelle
weitere Theilungen. Es tritt zunächst eine Wand in dem grössten Durchmesser derelben auf, die senk-
recht zur Aussenfläche steht (Taf. I, Fig. 25), und senkrecht zu dieser erfolgt dann die Entstehung der
übrigen Wände (Taf. I, Fig. 26, 27). Längs der zuerst aufgetretenen öffnet sich später das Antheridium,
indem die Zellen hier aus einander weichen und sich dann zurückschlagen, wodurch das geöffnete
Organ ein sehr zierliches Ansehen erhält (Taf. I, Fig. 28). Wie sich aus der ganzen Entwicklung
schliessen lässt, correspondiren die Theilungen der Deckelzelle nieht mit denen der Mantelzellen des
Antheridium. ;
Mit den weiter unten zu betrachtenden Theilungen in dem Antheridium gehen nun auch solche
in den umgebenden Mantelzellen Hand in Hand (Taf. I, Fig. 29). Hier treten nun noch verschiedene
Quer- und Längswände auf, die indess stets sowohl zu der das Antheridium umschliessenden, als auch
zu der äusseren Zellwand senkrecht stehen. Aus mehreren über einander liegenden Zellschichten bestehen
die Mantelzellen nie, nur am untern Theil derselben treten auch noch andere Wände auf, die zur Bildung
weiterer Zellmassen führen (Taf. I, Fig. 24 bei m.), doch werden wir dies Verhalten weiter unten
betrachten. Mit der Umbildung des Inhalts des Antheridium erfolgt auch gleichzeitig eine Gestalts-
veränderung desselben, es schwillt mehr und mehr an und rundet sich dabei nach allen Seiten ab, so
dass es später auf dem Querschnitt kreisrund erscheint, wo es dann allerdings eher aus vier aufge-
tretenen Zellwänden hervorgegangen zu sein scheint (Taf. I, Fig. 30), wie solches von Sadebeck (l. e.)
behauptet wird.
Die Entstehung der ersten Antheridien erfolgt bei nur einigermassen kräftig gedeihenden Cul-
turen schon nach vier Wochen, sie zeigen sich dann dem unbewaffneten Auge wie winzige Anschwell-
ungen der Prothalliumspitzen. Später, wenn erst viele gebildet sind, kann man sie sehr leicht erkennen,
da sowohl die entleerten als auch die, welche wegen mangelnder Benetzung ihre Spermatozoiden nicht
entlassen konnten, eine tiefbraune Färbung annehmen und dem Prothalliun das Aussehen verleihen, als
wäre es im Absterben begriffen. Ausserdem zeichnen sich die männlichen Vorkeime vor den weiblichen
durch ihre geringere Grösse und mehr gelblich-grüne Färbung aus, woran sie schon makroskopisch
leicht zu erkennen sind. Das Entleeren der Antheridien geschieht im Folge der Quellung der Mem-
branen der Spermatozoidmutterzellen, wahrscheinlich unter Betheiligung der von letzteren eingeschlossenen
Protoplasmamassen; die Deckelzellen werden in Folge des entstehenden Druckes aus einander gedrängt,
und die in ihren Mutterzellen eingeschlossenen Spermatozoiden treten heraus. Kommen die Antheridien
indess nicht mit Wasser in Berührung, überschreiten sie also ihr Reifestadium, so nimmt das ganze
Organ, wie eben erwähnt, eine tiefbraune Färbung an, und obwohl das Spermatozoid noch deutlich in
seiner Mutterzelle zu erkennen ist, führt hinzutretendes Wasser jetzt keine Quellung und damit kein
Oeffnen des Antheridiums herbei, wogegen diejenigen Prothallien, die zur Zeit der Antheridiumreife
in Alkohol gelegt wurden, auch noch nach monatelangem Liegen in demselben bei der Untersuchung
im Wasser sich öffneten und den grössten Theil ihrer Spermatezoiden entliessen, so dass also das
Austreten dieser lediglich auf die Quellung jener Membranen resp. des Protoplasmas, nicht aber auf
Eigenbewegung derselben zurückgeführt werden darf. Bei genauerer Untersuchung dieser Fällg habe
ich gefunden, dass jene Membran nicht allem die Quellungsfähigkeit bewahrt hat, sondern dass sie
auch jetzt noch bei längerem Liegen im Wasser völlig gelöst wird. Versucht man durch sehr
vorsichtiges Befeuchten die frischen Antheridien zum Entleeren ihrer Spermatozoiden zu veranlassen,
wobei man das Prothallium in aufrechter Stellung unter dem Mikroskop hat, so sieht man
sämmtliche Mutterzellen gleichzeitig hervorquellen, wobei sie zusammen die Form einer hell-
glänzenden Kugel annehmen, in der man die einzelnen Spermatozoiden liegen sieht. Doch bald wird
diese in Folge der Austrocknung runzelig und sinkt in sich zusammen (Taf. I, Fig. 31). Festzustellen,
wie gross die Zahl der in einem Antheridium enthaltenen Spermatozoiden ist, habe ich nicht der Mühe
werth gehalten, doch ist sicher, dass die von Milde angegebene (150) noch viel zu niedrig gegriffen ist,
da ich auf einem optischen Längsschnitt 160 Stück gezählt habe.
In dem Auftreten des ersten Antheridium ist zugleich die Ursache einer körperlichen Ausbildung
dieser Prothallien zu suchen. Freilich bei der eben erwähnten Cultur unterbleibt gewöhnlich die Anlage
weiterer Antheridien, sie entstehen hier auf den Spitzen der verzweigten Fäden, oder wenn diese schon
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mehrere Zelllagen breit sind, können auch mehrere Zellen zu Antheridien umgestaltet werden, so dass
wir wohl gelegentlich ein halbes Dutzend derselben auf einem Prothallium antreffen. Ein Gesetz über
ihre Entstehung lässt sich hier nicht aussprechen, ohne irgend welche bestimmte Anordnung zeichnet sich
hier und da eine Spitzenzelle durch ihren reichlichen Protoplasmainhalt aus und wandelt sich zum Anthe-
ridium um, selbst laterale Zellen kann diese Umbildung_ treffen. Sie werden hier weder in basipetaler
noch in akropetaler Reihenfolge angelegt, wir haben es, wie erwähnt, mit kärglich ernährten Vorkeimen
zu thun, mit abnormalen Prothallien, die wir bei der eigentlichen Entwieklungsgeschichte ausser Betracht
lassen müssen. Wir finden diese mangelhaft gebildeten in allen Culturen, sobald die Aussaat stellenweise
sehr dicht ist, treffen wir ausser den kräftig sich entwickelnden diese Zwergformen an; dasselbe ist auch
längst von Farnprothallien bekannt, wo wir ebenfalls bei dichter Aussaat derselben Erscheinung begegnen.
Es kann uns dies ja nicht überraschen, da wir Aehnliches bei hoch organisirten Pflanzen beobachten
können, so habe ich z. B. Ranunculus sceleratus in zwei cm hohen, ein- bis zweiblüthigen Exemplaren
einen grossen Platz dicht bedeckend gefunden; Niemandem wird es einfallen, sie als Objecte, nach denen
die allgemeine Beschreibung jener Art entworfen werden soll, zu benutzen, und so sind wir auch hier
berechtigt, von diesen mangelhaft ausgebildeten Prothallien zu abstrahiren, um uns zu den kräftig sich
entwickelnden zu wenden, bei denen ich 120 Antheridien auf einem Vorkeim gezählt habe. Sobald hier
das erste angelegt ist, was stets auf der Spitze oder an einer Ecke des meist schon einige Zelllagen
breiten Prothallium geschieht, sehen wir weitere Zelltheilung in den umgebenden Mantelzellen vor sich
gehen. Besonders sind es aber die am Aussenrand des Prothallium unmittelbar unter dem Antheridium
gelegenen Zellen, in denen die lebhafteste Zelltheilung auftritt (Taf. I, Fig. 24 u. 31 bei m), es entsteht
hier eine Art Theilungsgewebe, von dem fortwährend neue Zellen gebildet werden (Taf. I, Fig. 29 u. 38).
In diesem Stadium erkennen wir es schon deutlich, dass diese Zone stets auf der Schattenseite des
Prothallium gelegen ist. Obgleich alle hier entstehenden Zellen reichen Inhalt zeigen, so erkennt man
doch immer eine, die besonders stark gefüllt ist, sie ist diejenige, welche zum folgenden Antheridium
bestimmt ist. Da wir es hier nun schon mit kubischen, in einem Zellkörper liegenden Zellen zu thun
haben, so braucht nicht erst durch auftretende Wände ein Antheridium herausgeschnitten zu werden,
sondern die an Protoplasmainhalt reiche Zelle wird direct dazu verwandt, es tritt nur noch eine zur
Oberfläche parallele Wand auf, die die Deckelzelle abschneidet, in der dann allerdings noch die oben
erwähnten Theilungen auftreten (Taf. I, Fig. 34). Ebenso wird in den seltenen Fällen der lateralen
Antheridiumanlage dieses nur durch eine Deckelzelle abgegrenzt (Taf. II, Fig. 55), doch kann auch in
beiden Fällen durch später auftretende Theilungen in den benachbarten Zellen eine Hüllschicht um’ das
junge Antheridium gebildet werden. Durch Streckung der älteren und weitere Theilung der jüngeren
Zellen wächst dann das Prothallium etwas weiter aus, wobei das erste auf der Ecke angelegte Anthe-
ridium mehr auf den vordern Rand verschoben wird, und seine Stelle das neugebildete scheinbar einnimmt.
Inzwischen ist aber schon das dritte angelegt worden, und so geht die Entwicklung weiter, auf der Stelle,
wo das Theilungsgewebe ist, das wir auch wohl hier als Meristem bezeichnen dürfen, werden fortwährend
neue Antheridien gebildet, wobei die älteren immer weiter verschoben werden; so macht es dann aller-
dings schliesslich den Eindruck, wenn man das mit zahlreichen Antheridien besetzte Prothallium im
entwickelten Zustand betrachtet, als ob man, wieSadebeck (29, pag. 175) angiebt, es mit einer basipe-
talen Entstehung derselben zu thun hätte, was aber, wie eben gezeigt, nicht zutreffend ist. Oft bleiben
Dr won —
die Antheridien in einer Ebene angeordnet liegen, so dass die Entstehungsweise recht klar zu verfolgen
ist, doch können sie auch durch das weitere Wachsthum und durch secundäre Theilung der zwischen-
liegenden Zellen aus dieser Ebene gerückt werden (Taf. II, Fig. 36 —38).
Aus der eben gegebenen Entstehungsweise der männlichen Organe könnte leicht gefolgert werden,
dass die an der Spitze von Zellfäden und die im Zellkörper auftretenden Antheridien verschieden gebildet
würden, es ist aber nur eine scheinbare Differenz zwischen beiden vorhanden. Das Auftreten der
Geschlechtsorgane bedingt die körperliche Ausbildung des Prothallium, so lange wir es nur mit einem
einfachen Zellfaden zu thun haben, fehlen die nothwendigen Vorbedingungen für das Entstehen der
Antherien, die in diesem Falle auftretenden drei Zellwände haben den Zweck, diese nothwendigen Vor-
bedingungen zu schaffen, sie führen in erster Linie die körperliche Ausbildung dieser Prothallien herbei,
so dass wir also auch die Endzelle des Prothalliumfadens nicht als Antheridium-Mutterzelle auffassen
dürfen, sondern als solche erst die von den aufgetretenen drei Wänden eingeschlossene tetraedrische Zelle.
Dann aber haben wir völlige Uebereinstimmung beider Fälle, von der Antheridium-Mutterzelle wird nur
noch die Deckelzelle abgetrennt, und die das Organ umhüllenden Mantelzellen werden von den umgebenden
Prothalliumzellen gebildet.
Verfolgen wir nun diejenigen Prothallien weiter, die keine Antheridien anlegen, so sehen wir hier
plötzlich einen andern Wachsthumsmodus auftreten. Auf der Mitte des Prothallium, etwa in der Höhe,
wo der letzte Lappen entsprungen ist, sehen wir auf der Schattenseite ein paar Zellen des hier schon
mehrere Zelllagen dieken Vorkeims, die sich vor den übrigen durch den reichen Protoplasma-Inhalt aus-
zeichnen (Taf. II, Fig. 39). Sie wölben sich etwas vor, erfahren Theilungen nach allen drei Richtungen
des Raumes hin und sind die erste Anlage des Meristems, sie wachsen zu einem Lappen aus. Die Ent-
stehung dieser Lappen ist aber eine wesentlich andere als die der bisher aufgetretenen, letztere wurden
auf der Lichtseite, diese aber werden auf der Schattenseite angelegt. Eine der untern Zellen des so
gebildeten Lappens wölbt sich nun abermals vor, auf einer Öberflächenansicht sieht man gewöhnlich zwei
sich kreuzende Wände, auf einem Längsschnitt werden wir erkennen, dass wir es mit der Anlage des
ersten Archegonium zu thun haben (Taf. II, Fig. 40 u. 41, Taf. III, Fig. 45).
Die Entstehung dieser auf der Schattenseite scheint schon von Hofmeister (18, pag. 171)
beobachtet zu sein, wenigstens deute ich seine Worte so, wenn er sagt: „Die Archegonien entstehen
aus der Vermehrung einzelner Zellen des Vorderrandes der dickfleischigen Lappen des Prothallium.
Nach Anlage des Archegonium pflegt die Zellgewebsmasse, welcher das Organ eingefügt ist, weiter zu
wachsen, so dass die Archegonien später auf die Oberfläche der Prothallien zu stehen kommen.“ Auch
die gleichzeitige Entstehung der Lappen hat er richtig gesehen, denn weiter heisst es: „Neben jedem
Archegonium bildet sich gewöhnlich eine dünnhäutige Sprossung des Prothallium.“ Und in der
„Flora“ (1852 pag. 387) führt er an: „Die Archegonien entstehen meist auf den Rändern fleischiger
Lappen des Prothallium, selten auf deren Flächen, da rechts und links von ihnen das Gewebe weiter
zu wachsen pflegt, kommen sie später in die Achseln zweier Sprosse desselben zu stehen.“ Hier sehen
wir also eine auffallende Uebereinstimmung in der Anlage der Antheridien und Archegonien, da beide auf
der Schattenseite entstehen und erst secundär auf die Lichtseite verrückt werden.
Die eben angeführten Beobachtungen Hofmeisters sind jedenfalls richtiger, als die kurzen
Bemerkungen und besonders als die Figur, die Sadebeck (29, pag. 177) giebt, die geeignet sind, eine
unrichtige Vorstellung über die Natur des Meristems hervorzurufen. Ebenso erwähnt Sadebeck nach
dem Vorgang anderer Autoren laterale Verzweigungen, die nach Art von Adventivsprossen sich von dem
Mutterspross loslösen und zu selbstständigen Sprossen werden. Mir ist eine derartige vegetative Vermeh-
rung der Prothallien nie aufgefallen, ich glaube auch nicht, dass sie überhaupt vorkommt, sondern bim
vielmehr zu der Annahme geneigt, dass die Beobachter durch dicht zusammenwachsende, verschiedenen
Sporen entstammenden Vorkeime sich haben täuschen lassen.
Doch verfolgen wir die Entwicklung unserer Prothallien weiter, so sehen wir gleich unterhalb
des Archegonium abermals eine Zelle sich vorwölben, die durch weitere Theilung zum Lappen aus-
zächst, so dass wir das Archegonium zwischen beiden stehend haben (Taf. II, Fig. 42—44). In Folge
der jetzt aber weiter stattfindenden Streckung und secundären Theilung der Zellen wird das eben angelegte
Archegonium auf den obern Rand des Prothallium gerückt; jetzt hat es die Lage, wo es nachSadebeck
entstehen soll, doch ist es nun schon relativ weit entwickelt, die Halszellen sind schon ziemlich ausge-
wachsen, und auch die Halscanalzelle hat sich schon zwischen sie hineingeschoben. Unterhalb des zweiten
Lappens wird dann wieder ein Archegonium angelegt, und so geht es weiter, Archegonien und Lappen
wechseln ab, nur sehr selten sehen wir zwei Archegonien hinter einander entstehen, nie habe ich zwei
hinter einander entspringende Lappen beobachtet. Doch nach der eben gegebenen Darstellung hätten wir
es immer nur mit einem in einer Ebene liegenden Meristem zu thun, während doch alte Prothallien schein-
bar kreisförmig von diesem umgeben werden. Die Ursache hierfür liegt nun darin, dass nicht nur eine Zelle
am Grunde des Lappens sich hervorwölbt, sondern dass wir mehrere zugleich in dieser Form antreffen
können. Da nun jede getrennt sich weiter entwickelt, und dieses Auswachsen mehrerer Zellen am Grunde
des Lappens sich öfters wiederholt, so erhalten wir allmählich ein Meristem, das sich auf grössere
Strecken über das Prothallium ausdehnt (Taf. III, Fig. 46 u. Fig. 122 u. 123). Doch niemals werden
wir es der Art finden, dass es thatsächlich ringförmig auftritt, es ist dies stets nur scheinbar, denn wenn
wir die betreffenden Prothallien etwas genauer betrachten, so werden wir finden, dass diese in mehreren
Verzweigungen gegliedert sind, deren jede aber nur auf einer Seite ein Meristem besitzt. In diesem
Falle sind die zwischenliegenden Parthien desselben in ein Dauergewebe übergegangen, die Entwicklung
steht hier still, auf den andern Stellen geht sie aber auf das Lebhafteste fort, diese sind in Folge dessen
weit ausgewachsen, und so erhalten wir dann die eigenthümlichen Verzweigungen, die kräftig sich
entwickelnde Prothallien zeigen.
Wir finden bei diesen weiblichen Vorkeimen also immer die Zusammengehörigkeit der Lappen
und der Archegonien, dagegen unterbleibt die Anlage dieser Lappen, wie wir gesehen haben, bei der
Bildung der Antheridien. Es hält nicht schwer, für diese Erscheinung eine biologische Beziehung zu
finden. Die Archegonien stehen hier zwischen den sie trichterförmig umgebenden Lappen, zwischen ihnen
wird ein hineingerathener Wassertropfen, möge er vom Thau oder Regen herstammen, festgehalten, und
die den Antheridien entschlüpften Spermatozoiden einmal in diesen Trichter gelangt, werden nun auch
unschwer in den geöffneten Archegoniumhals und damit zur Eizelle kommen können, denn auch das Auf-
springen des Archegonium wird durch Wasser bedingt. So würden also die Lappen bei der Befruchtung
von grosser Bedeutung sein, das einmal hineingerathene Spermatozoid wird von ihnen festgehalten und
findet in dem etwa darin vorhandenen Wassertropfen die günstigsten Bedingungen für seine Existenz.
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Ziehen wir hierzu noch in Betracht, dass am Prothallium entstandene Haare, wie weiter unten gezeigt
werden wird, von einem Vorkeim zum andern führen, und dass diese sehr leicht zwischen die Lappen
und damit auf das Archegonium zu liegen kommen werden, so mögen diese unter Umständen als Brücke
dienen, auf der das Spermatozoid entlang in den von den Lappen gebildeten Trichter gelangen kann,
um so mehr, als fast immer, wahrscheinlich durch Thaubildung, eine dünne Wasserschicht sich auf diese
Haare niedergeschlagen hat. Würden aber ähnliche Prothalliumlappen auch zugleich mit den Antheridien
gebildet werden, so würden diese eine direct entgegengesetzte Wirkung haben, denn auch in ihnen würden
sich die Wassertröpfehen sammeln und besonders lange halten, und die nach dem Oeffnen entlassenen
Spermatozoiden würden von ihnen eingeschlossen sein und nur sehr schwer zum Archegonium gelangen
können; die Lappen würden also in diesem Fall ein-Hinderniss bei der Befruchtung sein, wogegen sie
in ihrem Auftreten in Verbindung mit den Archegonien diese immerhin fördern mögen.
Die Entwicklung der Archegonien ist schon von Hofmeister im Grossen und Ganzen richtig
angegeben, doch hat er die Halscanalzelle nicht gesehen (16, pag. 387 und 18, pag. 171 u. 172), auch
Duval-Jouve erwähnt diese nicht, obwohl er thatsächlich etwas davon beobachtet hat, wie aus Tat X,
Fig. 7 seiner „Histoire“ ersichtlich, doch ist der dort gezeichnete Schnitt etwas schräg gegangen, so dass
sie nur im untern Theil etwas angeschnitten ist. Der Bau des Archegonium ist derselbe, wie bei den
übrigen Gefässkryptogamen, speciell bei den Farnen, nur fehlt bei Equisetum, wie schon von Jan-
czewski angegeben (25), die Basalzelle.. Eine Zelle, die am Grunde eines vom Meristem gebildeten
Lappens sich befindet, wölbt sich vor und zeichnet sich vor den umgebenden durch ihren reichen Proto-
plasma-Inhalt aus, im Uebrigen ist sie chlorophyliführend wie diese. In ihr tritt eme Querwand auf,
die den künftigen Halstheil von der Mutterzelle der eentralen Zellreihe abtheilt. In dieser Mutterzelle
des Halstheils tritt nun eine zur Oberfläche senkrechte Wand auf, die dieselbe in zwei Zellen theilt
(Taf. III, Fig. 45), eine zweite auf dieser senkrecht stehende Wand zerlegt dann jede dieser abermals
in zwei Zellen, so dass wir jetzt einen von vier Zellen gebildeten Halstheil haben. Diese beginnen sich nun
zu strecken und werden durch etwas schief zur Oberfläche ansetzende Querwände jede in zwei über-
einander liegende Zellen getheilt. Jetzt fängt auch die Centralzelle an auszuwachsen und drängt sich
zwischen die vier Reihen der Halszellen hinein, was indessen auch schon geschehen kann, bevor diese
dureh Querwände getheilt sind (Taf. III, Fig. 47), gleichzeitig erfolgt nun auch eine Quertheilung,
durch welehe der obere zwischen die Halszellen eingedrungene Theil abgeschnitten wird, es ist dies die
Halscanalzelle, die indessen nie die ganze Länge des Halstheils durchsetzt, sondern nur etwa ?/3 in den-
selben hineinreicht. In dem Halstheil treten nun noch ein oder zwei Quertheilungen auf, so dass wir
diesen aus vier Zellsträngen sebildet haben, deren jeder aus drei oder vier Zellen besteht, die völlig
frei von Chlorophyll sind. Von der Mutterzelle der centralen Zellreihe wird dann noch eine Bauch-
canalzelle abgeschnitten, die auch zum Theil in den Halstheil hineingelangt. Das Aufspringen der reifen
Archegonien wird, wie schon oben erwähnt, durch das Vorhandensein von Wasser bedingt, die vier
Zellstränge weichen oben auseinander, nachdem sich die Endzellen derselben noch stark gestreckt haben,
diese werden umgebogen, so dass sie sich kreuzweise gegenüberstehen, die Wände der Halscanal- und
Baucheanalzelle verquellen und bilden eine Schleimmasse, die es den Spermatozoiden erleichtert, durch
den nunmehr offenen Canal zu der Eizelle zu gelangen.
O. Buehtien, Entwicklungsgeschichte des Prothallium. 4
— 26 —
Bevor indessen das Archegonium sich soweit entwickelt hat, beginnen auch die die Centralzelle
umgebenden Prothalliumzellen sich zu theilen. Es geschieht dies schon zu der Zeit, wo die erste
Querwand in den vier Halszellen aufgetreten ist. Es entstehen nämlich jetzt in den umgebenden Pro-
thalliumzellen Wände, die mit der Wandung der Centralzelle nahezu parallel verlaufen, und wie Hof-
meister richtig bemerkt, dieselbe epithelienartig umgeben. Auch sie sind reich an Inhalt und führen
grosse deutlich sichtbare Zellkerne, sie verlaufen in kurzer Entfernung von der Centralzelle und können
durch weitere, auf dieser senkrecht stehende Wände getheilt werden. Im Allgemeinen erstrecken sie
sich nur bis zu den Zellen des Halstheils, doch habe ich einige Male gesehen, dass sie auch in diesem
selbst noch aufgetreten sind, so dass in diesem Falle die ganze Centralzelle bis auf die enge Stelle, wo
die Halscanalzelle hindurehgeht, von diesen Hüllzellen umgeben wird. (Taf. III, Fig. 48.)
Die Entstehung der Archegonien erfolgt der Zeit nach nieht so sehr viel später als die der
Antheridien; während man die letzteren schon vier Wochen nach der Aussaat antreffen wird, habe ich
erstere ungefähr sechs Wochen nach derselben auftreten sehen, doch ist es immerhin möglich, dass man
sie auch sehon früher finden wird, da Hofmeister bereits nach sieben Wochen die ungeschlechtliche
Generation hervorsprossen sah. In diesem Fall können wir also annehmen, dass auch nach vier Wochen
bereits die Archegonien aufgetreten waren, doch ist es im Allgemeinen richtig, dass immerhin etwas
Zeitunterschied in der Entstehung der beiden Geschlechtsorgane vorhanden ist, wenn auch kein so grosser,
wie gewöhnlich angenommen wird. Die unbefruchtet gebliebenen Archegonien färben sich, wie wir es bei
den entleerten und überreifen Antheridien angetroffen haben, tief braun.
Wenden wir uns nun zu der Frage, ob die Prothallien monoeeisch oder dioeeisch sind, so
müssen wir normal wohl Dioeeie für dieselben annehmen, doch sind die monoeeischen Prothallien dureh-
aus keine so seltene Erscheinung, wie man wohl glaubt. Ich habe diese zerstreut unter meinen sämmt-
lichen Culturen gefunden, besonders häufig aber in einer Aussaat von Equisetum silvaticum, die sehr
dieht war. Hier waren vorwiegend männliche Prothallien entstanden, doch auch eine ziemliche Anzahl
Archegonien tragender, und unter letzteren befand sich ein verhältnissmässig grosser Procentsatz solcher,
die auch Antheridien erzeugten. Bei den meisten waren diese indess erst aufgetreten, nachdem _ die
weitere Anlage von Archegonien sistirt worden war, sie finden sich hier ihrer Entstehung nach als
direete Fortsetzung dieser (Taf. III, Fig. 49, 50), nur dass mit der Anlage der Antheridien auch das
Auftreten weiterer Prothalliumlappen unterbleibt. Einige wenige Vorkeime habe ich indessen auch
gefunden, wo neben der weiteren Entstehung der Archegonien auch Antheridien gebildet werden, doch
wurden hier nicht etwa beiderlei Geschlechtsorgane durch einander angelegt, sondern auf verschiedenen
Stellen des schon ausgebreiteten Meristems. Wenn wir nur diese letzteren als die eigentlich monoeeisch
ausgebildeten betrachten wollen, dann ist freilieh Monoecie eme seltene Erscheinung der Equisetenpro-
thallien, wollen wir dagegen auch die Fälle mit hineinziehen, wo erst Archegonien erzeugende später
auch Antheridien hervorbrachten, so können wir immerhin behaupten, die Prothallien seien zwar vor-
wiegend dioeeische, doch finden sich auch häufig monoeeisch ausgebildete darunter. Dieselbe Beobachtung
ist auch von Sadebeek gemacht worden (29, pag. 176), und zwar hat er gesehen, dass auf dem
Rande des Meristems anstatt der Archegonien bisweilen Antheridien angelegt werden, Hofmeister
(18, pag. 176) hat dagegen das Umgekehrte beobachtet, dass an spät erscheinenden Sprossungen der
Basis männlicher Prothallien Archegonien auftreten.
ae
Ich habe die Frage bezüglich der Entstehung der Geschlechter eingehender verfolgt und kann
als sicher behaupten, dass die Differenzirung der Geschlechter durch äussere Ursachen bedingt wird.
Es war ja die Annahme nicht ganz von der Hand zu weisen, wenn auch nicht gerade sehr wahr-
schemlich, dass, wenn auch eine äussere Verschiedenheit in der Form der Sporen nieht vorhanden,
dennoch in einigen Sporangien männliche, in anderen weibliche gebildet werden könnten. Zu diesem
Zwecke habe ich von Equisetum arvense in der Weise eine Aussaat gemacht, dass ich noch nicht
geöffneten Sporangien entstammende Sporen benutzte, so dass die in einem Sporangium entwickelten
zusammen ausgesäet wurden, doch haben diese Culturen durchaus keine Resultate ergeben, männliche
und weibliche Prothallien wurden durch einander ausgebildet. Auch veränderte Beleuchtungsverhältnisse
erwiesen sich ohne Einfluss auf die Entstehung der Geschlechter, und wenn überhaupt äussere Verhältnisse
von Wirkung sein sollten, so konnten diese nur in der Ernährung bedingt sein, und in dieser Richt-
ung habe ich denn auch thatsächlich einige Erfolge mit meinen Versuchen gehabt. Dass man durch
diehtere Aussaat eme grössere Zahl männlicher Prothallien erhält, ist schon von den Farnvorkeimen
bekannt; auch bei Equisetum finden sieh in diehten Culturen nur relativ wenige weibliche Prothallien,
bei Eg. Telmateja und variegatum indessen, wo die Aussaat ziemlich dünn bewirkt war, traten wenigstens
ebenso viele weibliche wie männliche auf. Die oben erwähnte Aussaat von Equisetum pratense auf See-
sand, dem durch Kochen mit Salpetersäure seine Nährstoffe entzogen waren, ergab nur männliche Pro-
thallien, auch Sporen, die auf Wasser ausgesäet sind, bringen es höchstens bis zur Bildung von
Antheridien.
Aus allem diesen ist schon der Einfluss der Ernährung auf die Ausbildung der Geschlechter
ersichtlich, aber wirklich erwiesen wird dieser Einfluss erst dann, wenn es gelingt, die Geschlechter in
einander überzuführen. Die ersten Mittheilungen über diesen Punkt rühren wohl von Bauke*) her,
er hat beobachtet, dass an dem fortwachsenden Scheitel wuchernder Prothallien von Aneimia Phyllitidis
statt der Archegonien Antheridien angelegt wurden, als die Cultur im Laufe der Zeit von Moosprotonema
derartig überzogen worden war, dass die einzelnen Prothallien von einem Gewirr solcher Fäden mehr
oder weniger umgarnt waren. An einem andern Orte**) führt er von Zygodium japonicum an, dass an
solchen Prothallien, die anfangs rein weiblich gewesen waren, aber im Folge nachträglich eingetretener
besonders ungünstiger Culturbedingungen die Archegonienbildung eingestellt hatten, nunmehr an dem
fortwachsenden Scheitel an Stelle der weiblichen Organe männliche auftraten, so dass sie nun monoeeisch
wurden. Auch von Platycerium grande sagt er an derselben Stelle, dass Antheridien meist an Prothallien
auftraten, welche in ihrer Entwieklung mehr oder minder gehemmt waren. Auch bei anderen” Farnen
hat er dasselbe beobehtet und kommt zum Schluss, dass allgemein bei den Farnen die Antheridien
morphologisch einen Abortiv-Stellvertreter der Archegonien darstellen.
Ich habe zur Untersuchung dieser Frage Prothallien aus der eben erwähnten Sandeultur auf
fettem Lehmboden und auf solchem erwachsene Vorkeime von Equisetum arvense, die bereits eine mehr
oder minder grosse Zahl von Archegonien erzeugt hatten, auf grobkörnigen Seesand verpflanzt; die
*) Bauke: Beiträge zur Keimungsgeschichte der Schizaeaceen, in Pringsheim’s Jahrbücher für wissensch. Botanik
XI. Band 1878, pag. 635.
**) Bauke: Zur Kenntniss der sexuellen Generation bei den Gattungen Platycerium, Lygodium und Gymnogramme
in Bot, Zeitung 1878 pag. 6 des Separat-Abdruckes.
erste Cultur wurde mit Flusswasser, die letzte mit destillirtem Wasser begossen. Leider war aber jene
auf Sand erwachsene Cultur von Eqwisetum pratense schon von Algen infieirt, und in Folge der auch
für sie veränderten günstigeren Wachsthumsbedingungen breiteten sie sich so rapide aus, dass sie fast die
ganze Cultur erstickten, und diese kein Resultat ergeben hat; bei Wiederholung des Versuches hatte
ich dasselbe Missgeschick. Dagegen ergab die zweite Cultur, die Verpflanzung Archegonien tragender
Prothallien von fruchtbarem Lehmboden auf den magern Sand ein sehr günstiges Resultat. Schon nach
Verlauf einer Woche wurden die ersten Antheridien sichtbar, und schliesslich wurden von allen
verpflanzten Prothallien (etwa 200) nur Antheridien gebildet. Selbst an denen, die zur Zeit der Ver-
pflanzung schon befruchtet waren, aus denen die jungen Pflanzen bald hervorsprossten, sind noch theil-
weise Antheridien aufgetreten. Es wäre aber auch denkbar, und zutreffenden Falles sehr interessant,
dass in diesen Fällen die Befruchtung erst von den nach der Verpflanzung der Prothallien aufgetretenen
Antheridien bewirkt wäre.
Hier haben wir also ein wirkliches Zurückführen der weiblichen Prothallien auf männliche,
und aus der angewandten Culturmethode ergeben sich unzweifelhafte Beweise für die Beziehungen
zwischen Geschlechtern und Ernährungsverhältnissen. Ziehen wir hierzu die oben angeführten Beobach-
tungen von Hofmeister in Betracht, wo männliche Prothallien später Archegonien erzeugten, so
erscheint es danach auch durchaus nicht unwahrscheinlich, dass es durch veränderte oder günstigere
Existenzbedingungen gelingen wird, männliche in weibliche überzuführen, und dass auch in Bezug hierauf
wiederholte Culturversuche zum günstigen Resultat führen werden.
Haarwurzeln und Zellhaare.
>etraehten wir nun noch die an den Prothallien auftretenden Haarwurzeln; einiges über sie ist
oben schon kurz berührt worden. Wir haben gesehen, dass die Chloroplasten allmählich in Leukoplasten
übergeführt werden, dass dies indessen unterbleibt, wenn die Haarwurzem dem Tageslicht ausgesetzt
sind. Ferner habe ich ‘schon kurz angedeutet, dass die Ausbildung derselben mit den zur Verfügung
stehenden Nährstoffen in Beziehung steht, je reichlicher diese vorhanden sind, um so weniger sind die
Haarwurzeln entwickelt, so dass ihre Anlegung in stärkeren Nährlösungen, wie wir gesehen haben, oft
ganz unterbleibt, wogegen sie in Flusswasser eine relativ bedeutende Länge erreichen. Bemerkenswerth
ist selbst in diesen die Aufspeicherung von Stärke, die Chlorophylikörner, die besonders die Spitze
derselben einnehmen, sind oft völlig davon bedeekt (Taf. II, Fig. 51). Nicht so gross sind die Stärke-
körner in denjenigen Haarwurzeln, die in ein Substrat eingedrungen sind, denen also die Chlorophyll-
körmner fehlen, doch sind sie auch hier reiehlieh vorhanden.
Schon von Sadebeck (29, pag. 177) wird das eigenthümliche Verhalten der ersten Haarwurzel
der Equisetensporen erwähnt, er sagt: „Die erste Haarwurzel dringt nieht in das Substrat ein, sondern
ist vielmehr positiv heliotrop.“ Da dies allerdings eine auffallende Erscheinung ist, so ist Stahl (I. e.)
dieser Frage näher getreten. Er hat Sporen unter der Einwirkung des intensiven Sonnenlichtes keimen
lassen und dabei, wie sehon erwähnt, gefunden, dass die Scheidewand zwischen Wurzel- und Pro-
thalliumzelle eonstant zu der Richtung des Lichtstrahls orientirt sei, dass die Wurzelzelle stets auf der
Sehattenseite angelegt werde, und daher also auch die erste Haarwurzel der Equisetensporen negativ
— 29 —
heliotrop sein müsse. Auch in meinen Aussaaten zeigte sich nun dieselbe Erscheinung, die Sadebeck
beobachtete, theilweise waren die Culturen wie mit einem grauen Filz überzogen, und wie die mikros-
kopische Untersuchung ergab, war es stets die erste Haarwurzel, die dem Lichte entgegenwuchs. Die
Wurzelzelle war allerdings auch hier an der dem Lichte abgewandten Seite angelegt, aber die Wurzel-
spitze drang nicht in das Substrat ein, sondern wuchs nach oben, und zwar lag entweder der Prothallium-
faden dem Substrate selbst auf, dann streckte sich die Haarwurzel sofort dem Lichte entgegen, oder
der Zellfaden hatte eine vertieale Stellung, dann lief sie eine Strecke auf dem Boden hin, um sich
darauf mit ihrer Spitze nach oben zu krümmen (Taf. III, Fig. 52 u. 53). Um nun aber die bedingenden
Ursachen für diese Erscheinung, die mit den Stahl’schen Versuchen scheinbar in Widerspruch stand,
aufzusuchen, wiederholte ich jene und zwar zuerst vor einem Nordwestfenster, in das die Sonne nicht
gelangen konnte. Ich brachte dort einseitiger Beleuchtung ausgesetzte Sporen zum Keimen, fand aber
nieht das von Stahl angegebene Resultat; wenn auch bei der Mehrzahl derselben die Wurzelzelle nach
der Sehattenseite zu angelegt war, so fehlte es doch auch nicht an solchen, wo das Umgekehrte der
Fall war. Eine Wiederholung in direetem Sonnenlicht ergab dagegen eine Bestätigung des Stahl’schen
Versuches.
War hiermit auch ein Einfluss des Lichtes auf die Keimung erwiesen, so wurde doch schliesslich
wenig hierdurch erklärt, da ja auch in den Culturen, in denen sich die in ihrem Weachsthum sich positiv
heliotrop verhaltenden Haarwurzeln zeigten, die Wurzelzelle an der dem Boden zugekehrten Seite sich
befand. Ich habe deshalb zur Entscheidung dieser Frage eine ganze Reihe ‚von Aussaaten gemacht.
Die Ursache lag sicher theilweise in der Beleuchtung, dann konnte sie auch mit dem Substrat, der
Feuchtigkeit und der Dichte der Aussaat zusammenhängen. Zu diesem Zwecke machte ich Culturen
auf grobkörnigem Seesande, auf Sägespähnen und aut feinem abgeschlemmten Lehm und zwar wiederum
von jeder Art dichte und dünne Aussaat. Dann varürte ich die Versuche auch der Art, dass ich
einzelne Töpfe unbedeckt liess, andere mit einer Glasscheibe verschloss und wiederum bei andern diese
noch mit dünnem Seidenpapier überzog. Dann brachte ich die Culturen unter verschiedene Beleuchtungs-
verhältnisse, diffuses Tageslicht und direetes Sonnenlicht und zwar letzteres nur während einiger Stunden
oder während des ganzen Tages. Dabei ergab sich dann das Resultat, dass die erste Haarwurzel stets
in das Substrat eindrang, sobald der Topf nicht mit einer Glastafel bedeckt war, so dass sich also kem
feuchter Raum über den Prothallien bilden konnte, in diesem Falle verhielt sich also die Wurzelspitze
immer negativ helitrop. Am intensivsten trat dagegen die Erscheinung des positiven Heliotropismus bei
denjenigen Culturen hervor, wo die Lichtstrahlen noch dureh Bedecken der Glasscheibe mit Seidenpapier
in ihrer Wirkung abgeschwächt wurden, wogegen wieder der negative Heliotropismus am stärksten” sich
zeigte, wenn die Culturen dem direeten Sonnenlicht während des ganzen Tages ausgesetzt waren, in
diesem Falle drangen wieder sämmtliche Wurzeln in das Substrat ein. Somit ist also dieses eigenthüm-
liche Verhalten der ersten Haarwurzen der Equisetensporen auf die Einwirkung des Lichtes und der
Feuchtigkeit der umgebenden Luft zurückzuführen, negativ heliotrop verhalten sieh die Spitzen der
Haarwurzeln im direeten Sonnenlicht, positiv heliotrop bei schwächerem Licht und bei gleichzeitigem
Vorhandensein einer mit Wasserdampf gesättigten Atmosphäre. Die Dichte der Aussaat erwies sich ohne
alle Einwirkung, die Wahl des Substrates beeinflusste nur in geringerem Grade die Erscheinung, und
zwar der Art, dass in Sand und Sägespähnen die Haarwurzeln schwerer eindrangen, als in den feinen
plastischen Lehm.
Ausser dieser ersten Haarwurzel erzeugt das Prothallium in seinem weitern Wachsthum noch
eine ganze Anzahl, eine jede beliebige Zelle scheint zu einer solchen auswachsen zu können, doch immer
entstehen sie auf der Sehattenseite und zwar bei den schon so weit entwickelten Vorkeimen in Verbind-
ung mit dem Meristem. Hier sind es die unmittelbar unter diesem gelegenen Zellen, die sich hervor-
wölben, reichen Inhalt zeigend und von einer besonders dieken Zellstoffhülle umgeben (Taf. III, Fig.
48 bei wı), sie wachsen dann zu Haarwurzeln aus und dringen in den Boden ein. Die älteren zeigen
eine ähnliche braune Färbung, wie wir sie schon bei den entleerten Antheridien und unbefruchtet
gebliebenen Archegonien kennen gelernt haben.
An nicht mehr ganz jungen Prothallien treten später auch noch andere Triehomgebilde auf,
einzelne Zellen wachsen häufig bis zu 1 em langen Haaren aus, die sich über die danebenstehenden Pro-
thallien hinlagern und wie oben bereits erwähnt, bei der Befruchtung von Nutzen sein mögen (Tat. III,
Fig. 54). Ob wir auch diese Haare als den Haarwurzeln zugehörend ansehen dürfen, weiss ich nicht,
doch halte ich es nicht für sehr wahrscheinlich, dass sie auch unter Umständen in das Substrat eindringen
werden, und auch in ihrer Entstehungsweise unterscheiden sie sich von jenen, da echte Haarwurzeln
nur an der Schattenseite angelegt werden, diese Zellhaare aber gewöhnlich auf der Lichtseite entspringen.
Die Spermatozoiden.
A. Historischer Ueberblick.
Nees von Esenbeck hat 1822 zuerst die Spermatozoiden im Pflanzenreich aufgefunden und
zwar auf Sphagnum-Arten, und 23 Jahr später wurden sie auch von Naegeli (8) auf Farmprothallien
entdeekt, seine Beobachtungen gebe ich auszugsweise wieder. Auf der untern Fläche des Keimblattes
oder am Rande, selten auf seiner oberen Fläche, stehen drüsenähnliche Organe, und durch Platzen der Haut
an der Spitze derselben treten runde Zellehen daraus hervor, die sich lebhaft im Wasser bewegen. In
jedem liegt ein spiraliger Faden, welcher durch Reissen der Membran derselben frei wird und dann die
gleiche Bewegung zeigt, wie die Samenfäden der Moose, Lebermoose und Charen. Die Entstehung
dieser Zellen schildert er wie folgt. Der mittlere Raum erscheint zuerst homogen, schleimig oder fein-
gekörnt und ungefärbt. Einzelne zarte Linien und Kreise deuten auf Zellbildung, die aber nicht deut-
lich erkannt werden kann. So entstehen schliesslich die kleinen Zellehen, sie erscheinen parenchymatisch,
wenn sie dieht gedrängt liegen, sphärisch, wenn sie weniger dicht beisammen sind. Entstanden sind sie
aus der Theilung einer Mutterzelle. Die Spiralfadenorgane entleeren sich, wenn sie mit Wasser in
Berührung kommen, auch wenn die Zellen noch nicht ausgebildet sind, sie stellen im unentwickelten
Zustand runde Bläschen von 0,004 bis 0,005 Linien im Durchmesser dar, welche einen homogenen oder
feingekörnten Schleim enthalten. Viele besitzen ein wandständiges Kernehen, dass entweder als Bläschen
oder dichtes Korn erscheint. Die Entwicklung der Spiralfadenzellen nimmt er so an: Zuerst enthalten
sie einen Kern und homogenen Schleim, der Sehleim körnt sieh und bildet kleine Chorophylikügelchen,
dann erfolgt Auflösung des Kerns, der Chlorophyll- und Schleimkörnehen, das Zellehen ist blos mit farb-
losem und homogenem Schleim erfüllt, und im diesem tritt die Bildung des Spiralfadens auf. Einer
entsteht nur im Zellchen, er macht 1'/s bis 3 Windungen, hat ein breites stumpfes und ein dünnes spitz
auslaufendes Ende, an dem sich zuweilen ein fadenförmiger Anhang zeigt (ob die Wimpern gemeint
sind?), das diekere Ende ist bisweilen fast keulenförmig erweitert. Der Faden stellt ein Band dar, das
mit der breiten Fläche an der Membran des Zellchen liegt, diese platzt, wodurch der Spiralfaden mehr
oder weniger frei wird, gewöhnlich bleiben einige Rudimente des Zellehen an demselben hängen, zuweilen
macht er sich ganz frei. So lange er noch im Zellehen eingeschlossen ist, legen die Windungen eng an
einander, sobald er frei wird, dehnt er sich in die Länge und wird schraubenförmig. Sind die Spiral-
fadenzellen aus dem Organ entleert, so liegen sie ein bis zehn Minuten still auf der Stelle, dann beginnen
sie sich zu bewegen. Die Art dieser Bewegung beschreibt er nun auf das Eingehendste, wobei er
eonstatirt, dass der Grundtypus derselben die Drehung um die Achse ist, die in Verbindung mit der kork-
zieherähnlichen Gestalt eine Ortsveränderung herbeiführen muss. Die Kernchen der Spiralfadenzellen sind
nur den Kernkörperchen analog, ein eigentlicher Zellkern ist nicht vorhanden.
Ein paar Jahr später veröffentlicht Naegeli (34) seine Beobachtungen beim Keimen von Pilularia.
Die die Spiralfäden entwickelnden Zellen haben eimen bläschenförmigen Raum, der sich im schmalen
Theil des Zellehens befindet, in ihm sieht man bald darauf einen zarten Spiralfaden, der die Peripherie
jenes Raumes einnimmt und sich im Kreise dreht, er beschreibt ein bis zwei deutliche Windungen. Bei
der Drehung, an der auch die Zelle mit Theil nehmen kann, hat er bisweilen einen beständig undu-
lirenden Kreis beobachtet (jedenfalls die Cilien). Der Spiralfaden kann auch ganz frei werden und sich
im Wasser bewegen, die Wimdungen desselben können enger und weiter werden.
Thuret (10) erklärt das Oeffnen der Farnantheridien hervorgerufen dureh die in Folge des
gewöhnlichen Wachsthums erfolgte Grössenzunahme des Druckes, den die kleinen Spermatozoidmutter-
zellen auf die Antheridienwandung ausüben. Die Beschreibung der Spermatozoiden giebt er bei weitem
nicht so eingehend wie Naegeli, doch erkennt er, dass ein Bündel kurzer, zahlreicher Cilien, die eine
Art Kamm (eröte) bilden, welcher vom vordern Theil des Körpers ausgeht, das Locomotionsorgan vorstellt.
Von den Spermatozoiden der Equiseten, die von ihm zuerst aufgefunden wurden, sagt er nur, dass sie
denen der Farne glichen.
Leszezye-Suminski (9) hat nur auf dem vordersten Theil der Spermatozoiden Cilien gesehen,
die sich, nachdem dieselben zur Ruhe gekommen waren, dem Körper dieht anlegten. Das vordere Ende
desselben soll keulig erweitert sein und ein längliches Bläschen einschliessen, ebenso soll auch das hintere
Ende wieder etwas kopfförmig angeschwollen sein.
Milde (11) giebt von den Spermatozoiden der Equiseten an, dass sie nicht selten die Mutter-
zelle mit sich führten, der Kopf, der eine sehr enge Windung darstellt, ist frei von Cilien, unter diesem,
um den Faden herum, sitzt ein Wimperkranz; doch giebt er auch Abbildungen, z. B. Taf. II, Fig. 45,
. wo der ganze Körper von ihnen bedeckt ist und sagt, dass man bei abgetöteten eine derartige Bewim-
perung häufig antreffe. Das hintere Ende soll in emen sehr langen und dünnen Schwanz enden.
Be
Ueber den Ursprung der vom Spermatozoid oft mitgeschleppten Blase ist Thuret (13, pag. 30)
anderer Ansicht als die bisherigen Autoren, die sie als die Zelle selbst betrachteten, der das Spermato-
zoid seinen Ursprung verdankte, er glaubt, dass sie aus der letzten Spiralwindung hervorgehe, die
weniger dieht sei, als die übrigen, und meint, dass er oft eine Grössenzunahme an ihr warhrgenommen
habe. Die Zelle, in der das Spermatozoid entstand, soll spurlos verschwinden (!)
Hofmeister (14) schreibt den Samenfäden der Farnprothallien ebenfalls einen langen, spitzen
Sehweif zu, die Wimpern sollen die Aussenseite der Schraubenwindungen bedecken. Die Samenfäden
der Equisetenprothallien werden frei durch Aufquellen und Auflösen von Theilen der Wand der sie
umschliessenden Zellen; das vordere dichte Ende trägt zahlreiche, nicht eben lange Wimpern, auch hier
läuft die hintere Windung in eine lange Spitze aus. Bei getöteten sieht man, dass alle Windungen mit
Wimpern bedeckt sind.
In der „Flora“ (16) nimmt er seine Angabe, dass das hintere Ende der Spermatozoiden in
eine fadenförmige Verlängerung auslaufe, zurück und erklärt, wo er dies gefunden, es dadurch entstanden,
dass das Spermatozoid mit seinem hinteren Ende an Theilen des Prothallium festklebte, und beim Ver-
such sich loszuzwingen, dieses fadenförmig auszog. Dafür soll nun die letzte Windung an der Innenseite
einen breiten flossenförmigen Anhang tragen, eine zarte Membran, die während des Schwärmens des
Fadens lebhaft Himmert, ähnlich den undulirenden Membranen, welehe die Samenfäden von Kröten und
Tritonen tragen.
Nach Duval-Jouve (22) soll die Bewegung der eben ausgetretenen Spermatozoidmutterzelle
ihre Ursache haben in der ungefärbten Zone, die sich abwechselnd ausdehnt und aufwickelt (et se replie
sur elle-möme). Welches Ende bei der Bewegung voranschwimmt, kann er nicht entscheiden. In der
Mutterzelle sollen die Spermatozoiden in der Form eines engen, offenen Ringes liegen, ohne Andeutung
der Spiralwindung und der Cilien, ebenso sollen sie nach dem Tode keine Spiralwindung mehr erkennen
lassen, sondern wieder einen offenen, an den Enden abgestumpften Ring darstellen. Was aus der Zelle
wird, der das Spermatozoid entstammt, weiss der Verfasser nicht, er glaubt aber, dass sie in dem Masse,
wie das Spermatozoid sich ausbildet, resorbirt werde „ces cellules semblent s’ouvrir et se transformer en
spermatozoides“. Uebrigens scheint der Verfasser sich nicht klar darüber zu sein, ob er es hier mit Zellen
oder nur mit Zellkernen zu thun hat, denn bald nennt er sie „cellules“ bald „globules“. Die „globules“
sind beim Hervortreten aus dem Antheridium von einer‘ schleimigen Hülle (atmosphere mucilagineuse)
umgeben, die sich nach einigen Minuten auflöst.
1864 erschien die umfassende Arbeit über Spermatozoiden von Schacht (23). Das in seiner
Mutterzelle bandförmig aufgerollte Spermatozoid soll nach ihm selten die Membran berühren, vielmehr
häufiger durch einen körnchenlosen, mit heller Flüssigkeit erfüllten Raum von derselben getrennt sein,
doch ist dieser Raum lediglieh die gequollene Membran der Spermatozoidmutterzelle, wie aus der
gerebenen Figur 16, Taf. III deutlich hervorgeht. Im innern Zellraum sind Stärkekörner vorhanden.
Beim Freiwerden der Spermatozoiden hat auch Schacht keinen sichtbaren Rückstand gefunden, weder
von einer Blase noch von den in derselben enthaltenen Körnehen. Schon innerhalb seiner Mutterzelle
erscheint das Spermatozoid von Equisetum Telmateja als aufgerollter, fadenförmiger Körper, der etwas
über zwei Windungen beschreibt, die engste Windung liegt im Mittelpunkt der Mutterzelle. Der
Körper des Spermatozoids, den man bisher wohl für ein aus Protoplasma bestehendes Band gehalten
hat, ist in Wahrheit eine von Protoplasmahaut umgrenzte Zelle, mit Zellsaft und körnigem Inhalt. Er
ist wahrscheinlich seiner ganzen Länge nach hohl und besteht zum wenigsten in der hinteren Hälfte
aus einer stark verdiekten und einer ihr gegenüberliegenden sehr zartwandigen Seite; dieser gehört die
Anschwellung an, welehe in verschiedener Gestalt, am häufigsten als blasenförmige mit Flüssigkeit erfüllte
Erweiterung an derselben hängt. Das Spermatozoid von Equisetum ist eme echte Zelle, ohne Zellkern
und ohne eine Cellulosehaut, bestehend aus einem flüssigen Inhalt, in welchem Stärkekörner und andere
in Jod sieh gelbfärbende Körnchen vertheilt sind, umgrenzt von einer aus verdichtetem Protoplasma
bestehenden Membran, welche an der einen Seite sehr zart, an der andern dagegen stark verdickt
erscheint. Die Wimpern sind zarte Fortsätze der Protoplasmamembran. Die Bewegung wird durch
Protoplasmaströme im Innern der Zelle herbeigeführt. Das rhythmische Schlagen, der Wimpern als
Fortsätze der Protoplasmamembran wird vielleicht dureh eimen an ihrer Basis vorübereilenden Proto-
plasmastrom seine Erklärung finden. Der Körper des Spermatozoids ist weich, er kann einen Theil
seiner Substanz verlieren, ohne als Spermatozoid unterzugehen. Die Wimpern scheinen in einer Linie
auf dem Rücken der vorderen Windungen zu stehen. Die Bemerkung, die Schacht über die
Milde’sche Angabe betreffend den Bau der Spermatozoiden macht, ist ganz unberechtigt, da Milde,
soweit es die Cilienbekleidung betrifft, im Grunde genommen wi beobachtet hat als Schacht.
ı der Satz: „Der Zellkern betheiligt
sich sehr wesentlich bei der Bildung des Spermatozoids und geht gewissermassen in dasselbe auf.“
Besonders hervorzuheben aus des Letzteren Untersuchungen ist not
Die Rolle, die hiernach der Zellkern bei dem Aufbau des Spermatozoidkörpers spielt, wird auch
von den folgenden Autoren anerkannt, nur über die Art und Weise, wie er sich bei der Bildung betheiligt,
herrschen Meinungsverschiedenheiten. Während Schacht sich mehr der Annahme zuneigt, dass der
Zellkern unter gleichzeitiger Verwendung des Plasmas der Mutterzelle sich zum Spermatozoid direet
umgestaltet, nimmt Strasburger (35, pag. 94 u. f.) an, dass der Zellkern der Mutterzelle sich zunächst
im Zellplasma auflöse, eine Ansicht, die von ihm schon in den Jahrbüchern für wiss. Bot., Band VII
1869— 70, pag. 394 vertreten worden ist. Dann beginnt an der Oberfläche des Plasmakörpers eine
bandartige Verdichtung, welche schraubenförmig wnläuft und das in Bildung begriffene Spermatozoid
darstellt, zu dessen Entstehung der ganze Inhalt der Mutterzelle verwendet wird, bis auf die Umhüllung
des eentralen Blächens und der wenigen sich durch Jod blau färbenden Körnchen, welche dasselbe
führt. Das Bläschen ist ein eentrales, mit Zellsaft erfülltes Lumen, welches entsteht, während sich
aller Inhalt auf das in Bildung begriffene Spermatozoid zurückzieht. Letzteres ist nirgends hohl.
Nach Schmitz (36) geht das Spermatozoid aus dem Zellkern hervor, indem die peripherische
Schicht desselben sich verdichtet und zu einem ringförmigen resp. spiral eingerollten Bande sich spaltet,
während das Bläschen aus dem sich äufloeckernden mittleren Theil des Kerms hervorgehen soll.
Diesen Ausführungen schliesst sich auch Zacharias (37) bezüglich der Spermatozoidentwicklung
von Chara und Nitella an.
Goebel (38) giebt eine wesentlich abweichende Entstehungsweise. Nach genanntem Autor geht
die Spermatozoidentwicklung bei Chara folgendermassen vor sich: Die jungen Spermatozoidmutterzellen
zeigen einen relativ grossen Zellkern, dem körnigen Protoplasma, von dem er sich scharf abhebt, in der
Mitte eingebettet. Das Zellplasma lagert sich dann in Form eines breiten Bandes an einer Seite des
Zellkerns an, der dabei seine eentrale Lage beibehält, oder nach einer Seite rückt. Zuerst entstehen nun
O. Buchtien, Entwicklungsgeschichte des Prothallium. >
Age
die Cilien; ehe von dem Körper des Spermatozoids irgend etwas zu sehen ist, sieht man feine Contouren
über den Zellkern verlaufen; die Cilien gehen also sicher aus dem Zellplasma hervor, das zu ihrer
Bildung verbraucht wird. Die ersten Anfänge des Spermatozoids selbst erscheinen in Form eines stark
liehtbreehenden Knopfes an einer Seite des Zellkerns, dann wächst der Körper desselben in Form eines
ziemlich breiten Bandes als Verlängerung jenes Knopfes aus dem Zellkern hervor, so dass also keine
Spaltung vorhanden ist. Der Vorgang wird von Goebel so gedeutet: Der Zellkern bildet zuerst auf
einer Seite einen bandförmigen Auswuchs, der sich allmählich verlängert, wobei die übrige Substanz des
Zellkerns zum Wachsthum dieses Bandes verbraucht wird. Man sieht dementsprechend auch deutlich,
wie der Zellkern mit dem Fortschreiten der Spermatozoidentwieklung an Volumen abnimmt, später findet
dann noch eine Verlängerung des Spermatozoidbandes statt. Das bläschenförmige Hinterende geht
wahrscheinlich ebenfalls aus dem Zellkern hervor, es wird also zur Spermatozoidbildung der ganze Zell-
inhalt verwendet, der aber eigenthümliche Umgestaltung erleidet.
B. Ergebnisse eigner Untersuchung.
Wie aus dem kurzen geschichtlichen Ueberblick hervorgeht, sind über die Entwicklung und
den Bau der Spermatozoiden die verschiedensten, sich vielfach widersprechenden Angaben laut geworden;
besonders bezüglich der Stellung des Kerns der Spermatozoidmutterzelle zum ausgebildeten Spermatozoid
herrscht wenig Uebereinstimmung. Ich habe nun bei meinen Untersuchungen auch diesen Punkt auf
das Eingehendste verfolgt und zwar nicht nur bei den uns hier zunächst interessirenden Equiseten, sondern
auch bei Vertretern aus den verschiedenen Gruppen der Gefässkryptogamen und der Lebermoose und
bin zu dem Resultat gekommen, dass bei allen untersuchten Arten jene Entwieklung gleichmässig ver-
läuft, und dass auch der Bau der Spermatozoiden selbst, wenigstens bei den höheren Farnen und Equi-
seten, bis auf geringere Differenzen derselbe ist. Zu meinen Untersuchungen habe ich mich vorzugsweise
der Zeiss’schen Oelimmersion Yıs Zoll und Okular II bedient, als Färbungsmittel benutzte ich bei den
Equiseten Methylgrün-Essigsäure, die hier ganz vorzügliche Kerntinetionen giebt, bei den Farnen Borax-
Carmin mit nachfolgender Salzsäure-Behandlung.
Die Theilungen, die die Antheridiummutterzelle nach Bildung der Deckelzelle und der umgebenden
Mantelzellen erleidet, sind oft genug beschrieben worden. Es ist bekannt, dass zunächst durch Auftreten
von zwei bis drei Querwänden der Inhalt der Centralzelle in mehrere Schichten zerlegt wird. Dann
erfolgen Theilungen nach allen drei Riehtungen des Raumes, in Folge deren der Inhalt in eine grössere Zahl
tesseraler Zellen zerfällt (Taf. I, Fig. 32 u. Taf. III, Fig. 55 beiaı). Hiermit im Zusammenhang steht eine beträcht-
liche Grössenzunahme des Organs, mit der auch gleichzeitig weitere Theilungen in den umgebenden Mantel-
zellen Hand in Hand gehen; die einzelnen Spermatozoidmutterzellen verquellen ihre Membranen, sie
isoliren sich mehr und mehr (Taf. III, Fig. 56aı) und nehmen sphärische Gestalt an. In Folge dieser
Grössenzunahme der Mutterzellen wird von ihnen ein bedeutender Druck auf die umgebenden Wände
des Antheridium ausgeübt und besonders auf die Deckelzellen, die dort, wo sie an der zuerst aufge-
tretenen Wand an einander stossen, zusammengedrückt werden, so dass sie nur noch mit einer dünnen
Zellhaut zusammenhängen (Taf. III, Fig. 55as u. 56a2). Kommt jetzt das Organ mit Wasser in Berührung, so
verquellt die Membran der Spermatozoidmutterzelle noch stärker, in Folge dessen die einzelnen Zellehen
sich noch weiter von einander zu entfernen streben. Die an der mittleren Zellwand (Taf. I. Fig. 27)
kaum noch zusammenhängenden Deckelzellen sind einem solchen Drucke nicht mehr gewachsen, sie
weichen von einander, wobei sie sich ganz zurückschlagen, und lassen die Spermatozoiden austreten.
Dieses Austreten wird begünstigt einerseits durch die weitere Quellung der Mutterzellmembranen,
womit auch möglicherweise eine solche des Plasma verbunden ist, andererseits «durch die Wandung des
Antheridium, die sich wieder zusammenzuziehen strebt. Die stossweise Entleerung findet vielleicht darin
ihre Erklärung, dass die Mutterzellen im Antheridium noch nieht sämmtlich ganz isolirt sind, sondern
dass sie theilweise noch mit den gequollenen Membranen zusammenhängen, und erst in dem Masse, wie
die vollständige Trennung herbeigeführt wird, kann das Austreten erfolgen. Dass an letzteren eine
Eigenbewegung der Spermatozoidmutterzelle, wie Hofmeister annimmt, auch nur den geringsten
Antheil hat, glaube ich nicht, die wenigen indessen, die vorläufig noch im Antheridium zurückbleiben,
treten dann, nachdem das in ihnen enthaltene Spermatozoid sich theilweise befreit hat, durch Eigen-
bewegung heraus.
Das in seiner Mutterzelle spiralig aufgerollte Spermatozoid, an dem zuweilen schon die Cilien
zu erkennen sind, die gewöhnlich durch die enge Lage der Windungen verdeekt werden, befreit sich
entweder plötzlich, oder es erfolgt erst eine kreisende Bewegung der ganzen Mutterzelle. Für diese
beiden Vorgänge scheint es mir nicht schwer, die Ursache aufzufinden. Das Spermatozoid, das von der
Zelle eingeschlossen in einer Ebene spiralig aufgewunden ist, frei geworden sich aber sofort streekt und
eine korkzieherähnliche Gestalt annimmt, muss einen Druck auf die Wandung der Mutterzelle ausüben.
Von dieser verquellt meiner Ueberzeugung nach nur eine äussere Wandschicht, wogegen eine sehr zarte
innere keinen Theil daran nimmt. Evrstere löst sich im Wasser allmählich auf, die sehr zarte innere ist
nicht im Stande, den vom Spermatozoid ausgeübten Druck zu ertragen, sie wird in demselben Augen-
blick, wo. die äussere Membran gelöst ist, von diesem durchbohrt, und das Spermatozoid entfaltet seine
Wimpern und eilt davon. Sieht man aber schon vorher die Mutterzelle mit dem eingeschlossenen Sper-
matozoid sich rotirend bewegen, so ist es in diesem Falle, vielleicht in Folge schwächerer Organisation
der äusseren Schicht, dem Spermatozoid gelungen, theilweise die Zelle zu durchbrechen, so dass seine
Cilien bereits hervorragen, die dann die kreisende Bewegung der Mutterzelle verursachen ; eine Orts-
veränderung findet auch jetzt erst statt, nachdem die äussere Wandschicht gelöst, und damit das Sper-
matozoid freigeworden ist. Bei solchen rotirenden Spermatozoidmutterzellen habe ich oft die Wimpern
erkannt.
Wie nun aus der von mir gegebenen Deutung hervorgeht, betrachtete ich die Blase, die man
so oft dem davoneilenden Spermatozoid anhaften sieht, als den Rest der Mutterzelle. Will man hier-
gegen einwenden, dass, wenn diese meine Deutung die richtige sei, man dann doch auch solche
Zellen isolirt finden müsste, da doch auch häufig Spermatozoiden ohne jenen blasigen Anhang angetroffen
werden, so muss ich dem gegenüber erwidern, dass es mich auch sehr überrascht, dass von so vielen
Beobachtern erklärt wird, man könne keine Spur davon erkennen, und deshalb müsste die ganze Mutter-
zelle bei der Bildung des fertigen Spermatozoids verbraucht sein. Ich habe bei meinen Untersuchungen
bei jedem Antheridium, das unter meinen Augen seine Spermatozoiden entliess, nach dem erfolgten
Absechwimmen dieser mehrere der zurückgelassenen Zellen angetroffen. Freilich sind sie sehr zart, aber
5*
rat
immerhin deutlich genug, um sie mit einem leistungsfähigen Mikroskop bei aufmerksamer Beobachtung
erkennen zu können, und die in ihnen enthaltenen kleinen Stärkekörnchen zeigen es deutlich an, dass
wir es hier mit denselben Blasen zu thun haben, die wir auch an den sich bewegenden Spermatozoiden
antreffen. Wollten wir mit Schacht in der Blase den erweiterten hinteren Körpertheil des Spermato-
zoids erkennen, wogegen übrigens auch die ganze Entwieklung spricht, wie wollten wir dann jene Fälle
erklären, wo sie augenscheinlich geplatzt ist, wo sie sich als lappigen, nicht mehr gespannten Anhang
des hinteren Körperendes zeigt, und wo trotzdem das Leben des Spermatozoids nicht erloschen ist. In
dieser Form finden wir die Blase oft genug, und unzweifelhaft ist auch durch solche Erscheinung Hof-
meister dazu verleitet worden, seinen Spermatozoiden als Schwimmorgane flossenförmige Anhänge zu
verleihen. Ebenso wird von Sehacht angegeben als Beweis für seine Behauptung, dass die Blase an
verschiedenen Stellen der letzten Windung sich befinden könnte (l. e. pag. 10), doch können wir das
genau so gut erklären, wenn wir sie als ein unwesentliches Anhangsgebilde, als den unverbrauchten
Theil der Spermatozoidmutterzelle betrachten. Dass diese Blase durch Wasseraufnahme zuweilen platzt,
habe ich auch gesehen, aber ich habe nieht gefunden, dass damit immer der Tod der Spermatozoiden
verbunden ist.
So wenig ich nun in diesen Punkten mit früheren Beobachtern übereinstimme, ebenso wenig
kann ich die bisher von den meisten Autoren angegebene Entwicklung der Spermatozoiden bestätigen.
Die einzige vorliegende Beobachtung, die mit meinen an Equiseten, Farnen und Lebermoosen gemachten
Untersuchungen übereinstimmt, ist die oben angeführte von Goebel, der die Spermatozoidentwicklung
von Chara verfolgt hat. Die von ihm gefundenen Resultate sind schon oben wiedergegeben; als die
wichtigsten sind hervorzuheben: Der Zellkern löst sich nicht auf, und das Spermatozoid entsteht direet
aus dem Kern durch Auswachsen desselben, nieht durch Spaltung, wie Schmitz und Zacha-
rias wollen.
Nachdem ich meine Untersuchungen abgeschlossen und zum grössten Theil niedergeschrieben
habe, kommt mir die Arbeit von Berthold in die Hände: „Studien über Protoplasmamechanik 1886“,
in der einzelne Punkte angeführt werden, die von mir gewonnene Resultate bestätigen. Den geschichteten
Bau der Equisetensporen giebt er in derselben Weise, wie von mir oben dargestellt, auch stimmt seine ,
Abbildung einer reifen Spore mit der von mir gegebenen überein. Er bespricht sehr eingehend die
bei der Keimung vor sich gehende Umlagerung des Plasmainhalts derselben (pag. 188—192). Bezüglich
der Spermatozoidentwicklung schliesst er sich, soweit es Chara foetida anbetrifft, der von Goebel
gegebenen an, in Bezug auf die anhaftende Blase vertritt er dieselbe Ansicht, die ich auch oben aus-
gesprochen habe, nämlich dass sie der mit membranähnlieher Hülle umgebene Saftraum der Mutterzelle
sei (pag. 306.) Wenn er sich dabei gegen Goebel wendet und es so darstellt, als ob dieser die
Ansicht vertrete, dass die den Spermatozoiden etwa anhaftende Blase aus dem Zellkern hervorgehe, so
fehlt hierzu jede Berechtigung, da Goebel sich nirgends in diesem Sinne geäussert hat, sondern nur
von einem bläschenförmigen Hinterende spricht, worunter doch nur der hintere, etwas erweiterte
Theil des Spermatozoidkörpers verstanden werden kann, der auch auf der von Schacht (l. e.) gegebenen
Abbildung Taf. VI, Fig. $8la zu erkennen ist, und der jedenfalls seinen Ursprung dem Zellkern verdanken
wird. Er bestreitet, dass die Cilien, wie Goebel angiebt, gebildet würden, bevor das Spermatozoid
ausgewachsen sei, und erklärt diese Entstehungsweise auch aller Analogie nach für höchst unwahr-
— 37 —
scheinlieh, da in allen Fällen, wo ein sicherer Nachweis möglich sei, die Cilien an den Schwärmern erst
zuletzt, kurz vor ihrem Austritt sieh bilden. Aber so ohne alle Analogie, wie Berthold annimmt, ist
die von Goebel vertretene Entstehungsweise der Cilien von Chara denn doch nicht, da ich sie bei
Pellia epiphylla in derselben Weise beobachtet habe, wo überhaupt kein Irrthum möglich war, da es
mir hier gelungen ist, die eben zum Spermatozoid auswachsenden Zellkerne mit den anhaftenden Cilien
zu isoliren. Verfasser spricht dann noch dieselbe Ansicht aus, die vor ihm schon von Goebel (l. e.)
betont ist, dass auch bei den Archegoniaten die Entwicklung wesentlich in derselben Weise verlaufen
dürfte, wie bei Chara, was von Berthold für Equisetum arvense beobachtet ist, deren Spermatozoiden
er nur eine Spiralwindung zuschreibt. Auch die dieser anhaftende Blase erkennt er als den mit einer
Membranschieht umgebenen Saftraum der Zelle, bestreitet aber, dass in derselben Stärkekörner enthalten
seien (pag. 307), die nach den Angaben von Schacht und Strasburger, denen ich mich nach
meinen Untersuchungen völlig anschliesse, darin vorkommen.
Gehen wir nun zur Entwicklung der Spermatozoiden von Equisetum über, so finden wir, dass
auch hier zunächst in der Spermatozoidmutterzelle sich ein sehr grosser Zellkern zeigt, der inmitten
einer nicht sehr mächtigen Protoplasmaschicht liegt. Dieser wird nun zunächst wandständig (Taf. IV,
Fig. 57) und beginnt an einem Ende auszuwachsen (Taf. IV, Fig. 58—60), wobei er sich mehr und
mehr abplattet und sich so der äusseren Wand anlagert, dass seine Concavität dem Innenraum der Zelle
zugewandt ist (Taf. IV, Fig. 61--66).
Alle Zwischenstadien können wir nun verfolgen bis zum ausgebildeten Spermatozoid hin (Taf. IV,
Fig. 67— 71), so dass es keinem Zweifel unterliegen kann, dass dieser lediglich dem Zellkern seinen
Ursprung verdankt. Ueber die Entstehung der Cilien kann ich hier nichts Sicheres angeben, doch ver-
muthe ich nach Analogie mit Pellia epiphylla, dass sie aus dem Zellplasma hervorgehen; die Blase, die
das ausgebildete Spermatozoid so häufig mit sich zieht, stellt, wie bereits oben angeführt, den mit einer
zarten Membran umgebenen Rest der Mutterzelle dar.
Ganz genau so habe ich die Aubildung der Spermatozoiden bei den Farnen gefunden, wobei
ich für Pteris serrulata auf Taf. IV, Fig. 72—-76 und für Hemitelia Walkerae auf Taf. IV, Fig. 77—86
verweisen will, die, besonders bei der letztgenannten, den Vorgang deutlich genug zeigen, ohne dass es
nöthig wäre, eine Erklärung hinzuzufügen; auch hier ist die Blase der Rest der Mutterzelle.
Ebenso finden wir bei den Lebermoosen analoge Verhältnisse, für die ich als Beispiel
Pellia epiphylla wähle. Die Spermatozoidmutterzellen enthalten auch hier einen grossen Zellkern, der
ebenso wie bei den Equiseten und Farnen, direet zum Spermatozoidkörper auswächst, doch ist es mir
bei diesen gelungen zu constatiren, dass die Cilien schon angelegt werden, bevor der Zellkern seine
Form wesentlich verändert hat. In diesem Falle verdanken sie also sicher dem Zellplasma ihren Ursprung,
as auch wohl bei den vorhin aufgeführten Ordnungen anzunehmen ist. Im Uebrigen will ich mich
auch hier auf die beigegebenen Figuren beziehen (Taf. IV, Fig. S7—95).
So übereinstimmend nun die Entwicklung der Spermatozoiden ist, ebenso übereinstimmend ist
auch bei den Schachtelhalmen und höheren Farnen der Bau der ausgebildeten. Der Körper beschreibt
zwei bis drei Windungen, die einander mehr oder minder genähert bleiben, und von denen die erste
die engste, und die letzte die weiteste ist. Da die erste Windung häufiger nur einen sehr engen Kreis
beschreibt, so macht es dann den Eindruck, als befände sich dort eine knopfartige Verdiekung, in deren
Mitte sich ein kleines Bläschen befindet (Taf. IV, Fig. 71 u. 95). In diesem Sinne gehaltene Abbildungen
und Beschreibungen sind denn auch schon von verschiedenen Autoren gegeben worden, doch ist dies,
wie eben angeführt, nieht richtig, und wie leicht ersichtlich, ist das beobachtete Bläschen nichts weiter
als der enge, von der Spiralwindung umschlossene Luftraum. Das Spermatozoid verjüngt sich nach
dem vorderen, erweitert sich nach dem hinteren Ende.
Die widersprechendsten Angaben sind über die Insertion der Cilien gemacht, doch auch in
diesem Punkte verhalten sich die Spermatozoiden beider oben angeführten Ordnungen gleich. Ich habe
solehe von Farnen aus den Familien der Polypodiaceen von Vittaria elongata*) (Taf. IV, Fig. 96—98),
Ceterach officinarum (Taf. IV, Fig. 99 u. 100) und Gymnogramme calomelanos (Taf. IV, Fig. 101 u. 102),
aus der Familie der Cyatheaceen von Hemitelia Walkerae (Taf. IV, Fig. 85 u. 86) und aus der- Familie
der Osmundaeeen von Osmunda regalis (Taf. IV, Fig. 103 u. 104) und von den verschiedenen Equiseten-
Arten (Taf. IV, Fig. 70 u. 71) untersucht und habe bei allen auch in diesem Punkte völlige Ueberein-
stimmung gefunden. Sie alle tragen nur auf einer sehr schmalen, dicht unterhalb des vorderen Endes
gelegenen halbkreisförmigen Zone die Cilien und zwar auch dort nur auf der eonvexen Rückenseite,
während die coneave Bauchseite und der ganze übrige Theil des Körpers nackt ist. Die Unklarheit,
die über diesen Punkt bisher herrscht, und die unrichtigen Angaben und Abbildungen, die sich in Folge
dessen bei allen Schriftstellern vorfinden und in die Lehr- und Handbücher übergegangen sind,**) kann
ich mir nur so verursacht denken, dass die Beobachter sich dadurch täuschen liessen, dass sie abgetötete
Spermatozoiden scheinbar am ganzen Körper mit Wimpern bedeckt sahen. Verfolgt man aber ein
lebendes, so erkennt man ganz deutlich, dass nur auf einer vorderen Zone ein flimmernder Wimperstreif
sich befindet, doch lässt sich wegen der Schnelligkeit der Bewegung nichts Genaueres sehen. Setzt man
nun vom Deckglasrand aus einen ganz kleinen Tropfen Glycerin oder einer einprocentigen Ueberosmium-
säure-Lösung hinzu und verfolgt dann ein dahineilendes Spermatozoid, so sieht man es alsbald in seiner
schnellen Bewegung erlahmen, die Schwingungen der Cilien verlangsamen sich, und man kann, eine
genügend starke Vergrösserung vorausgesetzt, jetzt auch deutlich die Insertion derselben erkennen. Bei
den abgetöteten Spermatozoiden legen sich nun meistens die Wimpern dem Körper dieht an, mit ihren
Enden gewöhnlich etwas abstehend, was dann zu der oben angeführten irrigen Auffassung Veranlassung
gab; doch bei scharfer Einstellung des Mikroskops kann man auch jetzt noch häufig die Contouren
der einzeluen Cilien bis zu ihrer Insertion unterhalb des vorderen Endes verfolgen.
Etwas abweichend gebaut sind die Spermatozoiden der Marsiliaceen, von denen ich solehe von
Marsilia macra und Pilularia globulifera untersucht habe.
Erstere (Taf. IV, Fig. 105—108) beschreiben 12—14 Spiraldrehungen und haben an ihrer letzten
Windung ebenfalls häufig den Rest der Mutterzelle befestigt. Die Insertion der Cilien, die hier von
ganz bedeutender Länge sind, ist aus letzterem Grunde etwas schwieriger zu erkennen als bei den
vorhin aufgeführten. Sie sind auch hier zahlreich vorhanden, aber am hinteren Ende des Spermatozoids
*) Die Farnprothallien entstammen den Culturen des Herrn Prof. Dr. Goebel.
**) Vergl. die Untersuchungen von Hofmeister, Schacht, Thuret, ferner Sachs, Lehrbuch der Botanik, IV. Aufl.,
Strasburger, botan. Prakticum 1884; Luerssen, Grundzüge der Botanik, IV. Aufl. 1885; Sadebeck, Gefässkryptogamen in
Schenk’s Handbuch der Botanik 1879 ete.
— 359 —
befestigt, stehen indessen ebenfalls nur auf einer halbkreisförmigen Zone der Rückenseite. Dass hier
thatsächlich die folgenden Windungen frei von Wimpern sind, lässt sich leicht an solehen Spermato-
zoiden erkennen, die beim Versuch, sich von der anhaftenden Mutterzelle zu befreien, den hinteren
Theil ihres Körpers eingebüsst haben und nun ohne alle Cilien sind (Taf. IV, Fig. 108). Genau solche
Formen bildet auch Hanstein (39) ab, der im Uebrigen über die Cilieninsertion unrichtige Angaben
macht. Zur Ruhe gekommen legen sich die langen Wimpern so eng an die Spirale, dass es allerdings
sehr schwer ist, ihren Ursprung zu erkennen. Hanstein behauptet in Betreff der Bewegungsart, dass
ebenso oft das hintere erweiterte Ende vorangehe, wie das vordere spitze. Es ist richtig, dass hier
nicht, wie bei den höheren Farnen und den Equiseten, bei der Vorwärtsbewegung so ausnahmslos das
vordere spitze Ende voranschreitet, doch habe ich die umgekehrte Bewegungsrichtung nur bei solchen
Formen gefunden, die sich ihrer Mutterzelle entledigt hatten. Es wird dies hier mit der eigenthümlichen
Inserirung der Cilien zusammenhängen.
Die Spermatozoiden von Pilularia globulifera (Taf. IV, Fig. 1099—111) beschreiben etwa drei
Windungen; auch hier habe ich im Gegensatz zu Hanstein (40), der gar keine und Arcangeli (41),
der zwei Cilien angiebt, eine grosse Zahl von Wimpern angetroffen, die in derselben Weise, wie wir es
bei den Spermatozoiden der Farne und Equiseten gefunden haben, dieht unterhalb der Spitze inserirt
sind. Zu erwähnen ist noch, dass die Windungen der Spermatozoiden der Marsiliaceen flexiler sind, als
die der Spermatozoiden der Farne und Equiseten, dass in Folge dessen erstere sich weit mehr in ihrer
Längsachse ausdehnen und bisweilen die Form eines nur etwas wellig gekrümmten Fadens annehmen
können.
Ziehen wir nun den Schluss aus unserer Untersuchung, so können wir wohl als sicher für die
sogenannten höheren Cryptogamen hinstellen, dass in keinem Stadium ein Auflösen des Zellkerns der
Mutterzelle stattfindet, sondern dass dieser direet zum Spermatozoid auswächst, und dass die Wimpern
aus dem Zellplasma hervorgehen, und bezüglich der Equiseten, höheren Farne und Marsiliaceen können
wir noch hinzufügen, dass sie hier nur auf einer bestimmten halbkreisförmigen Zone auf der convexen
Rückenseite, gewöhnlich dicht unterhalb des vorderen Endes inserirt sind, während der übrige Theil
des Körpers nackt ist, und dass die etwa anhaftende Blase lediglich den mit einer zarten Membran
umgebenen nicht verbrauchten Theil der Spermatozoidmutterzelle darstellt.
Die junge Keimpflanze.
Die Entwicklung des Embryo, die wohl im Allgemeinen von Sadebeck (42) richtig erkannt
ist, übergehe ich, da ich dieselbe nicht genauer verfolgt habe, doch will ich emige Abbildungen geben
(Taf. V, Fig. 112—117), die zeigen mögen, dass die Uebereinstimmung mit der Keimbildung der Farne
vielleicht noch grösser ist, als von Sadebeck angenommen wird, welcher die Zellwände offenbar
vielfach in perspeetivischer Verzerrung zeichnet*').
*) Vergl. Goebel: Zur Embryologie der Archegoniaten.
ee
Mit der aus dem Embryo entstandenen jungen Keimpflanze ist, wie bekannt, noch nicht die
definitive Form erreicht. Das Gebilde, welches wir zunächst antreffen, ist noch nicht ausgerüstet mit
jenen Sehutzmitteln, mit denen die Equiseten unserer Felder und Wiesen ausgestattet sind, und vermöge
derer sie äussern ungünstigen Einflüssen einen so wirksamen Widerstand entgegenzusetzen im Stande sind,
dass es fast unmöglich erscheint, sie aus einem von ihnen einmal oceupirten Terrain zu vertreiben. Sie
zeigen sich im Gegentheil als schwächliche Pflänzehen, die erst ganz allmählich erstarken. Der ersten folgt
eine etwas kräftiger gebaute zweite Generation, die ihrerseits durch eine abermals widerstandsfähigere dritte
abgelöst wird, die mit dem Auftreten der vierten von demselben Schieksal betroffen wird, dem ihre Vor-
gängerinnen früher anheim gefallen sind, sie stirbt ab, ihre innere Organisation befähigt sie nicht zu einer
längern Lebensdauer. Jetzt folgende Sprosse dringen in den Boden ein, die ursprüngliche Keimwurzel
stirbt ebenfalls ab, und an der unterirdischen Achse entstehen andere in grösserer Zahl, und im Folge
der durch sie jetzt reichlicher herbeigeschafften Nährstoffe vermag das Rhizom kräftigere Seitensprosse
an die Oberfläche zu entsenden, bis wir schliesslich mit dem Auftreten eines sporentragenden Sprosses
die Pflanze als völlig ausgewachsen betrachten können.
Wie schon aus dieser Entwicklungsweise gefolgert werden kann, ist der Bau der zuerst auf-
tretenden Sprossgenerationen wesentlich einfacher als der der völlig ausgebildeten Pflanze. Betrachten wir
die Zahl der zu einer Ringscheide verwachsenen Blätter, die bei der entwickelten Pflanze stets eine
ziemlich grosse ist, so finden wir an der ersten Sprossgeneration beständig die Dreizahl auftreten,
ausgenommen bei Equisetum variegatum, wo ich stets nur zwei Blätter mit einander verwachsen beobachtet
habe: ob nun bei diesem im Gegensatz zu den Uebrigen die Zweizahl eine konstante ist, oder ob es nur
eine Rasseneigenthümlichkeit meiner Cultur ist, dass sich also bei andern auch die Dreizahl, wie Hof-
meister von Eg. variegatum angiebt, finden wird, kann ieh nicht entscheiden, jedenfalls haben meine
Culturen, die eine grosse Zahl junger Pflänzchen mir geliefert haben, stets nur zweizähnige Scheiden-
blätter gezeigt.
Wie schon der äussere Habitus uns die ersten Generationen als schwächliche Pflänzehen erkennen lässt,
so finden wir auch den anatomischen Bau derselben einfacher gestaltet, als bei der entwickelten Pflanze.
Das wohl ausgebildete mechanische System, das diese gerade so widerstandsfähig macht, die dieke
Bastlage des Stengels, die nur auf schmalen Stellen durch die cehlorophyliführende Sehicht unterbrochen
wird, vermissen wir hier vollständig. Dagegen finden wir, mit Ausnahme der einzelligen Epidermisschicht,
das gleichartige parenchymatische Gewebe, nur unterbrochen durch die eben enstehenden Vallekular-
höhlen, bis zu der Endodermis hin mit Chlorophyll erfüllt, Carinalhöhlen und Centralhöhle sind noch
nieht vorhanden. Wo letztere später entsteht, zeigt sich hier ein eng zusammenhängendes Gefüge grösserer
polyedrischer Zellen (Taf. V Fig. 119); von ersterer sieht man gelegentlich den Beginn ihres Auf-
tretens in dem Resorbirtwerden einzelner Gefässwände, ohne dass man indess schon von Carinalhöhlen
sprechen dürfte. Auch die Vallekularhöhlen zeigen sich nicht als jene wohl abgerundeten scharf
begrenzten Lücken, wie wir sie im Gewebe der erwachsenen Pflanzen antreffen, wir finden nur, dass
dort, wo wir sie zu suchen haben, die Zellen wie zerrissen erscheinen, einzelne Wände sind resorbirt,
von anderen sind Rudimente vorhanden.
Die Keimpflanzen der verschiedenen Equisetum-Arten zeigen unter sich keinen merklich differenten
Bau. Bei Equisetum pratense sind die Riefen des Stammes etwas schärfer hervorspringend; Eq. silvaticum
UN
hat die Zellen der Epidermis auffallend stärker verdickt als die übrigen Arten, so dass diese nur ein
enges Lumen besitzen, eine Erscheinung, die ich bei keiner anderen Art weiter angetroffen habe, und
die wohl als beginnende Bastbildung aufzufassen ist, zumal da auch bisweilen schon die zweite Zellschicht
an dieser Verdiekung Theil nimmt. Bei Eq. variegatum zeigt das parenehymatische Bindegewebe
grössere Lücken, die nur durch einzelne unregehnässig hineinragende oder dieselben durchsetzende
Zellreihen unterbrochen sind (Taf. V, Fig. 118), auch finden wir entsprechend den zweizähnigen Blatt-
scheiden nur zwei Gefässbündel im Innern des Stammes. Diese sind hier nicht wie bei den anderen
Arten im Umrisse kreisrund, sondern ellipsoidisch; die Epidermis ist wenig verdickt, Riefen und Rillen
lassen sich am Stamm nur schwer erkennen.
Wie der Stamm, so ist auch die Keimwurzel einfacher organisirt als «die spätern Wurzeln der
unterirdischen Sprosse. Milde (43) giebt für letztere an, dass dieselben von einer vier bis füntzelligen
dunkelbraunen Rindenschieht mit stark verdiekten Zellen umgeben sind, die zusammen fast ?/s der ganzen
Wurzel einnehmen. Auf diese Schieht sollen mehrere Lagen ausserordentlich lockerer Zellen folgen, die
häufig resorbirt werden, so dass dann der innere Cylinder der Wurzel frei wie in einem zu weiten
Futterale im Rindeneylinder steckt, und er giebt von diesem Bau Taf. VIII, Fig. 13 eine Abbildung, die
sich auf Eg. pratense bezieht.
Die Keimwurzel der jungen Pflanze zeigt sich nun, wie oben erwähnt, wesentlich einfacher
gebaut (Taf. V, Fig. 120). Besonders schwach ist die Rindensehieht entwickelt, die nur zwei Zelllagen
mächtig ist, und von der nur die innere dieser beiden Zelllagen schwache Verdiekung zeigt. Braun-
gefärbt sind sie auch hier, besonders die äussere, dagegen fehlt ganz das lockere Innengewebe, doch
habe ich auch bei den Wurzeln erwachsener Sprosse von Egq. pratense (dieses nicht finden können, und
wie aus der beigefügten Zeichnung hervorgeht (Taf. V, Fig. 121), sind die vorhandenen Lücken auf
Intereellularräume zurückzuführen, die indessen nicht solehe Dimensionen annehmen, dass der axile Theil
in dem Rindeneylinder wie in einem Futterale zu steeken scheint.
Betrachten wir nun zum Schluss die Unterschiede, die wir zwischen den ersten Sprossgenerationen
und der erwachsenen Pflanze finden, so bestehen diese lediglich in einer geringeren Differenzirung des
anatomischen Baues; wir können wohl annehmen, dass die weitere Entwicklung gehemmt wurde durch
die mangelhafte Zuführung der Nährstoffe, so gleicht denn auch der Stamm des ersten Sprosses in
manchen Beziehungen den Aesten der ausgebildeten Pflanze.
Werfen wir nun noch einen Blick auf die Beziehungen, die sich bezüglich der Prothallium-
entwicklung zwischen Equiseten und den übrigen Gefässkryptogamen auffinden lassen, so scheint mir
nach den 1884 veröffentlichten Beobachtungen von Treub (44) und den ganz neuerdings angestellten
Untersuchungen von Goebel*) über Zycopodium eine bei weitem grössere Uebereinstimmung in der
Entwickelung der geschlechtliehen Generation mit dieser Gattung (soweit sie chlorophyllführende Prothallien
*) Goebel: Prothallien und Keimpflanzen von Zycopodium inundatum in Bot. Zeitung 1887.
O. Buchtien, Entwicklungsgeschichte des Prothallium.
ee
besitzen) vorhanden zu sein als mit den Farnen. Schon in der Ausbildung des Prothallium zeigen beide
Gattungen eine grosse Aehnlichkeit; während bei den Farnen aus der keimenden Spore ein vorwiegend
flächenförmig ausgebildetes Prothallium entsteht, finden wir bei den Equiseten mehr die Neigung, ein
körperliches zu erzeugen, eine Neigung, die bei den weiblichen schon voll zur Geltung kommt. In noch
höherem Grade tritt die körperliche Ausbildung desselben bei Lycopodium hervor, wo eine flächenförmige
Entwicklung überhaupt unterbleibt. Wie sich schon in diesem Punkte bedeutende nicht von der Hand
zu weisende Differenzen zwischen Equiseten- und Farn-Prothallien ergeben, so ist in der weiteren Ent-
wieklung in der Anlage der Lappen und des Meristems erst recht keine Uebereinstimmung zwischen beiden
aufzufinden; anders dagegen stellt sich ein Vergleich zwischen Equisetum und Lycopodium, wo bei
beiden am Gewebekörper ein Meristem auftritt, dem Lappen entspringen*). Auch in der Anlage und
Stellung der Geschlechtsorgane zeigt Equisetum mit Lycopodium eine nähere Verwandtschaft als mit
den Farnen.
Die Antheridien der höheren Farne entstehen bekanntlich durch Hervorwölben einer Oberflächen-
zelle, in der dann die weiteren Theilungen vor sich gehen, bei den Equiseten dagegen wird, wie oben
beschrieben, bei den im bereits körperlich gewordenen Prothallium angelegten Antheridien eine Zelle
durch eine zur Oberfläche parallele Wand getheilt und erst sekundär rückt das Organ, durch innere
Wachsthumsvorgänge gedrängt, etwas über die Oberfläche hervor, bleibt aber doch zum grössten Theil
dem Gewebe eingesenkt**).
Bei den bis jetzt bekannten Lyeopodiumprothallien ist die Entstehung ebenso
wie bei Equisetum, nur dass das Organ auch später nieht oder doch nur wenig über die Prothallium-
oberfläche hervorrückt, und dass keine besondere Hüllschieht um dasselbe gebildet wird.
Bei der Entwieklung der Archegonien von Lyeopodium, deren Stellung dieselbe ist wie bei den
Equiseten, wird ebenfalls keine Basalzelle abgeschnitten, doch unterbleibt auch hier die Anlage einer
Hüllschieht um die Eizelle. Freilich sind immerhin auch grössere Differenzen zwischen Equiseten- und
Lycopodien-Prothallien vorhanden, doch sind diese nicht so bedeutend wie die zwischen ersteren und
denen der Farne, und möchte ich deshalb zum Schluss noch die Ansicht aussprechen, die durch fernere
Untersuchungen, glaube ich, noch mehr bestätigt werden wird, dass die Equiseten näher mit den
Lycopodien als mit den Farnen verwandt sind.
*) Vergl. über diesen Punkt Goebel. c.
**) Auf die Uebereinstimmung in der Antheridienbildung aller Eusporangiaten ist zuerst aufmerksam gemacht in
Goebel: Grundzüge der Systematik 1882, pag. 280.
Litteraturverzeichniss.
(Die vorgestellten Zahlen beziehen sich auf die entsprechenden Zahlen im Texte.)
Agardh: Observations sur Ja germination des Preles, in M&moires du Museum d’histoire naturelle
Tome IX 1822.
Areangeli: Sulla Pilularia globulifera e sulla Salvinia natans memoria; in Nuovo giornale bota-
nico italiano. Vol. VIII 1876.
Bischoff: Die eryptogamischen Gewächse. I. Heft 1828.
Derselbe: Ueber die Entwieklung der Equiseten; in Nova acta acad. Caes. Leop.-Carol. Tom. XIV,
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. Derselbe: Bemerkungen zur Entwieklungsgeschiehte der Equiseten; in Bot. Zeitung 1853.
De Bary: Notiz über die Elateren von Equisetum; in Bot. Zeitung 1881.
De Candolle: Örganographie vegetale. Tome II.
Duval-Jouve: Histoire naturelle des Equisetum de Franee. 1864.
. Duvernoy: De Salvinia natante 1825 (Tübinger Inaugural-Dissertation.)
Goebel: Vergleichende Entwieklungsgeschichte der Pflanzenorgane; in Schenk’s Handbuch der
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Hanstein: Befruchtung und Entwicklung der Gattung Marsilia; in Pringsheim’s Jahrbücher für
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Derselbe: Pilulariae globuliferae generatio eum Marsilia comparata. 1866.
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Derselbe: Ueber die Keimung der Equisetaceen; in Flora 1852.
Derselbe: Beiträge zur Kenntniss der Gefässeryptogamen; in Abhandlungen der math.-physik.
Classe der kgl. sächs. Gesellschaft der Wissenschaften. Vol. IX, 1852.
Derselbe: Zusätze und Berichtigungen ete.; in Pringsheim’s Jahrbüchern für wissensch. Botanik.
Band III. 1863.
Janezewski: Vergleichende Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte des Archegoniums;
in Bot. Zeitung 1872.
Leitgeb: Ueber Bau und Entwicklung der Sporenhäute. 18384.
Leszezye-Suminski: Zur Entwieklungsgeschichte der Farnkräuter. 1848.
Mettenius: Beiträge zur Botanik. Heft I, 1850.
Milde: De sporarum Equisetorum germinatione. 1850. (Breslauer Tnaugural-Dissertation.)
ae
15. Derselbe: Zur Entwieklungsgeschiehte der Equiseten und Rhizokarpen; in Nova acta acad. Caes.
Leop.-Carol. Tom. RX, pars 2: 1852.
17. Derselbe: Das Auftreten der Archegonien am Vorkeim von Equisetum Telmateja; in Flora 1852.
3. Derselbe: Monographia Equisetorum 1865; in Nova acta acad. Caes. Leop.-Carol. Tom. XXXI,
pars 2. 1867.
Naegeli: Bewegliche Spiralfäden (Samenfäden?) an Farren; in Zeitschrift für wiss. Bot. von
Schleiden und Naegeli. I. Band, 1. Heft. 1844.
. Derselbe: Ueber die Fortpflanzung der Rhizocarpeen; in Zeitschrift für wiss. Bot. von Schleiden
und Naegeli. I. Band, 3. u. 4. Heft 1846. 1847.
Pringsheim: Notiz über die Schleuderer von Equisetum ; in Bot. Zeitung. 1853.
Derselbe: Ueber die Embryobildung der Gefässeryptogamen und das Wachsthum von Salvinia
natans: in Monatsberichte der kgl. preussischen Academie der Wissenschaften in Berlin, aus dem
Jahre 1863.
. Roze: Les antherozoides des Cryptogames; in Annales des sciences naturelles. V. Serie,
tome VII. 1867.
-Sadebeek: Ueber die Antheridien-Entwieklung der Schachtelhalme; in Sitzungsberichte der Gesell-
schaft naturforschender Freunde in Berlin. 1875.
. Derselbe: Die Entwicklung des Keims der Schachtelhalme; in Pringsheim’s Jahrbücher für wiss.
Bot. Band XI. 1878.
. Derselbe: Kritische Aphorismen über die Entwieklungsgeschichte der höheren Cryptogamen.
. Derselbe: Die Gefässeryptogamen; in Schenk’s Handbuch der Botanik. I. Band. 1879.
. Schacht: Die Spermatozoiden im Pflanzenreich. 1864.
. Sehmitz: (Ueber Spermatozoiden); in Sitzungsberichte der niederrheinischen Gesellschaft für
Natur- und Heilkunde zu Bonn. Sitzung am 13. Juli 1880.
‚Stahl: Einfluss der Beleuchtungsriehtung auf die Theilung der Equisetensporen; in Berichte der
deutschen bot. Gesellsch. Band III, Heft 9. 1885.
. Strasburger: Zellbildung und Zelltheilung. III. Aufl. 1880.
Thuret: Note sur les Anthöridies des Fougeres; in Annales des seiences naturelles. III. Serie,
tome XI. 1849.
Derselbe: Recherehes sur les Zoospores des Algues et les Antheridies des Cryptogames; in Annales
des seiences naturelles. III. Serie, tfome XVI. 1851.
‚Tomaschek: Zur Entwieklungsgeschichte (Palingenesie) von Equisetum; in Sitzungsberichte der
kaiserl. Akademie der Wissenschaft in Wien. Math.-naturw. Classe. LXXV. Band. 1877.
Treub: Etudes sur les Lycopdiaedes; in Annales du jardin botanique de Buitenzorg. Vol. IV. 1384.
Vaucher: Monographie des Preles. 1822.; in Me&moires de la soeciete de physique et d’histoire
naturelle de Geneve. Tome I, part. 2. 1822.
. Derselbe: Me&moire sur la fruetifieation des Preles; im M&moires du Museum d’histoire naturelle,
tome X. 1823. F
7. Zacharias: Ueber die Spermatozoiden; in Bot. Zeitung. 1881.
Fig.
Erklärung der Abbildungen.
Tafel 1.
(Figur 1—13 und Fig. 28 beziehen sich auf 2g. arvense, die übrigen auf Ey. pratense.)
1. (900.)
2. (300.)
3. (650.)
4. (260.)
5. (200.)
6—8. (260.)
Spore den geschiehteten Inhalt zeigend.
Spore die Befestigung der Elateren zeigend.
Keimende Spore, die stark uhrglasförmig gebogene Wand ist aufgetreten, bevor die
Spore ihre sphärische Gestalt verändert hat. Prothalliumzelle und Wurzelzelle sind
gleiehmässig von Chlorophyll erfüllt.
Die Spore ist bei der Keimung durch zwei auf einander senkrecht stehende Wände
in Kugelquadranten zerlegt.
Drei Wochen altes, körperlich sich entwiekelndes Prothallium.
Im Dunkeln gezogene Keimstadien. Fig. 6 und 7 zeigen die stark uhrglasförmige
Krümmung der die Wurzelzelle von der Prothalliumzelle trennenden Wand; Fig. 8
ist durch diese in zwei gleiche Hälften zerlegt. Das Chlorophyll lagert sich um den
Zellkern und an die Wand.
9—13. (150.) Drei Tage alte Keimstadien, bei 9 ist die Wurzelzelle (w) noch nicht ausgewachsen.
14.(90),15(70.) Auf Sand gezogene Prothallien, die Endzelle ist in mehrere Lappen getheilt.
16. (70.)
17. (145.)
13. (150.)
19270!)
20. (200) u.
21 (300.)
22. (300.)
23. (200.)
Die emzelnen Zellen sind seitlich ausgewachsen. Auf Sand gezogen.
Im Flusswasser erwachsenes Prothallium, bei dem verschiedene Zellen zu Haarwurzeln
ausgewachsen sind.
Auf Sand gezogenes, 26 Tage altes Prothallium, (2) eine junge Haarwurzel.
Auf Lehm gezogenes, 18 Tage altes Prothallium, (wı) eine nach oben wachsende
Haarwurzel.
Junge Antheridien in der Scheitelansicht, die Zahlen zeigen die Reihenfolge der
aufgetretenen Wände an.
Scheitelansicht eines jungen Antheridium, die fast tetraedrische Form desselben
zeigend.
Junges Antheridium von der Seitenfläche im optischen Längsschnitt gesehen, den
Verlauf der Wände in der Antheridiummutterzelle zeigend, a Antheridiumzelle,
d Deckelzelle.
Fig.
— 4
24. (200.) Ebenso, aber ein älteres Stadium; m bezeichnet die Stelle, wo weitere Theilungen
zu der Anlage der folgenden Antheridien führen.
25.-(200:) Die von oben gesehene, dem Antheridium aufsitzende Deckelzelle (4) ist durch eine
Querwand getheilt.
26. (200) u. Im der Deckelzelle sind weitere Theilungswände, die zu der ersten Längswand recht-
27 (260.) winklig stehen, aufgetreten.
28. (150.) Entleertes Antheridium von oben gesehen, die sieben Deckelzellen sind zurück-
geschlagen.
29. (150.) Prothalliumlappen mit zwei Antheridien von der Seitenfläche gesehen, die Theilungen
der Mantelzellen des Antheridiums zeigend; m der Ort, wo die Anlage weiterer
Antheridien erfolgt.
30. (200.) Optischer Querschnit durch ein reifes Antheridium (a), die Entstehung aus drei
Wänden ist nicht mehr zu erkennen; (k) Mantelzellen.
31. (170.) Aus dem geöffneten Antheridium treten die Spermatozoidmutterzellen in Form emer
Kugel hervor.
32. (200.) Antheridium von der Fläche gehen; m wie oben.
33. (200.) Optischer Längsschnitt von Fig. 29, das ältere Antheridium an der Spitze ist nicht
gezeichuet.
34. (150.) Junges Antheridium (a), von dem nur die Deckelzelle (4) abgetrennt ist.
Tafel 1.
(Figur 35 bezieht sich auf Eg. pratense; Fig. 36—38 auf Eg. arvense und Fig. 39—44 auf Fg. silvaticum.)
35. (150.) Laterale Antheridiumanlage (a) im optischen Längsschnitt, (d) Deckelzelle. Mantel-
zellen sind hier nicht gebildet.
36. (45.) Stück eines männlicheu Prothalliums im Längsschnitt, die Anordnung und Entstehung
der Antheridien zeigend.
37. (150.) Der in Fig. 36 mit gebrochener Linie eingefasste Theil stärker vergrössert.
38. (150.) Stück eines männlichen Prothallium im Längsschnitt, (a) junges Antheridium, um
das noch keine Mantelzellen gebildet sind.
39. (150.) Stück eines weiblichen Prothallium, das erste Auftreten des Meristems in Form
einiger sich vorwölbender Zellen zeigend, die im optischen Längsschnitt gezeichnet
und auf der Tafel gestrichelt sind.
40. (45.) Weibliches Prothallium; die Stelle, auf der die Zelleontouren fehlen, ist in
41. (150.) stärker vergrössert und stellt den Anfang des Meristems dar, von dem erst der erste
Lappen auszuwachsen beginnt und an dessen Grunde man ein ganz junges Arche-
gonium (ar) erblickt.
Fig. 42. (45.)
Fig.
N
43.
44.
45.
46.
AT.
48.
49.
0.
51.
52.
54.
55.
(150.)
(150.)
(150.)
(150.)
(200.)
(160.)
(35.)
(50.)
u.53. (60.
(35.)
An
Weibliches Prothallium, die weitere Entwicklung des Meristems (m) zeigend, zwischen
den beiden Lappen steht ein Archegonium (ar); (w) Wurzelhaar. Der mit gebrochener
Linie eingefasste Theil ist in
stärker vergrössert.
Noch weiter entwickelte meristematische Zone eines weiblichen Prothallium.
Tafel III.
Längssehnitt durch em weibliches Prothallium von Eqg. silvatieum; unterhalb des
Lappens ist ein Archegonium (ar) durch den Sehnitt getroffen, und unterhalb des-
selben sieht man schon wieder die Anlage des folgenden Lappens (D): (w
Wurzelhaar.
Meristem emes weiblichen Prothallium von Zg. silvaticum ; (ar) Archegonium.
Längsschnitt durch ein weibliches Prothallium von Eg. variegatum, der Sehnitt hat
ein junges Archegonium getroffen, zwischen dessen noch nicht durch Querwände
getheilte Halszellen (Az) die Halskanalzelle (Rk) bereits eingedrungen ist.
Längsschnitt durch em weibliches Prothallium von Eg. variegatum. Die die Eizelle
umgebenden Hüllzellen erstrecken sich bis in den Halstheil hinein; (v) Haarwurzel.
Längssehnitt durch ein ursprünglich weibliches Prothallium von Eg. arvense, das
durch die Cultur in ein männliches übergeführt ist. (a) Antheridien,. (ar) Arche-
gonien, (2) Lappen; es zeigt, wie die Archegonien durch die Antheridien vertreten
werden und wie mit deren Auftreten die Bildung weiterer Lappen unterbleibt. Zell-
eontouren konnten wegen der geringen Vergrösserung nicht emgetragen werden.
Stück emes monoeeischen Prothallium von. Eqg. silvaticum; es trägt zwei zwischen
Prothalliumlappen stehende Archegonien und zwölf Antheridien, von denen aı das
jüngste, aıg das älteste ist. Sie stehen auf dem Rande des Prothallium, letzteres ist
am Rande etwas umgeschlagen.
Spitze einer Haarwurzel eines in Flusswasser erwachsenen 6 Wochen alten Pro-
thallium von Eqg. arvense. Es enthält grosse Chlorophylikörner (eZ), die ganz von
Stärkekörnern bedeckt sind.
Prothallien von Zg. arvense, deren Haarwurzeln nicht m das Substrat eingedrungen
sondern dem Lichte entgegen gewachsen sind.
Prothallium von Eg. palustre, bei dem eine Zelle zu einem Zellhaar (A) aus-
gewachsen ist.
(200) u. 56. (150.) Stücke eines männlichen Prothallium von Eg variegatum, aı junges Anthe-
ridium, die Theilungen in der Mutterzelle zeigend; as reifes Antheridium, die Deckel-
zellen werden von dem Inhalt des Antheridium zusammengedrückt.
Fig.
57—11.
72— 16.
77—86.
87—9.
96—98.
99 u. 100.
101 u. 102.
103 u. 104.
ee re
Tafel IV.
Auf einander folgende Stadien der Spermatozoidentwicklung von Eqg. Telmateja.
Fig. 66 ist 1870-, alle übrigen sind 1500-fach vergrössert. Fig. 61 und 62 zeigen
dasselbe Spermatozoid bei verschiedener Einstellung, ebenso Fig. 63—69.
Auf einander folgende Stadien der Spermatozoidentwieklung von Pteris serrulata.
1500-fach vergrössert.
Desgleichen von Hemitelia Walkerae.
Desgleichen von Pellia epiphylla.
Reife Spermatozoiden von Vittaria elongata.
Desgleichen von Ceterach offieinarum.
Desgleichen von Gymnogramme calomelanas.
Desgleichen von Osmunda regalis.
105—108. Desgleichen von Marsila macra. Fig. 105 ist 1500, die übrigen sind 790-fach
vergrössert.
109—111.(1500.) Desgleichen von Pilularia globulifera; (st) Stärkekörner.
Tafel V und VI.
112—116.(150.)Schnitte durch den Embryo von Eq. variegatum.
117. (150.)
118. (170.)
119. (325.)
120.
121.
(150.)
122.
123.
Desgleichen durch Eg. pratense.
Querschnitt durch den Stamm der ersten Sprossgeneration von Egq. variegatum, zwei
Gefäissbündel enthaltend, die von einem sehr lockeren Gewebe umgeben sind; (sp)
Spaltöffnung.
Querschnitt durch das dritte Internodium der ersten Sprossgeneration eines Stammes
von Eg. Telmateja; nur der innere Theil ist gezeichnet, bestehend aus der Endo-
An Stelle
der Centralhöhle findet sich ein zusammenhängendes Gewebe grösserer polyedrischer
Zellen.
uersehnitt durch die junge Wurzel von Eg. Telmateja.
ung / )
dermis (end) nebst dem von ihm umschlossenen tetrarchen Gefässbündel.
Stück aus dem Querschnitt einer älteren Wurzel der unterirdischen Achse von Eq.
arvense.
Aelteres Prothallium von Eg. pratense, das Meristem umgiebt schon in einer etwa
halb kreisförmigen Zone dasselbe A —/a, sind Lappen, die vor dem Auftreten des
Meristems abgegliedert sind. Z ist der Theil des Prothallium, an dem das Meristem
entstand, und aus dem die übrigen nicht bezeichneten Lappen entsprungen sind.
arı junges Archegonium von der Flächenansicht; ars desgleichen vom Scheitel
gesehen. W junge Haarwurzel.
Ein älteres Prothallium.
— 49 —
Die vorliegende Untersuchung habe ich im Laufe des verflossenen Jahres in dem botanischen
Institut der hiesigen Universität angestellt und ergreife ich die Gelegenheit, meinem hochverehrten
Lehrer Herrn Professor Dr. Goebel an dieser Stelle meinen aufrichtigsten Dank für das rege
Interesse auszusprechen, das er jederzeit meiner Arbeit entgegenbrachte. Auch den Herren Paiche in
Genf,.Prof. Dr. Poli in Macerata und Prof. Dr. Fiori in Bologna danke ich für ihre Zu-
sendung von Sporen, wodureh ich in den Stand gesetzt wurde, mit meiner Arbeit rechtzeitig beginnen
und auch jene Arten in den Kreis meiner Untersuchungen hineinziehen zu können, die in der hiesigen
Flora nieht vertreten sind.
Rostock, d. 7. Januar 1887.
Fischer, Cassol
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bestätigt aber auch die Verbreitung dieser Pflanze in Folge ihres Bohrapparates, denn er erzählt, dass
sie ehemals auf der Insel Ternate nicht gefunden wurde, als aber dem Könige dieser Insel einst ein
Büffel geschenkt wurde, dessen Rücken ganz mit dem Samen bedeckt war, wurde sie durch denselben
dort eingeschleppt und verbreitete sich bald über die sandigen Stellen der ganzen Insel, und an einer
andern Stelle sagt er: „Hine itaque fit, quod homines et animalia hosee „pedieulos* dietos ex silvis
deportent in vicos, ubi etiam laete progeminant.“ Aehnliches wird von dem in Neu-Kaledonien vor-
kommenden 4. contortus L. angegeben, dessen Verbreitung in Europa, Ost-Indien, Neuholland, Südatrik:
und Mexiko deutlich genug für seine Klettfähigkeit spricht.
Cyperaceae.
Nicht wenige Cyperus-Arten haben hakig gekrümmte Deckblätter der Blüthen, an welche Eigen-
schaft vielfach durch ihre Speeiesnamen erinnert wird, wie bei €. uneinatus Poir., C. hamulatus Kunth und
€. recurvus Vahl, oder durch deren Synonyma, wie bei €. pygmaeus Rottb. (Kyilingia uneinata Lk.) und
©. cuspidatus H. et K. (C. recurvus W.)
Dieselbe Ausrüstung zeigen einige Arten von Isolepis, z. B. I. squarrosa R. et S. und 1. hamu-
losa Kth., sowie Fuirena uneinata Wall.
Bei den Seirpus-Arten ist das meist aus 6 Borsten bestehende Perigon nicht selten mit rückwärts
gerichteten Stacheln versehen, wie Se. lacustris L. (Fig. 11) und Se. paluster L. (Fig. 12), doch kommt es
Fig. 11. häufig vor, dass ganz nah verwandte Species verschieden ausge-
rüstet sind, wie z. B. von den zur Dlysmus-Gruppe gehörigen Se.
compressus Pers. rückwärts-, 8. rufus Schrader dagegen vorwärts
‚auhe, also zur Verschleppung nicht geeignete Perigonborsten hat.
Ganz ähnlich verhält es sich mit den Arten von Ryncho-
spora, insofern Z2. alba Vahl rückwärts rauhe Borsten trägt, während
dieselben bei R. fusca R. et S. vorwärts rauh sind.
Eine imteressante Klettvorriehtung zeigen die Arten der
besonders in Süd- und Mittel-Amerika heimischen Gattung Uneinia,
Seirpus
laenstris. paluster. bei welcher jede weibliche Blüthe eine stark hakige, die Blüthe an
Länge weit überragende Granne trägt. Wir geben in Fig. 13 bei a) eine weibliche Aehre in natürlicher
(irösse, bei b) eine einzelne, stark vergrösserte Blüthe von 7. jamaicensis Pers. Diese Art ist besonders
deshalb interessant, weil wir seit dem Ende des vorigen Jahres direkte Beobachtungen über ihre Ver-
schleppung mittels ihres Klettapparates besitzen. Morris berichtet in Nature, Vol. XXXV. pg. 151,
Folgendes über dieselbe: Sie wird gewöhnlich an Utern klemer, stehender Gewässer gefunden. Nun
werden dieselben Stellen von zahlreichen Zugvögeln besucht, die auf ihren Wanderungen meist in sehr
ermattetem Zustande auf Jamaica Halt machen. Dieselben streifen hierbei eme Unzahl der Früchte von
Uneinia ab, zuweilen in solcher Menge, dass, wie sich Morris in zwei Fällen selbst überzeugte, sie durch
dieselben am Weiterfliegen verhindert wurden. (Wir finden also auch hier ein für Thier und Pflanze
schädliches „Uebermass der Anpassung“, wie wir es z. B. auch bei der Uebertragung des Pollens der
Orchideen durch Bienen finden, wenn letztere so überreieh mit Pollen bedeckt werden, dass sie an der
— 1l
„Kölbehenkrankheit*“ zu Grunde gehen). Stärkere Vögel werden natürlich in ihrem Fluge nicht
Fig. 13. dert und so finden wir denn unsere Pflanze auch reichlich verbreitet
f Richtung des Fluges der Vögel, also in Venezuela, Eeuador u. s. w.
Araceae.
“an
raten versehenen, eben beschriebenen spelz-blüthigen Pflanzen ist mir
SEE
=
Remusatia vivipara Schott scheint mit ihrer Verbreitungsvorrichtung
ganz isolirte Stelle einzunehmen, denn abgesehen von den häufiger mit Klettappa-
ganzen Gebiete der Monocotylen nur dies eine Beispiel mit Verschleppungs-Kletten
\ N 7,"
N) \) v. bekannt geworden. Hildebrand hat auf diese Ausrüstung der genannten Pflanze
Mg / W zuerst im ‚Jahre 1883 in den Ber. der Deutschen bot. Gesellschaft aufmerksam
Uneinia. gemacht. Er sagt: An den Seitenzweigen und an dem weiter nach oben
lesenen, unverzweigten Theil der Ausläuferachse sitzen in unregelmässigen Entfernungen von
einander Haufen von dicht gedrängten Brutknöllehen, manchmal über 20 in emem Haufen bei-
sammen. Diese Brutknöllehen sind länglich eiförmig, sie bestehen aus emer fleischischen
Achse, an weleher über 10 .Blättehen sitzen, deren Basis breit und membranös ist, während
ihre abstehend feine, aber “nieht sehr lange Spitze in eine hakige Verlängerung ausgeht.
Alle diese Haken smd nun nach aussen umgekrümmt, so dass ein vorüberstreifender Körper
leicht ze
fe}
gen ihre Spitze stösst und bewirkt wird, dass die Brutkörper von ihrer Basis losze-
zeug und lassen sich von diesem nicht durch einfaches Reiben wieder ablösen.“
a. Palmae. en
Emige Palmen sind mit vorzüglichen Kletterkletten ausgerüstet, mdem die AN
. . R 2 ß B a e R \ \
Mittelrippe des getiederten Blattes in einen langen mit rückwärts gerichteten N
\ ah
Y . D: 1) ü
Stacheln versehenen Cirrhus ausläuft. NZ
f : - I
Alle Arten von Desmoncus mit Ausnahme von D. setosus Mart. haben diese |, 1
beistehend abgebildete Vorriehtung, die ihnen ‚bei ihrem Klettern von Stamm zu
Stamm vortreHich zu Statten kommt, den im den südamerikanischen Wäldern
Reisenden aber zur höchsten Belästigung gereicht. Bates sagt in seinem Buche
„The Naturalist on the River Amazons“: „There is even a climbing genus of palms
(Desmoneus), the species of which are called in the Tupi language Jacitara.®) These
have slender, thickly spined and flexuous stems, which twine about the taller trees
from one to the other and grow in an ineredible length. The leaves, which have
the ordinary primate shape characteristie of the family, are emitted from the stems
at long intervals, instead of being colleeted into a dense erown and have at their
tips a number of a long reeurved spins. These structures are excellent contrivances
*) Desmoneus polyacanthus Mart. wird schon vor mehr als 200 Jahren von Margrav Aditara oder Jatitara
9%
rissen und fortgeführt werden. Wie schon angedeutet, haften dieselben sehr leicht an Wollen-
Desmoncus.
_. ) —
to enable the trees to secure themselves in elimbing, but they are a great nuisance to the traveller, for
they sometimes hang over the pathway and catch the hat or elothes“ ete.
Wie diese Desmoncus-Arten in der neuen Welt, so erschweren einige Calamus-Arten das Reisen
in den Tropenwäldern der alten Welt durch ihre in derselben Weise eingerichtete Klettervorrichtung. So
sagt Rumph in seinem „Herbarium amboinense* von (©. equestris Willd.: „Cuiusvis rami extremum in
longum terminatur loramentum, tres quattuorque pedes longum, spinulis densis obsitum, seu proprie
hamulis, qui eflieiunt, quod hae silvae diftieulter permeari possint*, und ganz ähnliche Mittheilungen
macht er über Ü€. rudentum Willd.
Coniferae.
Pinus Pumilio Haenke hat in der var. wnmeinata Ramond Zapfen, deren Schuppen unter der Spitze
mit scharf zugespitzten, zurückgebogenen Haken versehen sind und die nach Art der Schleuderkletten
wohl dazu mitwirken können, den Samen aus dem Zapfen heraus zu befördern, da wir es bei dieser Art
nicht mit einem hochstämmigen Baume, sondern einem niederliegenden, strauchartigen Gewächse zu
thun haben.
Urticaceae.
Bei den meisten Arten von Parietaria ist das Fruchtperigon mit hakig gekrümmten Haaren dicht
besetzt, doch glaube ich, dass dieselben ihrer Zartheit wegen zur Verschleppung ebenso wenig wie die-
jenigen von Circaea geeignet sind. i
Dagegen besitzt Forskahlea tenacissima L. einen vorzüglichen Haftapparat. Linne beschreibt
denselben in seinem Hort. ups. folgendermassen: „Planta haee valde singularis est foliis, quae pagina
superiori obteguntur pilis suneinatis, tentaculis anatomicorum similibus, quibus vestibus et ipsis digitis tam
arcte adhaerent, ut vix sine laceratione separari possint.* Forskähl selbst sagt über die von ihm Caid-
beja adhaerens genannte Pflanze in seiner Flora Aegypt.: „Adhaeret hamorum ope non solum vestimen-
tis, verum et corpori euieunque glabro, a qua societate non avellitur nisi discerpta.“
Polygonaceae.
Die Früchte von Calligonum besitzen vorzügliche Klettapparate. Die mit Hackenborsten dicht
bedeckte Frucht von €. polygonoides L. geben wir beistehend nach der Tournefort'schen Abbildung.
Fig. 14. Ueber (€ comosum L’Heritier sagt Ascherson*): „Die hartschalige Frucht besitzt vier flügel-
artig verzogene Längskanten, welche sich an ihrem freien Rande in mehrreihige, verzweigte
Trichome auflösen, deren Verzweigungen hakenförmig gebogen sind und in einander gewirrt
einen kugelrunden, die Frucht vollständig verhüllenden Borstenpelz bilden. Dass die Borsten
als Heftapparat fungiren, habe ich mich an Ort und Stelle überzeugt und kann man auch
an Herbariumexemplaren nicht selten constatiren, dass mehrere Früchte vermittelst der Borsten
Calligonum. . h RL . fr & 5 = n 4 a:
& in einander gehäkelt sind.“ Die weite Verbreitung der Pflanze dureh Persien, Syrien, ganz
*) Subflorale Axen als Flugorgane.
Nord-Afrika und auf den Canarischen Inseln bestätigt diese Klettfähigkeit. Auch €. Caput Medusae
Sehrank und €. murex Bunge haben ähnliche Klettvorrichtungen.
Bei Polygonum virginianum L. und dem sehr ähnlichen P. ‚filiforme Thunb. sind die starren
Griffel bei der Fruchtreife hakig herabgebogen. Andere Arten gehören dagegen zu den Kletterkletten.
Am vorzüglichsten zeigt P. horridum Roxb. diese Ausrüstung, denn
der Stengel, die Blattscheiden , die Blattstiele und der Blattrand sind
Fig. 16.
alle mit rückwärts gerichteten Kletterstacheln versehen, während bei
anderen, wie P. perfoliatum L., dieser Apparat viel einseitiger nur am
Stengel ausgebildet ist.
Bei der aus Nordafrika nach dem Port Juvenal mit Wolle ein-
geschleppten Emex spinosa Campd. bilden die hakig gebogenen, äusseren
Zähne des Fruchtperigons (Fig. 15) den Klettapparat, während bei
Emex - r R F i : = A
E. Centropodium Meis. diese Zähne zwar gerade sind (Fig. 16), aber
spinosa. Centıopodium.
dureh eine rückwärts gerichtete Rauhigkeit dennoch zur Verschleppung
der Frucht geeignet sind, so dass diese Pflanze mehrfach mit Wollabfällen ausgesäet wurde, beispiels-
weise vom Kapland her 1873 bei Sommerfeld.
Ganz analog sind die Fruchtperigone der Arten von Ceratogonum z. B. €. sinuatum Hochst.
gestaltet.
Auch bei zahlreichen Arten von Rumex bilden die hakigen Zähne der Perigonabschnitte den
Klettapparat, wie dies auch bei einigen von ihnen durch den Speeiesnamen angedeutet wird, z. B. bei
R. Lappula Meisn. und R. hamatus Trevir., während bei einigen anderen Arten die Zähne nur zuweilen
hakig sind.
Nyetaginaceae.
Allionia incarnata L. hat Früchte, deren Deckblätter mit Haken ausgestattet sind.
Pisonia aculeata L. hängt sich mit den starken, gekrümmten Dornen seines Stengels am die
Kleider an und wirkt jedenfalls in der Art der Schüttelkletten. Choisy sagt m Decandolle's Pro-
dromus von ihr: „Spinis et fruetibus glutinosis incedere conantibus trans sylvas inextricabile impedi-
mentum opponit.“ Achnlich verhält sieh auch P. villosa Poir.
Amarantaceae.
Fig. 17.
Ueber den höchst eigenthümlichen Verbreitungs-Apparat emiger Reprä-
sentanten dieser Familie ist bereits mehrfach anderwärts geschrieben worden;
so sagt Alex. Braun m „Flora* 1841 über Pupalia lappacea Moq.-Tand.: „An
dieser Pflanze erfuhr ich, wie sehr der äussere Schein trügt. Bei der ersten
flüchtigen Musterung der Samen hielt ich die dieht mit Widerhaken besetzten
Köpfchen für die eines Xanthiums und erst bei einer späteren genaueren Unter-
suchung erkannte ich in denselben eine Amarantacee aus der klemen Gruppe der
Desmoschaeteae.“ Ueber die Hakenbüschel selbst, von denen einer beistehend abge-
bildet ist, sagt er dann weiter: „Er hat einen flachgedrückten Stiel, der mit der
=>
Bractea, in deren Achseln er entspringt, bis zur Stelle, wo diese sich umbiegt, verwachsen ist, oberhalb
aber sich in 3—4 kurze Arme theilt, welehe je 4—6 lange, an der Spitze in einen starken Haken
umgebogene Borsten oder Stacheln aussenden. Ein solcher Büschel besteht demnach aus ungefähr
15—16 Haken, sodass die 4 Büschel des glomerulus zusammen diesen mit wenigstens 60 Haken bewaffien;,
welche ihn, nach allen Seiten divergirend, dermassen umgeben, dass alle andern Theile unter ihnen ver-
steekt werden. Vermittelst dieser sehr festen und spitzen Haken hängen sich die glomeruli an frenrd«-
Gegenstände fester an, als bei irgend einer andern klettenartigen Pflanze; auch unter sich selbst ver-
wiekeln sie sich so fest, dass man Mühe hat, sie unverletzt auseinander zu reissen.“ Ihrem Klettapparat.
entsprechend ist diese Pflanze auch weit verbreitet und wird gefunden auf den Philippinen, in Östindien,
Arabien, Nubien, Abessinien, Senegambien und wahrscheinlich auch am Cap. — Neuerdings hat Hilde-
brandt in dem Bericht der Deutschen Bot. Ges. 1883 den Klettapparat von P. atropurpurea Moq.-Tand.
(die schon von Linne dieser Ausrüstung wegen Achyranthes lappacea genannt wurde) folgendermassen
besprochen: „Zur Reifezeit der Samen lösen sieh von der Fruchtachse kuglige Knäuel ab, welche zum
grossen Theil aus einem Gewirre von Haken bestehen, zwischen denen 1—3 Früchtchen mit je einem
glänzenden Samen eingebettet liegen. — Jedes der 4 in den Achseln von Stützblättern stehenden Haken-
büscheln wandelt sieh nach der Befruchtung in 4 durch kurze Stiele von einander entfernte Gruppen
von etwa 14 Haken um, und gegen die Samenreife zeigt sich, dass die endständige Hakengruppe jedes,
3üschels sich noch einmal in zwei Gruppen getheilt hat, so dass 20 Hakengruppen einen wesentlichen
Theil des abfallenden kugligen Körpers bilden.“ Auch bei dieser Art finden wir eine weite Verbreitung
durch die Philippinen, Timor, Java, Malabar- und Coromandelküste, Ceylon, Persien, Abessinien,
Madagascar, Südafrika, Guinea und Senegambien. Die gleiche Ausrüstung besitzt endlich P. velutina
Moq.-Tand., sowie auch Cyathula prostrata Blume, C. achyranthoides Moq.-Tand. und noch 6 andere
Arten desselben Autors, bei welchen die Haken an der Spitze einfach sind (glochides apice simplieiter
acuteque hamatae), während bei €. triuneinata Moq.-Tand., wie der Name andeuten soll, die Stacheln an
der Spitze mit drei Haken versehen smd.
NSalsolaceae.
Das Pericarpium von Blitum virgatum L. wird von Moq.-Tandon als „subadhaerens“ und
B. capitatum L. heisst bei ©. Bauhin „Atriplex silvestris lappulas habens.“
Echinopsilon zeigt bei zwei Arten, nämlich E. hyssopifolius DU. (vergl. Fig. 18)
Fig 18.
und EZ eriophorus Moq. die nämliche Anpassung, die wir später bei Marrabium wieder finden
werden, dass nämlich die hakig gekrümmten Kelehzähne den Klettapparat bilden. Der
in Nordafrika heimische E. muricatus Moq.-Tand. wurde mit Wolle auf dem Port Juvenal
eingeschleppt.
Echinopsilon.
Phytolaccaceae.
Mierotea hat, wie auch das Kunth'sche Synonym „Aneistrocarpus”, sowie der Speciesname vom,
M. glochidiata DC. andeuten sollen, hakige Früchte. Es gehören hierher M. debilis Sw., M. Maypurensis;
Don. und einige andere Arten. Die Haken der erstgenannten Art sind kaum 1 mm lang.
— 11 —
Selaginaceae.
Von der am Cap heimischen ZHebenstreitia hamulosa 1. Mey sagt der Autor dieser Art: „planta
braeteis hamatis distinetissima* und ähnlich ist die Klettvorriehtung bei der ebenfalls dem Caplande
angehörigen Agathelpis adunca E. Mey, von welcher gesagt wird: „bractea acuta apice post anthesin
>
retrorsum adunea.“
Labiatae.
In dieser Familie scheint nur die eine Rlettvorriehtung zu existiren, dass bei
manehen Arten die erhärtenden Zähne des Fruehtkelches sich hakenförmig krümmen.
Von der Wirkung dieses Apparates können wir uns täglich bei unserm Marrubimm
vulgare L. überzeugen, und da diese in Europa und Vorderasien heimische Planze sich
nieht allein auf Teneriffa, sondern jetzt auch in Californien, Mexiko, Brasilien und Chile
findet, so scheint sie dort überall mittels ihres Klettapparates eingeführt zu sein. Eine
Marrubium. gleiche Ausrüstung findet sich bei M. euneatum Russ., M. leonurioides Desr., M. catariae-
folium Desr., sowie bei verschiedenen Arten von Hyptis, wie ja auch die Namen A. lappulacea Mart.,
H. lappacea Benth. und ZH. uneinata Benth. bekunden.
20. Verbenaceae.
Der die Früchte eng eimschliessende, bleibende Kelch der zwei Arten, welche
che seet. Aparinaria von Priva bilden, ist von eimem diehten Hakentilz grau.
P. hispida Juss., deren Frucht wir beistehend abbilden, wird von Dillen deshalb
auch Verbena mexicana fructu Aparines und P. echinata Juss. von Linnd Verbena
lappulacea genannt.
Priva. rl =
Scrophulariaceae.
Die nämliche Klettvorrichtung wie bei den oben erwähnten Marrubium- und Hyptis-Arten finden
wir bei Manulea uneinata Desr., von welcher es m De Candolle’s Prodromus heisst: „laeiniis calyemis
setaceis apice hamatis.”
Dass ferner eine dichtfilzige Behaarung einen guten Klettapparat abgeben kann, beweist die
grosse Anzahl von Verbaseum-Arten, welehe Godron auf dem Port Juvenal eefunden und die ohne
irgend welche andern Haftorgane dort mit Wolle eingeführt wurden. Er zählt nicht weniger als 20 dort
nieht heimische Arten auf, von denen fast alle aus den übrigen Mittelmeerländern stammen, z. B. V. erassi-
‚folium Hoffm. et Lk. aus Spanien, V. glomeratum Boiss. aus Griechenland, V. gnaphaloides M. B. von
den Küsten des Schwarzen Meeres, wogegen V. speciosum Schrad. in Oesterreich und Ungarn heimisch ist.
borraginaceae.
Ein Charakteristieum für zahlreiche Gattungen dieser Familie ist die Bewaffnung der Theilfrüchte,
welehe einen vorzüglichen Klettapparat abgiebt. Dieser besteht in Stacheln, welche entweder an der
Spitze hakig gekrümmt sind, oder, wie es häufiger der Fall ist, mit einer Hakenkrone (Fig. 22 b) versehen
en
sind. Da sonst die Form der Ausrüstungen wenig Abwechselung zeigt, werden hier nur die wichtigsten
Beispiele aufgeführt:
Fig. 21. Fig. 22. Von Cynoglossum ofheinale L. zeigt Fig. 21 a) ein Theil-
früchtehen vom Rücken, b) dasselbe von der Seite im Längsschnitt >
von (. cheirifolium L. zeigt Fig. 22 a) eine Theilfrucht im Quer-
schnitt, b) einen einzelnen Stachel mit der Hakenkrone. Ausser:
diesen zeigen noch etwa 40 andere Arten von Cynoglossum dieselbe
Ausrüstung.
d a. b er . 5 \ R
> “ Echinospermum Lappula Lehm. hat, wie Fig. 23, a) der
Cynoglossum Querschnitt durch die 4 Theilfrüchte zeigt, am Rande derselben
oflieinale. cheirifolium.
zweireihige Hakenstacheln und stimmt hierm mit 3 anderen
Arten, z. B. E. barbatum Lehm., überein, während etwa 30 weitere Species einreihige Stacheln
besitzen. Die weite Verbreitung der zuerst genannten Art entspricht ihrem guten Klettapparat, denn
Fig. 23. wir finden sie überall in Europa, von England und Schweden herab bis
Italien und dem Peloponnes; ferner im Kaukasus, Nordasien und sogar
in Nordamerika (Oregon , Huronensee, Niagara ete.). Von sonstigen.
Repräsentanten dieser Familie mit ähnlichem Apparate sind aufzuführen:
5 Heterocaryum minimum ADC. mit 5 weiteren Arten, Peetocarya latiflora,
DC. mit 3 weiteren Arten, Grwvelia pusilla ADC., Suchtelenia acantho-
Er 2 carpa Ker., Solenanthus eircinatus Sadeb. und S. lanatus ADC., welches
Den: mit Wolle von Algier her auf dem Port Juvenal eingeschleppt wurde.
Ferner Omphalodes hirsuta DC., O. mierantha DO., sowie endlich Caceinia glauca Savı und C. Rauwolfii
C. Koch, dagegen dürften die bei einigen Arten von Myosotis vorkommenden, hakenförmig gekrümmten
Haare zu schwach sein, um irgend welche Klettwirkung zu haben. Von den übrigen Borretschartigen
abweichend und an Galium Aparine erinnernd, ist Asperugo procumbens L. ausgerüstet, welches sich
durch die starken, rückwärtsgerichteten Stacheln des Stengels an vorübergehende Personen und Thiere
anheftet.
Uyrtandraceae. R
Die pseudoparasitisch auf Bäumen lebenden Arten der Gattung Aeschynanthus haben am Samen
2 oder 3 ausserordentlich lange Haare, die ihnen als Flugapparat dienen. Da nun Hildebrand von
der mir unbekannten Art Ae. speciosus sagt, dass die Zellen an der Oberfläche dieser Haare hakenartig
hervorstehen, so werden sie gewiss an vorbeistreifenden Körpern haften und von ihnen fortgeführt werden.
2
Desamaceae.
Die Gruppe der Pedalineen aus dieser Familie hat die grössten mir bekannten Klettfrüchte. Die
Gattunz Martynia hat holzige Kapseln, die mit zwei langen, mehr oder minder eingebogenen, scharf zu-
o Y o- j ’ > T ?
gespitzten Schnäbeln versehen sind und deshalb häufig als „Gemshörner“ bezeiehnet werden. Dieselben
haken sich natürlich an vorüberkommende Körper fest an und werden von den Mexikanern deshalb auch
„Teufelskrallen* genannt. Sie wirken in erster Linie wohl als Schüttelkletten, indem die elastischen
Ze
Krallen bei einem plötzlichen Loslassen die Samen herausschleudern helfen, doch können sie natürlich
auch zur Verschleppung der ganzen Frucht dienen, wenn diese sich so fest eingehakt hat, dass sıe beim
Fig. 24.
NUN
Weiterschreiten des Verschleppers vom Stengel losreisst.
Die beistehend abgebildete Frucht von M. lutea Lindl.
erhielt ich, zwar ohne Samen, aber sonst in völlig
intaktem Zustande von einem Forster Tuchfabrikanten,
der sie mit Buenos-Ayres-Wolle bekommen hatte. Dass
dieselbe Frucht aber auch mit den Samen durch Wolle
UN) verschleppt wird, beweist die Anwesenheit dieser
STAU Pflanze auf dem Port Juvenal, wohin sie ebenfalls
MEN
TEE aus Südamerika mit Wolle gelangt war. Ganz ähnlich
ausgerüstet ist die von Gaertner, de fruct. et sem.
pl. tab. COX. vorzüglich abgebildete M. proboseidea
Glox.; bei M. triloba Schl. et Cham. und bei M. diandra
Glox. sind dagegen die Schnäbel kürzer als die Frucht.
9
Martynia. °/s
— Die Gattung Craniolaria mit ihren Arten €. annua L.,
©. unibracteata Nees et Mart. und €. fallae ADC. weicht im Bau der Frucht in nichts von Martynia
ab. Einen höchst eigenthümlichen Eindruck macht ferner die von Hildebran d mit Recht einem platt-
Harpagophyton.
Die von L’Heritier zuerst beschriebene, in Peru heimische Tourretia
lappacea Willd., deren Kapsel beistehend abgebildet ist, macht ganz den Eindruck
einer ächten Wollklette; da aber über Verschleppung derselben sich keine Angaben
finden und die Pflanze ein kletterndes Kraut ist, so wird sie vielleicht beim
Klettern auch durch die Haken der Früchte unterstützt und könnte denn auch
zu den Kletterkletten
gedrückten Frosche verglichene Frucht von Harpagophyton procumbens
DC., die nieht selten vom Cap her bei uns eingeschleppt und als
„Wollspinne“ bei den Tuchfabrikanten bekannt ist. Fig. 25 stellt diese
Frucht in 2/s der nat. Grösse nach einem im Berliner Botanischen
Museum befindlichen Exemplar dar. Livingstone erzählt, dass diese
Frucht sich sogar häufig an die Schnauzen der weidenden Rinder an-
hefte und dass diese, ausser Stande sich von derselben zu befreien,
dann geduldig stehen bleiben und warten, bis der Hirt ihnen ihre
peinigende Last wieder abgenommen hat.
2a. Bignoniaceae.
zählen.
(Fentianaceae.
Eine Anzahl der zu den Menyantheen gehörigen Arten zeigt die sonst
seltene Anpassung, dass nicht die Früchte, sondern die Samen die zur Verschleppung
Huth, Die Klettpflanzen.
Tourretia.
DIE
geeignete Einrichtung haben, indem diese mit hakig-stachligen Anhängen versehen sind. Dies ist der
Fall z. B. bei Villarsiu ovata Vent. und bei Limnanthemum nymphaeoides Lk. Letztere verdankt ihre
weite Verbreitung in den Gewässern Italiens, Spaniens, Frankreichs, Englands, Deutschlands, Russlands,
Sibiriens (am oberen Irtisch), Nord-Chinas und der Provinz Kaschmir wahrscheinlich der Verschleppung
ihrer hakigen Samen durch Wasservögel. Auch andere Arten, wie L. cristatum Griseb., zeigen dieselbe
Ausrüstung.
Compositae.
Wie zu vermuthen, finden wir in einer so grossen und an den verschiedenartigsten Anpassungen
so reichen Klasse, wie in derjenigen der Compositen, auch nach der Richtung der Verbreitung der
Früchte dureh Thiere zahlreiche Beispiele.
Bei Mieropus supinus L. sind die die Früchte einhüllenden Schuppen des Hüll-
kelehes, wie die beistehende Figur zeigt, auf dem Rücken mit Stachen versehen, die
wiederum durch rückwärts gerichtete Haare zum Anheften besonders geeignet werden.
Auf dem Port Juvenal wurde diese Art, ebenso wie M. bombyeinus Lag. von andern
Mittelmeerländern mit Wolle eimgeschleppt.
Mierönas, Auch bei der nun folgenden Gruppe der Bidentideen geschieht die Verbreitung
der Früchte, die bei den meisten Compositen in so vorzüglicher Weise mit Hülfe des
Windes durch den Pappus erfolgt, in ebenso wirksamer Weise mit Hülfe vollhaariger Thiere durch die
mit rückwärts gerichteten Stacheln versehenen und .den Pappus vertretenden Grannen der Früchte. Wir
geben beistehend die Abbildung derselben von Bidens
Fig. 28. Fig. 30. tripartitus L., a) in der vier- und b, e) der zwei-
grannigen Form, sowie von B. cernuus L. und 2. bipin-
natus L. Die Festigkeit, mit welcher diese „Bettlerläuse“
des Volksmundes haften, kennt Jeder aus Erfahrung
und dass die exotischen Arten in der nämlichen Weise
lästig werden, dafür legen viele Berichte vor. So sagt
z. B. Rumpf von B Woallichii DC.: „Fruetus tres
apices gerunt, qui d oras quam subtilissime hamati sunt
Bidens retrorsum. — Haee acuminata semina laxe locantur
tripartitus. cernuus, bipinnatus. in suis eminentiis, facile deeidunt et praetereuntium
vestibus firmiter inhaerent.“
Den guten Klettvorriehtungen der Bidens-Arten entsprechend, haben wir zahlreiche Beobachtungen
über spontane Wanderungen derselben. So ist B. cernuus W., welcher in Europa heimisch ist, seit dem
Anfange dieses Jahrhunderts auch in Nordamerika beobachtet worden; B. pllosus L. wanderte aus Nord-
amerika nach Teneriffa, der Insel Mauritius und Neuseeland und ähnlich BD. leucanthus W. aus Mittel-
amerika nach Madeira und der Insel Mauritius. Der in Nordamerika heimische und häufige D. bipinnatus L.
findet sich jetzt in Senegambien, ist nach Koch spontan in Tirol und bildet daselbst nach Fachini
jetzt eine wahre Landplage. — Da nun alle diese Arten sich fast ausschliesslich an den Rändern der
Flüsse, Gräben, Teiche und im Ueberschwemmungsgebiete vorfinden, so ist eine Verschleppung derselben
— 11 —
durch Wasservögel im höchsten Grade wahrscheinlich, genau so wie dieselbe bei den Uneinia-Arten
beobachtet und oben beschrieben wurde.
Der mit letztgenannter Art nicht zu verwechselnde Cosmos bipinnatus Cav. schliesst sich in seiner
Haftvorrichtung nebst mehreren anderen Arten dem Genus Bidens eng an; von ©. caudatus H. B. et Kth. wissen
wir, dass er aus seiner westindischen Heimath nach der Insel Mauritius und Östindien emgeschleppt wurde.
Bei der zu den Iveen gehörigen Pinillosia tetranthoides DC. sind die Achänien
wenigstens in der Jugend ebenfalls mit 4 rückwärts-stachligen Grannen versehen.
Auch von der Gruppe der Verbesineen haben zahlreiche Gattungen und Arten
einen Klettapparat, der dem von Bidens ähnelt, z. B. Heterospermum pinnatum W.,
bei welehem zwar die Randblüthen unbewehrte Früchte tragen, dagegen an den
Scheibenblüthen die Früchte, wie die beistehende Figur zeigt, mit zwei rückwärts-
rauhen Grannen versehen sind. Auch @lossogyne pinnatifida DC., Delueia ostruthioides DE.
und Thelesperma scabioides Less. zeigen den Klettapparat wie Bidens, von Verbesina selbst
ist jedoch nur eine Art, nämlich V. alata L., mit emem, übrigens von den vorigen
abweichenden Apparate bekannt. Wie beistehende Figur zeigt, ist
ee = h ae Fig. 32.
von den zwei Grannen des Achäniums eine kleiner und ziemlich
Heterospermum, s Sr: m s 5
gerade, die andere grösser und an der Spitze hakenförmig gekrümmt.
Eine andere, durch ihre Klettapparate vorzüglich hervortretende Gruppe
der Compositen ist die der Ambrosieen, vor allen die Arten von Xanthium, welche
den grössten Theil aller, den Werth der Wolle so herabsetzenden „Wollkletten“
ausmachen und von den Tuchfabrikanten als „Steinkletten“ bezeichnet werden.
Bei allen sind die Fruchthüllen mit hakenförmig gekrümmten Stachel dicht besetzt;
bei einigen, wie bei X. spinosum L. sind die Fruchtschnäbel orade oder etwas gegen-
oO ] o- Toto)
Verbesina.
einander gekrümmt, wie bei X. strumarium L. (Fig. 33), bei andern sind auch diese
hakenförmig, wie bei X. macrocarpum DC. (Fig. 34) und X. italicum Moretti (Fig. 35). Die Wirksamkeit
der Kletthaken von Xanthium ist so gewaltig, dass einige Arten dieser Gattung durch dieselben zu
Fig. 33. Fig. 34. Fig. 35. Weltbürgern geworden sind. Ueber keine Pflanze liegt
so viel Material direkter Beobachtungen von Ver-
schleppung durch wollhaarige Thiere vor, als über
X. spinosum L. Dieses in mehreren hundert Arbeiten
zerstreute Material hat Ihne*) in einer sehr sorgfältigen
Arbeit gesammelt, aus der wir die folgenden Angaben
entnehmen: Von Süd-Russland her lässt sich eine Wande-
rung nach Süden, Osten und Westen constatiren. In
der Krim war vor 1814 X. spinosum nirgends. Im
Jahre 1856 erfüllte es bereits die ganze Halbinsel, so
Xanthium
dass es von Steven eine „pestis Tauriae* genannt wird.
Czihack kennt 1836 die Pflanze noch nicht. 1853
überzog sie in der Moldau in enormer Menge die Weideflächen und oft war das im Spätherbst von der
strumarium, macrocarpum. italicum.
*) XIX. Bericht der Oberhessischen Gesellschaft f. Natur- u. Heilkunde.
3%
er,
Weide heimkehrende Vieh ganz bedeekt mit den Stachelfrüchten. In die Wallachei brachten es die
russischen Truppen 1328, denn in Mähnen und Schweifen der Pferde sollen die Früchte klumpenweise
gehangen haben. Von dort kam die Pflanze nach Serbien und von Serbien, nach der Ansicht des dortigen
Landvolkes, mit serbischen Schweinen nach Ungarn. Um 1839 breitete sie sich schon allgemem in den
Ebenen Südungarns aus und tauchte sporadisch an den Strassen auf, auf welchen das serbische und
slavonische Borstenvieh nach Niederösterreich getrieben wurde. Gegen 1830 tauchte sie bei Wien beim
ehemaligen Stubenthore an Wollmagazinen auf und ist seitdem ein bleibender Bürger der österreichischen
Flora geblieben. In Südbayern kennt sie Sendtner 1854 noch nicht, 1861 beobachtete sie Friekinger
in Nördlingen vor Wollarbeiterwohnungen, 1867 trat sie in der Zolleis’schen Fabrik in Mering auf,
wohin sie mit Abfällen importirter Wolle gekommen war. In Frankreich zählt sie 1765 Goüan in
seiner Flore de Montpellier auf (jedenfalls von dem öfter erwähnten Wollfelde, dem Port Juvenal her),
1371 erwähnen sie Gaudefroy und Mouillefarine bei Paris, 1874 entdeckte Delacour bei einer
Wollfabrik an der Marne prächtige Exemplare. In Belgien kommt sie nach Weimann zuweilen auf
Schutthaufen bei Verviers vor, wo Tuchmanufakturen fremde, z. B. spanische Wolle verarbeiten. In
England kennt Smith sie 1305 noch nieht; 1873 fand sie Gilbert Stuart „naturalized on the banks
of the Tweed and the Gala“, wo ausgedehnte Wollwäschen und Wolltrockenplätze existiren, zweifellos
mit australischer Wolle eingeführt. In Schottland tauchte es nach Balfour 1871 bei Edinburg plötzlich
in Masse auf einem Weidegrunde auf, wo früher eine Gerberei gestanden hatte, deren Trümmer über
die Fläche ausgestreut worden waren; ohne Zweifel waren also die Früchte mit den Häuten eingeführt
worden. Zahlreiche weitere Beobachtungen aus Deutschland wollen wir hier übergehen und nur noch
einige über aussereuropäische Länder erwähnen: Um 1860 sah Frauenfeld in Chile sich herum-
treibende Pferde, deren Schweife und Mähnen von Tausenden von Früchten des X. spinosum zu einem
unförmlichen Klumpen von Mannesdicke verfilzt waren und deren Last die armen Thiere fast erlagen.
In Südaustralien wurde es nach Schomburgk zuerst 1850 eonstatirt, gewann aber „with alarming rapidity*
im ganzen Lande Terrain, unterstützt durch Schafe und Pferde, die es in ihren Haaren mitschleppten
und jetzt erleidet Australien einen ungeheuren Verlust durch Verringerung des Wollwerthes (wie Shaw
behauptet um 50°/,) wegen der schwer zu entfernenden Xanthium-Kletten.
Aehnlich wie bei dieser Gattung sind die Ausrüstungen ferner bei Franseria
Fig. 36
artemisioides W. und F. ambrosioides Cav., bei denen die Fruchthüllen ebenfalls mit
hakigen Stacheln bedeckt sind, doch endigen diese Hüllen in 3—4 Schnäbeln. Von den
übrigen Compositen sind noch zu erwähnen: die Gattung Acanthospermum, bei welcher
die die Achänien einhüllenden Spreublätter dicht mit hakigen Stacheln bedeckt sind,
wie z. B. bei A. zauthioides DC. (Fig. 36). Fig. 37.
Tragoceras zinnioides H. B. et Kth. (Fig. 37) und die anderen
Arten derselben Gattung zeigen eine ganz eigenartige Anpassung als
Acantlıospermum. __ j u R ei he - 2 F
Klettapparat, indem bei ihnen die später erhärtende, zu zwei hakigen
Hörnern auswachsende Krone hierzu dient.
Bei Calendula arvensis L. (Fig. 38a) Fr. der Scheibenblüthen, b) Fr. der Rand-
blüthen), bei €. stellata Cav. und anderen Arten sind die gekrümmten Früchte auf dem
Rücken dicht mit gebogenen Stacheln besetzt und liefern einen guten Klettapparat, wie Tragoceras.
= hm
aus der Thatsache hervorgeht, dass auf dem Wollwaschfelde des Port Juvenal die Gattung in 7 fremd-
Fig. 38. ländischen Arten vertreten ist, z. B. durch (€. aegyptiaca Desf. und
a. b. C. persica C. A. Meyer, die von ihrer im Speeiesnamen angegebenen
Heimath dorthin mit Wolle verschleppt wurden.
Ithagadiolus stellatus DC. hat wurmförmig gekrümmte, auf dem
Rücken rückwärts-stachlige Früchte der Scheibe (Fig. 39b), während die
sternförmig abstehenden Früchte des Randes durch die hakig gekrümmte
Spitze der sie umfassenden Hüllschuppe in ihrer Verschleppungsfähigkeit
verstärkt werden. Die in Persien heimische Art A. hedypnois Fisch.
et Mev. wurde, wie die nahe verwandte, in Centralasien wildwachsende
Calendula. A Sm , A . x ; 3 .
Koelpinia linearis Pall. auf dem Port Juvenal mit Wolle eingeschleppt.
Letztere ist nach Hildebrand vorzüglich ausgerüstet durch die wurmförmig gebogenen Früchte, die
auf dem Rücken mit Haken bedeekt sind Fig. 40. Fig. 41.
Fig 39. . AR : .
und an ihrer Spitze eme aus dem Kelche a. b.
gebildete Hakenkrone zeigen. N ('
Bei der Gattung Zappa, welche bei | M
u a r 12 r De | \\
uns den Namen „KRlette* zur e$oyrv führt, N
: j RR ; I \\
sind alle Blättehen des Hüllkelehes mit sehr N a\V
sr
kräftigen Stachelhaaren bewaffnet. Abge- I Y
bildet sind beistehend in Fig. 40 ein Köpfehen IK 11
Rhagadiolus. a < 1 A \
von Lappa glabra Lam., während Fig. 4la Ahr N
. 2. . . 7 N
einen Hakenstachel von Z. ofieinalis All. und b) emen solehen von TH
L. tomentosa Lam. darstellt. Diese Haken dienen im erster Linie Lappa.
nach meinen Erfahrungen als Schüttelapparat, durch welchen die Früchte nur aufeime geringe Entfernung
fortgeschleudert werden. In der That findet man die hakigen Köpfehen am Stengel bis in den Winter
hinein, aber meist völlig leer von Früchten. Natürlich findet gelegentlich auch eine weitere Verschleppung
durch Thiere statt. So erhielt ich von einem hiesigen Lederfabrikanten Haarbüschel von Rindshäuten,
die ganz mit den Klettenköpfehen verfilzt waren.
Ganz ebenso wie Zappa ausgerüstet sind verschiedene Arten von Carduus, z. B. €. hamulosus
Ehrh., ©. uneinatus M. B., €. arctioides W. und (©. Personata Jaeq. (Cirsium lappaceum Lam.), sowie das
hiermit nicht zu verwechselnde Cirsium lappaceum M. B., ferner ©. involueratum DC., €. cernuum Lag.
Pl ,
(©. lappaceum Hort. paris.) u. A., welche alle, wie auch ihre Speeiesnamen oder deren Synonyme
andeuten, zu Klettapparaten umgewandelte Blätter des Hüllkelches tragen.
b 5 5
Auch eine Gruppe der Helichrysum-Arten hat die nämliche Vorrichtung, die in ihrer Haftfähigkeit
noch darin verstärkt wird, dass auch die Blätter daran Theil nehmen, „folia apıee muerone parvo recurvo
hamulosa“. Es sind ZH. pentzoödes Less., H. exeisum Less. und H. hamulosum DC., alle drei dem südlichen
Afrika angehörig.
In welcher Weise die mit Widerhaken versehenen Borsten des Stengels von Helminthia echioides
Gaertner und Pieris hieracioides L. wirksam sind, ist mir nicht ganz klar.
90, Be
Eine hervorragende Rolle unter den Klettpflanzen nimmt auch die Gattung Centaurea ein, wenn
auch die als Verschleppungsapparat häufig auftretende Einrichtung höchst wahrschemlich ursprünglich
einem ganz anderen Zwecke dienen sollte. Kerner hat es nämlich in seinen „Schutzmittel der Blüthen*
höchst wahrscheinlich gemacht, dass die bei vielen Arten von Centaurea in einen hornigen, fingerförmig
zerschlitzten, oft rückwärts gebogenen Anhängsel verlängerten Blätter des Hüllkelehes den Zweck haben,
die Blüthen vor dem Eindringen kriechender Insekten, vornehmlich dem der Ameisen, zu schützen, mit
anderen Worten, dass diese Pflanzen zu den Myrmekophoben, wie ich sie an anderer Stelle genannt
habe *), zu zählen sind. Dass aber derselbe ameisenfeindliche Apparat auch für die Verschleppung der
Pflanzen höchst wirksam sein kann, beweisen folgende Daten. Ein schönes Beispiel liefert ©. melitensis L.,
eine auf den Inseln des Mittelmeeres heimische, auch auf Madeira und Teneriffa vorkommende und
sowohl auf dem Port Juvenal, als auch nach Amerika (Valparaiso, Californien) und Südafrika (Zwellendam)
mit Wolle eingeschleppte und ihrer Rlettfähigkeit wegen von Tenore auch (C. lappulacea genannte Art.
Aehnlich wurde €. apula Lam., welche ursprünglich den Mittelmeerländern angehört,
Fig. 42.
’ nach verschiedenen Ländern Südamerikas und den Österinseln hin verbreitet. Am deut-
\ lichsten tritt jedoch die Wanderfähigkeit der Centaureen hervor, wenn wir durch Godron
ertahren, dass auf dem Port Juvenal nicht weniger als 15 fremde Centaurea-Arten mit
Wolle eingeführt wurden, so die nordafrikanischen €. involuerata Desf. C. parviflora Desf.
und C. diluta Ait. — Besonders zahlreich sind hier die Vertreter der mit starken, oft
rückwärtsgelegten Stacheln versehenen Gruppe-der Caleitrapeae vertreten, wie z. B. die
R im Orient heimischen €. verutum L., ©. sinaica DC., ©. aegyptiaca L. und €. palescens
ar Delile, sowie die den westlichen Mittelmeerländern angehörigen €. sulphurea W., C. fuscata
Desf. und €. iberica Trev. Diesen schliessen sich einige Arten von Amberboa durch gleiche Ausrüstung
des Hüllkelches an, von welchen sich A. muricata DC., von Spanien her ebenfalls mit Wolle einge-
schleppt, auf dem Port Juvenal eingebürgert hat.
Valerianaceae.
Höchst instruktiv für die Kenntniss der allmählichen Entstehung der Klettvorrichtungen ist das
Genus Valerianella, besonders wenn wir in Krok’s Monographie**) dieser Gattung die Abbildungen der
Früchte der 46 beschriebenen Arten vergleichen. Einige, wie V. tridentata Krok, zeigen am Frucht-
kelche nur 3 stumpfe Lappen, also gar keine Spur eines Haftaparates; bei andern, wie bei V. brachy-
stephana Bertol., zeigen gewisse Varietäten 6 gerade Kelchzähne, von anderen Formen jedoch sind die-
selben bereits etwas gekrümmt, noch andere endlich haben weit über den Kelchrand hinausragende,
starke Haken.
Für die letzte Form können wir V. coronata DC., die wir in Fig. 43 vergrössert und in natürlicher
Grösse abbilden, als typisch bezeichnen; als demselben Typus angehörend, sind V. Kotschyi Bois. und
*) Myrmekophile und Myrmekophobe Pflanzen. In der „Sammlung naturw. Vorträge“. Berlin, R. Friedlaender u.
Sohn. 1887.
**) Kongl. Svenska Vetenskap-Akademiens Handlinger. Bandet 5, Nr. 1.
Be
V. platyloba Dufr. zu nennen. Bei V. diseoidea Lois. wird dureh eine unregelmässige Theilung der Kelchzipfel
der Kelehrand 7—14zähnig, und bei V. obtusiloba trägt jeder der normalen 6 Kelehlappen an der Spitze
3_5 Haken. Auch bei V. tubereulata Boiss. ist der Kelehrand 10—14 hakig,
doch weicht der Bau des Kelches darin weit von denen der früher genannten Arten
Fig 43.
ab, dass er ganz kurz im Verhältniss zur Kelehröhre ist. Eine noch mehr ab-
weichende Form zeigt die Sektion der Cornigerae, von der wir in Fig. 44 V. echinata
DC. vergrössert und in natürlicher Grösse abbilden. „A ceteris Valerianellis primo
aspeetu calyce trieorni permagnam differentiam speeies huius tribus praebent.“
Wenn nun die Valerianella-Arten uns so interessant in Bezug auf die
Valeoronatae Morphologie des Verschleppungsapparates sind, so darf doch nieht verschwiegen
werden, dass ihre geographische Verbreitung durchaus nicht Hand in Hand geht
mit der mehr oder minder guten Ausbildung dieser- Hakenvorrichtung , vielmehr geht wenigstens aus
Fig. 44. Krok’s tabellarischer Uebersicht hervor, dass verschiedene, nicht mit dem Haken-
apparat verschene Arten, wie V. carinata Lois. und V. tridentata Krok, ausserordentlich
weit durch Europa, Asien und Afrika verbreitet sind und selbst so trefllich ausge-
rüstete Arten wie V. coronata DC. hierin noch übertreffen. Auch die auf Port Juvenal
mit Wolle aus Algier eingeschleppte V. chlorodonta Coss. et Durieu zeigt keine Klettvor-
richtung in unserem Sinne. Wir müssen uns diese auffallende Erscheinung dadurch
ne ehinat erklären, dass bei der Kleinheit und Leichtigkeit der Früchte schon die haarige Beklei-
al. echinata. . . ”s . .
dung des Fruchtkelehes genügt, um ein Anhaften an rauhe Körper und- somit eine
Verschleppung zu ermöglichen.
Rubiaceae.
Einige Arten von Borreria und Spermacoce scheinen für die Verschleppung der Früchte durch
die bleibenden Stacheln des Kelches in ähnlicher Weise ausgerüstet zu sein, wie die ebengenannten
Valerianella-Arten.
Ganz zweifellose Anpassungen nach dieser Richtung hin zeigen Asperula odorata Dod. (Fig. 45)
und die meisten Speeies der Gattung Galium, soweit sie den Gruppen Trichogalia und Aparine ange-
hören. Hier treten zwei wirksame Klettvorriehtungen auf: Einige Arten,
wie @. rotundifolium L., haben zwar unbewehrte Stengel, aber hakig-stachlige
Früchte, andere zeigen umgekehrt glatte Früchte, aber einen rückwärts
> stachligen Stengel, wie @. retrorsum DC., die meisten dagegen besitzen ın
(ei)
Fi | R : : er 5 2
2 N > einer „Verschwendung der Anpassungen“ beide Eigenthümliehkeiten , wie
Nix < 1
IHN RI
“IB [Q ‘Ss >
Asperula.
E @. ellipticum W., @. scaberrimum Vahl und viele andere, zu denen auch
unsere bekannteste Art @. Aparine L., das „Klebkraut“ , gehört, sind
also gleichzeitig als Woll- und als Kletterkletten zu betrachten. Bei der
Gattung Uncaria verwandeln sich, wie aus der umstehenden Abbildung von U. acida Roxb. deutlich
zu sehen ist, die Blüthenstiele allmählich m stark gekrümmte Haken, die für die höher stehenden Früchte
als Sehüttelapparat dienen können. Da aber Rumph von dieser Pflanze sagt: frutex repens, longa
oe
emittens flagella vieinis fruetieulis ineumbentia instar Vitis, so dienen die Haken wahrschemlich
auch als Klettapparat bei diesem Hinklettern über andere Sträucher.
Aehnlich verhalten sich U. Gambir Roxb., U. quianensis Gmel. u. a.
Umbelliferae.
Bei fast allen Arten von Sanicula sind die Früchte mit
hakigen Stacheln dieht bedeckt; z. B. S. europaea L., von der
wir beistehend bei a) die Blüthe, bei e)
und d) die Frucht abbilden, und 8.
marilandica L. Orlaya hat wie die
Fig. 46.
übrigen Daueineen ausgesprochene Ver-
schleppungsvorrichtungen. Die Neben-
rippen haben Stacheln, welche an der
Spitze hakig sind, z. B. ©. maritima
Koch, von der De Candolle sagt:
„fruetus aculeis apice radiato-glochi-
diatis.“ 0. grandiflora Hoffm., welche
in Ost- und Südeuropa heimisch ist, hat
sich jetzt über einen grossen Theil
Deutschlands verbreitet.
Uurezizz Auch die meisten Arten von Daueus gi A
gehören zu den klettfrüchtigen Pflanzen. Sanicula.
Von unserer gemeinsten Art, D. carota L.., geben wir in Fig. 47a den Querschnitt der Frucht, welcher bei
1, 2, 3 die kaum siehtbaren Hauptrippen, bei 4 und 5 die mit langen Stacheln versehenen Nebenrippen
Fig 47. zeigt. Diese Stacheln tragen in der Jugend sehr kleine Widerhäkchen,
wie Fig. 47 b sie zeigt, doch sind dieselben an reifen Früchten nicht
mehr kenntlich. Dass aber dennoch die Klettfähigkeit derselben eine
sehr grosse ist, beweist die Verbreitung dieser Art von China, durch
Cochinchina, den Kaukasus, ganz Europa und bis Amerika hin. Auf
dem Port Juvenal wurden D muricatus L., D. parviflorus Dest.,
D. maximus Dest., D. hispidus Dest., D. aureus Desf. und D. graeilis
Dauens’ Carota: Steinh., alle von Nordafrika, den Mittelmeerinseln oder Spanien her mit
Wolle eingeschleppt.
Ganz ähnlich ausgerüstet sind fast alle Caucalineen und ein grosser Theil der Scandineen. Da
aber besondere Eigenthümlichkeiten hier weniger auftreten, wird die Aufzählung der hierher gehörigen
Gattungen mıt einigen Beispielen von Arten und deren Abbildungen genügen. Caucalis daucoides L.,
von der wir in Fig. 48b) den Querschnitt, bei a) ein Theilfrüchtehen im Längsschnitt sehen, hat wie
©. glochidiata Poir. und mehre andere Arten hakige Stacheln an den Nebenrippen, während €. lepto-
phylla gerade, an der Spitze mit Widerhaken versehene Stacheln besitzt, wie Fig. 49 zeigt.
— DD —
Bei Torihis sind die Stachem entweder hakig, wie bei T. japonica DC., T. scabra DC. und
T. nodosa Gaertn., oder nur ein wenig gekrümmt, wie es die Abbildung der Frucht von 7. Anthriscus
Gm. in Fig. 50 zeigt, aber die tägliche Beobach- ® a up:
tung lehrt uns und auch die Namen „Kletten- Dee: u m
kerbel“ oder „Bettlerläuse*, sowie Joh. Bau- Ä
hin’s Synonym Lappula canaria Hore minore { 1% j
deuten es an, dass auch in dieser Form die >
Stachen zum Anheften und Verbreiten der b a
Früchte vollkommen genügen. Achnlich ver-
2 £ Caucalis daucoides. C. leptophylla. Torilis.
hält es sieh mit Turgenia latifolia Hoffm., welche
von J. Bauhin zum Unterschiede von der vorigen Pflanze als Lappula canaria lati- Fig. 51.
folia bezeichnet wird. Jedes Früchtchen hat an den Berührungsflächen eine Reihe
kurzer Stacheln und auf den 7 Riefen 2- bis 3-reihig liegende, gleichgrosse, durch rück-
wärts stehende, höchst feine Borstenhaare, rauhe und zuletzt widerhakig gekrümmte
Borsten. Sie stammt aus Süd- und Osteuropa, hat sich aber jetzt in Süd- und Mittel-
deutschland weit ausgebreitet. Von Anthriseus ist nur eine Art, A. vulgaris Pers., von
der wir in Fig. 51 die Frucht abbilden, zu den Kletttrüchten zu rechnen.
Anthrisceus.
Paronychiaceae.
Pteranthus dichotomus Forsk. hat wie Acherson*) ausführt, neben einem als Flugmittel wirken-
den „Luftsack“, auch einen wohl entwickelten Haftapparat, wie dies Fig. 52 zeigt. „Es Fig. 52.
finden sich nämlich ausser den hakigen Anhängseln der Kelehblätter noch vier Hakenbüschel,
die niehts anders sind, als die letzten sterilen Auszweigungen eines Dichasiums, von dem
nur die Primen- und die beiden Sekundenblüthen fruchtbar ausgebildet sind, während die
übrigen nur rudimentäre, hakenförmige Kelehblätter entwickeln.
Loasaceae.
Diese durch die Brennhaare der Blätter ausgezeichnete
Familie weist bei mehreren Arten z. Theil neben dieser Schutz- Pietaniin:
vorriehtung die Ausbildung von Klimmhaaren oder Kletterborsten auf, die aber
gelegentlich auch wie Kletten wirken. Klaprothia Mentzelioides H. B. et Kth.,
ein windendes Kraut der Anden, ist an den Zweigen mit rückwärts rauhen
Kletterborsten versehen. Selerothrix fascieulata Presl. hat auf den Blättern
Klimmborsten, die in ihrer ganzen Länge mit rückwärts gerichteten Wider-
haken bedeckt sind. Fig. 53a) zeigt einen Theil des Blattrandes dieser Pflanze,
b) eine einzelne Borste. Aehnlich gestaltete Klimmhaare finden sich bei
Loasa atriplieifolia Presl. Auch Mentzelia aspera L. hat an der Spitze
Sclerothrix.
*) Subflorale Axenorgane.
Huth, Die Klettpflanzen.
hakig gekrümmte Kletthaare. Von ihr sagt Kuntze*), welcher sie in Venezuela kennen lernte: „Sie
besitzt die merkwürdige Eigenschaft, dass ganze Zweige wie Bologneserfläschehen bei Berührung in
Stückchen zerspringen und haften dann diese 1 em bis 1 Zoll langen Theile überall wie Kletten.“
Oucurbitaceae.
Gronovia scandens L. wird von Martyn als „/appacea*, von Deeandolle als „herba adhaerens®
bezeichnet. Sie bietet mit ihrem windenden, dicht mit hakigen Klimmhaaren bedeckten Stengel ein
schönes Bild der Kletterkletten.
Omagraceae.
Die Circaea-Arten haben zwar Früchte, welche mit hakig gekrümmten Haaren dicht bedeckt sind,
doch bezweifle ich, dass dieselben bei ihrer Weichheit zum Kletten dienen können. Vielleicht haben wir
Fig. 54. es hier mit einer erst im Entstehen begriffenen Anpassung zu thun.
Die Gattung Trapa hat entweder vierhörnige Früchte, deren Hörner
besonders in der Jugend, wie es Fig. 54a von T. natans L. zeigt,
rückwärts rauhhaarig sind, oder zweihörmige Früchte, deren Hörner
wie bei den asiatischen Arten T. bicornis L. und T. cochinchinensis Lour.
an der Spitze etwas eingebogen sind, also ganz den Eindruck von Klett-
voriehtungen machen. Dennoch möchte ich annehmen, dass eine Ver-
schleppung durch dieselben schon wegen ihres Standortes im Wasser nicht stattfindet, dass der Apparat
vielmehr, wie auch Aseherson**) annimmt, eine Ankervorriehtung darstellt, mit Hülfe deren die Pflanze
im Schlammgrunde festwurzelt.
Ceratophyllaceae.
Vielleicht schliesst sich Ceratophyllum demersum L. der eben besprochenen Gattung Trapa inso-
fern an, als wir auch bei den Früchten dieser Art die 3 Stacheln als Ankerkletten betrachten dürfen.
Rosaceae.
Geum urbanum L. und zahlreiche andere G@eum-Arten haben einen geknieten Griffel, dessen
oberer Theil später abfällt, so dass der untere hakige Theil der sich zur Erde hinwendenden Früchte zur
Fig. 55. Verschleppung dienen kann, wie täglich die Beobachtung zeigt. Fig. 55 zeigt ein
Früchtehen in seiner Stellung zur Zeit der Fruchtreife. Bei den Arten von Agrimonta,
z. B. A. Eupatoria, L. ist (Fig. 56) der Kelch oberwärts dicht mit hakenförmig-ge-
krümmten Borsten besetzt.
Die Gattung Acaena zeigt zwei ganz verschiedene, aber gleich gute Arten der
Geum.
Klettvorriehtung, weshalb diese Gattung auch früher in zwei Genera getrennt wurde.
*) Die Schutzmittel der Pflanzen gegen Thiere und Wettergunst. Leipzig 1877.
**) Flora der Mark Brandenburgs, pg. 216.
Die Sektion Fuacaena (Gattung Acaena L.) hat wie A. lappacea Ruiz et Pavon und A. latebrosa Aiton
(Fig. 57) den ganzen Kelch mit widerhakigen Borsten be- Fig. 56. Fig. 57. Fig. 58.
setzt, während die Sektion Aneistrum, z. B. A. sanguisorbae
Vahl, wie Fig. 58 zeigt, an der Kelchröhre unbewehrt ist,
dagegen 4 starre, mit Widerhaken versehene Kelehzipfel e
aufweist. Die diehtgedrängten Fruchtkelehe bilden ein kuge-
liges, igelartiges Köpfehen, welches den Früchten wohl ebenso
zum Schutze wie zur Verschleppung dient; doch liegt mir
kein Material über Verbreitung dieser Pflanzen dureh den
Klettapparat vor.
Acaena
Agrimonia. latebrosa. sanguisorbae,
Papilionaceae.
Diese Familie, welche in ihren Blüthen sich in so wunderbarer Weise den Thieren angepasst
Fig. 59.
: Br 2 e j ’ ’ : c . 2
Verbreitung durch Wind und Thiere. Bei keiner Gattung tritt dies aber deutlicher # S
ö - REM K 2
hat, zeigt auch in den Früchten eine vielseitige Differenzirung zum Zwecke der
{e} te} x
hervor als bei Medieago*). Die Früchte vieler Arten variiren ganz bedeutend in er = = n
der Gestalt und Drehungsriehtung, der An- und Abwesenheit der Stacheln, sowie
deren Länge. Es ist deswegen auch nicht möglich, nach diesen Gesichtspunkten
Fig. 60. eine zugleich systematische und natürliche Eintheilung zu geben. Su ,
Da aber in der vorliegenden Arbeit die Stacheln der Hülse IN
das Ausschlaggebende sind, so möge eine besonders nach diesem ZN
Merkmale aufgestellte Uebersicht hier folgen :
A. Hülse nierenförmig oder sichelförmig, seltener mit
mehreren, in der Mitte eine Oeffnung lassenden sch
ai#
Windungen.
M. radiata.
(Von den hierher gehörigen Arten, z. B. M. sativa,
Döll., M. lupulina L., sind alle unbewehrt, mit Ausnahme von M. radita L. (Fig. 60)
welche sichelförmige, breitberandete, am Rande kurzstachlige Hülsen trägt, die ie) er)» FR
ebensowohl durch Thiere verschleppt, als durch den Wind weiter befördert werden z
können).
B. Hülse mit mehrfachen, in der Mitte keine Oeffnung lassenden Umgängen.
I. Fr. am Rande unbewehrt, höchstens höckrig. (Hierher gehören #2
eine Anzahl windfrüchtiger Arten, wie M. orbieularis All., ferner
*) Bei dieser Gattung bin ich zwei Schriften Dr. Urban’s, nämlich dem „Prodromus einer
Monographie der Gattung Medicago“ in d. Verh. d. Bot. Vereins d. Mark Brandenburg, Bd. XV. und
„die Medicago-Arten Linn&’s“ in d. Ber. d. deutsch. Bot. Ges. Bd. I. gefolgt, doch habe ich mehr-
fach der Kürze halber die ältere Nomenelatnr von Decandolle’s Prodromus angewendet. Herr
Urban hat die Freundlichkeit gehabt, die Medicago-Früchte meiner Sammlung einer eingehenden
Medicago
eG 3 FR Pr R a) Fruchtin nat. Gr. B) Theil
Revision zu unterwerfen, wofür ich ihm auch hier besten Dank ausspreche. eines Umganges, vergr.
4*
G
0
M. scutellaria All., sowie mehrere unbewehrte Varietäten von sonst stachligen Arten,
wie M. turbinata W., var inermis, M. litoralis Rohde, var. inermis ete.).
Fig. 61. Fig. 62. Il. Frucht am Rande stachlig.
a. Stachen an der Spitze gerade oder em wenig gebogen.
@) Stacheln kurz, etwa so lang als die Dieke der Windungen
beträgt. Hierzu M. hispida Gaertn. in den var. Terebellum
W.(M. aculeata Gaert. Fig. 59, 1), apieulata W. (M. coronata
Gaert. Fig. 59, 2), mierodon Ehrenb. sowie M. tuberculata W.
und M. marina L. (Fig. 59, 5).
>... Medieago. 3) Stacheln länger als die Dieke der Windungen. [Hierher
Sisetormis. Ban M. intertexta Gaert. (Fig. 59, 6), M. arabica All., M. carstiensis
Jacq., beide mit langen, zarten, bogig gekrümmten Stacheln, sowie M. trun-
catula Gaertn. (Fig. 59, 4) mit besonders derben Stacheln und gewisse Formen
von M. hispida Gaertn. (Fig. 59, 2.)]
b. Stacheln an der Spitze hakig gekrümmt. (Hierher gehören M. minima Bartal.,
M. Tenoreana Ser., M. diseiformis DC. (Fig. 61), M. laciniata All., M. rigidula Desr., so-
wie von M. hispida Gaert. (Fig. 62), die varr. denticulata W.,lappacea Desr. und nigra W.
Den vorzüglichen Verschleppungsapparaten entsprechend, wird die Verbreitung der Medicago-
Arten durch Wollabfälle fast ebenso häufig beobachtet, wie bei den Xanthium-Arten. Es seien aus dem
sehr umfangreichen Beobachtungs-Material folgende Daten hervorgehoben: Die Gattung Medicago gehört
mit 8 Arten von den auf dem Port Juvenal vertretenen Gattungen zu den artenreichsten; die meisten
wurden, wie M. radiata, M. laciniata und M. echinus von Aegypten und Italien her eingeschleppt. Von 190
der Flora von Paris fremden, im Jahre 1871 in Folge der Kriegstransporte dort eingeführten, meist
algerischen Arten gehörten 11 Species unserer Gattung an*). M. hispida Gaert. wird in den verschiedenen
Varietäten, z. B., var. dentieulata W., wohl am häufigsten verschleppt, denn alles, was ich aus Forst und
anderen Tuchfabrikstädten von dortigen Fabrikanten als „Ringelkletten“ erhielt, war zum grössten Theile
diese Species. Noch kürzlich ward es bei Güstrow an der neuen Eisenbahnstrecke gefunden; in der
Mark verwildert fand es sich bei Ruppin 1879 auf Wollabfällen, mehrfach bei Sommerfeld und auf dem
Oderdamme bei Frankfurt a. ©. M. arabica All. ward durch fremde Schafwolle eingeführt und ver-
wilderte nach Wagner und Anderen bei Eupen, Aachen, Schlengen a. M., Hameln, ferner in der Mark
jrandenburg bei Ruppin, Spremberg und Sommerfeld, sowie nach Buchenau**) in der Nähe der Woll-
wäschereien bei Lesum. M. Aschersoniana Urb. wurde mit Wolle vom Kaplande her eingeführt und
gefunden bei Sommerfeld in verschiedenen Jahren, sowie bei Spremberg 1878. M. minina Desr. findet
sich seit Jahren in grosser Menge an den Eisenbahndämmen von Frankfurt a. OÖ.
Die Namen von Trifolium lappaceum L. und T. erinaceum Bieb. deuten auf eine Verschleppungs-
vorriehtung hin und in der That ist bei verschiedenen Trifolium-Arten eine Verbreitung, besonders
mittelst der ausgebreiteten, langborstigen Zipfel des Kelches, wie bei 7. pannonicum L., direkt
beobachtet worden (Sadebeck); bei anderen, wie 7. spumosum L., welches mit Wolle auf dem Port
*) Florula obsidionalis von Gaudefroy und Mouillefarine in Bull. Soc. bot. de France.
*#) Flora von Bremen.
2
‚Juvenal eingeführt wurde und 7. resupinatum L., dienen die hakig-zekrümmten Zipfel des Kelches dem-
selben Zwecke. Noch andere, wie 7. parviflorum Ehrh. und T. strietum W. et K., dessen Frucht bei-
stehend abgebildet ist, können dureh den bleibenden, hakig-gekrümmten Griffel
anhaften, doch möchte ich diese aueh bei vielen andern Papilionaceen vorkommende
Haftvorrichtung in den meisten Fällen als Schüttel- oder Schleuderapparat in dem
Sinne auffassen, wie ich dies in der Einleitung des Weiteren besprochen habe.
Eim solcher hakig-gekrümmter Griffel findet sieh ferner bei den meisten Arten von
@lyeine, z. B. @. debilis Ait., @. senegalensis DC. ete., ferner bei Arten von Oxytropis,
2. B. ©. montana DC. und ©. lapponica Gaud., dann bei Crotalaria senegalensis
Bacle und €. Uneinella Lam., sowie zahlreichen Arten von Astragalus, wie A. ee
scorpioides Pourr., A. reduncus Pall. und 4A. uncatus L., während bei A. hamosus
L. und A. Aegiceras L., sowie bei Anthyllis hamosa Desf. die ganze Hülse hakig gekrümmt ist. Mit
hakig-gekrümmtem, bleibendem Griffel sind ferner versehen: Stylosanthes, z. B. St. mucronata W. (Hedıy-
sarum hamatum Burm.), ferner die Section Ungwienlaria der Gattung Dolichos, z. B. D. unguieulatus
Jaeq., sowie endlich Zeramnus uneinatus Sw. und T. volubilis Sw., die aber wegen ihres rückwärts rauh-
behaarten windenden Stengels auch ebenso zu den Kletterkletten zu rechnen sind.
Sehr viele Papilionaceen besitzen sodann in den hakigen Stacheln und Borsten der Hülsen treff-
liche Haftapparate. So haben Glyeyrrhiza echinata L., @. foetida Desf. und @. asperrima L. krumm-
stachlige Hülsen, besonders schöne Anpassungsformen an die Verschleppung zeigen aber
mehrere Gattungen der Tribus Hedysareae, z. B. Scorpiurus. So sind die Hülsen
von Se. muricata L., Se. sulcata L., Se. subvillosa L. (Fig. 64) u. a. ganz mit mehr
oder minder gekrümmten Stacheln bedeckt, während bei Se. vermieulata Sibth. sich nur
Höcker zeigen und andere Arten glatte Hülsen tragen. Die Verschleppung bei der
erstgenannten Art wird noch dureh die Leichtigkeit erhöht, mit welcher sich die ein-
zelnen Theile der eingeschnürten Hülse von einander trennen. Auch Adesmia muricata Seorpiurus.
DC. hat stachlige Gliederhülsen und die Glieder der Hülsen von Nieolsonia venustula DC. nennt dieser
Autor adhaerenti-hirtella. Aechnliche Bezeichnungen giebt er den Hülsen von Desmodium arenarium H.
B. et Kth., D. cumanense DU. u. a., während er bei D. aneistrocarpum DE. aus-
drücklich sagt: „legumimis artieulis pilis hamatis undique hispidissinis.” D.
uneinatum DO. und D. Aparines sind am ganzen Stengel mit hakig-gekrümmten
Stacheln bedeckt und gehören jedenfalls, wie Galium Aparine, zu den Klimm-
kletten.
Auch TZuaverniera lappacea DC. hat rauhstachlige, klettende Glieder-
hülsen und bei Hedysarım ist die ganze Section Echinolobium mit stachligen oder hakigen Fig. 66.
Gliederhülsen versehen, z. B. H. grandiflorum Pall. und H. asperrimum, welches ich
nach einem Exemplar des Berl. bot. Mus. beistehend abbilde. 1. spinosissimum L.
wurde, wie H. capitatum Desf. auf dem Port Juvenal von den Mittelmeergegenden mit
Wolle eingeführt. Auch die sichelförmigen Hülsen der Section Echinodiseus in der Gattung
Onobrychis.
Pterocarpus, z. B. P. erinaceus Lam., haben hakige Stacheln auf den Klappen.
— 30 —
Ganz andere Formen, die aber denselben Zwecken dienlich sind, zeigen verschiedene Arten
von Onobrychis. Besonders auffallend sind dieselben bei O. Crista galli L. (Fig. 66), bei welcher neben
dem gezähnten „Kamm“ zahlreiche starke Stacheln als Klettvorriehtung dienen, wie man sich leicht über-
zeugen kann. Auch diese Art wurde von Nordafrika her auf dem Port Juvenal eingeschleppt..
Mimosaceae.
Manche Mimosa-Arten machen mit ihren langgestreckten, dicht mit gekrümmten Stacheln besetzten
Fig. 67.
Zweigen den Eindruck von Klimmkletten und der Name von
M. adhaerens H. B. et Kth. deutet auf eine Haftvorrichtung hin,
doch finde ieh keine näheren Bemerkungen hierüber. Die Hülsen
der Gattung Schrankia sind dieht mit Hakenstacheln besetzt und
die Namen von Schr. hamata H. B. et Kth. und Schr. uncinata W.
weisen auf diesen Klettapparat hin.
Acacia acanthocarpa W. (Fig. 67) hat gekrümmte, beider-
seits stark stachlige Hülsen, deren Klettapparat sowohl zum Aus-
schleudern der Samen in der Nähe, als zum Verschleppen der
Frucht in weitere Ferne dienen kann.
Acacia acanthocarpa.
Geraniaceae.
Wie schon in der Einleitung gesagt, besitzen verschiedene Gattungen dieser Familie einen vor-
0202
SS
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Erodium.
Bohrspitze stets nach
züglichen Bohrapparat, bestimmt, die Theilfrüchte selbstthätig in den Boden ein-
zugraben. Wie aber auch bei den Aristida-Früchten (vergl. pag. 8) geschieht
diese Bohrarbeit auch, wenn die hornige, rückwärtsborstige Spitze des Früchtehens
mit einem wollhaarigen Thiere in Berührung gekommen ist und der Apparat wird,
seiner ursprünglichen Tendenz untreu, zur wirksamen Klettvorriehtung. Daher ist
denn auch die Gattung Erodium in der öfter genannten Florula Juvenalis mit
nicht weniger als 12 Arten vertreten, und auch in der Mark Brandenburg wurde
beispielsweise das südeuropäische E. moschatum W. mit Wolle eingeführt und ver-
wildert bei Sommerfeld aufgefunden. Auch sonst findet sich diese Species weit
verbreitet und ist wahrscheimlieh in ähnlicher Weise verschleppt; Linne kennt es
in seinen Speeies plantarum, 2. Aufl., nur aus dem Orient, während schon im Jahre
1800 es Willdenow aus England, Sibirien, der Berberei, dem Cap der guten
Hoffnung, Brasilien und Peru bekannt war. Die unbefiederte Granne der Frucht
dreht sich bei dieser und anderen Arten korkzieherförmig; etwas anders ist der
Bohrapparat bei anderen Erodien gestaltet, bei welchen sich die Granne nicht in
dieser Weise schraubig krümmt, dagegen aber, wie bei E. bryonüifolium Boiss.
(Fig. 68) zweizeilig befiedert ist, wodurch die Frucht einerseits durch den Wind
weitergeführt, dann aber auch beim Niederfallen so gestellt wird, dass die scharfe
unten, also zum Einbohren richtig gestellt ist.
Natürlich gehören auch die in ihren Früchten nach Analogie von Erodium gebauten Gattungen
Monsonia und Pelargontum zu den Bohrkletten.
4
Sapindaceae.
Euphoria Nephelium DC. hat in der aus langen, gekrümmten Stacheln bestehenden Fruchthülle
einen guten Klettapparat, wie auch das Linn@sche Synonym Nephelium lappaceum andeutet.
Chlaenaceae.
Die Hugonia-Arten, z. B. die von Rheede im Hortus malabarieus schön abgegebildete HZ. Mystax L.,
haben zahlreiche, aus fehlgeschlagenen Blüthenstielen entstandene, hakenförmig-gekrümmte Stacheln, welche
den gekrümmten Fruchtstielen von Unona und Uncaria analog und wahrschemlich ebenfalls zu den
Schüttelkletten zu reehnen sind.
Tiliaceae.
Fig. 70. Heliocarpus americana
L. ist in Folge der Hachen
Er Gestalt der Frucht, sowie
se deren fiederig gewimper-
FR ten Strahlen im Allge-
meinen als windfrüch-
Triumfetta tig zu bezeiehnen, wenn
annua. Lappula.
auch eine gelegentliche
Verschleppung der Früchte durch Thiere wahrscheinlich
ist, da dieselben, wie man sich leicht überzeugen kann,
sowohl untereinander, als auch sonst an rauhen Körpern
haften.
Wenige Gattungen zeigen die Klettvorrichtungen so
schön ausgebildet wie Zriumfetta. Alle Arten, etwa 30 an
der Zahl, haben eme mit an der Spitze hakig-gekrümmten
Stacheln dicht bedeckte Kapsel; bei einem Theil derselben,
wie bei 7, annua L. (Fig. 69) sind die Hakenstacheln nackt,
bei andern, wie 7. Zappula L. (Fig. 70), T. althaeoides
Lam. u. a. sind auch die Stacheln durch rückwärtsge-
richtete Borsten im ihrer Klettfähigkeit verstärkt.
Entsprechend diesem Verbreitungsapparate konnte die
Gattung sich vomehmlich über die weit von einander
Sloanea.
gelegenen Inseln des grossen Oceans und anderer Welt-
meere verbreiten. Wir finden ihre Arten auf den Caraibischen Inseln, den Gesellschaftsinseln, auf Java
2,
u.s. w. Ja Betehe*), weleher 6 Wochen lang 6 Atolle der Marshall-Inseln botanisch untersuchte, fand
unter der geringen Anzahl von 56 Pflanzenspecies 7. procumbens Forst., die doch wahrscheinlich entweder
durch wandernde Vögel oder unfreiwillig durch den Menschen und seine Hausthiere dort eingeschleppt wurde.
Die derben, stark gekrümmten Stacheln, welche die Früchte von Sloanea dentata L. umgeben,
machen ganz den Eindruck eines Klettapparates. Da aber, wie die beistehende, nach einem Exemplar
des Berl. bot. Museums in natürlicher Grösse gezeichnete Abbildung des einen Viertels der Frucht zeigt,
dieselbe zu einer Verschleppung zu gross und schwer sein dürfte, so haben wir es auch hier wahrscheinlich
mit einem Schüttelapparate zu thun, bestimmt, die Samen der sich weit in 4 Stücke theilenden Frucht
wenigstens einige Meter weit fortzuschleudern. Vielleieht ist dies auch der Fall bei einigen Apeiba-Arten,
besonders bei der lang- und krummstachligen A. Tiburbu Aubl.
Malvaceae.
Von dieser Familie zeigen nieht wenige Gattungen und Arten ausgesprochene Klettvorrichtungen.
Von den Früchten von Urena lobata L. (Fig. 72 zeigt eine Theilfrucht vergrössert) sagt Dillen:
Fig. 72. Fig. 73. „Fruetus plurimis euspidulis Bardanae instar exasperati*. Achnlich verhält
es sich bei U. Lappago Sm. (Fig. 75), welche schon von Rumph als
„Lappago amboinica* abgebildet und beschrieben wird, und von der er
sagt: „Lappulae hamalis suis tam firmiter sibi ipsis, vestibus, immo et
digitis nudis adhaerent, ut non nisi avulsione dissolvi possint“. Beide
Arten unterscheiden sich aber in ihrem Klettapparate darin, dass erstere
gerade, mit Widerhaken versehene Stacheln, letztere gekrümmte Haken
Urena
lobata. Lappago. besitzt. Auch viele andere Urena-Arten, wie U. mierocarpa DC. haben
ähnliche Ausrüstungen. Ganz eng schliesst sich ihnen in dieser Beziehung Malachra Urena DC. an.
Die fünf zu Section Typhalea gehörigen Arten von Pavonia haben 5 im Kreise stehende Theil-
früchte, deren jede 3 rückwärtsrauhe Klettstacheln trägt. Eines dieser Früchtehen von
Pavonia spinifex Willd. zeigt die beistehende Figur 74.
Einige Hibiscus-Arten sind mit vorzüglichen Klimmkletten versehen. Von H. surra-
Fig. 74.
tensis L. sagt Rumph: „Haee planta nullo modo erecta stare valet, sed aliis susten-
taculis ae sepibus ineumbens sustinetur.* Dieses Anlehnen an andere Gegenstände wird
ihr nun durch die hakigen Kletthaare sehr erleichtert: „Cuneti vero foliorum petioli et
eostae brevibus spinulis seu aduneis pilis hirtae, immo ipsa folia ab inferiore ıpsorum parte,
Pavonia.
. unde vix tractari possunt, atque praetereuntium vestibus adhaerent.“ In ähn-
licher Weise ist HZ. wncinellus Fl. mex. ausgerüstet **).
Einige Arten von Sida haben ebenfalls Klettvorrichtungen. Vielleicht wirken die hakigen Schnäbel
der Früchte von $. Abutilon L. als Schleuderkletten; wirkliche Verschleppungskletten scheinen auf-
*) Vegetationsskizze der Marshall-Inseln. (G. Z. III. 1884.)
**) Beide Pflanzen stimmen auch darin überein, dass sie einen die Blüthen umgebenden, in seiner biologischen
Wirkung mir aber unverständlichen Hakenkranz tragen.
zuweisen die beistehend abgebildete S. spiraeifolia Lnk., bei weleher die Theilfrüchte am Rande gezähnt,
oberwärts zweihörnig, mit scharf zugespitzten, auseinanderspreizenden Haken versehen u
a ON, JE, 2 U 1 16: . . . . . N 8° a
sind, und von 8. althaeifolia Sw. die var. aristosa, weil bei dieser die Grannen der. -
Früchtehen rückwärts rauh sind. . AL
Bixaceae. )
Bixa Orellana L. steht durch ihre dieht mit Stacheln besetzten Kapselfrüchte
den Klettfrüchten jedenfalls sehr nahe und wird deshalb auch von Plukenet als Orellana
a a B ® Sida.
follieulis Jappaceis bezeichnet.
Polygalaceae.
Die rundlichen Früchte der meisten Arten von Krameria sind rings mit rückwärtshakigen Stacheln
besetzt. Fig. 76 zeigt bei a. das Ende eines Zweiges von K. triandra Ruiz et Pav., während bei b. ein
einzelner Klettstachel vergrössert dargestellt ist. Ebenso ausgerüstet sind Fig. 76.
K. Leina L., K. secundiflora DU. u. a.
Verschiedene Polygala- Arten besitzen eine, wie es scheint, im
Pflanzenreiche seltenere Art der Klettvorriehtung, indem nämlich nicht die
Früchte, sondern die Samen zur Verschleppung eingerichtet sind. P.
glochidiata H. B. et Kth. hat hakig-borstige Samen und bei P. varlabılis,
P. gracilis, P. asperuloides und P. seoparia derselben Autoren sind die
Samen rückwärts-rauhhaarig. Da nun diese Pflanzen des tropischen Amerika
vornehmlich am Rande der Flüsse und Sümpfe vorkommen, so sind die
Samen wahrscheinlich der Verschleppung durch Wasservögel angepasst,
a b.
Krameria.
ähnlich wie wir es von Uneinia (pag. 10) lesen.
Crueiferae.
Wenn in dieser Familie überhaupt Repräsentanten der Klettpflanzen vertreten sind, so erscheinen
die Ausrüstungen doch bei keiner Species recht charakteristisch. Es lassen sich allenfalls folgende Bei-
spiele hier anführen: C/ypeola echinata DC. hat am Rande gezähnte, auf den Klappen borstig-stachlige
Schötehen. Pugionium cornutum Gaertn. hat in einem beiderseits krummstachlichen, in zwei dolchförmige
Spitzen verlängerten Schötchen einen ziemlich guten Klettapparat. Suecowia balearica Medikus hat stachlige
Klappen der Schötehen; ebenso Carichtera Vellae DC., die wie die vorhergehende Art auf den Belearen
zu Hause ist. Eucelidium syriacum R. Br. hat in seinem bleibenden, hakigen Fruchtschnabel einen guten
Klettapparat. Es stammt aus dem Orient, ist aber von dort bis Wien auf den dortigen Prater ver-
schleppt worden.
Umonaceae.
Unona uncinata Lam. und U. hamata Dunal haben hakig-gekrümmte Fruchtstiele, die ganz an
die Ausrüstung von Uncaria (vergl. pag. 23) erinnern und deshalb wohl als Schüttelkletten zu bezeichnen
sein dürften.
Huth, Die Klettpflanzen, 5
— 34 —
Ranunculaceae.
Verschiedene Arten der Gattung Ranunculus zeigen durch hakenförmige Krümmung des Frucht-
schnabels die Neigung, Klettvorrichtungen auszubilden, wie z. B. R. cappadocius W., R. recurvatus Poir.
Fig. 77.
und AR. lappaceus Smith. Die stufenförmige Ausbildung einer solchen An-
passung zeigt besonders die Gruppe Echinella. Während nämlich bei A. tuber-
culatus Kit. u. a. sich auf den Fruchtflächen nur Höcker finden, sehen wir beı
R. Chius DC. neben diesen schon den hakig-gekrümmten Fruchtschnabel ;
bei R. arvensis L. (Fig. 77) haben sich die Höcker schon zu ziemlich langen
Stacheln umgebildet und bei R. muricatus L. (Fig. 78) sind endlich auch diese,
Banuneulus wie der Schnabel, hakig gekrümmt. Godron erwähnt in seiner Florula Juve-
arvensis. muricatus. alis zwei mir unbekannte Ranunculus-Arten, die aus ihrer Heimath, Südrussland,
jedenfalls durch Wolle nach dem Port Juvenal verschleppt wurden, es sind R. lomatocarpus Fisch et Mey.
und R. trachycarpus Fisch et Mey.
Nachtrae.
Die zur Familie der
Smilacaceae
gehörenden klimmenden Arten der Gattung Smilax sind meist mit rückwärts gekrümmten Stacheln ver-
sehen, die ihnen als Kletterkletten behülflich sind. Die südeuropäische $. aspera L. klettert in
dieser Weise 10—20 m an den Platanen in die Höhe. $. lappacea Humb. et Bonpl. verdankt ihren
Speeiesnamen derselben Vorriehtung.
Acacıa 30.
Acaena 26.
Acanthospermum 20.
Adesmia 29.
Aeschynanthus 5. 16.
Agathelpis 15.
Agrimonia 5. 26.
Allionia 13.
Amberboa 22.
Andropogon 9.
Anthriseus 5. 25.
Anthyllis 29.
Apeiba 32.
Arıstida 4. 5. 8.
Asperugo 16.
Asperula 23.
Astragalus 29.
Bidens 5. 18.
Bixa 32.
Blitum 14.
Borreria 23.
Bromus 9.
Caeeinia 16.
Calamus 2. 12.
Calendula 20.
Callisonum 5. 12.
Carduus 21.
Cariehtera 33.
Verzeichniss der Genera.
(Die Ziffern bedeuten die Seitenzahlen.)
Caucalis 24.
Cenchrus 8.
Centaurea 6. 22.
Centotheca 9.
Ceratogonum 13.
Ceratophyllum 26.
Circaca 26.
Cirsium 21.
Clypeola BBR
Cornucopiae T.
Cosmos 19.
Oraniolaria 17.
Crotalaria 27.
Cyathula 14.
Cynoglossum 5. 16
Cyperus 10.
Daueus 6. 24.
Delueia 19.
Desmodium 29.
Desmoneus 2. 11.
Dolichos 29.
Eehmaria 9.
Echinopsilon 14.
‘chmospermum 5. 16.
Emex 13.
Erodium 4. 6. 33.
Euelidium 33.
Euphoria 31.
Forskählea 5. 12.
Franseria 20.
Fuirena 10.
Galium 2. 5. 16. 23.
Geum 5. 26.
Glossogyne 19.
Glyeine 29.
Glyeyrrhiza 29.
Gronovia 2. 26.
Gruvelia 16.
Harpagophytum 5. 17.
Hebenstreitia 15.
Hedysarum 2. 29.
Helichrysum 21.
Heliocarpus 31.
Helminthia 21.
Hemarthria 9.
Heterocaryum 16.
Heteropogon 9.
Heterospermum 19.
Hibiseus 2.
Hordeum 9.
Hugonia 4. 31.
Hyptis 19:
Isolepis 10.
Klaprothria 25.
Koelpimia 21.
Krameria 33.
Lappa 3. 21.
Leersia 5. 7.
Lepideilema 7.
Limnanthernum 5. 18.
Loasa 25.
Malachra 32.
Manulea 15.
Marrubium 5. 15.
Martynia 3. 5. 16.
Medicago 6. 27.
Mentzelia 25.
Mieropus 18.
Mierotea 14. .
Mimosa 30.
Monsonia 31.
Myosotis 16.
Nieolsonia 29.
Omphalodes 16.
Onobrychis 30.
Oplismenos 7.
Orlaya 24.
Oxytropis 29.
Panieum 7.
Parietaria 12.
Pavonia 32.
Peetocarya 16.
— 36
Pelargonium 31.
Pharus 7.
Pieris 21.
Pinillosia 19.
Pinus 12.
Pisonia 5. 13.
Polygala 5. 33.
Polygonum 2. 13.
Priya 19.
Pteranthus 25.
Pterocarpus 29.
Pugionium 33.
Pupalia 13.
Ranuneulus 34.
Remusatia 11.
Rhagadiolus 21.
Rhynehospora 10.
Rumex 13.
Sanieula 24.
Sehrankia 30.
Seirpus 10.
Selerothrix 2. 25.
Seorpiurus 29.
Setaria 7.
Sıda 32.
Sloanea 3. 32.
Smilax 34.
Solenanthus 16.
Spermacoce 23.
Stipa 4. 5. 8.
Stylosanthes 29.
Suceowia 33.
Suchtelenia 16.
Taverniera 29.
Teramnus 2. 29.
Thelesperma 19.
Torilis 5. 25.
Tragoceras 20.
Tragus 8.
Trapa 4. 26.
Trifohum 27.
Triumfetta 31.
Turgenia 25.
Turretia 17.
Uncaria 3. 23.
Unemia 5. 10.
Unona 3. 33.
Urena 5. 32.
Valerianella 22.
Verbaseum 6. 15.
Verbesina 19.
Villarsia 5.
Xanthium 3. 5. 6. 19.
a
By
FERIEN
Verlag von Theodor F scher. in Cassel.
Set 3?
Bibliotheca m.
Original-Abhandlungen aus dem Gesammtgebiete der Botanik,
herausgegeben von
Dr. 0. Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein in Cassel.
0>0—
Inhalt der einzelnen Hefte:
I. Band.
1. Schenk, Dr. H., Vergleichende Anatomie der submersen Gewächse. Mit 10 Tateln.
2. Zopf, Dr. W., Botanische Untersuchungen über die Gerbstoff- und Autloeyan-Behälter der Fumaria-
ceen. Mit 3 farbigen Doppeltafeln.
3. Schiffner, Dr. V., Ueber Verbascum-Hybriden und einige neue Bastarde des Verbascum pyramidatum.
Mit 2 Tafeln.
4. Vöchting, Dr. H., Ueber die Bildung der Knollen. — Mit 5 Tafeln und 5 Figuren im Text.
5. Dietz, Dr. Sandor, Ueber die Entwickelung der Blüthe und Frucht von Sparganium Tourn. und
Typha Tourn. Mit 3 Tafeln. &
U. Band.
6. Schenk, Dr. A., Fossile ER aus der Albourskette. Mit 9 Tafeln.
7. Rees, Dr. Max u. Fisch, Dr. €., Untersuchungen über Bau und Lebensgeschichte der DE
trüffel, Elaphomyces. — Mit 5 Tafel] und 1 Holzschnitt.
8. Buchtien, Dr. 0., Entwickelungsgeschichte des Prothallium von Equisetum. Mit 6 Tafeln.
9. Huth, Dr. E., Die Klettpflanzen mit besonderer Berücksichtigung ihrer Verbreitung dureh Thiere. —
Mit 78 Holzschnitten.
10. Schuiz, Aug., Beiträge zur Kenntniss der Bestäubungseinrichtungen und der Geschlechtsvertheilung
bei den Pflanzen. Mit 1 Tafel.
11. Wiegand, Dr. A., Nelumbium speciosum. — Nach des Verfassers Tode herausgegeben von Dr.
E. Dennert. Mit 6 Tafeln.
Ferner haben Beiträge in Aussicht gestellt die Herren:
Prof. Dr. A. B. Frank in Berlin, Prof. Dr. L. Kny in Berlin, Geh. Rath Prof. Dr. Jul. Kühn
in Halle a/S., Prof. Dr. Leitgeb in Graz, Prof. Dr. F. Ludwig in Greiz, Prof. Dr. Russow in Dorpat, u. A.
Die „Bibliotheca botanica“ erscheint in Quartformat in zwanglosen Heften mit zahlreichen, zum grossen "Theil farbigen
Tafeln ausgestattet. — ‚Jedes Heft wird einzeln abgegeben und einzeln berechnet.
Botanisches Centralblatt
Referirendes Organ für das Gesammtgebiet der Botanik des In- u. Auslandes.
Herausgegeben unter Mitwirkung zahlreicher Gelehrten
von
Dr. Oscar Uhlworm Dr. W. J. Behrens
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in Cassel en in (röttingen.
Zugleich Organ (des Botanischen Vereins in München, der Botaniska Sällskapet
i Stockholm, der Gesellschaft für Botanik zu Hamburg, der botanischen Section der
Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau, der Botaniska
Sektionen af Naturvetenskapliga Studentsällskapet i Upsala, der k. k. zoologisch-
botanischen Gesellschaft in Wien und des Botanischen Vereins in Lund.
Abonnement für den Jahrgang (4 Bände in 52 Nrn.) mit 28 M. durch alle Buchhandlungen
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Druck von Gebr. Gotthelft in Cassel
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| dem Gesammtgebiete der Botanık.
Abhandlungen
aus
Herausgegeben
von
Dr. Oskar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein.
in
CSassel,
(Heft No. 10.)
Schulz, Aug.: Beiträge zur Kenntniss der Bestäubungseinrichtungen und der Geschlechtsvertheilung
bei den Pflanzen. Mit 1 Tatel.
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
1888.
BIBLIOTHECA BOTANICA.
Abhandlungen
aus
dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
von
Dr. Oskar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein.
CSassel,
(Heft No. 10.)
Schulz, Aug.: Beiträge zur Kenntniss der Bestäubungseinrichtungen und der Geschlechtsvertheilung
bei den Pflanzen. Mit 1 Tafel.
GARSSEL
Verlag von Theodor Fischer.
ISSs,
Beiträgse
ur Kenntniss der
Von
CASSEL,
7 e von Theodor Fischer
1SSS.
Vorbemerkung.
Die folgenden Untersuchungen sind in den Jahren 1885 und 1856 hauptsächlich in der Um-
gegend von Halle a. S., in Nord- und Mittelthürimgen und im Riesengebirge gemacht worden.
3ei den Beschreibungen der Blütheneinrichtungen habe ich in der Regel Alles übergangen, was
sich nicht speciell auf die Befruchtungsorgane bezog.
Lagen über eine Art schon von früheren Forschern Beobachtungen vor, so habe ich mich im
Allgemeinen auf Ergänzungen oder die Angabe des etwa von mir abweichend Gefundenen beschränkt.
I. Dicotyledones Juss.
Ranunculaceae Juss.
1. Clematis Vitalba. L.
Die Blüthen sind in der Regel schwach proterogyn). Die Narben sind bereits zur Zeit der
Blüthenöffnung entwickelt.
Die Staubgefässe entwickeln sich langsam von der Peripherie nach der Mitte zu.
Während des Verstäubens der Antheren fallen schon vielfach die Kelehblätter, die sich gleich
nach der Oeffnung fast bis zum Blüthenstiel zurückgekrümmt haben, ab. Die Narben bleiben bis zum
Ende des Verstäubens der Antheren, oft sogar noch etwas länger, vollständig frisch.
Manchmal finden sich auch unter den proterogynen einzelne homogame Blüthen.
2. (lem. recta L.
Ich fand die Blüthen von Exemplaren des Finnberges bei Cölleda in Thüringen, wie H. Müller?)
die von eultivirten Exemplaren, proterandrisch.
!) Ebenso beschreibt Kirchner (neue Beobachtungen über die Bestäubungs-Einrichtungen einheimischer Pflanzen.
Programm zur 68. Jahresfeier der landw. Acad. Hohenheim (1886) S. 20—21, die Blüthe.
?) Befruchtung der Blumen (1873) S. 111.
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen. 1
Oft sind die Narben bereits kurze Zeit nach Oefinung der Blüthe, nachdem nur die Antheren
einiger der äussern Staubgefässe verstäubt haben, entwickelt, oft auch erst zusammen mit den letzten
(innern) Staubgefässen.
Vollständig homogame Blüthen beobachtete ich nicht.
3. Pulsatilla vulgaris Mill.
Die Blüthen sind schwach proterogyn. Sofort bei der Blüthenöffnung sind die Narben entwickelt,
die Antheren fangen erst, je nach der Witterung, 2—4 Tage später an zu verstäuben.
Die Entwieklung der Antheren erfolgt von innen nach aussen, doch pflegen nicht die unmittelbar
an den Narben stehenden zuerst aufzuspringen.
Die äusseren untersten Antheren, fast ohne Filament, sind in den meisten Fällen sehr klein und
gewöhnlich ohne normal entwickelten Pollen.
4. Pulsatilla alpina Del.
Diese Art verhält sich im Riesengebirge ebenso, wie in den Alpen nach der Beschreibung von
Luigi Riceca!) und H. Müller.?)
Die Blüthen sind bald mehr, bald weniger proterogyn. Die Narben sind bei der Oeffnung der
Blüthe vollständig entwickelt, die Staubgefässe meist nur halb so lang als die Griffel. Sie ent-
wickeln sich von innen nach aussen; die inneren erreichen meist die Länge der Griffel, die äusseren
bleiben kürzer. In Folge dessen tritt wohl vielfach Selbstbefruchtung ein. Die Narben pflegen bis zum
Schluss der Verstäubung frisch zu bleiben.
Neben der vollständig hermaphroditischen Form findet sich auch im Riesengebirge eine männliche,
allerdings nieht häufig. °)
Bei dieser männliehen Form bleiben die meist wenigen (1—8) Griffel kurz und zwischen den
Staubfäden verborgen. Nur bei einzelnen Individuen verstäuben die Antheren sofort nach dem Oeffnen
der Blüthen, bei den meisten jedoch oft erst geraume Zeit nach demselben. Hierdurch ist sofort die
Abstammung von der proterogynen Stammform zu erkennen.
Die Blüthen der männliehen Form sind oftmals bedeutend kleiner als die der hermaphroditischen.
Hin und wieder kommen auch auf demselben Wurzelstock Blüthen ohne entwickelte Griffel (also
männliche) und solche, die, wenn auch nur wenige (3—5), entwickelte Griffel tragen.
Die Pflanze ist somit nicht nur androdiöeisch, sondern auch andromonöeisch.
Die Zahl der Griffel schwankt auch bei den hermaphroditischen Blüthen bedeutend.
!) Osservazioni sulla fecondazione incerociata de’vegetali alpini e subalpini fatte nelle Alpi della somma Val Camo-
niea. Atti della societä ital. di scienze natur. vol. XIV. fasc. IV (nicht „III“, wie H. Müller beständig angiebt) (1872)
S. 246— 247.
2) Alpenblumen (1881). S. 127.
®) Am kleinen Teich fanden sich Juli 1886 auf 100 Hermaphroditen höchstens 3 männliche Individuen. Im Anfange
des Blühens der Art fand Rieca auf 100 Individuen 9 männliche. Er giebt auch an, dass die männlichen Stöcke früher
blühen als die hermaphroditischen.
5. Anemone nareissiflora L.
Die Blüthen sind im Riesengebirge in der Regel ausgeprägt proterandrisch, wie in den Alpen).
Die Staubgefässe entwickeln sich von der Peripherie aus; die äusseren bleiben gewöhnlich kürzer als
die inneren.
In einzelnen Fällen sind die Narben erst nach dem Ausstäuben sämmtlicher Antheren entwickelt,
in der Regel entwiekeln sie sich jedoch während des Ausstäubens der letzten. Da diese gewöhnlich
sieh unmittelbar an den Griffeln befinden und in gleicher Höhe mit den Narben liegen, so kann leicht
Befruchtung mit eigenem Pollen eintreten.
Es giebt auch Exemplare, bei denen die Narben und die äusseren Antheren gleichzeitig ent-
wickelt sind.
Eine ausgeprägte eingeschlechtige Form konnte ich nieht auffinden. Einzelne Stöcke besassen
allerdings vollständig entwickelte, aber an der Spitze schwarzbraune Narben. — Die Zahl der Griffel
schwankt sehr. Es giebt Individuen, welche in allen Blüthen nur sehr wenige (1-4) Griffel besitzen.
6. Ramwneulus aconitifolius L.
Die Blüthen dieser Art sind im Riesengebirge ausgeprägt proterandrisch. Die Griffel sind bei
der Blüthenöffnung noch ganz unentwickelt und oft noch von den inneren Staubfäden verdeckt, wenn
die Antheren der äusseren Staubgefässe (das Verstäuben geht von aussen nach innen vor sich) schon
vollständig ausgestäubt haben.
Die meisten Stöcke tragen Blüthen verschiedener Grösse. Solche Individuen, bei denen die
Blüthenblätter zwischen 7 und 11 mm Länge schwanken, sind nicht selten. Doch selbst solche, bei
denen sie zwischen 6 und 14 mm schwanken, kommen vor.
Die Zahl der Stempel pflegt, trotz der Grössenunterschiede der Blüthen, nicht wesentlich zu
variiren, oftmals fand ieh sie in kleinen Blüthen bedentender als in grossen.
Durch das Vorkommen von Blüthen verschiedener Grösse auf denselben Stöcken erhält die Pflanze
ein eigenartiges Aussehen.
COrueiferae Juss.
1. Brassica Rapa L.
Sofort nach der Oefinung der Knospe drehen sich die langen Staubgefässe, deren Antheren in
der Narbe vollständig intrors sind, nach rechts resp. nach links um 90°, so dass die Antheren ihre mit
Pollen bedeekte Flächen den Antheren der kürzeren Staubgefässe zuwenden. Seltener drehen sich die
Staubgefäüsse um 180°, so dass die Antheren vollständig extrors werden. ?)
Die Antheren springen von oben her auf und die der längeren Staubgefässe biegen sich an der
Spitze bedeutend um, so dass sich die Spitzen der Antheren je zwei neben einander stehender Staub-
gefässe fast berühren.
!) Nach H. Müller, Alpenblumen S. 128.
2) Kirchner (a. a. ©. $. 24) scheint die Antheren nur so angetroffen zu haben.
1*
Von den Neetarien liegen die grösseren zwischen dem Fruchtknoten und den bogenförmig
gekrümmten kürzeren Staubgefässen und stossen rechts und links an die Basis der längeren Staubgefässe.
Sie werden auf diese Weise sechseckig. Die kleineren sind zwischen die beiden langen Staubgefässe ein-
geschoben und daher dreieckig.
Da die grossen Neetarien weit mehr Honig absondern, als die kleinen, so werden sie in erster
Linie von den Insekten besucht. Da nun gewöhnlich die Antheren beider Kreise den grossen Nectarien
ihre pollenbedeckte Seite zuwenden, so kann sich das besuchende Insekt leicht mit Pollen bedecken.
Da die Narben an die Basen der Antheren der langen Staubgefässe hinanragen und die Blüthen
homogam sind, so tritt in vielen Fällen wohl Selbstbestäubung ein.
2. Berteroa incana D. ©.
Auch bei dieser Pflanze machen die längeren Staubgefässe gleich nach der Oeffnung der Blüthen
eine Drehung um 90°, so dass sie den Antheren der kürzeren Staubfäden gegenüberstehen. Auch ihre
Antheren pflegen sich an der Spitze etwas zu krümmen.
Die Neetarien befinden sich nur zwischen den kurzen und langen Staubgefässen und zwar zu
jeder Seite jedes der kurzen Staubgefässe eins. Es wird also auch hier das Insekt bei dem Besuch der
Nectarien sich leicht mit Pollen bedecken.
Die Antheren der langen Staubgefässe überragen die Narbe ein wenig, die Antheren der kurzen stehen
mit ihr auf gleicher Höhe, sind aber in Folge der Krümmung der Filamente ziemlich weit von ihr entfernt.
Selbstbefruchtung ist wohl auch bei dieser Art leieht möglich.
Resedaceae D. VÖ.
Reseda lutea L.
Der Bau der Blüthe ist dem derjenigen der von H. Müller!) beschriebenen Reseda odorata L. sehr
ähnlieh. Vor dem Aufblühen, welches auch hier nur dureh den Anfang der Honigsecretion charakterisirt ist,
liegen die Antheren in gleicher Höhe mit den Narben. Nach dem Aufblühen richten sich die Staub-
fäden auf, verlängern sich und fangen von der Peripherie der Blüthe an auszustäuben.
Während des Ausstäubens entwickelt sieh auch die Narbe, doch erreicht sie ihre vollständige
Reife erst, wenn nur noch die innersten Staubbeutel Pollen besitzen. Seltener entwickeln sich die Narben
erst nach dem vollständigen Ausstäuben der Antheren.
Selbstbestäubung ist also, da gerade die zuletzt verstäubenden Antheren sehr nahe an der Narbe
sich befinden, leicht möglich.
In einzelnen Gegenden findet man fast in jeder Inflorescenz einzelne kleiner bleibende Blüthen,
deren Narben sehr winzig sind und obgleich sie sich noch etwas nach dem Aufblühen entwickeln, doch
nur die Grösse der normalen Narben im Knospenzustande erreichen. Die Staubgefässe dieser Blüthen
sind vollständig normal.
Rein männliche Individuen sah ich bisher noch nicht.
it) Befr. der Blumen $. 142—143.
|
an
|
Silenaceae D. C.
1. Tunica prolifera Seop.
Die Blüthen, deren Blätter ungefähr 13
15 mm lang sind, besitzen nur eine Oeffnung von 5—8 mm.
Die Staubgefässe jedes der beiden Kreise sind nicht zu gleicher Zeit entwickelt, sondern
entwickeln sich nach und nach, so dass die letzten eines Kreises oft noch nieht aus der Blüthe hervor-
ragen, wenn die Antheren der ersten schon verstäubt haben.
Die Narben, die tief herab mit Papillen besetzt sind, ragen vielfach schon, vollständig entwickelt,
vor der Oeffnung der Antheren aus der Blüthe hervor. Während der Ausstäubung oder häufiger gegen
Ende derselben rollen sie sich an der Spitze schraubenförmig ein.
Die Antheren liegen in der Regel in gleicher Höhe mit den Narbenspitzen, seltener überragen
sie dieselben. In den meisten Fällen tritt wohl Selbstbefruchtung ein. Der Insektenbesuch ist ein sehr
geringer. — Vielfach sind schon in den hermaphroditischen Blüthen einige Staubgefässe reduzirt. Es
findet sich aber auch noch eine vollständig weibliche Form an manchen Stellen in ziemlicher Menge. Die
reduzirten Staubfäden, meist noch mit verkleinerten und pollenlosen Antheren versehen, wechseln in der
Länge, gewöhnlich sind sie so lang als der Fruchtknoten.
Die Narben der weiblichen Blüthen pflegen durchschnittlich etwas länger zu sein als die der
hermaphroditischen. Die Blüthen selbst sind etwas klemer als die hermaphrolditischen. Nicht selten finden
sich hermaphroditische und weibliche Blüthen auf demselben Individuum vereinigt. Die Pflanze ist somit
gynomonöeisch und gynodiöeisch.
2. Dianthus Carthusianorum L.
Die Blumenblätter dieser wie die der übrigen Dianthusarten besitzen auf der Innenseite eine Rinne,
welche am Nagel fast ebenso breit als dieser ist, nach oben sich aber allmählich verengert. Dicht unterhalb
der Platte stossen die Seitenwände aneinander, gehen dann wieder auseinander und verlaufen, nachdem
sie bedeutend niedriger geworden sind, allmählich auf der Platte‘). In dieser Rinne sind die inneren
Staubgefässe eingeklemmt, so dass sie sich nicht bewegen können.
An der Basis sind die Staubfäden mit eimem gelblichen Ring verwachsen, der meist vor den
äusseren Staubgefässen etwas erhöht, vor den inneren seicht gefurcht ist. Die Innenseite dieses Ringes
sondert den Honig ab.
Die Entwicklung der Staubgefässe erfolgt wie bei der vorigen Art, die Antheren wenden sich
manchmal aus ihrer ursprünglichen introrsen Stellung in eine vollständig extrorse. Die Narbe entwickelt
sich erst, nachdem die Antheren von den Staubfäden, von denen gewöhnlich die äusseren, nicht von den
Blumenblättern gehaltenen, sich etwas nach aussen biegen, abgefallen sind.
Auch hier findet sich eine weibliche Form und zwar in einzelnen Gegenden sehr häufig, in
anderen dagegen selten.
1) Vergl. H. Müller, Befr. der Blumen $. 145.
So kamen!) z. B. auf der Wendenburg bei Cölleda in Thüringen auf 47 hermaphroditische
Stöcke 33 weibliche, dagegen auf dem Plonsberge bei Halle auf 373 hermaphroditische Stöcke nur
6 weibliche und auf dem nahen Petersberge sogar auf 837 hermaphroditische nur 9 weibliche Stöcke.
Die Blüthen der weiblichen Form sind meist nicht kleiner als die der hermaphroditischen.
3. Dianthus superbus L.
Blütheneinriehtung wie bei der vorigen Art.
Auch hier findet sich eine rein weibliche Form, deren Blüthen bedeutend kleiner sind als die
der hermaphroditischen.
Auch bei der grossblüthigen Form des Riesengebirges (D. sup. var. grandiflora, Tausch, Wimmert
Wich.) findet sich in der Kesselgrube eine weibliche Form mit viel kleineren Blüthen.
4. Saponaria offieinalis L.
Diese Pflanze ist ausgeprägt proterandrisch; wenn die Narben zur Entwicklung kommen, ist in
der Regel keine Anthere an den Staubfäden mehr vorhanden.
5. Silene nutans L.
Sobald sich die Knospe dieser Pflanze öffnet, indem ein Blumenblatt nach dem andern sich nach
rückwärts schlägt, oft fast soweit, dass es mit dem Rücken den Kelch berührt, strecken sich die Staub-
fäden des äusseren Kreises noch etwas und ihre Antheren, die selten ihre ursprüngliche introrse Stellung
verlassen, verstäuben.
In diesem Zustande verharren die Blüthen einige Zeit, gewöhnlich 10—16 Stunden, dann fangen
die Staubfäden an, sich nach aussen zu biegen und sich schraubenförmig einzurollen.
Während dieses Vorganges oder meist schon etwas früher strecken sich die Staubfäden des
inneren Kreises, welehe vorher wenig oder gar nicht aus der Kronröhre hervorragten, bedeutend und
und zwar in wenigen Stunden oft 6—12 mm. Darauf verstäuben auch ihre Antheren.
Nachdem auch diese Staubfäden sich eingerollt und zwischen die vorigen, die um diese Zeit
gewöhnlich auch ihre pollenlosen Antheren verloren haben, gelegt haben, strecken sich ebenfalls in kurzer
Zeit die Griffel und die Narben nehmen nun die Stelle ein, die vorher zuerst die Antheren der äusseren
und dann die der inneren Staubgefässe inne hatten.
Während des Blühens wechseln die Blumenblätter oft ihre Stellung; bald liegen sie dem Kelche
vollständig an, bald sind sie mehr gegen die Staubgefässe resp. die Narbe gerichtet, oftmals sind sie
auch an der Spitze nach innen eingerollt, namentlich gegen Ende der Blüthezeit.
Einen bestimmten Einfluss der Witterung auf diese Stellungen konnte ich nicht immer constatiren.
Der Honig wird auch hier von der Innenseite des die Staubgefässe an der Basis verbindenden
Ringes abgesondert.
!) Sommer 1886.
|
|
Ausser der grossblüthigen hermaphroditischen Form, bei der die Platten der Blumenblätter
ungefähr 10—14 mm lang sind, findet sich bei Halle und an einzelnen Stellen in Thürmgen eine klein-
blüthige hermaphroditische Form, meist einzeln unter der normalen, bei der die Platten der Blumenblätter
höchstens 8 mm Länge erreichen.
Ausser diesen hermaphroditischen Formen findet sich eine weibliche Form, deren Blüthen eben-
falls kleiner als die der normalen hermaphroditischen sind.
Ebenso kommen hermaphroditische und weibliche Blüthen zusammen auf einem Individuum vor.
Die Terminalblüthe und die Termmalblüthen der Zweige 1. Ordnung pflegen bei solehen Individuen
gewöhnlich hermaphroditisch zu sein.
Eine männliche Form oder Uebergänge zu derselben vermochte ich bis jetzt nicht aufzufinden )).
Bei den hermaphroditischen Blüthen ist, wie wir sahen, die Mögliehkeit einer Selbstbetruchtung
vollständig ausgeschlossen.
Trotzdem die Pflanze bei sonnigem Wetter, wie auch H. Müller beobachtete, und wohl auch
des Nachts viel von Insekten besucht wird, so glaube ieh doch, dass in vielen Fällen die Befruchtung
durch den Wind (die verwandte SU. Otites Sm. ist gänzlich auf diese Befruchtung angewiesen) aus-
geführt wird.
Zu dieser Befruchtung eignet sich die Pflanze vorzüglich dureh ihre lang vorgestreckten Antheren,
die zwar nicht, wie bei manchen Windblüthern (bei S. Otites ebenfalls nieht) am Staubfaden leicht beweglich
sind, sich aber mit der ganzen Blüthe bei Wind in steter Bewegung befinden, sowie dureh die ebenfalls
weit vorgestreckten und mit langen Papillen besetzten Narben, die denen der eigentlichen Windblüther
sehr ähneln und durch den vom Winde leicht fortführbaren Pollen.
In Tirol scheint sich Silene nutans L. ganz anders zu verhalten.
Denn, wie Kerner?) schreibt, dauert die Blüthe 3 Tage und 3 Nächte, so dass in der ersten
Nacht die äusseren, in der zweiten die inneren Staubfäden, in der dritten endlich die Narben zur
Entwicklung kommen. Dies konnte ich bei Halle niemals bestätigt finden. Hier blüht sie sowohl bei
Tage als auch bei Nacht. Wenn die Entwicklung der äusseren Staubgefässe in die Nacht fällt, so folgen.
die nächsten gewöhnlich schon während des Nachmittages des folgenden Tages.
Auch die Blumenblätter schrumpfen nieht und rollen sieh hier nieht regelmässig bei Tage ein, wie dies
Kerner beschreibt. Das Emrollen kommt nur selten vor, gewöhnlich erst gegen Ende der Blüthezeit.
Selbst bei brennendem Sonnenschein sah ich im vorigen Jahre fast sämmtliche Blüthen an den Exemplaren
eines Abhanges mit ganz nach aussen geschlagenen Kronblättern.
Auch konnte ich nicht bemerken, dass, wie Kerner angiebt, der Geruch bei Nacht ein weit
stärkerer ist als am Tage. Ich fand ihn zu beiden Zeiten nicht schr stark.
6b. Silene Otites Sm.
Während die vorıge Art von zahlreichen Insekten besucht wird und bei ihr die Windbefruchtung
bei weitem gegen die Insektenbefruchtung zurücktritt, ist bei dieser Art die Windbefruchtung wohl fast
die ausschliessliche Befruchtungsart.
'!) Kerner, Schutzmittel der Blüthen gegen unberufene Gäste (1876), S. 246, fand die Blüthen tetramorph.
21,34 4..10,
Bei Halle und im ganzen nördliehen Thüringen, wo stellenweise Silene Otites sehr häufig ist und
wo ich im Laufe des vorigen und vorvorigen Jahres Tausende von Exemplaren untersuchte, konnte ich
bis jetzt fast nur rein männliche und rein weibliche Stöcke auffinden. Nur ganz vereinzelt kamen (ob
wirklich vollkommene?!) hermaphroditische Blüthen auf männlichen Exemplaren vor, ein vollständig
hermaphroditisches oder ein solches, welehes auch nur zahlreiche hermaphroditische Blüthen neben der
anderen Blüthenform besessen hätte, sah ich bis jetzt nicht ?).
Ueberall tritt die weibliehe Form bei weitem gegen die männliche zurück. Durchschnittlich
fand ich auf 100 männliche 20—30 weibliche Stöcke; diese Anzahl vermehrt sich selten auf 50—60,
fällt aber oft auf S—10, bis sogar 2 herab.
Es hat den Anschein, als ob von den weiblichen Stöcken ini Frühjahr weniger blühen als im
Sommer und im Herbst. Zum Herbst jedoch vermindert sich die Zahl nicht im Verhältniss zu den
blühenden männlichen Stöcken °).
A. Männliche Form.
Die Blüthenblätter haben nach vollständiger Entwieklung nur eme Länge von 2 mm und eine
Breite von '/a mm, die nach der Basis ein wenig zunimmt. Sie entwickeln sich zugleich mit dem
äusseren Staubgefässkreise.
Nach Oeffnung der Blüthe treten zunächst aus der Kronröhre die Staubbeutel der äusseren
Staubfäden hervor. Sie nehmen fast die ganze Oeflnung der Blüthe ein. Ihre Filamente strecken sich
sehr schnell und die Antheren verstäuben, gewöhnlich zu gleicher Zeit, seltener nach einander.
Nach dem Verstäuben, welches sich bald in längerer, bald in kürzerer Zeit vollzieht, biegen
sich die Staubfäden nach aussen und die Staubfäden des zweiten Kreises entwickeln sich.
Gewöhnlich liegt zwischen dem Verstäuben des äusseren und des innern Kreises ein verhältniss-
mässig langer Zwischenraum, nur im Herbst, wenn die Entwieklung gehemmt ist, verstäuben die Antheren
beider Kreise oft zu gleicher Zeit.
Die Antheren, ursprünglich intrors, richten sich meist etwas auf, so dass sie ihre pollenbedeekte
Fläche nach oben kehren. Selten werden sie ganz extrors.
An der Basis smd die Staubfäden mit einem gelbgrün gefärbten Ringe verwachsen, welcher
gewöhnlich hinter denselben ein wenig angeschwollen ist. Die äusseren Staubgefässe sind auch selbst
an der Basis ein wenig verdickt.
Die Griffelrudimente variiren in Grösse, durchschnittlich sind sie %a—1 mm, seltener bis 1'/s mm
lang. Manchmal wachsen sie noch etwas während der Blüthe. Ihre Papillen sind nicht entwickelt.
Gegen Ende des Blühens rollen sich die Blumenblätter vielfach nach innen ein.
Von den männlichen weichen die hermaphroditischen Blüthen nur durch normale Entwieklung der
Narben ab. Sie sind ausgeprägt proterandrisch.
'!) Die Narben waren auch bei diesen stets noch etwas kleiner als an den Blüthen der rein weiblichen Stöcke.
?) Sehr viele Floren geben die Pflanze einfach als zweihäusig und vielehig an, nur wenige, wie z. B. Wirtgen,
Flora d. preussischen Rheinprovinz, I. Bd. (1870), S. 272, geben über das Zahlen-Verhältniss beider Formen nähere Angaben.
Einige Floristen erklären die Pilanze auch nur für diöcisch (wie z. B. Döll, Ascherson).
') Letzteres gab ich in d. deutsch. bot. Monatesschrift 1885, S. 185 an.
B. Weibliche Blüthe.
In vielen Fällen ragen die Blüthenblätter gar nicht aus der Kelchröhre hervor, in anderen nur
sehr wenig (Bruchtheile eines Millimeters), seltener erreichen sie fast die Länge derjenigen der männlichen
Blüthen. In Folge dessen erscheinen die weiblichen Blüthen kleiner als die männlichen.
Die Narben sind ungefähr 2 mm lang, vielfach auf derselben Pflanze zu zwei, drei und vier
vorhanden. An der Spitze sind sie meist etwas nach aussen gekrümmt.
Die Staubgefässe sind auf ganz kleine, leicht übersehbare Höcker auf dem Ringe, welcher die
Fruchtknotenbasis umgiebt, redueirt.
Wahrscheinlich sondert dieser Ring kemen Honig ab. Letzterer wäre auch für ein Insekt, wenn
es die Blüthe nieht von aussen anbräche, gar nieht zu erreichen, da der Kelch dem Fruchtknoten sehr
fest anliegt.
Da die Blüthen getrennten Geschleehtes sind, so ist eine Uebertragung des Pollens durch
fremde Kräfte nöthie. Durch Insektenhilfe wird diese Uebertragung wohl nur ganz zufällig bewirkt,
denn die männlichen Blüthen bieten den Inseeten nur Pollen !), die weiblichen gar nichts. Dazu kommt
noch, dass weder grosse und auffällig gefärbte Blüthen, noch intensiver Geruch sie anlocken.?)
Die Blüthen sind deshalb ganz auf die Windbefruchtung angewiesen.
Hierzu sind sie, wenn auch die Antheren an den Filamenten festsitzen, doch sehr gut durch die
grosse Biegsamkeit der männlichen Blüthenstiele, in Folge dessen sich die Blüthen auch bei scheinbarer
Windstille in fortwährender zitternder Bewegung befinden und die mit zahlreichen und langen Papillen
3)
besetzten Narben gut eingerichtet. Die Stiele der weiblichen Blüthen sind viel dicker, *) so dass die
Blüthe selbst bei stärkerem Winde sich wen!g bewegt.
7. Silene vulgaris Greke.
Die Bestäubungseinrichtungen und die Blüthenformen dieser Pflanze sind schon mehrfach
beschrieben worden.
Ich will nur erwähnen, dass ich im Riesengebirge, in dem Silene vulgaris bis auf die Höhen
verbreitet ist, die hermaphroditische proterandrische Form in grosser Ueberzahl, an einigen Stellen fast
oder ganz allein (so an der Westseite des kl. Teiches, wo ich über 400 Stöcke untersuchte), auffand.
Ich glaube.nicht, dass in vielen Fällen Selbstbefruchtung stattfindet, wie M üller*) angiebt, da
die Narben sich äusserst langsam entwickeln.
Die zweigeschlechtigen Blüthen waren auch hier stets grösser, als die eingeschlechtigen und von
diesen die männlichen wieder grösser, als die weiblichen.°) Vielfach kommen männliche und weibliche
1) H. Müller, weitere Beobachtungen II., S. 235 führt zwar 2 Hymenopteren als an ihnen saugend an, ich konnte
jedoch niemals Honig auffinden. In den weiblichen ist derselbe, auch wenn er vorhanden wäre, nur durch Einbruch zu erreichen.
2) Ich habe die Pflanze 2 Jahre lang beobachtet und nur einige Male kleine schwarze Fliegen an ihnen beobachtet.
>) Hierdurch erhält die weibliche Pflanze ein weniger schlankes Aussehen, als die männliche, was schon vielen,
z. B. Wirtgen, auffiel.
*) Alpenblumen 8. 198.
&) Wie auch H. Müller a. a. O. angiebt. Natürlich immer nur an Exemplaren derselben Localität.
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen.
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mit hermaphroditischer auf demselben Stoeke vor, sowohl im Gebirge wie in der Ebene, so dass 5 Formen
vorhanden sind: Eine ganz hermaphroditische, eine ganz männliche, eine ganz weibliche, eine mit herma-
phroditischen und weiblichen und eine mit hermaphroditischen und männlichen Blüthen. Die beiden
letzten Formen kommen fast immer nur ganz vereinzelt vor.
Das Krönchen auf den Blumenblättern tritt gewöhnlich bei dieser Art nur in Gestalt von zwei
Höckern auf; im Riesengebirge jedoch (kl. Teich) sind diese Gebilde weiter ausgebildet in Gestalt kleiner
Blättehen (wie bei anderen Arten der Familie) und die Rinne zwischen beiden ist oftmals intensiv violett-
roth gefärbt. Hierdurch erhält die Blüthe ein sehr auffälliges Aussehen.
8. Viscaria vulgaris Röhl.
Der Blüthenbau dieser Pflanze ist schon von H. Müller!) ausführlich beschrieben worden.
Die äusseren Staubgefässe, deren Antheren sich schon oft in der Knospe öffnen und fast ver-
stäuben, ragen gewöhnlich nicht weit aus der Blüthe hervor und stehen zwischen den blattartigen etwas
nach aufwärts gerichteten Anhängseln der Blumenblätter. Die Antheren biegen sich oftmals aus ihrer
extrorsen Stellung, so dass sie ihre pollenbedeckte Fläche nach oben wenden, selten gehen sie in eine
extrorse Stellung über. Die innneren Staubgefässe folgen in kürzerem oder längerem Zwischenraume
den äusseren.
Beider Filamente krümmen sieh gewöhnlich nach dem Verstäuben, die der äusseren zwischen den
Blumenblättern, die der inneren zwischen den beiden Anhängseln der Blumenblätter nach aussen und
verlieren bald ihre entleerten Antheren.
Die Narben entwiekeln sich in der Regel erst, wenn beide Staubfädenkreise ihre Antheren
verloren und die Filamente sich nach aussen gebogen haben. Sie sind oft ziemlich dünn, an der Spitze
gekrümmt und meist nur hier mit Papillen besetzt.
Mit den ausgeprägt proterandrischen Pflanzen finden sich auch nicht selten solche, die sich
einer Homogamie mehr oder weniger nähern, sie sind jedoch stets in der Minderzahl bei Halle und in
Thüringen vorhanden, an anderen Orten scheinen sie allein vorzukommen. ?)
In den hermaphroditischen Blüthen finden sich oftmals einige nicht mehr zu vollständiger Ent-
wicklung kommende Staubgefässe. Solche Formen bilden den Uebergang zu der weiblichen Form. a)
Bei dieser sind sämmtliche Antheren zwar meist noch vorhanden, doch verschrumpft und ohne
Pollen. Die Narben sind weit stärker als die der hermaphroditischen Form und tief herab mit Papillen
besetzt.
Die weiblichen Blüthen zeigen noch deutlich, dass sie sich aus proterandrischen hermaphro-
ditischen herausgebildet haben, da die Narben gewöhnlich erst geraume Zeit nach der Blüthenöffnung,
nachdem sich die verkürzten Staubfäden meist noch ein wenig verlängert haben, zur vollständigen
Entwicklung gelangen.
!) Weitere Beobachtungen II. S. 233— 234.
2) Vergl. H. Müller, weit. Beob. a. a. O. (bayr. Oberpfalz).
?) Bei Halle fast eben so häufig als die hermaphroditische Form.
za
Auch einzelne männliche Blüthen smd zu finden. Dies macht wahrschemlich, dass diese Pflanze
sieh an einzelnen Orten in eine ren weibliche und eine rein männliche Form scheidet, zumal die herma-
phroditischen Blüthen Narben besitzen, die fast immer schwächer sind als die der weiblichen und oft
sogar (sie sind dann röthlich überlaufen) den Eindruck gewähren, als seien sie nicht mehr eonceptionsfähig.
Trotzdem ich die Pflanze bei Halle a. S. oft stundenlang bei schönstem Wetter beobachtete,
habe ich doch nie einen Tagschmetterling sie besuchen sehen.
Dagegen bemerkte ich oft kleine schwarze Fliegen, welehe an den Blüthen umherflogen und
nachdem sie an die Narben gekommen waren, hier schnell mit ihrem Rüssel die Narbenflüssigkeit auf-
sogen. In kurzer Zeit sah ich sie oft zahlreiche Blüthen besuchen.
Es ist klar, dass auf diese Weise den Pflanzen ein grosser Schaden zugefügt wird.
9. Agrostemma Githago L.
Diese Art schwankt zwischen Proterandrie und Homogamie ').
Die Staubgefässe des äusseren Kreises sind m der Regel etwas länger als die des inneren und
entwickeln sich früher als jene. Die inneren ragen meist nur wenig aus der Blüthenröhre hervor.
Die Narben sind vielfach während des Ausstäubens noch zusammengelegt, oft 3—4 mm kürzer
als die Antheren und ohne Papillen und verweilen auch so, bis die Antheren abgefallen sind oder
wenigstens ausgestäubt haben ; oft kommen sie aber noch während des Verstäubens der letzten Staub-
gefässe des inneren Kreises zur vollständigen Entwieklung.
In anderen Fällen sind sie zu gleicher Zeit mit den Antheren des äusseren oder wenigstens denen
des inneren Kreises entwickelt ?).
In den Fällen der gleichzeitigen Entwieklung tritt Selbstbetruchtung wohl fast immer ein.
Alle diese verschiedenen Entwieklungsfolgen kann man oft auf einem Felde finden, oft freilich
findet sich in emer ganzen Gegend nur eine von ihnen.
5 S
10. Coronaria flos eueuli A. Br. .
Die Pllanze ist gewöhnlich ausgeprägt proterandrisch.
Die Antheren der äusseren Staubfäden, welehe nicht aus der Blüthe herausragen, und dem Rande
der Kronröhre anliegen, verstäuben zuerst. Dann folgen die inneren. Die Antheren verbleiben immer
in der ursprünglichen introrsen Stellung oder drehen sich en wenig geneigt nach oben.
Die Narben sind während der Zeit des Verstäubens schr kurz, erst später strecken sie sich und
liegen, da sie an der Basis gekrümmt sind, oft ebenfalls dem Kronröhrenrande an.
!) H. Müller, Befr. d. Bl. 8. 189—190 u. Weitere Beobachtungen II. 8. 235 giebt an, dass in Deutschland nur
proterandrische Blüthen gefunden wären. In Schweden fand Tullberg (Botaniska notiser 1868 S. 10) Uebergänge von
Proterandrie zur Homogamie, Severin Axell (om anordningarna för de fanerogama växternas befruktning (1869) S. 108)
führt sie freilich aus Schweden auch nur als proterandrisch auf.
2) Eine bestimmte Norm in der Verstäubungsfolge liess sich hier ebensowenig wie bei den übrigen Silenen auffinden.
Die von Wydler (Flora 1851 $. 246) angegebene, nach der die Verstäubung der vor die Sepala fallenden Stamina dem
langen Weg der Kelchspirale, diejenige der vor die Petala fallenden dem langen Wege der Kronenspirale entsprechen soll, ist
nicht einmal die häufigste.
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Auf diese Weise ist leicht Befruchtung durch den haften gebliebenen Pollen möglich.
Ausser der hermaphroditischen Form, deren Blüthen hier und da schon einige nicht zur voll-
ständigen Entwicklung gelangende Staubfäden besitzen, findet sich eine weibliche Form, bei der die
Staubfäden sämmtlich verkürzt und die Antheren vollständig pollenlos sind.
Die Blüthen dieser Form, die gewöhnlich etwas kleiner sind als die der hermaphroditischen,
zeigen vielfach noch die Eigenschaft der proterandrischen Vorfahren, dass die Narben erst längere Zeit
nach dem Aufblühen zur vollständigen Entwicklung gelangen.
Auch eine männliche Form ist vorhanden. Ich fand dieselbe bis jetzt nur an wenigen Stellen
in der Umgegend von Halle und Leipzig auf Wiesen nach der Heuernte, wo von den Pflanzen nur noch
die Nebenaxen vorhanden waren. Ob die Hauptaxen ebenfalls männliche Blüthen tragen, vermag ich
nicht anzugeben.
Die Narben dieser Form sind stets bedeutend reduzirt. Die Blüthen besitzen die Eigenschaft,
dass sie noch lange nach dem Verstäuben der Antheren vollständig frisch bleiben, was sie offenbar von
den Vorfahren, bei denen nach der Verstäubung noch die Narben zur Entwicklung kommen, über-
kommen haben.
11. Melandrium rubrum Grcke.
Diese Art wird gewöhnlich von den Floristen!) als diöeisch bezeichnet ; doch schon Axell?)
und H. Müller°) fanden hermaphroditische Formen, freilich viel seltener als die männlichen und weiblichen.
Im Riesengebirge, wo Mel. rubrum sehr häufig ist, konnte ich die hermaphroditische Form an
einigen Stellen gar nicht finden, an anderen war sie ganz einzeln vorhanden. Bei Halle in den Gebüschen
der Saaleaue ist sie etwas häufiger, doch gewöhnlich auch nur einzeln.
A. Männliche Form. :
Die Blüthen der männlichen Form sind grösser als die der weiblichen, aber meist ein
wenig kleiner als die der hermaphroditischen Form. (Länge der Blüthe: & 18—20 mm, © 15—13 mm,
8 20—22 mm).
Das Krönehen auf den Blumenblättern ist bei der männlichen Form auch viel grösser als bei
der weiblichen. Die Staubgefässe ragen während des Verstäubens nicht aus der Kronröhre hervor, sondern
liegen einige Millimeter unterhalb des Randes. Sie sind gewöhnlich ungleieh lang, so dass man in vielen
Blüthen nicht zwei gleich lange findet.
Die Antheren der Staubfäden des äusseren Kreises verstäuben in der Regel zuerst, und dann
erst die der während dieser Zeit sich verlängernden inneren.
Die Verstäubungsfolge variirt ungemein.
Der Ring an der Basis der Staubfäden sondert viel Honig ab.
!) Selbst von solchen, die sonst diese Verhältnisse gut darstellen, wie Wirtgen, Döll, Ascherson. Mertens
und Koch, Deutsch. Flora III., S. 329, geben freilich au, dass M. r. auch mit Zwitterblüthen vorkommen soll.
2), 92.22.0.28.107:
°) Alpenblumen, S. 200.
— 23 —
Der Fruchtknoten ist in der Regel gänzlich geschwunden, so dass auch nieht mehr von ihm eine
Spur wahrzunehmen ist, seltener ist ein Rudiment desselben, noch seltener eins der Griffel vorhanden.
Die hermaphroditischen Blüthen sind in in ihrem männlichen Theile ebenso entwickelt.
Sie sind ausgeprägt proterandrisch, doch ist eine Selbstbefruchtung nicht ausgeschlossen, da oft-
mals an den Wänden der Kronröhre Pollen haften bleibt, der leicht auf die Narben, die gewöhnlich
wenig aus der Röhre hervorragen, übertragen werden kann.
B. Weibliche Form.
Die Griffel ragen wenig (2—4 mm) aus der Kronröhre heraus, sind an der Spitze eingerollt und
fast bis zur Basis mit Papillen besetzt.
Die Staubgefässe sind gewöhnlich auf kleine, dem die Fruchtknotenbasis umgebende Ringe auf-
sitzende Höckerehen reduzirt.
Dieser Ring sondert wie bei der männlichen Form viel Honig ab.
Im Riesengebirge ist durchschnittlich die weibliche Form viel seltener als die männliche, so sind
z. B. am kl. Teiche höchstens Y/s sämmtlicher Stöcke weiblich. Es sind jedoch auch Stellen vorhanden
(so Sommer 1386 auf der Culturwiese östlich von der Wiesenbaude), wo die weiblichen Stöcke vorherrschen.
Bei Halle kommen beide Formen an den meisten Stellen in ungefähr gleicher Individuen-
anzahl vor.
12. Melandrium album Grcke.
Die Pflanze ist schon mehrfach eingehend beschrieben worden. !)
Die hermaphroditischen Stöcke sind sehr selten, aber doch fast überall, wo die Pflanze in grösserer
Menge vorhanden ist. Ich finde sie nirgends erwähnt.
Die Blütheneinrichtung ist ganz dieselbe wie bei der vorigen Art; auch hier varürt die Ver-
stäubungsfolge der Antheren ungemein. Die zahlreichen Schemata welche Wydler?) giebt, lassen sich
noch um viele vermehren. Es kommen, wie es scheint, alle Combinationen, die überhaupt möglich sind,
vor. Eine besondere Häufigkeit irgend einer Reihenfolge konnte ich bis jetzt nicht wahrnehmen. Die
Ansicht von Delpino?), dass immer zwei Antheren zusammen verstäuben, also 5 mal je 2, ist schon
von Müller?) zurückgewiesen worden, wie seine Angabe, dass die Blüthen horizontal abstehen.
Die Behauptung sämmtlicher Floristen, dass M. album nur bei Abend oder Nacht geöffnet sei,
fand ich nicht bestätigt. Es finden sich bei Halle, zumal auf einzelnen Rasenflächen dicht bei der Stadt,
viele Exemplare, deren Blüthen bei Tage, selbst beim hellsten Sonnenschein vollständig geöffnet sind. °)
Auch H. Müller giebt an, dass sich die Blüthen bei Tage nicht wieder vollständig schliessen.
!) Zuerst von Sprengel, entdecktes Geheimniss S. 255—260.
*) Denkschriften d. k. bayr. bot. Gesellschaft zu Regensburg, IV. Bd., I. Abth. (1859), S. 67 u. figd. nebst Taf. IV—VI.
?) Atti de la soe. ital. d. scienzi natur. vol. XII. (1869), S.115 u. 116. (Delpino schreibt: Lychnis dioica, ob also
M. album oder auch rubrum ?)
4) Befr. d. Bl. S. 189.
°) Im Schatten und bei regnerischem Wetter sind auch die Blüthen der übrigen fast immer geöffnet. Bei sonnigem
Wetter schliessen sie sich zwischen 8 und 9 Uhr Morgens und öfinen sich zwischen 5 und 6 Uhr Nachmittags.
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Zusammenstellung.
Von den untersuchten Silenaceen besitzen die meisten roth- oder weisslichgelb gefärbte, in Folge
des Verwachens der Kelcehblätter langröhrige Blüthen, bei denen der Honig so tief liegt, dass er nur
von den langrüsseligen Insekten erreicht werden kann.
Nur wenige, vorzüglich Tunica prolifera Scop., haben weniger tief gelegenen Honig.
Eine Art Silene Otites Sm. besitzt ganz unschembare, wenig oder gar nicht honigabsondernde
Blüthen !) und ist deshalb, da sie diöeisch ist, auf Windbefruchtung angewiesen. Alle übrigen werden
zahlreich von Insekten besucht und befruchtet.
Der Honig wird auf der Innenseite des die Basen der Staubfäden verbindenden Ringes abgesondert.
Die meisten Arten bilden neben den Formen mit hermaphroditischen Blüthen auch solehe mit
weiblichen resp. männlichen; andere Arten sind vollständig diöeisch geworden und die hermaphroditischen
Blüthen oder Stöcke gehören bei ihnen zu den Ausnahmen.
Die weiblichen Blüthen sind meist kleiner als die männlichen und diese wieder klemer als die
hermaphroditischen. Die Grössenverhältnisse der Blüthen der emzelnen Arten scheinen auf die Bildung
der verschiedenen Formen ohne Einfluss zu sem, wir treffen Diöcie sowohl bei grossblüthigen als auch
bei kleinblüthigen Arten. Auch in den hermaphroditischen Blüthen sind hin und wieder einzelne Staub-
fäden geschwunden, doch kommen keine Formen wie bei den Alsimeen mit constant weniger als zehn
Staubfäden vor.
Bei den männlichen resp. weiblichen Blüthen sind die reduzirten Organe vielfach noch als Reste
vorhanden, vielfach aber auch gänzlich geschwunden.
Fast überall ist bei den Hermaphroditen Proterandrie, oft sehr ausgeprägt, vorhanden, nur Tunica
prolifera Scop. ist vollständig homogam; einige andere schwanken zwischen Homogamie und Proterandrie.
In verschiedenen Gegenden verhalten sich wie es scheint einzelne Arten ganz verschieden.
Alsinaceae D.C.
1. Sagina Linnaei Prsl.
Diese Pflanze findet sich in zwei, durch die Grösse der Blüthentheile verschiedene Formen.
Bei der forma decandra Fenzl (= macrocarpa Rehb.) sind die Blumenblätter so lang oder wenig
länger als die Kelchblätter.
Von den Staubgefässen, die fast durchgängig in der Zehnzahl vorhanden sind, legen sich die
äusseren, deren Antheren etwas vor denen der inneren entwickelt sind, nach innen, so dass die Antheren
zwischen die mit ihnen gleichzeitig entwickelten Griffeläste zu liegen kommen. Auf diese Weise wird
wohl fast immer Selbstbefruchtung bewirkt.
Die inneren Staubgefässe verharren während des Verstäubens ihrer Antheren in aufrechter Stellung.
Die Narben sind sehr langlebig, so dass sie vielfach, wenn die Antheren der inneren Staub-
gefässe schon abgefallen sind, noch frisch und befruchtungsfähig erscheinen.
‘) Der Honig wäre wie bei der Beschreibung (Seite 9) angegeben, bei den weiblichen Blüthen für die Insekten nur
durch Einbruch zu erreichen.
- 13 —
Die Nectarien, welche nach Art der meisten Alsinaceenneetarien gebaut sind, also basale
Anschwellungen der äusseren Staubgefässe mit einer vorderen, ziemlich kleinen und flachen Grube
darstellen, sondern im warmen Sonnenschein viel Honig ab, so dass oft der ganze Blüthengrund davon
erfüllt ist.
Ausser den vollständigen Blüthen mit 10 Staubgefässen finden sich auch einzelne solche, denen
einige Staubgefässe fehlen, selten und immer einzeln !) solehe, welche ganz weiblieh sind.
Die Form mit den unvollständigen Blüthen ist nun stellenweise constant geworden und führt in
der Phytographie den Namen micrantha Fenzl?).
Die Blumenblätter dieser Form erreichen nicht die Länge der Kelchblätter; von den 10 Staub-
gefässen sind immer einzelne der inneren, seltener alle, nieht entwiekelt. — Auch bei ihr bemerkte
ich nur vereinzelt ganz weibliche Blüthen °).
Bei dieser Form scheint, wie bei Verwandten , die Befruchtung sich vielfach bei geschlossener
Blüthe zu vollziehen. Ich vermochte wenigstens m dem regnerischen Juli d. J. 1886 am kl. Teiche, wo
stellenweise S. Linnaei wie gesäet auftritt, während eines Zeitraumes von ca. 10 Tagen keine geöffnete
Blütbe aufzufinden. Dennoch hatten sämmtliehe Blüthen Früchte angesetzt.
An der reich honigabsondernden forma maerocarpa konnte ich, trotzdem ich sie mehrere Male
bei schönstem Sonnenschein einige Zeit lang beobachtete, als Befruchter nur kleme schwarze Käfer
auffinden.
2. Spergula arvensis L.
Auch bei dieser Art variirt die Anzahl der vollständig ausgebildeten Staubgefässe bedeutend.
Die Individuen, bei denen alle 10 Staubgefässe vorhanden sind, sind verhältnissmässig selten,
wenigstens bei Halle a. S. Bei ihnen sind Narbe und Antheren zu gleicher Zeit entwickelt. Die äusseren
Staubgefässe biegen sich nach Innen, doeh in der Regel nicht so stark, dass die Antheren unmittelbar
mit den Narben in Berührung kommen.
Die inneren Staubgefässe stehen aufrecht.
Die grossen Neetarien sondern vielen Honig ab und locken zahlreiche Insekten an.
Am verbreitetsten sind die Formen, bei denen einzelne Staubgefässe des inneren Kreises unent-
wickelt geblieben sind.
Auch Exemplare, denen der ganze innere Staubgefässkreis fehlt, sind nicht selten. Von den
geschwundenen Staubgefässen pflegen in vielen Fällen nicht einmal Rudimente vorhanden zu sein. — Seltener
sind Exemplare, denen auch einzelne der äusseren Staubgefässe oder alle fehlen.
!) So z. B. unterhalb des alten Bergwerkes im Riesengrunde des Riesengebirges.
?) Im Riesengebirge scheint sie viel häufiger vorzukommen als die forma decandra, welche letztere, wie es scheint,
auf den östlichsten Theil beschränkt ist. Im Riesengrunde bedeckt die f. decandra stellenweise weite Flächen und ist nicht,
wie Celakovsky (Prodr. d. Flora v. Böhmen, IV. Th. [18S1] S. 868) nach Uechtritz angiebt, „vereinzelt“.
>) Nach Severin Axell, om anordningarna för de fanerogama växternas befruktning (1869) S. 108 soll Sagina
saxatilis (also doch wohl unsere Pflanze) proterandrisch sein. An den zahlreichen Standorten im Riesengebirge fand ich die
Pflanze aber stets, wie angegeben, homogam. S. nodosa, die nach demselben Autor ebenfalls proterandrisch sein soll, habe
ich leider nicht untersuchen können.
Zn
In diesen Fällen pflegen stets Rudimente der Staubgefässe vorhanden zu sein, die normale
Nectarien tragen. Seltener sind die Neetarien kleiner als an den vollkommen entwickelten Staubgefässen,
noch seltener ganz geschwunden.
Mit dem Schwinden der Staubfäden geht eine Verkleinerung der Blüthe Hand in Hand.
Alle diese Blüthenformen können sowohl allein, als auch in vielfacher Combination auf einem
Individuum vorkommen. Dies letztere ist meist schon von Weitem durch die oft auffällig verschiedene
Grösse der Blüthen erkenntlich.
Wie sehon Herm. Müller!) beobachtete, geht die Befruchtung oftmals bei der geschlossenen
Blüthe vor sich, nieht nur in kälteren Witterungperioden, sondern auch bei anhaltendem Regenwetter.
Eine Befruchtung dieser geschlossen bleibenden Blüthen ist aber natürlich nur möglich, wenn
die Antheren so liegen, dass der Pollen auf die Narbe gelangen kann. In vielen Fällen ist dies wegen
der Kürze der Staubgefässe unmöglich; es bleiben dann also die Blüthen unbefruchtet.
Werden kleistogamische Blüthen in die Wärme gebracht, so öffnen sie sich gewöhnlich bald. Sie
weiehen in keinem Punkte von den übrigen Blüthen ab.
3. Spergularia salina Prsl.
Die Blüthenblätter sind bei dieser Art wohl in den meisten Fällen (am salzigen See bei Eisleben
sah ich sie nur so) kürzer als die Kelehblätter, ungefähr 1/s—2 mm lang und ®/«—1 mm breit.
Bei keinem der zahlreichen Individuen, welche ich in den Jahren 1885 und 1886 untersuchte,
fanden sich Staubgefässe des inneren Kreises, selbst die der äusseren waren nur selten alle entwickelt.
In der Regel sind nur 3 vorhanden, diese aber in allen möglichen Combinationen. Auch
Blüthen, in denen sämmtliche Staubgefässe fehlen, sind vorhanden, jedoch in geringer Zahl. Sie sind
gewöhnlich mit hermaphroditischen vereinigt; rein weibliche Individuen sah ich nur einige Male.
Die Antheren reichen gewöhnlich bis zu den Narben, die zur Zeit des Ausstäubens der Antheren
zwar noch stets zusammenliegen, aber doch schon lange Papillen besitzen, welche sie vollständig eonceptions-
fähig erscheinen lassen. Wenn die Narben sich auseinander schlagen und an der Spitze etwas krümmen,
sind die Antheren fast immer verstäubt, vielfach schon abgefallen.
Während bei den vorher beschriebenen Alsinaeeen die Neetarien als Anschwellungen an der
Basis der Staubfäden des äusseren Staubfädenkreises auftreten, wird hier der Honig von dem fleischigen
Ringe der die Staubfäden an der Basis verbindet und der an der Innenseite jedes Staubgefässes etwas
verdiekt ist, abgesondert.
Die abgesonderte Honigmenge ist jedoch selbst beim wärmsten Sonnenschein nicht sehr
beträchtlich.
Da die Blüthen sich wie die vorigen nur im warmen Sonnenschein öffnen, in ihrer Blüthenzeit
aber oft Perioden ohne diesen vorhanden sind, so muss, da stets die Früchte normal ausgebildet sind,
!) Weitere Beobachtungen. II. S. 225.
Ba
die Befruchtung bei geschlossener Blüthe erfolgen. Da, wie wir sahen, Antheren und Narben in gleicher
Höhe stehen, so erfolgt diese Befruchtung trotz der schwachen Proterandrie ohne Schwierigkeit. —
Neuerdings hat Mae Leod!) die Blüthen in Belgien untersucht. Sie scheinen dort viel grösser zu sein,
da er sie in Grösse mit denen von Sp. marginata (siehe unten) vergleicht. Auch scheint die Blüthe
dort ebenso schwach proterandrisch zu sein, da er spontane Selbstbefruchtung immer für gesichert hält.
4. Spergularia marginata P. M. E.
Während diese Art in den vegetativen Theilen sehr wenig von voriger Art abweicht, so dass
einige Autoren?) sie mit ihr zu einer Art vereinigt haben, ist sie von ihr (wenigstens am salz. See bei
Eisleben) sofort dureh ihre Blüthenbeschaffenheit zu unterscheiden.
Im Gegensatz nämlich zu den kleinen, meist nicht einmal mit sämmtlichen Staubfäden des äusseren
Kreises versehenen Blüthen der Sp. salina besitzt Sp. marginata grosse Blüthen und fast stets sämmtliche
Staubgefässe der beiden Kreise.
Die Blumenblätter überragen die Kelehblätter, sind ungefähr 4a mm lang und 2 mm breit, so
dass der Durchmesser der Blüthe ea. 10—12 mm beträgt.
Während die vorige Art zwischen Homosamie und Proterandrie schwankt, indem die Narben
wohl meist befruchtungsfähig sind, ehe sie sich auseinanderschlagen, so dass bei dem häufigen Schliessen
der Blüthe (stets bei Nacht) Selbstbefruchtuung unvermeidlich ist, ist diese Art ganz ausgeprägt prote-
randrisch. Während des Ausstäubens der Antheren sind die Narben noch fest aneinandergelegt. — Die
Staubgefässe des äusseren Kreises sind oft beträchtlich länger als die des imneren, sie neigen sich etwas
nach der Mitte und ihre Antheren, die sich während des Ausstäubens ein wenig aus ihrer ursprünglichen
introrsen Stellung aufrichten, selten (wie wir dies später bei anderen Arten sehen werden) ganz extrors
werden, springen etwas eher auf.
Die Filamente der äusseren Staubgefässe sind in ihrem unteren Theile im Verhältniss zu den
inneren bedeutend verbreitert.
Die inneren Staubfäden stehen aufrecht, ihre Antheren reichen meist nur bis zur Basis der Narben.
Auch Mac Leod fand?) die hermaphroditischen Blüthen ebenfalls mit 10 Staubgefässen. Die
weibliche Form, bei der sämmtliche 10 Staubgefässe reduzirt waren, scheint bei. Halle nieht vorzukommen.
5. Spergularia rubra Prel.
Aehnelt in Blütheneinriehtung sehr der Sp. salina, mit der sie auch die geringe Anzahl der
Staubfäden gemeinsam hat.
!) Botanisches Centralblatt Bd. XXIX (1887) S. 120.
2) So Marsson, Flora von Neuvorpommern (1869) S. 77 unter dem Namen „halophila“.
3) a. a. 0. 8. 120.
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen. 3
Eu
In den wenigen Fällen, in denen ich sie beobachten konnte, fand ich nur Exemplare, die wie
salina zwischen Homogamie und Proterandrie schwankten.
Auch bei dieser, wie bei der vorigen, geht die Befruchtung wohl sehr oft bei geschlossener
Blüthe vor sich.
6. Alsine verna Brtlg.
Diese Pflanze habe ich sowohl im Gebirge wie in der Ebene beobachtet.
Während die meisten Autoren !) angeben, dass die Blüthen der Gebirgsexemplare kleiner als die
der Ebenepflanzen sind, fand ich im Teufelsgärtchen im Riesengebirge nur Blüthen welche grösser
waren als die der Exemplare des Mansfeldischen. Sie hatten durchschnittlich einen Durchmesser von 10 mm.
Die äusseren Staubgefässe krümmen sich etwas nach innen, die Antheren, ursprünglich intrors,
riehten sieh während des Verstäubens meist auf und wenden so ihre mit Pollen bedeckte Fläche nach
oben. Selten werden sie extrors.
Die inneren Staubgefässe, deren Antheren später verstäuben, oft erst, wenn die Antheren der
äusseren schon abgefallen sind, bleiben aufrecht oder sogar etwas nach auswärts gebogen.
Nach dem Verstäuben biegen sich gewöhnlich die Filamente beider Kreise nach auswärts.
Die Narben kommen gewöhnlich erst nach Abfallen sämmtlicher Antheren zur Reife. Es ist
somit jede Selbstbefruchtung ausgeschlossen, obwohl sich die Blüthen bei Regenwetter schliessen.
Die Neetarien sind ziemlich gross und sondern grosse Mengen Honig ab, der sich in den darunter
liegenden schüsselartigen Kelchblättern sammelt.
Es weicht somit die Blütheneinriehtung nicht von der der Tiroler Exemplare ab, welche H. Müller
beschrieben hat. — Ausser der hermaphroditischen Form kommen aber im Teufelsgärtchen Exemplare vor,
bei denen die inneren Staubgefässe verkümmert sind. Noch häufiger finden sich solche, bei denen beide
Staubgefässkreise nieht vollständig ausgebildet sind, die also ganz weiblich sind. Die Blüthen sind kleiner
als die hermaphroditischen.
Einzeln sind auch Exemplare vertreten, welche weibliche Blüthen und solche, denen ein Staub-
fadenkreis fehlt, tragen. Solehe mit vollständigen hermaphroditischen und rein weiblichen Blüthen sah ich
nieht, sie werden aber wohl ebenfalls vorkommen. Die Pflanze ist somit gynomonöeisch und gynodiöeisch.
Die Form der Ebene weicht in ihrer Blüthenentwickelung nicht von der des Gebirges ab.
Bei ihr scheinen, trotzdem ihre Blüthen viel kleiner sind, die Uebergänge zur weiblichen Form
sowie diese selbst zu fehlen, denn weder Prof. Zopf noch ich vermochten bei Hettstedt und Eisleben, wo
die Pflanze zu Tausenden sich findet, etwas davon aufzufinden.
!) Auch H. Müller, Alpenblumen, $. 183—184, sagt von seiner Pflanze von Weissenstein (nach $. 13 c. 2030— 2130 mtr.):
„Die kleinen weissen Blumen breiten sich im Sonnenschein zu einem weissen Stern von höchstens 6 mm auseinander.“ Sie
waren also ungefähr so gross oder etwas kleiner als die Blüthen der Exemplare des Mansfeldischen und weit kleiner als die
des Teufelsgäirtchens. Letzteres liegt allerdings weit tiefer als Weissenstein.
— 19 —
7. Arenaria serpyllifolia L.
Die Blüthen dieser Art variiren bedeutend in Grösse. Sie sind vollständig homogam.
Die äusseren Staubgefässe, deren Antheren oft früher, oft aber auch zugleich mit denen der
inneren Staubgefässe aufspringen, beugen sich nach innen, so dass die Antheren zwischen die Narben zu
liegen kommen und so nothwendig ihren Pollen auf dieselben streuen müssen.
Die inneren Staubgefässe, meist etwas kürzer als die äusseren (ihre Antheren reichen gewöhnlich
nur bis an die Narbenbasis), stehen in der Regel aufrecht.
Die Nectarien sondern, wie schon Müller beobachtete, bei sonnigem Wetter reichlichen Honig ab.
Oftmals schwindet ein Theil oder alle inneren Staubfäden, so dass nur die bald mehr, bald
weniger verkürzten Filamentrudimente vorhanden sind. Oft sind auch noch Antheren vorhanden,
dieselben enthalten jedoch keinen Pollen.
Nur ganz einzeln bemerkte ich rein weibliche Blüthen und zwar mit solehen, denen die inneren
Staubgefässe fehlten, auf demselben Individuum gemischt.
Das Sehwinden der Staubgefässe ist nicht von der Blüthengrösse abhängig; die kleinsten Blüthen,
die ich sah, waren durchgängig vollständig ausgebildet.
sangls 5 8
8. Holosteum umbellatum L.
Variirt bedeutend in Blüthengrösse, Anzahl der Staubfäden und Entwieklungsfolge von Staub-
gefässen und Narben.
Die gewöhnliche Form besitzt meist, wie auch H. Müller angiebt?) nur einige oder alle Staub-
gefässe des äusseren Kreises. Die übrigen sind auf kleine Stümpfe redueirt, oder ganz geschwunden.
Die Neetarien der entwickelten Staubgefässe, wie die der meisten Alsinaceae gebaut, sondern reichlich
Honig ab; die Stümpfe besitzen nur in seltenen Fällen noch Nectarien,?) während bei den vorher
beschriebenen Arten dieselben gewöhnlich vorhanden sind.
Die gewöhnliche Form ist etwas proterandrisch, indem die Narben, wenn sich die Staubgefässe
nach innen legen, noch nicht vollständig entwiekelt sind. Sie entwickeln sich oftmals bald, oftmals auch
erst, nachdem die Staubgefässe sich wieder aufgerichtet haben.
Da aber die Blüthen sich oft schliessen und nur wenig von Insekten besucht werden, die
Antheren also meistens noch spät mit Pollen behaftet sind, so tritt wohl in den meisten Fällen Selbst-
befruchtung ein.
Die weibliche Form, deren Blüthen in der Regel den hermaphroditischen an Grösse nicht nachstehen,
ist ziemlich häufig. Hin und wieder kommen auch Exemplare mit hermaphroditischen und weiblichen
Blüthen vor.
9, Stellaria nemorum L.
Ich konnte diese Pflanze leider nur im Riesengebirge beobachten.
Hier sind die Blüthen fast homogam. Wenn sich die äusseren Staubgefässe nach innen biegen,
1) Weitere Beobachtungen II., S 226.
2) Weitere Beobachtungen Il. S. 226— 227.
®) Dies giebt auch H. Müller (a. a. O.) an.
3*
sind die Narben noch nicht vollständig entwickelt, Erst zur Zeit, wenn die Antheren an den aufrechten
inneren Staubgefäsen ausstäuben, breiten sich die Narbenäste aus.
Rein weibliche Exemplare kommen zahlreich, doch meist einzeln vor. Bei ihnen sind die Blüthen
bedeutend kleiner.
10. Stellaria media Cyr.
Variirt bedeutend in der Ausbildung der Blüthenorgane. Die Blüthen der gewöhnlichen Acker-
form sind hermaphroditisch und besitzen in der Regel 3—5 Staubgefässe des äusseren Kreises. Die
Staubgefässe des inneren Kreises sind immer vollständig geschwunden, von den nicht ausgebildeten des
äusseren Kreises sind bald die etwas verkürzten Filamente vorhanden, bald nur ganz kleine Höcker.!)
Die rothen, ursprünglich introrsen Antheren riehten sich kurz vor oder während des Aus-
stäubens auf, so dass sie ihre mit Pollen bedeekte Fläche nach oben wenden, in vielen Fällen drehen
sie sich bis in eine vollständig extrorse Stellung.
Die Narben liegen vielfach bei Anfang der Verstäubung noch zusammen, entwickeln sich aber
meist immer während derselben.
Da die Pflanzen im Spätherbst und im Anfang des Winters noch blühen und immer Früchte
ansetzen, so muss stets eine Selbstbefruchtung eintreten, da Insekten in dieser Zeit sehr selten sind.
Wahrscheinlich geht die Befruchtung stets während des Schliessens der Blüthen vor sich, da die Antheren
an den wenig nach innen gebeugten Filamenten vielfach kaum die Höhe der Narben erreichen und ihre
oft extrorse Stellung die Uebertragung des Pollens auf die Narben erschwert.
Ausser dieser gewöhnlichen Form kommen Formen mit mehr oder weniger vollkommenen
Blüthen vor. Diese fand ich (namentlich die Formen deecandra d. Aut. mit 10 Staubfäden) schwach bis
ausgeprägt proterandrisch.
Weibliche Blüthen fand ich nur selten.
11. Stellaria graminea L.
Auch bei dieser Art varürt die Blüthengrösse bedeutend. Bei der gewöhnlichen hermaphro-
ditischen Form beträgt der Blüthendurchmesser ungefähr 10—14 mm.
Die äusseren Staubgefässe biegen sich bei ihr, wie bei den meisten der beschriebenen Alsinaceen
nach innen; ihre rothen, ursprünglich introrsen Antheren richten sich kurz vor oder während des Aus-
stäubens wie bei der vorigen Art auf, drehen sich aber in der Regel bis in eine vollständig
extrorse Lage. ?)
!) Die Nectarien sind oft an diesen Ueberresten sehr verkleinert und sondern nicht Honig ab; an den auf Höcker
reduecirten sind sie nur noch angedeutet oder ganz geschwunden. H. Müller fand sie an den reducirten Staubfäden stets
normal!
?2) Herm. Müller bildet dieses Stadium ab und scheint die Extrorsität der Antheren für ursprünglich zu halten.
Neuerdings hat K. J. Jordan (die Stellung der Honigblätter und der Befruchtungswerkzeuge in den Blumen, Hallische
Inauguraldissertation und „Flora“ 1886 No. 13 u. flgde), wahrscheinlich um das von ihm aufgestellte „Gesetz“, „dass die
= ol
Während des Ausstäubens oder erst nach demselben und oft, wenn die Antheren schon abge-
fallen sind, verstäuben auch die Antheren der meist gar nieht nach innen gebeugten inneren Staubgefässe.
Ihre Antheren machen in der Regel nicht eine so grosse Wendung, wie die der äusseren, sondern verharren
meist mit nach oben gewandter pollenbedeckter Fläche.
Zwischen dem Ausstäuben der Antheren der beiden Kreise liegt oft ein kürzerer, oft ein längerer
Zeitraum. Die Ausstäubungsfolge in den emzelnen Kreisen ist keine regelmässige, wie ich mich an
zahlreichen Exemplaren überzeugt habe.
In den meisten Fällen sind «die Blüthen ausgeprägt proterandrisch, die Narben sind meist erst
nach dem Abfallen der Antheren entwickelt. Die Griffel sind in der Knospe zu einer Zeit, wo die Blumen-
blätter ganz winzige Gebilde darstellen, aufrecht, erst kurze Zeit vor der Oeffnung krümmen sie sieh ein.
Die Nectarien sondern reichlich Honig ab, welcher, wie bei den meisten der vorher beschriebenen
Arten, durch die kreisförmige Oeffnung zwischen den Blumenblättern abfliesst und sich in den horizontal
abstehenden, nach unten gewölbten Kelchblättern sammelt.
Ausser (dieser hermaphroditischen Form mit mittelgrossen Blüthen findet sich auch eine solehe
mit ausgezeichnet grossen Blüthen von 16—18 mm Durchmesser. Die Primanblüthe des Individuums
pflegt die grösste zu sein. Es kommen aber auch hermaphroditische Exemplare vor, deren Blüthen
höchstens einen Durchmesser von 8—10 mm haben.
Alle diese drei Blüthengrössen kommen fast gar nicht unter einander vor, sondern pflegen immer
auf bestimmte Bezirke beschränkt zu sein. —
Neben der hermaphroditischen Form findet sich die weibliche in weiter Verbreitung, !) wenn
auch nicht überall gleich häufig. Bei Halle a. S. tritt sie gewöhnlich nur einzeln oder in kleinen Colonien
auf; auf der hohen Schrecke und anderwärts in Thüringen dagegen bedeckt sie weite Strecken, ja
im Thale zwischen Schmiedeberg und Krummhübel im Riesengebirge überwiegt sie bedeutend die dort
in grosser Menge vorkommende hermaphroditische Form (Juli 86.)
Die in Grösse ebenfalls variirenden Blüthen sind durchschnittlich kleiner, als die hermaphroditischen.
Die Filamente sind verkürzt, die Antheren noch meist vorhanden, aber missgestaltet oder klein
und stets ohne Pollen.
Die Nectarien sind oftmals auch bedeutend verkleinert. Vielfach zeigen die Blüthen, namentlich
die grösseren, noch die von der proterandrischen hermaphroditischen Form überkommene Eigenschaft,
dass bei der Oeffnung der Blüthe die Narben noch unentwiekelt und die Griffel nach innen eingekrümmt sind. Die
Mehrzahl hat jedoch diese Eigenschaften schon verloren, bei ihnen sind die Griffel kurz vor dem Auf-
springen der Knospe gerade und vollständig entwickelt.
Staubgefässe ihre Beutel (mit der Oetfnungsseite) nach der Seite der Blume hinwenden, wo die Honigblätter stehen“ (a. a. O.
S. 202) zu bestätigen, behauptet, dass die Antheren der inneren Staubgefässe des verwandten Cerastium arvense L. extrors
wären. Dies ist aber hier ebenso wenig, wie bei Sf. graminea und den übrigen Alsinaceae der Fall; überall sind die Antheren
ursprünglich intrors, nur später, kurz vor oder während des Ausstäubens drehen sie sich und nehmen oft eine extrorse
Stellung an, oft bleiben sie auch in der Mitte zwischen introrser und extrorser Stellung stehen und richten also ihre pollen-
bedeckte Fläche nach oben. Vorzüglich sind es die Antheren der äusseren Staubgefässe, welche diese Bewegung ausführen.
') Vergl. Tullberg, Bot. Notiser 1868 S. 10. H. Müller, Nature XXIII (1881) $. 589. Ludwig, Botanisches
Centralblatt VIII (1881). Mac Leod, ebendas. XXIII (1885) S. 360.
BE en
Ausser der rein hermaphroditischen und rein weiblichen kommt endlich, wenn auch weit
seltener, eine polygamische Form vor.
Gewöhnlich sind bei dieser Form die Blüthenformen auf verschiedene Theile der Inflorescenz
vertheilt, so dass z. B. die Terminalblüthe und die Primanblüthen der Dichasien hermaphroditisch,, die
übrigen weiblich sind. Oft ist auch nur die Terminalblüthe hermaphroditisch.
Die Pflanze ist somit gynomonöeisch und gynodiöeisch. In der Litteratur sind auch Angaben
über das Vorkommen von männlichen Blüthen vorhanden, so z. B. von Schummel in Wimmer und
Grabowsky, flora silesiaca.!) Nach diesem Autor sollen die kleinen Blüthen weiblich, die grossen männlich
sein.?2) Ich konnte bis jetzt weder bei dieser, noch bei irgend einer Alsinacee männliche Blüthen
auffinden.
12. Stellaria Holostea L.
Die meist ziemlich grossen hermaphroditischen Blüthen dieser Art sind streekenweise in den
Wäldern um Halle a. S. fast homogam, sonst meist proterandrisch. °)
Die äusseren Staubgefässe, meist wenig oder nicht länger als die inneren, krümmen sich kurz vor
dem Ausstäuben der Antheren nach innen.
Die Antheren drehen sich gewöhnlich nicht ganz bis in die extrorse Stellung, sondern bleiben
in der Mittelstellung, wie dies schon H. Müller angiebt. Da sie sich bei den homogamen Exemplaren
zwischen die Narbenäste legen, so ist eine Selbstbefruchtung unausbleiblich. Die inneren Staubgefässe,
deren oft vollständig in der introrsen Stellung verharrende Antheren wenig später verstäuben, biegen sich
nicht nach innen.
Auch bei dieser Art findet sich eine weibliche kleinerblüthige Form. Weibliche und herma-
phroditische Blüthen auf einem Exemplar vereinigt habe ich nicht beobachtet.
Wirtgen*) führt ausser einer forma minor, deren Blumenblätter 8 mm lang sind und die
vielleicht die weibliche Form darstellt, auch eine f. major vom Soonwalde an, deren Blumenblätter
14-15 mm lang sind. Letztere Form würde der grossblüthigen Form von stell. graminea L.
entsprechen.
13. ‚Stellaria uliginosa Ehrh.
Diese Art, von der Ebene bis ins Hochgebirge verbreitet, unterscheidet sich von den übrigen
durch die geringe Blüthengrösse. _ Die Blumenblätter erreichen nicht die Länge des Kelches.
Die Proterandrie ist bei dieser Art bald mehr, bald weniger ausgeprägt, doch kommen auch an
zahlreichen Orten fast oder ganz homogame Individuen in grösserer Zahl vor.
!) J. 8, 417 eitirt nach Mertens u. Koch, Deutschlands Flora III. S. 256.
2) So giebt wenigstens Garcke. Flora v. Halle I (1848) S. 74—T75. Koch.a.a. O. berichtet gerade das Umgekehrte.
®) H. Müller, Befr. d. Bl. S. 182 fand sie proterandrisch. Nur im Zimmer blühende Exemplare zeigten Selbst-
befruchtung.
*) Flora der preussischen Rheinlande. I. Bd. (1870) S. 305.
Dane
Bei Halle a. S. (Ebene) ist Stell. uliginosa gewöhnlich mehr oder weniger proterandrisch.
Die äusseren Staubgefässe biegen sich auch hier nach innen, oft zwar nicht bedeutend; ihre Antheren
drehen sich vielfach bis in eine extrorse Stellung.
Die inneren Staubgefässe bleiben aufrecht. Nach dem Verstäuben biegen sich auch die äusseren
wieder nach aussen. !)
Die Narben kommen meist erst nach dem Abfallen der Antheren zur Entwicklung, seltener
während die letäten Antheren der inneren Staubgefässe noch verstäuben.
Im Herbst finden sich auch bei Halle zahlreiche Individuen, bei denen Antheren und Narben
gleichzeitig entwickelt sind und bei denen dann selbstverständlich durch die äusseren Staubgefässe Selbst-
befruchtung herbeigeführt wird.
Im Riesengebirge (z. B. bei der Hampelbaude) fand ich dagegen die Blüthen von Stell. uliginosa
meist homogam. Die Narben entwiekeln sich entweder während die Antheren der äusseren Staubgefässe
verstäuben und dann ist spontane Selbstbefruchtung unausbleiblich, oder erst nach dem Verstäuben der
äusseren und während des Verstäubens der inneren. Auch im letzteren Falle kann wohl noch oft Selbst-
befruchtung eintreten.
Ueberall sonderten die nach der gewöhnlichen Weise gebauten Nectarien reichlich Honig ab.
14. Malachium aquaticum Fr.
Die hermaphroditischen Blüthen dieser Pflanze sind ausgeprägt proterandrisch.
Die Ausstäubungsfolge und das Verhalten der Staubgefässe ist ebenso, wie bei den vorher
beschriebenen Alsineen.
Die Narben, ziemlich lang, breiten sich meist erst nach dem Abfallen sämmtlicher Antheren aus.
Auch dann, wann die Antheren nicht abfielen, konnte ieh nur sehr selten die Beobachtung von Herm.
Müller?) bestätigen, nach der regelmässig die Enden der sich aus einander spreizenden Narbenäste
mit den noch mit Pollen behafteten Staubbeuteln in Berührung kommen sollen, so dass Selbstbestäubung
eintritt.
Auch bei dieser Art findet sich, wie wohl seltener, eine weibliche Form. °)
15. Cerastium semidecandrum L.
Bei dieser Art sind, wie schon H. Müller‘) angiebt, die 5 inneren Staubgefässe in vielen
Fällen gänzlich verschwunden, seltener sind die Rudimente, oder ein oder alle ganz normal ent-
wickelte Staubgefässe vorhanden.
!) nach Mac Leod, Bot. Centralblatt XXIII. (1885) S. 360 sollen sich die äusseren Staubgefässe zuletzt entwickeln,
2) Befr. d. Bl. 8. 184.
3) Vergl. auch Ludwig, Bot. Centralbl. VIII (1881) S. 79.
4) Befr. d. Bl. S. 184 u. weitere Beob. II. 229— 230.
AR 7 Ge
Auch hier biegen sich die (äusseren) Staubgefässe nach dem Innern; die Antheren, die meist nur
eine halbe Drehung machen, legen sich zwischen die mit ihnen zu gleicher Zeit entwickelten Narben.
Seltener als die homogamen Blüthen sind bei Halle a. S. die schwach proterandrischen, in denen
aber immer noch die Narben heranreifen, während die Antheren mit Pollen behaftet sind. Ganz wie
C. semidecandrum L. verhalten sich die nahe verwandten Arten odbscurum Chaub. und pallens Schltz.
16. Cerastium triviale Lk.
©. triviale ist bald proterandrisch, bald auch homogam ').
Die äusseren Staubgefässe bleiben‘ gewöhnlich aufgerichtet und biegen sich nicht nach innen. Ihre
Antheren bleiben vielfach in der ursprünglichen introrsen Stellung, seltener richten sie sich auf oder
werden extrors. Die Antheren der meist viel kürzeren inneren Staubfäden verstäuben später, oft einen
ganzen Tag.
Die Narben, gewöhnlich noch beim Ausstäuben der äussern Staubbeutel zusammengelegt, aber
schon mit entwiekelten Papillen bedeckt, breiten sich vielfach während des Ausstäubens der innern
Antheren aus, oft freilich auch erst nach deren Verstäuben.
Vollkommen homogame.Blüthen sind in geringerer Zahl vorhanden. Bei der Hampelbaude im
im Riesengebirge traf ich aber sogar vollständig homogame Blüthen mit vollständig proterandrischen auf
demselben Individuum vereinigt.
Die Nectarien sind ziemlich gross und sondern reichlich Honig ab. Die Vertiefung in ihnen ist
sehr hoch und flach. -
Ausser den vollständigen Blüthen finden sich solche, denen eimzelne oder alle Staubgefässe eines
Kreises oder auch überhaupt alle fehlen.
Sämmtliche dieser Formen kann man in Combination auf einem Individuum antreffen, rein weib-
liche Individuen sind selten.
Die Pflanze ist somit gynomonöeisch und gynodiöeisch.
17. Cerastium arvense L.
Die äussern Staubgefässe, die oft bedeutend länger sind, als die innern, biegen sich auch bei
dieser Art nach innen. Ihre Antheren bleiben vielfach in ihrer ursprünglichen introrsen Stellung ?), seltener
richten sie sich auf oder drehen sich bis in die extrorse. Nach dem Verstäuben krümmen sich die
Filamente gewöhnlich wieder nach aussen.
Auch die innern Staubgefässe pflegen sich etwas nach innen zu krümmen.
Die Narben sind während des Verstäubungsvorgangs zusammengeschlagen, obgleich ihre
Papillen vielfach vollständig entwickelt sind. Sie entfalten sich gewöhnlich erst nach dem Abfallen
der Antheren.
!) Nach H. Müller, Befr. d. Bl. 184 nicht so ausgeprägt proterandrisch, als €. arvense L., nach Severin Azell a. a.
O. S. 08 schwach proterandrisch.
%2) Auch H. Müller, Befr. d. Bl. S. 183 bildet sie so ab. Jordan freilich (a. a. O. S. 202) hält die innern Staub-
beutel für extrors, die äusseren für intrors! (Vergl. S. 20—21.)
_ HH —
Die Neectarien, an den äusseren Staubgefässen !), wie bei den übrigen Arten von Cerastium,
sind meist sehr gross. Die Vertiefung in ihnen ist sehr ausgebildet.
Ausser der hermaphroditischen Form ist nicht selten und oftmals striehweise allein auftretend,
eine kleinblüthigere?) weibliche Form, die vielfach noch die Eigenschaft der proterandrischen Stamm-
form, nämlich dass sich die Narben erst einige Zeit nach der Entwicklung der Blüthe entfalten, sehr
deutlich zeigt.
Zusammenstellune.
Fast sämmtliche hier beschriebene Alsmaceen besitzen kleme, offene und daher selbst den kurz-
rüsselligsten Inseeten zugängliche, vielfach nur im Sonnenschein geöffnete Blüthen von heller (weisser
oder hellrother) Farbe.
Die Nectarien, welche sich in der Regel an der Basis der äusseren Staubgefässe befinden, sondern
selbst bei den kleinsten Arten vielen Honig ab.
Die Antheren, ursprünglich stets intrors, drehen sich vor oder während des Verstäubens bei
einer grossen Anzahl von Arten so, dass entweder nur ihre pollenbedeckte Fläche nach oben gerichtet
ist, oder (dass sie sogar in eine vollständig extrorse Stellung kommen. Bei einzelnen Arten scheinen nur
die äusseren Staubbeutel eine vollständige Drehung auszuführen.
In vielen Fällen ist nieht die normale Anzahl (10) der Staubgefässe entwickelt. Bei einzelnen
Arten (Spergularia salina Presl., Holosteum umbellatum L., Cerastium semidecandrum L. und Verwandten)
kommen 10 Staubgefässe entweder nie oder doch nur selten vor, bei anderen sind sie häufiger vorhanden
(Sagina Linnaei Presl, Stellaria media Cyr.). In den meisten Fällen schwinden einzelne oder alle Staub-
gefässe des innern Kreises, in vielen Fällen auch einzelne der äussern. Spergularia salina, Holosteum
umbellatum und Stellaria media besitzen gewöhnlich nur 3 des äusseren Kreises. Von den Staubfäden
haben sich gewöhnlich noch Ueberreste, meist mit kleineren und pollenlosen Antheren erhalten, seltener
sind sie fast gänzlich geschwunden.
Bei den meisten Arten kommen rein weibliche Stöcke vor, welehe oft in grossen Schaaren, viel-
fach aber nur einzeln auftreten. Bei manchen werden auch hermaphroditische und weibliche Blüthen auf
denselben Stöcken beobachtet. Männliche Blüthen wurden nicht angetroffen.
Die weiblichen Blüthen fallen meist schon äusserlich durch geringere Grösse auf.
Von den kleinblumigen Arten haben weit weniger weibliche Stöcke entwickelt, als von den
grossblumigen.
Bei einigen Arten, bei denen fast nie sämmtliche Staubgefässe (nicht einmal des äusseren
Kreises) ausgebildet sind, gehören doch weibliche Blüthen zu den Seltenheiten.
Die hermaphroditischen Blüthen sind in vielen Fällen proterandrisch und meist nur durch fremde
Hilfe befruchtbar.
!) Jordan behauptet (a. a. O.), dass die Nectarien sich an den innern Staubgefässen befinden. Es wäre dies eine
sonderbare Ausnahme bei den Alsinaceae. Ich habe gleich nach dem Bekanntwerden der J.'schen Arbeit darnach gesucht,
aber die Nectarien nur normal gefunden.
*) Scheint die form. parvillora mancher Phytographen zu sein.
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen, 4
Es sind sowohl einzelne kleinblüthige, also die Insekten wenig anlockende Arten proterandrisch,
als grossblüthige homogam. Durchschnittlich sind aber die kleinblüthigen homogam oder nur schwach
proterandrisch.
Wıe bei der vorigen Familie verhalten sich auch hier in verschiedenen Gegenden einzelne
Arten verschieden.
Malvaceae R. Br.
Lavatera thuringiaca L.
Die Blüthen dieser schönen Malvacee erreichen gewöhnlieh eine bedeutende Grösse. Die an der
Spitze ausgerandeten Blumenblätter haben im Durehschnitt eine Länge von 45mm und eine Breite von
30 mm. — Die Antheren, deren Zahl zwischen 70 und 90 schwankt, bleiben vielfach noch eine Zeit
nach Oeffnung der Blüthe geschlossen.
Um diese Zeit steeken die Narben noch "/»—1 mm tief in der von den Staubgefässen gebildeten
Röhre. seltener befinden sie sich schon in gleieher Höhe mit dem Rande derselben.
Das Verstäuben der Antheren fängt von oben an; nach dem Ausstäuben krümmen sich die Fila-
mente nicht, wie bei anderen Malvaceen, nach unten.
3evor die unteren Antheren verstäubt sind, erheben sich auch die Griffel, wachsen aus und
krümmen sich nach aussen.
Zur Zeit der vollständigen Narbenreife pflegt in den Antheren kein Pollen mehr vorhanden zu
sein. Wäre dies doch der Fall, so könnte leicht spontane Selbstbestäubung stattfinden, da oftmals die
zurückgekrümmten Narben mit ihrer Spitze die entleerten Antheren berühren.
Der Honig wird in grossen Tropfen in 5 Gruben zwischen den Basen der Blüthenblätter abge-
sondert und durch einen Verschluss, der dadurch zu Stande kommt, dass an der Basis jeden Blüthen-
blattes die beiden Seitenränder eine kurze Streeke mit diehten Haaren besetzt sind, verdeekt. Diese
Haare setzen sich meist in viel lockerer Stellung noch eine Strecke an den Blumenblättern hinauf fort.
Y - > \
Geraniaceae D.C.
1. Geranium silvaticum L.
Die hermaphroditischen Blüthen dieser Art sind meist ausgeprägt proterandisch. Die Narben
erreichen ihre volle Entwicklung gewöhnlich erst nach dem Abfallen der Antheren, oft sogar erst nach
dem Abfallen der Blumenblätter.
Die Antheren, ursprünglich intrors, begeben sich vor oder während des Oeffnens der Blüthe in
eine extrorse Stellung. — Zunächst riehten sich die Staubfäden des äusseren Kreises auf, so dass die
Antheren über die geschlossene Narbe zu liegen kommen und dort verstäuben. Dann folgen in der-
selben Weise die des innern Kreises. Nach dem Verstäuben krümmen sich die Filamente beider Kreise
nach aussen ').
1) Vergl. auch H. Müller, Alpenblumen. S. 175
Die weibliche Form, bald mit fast normal langen Filamenten, aber mit verkrüppelten Antheren,
bald auch mit sehr verkürzten Filamenten, findet sich im Riesengebirge stellenweise sehr häufig"). An
der Nordwestseite des klemes Teiches waren im Juli 1886 wenigenstens ?/5s sämmtlicher Individuen
weiblich.
Die weiblichen Blüthen sind, wie schon Müller angiebt, kleiner als die hermaphroditischen,
variren aber sehr in Grösse. Die Durchnittslänge der Blüthenblätter derjenigen weiblichen Blüthen,
deren Filamente fast die normale Länge erreichen, ist 11mm, dagegen derjenigen, in denen auch die
Filamente verkrüppelt sind, nur 9 mm. Die Länge der Blätter der hermaphroditischen Blüthen beträgt
ce. 14-—-!D mm, doch kommen auch solehe von 12—13 und 16—18 mm nicht gerade selten vor.
Vereinzelt finden sich auch Blüthen, in denen nur einzelne Staubgefässe reduzirt sind. Sie sind
gewöhnlich mit hermaphroditischen zusammen vorhanden.
Auch Stöcke mit hermaphroditischen und ausgeprägten weiblichen Blüthen kommen, wenn auch
nicht gerade häufig (klemer Teich und Riesengrund im Riesengebirge) vor. Durch die verschiedene
Grösse ihrer Blüthen fallen sie schon in der Entfernung auf.
Im Riesengebirge sind Blüthen mit verkümmerten Narben ?) (also männliche) sehr veremzelt und
fast immer mit hermaphroditischen, denen sie an Grösse vollständig gleichen, auf demselben Individuum
vereinigt. ö \
Vollständig homogame Blüthen, wie sie Axell?) sah, vermochte ich bisher nieht aufzufinden.
Das Uebergangsstadium, welches Müller*) beschreibt und abbildet, sah?) ich auch nur bei wenigen
Blüthen.
Der Insektenbesuch, dureh dessen Hülfe die Pflanze allein befruchtbar ist, ist auch im Riesen-
gebirge, wie im den Alpen, ein sehr bedeutender.
2. @. pratense L.
Die Bestäubungseinrichtungen sind wie bei der vorigen Art.
Während aber bei jener eine Differenzirung in hermaphroditische und weibliche Stöcke weit
fortgeschritten ist, sind bei dieser weibliche Blüthen oder sogar Stöcke sehr selten und fehlen wohl in
manchen Gegenden ganz.
Vielfach kommen jedoch Blüthen vor, welehe (obgleich @. prat. gewöhnlich grössere Blüthen
hat, als @er. silv.) m Blüthengrösse den weiblichen Stöcken der vorigen Art sehr ähnlich sind. Diese
kleimblüthigen (Blumenblätter 10Ys—11!/; mm lang) Individuen waren aber ohne Ausnahme hermaphro-
ditisch und ausgeprägt proterandrisch.
!) In den Alpen scheint diese Form (nach Müller a. a. O.) nieht so häufig vorzukommen, ebenso an anderen
Orten; vergl. Kirchner, a. a. O. 8. 29,
?) Diese Blüthen waren nicht, wie «die männlichen, welehe H. Müller (a. a. ©. $S. 176) am Albula fand, blau ge-
färbt, sondern besassen die gewöhnliche violette Färbung.
°) a. a..0. S. 36.
*) a. a. 0. 8. 175. Fig. 68 F.
5) Kl. Teich im Riesengebirge.
gast
Die Blüthen der weiblichen Stöcke dagegen, die ich bei Cölleda in Thüringen, wo die Pflanze
sehr spät (August-September) blüht, verhältnissmässig zahlreich fand’), hielten in Grösse die Mitte zwischen
den kleinen und den normalen hermaphroditischen Blüthen.
3. @. palustre L.
Variirt wie die vorige Art mit grossen und kleinen hermaphroditischen Blüthen. Die weiblichen
Blüthen sind noch seltener als bei der vorigen Art und ebenfalls mittelgross. Rein weibliche Stöcke sah
ich noch nicht.
4. Erodium eieutarium L'Her. nebst var. pimpinellifolium Willd. (2).
Die biologischen Verhältnisse dieser Art (der Hauptform sowohl wie der Varietät) sind schon
von Fr. Ludwig in einer Reihe von Aufsätzen ausführlich behandelt worden. Durch sorgfältige, zwei
Jahre hindurch fortgesetzte Beobaehtungen, vorzüglich in der Umgegend von Halle a. S., bin ich zu
Resultaten gelangt, die vielfach von denen Ludwigs nicht unwesentlich abweichen.
Auch bei Halle (und in ganz Nordthüringen und in der Grafschaft Mansfeld) kommt die Pflanze
in zwei, durch morphologische Eigenschaften der vegetativen Organe getrennten Formenkreisen vor.
Der eine umfasst die Formen mit spitzen Fiederzipfeln; er soll das wahre „E. eicutarium L’Her.“ dar-
stellen. Der andere umfasst die Formen mit den stumpfen Zipfeln; er wird gewöhnlich mit dem
Willdenow’sehen „pimpinellifolium* identitieirt ?). Beide Formen kommen auf derselben Unterlage,
sowohl auf Kiesel- als auf Kalkboden?) vor; pimpinellifolium scheint jedoch stellenweise den Ackerboden
anderen Bodenarten vorzuziehen. ;
Auch die Angabe Ludwigs*), dass pimpinellifolium dichter, eieutarium aber zerstreuter wachsen soll,
habe ieh nicht bestätigt gefunden.
Die Hautform kommt bei Halle a. S. wiederum in zwei biologischen Formen vor.
Die eine, welehe sehr gemein ist, hat in vielen Fällen vollständig actinomorphe Blüthen und
einfarbige®) rothe Blüthen von ungefähr &—13 mm Durchmesser. In anderen Fällen sind die beiden
oberen Blumenblätter verkürzt und verbreitert, manchmal auch intensiver gefärbt als die übrigen.
!) An den Nebenstengeln, welche sich nach der Heuernte entwickeln und oft ziemlich spät blühen, finden sich auch
hier und da weibliche Blüthen oder solche, denen einige Staubgefässe fehlen.
2, Ob letztere Annahme richtig ist, kann ja nur durch die Untersuchung von Originalexemplaren ermittelt werden.
Nach Willdenow's Beschreibung (Spec. plant. tom. II. p. 630) besitzt sein pimpinellifolium ausser den ungetheilten
Cotyledonen, Blumenblätter, welche kürzer als der Kelch oder mit ihm gleich lang sind. Dies passt aber nicht auf die immer
grossblüthige Form.
3) Nach Ludwig (Zur geographischen Verbreitung und Bodenadaption von Erodium cicutarium L’Her. u. E.
cieut. b. pimpinellifolium Willd. in Mittheilungen des bot. Vereins für Gesammtthüringen. Bd. IV. (1886) S. 81) soll,
wo beide Formen vorhanden, E. cieutarium vorzüglich auf Kalk-, pimpinellifolium dagegen auf Kieselboden vorkommen.
4) Ueber die ungleiche Ausbildung einer Insektenform bei Erodium cieutarium L’Herit. u. E. cicutarium b. pimpinelli-
Folium Willd. in Irmischia, Correspondenzblatt des bot. Vereins f. Thüringen. II. (1881) S. 6.
5) Die Angabe Ludwigs (Bot. Centralblatt. Bd. XIX. (1884) S. 122), dass gewöhnlich bei der verbreiteten Form
die oberen Blumenblätter intensiver gefärbt sind, fand ich nur selten bestätigt.
a9 yIE—
Ziemlich häufig befinden sieh auf diesen beiden oberen Blumenblättern zwischen dem mittleren
und jedem der beiden Seitennerven einzelne oder nur je ein hellerer Fleck, welcher in vielen Fällen
leicht zu übersehen, in manchen Fällen aber auch sehr ausgeprägt ist. Im letzteren Falle bildet er eine
wenige Millimeter lange, elliptische Fläche zu beiden Seiten des (wie die Seitennerven durch stärkere
Färbung hervortretenden) Mittelnerven, ohne jedoch in der Regel die Seitennerven zu erreichen. In
nicht gerade zahlreichen Fällen, meist nur bei einzelnen Exemplaren, ist der grauweisse Fleck
dureh dunkelrothe Strichelehen und Punkte bedeckt, die m emiger Entfernung fast schwarz erscheinen.
Diese Strichelehen bestehen aus stark pigmentirten Zellreihen oder Zelltlächen. Nie sah ich diese
Strichelehen hauptsächlich auf die Blumenblattnerven beschränkt, wie Ludwig!) angiebt: letztere waren
fast immer einfarbig, wenn auch stark pigmentirt.
Bei den gewöhnlichen aetnomorphen Individuen pflegen sämmtliche Nectarien gleich gross zu sein,
bei den mehr oder weniger zygomorphen sind die oberen in der Regel grösser, doch pfllegt diese Ver-
grösserung nicht immer mit der intensiveren Ausbildung «des Saftmals Hand m Hand in Hand zu gehen.
Die Blüthen sind fast immer homogam, seltener schwach proterandrisch ; sehr- selten proterogyn
(wie auch Ludwig angiebt). Sofort nach Oeffnung der Blüthe, was gewöhnlich in den Morgenstunden
(im Herbst ziemlich spät, erst gegen 8 Uhr) vor sich geht, fangen die Antheren an sich zu öffnen. Die
oberen liegen der Narbe fest an und zwar gewöhnlich zwischen zwei Narbenästen. Sie bleiben intrors
und entleeren ihren Pollen unmittelbar auf die Narbenäste. Die zwei unteren Äntheren dagegen, welche
in Folge der etwas längeren (dieselben ragen gewöhnlich bis an die Spitze der Narbe) und etwas
gebogenen Filamente ein wenig abstehen, drehen sich aus ihrer ursprünglichen introrsen Stellung (vergl.
Fig. 1), indem sie einen Kreisbogen um ihren Befestigungspunkt beschreiben. In manchen Fällen, wenn
nämlich der Abstand zwischen Drehpunkt und Narbe nicht bedeutend ist, werden sie aufgehalten und
können sich nur bis zur horizontalen Stellung drehen, so dass sie ihre pollenbedeckte Fläche nach oben
wenden; in vielen Fällen jedoch gelangen sie in eine vollständig extrorse Stellung ®). (Vergl. Fig. 2).
Von den Antheren öffnet sich die oberste zuerst und zwar springen bei ihr beide Klappen zu
gleicher Zeit auf. Auf diese folgt dann in nicht langem Abstande gewöhnlich die rechte obere und bald
darauf auch die linke obere. Bei beiden öffnen sich die unteren Klappen zuerst. Hierauf folgt die
linke untere und dann die rechte. Bei diesen springen in der Regel die oberen Klappen zuerst auf.
Je nach der Temperatur nimmt dieser Vorgang eine kürzere oder längere Zeit ein; im Herbste dauert
er gewöhnlich 2—3 Stunden.
Gegen Mittag, nachdem die unteren Antheren fast ganz verstäubt haben, rücken ihre Filamente
allmählich an die Narbe heran, so dass sich ungefähr gegen 11V/a—1 Uhr Mittags die Antheren an den Narben
befinden. Da ihre Filamente etwas länger sind als die der anderen Staubgefässe, so berühren sie die
Narben nur mit ihrem unteren Ende und da sie extrors sind, so kann der Pollen vielfach nieht auf die
Narbe gelangen. (Vergl. Fig. 3).
1) Bot. Centralblatt XIX. (1884) S. 122. Vergl. auch deutsch. bot. Monatsschrift IH. (1335) S. 146.
2) Die Angabe Ludwig’s (Irmischia II. $. 5), dass die beiden unteren Staubgefässe anfıngs etwas vom Griffel
entfernt sind, später gleichfalls auf der Narbe dehisciren, habe ich nur in Ausnahmefällen bestätigt gefunden.
2. Jen re
Im Laufe des Nachmittags pilegen sich die Blüthen langsam zu schliessen '). Viele blühen nur
einen Tag, andere dagegen, namentlich bei ruhigem, nicht zu heissem Wetter 2 oder selbst 3 Tage.
Selbstbefruchtung ist in der Regel die einzige Befruchtungsart dieser Pflanze. Der Insekten-
besuch ist selbst bei den Formen, welche mit Saftmal versehen sind, ein äusserst geringer.
Neben dieser Form findet sich bei Halle a. S. ziemlich verbreitet eine andere, welche in ihren
vegetativen Theilen nicht von der eben beschriebenen abweicht.
Ihre Blüthen sind aber sehr gross (12—15 mm) und meist ausgeprägt zygomorph. Das Saftmal
ist hin und wieder vorhanden und dann scharf abgegrenzt, ziemlich gross, durch die Mittelrippe oft fast
in zwei Theile zertheilt und mit zahlreichen tief gefärbten Stricheln und Punkten bedeckt. Die Blüthen
sind ausgeprägt proterandrisch und die Antheren nach oder während des Ausstäubens stets extrors.
Selbstbefruchtung ist meistens ausgeschlossen.
Ausser diesen beiden kommt in der hallischen Gegend die obenerwähnte Varietät pimpinelli-
folium Willd. ziemlich häufig (wenn auch nicht ganz so häufig wie eicutarium) vor.
Die Blüthen sind fast immer grösser als die mittleren von E. cicutarium und in der Regel
zygomorph. Doch kommen auch fast actinomorphe vor, bei denen die oberen Petalen nur um geringe
Bruchtheile eines Millimeters kürzer sind als die übrigen. Auch die Grösse der oberen Nectarien variirt.
Auf den oberen Blumenblättern ist in der Regel das Saftmal vorhanden. Es ist wie das der
vorigen Form gestaltet, doch meist viel kräftiger ausgebildet. Es kommen jedoch auch zahlreiche Blüthen
vor, in denen es nur in einem grauweissen Flecke besteht oder fast ganz oder ganz fehlt. Häufig ist
es nur auf einem der beiden Blumenblätter vorhanden oder wenigstens gut ausgebildet, oft ist sogar nur
eine Hälfte vorhanden. Alle diese Combinationen können auf einem Individuum vorkommen.
Die Blüthen sind vielfach proterandrisch, so dass die Narbenäste bei dem Aufspringen der
Antheren noch fest zusammenliegen oder sich erst während des Ausstäubens der letzten Antheren
entwickeln. Zahlreiche Exemplare — strichweise alle besitzen jedoch vollständig homogame Blüthen.
Die Antheren, deren Filamente bei dieser Form etwas länger (im Verhältniss zur vorigen Form)
sind, fangen kurz vor oder während des Verstäubens, welches in derselben Reihenfolge und in demselben
Zeitraume sich vollzieht wie bei E. eicutarium, an, sich aus ihrer ursprünglichen introrsen Stellung (vergl.
Fig. 4) in eine extrorse zu begeben, was ihnen in Folge ihrer Entfernung von der Narbe gewöhnlich
auch leicht gelingt (vergl. Fig. 5). Nachdem sämmtliche Antheren aufgesprungen sind, krümmen sich
die Filamente noch etwas von der Basis nach aussen, so dass die Antheren in dieser Zeit ungefähr
1/;—1!/g mm von der Narbe entfernt sind. Ein späteres Heranrücken an die Antheren, wie bei E. cieutarium
findet nur selten statt: die Antheren fallen auch gewöhnlich sehr bald ab. In zahlreichen Fällen krümmen
sich nach dem Abfällen der Antheren die Filamente noch etwas weiter zurück, oft ganz aus der
Blüthe heraus.
Auf solehe Weise ist eine Befruchtung mit — wenigstens bei den proterandrischen Blüthen —
eigenen Pollen sehr erschwert.
) Ludwig (Irmischia IT. $.5) giebt an: „Mittags fallen gewöhnlich die Blumenblätter aus und die Kelche schliessen
sich.“ Dies tritt nur bei grosser Hitze und Wind ein.
In vielen Fällen ist auch eine solche, wie ich mich überzeugte, vollständig nutzlos‘), die
Pflanze also ganz auf Fremdbestäubung angewiesen. Dass Letztere bei Halle keine bedeutende ist ?),
davon legt auch die häufige Sterilität der Pflanze Zeugniss ab.
Bei beiden Formen finden sich weibliche Blüthen, welehe entweder mit den hermaphroditischen
gemischt oder allein auf den Stöcken vorkommen.
Bei E. eicutarium, von welchem an einzelnen Orten der Grafschaft Mansteld fast Ys—"/s aller
Stöcke weiblich sind ®), verkümmern gewöhnlich sämmtliche Antheren und die Filamente erreichen nur
die halbe Länge des Griffels. Bei der Varietät pimpinellifolium Willd. sind weibliche Blüthen resp. Stöcke
viel seltener, gewöhnlich schwinden nur die unteren Staubgefässe.
Einzeln finden sich auch, gewöhnlich nur im Herbst, bei beiden Formen männliche Blüthen,
seltener ganz männliche Individuen. Die Narben bleiben grün und entfalten nicht ihre Aeste.
Oxalidaceae D. VG.
Oxalis strieta L.
Die gelben Blumenblätter dieser Art sind ungefähr 5 mm lang und 2%» mm breit.
Die kürzeren (d. h. die inneren) Staubgfässe sind so lang oder etwas kürzer als der Kelch, die
längeren (äusseren) sind ungefähr 1 mm länger als die inneren und mit den Narben gleich lang.
fe} be ? ? ?
In der Knospe überragen die Narben die Antheren bedeutend, auch die Längendifferenz zwischen
oO ?
den langen und den kurzen Staubgefässen ist beträchtlicher als in den entwickelten Blüthen.
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Die Antheren sind imtrors, richten sich aber gewöhnlich etwas auf, so dass die pollenbedeckte
Fläche nach oben zu liegen kommt. Die Antheren der längeren Staubgefässe, welche meist etwas früher
als die der kürzeren aufspringen, liegen anfänglich fast den gleichzeitig mit ihnen entwickelten Narben
an, später treten sie etwas von diesen zurück. Spontane Selbstbestäubung ist wohl in den meisten
Fällen unvermeidlich.
Rhamnaceae R. Br.
Rhamnus Frangula L.
Die Blüthen-Einriehtung dieser Art wurde schon von H. Müller?) beschrieben und abgebildet.
Meine Beobachtungen weichen aber in manchen Punkten von denen dieses Forschers ab.
Zunächst fand ieh an keinem der sehr: zahlreichen Standorte bei Halle und im Nord-Thüringen
die Blüthenblätter so tief gespalten, wie sie Müller in Fig. 46 abbildet. Gewöhnlich sind die Blätter nur
in dem oberen Viertel oder Drittel gespalten ; auch sind sie meist breiter als die der Mül ler’schen Figuren.
!) Ludwig, Bot. Centralblatt VIII. (1881) 8. 88, giebt an, dass die Pflanze die Autocarpie noch nicht vollständig
eingebüsst hat.
2) In anderen Gegenden (vergl. Ludwig, deutsche bot. Monatsschrift 11. [1884] S. 6) scheint der Insektenbesuch
ein viel zahlreicherer zu sein.
®) Es sind dies keineswegs Kümmerlinge.
*) Befr. d. Blumen S. 152—153.
a
In der ungefähr 2—2!s mm weit geöffneten Blüthe sind die Antheren, die oft schon in der
Knospe aufspringen, von den rückwärts .gerichteten Blüthenblättern bedeckt. Später richten sich die
Blüthenblätter auf, so dass die Antheren frei werden.
Die Narbe ist bei Oeffnung der Blüthe noch nicht reif, aber sie wird es in den von mir gesehenen
Blüthen fast immer während des Ausstäubens der Antheren, wenn auch vielfach erst gegen das Ende.
Es ist also die Proterandrie an den ‚hiesigen bei weitem schwächer ausgebildet als an denjenigen Indivi-
duen, welehe Müller beobachtete, bei denen die Narben sich erst nach dem Verwelken der Antheren
entwickelten. Bei den hiesigen Exemplaren verwelken die Narben bald kurz nach dem vollständigen
Ausstäuben, bald bleiben sie noch eine längere Zeit erhalten.
Auch in Bezug auf die Griffellänge weichen meine Beobachtungen von denen Müller’s ab.
Es scheinen zwei Formen aufzutreten, eine kurz- und eine langgriffelige. Bei der emen (welche
auch Müller abbildet) ragt der Griffel nieht bis zur Höhe der Antheren, bei der anderen ragt er mindestens
bis an ihre Basis, gewöhnlich aber sogar bis zur Mitte oder noch höher hinauf. Beide Blüthenformen
scheinen nie auf demselben Stocke vorzukommen, auch an demselben Standorte scheint sich stets nur
eine Form zu finden.
Bei beiden Formen ist spontane Selbstbefruchtung wegen der geringen Proterandrie und der
Lage der Narbe leicht möglich. :
In demselben Blüthenstande finden sich oftmals vom Sommer bis in den Herbst Knospen, Blüthen,
unreife (grüne, rothe) und reife (schwarze) Früchte.
Papilionaceae \.
1. Astragalus ewscapus L.
Die Blüthe ist gewöhnlich 23—26 mm lang.
Der Stempel ist gleich lang mit den Staubgefässen, die Narbe befindet sich gewöhnlich zwischen
den Antheren. Diese Nähe von Antheren und Narbe, die beide gleichzeitig, oft schon in der Knospe
entwickelt sind, macht eme Selbstbefruchtung fast unvermeidlich.
Bei Halle blüht diese Pflanze stellenweise bis m den August und September.
2. Hedysarum obscurum L.
Bei dieser Art ragt der Griffel), welcher an der Biegungsstelle der Staubgefässe rechtwinklig
geknickt ist, gewöhnlich 2 mm über die zugleich mit der Narbe entwickelten Antheren hinaus. Eine
Sichselbstbestäubung ist auf diese Weise sehr erschwert.
In Teufelsgärtehen des Riesengebirges sah ich die Pflanze eifrig von Hummeln besucht.
!) Bei Müller's Pflanze (Alpenbl, S. 254) scheint der Griffel die Antheren weit weniger zu überragen, auch sind
daselbst die Staubbeutel in sehr ungleicher Höhe, was bei den Riesengebirgspflanzen auch nicht der Fall ist.
Rosaceae Juss.
1. Ulmaria pentapetala Gil.
Bei dieser Art fand ich (4. August 1886) an einer Reihe normaler Stöcke bei Passendorf unweit
Halle zahlreiche männliehe Blüthen.
2. U. Filipendula A. Br.
Auch bei dieser Pflanze fand ich an spätblühenden Exemplaren (Ende Juli) einzelne rein männliche
Blüthen. Die Narben zeigten verschiedene Grade der Verkümmerung. Fast immer waren diese Blüthen
die Endblüthen der Infloreseenzzweige.
3. Geum montanum L.
Die Blüthen dieser Art sind auch im Riesengebirge') bald mehr, bald weniger proterogyn.
Gewöhnlich verstäuben die ersten Antheren, während die Narben noch befruchtungsfähig sind, seltener,
nachdem sie nicht mehr empfänglieh sind. Ebenso sind Blüthen nieht häufig, in denen die Narben bis
zum Ende des Ausstäubens frisch bleiben. Nur im letzteren Falle ist spontane Selbstbefruchtung
möglich, da die Staubgefässe, welche anfangs eingebogen sind, von der Peripherie her zu verstäuben
anfangen und selten die Länge der Griffel erreichen. Die Antheren kehren ihre pollenbedeckte Fläche
der Narbe zu.
Neben der hermaphroditischen Form findet sich im Riesengebirge, ebenso wie in den Alpen, auch
eine weibliche und zwar stellenweise (Melzergrund, kl. Teich) ziemlich häufig. Die Griffel, welche in
den hermaphroditischen Blüthen an Zahl sehr variiren, sind hier ganz redueirt. Eine germgere Grösse
der männlichen Blüthen konnte ich, wie auch H. Müller bei den verwandten @. reptans, nicht immer
eonstatiren.
Neben den rein männlichen Stöcken kommen, allerdings selten (im Melzergrund und am kl. Teich
auf 10 männliche nur 1), auch solehe vor, welche männliche und hermaphrolditische Blüthen tragen.
Auch bei dieser Form konnte ich nieht immer eine Verschiedenheit der Grösse der beiden Blüthenformen
feststellen.
4. @. rivale L.
Bei dieser Art bleiben in der Regel die Narben bis zum vollständigen Verstäuben sämmtlicher
Antheren befruchtungsfähig. Auch hier fangen die Staubgefässe von der Peripherie der Blüthe an sich
zu entwiekeln. Die fast gleiche Höhe der Narben mit den Antheren macht eine Selbstbefruchtung
leicht möglich.
Die Pflanze sondert reichlich Honig ab und ist deshalb, wie schon Müller?) angiebt, von
zahlreichen Insekten, namentlich Hummeln, besucht.
!) Wie in den Alpen. Vergl. H. Müller, Alpenblumen S. 226.
?) Befruchtung der Blumen S. 210— 211.
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen. 5
Wie bei der vorigen Art finden sich auch hier männliche Blüthen, bei denen entweder sämmt-
liehe Griffel vorhanden sind, - aber klein und ohne entwickelte Narben bleiben, oder sich nur wenige,
etwas grössere, aber trotzdem nicht normale Griffel vorfinden. Die männliche Form ist nieht häufig
bei Halle z. B. im Schkeuditzer Walde).
Neben ihr kommt auch die andromonöeische Form, welche Whitelegge!) in England und
Kirehner?) in Deutschland fanden, vor, doch noch seltener. Häufig, wie Kirchner angiebt, konnte
ich sie nirgends finden.
Die männlichen Blüthen sind manchmal auffallend, gewöhnlich aber nur etwas kleiner als die
hermaphroditischen. Kirchner fand sie dagegen gleich gross. Es scheinen also auch diese Verhält-
niss nach den Gegenden zu varliren.
5. Geum urbanum L.
Die Blüthengrösse variirt bedeutend; die grössten Blüthen sind doppelt so gross als die kleinsten.
Nach der Blüthengrösse scheint sich auch das Zeitverhältniss der Entwicklung von Narben und
Antheren zu riehten. Die grossblüthigsten Individuen sind ziemlich ausgeprägt proterogyn, die klein-
blüthigsten fast ganz homogam. Zwischen beiden Extremen liegen zahlreiche Mittelformen.
Bei den ausgeprägt proterogynen bleiben die Narben nur während des Ausstäubens der Antheren
der Randstaubgefässe befruchtungsfähig, bei den homogamen entwiekeln sie sich zu gleicher Zeit mit
den Staubgefässen. Die Form mit schwach proterogynen Blüthen, bei denen die Narben zwar vor den Antheren
entwiekelt sind, aber während der ganzen Zeit des Ausstäubens erhalten bleiben, ist die häufigste, ja wie
es scheint?) in manchen Gegenden die alleinige.
Ausser den hermaphroditischen kommen auch hier, freilich, wie es scheint, seltener als bei den
übrigen Arten, männliche, meist ziemlich kleine Blüthen vor. Dieselben finden sich gewöhnlieh mit
hermaphroditischen auf demselben Individuum und nur bei der grossblüthigen proterogynen Form; rein
männliche Stöcke sah ich nur einige Male im Schkeuditzer Walde zwischen Halle und Leipzig.
6. Rubus Chamaemorus L.
Diese Art kommt im Riesengebirge ausgeprägt diöeisch vor. In der weiblichen Blüthe sind die
Staubfäden kurz, oft noch kürzer als in der Figur von Axell*t) und manchmal ohne erkennbare
Anthere. Die männlichen Blüthen stimmen mit der Abbildung bei Axell überem. Einige Male sah
ich auf der weissen Wiese (links vom Wege zwischen der Wiesenbaude und der Riesenbaude) weibliche
Blüthen, in denen die Staubfäden ungefähr a der Länge der normalen und die Antheren fast die
Grösse der normalen erreichten. Ob der Pollen ausgebildet war, vermochte ich leider nicht zu unter-
suchen. Wie ich sehe, scheinen schon ähnliche Bildungen früher im Riesengebirge gefunden zu sein.)
!) Nature No. 466.
2)28..8..0,8. 35.
®) Vergl. H. Müller, Befr. d. Blumen $S. 210— 211.
4) a.a. O0. S. 48 Fig. 11.
°) Von Josephine Kablik. Vergl. Otto Kuntze, Metlıodik der Speciesbeschreibung und Rubus. (1879) S. 152.
In Folge der äusgeprägten Diöeie und der wohl nur geringen Zahl von Besuchern pflegen viele
weibliche Blüthen (die ich in eben so grosser Zahl als die männlichen antraf) nieht Früchte anzusetzen. !)
Auch die gebildeten Früchte scheinen äussert selten (ich sah sie nech nie) zur vollständigen Reife zu gelangen. ?)
Stellenweise (z. B. an einigen Punkten der Elbwiesen) scheint die Pflanze gar nicht zu blühen;
ich konnte weder 1885 noch 1886 Blüthen auftfinden.
7. Potentilla aurea L.
Diese im Riesengebirge sehr verbreitete Pflanze fällt sofort durch die leuchtend gelben Blüthen auf,
deren Blätter an der Basis einen fast die Hälfte der Länge einnehmenden orangerothen Fleck tragen.
Die Staubgefässe stehen in drei Reihen: im der äusseren befinden sich 10, m jeder der folgenden 5.
Die innern sind die längsten, sie überragen gewöhnlich die Narben, die mittleren smd die kleinsten, sie
erreichen kaum die halbe Länge der Griffel, die äusseren sind mittellang und meist etwas nach aussen gebogen.
Nach der Oeffnung der Blüthen pflegen die Antheren nicht sofort aufzuspringen, die Narben
aber schon vollständig reif zu sein, so dass die Blüthen also schwach proterogyn sind. Das Ausstäuben
der Antheren schreitet von der Peripherie nach dem Innern zu fort. Da die inneren Staubgefässe die
Narben, welche zur Zeit des Ausstäubens in den meisten Fällen noch vollständig frisch sind, überragen,
so ist Selbstbestäubung leicht möglich.
Vielfach kommen Exemplare vor, bei denen sämmtliche Staubbeutel difform und (nicht durch
Pilzeinfluss) schwarz sind.?) Die Narben sind vollständig entwickelt. Diese Blüthen fungiren also als
weibliche. Gewöhnlich smd alle Blüthen «der betroffenen Pflanze m gleichem Zustande.
S. P. silvestris Neck.
Die Grösse der Blüthe und damit die Zahl der vorhandenen Staubgefässe und Griffel schwanken
bei dieser Art bedeutend. Die gewöhnliche Form besitzt 4—5 Griffel und 16 in 4 Kreisen stehende
Staubgefässe. Letztere fangen von der Peripherie der Blüthe an aufzuspringen.
Die Blüthen sind in der Regel homogam, doch auch schwach proterogynische und proterandrische
Blüthen sind nicht selten. Manchmal sind alle Formen auf derselben PHlanze veremigt.
Onagraceae Juss.
1. Epilobium hirsutum L.
Die Blüthenemriehtung dieser Art variirt bedeutend. Bei der bei Halle und im Nordthüringen
häufigsten Form sind die Blüthen zygomorph, die Blumenblätter 15 —17 mm lang und 11—13 mm breit.
Die Filamente der längeren Staubgefässe messen 6 mm, die der kürzeren 2 mm. Die introrsen
Antheren der langen Staubgefässe springen zuerst auf.
!) Ebenso fand es EE Warming in Grönland. Vergl. dessen Abhandung: Om Bygningen og den formodede Bestov-
ningsmaade af nogle gronlandske Blomster. In: Oversigt over d. K. D. Vidensk. Selsk-Forhandl. 1886. 8. XXIX d. fr.
Resumes (S. V. Sepatatabdr.)
?) Vergl. auch Fiek, Flora von Schlesien (1881) S. 128.
°) Sie erinnern sehr an die Staubgefässe an den weiblichen Blüthen der Fragaria-Arten.
=.
Der Griffel ist 12—-14 mm lang und aus der Blüthe in einem leichten Bogen nach unten
herausgekrümmt. Die ausgebreiteten Narben messen 6—-7 mm im Durchmesser. — Die Blüthen bieten
alle Abstufungen von ausgeprägter bis zu geringer Proterandrie dar. Eine spontane Selbstbefruchtung
ist wegen der Proterandrie und der Lage der Narben in der Regel vollständig ausgeschlossen.
Neben dieser Form kommt fast an allen Orten, aber weit seltener, eine andere vor, deren
Blüthen nicht so ausgeprägt zygomorph und auch etwas kleiner sind. Der Stempel erreicht nicht die
Länge desjenigen der vorigen Form und ist nieht oder nur unbedeutend an der Basis nach nnten
gebogen.
Obgleich auch diese Blüthen gewöhnlich, wenn auch nur schwach, proterandrisch, nur selten
fast homogam sind, so können doch in vielen Fällen die sich meist zurückkrümmenden Narben-
äste die Antheren der längeren Staubgefässe, die nur ganz geringe Zeit vor denen der kürzeren Staub-
gefässe aufspringen, erreichen, so dass sich eine Selbstbefruchtung vollziehen kann. Manchmal freilich
erreichen auch hier die Narben nicht die Antheren.
Müller!) scheint nur diese Form gekannt zu haben, er beschreibt: E. hirs. als homogam und
sich selbst befruchtend, auch Kirchner?) erwähnt nur eine homogame Form.
Endlich kommt noch bei Halle an einzelnen Stellen (z. B. in grosser Menge an Gräben zwischen
Ober- und Unterröblingen am salzigen See) eine dritte Form vor. Die Blüthen sind noch klemer, als
die der vorhergehenden, die Petala 10—11 mm lang, 7'/s—8V/sg mm breit und an der Spitze nur wenig
eingeschnitten. Der Stempel, welcher nur in seltenen Fällen an der Basis etwas gekrümmt ist, hat nur
7—9 mm Länge. Die längeren Staubgefässe besitzen die Länge des Stempels, ihre Antheren legen sich
meist zwischen je zwei Narbenäste, die kürzeren Staubgefässe erreichen nur die halbe Länge des Stempels.
Die Narben sind gewöhnlich mit den Antheren der längeren Staubgefässe zu gleicher Zeit entwickelt,
oft sogar noch vorher.
Selbstbestäubung ist in diesen Blüthen fast ganz unvermeidlich.
Auf vielen Individuen der zuletzt erwähnten Form kommen aber auch Blüthen vor, bei denen
die Länge des Griffels die Selbstbefruchtung ausschliesst. Solche Blüthen scheinen nur im Herbst voll-
ständig zu fehlen.
2 Epil. parviflorum Schr.
Auch bei dieser Art schwankt Länge und Entwicklungsfolge der Geschlechtstheile.
Bei derjenigen Form, die in der Umgegend von Halle am häufigsten vorkommt °®), erreichen die
Antheren die Spitze des Griffels oder überragen denselben oft sogar beträchtlich (1—1'Ys mm). Die
Antheren der kurzen Staubgefässe reichen bis zur Mitte des Griffels oder bis an die Basis der
Narbe. Die Narben sind mit den oft zugleich autspringenden Antheren beider Kreise zusammen ent-
wickelt; Selbstbefruchtung ist meist unausbleiblich.
‘) Betr. d. Blumen. S. 199— 200.
20.0: S23A.
8) Vergl. auch H. Müller, Befr. d. Blumen. S. 199.
Bei der anderen, etwas selteneren Form ist der Griffel länger. Die Antheren der längeren
Staubgefässe erreichen nur die Basis der ihnen oft in der Entwieklung voraneilenden, gewöhnlich aber
mit ihnen zugleich entwiekelten Narben. Die kurzen Staubgefässe haben die halbe Länge des Griftels.
Selbstbefruchtung tritt auch bei dieser Form sehr häufig ein.
3. Ep. montanum L.
Die Blüthengrösse varıirt. Bei der häufigsten Form sind die Blumenblätter 7—8 mm lang,
4—4!/g mm breit. Die Länge des Griffels variirt ebenfalls, gewöhnlich ist er 6—7 mm lang. — Die
Antheren der langen Staubgefässe , die früher aufspringen als die der kürzeren, ragen bald bis zur
Höhe der Narben, bald nur bis an die Basis derselben. Manchmal erreichen sie die Narben überhaupt
nieht. Die kürzeren Staubgefässe reichen bis zur Mitte des Griffels, seltener bis zur Basis der Narben.
Der ganze Griffel ist durch sie bei dieser, wie auch bei den übrigen Arten mit kurzen Staubfäden,
mit Pollen dicht bedeckt. Antheren und Narben sind gleichzeitig entwickelt, die Papillen der Narbe oft
schon, bevor sich die Aeste auseinander breiten.
Eine Selbstbefruchtung ist wohl nur in den Fällen ausgeschlossen, wo die langen Staubgefässe
die Narbe nicht erreichen, sonst aber unausbleiblich.
4. Ep. roseum Retz.
Bei der gewöhnlichen Form sind die Blüthenblätter 5—7 mm lang und 3—4 mm breit. Die
langen Staubgefässe erreichen die Länge des Griffels und legen sich an die nicht nach aussen sich aus-
breitende Narbe an. Die kürzeren Staubgefässe reichen bis zur Mitte des Griffels.
Selbstbefruehtung ist, da die Blüthen vollständig homogam sind, in den meisten Fällen unaus-
bleiblich.
5. Ep. alsinefolium Vill.
Die Blüthenblätter sind ungefähr 8—10 mm lang und 3—4 mm breit. Der Stempel ist
6—7 mm lang; hiervon kommen 3 mm auf die keulenförmige, ungefähr 1 mm im Durchmesser messende
Narbe.
Die Antheren der längeren Staubgefässe berühren gewöhnlich die Spitze der Narbe (wie es auch
Müller!) bei den Alpenpflanzen beschreibt und abbildet) oder ragen darüber hinaus. Selten reichen
sie nur bis zur Basis der Narben. Die kürzeren Staubgefässe erreichen meist die Basis der Narbe oder
ragen sogar bis zu ihrer Mitte, seltener erreichen sie die Narbe gar nicht.
Letztere ist schon in der Knospe vollständig entwickelt, also die Blüthe schwach proterogyn.
Sofort nach dem Aufblühen springen die Antheren (auch hier zuerst die der langen Staubgetässe) auf.
Selbstbefruchtung ist ganz unausbleiblich, da ja gewöhnlich die Antheren beider Kreise der Narbe
dicht anliegen ?).
') Alpenblumen. 8. 212.
2) Müller (a a. ©.) giebt an, dass die Staubgefässe eine kurze Zeit nach der Oeffnung der Blüthen noch von den
Blumenblättern röhrig umhüllt seien, so dass in dieser Zeit Fremdbestäubung leicht möglich sei. Ich habe diesen Zustand nie
ausgeprägt und lange dauernd bei den Riesengebirgsexemplaren gefunden,
ee
Lythraceae Juss.
Lythrum Hyssopifolia L.
Die Blüthen dieser Speeies wurden schon von Darwin!) beschrieben.
Die Antheren, gewöhnlich in gleicher Höhe mit der Narbe, befinden sich in der Regel ober-
halb des Kelches oder in gleicher Höhe mit seinem Saume, seltener etwas tiefer.
Die Narbe pflegt geringe Zeit früher als die Antheren entwickelt zu sein, scheint aber auch in
manchen Fällen nieht bis zum vollständigen Verstäuben der Antheren frisch zu bleiben.
Selbstbefruchtung tritt wohl in den meisten Fällen ein, der Insektenbesuch ist ein sehr geringer.
Von den Blumenblättern fallen vielfach einige, oder selbst alle ab, bevor die Antheren ausge-
stiubt haben. Besonders geschieht dies im Herbst, wo dann oftmals Blüthen, deren Antheren fast noch
sämmtlichen Pollen enthalten, ohne Blumenblätter anzutreffen sind.
Seleranthaceae Lk.
1. Seleranthus perennis L.
Die kleinen, dieht gestellten Blüthen sind vollständig ohne Blüthenblätter; der innen weiss
gefärbte Kelch übernimmt hier deren Stelle.
Von den einem fleischigen Ringe eingefügten Staubgefässen fehlen in vielen Fällen eine Anzahl.
Gewöhnlich betrifft diese Reduction beide Kreise gemeinsam. Nie sah ich eine Blüthe, in der bei Vor-
handensein eines Kronblattstaubgefässes die Kelehstaubgefässe gänzlich gefehlt hätten. Blüthen mit nur
je einem Staubgefässe beider Kreise, die sich dann gewöhnlich diametral gegenüberstehen, , sowie
mit sämmtlichen beider Kreise sind sehr häufig. Die Kronstaubgefässe, also die innern, sind weit
kürzer als die übrigen. — Die nicht zur Entwieklung kommenden Staubgefässe sind entweder auf ganz
winzige, kaum sichtbare Erhöhungen des die Fruchtknoten umgebenden Ringes reduzirt, oder besitzen ein
sehr verkürztes Filament mit mehr oder minder verkrüppelter Anthere.
Die Blüthen fand ich meist ausgeprägt proterandrisch, seltener, wie H. Müller?) angiebt, homo-
gam. Zur Zeit des Verstäubens der Antheren liegen im ersten Falle die beiden Narbenäste noch dicht
zusammen, später. wachsen sie bei zahlreichen Individuen noch, so dass sie zur Zeit der Reife (also
nach vollendetem Ausstäuben) gleich lang mit dem Saume des Perigons sind oder denselben sogar
überragen.
Da dies vielfach auch bei den homogamen Blüthen stattfindet, so ist auch in diesem Falle
bei jenen Selbstbefruchtung sehr erschwert. Diese wird auch meist vollständig entbehrlich durch
den zahlreichen Insektenbesuch, der durch die Menge der von dem verdiekten, glänzenden und
gewöhnlich mit braunen Strichelehen versehenen Grunde der Kelehblätter und auch wohl von dem den
’) Verschiedene Blüthenformen. S. 143 (d. deutsch. Uebers.)
2) Befr. d. Blumen. S. 180.
— 39 —
Fruchtknoten umgebenden Ringe, abgesonderten Honigs hervorgerufen wird. Ich beobachtete kleine
schwarze Fliegen, sowie vor allen Ameisen, oft in grosser Menge.
Neben den hermaphroditischen Blüthen kommen nicht selten solche vor, bei denen sämmtliche
Staubgefässe vollständig reduzirt sind. Diese Blüthen sind bald mit den hermaphroditischen auf dem-
selben Stocke vereinigt, bald sind sie allem vorhanden. Die Pflanze schwankt also zwischen Gynomo-
nöeismus und Gynodiöcismus.
2. Sel. annuus L.
Die Blüthen sind noch unscheimbarer, als die der vorigen Art, da die Kelehblätter nicht wie bei
dieser weiss, sondern grün gefärbt sind.
Auch hier sind die Staubgefässe bei weitem nicht immer in vollständiger Anzahl vorhanden. Ihr Vor-
kommen gleicht mehr oder weniger dem bei der vorigen Art, nur scheinen die inneren Staubfäden
seltener entwickelt zu sein.
Die Blüthe schwankt ebenfalls zwischen Proterandrie und Homogamie, doch ist die Proterandrie
gewöhnlich nicht sehr ausgeprägt, so dass die Narben in sehr vielen Fällen noch während des Aus-
stäubens der Antheren vollständig reif werden.
Da auch die’ Narben gewöhnlich die Staubfäden nieht überragen und sieh auch etwas nach
aussen biegen, so ist Selbstbefruchtung leicht möglich.
onig scheint viel weniger als bei der vorigen Art abgesondert zu werden, sucher beobachtete
Honig scheint viel weniger als bei der vorigen Art abg lert zu werd Besucher beobachtet
ich bis jetzt noch nicht.
Weibliche Blüthen finden sich auch hier, doch, wie es scheint, seltener. Rein weibliche Pflanzen
sah ich nur vereinzelt.
Crassulaceae D. U.
1. Sedum boloniense Loisl.
Während bei den verwandten Arten 8. aere L. und 8. reflexum L.!) die Narben erst während
des Ausstäubens der Antheren des inneren Staubfädenkreises zu vollständiger Reife gelangen, sind sie
bei dieser Art schon während des Ausstäubens der äusseren Staubfäden vollständig entwickelt. Da die
Filamente, die etwas biegsamer sind als bei den Verwandten, auch hier sich nach der Narbe zu beugen, so
ist spontane Selbstbestäubung leicht möglich. Diese ist aber wohl meist überflüssig, da die Pflanze sowohl
wegen ihrer gelben Farbe, als auch wegen des von den kleinen schuppenförmigen, zwischen je einem
Fruchtknoten und einem inneren Staubgefäss gelegenen Nectarien reichlich abgesonderten Honigs häufig
von Insekten besucht wird.
!) Müller, Befr. d. Blumen 8. 90—91.
An
2. Sedum alpestre Vill.
Der Blüthendurchmesser ist sehr schwankend und beträgt im Durchschnitt 7—9 mm. Die
schmalen Blumenblätter sind hellgelb oder gelblich grün, seltener an sehr schattigen Stellen fast ganz grün.
Die äusseren Staubgefässe beugen sich etwas nach innen, ihre Antheren verstäuben zuerst. Dann
folgen die Antheren der inneren Staubgefässe.
Beide Antherenkreise sind in gleicher Höhe mit der Narbe, welche in vielen Fällen mit ihnen
zugleich, in vielen Fällen aber auch schon vor ihnen entwickelt ist. Im letzteren Falle pflegt dieselbe
aber stets noch während des grössten Theiles des Ausstäubens oder bis zum Ende desselben erhalten zu
bleiben. Blüthen, in denen dıe Narben schon vor dem Aufspringen der Antheren nicht mehr befruchtungs-
fähig sind, sind äusserst selten.
Da sich die äusseren Staubgefässe nach innen biegen, so ist Selbstbefruchtung leicht möglich.
An sonnigen Stellen (Kesselgrubenränder im Riesengebirge) sah ich auch Besucher und zwar
vorzüglich kleine Fliegen.
Der Honig wird ziemlich reiehlich durch schmale, blattartige, an der Spitze eingekerbte und
nach innen gebogene Nectarien, welehe zwischen je einem Fruchtknoten und einem inneren Staubgefäss
sich befinden und ungefähr das untere Drittel des Staubgefässes bedecken, abgesondert.
Umbelliferae Juss.
1. Sanicula europaea L.
Die Döldehen beherbergen hermaphroditische und männliche Blüthen. Letztere befinden sieh bald
in der Mitte), bald am Rande, sind gewöhnlich kurz gestielt und besitzen weder Stempel noch entwickelten
Fruchtknoten. In der Regel sind sie etwas vor den hermaphroditischen Blüthen entwickelt ?). Letztere
sind sitzend. Ihre Stempel ragen schon aus der noch nicht geöffneten Blüthe hervor, sind aber zu dieser
Zeit noch nicht eonceptionsfähig®). Diese Eigenschaft erlangen sie meist erst, nachdem die Antheren
abgefallen, wenigstens schon verstäubt sind. Sie wachsen während dieser Zeit noch bedeutend und
krümmen sich endlich nach aussen, so dass die Narbenköpfe oft den Fruchtknoten berühren.
In Folge der Proterandrie ist eine Befruchtung der Blüthen mit eigenem Pollen unmöglich, auch
von den Nachbarblüthen kann kein Pollen auf die reife Narbe gelangen, da sämmtliche hermaphroditische
Blüthen desselben Döldehens annähernd zu gleicher Zeit entwickelt sind, die männlichen ihnen aber
voraneilen.
!) Müller (weit. Beob. I. S. 303) sah ‘die weiblichen Blüthen nur in der Mitte, Ascherson (Fl. d. Prov.
Brandenburg, I. Abth. S. 237) dagegeu nur am Rande.
®) Vaucher, histoire phys. des plantes d’Europe, tom. II. pag. 552 sagt aber „les fleurs centrales paraissent les
premieres“.
®») Francke, Einige Beiträge zur Kenntniss der Bestäubungseinrichtungen, Freiburger Dissertation 1882, S. 9, hat
sich durch die frühe Entwicklung täuschen lassen und hält die Blüthen für proterogyn.
wi
2. Astrantia major L.
Auch die von langen Hüllblättern umgebenen Dolden dieser Pflanze besitzen in der Regel
hermaphroditische und männliche Blüthen. Bei den Pflanzen des Beichlinger Waldes unweit Cölleda in
Thüringen, welche ich in grosser Zahl untersuchen konnte, befanden sich die männlichen Blüthen am
Rande und im Innern der Dolde, die hermaphroditischen in einer Zone zwischen ihnen. Ganz weibliche
!, im Val Camonieca beobachtete, die unteren
Dolden fand ieh nur einzeln, nie waren es, wie dies Rieca
Dolden, sondern stets die der letzten Auszweigungen. Die männlichen Blüthen entwickeln sich bei dieser
Pflanze, im Gegensatz zu Sanicula europaea L. später als die hermaphrolditischen ?). Bei letzteren ragen
die Griffel auch schon während des Verstäubens aus der Blüthe, deren Blätter, wie die der vorigen
Art sich nieht nach aussen biegen, sondern aufrecht bleiben, hervor; die Narben werden aber erst nach
dem Verstäuben der Antheren befruchtungsfähig. Die Antheren verstäuben, wie auch bei den übrigen
Umbelliferen, bald zu gleicher Zeit, bald nach einander, ohne eine bestimmte Reihenfolge einzuhalten °).
Wie schon oben gesagt, befinden sich die rein männlichen Blüthen, die gewöhnlich weder Stempel
noch entwickelten Fruchtknoten besitzen, am Rande und in der Mitte der Dolden. Ihre Anzahl, stets
grösser als die der hermaphroditischen, ist in der Dolde der niedrigsten Ordnung, (die Pflanze besitzt
keine Terminaldolde) der grössten und zuerstblühenden der ganzen Pflanze, am becdeutendsten®). In den
Dolden der nächst höheren Ordnung ist sie meist etwas geringer, ebenso gross gewöhnlich in den Dolden
der letzten Ordnung. Die hermaphroditischen Blüthen, ebenfalls am zahlreichsten in der grössten Dolde,
nehmen allmählich ab; in einzelnen Fällen fehlen sie in den Dolden der letzten Ordnung gänzlich.
Die Geschlechtervertheilung in den emzelnen Dolden einer normalen Pflanze ist folgende:
Dolde 1 ist zuerst entwiekelt; am Rande befinden sich 17 männliche, in 2 Reihen angeordnete
Blüthen. Dann folgen in 2 Reihen 18 hermaphroditisehe; die Mitte der Dolde wird von 12 männlichen
Blüthen emgenommen.
Die Verhältnisse in den 4 Dolden der nächsten Ordnung sind folgende:
In Dolde 1 befinden sich aussen 18 männliche, dann folgen S hermaphroditische und hierauf
5 männliche. Die einzelnen Gruppen sind nicht scharf getrennt.
Dolde 2 ist fast ebenso, nur dass sie im Innern 7 männliche besitzt.
1) Atti della societä ital. di scienze natur. vol. XIV. fase. IV., S. 255. Auch die Angabe, dass die unteren Dolden
stets mehr männliche, die oberen mehr weibliche (d. h. hermaphroditische) Blütlen produziren, habe ich, wie sich gleich zeigen
wird, nicht gefunden.
2) Schon von H. Müller, Befr. d. Blumen, 8. 97—98 angegeben. Jener Forscher sieht in dieser Zeitfolge eine
vortheilhafte Einrichtung für die Pflanze, „da bei ausgeprägter Proterandrie ohne zuletzt noch blühende rein männliche
Blüthen die Narben der zuletzt blühenden zweigeschlechtigen Blüthen unbefruchtet bleiben müssten“. Dieser Vortheil kann
aber kein sehr bedeutender sein, denn einerseits blühen nicht alle Individuen zu gleicher Zeit, so dass es immer nur einzelne
und bei diesen auch nur die Dolden der letzten Auszweigungen, die sehr wenig, selten sogar keine hermaphroditischen Blüthen
enthalten, sind, welche zuletzt blühen; anderseits werden auf diese Weise leicht die Blüthen mit dem Pollen anderer desselben
Blüthenstandes befruchtet, was doch sicherlich nicht sehr dienlich ist.
3) Schuchardt, Beitrag zur Entwicklungsgeschichte des Blüthenstandes u. d. Blüthe d. Umbelliferen. Rostocker
Dissertation (18%1) S. 16—17 hat dieselbe Beobachtung gemacht, während Sieler, bot. Zeitung 1870, No. 24 für die Umbelli-
feren eine bestimmte Verstäubungsfolge der Antheren angiebt.
*) Dies hat schon Vaucher beobachtet a. a. O. tom. 1. 8. 554.
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Gesehlechstsvertheilung der Pilanzen, 6
In Dolde 3 befinden sich am Rande 15 männliche, dann folgen 12 hermaphroditische und hierauf
5 männliche Blüthen.
In Dolde 4 befinden sich am Rande 18 männliche Blüthen, dann folgen 8 hermaphroditische,
hierauf 3 männliche.
Die 4 Dolden sind ungefähr zu gleicher Zeit entwickelt.
In den 8 Dolden der letzten Ordnung befinden sich 13—20 äussere männliche Blüthen, dann folgen
4—5 (in 2 Dolden 7) hermaphroditische, hierauf innen durchschnittlich 6 männliche Blüthen.
Es überwiegen also bedeutend die männlichen Blüthen; ihre Zahl beträgt 323, während die der
hermaphroditischen nur 98 beträgt.
3. Eryngium campestre L.
ie anze trägt unten meist mehrere unregelmässig gestellte Aeste und verzweigt sich dann :
Die Pil trägt unt t mel gel & gestellte Aest 1 gt sich d an
der Spitze trichasial. Die Primanaxe schliesst kurz über der Ursprungsstelle der Zweige mit einer Dolde
ab. Die Zweige theilen sich noch einmal trichasial. Die Zweige dieses Triehasiums sind meist nur noch
dichasial verzweigt, wobei gewöhnlich noch eine der Seitenaxen unentwickelt bleibt.
Die Dolden enthalten zum Theil nur hermaphroditische, zum Theil nur männliche Blüthen. Die
l ,
Griftel der hermaphroditischen Blüthen ragen schon frühzeitig aus der Blüthe hervor, während noch die
Antheren in derselben eingeschlossen sind, und können so leicht den Schein erwecken, als ob die Blüthe
proterogyn wäre. Die Narben sind aber noch nicht entwickelt und bleiben auch in diesem Zustande
gewöhnlich während der ganzen Zeit des Ausstäubens der Antheren, selten reifen sie während dieser Zeit.
In diesem Falle ist eine Selbstbefruchtung, da Narben und Antheren in gleicher Höhe liegen, leieht möglich.
£ 5 5 5
Die Griffel der männlichen Blüthen bleiben sehr klem (1—1'/g mm).
Die eigenartigen 10lappigen Nectarien, welche von einem Walle von Borsten umgeben sind, hat
? ? l | >] ’ > ,
Müller schon beschrieben und abgebildet».
Die Dolden 1. bis 3. Ordnung pflegen fast stets nur hermaphroditische Blüthen zu enthalten ; die
g pfleg )
Dolden 4. Ordnung dagegen, die meist sehr klein sind und spät zur Blüthe kommen, enthalten in vielen
{ se } ,
Fällen nur männliche.
Bei einem kräftigen Individuum war in 31 Dolden 1. bis 4. Ordnung die Anzahl der hermaphro-
{eo} ie}
ditischen Blüthen ungefähr 30—35, in dem Reste (16 Stück) der Dolden 4. Ordnung die Anzahl der
? J te}
männlichen 35—40. Es machen also die männlichen Blüthen etwas mehr als den 3. Theil aller
Blüthen aus.
4. Falcaria vulgaris Bernh.
Die hermaphroditischen Blüthen dieser Art sind ausgeprägt proterandrisch; die Griffel entwiekeln
sich gewöhnlich erst nach dem Abfallen der Antheren, wie dies auch bei der Mehrzahl der folgenden
Arten der Fall ist. Die männlichen Blüthen besitzen weder Griffel noch Fruchtknoten. In den Dolden
!) H. Müller, Befr. d. Blumen S. 99, Fig. 32.
ae
schreitet das Aufblühen der einzelnen Blüthen von der Peripherie nach dem Centrum zu bald langsamer,
bald rascher fort. Dasselbe ist ebenfalls bei den meisten der folgenden Arten :der Fall.
Die Dolden 1. und 2. Ordnung sind meist ganz hermaphroditisch, nur in den Dolden -der
2. Ordnung finden sich manchmal 1—3 männliche Blüthen. Dieselben stehen dann im Centrum der
Döldehen, sind also die am spätesten zur Entwicklung kommenden.
Die meist sehr dieht unter den Dolden 2. Ordnung stehenden Dolden 3. Ordnung, welche
ziemlich klein sind und (im Vergleich zu den anderen) spät zur Blüthe kommen, ja oft ohne geblüht
zu haben gänzlich vertrocknen, da zu der Zeit ihrer Blüthe die Früchte im den übrigen Dolden kurz
vor der Reife stehen oder schon reif sind, besitzen nur männliche Blüthen.
3ei emem kräftigen Exemplar ist die Vertheilung der Blüthenformen folgende:
In der Termmaldolde sind sämmtliche Blüthen hermaphroditisch und zwar befinden sich in 15
Döldehen je 12—14. j
In den 4 Dolden der 2. Ordnung, die gleichzeitig und bedeutend später als die Terminaldolde
zur Entwicklung gekommen sind, befinden sich in der Mitte jedes der 12 Döldehen, welche 8 herma-
phroditische Blüthen tragen, 1—3 männliche Blüthen.
Die 7 Dolden der dritten Ordnung sind ebenfalls zu gleicher Zeit entwickelt und enthalten je
10 Döldchen mit je ungefähr 5 männlichen Blüthen.
Wir erkennen hieraus, dass bei dieser Pflanze die Dolden, je höheren Auszweigungen sie
angehören, desto mehr männliche, aber desto weniger hermaphroditische Blüthen produziren, wobei
natürlich berücksichtigt werden muss, dass die Gesammtzahl der Blüthen bedeutend abnimmt.
In dem obigen Beispiel erhalten wir als Gesammtzahlen für die hermaphroditischen Blüthen 579
und für die männlichen 446. Es smd also mehr hermaphroditische als männliche vorhanden.
Die Exemplare von Bodenarten mit verschiedener ehemischer Zusammensetzung oder physikalischer
Beschaffenheit weichen nicht von emander ab.
5. Pimpinella magna L.
Die hermaphroditischen Blüthen dieser Art sind meist proterandrisch. Die Entwicklung des
Griffels varüirt bedeutend. Während nämlich bei Halle a. S. und in den nördlichen Gegenden Thüringens
die Griffel zur Zeit der Oeffnung der Blüthe noch gar nicht entwickelt, oft kaum siehtbar sind und sich
auch meist erst nach dem Abfallen der Antheren weiter entwickeln, fand ich im Riesengebirge (z.B. kl.
Teich, Kesselgruben), dass bei der Blüthenöffnung der Griffel schon etwas, meist ungefähr 1 mm aus der
Blüthe hervorragte. Eine vollständige Entwicklung und ein Reifen der Narben pflegt aber auch hier
gewöhnlich erst nach dem Verstäuben oder gegen Ende desselben einzutreten.
Die männlichen Blüthen besitzen meist weder Griffel- noch Fruchtknotenrudiment.
Während ieh bis jetzt nur hermaphroditische und männliche Blüthen aufzufinden vermochte, giebt
Enrico Gelmi') an, dass bei Trient in Südtirol auf den Etschwiesen Exemplare mit hermaphroditischen
und solche mit rein weiblichen Blüthen vorkommen. (Männliche Blüthen scheinen daselbst nicht vor-
zukommen).
') Deutsche bot. Monatsschrift I (1883) S. 75—76 und briefl. Mittheilungen des Autors vom 7. November 1885.
6*
Bere
Die Blüthen der weiblichen Exemplare (letztere kommen fast ebenso zahlreich vor, als die
hermaphroditischen) besitzen nach Gelmi schon zur Zeit der Blüthenöffnung Griffel, die so lang oder
länger als der Fruchtknoten sind, sich aber später noch etwas verlängern. Die Griffel der hermaphro-
ditischen Blüthen sind dagegen Anfangs nur !/s so lang als der Fruchtknoten und erreichen auch später
fast nie die Länge derjenigen der weiblichen Blüthen.
Man ersieht hieraus, dass die Blütheneinriehtung in Südtirol eine wesentlich andere ist, als in
Mitteldeutschland. —
Die Dolden 1. Ordnung besitzen in der Regel nur hermaphroditische Blüthen, selten einzelne
männliche in jedem Döldehen.
Die Dolden 2. Ordnung besitzen meist etwas mehr (2—4) männliche centrale Blüthen in jedem
Döldchen.
Die Dolden 3. Ordnung endlich sind gewöhnlich viel kleiner, blühen viel später und enthalten in der
Regel nur männliche Biüthen.
Vertheilung der einzelnen Blüthenformen auf einem normalen Individuum:
In der Terminaldolde, welehe 12 Döldehen besitzt, sind in jedem Döldehen 15—183 hermaphro-
ditische und 1—3 mittlere männliche Blüthen.
In den 6 Dolden der 2. Ordnung befinden sich 10—13 Döldehen mit je 12—16 hermaphrodi-
tischen und 3—7 männlichen Blüthen.
In den 10 Dolden der 3. Ordnung sind in je5—8 Döldehen 12—18 männliche Blüthen. Zusammen
sind somit auf der Pflanze 1212 hermaphroditische und 1434 männliche Blüthen. Es überwiegen also
die männlichen.
6. Pimpinella Saxifraga L.
Die hermaphroditischen Blüthen dieser Art fand ich stets ausgeprägt proterandrisch. Die Griffel
sind bei der Blüthenöffnung ganz ‚winzig und entwiekeln sich meist erst nach dem Abfallen der
Antheren.
Die männlichen Blüthen sind wie die der vorigen Art.
Auch bei dieser Pflanze fand Gelmi!) hermaproditische und weibliche Exemplare. Bei den
ersteren waren die Griffel anfangs °/s, bei den letzteren nur 's so lang als der Fruchtknoten. —
Die Dolden 1. Ordnung sind meist ganz hermaphroditisch, nur hin und wieder zeigen sich
Exemplare, die in jedem Döldehen eine oder einige wenige männliche Blüthen besitzen.
In den Dolden 2. Ordnung kommen in der Regel in jedem Döldehen einige männliche Blüthen
vor, doch trifft man auch nieht zu selten Individuen mit nur hermaphroditischen Blüthen.
Die Dolden 3. Ordnung, welche viel später zur Entwicklung gelangen, sind meist ganz männlich,
seltener finden sich in ihnen einzelne hermaphroditische Blüthen.
Die Individuen von trocknen Localitäten besitzen gewöhnlich nur Dolden 1. u. 2. Ordnung.
Dolden 3. Ordnung kommen gut entwickelt nur bei feuchtstehenden Exemplaren vor.
2) 0:
45
Im Folgenden habe ich die Vertheilung der beiden Blüthenformen auf zwei Exemplaren mit
Dolden der 1.—3. Ordnung (einem grossen und einem kleinen) und auf zwei anderen, welehe nur Dolden
der 1.
I.
15 Döldehen mit je 16
bis 18 hermaphroditischen
Blüthen.
Es sind 3 Dolden vor-
handen. Sie besitzen je
12 Döldehen mit je ca.
20 hermaphroditischen und
2—4 männlichen Blüthen.
6 Dolden vorhanden mit
je 4—8 Döldehen, deren
9—15 männliche
Blüthen trägt.
jedes
975 hermaphr.
540 männliche
Wie
u. 2. Ordnung besitzen, dargestellt.
11.
III.
Terminaldolde.
10 Döldehen mit je 12|
bis 16 hermaphroditischen
Blüthen.
Dolden 2.
2 Dolden vorhanden mit
je 10 Döldehen, welche
je 4—6 hermaphroditische,
äussere und je 10 männ-
Blüthen
sitzten.
Dolden 3.
2 Dolden vorhanden, mit
liche innere be-
je 3—5 Döldehen, deren
8—10
Blüthen trägt.
jedes männliche
12 Döldchen mit je 13
bis 15 hermaphroditischen
Blüthen.
Ordnung.
2 Dolden mit je 10 Döld-
chen, von denen jedes 5
hermaphrolditische äussere
männliche
und eirca 7
Blüthen innere besitzt.
Ordnung.
fehlen.
Gesammtmenge beider Blüthenformen:
240 hermaphr.
279
zis
männliche
268 hermaphr.
140 männliche
IV:
5 Döldehen mit je 8 bis
10 hermaphroditischen
Blüthen.
2 Dolden mit je 8 Döld-
chen, deren jedes 2 äussere
hermaphroditische und 12
16 männliche
Blüthen trägt.
bis innere
fehlen.
| 77 hermaphr. |
- Ä Blüthen.
224 männliche j
sich aus den obigen Beispielen ergiebt, sind bei Pimpinella Saxifraga L. in kräftigen
Exemplaren nicht nur die Anzahl der Blüthen in den einzelnen Dolden grösser als in den schwächeren,
sondern die Anzahl der hermaphroditischen Blüthen ist auch im Verhältniss zu den männlichen eme
bedeutendere.
Te
Sium latifolhlum L.
Die letzteren nehmen auch hier mit der Abstammungshöhe der Dolden zu.
Die hermaphroditischen Blüthen sind auch bei dieser Art ausgeprägt proterandrisch; die männ-
lichen meist ohne Griffel und Fruchtknoten.
Die Dolden 1. Ordnung sind im der Regel vollkommen hermaphroditisch, doch kommen bis-
weilen auch ganz männliche vor.
In sehr vielen Fällen
kommen sowohl in der Terminaldolde,
als auch
in den übrigen die mittleren Blüthen, obwohl sie vollständig ausgebildet sind, nicht zur Reife der
Früchte, da die Entwicklung der Blüthen in der Dolde von der Peripherie zum Centrum vielfach sehr
langsam fortschreitet, sodass die Früchte der äusseren schon halbreif sind, bevor die inneren Blüthen
geblüht haben. ) — Die Dolden 2. Ordnung besitzen oft auch nur hermaphroditische Blüthen, oft auch
einzelne männliche. Selten sind sie ganz männlich.
!) Dasselbe findet sich auch bei zahlreieben anderen Umbelliferen, wenn auch vielfach nicht so ausgeprägt.
— 46 —
Die Dolden der 3. Ordnung, meist dieht unter denen der 2. besitzen nur männliche Blüthen.
Vertheilung der Blüthenformen bei einem normalen Individuum:
Die Terminal-Dolde hat 22 Döldehen mit je 24 hermaphroditischen Blüthen. (In einzelnen
Döldehen sind einige eentrale verkümmert).
Die 2 Dolden der zweiten Ordnung, zugleich, aber bedeutend später als 1 entwickelt, besitzen
je 16 Döldehen mit ea. 20 hermaphroditischen Blüthen, von denen ebenfalls einige der mittleren unent-
wickelt geblieben sind.
Die 3 Dolden der dritten Ordnung besitzen je 13 Döldehen mit je 15—17 männlichen Blüthen.
Es sind also im Ganzen!) 1168 hermaphroditische und 624 männliche Blüthen vorhanden.
8. Bupleurum tenuissimum I
Wie bei den übrigen deutschen Bupleurumarten sind auch bei dieser die Blumenblätter in der
Knospe vollständig eingerollt, sodass ihre Spitze den Rand der Nectarien berührt. Letztere liegen in
in Folge dessen vollkommen frei. In dieser Lage verbleiben die Blumenblätter auch meist während
des Blühens. Auch die Antheren, deren Filamente eingekrümmt sind, liegen zwischen den Blumen-
blättern in der Knospe ganz unbedeckt. Erst nach ihrem Verstäuben entwickeln sich die Griffel, oft
sehr langsam (wie bei den anderen Arten), so dass ein bedeutender Zeitraum zwischen Anfang der
Blüthe und ihrer Befruchtung liegt.
Die wenigblüthigen einfachen Dolden enthalten nur hermaphroditische Blüthen. Selten bleiben
einige Blüthen in den unteren spätblühenden Seitendolden in der Entwicklung zurück.
9. Bupleurum falcatum L.
Blütheneinrichtung wie bei voriger Art.
Auch hier sind sämmtliche Blüthen hermaphroditisch angelegt; da sich aber die Entwicklung
der Dolden an den Auszweigungen letzter Ordnung oft sehr verzögert (die Früchte der Terminaldolde
sind manchmal schon abgefallen, wenn die Dolden 3. u. 4. Ordnung blühen), so kommt es oftmals vor, dass
(namentlich, wenn Dolden 4. Ordnung vorhanden sind) die letzten Blüthen an dem Stocke nicht mehr
zur vollkommenen Entwicklung, manchmal sogar nieht einmal zur Entfaltung der Staubfäden kommen.
10. Bupleurum longifolium L.
Auch bei dieser Art ist die Blüthenemrichtung wie bei No. 8.
Die Staubgefässe einer Blüthe entwickeln sich meist einzeln und in verhältnissmässig langen
Zwischenräumen, es ist deshalb nieht schwer, ihre Ausstäubungsfolge zu beobachten. Die hauptsächlichsten ?)
Formen sind in Fig. 6—9 dargestellt.
Auch hier sah ich nur hermaphroditische Blüthen.
!) Wie immer, sind auch hier die Darchschnittszahlen verwendet.
2) Vergl. S. 41.
= oe
12. Oenanthe fistulosa L.
Die hermaphroditischen Blüthen dieser Art sind nieht sehr ausgeprägt proterandrisch, doch
kommt Selbstbefruchtung wohl nur selten vor.
Die männlichen Blüthen, welche vielfach nur den Rand der Döldehen einnehmen, sind viel länger
(2—T mm lang) gestielt als die hermaphroditischen und die Blumenblätter, namentlich die beiden nach
aussen gewandten der in der äusseren Reihe stehenden sind viel grösser als die der letzteren. Auf diese
Weise erhalten die Döldehen, obwohl sie nicht gross sind, ein auffälliges Aussehen.
Die Döldehen, deren meist 3—D5 zu einer Dolde vereinigt sind, besitzen ausser den äusseren
männlichen gewöhnlich kurzgestielte oder sitzende innere hermaphroditische. Seltener sind auch
die innen Blüthen männlich. Gewöhnlich findet sich dann dieses Vorkommniss auch nur bei
einem oder bei emigen Döldehen der Dolde, selten ist die ganze Dolde männlich. Es bezieht sich dies
nur auf die Terminaldolden; wenn seitliche Dolden vorkommen, was bei Halle a. S. sehr vereinzelt der
Fall ist, so sind diese immer männlich )).
Da die Vertheilung der Blüthenformen sehr variürt, so kann ich im Folgenden nur einige der
häufigsten Beispiele geben:
5
I. Exemplar mit einer Dolde von 3 Döldehen.
1 Dildchen. 2. Döldcheni. 3. Döldehen.
= go
14 männliche Blüthen im einer | 16 männliche Blüthen in der ' 3 männliche Blüthen in der äusseren
äusseren Reihe; innen 40 herma- | äusseren Reihe; im Innern 27 | Reihe, im Innern 28 hermaphro-
yhroditische, davon emige, in Folge | hermaphroditische ; zwischen diesen | ditische.
P g |
des Druckes, zurückgeblieben. noch 2 männliche. |
Il. Exemplar wie No. 1.
1. Döldehen. 2. Döldehen. 3. Döldcehen.
männliche Blüthen | 12 männliche Blüthen in der | 14 männliche PBlüthen in der
|
und zwar 31: sämmtliche sind | äusseren Reihe, im Innern 35 | äusseren Reihe, im Innern 31
Besitzt nur
gestielt, die Stiele der äusseren sind hermaphroditische. hermaphroditische.
3—4, die inneren 1—2 mm. lang.
Ill. Exemplar wie voriges.
] g
1. Döldehen. 2. Döldehen. . 3. Den
a
27 männliche Blüthen. Stiellänge | 10 männliche Blüthen in der | 9 männliche Blüthen in der äusseren
wie bei Döldehen 1 in No. 1. äusseren Reihe. Innen 19 herm- | Reihe. Innen 20 hermaphro-
aphroditische. ditische.
!) In Schweden scheinen die Verhältnisse wesentlich andere zu sein. Nach Tullberg (Bot. Notiser 1868, S. 12—13,
auch eitirt bei Müller, weit. Beobachtungen I. S. 305), welcher eine Angabe von Areschoug anführt, soll das Enddöldchen
dreistrahlig sein und nur eine innere fruchtbare Blüthe besitzen, die Seitendöldehen dagegen 3—7strahlig und rein männlich.
Ich konnte diese Combination nie finden.
Bene
IV. Exemplar wie vorig.
1. Döldchen. 2. Döldehen. | 3. Döldehen.
30 männliche Blüthen. Verhält- 25 männliche Blüthen. | Smännliche Blüthen in der äusseren
nisse der Stiellänge wie vor. Reihe. Innen 23 hermaphroditische
|
Blüthen.
V. Exemplar wie vorig.
1. Döldchen. 2. Döldehen. 3. Döldehen.
32 männliche Blüthen. 23 männliche Blüthen. | 29 männliche Blüthen.
VI. Exemplar mit 5 Döldehen.
1. Döldchen. 2. Döldehen. 3. Döldehen. 4. Döldehen. | 5. Döldehen.
L
28 männl. Blüthen. ! 27 männl. Blüthen. | 33 männl. Blüthen. | 30 männl. Blüthen. | 8 männliche Blüthen
vo. E
in einer äusseren
Reihe, im Innern 13
hermaphroditische u.
7, deren Frucht-
| knoten nicht voll-
| kommen entwickelt.
xemplar mit 5 Döldchen.
ij pp pp u us_j_ckysuxeuusee, ee m nn
1. Döldehen. | 2. Döldehen.
3. Döldehen. 4. Döldehen. | 5. Döldehen.
22 männl. Blüthen. |
|
|
26 männl. Blüthen. | 27 männl. Blüthen. |6 männl. Blüthen| 11 männl. Blüthen
| in einer äusseren | in einer äusseren
|
Reihe, im Innern 18| Reihe, 17 innere her-
hermaphroditische. | maphroditische.
l
Wenn wir die einzelnen Zahlen zusammenfassen, so erhalten wir:
No. | hermaphr. Blüthen. | männliche Blüthen.
il 2 95 35
2 | 66 57
3 39 46
4 | 23 63
Has — 34
6 | 201) 126
7 35 92 |
Es überwiegen also in den meisten
!) Nicht alle vollkommen entwickelt.
Exemplaren die männlichen Blüthen.
49
12. Seseli annuum L.
Die Blüthen sind proterandrisch. Die Griffel sind zwar während des Verstäubens der Antheren
schon hochgerichtet, liegen aber zusammen und wachsen nach dem Abfallen der Antheren noch bedeutend
in der Länge.
Ich fand bei dieser Art nur hermaphroditische Blüthen. Die Verzweigung ist sehr einfach.
Ausser der Terminaldolde besitzt die Pflanze nur noch Dolden 2. Ordnung, welche an kurzen Axen
gewöhnlich in ziemlich regelmässigen Abständen am Stengel vertheilt sind. Sie blühen meist nicht be-
deutend später als die Terminaldolde, sind aber in der Regel etwas kleiner.
13. Seseli Hippomarathrum L.
Gewöhnlich mehr verzweigt als vorige Art.
Die Entwicklung der Dolden erfolgt sehr langsam, sodass in der Regel während des Blühens
der Dolden 2. Ordnung die Früchte der Terminaldolde fast ausgewachsen sind, die kleinen Dolden
3. Ordnung aber noch innerhalb der Deckblätter ihrer Axen liegen.
Alle Blüthen sind hermaphroditisch, doch kommen emzelne der Dolden 3. Ordnung oft nicht zur
Fruchtreife.
14. Libanotis montana Crntz. *
Verzweieune wie bei der vorigen Art, die Entwieklung der Dolden folgt jedoch in schnellerer
E Ss E Ss : \
Folge. Auch hier fand ich in den Dolden der 1. und 2. Ordnung nur hermaphrollitische Blüthen. Die
nicht immer vorhandenen Dolden der 3. Ordnung sind vielfach ganz männlich.
15. Cnidium venosum Keh.
Meist nur Dolden 1. und 2. Ordnung vorhanden. Von den letzteren ragt gewöhnlich die oberste
bis an die Terminaldolde und legt sich an dieselbe. Da jedoch zur Zeit des Blühens der Dolde 2. Ord-
nung die Früchte der Terminaldolde schon entwickelt sind, so ist keine Befruchtung durch erstere
mehr möglich.
Während man stellenweise nur hermaphroditische Blüthen tindet und selbst an ganz winzigen
Individuen vergeblich nach männlichen sucht, besitzen in anderen Gegenden die Dolden der 2. Ordnung
in der Regel (selbst bei grossen Exemplaren) einige männliche Blüthen, selten sind sie (namentlich bei
kleineren Exemplaren) ganz männlich.
16. Silaus pratensis Bess.
Auch bei dieser Art konnte ich bis jetzt nur hermaphroditische Blüthen auffinden.
17. Selinum Carvifolia L.
Die hermaphroditischen Blüthen sind ausgeprägt proterandrisch. Bei den männlichen Bläthen
bleiben die Griffel fast ganz unentwickelt, ebenso die Fruchtknoten.
In den Dolden 1. Ordnung sind in der Regel nur hermaphroditische Blüthen vorhanden; seltener
finden sich in jedem Döldehen ein oder mehrere männliche.
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen. & 7
— 90, 7
Die meist viel später blühenden Dolden 2. Ordnung sind oft ganz männlich, doch kommen auch
ganz hermaphroditische vor. Vielfach sind in den Döldehen beide Blüthenformen in annähernd gleicher
Anzahl vorhanden. (Die inneren Döldehen enthalten viel weniger Blüthen als die äusseren.)
Von den hermaphroditischen Blüthen sowohl der Terminal- als auch der Seitendolden kommen
oft zahlreiche, trotzdem sie vollständig normal angelegt sind, nicht zur vollständigen Fruchtreife, func-
tioniren also nur als männliche.
Ein kräftiges Exemplar enthält beide Blüthenformen in folgender Anzahl:
In der Terminaldolde befinden sich in jedem der 22 Döldehen 13—20 hermaphroditische Blüthen.
In den 3 Dolden 2. Ordnung besitzen die äusseren der 20—22 Döldehen 14—16 hermaphroditische und
9—12 männliche; die inneren 7—S hermaphroditische und eben so viel männliche Blüthen.
Es überwiegen also die hermaphroditischen Blüthen.
18. Archamgelica offeinalis Hffin.
Die hermaphroditischen Blüthen sind ausgeprägt proterandrisch. Auch die männlichen (oder
nur als männliche funetionirenden) besitzen kurze Griffel und oft einen deutlichen Fruchtknotenansatz.
Die Verzweigung ist meist eine schr regelmässige. Die Zweige 1. Ordnung entspringen in gleicher
Höhe am Stengel. Die Dolden 3. Ordnung sitzen gewöhnlich dieht unter denen der 2., sind sehr klein
und blühen spät. Die Terminaldolde besitzt nur hermaphroditische Blüthen, von denen aber einzelne,
wohl in Folge des Druckes, nicht zur völligen Fruchtreife gelangen. In den Dolden 2. Ordnung
finden sich gewöhnlich hermaphroditische und männliche Blüthen. Letztere stehen mehr am Rande
der Döldehen und sind vielfach kürzer gestielt als die hermaphroditischen. Die Dolden 3. Ordnung
sind ganz männlich.
Vertheilung der beiden Blüthenformen auf einem Exemplar mit Terminaldolde und je zwei Dolden
2. und 3. Ordnung:
Die Terminaldolde besitzt 40 Döldehen mit je ca. 50—60 zur Reife gekommenen und 5—10
nicht zur Reife gekommenen hermaphroditischen Blüthen.
Die beiden Dolden 2. Ordnung besitzen ca. 33 Döldehen mit je 15—22 hermaphroditischen und
ca. 13—24 männlichen Blüthen. Die Dolden 3. Ordnung haben 20 und 24 Döldehen, deren jedes
8—12 männliche Blüthen enthält.
19. Peucedanum Cervaria Lap.
Die hermaphroditischen Blüthen sind proterandrisch. Die rein männlichen sind ohne Griffel und
Fruchtknotenansatz. Eine feste Grenze ist zwischen beiden Formen schwer zu ziehen.
Die Döldehen sind halbkugelig, die inneren Blüthen sind wenig später als die äusseren
entwickelt.
— dl —
Die Zweige 1. Ordnung entspringen oft zu zweien, seltener zu dreien in gleicher Höhe. Die
Dolden 3. Ordnung bleiben in fast allen Fällen rudimentär, in vielen sind sie gar nieht vorhanden.
Die Terminaldolde trägt nur hermaphroditische Blüthen, von diesen kommen aber ottmals zahl-
reiche äussere und innere (die mittlere Zone wird selten betroffen) nieht zur vollständigen Fruchtreife,
trotzdem sie normal angelegt sind.
Die Dolden 2. Ordnung besitzen bald nur männliche Blüthen (dies ist der seltenste Fall), balıd
männliche und hermaphroditische gemischt, bald nur hermaphroditische. Eine bestimmte Region für die
einzelne Blüthenform pflegt nicht vorhanden zu sein.
Die Dolden 3. Ordnung scheinen immer nur männliche Blüthen zu enthalten.
Vertheilung der Blüthenformen auf zwei Exemplaren: !)
1. Exemplar. 2. Exemplar.
21 Döldehen mit je ca. 30 herma-
13 Döldehen, mit je 21—30 herma-
phroditischen und in einzelnen 2—5 | phroditischen und 9—15 männlichen
Terminaldolde.
männliche Blüthen. Blüthen (letztere etwas kürzer gestielt).
Dolden 2. Ordnung. 21 und 24 Döldehen vorhanden (fast | Die unterste Dolde hat 19 Döldchen
| so gross als die Terminaldolde) mit | mit je 13—25 männlichen Blüthen.
je 13—-18 hermaphroditischen und | Die mittlere Dolde hat 13 Döldchen.
10--16 männlichen Blüthen. Von diesen haben die äusseren ca.
25 männliche und meist 1 in der
äusseren Reihe betindliche hermaphro-
ditische Blüthe, die imneren dagegen
ca. 12-15 männliche und 4—6 herm-
aphroditische Blüthen. Die beiden
| oberen Dolden sind fast ganz männ-
lich, enthalten 24 und 21 Döldehen,
mit je 1 oder 2 hermaphroditischen
und 17—24 männlichen Blüthen.
Dolden 3. Ordnung. | 11 Döldchen mit je 12—15 männ-
lichen Blüthen. | fehlen.
‘ \
Es produeiren also, wie sich aus den Beispielen ergiebt, die Pflanzen bald mehr hermaphro-
ditische Blüthen als männliche, bald weniger.
Ebenso kann, wie sich aus Obigem ergiebt, ein grösseres und vieldoldigeres Exemplar viel
weniger hermaphroditische Blüthen produeiren, als ein kleineres. Exemplar 1 hat nämlich ungefähr
1350 hermaphroditische und ca. 660 männliche, Exemplar 2 dagegen fast 1950 männliche und nur ca.
590 hermaphroditische Blüthen.
!) Es ist, wie schon gesagt, nicht immer leicht zu unterscheiden, ob eine Blüthe wirklich eine männliche oder nur
eine in der Entwicklung zurückgebliebene hermaphr. ist. Im Folgenden wurden nur diejenigen, welche fast gar keinen
Fruchtknotenansatz zeigten, als männliche bezeichnet.
20. Peucedanum Oreoselinum Meh.
Die hermaphroditischen Blüthen sind ausgeprägt proterandrisch.
Die Verzweigung ist wie die der vorigen Art, doch scheinen Dolden 3. Ordnung viel häufiger
vorzukommen. Die Dolden 1. Ordnung sind oft ganz hermaphroditisch (einzelne Blüthen kommen nicht
zur vollständigen Fruchtreife), oder enthalten mehr oder weniger männliche Blüthen, selten sind sie
ganz männlich.
Die Dolden 2. Ordnung sind, wenigstens bei Halle a. S., in der Regel rein männlich, oder
enthalten nur wenige hermaphroditische Blüthen; selten sind sie ganz oder zum grössten Theil
hermaphroditisch.
In fast allen Fällen, in denen die Terminaldolde rein männlich war, besassen die Dolden 2.
Ordnung nur hermaphroditische Blüthen.
Die Dolden 3. Ordnung blühen sehr spät oder kommen manchmal gar nicht zur Entwicklung.
Sie führen nur männliche Blüthen. >
Vertheilung der Blüthenformen :')
Terminaldolde mit 22 Döldehen, von denen jedes 15—18 vollständig reifende und 3—5 nicht
zur vollständigen Reife gelangte hermaphroditische Blüthen enthält.
2 Dolden 2. Ordnung, von denen die eine 16, die andere 21 Döldchen besitzt. Jedes Döldehen
enthält ungefähr 25 männliche Blüthen.
2 Dolden 3. Ordnung mit je 16 kurzgestielten Döldchen, deren jede 12 männliche Blüthen enthält.
Es überwiegen also durehsehnittlich die männlichen Blüthen bedeutend.
91. Pastinaca sativa L.
Die hermaphroditischen Blüthen sind proterandrisch. Die männlichen besitzen meist nur ein
winziges, kaum wahrnehmbares Griffelrudiment.
Die Terminaldolden enthalten vielfach nur hermaphroditische Blüthen, oder die centrale Blüthe
ist allein männlich. Oft sind jedoch auch mehr oder weniger männliche Blüthen vorhanden. Dieselben
stehen dann in der Mitte und sind, wie die männlichen in den übrigen Dolden, kürzer als die herma-
phroditischen gestielt.
Die Dolden 2. Ordnung sind auch zuweilen ganz hermaphroditisch, in zahlreichen Fällen jedoch
sind nur die äusseren Blüthen der Döldehen hermaphroditisch, die inneren nebst der centralen aber männlich.
Ganz männliche gehören zu den Ausnahnıen.
Die Dolden 3. Ordnung sind zuweilen auch ganz hermaphroditisch, in der Regel jedoch sind in
ihnen immer einige männliche Blüthen enthalten, oft sind gleich viel hermaphroditische wie männliche
Blüthen vorhanden oder die männlichen überwiegen etwas an Zahl. Ganz männliche gehören auch hier
zu den Seltenheiten.
Vertheilung der beiden Blüthenformen auf einem sehr kräftigen, vieldoldigen Exemplare.
Terminaldolde mit 9 Döldehen, deren jedes 15—20 hermaphroditische Blüthen enthält. Die
centralen Blüthen sind bei sämmtlichen männlich.
1) Ich habe aus der grossen Zahl von Variationen ein Beispiel ausgewählt, welches der Mehrzahl ungefähr entspricht,
Dolden 2. Ordnung besitzen S—13 Döldehen, deren jedes 10—12 hermaphroditische und 6—9
(einschliesslich der Centralblüthe) innere männliche Blüthen trägt.
Dolden 3. Ordnung besitzen 7—10 Döldehen; jedes derselben mit 9—11 hermaphroditischen und
11—12 männlichen inneren Blüthen.
Es nehmen also die männlichen Blüthen zu, je höheren Axen die Dolden angehören, während
die hermaphrolditischen abnehmen. Die Gesammtzahl der Blüthen bleibt ungefähr dieselbe.
Weder physikalische noch chemische Emflüsse des Bodens wirken auf die Vertheilung der
Blüthen ein. Auf dem dürrsten Felsboden wie an Flussufern und auf nassen Wiesen finden sich sowohl ganz
hermaphroditische oder solche, die nur wenige männliche Blüthen enthalten, wie solche, bei denen in den
Dolden 2. und 3. Ordnung die männlichen Blüthen überwiegen. (Das obige Beispiel ist von einem
Exemplar auf dürrem Kalkboden der Schmücke bei Beichlingen bei Cölleda m Thüringen, neben ihm
standen Exemplare, die keine einzige männliche Blüthe besassen.)
22. Heracleum Spondylium L.
Die Blüthen dieser Art sind ausgeprägt proterandrisch }). Ich fand bis jetzt nur hermaphroditische
Blüthen.
23. Siler trilobum Scop.
Die hermaphroditischen Blüthen sind proterandrisch; die männlichen Blüthen besitzen in der
Regel weder deutliche Griffel noch Fruchtknotenru-iment.
In der Termmaldolde befinden sich männliche und hermaphroditische Blüthen ?). Die hermaphro-
ditischen stehen aussen, die männlichen innen m den Döldehen.
3emerkenswerth ist, dass in fast allen den Döldehen, denen die männlichen Blüthen ganz fehlen oder
welche nur 1—2 von ihnen besitzen, die hermaphroditischen Blüthen nicht zur vollständigen Fruchtreife
gelangt waren. Ich habe dies in zahlreichen Fällen beobachtet. Selten waren einzelne von ihnen zur
vollständigen Fruchtreife gelangt.
Die Dolden 2. Ordnung fand ich stets rein männlich.
Vertheilung der einzelnen Blüthen. (Exemplar vom Ziegenberg bei Höxter m Westfalen).
Terminaldolde mit 12 Döldchen, deren jedes 7—12 hermaphroditische und ca. 6 männliche
Blüthen enthält.
Dolden 2. Ordnung mit 14 und 17 Döldehen, deren jedes durchschnittlich 20—22 männliche
Blüthen enthält.
Die männlichen Blüthen überwiegen also bedeutend.
!, „Proterandra .... in modo marcatissimo“ sagt Rieca. a. a. ©. vol XII, fasc. IIL, S. 2i
*) Wenigstens an den zahlreichen Exemplaren, welche ich sah, immer.
ee
24. Laserpitium latifolium L.
Die hermaphroditischen Blüthen sind ausgeprägt proterandrisch.
Die Terminaldolde enthält in der Regel nur hermaphroditische Blüthen, von denen allerdings
oft manche in Folge des Druckes nieht zur vollständigen Fruchtreife gelangen.
Die Dolden 2. und 3. Ordnung (letztere selten vorhanden) tragen dagegen nur in Ausnahme-
fällen hermaphroditische Blüthen.
Auf einem mittelgrossen Exemplare fanden sich die Blüthenformen folgendermassen vertheilt:
Die Terminaldolde hat 65 Döldehen, deren jedes 18—20 hermaphroditische Blüthen enthält.
Die (4) Dolden 2. Ordnung haben je 30—35 Döldehen mit je 20—25 männlichen Blüthen.
Dolden 3. Ordnung fehlen.
Es ist also auch bei dieser Doldenpflanze, trotz der bedeutenden Grösse der Terminaldolden,
auf einem Individuum immer die Zahl der männlichen Blüthen grösser als die der hermaphroditischen..
25. Laserpitium prutenicum L.
Die Blüthen dieser Art sind ausgeprägt proterandrisch. Wahrscheinlich sind nur hermaphroditische
vorhanden, wenigstens hatten die Blüthen der Dolden 2. Ordnung stets ziemlich entwickelte Griffel und
Fruchtknoten. Leider konnte ich diese Dolden nicht im Fruchtzustande beobachten. Die Terminaldolden
enthalten stets nur hermaphroditische Blüthen, doch bleiben einzelne im Centrum der Döldchen gelegene,,
etwas kürzer gestielte in der Entwicklung gegen die übrigen bedeutend zurück.
26. Daucus Carota L.
Die hermaphroditischen Blüthen dieser Art sind meist ausgeprägt proterandrisch.
Die äusseren Blüthenblätter d. h. diejenigen, welche nach der Peripherie der ganzen Dolde zu
liegen, sind an den äusseren Döldehen auffällig vergrössert, weniger an den inneren Döldchen.
Im Innern vieler Dolden findet sich ein Terminaldöldehen, welches meistens auf eine einzige
Blüthe reduzirt ist, sich aber sofort auch dann durch das unter der Blüthe sitzende Hüllblatt als Döldchen
zu erkennen giebt. Nur in einzelnen Fällen trägt es mehr als 6 Blüthen. Die Blüthen sind im der
Regel etwas grösser als die normalen, vollständig aetinomorph und mehr oder weniger purpurroth gefärbt.
Diese Färbung kann sowohl die ganze Blüthe als auch nur einzelne Theile derselben treffen. So ist
z. B. oft ein Nectarium gefärbt, das andere nicht, oder nur ein Theil der Blumenblätter oder der Staub-
fäden:; es kommen überhaupt alle denkbaren Variationen vor. Oft sind in den mehrblüthigen Döldehen
auch einzelne ganz weisse und normale Blüthen vorhanden; oft besteht das ganze Döldehen nur aus
normalen Blüthen.
Ich fand die rothen Blüthen fast immer hermaphroditisch, nur hin und wieder kommen die Staub-
gefässe nicht zur vollständigen Entwicklung, die Narben waren stets gut entwickelt. In den Fällen, wo beide
Theile vorhanden waren, fand ich die Blüthe ausgeprägt proterandrisch. Die weissen Blüthen dieser
Döldehen sind immer männlich.
Diese auffälligen Blüthen sind schon seit langer Zeit beobachtet worden.
Vaucher!) hielt sie für steril, doch schon Darwin?) wies diese Behauptung zurück und erzog
aus den Blüthen Früchte; er hält sie für einen Ueberrest eines früheren und alten Zustandes der Speeies,
als noch eine Blüthe allem, die eentrale weiblich war und und Samen ergab, wie bei der Gattung
Echinophora.
Diese Erklärung ist natürlich ganz widersinnig.
Delpino?°) beschreibt die Blüthen als „Hoseuli neutri* und hält sie lediglich für ein „esempio
d’una funzione vessillare speciale*, also für em Anlockungsmittel, um die Insekten, deren Augen nicht
im Stande sind, den Daxeus von den übrigen Doldenpflanzen zu unterscheiden, auf dieselbe hinzuweisen.
Er führt als Beweis hierfür seine Beobachtungen an Apis mellifica L. ('ape comune) auf den Hügeln
von Chiavari an.
Auch diese Ansicht muss zurückgewiesen werden, wenigstens für Mitteldeutscehland.
Abgesehen davon, dass die centralen Blüthen hier hermaphrollitisech sind, besitzt auch Dauecus Corota
in sehr vielen Fällen und vielfach gerade an den Stellen, an denen daneben noch zahlreiche sehr ähnliehe
Dolden blühen, diese Blüthen gar nicht. Aber selbst in den Fällen, in denen sie vorhanden sind, können
sie auf die Insekten wenig Eindruck machen, da sie wegen ihrer gewöhnlich tiefen und versteckten
Lage zwischen den übrigen Döldehen der Dolde wohl erst dann erblickt werden, wenn sich die Insekten
über ihnen befinden.
Ausserdem lässt sich leicht beobachten, dass die Insekten, sowohl Dipteren als auch Hymenopteren,
wenn zahlreiche Dolden zusammenwachsen, von einer zur anderen fliegen, ohne sieh um die Art, welcher
dieselbe angehört, nur im mindesten zu kümmerm®). Ich beobachtete Daueus Corota zusammen mit:
1. Peucedanum Oreoselinum, Pimpinella Saxifraga; 2. Peucedanum Cervaria; 3. Pastinaca sativa, Stlaus
pratensis, Selinum Carvifolia; 4. Seseli annuum und überall sah ich die Insekten von der einen zur
anderen Pflanze fliegen. Es kann also unmöglich diese Blüthe resp. diese Blüthen als Anlockungsmittel
für Insekten angesehen werden.
Neuerdings hat Beyerincek°) angegeben, dass die Staubfäden in diesen eentralen Blüthen nur
dann kräftig entwickelt sind, wenn mehrere weisse Blätter in den Blüthen vorhanden sind. Für Deutsch-
land trifft dies, wie wir gesehen, nicht zu.
Auch die Ansicht, die auch von floristischer Seite vielfach getheilt wird, dass die Blüthen in allen
Fällen vorkommen, muss ich zurückweisen °). Ich fand an keiner Stelle mehr als die Hälfte aller Indi-
viduen, bei denen sie vorhanden waren, gewöhnlich fand sie sich nur bei der Minderzahl. Ich lasse,
um dies zu beweisen, eimige Beispiele des Vorkommens folren.
D =)
!) a. a. O. tom. II. S. 614. Ebenso hält sie Warming
&, Botanisk Tidsskrift (1876) S. 97, oft für steril, oft jedoch
auch für zweigeschlechtig.
?) Verschiedene Blüthenformen bei Pflanzen der nämlichen Art. (Deutsche Uebers.) 8. 7.
3) Atti de la Soe. ital. d. scienze natur. vol. XVI. (1874) S. 164.
*) Die Verzeichnisse bei Müller, Befr. d. Blumen $. 99—106, zählen auch eine Reihe von bei vielen Dolden ange-
troffenen Besuchern.
°) Nederlandsch Kıuidkundig Archief 2. Serie, 4. Deel, 3. Stuck. (1885).
®) Vergl. auch Warming, a. a. O. $S. 97.
I
| Sämmtliche
| j Bei sämmt-
Dolden besitzen |
Einige Dolden der Pflanze besitzen
zalıtäat: lich |
Lokalität die Mittel- 2; Er Dosen sie, andere nicht.
ze fehlt sie.
blüthen.
| |
Ufer des salzigen Sees bei Rollsdorf, |
feuchte Wiese, nicht viele blühende Bi 92 ' Ein Individuum mit 3 Dolden
Centraldöldehen.
Pflanzen und keine Dolde in der Nähe. | | besitzt in einer Dolde das
Passendorf bei Halle, nasse Wiesen, zahl- |
|
|
reiche blühende Pflanzen und viele Dolden 11 | 12 ı 5 Individuen besitzen ungefähr
I
in der Nähe. | in der Hälfte ihrer Dolden
Cröllwitz bei Halle, trockene, sonnige Por- | | centrale Döldchen.
phyrhügel, wenige Pflanzen mit grösseren B% | Br Se : i
30 9) | 4 Individuen verhielten sich
Blüthen, von Dolden nur Pimpinella Sasi- | . ö e j
5 » an wie bei vorigem Standort.
fraga in der Nähe.
Cölleda, Kalkgruben der Schmücke,
trockener, sehr sonniger Boden, viele 10 | ap 5 Individuen wie vorige.
blühende Nachbarn, darunter viele Dolden.
Gesammtzahl. 54 270 | 15
Aus dieser Tabelle ergiebt sich, dass ungefähr nur Yes sämmtlieher Individuen die centralen
Blüthen besitzen. —
In den Döldehen sind bei Halle und in Nordthüringen meist hermaphroditische und männliche
Blüthen veremigt; die ersteren stehen am Rande, die letzteren im Centrum und sind in um so grösserer
Zahl vorhanden, einer je höheren Axe die Dolde angehört.
Auf den normalen, im Sommer blühenden Pflanzen konnte ich keine andere Blüthenform auf-
finden, im Herbste vorigen Jahres jedoch fand ich bei Passendorf an Lehmgruben zahlreich eine Form,
welche schon durch ihre grünweissliche Blüthenfarbe von weitem auffiel, und die nur als weibliche
funetionirende Blüthen besass. Die Dolden sind ebenso reiehblüthig als bei der normalen Pflanze. Die
Staubfäden erheben sieh nieht, sondern bleiben nach innen eingebogen, ihre Antheren sind zwar eben
so gross als die der normalen oder wenig kleiner, aber vollständig pollenlos. Die Griffel sind schon,
während die Staubgefässe noch ganz frisch sind, vollständig entwickelt. Die Blumenblätter bleiben oft
auf der Frucht sitzen. Leider konnte ich, da bald Frost eintrat, nicht beobachten, ob diese Form in
normaler Weise Früchte bildete.
Während dieses Vorkommniss von weiblichen Blüthen bei Halle wohl nur ein zufälliges, vielleicht
durch äussere Einflüsse hervorgerufenes ist, schemen dagegen in Holland nach Beyerinck') männliche
Blüthen stets vorhanden zu sein.
Dieser Forscher beobachtete zwei Formen:
OR
oa
1
Bei der einen sind die Randblüthen des Döldehens weiblich, dann folgen männliche und auf
diese eine kräftige eentrale hermaphroditische oder seltener weibliche Blüthe. Bei der anderen Form
sind am Rande des Döldehens morphologische Zwitterblüthen (die aber nur als weibliche functioniren),
im Innern rein männliche vorhanden. —
Da die Zahl der Blüthen in der Dolde bei dieser Art sehr varıırt, so habe ieh ein mittelgrosses
Exemplar mit nur 3 Dolden (1., 2., 3. Ordnung) als Beispiel für die Vertheilung gewählt.
Die Termmaldolde besitzt 32 Döldehen mit je 15—18 (die Anzahl nimmt m den imneren Döldcehen
ab) hermaphroditischen (mel. der Centralblüthe) und 14—20 männlichen Blüthen.
Die Dolde 2. Ordnung hat 24 Döldehen mit je 5-12 hermaphroditischen (mel. der Central
blüthe) und 12—20 männlichen Blüthen.
Die Dolde 3. Ordnung hat 14 Döldehen mit je 2—4 hermaphroditischen (inel. Centralblüthe) und
10—12 männlichen Blüthen.
Es sind also etwas weniger hermaphrolditische als männliche Blüthen vorhanden.
27. Orlaya grandiflora Hofim.
Die hermaphroditischen Blüthen dieser Doldenpflanze sind, wenigstens in der Umgebung von
Arnstadt und Erfurt, vollständig homogam. In manchen Fällen sind die kräftigen Griffel sogar schon
vollständig entwickelt, bevor die Staubgefässe, deren Filamente in der Knospe wegen ihrer Länge
schlmgenförmig gekrümmt sind, sich aufgeriehtet haben. Trotz der Homogamie ist Selbstbefruchtung
wohl sehr häufig unmöglich, da die Staubgefässe nur kurze Zeit über der Blüthe und somit in der
Nähe der Narbe verweilen und sieh dann nach aussen biegen.
Die männlichen Blüthen, deren Stiele weit dünner und auch kürzer sind als die der hermaphro-
ditischen, besitzen weder Stempel- noch Fruchtknotenanlage.
In jedem der Döldehen, von denen jede Dolde nur eine geringe Zahl besitzt, finden sich herma-
phroditische und männliche Blüthen. Die ersteren, deren Anzahl viel geringer ist als die der männlichen,
stehen an der Peripherie der Döldchen.
Das äussere Blumenblatt, d. h. dasjenige, welches der Peripherie des Döldehens zugewandt ist,
ist bei diesen hermaphroditischen Blüthen vergrössert und fast bis zur Basis gespalten. In den Fällen,
wo die äusseren Blüthen der Döldehen zugleich auch die Randblüthen der ganzen Dolde sind, können
die Zipfel dieser äusseren Blätter eine Länge bis zu 15 mm und eine Breite bis zu 8 mm erreichen.
Durch diese bedeutende Vergrösserung der Randblüthen erhalten die Ptlanzen eine grosse Augen-
tälligkeit; ein Feld, auf dem sie dieht stehen, erscheint von weitem wie eine weisse Fläche.
Von den hermaphroditischen Blüthen sowohl als von den männlichen können einzelne — doch sind
es nie mehr als 2 oder 3 in einer Dolde und auch dies nur höchstens auf jeder zwanzigsten Pflanze —
durch Verkümmerung der Geschlechtstheile ganz geschlechtslos werden.
Trifft diese Verkümmerung männliche Blüthen, so pflegen im der Regel Reste der Filamente, aber
ohne Antheren, erhalten zu bleiben, trifft es hermaphroditische, die man immer noch an dem weit diekeren
Stiel und der Fruchtknotenanlage als solehe erkennt, so pflegen auch gewöhnlich nur Filamentrudimente
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen. 8
— 53 —
zurückzubleiben. Bei den hermaphroditischen Blüthen verkümmern auch hin und wieder nur die Staub-
gefässe, so dass die Blüthen rein weiblich werden.
Diese geschlechtslosen Blüthen wurden auch schon von Herm. Müller!), welcher die
Pllanze wohl an derselben Stelle, wie ich, beobachte, gefunden. Er sagt von ihnen: „Die am Rande
der Döldehen, aber nicht zugleich am Rande der ganzen Blüthengesellschaft stehenden Blüthen sind im
der Regel ganz geschlechtslos, in vereinzelten Fällen weiblich und fruchtbar. Sie stimmen in Grösse,
(restalt und Emwärtsbiegung ihrer Blumenblätter mit den mittleren Döldehenblüthen überein, nur ihr an
der Aussenseite des Döldehens stehendes Blumenblatt ist Nach ausgebreitet und und stark vergrössert,
bei der von uns gezeichneten Blüthe z. B. fast 3 mm lang und breit und für sich allein eine über 5mal
so grosse Fläche bildend als die ganze übrige Blüthe.“
Es ist aus diesen angeführten Worten ersichtlich, dass Müller die geschlechtslosen Blüthen in
grösserer Anzahl und regelmässig bei jeder Pflanze vorfand.
Aus einer späteren Stelle geht hervor, dass nur diejenigen Blüthen mit vergrössertem äusseren
Blüthenblatte fruchtbar waren, welche zugleich in der Peripherie eines Döldehens wie der ganzen Dolde
standen. Weiter beobachtete er, dass die fruchtbaren Blüthen fast immer rein weiblieh waren, nur an
einer einzigen Pflanze fanden sich die Blüthen „sogar ausser mit entwickelten Stempeln auch noch mit
entwickelten Staubgefässen versehen“.
Dies alles passt nicht auf die oben von mir beschriebene und in mehreren hundert Exemplaren
lebend beobachtete Pflanze. Es ist deshalb nöthig, dass Orlaya grandiflora in anderen Gegenden sorg-
fältig nachuntersucht wird.
Am merkwürdigsten an dieser Doldenpflanze, die unter den mittelgrossen und kleineren die
auffälligste ist, ist die Homogamie?) der Blüthen, die für dieselbe, da sie oft Selbstbefruchtung herbei-
führt, ohne Zweifel sehr nachtheilig werden muss und ganz überflüssig ist, da die leuchtende Farbe der
Dolde stets zahlreiche Insekten anlockt. Wir werden die Homogamie im Folgenden auch bei den übrigen
«leutschen Ackerdolden antreffen.
Die Zahl der Döldehen in jeder Dolde schwankt sehr, gewöhnlich besitzt die Terminaldolde
weniger als die Dolde 2. resp. 3. Ordnung. Auch die Anzahl der Blüthenformen im jedem Döldehen
sind schwankend. Als Beispiel für die Vertheilung wähle ieh ein Exemplar mittlerer Grösse.
Terminaldolde mit 6 Döldehen, deren jedes 4 oder 5 hermaphroditische und 14—16 männliche
Blüthen trägt.
Die Dolden 2. Ordnung besitzen jede 6—-9 Döldehen mit je 4—6 hermaphroditischen und
20—24 männlichen Blüthen.
Die Dolden 3. Ordnung verhalten sich fast wie die vorhergehenden, aber von männlichen Blüthen
sind nur 15—20 vorhanden.
Geschlechtslose Blüthen fehlen bei diesem Exemplare.
') Weitere Beobachtungen I. S. 307—310. Obgleich Müller nur „Thüringen“ angiebt, so vermuthe ich doch, dass er die
Pflanze wie viele andere bei Mühlberg im Kreise Erfurt beobachtet hat. Ich beobachtete sie ausser an dieser Stelle auch an
der Wachsenburg und zwischen dieser und Arnstadt.
”) Müller hat nicht angegeben, wie sich die Reifefolge von Antheren und Narben in den wenigen von ihm
beobachteten zweigeschlechtlichen Blüthen verhielt.
— 59
Die Zahl der männlichen Blüthen überwiegt also bei Orlaya grandiflora bedeutend die Zahl der
yag
hermaphroditischen.
28. (Cauealis daucoides L.
Auch die hermaphroditischen Blüthen dieser Art fand ich in sehr vielen Fällen vollständig
homogam, in manchen jedoeh auch schwach proterandrisech, indem die Narben erst während des Ver-
stäubens der letzten Antheren zur Entwieklung kommen. Ganz proterandrische jedoch, bei denen die
Narben erst nach vollständigem Ausstäuben und Abfallen der Antheren entwickelt waren, sah ich bis jetzt
nur an vereinzelten Stellen.
In jeder Dolde, die gewöhnlich aus 2 oder 3 Döldehen zusammengesetzt ist, befinden sich ausser
den hermaphroditischen auch männliche Blüthen.
Letztere, ohne Griffel- oder Fruchtknotenansatz und mit weit dünnerem Stiele als die hermaphro-
ditischen, stehen gewöhnlich in der Mitte zwischen den nur in geringer Anzahl vorhandenen hermaphro-
ditischen Blüthen. Seltener bilden sie allein das Döldehen, noch seltener die ganze Dolde.
Die Anzahl der beiden Blüthenformen schwankt zwischen engen Grenzen ungemein, kaum ein
Exemplar ist einem anderen gleich. Die Terminaldolde trägt gewöhnlich die meisten hermaphroditischen
Blüthen.
Beispiele der Vertheilung beider Blüthenformen:
——— — — ——
| Gut entwickeltes, kräftiges | Kleines, doch gut entwickeltes
|
Exemplar. Exemplar.
Terminaldolde. Mit 4 Döldehen, die mittlere besitzt | Mit 2 Döldchen, von denen das eine
2 männliche Blüthen, die übrigen je | 2 hermaphrolditische und 2 männliche,
ca. 4 hermaphroditische und ca. das andere 3 hermaphroditische und
6 männliche. 2 männliche Blüthen besitzt.
Dolden 2. Ordnung. Es sind 3 vorhanden, jede mit | Es sind 2 vorhanden. Die eine mit 2
3 Döldehen, jedes Döldchen mit ca. Döldehen, von denen das eine 2 herm-
3 hermaphroditischen und 6—7 männ- | aphroditische und 1 männliche, das
lichen Blüthen. andere 3 hermaphroditische Blüthen
besitzt. Die andere mit 3 Döldehen,
davon 1 mit 3 männlichen, die beiden
anderen mit je 2 hermaphroditischen
und 2 männlichen Blüthen.
Dolden 3. Ordnung. Nicht zur vollständigen Entwicklung Nicht vorhanden.
gelangt.
s*
60
29. Turgenia latifolia Hitin.
Auch bei dieser Art sind die hermaphroditischen Blüthen homogamı; die Griffel verlängern sich
freilich vielfach noch nach dem Aufspringen der Antheren, doch die Narben sind gleieh im Anfange
entwickelt.
Die Döldehen, die gewöhnlich zu drei, seltener zu vier in der Dolde vereinigt sınd, enthalten
hermaphroditische und männliche Blüthen. Die ersteren stehen am Rande des Döldehens; ihre Blüthen-
blätter, ziemlich gross, sind in vielen Fällen roth gefärbt. Die männliehen Blüthen dagegen, klemer und
ohne Griffel und Fruchtknoten oder mit ganz winziger Fruchtknotenanlage, besitzen in der Regel doppelt
so lange, aber stets viel dünnere Stiele als die hermaphroditischen und stehen in der Mitte des Döldehens.
Ihre Zahl ist in der Terminaldolde gewöhnlich ungefähr eben so gross, wie die der hermaphroditischen, in den
Dolden 2. und vorzüglich in den oft fehlenden 3. Ordnung ist sie grösser als die der hermaphroditischen.
Als Beispiel für die Vertheilung der Blüthenformen möge ein kräftiges Exemplar mit Terminal-
dolde, 2 Dolden 2. und einer 3. Ordnung dienen:
Terminaldolde mit 3 Döldehen, deren jedes 5 hermaphroditische und 6 männliche Blüthen enthält.
Dolden 2. Ordnung mit je 3 Döldehen, deren jedes 4 hermaphroditische und 5—6 männliche
Blüthen besitzt.
Dolde 3. Ordnung mit 3 Döldehen; jedes derselben mit 2
5 hermaphroditischen und 5
männlichen Blüthen.
30. Torilis Anthriscus Gmel.
Die hermaphroditischen Blüthen sind ausgeprägt proterandrisch.
Die Döldehen besitzen in den meisten Fällen hermaphroditische und männliche Blüthen. Letztere,
&ewöhnlieh ohne deutliche Griffel- und Fruchtknotenanlage und halb so lang als die hermaphroditischen
sestielt, nehmen die Mitte der Döldehen ein. Ihre Zahl steigt mit der Abstammungshöhe der Dolde; bei
schwächeren Exemplaren sind oft schon die Dolden 3. Ordnung ganz männlich, bei kräftigeren erst die
der 4. Ordnung oder überhaupt keme.
Ein kräftiges Exemplar, welches in allen Dolden hermaphroditische und männliche Blüthen trug,
zeigte folgende Vertheilung:
Terminaldolde: 8 Döldehen mit je 9—12 hermaphroditischen und 5—7 männlichen Blüthen.
5 Dolden 2. Ordnung: ea. 8 Döldehen mit je 6—8 hermaphroditischen und 6—7 männlichen Blüthen.
8 Dolden 3. Ordnung: ca. 8 Döldehen mit je 4 hermaphroditischen und 6—7 männlichen Blüthen.
4 Dolden 4. Ordnung: ea. 7 Döldehen mit je 2 hermaphroditischen und 8—10 männlichen Blüthen.
In diesem Beispiele ist also die Anzahl der männlichen Blüthen etwas grösser als die der herm-
aphroditischen.
31. Torilis infesta Keh.
Ich hatte nur einmal (bei Naumburg a. 8.) Gelegenheit, die Pflanze blühend zu beobachten.
Die hermaphroditischen Blüthen waren schwach proterandrisch bis homogam. Die Griffel waren
sehon zu Anfang des Ausstäubens zu ihrer vollen Länge entwickelt, doch noch in vielen Fällen zusammen-
liegend, so dass sie erst zu Ende des Verstäubens eonceptionsfähig wurden.
Die Geschlechtsvertheilung ist derjenigen der vorigen Art sehr ähnlich. Nur die Zahl der
Blüthen im Döldehen pflegt viel geringer zu sein.
32. Seandiz Peeten-Veneris L.
Auch diese Ackerdolde fand ieh stets mit vollständig homogamen !
‚ oder schwach proterandrischen
hermaphroditischen Blüthen.
Bei mittelgrossen Individuen besitzen die 1—3 Döldehen, aus denen sich die Dolde zusammen-
setzt, in der Regel sowohl hermaphroditische als auch männliche Blüthen. Letztere, ohne eine Spur von
Griffel und Fruchtknoten und gewöhnlich 3 mal so lang gestielt als die hermaphroditischen Blüthen,
nehmen das Centrum des Döldehens ein. In grossen und kräftigen Exemplaren ist dagegen die Terminal-
dolde in vielen Fällen ganz hermaphroditisch; im klemen,, schwächeren sind die Dolden 3. Ordnung
ganz männlich.
Bei emem kräftigen Exemplar ist die Vertheilung folgendermassen :
In der Terminaldolde 2 Döldehen mit je 8 hermaphroditischen Blüthen.
In den (2) Dolden 2. Ordnung je 4 hermaphroditsche und 4 männliche Blüthen.
In der Dolde 3. Ordnung in jedem Döldehen 1 hermaphroditische und 6 männliche Blüthen.
33. Anthriseus silvestris Hoffm.
Die Proterandrie der hermaphroditischen Blüthen ist sehr ausgeprägt. Die Griffel erheben sich
vielfach erst, nachdem selbst die Blumenblätter schon längere Zeit abgefallen sind. Die Staubgefässe
biegen sich gewöhnlich gleieh nach dem Oeffnen der Blüthe aus derselben und krümmen sieh so , «dass
die Antheren den Fruchtknoten berühren. Im dieser Stellung verharren sie eine Zeit, dann richten sie
sich wieder auf und die Antheren verstäuben.
Dass die Döldehen äussere hermaphroditische und innere männliche Blüthen besitzen, giebt
2
‚schon Warming?) an und auch Kirchner?) bestätigt es. Die Angabe des letzteren Forschers jedoch,
dass nur die 4—8 äusseren Blüthen des Döldehens hermaphroditisch sind, ist zu unbestimmt und auch
keineswegs ganz richtig.
Auf einem kleineren (nur dreiaxigem), aber kräftigen Exemplar sind die beiden Blüthenformen
vielmehr in folgender Weise vertheilt:
Terminaldolde mit S Döldehen, deren jedes 7—10 hermaphroditische und ca. 3—4 männliche
Blüthen besitzt.
8 Dolden 2. Ordnung mit je 10 Döldehen, deren jedes 6—8 hermaphroditische und T—11
männliche Blüthen enthält.
!) Dies giebt schon George Henslow (on the Self-fertilization of Plants. Trans. Linn. Soc. Ser. 2. Vol. 1
(1877, 8. 265), der Sc. P. genau beschreibt, an. Ebendaselbst ($S. 266) führt er auch noch Apium petroselinum als selbst-
befruchtbar an. Ich konnte diese Pflanze leider nicht untersuchen,
”) Botanisk Tidsskrift 1876 S. 99.
aa. a O5 8: 33.
mer
14 Dolden 3. Ordnung mit je 9 Döldehen, deren jedes 5—6 hermaphroditische und 8—10
männliche Blüthen besitzt.
Es ist also auch bei dieser Art das Verhältniss der beiden Blüthenformen in jedem Döldcehen
nicht dasselbe, sondern die hermaphroditischen Blüthen nehmen, wie bei Torilis Anthriscus, mit der
Abstammungshöhe der Dolden ab.
34. Chaerophyllum temulum L.
Die hermaphroditischen Blüthen sind ausgeprägt proterandrisch.
Die Pflanzen sind in der Regel dreiaxig.
Die meisten Dolden enthalten in den Döldehen neben den hermaphroditischen auch männliche
Blüthen. Letztere stehen dann in einer Zone zwischen den äusseren Blüthen, welehe hermaphroditisch sind
und der ebenfalls hermaphroditischen kurzgestielten oder ganz stiellosen centralen Blüthe. Von den
äusseren hermaphroditischen Blüthen sind die randständigen oft fast doppelt so lang gestielt, als die
übrigen hermaphroditischen und die männlichen Blüthen.
Die Dolden 3. Ordnung und die imneren Döldehen mancher Dolden 2. Ordnung pflegen ganz
männlich zu sein.
Einen der häufigsten Fälle der Vertheilung dürfte das folgende Beispiel zum Ausdruck bringen:
Terminaldolde mit 5 äusseren und einem Centraldöldehen. Jedes Döldehen besitzt ca. 18
hermaphroditische (einschl. der Centralblüthe) und ca. 9 männliche Blüthen.
Die (5) Dolden 2. Ordnung besitzen je ca. 10 Döldehen. Von diesen haben die äusseren ca. 16 herma-
phroditische (einschl. der Centralbl.) und ea. 8 männliche ; die inneren ca. 7 hermaphrodititische (einschl. der
Centralbl.) und 10 männliche Blüthen.
Die (7) Dolden der 3. Ordnung besitzen 5—9 Döldehen mit je 5—9 männlichen Blüthen.
Einige der Dolden sind ganz unentwickelt.
Es überwiegen also die männlichen Blüthen.
35. Chaerophyllum bulbosum L.
Die hermaphroditischen Blüthen sind ebenfalls proterandrisch.
Die Pflanzen sind in der Regel vieraxig. Die Dolden 1. bis 3. Ordnung sind aus äusseren
hermaphroditischen und inneren männlichen Blüthen zusammengesetzt. Hierzu kommt noch die herma- |
phroditische Centralblüthe. Die Längenverhältnisse der Stiele sind wie bei der vorigen Art. Die
Dolden 4. Ordnung sind fast immer ganz männlich und kommen, da sie gewöhnlich sehr viel später
als die übrigen blühen, oft gar nicht zur vollständigen Entwicklung.
An einer kräftigen Pflanze besitzen:
Die Terminaldolde hat. 8 Döldehen in 2 Reihen und das centrale Termialdöldehen. Die
Döldehen der äusseren Reihe enthalten 7 (inel. der Centralblüthe) hermaphroditische und 6 männliche,
die der inneren Reihe und das Centraldöldehen 5 hermaphroditische (mit der Centralbl.) und 3—5
männliche Blüthen.
Die (7) Dolden 2. Ordnung besitzen 10 Döldehen in 2 Reihen und das Centraldöldehen.
2,963,
Ein Döldehen der ersten Reihe enthält 7 (inel. d. Centralbl.) hermaphroditische und 9 männliche
Blüthen. Ein Döldehen der zweiten Reihe hat 4 hermaphroditische (inel. der Centralbl.) und 9 männliche
Blüthen; im dem Centraldöldehen sind nur die Centralblüthen hermaphroditisch, die übrigen männlich.
Die (9) Dolden 3. Ordnung entfalten je 10 Döldehen in zwei Reihen u. d. Centraldöldehen. In
jedem Döldehen der 1. Reihe befinden sieh ca. 3 hermaphroditische (inel. Centralbl.) und ea. 11 männliche
Blüthen. In jedem der zweiten und dritten Reihe ist nur die Centralblüthe hermaphroditisch, die übrigen
12—14 Blüthen sind männlich.
Die (11) Dolden 4. Ordnung mit je ea. 9 Döldehen, deren jedes 15—18 Blüthen enthält, sind
ganz männlich.
Es überwiegen bei dieser Pflanze somit die männlichen Blüthen bedeutend.
VE
96. Pleurospermum austriacum Httin.
Bei dieser Art, welche ich an zahlreichen Stellen im Riesengebirge untersuchte, traf ich nur
hermaphroditische Blüthen an.
Bei diesen haben die Griffel zur Zeit, wann sich die Staubgefässe aufriehten , fast ihre normale
Länge (1 mm) erreicht, liegen aber noch dieht zusammen und ihre Narben sind noch nicht entwickelt.
Später, wenn die Narben vollständig entwickelt sind, haben sieh die Staubgefässe, die bei dieser
Art sehr lange über der Blüthe verweilen, meist nach aussen gebogen oder sind schon abgefallen. Nur
einmal (kl. Teich) traf ich sie noch zur Zeit der vollständigen Narbenreife aufrecht. In diesem Falle
war Selbstbefruchtung leicht möglich.
Zusammenstellung.
Die hier behandelten Umbelliferen besitzen sämmtlich mehr oder weniger kleine, meist weiss
gefärbte Blüthen, welche nur durch ihre Veremigung zu Dolden augenfälliger werden. Nur bei Caucalis
grandiflora sind einzelne der äusseren Blüthen der Döldehen in Folge der bedeutenden Vergrösserung
des äusseren Blumenblattes sehr auffällig.
Fast sämmtliche Arten ‘haben hermaphroditische und männliche Blüthen. Ausgenommen sind,
wie es scheint, die Gattungen Bupleurum und Seseli; Heracleum Sphondylium, Silaus pratensis, Laser-
pitium prutenieum (2), Pleurospermum austriaeum.
In dem Falle, dass beide Blüthenformen vorhanden sind, kommen sie entweder in denselben
oder in verschiedenen Dolden vor.
Wenn beide Blüthenformen in derselben Dolde vereinigt sind, dann sind in der Regel die
Randblüthen der Döldehen hermaphroditisch, die mittleren, mit Ausnahme der nur bei einigen Gattungen
vorhandenen Centralblüthe, welehe immer hermaphroditisch zu sein pflegt, männlich.) Von dieser Regel
!) Die umgekehrte Behauptung Eichlers, Blüthendiagramme II. $. 412 ist somit nicht richtig.
64 -
macht nur Astrantia major, bei der in den meisten Dolden die äusseren und inneren Blüthen männlich
sind und nur eine mittlere Zone hermaphroditisch ist und Sanieula europaea, bei der die männlichen
Blüthen bald in der Mitte, bald am Rande stehen, eine Ausnahme.
Mit der Abstammungshöhe der Dolden pflegen die männlichen Blüthen in den Döldehen zuzu-
nehmen, bei einigen Arten (z. B. Chaerophyllum) findet auch eine Zunahme nach der Mitte der Dolde zu statt.
Manchmal können auch einzelne Dolden der höchsten Ordnung ganz männlich sein.
In dem Falle, dass die beiden Blüthenformen sieh auf verschiedenen Dolden befinden, sind die
männlichen Blüthen gewöhnlich in den Dolden der höheren Ordnungen anzutreffen. —
Die hermaphroditischen Blüthen sind in der Regel proterandrisch und zwar ist die Proterandie
gewöhnlich so ausgeprägt, dass die Narben erst zur vollständigen Reife gelangen, wann die Antheren
oder die ganzen Staubgefässe, ja oft die Blumenblätter nicht mehr vorhanden sind. Selbstbefruchtung ist
bei diesen Arten ganz unmöglich.
Homogam oder fast homogam sind nur die Ackerdolden Caucalis grandiflora, C. daucoides, Turgenia
latifolia, Torilis infesta, Scandix Peeten-Veneris. Zwei von ihnen, Caucalis grandiflora und Turgenia, besitzen,
die erstere ziemlich grosse, die andere meist rosa bis kräftig roth gefärbte Blüthen. Bei diesen Arten ist
Selbstbefruchtung leicht möglich (siehe S. S. 57, 58 u. 60), bei Torilis, Scandix und (Caucalis daucoides ist
dieselbe wohl die einzige Befruchtungsart, da die unscheinbaren, nur zu wenigen in der Dolde vereinigten
Blüthen keine Insekten anlocken können. Es finden sich bei diesen Arten immer reife Früchte.
Weibliehe Blüthen scheinen in Mitteldeutschland nur als Abnormitäten aufzutreten, in anderen
Gegenden dagegen (Holland, Tirol) regelmässig bei einzelnen Arten vorzukommen.
Vollständig geschlechtslose Blüthen sind ebenfalls vorhanden und zwar ganz vereinzelt bei Cauealis
grandiflora.
Rubiaceae D. Ü.
1. Sherardia arvensis L.
Die Corollen der hermaphröditischen Blüthen sind im ausgewachsenen Zustande 2!/g bis
3'/g mm lang.
Die introrsen Antheren öffnen sich sofort nach dem Aufspringen der Blüthen. Sie stehen in
gleicher Höhe mit den in der Regel ebenfalls sofort nach Oeffnung der Blüthe entwickelten violetten
Narben. Seltener sind die Narben in höherer oder niedrigerer Stellung als die Antheren. Einige Zeit
nach der Oeffnung der Blüthe krümmen sieh die Staubgefässe gewöhnlich etwas nach aussen. Im Herbst
geht die Befruchtung oft bei geschlossener Blüthe vor sich; bei sorgfältiger Oeffnung findet man dann
die reifen Narben mit dem Pollen der ihnen dieht anliegenden Antheren bedeckt.
Auch bei den sich normal öffnenden Blüthen ist Selbstbefruchtung wohl wegen der nahen Lage
beider Geschlechtstheile in den meisten Fällen ganz unvermeidlich.
Müller!) beschreibt die Blüthen dieser Art als proterandrisch und selten sich selbstbetruchtend
Ich sah solehe Blüthen in hiesiger Gegend nicht häufig, im Herbste scheinen sie ganz zu fehlen.
!) Weitere Beobachtungen III. S. 71—72.
65
Einen Insektenbesuch habe ich, wie Müller, bis jetzt trotz der Honigabsonderung nicht wahr-
nehmen können.
Wie schon Müller!) angiebt, finden sich neben den Stöcken mit hermaphroditischen Blüthen auch
solehe, welche nur weibliche tragen. Die Staubgefässe dieser meist etwas kleineren weiblichen Blüthen
zeigen alle Abstufungen von geringer Reduetion bis zum fast vollständigen Gesehwundensein.
Sehr häufig fmden sich aber auch Exemplare, bei denen, gewöhnlich in getrennten Inflorescenzen,
hermaphroditische und weibliche Blüthen zusammen vorkommen. Die weiblichen fallen hier fast stets schon
dureh ihre geringere Grösse auf. — Die Pflanze ist somit gynodiöeisch und gynomonöeisch.
In manchen Blüthen finden auch Deformationen des Griffels statt, indem ein Arm desselben sich
ganz verkürzt, oder sammt seiner Narbe sehwindet. Diese Bildungen finden sich sowohl in herma-
phroditischen, als auch in weibhehen Blüthen.
2. Asperula tinetoria L.
Die weisse, fast immer dreitheilige Blüthe ist ungefähr 3 mm breit und 4 mm hoch.
Die Antheren, welehe sich auf 1 bis 1Vg mm langen, dem Rande der Kronröhre inserirten Fila-
menten befinden, springen sofort nach dem Aufblühen auf. Die Narben sind in dieser Zeit oft schon vollstän-
dig entwickelt und der Griffel, dessen einer Arm gewöhnlich etwas verkürzt ist, ist durchschnittlich
>’ mm lang. Später verlängert er sich bis auf I—1l".« mm. In manchen Fällen sind aber die Narben erst
nach dem Aufstäuben entwickelt, wenn auch gewöhnlich noch zu einer Zeit, wo an den Antheren reichlich
Pollen haften.?) Im letzteren Fall, sowie in den homogamen Blüthen ist eine Selbstbefruchtung wohl
unausbleiblich, da die Antheren unmittelbar über den Narben stehen.
3. Asp. eynanchtea L.
Ich fand diese Art, wie H. Müller?), vollständig homogam. Die braunrothen Antheren sind in
vielen Fällen schon in der Knospe vollständig entwickelt und stäuben aus. Auch die Narben scheinen
schon in der Knospe befruchtungsfähig zu sem.
Da die Filamente nach innen gerichtet sind, so dass die Antheren über den Narben stehen, so
ist Selbstbefruchtung fast unausbleiblich.
Auch bei Halle und in Nordthüringen findet sich die von Müller erwähnte Form mit rauher
Oberfläche der Krone und rother, elliptischer Zeichnung. Gewöhnlich sind diese Blüthen auch etwas
rosa angehaucht, nicht selten ganz rosa. Auch Blüthen mit glatter Kronenoberfläche besitzen manchmal
die rothe Zeiehnung, welche m zwei Rand- und emer Mittellinie auf jedem Blumenblatte besteht.
I a ar0.
?) H. Müller (weit. Beobachtungen III, S. 72) fand die Blüthen homogam.
®) Befr. d. Blumen, S. 358—359.
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen. 9
ne
4. Galium Cruciata L.
Darwin sagt!) von dieser Pflanze, dass „die weibliehen Organe in den meisten der unteren Blüthen
unterdrückt worden (sind), während die oberen hermaphroditisch bleiben.“ Kirchner?) schenmt Dar-
win beizustimmen. Ich habe im Frühjahr 1886 mehrere hundert Individuen von den verschiedensten
Standorten untersucht und das von Darwin beschriebene Verhältniss nur als ganz vereinzelte Ausnahme
beobachtet. Fast in allen Fällen waren in den Infloreseenzen oben ebensoviel hermaphroditische und
weibliche Blüthen, als unten. Die Verhältnisse liegen folgendermassen:
Von jedem der sich gegenüberstehenden Diehasien entwickeln sich zuerst die beiden seitlichen
Zweige. Diese verzweigen sich wieder diehasial und die Primanblüthe jedes dieser Dichasien ist herm-
aphroditisch. Diese Primanblüthen blühen auch zuerst auf. Auf diese Blüthe folgen die ersten Blüthen
der Seitenzweige dieser Dichasien, welche Schraubeln darstellen. Sie sind in der Regel ebenfalls herm-
aphroditisch. Hierauf blühen die folgenden Blüthen dieser Schrauben und mit ihnen zugleich die
Primanblüthe der ebenfalls wiederum dichasial verzweigten Mittelsprosse des Hauptdichasiums. Beide
Blüthenarten, sowie die nach ihnen blühenden Seitenblüthen dieses letzten Diehasiums sind gewöhnlich
männlich. (Vergl. Fig. 10). Die vielfach auftretenden Beisprossbildungen können mannigfaltige Verän-
derungen in die Geschlechtsvertheilung bringen.
Die Darwin’sche Behauptung scheint mir dadurch hervorgerufen zu sein, dass an den ver-
blühten unteren Diehasien die nicht fruchtansetzenden männlıchen Blüthen weit mehr in die Augen
fallen. als in den oberen noch blühenden Diehasien, wo alle Blüthen einander mehr oder weniger
gleichen.
Die hermaphroditischen Blüthen sind ausgeprägt proterandrisch, selten sind schwach proteran-
«Irische oder fast homogame vorhanden. Die Bewegung der Staubfäden aus der Blüthe macht auch im
letzteren Falle, wie auch Kirehner angiebt, eine Selbstbefruchtung meist unmöglich.
Ich beobachtete Bienen als Befruchter.
D. @. uliginosum L.
Im Herbst finden sich bei Halle zahlreiche Exemplare, deren Blüthen sich nicht öffnen. Die
Antheren und Narben bilden sich in der geschlossenen Blüthe vollständig aus und die Befruchtung
vollzieht sich.
6. @. boreale L.
3ei dieser Art ist die Proterandrie bald mehr, bald weniger ausgeprägt.
Nach dem Aufblühen verstäuben die Anfangs über der Blüthenmitte befindlichen Antheren gewöhnlich
sofort, und ihr Pollen fällt auf die Narbe. Ist diese, was allerdings nicht gerade häufig?) der Fall ist,
jetzt schon befruchtungsfähig, so tritt wohl stets Selbstbefruchtung ein. Später krümmen sich die Staub-
gefässe nach aussen und eine spontane Selbstbefruchtung ist unmöglich, obgleich in sehr vielen Blüthen
die Narbe noch während des Ausstäubens der Antheren vollständig befruchtungsfähig wird.
1) Verschiedene Blüthenformen S. 248 (d. d. Uebers.)
2) a.a. 0. S. 6}.
%) Im Riesengebirge (z. B. Teufelsgärtchen) fand ich die Blüthen vollständig homogam,
Trotzdem in vielen Blüthen die Griffel nach dem Aufblühen von Ya—”s mm Länge auf 1"
und 1%4 mm auswachsen, so scheinen doch die Narben schon längere Zeit, bevor diese Endgrösse
erreicht ist, befruchtungsfähig zu sein.
7. @. verum L.
Anch bei Halle und in Thüringen finden sich die grossen Differenzen in der Blüthengrösse,
welche Müller!) beschreibt. Es sind jedoch die Extreme durch eine grosse Reihe von Mittelformen
verbunden.
Die Blüthen bieten alle Abstufungen von ausgeprägter Proterandrie bis zu vollständiger Homo-
gamie dar. Im letzteren Falle kann Selbstbefruchtung eintreten, da die Antheren sich anfänglich über den
Narben befinden. Später freilich biegen sie sich vollständig aus der Blüthe heraus und spontane Selbst-
befruchtung ist dann, wie bei der vorigen Art, auch wenn die Narben noch vor dem gänzlichen Aus-
stäuben heranreiten, fast unmöglich.
8. @. Mollugo L.
In vielen Fällen, namentlich bei Herbstexemplaren, smd die Blüthen homogam, so dass, da auch
hier die Antheren anfänglich über den Narben stehen, Selbstbefruchtung eintreten kann.
9. @. silvaticum L.
Die Blüthen sind in der Regel etwas proterandrisch, doch kommen in sehr vielen Fällen die
Narben noch während des Ausstäubens zur Entwieklung. In diesem Falle ist Selbstbefruchtung leicht
möglich, wie auch Kirchner?) angiebt, indem hier die Staubfäden sieh nicht, wie bei den vorhergehen-
den Arten, nach aussen biegen.
10. @. silvestre Poll.
Ich fand diese Art ebenfalls zwischen Proterandrie und Homogamie?) schwankend. Bei Homo-
gamie ist Selbstbefruchtung leicht möglich, da, wie schon H. Müller*) angiebt, die Staubgefässe sich
nur wenig aus der Blüthe hmausbiegen.
Auch hier wachsen die Griffel oft noch eine bedeutende Strecke, nachdem die Narben schon
vollständig befruchtungsfähig geworden sind.
. Dipsacaceae D.C.
1. Scabiosa suaveolens Dest.
Die Blüthen sind ausgeprägt proterandrisch. Der Griffel entwickelt sich erst, nachdem die
Antheren abgefallen sind.
!) Befr. d. Bl. S. 358.
=)a. a. 028.165;
®) Homogam waren namentlich die Exemplare des Riesengebirges.
“; Alpenblumen 8. 389.
Zuerst blühen die Blüthen der beiden äusseren Reihen, welehe ausgeprägt zygomorph sind, dann
folgen gewöhnlich die vier innersten Blüthen des Blüthenstandes. Letztere können auch schon gleich-
zeitig mit denen, selten sogar vor denen des äusseren Kreises aufblühen. Auf die innern Blüthen folgen
erst die der zwischen der Mitte und der Peripherie liegenden Zone und zwar erfolgt deren Aufblühen
gewöhnlich von aussen her, seltener von aussen und innen her zugleich.
Durch diese Art des Blühens wird die Pflanze bedeutend geschädigt. Würden nämlich die
Blüthen von der Peripherie bis zum Scheitel des Blüthenstandes in ununterbrochener Folge blühen,
so wären die Narben jeder äusseren Reihe noch nieht entwickelt, wenn die Antheren der nächstfolgenden
innern verstäubten. Es könnte also Bestäubung einer äussern Blüthe mit dem Pollen ihres innern Nachbarn
nicht eintreten.
Wenn aber in der Weise, wie es der Fall ist, die Reihenfolge unterbrochen wird, so können
sich die Narben der beiden äusseren Reihen in vielen Fällen ganz entwickeln, bevor die Antheren der
folgenden Reihe ausgestäubt haben. Da nun Narben und Antheren der Blüthen zweier benachbarter
Reihen sehr nahe bei einanderstehen, so ist Befruchtung der äusseren durch die inneren, auch durch
Insektenhülfe, sehr leieht möglich.
2. Scab. lueida Vill.
Diese Art gleicht in ihrer Proterandrie ganz der vorigen.
Die drei äusseren Blüthenkreise, von denen die zwei äusseren ausgeprägt zygomorphe Blüthen
besitzen, blühen zuerst auf. Dann folgen die Gipfelblüthen der Infloreseenz. Hierauf blühen die
übrigen.
In manehen Fällen sind bei dieser Art, wie auch bei der vorigen, die Staubgefässe der innersten
Blüthen reduzirt.
Gentianaceae Juss.
1. Sweertia perennis L.
Die grauweissen bis hellgelben Blumenblätter dieser Pflanze werden von zahlreichen, nach
der Spitze zu sich in Strichelehen und Punkte auflösenden violetten Streifen durchzogen, so dass sie fast
ganz violett gefärbt erscheinen ), Nur selten sind sie ganz gelb.
An der Basis jedes Blumenblattes befinden sich zwei in der Längsrichtung des Blattes verlaufende
1—1'/s mm lange und Ya—°/a mm breite Erhöhungen, die nach oben zu in je ein napfförmiges, innen
dunkelviolettgrün gefärbtes Neetarium auslaufen. Die Wände dieses Nectariums sind in zahlreiche,
ca. 2 mm lange Franzen zertheilt, die sich oben gewöhnlieh zusammenneigen und so schwächeren Thieren
den Zugang zu dem in der Tiefe reichlich abgesonderten Honig verwehren ?).
Die Blüthen sind mehr oder weniger proterandrisch.
!) Die Angabe vieler Floristen, dass die Blumenblätter von Sw. per. violett gefärbt seien, ist somit nicht ganz correct.
2) Die Abbildung bei Kerner (a. a. O. Taf. Il, Fig. 69) ist nicht ganz naturgetreu.
- ex)
Die Staubbeutel sind ursprünglich intrors, drehen sich aber vor oder während des Anfangs ihrer
Verstäubung um ihren Befestigungspunkt, so dass sie in eine extrorse Stellung kommen ').
Die Blumenblätter sind während des Blühens meist horizontal ausgebreitet. ?)
Nach dem Ausstäuben krümmen sich die Filamente bedeutend nach aussen und die Antheren
fallen gewöhnlich ab. Erst jetzt sind die Narben entwickelt, die beiden Lappen treten ausemander und
krümmen sich etwas nach aussen.
In vielen Fällen biegen sieh die Staubgefässe schon aus der Knospe zwischen je zwei Blumen-
blättern seitlieh hinaus. Ihre Antheren beschreiben die Drehung aus der introrsen in die extrorse Stellung
und verstäuben oft fast gänzlich, bevor die Blüthe geöffnet ist.
Eine Selbstbefruchtung ist wohl stets ausgeschlossen. Der Honig lockt zahlreiche Insekten an;
dieselben bestanden, soweit ieh beobachtete, jedoch nur aus Fliegen und Käfern, die wegen ihrer Klem-
heit gewöhnlich weder Antheren noch Narbe oder wenigstens nicht die letztere berührten, also keine
Befruchtung herbeiführen konnten.
Ausser den vollständigen Blüthen finden sieh nieht allzu selten solche, in denen einzelne Staub-
gefässe nicht zur vollständigen Entwieklung gelangt sind. Nur einmal sah ich (auf dem Koppenplan im
Riesengebirge im Juli 1886) eine Reihe von Exemplaren, in deren sämmtliehen Blüthen alle Staubgefässe
unentwickelt waren.
Auch solche Blüthen, deren Stempel und Fruchtknoten nieht entwickelt ist, finden sich häufig
unter den normalen hermaphroditischen. Rein weibliche Exemplare sind ebenso selten wie die rein
männlichen.
2. Gentiana germanica Willd.
Die Länge der Blumenkrone variirt bei dieser Art sehr, durchschnittlich beträgt sie 23—32 mm.
Die Blumenblätter sind an der Grenze zwischen Kronröhre und Saum mit diehten, etwas nach
oben gerichteten Haaren besetzt, die das Innere der Blüthe vor Regen und auch vor dem Eindringen
mancher Insekten schützen.
Die Nectarien befinden sich auf den Mittelnerven der Blumenblätter ca. 1 mm vom basalen
Rande und stellen elliptische oder kreisförmige, bald grössere (bis zu den herablaufenden Filamenten
reichende), bald kleinere, punktförmige, gewöhnlich hellgrüne ?), wenig oder gar nicht verdickte, etwas
nach aussen herausgedrückte (also grubenförmig vertiefte) Filecke dar. In Folge der Ausstülpung ist
die Stelle des Neectariums auch auf der Aussenfläche der Blumenblätter zu erkennen®). Die Honig-
absonderung ist, wie ich bemerkte, oft eine sehr schwache, doch war auch oftmals Honig in reichlicher
Menge vorhanden.
!) Dieser Vorgang ist schon seit langer Zeit bekannt. Siehe Vaucher a. a. O. III. S. 406. Vergl. auch Francke
272.08. 15.
2) Auch in diesem Punkte sind Kerner’s Abbildungen (a. a. ©. Fig. 67) nicht correct. Richtig wird die Sache von
Franke (a. a. O. Taf. II. Fig. 10) abgebildet.
>) In der Regel heben sie sich schon durch die lebhafte Färbung von den umgebenden Partien gut ab.
%) Warming, „om Nogle Arktiske Vaexters Biologi*, in Bihang till k. Svenska Vet.-Ak. Handlingar Bd. 12. Afd. III.
No. 2, (1886) 8. 12 beschreibt die Nectarien bei der verwandten @. amarella als schalenförmige Vertiefungen in dem etwas ver-
diekten Kronengrunde auf den Mittelnerven der Kronblätter.
ee
Die Zeitverhältnisse des Reifens der Staubbeutel und der Narben sind bei dieser Art grossem
Schwankungen unterworfen. In manchen Fällen findet sich nur schwache, in anderen ausgeprägte
Proterandrie.
In der Regel sind die Narben sehon ein wenig geöffnet, bevor die, wie bei voriger Art sich
aus der introrsen in die extrorse Stellung drehenden !) Antheren ?), die bald in gleicher Höhe mit den Narben,
bald niedriger, bald auch höher stehen, ganz verstäubt haben. In einzelnen Fällen sind auch beide
Geschlechtstheile zu gleicher Zeit entwickelt, sehr selten nur bleiben die Staubfäden in der Entwicklung
hinter den Narben zurück.
In den Fällen der geringen Proterandrie oder Homogamie ist bei gleiehhoher Stellung von
Narbe und Antheren eine Selbstbefruchtung möglich. Erschwert wird dieselbe jedoch sehr durch die extrorse
Stellung der Antheren. — In den Alpen scheint, nach Rieca’s Beschreibung’), die Art vollständig
homogam zu sein. Rieca hält aber trotzdem eine Selbstbefruchtung wegen der höheren Stellung der
Narbe für unmöglich.
In Thüringen treten einzeln hier und da mit normalen Blüthen auf demselben Stocke Blüthen
auf, deren Antheren, seltener deren Narben nicht entwickelt sind ®).
Interessante niedrige, einblüthige, wohl durch früheres Abweiden entstandene Formen finden sich
bei Halle a. S. mehrfach auf Porphyrboden. In einzelnen dieser Blüthen sind beide Gesehlechtstheile voll-
ständig und gewöhnlich auch fast gleichzeitig entwickelt, in den meisten jedoch sind die Staubgefässe
ganz verkürzt und nur mit kleinen, oft missgestaltenen und stets pollenlosen Antheren versehen.
3. Gentiana Amarella L.
Während bei Gent. germanica Willd. grosse Schwankungen zwischen Homogamie und Proterandrie-
vorhanden sind, fand ich wie auch Herm. Müller?) diese Art stets homogam.
Auch hier sind die Antheren in der Knospe intrors®) und wenden sich sofort nach dem Oeffnen
der Blüthe in eine extrorse Stellung‘ oder bleiben während des Ausstäubens in einer mittleren Stellung,
so dass sie ihre pollenbedeekte Fläche nach oben wenden.
Die Narbe befindet sich bald höher als die Antheren, bald in gleicher Höhe mit ihnen oder etwas
niedriger. Selbstbefruchtung ist aber trotzdem durch die extrorse Stellung der Antheren erschwert.
Die Nectarien sind wie bei der vorigen Art gebaut.
!) Dieselben verharren oft in einer Mittelstellung.
2, Warming (a. a. O. S. 12) vermuthet, dass bei der verwandten @. Amarella L. die Antheren ursprünglich intrors
sind. Vaucher (a. a. O. tom. 11I. S. 410) giebt die Antheren bei sämmtlichen Arten der Sektion Eindotricha Fröhl. als extrors
an. Ich fand sie, wie oben gesagt, stets ursprünglich intrors.
3) a. a. ©. vol. XIII. fase. III. S. 262—263. Vergl. auch vol. XIV. fasc. IV. S. 260.
*) Es waren dies fast immer die Blüthen der unteren Zweige, stellenweise an jedem Individuum.
5) Befr. der Blumen S. 333.
6) Vergl. die Anmerk. bei der vorig. Art. Die Behauptung Müller’s, dass die Antheren schon in der Knospe
extrors sind, ist irrig.
—_ dl -
4. Gentiana eiliata L.
Die Neetarien stellen bei dieser Art ungefähr 1—3 mm von der Basis jedes Blumenblattes
entfernte, auf der Mittelrippe desselben befindliche, ea. 1—3 mm lange und 1 mm breite, an der Spitze
ganz gering ausgebuchtete, an der Basis etwas verschmälerte, oben mit einer seiehten Furche verschene,
glanzlose, wenig erhabene Fleeken dar. Der Honig wird in der Ausbuchtung an der Spitze abgesondert.
So wie Müller!) die Neetarien darstellt, habe ich dieselben nie gesehen.
Gewöhnlich sind die Blüthen ausgeprägt proterandrisech und die Antheren überragen ein wenig
die Narben, seltener sind sie so lang oder sogar kürzer als diese.
Manchmal findet aber auch gleichzeitige oder fast gleichzeitige Entwicklung beider Geschlechter statt.
So fand ich im vorigen Jahre (1886) bei Wiehe auf Buntsandsten zahlreiche Exemplare, bei
denen die Antheren die Narben oft 6—7 mm überragten und bei der Entfaltung der Narben zwar schon
in voller Ausstäubung standen, aber immer noch so viel Pollen enthielten, dass eine Selbstbefruchtung
leicht möglich war. Letztere wurde hier noch dureh die bedeutendere Höhe der Antheren erleichtert.
Bei gleicher Höhe von Antheren und Narben ist auch bei Homogamie wegen der späteren extrorsen
Stellung ?) der Antheren Selbstbefruchtung sehr erschwert.
5. Erythraea Centaurium L.
Die Blüthe variirt bei dieser Art bedeutend in der Grösse. Noch mehr aber varürt die Länge
des Stempels, wie schon von mehreren Beobachtern hervorgehoben wurde. Der Stempel, weleher gewöhn-
lich etwas seitwärts aus der Blüthe gebogen ist, erreicht in vielen Fällen die Länge der Antheren oder
überragt die Antheren sogar noch etwas. In vielen anderen Fällen ist er aber ganz kurz und ragt wenig
aus dem Blüthengrunde hervor. Zwischen diesen beiden Extremen liegt eine grosse Zahl von Mittelformen.
Die Länge der Staubgefässe ist nur von der Grösse der Blüthe abhängig, varıirt aber nieht oder nur unbe-
deutend, wie schon Kirchner?) angiebt, in (gleich grossen) Blüthen mit verschiedener Stempellänge. Die
Antheren sind gewöhnlich mit den Narben zu gleicher Zeit entwickelt, in manchen Fällen, vorzüglich bei
den kurzgriftligen Blüthen, ist aber auch schwache Proterandrie vorhanden. Selbstbefruchtung wird dadurch,
dass sich die Staubgefässe und Stempel (wenigstens in den langgrifligen Blüthen) vielfach nach verschie-
denen Seiten aus der Blüthe biegen, erschwert. Der Insektenbesuch ist selbst bei heissem Wetter sehr
gerimg. — Die Blüthen mit verschiedener Griffellänge kommen nieht nur auf verschiedenen Individuen,
sondern, obwohl nicht gerade häufig, auf demselben Individuum, sogar in denselben Intloreseenzen vor.®)
Die Längenunterschiede sind in diesen Fällen in der Regel jedoch nicht bedeutende.
Verschiedenartige Pollenkörner, wie Wilson°) angiebt, habe ich bei den beiden Formen noch
nicht finden können. Die zahlreichen Zwischenformen lassen auch an einem solehen Vorkommen zweiteln.
6. und 7. Erythraea ramosissima Pers. und Erythraea linarüifolia Pers.
bieten dieselben Verhältnisse. Bei ramosissima ist vorzüglich die kurzgriffelige Form sehr häufige.
!) Alpenblumen 8. 343.
?) Dieselben sind auch hier, wie bei den beiden vorhergehenden Arten, ursprünglich vollständig intrors. Vergl. auch
Vaucher.a.a OÖ. tom. III. S. 411.
9) u.a. ©. S. 63—64.
%) Kirchner (a. a. O.) sah sie nur auf verschiedenen Individuen.
5) Nature Nr. 462 S. 509.
Borraginaceae Desv.
1. Anchusa offieinalis L.
Das Verhalten dieser Art scheint, wie schon Müller!) hervorhebt, in den verschiedenen Gegenden
ein verschiedenartiges zu sein.
Bei Halle und in den angrenzenden thüringischen Gegenden sah ich im Sommer 1856 fast nur
Exemplare, bei denen die Narbe wenig, höchstens 1 mm, die sehr hoch in der Kronröhre, oft dieht unter
dem Saume desselben inserirten Staubbeutel, überragt. Sehr häufig findet sich dieselbe sogar vollständig
‚in gleicher Höhe mit den Antheren, seltener tiefer. Diese letztere Lage der Narbe kommt weniger durch
eine geringere Länge des Griffels, sondern ist, wie mir scheint, meist nur durch eine noch höhere Inser-
tion der Staubfäden veranlasst.
Manchmal sind die Antheren freilich auch etwas tiefer in der Kronröhre inserirt, so dass sie also
der Stempel ein wenig mehr überragt. So tief aber wie Müller?) die Antheren abbildet, sah ich sie nie,
selbst nicht an getrockneten Blüthen aus anderen Gegenden.
Die hiesige Form scheint gleichsam ein Mittelglied zwischen Warming’s?) lang- und kurz-
griffeligen Formen zu sein, welche ich ausgeprägt noch nicht sah. Solche Mittelglieder fand dieser
Forscher auch m Dänemark.
In denjenigen Blüthen, bei denen Narben und Antheren in gleicher oder fast in gleicher Höhe
vorkommen, ist wegen der gleichzeitigen Entwieklung beider Geschlechtstheile spontane Selbstbefruchtung
fast unvermeidlich. Letztere wird auch noch oft dadurch herbeigeführt, dass die Corollen gewöhnlich
frühzeitig ausfallen und so die Narbe nothwendig, wenn sie auch die Antheren überragt, diese streifen muss.
Bei der hiesigen Form wird auch bei Insektenbesuch Bestäubung mit eigenem Pollen herbeigeführt,
selbst in denjenigen Blüthen, in denen die Narbe die Antheren ein wenig überragt. Ja sogar in solchen
Blüthen, in denen die Antheren sehr tief stehen, tritt bei Inseetenbesuch wohl oft Bestäubung mit
eigenem Pollen ein, da fast immer durch die Schlundklappen etwas Pollen auf die Narbe abgestreift wird.
Freilich bleibt stets an den Mundwerkzeugen der Insekten so viel haften‘), dass in den besuchten
Blüthen auch Fremdbestäubung herbeigeführt wird.
Neben der grossblüthigen Form findet sich auch eine kleinblüthige, deren Corollen nur halb so
gross sind. Sie blüht das ganze Jahr hindurch, nieht wie in Dänemark nur im Herbst, und besitzt An-
theren und Narben in gleicher Höhe, wie es auch dort der Fall ist.
In manchen Blüthen dieser Form geht eine Reduction der Antheren vor sich, so dass sie gleich-
sam als ein Uebergang zu einer rein weiblichen, kleinblüthigen Form aufzufassen ist.
!) Alpenblumen S. 262.
?) Befr. der Blumen S. 269.
®) Botanisk Tidsskrift. 3. Raekke 2. B. (1877) S. 115—116.
*, Dass nicht aller Pollen verloren geht, wie Tullberg (Bot. Notiser 1868, S. 14) behauptet, hat schon Müller
(weitere Beobachtungen III S. 15—16) erklärt.
5) Warming a. a. OÖ.
2. Echium vulgare L.
Die Blütheneinrichtung dieser Pflanze ist schon von H. Müller!) ausführlich beschrieben worden.
Die grössten hermaphroditischen Blüthen sind mehr als doppelt so gross als die kleinsten.
Die Pflanze schwankt zwischen ausgeprägter und schwacher Proterandrie; vollständig homogame
Blüthen sind schr selten. Auch die Länge des Stempels varürt; gewöhnlich überragt er die oft sehr
ungleich langen Staubgefässe.
Schon in den hermaphroditischen Blüthen sind oft einzelne Staubgefässe etwas verkürzt und ihre
Antheren verkrüppelt. Diese Verkümmerung kann sämmtliche Staubgefässe betreffen, so dass rein weib-
liche Blüthen entstehen.
Die weibliche Form wurde schon ausführlich von Darwin?) behandelt. Müller?) kennt sie
wunderbarer Weise nieht, obgleich sie in grosser Zahl bei seinem häufigen Aufenthaltsorte Mühlberg
bei Erfurt vorkommt.
Die Grösse dieser weiblichen Blüthen varürt ebenfalls bedeutend, doch fand ich zwei Grössen-
verhältnisse besonders häufig und stellenweise ohne irgend welche Uebergänge.
Grossblüthige weibl. Form. Kleinblüthige weibl. Form.
Öberlippe . . . 11—14 mm. 7—9 mm.
Länge der Blüthenkrone { pl on / ne
Unterlippe . . 6—5 mm. \ 4!1/a—5 mm.
Oeffnung der Blüthe . 2. 2.2.2. 6—5 mm. 41/e—5 mm.
Länge des Stempels . . 2... 15—19 mm. 10—12 mm.
Die Staubgefässe der weiblichen Blüthen sind gewöhnlich sehr verkürzt, manchmal auf ganz
kleine Höcker redueirt.
Der Griffel erinnert oft durch sein Zurückbleiben in der Entwiekelung an die hermaphroditisch®
proterandrische Stammform. Am auffälligsten ist dies bei der grossblüthigen Form.
Ausser an dem oben erwähnten Standorte kommt die Pflanze auch noch an sehr vielen anderen
Stellen in Thüringen und bei Halle a. S. vor. An manchen Orten, so z. B. zwischen Gross-Monnra
und Burgwenden bei Cölleda kommt nur die weibliche Form, diese aber in Menge vor.
Manchmal sind die weiblichen Blüthen pelorisirt.
Neben der rein weiblichen Form findet sich, doch nur an sehr wenigen Orten in grösserer Zahl,
eine andere, welche weibliche und hermaphroditische Blüthen besitzt. Die ersteren finden sich gewöhn-
lieh dann im oberen Theile der Inflorescenz oder an den Nebenaxen.
Solanaceae Juss.
Datura Stramonium L.
Die Blüthenkrone der hallischen Exemplare variirt gewöhnlich zwischen 55 und 65 mm in der
Länge. Die Krone erweitert sich nach oben trichterförmig , so dass ihr oberer Saum 60—65 mm
lang ist, während der untere nur 12—16 mm misst. Sie ist gefaltet, die Falten laufen je in
1) Befr. d. Blumen S. 264—265.
?) Verschiedene Blüthenformen S. 264—265 (d. deutsch. Uebers.).
®) Alpenblumen S. 262.
Schulz, Bestänbungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen. 10
BD Te
eine 3—5 mm lange pfriemenförmige Spitze aus. In Folge dieser Faltung kann sich die Blüthe sehr
eng zusammenziehen; ich sah sie bei trübem Wetter immer fast ganz geschlossen.
Die Filamente, welche an der Basis etwas verbreitert sind, so dass’sie den ganzen unteren Saum
der Krone einnehmen, sind zur Hälfte mit der Krone verwachsen. Oberhalb ihrer Ablösungsstelle
krümmen sie sich, nachdem sie sich vorher verschmälert haben, nach der Blüthenmitte, dann nach der
Kronenwandung und endlich wiederum nach der Blüthenmitte zu, so dass die Antheren dicht bei einander
stehen.
Der Griffel, an der Spitze auf zwei Seiten ungefähr 5 mm weit mit Papillen bedeckt, varürt
nicht bedeutend in der Länge. Gewöhnlich liegt seine Narbenpartie zwischen den Antheren, manchmal
ragt dieselbe aber auch etwas über die Antheren hnaus. Dies kommt weniger durch Verlängerung des
Stempels, als vielmehr durch eine in Folge stärkerer Krümmungen hervorgerufene Verkürzung der Filamente.
Da die Blüthen vollständig homogam sind und die Narben in den meisten Fällen die introrsen
Antheren berühren, so ist spontane Selbstbefruchtung unausbleiblich. Durch oftmaliges Schliessen der
Blüthen wird dieselbe noch befördert.
Honig konnte ich nicht auffinden.
Scrophülariaceae Juss.
Bartsia alpina L.
Die Blüthe dieser Pflanze ist schon ausführlich von Hermann Müller!) beschrieben worden.
Im Riesengebirge, wo ich Gelegenheit hatte, sie zu untersuchen, fand ich in manchen Punkten
die Verhältnisse etwas anders als Müller m den Alpen. Die Blüthen sind auch hier in der Regel
proterogynisch ?), doch bei Weitem nicht so bedeutend» als in den Alpen. Der Griffel ragt aus der
Knospe bald mehr, bald weniger hervor, doch entwickeln sich die Papillen der Narben erst während
des Aufblühen oder nach demselben, einzeln sogar erst zugleich mit dem Anfang des Ausstäubens der
Antheren.
Zur Zeit der Blüthenöffnung ist die Krone ungefähr 12—16 mm lang, während des Blühens
wächst sie aber bis auf 17—20 mm aus. Da sich der Stempel in dieser Zeit wohl nur noch wenig
verlängert, so wird er allmählich ganz in die Krone hereingezogen, so dass in den meisten Fällen zuletzt
der Narbenknopf auf die Antheren zu liegen kommt. Da das Ausstäuben sehr langsam erfolgt und auch
nach demselben immer noch etwas Pollen in den Antherenhaaren haften bleibt, so wird in vielen Fällen
spontane Selbstbestäubung eintreten. Die fast homogamen Individuen’ sind dieser weniger ausgesetzt, da
zur Zeit, wenn die Narbe auf die Antheren zu liegen kommt, die Verstäubung stets vollendet ist und
so eine Bestäubung nur durch den etwa anhaftenden Pollen vollzogen werden kann.
Die Narbe scheint zur Zeit der Berührung noch immer befruchtungsfähig zu sein.
Ob sich alle Blüthen im Riesengebirge im diesem Zustande befinden, vermag ich nicht zu sagen.
Alle, welche ich im Juli 1886 am kleinen Teiche untersuchte, zeigten die beschriebenen Verhältnisse
!) Alpenblumen $. 283—284.
?) 80 auch Ricca, Atti vol. XIV. fasc. IV. S. 260. Er sagt: „Proterogina al sommo grado*.
mehr oder weniger deutlich. In Grönland und in Norwegen finden sich nach Warming!) lang- und
kurzgriftelige Formen, von denen die letzten sich selbst befruchten. Die letztere Form wird im
Riesengebirge gleichsam durch eine zeitweilige Kurzgriflligkeit ersetzt.
Labiatae Juss.
1. Lyecopus europaeus L.
Die Einrichtung der hermaphroditischen Blüthen ist schon von H. Müller?) ausführlich
beschrieben und abgebildet worden.
Dieselben sind ungefähr 3—4 mm lang und am Eingange 2Va—B mm weit und entweder gleich-
förmig weiss: gefärbt oder an der Unterlippe mit rothen Flecken versehen.
Die beiden oberen Staubgefässe sind stets auf kurze, antherenlose Gebilde reduzirt, die anderen
beiden überragen in der Regel die Blumenkrone ein wenig. In manchen Fällen sind ihre Filamente aber
ganz verkürzt, so dass die Antheren, welche normal gross sind und reichlich Pollen enthalten, sitzend sind.
Die Blüthen sind ausgeprägt proterandrisch. Der zur Zeit des Ausstäubens der Antheren die Krone
nicht überragende Stempel verlängert sich bis auf 4 mm und scheint in den Blüthen mit sitzenden
Antheren constant ein wenig länger zu sein als in den übrigen.
Die weiblichen Blüthen sind in der Regel kleiner als die hermaphroditischen, vielfach nur !
'q bis
1 mm lang. Ihre Filamente sind fast immer reduzirt, so dass «lie gewöhnlich viel kleineren Antheren,
welche keinen Pollen enthalten, sitzend sind. Manchmal sind die Filamente jedoch auch etwas entwickelt,
doch kommen auch Blüthen vor, in denen Filamente und Antheren fast vollständig geschwunden sind.
In vielen Fällen zeigen die weiblichen Blüthen das von ihren proterandrischen, hermaphroditischen
Vorfahren ererbte Verhalten, dass der Stempel sich erst längere Zeit nach dem Oeffnen der Blüthe
entwickelt, sehr deutlich.
Auch in den hermaphroditischen Blüthen ist nicht selten das eine der beiden. Staubgefässe
verkümmert.
Die weibliche Form fehlt in einzelnen Gegenden ganz, in anderen dagesen (Halle a. S., Eisleben,
Hettstedt, Nord- und Mittelthürimgen) ist sie vorhanden.
Rein weibliche (also solche, die nur weiblichen Blüthen tragen) Individuen sind freilich auch in
diesen Gegenden nicht gerade allzu häufig; auffälliger Weise sind es gerade die kräftigsten und blatt-
reichsten Exemplare. In den meisten Fällen finden sich vielmehr hermaphroditische und weibliche
Blüthen auf demselben Stocke veremigt. Gewöhnlich stehen bei diesen Individuen in den unteren Quirlen
nur hermaphroditische, in den oberen Quirlen nur weibliche Blüthen, oder es befinden sich in sämmtlichen
Quirlen der unteren Nebenaxen (und auch oft der Hauptaxe) nur hermaphroditische, an den oberen Neben-
axen nur weibliche Blüthen.
!) Oversigt over d. k. d. Vidensk. Selsk. Forhandl. 1886, S. 107 (S. 7 d. Sep.) figde. Franz. Resume Seite XXVI.
(II. d. Sep.)
®?) Befr. d. Blumen $. 328—329,
10*
a
Vielfach kommt es auch vor, dass, wenn weibliche und hermaphroditische auf derselben Axe, die
einen aber in den oberen, die anderen in den unteren Quirlen vorhanden sind, an den Uebergangsstellen
sich hermaphroditische und weibliche Blüthen in denselben Quirlen vorfinden. Eine bestimmte Regel
für die Vertheilung der beiden Formen in den Quirlen habe ich in diesem Falle nieht auffinden können.
Die kleinsten und kümmerlichsten Exemplare welche ich sah, waren Hermaphroditen. Es scheint
also bei dieser Pflanze eine gewisse Correlation zwischen Ausbildung der vegetativen und der fructificativen
Organe vorhanden zu sein.
2. Mentha silvestris L.
Die hermaphroditischen Blüthen sind ungefähr 3 mm lang. Eben so gross ist gewöhnlich auch
ihre Oeffnung. i
Die Staubgefässe sind in der Regel etwas länger als die Corolle, doch kommen auch nicht selten
(wie bei der vorigen Art) solche mit ganz verkürzten Filamenten, also sitzenden Antheren vor. Letztere
sind eben so gross wie die der Staubgefässe mit langen Filamenten.
Die Blüthen sind ausgeprägt proterandrisch. Der Stempel, welcher in ausgewachsenem Zustande
5—6 mm Länge hat, ragt zur Zeit des Ausstäubens der Antheren nicht aus der Blüthe hervor.
Neben den hermaphroditischen Blüthen kommen auch weibliche vor. Letztere sind oft
nur unbedeutend klemer als die hermaphroditischen. Ihre Filamente sind ganz reduzirt und die kleinen
pollenlosen Antheren vollständig sitzend. In einzelnen Fällen sind auch die Antheren gänzlich verschwunden.
Häufig finden sich hermaphroditische Blüthen, in denen einige Staubgefässe reduzirt sind.
Vollständig weibliche Individuen sind bei Mentha silvestris noch seltener (wenigstens an den
oben erwähnten Orten) als bei Zycopus europaeus. Auch solche, bei denen die beiden Formen bestimmte
Partien der Inflorescenz einnehmen, sind nicht häufig anzutreffen. Gewöhnlich finden sie sich in demselben
Halbquirle vereinigt, ohne dass eine bestimmte Anordnung vorhanden wäre.
3. Mentha rotundifolia L.
Sowohl in der Blütheneinrichtung als auch in der Geschlechtsvertheilung mit der vorigen Art
übereinstimmend.
4. Mentha arvensis L.
Diese Art ist von H. Müller!) ausführlich beschrieben worden. Ich kann nur hinzufügen, dass
auch bei ihr, obwohl rein weibliche Stöcke äusserst häufig sind, Individuen mit beiden Blüthenformen
nicht allzu selten vorkommen.
Die Behauptung Hermann Müllers (a. a. OÖ. S. 330), dass die weibliche Form zuletzt von
den Insekten besucht werde, fand ich, wenigstens bei Halle, nicht bestätigt. Die grosse Anzahl der in
einem Blüthenstande vereinigten Blüthen ersetzt die geringere Augenfälligkeit der einzelnen Blüthe, so
dass eine weibliche Pflanze nur um ein Geringes weniger augenfällig ist, als eine hermaphroditische.
‘) Befr. d. Blumen S. 329—330.
Sau =
Auf die Insekten hat dies gar keinen Einfluss. Pflanzen mit hermaphroditischen und weiblichen Blüthen
sind vollends fast gar nicht von hermaphroditischen zu unterscheiden.
5. Mentha gentilis L.
Bei dieser Art, die stellenweise in Thüringen (z. B. bei Cölleda) sehr zahlreich auftritt, scheint
die weibliche Form in bedeutender Ueberzahl, ja stellenweise ganz allein vorhanden zu sein. Pflanzen
mit beiden Blüthenformen sah ich nur in geringer Anzahl.
6. Mentha aquatica L.
Auch bei dieser Art sind Individuen mit beiden Blüthenformen selten. Selbst rein weibliche
kommen, wie schon Müller!) angiebt, nicht häufig vor.
7. Salvia pratensis L.
Die eigenthümliche Blütheneinrichtung dieser Art wurde schon von C. Sprengel?) und
Hildebrand?) ausführlich beschrieben.
°
Bis auf Müller“) aber wurde das Vorkommen von weiblichen Blüthen, welches ja schon nach
Analogie mit den übrigen Labiaten zu erwarten war, übersehen 5), Diese weiblichen Blüthen resp. Stöcke
kommen nicht nur in den Alpen vor, wo sie Müller auffand, sondern in ganz Deutschland ®) und zwar
stellenweise in so grosser Anzahl, dass sie mindestens !/a der gesammten Zahl ausmächen.
Die hermaphroditische sowohl wie die weibliche Form kommt in zwei, durch verschiedene Grösse
der Blüthen ausgezeichneten und durch Uebergänge verbundene Gruppen vor. Ausserdem kommen sowohl
hermaphroditische als auch weibliche Blüthen auf demselben Individuum vereinigt vor.
1. Grossblüthige hermaphroditische Form.
Die Länge der Corolle beträgt ea. 27—29 mm, ihre Oeftnung ca. 9—10 mm, die Länge des Connec-
18 mm, diejenige des Stempels 32—42 mm.
tives 15
Die Blüthen sind bald mehr, bald weniger proterandrisch, oft auch ganz homogam. Im letzteren
Falle ist bei Langgriffligkeit, da sich die Narbe in der Fallrichtung des Pollens befindet, spontane
Selbstbefruchtung möglich.
!) Befr. d. Blumen S. 330.
2) a. a. O. S. 58 figde,
®) Pringsheims Jahrbücher für wissenschaftl. Botanik, Bd. IV. (1865— 1866) 8. 453—458.
*) Alpenblumen 8. 315—316.
5) Ausser von Axell (a. a. ©. $. 45 Anmerk. 1), welcher sich aber nieht deutlich darüber ausspricht.
®) Vergl. auch Potonie, Sitzungsb. der Gesellschaft naturf. Freunde etc. Berlin 1880.
?) Die Behauptung Hildebrands, dass die Blüthen stets proterandrisch seien, ist somit nicht richtig.
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2. Kleinblüthige hermaphroditische Form.
Neben der grossblüthigen kommt fast überall!) eine kleinblüthige Form vor, deren Blüthenkrone
nur 16—23 mm lang ist und eine Oeffnung von 6—8 hat. Die Conneetive messen 8—16 mm, der ent-
wickelte Stempel 25—35 mm.
Der grösste Theil dieser Pflanzen ist homogam oder schwach proterandrisch, seltener sind sie
ausgebildet proterandrisch.
Bei Langgrifllichkeit ist spontane Selbstbestäubung leicht möglich.
Manchmal sind grosse und kleine Blüthen auf demselben Individuum vereinigt und zwar sind die
kleinen (homogamen) die Seiten-, die grossen (proterandrischen) die Mittelblüthen der Halbquirle.
3. Grossblüthige weibliche Form.
Länge der Blüthenkrone 19—24 mm, Höhe 6—7 mm.
Die Länge der Stempel beträgt 28—34 mm. Die Connective variiren bedeutend, durchschnittlich
sind sie 6 mm lang; ganz reduzirte scheinen bei dieser grossblüthigen Form nieht vorzukommen. Auch
das Hebelwerk variirt in Grösse und Ausbildung; die Antheren sind oft normal gross, doch ohne ent-
wickelten Pollen.
Durch die Reduktion der Conneetive ist die geringe Höhe dieser Form im Verhältniss zu der
vorigen, deren Blüthenlänge ja oft eine viel geringere ist, zu erklären. Der obere Rand der Oberlippe
erscheint auch in Folge dessen bei weitem nicht so gebogen als bei der hermaphroditischen Form.
4. Kleinblüthige weibliche Form.
Länge der Blüthenkrone 10—15 mm, Höhe 5—6 mm. Connective gewöhnlich 3—4 mm lang;
doch auch fast ganz geschwunden. Antheren immer ganz winzig.
Der 20—25 mm lange Stempel ragt oft in Folge der geringen Grösse der Corolle weit aus der
Blüthe hervor. Die Narbenlappen sind wie bei der vorigen Form kürzer und breiter als die der herma-
phroditischen Blüthen und rollen sich auch viel mehr ein als diejenigen letzterer Form).
Neben den Stöcken, welche nur Blüthen einer der beschriebenen Formen tragen, kommen, wie
schon erwähnt, auch solche vor, welche weibliche und hermaphroditische besitzen. Die verschiedenen
Blüthenformen pflegen entweder in verschiedenen Quirlen zu stehen und dann befinden sich die weib-
lichen gewöhnlich an der Spitze der Inflorescenz oder sie stehen in denselben Quirlen und dann sind
gewöhnlich die Seitenblüthen der meist 3blüthigen Halbquirle weiblich. Auch sind oft in den unteren
Quirlen hermaphroditische und weibliche, in den oberen nur weibliche Blüthen vorhanden.
8. Salvia silvestris L.
Die Schwankungen in der Blüthengrösse sind bei dieser Art ebenso bedeutend als bei der vorigen.
Es kommen auch bei ihr nicht nur gross- und kleinblüthige hermaphroditische und weibliche Stöcke
!) Oft tragen auch die Nebenstengel der grossblüthigen Form nach der Heuernte solche Blüthen.
*) Diese Eigenschaft der Narben der weiblichen Labiatenblüthen erwähnt schon Darwin (verschiedene Blüthenformen’
bei Pflanzen der nämlichen Art $. 259 der deutschen Uebers.) bei Thymus Serpyllum, wo ich sie allerdings nur selten
beobachtete.
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vor, sondern auch Individuen, die hermaphroditische und weibliche Blüthen in denselben oder in getrennten
Quirlen besitzen, gehören (wenigstens bei Halle und in Nordthüringen) nieht zu den seltenen Erscheinungen.
1. Grossblüthige hermaphroditische Form.
Länge der Corolle 10—12 mm, Oeffnung 4—5 mm, Länge des Connectivs 6 mm, Länge des Stem-
pels 14—16 mm. Die Narbenäste sind schmal und zugespitzt. Die Blüthen sind meist ausgeprägt prote-
randrisch. Häufigste Form.
2. Kleinblüthige hermaphroditische Form.
Länge der Corolle 7—-8 mm, Oeffnung derselben 2
3!/g mm, Länge der Conneetive 3'/s—D5 mm.
Länge des Stempels 12—15 mm, in Folge der kürzeren Corolle weiter als bei der vorigen Form aus der
Blüthe hervorragend.
Die Blüthen sind, namentlich bei spät blühenden Pflanzen, schwach proterandrisch oder ganz homogam.
Neben diesen Formen kommt, allerdings nur stellenweise (so z. B. bei Halle am salzigen See
bei Rollsdorf, bei Eisleben u. s. w.), eine dritte vor, welche mittelgrosse Blüthen trägt. Diese sind voll-
ständig homogam und besitzen einen auffällig kurzen Stempel. Die Narben befinden sich unmittelbar
zwischen den Antheren, so dass Selbstbefruchtung unvermeidlich ist. Wegen der geringen Ausbildung
des Stempels könnte man auch annehmen, dass hier em Uebergang zu einer rein männlichen Form vor-
läge. Leider war es mir nieht möglich, festzustellen, ob die Pflanzen entwickelte Früchte produziren.
3. Grossblüthige weibliche Form.
Länge der Krone 9—11 mm, Oeffnung derselben 3—4'/g mm. Länge des Conneetivs im ausgebildetsten
Zustande 3—4 mm. Antheren wenig kleiner, als die normalen, doch pollenlos. Stempel 10—12 mm lang.
Narben oft sehr breit und spiralig eingerollt. Schr häufig und überall, wo die Pllanze sich findet.
An einzelnen Stellen im Nordthüringen (z. B. bei Cölleda), wo die Pflanze nur eingeschleppt ist, die
einzige Form. Es geht deshalb die Art an diesen Orten stets nach emer Reihe von Jahren zu Grunde.
4. Kleinblüthige weibliche Form.
Länge der Blüthenkrone 5—8 mm, Oeffnung ungefähr 2/’g mm. Länge des Connectivs weit geringer
als bei der vorigen Form; ganz reduzirte Connective sind ebenfalls anzutreffen. Der Stempel ist 10—12 mm
lang, Narben sind breit und spiralig eingerollt.
Beide weiblichen Formen pflegen auf verschiedenen Stöcken vorzukommen. Auch in dem Falle, das
weibliche mit hermaphroditischen auf demselben Individuum vereinigt sind, kommen gewöhnlich nur gross-
blüthige hermaphroditische und grossblüthige weibliche und ebenso die beiden kleinblüthigen Formen
zusammen vor. Wie schon vorher gesagt, sind diese Verbindungen von hermaphroditischen mit weiblichen
Blüthen auf demselben Individuum sehr häufig. Beide Blüthenformen kommen wie bei der vorigen Art bald in
denselben, bald in verschiedenen Quirlen vor und dann an derselben Axe oder auf verschiedenen. Die Zahl der
vorkommenden Combinationen ist sehr gross, drei der häufigsten Fälle sind in Fig. 11—14 schematisch
dargestellt.
9. Salvia verticillata L.
Auch diese Art wurde schon von Hildebrand!) beschrieben und abgebildet.
Die Grösse der Blüthe varirt ebenfalls, doch war ich nieht im Stande, von dieser in Mittel-
thüringen sehr verbreiteten Pflanze bestimmte Grössenformen (weder bei den hermaphroditischen noch
bei den weiblichen Blüthen) aufzufinden.
Die Länge der Krone der hermaphroditischen Form beträgt ea. 10 —15 mm, die Oeffnung 3—5 mm.
Der Stempel misst ca. 11—16 mm.
Die Staubgefässe sind hier anders gebildet als bei den beiden vorher beschriebenen Arten. Das
bei diesen nur sehr wenig ausgebildete Filament ist bedeutend entwickelt. Von dem Connectiv stellt der
obere Theil eine Verlängerung des Filaments dar und trägt die Anthere, der untere ist in Form einer
geraden Spitze entwickelt, die aber nicht die Länge des Filamentes erreicht. Beide Antheren liegen
dieht aneinander und sind in zahlreichen Fällen, entgegen der Hildebrand’schen?) Angabe, vollständig
miteinander verwachsen. In Folge der veränderten Einrichtung des Conneetivs kann, wie Hildebrand
ausführt, eine Bewegung der Antheren, wie bei den anderen Arten, nicht stattfinden. Zu Anfang des
Aufblühens bilden Oberlippe und Kronröhre fast eine gerade, nur durch eine Einbuchtung unterbrochene
Linie, und der Stempel liegt zu dieser Zeit mit unentwickelten Narben dicht unterhalb der Antheren. All-
mählich richtet sich die Oberlippe etwas auf, so dass zwischen Oberlippe und Kronröhre ein Winkel entsteht
und der noch etwas wachsende Stempel bewegt sich nach unten, bis er zur Zeit der Entfaltung seiner N. arben,
zu welcher Zeit die Antheren mancher Blüthen erst verstäuben — bei den meisten findet dies jedoch sofort
nach der Oeffnung der Blüthe statt — etwas über die Antheren herausragt, also nicht mehr in der Fall-
richtung des Pollens liegt. Später krümmt er sich gewöhnlich noch ein wenig nach unten. Wie schon Hilde-
brand angiebt, ist die Oberlippe in Folge ihrer Einschnürung an der Basis leicht beweglich, so dass sie von
den die Pflanze besuchenden Insekten bequem in die Höhe gehoben wird, und die Antheren dann vollständig
frei liegen. Gewöhnlich klappt nach beendigtem Besuche die Oberlippe wieder herab, oft bleibt sie
jedoch in dieser Lage. Im letzten Stadium der Blüthe scheint dieser Vorgang auch ohne Insektenhülfe
vor sich zu gehen, da manche Blüthen, trotzdem ihre Antheren keinen Insektenbesuch erkennen lassen,
hochgeklappte Oberlippen besitzen.
Neben der hermaphroditischen Form kommt an vielen Orten Mittelthüringens oft in grosser Zahl
eine weibliche vor.
Die Blüthen derselben, ebenfalls in Grösse variirend, sind im Durchschnitt 5—9 mm lang, ihre Oeff-
nung beträgt 2 bis 4 mm. Der Stempel ist ungefähr 11 mm lang. Die Filamente sowie die Conneetive sind in
der Regel ganz verschwunden, so dass die weissen, oftmals fast die Grösse der normalen erreichenden, aber
gänzlich pollenlosen Antheren unmittelbar der Blumenkrone aufsitzen. In Folge dieser Nichtentwieklung der
Staubfäden bleibt die Blüthe oben flach und die Oberlippe, welche in derselben Weise wie die der hermaphro-
ditischen Form an ihrer Basis verschmälert ist, erhebt sich nicht mehr und schlägt sich auch nicht mehr
selbstständig zurück.
!) a. a. O. S. 466—468 und Taf. XXXII., Fig. 26—30.
®) a.a. O0. S. 466.
a ee
Hierzu kommt noch, dass gewöhnlich die beiden Zipfel der Unterlippe sich nach oben schlagen,
sodass der Eingang der Blüthe fast ganz verschlossen ist und nur für den Austritt des Stempels ein
geringer Raum übrig bleibt.
Wie die Insekten diese Form ausbeuten,, habe ich leider nie zu beobachten Gelegenheit gehabt.
Die Blüthen beider Formen, welche im weit grösserer Zahl als bei den beiden vorigen Arten in
jedem Halbquirle vereinigt sind, nehmen eine einseitige Stellung an.
10. Origanum vulgare L.
Die hermaphroditischen Blüthen, in der Grösse vielfach variirend, sind durchschnittlich 7 mm
lang; ihre Oeffnung beträgt ca. 3—4V/g mm. Die längeren Staubgefässe sind 5 mm lang und ragen weit
aus der Blüthe hervor, die kürzeren sind 3 mm lang und ragen nur bis zum Rande der Krone. Die
Länge des Stempels variirt zwischen 7 und 9 mm.
Eine Selbstbefruchtung ist wegen der ausgeprägten Proterandrie fast immer ausgeschlossen.
In vielen hermaphroditischen Blüthen ist ein Theil der Staubgefässe mehr oder weniger reduzirt.
Die weiblichen Blüthen sind durchsehnittlich 4 bis 5 mm lang, ihre Oeffnung beträgt 2—2V/2 mm.
Der Stempel ragt gewöhnlich weit aus der Blüthe hervor und ist 6 bis 8 mm lang. Die Filamente sind
meist sehr verkürzt, die Antheren fehlen oftmals ganz.
Hermaphroditische und weibliche Blüthen sind vielfach auf getrennten Individuen angeordnet,
in zahlreichen Fällen jedoch, wie bei den vorher beschriebenen Labiaten, auf demselben Individuum, ohne
dass eine der Formen in der Infloreseenz eine bestimmte Stelle inne hat. Die weiblichen Blüthen der
gynomonöeischen Exemplare fand ich durchschnittlich, wenn auch nur um ein Geringes, grösser, als die
der rein weiblichen.
Müller!) hat gelegentlich semer Erklärung der Entstehungsweise der weiblichen Blüthen «er
meisten Labiaten aus den hermaphroditischen die Behauptung aufgestellt, «dass die kleinblüthigen Exem-
plare später von den Insekten besucht würden, als die grossblüthigen. Bei dieser und bei ähnlichen
Arten trifft dies keineswegs zu, indem hier in Wirklichkeit die Insekten ebenso eifrig die kleinblüthigen
besuchen, als die grossblüthigen. In einiger Entfernung ist es überhaupt sehr schwer, wegen der zahl-
reichen Blüthen, welehe hier und bei ähnliehen Labiaten in den einzelnen Blüthenständen vereinigt sind,
die grossblüthigen von den kleinblüthigen zu unterscheiden. Auf diese Weise kann keineswegs (ie
Entstehung der weiblichen Blüthen erklärt werden.
11. T’hymus chamaedrys Fr.
Diese wie die folgende Art ist schon mehrfach der Gegenstand von Untersuchungen gewesen. ?)
Auch beı ihr kommt im Deutschland eine hermaphroditische und eine weibliche Form vor, deren
Häufigkeitsverhältnisse je nach den Gegenden variüiren. Ich will nur ein Beispiel dieser Art erwähnen.
Auf den Wegen und Abhängen zwischen Schmiedeberg und Krummhübel im Riesengebirge war (Sommer
1886) fast kein einziges hermaphroditisches Individuum zu sehen?), im Riesengrunde und an einigen
1) Befr. d. Blumen S. 319—320.
?) Vergl. deutsch. bot. Monatsschrift III. (1885) S. 152.
?} Siehe auch Stellaria graminea auf S. 20 —22,
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen. 11
og
anderen Stellen des Gebirgs dagegen, wo chamaedrys, wenn auch in einer etwas abweichenden Form
(alpestris Tausch nach Celakovsky') vorkommt, findet sich die weibliche Form äusserst spärlich, stellen-
weise, wie es scheint, gar nicht. Auch auf den Bergen Mittelthüringens und in der Umgegend von Halle
tritt eine solehe Variation in der Häufigkeit beider Formen stellenweise scharf hervor.
Dass nach den Jahreszeiten eine Veränderung in der Häufigkeit der in Blüthe stehenden Indi-
viduen der beiden Formen nieht stattfindet, davon habe ich mich jetzt vollständig überzeugt. Stellen-
weise blüht die hermaphroditische, stellenweise die weibliche Form zuerst. Es haben somit sowohl Ludwigs
Angaben?), als auch die meinigen®) ihre Richtigkeit nur für einzelne Loealitäten, wenn ich auch behaupten
muss, dass, wenigstens bei Halle, wo ich allein die Pflanze das ganze Jahr hindurch beobachten konnte,
das Verhältniss, wie ich es dargestellt habe, das bei weitem häufigere ist.
Die hermaphroditische Form variirt bedeutend in Grösse der Blüthen*) und ist meist ausgeprägt
proterandrisch, nur selten vollständig oder fast vollständig homogam. Vielfach, wie ich schon früher?) angab
und wie ich auch in der Folge bestätigt gefunden habe, findet man, dass die hermaphroditische Form
stellenweise. trotzdem sie doch mindestens eben so viel wie die weibliche von Insekten besucht wird, ver-
hältnissmässig sehr wenig reife Samen produzirt. Es ist möglieh, dass dieses Verhältniss auf die Aus-
bildung einer männlichen Form, wie sie Delpino®) und Ogle?) schon ausgebildet fanden, hinweist,
indem sieh dieselbe zuerst nieht in einer morphologischen, sondern in einer physiologischen Verkümmerung
des Stempels kundgiebt. Denkbar ist es aber auch, dass die geringe Samenbildung durch Bestäubung
der Blüthen mit Pollen anderer Blüthen desselben Individuums hervorgerufen wird, welche Gefahr bei
den Blüthen der weiblichen Stöcke ja in Fortfall kommt.
Die Behauptung Darwins®), dass die Samen der hermaphroditischen Form leichter seien als
die der weiblichen, ist nicht so allgemein zurückzuweisen, wie dies Errera und Ge raert’) gethan
haben. Ich fand in der That in vielen Fällen eine gleiche Anzahl Samen der weiblichen Form schwerer
(allerdings nicht bedeutend) als die der hermaphroditischen !").
Die weibliche Form hat in der Regel kleinere Blüthen. Die Staubgefässe sind in den meisten
Fällen ganz reduzirt, oder es sind nur die sehr verkleinerten Antheren erhalten.
Nur wenige Male sah ich unter vielen Tausenden von untersuchten Exemplaren hermaphroditische
und weibliche Blüthen auf demselben Stocke vereinigt.
») Flora 66. Jahrg. (1883) S. 120.
2) Zeitschrift f. d. ges. Naturwissenschaften 1879. S. 447 und deutsch. botan. Monatsschrift IV (1886) S. 14—15.
°) Deutsche bot. Monatsschrift III (1885) S. 156 u. 184—185.
*) Vergl. die Tabelle a. a. O. S. 153.
°) a. a. ©. 8. 153, vergl. auch Darwin, versch. Blüthenformen S. 261.
%) Sull’opera la distribuzione dei sessi nelle piante del prof. Hildebrand (1867) S. 7 Anm,
°) Popular science Review Jan. 1870, S. 54.
3) Verschiedene Blüthenformen bei Pflanzen der nämlichen Art S. 261 der deutschen Uebersetzung.
%) Bulletin de la Soc. bot. d. Belgique tom. XV. (1878) S. 135.
10) Letztere waren natürlich von solchen Exemplaren genommen, die reichlich Früchte trugen.
12. Thy. augustifolius Pers.
Während, wie angegeben, bei der vorigen Art die Staubgefässe in den weiblichen Blüthen meist
ganz reduzirt und die hermaphroditischen Blüthen nur im äusserst wenigen Fällen mit den weiblichen
auf einem Individuum vereinigt sind, sind bei dieser Art auf einem Individuum alle Grade der Staub-
fädenverkümmerung anzutreffen !) und fast ebensoviel Exemplare mit hermaphroditischen und weiblichen
Blüthen als rein weibliche vorhanden.
Im Uebrigen verhält sich diese Art ebenso wie die vorhergehende.
13. Olinopodium vulgare L.
Diese Art variirt bedeutend in der Grösse der hermaphroditischen und der weiblichen Blüthen,
sowie in der Vertheilung der beiden Blüthenformen.
Unter der hermaphroditischen Form lassen sich in Nordthüringen zwei Gruppen unterscheiden,
die aber dureh Zwischenglieder verbunden sind:
Die Blüthen der einen Form sind ca. 16—17 mm lang. Ebenso lang ist der Stempel. Die
Filamente messen 5 resp. 3 mm. Diese Blüthen sind in der Regel ausgeprägt proterandrisch.
Die Blüthen der anderen Form sind ca. 12—13 mm lang, ebenso lang ist auch der Stempel. Die
Filamente sind gewöhnlich 3”s resp. 1°/a—2 mm lang, oftmals fehlen sie jedoch fast gänzlich, so dass
die Antheren sitzend sind. Diese Blüthen sind schwach proterandrisch oder seltener homogam.
Die zweite Form ist etwas seltener als die erste.
Beide Blüthenformen finden sich, obwohl nur selten, auch auf ein und derselben Pflanze und
zwar ohne an bestimmte Regionen gebunden zu sein, vor.
Auch Blüthen, m denen einige Staubgefässe verkümmern, sind überall zahlreich vorhanden.
Neben den hermaphroditischen Individuen finden sich in grosser Menge und aller Orten weibliche.
Durch das eben erwähnte Vorhandensein der weiblichen Form wird der etwas unverständliche Satz von
H. Müller?) hinfällig: „Es ist dies (nämlich das Schwanken in der Entwicklung der Staubfäden in «len
hermaphroditischen Blüthen) bemerkenswerth, weil es uns zeigt, wie natürliche Auslese wirken könnte
und müsste, wenn auch hier bei ausgeprägter Proterandrie kleinblüthige?) Stöcke aufträten, welche
durehsehnittlich zuletzt besucht würden.“
Die Blüthen der weiblichen Form schwanken ebenfalls m der Grösse; sie sind gewöhnlich 10 bis
12 mm lang, ebenso lang ist auch ihr Stempel. Die Filament- und Antherenüberbleibsel variiren bedeutend
in Ausbildung und Grösse.
Die weiblichen Blüthen kommen sehr oft mit den hermaphroditischen auf derselben Pllanze vor.
Es giebt in der That Lokalitäten, an denen nicht ein Exemplar zu finden ist, welches nicht beide in
irgend einer Combination besässe.
!) Dasselbe fand Warming (Oversigt over d. K. D. Vidensk. Selsk. Forhandl. 1886, S. 110—113 [S. 10—13 d.
Separatabdr.]) bei der var. prostrata Hornem. auf Grönland. Seine instruktiven Figuren auf S. 11 lassen das sehr gut erkennen.
In einigen anderen Verhältnissen weicht die Pflanze von Grönland jedoch von der unserigen ab.
2?) Befr. der Blumen $. 325.
°) Diese kleinblüthigen Stöcke sind, wie oben gesagt, vorhanden, wenn auch nicht gerade sehr häufig, werden aber,
wie die weiblichen, nicht zuletzt besucht. Vergl. auch 8. 81.
11*
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Auffällig ist eine Form, die sıch z. B. auf der Schmücke zahlreich findet. Bei dieser sind die
Halbquirle meist armblüthig. Die eine der seitlichen Blüthen ist gewöhnlich vollständig hermaphroditisch und
normal gross. In den folgenden Blüthen geht nun die Reduktion allmählich vor sich. Bei der zweiten
Blüthe sind nur noch die an die erste grenzenden Staubfäden vollständig ausgebildet; die Blüthe ist
etwas kleiner als die erste. Bei der dritten sind auch die Staubfäden der anderen Seite verkürzt; die
letzte Blüthe (die äussere der anderen Seite) ist endlich vollständig weiblich und viel kleiner, oft nur
halb so gross als die erste.
Dieses Verhalten kann in allen Internodien einer Pflanze oder nur in einzelnen auftreten.
14. Nepeta Cataria L.
Auch diese Art besitzt hermaphroditische und weibliche Blüthen.
Die Länge der hermaphroditischen Blüthen beträgt ungefähr 7—8 mm, ihr Stempel ist durch-
schnittlich ebenfalls 7—8 mm lang. Die Narbe überragt bald die Antheren, bald findet sie sich in gleicher
Höhe mit ihnen. Die ausgeprägte Proterandrie schliesst eine spontane Selbstbefruchtung wohl stets aus.
Die weiblichen Blüthen sind nur 5—6 mm lang; ihr Stempel hat die Länge des der hermaphro-
dlitischen Blüthen. Sie finden sich theils auf besonderen Stöcken, theils mit den hermaphroditischen vereinigt.
Auch in den hermaphroditischen Blüthen sind hin und wieder einige Staubgefässe veduzirt;
stellenweise besitzt jedes Individuum eine Anzahl solcher Blüthen.
15. Glechoma hederacea L.
Bei dieser Art kommen stellenweise die weiblichen Stöcke m grösserer Zahl als die hermaphro-
ditischen vor. Auch solehe mit beiden Blüthenformen sind an vielen Orten nicht selten.
16. Stachys annua L.
Die Blüthe ist ungefähr S—10 mm lang, ihre Oeffnung ca. 5—6 mm weit. Die Länge des Stempels
beträgt 10—12, die der Filamente ungefähr 3—4 mm.
Die Narben sind schon in der Knospe oftmals geöffnet; sofort nach dem Aufgehen der Blüthe
springen auch die Antheren auf.
In der geöffneten Blüthe stehen die einzelnen Antheren neben der Narbe, die meist dieht unter
dem Rande der Oberlippe liegt. Spontane Selbstbefruchtung ist somit leicht möglieh. Nach einiger Zeit
fangen, wie dies auch bei anderen Stachysarten der Fall ist, die äusseren Staubgefässe an, sich im oberen
Drittel des Filamentes seitlich nach aussen zu biegen, bis sie endlich rechtwinklig aus der Blüthe herausstehen.
17. Betonica offieinalis L.
Meine Beobachtungen an dieser Pflanze weichen in einigen Punkten von denen Müller’s') ab.
Zunächst fand ich die Blüthen fast durehgehends grösser als Müller (9 mm gegen 7 mm in der Länge).
Die Krone fand ich (an ca. 40 Orten) bis auf einen kleinen, nur Bruchtheile eines Millimeters breiten
basalen Saum innen behaart, also nieht, wie Müller angiebt, im unteren , honighaltigen Theile nackt.
!) Befr. d. Blumen S. 316—318.
Die Blüthen pflegen nieht sehr proterandrisch, doch auch nur vereinzelt vollständig homogam
zu sein. Die Narben sind während des Verstäubens der Antheren der kurzen Staubfäden, welches nach
dem der langen erfolgt, meistens schon entwickelt. Spontane Selbstbefruchtung ist wegen der Nähe von
Antheren und Narbe leicht möglich. .
18. Marrubium eretieum Mill.
Die Halbquirle sind wenig- gewöhnlieh 6-blüthig.
Die Blumenkrone ist ungefähr 5—5"e mm lang. Ihre Oberlippe, fast rechteckig und an der
Spitze etwas ausgeschnitten, ist ca. 1a mm breit und etwas schräg aufwärts gerichtet. Die ca. 31/2 mm
breite Unterlippe ist 3-zipfiig. Ungefähr 2 mm vom Grunde ab ist das Innere der Kronröhre mit nach
der Oeffnung zu immer kürzer werdenden Haaren besetzt. — Die langen Filamente messen ungefähr
1 mm, die kürzeren Ya«—!/g mm. Die Antheren liegen unmittelbar hinter dem querovalen Eingang der
Blüthe und füllen denselben fast aus, so dass ein in das Innere vordringender Insektenrüssel sie stets
berühren muss. Der Griffel, an seiner Ursprungsstelle rechtwinklig nach oben gebogen, ist zur Zeit des
Ausstäubens der Antheren ungefähr 1Ys mm lang, wächst aber nachher in der Regel noch bedeutend,
ja selbst dann oft noch, wenn die Blüthe schon zu vertrocknen anfängt. Er erreicht auf diese Weise
oft eine Länge von 4 mm.
Die Narben, deren oberer Ast kürzer als der untere, etwas kahnförmig vertiefte ist, entfalten sich
gewöhnlich erst gegen Ende des Ausstäubens der Antheren, so dass die Pflanze schwach proterandrisch ist.
Wegen des Wachsthums des Stempels varlirt die Lage der Narbe während des Blühens. Anfangs
liegt. dieselbe vielfach unter den Antheren der kurzen Staubgefässe oder im Zwischenraum zwischen
diesen und denen der langen, gegen Ende rückt sie aber gewöhnlich über die Antheren der längeren hinaus.
In den meisten Fällen tritt wohl Selbstbefruchtung ein. Insekten bemerkte ich an den wenigen beobachteten
Exemplaren (an den klassischen Standorten bei Erdeborn und Wormsleben unweit Eisleben) nicht.
19. Ballote nigra L.
Auch bei dieser Art findet sich eine klemblüthigere weibliche Form, obwohl nicht häufig. Vereinzelt
treten auch Individuen mit hermaphroditischen und einzelnen weiblichen Blüthen auf.
20. Brunella vulgaris L.
Diese wie die folgende Art bieten grosse Mannigfaltigkeiten in der Grösse der Blüthen sowie
in der Vertheilung der hermaphroditischen und weiblichen Blüthen dar. Die Blüthen lassen sich aber
nieht, wie dies bei anderen Labiaten möglich war, nach der Grösse in verschiedene Gruppen bringen, da
sie zu sehr varüren.
Die hermaphroditischen Blüthen sind bei Halle und in Nordthüringen bald homogam (so fand
auch wohl H. Müller!)) bald mehr oder weniger proterandrisch (diese Form fand Kirehner?) allein).
Es scheinen somit die Verhältnisse nach den Gegenden zu varüren.
!) Befr. d. Blumen. S. 318—319.
®?) a. a. O. S. 58—59.
ES
Ob die homogame Form mit ihrem eignen Pollen fruchtbar ist, habe ich nicht beobachtet, bestäubt
wird sie mit demselben, auch bei Insektenabschluss wohl fast immer, da die Narbenäste sich seitlich
krümmen, so dass sie mit den Antheren m Berührung kommen.
Neben der hermaphroditischen Form kommt ganz allgemein (so fand es auch Kirchner [a. a. O.]
während Müller die weibliche Form als selten angiebt) eine weibliche Form vor. Kirchner unter-
scheidet bei derselben zwei Gruppen, je nach der Verkümmerung der Staubgefässe.') In hiesiger Gegend
lassen sich diese Formen wegen der grossen Variation nicht unterscheiden.
Die Narben der. weiblichen Blüthen sind breiter, als die der hermaphroditischen und meist
spiralig eingerollt.
Das Vorkommen von hermaphroditischen und weiblichen Blüthen auf demselben Individuum ist
bei dieser Art etwas seltener als bei der folgenden. Gewöhnlich sind die Mittelblüthen der dreiblüthigen
Halbquirle hermaphroditisch, die Seitenblüthen weiblich.
21. Br. grandiflora Jacq.
Die Einriehtung der hermaphroditischen Blüthe ist von H. Müller ausführlich beschrieben
worden.?) In hiesiger Gegend ist die Proterandrie gewöhnlich nicht sehr ausgeprägt, doch kommen auch
vollständig homogame Individuen nicht häufig vor.
Die Lage der Narbe ist eine sehr verschiedene, gewöhnlich liegt sie am Saum der Oberlippe
oder überragt denselben ein wenig, befindet sich also höher als die Antheren. Selbstbefruchtung ist des-
halb auch bei geringer Proterandrie wohl meist ausgeschlossen.
Die weibliche Form ist stellenweise sehr verbreitet. Die Blüthe variirt in der Grösse, gewöhnlich
hat die Krone eine Länge von 15—19 mm, der Stempel eine solche von 18—22 mm. Die Staubgefässe
sind in den grösseren Blüthen fast von der Länge der normalen, die spornartigen Spitzen aber sind oft sehr
reduzirt. Auch die Antheren sind von denen der hermaphroditischen Blüthen weit verschieden. Während
nämlich bei jenen die beiden Antherenfächer übereinander liegen, ist hier das untere Antherenfach um
die beide trennende Einschnürung gedreht, so dass es neben das andere zu liegen kommt. Auf diese
Weise liegen dann meist in den weiblichen Blüthen die Antheren nieht nebeneinander wie in den herma-
phroditischen, sondern die der längeren Staubgefässe über denen der kürzeren. In der Regel sind die
weissen Antheren wenig verkleinert und öffnen sich auch, obgleich sie pollenlos sind, wie die normalen.
Der Stempel ragt aus der Krone hervor. Seine Narbenäste sind breiter, als die der hermaphroditischen
Form und rollen sich meist spiralig auf.
Weit mehr als bei der vorigen Art ist bei dieser der Gynomonöeismus ausgeprägt, stellenweise
vertreten Exemplare dieser Art vollständig die rein weibliche Form. Die Mittelblüthen der Halbquirle pflegen
meist hermaphroditisch, die Seitenblüthen weiblich zu sein. Doch kann sich diese Vertheilung auch nur auf
einige Quirle erstrecken, während die übrigen ganz weiblich (gewöhnlich dann die obersten) oder ganz herm-
aphroditisch sind. Die gynomonöeischen Exemplare fallen sofort durch die verschiedene Grösse ihrer Blüthen auf.
!) Das Emporrichten der Unterlippe, welches Kirchner bei seiner Form mit ganz reduzirten Staubgefässen angiebt,
findet sich auch bei Halle und zwar auch an Exemplaren mit nicht so reduzirten Staubgefässen. Es erinnert an den ähnlichen
Vorgang der weiblichen Form von Salvia verticillata L., vergl. S. 81.
#) Alpenblumen. S. 312—314.
- S1
22. Ajuga reptans L.
Bei dieser Art herrscht, wie auch Kirehner?!) angiebt, eine grosse Mannigfaltigkeit im den
Lage- und Längsverhältnissen von Staubgefässen und Stempeln. Bei Halle sind die Blüthen ewöhnlich
homogam, doch auch proterandrisch ?), seltener proterogyn.
Alle diese Formen kommen bald mit längeren, bald mit kürzeren Griffen vor, auch die Länge
beider Staubfädenpaare varürt in mannigfaltiger Weise. So kommt es, dass die Stellung der Narbe zu
den Antheren eine sehr verschiedene ist, und bald Selbstbestäubung möglich, bald unmöglich ist.
23. Teuerium chamaedrys L.
Die Blütheneinriehtung dieser Pflanze wurde schon von H. Müller?) beschrieben. In Thüringen
zeigt sie an zahlreichen Stellen dieselbe Einrichtung. Stellenweise jedoch weichen die Blüthen ziemlich
von der Müllerschen Beschreibung ab.
Zunächst ist vielfach der unentwiekelte Stempel der ebenfalls proterandrischen Blüthen zur Zeit
des Ausstäubens der Antheren nicht kürzer als diese, sondern oft 1—3 mm, je nach seiner Länge im
entwickelten Zustande, länger als sie. Im entwickelten Zustande schwankt er zwischen 11 und 15 mm.
In diesen Blüthen sind auch während des Ausstäubens der Antheren die Stempel nicht so weit
nach hinten gebogen, wie Müller angiebt und abbildet; oftmals ist eine solehe Biegung überhaupt nicht
wahrzunehmen. In Folge der Länge des Stempels liegt die entwickelte Narbe ausserhalb der Fallrichtung
des Pollens. so dass auch in dem Falle, dass Pollen nach dem Ausstäuben zurückbleibt, eine Selbst-
bestäubung wohl unmöglich ist.
Ich habe auch Uebergeänge zu einer weiblichen Form gefunden, bei denen sieh die Staubfäden
.
verkürzen und einzelne gar nieht mehr zu vollständiger Entwieklung gelangen. Ganz weibliche Blüthen
vermochte ich jedoch nieht aufzufinden.
Zusammenstellung.
Bei den hier beschriebenen Labiaten sind die kleinen oder mittelgrossen weiss, roth, violett oder blau
gefärbten Blüthen meist in grösserer Zahl im den Quirlen vereinigt. Bei fast allen kommen neben den
hermaphroditischen auch, bald in grösserer, bald in geringerer Anzahl, weibliche Blüthen vor. Letztere,
in denen die Staubgefässe bald mehr, bald weniger reduzirt sind, sind in der Regel viel kleiner als die
hermaphroditischen. Letztere sind fast immer ausgeprägt proterandrisch, nur hin und wieder homogam.
— Die hermaphroditischen und weiblichen Blüthen sind bei einigen Arten auf verschiedene Stöcke
vertheilt, bei anderen kommen sie jedoch sowohl auf denselben, als auch auf verschiedenen Pflanzen vor.
Im ersteren Falle finden sie sieh bald in getrennten Infloreseenzen, bald in derselben.
Bei einigen Arten treten die hermaphroditischen und die weiblichen Blüthen constant ın
mehreren Grössenformen auf.
Dar: 0. 8.5900.
*) Die proterandrische Form fand Kirchner nur sehr selten.
’) Alpenblumen. S. 309—310.
zn
Männliche Blüthen fand ich bei keiner Art, obwohl in anderen Gegenden solche gefunden wurden.
Uebergänge zu einer männlichen Form scheinen jedoch vorzukommen, denn zahlreiche hermaphroditische
[o} o ’
Individuen von T’hymus chamaedrys und angustifolius fallen durch geringe Fruchtbildung auf.
Primulaceae \Vent.
1. Trientalis europaea L.
Während Müller!) die Blüthen dieser Pflanze proterogyn fand, fand ich dieselben im Riesen-
gebirge homogam oder doch nur äusserst schwach proterogyn.
Sofort nach dem Aufblühen bewegen sich die Staubgefässe von dem sie etwas überragenden und
noch weiter wachsenden Griffel weg und verstäuben.
Selbstbefruchtung ist auf diese Weise in der Regel unmöglich.
Ein Schliessen der Blüthen gegen Ende der Blüthezeit und eine dadurch in manchen Fällen
hervorgebrachte Selbstbestäubung, wie Müller angiebt, scheint im Riesengebirge nur selten vor sich
zu gehen.
2. Primula minima L.
Diese Art kommt im Riesengebirge in zwei Formen mit auffällig verschiedener Blüthengrösse
vor, welche gewöhnlich auf getrennten Plätzen, wenn auch an demselben Standorte?) wachsen. Jede Form
besitzt ausgeprägt lang- und kurzgriftllige Blüthen.?)
In den langgriflligen Blüthen der grossblüthigen Form, deren Blüthenbreite 30—32 mm beträgt,
ist der Stempel durchschnittlich 3—10 mm lang. Die Narben, deren Papillen ganz winzig sind, stehen
meist wenig unterhalb des Ausganges der Kronröhre. Die Antheren, mit der Narbe zu gleicher Zeit
entwickelt, befinden sich ungefähr 1 mm oberhalb des Fruchtknotens.
In den kurzgrifligen Blüthen variirt die Länge des Stempels zwischen 1Y/’s und 3 mm. Die
Narbenpapillen sind vielfach nur unbedeutend grösser, als bei der langgrifligen Form. Die Antheren
sitzen ungefähr 7—8 mm über dem Grunde, also gegen 3 mm von der Oeffnung entfernt.
Die Blüthen der zweiten Grössenform haben 20—25 mm im Durchmesser ; ihre Gestalt ist vollständig
wie die der ersten. Die langgriflige Form hat ungefähr 5 mm langen Griffel, die Staubgefässe sind
1 mm hoch inserirt, der Stempel der kurzgriflligen Form ist 1—2 mm lang; die Antheren stehen in einer
Höhe von 5—6 mm, also ca. 2!/g mm vom oberen Rande der Kronröhre entfernt.
!) Weitere Beobachtungen. III. S. 65—66.
*) So z. B. an der Südwestseite des Kessels des kl. Teiches.
°) Ebenso fand sie Müller in den Alpen, siehe Alpenblumen S. 369
en
3. Samolus Valerandi L.
Die kleinen weissen Blüthen besitzen eine Oeffnung von ungefähr 3—4 mn. Ihre Tiefe beträgt
gegen 1'/s mm.
Die auf Yg mm langer Filamenten sitzenden Antheren sind zu gleicher Zeit mit der auf gegen
3/4 mm langem Griffel befindlichen Narbe entwickelt.
Die sleiche Höhe der Antheren und der Narbe macht eine Berührung beider und somit spontane
s |
Selbstbestäubung leieht möglich.
Plumbaginaceae Juss.
Armeria vulgaris Willd.
In der Knospe sind kurz vor dem Aufblühen die Staubgefässe in der Regel etwas kürzer als
die Blumenblätter. Die 5 Griffel, in der Knospe zusammengedreht, haben dieselbe Länge wie die Staub-
gefässe, Die Blumenblätter haben zur Zeit des Aufblühens noch nicht ihre normale Grösse erreicht,
Aurehsehnittlich wachsen sie von 6 mm Länge und 2Y/s mm Breite auf 8 mm Länge und BVe mm
Breite aus.
Während des Aufblühens wiekeln sich die Griffel auf und bewegen sich langsamer oder schneller
nach der Peripherie der Blüthe zu. Hierbei kommen ihre Spitzen (sie selbst sind bis zur Mitte herab mit
kurzen Papillen dieht besetzt) in sehr vielen Fällen mit dden oft ungefähr in der Mitte zwischen Blüthenmitte
und Peripherie befindlichen Antheren, die vewöhnlich zugleich mit dem Auf’blühen, oder kurz nachher,
oft aber auch schon vor demselben aufspringen und in kurzer Zeit allen Pollen entleeren, grün
werden und verschrumpfen, in Berührung, und eine Selbstbefruchtung 1st unvermeidlich, da beide voll-
ständig entwickelt sind.
Sehr häufig bleiben die Narben zwischen den Staubgetässen in der mittleren Stellung, oft gehen
sie jedoch wie die letzteren vollständig bis zur Peripherie der Blüthe. Nachdem die Staubgefässe hier
einige Zeit verweilt haben, bewegen sie sich manchmal wieder nach der Blüthenmitte zu. In den
meisten Fällen gehen später auch die Narben wieder etwas nach der Blüthenmitte zu und kommen dadurch
oft zum zweiten Male mit den Staubgefässen in Berührung. Weiter nach innen über den Kreis der
Staubgefässe pflegen sie sich gewöhnlich nieht zu begeben. Die Antheren sind zu dieser Zeit meist
schon vollständig pollenlos oder es haften nur noch wenige Pollenkörner lose an ihrer Aussenseite.
Die Bewegungen der Narben können sich bei langem Blühen noch ein, auch sogar mehrere Male
wiederholen U). j
Am Ende des Blühens biegen sich die Filamente und in vielen Fällen auch die Narben nach dem
Grunde der Blüthenmitte zu ein. Darauf falten sich die Blumenblätter der Reihe nach oder alle zugleich
in der verschiedensten Weise und krümmen sich ebenfalls ein. Sie wickeln sich dabei fest um die Filamente
und die ganze Masse zieht sich allmählich zusammen und bildet einen festen Knäuel, dem man seine Ab-
!) Bei Armeria maritima scheinen die Verhältnisse nach der Darstellung von Mac Leod (Bot. Centralblatt XXIX.
[1887] S. 151—152) etwas anders zu sein. Die Angabe von T reviranus (Bot. Zeitung, 1863, $. 6) ist sehr unklar.
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen, 12
—. di), —
stammung nicht mehr ansieht. Die Griffelspitzen biegen sich manchmal nicht mit und ragen dann etwas
aus dem Knäuel hervor).
Diese Knäuelbildung ist für die Pflanze von grossem Vortheil, da dureh dieselbe verhindert wird,
dass das Regenwasser, welches in dem triehterförmigen Kelehe leicht aufgefangen und aufgehalten wird,
auf den verhältnissmässig zartwandigen Fruchtknoten emen schädlichen Einfluss ausübe.
Die eben besehriebenen Verhältnisse sind die gewöhnlichen. Es kommen jedoch auch viel kürzere
Staubgefässe vor, ja fast sitzende Antheren sind nicht gerade selten anzutreffen. Die Länge der Griffel
scheint weniger Schwankungen unterworfen zu sein.
Der Honig, welcher von der verdickten Basis der Blumenblätter unterhalb der Staubfädeninsertion
abgesondert wird, ist nie reichlich. Der Insektenbesuch ist deshalb nur &in geringer.
Plantaginaceae Juss.
1. Plantago lanceolata L.
Wie schon von Delpino?, Müller?) und Ludwig?) angegeben wurde, varürt bei dieser
Art die Länge und Gestalt der Blüthenähren bedeutend. Auch Färbung und Form der Blüthenblätter
sind Schwankungen unterworfen ?). Da ich nicht fand, dass sich aus diesen morphologischen Verschieden-
heiten auch biologische Verschiedenheiten ergeben, so übergehe ich dieselben an dieser Stelle vollständig ®).
Wie die Form der Blüthen, so variirt auch das Zeitverhältniss der Reite von Narbe und Antheren,
sowie die Länge der ersteren in hohem Grade.
In vielen Fällen streekt sich die Narbe aus der nur ein wenig geöffneten Blüthe hervor und
bräunt sich an der Spitze, bevor sich die Blüthe vollständig öffnet und die schleifenförmig eingebogenen
Staubgefässe sich aufrichten und strecken. Zur Zeit des vollständigen Ausstäubens sind dann die während
der Coneeptionsfähigkeit noch bedeutend wachsenden Narben gewöhnlich zur Hälfte gebräunt und nicht
mehr befruchtungsfähig.
In manchen anderen Fällen erfolgt die Entwieklung der Narben erst später und diese sind bei der
Blüthenöffnung noch vollständig frisch, so dass eine spontane Selbstbestäubung unausbleiblich ist”).
Auch bei den proterogynen Individuen ist die Bestäubung der Blüthen eines Stockes mit dem
Pollen der Blüthen desselben Stockes vielfach ganz unvermeidlich, da das Aufblühen, welches in acro-
petaler Riehtung vor sich geht, vielfach so langsam fortschreitet, dass die ausstäubenden Antheren in einer
!) Dass durch diese Knänelbildung oft spontane Selbstbefruchtung herbeigeführt wird, wie Mac Leod a. a. O. für
A. maritima angiebt, glaube ich nicht, denn abgesehen davon, dass vielfach die Griffel nicht hineingezogen werden und auch
zu der Zeit in den Blüthen oftmals kein Pollen mehr vorhanden ist, ist auch nur schwer einzusehen, wie die Pollenkörner in
der Masse keimen können. Ausserdem scheint mir mit dem Anfange des Einrollens auch der Anfang des Verwelkens
sämmtlicher Blüthentheile gegeben zu sein.
*) Applicazione della theoria Darwiniana u. s. w. 8. 6 (auch bei Müller eitirt).
®) Befr. d. Blumen S. 342— 343.
*) Zeitschrift f. d. ges. Naturwissenschaften (1879) S. 441—446.
5) Vergl. vorzügl. Ludwig a. a. O. S. 443.
°) Auch H. Müller und Fr. Ludwig fanden keine biologischen Unterschiede bei den verschiedenen Formen,
während Delpino (vergl. auch den bei Ludwig a a. O. S. 442 angeführten Brief) in Italien solche fand.
?) Die oben erwähnten Autoren scheinen nur proterogyne Blüthen gesehen zu haben.
>:9] =
unteren Zone der Blüthenähre dieht über die befruchtungsfähigen Narben der nächst höheren Zone zu
stehen kommen. —
Während die Staubgefässe, deren Antheren, ursprünglich intrors , sich meist in eine horizontale
oder extrorse Stellung begeben, in der Regel eine mehr oder minder eleiehbleibende Länge haben, variiren,
wie sehon gesagt, die Griffel sehr in der Länge, olme dass bestimmte Grössengruppen vorhanden sind.
Die Blüthen mit verschiedenen Narbenlängen finden sich auf getrennten Individuen , nur selten
kommen sie auf demselben Individuum vor und dann, wie es scheint, stets in verschiedenen Inflores-
eenzen. Vielfach bewohnen die Formen mit verschieden langen Griffeln dieselben Standorte, die lang-
griffeligen sind aber immer in geringerer Anzahl vorhanden als die kurzgriffeligen.
9
Die Extreme!) der Griffellängen sind in der Flora von Halle ungefähr folgende):
a. Kurzgriffelige Form.
Am Anfange der Conceptionsfähigkeit. . . . - - 2 2 2215 22/3 3 Ne!
Amelinde derselben a... u... a0 Buena | 4 | 4 | Al 4 4l/g
b. Langgriffelige Form.
Am Anfange der Conceptionsfähigkeit. ....- 21, 2!ls | 3 alla 32;
. z 5 2 a a
Am Binde derselben . 2... „0 ers ana nue 5 Sa | I S b) Qi
|
Es sind also, wie sich aus den Tabellen ergiebt, im Anfang der Blüthezeit, zur Zeit, wann nur
die Spitze der Narbe aus der Blüthe hervorragt, keine oder nur schr geringe Unterschiede im der Griffel-
länge vorhanden. Dieselben stellen sich erst im Laufe des weiteren Wacehsthums ein. —
Ausser diesen Stöcken mit den bald mehr, bald weniger proterogynen hermaphroditischen
Blüthen kommen, wie schon Darwin?) für England, Ludwig*) für Deutschland und D elpino?°) für
Italien nachwies, solehe mit weiblichen vor.
In diesen weiblichen Blüthen finden sich alle Grade der Reduktion der Staubfäden. Oft sind
die Filamente nur wenige verkürzt und die Antheren, wenig kleiner als die normalen, öffnen sich und
enthalten. oft nur in einem Fache, einige wahrscheinlich ganz normale Pollenkörner. Gewöhnlich sind aber
die Filamente nur 1-3 mm lang und die kleinen, gelben oder missfarbenen Antheren enthalten keinen
Pollen. Auch solehe Blüthen, bei denen die Staubfäden kaum mehr wahrzunehmen sind, so dass die oft
in Blumenblätter umgewandelten %) Antheren sitzend sind, sind zahlreich vorhanden. Vielfach zeigen die weib-
lichen Blüthen die Eigenschaft der hermaphroditischen Vorfahren, indem sie sich nämlich erst öffnen, nachdem
die Narben ganz oder fast ganz gebräunt sind. Die zuletzt erwähnten Blüthen öffnen sich oftmals auch gar nicht.
1) Einzeln kommen noch viel längere (oft 2 cm) lange Narben vor. Dies sind aber wohl nur Abnormitäten.
?2) Es wurden die Griffel von 6 von verschiedenen Standorten herrührenden Pflanzen jeder Form gemessen.
5) Verschiedene Blüthenformen, S. 265 (d. d. Jebers.).
%) a.a. 0.8. 444 figd.
5) Bei Ludwig a. a. O.
6) Vergl. Ludwig, a. a. O. S. 444.
1-1
Auch bei der weiblichen Form kommen langgrilige und kurzgriflige Blüthen vor. Die letzteren
überwiegen auch hier.
Alle diese verschiedenen Grade der Reduetion können auf demselben Stocke ), gewöhnlich dann
sogar in derselben Inflorescenz vorkommen. Gar nieht so selten sind auch Exemplare, bei denen in der
einen Zone der Aechre die Blüthen rein weiblich, in einer anderen dagegen hermaphroditisch sind und in
einer dritten, mittleren, nur einzelne reduzirte Staubgefässe besitzen.
Die Art ist somit gynomonöeisch und gynodiöeisch.
Die weibliche Form, sowie die Uebergänge zur hermaphroditischen sah ich fast an allen Orten
neben der hermaphroditischen, doch meist in weit geringerer Zahl. Nur ganz vereinzelt waren mehr als
Y/s aller Stöcke weiblich.
2. Plantago media 1.
Diese Art theilt mit der vorigen das Variiren in der Zeitfolge des Reifens beider Geschlechtstheile.
Auch hier stecken in vielen Fällen die Narben ihre Spitzen aus den Blüthen, bevor sich dieselben
geöffnet haben. Erst einige Zeit später öffnen sich diese und die Filamente, weit stärker als bei der vorigen
Art und meist rosa oder violett gefärbt, richten sich auf. Während des Ausstäubens der, oft wie bei der
vorigen Art sich bewegenden Antheren verlängern sie sich noch bedeutend, oft auf das Doppelte ihrer
ursprünglichen Länge.
In diesen Blüthen sind die Narben zur Zeit des Ausstäubens gewöhnlich noch frisch oder seltener
etwas an der Spitze gebräunt. Nur selten verzögert sich das Ausstäuben so sehr, dass die Narben fast
bis zum Grunde gebräunt und somit nicht mehr befruchtungsfähig sind.
Bei vielen anderen Individuen (in der nächsten Umgebung von Halle ist diese Form sehr häufig)
sind die Narben zwar schon etwas vor dem Aufblühen entwickelt, strecken sieh aber nieht aus der Blüthe
hervor, sondern ragen nur bis zur Oeflnung, so dass sie von aussen fast gar nicht wahrgenommen und vom
Pollen nur selten erreieht werden können. In diesen Blüthen geht die Entwicklung der Narbe erst dann
weiter vor sich, wann sie sieh öffnen, die Filamente sich aufrichten und die Antheren auszustäuben anfangen.
Gewöhnlich vertroeknen auch in diesen Blüthen die Narben, bevor die Antheren abgefallen sind,
manchmal jedoch fällt das Vertrocknen mit dem Abfallen der Antheren zusammen, selten bleiben die
Narben sogar noch eine Zeit lang nach dem Abfallen der Antheren frisch.
Vereinzelt findet man sogar Individuen, bei denen schon die Staubbeutel emer höheren Zone
ausstäuben, während die Narben der nächst unteren Zone noch vollständig befruchtungsfähig sind.
Aus dem Angeführten ist ersichtlich, dass bei P. media im sehr vielen Blüthen Befruchtung mit
eigenem Pollen möglich oder sogar unvermeidlich ist.
Bis jetzt waren von dieser Art nur hermaphroditische Blüthen bekannt *). Ich fand im Sommer 1536
aber sowohl rein weibliche als auch rein männliche.
Die weiblichen Blüthen (Feldweg hinter Bachra bei Cölleda nach dem Finnberg zu, einzeln auf
dem hallischen ‚Exerzierplatz) besitzen ganz kurze Filamente mit verkleinerten pollenlosen Antheren, oder
nur sitzende Antheren ohne jede Andeutung von Filament. Gewöhnlich öffnen sich die Blüthen nieht mehr.
') Ludwig scheint dies nicht gesehen zu haben.
*) Vergl. unter andern Darwin, verschiedene Blüthenformen S. 265 (d. d. Uebers.).
93
Die Griffel sind ziemlich lang (6—6!'g mm) und oft mit elliptischem Querschnitt, fast gedreht
und mit sehr langen Papillen besetzt.
In den meisten Fällen waren alle Blüthen der Stöcke in diesem Zustande, nur hin und wieder
zeigte sich eine vollständig hermaphroditische Blüthe oder eine solche, die noeh eimige normale Staub-
gefässe besass, unter ihnen.
Die männliche Form scheint noch seltener zu sein. Ich fand sie nur bei Cölleda hinter
Bachra an der Mühle, auf dem Kuhstein in der Schmücke und auf den Kalkbergen bei Bennstedt
unweit Halle.
Die Stempel sind ganz klein. Sie erreichen oft nicht die Länge der noch in der Blüthe ein-
geschlossenen Antheren und sind bei der Oeffnung der Blüthen theils noch frisch, theils schon an der
Spitze, seltener ganz gebräunt. Diejenigen, welehe beim Aufblühen noch frisch sind, wachsen in der
Regel noch eine Streeke, ohne jedoch im geringsten die Grösse der normalen Griffel zu erreichen.
Auf den Stöcken traf ich in den meisten Fällen auch einige normale Blüthen.
Es ist somit P. media nicht nur gynodiöeisch und gynomonöeisch, sondern auch androdiöeisch
und andromonöeisch.
Chenopodiaceae \ent.
1. Salicornia herbacea 1.
Bei Halle a. S. findet sich, wie es scheint, die diandrische Form sehr selten. Die Blüthen sind
gewöhnlich etwas proterogyn, doch sind die Narben langlebig, so dass sie in vielen Fällen sogar bis nach
dem Verstäuben der Antheren vollständig frisch bleiben.
Spontane Selbstbestäubung ist sehr leicht möglieh, da die Narbe unterhalb der Anthere liegt,
auch Windbestäubung wird wohl oft stattfinden.
2. Chenopodium murale L.
Die Blüthen haben im entwickelten Zustande eme Oeffnung von 2—3'g mm. Die grünen, am
Rande mit einem weissen Saume versehenen, an der Spitze schwach eingeschnittenen Perigonblätter sind
oben ein wenig nach innen gebogen. Die Filamente, 1Y/’»—1”s mm lang, ragen, meist in dem Einschnitt
der Perigonblätter liegend, aus der Blüthe hervor. Die Antheren springen gewöhnlich nieht zu gleicher
Zeit auf, doch, wie es scheint, nieht in bestimmter Reihenfolge. Die Narben, schon in der Knospe ent-
wickelt, sind sehr klein und so kurzlebig, dass sie vielfach nicht bis zu dem Anfang des Ausstäubens
erhalten bleiben. Manchmal jedoch sind sie noch während des Ausstäubens der ersten Antheren voll-
ständig frisch.
Selbst bei denjenigen Blüthen, bei denen die.Narben bis zum Ausstäuben befruchtungsfähig
bleiben, ist spontane Selbstbestäubung sehr erschwert, da sich die Filamente so über die Perigonblätter
legen, dass die Antheren seitlich aus der Blüthe hervorragen.
IT
Nach dem Abfällen der Antheren schliesst sich das Perigon und aus der engen Oeffnung ragen
jetzt die Filamente hervor.
In einzelnen Blüthen trifft man die Narbe ganz reduzirt, oft kaum sichtbar. Diese Blüthen sind
somit männlich. Ganz männliche Stöcke scheinen nieht vorzukommen.
3. Chenopodium rubrum L.
Diese Art fand ich viel ausgeprägter proterogyn als die vorige. Schon bevor sich die Perigon
blätter heben. ist die Mitte der Blüthe vollständig offen, und die oft schon lange vorher entwickelten,
ziemlich langen Narben liegen vollständig frei da.
Nachdem sich die Blüthe einige Zeit lang in diesem Zustande befunden hat, erheben sich die
eingekrümmten Staubgefässe und richten die Perigonblätter auf. Während dieses Vorganges bräunen sich
die Narben und verschrumpfen, so dass sie beim Aufspringen der ersten Antheren vollständig ver-
trocknet sind.
Die Filamente stehen vielfach, in Folge der Steifheit der Perigonblätter, gerade auf, so dass die
Antheren oberhalb der Blüthenöffnung sich befinden, und krümmen sich erst, nachdem die letzteren
abgefallen sind.
Die Antheren springen auch bei dieser Art nicht zu gleicher Zeit auf.
In vielen Fällen sind die Narben so winzig, dass sie nieht als vollständig entwickelt anzusehen
sind. Einige Male sah ich alle Blüthen einzelner Stöcke in diesem rein männlichen Zustande.
Poiygonaceae Juss.
1. Rumex maritimus L.
Die Perigonblätter dieser Art schlagen zur Zeit der Blüthe nicht weit auseinander. Die inneren
besitzen im unteren Drittel je zwei zahnartige Fortsätze, auf denen in der Knospe die Narben liegen.
Die Staubgefässe ragen zur Zeit ihres Ausstäubens nieht oder nur wenig über die Perigonblätter
hinaus. Die Narben, die unmittelbar unter den Staubgefässen liegen, sind wohl in manchen Fällen schon
vor dem Ausstäuben der Antheren vollständig befruchtungsfähig; sie sind sehr kurzlebig, bräunen sich
bald und überleben, wie es scheint, selten das Ausstäuben der Antheren.
Eine Selbstbestäubung ist wegen der gleichzeitigen Entwieklung beider Geschlechtstheile und
der Lage der Narben vollständig unausbleiblich. Auch in den Fällen, wo die Narben vor dem Aus-
stänben der Antheren entwickelt sind, können sie dennoch nieht dureh fremden Pollen bestäubt werden,
da sie durch die dieht zusammenliegenden Antheren, welehe den ganzen Blütheneingang einnehmen, voll-
ständig von Aussen abgeschlossen sind.
Der Pollen wird gewiss nur selten vom Winde entführt, sowohl wegen der Lage der Antheren,
als auch deswegen, weil die Blüthen nicht an biegsamen Stielen hängen, sondern horizontal abstehend
oder auch aufrecht sind.
Rumex maritimus kann also nieht zu den Windblüthern gerechnet werden.
Blüthen, in denen die Narben vollständig reduzirt sind, sind nicht selten. Ganz männliche
Stöcke traf ich noch nicht.
2. Rumenx conglomeratus L.
Auch bei dieser Art überragen die Staubgefässe nieht die inneren Perigonblätter. Diese sind ziemlieh
breit und während des Blühens weiter ausgebreitet, als die der vorigen Art. Die Narben sind nur kurz
gestielt und verhältnissmässig klein. Sie liegen auch bei dieser Art so, dass sie nothwendig von den
Antheren bestäubt werden müssen.
Bald smd sie mit den Antheren zugleich entwickelt, bald etwas nach, seltener vor denselben.
Sie scheinen auch langlebiger zu sein als die der vorigen Art.
Selbstbestäubung ist aus denselben Gründen wie bei der vorigen Art wohl vollständig unaus-
bleiblieh. Ein Windblüther kann auch diese Art nieht genannt werden.
Von den emgeschleehtigen Blüthen gilt dasselbe wie bei der vorigen Art.
3. Rumex sanguineus L.
Bei dieser Art treten die in der Mitte etwas eingebogenen Perigonblätter nieht so weit ausein-
ander wie bei der vorigen Art.
Die Antheren, welehe etwa zur Hälfte aus der Blüthe hervorragen, springen gewöhnlich erst
einige Zeit, nachdem die Perigonblätter sieh etwas nach aussen bewegt haben, auf. j
Die Griffel biegen sich dieht oberhalb des Fruchtknotens zwischen je zwei der innern Perigon-
blätter hindurch, so dass die Narben unter die kahnförmig vertieften äusseren Perigonblätter zu liegen
kommen. Diese riehten sich während des Blühens in der Regel etwas auf, so dass der Wind den Pollen
zu den Narben führen kann: in vielen Fällen bleiben sie aber auch fest den innern Perigonblättern
angedrückt, so dass im Folge dessen viele Blüthen unbefruchtet bleiben.
Das Reifen der Narben und das damit verbundene Aufriehten der äusseren Perigonblätter erfolgt
in vielen Fällen während des Ausstäubens der Antheren, in anderen Fällen jedoch auch erst nach dem-
selben. Die Blüthen sind somit schwach proterandrisch. Die Narben scheinen stets schr kurzlebig zu sein.
Trotzdem in vielen Fällen beide Geschleehtstheile zu gleicher Zeit entwickelt sind, so ist doch
Selbstbestäubung in der Regel wohl ausgeschlossen, da der Pollen schwer zu der Narbe gelangen kann.
Die zahlreichen Blüthen,, deren äussere Perigonblätter sich nieht aufriehten und die somit unbe-
fruchtet bleiben, bilden den Uebergang zu der weiblichen Form, bei der die Narben selir klein und
missfarbig sind und die Perigonblätter sich gar nicht mehr aufriehten. Nach der Blüthe sind diese
Blüthen schwer von den nieht betrachteten hermaphroditischen zu unterscheiden.
Fast jeder Stock besitzt einige männliche Blüthen. Dieselben können jedoeh auch allein vor-
kommen. so dass die Pflanze sowohl andromonöeisch als auch androdiöeisch ist.
4. Polygonum Bistorta L.
Die Blüthen sind im Riesengebirge ebenso ausgeprägt proterandrisch, wie sie Mülle rt) in den
Alpen fand. Nirgends war etwas von Proterogynie, wie Luigi Rieca?) angiebt, zu bemerken. Ebenso
besassen sämmtliche Blüthen reichlich Honig, welcher von den 8 Neetarien abgesondert wird.
!) Alpenblumen 8. 179 (Befr. der Blumen 8. 175). -
2) Atti vol. XIV. fasc. IV. S. 261—262.
oe
Die Antheren, welehe sich meist in eine horizontale, oft auch m eine fast extrorse resp.
introrse Stellung begeben, scheinen stets in derselben Reihenfolge aufzuspringen. Zunächst springen
die Antheren der Staubgefässe des innern Kreises auf und zwar in der Fig. 15 bezeichneten Reihenfolge.
Dann folgen die beiden, zur linken Seite des Fruchtknotens stehenden des äusseren Kreises nach einander
und zwar das oberste zuerst und auf diese die übrigen des äusseren Kreises zu gleicher Zeit.
Neben der normalen Form, deren Staubfäden im entwiekelten Zustande die Perigonblätter weit
überragen, findet sich auch im Riesengebirge sehr einzeln (namentlich auf den Kulturwiesen um die Bauden)
eine Form, bei welcher die Staubgefässe die Perigonblätter nicht überragen. Auch diese Blüthen sind
ausgeprägt proterandrisch.
Diese Form, in deren Blüthen oft schon einige Staubgefässe verkümmern, führt zu der etwas
zahlreieher auftretenden weiblichen Form über, bei der sämmtliche Staubgefässe verkürzt sind und ver-
kümmerte, pollenlose Antheren besitzen. Auch sie zeigen die Eigenschaft ihrer proterandrischen Vorfahren, dass
“ihre Narben gewöhnlich erst bedeutende Zeit nach dem Aufblühen ihre vollständige Länge und Reife erlangen.
Santalaceae R. Br.
Thesium alpinum L.
Die Blüthen sind im Riesengebirge wie in den Alpen!) homogam.
Die Griffellänge varürt; stellenweise (so im Sommer 1886 am kleinen Teiche) konnte ich keine
Blüthe auffinden, an der die Narben unterhalb der Antheren lagen, oftmals überragten sie dieselben
1 mm und sogar noch mehr.
An anderen Orten, z. B. im Teufelsgärtehen, fanden sieh indess viele Blüthen, in denen Narbe
und Antheren «leiche Höhe hatten. Eine tiefere Lage der Narbe war aber auch hier selten®). Fast
nie sah ich, dass die Narben von den Antheren berührt wurden, wie dies Müller angiebt. Selbst-
befruehtung ist somit erschwert. Die Pflanze wird aber in Folge des zahlreich von der Basis
der Perigonblätter abgesonderten Honigs reichlich von Insekten besucht. Ich sah kleine schwarze
Fliegen, Schwebfliegen, Bienen und kurzflüglige Käfer. In der Kesselgrube sah ich sie einmal von
zahlreichen dieser Insekten (namentlich Bienen) umschwärmt, trotzdem viele andere, weit grossblüthigere
Pflanzen in der Nähe wuchsen.
II. Monocotyledones Juss.
Butomaceae Rich.
1. Butomus umbellatus L.
Die Blüthen dieser Pflanze sind zuerst von Sprengel?) und später von Herm. Müller*) als
ziemlich ausgeprägt proterandrisch beschrieben worden.
') Vergl. H. Müller, Alpenblumen S. 206.
?, Müller scheint diese öfter angetroffen zu haben.
3) n. a. 0. 8. 284,
') Weitere Beobachtungen I. S. 293.
Mitller nimmt jedoch an, dass bei ausbleibendem Insektenbesuche, da die Antheren bis zur voll-
ständigen Entwicklung der Narben noch reichlich mit Pollen behaftet bleiben und zum Theil von selbst
mit den Narben in Berührung kommen, Sichselbstbestäubung eintreten kann.
Meine Beobachtungen an dieser Pflanze in der Umgebung von Halle stimmen nicht mit diesen
Angaben überein.
Die Blüthen fand ich gewöhnlich homogam oder schwach proterandrisch, selten ausgeprägter
proterandrisch. Die Narben sind oft sofort bei der Oeflnung der Blüthen schon ausgebreitet und mit
Papillen besetzt, gewöhnlich aber gelangen sie erst zur vollständigen Entwieklung, nachdem schon einige
Antheren sich geöffnet haben. Seltener geschieht dies noch später.
Die Staubfäden sind an der Basis gekrümmt und kürzer als die Griffel. Die Antheren, welche
seitlich aufspringen, stehen in Folge dessen nicht nur ca. 3—6 mm von der Narbe entfernt, sondern
auch ea. 2—4 mm tiefer als dieselbe. Da nun die Fläche der Narbe nach oben gerichtet und nur an
der Spitze etwas nach aussen umgebogen ist, so scheint mir eine spontane Selbstbestäubung, zumal
die Blüthen gewöhnlich aufrecht stehen, ausgeschlossen zu sein.
Blüthen, bei denen in Folge von gleicher Höhe von Narbe und Antheren Sichselbstbestäubung
eintreten kann, sah ich in hiesiger Gegend nur ganz vereinzelt.
Der Honig wird an der Bagis des Fruchtknotens zwischen «den Carpiden ziemlich reichlich
abgesondert.
Liliaceae D. U.
1. Allium Vietorialis L.
Die äusseren Staubgefässe pflegen bei dieser Art etwas kürzer zu sein als die innern. Letztere,
welche an der Basis viel breiter sind als die äussern, verstäuben eher als diese und ihre Antheren
sind oftmals schon abgefallen, bevor die der äusseren aufgesprungen sind.
Der Stempel ist meist während des Ausstäubens beider Kreise noch vollständig unentwickelt und
verlängert sich später noch bedeutend, so dass er zur Zeit der Reife der Narbe die Staubgefässe etwas
überragt!). Am Wege von der Riesenbaude in den Riesengrund im Riesengebirge fand ich jedoch auch
Stöcke mit homogamen oder fast homogamen Blüthen, bei denen die Narben wenigstens während des
Ausstäubens der äusseren Staubfäden zur vollständigen Entwicklung gelangten. An anderen Stellen im
Riesengebirge (alt. schles. Baude, Kesselgruben) fand ieh die Pflanzen nur proterandrisch.
Von den zu einem dichten Köpfchen zusammengedrängten gelblichen Blüthen entwickeln sich
die innersten zuerst und das Aufblühen schreitet von dort oft sehr langsam nach der Peripherie fort.
* Auch im Riesengebirge traf ich, wie Müller in den Alpen, die Blüthen, welche im Sonnen-
schein aus den drei Septaldrüsen viel Honig absondern, von zahlreichen Insekten besucht.
1) Müller (Alpenbl. S. 50—51) fand die Verhältnisse in den Alpen ebenso.
Schulz, Bestäubungseinrichtungen und Geschlechtsvertheilung der Pflanzen. 13
2. All. acutangulum Sehr.
Zur Zeit der Blüthenöffnung ist der Stempel in der Regel noch klein, er wächst aber vielfach
sehr schnell, so dass er noch vor, gewöhnlich aber während des Aufspringens der ersten oder erst der
letzten Antheren vollständig entwickelt ist und dieselben vielfach überragt.
Von den Antheren springen auch bei dieser Art die inneren, deren Filamente etwas länger sind
als die der äusseren, früher auf, als die äusseren.
Da die Blüthen sich vielfach (bei feuchtem, Wetter, bei Nacht) schliessen, so tritt in den schwach
proterandrischen Blüthen spontane Selbstbestäubung wohl in den meisten Fällen ein.
3. All. rotundum L.
Ich hatte in Thüringen vielfach Gelegenheit, diese Art zu beobachten und fand sie stets so, wie
Ss Ss ’
sie von Müller!) beschrieben wurde.
4. All. oleraceum 1.
Die Blüthen fand ich überall ausgeprägt proterandrisch. Zur Zeit, wann die Antheren der
innern Staubgefässe, welche auch bei dieser Art zuerst verstäuben und die oft die äusseren bedeutend
überragen , entwickelt sind, ist der Griffel noch ganz winzig. Erst nach dem Verstäuben der äusseren
Antheren wächst er heran.
Kurz nach der Oefinung der Blüthe pflegen nur die Mittelrippen und die Ränder der äusseren
Perigonblätter, sowie die Mittelrippen der inneren Perigonblätter rosa gefärbt zu sein. Im Laufe der
Blüthezeit färben sich aber dann die ganzen Perigonblätter meist kräftig rosa.
5. All. Schoenoprasum L. var. sibirieum Willd.
Diese Art fand ich im Riesengebirge, wie Rieca?) im den Alpen, schwach proterandrisch. Da
bald nach dem Oeffnen der Staubbeutel gewöhnlich auch der Griffel vollständig entwickelt ist und in
Folge von geringem Insektenbesuch immer viel Pollen an den Antheren haften bleibt, so ist, da sich
die Blüthe bei Abend schliesst, spontane Selbstbestäubfing in vielen Fällen wohl unvermeidlich.
5 6. Streptopus amplexifolius D.C. s):
Der Blüthenstiel läuft bei dieser Pflanze eine Strecke an dem Vorblatte herab und kniet sieh
dann reehtwinklig ab, so dass die Blüthe mit ihrer Oeffnung nach unten gerichtet ist.
Die äusseren Blumenblätter, welehe wie die innern grünlichweiss und an der Innenseite sowie an
den Rändern rothı gesprenkelt oder roth angelaufen sind, schliessen die innern vollständig ein. Sie sind
auch länger als diese, am Rande schwach eingebogen und an der Spitze stark nach aussen gekrümmt. Die
innern Blätter haben einen viel breiter nach Innen eingebogenen Rand. Die äusseren Staubgefässe, „welche
hinter die breiten Perigonblätter fallen, besitzen eine kurze Strecke oberhalb der Basis zwei seitliche, nach unten
') Weitere Beobachtungen I. S. 279—282.
2) Atti vol. XIV. fasc. IV. S. 265.
3) Verel. E. Warming, Botanisk Tidsskrift Bd. XVI. 1. Hft. (1886). S. 39—40 des Separatabdr.).
SE
gerichtete Zähne. Bei den innern Staubgefässen, welche an der verbreiterten Basis ein wenig von den
Rändern der innern Perigonblätter eingeschlossen sind, sind diese Zähne weit weniger deutlich.
In den meisten Fällen fand ich im Riesengebirge die Blüthen homogam '). Der röhrenförmige
Griffel, dessen Narbe bei der Oeffnung meist vollständig entwickelt ist, wächst noch ein wenig, so dass
die Narbe die Antheren etwas überragt. In seltenen Fällen kommt die Narbe erst nach dem Auf-
springen der Antheren zur vollständigen Entwiekelung.
Die extrorsen Antheren pflegen ebenfalls sofort nach dem Oeffnen der Blüthen auszustäuben,
bald beide Kreise zusammen, bald die der innern Staubfäden zuerst.
Der Honig wird an der Basis der Perigonblätter abgesondert. Da nun die Antheren extrors
sind, so wird das honigausbeutende Insekt sich wohl stets mit Pollen bedecken ?).
Warming°) hält die Pflanze für ausgezeichnet an die Fremdbestäubung angepasst und die
Selbstbestäubung wegen der geringen Grösse der Narbe für schwierig.
Ich glaube jedoch, dass wegen der geneigten Lage der Blüthen und des Ueberragens des
Griffels doch leieht Pollen auf die Narbe gelangen kann. Trotz der reichen Honigabsonderung konnte
ich im Riesengebirge keine besuchenden Insekten beobachten.
7. Muscari tenuiflorum Tausch.
Die unteren kurzgestielten Blüthen der Achre sind graugrünlichbraun und oftmals etwas violett
angehaucht. Die Narbe befmdet sich bei der Blüthenöffnung, bevor die Antheren aufspringen, etwas unter-
halb der letzteren, wächst aber während des Ausstäubens, das sich gewöhnlich bei allen Antheren fast
zu gleicher Zeit vollzieht, bis in die Region der Antheren oder sogar etwas darüber hinaus. Sie scheint
meist schon sofort bei der Blüthenöffnung, vor dem Ausstäuben der Antheren entwickelt zu sein, so dass
die Blüthen also schwach proterogyn sind. Eine spontane Seibstbefruchtung ist wegen der nahen Stellung
von Narbe und Antheren leicht möglich.
Die oberen Blüthen der Achre sind weit klemer, knospenförmig, langgestielt und meist etwas
violett gefärbt. Sie bleiben geschlossen und enthalten nur vollständig verkümmerte Geschlechtsorgane.
In der Mitte zwischen den oberen, vollständig geschlechtslosen und den unteren, vollständig
hermaphroditischen Blüthen finden sich andere, oft mehr, oft weniger, welche in ihrem Bau zwischen
beiden die Mitte halten.
In einzelnen dieser Blüthen sind nur die Narben (der häufigste Fall) verkümmert; sie sind also
männlich, in andern sind dagegen die Antheren klein und ohne normalen Pollen; sie sind weiblich.
Auch sol&he, bei denen beide Organe fast normal gross, aber nicht funktionsfähig sind, kommen
einzeln vor.
8. Colehieum auetumnale L.
Die Blüthen dieser Art sind gewöhnlich ausgeprägt zygomorph. Im Knospenzustande und sofort
8 5 st zys
nach dem Aufblühen, zu welcher Zeit die Blüthe gewöhnlich nur die Hälfte ihrer normalen Grösse
!) Warming (a. a. OÖ. S. 80) fand die Blüthen schwach proterogyn.
?) Vergl. Warming, franz. Resume 8. 2.
NR. a... 0;
13*
— 10 —
erreicht hat, tritt die Zygomorphie am deutlichsten hervor. Wenn nur eme Blüthe vorhanden ist, so
ist das der Knolle zugewandte Blatt des äusseren Perigonkreises grösser als die übrigen. Es überragt in
manchen Fällen bei der Blüthenöffnung die beiden andern einander gleichlangen Blätter desselben Kreises
um 8—10 mm. Auch ist es gewönlich breiter als diese. Das diesem Blatte gegenüberliegende des
inneren Kreises ist das kürzeste der Blüthe. Es ist oft fast um ebensoviel kürzer als die beiden andern
einander gleichlangen Blätter desselben Kreises, als das längste des äusseren Kreises länger als die anderen
dieses letzteren ist. Die beiden Seitenblätter des innern Kreises sind etwas kürzer als die kurzen Blätter
des äusseren Kreises. Im ausgewachsenen Zustande sind die Verhältnisse oft wegen der geringeren Längen-
unterschiede schwerer zu erkennen, durch genaue Messungen aber immer festzustellen.
Sind zwei Blüthen vorhanden, so wenden dieselben zwei ihrer äusseren Perigonblätter einander
zu. Diese beiden sind länger, als das dritte, untereinander aber gewöhnlich nicht gleich lang. Von den
inneren Perigonblättern ist das zwischen die beiden längeren äusseren fallende das kürzeste. Die beiden
andern sind ebenfalls meist nicht gleich lang.
Die Staubgefässe scheinen an der Zygomorphie seltener theilzunehmen. Ist dies aber der Fall,
so verhalten sie sich entsprechend den Perigonblättern, doch sind die Längenunterschiede nie bedeutend !).
Von den Staubgefässen sind die des äusseren Kreises kürzer als die des inneren, in der jungen
Blüthe oft um ein Drittel. Die innern sind etwas weiter mit den Perigonblättern verwachsen als die äusseren.
Die Filamente sind an der Basis oft schwach verdiekt und hier namentlich an der Aussenseite gelb
gefärbt. Diese gefärbte Stelle sondert den Honig ab, welcher sich in einer 3—5 mm langen Rinne,
deren erhöhte Seitenränder mit kurzen Haaren dicht besetzt sind, auf der Basis der Blüthenblätter
sammelt. Diese Rinne ist vorzüglich auf den innern Perigonblättern, denen die Filamente an der Basis
dieht angedrückt sind, ausgeprägt. Gegen Ende der Blüthezeit werden die Flecke an der Basis der
Staubgefässe orangeroth.
Die Antheren, von denen die des äusseren Stammalkreises in der vollständig entwickelten Blüthe
ungefähr bis zur Basis der des inneren reichen, sind ursprünglich stets extrors?). Die inneren springen
zuerst auf, vielfach viel früher als die anderen. Sie öffnen sich fast auf der Seite und drehen sich so, dass
sie aus der vertikalen Lage in eine horizontale kommen oder eine ganz introrse Stellung annehmen.
Vielfach wenden sie sich auch ein wenig nach der Seite, was durch ihre grosse Bewegichkeit am Filament
ermöglicht wird. Manchmal wird diese Wendung jedoch auch durch Drehung des Filamentes selbst veranlasst.
In der jungen Blüthe überragen die Griffel gewöhnlich die Antheren der langen Staubgefässe,
in der erwachsenen sind beide meist in gleicher Höhe. Seltener überragen die Antheren die Narben.
Die Narben sind bald gleichzeitig mit den Antheren®), bald nach %), gewöhnlich jedoch etwas vor denselben
entwickelt’), bleiben aber im letzteren Falle bis zum vollständigen Verstäuben der Antheren conceptionsfähig.
!) Ausführlichere Angaben werde ich an einem anderen Orte machen.
2) So geben auch Eichler, Blüthendiagramme 1. S. 148, Kerner a. a. O. S. 193 und Jordana.a. O. $. 212
an. Engler dagegen, „Die natürlichen Pflanzenfamilien“ Lief. II. (II. Theil, 5. Abth., Bogen 1—3) S. 28, giebt die Antheren
als intrors an.
®) So auch Sprengel.
% So auch Ricca, Atti vol. XIV. fasc. IV. S. 263.
5) So auch Müller, Befr. d. Bl. S. 62.
Il
Da beide Geschleehtstheile sieh in gleicher Höhe befinden, ist gewöhnlich Selbstbefruchtung
möglich, weil sich die Blüthen regelmässig schliessen. Selbstbefruchtung wird aber auch, wie ich beobachtete,
fast immer von den grösseren besuchenden Insekten (vorzüglich Hummeln, Bienen) ') herbeigeführt ?).
9. Veratrum Lobelianum Brnh.
Diese von Manchen nur als Varietät des V. album L. betrachtete PHlanze verhält sich fast genau
so wie letztere, welehe Müller?) ausführlich beschrieben hat.
Die Blüthen sind grün oder grüngelb. Der Basaltheil der Blüthenblätter, welcher etwas fleischig
und dunkler gefärbt ist, sondert reichlich Honig ab.
Die extrorsen Antheren verstäuben gewöhnlieh erst einige Zeit nach dem Aufblühen und zwar
in den meisten Fällen die des äusseren Stamimalkreises zuerst. Die Filamente biegen sich während des
Ausstäubens etwas nach aussen. Sobald die Antheren verstäubt haben, riehten sie sich m der Regel
wieder auf und die Narben krümmen sich zwischen ihnen hervor und entwickeln sich. Eimzeln smd die
letzteren aber schon während des Ausstäubens, wenigstens der letzten Antheren, entwickelt. In diesen
Fällen ist eine Selbstbestäubung wegen der verticalen Lage der Blüthen fast unvermeidlich. Auch
mag diese wohl hin und wieder auch bei den proterandrischen Blüthen eintreten, namentlich dann,
wenn Insekten, die auch sonst nieht häufig schemen, dureh schlechte Witterung von «dem Besuche und
somit von dem Pollenraube ferngehalten sind. —
Wie Veratrum album bietet auch diese Art alle Uebergänge vom reinen Hermaphroditismus zum
Androdiöeismus dar.
Fast sämmtliche der von mir an zahlreichen Stellen des Riesengebirges untersuchten Pflanzen
besassen in einzelnen oder in allen Axen einige Blüthen, deren Narben nicht mehr zur Entwieklung
kamen. Rein weibliche waren jedoch nur sehr selten.
An zwei Individuen mit etwas über 30 em langen Infloreseenzen waren die Verhältnisse folgende:
In den untersten 10 resp. 13 Sekundanaxen waren die nicht vollständig entwiekelten Narben sehr klein.
In den nächst höheren 3 resp. 4 Seeundanaxen besassen einige der unteren Blüthen entwickelte
Narben.
Die 2 folgenden Sekundanaxen sowie die Terminalähre besassen nur an den Spitzen eimige
Blüthen mit nieht vollständig entwickelten Narben.
Es zeigt sich also, dass gerade sehr kräftige Pflanzen (die zwei erwähnten waren die kräftigsten
am Südost-Abhange oberhalb des kleinen Teiches) fast durchweg männliche Blüthen besitzen.
Auch die beiden rein männlichen Individuen, welche ich fand, waren ziemlich entwickelt, keines-
wegs wie die männlichen von V. album, welche Müller antraf, schwächlich.
!) Ausser diesen beobachtete ich noch kleine Fliegen und mehrere Arten kleiner Käter,
?) Ich glaube nicht, dass in der von Kerner (a. a. O. 8. 193, sofern hier wirklich €. auetumnale gemeint ist) dar-
gestellten Weise oftmals Selbstbefruchtung herbeigeführt wird. Dass durch das abendliche Schliessen der Blüthen Pollen an
die Innenseite der Perigonblätter gebracht werden kann, ist ganz richtig. Wie ich mich aber durch die Untersuchung über-
zeugte, findet es thatsächlich nur selten statt, da die Antheren gar nicht oder in Folge ihrer introrsen oder horizontalen
Stellung doch wenigstens nicht mit ihrer pollenbedeckten Seite das Perigon berühren. Ferner kann dieser Pollen nur schwer-
lich auf die Narben kommen, da dieselben selten das Perigon, auch in der geschlossenen Blüthe, berühren.
») Alpenblumen $. 41—42.
— 12 —
Juncaceae Bartl.
1. Juncus squarrosus L.
Die Blüthen sind im Riesengebirge, wo ich diese Art in Menge beobachtete, homogam oder nur
sehr schwach proterogyn. Die Narbe kommt in vielen Fällen erst nach dem Aufblühen zur vollständigen
Reife. Gewöhnlich ist dieselbe noch nach dem Ausstäuben der Antheren befruchtungsfähig.
Die Blüthen öffnen sich, wie es scheint, bei trüben Wetter wenig, so dass manche verblühen, ohne
sich geöffnet zu haben. Spontane Selbstbefruchtung findet im letzteren Falle stets statt.
"2. Jumeus compressus Jacq.
Diese Art. ist schwach proterogyn. Bald nachdem die röthlichen, mit weisslich - leischfarbigen
Papillen besetzten Narben sich aus der Blüthe gestreekt haben, öffnet sich dieselbe und breitet sich weit
aus, so dass die Perigonblätter eine horizontale Ebene bilden. Die Antheren, welche bis zur Basis der
Narben reichen, fangen erst einige Zeit nach dem Aufblühen an auszustäuben.
Die Blüthen fand ich bei Nebel und selbst bei strömenden Regen geöffnet, während die vorige
sich bei schwachem Nebel schon schliesst.
3. Luzula angustifolia Greke.
Die Proterogynie ist nur schwach ausgebildet. Die Blüthen öffnen sich sehr bald, nachdem sick
die kurzen Narben nur ein wenig aus der Blüthe gestreckt haben.
Die Antheren verstäuben kürzere oder längere Zeit nach dem Aufblühen.
Da sich in vielen Fällen die Blüthen nieht weit öffnen, und die Antheren die Perigonblätter
nicht überragen, so kann der Pollen nur durch stärkeren Wind aus der Blüthe entführt werden.
Bei der Forma rubella Hoppe sah ich im Riesengebirge oft vollständig homogame Blüthen,
deren Narben erst beim Aufblühen entwickelt waren und deren Antheren sofort nach demselben ausstäubten.
4. Luzula campestris D. C.
Die Blüthen sind ausgeprägt proterogyn. Die mit langen weissen oder weissgelben Papillen
besetzten Narben ragen aus den noch nicht geöffneten Blüthen hervor. Oft erst 3—4 Tage nach ihrer Ent-
wieklung öffnet sich die Blüthe. Um diese Zeit sind sie gewöhnlich bis zur Hälfte vertrocknet und
wohl nicht mehr befruchtungsfähig.
Die Antheren verstäuben sogleich nach dem Aufblühen oder auch etwas später, die des äusseren
Kreises zuerst.
Da in der Inflorescenz das Blühen der oberen Blüthen später erfolgt als das der unteren, so ist
auch Bestäubung der Blüthen einer Infloresceenz mit Pollen anderer derselben Inflorescenz ziemlich
erschwert.
— 18 —
5. Zawzula nigricans Pohl.
Diese Art ist im Gegensatz zu der vorigen nur schwach proterogyn. Die meisten Narben ver-
bräunen nur an der Spitze ein wenig vor dem Aufblühen, viele smd auch noch ganz frisch.
Sofort nach der Oeflnung der Blüthe verstäuben die Antheren, deren Spitzen mit den Spitzen
der Perigonblätter im gleicher Höhe sind, gewöhnlich beide Kreise zu gleicher Zeit.
Spontane Selbstbestäubung tritt wohl fast immer ein.
Erklärung der Abbildungen.
1. Diagramm einer Blüthe von Erodium ceieutarium L’Herit. sofort nach dem Aufblühen. Die
unteren Staubbeutel sind noch intrors. Die Zahlen bedeuten die Ausstäubungsfolge.
2. Diagramm derselben Blüthe; die unteren Antheren haben sich schon in eine extrorse Stellung
begeben.
3. Diagramm derselben Blüthe. Die in Fig. 1 u. 2 etwas entfernten unteren Staubbeutel haben
sich an die Narbe begeben. Sie sind wie in Fig. 2 extrors.
4. Diagramm der Blüthe von Erodium ceieutarium var. pimpinellifolium Willd. (?) gleich nach dem
Aufblühen: alle Antheren intrors.
5. Diagramm derselben Blüthe einige Zeit später. Sämmtliche Antheren extrors.
6—9. Verschiedene Formen der Verstäubungstolge bei Bupleurum longifolium L.
10. Schematische Darstellung zweier gegenüberstehender Dichasien eines Quirles von Galium Cru-
ciata L.; von den Blüthen der Seitenschraubeln sind der Uebersichtlichkeit wegen immer
nur 3 gezeichnet. Die Zahlen bedeuten die Aufblühfolge. Die Bezeichnungen der Ge-
schlechter sind den Blüthen beigefügt.
11—14. Verschiedene Formen der Vertheilung der hermaphroditischen und weiblichen Blüthen auf
demselben Individuum bei Salvia silvestris L. Die in Fig. 11 dargestellte Form ist die
häufigste.
15. Diagramm der Blüthe von Polygonum Bistorta L. Die Zahlen bedeuten die Ausstäubungsfolge
der Antheren.
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Original-Abhandlungen aus dem Gesammtgebiete der Botanik,
herausgegeben von
Dr. 0. Uhlworm und Dr, F. H. Haenlein in Cassel.
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Inhalt der einzelnen Hefte:
I. Band.
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ceen. Mit 3 farbigen Doppeltafeln. Preis 30 Mk.
3. Schiffner, Dr. V., Ueber Verbascum-Hybriden und einigeneue Bastarde des Verbascum pyramidatum.
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Botanisches Centralblatt.
Reterirendes Organ für das Gesammtgebiet der Botanik des In- u. Auslandes.
Herausgegeben unter Mitwirkung zahlreicher Gelehrten
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Dr. Oscar Uhlworm Be Dr. W. J. Behrens
in Üassel in Göttingen
Zugleich Organ des Botanischen Vereins in München, der Botaniska Sällskapet
i Stockholm, der Gesellschaft für Botanik zu Hamburg, der botanischen Section der
Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau, der Botaniska
Sektionen af Naturvetenskapliga Studentsällskapet i Upsala, der k. k. zoologisch-
botanischen Gesellschaft in Wien ımnd des Botanischen Vereins in Lund.
Abonnement für den Jahrgang (4 Bände in 52 Nr.) mit 28 M. durch alle Buchhandlungen
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BIBLIOTHECA BOTANICA.
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dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
von
Dr. Oskar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein.
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Cassel,
(Heft No. 11.)
Wigand-Dennert: Nelumbium speeiosum W. Eine monographische Studie
Mit 6 Tafeln.
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
1888.
BIBLIOTHECA BOTANICA,
Abhandlıngeen
dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
von
Dr. Oskar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein.
ın
Cassel,
(Heft No. 11.
Wigand-Dennert: Neiumbium speciosum W. Eine monographische Studie.
Mit 6 Tafeln.
SIR,
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FRLEFTRESI
CASSEIL.
Verlag von Theodor Fischer.
1Sss,
Nelumbium speciosum
Eine monographische Studie
von
Dr zulbsrt Vyıeand,
weiland Professor der Botanik und Direktor des bot. Gartens zu Marburg.
Vollendet und herausgegeben
von
Dr. phil. &. Dennert.
Mit 6 Tafeln.
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
188.
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In No. 48, Jahrgang 1871, der Botanischen Zeitung hat Prof. Dr. Wigand eine vorläufige Mit-
theilung über Nelumbium speciosum W. veröffentlicht, eine Zusammenfassung der Ergebnisse umfassender
Untersuchungen über diese Species. Der Gedanke, von welchem er bei dieser Arbeit ausging, war
folgender. Wigand war, wie bekannt, ein energischer Anhänger und Verfechter der Lehre von der
Konstanz der Species. Seiner Ansicht nach kann man einen bestimmten Nachweis von dem Umfang und
dem Werth der Variabilität, die er an und für sich nicht in Abrede stellte, heutzutage noch nicht führen,
weil unsere Kenntniss von der Natur jeder einzelnen Art noch eine viel zu mangelhafte ist; er bezog dies
natürlich besonders auf das ihm näher liegende botanische Gebiet. Es ist bisher nur einseitig an der
Erforschung der Art gearbeitet worden, die heutige Systematik ist fast nur von morphologischen Charakteren
ausgegangen. Daher gab Wigand auch z. B. mehreren seiner Schüler in den letzten Jahren die Anregung
zu vergleichend anatomischen Arbeiten, von welchen er eine Vertiefung unserer systematischen Kenntnisse
erhoffte, ein Gedanke, der heute an vielen Orten in der wissenschaftlichen Botanik aufgetaucht ist.
Wigands Ansicht nach muss es ein Ziel der Botanik sein, und zwar kein unwichtiges, ein klares durch-
sichtiges Bild von jeder Pflanzenspecies zu besitzen, so dass es keinen Charakter der Pflanze giebt, der
nicht dem Forscher klar vorläge, d. h. es müssen nicht nur Monographien von Familien und Gattungen,
sondern auch von jeder einzelnen Art geschrieben werden, auch derartige Arbeiten empfahl er daher
seinen Schülern sehr angelegentlich. Wigand wollte nun für dieses Ziel wenigstens einen Anfang, gewisser-
massen einen Wegweiser schaffen und unternahm daher eine solche monographische Arbeit, zu welcher er
ein sehr interessantes Objekt, die Lotusblume, Nelumbium speciosum, erwählte. Wenn eine grössere Reihe
solcher Arbeiten besonders nahe verwandter Arten vorliegen würde, hoffte Wigand aus den Resultaten
wichtige Aufschlüsse zu erlangen, sowobl über den Werth der Artmerkmale, wie über die Verhältnisse
der Variation; vor Allem wäre dann auch eine schärfere Präeisirung des Begriffes „Art“ möglich.
Die damals, um das Jahr 1870 herum, gemachten Beobachtungen an Nelumbium speeiosum blieben
nach jener vorläufigen Mittheilung im Manuscript brach liegen. Erst als ich Ostern 1885 Wigands
Assistent wurde mit der bestimmten Aufgabe, seine noch unvollendeten Arbeiten zu vervollständigen, nach-
zuuntersuchen und zur Herausgabe fertig zu machen, ward auch jene Arbeit über Nelumbium speciosum
wieder in Angriff genommen. Aber nur zu bald wurde die gemeinsame, mir so lieb gewordene Arbeit
mit meinem theuren Lehrer unterbrochen durch die lange Krankheit des Letzteren, die endlich am
22. Oktober 1886 mit seinem Heimgange endete. Ich habe daher seit Ostern 1886 die Vollendung der
Arbeiten Wigands allein fortgesetzt. Bezüglich der Nelumbium-Arbeit ist mir nun freilich im Laufe zahl-
reicher Nachuntersuchungen klar geworden, dass das mir vorliegende Material für eine wirklich ganz
Wigand-Dennert, Nelumbium speciosum W. 1
umfassende monographische Behandlung doch immer noch nicht ausreichte und dass sich hie und da
Lücken finden. Die hauptsächlichsten derselben habe ich auszufüllen versucht, z. B. die Anatomie des
Knotens, der Blattspreite und ihres Ursprungs am Blattstiel u. s. w., allein um alles Fehlende nachzu-
holen, fehlte mir anderer Arbeiten wegen die Zeit und ich will daher das bis jezt Vorliegende, das wie
gesagt z. Th. schon vor 17 Jahren untersucht wurde, als eine „monographische Studie“ veröffentlichen,
vielleicht wird mein Wunsch, die noch vorhandenen Lücken auszufüllen und dadurch die Arbeit zu einer
wahrhaft allumfassenden Monographie zu machen, später erfüllt.
Möge die Arbeit auch in der vorliegenden Gestalt der Botanik dienen und namentlich auch,
was ihr entschlafener Verfasser erhoffte, zur monographischen Bearbeitung einzelner Species anregen und
ermuntern.
Marburg, im Januar 1887.
Dr. phil. E. Dennert,
Assistent am botanischen Institut.
I.
Der morphologische Aufbau.
1. Aufbau der Keimpflanze.
Der Embryo von Nelumbium speciosum besteht aus einer kleinen, sich nicht weiter entwickelnden
Radicula, 2 massigen Cotyledonen, einem stark entwickelten epicotyledonischen Stengelglied und 2 unter
sich nach 180° alternirenden, mit dem Cotyledonen decussirten verhältnissmässig sehr ausgebildeten Pri-
märblättern. Bei der Keimung streckt sich das epicotyledonische Internodium und wird etwa bis 3 cm
lang, aus der Knospe der Plumula, welche letztere allein das Perikarp verlässt, entwickeln sich zunächst
noch zwei weitere Laubblätter, so dass also vier unmittelbar auf einander folgen, das zweite alternirt mit
dem ersten, das dritte mit dem zweiten und das vierte mit dem dritten. (Fig. 1 und 2.) Alle 4 Laub-
blätter entspringen mit unentwickelten Stengelgliedern dicht übereinander; jedes ist an der Basis etwas
verdickt und umfasst den Stengel, wodurch dies gestauchte Stück der Axe ein knotiges Ansehen erhält.
Mit Ausnahme des ersten Blattes besitzt jedes eine Scheide, die aber oft schon früh abfällt und dann eine
ringförmige Narbe hinterlässt. Am ersten Blatte habe ich, wie gesagt, niemals eine Scheide oder den Rest
einer solchen wahrgenommen. Ausserdem aber findet sich am Grunde des vierten Blattes ein Niederblatt,
welches ebenfalls mit dem dritten alternirt, also dem vierten superponirt ist. In der Achsel vom vierten
Blatt entspringt eine Axillarknospe. Auf dem Rücken eines jeden der gestauchten Stengelglieder an der
Basis der Blätter entspringen mehrere Nebenwurzeln, dieselben sitzen in zwei deutlich von einander ge-
trennten Gruppen von je 4—6, so dass die eigentliche Mitte des Blattgrundes frei ist. Die Büschel kreuzen
sich also mit dem betreffenden Laubblatt, sie sind nur armfaserig.
Ueber dem vierten Laubblatt streckt sich die Axe zu einem deutlichen Internodium, welches am
Grunde von der Scheide des vorhergehenden Laubblattes umgeben ist. Das Internodium krümmt sich in
einem spitzen Winkel vom vierten Laubblatt ab, biegt sich seitwärts und wächst als weisses, fleischiges
Rhizom horizontal weiter durch den Schlamm. An diesem Rhizom entspringen nun die Blatttormationen.
1*
2. Stellungsverhältnisse der Blätter am Hauptrhizom.
Am Rhizom entspringen drei Blattformationen in periodischen Cyklen wechselnd.!) (Fig. 3—6.)
An der Spitze des entwickelungsfähigen Internodiums sitzt
1) ein die ganze Terminalknospe tutenartig umschliessendes, weisses, fleischiges Niederblatt Ni,
dasselbe ist auf der unteren Seite des Knotens eingefügt und umfasst die Axe ringsum, nach oben decken
sich seine Ränder der ganzen Länge nach, nur am Grunde klafft die Spalte etwas;
2) ein mit dem vorigen alternirendes, also nach oben stehendes tutenförmiges Niderblatt Ns, von
ähnlicher Beschaffenheit, dasselbe wird von dem vorigen Niederblatt umfasst, umfasst jedoch seiner-
seits nach unten die Terminalknospe nur unvollständig, diese liegt vielmehr grösstentheils frei, nur ihr
unterer Theil wird von den beiden Rändern des oberen Niederblatts beiderseits bedeckt. Bei der Entfal-
tung der Knospe, d. h. wenn das darauf folgende Laubblatt sich streckt und aus der Knospe herauslöst,
bleibt dieses (wenn es bereits 4—5 cm lang ist) von dem Niederblatt Ns als von einer eng anliegenden,
farblosen Scheide umschlossen, während es am Grunde nur einen geringen Theil der Terminalknospe
umfasst;
3) das Laubblatt f, welches stets nach oben steht, also auffallender Weise nicht mit dem vorher-
gehenden Niederblatt Ns alternirt, sondern ihm genau superponirt ist. Das Laubblatt erweitert sich an der
Basis zu einer Axillarstipel, einer Ochrea, welche bis ein wenig über der Basis mit dem Laubblatt
zusammenhängt, während der grössere Theil nach oben frei und wie die beiden Niederblätter gestaltet und
beschaffen ist, nämlich farblos, wenn das Laubblatt bereits bei 1 cm Länge gelblich, später grün mit
dunklen Flecken ist. Uebrigens ist diese Bildung nicht röhrenförmig, sondern hat nach vorn freie ein-
ander deckende Ränder, ist also mehr eine Art Vagina als Ochrea. Der übrigens cylindrische Blattstiel
ist am Grund nach vorn scheidenartig ausgehöhlt, der Rand dieser schwachen Scheide bildet einen spitzen
Winkel nach oben. Innerhalb dieser Scheidenfläche läuft ein nach oben sich bogenartig erhebender
Rand, hier setzt sich die Ochrea an.
Innerhalb des Laubblattes mit seiner Ochrea liegt nun die Axillarknospe. Der weiter wachsende
Terminaltrieb durchbohrt das untere Niederblatt Ni, so dass dessen oberer freier Theil oberhalb des Rhizoms
liegt und das ganze Blatt wie nach oben inserirt erscheint. Es ist mir kein weiteres Beispiel einer solchen
Bildung bekannt; es lässt sich aber recht wohl denken, dass bei einer Richtungsänderung, d. h. wenn der
Stengel zickzackartig gebrochen ist und die Blätter an den spitzen Winkeln und mit der Blattscheibe auf-
recht stehen, dieselben von der Fortsetzung des Stengels ebenso durchbohrt werden, wie die Blattscheiden
von Equisetum durch die Seitensprossen.
Im Winkel des oberen Niederblattes Ns entspringt der Blüthenstiel, welcher mit dem, wie oben
gesagt, auf derselben Seite stehenden Stiel des Laubblattes bis zu einer gewissen Höhe verwachsen ist;
im vegetativen Stadium schlägt er oft ganz fehl, so dass jede Spur von ihm fehlt.
Das Internodium zwischen dem Laubblatt und dem nächst oberen Niederblatt Ni ist schon in der
Knospe mehr entwickelt als die übrigen und streckt sich in der Folge zu einem bis 25 cm langen Glied,
!) Trecul (in Ann. des sc. nat. Bot. IV Serie, Tome I, p. 145 ff.) fasst die Niederblätter als Stipulargebilde auf, ohne
es irgendwie zu beweisen; denn wenn er anführt, dass sie der Knospe zum Schutz dienen, so erklärt das nur ihren Zweck,
aber nicht ihre morphologische Bedeutung. Diese Organe als Nebenblätter aufzufassen, erscheint mir ganz unstatthaft.
während die Internodien zwischen den beiden Niederblättern Ni und Ns, sowie zwischen dem Niederblatt
Ns und dem Laubblatt sehr kurz bleiben und die Verdickung am Knoten des Rhizoms bilden.
Bei diesen Verhältnissen ist Folgendes auffallend:
1) dass die Blüthe aus dem Winkel des Niederblatts entspringt;
2) dass darauf ein Laubblatt folgt mit einer Axillarknospe ;
3) dass auf diese Weise immer zwei Blätter an derselben Axe auf derselben Seite aufein-
ander folgen.
Durch folgende Vorstellungsweise liessen sich diese Paradoxa lösen: Die Hauptaxe trägt die
beiden Niederblätter Ni und Ns, in der Achsel des Ni entspringt ein Laubzweig, der unmittelbar über der
Basis ein Laubblatt f trägt, welches mit dem Mutterblatt des Zweiges alternirt. Im Winkel dieses Laub-
blattes findet sich eine Axillarknospe und die Hauptaxe des im Winkel von Ni entspringenden Axillar-
sprosses setzt sich fort als gestrecktes Rhizom. Die eigentliche Hauptaxe hingegen endigt entweder als
unsichtbares Rudiment oder als Blüthenstiel und trägt unterhalb des stumpfen Endes, beziehungsweise an
der Basis des Blüthenstiels das Niederblatt Ns. Alsdann wäre das Rhizom ein Sympodium, dessen einzelne
Glieder mit einem grundständigen Laubblatt beginnen, darüber folgt ein entwickeltes Stengelglied, an
dessen Ende ein mit dem Laubblatt alternirendes und ein mit diesem wieder abwechselndes oberstes Nieder-
blatt. Letzteres (Ns) verhält sich als Vorblatt, ersteres (Ni) ist Stützblatt eines neuen Sprosses. (cf. Schema
in Fig. 7.) ')
Gegen die vorstehende Annahme lässt sich Folgendes einwenden:
1) dass in der Entwickelungsgeschichte, wie wir sehen werden, durchaus kein Ansatz zu einem
Axenende zwischen dem Niederblatt Ns und dem Laubblatt f wahrzunehmen ist;
2) dass aus dem Winkel eines Hochblattes ein Laubspross entspränge; denn da der Spross mit
dem Laubblatt beginnt, so müssen die beiden scheidenförmigen Blätter, obgleich übrigens mehr die Beschaffen-
heit von Niederblättern an sich tragend, als Hochblätter betrachtet werden;
3) dass der Blüthenstiel mit dem Laubblattstiel am Grunde verwachsen ist, was dagegen spricht,
dass beide verschiedenen Achsen angehören ;
4) vor Allem steht auch dieser Deutung entgegen, dass das Niederblatt Ns die Axe umfasst;
5) endlich liegt für diese Erklärung eine grosse Schwierigkeit in dem besonders bei Axillarknospen
häufigen Vorkommen von 3 Niederblättern, von denen dann oft zwei auf derselben Seite wie das Laub-
blatt f stehen. -
Die Axe des Rhizoms verfolgt innerhalb der Knospe eine nach einer (nämlich der unteren) Seite
gebrochene Richtung, indem an jedem Internodium das Laubblatt mit seiner überwiegenden Entwicklung
die Richtung der geometrischen Axe behauptet und namentlich, indem die Terminalknospe durch die Axillar-
knospe auf die Seite gedrängt wird. Da nun diese Seitenbildungen alle auf einer Seite (nach oben) liegen,
so erhält die Hauptaxe bei jedem Knoten eine Ablenkung nach der unteren Seite, so dass also die Axe
des Rhizoms den Anfang einer Spirale bildet, welche freilich bei der späteren Entfaltung vollständig
gestreckt wird.
‘)E. Warming (Videnskab. Meddel. fra nat. Foren. i Kjobhvn 1879—80) stellt dieselbe Theorie auf. Er will auch
zu ihrer Bestätigung das obliterirende Ende der Hauptaxe in der Achsel des Niederblattes Ns gesehen haben.
3. Stellungsverhältnisse am Axillarspross.
Aus der Untersuchung einer grösseren Zahl von Axillarsprossen ergiebt sich, dass jeder Seitentrieb
des Rhizoms mit einem dicht an der Basis inserirten Niederblatt Nb beginnt, welches dieselbe Beschaffen-
heit hat wie das Niederblatt Ni des Hauptrhizoms. Allgemein ausnahmslose Regel ist, dass dieses Nieder-
blatt mit dem Laubblatt alternirt, in dessen Winkel der Spross entspringt. Auf dasselbe folgen ein ent-
wickelungsfähiges Internodium und am Ende desselben, die schon am Hauptrhizom beobachteten Blatt-
formationen mit unentwickelten Stengelgliedern, also: an der Basis eines jeden Axillarsprosses, d. h. an
der Basis des ersten entwickelungsfähigen Internodiums, ist ein sonst fehlendes Niederblatt eingeschaltet.
In der Stellung der Blätter am Ende des ersten Internodiums herrscht keine allgemein durch-
greifende Regel, vielmehr kommen drei Fälle vor (Fig. 8, A—C):
1) das erste Niederblatt Ni am Ende des ersten Internodiums alternirt mit dem Basal-Niederblatt
Nb, steht also nach oben, das Niederblatt Ns, sowie das Laubblatt f sind beide dem Niederblatt Ni super-
ponirt, stehen also gleichfalls nach oben; es stehen mithin alle drei Blattorgane eines Knotens nach oben.
Dieses Verhältniss fand ich unter 15 Fällen achtmal.
2) das Niederblatt Ni alternirt wiederum mit Nb, steht daher nach oben, dagegen alterniren Ns
und F auch mit Ni, stehen demnach nach unten inserirt. In diesem Fall, den ich unter 15 Fällen 5 mal
beobachtete, findet also, ausgenommen zwischen Ns und f, Alternation statt.
3) das Niederblatt Ni ist dem Nb superponirt, also unten inserirt, Ns und F alterniren mit Ni,
stehen mithin nach oben. In diesem Falle folgen also zwei Paar je unter sich superponirter Blätter
aufeinander, ich fand ihn zweimal.
Eine allgemeine ‚Regel scheint es auch zu sein, dass der Seitentrieb an dem ersten Knoten noch
keine Blüthenanlage besitzt.
Bei den folgenden Internodien des Seitensprosses fehlt das eingeschaltete Niederblatt Nb ebenso wie
bei der Terminalknospe.
Die Richtung des Axillarsprosses ist im Anfang eine ziemlich vertikale, späterhin jedoch ändert
sie sich; dass eine Drehung u. s. w. der Axe überhaupt nöthig ist, folgt auch schon daraus, dass andern-
falls bei dem unter 2. berührten Stellungsverhältniss Blätter und Blüthen parallel der Hauptaxe, also
unterhalb des Wassers wachsen müssten, dies wird durch eine Drehung, welche diese Organe wieder nach
oben richtet, ausgeglichen; da nun auch im Weiteren das Nebenblatt Nb fehlt, so hat also dann der
Axillarspross ganz das Verhalten vom Hauptspross.
4. Deekungsverhältnisse der Blätter.
Bei den Niederblättern, sowie bei der Vagina des Laubblattes greifen die Ränder übereinander;
zwar ist bald der rechte Rand, bald der linke der deckende (wenn man sich innerhalb des Blattes stehend
denkt), jedoch in der überwiegenden Zahl der Fälle der rechte: unter 61 untersuchten Blättern fanden sich
44, beidenen der rechte und 17, bei denen der linke Rand deckte. Die Richtung des Deckens ist an den
verschiedenen Blättern eines Rhizoms, ja selbst an den Blattorganen eines und desselben Cyelus nicht immer
dieselbe; zwar ist sie bei vielen Cyklen durchweg rechts, und wenn man also den deckenden Rand als
die Senkungshälfte des Blattes betrachtet und sich die Insertionslinie schief aufsteigend denkt, so würde
in den meisten Fällen die Blattspirale rechts gewunden sein. Wenn aber, wie es bei den Ausnahmen
der Fall ist, z. B. die Niederblätter Ni und Ns links, die Ochrea des Laubblattes dagegen rechts deckt
(an demselben Knoten), so müsste man zu der Annahme greifen, die Blattspirale habe, insofern sie durch
die Deckungsverhältnisse bestimmt werden soll, stellenweise bei einem Blatt in die entgegengesetzte umgesetzt,
Dass dies nicht wohl angenommen werden kann, spricht überhaupt gegen den Zusammenhang zwischen
der Deckung der Blattränder und der Insertion beziehungsweise Stellung der Blätter.
Uebrigens fand ich niemals einen Cyklus, bei dem alle Blätter linksdeckend gewesen wären.
5. Gestalt der Internodien.
Der Stengel scheint in der ersten Anlage stielrund zu sein, bei der weiteren Ausbildung nimmt er
einen stumpf sechseckigen Querschnitt an, etwas plattgedrückt, indem die untere Fläche etwas
breiter ist als die vier seitlichen. Die Oberfläche ist fast glatt, nur hier und da mit Borsten und Höckern
besetzt, niemals aber in dem Grade wie Blatt- und Blütenstiel und auch niemals an den Knoten. Das
Rhizom besteht aus einzelnen Gliedern von 1—D dem Länge), sowie 1—2,5 em. Dicke, im Allgemeinen
von weisslicher Farbe und fleischiger Consistenz. Die Glieder des vegetativen Rhizoms sind gewöhnlich
am vorderen Ende etwas verdickt, übrigens eylindrisch, manche der ganzen Länge nach gleiehmässig
eylindrisch, andere überall stark verdickt und nur am Grunde eingezogen, andere wieder mitten am dicksten
an den Enden dünner. Die Knoten sind verdickt.
6. Bewurzelung des Rhizoms.
Die Knoten des Rhizoms sind am hinteren Ende, d. h. also nach dem vorhergehenden Internodium
hin nnd hinter dem Blatteyklus mit einem Kranz von Nebenwurzeln besetzt, dieselben treten ursprünglich
in zwei Büscheln auf, links und rechts, welche später jedoch mehr oder weniger zusammenfliessen, sodass
aber der Kranz oben und noch mehr auf der untern Seite unterbrochen bleibt.
Die Nebenwurzeln sind bis ca. 2 dem lang und am oberen Ende 2—3 mm dick, allmählich spitz
zulaufend, unverzweigt und gerade, mit Fasern besetzt, nach oben hin, bis etwa auf !/s der Länge sind
es nur dunkle Wärzchen, im weiten Drittel strecken sich diese zu kurzen Fasern und nach unten nehmen
sie immer mehr an Länge zu, durchschnittlich 2,25 cm lang, zum Theil länger. Die Fasern stehen nicht
gleichmässig vertheilt, sondern mehr oder weniger neben einander, unvollkommene Wirtel bildend, sie sind
schwärzlich, einfach, gleichmässig dünn und mehr oder minder verbogen.
7. Morphologie des Laubblattes.
Die Laubblätter von Nelumbium speciosum haben einen 1—2 m langen Stiel, von kreisrundem
Querschnitt, an seiner Basis ist er, wie oben bei Beschreibung des Rhizomknotens beschrieben, beschaffen.
Die ausgewachsene Blattspreite ist kreisrund, etwas zusammengedrückt, der Rand ist etwas wellig, an der
!) Nach Eichler werden die Internodien bis 1 m lang.
Innenseite in der Richtung der Mediane mit kleiner Zuspitzung, dieser gegenüber eine kleine Einbuchtung,
(Fig. 9.)
Das Blatt ist schildförmig, im Centrum der Unterseite befestigt, die Ansatzstelle des Blattstiels
ist auf der Oberseite durch einen rundlichen Fleck von hellerer Farbe angedeutet, den wir Centralfleck
nennen wollen. (Fig. 10.) Später sind die aus dem Wasser ragenden Blätter oft sogar trichterförmig, in
dem sich der Rand ringsum emporhebt.
Die Oberseite ist saftig dunkelgrün, die Unterseite heller. In der Knospe sind die Ränder des
Blattes parallel der Medianlinie nach oben umgerollt; der Theil der untern Fläche, welcher demnach schon
in der Knospenlage mit der Luft in Berührung war, ist auch späterhin noch als ein grosser elliptischer,
an beiden Enden zugespitzter, von der Mediane längs durchzogener Fleck, besonders au röthlichen Flecken
kenntlich.
Die Oberseite der Blätter ist total unnetzbar, die Unterseite weniger, am leichtesten der Mitteltheil.
Die ersten im Frühling erscheinenden Blätter bleiben auf dem Wasser liegen und erhalten dabei
während der längeren Berührung der untern Fläche mit dem Wasser hier auch in höherem Grade die
Fähigkeit benetzt zu werden. Der Grund, dass sie auf dem Wasser liegen bleiben, liegt nicht etwa in
der Kürze des Blattstiels, derselbe ist vielmehr. oft ebensolang wie derjenige der aus dem Wasser hervor-
ragenden Blätter, er ist aber dünner und schmächtiger und besitzt einen hohen Grad von Elasticität,
während der steif aufrechtstehende spröde ist und leicht bricht.
Der Blattstiel ist mit zahlreichen und kräftigen Borsten (Stacheln) besetzt. Dieselben sind kegel-
förmig, nach vorn stark verschmälert, der untere Theil steht ziemlich senkrecht von der Oberfläche ab,
die verschmälerte Spitze ist in fast rechtem Winkel nach unten gekrümmt, also hackig. Man könnte ver-
muthen, dass diese Krümmung eine Wirkung der Schwerkraft auf den Stachel im jugendlichen Zustand
sei wie bei den Dornen von Gleditschia. Allein dass dies bei Nelumbium nicht der Fall ist, geht daraus
hervor, dass auch bei solchen Blättern, welche sich von Anfang an in geneigter Lage entwickeln, die
Spitzen der Stacheln sämmtlich nicht geocentrisch, sondern parallel mit der Axe des Blattstiels gerichtet sind.
Das Blatt hat 20 an der Anheftungsstelle des Stiels strahlig entspringende Hauptadern. Von
diesen verläuft eine, welche der ursprünglichen Mediane des Blattes entspricht, durch bis an den Rand,
woselbst sie in dem oben erwähnten Spitzchen endigt, die ihr gegenüber verlaufende Ader verhält sich
wie die anderen, scheint aber weniger stark zu sein. Uebrigens giebt es auch Ausnahmen, wenigstens
war diese Ader, welche die Fortsetzung des Mediannerven bildet, in einem Fall diesem ähnlieh verzweigt
und bis an den Blattrand reichend, in einem anderen Fall war sie mit der benachbarten am Grund ver-
wachsen und lief dann dieser parallel fast bis zum Rand, nur wenige Seitennerven abgebend und am Ende
nur undeutlich gegabelt.
Von jener durchlaufenden Ader zweigen sich von Grund an schwächere Nebenadern ab, welche
zumeist nach der Spitze, nach aussen, verlaufen und durch Verzweigungen mit den zur Seite stehenden
Hauptadern zusammenhängen. Ungefähr in der Mitte seines Verlaufs zweigt der Mediannerv jederseits,
doch nicht in ganz gleicher Höhe je einen stärkeren Seitennerv ab, welcher nach aussen dem Mutternerv
fast parallel in die Nähe des Blattrandes läuft und hier mit dem Gabelast des benachbarten Hauptnerven
in Verbindung steht. Die schwächeren Seitennerven anastomosiren oft und senden viele feine Nebenäste
ab. (Fig. 11.)
Während der Mediannerv an Stärke von Anfang bis zu Ende abnimmt, schwellen die übrigen
Hauptnerven ungefähr in der Mitte ihres ungegabelt verlaufenden Theils mehr oder weniger an. Diese
Anschwellung scheint mit der trichterförmigen Emporhebung des Blattes zusammenzuhängen. Im Uebrigen
verhalten sie sich folgendermassen (Fig. 12): Nach dem zweiten Drittel ihres Verlaufs gabeln sie sich in
zwei schwächere Aeste, welche aber ebenfalls nicht den Rand erreichen, sondern sich wieder nach zwei
Drittel des Verlaufs in zwei Gabeläste theilen; nochmals wiederholt sich auch an diesen die Gabelung
und die dadurch entstehenden Aestchen hängen zu zwei und zwei benachbarten zusammen, also die innersten
Gabeläste dritter Ordnung untereinander und die zwei seitlichen untereinander, dagegen verbinden sich die
zu äusserst links und rechts stehenden (immer auf einen Hauptnerven bezogen) mit den äussersten Gabel-
ästen dritter Ordnung des benachbarten Hauptnerven. Verfolgt man demnach die letzten Gabelästchen
samt ihren Verbindungen, so resultirt eine am Rand des Blattes hinlaufende ziemlich regelmässige Wellen-
linie. Die Gabeläste sind durch Queräste vielfach verbunden, sowohl unter einander, als auch mit den
benachbarten. In ganz derselben Weise anastomosiren die noch nicht gegabelten Hauptnerven untereinander
in der mehr centralen Parthie des Blattes. Diese Queräste verlaufen ziemlich regelmässig parallel dem
Aussenrand des Blattes, verhalten sich also anders als die Seitennerven der Medianader.
Der Mediannerv setzt sich auf der Oberseite des Blattes in dem oben erwähnten Centralfleck fort,
die übrigen nicht. Diese Fortsetzung des Mediannerven erscheint an dem (in Bezug auf die Spitze der
Lamina) unteren Rand des Flecks ein wenig verbreitert.
Manche der später gabeligen Hauptnerven sind noch über den hellen Centraltleck hinaus eine
Strecke lang verwachsen (Fig. 10 bei a).
Das nach unten stehende Niederblatt Ni ist etwa 6 cm lang, an der Spitze abgerundet, an der
Basis tutenartig (die Axe, wie schon oben erwähnt, rings umfassend), nach unten gespalten, es ist gewöhn-
lich schwärzlich und fleischig, von parallel verlaufenden Nerven durchzogen.
Das zweite Niederblatt Ns ist viel grösser, bis 10 em. lang, hat aber eine ähnliche Beschaffenheit
wie das vorige, ist auch schwärzlich und parallelnervig.
Das Basalniederblatt Nb der Axillarknospe hat dieselbe Beschaffenheit wie Ni.
S. Die Blüthe.
Die Blüthen entspringen gleich den Blättern an den Knoten des Rhizoms und zwar zumeist auf
der oberen Seite, in den p. 6 angeführten Fällen, in denen das Niederblatt Ns und das Laubblatt f nach
unten inserirt sind, entspringt auch die Blüthe auf der Unterseite des Knotens. Die Blüthe steht hinter,
d. h. unterhalb des Laubblattes, also im Winkel des Niederblattes Ns auf einem Stiel, welcher den Blatt-
stiel oft noch an Länge übertrifft, und der wie dieser, jedoch nicht so reichlich, mit Borsten (Stacheln)
besetzt ist.
Auf der Spitze des Blüthenstiels sitzt die Blüthe einzeln. Man zählt an der Blüthe zunächst etwa
24 Blattorgane als Blüthenhülle. Die beiden untersten und äussersten derselben sind klein, grünlich, kelch-
blattartig mit einer Divergenz von 180° und zwar median gestellt, das unterste mit dem Ns alternirend.
Darauf folgt ein zweiter ebenfalls zweigliedriger Cyclus, welcher mit dem ersten alternirt, dessen Glieder also
lateral stehen, diese beiden Blätter sind ähnlich ausgebildet wie die äussersten, jedoch etwas grösser.
Wigand-Denuert, Nelumbium speciosum W. 2
er
Auch die nächsten Blätter sind noch mehr oder weniger grünlich, werden. aber allmählich immer
grösser und nehmen mehr corollinische Beschaffenheit an. Ich zählte zunächst zwei dreigliedrige Cyclen,
innerhalb des zweiten findet eine beträchtliche Zunahme an Grösse und Färbung statt, so dass das dritte
Glied desselben bereits rein blumenartig ist. Beide ÜUyclen alterniren mit einander. Die folgenden 13
Blumenblätter schliessen sich mit der Divergenz °/;s an.!) Es herrscht hiernach in der Blüthe weder eine
Wirtelstellung, noch eine fortlaufende Spirale mit veränderlichem Divergenzwinkel, sondern es sind mehrere
Cycelen von der Divergenz es, "s, */s, welche sich unter einander vermittelst einer Prosenthese anschliessen,
welche gleich dem halben Divergenzwinkel ist. Wenigstens gilt dies für die vier äussern Uyclen.
Wie schon gesagt, sind die äussersten Perianthblätter grünlich-gelb mit einem geringen rothen
Anflug; je weiter sie nach innen stehen, desto mehr tritt die rothe Farbe hervor, bis die innersten (auch
schon in der Knospe) auf Innen- und Aussenseite roth und nur am Grunde gelb sind (ein Beweis dafür,
dass das Licht nur in geringem Maasse Einfluss auf die Ausbildung der Farbstoffe der Blüthe hat). Die Perianth-
blätter haben 15—17 stärkere Parallelnerven und zwischen diesen schwächere; beide anastomosiren
am Rande. u
Innerhalb dieser Blätter finden sich sehr zahlreiche Staubfäden in Spiralstellung, deren Gesetz
schwer zu bestimmen ist, ich zählte gegen 220; bemerkenswerth ist ein keulenförmiger Fortsatz des
Connectivs zwischen den Antherenfächern. Der Pollen bildet ovale Körner, dieselben sind dreikantig und
dreifurchig, haben eine körnig netzförmige Zeichnung und springen mit 3 Spalten auf.
Am eigenthümlichsten verhält sich der Blüthenboden innerhalb der Staubfäden, derselbe erhebt
sich nämlich als ein starker umgekehrter Kegel, ein Receptaculunn mit ebener Endfläche, welcher eine
grössere Anzahl von Pistillen in Höhlungen eingesenkt ist. Die Zahl derselben schwankt zwischen 8 und
17 in 2—3 Kreisen. Das ellipsoidische Pistill hat eine sitzende trichterförmige Narbe und als besondere
Eigenthümlichkeit zur Seite desselben ein nach der Peripherie des Receptaculums gerichtetes Wärzchen.
Es ist einfächerig und fand ich in ihm stets nur ein, nie zwei Eichen, wie hier und da angegeben wird,
dieselben sind anatrop, hängend und haben zwei Integumente.
9. Bau und Gestalt der reifen Frucht.
Die reife Frucht (Fig. 13) ist oval, 15— 2 cm. lang und bis 1 cm. breit, stahlgrau, an der Basis
heller, die Oberfläche matt, einmal durch kleine punktförmige Vertiefungen, welche die Spaltöffnungen
darstellen, sodann durch viel kleinere und zahlreichere weisse Körnchen (Krystalldrusen) uneben. Der Nabel
bildet ein tiefes Grübchen. Am oberen Ende bemerkt man ein cylindrisches, scharf abgestutztes, d. h.
mit kreisförmiger Endfläche endigendes Spitzchen als Ueberrest des Griffels, in einiger Entfernung von
ihm (circa 3 mm) liegt ein elliptisch umschriebener Höcker, derselbe liegt bei allen Früchten des Recep-
taculums regelmässig auf der der Peripherie des letzteren zugekehrten Seite der Griffelnarbe und ist, wie
die entwicklungsgeschichtliche Untersuchung ergibt (ef. unten), der ursprüngliche, später zur Seite geschobene
Gipfel des jungen Pistills.
‘) Caspary giebt ein anderes Gesetz an: nach ihm sind die beiden äusseren Cyklen auch zweigliedrig, dann aber
soll mehr als ein Cyklus nach °/Jıs folgen, das Gesetz der letzten Blätter konnte nicht bestimmt werden.
ee
Die Frucht hat eine hornartige Wand, die am schmalen Ende dicker ist. Die Höhle ist ausgefüllt
von einem Samen, der am oberen Ende, aber nicht unmittelbar unter der Fruchtnarbe, sondern etwas
daneben, und zwar auf der dem Höcker abgewendeten Seite befestigt ist und der ganzen Oberfläche
der inneren Fruchtwand dicht anliegt (fast mit ihr verwachsen), nur an der Basis bleibt ein leerer Raum,
indem der Samen hier beckenartig vertieft ist, aus welcher Vertiefung sich ein stumpfer Kegel erhebt:
letzterer ist demnach von einer ringförmigen Rinne umgeben. Die Oberfläche des Samens ist rostfarbig
schwammig, uneben, der Länge nach mit parallelen Riefen. (Fig. 14—16.,
Der Same spaltet sich (nicht leicht) in zwei Samenlappen, welche innen hohl sind, so dass auf
dem Querschnitt eine elliptische zweispitzige Höhle entsteht (Fig. 17), von den zwei scharfen Kanten aus
setzt sich eine zarte Fuge durch die hier also dünnere Masse des Samenkerns bis an die Peripherie fort.
Am oberen Ende hängen die beiden Cotyledonen zusammen; das Würzelchen tritt gar nicht hervor. Die
Fuge zwischen den Samenlappen spaltet übrigens auch das untere kegelförmige Ende. Die Substanz der
Cotyledonen ist weiss, die Innenfläche der linsenförmigen Höhle gelb und glänzend, der Geschmack ist
süss und ölig, ähnlich dem der Haselnuss.
Die grosse linsenförmige Höhle zwischen den Cotyledonen wird grösstentheils ausgefüllt mit der sehr
entwickelten Plumula, welche am oberen Ende, d. h. also, wo die Cotyledonen zusammenhängen, entspringt.
(Fig. 18 und 19.) Auf einem etwa 3 mm langen grünlich gelben Stengelglied sitzt ein Laubblatt und
wenig höher mit ihm alternirend ein zweites kleineres. Die Plumula schliesst ab mit einer kleinen
geschlossenen Knospe. Die beiden gelblichgrünen Blätter sind etwas unter der Einfügung des Blattstiels
eingebogen, die pfeilföürmige Spreite ist mit beiden Rändern eingerollt. (Fig. 20.) Der eingeknickte
Theil der Blätter erfährt zugleich eine seitliche Ablenkung aus der Ebene des Blattstiels und der Stengel-
axe, und zwar bald nach links, bald nach rechts in der Weise, dass beide Blätter derselben Plumula gleich-
sinnig ausweichen, bei verschiedenen Früchten aber die Richtung verschieden ist. Die Medianebene der
beiden Blätter steht auf der Mediane der beiden Cotyledonen senkrecht, indem diese links und rechts von
einem Radius des Receptaculums eingefügt sind.
Auttallend ist bei diesem Bau des Embryo:
1) die Aushöhlung der beiden Samenlappen, so dass die Plumula frei in einer Höhle hängt;
2) dass die Cotyledonen sich mit ihren Rändern so innig berühren, dass das Gewebe fast gleich-
förmig erscheint. Zwar besteht das Gewebe derselben an der Berthrungsstelle aus ein oder zwei Schichten
von Zellen, welche, von den rundlichen Zellen der übrigen Masse abweichend, mehr nach Art der Epidermis
nebeneinander gefügt sind, aber sie greifen mit den gegenüberliegenden Zellen des benachbarten Cotyledons
so innig in einander, dass sie wie die Zellen eines continuirlichen Gewebes erscheinen. Auch erfolgt die
Spaltung der Cotyledonen keineswegs leicht, so dass die Vermuthung nahe liegt, dass dieser Körper viel-
mehr das Sameneiweiss ist, womit dann auch die hohe Ausbildung der Plumula mit den beiden ausgezeichneten
Blättern, welche dann die Cotyledonen wären und mit dem gestreckten Internodium, welches die Radicula
wäre, übereinstimmte. Auch würde sich dann das dünne weisse Häutchen, welches die Plumula umgibt
(ef. unten) als Embryosack erklären lassen. Gleichwohl kann wegen der Verschmälerung der beiden Klappen
an der Fuge, wegen der Differenzirung eines Epithels, wegen der, wenn auch unvollständigen Spaltbarkeit
und besonders, weil die Spaltungsfläche am oberen Ende aufhört (d. h. wo die Cotyledonen an der Basis
der Plumula eingefügt sind), sowie vielleicht auch wegen des laubblattartigen Charakters der beiden
DL
ER
Blätter nicht ein Zweifel sein, dass die gewöhnliche Deutung, nach welcher der Same eiweisslos ist, die
beiden Klappen als Cotyledonen, die Radieula als verschwindend klein, der innere grüne Körper als
Plumula mit verlängertem epicotyledonischen Internodium angesehen wird, richtig ist. ')
Die Plumula ist umschlossen von einem dünnen weissen Häutchen, welches im trockenen Zustande
dicht anliegt, meist zerstört ist und beim Aufweichen ziemlich stark aufquillt. Es ist eine einfache Meınbran
ohne alle wahrnehmbare Struktur, durch Chlorzinkjod auf Zellstoff reagirend. Sie entspringt an der Basis
des epicotyledonischen Stengelgliedes. Die Annahme von Richard, dass es ein Cotyledon und die beiden
Klappen die zweilappige Radicula sei, ist unsinnig, und dem, sie mit Decandolle als Nebenblatt zu betrachten
steht im Wege, dass es kein selbstständiges Organ aus Zellen bestehend, sondern eine Zellhaut ist, eher
könnte man es mit Brogniart für den Embryosack halten, was aber nur dann möglich wäre, wenn der
grüne Körper nicht die Plumula, sondern der Embryo wäre. Es spricht dagegen übrigens auch der
Umstand, dass die Haut sich oft auch zwischen die einzelnen Organe der Plumula hineinerstrekt. Dies
würde mehr für die Annahme sprechen, dass das Häutchen die abgelöste Cuticula sei. Dagegen ist jedoch
wieder einzuwenden, dass es sich gegen Jod nicht wie die Cuticula verhält, sowie auch der vollständige Mangel
aller Structur. Noch könnte es die übriggebliebene und mit fortgewachsene Urmutterzelle der Plumula
sein. Ich fasse dies Häutchen dagegen als den Ueberrest eines primitiven Endosperms auf, die Begrün-
dung dieser Ansicht wird uns in der unten gegebenen Entwickelungsgeschichte beschäftigen. ?)
!) Diese Auffassung theilte auch Tre£eul Il. e.
?2) Treeul 1. c. lässt die Bedeutung des Häutchens dahingestellt
11.
Eintwicklungsgeschichtliches.
1. Wachsthum des Rhizoms.
Während die meisten krautartigen Pflanzen ein stetiges Wachsthum zeigen in der Art, dass während
der Vegetationsperiode das Wachsthum an der Spitze, d. h. die Anlegung neuer und die gleichzeitige
Ausdehnung der bereits angelegten oberen Internodien ohne Unterbrechung stattfindet, zeigt der Stengel
von Nelumbium speciosum in ersterer Beziehung eine periodische Unterbrechung, während die Ausdehnung
der gebildeten Internodien ohne Unterbrechung fortdauert, d. h. nachdem sich die Terminalknospe entfaltet
hat, indem sich die äussersten Blattorgane, die Niederblätter Ni und Ns und das Laubblatt, öffnen
und frei werden und zugleich eine neue geschlossene Terminalknospe durch die rasche Streckung des
untersten Internodiums der vorhergehenden Knospe vorgeschoben wird, womit gleichzeitig die Anlage eines
neuen Internodiums nebst Blatteyklus an dem punetum vegetationis verbunden ist, bleibt diese neue Terminal-
knospe eine Zeit lang geschlossen, ohne an Grösse zuzunehmen, namentlich ohne sich sofort zu entfalten;
es äussert sich also das Wachsthum eine Zeit lang nur in der Streckung jenes frei gewordenen Internodiums,
erst nachdem dieses eine gewisse Länge erreicht hat, öffnet zich die Knospe und findet Neubildung an
der Spitze statt. Das Wachsthum des Nelumbium-Stengels hat also Aehnlichkeit mit der periodischen
Verlängerung der holzigen Stengel, sowie mit gewissen Rhizomen krautiger Pflanzen, z. B. Triticum repens,
nur dass hier kein Abschluss durch eine Niederblattbildung, sondern nur eine Unterbrechung des Wachs-
thums stattfindet, die durch die äusseren Verhältnisse bedingt wird. Mit dem Wachsthum holziger Stengel
stimmt es namentlich auch darin überein, dass jede Wachsthumsperiode mit dem Auftreten von Nieder-
blättern als Umhüllung der Knospe abschliesst, d. h. dass die Internodien zwischen den Niederblättern
unentwickelt bleiben. Es unterscheidet sich von diesem nur dadurch, dass jede Wachsthumsperiode nur
ein Laubblatt und ein entwickeltes Internodium produzirt, und dass sich diese Periode in einem Sommer
vielmals wiederholt, während sie bei den Holzgewächsen zusammenfällt mit je einer Jahresperiode. Ferner
unterscheidet sich Nelumbium von den Holzgewächsen dadurch, dass das Laubinternodium oder vielmehr
sogar zwei oder mehrere vorhergehende Laubinternodien (d. h. die Produkte mehrerer Wachsthumsperioden)
ihre Streckung noch nicht vollendet haben bei der Entfaltung der Endknospe, sondern noch eine kürzere
er
oder längere Zeit fortfahren sich zu strecken. Darin stimmt also Nelumbium mit den übrigen krautartigen
Pflanzen überein. Demnach bildet es eine Mittelform zwischen Holz- und Krautpflanzen. Die Zahl der
nach dem Hervortreten der neuen Terminalknospe noch gleichzeitig mit dem letzten Internodium in Streckung
verharrenden Internodien ist mindestens 2, d. h. also, es sind gleichzeitig mindestens 3 Internodien im
Wachsen begriffen.
Was die Art der Streckung des einzelnen Internodiums betrifft, so reichten die darüber angestellten
Beobachtungen leider aus gewissen Gründen nicht völlig aus, das etwa vorhandene Gesetz mit Bestimmtheit
hervortreten zu lassen. Im Allgemeinen scheint sich aus den Beobachtungen Folgendes zu ergeben: während
der ersten Zeit, wo das neue Internodium sich streckt, findet diese Streckung der ganzen Länge nach an
allen Punkten statt, jedoch nimmt die Energie des Wachsthums von unten nach oben zu, je weiter nach
vorn, desto stärker ist die Längsdehnung. In einem gewissen Zeitpunkt lässt die Streckung in der mittleren
Region des Internodiums nach, oder steht gänzlich still, während die Streckung nur am oberen und unteren
Ende fortdauert, und zwar am unteren mit grösserer Energie als am oberen, zuletzt erlischt jedoch das
Wachsthum am unteren Ende eher als am oberen, doch schien es in einigen Fällen auch anders zu sein.
Auch dem äusseren Ansehen nach sollte man denken, dass das obere Ende wegen seiner grösseren Zartheit
und fleischigen Beschaffenheit länger in Streckung verharrt, wogegen umgekehrt die anderen Orts erwähnte
Beobachtung, dass die Ausbildung der Holz- und Bastzellen am oberen Ende vor den unteren voraus ist,
für die länger andauernde Ausdehnung des unteren Endes spricht. Oft hängen diese Verhältnisse gewiss
mit äusseren Umständen zusammen.
Jedenfalls ergiebt sich als unzweifelhaft, dass das Wachsthum der Internodien während der ersten
Zeit der Streekung viel energischer ist als in der Folge; denn bei 4 beobachteten Trieben war die Länge
des neu hervortretenden Internodiums während der Beobachtungsperiode ungleich grösser als das absolute
Maass der Verlängerung, welches jedes der vorhergehenden Internodien erfährt, ja, sogar viel grösser als
die Verlängerung aller vorhergehenden Internodien zusammengen mmen; wie dies aus der beigefügten
Tabelle hervorgeht. In derselben steht in der ersten Vertikaleolumne die Nummer des Seitentriebs, in der
zweiten die Gesammtausdehnung der Internodien (1—3) und in der dritten die Länge des inzwischen
hervorgetretenen neuen Internodiums.
| I 1,2, 3:11 mm. | 26 mm.
| ER & £
| 11 RZ. STE mm: 42 mm. |
| III 1% 9 mm. 19 som.
Haupttrich I; 2 17,5 mm. ' ne
J
In Folge der verhältnissmässig sehr niedrigen Temperatur während der Beobachtungszeit war das
Wachsthum ein unbedeutendes gewesen, aus dem Versuch ging daher gleichzeitig hervor, dass allzu niedrige
Temperatur die nachträgliche Streckung schon bereits angelegter Internodien in viel höherem Grade beein-
trächtigt als die Entfaltung der Terminalknospe und die erste Streckung des aus der Knospe hervorgehenden
Internodiums. Mit anderen Worten: während die nachträgliche Streckung der Internodien durch Temperatur-
= sn
erniedrigung annähernd sistirt wird, fährt das Gipfelwachsthum fast ungehindert fort; der Einfluss äussert
sich also weniger in der Verminderung der relativen Zahl neuer Internodien, als in der relativen Ver-
kürzung der vorhandenen Internodien, d. h. in der Abnahme der bleibenden Länge der Internodien nach
vorn, in ähnlicher Weise, wie sich das in Folge ungünstiger äusserer Lebensverhältnisse oder in Folge des
Alters gehemmte Wachsthum der Holzgewächse nur in Verkürzung der letzten Jahrestriebe äussert,
während die Neubildung an der Spitze bis zuletzt fortdauert.
In Bezug auf die Geschichte des einzelnen Stengelgliedes lassen sich die Wachsthumserscheinungen
am Rhizom von Nelumbium speeiosum auch noch anders auffassen. Bei den übrigen krautartigen Pflanzen
fährt jedes neu am punctum vegetationis angelegte Internodium fort, in einem Zuge sich zu verbreitern und
zu strecken, bis es das bestimmte bleibende Mass erreicht hat, bei den Holzgewächsen bleibt das Inter-
nodium im ersten Jahr auf der unentwickelten Stufe stehen, indem es an Breite und in Bezug auf die
Ausbildung der betreffenden Blattorgane, sowie anatomisch erst nach und nach die Stufe erreicht, auf
welcher der Stillstand eintritt, der den Winter über dauert, worauf dann im Frühjahr die Streckung erfolgt.
Bei Nelumbium erfährt das einzelne Internodium, da die Knospe die Blatteyklen einschliesst, nach seiner
Anlegung zunächst keine Streckung, sondern bleibt verkürzt, oder es erfolgt erst auf der zweiten Stufe
eine kleine Streckung, wohl aber findet eine Verdickung und anatomische Veränderung im Zusammenhang
mit der Ausbildung der betreffenden Blattorgane statt, aber diese Veränderung des Internodiums in dieser
Periode geschieht nicht stetig, sondern in vier durch Pausen unterbrochenen Schritten (wie auch das punctum
vegetationis nicht fortwährend neubildet, sondern durch Pausen unterbrochen ist, indem die Terminalknospe
von dem Hervortreten bis zum Oeffnen keine merkliche Vergrösserung erfährt und, wie gesagt, während
dieser Zeit die bestimmte Zahl von vier Blatteyklen enthält); plötzlich erfolgt dann mit dem fünften
Schritt eine energische Streckung, welche innerhalb des Internodiums Verschiedenheiten zeigt, aber ohne
Unterbrechung vollendet wird.
2. Zeitliche Entwicklung des Rhizoms.
Die Entfaltung der Terminalknospe äussert sich
1) im Auftreten der Nebenwurzeln am Knoten,
. 2) in der Streckung der Endknospe, in Folge dessen sie das Niederblatt Ni an der Basis
durchbohrt,
3) in der Entfaltung der Blätter, indem sich Ni an der Spitze öffnet, das Niederblatt Ns löst
sich aus ihm heraus und aus letzterem demnächst das Laubblatt. Anfangs wachsen alle drei Blätter in
die Länge, darauf bleibt Ni und dann Ns hinter dem Laubblatt zurück.
Von den Internodien hat das letzte erst etwa die halbe Länge, oder etwas mehr, wenn die Ter-
minalknospe sich zu entfalten beginnt, das nächst vorhergehende ist dann, wie es scheint, schon fertig
gestreckt, so dass also 1—2 Internodien gleichzeitig in der Streckung begriften sind.
Das Blatt erfährt seine Entfaltung langsamer als das Internodium. Im Allgemeinen sind zwei
Blätter eines Rhizoms (natürlich auf ein und dieselbe Axengeneration bezogen) gleichzeitig in der Ent-
faltung begriffen, d. h. zwei sind gerollt, oder eins ist offen und in der letzten Ausdehnung begriffen, das
folgende eingerollt und das jüngste ist im Begriff, sich aus der Knospe heraus zu lösen. Im Allgemeinen ist
jedes Blatt in seinem Entwicklungsstadium ein wenig hinter dem Internodium zurück, an dessen Basis es sitzt.
Es können 7 Blätter ausserhalb der Knospe gleichzeitig lebendig sein.
Der Seitentrieb in dem Winkel des Laubblattes geht, wie es scheint, mit diesem in gleichem.
Schritt vorwärts, doch eilt das Laubblatt insofern etwas voraus, als es bereits eine bedeutende Länge
besitzt, während der Seitentrieb noch eine etwa 2,5 cm. lange Knospe ist, aber sobald das Laubblatt
fertig entfaltet ist, scheint auch der Axillartrieb im untersten Internodium fertig gestreckt zu sein.
Die Blüthen sind beträchtlich hinter den zugehörigen Blättern zurück. Die Blüthe kommt an
dem dritten Knoten, d. h. an der Basis des ersten ausgewachsenen Internodiums und an der Basis eines
noch nicht fertig entfalteten Blattes auf einem 2—3 cm. langen Stiel als 0,3 cm. lange Knospe zum Vorschein;
am nächst älteren Knoten, an welchem das Blatt fertig ist, ist der Blüthenstiel etwa 9 cm. die Blüthen-
knospe 1 cm. lang.
3. Zeitliche Entwicklung der Wurzeln.
Die Anlegung der Wurzeln beginnt bereits im Innern des zweiten Knotens einer in der Entfaltung
begriffenen Knospe, auch in dem Knoten an der Basis einer vollständig geschlossenen Knospe sind die
Wurzeln noch im Innern eingeschlossen, beim Oeffnen der Knospe beginnen sie an der Oberfläche hervor-
zubrechen. Während der Streckung des Internodiums sind die Nebenwurzeln noch einfach, trisch und
blassröthlich, nach vollendeter Streckung dagegen mit Zasern besetzt. Die Bezaserung der Wurzeln eines
Knotens und die Bewurzelung des auf ihn folgenden jüngeren findet ungefähr gleichzeitig statt, so dass
die Zasern so lang sind als die Wurzeln des folgenden Knotens.
4. Entwicklung der Blätter.
Das untere Niederblatt Ni tritt an der ganz jungen Knospe unterhalb des halbkugeligen punctum
vegetationis als halbringförmiger Wulst auf, erst später eine kegelförmige ringsum geschlossene
Scheide um den innern Theil bildend (Fig. 21—23). Sobald sich der darin eingeschlossene Trieb ent-
wickelt, d. h. das Blatt f mit seiner Scheide frei wird, so verliert das Niederblatt Ni seine vorher fleischige
Beschaffenheit und bildet eine dünne, braune, trockene Scheide, deren unregelmässig zerrissene Ueberreste
auch noch an den älteren Knoten sitzen bleiben.') ö
Das obere Niederblatt Ns tritt wie Ni als halbringförmiger Wulst unter dem punetum vegetationis
mit dem vorigen alternirend und von dessen Rändern umfasst, auf (Fig. 21—23). In seiner weiteren
Entwicklung unterscheidet es sich von Ni dadurch, dass es mit der Basis nur halb umfasst, so dass die
Terminalknospe von den Rändern noch etwas bedeckt wird, aber die Spitze und der grössere Theil frei
bleibt; dagegen legt es sich in seinem oberen Theil mit den Rändern übereinander und umschliesst auf
diese Weise das zunächst nach innen folgende Laubblatt vollständig und dicht. Bei der Entfaltung des
Triebes, d. h. bei der Streckung des Blattes F, bildet das Niederblatt Ns eine enge, das Blatt selbst noch
bei beträchtlicherer Länge vollständig umkleidende farblose Scheide, welche nur an der Basis etwas klafft.
!) Eine Differenzirung der jungen Niederblattanlage in Blattgrund und Oberblatt konnte ich nirgends entdecken, die
Niederblätter von Nelumbium speciosum würden also demnach in die von Göbel (Bot. Zeit. 1880, Beitr. z. Morphologie des
Blattes und in Schenk’s Handbuch, Band IU, 1. p. 244) aufgestellte Kategorie von Niederblättern gehören, die aus dem
gesammten Primordialblatt entstehen.
Erst bei der weiteren Entwicklung des Triebes stirbt es ab und hinterlässt an der Basis des Blattstiels
ein braunes trockenes Blattgebilde.
Das Laubblatt erscheint auf frühester Stufe als eine kurze stumpfe Säule, welche aber bald oben
nach innen, d. h. nach der Axe zu, schief abschüssig wird und dann auf dieser schiefen Endfläche eine
seichte Vertiefung besitzt. Diese ausgehöhlte schiefe Endfläche ist die Anlage der Lamina (Oberblatt),
welche von dem plumpen Blattgrund entsprechend den Erörterungen Goebel’s kaum gesondert ist, höchstens
nach vorn als ein etwas wulstiger Rand über ihn hervorragt. Dieser wulstige Rand scheint ringsum zu
laufen, d. h. die Vertiefung erscheint nicht als Furche, sondern als Mulde. Das junge Blatt umfasst
anfangs mit seiner Basis die Axe nicht, von der Ochrea ist noch nichts vorhanden. Auf einer etwas
weiteren Stufe hat sich der Blattgrund seitlieh etwas verbreitert und tritt als ein gewölbter dünner Rand
auf den Seiten und dann auch auf der ganzen Innenseite des Blattes hervor, die Terminalknospe kappen-
förmig theilweise bedeckend, doch so, dass sie noch zum grossen Theil frei liegt. Weiterhin bildet
sich dieser Rand rasch fort, indem sich zugleich die Basis um die Axe herum erweitert und mit den
Rändern übereinander greift, so dass schon frühe diese Erweiterung des Blattes als eine kegelförmig
geschlossene Ochrea die Terminalknospe bedeckt und von dem zugehörigen Blatt ganz frei ist mit Aus-
nahme der Basis, wo beide Theile zusammenfliessen (Fig. 24). Das Blatt selbst entwickelt sich unterdessen
in der Art weiter, dass sich die zwischen Blattgrund und Lamina liegende Region zu einem kurzen
Stiel streckt und dass die vordere Vertiefung sich immer mehr als eine scharfe Furche ausbildet,
d. h. verlängert und an beiden Enden verengt, während der mittlere Theil anfangs noch breit ist,
so dass man in der Vorderansicht der die Anlage der Lamina darstellenden vorderen Fläche eine elliptische
sich nach oben und unten zuspitzende Vertiefung erkennt (Fig. 23). Darauf nähern sich die wulstigen
Ränder dieser Vertiefung auch in der Mitte, so dass die Vorderfläche von einer schmalen, scharfen, tiefen
Furche durchzogen ist, welche anfangs nicht, später aber oben und unten ausläuft, und zwar streckt sich
das dadurch getrennte untere Ende des wulstigen Randes in Gestalt zweier spitz kegelförmiger Lappen vor
und bildet bereits eine pfeilföürmige Basis. .
Hand in Hand damit gehen folgende Veränderungen: die Ränder der Furche, welche anfangs nur
wulstige Verdickungen darstellten, erweitern sich flächenförmig und rollen sich zugleich nach innen um,
so dass das Ansehen von aussen nicht geändert wird, während man auf dem Querschnitt sieht, wie der
Rand zwei Spiralwindungen macht. Zugleich wird die Gestalt des Blattes immer schärfer ausgeprägt,
namentlich sondert sich die Lamina bestimmt von dem Blattstiel. Die pfeilföürmige Basis der Lamina ist
in einem gewissen Stadium seitwärts gebogen, aber nicht nach einer bestimmten Richtung, sondern bald
nach rechts, bald nach links, übrigens geht die zuerst deutliche Pfeilform bald durch Wachsthum der
unteren Blattregion in die Schildform über. Anfangs ist der Blattstiel sehr kurz, in der Folge streckt sich
derselbe in stärkerem Grade als die Lamina. Zugleich bildet sich das Blatt auch anatomisch aus. !)
Schon frühe unterscheidet sich das Blatt von der Ochrea durch seine gelbliche, späterhin grünliche
Farbe, während der Blattstiel dunkelgefleckt ist. Der Mittelnerv der auf den früheren Stufen an Masse
1) Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass das Blatt von Nelumbium bei seiner Entwicklung im Wesentlichen
(Ausbildung des Blattstiels, der Ochrea, der Schildform) den Gesetzen folgt, die Goebel in seiner trefflichen Entwicklungs-
geschichte für das Blatt aufstellt.
Wigand-Dennert, Nelwmbium speciosum W. 3
pe
bedeutend stärker ist als die eingerollten Blatthälften, ist weiss und bereits von Lufthöhlen unterbrochen.
Der Theil der untern Blattfläche, welcher nach aussen offen liegt, ist grün, in der Folge rothı gefleckt
und glänzend und grenzt sich durch diese Eigenschaften auch nach vollendeter Entfaltung gegen die übrige
blassgrüne matte obere Oberfläche als ovales zweispitziges „Mittelfeld“ ab.
Das Laubblatt tritt nach dieser Schilderung zwar später auf als die Niederblätter Ni und Ns
eilt denselben jedoch in der Entwicklung voran, so dass es sehr frühzeitig die beiden Niederblätter
überragt. Später vergrössern sich die letzteren schneller, so dass sie in der Folge das Laubblatt ganz
umschliessen.
Ein Trieb enthält, soweit er noch geschlossen ist, 4—5 Cyklen bis zu dem ersten Auftreten der
neuen Organe. ’
Bei der Axillarknospe sind die Verhältnisse ähnlich, das am Grunde derselben sitzende Niederblatt
Nb erscheint ähnlich wie die anderen Niederblätter als ein halbringförmiger Wulst, derselbe ist an der
Spitze ein wenig ausgebuchtet (Fig. 26).
5. Entwicklung der Blüthe.
An der jungen im Winkel von Ns entspringenden Blüthenknospe tritt das erste Blumenblatt p!
mit Ns alternirend auf, dasselbe stellt einen an der Spitze mehr vorgezogenen kapuzenförmigen Höcker
dar, die Anlage des zweiten Blumenblattes p*? ist mit dem ersten um 180° divergirend, liegt also nach
vorn, mit dem vorschreitenden Alter treten centripetal immer mehr Blumenblätter auf, dieselben alterniren
jedoch nicht mehr, auch decken sie sich nicht mit den. Rändern, während von den beiden ersten der rechte
Rand deckt, sie sind alle an der Spitze etwas kapuzenförmig (Fig. 27 und 25). Während noch im Umkreis
neue Blumenblätter entstehen, erhebt sich in der Mitte plötzlich eine ziemlich regelmässig fünfeckige
Scheibe, an deren Peripherie etwas tieferliegend sich ein mehr oder weniger zusammenhängender Rand
zeigt (Fig. 29). Die Scheibe selbst ist nach aussen etwas erhöht, sie vertieft sich nach innen und erhebt
sich endlich in der Mitte halbkugelig, der scheibenförmige Theil, und besonders nach aussen, zeigt eine
warzige Oberfläche; die halbkugelige Erhöhung im Centrum hebt sich immer schärfer ab, ihr Gewebe ist
kleinzelliger und mehr cambial als das der Scheibe. Weiterhin erscheint die letztere mehr als ein sanft
gewölbter Ringwall, der ringsum bis zu seiner grössten Höhe mit rundlichen Höckern, den jungen Staub-
gefässen, besetzt ist, von deren innerstem Kreis aus fällt der Blüthenboden trichterförmig nach innen ab und
ist an dieser Seite nackt, diese kreisförmige Rinne trennt den die Staubfäden tragenden Theil des
Blüthenbodens von dem in der Mitte liegenden jungen Receptaculum (Fig. 29), letzteres ist in diesem
Stadium eine kreisrunde ringsum convexe Scheibe, die in der Mitte etwas vertieft ist; allgemach
erscheinen auf seiner zunächst gleichförmigen Oberfläche an der einen Seite der Peripherie undeutliche
Höcker, welche wie ringförmige Erhabenheiten erscheinen. Inzwischen ist die Ausbildung der äussern
Blumenblätter schon bedeutend vorgeschritten, sie sind nach aussen grünlich und an der Spitze röthlich,
auf dem Rücken erhaben parallelnervig, nach innen nehmen sie allmählich an Ausbildung ab, werden
immer zarter, farbloser, kleiner und stehen offenbar spiralig, die jüngsten sind noch immer etwas kapuzen-
artig über den Torus gewölbt. Die Zahl der jungen Staubgetässe vergrössert sich immer mehr, so dass
endlich die ganze Ringscheibe um das centrale Receptaculum herum mit ihnen bedeckt ist, vorläufig
= 19. —
erscheinen sie noch alle gleich, wenn auch die äusseren etwas grösser als die inneren sein mögen, alle
sind ohne Sonderung und jedenfalls ist die Differenz der Ausbildung zwischen den äussern und inneren
nicht so gross, wie sich nach ihrem räumlichen Abstand erwarten liess. Das centrale Receptaculum hat
sich allmählich in einen Kreis von 9 gleichen Höckern differenzirt, welche sich durch ihre grössere Höhe,
rein concentrische Anordnung und vollkommen gleichen Fntwicklungsgrad gegen die Staubfadenhöcker
scharf abheben. Inmitten dieser Höcker erscheint gleichzeitig ein scharf abgesetzter centraler Höcker,
welcher anfangs den Anschein einer ringförmigen Erhebung mit centraler Vertiefung bot, jedoch jedenfalls
später auch im Centrum erhaben ist.
In der Folge erhebt sich die Ringscheibe des Blüthenbodens sammt ihren Staubfäden säulenförmig
und trägt dann also auf ihrem Gipfel das junge Receptaculum (Fig. 33).
Was die Weiterentwicklung des Staubfadens anbelangt, so entsteht an der Spitze zunächst ein
hellerer Kopf, dann bilden sich an den länglichen Höckern die Fächer als Längswulste, die nach aussen
näher zusammengerückt sind und oben verlaufen und über denen sich das Connectiv als länglicher Knopf
von zartem cambialem Gewebe fortsetzt, der Stiel ist dann noch verschwindend kurz. Der Rücken wölbt
sich gleichzeitig stärker und das ganze Gebilde krümmt sich nach innen. In diesem Stadium lässt sich
nun doch eine Verschiedenheit innerhalb der Staubfäden erkennen, indem die äussern den inneren voran-
gehen. Das breite weisse Connectiv setzt sich in der Folge mit gleicher Breite zwischen den gelblichen
Antherenwülsten zungenförmig nach oben fort; auf der Aussenseite der letzteren erscheint je eine
Längsfurche (Fig. 30—32).
Was die Weiterentwicklung des Receptaculums und der Pistille anbelangt, so sei zunächst bemerkt,
dass die Zahl der Carpelle nicht immer dieselbe ist, es finden sich auch nur 8 im Umkreis und 3 in der
Mitte, oder 10 im Umkreis und 4 in der Mitte. Das cambiale Gewebe zwischen den jungen Carpellhöckern
wächst bald im rascheren Tempo als diese, es hebt sich zwischen ihnen empor und beginnt sie mehr oder
weniger zu überwallen, so dass die Oberfläche des Receptaculums nun grubig und die jungen Carpelle
in ihr eingesenkt zu sein scheinen. Diese Ueberwallung geht so weit, dass schliesslich nur noch die
Narben aus den entstandenen Höhlen heraus sehen.
Die Carpelle entwickeln sich nun derart weiter, dass auf der Innenseite der Höcker in der Höhe
der grössten Breite eine stumpfdreieckige Mündung entsteht mit etwas wulstigem Rand, dadurch wird der
untere Theil scheidenartig, der obere kaputzenförmig, indem die Ränder nach unten hin noch mehr vor-
springen (Fig. 34 nnd 35). Dieser Scheidentheil erhebt sich in der Folge immer mehr, indem sich
gleichzeitig die Oeffnung verengert. Letztere liegt endlich fast auf dem Scheitel, während die Spitze des
Carpells kaum höher liegt als sie und als die stark vortretende Bauchseite (Fig. 36 und 37). Die beiden
Seiten des Carpells unterscheiden sich nur dadurch, dass der Rücken von der Spitze an mehr eben und
schief nach unten läuft, die Bauchseite hingegen mehr gleichmässig gewölbt ist. Die Ränder der Oeffnung
sind stark wulstig, der obere ist etwas höher und der untere krümmt sich stärker nach innen. An der
Peripherie und der inneren Wand der Oefinung beginnt sodann eine Papillenbildung, auch erhebt sie sich
noch höher, so dass die ursprüngliche Spitze sich nun als seitlicher Höcker zeigt, wie man ihn auch
noch an der reifen Frucht findet (Fig. 38).
An dem nach unten (innen) gebogenen unteren Rand der Oeffnung zeigt sich bald die Anlage der
Samenknospe als stärkerer Vorsprung Fig.) 37), dessen unterer Theil sich bald als ein kurzer kegelförmiger
3*
— 20 —
Funiculus sondert. Seine Spitze ist nach innen gekrümmt und lässt bald ein Integument erkennen, aus
welchem der Knospenkern weit hervorragt (Fig. 38). Endlich ist die Krümmung fast rechtwinklig und
unterhalb des Integuments zeigt sich eine ringförmige Einschnürung. Ein Strang zarter Zellen (cambialen
Gewebes) zieht sich in der Mitte durch die Wand, sowohl auf der Bauchseite, um dann in den Funieulus
einzutreten, als auf der Rückenseite, um in dem Höcker (x) zu verlaufen, und ein anderer Arm nach oben,
der ganze Rand ist: noch cambial, alles übrige lufthaltig. B
In einem noch weiteren Stadium zeigt sich die Narbe trichterförmig vertieft, von ihr aus geht ein
scharfbegrenzter Kanal mit zartem leitendem Zellgewebe erfüllt in den Fruchtknoten. An dem dem Höcker
x entgegengesetzten Rand hängt die Samenknospe an einem dieken Funiculus, welcher nach x hin merklich
länger ist als nach innen; die Samenknospe selbst erscheint jetzt als kugeliges, noch nicht ganz umgekehrtes
Gebilde, so dass die Mikropyle noch rein seitlich steht; die Einschnürung zwischen Funieulus und Samen-
knospe ist noch schärfer geworden, das innere Integument erscheint als ein fast eylindrischer Topf, in dessen
Höhle der eylindrische, abgerundete Knospenkern sichtbar ist; das äussere Integument überzieht die Samen-
knospe vom Rücken her, später bildet sich erst vom Nabel her eine kurze Falte, von welcher aus sich das
Integument fortsetzt.
6. Die Samenknospe und ihre Entwicklung zum Samen.
Die anatrope Samenknospe hängt an dem oberen Ende des Pistills, sie ist von der Seite her fast kugelig,
auf ihrem Rücken ist die Raphe schwach angedrückt, auf der entgegengesetzten Seite an der Basis tritt
die Mikropyle etwas schnabelartig hervor. Die Oberfläche ist weiss und glatt. An der Mikropyle ist
das äussere Integument etwas hervorgezogen, das innere tritt aus ihm hervor. Der Embryosack ist lang,
unregelmässig gekrümmt und hat ein etwas sporn- oder retortenartiges Ende.
Bei der weiteren Entwickung füllt die Samenknospe bald den grössten Theil der Höhle aus, indem
sie eigenthümlich kreiselföürmige Gestalt annimmt; nach unten hat sie eine kopfförmige Verdickung. Den
grössten Theil des eiweisslosen Samens nimmt der Embryo ein, der sich in zwei Samenlappen von trüber
glasig-gallertartiger Beschaffenheit sondert, sowie in eine ganz stumpfe Radicula und eine kleine‘ Plumula,
die als ein kleiner Kegel zwischen den Cotyledonen liegt. Das erste Blatt der Plumula ist etwas flach,
rinnig, beiderseits unten vortretend und nach vorn scheidenartig geschlossen, aus der Scheide ragen 1—2
Höcker hervor als Spuren der folgenden Blätter (Fig. 42, 43), die ersten Blätter des Embryo alterniren mit den
Cotyledonen. Das oberste beginnt sich bald hakig nach innen zu krümmen und lässt die pfeilförmig zusammen-
gefaltete Spreite erkennen (Fig. 44). Das Gewebe der Cotyledonen ist ganz gleichförmig, es besteht aus
dünnwandigen Zellen mit hellem Inhalt ohne Amylum, in jeder Zelle findet sich ein wandständiger Kern.
Hieraus geht schon hervor, dass der Same* eiweisslos ist und dass jenes „weisse Häutchen“ nicht etwa der
Embryosack ist.
Die Plumula liegt in einer seichten Rinne der Cotyledonen, welche übrigens mit einer farblosen
Gallert erfüllt ist. Letztere besteht aus freien Zellen von allen verschiedenen Grössen, dazwischen
kleine und grosse Körner, jede Zelle mit einem wandständigen Kern, dieser mit Kernkörperchen.
Auch in diesem Stadium lässt sich von der homogenen Membran, welche die Plumula einschliesst,
nichts erkennen.
=
Einige Zeit später zeigt sich statt des gallertartigen Schleims eine schleimige, aber zusammen-
hängende Haut, welche der Wand der Samenlappen anliegt und einen häutigen Schlauch um die Plumula bildet,
indem sie am Wurzelende geschlossen ist und ansitzt. Sie ist gebildet einerseits aus rundlichen locker
nebeneinander liegenden oder auch, wie es scheint, durch Theilung, aneinandergerückten Zellen mit wand-
ständigem Kern, zum Theil sind die Zellen so zusammengeflossen, dass man die Zellgrenzen nur undentlich
erkennen kann und der körnige Inhalt ist dann unregelmässig vertheilt. Doch ist deutlich die Zusammen-
setzung aus Zellen erkennbar wie auch, dass es keine ursprünglich homogene Membran ist; Chlorzinkjod
ruft keine Färbung hervor. Demnach ist der fragliche Sack das Ueberbleibsel eines vorübergehenden
Zellgewebes im Embryosack.
Bei der weiteren Entwicklung zur reifen Frucht erweitert sich die Höhle ganz ungewöhnlich, so
dass die Früchte endlich ganz frei inmitten einer übergrossen Höhle liegen. Jene die Plumula umgebende
Haut erscheint dann endlich homogen, lässt aber noch zahlreiche unregelmässige undeutliche Linien.
erkennen, so dass man diese allenfalls als Falten einer homogenen Membran ansehen könnte, doch lassen
sich diese Linien noch hie und da wenigstens partiell als Zellgrenzen erkennen, nur dass die Zellen durchaus
keine bestimmte Form und Grösse haben; auch der körnige Inhalt und Krystalldrusen ') deuten hie und
da auf verschwundene Zellen hin. Es ist unzweifelhaft der Ueberrest von Endospermzellen, welche sich in
der Höhlung zwischen den Cotyledonen erhalten und gleichsam auf der Oberfläche der Plumula nieder-
geschlagen und dadurch das Ansehen einer Membran erhalten haben.
1) cf. Trecul 1. c.
III.
Anatomie des Rhizoms.
1. Struetur des epieotyledonischen Internodiums am Embryo.
Der Durchschnitt ist kreisrund, beiderseits mit zwei Kanten, entsprechend der Insertionsebene der
zweizeiligen Blätter der Plumula. Im Umkreis eine Epidermis, gebildet aus einer Schicht säulenförmiger
Zellen mit Chlorophyll, darunter findet sich eine zweite ähnlich gebildete Schicht, so dass es den Anschein
hat, als wäre eine doppelte Epidermis vorhanden, andererseits spricht der Chlorophyllgehalt vielleicht
dafür auch die erste äusserste Schicht nicht als Epidermis anzusehen, das übrige Grundgewebe ist gleich-
falls parenchymatisch und chlorophyllihaltig. Darin liegt ein Kreis von 9 Luftkanälen L, welche mit
Ausnahme von zweien (L! und L? nach der einen abgerundeten Seite hin) gleich gross und gleich weit
von einander entfernt sind. Die Gefässbündel bilden drei Ordnungen: im Innern 5 grössere, dann 9
mittelgrosse, welche zwischen den Luftkanälen liegen und mit diesen alterniren (wenn man sich das eine
rechts nach vorn zwischen L? und L® liegend denkt), dann eine Anzahl von 15 kleineren von verschiedener
Grösse ausserhalb der Luftkanäle ohne regelmässige Anordnung, d. h. 9 mit den vorigen alternirend und
die anderen 6 unregelmässig eingeschaltet. Alle diese Bündel sind noch rein cambial, nur dass in den
beiden inneren Kreisen bereits je ein Gefäss (in zwei seitlichen Bündeln des inneren Kreises zwei Gefässe)
ausgebildet ist.
Dieser Querschnitt ist in Bezug auf die Zahl der Gefässbündel in jedem Kreis und in Bezug auf die
Zahl der Kreise, auch der Ordnungen, ferner auf die Zahl der Luftkanäle, sowie endlich in Bezug auf
den Umriss von dem entwickelten Stengel verschieden, so dass sich der letztere aus jenem nicht durch
blosse Vermehrung der Bündel u. s. w. ableiten lässt; zudem sind alle Bündel centrifugal.!)
2. Anatomie des ausgebildeten Rhizoms. (Fig. 47.)
Das Rhizom ist stumpf sechskantig (in den gestreckten Internodien), so dass bei seiner horizontalen
o o I
Lage je eine Fläche nach oben und unten, je eine Kante nach links und rechts liegt; es besteht aus
’) Nach Treeul 1. e. sollen die inneren Bündel centripetal sein, auch seine Zahlenangaben weichen von den
obigen etwas ab.
einem grosszelligen, parenchymatischen, dünnwandigen, chlorophylifreien Gewebe. Die Epidermis ist nicht
ausgezeichnet. In dem Parenchym liegen 6 grosse den Kanten entsprechende Luftkanäle, ein engerer centraler,
ein engerer der unteren Fläche und ein (manchmal zwei) der oberen Fläche entsprechender Luftkanal.
Dieselben haben im Knoten (und im Knospenzustand) Krystalldrusen an den Wänden, diese sind zum
Theil in eine kugelige aus der Wand entspringende und in den Hohlraum hinein ragende Zelle einge-
schlossen und werden also alle in solchen entstehen, die Zellwand wird später resorbirt, wie es scheint
in Balsam oder Schleim verwandelt, denn durch Alkohol verschwindet der Ueberzug, in dem die Drusen
zum Theil eingebettet sind.
Die Gefässbündel liegen im Stengel isolirt nebeneinander, und in mehreren Kreisen hintereinander,
in Beziehung auf die isolirte Stellung den Monokotylen ähnlich, aber durch die concentrische (wenn auch
auf den ersten Blick nicht in die Augen fallende) und die zum Theil strahlige Anordnung, kurz durch die
regelmässigere Ordnung von den Monokotylen verschieden.*) Die Zahl der Bündel beträgt etwa 250.
Der innerste Kreis besteht aus 6 Gefässbündeln, welche so gestellt sind, dass eines fa’ nach
unten, eines fa° nach oben und jederseits zwei fa’und fa® zu stehen kommen. Mit diesen alterniren 6 andere fb.
Diese 12 Gefässbündel liegen ungefähr in einem Kreis um die das Centrum einnehmende Lufthöhle ce
herum, so dass dadurch die centrale Parenchymmasse als Mark abgegrenzt wird; sie schieben sich so eng
nebeneinander, dass es zweifelhaft ist, ob sie einen einzigen oder zwei concentrische Kreise bilden, in
letzterem Fall scheinen die erstgenannten fa die innersten zu sein.
Darauf folgt ein dritter Kreis nach aussen, pa., welcher mit den eben genannten 12 Bündeln
alternirt, letzteres spricht für die Annahme, dass die 12 inneren Gefässbündel einem einzigen Kreis ent-
sprechen, indem sonst die äusseren 12 den inneren opponirt stehen würden (wenn man vier sechsgliedrige
alternirende Kreise annehmen wollte). Soweit ist also die Anordnung rein concentrisch; dies wird aber
dadurch modifizirt, dass sich in den Kreis pa noch jederseits je ein Bündel px in der Weise einschaltet,
dass dasselbe zwischen pa? und pa? mithin vor fa® des innersten Kreises zu stehen kommt. Eine weitere
Aufhebung der concentrischen Regelmässigkeit findet durch die Anordnung des folgenden Kreises statt,
welcher nur aus 8 Gefässbündeln fe besteht, die sich vor die Bündel pa!, px, pa* und pa° stellen.
Diese letztere Ordnung setzt sich nun auch im folgenden Kreis fort, derselbe besteht ebenfalls
aus 8 Bündeln pb, welche sich vor fe stellen; ebenso stellen sich die S Bündel des folgenden Kreises
fd ebenfalls vor die pb; dadurch entsteht also eine mittlere Parthie aus einem inneren Kreis von
6 + 6 und einem äusseren Kreis von 12 + 2 Gliedern, — und 8 strahlige Reihen aus je 4 resp.
Gefässbündeln.
Am ausgebildeten Rhizom fand ich aber ausser den 12 pa noch ein 1Btes ps! vor fa? gestellt und
ihm nach aussen entsprechend ein Ytes fe, pb und fd, wodurch ein neunter unpaariger nach oben gerichteter
Strahl aus 3 Gefässbündeln entsteht.
Darauf folet ein Kreis von 16 Gefässbündeln fe, welche in der Art vertheilt sind, dass je zwei
derselben links und rechts neben den 8 Strahlen etwas nach aussen vorgeschoben stehen; und wo ein
Iter Strahl vorhanden ist, stehen auch zwei Bündel vor dem letzten Glied desselben; so dass also jeder
*) Jedenfalls genügt der anatomische Bau nicht, um Treeul’s Meinung, wonach die Nelumboneen zu den Monoeotylen
zu zählen sind, zu rechtfertigen.
BDA
dieser Strahlen sich gabelig spaltet. Mit diesen 16 bezw. 13 Gefässbündeln tritt denn nun eine neue dte
Region der Gefässbündel auf: die peripherische. Dieselbe besteht aus einem zwischen den Gefässbündeln
fd und den Luftkanälen einerseits und der Peripherie des Stengels andererseits verlaufenden Gürtel von
zahlreichen kleineren, namentlich nach der Peripherie immer mehr an Grösse, bis zum Verschwinden, ab-
nehmenden Gefässbündeln, in welchem man der Anordnuug und der Grösse nach etwa 4 concentrische Kreise
unterscheiden kann. doch ist eine scharfe Sonderung dieser Kreise nicht möglich, theils wegen des Inein-
einderschiebens, theils wegen der Verwischung der Grössenunterschiede. Die Zahl der Glieder der
verschiedenen Ordnungen in dem Theil des Querschnittes, welcher je einem Bündel fd und den Gabelenden
fe des Strahls entspricht, ist 1 fd, 2 fe, 2 fl, 3 fg, 6 fh und eine undeutliche Zahl von fi. Das Gesetz
der Anordnung ist derart, dass sich je ein Glied nicht vor den Zwischenraum je zweier Glieder der nächst
vorhergehenden Ordnung, sondern vor den Zwischenraum je zweier Glieder der zwei vorhergehenden
Kreise stellt, dies gilt für ff nur in der Parthie vor den Strahlen, zwischen je zwei Strahlen stehen, wie
es scheint (vor dem Zwischenraum je zweier fe) 3 ff.
Die Abstufung dieser Ordnungen von Gefässbündeln zeigt sich nicht allein in einer nach Aussen
fortschreitenden Abnahme der Grösse, sondern auch in der Zahl der Gefässe und in der Ausbildung.
Die Ordnung fd hat 3 Gefässe von mittlerer Grösse im Dreieck, die Bündel fe haben nur ein mittel-
grosses Gefäss, die Bündel ff nur ein kleines Gefäss, die Bündel fg lassen gar kein Gefäss erkennen, sondern
erscheinen nur als eine Gruppe von Weichbast, zu dem sich in späterer Ausbildung noch einige Milchsaft-
gefässe, sowie ein vorderer und ein hinterer Bastbogen anschliessen. Die Bündel fh und fi sind
noch kleiner.
Denjenigen Zwischenraum zwischen je zwei Bündeln fe, welcher einem Luftkanal entspricht,
also zwischen je zwei Gefässbündelstrahlen, nehmen meist wie oben gesagt 3 Bündel ff ein, vor deren
Zwischenraum sich dann die Glieder fg und darauf folgend eine entsprechende Zahl fh und fi stellen.
Unter sämmtlichen Bündein des Stengels sind zwei wesentlich verschiedene Kategorien zu machen.
1) Die centrifugalen fa, fb, fe. . . . welche stets mit den Gefässen und zwar stets mit einem
unpaarigen nach der Mitte und mit dem Weichbast nach aussen gerichtet sind,
2) die centripetalen pa, pb..... welche umgekehrt mit dem Weichbast nach dem Uentrum
gerichtet sind, ein sonst, wie es scheint, im Pflanzenreich nicht gerade häufig vorkommender Fall.
Die inneren 12 Bündel sind sämmtlich centrifugal, die darauf folgenden 14 Bündel pa centripetal,
die nächsten 8 fe centrifugal; vor diesen, d. h. also in der Richtung der 8 bezw. 9 Strahlen stehen ebenso
viele centripetale pb, worauf dann noch die 8 (9) Endglieder der Strahlen fd (centritugal) folgen.
Sämmtliche peripherische Gefässbündel sind wie die inneren centrifugal, so dass sich die centripetalen
also nur als der dritte innere Kreis (14 gliedrig) und als je ein mittleres Glied innerhalb eines Strahles
finden. Es ergibt sich hieraus, dass in jedem Strahl die 4 bezw. 5 Bündel abwechselnd centripetal und
centrifugal sind, d. h. je zwei aufeinanderfolgende Gefässbündel im Strahl kehren sich entweder ihre
Gefäss- oder ihre Cambiumparthien zu.
In Bezug auf die Grössenverhältnisse zeigt sich folgende Ordnung; die 12 inneren sind am grössten
und unter ihnen die 6 fb wieder grösser. Die folgenden Kreise nehmen an Grösse ab, die mittleren in
in je einem Strahl fe und pb sind die kleinsten, zwischen deren einander zugekehrten Spitzen
meist ein sehr kleines Rudiment von einem Gefässbündel ohne bestimmte Richtung eingeschaltet ist; von
diesem Minimum aus findet wieder in den Bündeln pb und fd eine Zunahme statt, fd ist fast so gross wie die
12 innersten. Von da an zeigt sich in der peripherischen Parthie wieder eine stetige Grössenabnahme
bis zum Verschwinden, also: vom Centrum bis zur Mitte der Strahlen Abnahme, von da bis zum Ende
der Strahlen Zunahme, und endlich von da bis zur Peripherie Abnahme der Grösse.
Abgesehen von der Gesammtgrösse der einzelnen Bündel lassen sich in Beziehung auf die relative
Grösse und Gruppirungsweise der Gefässe innerhalb eines Gefässbündels und die dadurch bedingte Ge-
sammtform d. h. in Bezug auf Morphologie und Architektonik des Gefässbündels verschiedene Typen
unterscheiden, welche in der Anordnnng innerhalb des Stengels eine bestimmte Gesetzmässigkeit erkennen
lassen (Fig. 46 I—V).
Typus I: Zwei Gefässe erster Grösse nebeneinander, nach vorn ein unpaariges Gefäss dritter
Grösse. Gresammtcharakter breit und eiförmig. Diese Form kommt ausschliesslich vor bei den beiden
Gefässbündeln des zweiten Kreises, welche links und rechts von der Mediane vor den beiden paarigen
grossen unteren Luftkanälen liegen (fb'); jedoch kommt bei diesen beiden Bündeln auch eine andere An-
ordnung vor; mit Gefässen zweiter und dritter Grösse findet sich dieser Typus zuweilen übrigens auch in
der Ordnung fd (cf. unten).
Typus II: Ein Gefäss erster und zwei Gefässe dritter Grösse, von denen das eine vor dem
grossen und das andere etwas zur Seite liegt. Auch diese Form kommt nur als ein Paar vor in dem
zweiten Kreis fb? (ungefähr den beiden mittleren grossen Luftkanälen entsprechend), und zwar sind diese
beiden Gefässbündel gegenbildlich (symmetrisch), indem das kleinere seitliche Gefäss bei dem linken
Bündel nach rechts, bei dem rechten auf dessen linker Seite, also beide nach oben liegen. Gesammt-
charakter: breiteiförmig.
Typus III: Ein Gefäss erster Grösse mit einem Gefäss dritter Grösse nach innen; Gesammt-
charakter: eiförmig, diese Form hat das dritte (oberste) Paar im zweiten Kreis (£b?).
Typus IV: a) Ein einziges Gefäss erster Grösse: eiförmig; als unpaariges oberes Glied (fas) in
dem zwölfgliedrigen mittleren Kreis. In anderen Fällen hat dieses Glied die Form V. dasselbe ist etwas
nach oben gerückt, gleichwohl scheint es wegen der concentrischen Stellung, sowie wegen der in manchen
Fällen vorkommenden Form V zu dem innersten sechsgliedrigen Kreise gerechnet werden zu müssen.
b) Dieselbe Form, jedoch mit Gefässen zweiter oder dritter Grösse; sie tritt auf: erstens in den
14 centripetalen Gefässbündeln des dritten Kreises (pa, px) und zweitens in der peripherischen Parthie in
den Kreisen fe und ft.
Typus V: Zwei Gefässe zweiter Grösse hintereinander; Gesammtcharakter: wegen des breiten
Cambiforms verkehrt eiförmig oder birmförmig. Diese Form kommt vor als unpaariges unterstes (fa!) und
in manchen Fällen als oberstes unpaariges Glied (fa°), sowie als fas und fas, sämmtlich also im innersten
sechsgliedrigen Kreis.
Typus VI: a) Ein Gefäss zweiter Grösse nach vorn, zwei Gefässe dritter Grösse nach hinten,
im Dreieck, ist vom nächsten Typus nicht scharf geschieden, bildet die zwei paarigen unteren Glieder fa°
des innersten Kreises, Gesammtcharakter: birnförmig (manchmal auch mit einem Gefäss erster Grösse).
b) Drei Gefässe zweiter Grösse im Dreieck, davon eins nach vorn. Gesammtcharakter: elliptisch.
Bildet die 8 resp. 9 Endglieder der Gefässbündelstrahlen (fd).
Wigand-Dennert, Nelumbium speciosum W. 4
Be
b) Dieselbe Form mit Gefässen dritter Grösse, in den zwei Kreisen fe und pb innerhalb der
Strahlen.
d) Ein Gefäss zweiter und zwei Gefässe dritter Grösse; Gesammteharakter: birnförmig, bildet je
zwei Gabelglieder fe in der peripherischen Parthie (die Kleinheit der beiden inneren Gefässe lässt es oft
zweifelhaft, ob diese Bündel nicht etwa zu Typus IVb gehören. Dasselbe gilt von den Gliedern der
Ordnung fe und pb, welche vielleicht hierher gehören.
Typus VII: Gefässbündel ohne Gefässe, nur aus einer Gruppe Weichbast und Milchsaftröhren,
sowie einem vorderen und einem hinteren Bastbogen bestehend; bildet die Ordnung fg der peripherischen
Parthie.
Typus VIII; Bündel ohne Gefässe und mit verschwindendem Weichbast und Milchsaftröhren, fast
nur als ein äusserer Bastbogen wahrzunehmen; bildet die Ordnung fh der peripherischen Parthie.
Typus IX: Bündel nur als eine kleine unregelmässige, nicht bogenförmige Gruppe von Bastzellen
wahrzunehmen: bildet die äussersten Glieder fi der peripherischen Parthie.
Wenn auch in diesen Configurationen hie und da Abweichungen und Schwankungen vorkommen,
so lässt sich doch im Ganzen die Sonderung dieser Typen und die angegebenen Gesetze der Anordnung
nicht verkennen. Demnach gehören sämmtliche Glieder des innersten Kreises den Typen V. und VI (fa°
dem Typus IV), die Glieder des zweiten Kreises den Typen I II III an, oder wenn man beide innere
Kreise als einen einzigen zwölfgliedrigen Kreis zu betrachten hat, so alterniren in demselben die eiförmigen
mit den birnförmigen Typen.
Simmtliche Glieder des dritten Kreises pa px gehören dem Typus IV, die Bündel innerhalb
der Strahlen fe pb und fd dem Typus VIa) b) und c) an. Die Bündel fe zählen zu Typus IVb (bez.
VId), die von ff zu IVb und endlich die Bündel fg—fi zu Typus VO—IX.
Hie und da ist ein grösseres Gefäss durch eine ebene Scheidewand in zwei Hälften getheilt, ohne
dass darin aber eine Regel herrschte.
Eine schematische Figur, welche die hier geschilderten Verhältnisse erläutert, findet sich in der
vorläufigen Mittheilung über Nelumbium speciosum, botanische Zeitung 1871, p. 817, dieselbe ist auch
von de Bary in seiner vergleichenden Anatomie aufgenommen worden. Darauf sei hier hingewiesen.
Ein wenig modifieirt finden sich diese Verhältnisse in den Fällen wieder, wo die beiden oberen
Lufthöhlen durch eine einzige grössere ersetzt sind!). Es sind dann folgende Punkte bemerkenswerth
(Fig. 47).
1) Die Bündel fa: fas liegt median unter dem oberen, fai unter dem unteren Luftkanal, die anderen
liegen paarweise unter dem mittelsten der seitlichen Kanäle und zwar zu diesem symmetrisch, dagegen
in Bezug auf die anderen Luftkanäle etwas unregelmässig. Die Bündel fa sind centrifugal mit 2 oft
ziemlich kleinen hinter einander liegenden Gefässen, von denen das äussere gewöhnlich etwas, manchmal
auch beträchtlich grösser ist als das andere. Die Gesammtform ist langgezogen eiförmig, zum Theil
1) Diese Fälle sind in dem Wigand’schen Manusript nicht näher berücksichtigt, da sie aber zeigen, dass in den hier
constatirten Verhältnissen Schwankungen und Variationen eintreten können und da ich sie auch in den von mir untersuchten
und der unten folgenden Beschreibung der Anatomie des Knotens zu Grunde liegenden Knoten gefunden habe, so scheint es
mir am Platze, meine Beobachtung durch eine genaue Figur erläutert hier wiederzugeben. E. Dennert,
RT
etwas birnförmig. Typus Va. Im vorliegenden Fall haben alle Bündel fa diesen Typus, auch die fa?.
Die Gefässe haben zweite und dritte Grösse.
2) Die Bündel fb alterniren mit den fa, so dass sie, zum Theil etwas unregelmässig, den 6 grossen
Luftkanälen opponirt sind. Sie sind alle centrifugal. Die fb? haben ein Gefäss erster Grösse und eins
von ihnen nach innen noch eins vierter Grösse (Typus Ill). Gesammtform eiförmig. Die Bündel fb?
besitzen 3 Gefässe, das innere ist von erster Grösse, die beiden äusseren gewöhnlich von verschiedener
Grösse, auch fehlt wohl eins. Gesammtform breiteiförmig. Bei einem Bündel schien noch ein kleines
Gefäss nach innen zu liegen (Typus I1?). Die Bündel fb sind verschieden, eines hat 3 Gefässe im
Dreieck (2 von dritter Grösse nach aussen, das andere von erster Grösse nach innen), das andere Bündel
besass 2 Gefässe zweiter Grösse neben einander, Gesammtform auch hier breiteiförmig oder mehr elliptisch.
Die Bündel fb sind breiter als die fa.
3) Der Kreis der Bündel pa verhält sich anders als oben beschrieben. Zunächst sind die Bündel
pax nicht vorhanden, wenn es nicht etwa ganz verschwindend kleine allerdings centripetale sein sollten.
Vielleicht sind sie also hier verkümmert. Es scheint, als ob diese Ordnung pa aus zwei verschiedenen
Kreisen bestände, von denen der eine äussere mehr nach oben, der andere mehr nach unten ausgebildet
ist und so dass in der äusseren ein siebentes Bündel (ps) eingeschaltet ist. Von dem inneren dieser beiden
Kreise würden dann 4 Bündel nach unten symmetrisch, also mit fai, fb, und fa? alternirend, 2 dagegen oben
zwischen tb’ und fa® liegen. Der zweite äussere Kreis ist mehr nach oben vertreten, ein Bündel ps liegt
über fas, auch liegt beiderseits zwischen letzterem und den fb* je ein Bündel. Ausser diesen 3 Bündeln
sind noch 4 seitliche vorhanden zwischen fa? und fb? resp. fb? und fb?. Ueber den Bündeln fa? liegt
wie schon oben erwähnt, je ein ganz kleines etwa dem sonst vorhandenen pax entsprechendes centripetales
Bündel mit oft kaum kenntlichem Gefäss.
4) Der Kreis fe hat im vorliegenden Fall nur 8 centrifugale Bündel mit einem Gefäss zweiter
oder dritter Grösse, sie liegen zwischen den Luftkanälen und bilden das zweite Bündel der Strahlen,
auf sie folgen nach aussen gewöhnlich ganz kleine, nur aus Weichbast bestehende Bündelchen.
5) Sodann liegen noch mehr nach aussen die 8 Bündel pb, etwa von der Grösse und Form der
Bündel fe, jedoch centripetal. Im vorliegenden Fall sind sie aber an zwei Stellen verschwindend klein
und fehlen sogar in einem oberen Strahl ganz.
5) Auf sie folgen nach aussen als die Endglieder der einfachen Strahlen 8 grosse centrifugale
Bündel fd mit 3 Gefässen im Dreieck, gewöhnlich etwas verschieden gross, von zweiter und dritter Grösse,
das nach innen gekehrte meist von dritter Grösse. Des breiten Weichbastes wegen ist die Gesammtform zum
Theil fast kreisrund.
6) Der nächste Kreis fe umfasst 16 Bündel, die paarweise vor den Biündeln fd stehen und ihr
Gefäss gegen den Weichbast des fd richten, so dass sich die Strahlen hier zu gabeln scheinen, sie sind
bedeutend kleiner als die fd und besitzen, so weit es sich erkennen lässt, nur ein Gefäss dritter Grösse.
7) Der nächste Kreis ff zeigt symmetrische Vertheilung seiner Glieder, indem über den Luft-
kanälen je 3, über dem oberen Medianluftkanal nur 1 Bündel, über dem unterem 2, über den
fd je ein Bündel mit ganz kleinem Gefäss liegt. Vielleicht gehört aber von jenen 3 Bündeln immer
nur das mittlere diesem Kreis, die beiden seitlichen, die etwas schief (wie die fe) stehen, einem anderen an.
4*
8) Die nächsten immer kleiner werdenden peripherischen Bündel alterniren mit den vorhergehenden
ziemlich genau.
Bau und Entwicklung der einzelnen Gefässbündel.
Ursprünglich bestehen die Gefässbündel aus einer rundlichen Gruppe von Cambium (Meristem),
sie scheinen sich auf die Art zu differentiiren, dass bei der Umwandlung des Urmeristems das Punctum vege-
tationis im Parenchym gewisse Stränge im meristematischen Zustand verharren, beziehungsweise sich durch
Streckung der Zellen in Cambium umwandeln. In den Strahlen scheint sich jener ursprüngliche Zustand
länger zu halten in Form von meristematischen Platten, welche zu einer Zeit, wo die Gefässbündel der
Mittel- und der peripherischen Parthie bereits als gesonderte Gruppen mit Gefässen im Kreise erscheinen,
zwischen diesen beiden eoncentrischen Parthien strahlenförmig und ganz continuirlich verlaufen, um sich
erst weiterhin in eine bestimmte Zahl von Cambiumsträngen zu sondern. Die erste Veränderung dieser
Stränge von Cambium äussert sich in dem Auftreten von Gefässen an dem inneren oder äusseren Ende
oder auch in einzelnen Fällen in der Mitte einer strahlig gestreckten Cambiumgruppe. Jedes Gefäss ist
von einem Kreis kleinerer Zellen eingefasst, während sich die Zellen zwischen den Gefässen und der
Cambiumparthie zu ebensolchen grossen Parenchymzellen ausbilden, wie die ganze Umgebung des
Bündels. Diese kleinen Zellen in der Umgebung der Gefässe scheinen noch eine Zeit lang den eambialen
Charakter zu bewahren, wodurch denn auch bedingt wird, dass sich in der Folge diese Gefässscheide aus
2 oder 3 Schichten zusammensetzt (Fig. 48).
Ueberhaupt ist es für unsere Pflanze eigenthümlich, dass der Gegensatz der vorderen und hinteren
Seite des Gefässbündels nicht so scharf ausgeprägt ist als bei andern Pflanzen, so dass nicht nur centri-
petale neben den centrifugalen Bündeln auftreten, sondern dass, wie schon gesagt, in manchen Fällen das
Gefässbündel auch in der Folge zwei gleiche Cambiumparthien behält, nach aussen und nach innen,
während die Gefässe die Mitte einnehmen und gleichsam den gemeinsamen Indifferenzpunkt eines solchen
Doppelgefässbündels bilden.
Das Cambinm besteht bis zu einem gewissen Zeitpunkt, d. h. so lange das Internodium noch
nicht gestreckt, also noch in der Knospe eingeschlossen ist, aus gleichförmigem kleinzelligem Gewebe mit
trübem Inhalt, der durch Jod gelb gefärbt wird. Sobald sich der Stengel streckt, findet eine Differenzirung
in grössere unregelmässig runde dünnwandige Schläuche: die Milchsaftgefässe, und in kleinzelliges
Cambiform statt, welches sich theils im dünnen Scheidewänden zwischen den Saftgefässen erstreckt,
theils nach aussen eine zusammenhängende Parthie bildet. Theilweise grenzen die Saftgefässe auch un-
mittelbar aneinander. Gleichzeitig erfahren die Scheidezellen der Gefüsse eine Verdickung ihrer Membran,
und während sich dieselben zugleich, wie oben gesagt, vervielfältigen, bildet sich daraus nach innen ein
Holzzellengewebe, welches besonders das unpaarige Gefäss umgiebt oder auch die paarigen von der Seite
her umschliesst und sich mehr oder weniger zwischen die Gefässe hinein erstreckt, während dieses Gewebe
zwischen den Gefässgruppen und dem Weichbasttheil fehlt. Zugleich tritt ein ganz übereinstimmendes Gewebe
als Bogen auf der entgegengesetzten Seite des Weichbast-Cambiforms auf: Hartbast. Anfangs sind die Wände
dieser Bast- und Holzzellen dünn, dann verdicken sie sich, wobei sie anfangs farblos sind, sich aber alsbald
goldgelb färben. In Beziehung auf diverse Zusammensetzung des Gefässbündels kommen die bereits oben
erwähnten Verschiedenheiten vor, indem bei Typus I—VI das Gefässbündel aus allen genannten Theilen
besteht, bei Typus VII dagegen die Gefässe fehlen, bei Typus VIII verschwinden auch Weichbast
und Saftgefässe bis auf ein Minimum oder gänzlich, indem nur der vordere Bastbogen das ganze Bündel
bildet, oder bei IX das ganze Gefässbündel auf eine ganz kleine unregelmässige Gruppe von wenigen oder
einzelnen Bastzellen reducirt ist.
Bei der Verdickung des Stengels erleiden nicht nur die Parenchymzellen, sondern auch die Gefäss-
bündel in ihrem Umfang sowohl als in ihren einzelnen Elementen eine Ausdehnung ihres Durchmessers in dem-
selben Verhältniss wie der ganze Stengeldurchmesser. So ist das Verhältniss des untersten in der Knospe einge-
schlossenen Internodiums zu der Dicke des nächst unteren gestreckten Gliedes 1:2, und demgemäss fand ich die
durchschnittliche Grösse der Parenchymzellen wie 1:2 und das Verhältniss der correspondirenden Gefäss-
öffnungen ebenfalls wie 1:2. Die Ausdehnung des Cambiums dagegen äussert sich eben in der
um diese Zeit stattfindenden Differenzirung in Cambiformzellen, deren Grösse unverändert bleibt, und in
Milchsaftgefässe.
Hiernach stimmt das Gefässbündel von Nelumbium speciosum, und zwar in der isolirten Stellung,
sowie in dem Mangel von Fortbildung des Cambiums, mit dem der Monocotylen überein, unterscheidet
sich aber von diesem dadurch, dass Bast- und Holztheile nicht zusammenfliessen, sondern als zwei getrennte
Bogen das freie Cambiform zwischen sich fassen. Nur bei manchen kleinen Gefässbündeln fand ich Bast
und Holz hie und da zu einem geschlossenen Ring vereimigt.
Als einen Bestandtheil des Gefässbündels kann man auch in gewissem Sinne die Amylumkappen,
welche als eine den Weichbast-Cambiformtheil auf seiner freien Oberfläche bekleidende Lage von Amylum-
haltigen Parenchymzellen auftreten, betrachten. Doch kommt diese Schicht, wie oben erwähnt, fast nur bei
den centrifugalen Gefässbündeln vor, und auch bei diesen im Stengel niemals in den Gefässbündeln der
Strahlen, d. h. zwischen den Scheidewänden. Diese Schicht tritt sehr früh auf, zur Zeit, wo das ganze
Bündel nur aus Cambium besteht, die Bastschicht wird dann erst in der Folge eingeschaltet.
Bezüglich des zeitlichen Verhaltens der verschiedenen Gefässbündel eines Stengels, ihres Auftretens
und ihrer Ausbildung ist Folgendes zu sagen. So weit ich die Structur des Stengels rückwärts verfolgt
habe, nämlich bis zu dem untersten, unentwickelten, in der Knospe eingeschlossenen Internodium, sind
wenigstens in diesem Stadium bereits alle Gefässbündel gleichzeitig vorhanden, zwischen diesem Stadium und
dem späteren Zustand des Stengels weder in Beziehung auf Anordnung, noch auf Zahl der Bündel ein
Unterschied vorhanden. Auch bis zum 11. Internodium, bis zu welchem ich die Structur rückwärts ver-
folgte, kommt kein neues Gefässbündel hinzu. Dagegen findet ihre Ausbildung keineswegs gleichzeitig
statt. Die Ausbildung, d. h. das Hervortreten der Gefässe aus dem Cambiumzustand, findet stets zuerst
statt in den beiden innersten Kreisen fa und fb, sowie in den Endgliedern der Strahlen fd, dann erst in
den centripetalen Bündeln des dritten inneren Kreises und endlich in den peripherischen Bündeln fe, ff, fg
und fh nach aussen fortschreitend, sowie in den mittleren Bündeln der Strahlen fe und pb. In Bezug auf
die Verdickung und Färbung der Holz- und Bastzellen eilen jedoch die peripherischen, auch die äussersten,
der mittleren Parthie voraus. Auch sind die peripherischen Bündel stets dunkler gefärbt als die inneren.
In Bezug auf die Längenentwicklung des Stengels ergiebt sich, dass innerhalb der Knospe, also
im unentwickelten Zustand des Stengels, auch bei den sich am frühsten ausbildenden Gefässbündeln die
Milchsaftröhren noch nicht differenzirt sind, dies zeigt sich erst bei dem gestreckten. wenn auch noch nicht
2, N)
fertig gestreckten Stengel, nämlich an der Spitze des obersten Internodiums, die Bast- und Holzbildung
aber erst an seiner Basis, erst an der Spitze des zweitletzten Internodiums sind diese Zellen
stärker verdickt und gegen die reifere Basis schreitet sowohl die Verdickung der Zellwände, als auch die
goldgelbe Färbung fort. In der Folge sind auch an dem fertig gestreckten Internodium die Bast- und
Holzzellen an der Spitze desselben im Allgemeinen dunkler gefärbt und derbwandiger als an der Basis,
so dass auch in dieser Beziehung die Individualiät des Internodiums hervortritt.
In Betreff der einzelnen das Bündel zusammensetzenden Elemente ist noch folgendes zu bemerken:
Die Gefässe scheinen fast nur Spiralgefässe zu sein und die Milchsaftschläuche besitzen dem Anschein nach
siebplattenartige Querwände.
Die Luftkanäle entstehen, wie auch de Bary ') angiebt, schizogen.
In der Knospe sind die 9 Lufthöhlen des Rhizoms ziemlich gleich gross, in der Folge nehmen
sie andere Grössenverhältnisse an: das centrale ist stets am kleinsten, von den peripherischen entspricht
je eins einer Kante, diese 6 sind die grössten, auch sind sie unter einander ziemlich gleich gross, wo eine
Verschiedenheit ist, ist sie symmetrisch. Der Umriss der Höhlen ist etwas oval; der oberen Fläche ent-
sprechen zwei kleinere ungefähr von der Grösse der centralen, in manchen Fällen ist übrigens nur eins
an Stelle der beiden vorhanden. Der unteren Fläche entspricht ein Kanal von mittlerer Grösse.
Die Epidermis fehlt dem Stengel, die äusseren Zelllagen sind kleiner als die inneren, aber nicht
scharf abgegrenzt. Das ganze mittlere Gewebe ist ein gleichmässiges Parenchym mit spärlichem Chloro-
phyll und zerstreuten Gerbstofizellen.
Krystalldrusen, welche im Blatt so reichlich sind, fehlen im Stengel gänzlich, sowohl im Parenchym,
als auch in der Wandung der Luftkanäle, die letzteren sind von Strecke zu Strecke durch dünne
Scheidewände aus schwammigem Gewebe in Kammern getheilt.
3. Structur des Seitentriebes.
Ein sich eben aus dem Knospenzustand entwickelnder Seitentrieb, dessen unterstes Internodium
1,5 em. lang ist, unterscheidet sich im Querschnitte von der entsprechenden primären Axe in folgenden
Punkten:
1) Der Umriss ist stielrund ;
2) Siämmtliche Gefässbündel sind abgesehen von den Gefässen rein cambial;
3) Der Weichbast ist gerbstoffhaltig.
4) Anstatt der 4—9 Luftkanäle finden sich nur 6, d. h. die in der Mediane liegenden fehlen.
5) Die Gefässbündel des Kreises fa sind wie im Hauptstengel kleiner als die des damit alter-
nirenden Kreises fb, zeigen aber nicht die verschiedenen Typen wie dort; überdies ist das unterste
(unpaarige) derselben nur als kleine Weichbast-Cambiform-Gruppe ohne Gefässe ausgebildet und das
obere unpaarige fas nicht nach aussen vorgeschoben.
6) Die damit alternirenden centrifugalen Bündel fb sind zwar auch hier mit grösseren Gefüssen
versehen, jedoch alle von gleichem Typus.
‘) Vergl. Anatomie p. 223.
— dl —
7) Der Kreis pa (centripetal) ist nur zwölfgliedrig, es fehlen die beiden überzähligen Glieder px,
oder wenn man diese annehmen will, sind die pb nur zehnzählig, dieselben alterniren zwar im Allgemeinen
mit fa und fb, aber nicht regelmässig und nur undeutlich.
8) Von dem Kreis fe ist, wie es scheint, nur eins nach vorn vertreten; demnach sind die
Strahlen kürzer.
9) Die Bündel pb sind nicht wie dort centripetal, sondern zum Theil (pb' und pb?) doppelseitig,
die beiden anderen nur als gefässlose Cambiformgruppen angedeutet, in dem oberen unpaarigen Strahl
finden sich zwei solcher Cambiformgruppen, welche man etwa als pb und fe entsprechend deuten kann.
10) Die Bündel fd sind, weil überhaupt nur 6 Luftkanäle, d. h. nur 6 Scheidewände vorhanden,
ebenfalls nur sechszählig.
11) Die peripherischen Ordnungen sind nicht so vollständig vertreten, sondern nur fe, ff und fg;
fh und fi fehlen.
Also im Ganzen ist dieser Querschnitt entsprechend dem kreisförmigen Umriss auch in Bezug auf
die innere Gliederung fast vollständig concentrischh — und wie die Dicke geringer ist als die des ent-
sprechenden Internodiums der primären Axe, so ist auch die Zahl der peripherischen Bündel geringer.
So ist der Seitentrieb an der Basis gebaut, im Uebrigen nimmt er bald den oben beschriebenen
Charakter an, also eine theilweise radiale Anordnung der Bündel, verbunden mit einem durch die er-
wähnten Verhältnisse bedingten symmetrischen Gepräge, welches sich in einem Gegensatz zwischen der
oberen Dorsalseite und der unteren Ventralseite offenbart, während die seitlichen Hälften spiegelbildlich
gleich sind.
4. Anatomie des Knotens.
Die Untersuchung der Structur des Knotens, d. h. also der verdickten Stelle des Rhizoms unter-
halb des Ursprungs der drei Blattorgane wird durch verschiedene Umstände sehr erschwert, es zweigen
sich nämlich an dieser Stelle auf ganz kurzer Strecke sechserlei Seitenorgane vom Stengel ab: die Wurzeln,
die beiden Niederblätter, das Laubblatt, der Blüthenstiel und die Axillarknospe. Alle diese Seitenorgane,
besonders das Laubblatt, der Blüthenstiel und die Axillarknospe besitzen einen ebenso complieirten Bau
wie das Rhizom, d. h. eine grosse Anzahl von Gefässbündeln von qualitativer Verschiedenheit und be-
stimmter Anordnung, wodurch es ausserordentlich schwierig wird, den Zusammenhang aller dieser differenten
Gefässbündel der Seitenorgane mit denen der Hauptaxe nachzuweisen. Zudem finden mannigfache Ver-
zweigungen und Ablenkungen der Bündel vom senkrechten Verlauf statt, die Lufthöhlen werden unregel-
mässig erweitert und fliessen vielfach zusammen, und endlich wird die gesammte Anordnung in Folge des
Durchbruchs der Wurzeln gestört.
Zunächst ist hervorzuheben, dass der centrale Luftkanal im Knoten blind endigt‘), während die
anderen concentrischen sich zunächst erweitern.
Die 12 inneren Gefässbündel (fa und fb) erfahren eine bedeutende Vergrösserung sowohl des
Gefäss- wie auch des Cambiumtheils. Zunächst treten statt des vorderen kleinen Gefässes 3 andere (mit
dem grossen zusammen) auf, weiter nach oben nimmt die Zahl der kleinen zu und die grossen Gefässe
!) De Barys entgegengesetzte Angabe: Vergl. Anat. p. 227 beruht auf Irrthum.
ER. 2:
verschwinden; nun erscheint das ganze Bündel als ein grosser brauner siebartig durchlöcherter Keil,
der stark in das jetzt solide und grün werdende Mark vorspringt. Mit der Vergrösserung der Zahl der
Tracheen scheint eine Auflösung der echten Gefässe in Tracheiden vor sich zu gehen, jedenfalls nehmen
sie im Knoten mehr oder minder ausgeprägten tracheidalen Charakter an. Zugleich nehmen die Cambiform-
parthien') zu und fliessen von allen 12 Bündeln in eine ziemlich homogene breite Schicht aus gelblich
weissem sehr kleinzelligem Gewebe von fast glasartiger Beschaffenheit zusammen, dieselbe ist von dem
trübgrauen Cambiform der äusseren Bündel p mehr oder weniger deutlich schon dem Aussehen nach getrennt.
Gleichzeitig oder auch wohl etwas früher nehmen die Bündel pa unregelmässigen etwas horizon-
talen Verlauf und vereinigen sich, scheinen auch hier und da mit den Bündeln fa und fb zu anastomosiren,
oder vielmehr die oberen fb und fa (also fbs) geben Aeste ab an den von den pa gebildeten Strang. Nach
der Verschlingung sondern sich die pa bald wieder und ordnen sich nun so an, dass sie vor den fa zu
liegen kommen und zwar je 3 pa vor den fa der oberen Hälfte, d. h. also vor fas und fas, und je 2 pa
vor den fa der unteren Hälfte, also vor fai und fas.. — Die kleinsten noch zwischen den pa liegenden
centripetalen Bündelchen sind in dieser Region nicht mehr zu sehen, die peripherischen sind dagegen noch
sehr wohl kemntlich.
Bei der Verschmelzung der Cambiumtheile der fa und fb tritt das Eigenthümliche ein, dass die
Theile von fb mehr oder weniger seitlich zu fa hinübergehen und manchmal sogar mit den Cambiform-
theilen der letzteren zusammentreffend zwischen den Holztheilen isolirt zu liegen scheinen, so dass Holz-
und Cambiformtheile mit einander abwechseln oder dass gewissermassen zu jedem fa zwei seitlich von ihm
gelegene Cambiformbündel gehören.
Nun beginnt die Wurzelbildung, an der sich nur die inneren Bündel fa und fb betheiligen, dabei
bleiben jene isolirten Cambiformbündel intakt zwischen den fa und fb liegen, es hat den Anschein, als ob
die Holztheile allein die Wurzeln versorgten. Bei genauerer Betrachtung ergiebt sich aber, dass jeder
Holzstrang, der sich nach aussen wendet, von den Cambiformtheilen mit einem Cambiformeylinder ver-
sorgt wird. Die Wurzelbildung tritt auf der Unterseite ziemlich gleichzeitig aber früher als auf der
Oberseite auf.
Der Process der Wurzelbildung aber ist folgender (Fig. 49): Er geht im Grunde genommen
aus von den fb indem diese einen gerade radial nach aussen verlaufenden Strang absenden, manchmal
theilt sich derselbe von vornherein, gewöhnlich aber erfährt er vorher eine Verstärkung, da auch die fa
nach jeder Seite einen Strang abgeben, welcher mit dem Strang von fb convergirt, sodass also jedes
System von Wurzeln, deren es so viele giebt als Bündel fb, d. h. also jederseits 3, seine Entstehung
dem Zusammenschluss von Theilen der fb und fa verdankt.
Nach kurzem radial nach aussen gerichteten Verlauf theilt sich dieser Hauptstrang doldenförmig
oder richtiger eymaartig, auf dem Querschnitt erscheint die Verzweigung fussförmig. Jede einzelne der
auf diese Weise entstandenen, ein System bildenden 10—12 (oder auch noch mehr) Wurzeln durchsetzt
eine Strecke lang das verstärkte Parenchym als ein von einer Schicht Cambiform begleiteter Gefässstrang
und bekleidet sich von einem gewissen Punkte an mit eimer an Dicke nach aussen zunehmenden Gewebe-
schicht, deren tafelförmige Zellen in concentrischen Lagen kappenförmig das keulenförmig verdickte Gefäss-
') Im Folgenden wird der Kürze halber statt Weichbast-Cambiform nur Cambiform gesagt werden.
bündel umgeben und so einen als Ganzes ebenfalls keuligen Zapfen bilden. Dies sind die Anlagen der
Wurzeln, welche in ihrem äusseren Verlauf nicht mehr mit dem Parenchym continuirlich sind und von
da an als selbständige Organe das umgebende Gewebe durchsetzen. Meist liegt zwischen je zweien ein
kleiner Luftkanal (11), ebenfalls eine Eigenthümlichkeit des Knotens. Das Cambium des centralen Theils
der Wurzel ist trübe, die Gefässstränge bestehen aus kurzen, mehr oder weniger spindelförmigen, ziem-
lich unregelmässig aneinander liegenden Tracheiden. Jene Schicht tafelförmiger Zellen um die keulige
Anschwellung herum ist die Anlage der Wurzelhaube. Diese Wurzelbildung tritt auf der unteren Seite
aus den 4 Bündeln fbı, fbı, fba, fbe, früher auf, als aus den 2 oberen fbs, fbs. Natürlich wird durch
die nach aussen durchbrechenden Wurzeln die Ordnung der Bündelkreise, besonders der peripherischen,
vielfach sehr gestört, vielleicht hat das Zusammentreten der Bündel pa zu Gruppen den Zweck, den durch-
brechenden Wurzeln Platz zu machen.
Demnächst brechen die sechs Wurzelbüschel auf der Oberfläche hervor und fliessen hier mehr
oder weniger zusammen; nur zwischen den 3 links und rechts ist ein breiterer Zwischenraum, weshalb
dies auch noch an dem bewurzelten Knoten deutlich hervortritt.
Was die übrigen Verhältnisse im Knoten anbelangt, so lassen sich zunächst tolgende allgemeine
Thatsachen feststellen.
1) Die Luftkanäle sind im Knoten mit ungestielten Krystalldrusen besetzt; ausserdem findet sich
in denselben von der Wand ausgehend aber die Höhle mehr oder weniger ausfüllend eine schwammige
weisse Substanz, die aus verzweigten Strängen von undeutlichem Zellbau besteht. Wie es scheint, entsteht
dieselbe durch eine mehr oder weniger vollständige Deorganisation (vielleicht Gummification) von Zellgewebe.
2) Der innere Gefässbündeleylinder erfährt an jedem Knoten eine bedeutende knotenartige An-
schwellung, welche sowohl auf einer Auftreibung des Markes, als auch auf einer Anschwellung des Weichbast-
Cambitorms beruht. An dem entwickelten Rhizom kommt dann noch die Masse der aus dem Innern
hervorbrechenden Wurzeln und die Erweiterung der Lufthöhlen hinzu, um das Volumen der Axe an den
Knoten auch äusserlich zu vergrössern, ohne dass sich daran die Rinde und die Masse der Gefässbündel
zu betheiligen scheint.
3) Von den Lufthöhlen endigt die centrale an der Basis des Knotens, dessen Mark solide ist,
am oberen Ende des Knotens beginnt ein neuer axiler Luftkanal. Die peripherischen Lufthöhlen erweitern
sich und fliessen, durch Auflösung des Parenchyms zu jener mehr oder weniger structurlosen weissen,
schwammig zerklüfteten Masse, in unregelmässige grössere Lücken zusammen, von welchen dann nach
oben sich wieder enge normalbegrenzte Luftkanäle für das folgende Internodium abzweigen. Die Continuität
zwischen den Lufthöhlen zweier benachbarter Internodien beschränkt sich also auf die peripherischen Luft-
höhlen, während der centrale Kanal durch das Mark im Knoten unterbrochen ist.
4) Alle jene Seitenbildungen empfangen wenigstens einen Theil ihrer Gefässbündel aus dem
inneren Gefässbündeleylinder der Hauptaxe und die Abzweigung findet in folgender Reihenfolge statt:
zuerst nach unten Ni — dann ein Cylinder von Weichbast und Gefässen nach oben. von welchen sich ein
Bündel nach dem oberen Niederblatt Ns, sowie einer nach dem Laubblatt abzweigt, während der Hauptstrang
in die Blüthenanlage ausläuft!), endlich zweigt sich ein Weichbastcylinder mit Gefässen für die Axillarknospe ab.
') Diese anatomischen Verhältnisse scheinen auch für die oben (p. 5) aufgestellte Ansicht über die Sprossverhältnisse zu sprechen.
Wigand-Dennert, Nelumbium speeiosum W, B}
5) Die verschiedenen Gefässbündel der Axe sind an den verschiedenen Seitenorganen in ver-
schiedener ungleicher Weise betheiligt.
Die Niederblätter erhalten ihre Bündel fast ausschliesslich aus der peripherischen Region; da die-
selben ganz umfassend sind, nimmt die ganze Peripherie der Gefässbündelkreise daran Theil, und im Einklang
mit der Zahl 24 der Gefässbündel der inneren peripherischen Ordnung (fe und ff?) besitzen auch die
Niederblätter, wie oben schon gesagt, 24 Nerven. Das Niederblatt Ni hat ausserdem noch 24 Bündel,
welche wahrscheinlich von der äusseren peripherischen Ordnung (fg) abstammen, während Ns nur eine
Reihe von Bündeln besitz. Auch hier laufen wahrscheinlich die Gefässbündel der Hauptaxe nicht
ganz in die Blätter über, sondern senden nur Zweige ab; denn oberhalb der Niederblätter enthält der
Stengel auch noch peripherische Bündel, welche erst in die Laubblattscheide auslaufen. Ausserdem geht
aber auch ein Gefässbündel von dem innersten Kreis fa oder fb in je ein Niederblatt ein, wenn freilich
auch in den Niederblättern selbst kein Nerv durch Stellung und Grösse als Mittelnerv ausgezeichnet ist.
Das Laubblatt erhält seine Gefässbündel aus allen drei Regionen; der Scheidentheil an der Basis
aus der peripherischen, der mediane dickere, nach oben sich als Blattstiel differentiirende Theil zugleich
aus der mittleren und inneren Region.
Der Abgang des Axillarsprosses bereitet sich bereits in dem unteren Theil der Hauptaxe vor
dadurch, dass sich von dem inneren Gefässbündelkreis, welcher übrigens überhaupt im Knoten, namentlich
beim Abgang der Blätter elliptisch sich von vorn nach hinten streckt, nach oben gleichsam ein secundärer
Kreis durch Abschnürung unter gleichzeitiger Vermehrung der Gefässbündel absondert.
Bei der näheren Untersuchung ergiebt sich für alle diese Verhältnisse Folgendes:
Auch in der Region der Wurzelbildung sind die Bündel fb und fa noch gut von einander zu
unterscheiden, denn der Holztheil der fa ist spitz, schmal und klein, derjenige der fb breiter und abgerundet.
Während der Abzweigungen haben sich die pa wieder gesondert, nachdem sie vorher einen Strang nach
aussen gesandt haben. Der Cambiform-Weichbasttheil dieser Bündel ist ziemlich stark und umgibt den Holz-
theil. Die äusseren Bündel sind undeutlich.
Haben die Wurzeldolden den Knoten verlassen, so schliesst sich der innere Bündelkreis wieder
mehr zusammen und bildet einen elliptischen oder mehr eiförmigen, wenigstens im Cambiformtheil geschlos-
senen Ring. Dagegen liegen die Gefässe, welche kleiner und zahlreicher sind als im Internodium am
Innenrand dieses Ringes in mehr getrennten Gruppen, an der Aussenseite des Ringes offenbaren sich die
einzelnen Bündel zum Theil nur als schwache Convexitäten. Uebrigens ist diese Verschmelzung der
Cambiformtheile durchaus nicht immer eine so innige, sie können in anderen Fällen gut gesondert einen
unterbrochenen Ring bilden.
Die im Folgenden geschilderten Theilungs- und Vereinigungsverhältnisse mögen nicht immer
constant in der angegebenen Weise erfolgen, im Allgemeinen werden sie aber doch ein richtiges Bild von
dem höchst complieirten Bau des Knotens liefern.
Die Bündel fa haben (mit Ausnahme von dem fas) bei Beginn des Theilungsprozesses auf dem
Querschnitt ein etwa schmetterlingsartiges Aussehen, mit schmalem Mitteltheil und breiten Seitentheilen,
der schmale Mitteltheil, der wohl nur aus Gefässen ohne Cambiform besteht, wendet sich nun unter Zurück-
lassen der seitlichen Theile nach aussen. Die Bündel fb theilen sich ebenfalls und ihre Theilstränge ver-
einigen sich paarweise mit den Resten der fa. Die nach oben liegenden Stränge der beiden fbs bilden
mit dem fas eine Art Hufeisen, dessen Verhalten uns unten näher beschäftigen wird. Der nach unten
(„oben“ und „unten“ bezeichnet hier natürlich immer die Lage des Rhizoms im normalen Zustand, also
nach oben liegen dann Ns, fl und f, nach unten nur Ni) liegende Theilstrang von fbs vereinigt sich mit
dem nach oben liegenden von fag, dessen anderer Theil mit der oberen Hälfte von fbs ein Bündel bildet.
Jetzt hat das eine von diesen beiden neuen Bündeln und zwar das aus fbs und fas gebildete, ein graues,
das andere aus fas und fbs entstandene ein braunes Aussehen (gleich den sonstigen fb), der Cambitormtheil
der letzteren ist stark, derjenige der anderen kaum merklich. Dieser Theilungs- und Vereinigungsprozess
findet bei beiden fas gleichzeitig statt, ihr mittlerer schmaler Theil ist dann noch zwischen den beiden
pa nach aussen sichtbar. Die Mitteltheile von fag sind schon ziemlich frühzeitig nach aussen verlaufen,
die Seitentheile vereinigen sich mit Aesten von fbe resp. fbı, mit denen sie noch von der Wurzelbildung
her mehr oder weniger im Zusammenhang standen, in derselben Weise wie es oben bei der fas und fbs
geschildert ist.
Am unklarsten sind die Verhältnisse auf der Unterseite, hier gehen aus der Vereinigung von fai
mit den beiden fb, soweit man erkennen kann, 6 Bündel hervor, dabei ist fb jedenfalls mit aktiv und
zwar mit seinem ganzen Umfang, so dass nicht etwa noch wie bei fbs ein indifferenter Rest übrig bleibt, sodann
geht der Mittelstrang von fai nach aussen. Jedenfalls wird in diesem Stadium die Unterseite des Quer-
schnittes von 8 Bündeln eingenommen; von denen 6 dem fai und fbı gemeinsam entsprechen und je 2 dem
fas, der Rest von fbs schiebt sich allmählich nach aussen und verlässt endlich den Bündelring vollständig.
Die beiden sich unten in der Mediane zunächst liegenden Bündel verschmelzen jedoch und dann besteht
also die untere Gruppe aus 5 (resp. 7) Bündeln. Das Cambiform dieses durch Verschmelzung entstandenen
Medianbündels, das man nach unserer Nomenclatur nun mit fai bezeichnen müsste, ist deutlich und der
Holztheil ist nach innen abgerundet und breit, bei den beiden demselben benachbarten Bündeln ist das
Cambiform hingegen verschwindend und der Holztheil schmal und spitz, allmählich nehmen diese Bündel
auch eine bräunliche Farbe an und treten nach aussen, die aut diese folgenden Bündel verhalten sich wie
das neue Medianbündel und bleiben im Verband, die nächsten dagegen gleichen jenen schmalen und
treten ebenfalls, wenn auch etwas später nach aussen, allerdings ist ihr Holztheil nicht so spitz, doch sind
sie wie jene bräunlich. Ferner treten die Bündel nach aussen, welche aus Resten von fas und aus Zweigen
von fbs entstanden sind.
Es wird nun praktischer sein und das Verständniss wesentlich erleichtern, wenn wir die verschie-
denen Bündelregionen und Bündelgruppen getrennt für sich in ihrem Verhalten vertolgen.
Das Verhalten der oberen Gruppe der Centralregion.
Die Bündel fbs und und fas stehen also von der Wurzelbildung an dichter zusammen. Nach
vollendeter Abzweigung der Wurzeldolde geben die Bündel fbs an das fas seitlich je einen Ast ab, darnach
erscheinen oben als aus der Vereinigung von fas und fbs hervorgegangen 7 Bündel, von diesen schliessen
die 5 mittleren mehr zusammen, die seitlichen stehen flügelartig nach dem Ring zu, an der Oberseite der
letzteren zweigt sich je ein kleines Bündel ab, beide vereinigen sich später und schliessen dann unter der
mittlerweile austretenden Gruppe den oberen Scheitel als ein neues fas. Von jenen 5 mittleren Bündeln
lässt sich nicht angeben, ob sie bis auf eins von den fbs herrühren oder ob das fas, wie es wenigstens
5*
— 36 —
manchmal den Anschein hat, an ihrer Differenzirung grösseren Antleil hat, jedenfalls sind aber jene beiden,
sich von den 5 absondernden und durch abgezweigte Bündel, wie eben ausgeführt, den oberen Scheitel
schliessenden Bündel auf die ursprünglichen fbs zurückzuführen.
Jene im Allgemeinen hufeisenförmige Gruppe von 5 Bündeln, die sich hin und wieder auch nur
als aus 3 Bündeln bestehend präsentirt, tritt nach aussen, indem die Holztheile der beiden die unteren
Enden des Hufeisens bildenden Bündel mehr oder weniger zusammenstossen, wir wollen die beiden letzteren
Bündel mit «, die seitlichen (mittleren) mit 3% und das obere Scheitelbündel mit y bezeichnen. Die beiden
« theilen zunächst nach oben je ein kleines Bündelchen @‘ ab, so dass die Gruppe nun aus 7 Bündeln
besteht, jedoch sehr bald trennt sie sich in zwei Gruppen, von denen die eine grössere, obere noch mehr
nach aussen biegt, sie besteht aus den Bündeln £, 7 und den kurz vorher von « nach oben abgezweigten
Bündeln «‘, während die beiden @ zu einer eigenen Gruppe mehr zusammentreten. Schon hier sei bemerkt,
dass die grössere Gruppe die Anlage des Bündelsystems vom Blüthenschaft, die kleinere die des Laub-
blattes darstellt. In den Fällen, wo die Blüthenbildung unterdrückt wird, verhält sich die Absonderung
natürlich etwas abnorm, indem die obere Gruppe verkümmert ist, dagegen scheint die Anlage des Laub-
blattes immer aus jenen beiden Bündeln « ihre Entstehung zu nehmen. Die Blüthenstielanlage (obere
Gruppe) erfährt noch eine Aenderung, bevor sie sich definitiv differenzirt, indem das y theilweise oder
auch vollständig den Verband verlässt und nach aussen tritt, wahrscheinlich um das Niederblatt Ns zu
versorgen.
Durch Theilung der Bündel « und 8 entsteht sodann ein Kreis von vorläufig etwa 8 Bündeln.
Die oberen Bündel pa sind dem austretenden Hufeisen gefolgt, bilden eine Verschlingung. theilen sich und
umgeben dann die beiden Gruppen in nicht näher erkenntlich gesetzmässiger Weise. Bald darauf ist der
obere Kreis (Anlage von fl) von einer Reihe von Lufthöhlen umgeben, dieselben entstehen zum Theil
(die äussern d. h. oberen) durch Absonderung aus den grossen oberen Lufthöhlen, zum Theil aber auch
treten sie (unten, d. h. nach der Biattanlage zu) als ganz neue (schizogen) auf.
Die Anlage des Blattes f ist also jener kleiner innere Theil des ersten Hufeisens, sie bleibt zunächst
auf unentwickeltem Standpunkt stehen. In der Höhe, wo sich, wie wir unten sehen werden, aus der
Centralregion des Knotens ein zweites Hufeisen als Anlage des Axillarsprosses absondert und wo sich die
Bündel des Terminalsprosses wieder geordnet haben, bildet sich aus den Bündeln pa eine neue starke
äussere Verschlingung, die sich bis zur Blattanlage hinzieht und dieselbe mit einigen sie umgebenden
Bündeln versorgt. Aus der Verschlingung geht im Uebrigen eine grössere Anzahl von Bündeln hervor,
welche sich in einen Bogen mit der Blattanlage ordnen, und welche später die Ochrea versorgen; während
sich die Blüthenanlage schon gleichzeitig als geordneter Kreis präsentirt und sich auch schon allgemach
morphologisch absondert, ist die Blattanlage noch immer nicht weiter differenzirt, ja es kommt vor, dass
sich jene beiden Bündel « zu einem grösseren vereinigen, welches einen centralen Gefäss- und einen
peripherischen Cambiformtheil besitzt.
Die Anlage des Axillarsprosses.
Während der eben geschilderten Vorgänge bereitet sich am oberen Scheitel des nunmehrigen Central-
kreises des Rhizoms eine neue Absonderung vor. Dieser Kreis hat sich, wie geschildert, durch Bildung eines
neuen fas wieder geschlossen, er besteht dann aus etwa 14 Bündeln. Nun aber beginnt am oberen Scheitel
ine neue Theilung in eine hufeisenförmige Gruppe, dieselbe entsteht wiederum dureh Zusamimensehluss
der 3 oberen Bündel, die wir also als fas und fbs aufzufassen haben; dabei scheint “eh fas wieder in
seine beiden Theilbündel, aus denen es entstand, zu sondern, während sich die fbs in je 3 Bündel theilen ;
das dadurch entstandene Hufeisen hat ein gemeinsames Cambiform, während die anderen Bündel des Ringes
mehr isolirt sind. In diesem selbst haben sich gleichzeitig die Verhältnisse auch ein wenig geändert, was
wir hier sogleich im Zusammenhang erwähnen wollen.
Nach den oben geschilderten Verschmelzungen und nach dem Austritt gewisser Bündel aus dem
Verband besteht letzterer aus einem Kreis, dessen Glieder wir von unten nach oben mit I—VI bezeichnen
wollen, I ist unpaar und das neue fai am unteren Scheitel, VI ebenfalls unpaar: fas, die 4 seitlichen Bündel
III und IV theilen sich nun wieder durch einen Radialschnitt, während die 3 unteren (I und II) ungeson-
dert bleiben. Nun besteht die innere Region also aus 14 Bündeln wie oben angegeben, eine Zahl, die
wiederum durch Verschmelzen der Bündel II mit den ihnen benachbarten Theilbündeln von III redueirt
wird. Zu bemerken ist noch, dass die von III und IV abgesonderten Bündel kleiner sind und einen
schmaleren, spitzeren Holztheil haben als die übrigen. Nun besteht der Ring, abgesehen von dem 8
Bündel aufweisenden zweiten oberen Hufeisen aus 9 Bündeln.
Das Hufeisen trennt sich allmählich ab, doch bleiben die seitlichen Endbündel im Ring, die andern
6 schliessen zum Kreis zusammen, sondern dabei aber noch nach unten zwei Bündelchen ab, welche
zusammen tretend das neue fas des Terminaltriebs bilden. Letzterer besitzt also, indem zu den schon
vorhandenen 9 Bündeln jene 3 treten, jetzt wieder ebenso viel, nämlich 12, Bündel wie die Hauptaxe vor
dem Knoten. Diese Bündel nehmen nun wieder die für die Centralregion charakteristischen Formen von
fa und fb an. Schon vorher sind die fb in ihrem Holztheil nach innen breit und abgerundet, während
die fa schmal und spitz sind. Nun redueiren sich aber auch die zahlreichen engen Gefässe auf wenige
weitere, welche die bewusste charakteristische Lage einnehmen.
Jene 6 nunmehr zum Kreis geordneten Bündel des zweiten Hufeisens haben sich nun ganz von
dem Bündelsystem der Hauptaxe gesondert, ihre Zahl vermehrt sich durch Theilung, sie werden von
kleinen Aesten der seitlichen pa resp. deren Verschlingung umgeben und bilden dergestalt die Anlage des
Axillartriebes.
Verhalten der einzeln austretenden Bündel.
Das fai der ursprünglichen Hauptaxe, resp. sein Mitteltheil, geht zwischen den beiden über ihm
liegenden pa hindurch nach aussen und theilt sich in der Peripherie in dem sich eben ablösenden Nieder-
blatt Ni in zwei Aeste, welche links und rechts von der Mediane je ein nicht sonderlich vor den übrigen
ausgezeichnetes Bündel bilden.
Die Mitteltheile der fag und fas gehen, und zwar diejenigen der fas zuerst, nach aussen zwischen
den über ihnen liegenden pa hindurch und sind dann noch eine Zeit lang als kleine Bündelchken deutlich
zu erkennen. Jedoch bei der unten zu beschreibenden Verschlingung und Theilung der pa verliert man
sie schliesslich aus dem Auge. Vielleicht tragen sie zur Bildung der neuen fd bei.
Von fas theilt sich kein Mitteltheil ab, es verhält sich also ganz anders als alle anderen ta.
Er
Aus der Theilung der Bündel am unteren Scheitel gehen mehrere hervor, welche, wie wir sahen,
ebenfalls austreten, die neben dem neuen fai liegenden kleinen Bündelchen gehen nach aussen, um sich:
hier bei der Verschlingung der pa zu verlieren. Dem nächsten austretenden Paar geht es ebenso, dagegem
lässt sich der Rest von fb2 bei seinem Austritt leichter verfolgen: er geht nach aussen zwischen den neu
enstandenen (ef. unten) Luftkanälen hindurch und wendet sich dann nach oben, so dass er endlich mit
dem zweiten Hufeisen in gleicher Höhe liegt, er steht also jedenfalls im Weiteren mit dem Terminaltrieb
nicht mehr in Zusammenhang. Dagegen ist wiederum der Verlauf des vierten nach oben austretenden
Paares nach der Verschlingung nicht weiter zu erkennen.
Das Verhalten der Mittelregion.
Die Bündel pa der Mittelregion verbinden sich (auf der unteren Hälfte zuerst) sogar schon bevor
das Cambiform der Centralbündel stark vergrössert ist. Sodann ordnen sie sich derart, dass sie vor den
fa stehen und zwar je 3 pa vor den fa der oberen Hälfte (also vor fas und fas) und je 2 vor denen der
unteren Hälfte (fai und fag) sie machen so den austretenden Wurzeln Platz. _In dieser Stellung beharren
sie lange unverändert, nur dass die 3 vor fas stehenden pa zu je 2 Bündeln oder auch gar zu einem
verschmelzen, während die 3 vor fas liegenden gesondert bleiben.
Die Bündel pb scheinen sich schon bei der Verschlingung mit den pa vereinigt zu haben, wenigstens
sind sie bereits vor der Wurzelbildung nicht mehr deutlich.
In jener Höhe des Knotens, wo der Austritt der Mitteltheile von fa erfolgt ist und die Bündel fb
sich theilen, beginnen die pa, nachdem die Mitteltheile von fa, wie oben beschrieben, durch sie hindurch
gegangen sind, sich in tangentialer Richtung zu verbreitern und zusammen zu fliessen, und zwar auf der
unteren Hälfte wiederum eher als auf der oberen, und hier wieder die der Lage nach den fa» entsprechenden
zuerst. Sodann findet aber alsbald eine Theilung in radialer Richtung statt in 3—6 Bündel. Die
Zahl ist unbestimmt.
Während nun schon die neuen Luftkanäle auftreten, beginnt eine neue Verschlingung der Bündel
pa in horizontaler Richtung, zwischen diesen Kanälen wie auch nach innen, an dieser Verschlingung
scheinen auch die Bündel fe Theil zu nehmen. Von ihr aus gehen einige Bündel nach aussen, sodann
aber löst sich die Verschlingung wieder in einzelne Bündel auf. Jene nach aussen abgegebenen Stränge
bilden dann die neuen peripherischen Bündel des Terminaltriebes, die übrigen aus der Verschlingung her-
vorgegangenen Bündel aber gruppiren sich zu seiner Mittelregion. Dies ist in der unteren Hälfte ziemlich
deutlich, in der oberen weniger wegen der Abzweigung der Hufeisen.
Bei der Bildung des ersten oberen Hufeisens liegen, wie schon angegeben, über demselben 3 pa,
diese fliessen wohl zeitweise etwas zusammen, trennen sich aber bald wieder, die beiden seitlichen dieser
Bündel sind beträchtlich grösser als das mittiere, auch sind sie tangential gestreckt. Diese tangentiale
Streckung nimmt noch mehr zu und endlich hängen sie in der Höhe, wo die oberen 3 Bündel den Ring
verlassen, mit den pa über den fas zusammen. Sie verlassen dann ebenfalls ihre frühere Lage und be-
gleiten die ausgetretene Gruppe seitlich, lassen aber über dem sich wieder schliessenden Scheitel der
Centralregion seitlich je 1 oder 2 Bündel zurück, welche wohl aus der Verschlingung mit den anderen
Bündeln pa hervorgegangen sind. Die übrigen sondern sich allmählich und nehmen wieder den Charakter
Zr
der pa an, als welche sie die ausgetretene Gruppe umgeben. Die Bündel pa, welehe oben seitlich über
fas liegen, theilen sich auch, nehmen dann aber ebenfalls etwas horizontalen Verlauf und senden nach
aussen verlaufende Aeste ab, welche noch die Ochrea des Laubblattes zu versorgen scheinen. Näheres
lässt sich schwer erkennen.
a Von den pb verschmilzt das obere schon während der Wurzelbildung mit dem pas, die anderen
sind noch isolirt eine Zeit lang sichtbar, sie nähern sich den fe und werden von den durchbrechenden
Wurzeln bei Seite geschoben. Ungefähr wenn die Bündel fb den Ring verlassen, wenden sich auch die
fc sammt den pb nach aussen, beide treten fast bis zum Zusammenfliessen zusammen, verlaufen nun
auch horizontal und scheinen sich in einige Bündel zu theilen, die dem Niederblatt Ni angehören.
Das obere Bündel pas entlässt bald nach der Verschmelzung mit dem pb (ungefähr gleichzeitig
mit der Ausschaltung der fb) zwei Bündel nach oben. Das ‘obere fe tritt nach links zur Seite, das erste
‚der von pas abgeschnürten Bündel tritt nach rechts und das zweite kleinere (alle 3 sind centrifugal) stellt
sich nach unten zwischen beide. Jedenfalls sind sie für das Ns bestimmt.
Verhalten der peripherischen Region.
Auch die peripherischen Bündel erleiden beim Durchbruch der Wurzeln Ablenkungen, sind aber
nach Vollendung derselben noch ziemlich deutlich erkennbar, besonders die fd, wenn sie auch in dieser
Höhe klein und unscheinbar sind. Sie sind von dem übrigen Gewebe, in welchem später die Anlage des
Terminaltriebes entsteht, durch die hier sehr starken und unregelmässigen, zum Theil mit Schwammgewebe
ausgefüllten Luftkanäle getrennt. Demnach versorgen sie auch wohl späterhin die Niederblätter, da die-
‚selben aus dieser Randpartie des Knotens ihren Ursprung nehmen; theilweise mögen diese Bündel aber
auch der Region der Blattscheide angehören.
Verhalten der Luftkanäle.
Wie schon gesagt, endigt der centrale Luftkanal bald blind im Knoten. Die anderen Kanäle
bilden unregelmässige schwammige Höhlungen zwischen der peripherischen und der mittleren Region, sie
fliessen dann soweit zusammen, dass man nur noch 2 obere und 2 untere grosse Höhlen erkennt, sowie
noch eine kleinere in der unteren Hälfte. Ungefähr in dem Theil des Knotens, wo die Bündel fb, sowie
die oben angeführten Theilbündel den Ring verlassen, zweigen diese Lufthöhlen nach innen engere Kanäle
ab, welche den Centraltheil umgeben. Zuerst erscheinen zwei kleinere Kanäle auf der Unterseite, dann
seitlich je zwei als Abzweigungen der beiden unteren Höhlungen, endlich auch oben zwei aus den oberen
Höhlen. Gleichzeitig geben die letzteren auch nach oben ziemlich nahe am Rand zwei kleine Kanäle ab.
Diese Abzweigung ist ziemlich vollendet, wenn sich das erste Hufeisen völlig abgesondert und der Haupt-
ring wieder zusammengezogen hat. Die Lufthöhlen liegen dann in einer länglichen Ellipse: zwei kleine
am unteren, zwei ebensolche am oberen Scheitel, dazwischen auf jeder Seite vier grössere und zwar nach
unten hin, seitlich vom Centralbündelring je drei und nach oben hin auf jeder Seite des isolirten Hut-
eisens je eine. Die beiden kleinen Kanäle am unteren Scheitel verschmelzen bald, dagegen treten am
oberen Scheitel seitlich von den dort gelegenen noch je zwei neue auf und die bisher unregelmässig in
— 40° —
der Peripherie verlaufenden weiten Höhlen ziehen sich zu einem zweiten peripherischen Kreis von engeren
Höhlen zusammen, auf jeder Seite etwa 7.
Jene beiden nach oben abgezweigten Kanäle gehören dem Blatt an, über ihnen finden sich bald’
noch einige, welche zusammen mit ihnen einen etwas plattgedrückten Kreis bilden, der sich auch seitlich“
(in die Blattscheide) erstreckt.
Nachdem alle Gruppen von Bündeln und Bündelkreisen sich gesondert haben, entstehen um die
obere Hälfte des Terminalbündelkreises herum noch einige neue (3) Kanäle, während in der unteren
Hälfte jederseits noch 2 Kanäle zu einem verschmelzen, so dass die Zahl derselben jetzt 8 beträgt, nun
tritt auch bald der kleine Centralkanal schizogen auf. Einige enge Kanäle in der Peripherie scheinen
das Lufthöhlensystem der Niederblätter darzustellen.
Schon etwas früher finden sich rings um den Axillarspross 6 Kanäle, zwischen denen sich dann
auch schon die Bündel der mittleren und peripherischen Region zeigen, bald zeigt sich auch hier der
Centralkanal. Es lässt sich schwer entscheiden, ob die Lufthöhlen im Knoten neu entstehen, sicher ist
dies nur von der centralen. Da sich die schwammigen Höhlungen kurz vor der Bildung eines Kanals
immer an die betreffende Örgananlage heranziehen, so scheint es wahrscheinlich, dass die meisten Höhlen
der vier Organe in direktem Zusammenhang mit denen des vorhergehenden Internodiums stehen.
Die Absonderung der Organe vom Knoten.
In einer gewissen Höhe des Knotens liegen nach unserer obigen Schilderung die Bündelsysteme
der 4 sich sondernden Organe in einer Medianlinie hinter einander, von unten nach oben: der Terminal-
trieb, der Axillarspross, das Laubblatt und der Blüthenstiel.
Gleichzeitig mit der Abzweigung dieser inneren Systeme erfolgt nun auch die morphologische der
Seitenorgane selbst, zunächst des Niederblattes Ni, welches sich nach unten bereits abzulösen beginnt,
sobald der Gefässbündelring der Blüthe und des Laubblattes sich von’ der centralen Gruppe ablöst.
Darauf das Niederblatt Ns. Nachdem die 4 Gefässbündelgruppen getrennt sind, ist die Ablösung der
Blätter soweit vollzogen, dass die nunmehr plötzlich stark verjüngte Hauptaxe auf der unteren Seite mit
halbkreisförmiger Abgrenzung hervortritt. Endlich wird die Hauptaxe ganz frei, gleich darauf wird auch
aus der oberen (Gewebsmasse, welche noch die halbe Dicke des Knotens bildet, die Axe des Seitensprosses
herausgeschnitten, so dass dadurch die rinnenförmige Vertiefung des Laubblattes sichtbar wird, in welcher
die Axillarknospe verborgen liegt. Noch etwas früher ist aber nach oben eine bogige Spalte entstanden,
wodurch sich das Niederblatt Ns vom Laubblatt trennt und in welcher die Axe der Blüthe frei liegt, von
der äusseren (oberen) Rinne des Laubblattes und der inneren Concavität des Niederblattes Ns umschlossen.
Indem die Spalte zwischen dem Niederblatt Ns und dem Laubblatt sich ringsum vollendet, wird auch
letzteres frei und bildet einen mehr oder weniger rechteckigen Mittelkörper, von welchem nach
beiden Seiten sich ein nach unten allmählich verschmälerter Scheidentheil rings um die Hauptaxe
herumzieht.
Nach dem Vorstehenden haben wir nun am Knoten von hinten nach vorn gehend folgende Phasen
im anatomischen Bau und der Ausbildung der verschiedenen Organe zu unterscheiden:
Ei
*
1. Mehr oder weniger bedeutende Verschmelzung und Verschlingung der Bündel pa und der
inneren fa und fb.
2. Die Wurzelbildung.
3. Zusammenfliessen und Vergrösserung der Luftkanäle.
4. Bildung des ersten Hufeisens am oberen Scheitel und Theilung der übrigen Bündel, besonders
am unteren Scheitel.
5. Verschiedene oben näher bezeichnete Bündel treten nach aussen, ebenso das obere Hufeisen,
auf der unteren Hälfte sondern sich aus den grossen Lufthöhlen mehrere kleinere ab.
6. Der obere Scheitel schliesst sich wieder, die Cambiformtheile der Bündel fliessen mehr oder
weniger zusammen, es findet nochmals Verschmelzung und Theilung von Bündeln statt, so dass im Ganzen
14 in dem Centralring vorhanden sind.
7. Die Absonderung mehrerer Luftkanäle auch in der oberen Hälfte ist vollendet. Die
erste aus dem inneren Verband ausgetretene Gruppe theilt sich in die Anlage von Blatt und Blüthenstiel.
8. Zweite Verschlingung der pa; Absonderung eines zweiten Hufeisens am oberen Scheitel; jetzt
sind fast zwei concentrische Kreise von Luftkanälen vorhanden.
9. Sonderung der Bündel des Axillartriebs, Neuformirung des Terminalsystems, Auftreten des
centralen Kanals; Gruppirung der Luftkanäle.
10. Morphologische Sonderung der einzelnen Organe.
Wigand-Dennert, Nelumbium speciosum W. 6
IV.
Anatomie des Blattes.
‘ 1. Anatomie des Blattstiels.
Der Blattstiel unterscheidet sich vom Stengel durch seinen ursprünglich planconvexen Querschnitt,
welcher erst nach oben bei der weiteren Ausbildung dem Anschein nach stielrund wird. Dem entsprechend
ist auch die innere Construction wenigstens in Bezug auf die Luftkanäle noch mehr als im Stengel
symmetrisch, d. h. links und rechts gegenbildlich gleich, vorn und hinten verschieden, also dorsiventral
(Fig. 50). Nämlich in der Richtung der Mediane liegen 3 Paar unter sich gleich grosser Kanäle: 2 Paar
grosse, von denen die der Ventralseite entsprechenden (l!, 1!) etwas kleiner als die der Dorsalseite ent-
sprechenden (l?, 1?) sind, noch weiter nach dem Rücken zu liegen 2 kleinere (1°, 1°), also im Winkel der
2 grossen ]?; vor dem Zwischenraum je zweier anderer dieser grossen Kanäle liegt je ein kleiner (l*,
]5 und 1?) etwas hinter den beiden ]° je noch ein kleiner 1° und endlich ein kleiner Kanal (l) im Centrum;
demnach sind also zwei unpaarige l und l* und zehn paarige Kanäle vorhanden. Diese Zahl und An-
ordnung bleibt sich bei verschiedenen Blättern gleich, höchstens dass hier und da noch ein kleiner Luft-
raum eingeschaltet wird, jedoch unbeschadet des angegebenen Planes.
Auch in der Anordnung der Gefässbündel offenbart sich eine Symmetrie oder Dorsiventralität.
Um den inneren Kanal herum liegen 4 centripetale Bündel (aı—as), von denen das oberste as das grösste
ist; es besitzt 3 Gefässe im Dreieck, während die anderen nur je ein Gefäss haben; mehr nach aussen
in den Strahlen zwischen den grossen Lufthöhlen liegt ein zweiter Kreis von 4 centrifugalen Bündeln c,
welche an Grösse die inneren zumeist übertreffen. Von diesen liegen cı und cs in der Mediane, cz und c4
lateral, aber mit ihren Cambiformtheilen etwas unter die Kanäle 1; gerückt; cı, cz und cı haben je 3 Ge-
fässe im Dreieck, cs, das obere und grösste Bündel, dagegen hat 4 Gefässe, 3 gleiche stehen im Dreieck,
ein grösseres liegt in ihrer Mitte. Zwischen diesen beiden Bündelkreisen liegt ein dritter in der Mitte der
Strahlen von 4 sehr kleinen gleich den innersten centripetalen Bündeln. Weiter nach aussen, schon zur
Peripherie zu rechnen, liegt eine Ordnung von unter sich gleich grossen centrifugalen Bündeln dı, von diesen
sind in der oberen Hälfte des Querschnitts 4 Bündel dı—dı mehr nach innen gerückt, so dass sie beiderseits
von den Kanälen ls nach ls und l zu liegen, während die übrigen mit d! bezeichneten Bündel, 7 an der
Zahl, mehr nach aussen zwischen den kleinen Kanälen oder in ihrer Peripherie liegen. Die nähere Anordnung
dieser meist drei kleinere Gefässe aufweisenden Bündel ergiebt sich aus der Figur 50. Endlich finden
sich noch zahlreiche kleine peripherische Bündel, sämmtlich, soweit sich ein Holztheil erkennen lässt,
centrifugal.
Die Zahl der Kreise wie auch der diese bildenden Bündel ist also im Blattstiel bedeutend geringer
als im Rhizom. Das Vorhandensein von nur 4 Strahlen giebt ferner dem ganzen Querschnitt ein anderes
Ansehen, das noch erhöht wird durch die symmetrische Anordnung der in Stellung und Grösse ver-
schiedenen Bündel und der Lufthöhlen. Endlich ist noch bemerkenswerth, dass die inneren Bündel
centripetal sind; will man die Verhältnisse des Blattstielquerschnittes also mit denen des Rhizomquerschnittes
vergleichen, so müsste man sagen: in ersterem seien die beiden inneren Kreise fa und fb des Rhizoms
ausgefallen.
Eine ausgeprägte Epidermis ist nicht zu unterscheiden, sondern in der Peripherie liegen 2 oder 3
Lagen cubischer Zellen, welche jedoch weder überwiegend verdickt, noch chlorophylifrei sind. Spalt-
öffnungen fehlen, die Querwände der Oberfläche sind mehr oder weniger unregelmässig geneigt. Auf diese
2—3schichtige Pseudoepidermis folgt ein collenchymatisches Gewebe, welches eine peripherische Zone
bildet, dessen interstitienfreie, meist sechseckige Zellen an den Ecken mit partiellen, nach innen etwas
vorspringenden Verdickungen versehen sind, so dass dicke glasartige Massen zwischen den rundlichen
Zellhöhlen liegen; die Zellwände sind oft verholzt, auf dem Längsschnitt sind die Zellen mehr prosen-
chymatisch, — ferner sind sie in der Peripherie etwa so gross wie die Epidermiszellen, nach innen nimmt
die Grösse zu bis zu dem eigentlichen Parenchym, dessen Zellen im Ganzen sehr gross, polyedrisch,
jedoch an den Kanten etwas abgerundet, daher mit engen luftführenden Intercellulargängen durchsetzt
sind. Alle diese Zellen enthalten spärlich Chlorophylikörner von elliptischer, zum Theil spindelförmiger
Gestalt.
Die Luftkanäle sind von Zellen von etwas abweichender Gestalt und Grösse (d. h. mehr tangential
gestreckt) begrenzt, die Zellen der innersten Schicht, welche die Höhle unmittelbar auskleiden, sind rundlich
und werden später resorbirt, so dass die in ihnen enthaltenen Krystalldrusen freiliegen, dadurch erscheinen
dieselben als eine mehr oder minder zusammenhängende dichte Bedeckung der inneren Kanalwandung.
Ausserdem treten hier und da aus der Wand nach der Höhlung zu kürzere oder längere Borsten hervor, welche
zuweilen auch schon dem blossen Auge wie eine Art Filz erscheinen. Diese Borsten bestehen aus läng-
lichen, zum Theil schief ansteigenden Zellen mit stark verdickten, porösen Wänden. An der Spitze sitzt
“eine Krystalldruse, welche sich von den ungestielten durch ihre Grösse auszeichnet. Diese Borsten sind
zum Theil 0,56 mm lang, zum Theil kürzer oder nur wie niedrige Hügel; sie erscheinen im Allgemeinen
wie Morgensterne.
Die Krystalldrusen sind zum Theil (besonders die nicht ganz peripherischen, noch in Zellen ein-
geschlossen, denn sie kommen auch im mittleren Parenchym vor) stumpfeckig, den gewöhnlichen Drusen
ähnlicher, zum Theil aber, besonders die freiliegenden, mit sehr ungewöhnlich spitzen, stark vorragenden
Pyramiden, häufig sind die Vertiefungen zwischen den Spitzen mit einer farblosen Substanz ausgefüllt,
als wäre dies ein Auflösungsprodukt der ursprünglichen Zellwand. Eigenthümlich ist es, dass die ge-
stielten Krystalldrusen grossentheils in die Träger eingebettet sind, so dass die Pyramiden aus dem Gewebe
der Borste zu entspringen scheinen. Die Drusen finden sich in derselben Weise, nämlich theils frei,
theils in Zellen eingeschlossen bereits in einem jungen Blatt, dessen Spreite noch dicht eingerollt ist.
6*
Die horizontalen Scheidewände der Lufthöhlen bestehen aus einer Schicht von sternförmigen
Zellen.
Die Gefässbündel enthalten ein oder mehrere Gefässe im Halbkreis, wie es scheint lauter Spiral-
gefässe, zum Theil von sehr grossem Durchmesser, z. B. 0,104 mm. Sie rollen sich ab und ziehen sich
beim Abreissen des Blattstiels in zahlreiche lange, weisse Fäden, welche sich spinnen lassen. Es ist mir
keine andere Pflanze mit so langen zähen Spiralfasern bekannt. Zwischen den Gefässen und um sie
herum liegt kleinzelliges chlorophyllhaltiges Parenchym, nach aussen einige derbwandige Zellen von
unregelmässigem. Umriss mit körnigtrübem Inhalt, es scheinen Milchsaftgefässe zu sein, welche den auf
der Schnittfläche reichlich hervorquellenden weissen Milchsaft zu enthalten scheinen. Weiterhin bestehen
die Bündel aus einer Gruppe Cambiform aus polyedrischen prosenchymatischen Zellen mit trübem,
körnigem Inhalt. Bei manchen Gefässbündeln liegt auf der anderen Seite der Gefässgruppe ein ähnlicher
kleiner Cambiformstrang, in einzelnen Fällen besitzen die Bündel geradezu zwei Cambiformtheile, welche
durch eine Gruppe von Gefässen getrennt sind.
In der Peripherie des Cambiforms finden sich eine oder zum Theil zwei Lagen von Parenchymzellen
(Stärkescheide), welche einen Haufen von Amylumkörnern nebst Chlorophyll enthalten. Die Amylum-
körner sind mit Chlorophyll überzogen; auch kommt in diesen Zellen zum Theil neben der Stärke
Chlorophyll vor. Da das Amylum in dem Chlorophyll entsteht, so muss man also annehmen, dass
das Amylum auch hier in diesen Zellen durch Assimilation entsteht, nicht aber in ihnen fortge-
leitet wird.
In dem übrigen Gewebe des Blattstiels fand sich kein Amylum. Die hier und da auf dem
Querschnitt in den Parenchymzellen zerstreuten Krystalldrusen liegen auf dem Längsschnitt in mehr oder
weniger langen Reihen übereinander. Die meisten Blätter enthalten in dem Blattstiel keinen rothen Farb-
stoff, doch erscheinen einzelne Stiele röthlich, der rothe Farbstoff ist dann in zerstreuten ebenfalls in
Reihen übereinanderliegenden Zellen enthalten.
Die ersten Blätter des Jahrestriebes bleiben auf dem Wasser liegen, ihr Stiel ist dünner und
elastischer als derjenige der anderen aufrecht stehenden, doch ist der Stiel in beiden Fällen gleichgebaut,
nur besitzt derjenige der schwimmenden Blätter keinen verholzten Prosenchymring unter der Oberhaut,
dagegen hat er aber nach oben hin und zwar besonders unter der Ansatzstelle der Spreite einen starken
Ring von Collenchym. |
Der unterste Blattstiel aus einer 12 mm langen Knospe ist 1,5 mm dick, während der Blattstiel
im ausgewachsenen Zustand 10,5 mm dick ist, es fand also eine Ausdehnung um das Siebenfache statt.
Dem entsprechend erfahren auch die Luftkanäle, die Gefässbündel und die Gefüsse eine Vergrösserung
des Durchmessers um etwa das Siebenfache.
2. Struetur der Blattspreite.
Die obere Blattfläche verdankt ihre gräulich-grüne Farbe und körnig-rauhe Oberfläche der
Beschaffenheit der oberen Epidermis. Diese besteht aus polyedrischen Zellen, deren jede sich in der
Mitte als eine stumpfkegelförmige Warze erhebt (Fig. 51). Die Aussenwände der Epidermiszellen sind
6 —
verdickt, so dass besonders die Höhlung, welche.die Warze bildet, grossentheils durch die Verdickung der
Wand verdrängt wird (Fig. 52). Ausserdem ist die ganze Oberfläche der Epidermis, incl. der kleinen
Warzen, körnig uneben. Die obere Epidermis besitzt sehr zahlreiche kleine Spaltöffnungen, aus je zwei
schmalen, vertieft liegenden Spaltöffnungszellen gebildet. Während diese Papillenform der Zellen und
die körnige Oberfläche mehr die Mattheit derselben bedingen, beruht ihre Rauhigkeit hauptsächlich auf
grösseren zusammengesetzten kegelförmigen Warzen, welche durch eine lokale Wucherung der Epidermis
entstehen. Dieselben bestehen aus einen Haufen von derbwandigen, chlorophyllfreien Zellen, deren Ober-
fläche gleich der der übrigen Epidermiszellen warzig ist. Im Centrum des Blattes, da wo der Blattstiel
eingefügt ist, findet sich ein rundliches, eigenthümlich gezeichnetes Feld, durch blassere Farbe von der
übrigen Oberseite verschieden. Diese hellere Beschaffenheit beruht auf der viel bedeutenderen Grösse der
Spaltöffnungen an dieser Stelle, auch fehlen hier die grösseren Warzen.
Die untere Epidermis besteht aus Zellen mit schlängelig gebogenen Wänden, welche etwas derb
sind, doch ist ihre Aussenwand nicht stärker verdickt; sie sind etwas grösser als die Zellen der oberen
Epidermis (Fig. 53). Die Aussenwände sind nur ganz flach convex, desgleichen die inneren Wände.
Auf dem „Mittelfeld“ sind die Epidermiszellen nicht wellenförmig gekrümmt, sondern gradlinig, grossen-
theils im Allgemeinen rechteckig, zum Theil keilföürmig (Fig. 54); die untere Epidermis besitzt keine
Spaltöffnungen. Uebrigens ist der Uebergang von den geradwandigen Zellen der Epidermis des Mittel-
feldes zu den welligwandigen der übrigen Blattoberfläche ein ganz allmählicher, so dass erst in einiger
Entfernung vom Mittelfelde der typisch-wellige Bau deutlich wird.
Im Blattparenchym (Fig. 52) sind 3 Schichten zu unterscheiden: unter der oberen Epidermis eine
Schicht von schmalen, säulenförmigen, dichtgefügten (Pallisaden-) Zellen, darunter eine Schicht von rund-
lichen oder parenchymatischen Zellen (m). Beide Schichten sind dieht mit Chlorophyll erfüllt. Dieses grüne
Gewebe erhebt sich auch etwas in die grossen Warzen. Der grössere untere Theil der Blattmasse ist in
hohem Grade schwammig und lufthaltig. Schmale einschichtige Zellplatten (ss) stehen senkrecht auf der
unteren Epidermis und verbinden dieselbe mit dem Mesophyll; dieselben sind unter einander zu einem System
von grossen, polyedrischen, säulenförmigen Kammern (Lufthöhlen) verbunden (Fig. 55). Diese Platten
erscheinen auf dem Querschnitt des Blattes als einfache senkrechte Zellreihen. Von der Fläche aus
gesehen (Fig. 56) bestehen die Platten aus länglichen, unregelmässig ausgestülpten, knochenförmigen, dünn-
wandigen Zellen, welche meist vollständig in einander gefügt sind oder auch Zwischenräume zwischen
sich lassen. Die meisten dieser Zellen haben sparsam Chlorophylikörner und einen wasserhellen Zellsaft,
einzelne derselben sehen aus, als wären sie mit einem diekschleimigen Inhalt versehen, in welchem zum
Theil auch einzelne Chlorophylikörner, doch ohne scharfe Begrenzung eingebettet sind, einzelne der Zellen
sind braun gefärbt. Durch Jod werden diese Zellen röthlich-braun, fast mennigroth gefärbt. Im jüngeren
Zustand der Blätter ist die Farbe dieser Zellen blass-röthlich-gelb (chamois), einzelne haben feinkörnigen
Inhalt, wie Protoplasma, so dass es scheiut, als wäre dies der ursprüngliche Zustand und später fände
erst eine Verschmelzung dieser Körner statt.
An der Grenze der Parenchymschicht liegen ziemlich zahlreiche Krystalldrusen mit ausgezeichnet
spitzen Ecken.
ee et
Diejenige Parthie des Blattes („Mittelfeld“), welche bei der beiderseitigen Längseinrollung im
Knospenzustand von Anfang an freiliegt, behält auch, wie erwähnt, nach der vollendeten Streckung und
Entfaltung eine von der übrigen Blattfläche verschiedene Beschaffenheit und grenzt sich besonders auf
der Unterseite als ein ovales Feld, dessen breitester Theil in die Mitte des Blattes fällt und sich nach
der Spitze und Basis zuspitzt, von der übrigen Fläche ab:
1) Durch glänzende Beschaffenheit,
2) durch röthliche Fleckenzeichnung,
3) durch geradlinigen Umriss der Epidermiszellwände im Gegensatz zu den schlängeligen Wänden
der übrigen Fläche.
Weniger tritt dieser Unterschied auf der Oberseite hervor, wo sich das Mittelfeld äusserlich nicht
abgrenzt und nur durch den fast gänzlichen Mangel grosser Warzen auszeichnet.
Hier und da liegt im Parenchym ein Gefässbündel, über demselben hat jenes collenchy-
matischen Bau. Nach unten sind sie von einem Halbkreis von amylumhaltigen Parenchymzellen umgeben,
die sich theilweise auch nach oben hin finden.
Der Grund der Unnetzbarkeit der oberen Blattfläche ist wohl im dem Vorkommen von Wachs
oder Harz in der Epidermis (in der Membran?) zu suchen; denn bei Behandlung mit Chloroform verliert
sie sich sofort, während die Unterseite dabei nicht leichter netzbar wird.
Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen noch die Blattnerven. Am Grunde, d. h. dort, wo
die Spreite am Blattstiel entspringt, hat der Querschnitt die Configuration von Fig. 57. In der nach-
folgenden Beschreibung wird natürlich mit unten die der Wasserfläche zugewandte Seite bezeichnet.
Zunächst fallen zwei Hauptkanäle L auf, über denen sich das Gewebe zur Convexität der Ader erhebt;
zwischen den L je zweier benachbarter Adern, also entsprechend der Concavität der Blattfläche, liegen
vier Kanäle Lı—L;. die weit kleiner sind, und zwar einer nach unten und 3 im Dreieck nach oben.
Zwischen den beiden L einer und derselben Ader liegt nach unten in der Mediane ein langgestrecktes
Gefässbündel A mit dem Cambiformbasttheil nach unten gekehrt, es besteht aus zwei Gruppen von
Gefässen, die der Mediane parallel laufen. Ueber diesem Bündel liegt ein anderes kreisrundes B, beide
sind von einer Art Sklerenchymscheide umgeben. Ueber jedem L findet sich ein ganz kleiner Luftkanal 1
und einige kleinere Bündel, unter dem L liegen neben mehreren kleineren zwei (oder 1) etwas grössere
Bündel. Unter dem Bündel A ist das Parenchym collenchymatisch. Zwischen dem Lı und dem Lz liegt
ein grosses kreisrundes Bündel © von derselben Ausbildung wie B, ferner ein gleiches D über Ls, also
zwischen Ls und Ls; demnach liegen diese beiden Bündel C und D, sowie die Luftkanäle Lı und L» in
einer der Mediane parallelen Linie. Uebrigens scheint die Anordnung der Luftkanäle Lı—Ls etwas zu
schwanken.
Verfolgt man nun den weiteren Verlauf der Ader in der Blattspreite, so lässt sich Folgendes
konstatiren: Das Gewebe zwischen den Adern verbreitert sich nach aussen immer mehr, der Luftkanal Le
vergrössert sich bedeutend, ebenso das unter ihm liegende Bündel C, das Bündel D theilt sich bald und
seine Aeste treten zur Seite zwischen Le und Ls resp. L» und Ls; zu gleicher Zeit lockert sich das
Parenchym unter dem Kanal Lı. In der Folge rücken der Kanal Ls und das Bündel C immer mehr
ee
nach oben, während Ls und Dı einerseits, Lı und D» (die Theilbündel von D sind als Dı und Da be-
zeichnet) andererseits nach links resp. rechts über L rücken. Der Kanal L verschwindet allgemach.
Nun theilten sich auch Le und C in je 2 Aeste, die zur Seite weichen; gleichzeitig entstehen in dem
unter diesen liegenden schon vorher gelockerten Parenchym durch Auseinanderweichen der Zellen
unregelmässige Lufthöhlen, welche schliesslich durch auf der Blattfläche senkrechte Scheidewände
getrennt sind.
Aeusserlich sind in diesem Stadium nun auch schon die erhabenen Adern von dem immer mehr
zunehmenden dünnen Zwischengewebe der Lamina deutlich abgehoben und an Stellen noch weiter nach
aussen, wo dies sehr prägnant ist, hat die Hauptader den in Fig. 58 etwas schematisch angedeuteten Bau.
Die beiden Hauptkanäle L haben zwischen sich etwas nach unten das grosse Bündel A, nach oben das
Bündel B, über letzterem liegt ein Bogen von gewöhnlich 4 kleinen Bündeln und jederseits von A findet
sich auch je ein Bündel. Mehr oder minder nach unten gerückt ist seitlich von L nach dem Blattgewebe
zu auch noch das Theilbündel Ü erkenntlich, sowie kleinere wohl von Le herrührende Luftkanäle. Längs
der steil abfallenden Seitenflächen der Nerven verlaufen kleinere Kanäle mit einigen kleinen Bündelchen.
Der Kiel des Nerven wird unter dem grossen Bündel A von Collenchym gebildet, welches oft mit dem
Basttheil dieses Bündels in Verbindung steht; das Gewebe der Lamina zwischen den Adern besitzt, wie
aus der obigen Beschreibung hervorgeht, kein Collenchym.
Bei der Gabelung der Adern im letzten Drittel ihres Verlaufs sind folgende Einzelheiten des
inneren Baues zu bemerken: Beide Bündel A und B betheiligen sich am Aufbau der Gabeläste; das
kleinere Bündel B theilt sich schon lange vorher in zwei auseinander weichende Bündel, A dagegen erst
kurz vor der Gabelung der Ader. Von den Luftkänälen tritt in jeden Gabelast einer, also das L rechts
in den rechten, das L links in den linken Ast; aber die Gabeläste haben ganz denselben Bau wie die
Hauptader, also auch zwei Luftkanäle. Dies wird dadurch erreicht, dass an der Gabelungsstelle das
zwischen den L liegende Grundparenchym an Masse zunimmt und dass dann hier ein neuer grosser Luft-
kanal entsteht, der sich jedoch sehr bald’ theilt, es geht nun von ihm aus je ein Ast nach links und
rechts mit je einem L in die Gabelnerven, so dass also bei dem zu einem Hauptnerven gehörigen und
aus ihm entspringenden Gabelnervenpaar die einander zugekehrten Luftkanäle ihm und damit auch dem
Blatt eigen sind, während die einander abgewandten ihm und dem Hauptnerven und, wie wir sehen werden,
auch dem Blattstiel gemeinsam angehören.
Dieser Process wiederholt sich bei jeder weiteren Gabelung der Nerven bis zum Rand, so dass
also die Luftkanäle der Hauptnerven sich bis in die zartesten Ausläufer am Rand fortsetzen, während
jedesmal ein neuer Nerv hinzutritt. Daraus ergiebt sich also eine Kommunikation der Lufthöhlen von
Rhizom bis zum äussersten Rand des Blattes.
Die kleineren von den Hauptnerven ohne Ordnung abgehenden Seitennerven haben ebenfalls
zwei Hauptluftkanäle, zwischen diesen aber nur ein grösseres Gefässbündel. Das Letztere ist ein Ast des
Bündels B des Hauptnerven, derselbe verläuft rechtwinkelig von B ab über dem Luftkanal L hin in die
Lamina, die beiden ihn begleitenden Kanälchen stammen von den kleinen Luftkanälen über den L (also
von den von Ls herrührenden) ab.
Da nun die Seitennerven Anastomosen der Hauptnerven darstellen und auch unter einander
vielfach anastomosiren, so ist die ganze Blattspreite von einem Netz zusammenhängender Luftkanäle und
ni
Kanälchen durchzogen, die ihr eigen sind, da die Kanäle Le und L;, wie wir sehen werden, erst an der
Ansatzstelle der Lamina entstehen.
Um einen Gesammteindruck von dem Bau des Blattes zu haben, erübrigt es nun noch, den
Uebergang vom Stiel zur Spreite zu besprechen. Die Untersuchung ist hier ebenso wie beim Rhizom-
knoten durch allerhand eintretende Komplikationen ungemein erschwert und lässt sich nur durch geduldige
Vergleichung zahlreicher aufeinander folgender Querschnitte führen.
3. Blattübergang (Anatomie).
Der Bau des Blattstiels bleibt bis kurz vor der Ansatzstelle der Spreite der beschriebene normale,
erst etwa 0,5 cm vor derselben treten die ersten Veränderungen auf: Zunächst beginnen also die
peripherischen Bündel der oberen und unteren Seite sich mehr oder weniger zu einem Ring zu vereinigen,
und zwar kommt derselbe dadurch zu Stande, dass die Bündel schliesslich fast horizontal verlaufen und
sich dabei unregelmässig durch einander flechten. In Bezug auf die Axe des Blattstiels liegt dieser Ring
ein wenig schief, so dass bei successiven Schnitten die Verschlingung der oberen Gefässbündel eher
erscheint als die der unteren, dies hängt damit zusammen, dass die Axe des Blattstiels mit der Ebene
der Spreite keinen rechten Winkel bildet, sondern etwas geneigt ist. Diese Verschlingung sendet Bündel
in die Blattspreite und zwar stammen von ihr die auf der Unterseite der Spreite resp. der Adern ver-
laufenden Bündel.
Gleichzeitig mit diesem Ringbildungs- und Verschlingungsprocess beginnt eine Zweigbildung der
Lufthöhlen und zwar tritt dieselbe an den vier oberen eher auf als an den beiden unteren, während der
centrale Kanal bald blind endigt. Die Lufthöhlen Is fliessen mit den ls zusammen und bilden eine auf
dem Querschnitt unregelmässig begrenzte Höhle, die sich aber bald in mehrere radial gestreckte Aeste
theilt, während zwei nach innen gelegene Höhlen übrig bleiben. Sodann sacken sich auch die unteren
kammförmig aus und theilen sich endlich durch mehrmalige Verästelung. So entsteht nun ein peripherischer
Kreis von 40 Lufthöhlen, zwischen welchen die Aeste der Gefässbündelverschlingung radial verlaufen,
dieser peripherische Theil umschliesst einen centralen mit 4 Luftkanälen, zwischen den oberen liegt das
stärkste Bündel cs, nach unten mehr oder minder deutlich die übrigen Bündel der centralen Ordnung
und zwar sind die Bündel a und ce (die kleinen Bündel zwischen diesen sind schon längst verschwunden)
mit einander verschmolzen. Ein wenig weiter nach oben wiederholt sich im Centrum der Process der
Verschlingung in ähnlicher Weise wie bei den peripherischen Bündeln. Der Ring erscheint hier auf dem
Querschnitt mehr herzförmig, auch von ihm aus verlaufen zwischen den Lufthöhlen Stränge, welche in
die Blattspreite münden.
Jede Ader hat, wie wir wissen, zwei Hauptkanäle, man sollte denken, dass dieselben einen
Ursprung haben, etwa so, dass die Luftkanäle lı und ls des Blattstiels sich in 20 Arme theilen und dass
dann jeder dieser Arme sich wieder, wenn er in die Basis einer Ader eintritt, gabelt, allerdings entstehen
durch die Verzweigung von lı und le 20 Kanäle und diese theilen sich auch nochmals, allein je zwei
dieser Aeste entsprechen nicht einer Ader, sondern je zwei Adern, so dass also der linke Ast eines Kanals
und der rechte des benachbarten einer Ader angehören. Am Eingang in einen Zweigast des Kanal-
systems liegt ein häutiges Diaphragma (Fig. 59).
7 hy
Blattstieleigen, also nicht in die Spreite übergehend, sind von Luftkanälen nur die beiden (oder
der eine, wenn nur einer vorhanden) kleineren aut der Unterseite und der centrale, alle anderen gehören
auch der Spreite an; jedoch ist dabei noch ein Unterschied zu machen. Die kleineren Kanäle Iı auf der
Unterseite theilen sich und versorgen mit ihren Aesten die auf der Unterhälfte des Blattes (der Basis
entsprechend) liegenden Adern. Nach der Theilung sind diese Kanäle Iı im Blattstiel verschwunden, d.h.
also, sie theilen sich und geben nicht etwa nur Aeste ab, um dann noch weiter zu verlaufen, in letzterer
Weise verhalten sich die beiden grossen oberen Kanäle I» (nebst den kleineren Is), welche die in der
oberen Hälfte des Blattes (der Spitze entsprechend) verlaufenden Adern versorgen. Nachdem die Luft-
höhlen 12 diese Aeste abgegeben, bilden sie unter dem Centralfleck zwei von einander durch (Gewebe
getrennte geräumige Höhlen. Dieses trennende Gewebe entspricht der Medianlinie des oberen Central-
fleckes. Die Höhlen senden nun strahlig nach allen Richtungen Zweigkanäle aus, welche innerhalb des
Bereichs des Centralfleckes endigen und welche sich in den zahlreichen Spaltöffnungen desselben nach
oben öffnen.
Welche Getässbündel sind nun blattstieleigen und welche mit der Spreite gemeinsam ? Es lässt
sich das kaum entscheiden, da bei dem unregelmässigen Verlauf in den Bündelverschlingungen das einzelne
Bündel nicht mehr zu verfolgen ist. Es ist das Verhältniss zwischen Stiel und Spreite nicht etwa so,
dass gewisse Bündel des ersteren continuirlich in die letztere übergehen, sondern die Bündel bilden eine
Verschlingung, einen ringförmigen Knoten und von diesem aus gehen dann die für die Adern bestimmten
Stränge ab. Während nun also die Verästelung der Kanäle beginnt, bilden zunächst die peripherischen
Bündel und zwar besonders diejenigen der Kreise d und e durch horizontalen Verlauf und Verschlingung
einen den centralen Theil umschliessenden Ring. Zur Bildung desselben trägt aber auch das in dieser
Höhe bedeutend anschwellende Bündel cs bei, indem es nach oben hin mehrere Aeste abgiebt, um sich
dann wieder abzuschliessen. Der Ring sendet, wie gesagt, zahlreiche Strahlen nach allen Seiten aus,
manche derselben verlaufen noch im Parenchym der Uebergangsstelle, einige treten aber unzweifelhaft
in die Spreite und zwar in die Unterfläche und scheinen hier die zahlreichen kleinen Bündel der Adern
zu bilden. In jener Höhe, wo die Abzweigung der Kanäle für die Adern schon vollendet ist, also rings
um den Eingang der beiden grossen Höhlen unter dem Centralfleck, bildet sich ein zweiter Ring mit
mehr herzförmigem Querschnitt auf ähnliche Weise und zwar durch horizontalen Verlauf und Ver-
schlingung der centralen Bündel, wobei besonders cs eine grosse Rolle spielt. Von diesem Ring aus
nehmen die grossen Bündel der Adern zwischen den Lufthöhlen (A und C) ihren Ursprung. Uebrigens
anastomosiren beide Ringe an manchen Stellen und auch die von ihnen ausgehenden Strahlen haben
hier und da gemeinsamen Verlauf, was es sehr erschwert, beide aus einander zu halten.
Nachdem die genannten Bündel abgezweigt sind, setzt sich der Ring an der Unterseite noch als
ein starker Strang fort und in der Höhe, wo die beiden grossen Höhlen die Strahlen nach den Spalt-
öffnungen des Centralfleckes senden, gehen von diesem Strang in das Zwischengewebe noch einzelne
Bündel aus, welche direkt unter der Oberfläche des Centralflecks verlaufen, hier zum Theil endigen mögen,
zum Theil aber auch unter der Oberfläche der Spreite in den Adern weiter verlaufen und hier die Bündel
B und D und die übrigen der oberen Hältte der Adern bilden; ein medianer Bündelstrang bezeichnet im
Innern die Stelle, wo aussen über den Centralfleck hin die Medianlinie als Fortsetzung des Mediannerven
verläuft.
Wigand-Dennert, Nelumbium speciosum W.
— 50 —
Zusammenhängend mit der schiefen Insertion der Spreite auf dem Stiel gehen die Bündel auf der
oberen Hälfte (nach der Spitze zu) der Verschlingung allmählich im Bogen in die Blattnerven über,
während sie nach den Adern auf der entgegengesetzten Seite (also entsprechend der Blattbasis) fast recht-
winklig abbiegen.
An der Stelle der Spreitenbasis, wo der Querschnitt noch nicht auf der Unterseite die wellige
Begrenzung hat, zeigen sich senkrecht zur Oberfläche gestreckte Kanäle, welche also paarweise den
Zweigkanälen der Lufthöhlen des Blattstiels entsprechen; ihre paarweise Zusammengehörigkeit offenbart
sich schon darin, dass abwechselnd zwischen ihnen einmal zwei grosse und dann zwei kleine Gefässbündel
stehen, entsprechend der Konfiguration der Spreite (Fig. 57). Allmählich weichen dann erst diese beiden
verschiedenen Komplexe mehr aus einander, so dass der Zwischenraum zwischen den Luftkanälen grösser
wird, und es treten dort, wo die beiden kleineren Bündel liegen, 4 Luftkanäle auf, die also der Spreite
allein angehören, sodann hat die letztere den oben beschriebenen und durch Fig. 57 erläuterten Bau.
Die Verhältnisse sind freilich auch nach dem Vorstehenden noch nicht ganz klar und die in
Fig. 60 versuchte schematische Darstellung kann zum Verständniss nur theilweise genügen.
4. Anatomie der Niederblätter.
Das erste Niederblatt Ni besteht der Hauptmasse nach aus einem gleichföürmigen Parenchym,
darin eine Schicht von etwa 24 Luftkanälen, welche im Allgemeinen gleichgross sind, jedoch nach den
beiden Blatträndern zu etwas an Grösse abnehmen. Dieselben liegen näher nach der Innen- als nach der
Dorsalfläche, nach der letzteren zu alterniren mit den Kanälen ebenso viele Gefässbündel, welche im
Winkel zwischen je 2 Luftkanälen liegen. Dieselben sind ziemlich klein, das Cambiform liegt wie bei den
anderen Blättern dorsal. Ueber dem 2., 4., 6. u. s. w. dieser Gefässbündel erhebt sich die Parenchym-
masse etwas stärker als über den dazwischen liegenden, wodurch also auf der Dorsalseite etwa 12 Rippen
hervortreten; die 2., 4. u. s. w. dieser Rippen (also dem 2., 6., 10. u. s. w. Gefässbündel entsprechend)
ist wiederum merklich stärker als die mit ihnen alternirenden, also hat das Blatt im Ganzen 6 starke und
6 schwache Rippen, von den ersteren liegt je eine rechfs und links von der Mediane, welche von einem
Luttkanal eingenommen zu werden scheint.
Das Parenchym, welches die Rippen bildet, ist beim ausgewachsenenen Niederblatt collen-
chymatisch.
Ausser jenen 24 äusseren Gefässbündeln, liegen nach innen zu, d. h. in den der Axe zugekehrten
Winkeln zwischen je zwei Luftkanälen, ebenso viele kleinere rudimentäre Bündel, welche nur aus einem
Cambiformstrang bestehen, wenigstens sind Gefässe nicht erkennbar. Beide Flächen des Niederblattes
sind mit einer Epidermis bedeckt.
Das obere Niederblatt Ns unterscheidet sich von dem unteren durch den Mangel der inneren
kleineren Gefässbündel und der rippenartigen Verdickungen, wie es denn überhaupt eine geringere
Dicke besitzt.
Vv.
Anatomie des Blüthenstiels und der Blüthentheile.
1. Anatomie des Blüthenstiels.
Der Blüthenstiel ist äusserlich nicht vollkommen stielrund, sondern nach vorn, d. h. nach dem
Laubblatt hin etwas abgeplattet, und namentlich gegen die Spitze hin auf dieser Seite mit einer deutlichen
Furche. Dagegen zeigt sich innen ein vollkommener concentrischer Bau als beim vegetativen Rhizom und
beim Blattstiel. Es ist im Wesentlichen derselbe Bau wie beim Rhizom, doch besteht der innerste Gefäss-
bündelkreis nur aus 6 centrifugalen Bündeln, die grösstentheils 3 grosse in Dreieck gestellte Gefässe, zum
Theil auch‘2 hintereinander, aber ohne bestimmte Ordnung und an verschiedenen Stellen wechselnd, be-
sitzen. Mit diesen 6 centralen Gefässen alterniren, aber nicht genau, 6 gleichgrosse Luftkanäle L, so
dass jedes dieser Gefässbündel ziemlich einem der 6 Scheidewände entspricht. Mit diesen centralen
Bündeln alterniren je ein oder zwei kleine centripetale, etwas nach innen liegend, dahinter findet sich
noch je ein centripetales Bündel und in derselben Richtung der Scheidewand noch ein gleiches oder auch
2 neben einander, oder ein kleines neutrales. Die Gefässbündel in der Scheidewand sind also nicht so
constant gebildet wie im Rhizom und sie unterscheiden sich von diesen durch die ausschliesslich centripetale
Richtung der Bündel.
Im Winkel zwischen je zwei Luftkanälen nach aussen liegt ein grösseres Gefässbündel aus 3 Ge-
fässen (fd), daran schliessen sich die zweierlei Bogen von peripherischen centrifugalen Bündeln in derselben
Weise wie im Rhizom. Vor jedem der Bündel fd liegen 2 (oft zu einer länglichen zusammengeflossene)
Luftlücken (also verschieden vom Rhizom). Ausserdem finden sich wohl noch 1 oder 2 einzelne Luft-
lücken in der mittleren Region, doch ohne symmetrische Anordnung. Ein centraler Luftkanal fehlt oder
er ist sehr klein.
Uebrigens scheint dieser Bau individuellen Abänderungen zu unterliegen.
Scheidewände fehlen in den Lufthöhlen des Blütenstiels.
Amylum ist in dem unteren Theil des Fruchtstiels wenig, im oberen gar nicht vorhanden. Der
Milchsaftgehalt ist oben direkt unter der Frucht am stärksten.
Interessante Verhältnisse offenbart auch hier wieder die Uebergangsstelle vom Blütenstiel zu dem
innerhalb der Blüte gelegenen Theil der Axe. Etwas unterhalb der Ansatzstelle der Blumenblätter und
Staubfäden, welche an dem Fruchtstiel als eine ringförmige 1 cm breite Schicht mit unten länglich
7*
— 2 —
elliptischen, oben kreisrunden Narben (unterhalb des Receptakulums) erscheint, hat der Stiel eine ring-
förmige schwache Anschwellung, äusserlich ohne Stacheln. In ihr treten die innersten grossen Gefäss-
bündel unter Vergrösserung der Cambiformtheile näher zusammen. Der centrale Luftkanal endigt hier,
wenn er vorhanden ist, in mehreren blinden Aesten, die grösseren Kanäle nehmen noch mehr an Grösse
zu, verlaufen etwas schief und sind durch schmale leicht zerreissbare Scheidewände getrennt, an den
Rändern ist das Parenchym in schwammiges Gewebe aufgelöst. Die Luftkanäle des Blütenstiels sind mit
ungestielten Krystalldrusen besetzt. Im Knoten dagegen werden die Drusen gestielt, auch sind die Stiele
zum Theil verzweigt. Die äusseren Bündel nehmen schon hier einen schief seitlichen Verlauf, die inneren
gehen etwas nach aussen.
Etwas höher beginnen auch die Bündel der mittleren Region sich zu verschlingen, während die
innersten noch ziemlich regelmässig neben einander liegen, doch fliessen sie, indem sie sich noch mehr
vergrössern, endlich seitlich ganz zusammen, freilich gilt das nur vom Cambiform, das continuirlich und
ziemlich regelmässig ist, während im Holztheil die, wie es scheint, in Tracheiden aufgelösten Gefässe wirr
durch einander geschlungen sind. Die Luftkanäle lösen sich hier in ein schwammförmiges Gewebe auf,
welches schliesslich ebenfalls einen Ring bildet. In Folge dieses inneren Bündelringes erscheint hier das
central gelegene Parenchym als eine Art von Mark.
Ganz kurz vor der Insertion der ersten Blumenblätter sondern sich die mittleren Bündel wieder
zu einem concentrischen Kreise, während die äusseren noch unregelmässig verlaufen. Zu gleicher Zeit
entstehen in dem Ring von Schwammgewebe wieder grössere Höhlen, zwischen denen unregelmässige
Getässbündel liegen.
Nun treten aus dem innersten Ring 4 um je 90° von einander getrennte Bündel aus und theilen
sich in der peripherischen Region gewöhnlich in 3 Stränge, von denen der mittlere geradeaus in ein
Blumenblatt tritt, während die anderen seitlich verlaufen. Die Bündel der mittleren und äusseren Region
werden nun auch etwas regelmässig, liegen aber in grosser Zahl ungeordnet und sind viel grösser als in
dem unteren Theil des Stiels, einige scheinen sich den Hauptbündeln anzuschliessen und in die ersten
Blumenblätter zu treten. Dieser Process wiederholt sich von nun an und scheint entsprechend der An-
ordnung der Blumenblätter spiralig fortzuschreiten.
Nachdem die innersten Blumenblätter versorgt sind, wird der centrale Ring immer enger, die
Gefässbündel kleiner und isolirter. Dagegen bilden nun die äusseren Bündel einen etwas unregelmässigen
Ring mit mehr horizontalem Verlauf der Bündel. Von diesem Ring aus treten nun fortwährend Stränge
nach aussen, um die Staubfäden zu versorgen, jeder Staubfaden erhält ein Bündel, welches sich von der
Peripherie rasch nach aussen wendet. Die mittlere und innere Region ist dabei unbetheiligt. In diesem
Theil der Axe nehmen die äusseren und mittleren Bündel den grössten Theil des Querschnitts ein,
während in der Höhe der Insertion der Blumenblätter der innere Ring am mächtigsten ausgebildet ist.
Je mehr man sich mit den Schnitten dem Receptakulum nähert, desto mehr treten die Bündel des concen-
trischen Ringes auseinander und schwindet der äussere Ring. Oberhalb der Höhe der Staubfäden endlich
ist der Unterschied der drei Regionen fast verwischt, höchstens dass die zu innerst liegenden Bündel eine
etwas beträchtlichere Grösse haben. Das Grundgewebe ist ein lakunöses Parenchym, aus dem sich zuerst
am Rand, dann auch mehr nach innen eine grosse Zahl von Lufthöhlen sondert, zwischen denen dann
zahlreiche Bündel verlaufen. Im Allgemeinen finden sich 5 innere und 15 äussere Bündel, welche sich
von den anderen durch ihre bedeutendere und gleichmässigere Grösse auszeichnen. Endlich zeigt das
Gewebe des Receptakulums zahlreiche 4—6 seitige grosse Höhlen, die an den Kanten, wo sie zusammen-
stossen, Gefässbündel einschliessen. Jene 15 grösseren Bündel treten schliesslich in die Pistille ein. in
anderen Fällen ist ihre Zahl wie diejenige der Pistille grösser oder kleiner.
2. Anatomie des Blumenblatts und der Staubfäden.
Das Blumenblatt hat eine ähnliche Structur wie die Spreite des Laubblattes. Es besitzt eine
Reihe von grösseren Luftkanälen, welche paarweise abwechselnd ein grosses und drei kleine im Dreieck
stehende Gefässbündel einschliessen. So ist es an der Basis, mehr nach oben bilden sich auf der
äusseren Fläche kleinere Kanäle und die schon vorhandenen werden noch grösser.
An der Basis zieht sich ferner parallel den Flächen an der Ober- und Unterseite eine Reihe von
kleineren Bündeln hin. Sämmtliche Bündel wenden ihre Holztheile der Innenfläche des Blumenblattes zu.
Die Lufthöhlen haben Krystalldrusen, die zum Theil noch in Zellen eingeschlossen sind.
Die beiderseitigen Epidermen bestehen aus dicht gestellten schmalen, flaschenförmigen Zellen,
unter diesen liegt eine scharf abgesetzte Schicht von bedeutend grösseren rechteckigen (etwas radial
gestreckten) Zellen. Leider konnte nur Alkoholmaterial zur Untersuchung dienen, in diesem hatten jene
Zellen einen homogenen hellbraunen Inhalt, während die Epidermiszellen im Allgemeinen einen dunkler
erscheinenden körnigen Inhalt zeigten.
Das ganze übrige Grundgewebe besteht aus stärkehaltigen rundlichen Parenchymzellen. Weiterhin
ordnen sich die Bündel mehr und mehr, jede stärkere Ader wird von einem grösseren Bündel gebildet,
welches aber kaum nach aussen vortritt, dazwischen liegen kleinere (Adern) Bündel und deren Anastomosen.
Die Zahl der Bündel ist viel beschränkter als an der Basis. Die Lufthöhlen bilden ein weites zusammen-
hängendes Netz, in dem die Bündel gewissermassen hängen. Die Wände der Lufthöhlen sind aus einer
Schicht resp. Reihe von stabförmigen Zellen gebildet, rundliches Grundparenchym findet sich höchstens
noch dicht unter der Epidermis in einfacher Lage. Die Epidermis selbst besteht aus breiteren Zellen als
unten, wie dort mit scharf abgesetztem, hier etwas diekwandigerem Kegeltheil. Jene an der Basis so
auffallende Schicht rechteckiger Zellen unter der Epidermis fehlt im oberen Theil ganz oder ist doch sehr
undeutlich.
Die Staubfäden zeigen im anatomischen Bau viel Verwandtschaft mit dem Blumenblatt. Das
Filament besitzt ein sich in das Konnektiv fortsetzendes Gefässbündel, das von Lufthöhlen umgeben ist.
Die besonders an den Antherenfächern diekwandige Epidermis ist auch papillös und unter ihr liegt eine
Schicht pallisadenförmiger Zellen, welche besonders an den Antherenwänden scharf ausgebildet ist und ihr
Aufspringen bewirken.
3. Anatomie des Receptaculums.
Das verkehrt-kegelförmige Receptaculum ist von länglichen Lufträumen durchsetzt, von denen ein
Theil in einem Kreis in der Peripherie steht, welche gleich gross und grösser als die anderen sind. Die
mittleren sind unregelmässig von Gestalt und Ordnung. In dem weissen lufthaltigen Parenchym laufen
N
überall, wo 3 oder 4 Wände zusammenstossen, sowie auch sonst Gefässbündel, die aus einem Strang von
Cambiform mit einzelnen Gefässen in der Mitte bestehen. Je ein Gefässbündel läuft in die Basis einer
Höhle aus, wo es in ein Pistill eintritt. (Fig. 63—659.)
4. Structur des Pistills.
Der Rand des jungen Pistills besteht zum grossen Theil aus einem lufthaltigen Parenchym, dessen
innere Parthie (d. h. die Auskleidung der Höhlen) aus tangential geordneten Zellenreihen besteht.
Zwischen diesen und der äusseren lufthaltigen Schicht erstreckt sich eine wasserhelle, nicht lufthaltige
Schicht (Fig. 61). Dieselbe reicht auch von oben und unten in den Höcker x hinein, dazwischen liegt dann
wieder ein Strang von lufthaltigem Gewebe, in welchem bereits auf dieser Stufe die Zellen auseinander
weichen und ein schwammiges Gewebe bilden. In dem Narbenkörper geht das lufthaltige Gewebe in
helles Gewebe über. Von oben herunter erstreckt sich ein heller Strang durch den Funieulus bis in das
Eichen, auch sieht man in diesem Cambialgewebe hie und da Gefässe, deutlich ist, dass ein Gefässbündel
von der Basis eindringt, welches seitliche Aeste abgiebt.
Die Narbe erscheint braun, glänzend und schon früh klebrig. Sie ist bedeckt mit einem scharf
abgesetzten Epithelium von nach oben keulenförmig verdickten, abgerundeten oder etwas plattgedrückten
Papillen, deren Inhalt braun körnig ist und deren Seitenwände sich von unten nach oben verdicken, so
dass die Köpfe der Papillen nach oben auseinander weichen und hier sind sie durch eine homogene,
wasserhelle Substanz getrennt. Die Seitenwände sind selbst blassbraun und der Scheitel der Epithelium-
zellen ist mit einer kappenförmigen, starken farblosen Verdickungsschicht versehen. Die ganze Narben-
fläche ist mit einer nach aussen scharf begrenzten ebenen Grenzlinie abgegrenzt (Fig. 62). Eine wasser-
helle, strueturlose Schicht überzieht die Narbe und erstreckt sich keilföürmig zwischen die abgerundeten
Scheitel der Zellen. Es ist dies die Narbenflüssigkeit, welche hier noch als eine scharfbegrenzte, relativ
feste Schicht erscheint und vollkommen das Ansehen einer glasigen Cutieularschicht hat. Eine eigentliche
Cutieula fehlt, statt dessen entspricht ihr die zarte feinkörnige, dunkle Grenzlinie. Die glasige Schicht ist
schleimiger Natur, beim Drücken verliert sie ihre Form. In der Regel ist dieselbe so vollkommen
homogen und scharf gegen die Epitheliumzellen geschieden, dass die Annahme zulässig ist,
dieser Schleim sei aus den Zellen abgesondert worden und zwar so, dass die älteste äusserste Parthie
mit der körnigen Oberfläche nach aussen fortgeschoben wird. Aber die optische Uebereinstimmung der-
selben mit der kappenförmigen Verdiekung der Zellen, welche ebenfalls schleimiger Natur zu sein scheint,
lässt vermuthen, dass sie durch Verschmelzen der äusseren Verdickungsschichten entstanden sei. In
einzelnen Fällen liess sich bei sehr starker Vergrösserung wirklich eine Structur hier und da erkennen,
nämlich bogenförmige zarte Linien, welche sich theils über die einzelnen Epitheliumzellen wölben, theils
über zweien gemeinschaftlich, so wie dies bei manchen Epitheliumschichten vorkommt. Auch auf einem
dünnen Querschnitt, durch den die äusserste Epithelschicht abgelöst wird, zeigen sich zarte Umrisse von
Zellen. Auch durch Chlorzinkjod, welches nach innen eine blassröthliche Färbung hervorruft, ergiebt sich
keine scharfe Grenze zwischen den Zellwänden und der Schleimschicht. Es ist mir nicht zweifelhaft,
dass die letztere durch ziemlich plötzliche Deorganisation der verdickten Wände der Narbenzellen ent-
standen ist.
5. Anatomie der Fruchtwand.
Ein Querschnitt durch den unteren gelben Theil des Pericarps einer seit 6—8 Tagen befruchteten
Blüthe zeigt folgende Verhältnisse: die noch zartwandige Epidermis besteht aus säulenförmigen, verhältniss-
mässig schmalen, oben stark convexen (papillenartigen) Zellen mit trübem Inhalt. Einzelne, etwas ange-
schwollene Zellen enthalten rundliche Krystalldrusen. Durch Jod wird die ganze Epidermis gelb. Von
oben gesehen erscheinen die Zellen polyedrisch, dazwischen sieht man die Krystalldrusen und einige Spalt-
öffnungen, deren Zellen mit ziemlich grossen scharfbegrenzten kugeligen Körnern erfüllt sind, übrigens
liegen die Spaltöffnungszellen sehr vertieft.
Auf die Epidermis folgt eine farblose Schicht aus schmalen säulenförmigen Zellen, hier und da
sind dieselben von schwarzen Kanälen durchzogen, welchen in der inneren Schicht dunklere Stellen ent-
sprechen und die wahrscheinlich mit den Spaltöffnungen in Verbindung stehen, jedoch sind sie an Stellen
jüngerer Ausbildung nicht kenntlich. Die Zellen sind etwa sechs Mal so hoch als breit, die Membran
sehr dünn, zarter als die der Epidermis, die Zellen sind oben und unten geradlinig begrenzt,
also rechteckig. Der Inhalt ist ganz farblos, klar und nicht trübe, körnig, wohl aber erscheint das Proto-
plasma unregelmässig vertheilt, bald die Wand bekleidend, bald als schäumige, den Inhalt erfüllende,
mit Vacuolen unterbrochene, bald als Querscheidewand auftretende Masse, die durch Jod gelb gefärbt wird.
In letzterem Fall scheint es besonders in der mittleren Region der Zellen gehäuft zu sein, und besonders
tritt dies bei der Behandlung mit Jod hervor.
Weiter nach innen folgt eine Schicht, die aus zartwandigen, parenchymatischen, ohne Zwischen-
räume ineinander gefügten Zellen besteht, die äusseren sind kleiner und nehmen nach innen an Grösse zu.
Der Inhalt ist farblos, doch liegen in ihnen zerstreut ziemlich zahlreiche Krystalldrusen. An diese Schicht
schliesst sich ein Kreis von kleineren und grösseren Gefässbündeln, welche einige Spiralgefässe enthalten
und übrigens aus einem undeutlichen, trüben, wie es scheint durchwegs cambialen Gewebe bestehen.
Zwischen ihnen und nach innen sich erstreckend liegt ein Kreis von grösseren und kleineren Lufträumen,
das zwischen diesen befindliche Gewebe besteht aus grösseren, zum Theil abgerundeten Zellen, deren
Inhalt wässriger ist als derjenige der Zellen jener mehr nach aussen gelegenen Schicht. Endlich folgt
noch nach innen eine aus etwa 2 oder auch mehr tangentialen Lagen von Zellen bestehende Schicht, wohl
das Gewebe der Samenschale.
In der Nähe des Scheitels der Frucht, so weit sie grün ist, zeigen sich folgende Abweichungen
(Fig. 66): Die grüne Oberfläche erscheint weiss punktirt, was wohl von den Spaltöffnungen oder von
den Krystalldrusen herrührt. Die Zellen der Epidermis haben einen grösseren Durchmesser, die Papillen
treten stärker hervor und besitzen stark verdickte Wände, ihre Oberfläche ist kömig rauh, während sie
am unteren gelben Theil glatt ist. Ferner sind sie innig verschmolzen, d. h. die polyedrischen Grenzen
sind weniger deutlich; auch die Kıystalldrusen sind grösser und demgemäss auch die betreffenden
Zellen weiter.
Auf der der Mikropyle der Samenknospe entgegengesetzten Seite liegt ein schon oben erwähnter
Höcker, der in der Mitte eine Grube hat und sich von seiner Umgebung durch glänzende grüne Ober-
fläche und Mangel an Reif und Spaltöffnungen abhebt (der primitive Gipfel des Pistills, wie oben nach-
gewiesen), demselben entspricht im anatomischen Bau ein nach innen gerichteter gekrümmter Strang eines
=, Eh
sehr lockeren Gewebes, dessen Zellen fast sämmtlich Krystalldrusen enthalten; zum grossen Theil sind
diese Zellen zerstört und in dem dadurch entstehenden Hohlraum liegen zahlreiche Krystalldrusen. Ober-
halb und unterhalb dieser Stelle ist das Gewebe chlorophylihaltig, weiterhin verschwindet das Chlorophyll,
dagegen sind hier die Zellen dicht mit Amylum erfüllt. Das ganze Gewebe der Fruchtwand ist übrigens.
gerbstoffreich.
Unter dem Höcker nimmt die Pallisadenschicht an Dicke zu, dann wechselt letztere jedoch, d. h.
die äussere Grenzlinie bildet eine wellenartige Linie, deren Einsenkung der Narbe des Höckers entspricht.
sowie jenem Strang lockeren Gewebes. Auch setzt an der Stelle, wo die Pallisadenschicht dieker wird,
die unten zu erwähnende Lichtlinie ein, verläuft bald durch die Mitte der Schicht, bald mehr sich dem:
äusseren, bald dem inneren Rand nähernd.
Wie oben gesagt, zeigt sich schon in den jungen noch ganz unverdickten Zellen in der Mitte eine
Anhäufung des Protoplasmas, weiterhin beruht aber die immer mehr hervortretende Erscheinung (als
Linie, die durch die Mitte der Pallisaden-Zellen verläuft) offenbar in der Zellmembran, indem jede Zelle
in ihrer verdickten Membran in der Mitte eine Zone von Spalten hat. Diese Unterbrechung der
Homogeneität muss natürlich nach aussen als eine relativ undurchsichtige, mithin dunklere Schattirung
erscheinen; auch stimmt mit dieser Anschauung überein, dass die Schnitte sich gerade an der Stelle dieser
Linie leicht verziehen und verzerren, indem die Zellwände wegen jener Spalten hier natürlich weniger
derb und steif sind.
Ganz eigenthümlich verhält sich die Epidermis an der Stelle des Höckers. Kurz unterhalb
desselben verbreitern sich die Zellen und treten zugleich m zwei Schichten auf; die Wände der Zellen
sind verdickt. Noch weiter nach oben ist die Schicht 3-, 4-, und endlich direkt unter der Narbe resp.
über dem lockeren Zellstrang 5zellig. Zudem nimmt die Schicht hier, abgesehen von der grösseren Dicke,
einen anderen Bau an: die Zellen sind schmal, ceylindrisch, durch einzelne Querwände getheilt, und
weniger papillös, vor allem aber chlorophylihaltig und frei von Amylum und Krystalldrusen, während
die Schicht sonst reich an den beiden letzteren ist. In der ganzen oberen Scheitelregion ist diese Schicht
aus vier über einander gelegenen breiten derbwandigen Zelllagen gebildet.
Das unter der Pallisadenschicht gelegene Gewebe verdiekt späterhin seine Zellen mehr und mehr,
nach aussen sind dieselben mehr radial gestreekt, nach innen rundlich, besonders die ersteren haben sehr
stark poröse Zellwände, die der letzteren sind etwas collenchymatisch ausgebildet, an den Berührungs-
stellen mit dreieckigen Zwickeln (Fig. 69). Beide Schichten sind nicht scharf geschieden, sie enthalten
Amylum, weniger reichlich als die Samenschale, jedoch in grösseren Körnern, die mit Chlorophyll über-
zogen sind. Die innerste Schicht besteht auch weiterhin aus ziemlich dünnwandigen grossen Parenchym-
zellen mit Lufträumen und Gefässbündeln. In diesem Gewebe ‚finden sich einzelne ebenso grosse oder
grössere, abgerundete Zellen mit ganz homogenem, farblosem Inhalt, während der der übrigen Zellen etwas
körnig ist. Derselbe wird jedoch durch Jod dunkelbraun, körnig, ist also Plasma. Diese Zellen liegen
besonders an der inneren Oberfläche der Schicht.
Verfolgt man noch ältere Stadien der Fruchtwand, so ist Folgendes zu constatiren. Die Epidermis-
zellen werden dickwandiger, die Mitte einer jeden erhebt sich papillenartig nach aussen. Die Zellen der
Pallisadenschicht verdicken ihre Wände ebenfalls sehr stark, so dass die Höhle oft nur linienförmig ist
(Fig. 67); die Wand ist homogen; führt man dagegen etwa in der Höhe der Mitte der Zellen einen
Querschnitt, so erscheint die Wand hier durch zahlreiche tiefe Spalten durchbrochen (Fig. 68). Die Zellen-
höhle ist nach den beiden Enden zu und auch sonst stellenweise erweitert.
Jedenfalls entsteht die dunklere Mittellinie (Lichtlinie) durch eine Zone senkrechter Längsspalten,
wobei die locale Anordnung sowohl wie auch die senkrechte Richtung der Spalten auffallend ist. *)
Die Samenschale ist gleichmässig, aus ziemlich dünnwandigen polyedrischen, etwas in der
Richtung der Peripherie gestreckten Zellen ohne Intereellularräume gebildet. Die Zellen sind reich an
Amylum.
Anatomie der Fruchtwand (reif).
Bezüglich der Anatomie der Wand der reifen Frucht ist zu den obigen Angaben noch Folgendes
hinzuzufügen: Hier und da hat die Epidermis, namentlich in der Cutieularschicht eine halbkugelige Ver-
tiefung, in welche eine Krystalldruse eingesenkt ist, so dass sie mit dem oberen Theil über die Epidermis
hervorragt und jene feinen, weissen Wärzchen bildet, welche nebst den Spaltöffnungen die Unebenheit und
Mattheit der Oberfläche bedingen, Die Epidermiszellen haben einen braunen Inhalt.
Die Pallisadenzellen erscheinen oft nach unten zugespitzt. Unter den Spaltöffnungen weichen sie
nach oben und unten auseinander, so dass Höhlungen entstehen, an dieser Stelle macht die Lichtlinie
auch einen Bogen nach aussen. Die Spaltöffnungen liegen tief, meist ist hier aber von einem Rand der
Epidermis zur andern eine Haut gespannt.
Auch die stark verdickten porösen Zellen, die unter der Pallisadenschicht liegen, haben braunen
Inhalt. Die dunkle Farbe der Frucht rührt nur wenig von der Epidermis, hauptsächlich von diesem
Gewebe her, da die Pallisadenschicht durchsichtig ist. Die Wände des gesammten Gewebes von der
Epidermis bis zu diesem hornartigen Gewebe werden durch Chlorzinkjod schmutzigblau. Nach innen
folgt dünnwandigeres Gewebe und endlich 1—2 Schichten von tafelförmigen Zellen. An diese schliesst
sich das Gewebe der Samenschale und zwar gehen beide so unmerklich in einander über, dass es
nur schwer zu entscheiden ist, welche Schicht der Fruchtwand und welche der Samenschale angehört
(Fig. 69).
Das Gewebe der Cotyledonen besteht aus rundlichen, wenig verdickten, «daher mit Interstitien
versehenen Zellen, welche reichlich Amylum und kömige formlose Massen enthalten, welche sich durch
Jod gelb färben. Das Amylum tritt zuerst an der Spitze der Cotyledonen auf und schreitet nach der
Radicula fort.
*) Der Ansicht von Russow, Lohde und Innowiez, dass die Membran an der Stelle der Lichtlinie wasserärmer sei,
kann ich nicht beipflichten, auch jene andere von Mattirolo vertheidigte Hypothese, wonach diese Erscheinung auf localisirte
Verholzung zurückzuführen wäre, ist nach meinen Beobachtungen nicht haltbar.
Wigand-Dennert, Nelumbium speciosum W. 8
VL.
Biologisches.
1. Amylum im Blatt.
Im Blatt ist ein doppelter Amylum-Bildungsprocess zu unterscheiden, d. h. zwei Stadien der Blatt-
bildung in Bezug auf das Amylum.
1) In der jungen Blattanlage findet eine bedeutende Amylumanhäufung statt, allgemein und gleich-
mässig mit Ausnahme von Epidermis und Pallisadenschicht. Während der Blattentfaltung, welche einerseits
von Blatt zu Blatt je nach der Grösse, andererseits innerhalb des einzelnen Blattes von der Mitte nach
der am längsten in der Ausdehnung begriffenen Peripherie fortschreitet, wird dieser Amylumvorrath all-
mählich aufgelöst, offenbar um das Material für die sich ausdehnenden Zellwände zu liefern, und zwar in
der Weise, dass das Amylum zunächst in der Schicht unter der Lufthöhle und in der Schicht m, und in
den Scheidewänden verschwindet, so dass es sich im ausgebildeten Blatt nur auf die Stärkescheide der
Bündel beschränkt und auch hier weniger reichlich ist als im Anfang.
Diese secundäre oder Reservestärke ist offenbar nicht durch einen Assimilationsprocess des Blattes,
durch die Thätigkeit des Chlorophylis entstanden, denn dieser Amylumvorrath ist vorhanden, ohne dass
das Blatt Chlorophyll enthält und während dasselbe im eingerollten Zustand, besonders die mit Spalt-
öffnungen versehene Oberfläche ganz gegen Luft und Wasser abgeschlossen ist; im Gegentheil, dieses
Amylum nimmt in dein Verhältniss ab, wie das Chlorophyll zunimmt und das Blatt sich ausbreitet und
in Thätigkeit tritt. Vielmehr wird dieses Amylum nur durch Niederschlagung eines durch die
Thätigkeit früherer Blätter assimilirten Kohlehydrats entstanden sein, daher „seeundäres Amylum“. Hier-
gegen ist nur einzuwenden, dass die Amylumkörner in der Stärkescheide von je einer Chlorophylischicht
umkleidet sind, was darauf hinzudeuten scheint, dass dieses Amylum durch die Thätigkeit des
Chlorophylis erzeugt ist (also perennirendes Amylum); andererseits zeigt sich in dem übrigen Blattgewebe,
welches gleichzeitig mit der Stärkescheide grobkörniges Amylum enthält, keine solche Beziehung zu dem
Chlorophyll; und namentlich spricht dagegen, dass das Amylum in der Stärkescheide nicht zu-, sondern
abnimmt, bei der Ausbildung der Blattfläche. Demnach könnte der Chlorophyllüberzug der Stärkekörner
selbst secundär sein.
2) Sobald das Blatt ausgewachsen und die secundäre Stärke bis auf die Stärkescheide aufgezehrt
ist, beginnt eine neue Stärkebildung und zwar in Form kleiner Körner innerhalb der Chlorophylikörner der
Schicht m, also primäre Stärkebildung, als unmittelbares Assimilationsprodukt.
— 59 7° —
Dass die Stärkescheide nicht etwa, wie Sachs und Andere meinen, zur Leitung dieser primären
Stärke nach dem Rhizom ete. dient, folgt daraus, dass dieselbe bereits Amylum enthält, ehe die Amylum-
bildung im Blattgewebe begonnen hat und bei dem unentwickelten Zustand des Blattes und dem Mangel
an Chlorophyll beginnen konnte.
2. Amylum im Rhizom.
Im Rhizom zeigt sich keine gleichmässige Vertheilung und auch nicht eine Ab- oder Zunahme
des Amylums gleichmässig nach einer oder der anderen Richtung fortschreitend, sondern jedes Internodium
ist bis zu einem gewissen Grad ein in sich geschlossenes Ganzes mit seinem eigenen Gesetz, was offenbar
mit dem Einfluss des Blattes zusammenhängt und für die physiologische Individualität des Internodiums
spricht, welche eben durch das Blatt bedingt wird.
Nämlich in den vier jüngsten Internodien nimmt nach den vorliegenden Beobachtungen die Menge
des Amylums von der Basis zur Spitze ab, im Ganzen stimmen diese vier Internodien untereinander über-
ein, d. h. in correspondirender Höhe ist die Amylummenge gleich. Die Zufuhr von Amylum vom Blatt
nach dem Stengel schreitet also in der Richtung nach oben fort und zwar arbeitet jedes Blatt nicht bloss
für das zugehörige Internodium, sondern es können Blätter auch für folgende Internodien sorgen, welche
selbst noch keine entfalteten Blätter besitzen, die Produktion der Blätter kann sich sogar auf mehr als
zwei Internodien erstrecken. Am stärksten ist die Anhäufung des Amylums im Knoten. Innerhalb der
Knospe findet es sich sogar nur im Knoten,
Abgesehen von dem Gesetz des einzelnen Internodiums zeigt sich aber noch ein allgemeines Gesetz,
welches das obige bis zu einem gewissen Grade beschränkt, indem einerseits in dem beobachteten Fall
vom fünften Internodium an nach oben eine Abnahme des Amylums stattfindet, was sich eben daraus
erklärt, dass für diesen Theil des Rhizoms eigentlich nur ein entwickeltes Blatt thätig ist, dessen Produktion
sich über zwei bezw. drei Internodien vertheilt, und indem andererseits vom vierten Knoten aus eine
stetige Abnahme des Amylumgehalts rückwärts stattfindet, was wohl damit zusammenhängen mag, dass
die hinteren Blätter mehr oder weniger im Absterben begriffen sind. Es zeigt sich daher ein Kulminations-
punkt im Knoten zwischen dem dritten und vierten Internodium.
Es tolgt daraus also eine Individualität des einzelnen Internodiums, bedingt durch die Thätigkeit
des zugehörigen nächst unteren Blattes, — und zugleich eine Solidarität mehrerer oder sämmtlicher Inter-
nodien durch das Zusammenwirken mehrerer Blätter, sowie eine Abnahme nach vorn und hinten, bedingt
durch den Entwicklungsgang der Blattbildung.
Abgesehen von der absoluten Menge des Amylums zeigt sich aber nach meinen Beobachtungen
noch ein eigenthümliches Verhalten auf dem Querschnitt, indem das Amylum in den entwickelten Inter-
nodien seinen Sitz hat in dem Parenchym zwischen den Gefässbündeln, d. h. seitlich von denselben und
zwar vorwiegend in der centralen Parthie, dagegen innerhalb des letzten Internodiums, wo die Amylum-
menge abnimmt, ist damit zugleich eine Translocation verbunden: das Amylum zieht sich aus dem seit-
lichen Parenchym in die Amylumkappen zurück, oder vielmehr umgekehrt: das Amylum tritt zuerst in
geringer Menge auf in den Kappen, sobald es an Menge zunimmt, verlässt es diese Zellschicht und ver-
$*+
— zH07—
breitet sich in dem seitlichen Parenchym und während es vorher vorzugsweise in den peripherischen Theilen
des Stengels seinen Sitz hatte, nimmt es jetzt mehr die mittlere Region ein.
Endlich ist bemerkenswerth, dass die Amylumkappen nur bei den centrifugalen Gefassbündeln
vorkommen, niemals bei den centripetalen; ähnlich ist es auch im Blattstiel, doch besitzt hier wenigstens
das dorsale unter den vier mittleren centripetalen Bündeln eine schwache Amylumkappe.
Wenn, wie es nach den vorliegenden Beobachtungen scheint, das Amylum im Stengel weiter
rückwärts abnimmt oder mehr oder weniger verschwindet, so hat dies ohne Zweifel den Sinn, dass das
Amylum die Form ist, in welcher die assimilirten Stoffe von den Blättern dem Bildungsheerde, nämlich
dem Punctum vegetationis und den Internodien, zugeführt werden, dass das Amylum also hinten, wo kein
Wachsthum mehr stattfindet, mehr oder weniger fehlt, und wenn es nach vorn weiter vorgeschoben wird
als die entsprechende Blattformation produeiren kann, oder da der Stengel nicht assimilirt, so muss nach
vorn eine Veränderung des Amylums stattfinden. Nur darf man es sich nicht so vorstellen, als wenn die
Bildungsstoffe nur als Amylum fortgeleitet würden, dass also die Amylumkappe die ausschliessliche Form
ist, in welcher das von den hinteren Blättern produeirte Amylum der Wachsthumsspitze zugeführt wird;
dies wird schon, abgesehen von allgemeinen Gründen, durch die erwähnte ganz verschiedene Anordnung
widerlegt. Das Amylum ist nur die Form, in welcher ein Theil von dem ganzen Material vorübergehend
deponirt wird. In den Internodien wird dasselbe aufgelöst und zum Theil zur Streckung derselben ver-
wandt, zum Theil in flüssigem Zustand (als Zucker?) nach der wachsenden Spitze geleitet, wobei stets
ein Theil in den Amylumkappen als Stärke deponirt wird, um seiner Zeit zu verschwinden, — nur nicht
so, als wenn das Amylum aus dem hinteren Internodium nur auf diesem Wege und in. der Form von
Amylum in den Amylumkappen fortgeleitet und in der wachsenden Spitze verwendet würde, vielmehr ist
das hier deponirte Amylum immer nur ein kleiner Theil von den nach dem Bildungsheerd geleiteten
Assimilationsprodukten.
Nicht nur der Gehalt selbst an Amylum, sondern auch die Form der Körner ist in verschiedenen
Internodien ungleich. Zufolge der von mir gemachten Beobachtungen sind nach dem Alter der Internodien
folgende Verschiedenheiten zu konstatiren::
1) Die allerjüngsten Internodien zeigen noch kein Amylum, wohl aber körniges Plasma.
2) Erst in den Internodien von ca. 0,2—0,3 cm Länge tritt Amylum auf, feinkörnig, 0,0012—0,007 mm
dick, rundlich oder oval, zum Theil auf einer Seite stärker gekrümmt.
3) In dem folgenden Internodium von ca. 1 cm Länge sind die Amylumkörner grösser, 0,0035 bis
0,0175 mm, rundlich, meist länglich, an einem Ende abgerundet, am anderen mehr gestutzt, am runden
Ende mit kleiner Kernhöhle, die zum Theil rissig ist.
4) In einem folgenden Internodium von 5—6 em Länge sind die Stärkekörner 0,007—0,07 mm
gross und kann man unter ihnen zwei Typen unterscheiden:
a) elliptische, an einem Ende abgerundet, am andern mehr gestuzt, bis 0,07 mm dick, Kern
ganz excentrisch im abgerundeten Ende, Schichten excentrisch, von ähnlichem Umriss wie das
ganze Korn, diese Stufe stimmt fast ganz überein in Grösse und Gestalt mit dem Amylum des
reifen Samens.
— 61 —
b) kegelförmige, mit abgerundeter Spitze und Kante, die Basis mehr oder weniger beckenartig
ausgehölt, auch hier sind Kern und Schichtenbau excentrisch. Manche dieser dreieckigen Körner
erscheinen als Theilkörner zu 2 oder 3 zusammengesetzt.
5) Ein Internodium über 2 dem lang, 2 cm dick, ein freies Blatt tragend, fertig entwickelt und
Heischig: die Stärkekörner unterscheiden sich von denen der vorigen Stufe durch die beträchtlichere
Grösse, 0,007—0,09 mm im Durchmesser und noch mehr durch die Form, auch hier kommen jene beiden
Typen nebeneinander vor; aber die länglichen, die besonders stark vergrössert sind, sind durch seitliche
Ablenkung der Wachsthumsrichtung gekrümmt und mit knotigen Auswüchsen versehen, zum Theil sind
sie sehr unregelmässig mit komplieirtem Schichtenlauf. Die kegelförmigen Körner mit beckenförmig
vertiefter Basis haben den Kern stets in der Spitze, zum Theil liegen zwei mit den Basen zusammen,
zwischen beiden kommen Uebergangsformen vor.
Bemerkenswerth ist auch, dass zwischen dem Amylum aus dem vorderen und aus dem hinteren
Ende des Stengelgliedes ein Unterschied besteht, die Körner aus dem vorderen Ende sind durchschnittlich
grösser und mehr von jener knochenförmigen Gestalt, die aus dem hinteren Ende kleiner und mehr gerade
ohne die knotigen Auswüchse. Uebrigens beobachtete ich ähnliche Verhältnisse bezüglich der Ungleichheit
der Stärkeform an verschiedenen Enden des Rhizomgliedes bei Iris.
6) Das nächstfolgende Internodium noch länger, dünn, nicht mehr so fleischig als jenes, trägt
einen 20 cm langen Seitentrieb. Die Stärkekörner haben an Grösse abgenommen, im Mittel 0,035 mm
dick, nur ausnahmsweise 0,07 mm; die knochenförmigen Auswüchse fehlen, die Höhlen sind sehr rissig,
gleichsam ein rissiger Kegelmantel, dessen Spitze der Kern ist, zum Theil mit einer weiten unregelmässigen
Höhle, zum Theil sogar an einem Ende wie abgefressen. Es scheint demnach also eine Auflösung von
aussen (Verminderung der Grösse, Verschwinden der Auswüchse) und von innen (Risse, Höhlung) statt-
zufinden.
7) Das nächstältere Internodium hat in seinem Hinterende Körmer von 0,007—0,025 mm Durch-
messer, alle sind rund und beckenförmig, sehr häufig sind sie aus 2—3 zusammengesetzt. Die längliche
Form scheint zu fehlen; rissig, doch weniger stark als beim vorhergehenden. Am andern Ende ausserdem
auch grosse längliche, aber stark von innen und aussen angefressene Körner.
Wenn sich diese Beobachtungen verallgemeinern lassen sollten, so würde man also eine Zunahme
der Grösse der Amylumkörner bis ins fünfte Internodium folgern, worauf dann wieder eine Grössen-
abnahme in den noch älteren Internodien stattfände. Dies würde jedenfalls gut zusammen stimmen mit
der obigen Angabe einer Zunahme des Amylums überhaupt bis zum fünften Glied. Allein ich habe nicht
Gelegenheit gehabt, das Verhalten des Amylums an einer grösseren Zahl von Rhizomen zu studieren, und
es ist daher doch noch die Möglichkeit vorhanden, dass jene Angaben individuellen Schwankungen
unterliegen.
3. Das Rhizom im Ruhezustand.
Im Ganzen nimmt die Länge der Internodien am Hauptrhizom von hinten nach vorn ab, nämlich
von 5 dem bis zu weniger als 2 cm; in demselben Verhältniss (mit Ausnahme der jüngsten Internodien)
nimmt die Dicke zu, d. h. die Gestalt nähert sich nach vorn immer mehr der Knollenform. Alle Inter-
BP:
nodien sind an beiden Enden stark verdickt, im mittleren Verlauf mehr oder weniger verschrumpft, doch
kommt es vor, dass die hintersten Internodien weniger eingeschrumpft sind. Im Allgemeinen darf ange-
nommen werden, dass die Verdickung während des Wachsthums des betreffenden Internodiums gleichzeitig
mit der Amylumanhäufung stattgefunden hat, und dass ein Internodium oder eine gewisse Parthie eines
Internodiums, welches zur Zeit, wo bereits reichlich Amylum vorhanden ist, cylindrisch und unverdickt
ist, — dies auch für die Folge dauernd bleibt und sich nicht etwa noch durch weitere Amylumanhäufung
nachträglich verdickt; — ferner, dass die verschrumpfte Beschaffenheit des mittleren Theils des Inter-
nodiums immer ein secundärer, erst durch nachträgliche Wiederauflösung eines Stärkevorraths bedingter
Zustand ist.
Die Frage ist, zu Gunsten welcher Neubildung diese frühzeitige Auflösung der gebildeten Reserve-
masse stattfindet? Im Frühjahr natürlich für die Entwicklung neuer Triebe. Wenn sich jedoch im
November solche Internodien fanden, deren mittlere Parthie durch Aufsaugung der Stärke eingeschrumpft
war, so muss dies durch Neubildung anderer Art geschehen sein, nämlich nicht für die Anlegung der
unmittelbar in Vegetation tretenden Triebe, sondern für ein nachträgliches, im Herbst, nachdem bereits
das Ruhestadium eingetreten war, erwachendes Wachsthum, welches durch besondere Umstände hervor-
gerufen war, dessen Produkte jedoch selbst sofort in den Ruhezustand eintraten. Auffallend ist, dass im
November stets die mittlere Parthie eines jeden Internodiums, im Januar dagegen stets die hintere.Parthie
jedes Rhizomgliedes und zwar besonders der hinteren, oder auch die hinteren Internodien ihrer ganzen
Länge nach aufgesogen waren.
Die Auflösung des Amylums besteht theils in einer Verkleinerung der Körner, also von aussen
nach innen, theils vorzugsweise in einer Auflösung von innen nach aussen durch Erweiterung der inneren
Höhle. Im Stengeldurchschnitt schreitet die Resorption des Amylums von der Peripherie nach dem
Mark hin fort.
In Beziehung auf die Menge und Vertheilung des Amylums im Hauptrhizom ergiebt sich, dass
die erstere in den obersten Internodien geringer als in den folgenden, in den übrigen innerhalb der soliden
Theile gleich gross ist, nämlich alle Parenchymzellen erfüllend, während sich das Amylum der obersten
Internodien am reichlichsten in der Region der Lufthöhlen findet. Wo aber das Amylum im mittleren
Verlauf des Internodiums wieder aufgelöst wird, da geschieht es, wie gesagt, zuerst in dem periphe-
rischen Gewebe. >
Bezüglich der Grösse der Körner zeigt sich etwa in den drei vordersten Internodien eine Zunahme
dann weiter nach hinten eine geringe Abnahme. Zwischen dem vorderen und hinteren Ende eines jeden
Internodiums besteht der Unterschied, dass die Körner des ersteren im Ganzen wohl etwas grösser sind.
In einer und derselben Höhe, d. h. auf demselben Querschnitt, dessen Zellen alle mit Amylum erfüllt
sind, sind die Körner in den peripherischen Zellen ungefähr in demselben Maass kleiner als die der
mittleren, wie auch die Grösse der Zellen von aussen nach innen zunimmt, so dass die Zahl der Körner
in den Zellen im Ganzen immer dieselbe sein mag. In der Gestalt der Körner habe ich im Verlauf des
Rhizoms keine Verschiedenheit bemerkt.
An der Ausbildung des Rhizoms als Nahrungsbehälter betheiligen sich auch die Blätter- und
Blüthenstiele; denn der Blattstiel des noch nicht entfalteten Blattes am obersten Internodium ist oft ganz
mit Amylum erfüllt und zwar gleichmässiger als im Internodium selbst, die Stärke ist jedoch kleinkörniger,
—_— 9 —
repräsentirt also die Beschaffenheit der untersten Internodien innerhalb der Endknospe des Seitentriebs ;
— bei den entwickelten Blättern und Blüthenstielen der unteren Internodien findet Auflösung des
Amylums statt und zwar in stärkerem Grade als in dem entsprechenden Internodium selbst; denn
an dem Blattstiel und Blüthenstiel des zweiten Internodiums von hinten ist nur noch die Basis
mit Amylum erfüllt, der ganze übrige Theil aber verschrumpft und aufgezehrt. Dass sich
hier das Amylum zuletzt nur noch in der Umgebung der Gefässbündel erhält (Amylumkappen), ist eine
Bestätigung dafür, dass die Amylumkappen nicht sowohl die Bedeutung von Leitungsgewebe (Sachs), als
vielmehr von Reservestoffbehältern besitzen, in denen sich das Amylum am festesten erhält.
Manche Triebe nähern sich auch während der Ruheperiode durch ihre dünne, gleichmässig
eylindrische Axe mehr dem vegetativen Stadium des Rhizoms, gleichwohl tragen auch sie dann entschieden
den Charakter des Ruhezustandes an sich, wie man an der Anhäufung von Amylum erkennt. Diese Triebe
unterscheiden sich dann in folgenden Punkten von den knollig verdickten:
1) Das oberste freie Internodium enthält Amylum in allen Parenchymzellen reichlich, jedoch in
der Peripherie reichlicher als im mittleren Gewebe, während im obersten Internodium der knolligen Axe
das Amylum in der Region der Lufthöhlen am reichlichsten, dagegen in der peripherischen und centralen
Parthie spärlicher enthalten ist.
2) Die Grösse der Amylumkörner dieses obersten Internodiums ist geringer als die der anderen,
sowie auch der knollig verdickten. In den älteren Internodien nimmt die Grösse zu, hierin verhält sich
also das oberste Internodium ähnlich wie der oben besprochene Stiel des noch unentwickelten Blattes.
3) Ein Hauptunterschied ist, dass sich die Internodien der ganzen Länge nach mehr gleichmässig
verhalten, nämlich im mittleren Verlauf keine Einschrumpfung und auch in der Structur der Amylum-
körner kein Zeichen der Auflösung zeigen. Auffallend ist aber, dass die Körner, wie es scheint, im
vorderen Ende des Internodiums allgemein etwas kleiner sind als im Hinterende, während es sonst
umgekehrt ist.
4) Das Amylum ist in den untersten Internodien des Seitentriebs reichlicher als in den den
letzteren erzeugenden Internodien des Haupttriebes, vielleicht weil in dem letzteren bereits die Auflösung
stattgefunden hat.
5) Das unterste Internodium innerhalb der Knospe ist bereits mit Amylum dicht erfüllt, woraus
wir sehen, dass in der Entwicklung des Triebes das Amylum nicht erst local auftritt und sich allmählich
über das ganze Gewebe verbreitet, sondern, dass die Localisirung in den obersten freien Internodien bereits
durch Wiederauflösung des Amylums in gewissen Parthien entstanden ist, womit aber zugleich eine Ver-
grösserung der Körner verkunden ist.
4. Das Rhizom im Ruhezustand und während der Vegetation.
Das Rhizom während der Vegetationszeit unterscheidet sich vom ruhenden durch die rein eylindrische
Form, durch den Mangel an fleischiger Entwicklung und knoiliger Verdiekung.
Vor Allem unterscheiden sich beide Stadien bezüglich der Grösse, Menge und Vertheilung der
Amylumkörner. Ihre Grösse ist im Sommerstadium durchweg viel geringer als im Winter, desgleichen
die Menge, von der eigenthümlichen Vertheilungsweise im Sommer ist im Winter nichts zu sehen, und
BET Ver
insofern hier eine Ungleichheit vorkommt, erscheint sie in ganz anderer Art als im Sommer, namentlich
zeichnen sich im Winter die Umgebungen der Gefässbündel nicht vor dem benachbarten Parenchym
aus, sondern die Ungleichheit zeigt sich nur zwischen den verschiedenen Parenchymschichten des
Stengels.
Nur darin zeigt sich eine gewisse Uebereinstimmung, dass die Amylummenge von der Spitze des
Rhizoms bis zu einem gewissen Internodium zunimmt und von da abnimmt, jedoch tritt das Maximum bei
dem Winterstadium bereits viel weiter nach oben auf, während sich im Sommer die Zunahme über circa
vier Internodien ‘erstreckt.
Auch im Sommerrhizom hat das Amylum die Bedeutung eines Reservestoffes, aber nur rasch
vorübergehend, es ist beständig in Auflösung und Wiedererzeugung, im Winter dagegen mehr in fester
Ruhe, obgleich nicht in dem Grade wie bei anderen Rhizomen oder Knollen; denn schon im November,
während noch lebende Blätter vorhanden waren, sah ich in der Mitte der Internodien eine Auflösung, dann
findet aber kein Ersatz statt.
Das Rhizom wurde in vier verschiedenen Stadien untersucht, nämlich:
1) Das Sommerstadium,
2) Das Rhizom im November,
3) Der Seitentrieb im November,
4) Das Rhizom im Januar.
Zwischen den drei letztgenannten fand ich mehrfache, zum Theil unerklärbare Abweichungen;
möglich ist es übrigens, dass dieselben auf specifischer Verschiedenheit beruhen, und dass die Rhizome
Nelumbium speeiosum vesp. N. codophyllum angehören, denn beide wuchsen derart durch einander, dass man
die Rhizome zum Theil nicht sondern konnte. Uebrigens stimmen jene drei Stadien doch darin überein, dass
es Ruhe- und Reservezustände sind, während das Sommerstadium zwar ebenfalls nicht wie das Blatt
eigentlich vegetativ, d. h. assimilirend ist (wenigstens gilt dies für die unterirdischen Sommerrhizome),
während die schwimmenden bei ihrer grünen Beschaffenheit wohl auch wie die Blätter assimiliren.
Jedenfalls findet hier keine dauernde und einmalige Aufspeicherung statt, sondern das Amylum wird,
nachdem es von den Blättern (beziehungsweise von den Rhizomen selbst) erzeugt worden ist, hier, zum
Theil wenigstens, wieder aufgelöst.
Die Unterschiede zwischen den drei Formen des ruhenden Rhizoms sind nur relativ. Zum Theil,
namentlich in Bezug auf Länge und Dicke der Internodien, beruhen sie ohne Zweifel auf den äusseren
Umständen, unter welchen die Entwicklung dieser Internodien stattfand, und welche zugleich die Umbildung
derselben zu Nahrungsbehältern bedingten. Wenn das Internodium bereits fertig angelegt und
ausgewachsen war, als das Ablagerungs- und Verdickungsgeschäft eintrat, so bleibt es lang, dünn
und gleichmässig eylindrisch, und es findet nur eine Ausfüllung des Parenchyms mit Amylum statt. Die-
jenigen Internodien dagegen, welche bei erfolgender Ablagerung des Amylums noch in der Anlegung be-
griffen sind, werden zugleich fleischig verdickt und bleiben verkürzt. Mit anderen Worten: ein Rhizom
kann in jedem Augenblick und in jedem Wachsthumsstadium in den Ruhezustand versetzt werden.
Namentlich hängt diese Katastrophe nicht mit einem gewissen Entwicklungsstadium der Blätter zusammen.
Wir finden an den zum Perenniren eingerichteten Internodien theils abgestorbene, theils ausgebildete
vegetirende, theils unentfaltete Blätter und Blüthen; insofern ist das Rhizom im Stadium des Ruheeintritts
in ununterbrochener Vegetation, mit offenem Wachsthum, wenn auch das perennirende Rhizom stets mit
einer geschlossenen Knospe endigt, weil das Rhizom auch während der Vegetationsperiode stets mit einer
geschlossenen Knospe abschliesst.
Neben den verschiedenen Modi des Perennirens, nämlich:
1) mit einjährigen, krautartigen Ausläufern, welche auch ohne Reservestoff-Aufspeicherung durch
Bewurzelung und Sprossung während des Zusammenhangs mit der Mutterpflanze ein Perenniren des
Individuums bedingen;
2) mit perennirendem Rhizom, beziehungsweise holzigem Stamm;
3) mit Knollen;
bildet die Art und Weise des Perennirens von Nelumbium einen besonderen Fall, welcher zwischen dem
zweiten und dritten der eben, angeführten steht. Denn das Rhizom von Nelumbium unterscheidet sich von
den gewöhnlichen perennirenden Rhizomen, z. B. von dem von Nymphaea
1) dadurch, dass das Stadium des Stillstands nicht mit einer besonderen Blattmetamorphose
(Niederblattbildung) begleitet ist, wodurch das Wachsthum auch morphologisch abgeschlossen erscheint,
sondern wie eine einjährige Pflanze morphologisch offen bleibt,
2) dadurch, dass dasselbe nur einen Winter hindurch zum Perenniren dient, indem es nachher
abstirbt und die Ablagerung von Reservestärke sich nicht periodisch in jedem Jahre wiederholt. In dieser
letzteren Beziehung stimmt das Rhizom überein mit den Knollen, unterscheidet sich aber von diesen
theils durch den Mangel an morphologischem Abschluss, theils dadurch, dass nicht besondere Triebe oder
Internodien, sondern das ganze Rhizom mit allen Internodien, ja sogar mehr oder weniger der Blüthen-
und Blattstiel als Reservebehälter fungirt.
Es ist mir kein anderes Beispiel im Pflanzenreich für diese Art des Perennirens bekannt;
vielleicht gehört hierhin Victoria regia, sotern dieselbe, wie angegeben wird, in ihrem Vaterland
perennirt.
Sehen wir von obigen Unterschieden ab, so zeigt das Rhizom von Nelumbium am meisten Aehn-
lichkeit mit den Knollen. Der Knollencharakter ist noch nicht scharf ausgeprägt, das zeigt sich auch
darin, dass der Unterschied zwischen Knollen, welche durch Umwandlung einer Axe, die bereits vegetirt
hat, entstanden sind (Colchieum, Arum, Crocus) und solchen, welche durch Ausbildung als Nahrungs-
behälter aus einer Axe entstanden sind, deren vegetativer Theil sich erst in der Folge auf Kosten des
Nahrungsvorrathes entwickeln wird (Örchis) — mit anderen Worten: dass der Unterschied zwischen
Knollen, deren vegetativer Trieb aus einer seitlichen Knospe (Colchicum) und solchen, deren
vegetativer Trieb aus einer endständigen Knospe (Orchis) hervorgehen, hier noch nicht zu Tage tritt.
Vielmehr finden sich beide Fälle bei Nelumbium noch vereinigt, nämlich der erstere in den unteren
Internodien mit seitlichem Triebe, der zweite in den obersten Internodien, welche die endständige Knospe
tragen und welche während ihrer Anlegung, also vor der vegetativen Thätigkeit (mit entfalteten Blättern)
fleischig verdickt und verkürzt geblieben sind und am meisten die Knollenform haben, wohingegen die
hinteren Internodien vegetirt haben und am wenigsten das knollenfürmige Ansehen besitzen und nur durch
die innere Ansammlung von Amylum mit den Knollen übereinstimmen.
Wigand-Dennert, Nelumbium speciosum W, 9
Fig.
1.
2.
3.
4.
d.
6.
e
8.
9.
10.
tlg
12.
13.
14—
17.
18.
19.
20.
Erklärung der Figuren (zum Theil nach Wigand’s Handzeichnungen.)
NB. Die Bezeichnungen Ni, Ns und Nb, fl und f ergeben sich aus dem Text.
Tafel I.
Junge Keimpflanze noch mit den Resten des Samens: i= epicotyledonisches Internodium; Fı
und Fe = erste Blätter; gt =Knospe zwischen beiden.
Keimpflanze mit den ersten 4 Blättern: A = Hauptaxe.
Knoten mit den verschiedenen Blatt- und Axenorganen: x = Schnittfläche des Rhizoms Rh,
W = Nebenwurzeln; v = Scheide; o =-Rand derselben.
Knoten von der Seite: Jı und Ja = Internodien; 0 = Ochrea ; g = Axillarknospe.
Knoten von oben gesehen: at = Asxillartrieb.
Schema der Stellung und Deckung der Blätter: Tk = Terminalknospe; Ak = Axillarknospe.
Schematische Darstellung des im Text angenommenen Gesetzes der Axen: aı—as = 3 verschiedene
(Haupt-) Axen; axt = Axillartrieb.
A. bis C. Schemata der drei bei den Stellungsverhältnissen des Axillartriebes vorkommenden
Fälle: F = Mutterblatt; Fı = erstes Laubblatt des Axillartriebes.
Blatt von der Unterseite, die Nervatur ist nur theilweise ausgezeichnet.
Centralfleck der Oberseite: hm = Hauptmediannerv.
Tafel 1.
Der Hauptmediannerv und seine Verästelung.
Gabelung und Verästelung eines Hauptnerven (letztes Drittel).
Die reife Frucht: st = Ueberrest des Griffels; x = Höcker.
16. Der Samen von aussen und im Längsschnitt.
Der Samen im Querschnitt.
Die Plumula von vorn.
Die Plumula von der Seite: i= epicotyledonisches Stengelglied; Fı und Fr = erste Blätter;
g = Knöspchen.
Querschnitt durch eins der ersten Blättchen.
21—23. Entwicklung der Terminalknospe: a—= Anlage von Ns; b= Anlage von F; pv = puncetum
vegetationis.
Fig.
Fig.
II)
>
ot
vw vo w
Dun Be)
xD
=
30.
31.
32.
33.
34.
36.
42
46.
47.
48.
49.
Junges Laubblatt mit schon ausgebildeter Ochreaanlage und der Anlage zur Blüthe fl.
Spitze eines noch jüngeren Laubblattes, Bildung der Lamina.
Anlage der Niederblattorgane einer Axillarknospe.
und 28. Junge Blüthenanlage: pı—ps die ersten Blumenblätter ; t = Centraltheil der Axe.
Eine etwas ältere Blüthe: m= Rand der Scheibe, auf welcher bei t die jungen Staubfäden
sichtbar werden und in deren Centrum bei r sich das Receptaculum ausbildet; p = Blumen-
blätter.
Junge Anthere von vorn (innen).
Dieselbe von der Seite.
Dieselbe von hinten (aussen).
Junge Blüthe mit säulenförmigem Receptaculum nach Entfernung der Blumenblätter und Staub-
fäden.
Junges Pistill.
Tafel III.
Etwas älteres Pistill.
Noch älteres Pistill.
Dasselbe im Längsschnitt.
Pistill, fast reifes Stadium.
Reifes Pistill.
Dasselbe im Längsschnitt.
Die anatrope Samenknospe.
und 43. Junger Embryo von der Seite und von vorn.
Isolirte Plumula.
Vegetative Knospe im Längsschnitt: Tkı und Tkıı = Terminalknospen erster und zweiter
Ordnung; Akı und Akıı = Axillarknospe 1. und 2. Ordnung; die übrigen Zeichen sind von
selbst verständlich, die Schattirung bezeichnet cambiales Gewebe.
Die verschiedenen im Text beschriebenen Typen von Gefässbündeln, schematisch.
Tafel IV.
Querschnitt durch das Rhizom, stark vergr.; in einzelnen Bündeln sind die Ordnungen der
betreffenden Kreise bezeichnet.
Einzelnes Gefässbündel.
Darstellung der Wurzelbildung.
9*
Fig. 50.
al
„ 3.
2. #53.
n„ 9.
n„ 5.
„96:
Ay
Fig. 58.
459
„ ©.
A
„062:
n
4.69:
66:
61:
„ 68.
69.
Tafel V.
Schematische Darstellung des Blattstielquerschnitts: ı—ls = Luftkanäle; a—dı = Gefässbündel ;
cf. Text.
Epidermis der Blattoberfläche von oben: A = kegelförmige Warze.
Querschnitt durch die Blattfläche, etwas schematisirt: es= obere; ei= untere Epidermis;
A — kegelförmige Warze; st = Spaltöffnung ; p = Pallisadenzellen; m = Parenchym; L = Luft-
kammern; s—= deren Scheidewände; K = Krystalldrusen.
Zellen der unteren Epidermis von der Fläche gesehen.
Epidermiszellen des Mittelfeldes.
Luftkammer des Blattes.
Zellen der Luftkammerscheidewände von der Fläche.
Etwas schematischer Querschnitt durch die Hauptader an der Basis.
Tafel VI.
Querschnitt durch die Hauptader in der Mitte des Blattes; die Bedeutung der Buchstaben ergiebt
sich aus dem Text.
Schematische Darstellung der Verzweigung der Luftkanäle lı und le am Uebergang des Blatt-
stiels in die Spreite: Iı = ursprünglicher Kanal; } = einer von dessen Zweigen erster Ord-
nung, der sich in zwei Zweige zweiter Ordnung 1!" theilt; A= Ader; Z= Zwischengewebe der
Lamina.
Versuch einer schematischen Darstellung der Verschlingung und Abzweigung der Gefässbündel
an der Insertion der Lamina: I= erste Verschlingung (der peripherischen Bündel); II = zweite
Verschlingung (der centralen Bündel); III = Knoten auf der Unterseite; Iı und le = Kanäle;
a und b= deren Theilkanäle; bk = Blindkanäle von Is und Is.
Junges Pistill im Längsschnitt: das Schattirte bezeichnet luftführendes lockeres Gewebe.
Narbenfläche im Längsschnitt.
63 und 64. Receptaculum im Längs- und Querschnitt.
Dasselbe (64) stärker vergrössert.
Scheitel der jungen Frucht im Längsschnitt, an der Stelle des Höckers x: 1—6 — Zunahme der
Epidermiszellen; ab = Pallisadenschicht; 1= Lichtlinie; o = lockeres, krystalldrusenhaltiges
Gewebe unter dem Höcker; m und n= Chlorophyll enthaltendes Gewebe; p = Gewebe mit
Amylum.
Querschnitt durch die Pallisadenschicht der Fruchtwand.
Dasselbe in der Höhe der Lichtlinie.
Querschnitt durch die reife Fruchtwand, stark vergr.: e= Epidermis; p = Pallisadenschicht;
| = Lichtlinie; m = stark poröse hornartige Schicht; n = verdickte collenchymatische Schicht;
o—= dünnwandiges Parenchym; s= Gewebe des Samens.
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X, Verlag von Theodor Fischer in Cassel. EN,
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Bibliotheca botanica.
Original-Abhandlungen aus dem Gesammtgebiete der Botanik,
herausgegeben von
Dr. 0. Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein in Cassel.
Inhalt der einzelnen Hefte:
I. Band.
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Herausgegeben unter Mitwirkung zahlreicher Gelehrten
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Dr. Oscar Uhlworm en Dr. W. J. Behrens
in Cassel in Göttingen
Zugleich Organ des Botanischen Vereins in München, der Botaniska Sällskapet
i Stockholm, der Gesellschaft für Botanik zu Hamburg, der botanischen Section der
Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur zu Breslau, der Botaniska
Sektionen af Naturvetenskapliga Studentsällskapet i Upsala, der k. k. zoologisch-
botanischen Gesellschaft in Wien und des Botanischen Vereins in Lund.
Abonnement für den Jahrgang (4 Bände in 52 Nrn.) mit 28 M. durch alle Buchhandlungen
und Postanstalten.
Druck von Gebr, Gotthelft In Kassel,
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Abhandlungen
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_ dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
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Dr. Oskar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein.
(Heft, No. 12.)
Stenzel, &. Dr.: Die Gattung Tubicaulis Cott ı.
Mit 7 Tafeln.
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Verlag von Theodor Fischer
1889.
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dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
Dr. Oskar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein.
(Heft No. 12.
Stenzel, &. Dr.: Die Gattung Tubicaulis Cotta.
Mit + Tafeln.
&
A
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G
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NN
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CIRISSIEET:,
Verlag von Theodor Fischer
ISS0,
Die
Gattung Tubicaulis Cotta.
Bearbeitet
Dr eustax Stenzel erst,
Oberlehrer am Realgymnasinn am Zwinger zu Breslau.
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
1889.
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Inhalts -Verzeichniss.
Einleitung ee ae Vene ae Be we a ae
Sklerenchymgewebe im Stamme der Fame. . 2. 2 2 nn mm
Dauer der Blattstielreste; Blattnarben . . 2 2 2 nn mn ne
Verdiekung des Blattstielgrundes . oo 2 2 nn none nn
Dicke von Blattstielen und Stamm . 2 2 2 nn nenne
hal bu nie aaa Ban tr dee Ne
NOTEN I tOS een 7
Der unstreitig aufrechte, walzenrunde Stamm, dessen Aussentläche in Fig. 27 durch dunklere
Umgrenzung (s, 5‘) etwas hervorgehoben ist, war — die Blattkissen abgerechnet — 3\s bis 4em dick und
von einem mittelständigen Gefässbündel durchzogen, dessen eigenartiger Querschnitt Cotta wohl zu
dem freilich nieht sehr glücklich gewählten Artnamen „ramosus“ ‚Anlass gegeben hat, den wir gleiehwohl
als den älteren beibehalten. Das Gefässbündel ist nämlich so tief gefurcht, dass es eigentlich mehr als
eine Anzahl von 5—6 in der Mitte zusammenfliessenden millimeterdieken Platten erscheint, welche den
Stamm senkrecht durchlaufen und nach aussen meist selbst wieder durch immer noch ziemlich. tiefe
Furehen in 2—4 auseinandergehende kurze plattenförmige Rippen gespalten sind, so dass in dem etwa
1'/scm im Durchmesser haltenden Umfange ungefähr 14 ziemlich gleichmässig vertheilte vorspringende
Kanten liegen, von denen die Blattgefässbündel ausgehen. Diese vorspringenden Rippen mögen hier
oder da verschmelzen oder sich wieder in mehrere spalten; dass sie aber eine ganze Strecke weit senk-
recht herablaufen, kann man daraus schliessen, dass die Zahl und Anordnung namentlich der von der
Mitte ausgehenden Hauptrippen auf beiden Seiten derselben Platte im Wesentlichen übereinstimmt, wie
das auch bei der im Stammbau ganz übereinstimmenden A. laxa der Fall ist. Auf dem Querschnitt
des Freiberger Stücks, Fig. 27, ist das Gefässbündel vollkommen erhalten, überall scharf gegen die Rinde
abgegrenzt; auf der anderen, vermutlich oberen, Fläche, Fig. 28, sind mehrere der Hauptäste schon stark
zusammengeschwunden und verbogen, offenbar weil diese Stelle bereits eine fortgeschrittene Vermoderung
erfahren hatte, wie es wohl mit den jüngeren, noch zarteren Theilen des Stammes geschehen konnte.
An der, wohl noch näher der Stammspitze entnommenen Scheibe im Dresdener Museum ist endlich das
ganze Gefässbündel (Fig. 29) noch stärker verändert; die Hauptplatten hängen in der Mitte nicht mehr
zusammen, alle sind zu moderigen Streifen eingeschwunden, obwohl sie ihre Lage noch beibehalten zu
haben scheinen, Hier ist auch der wohl vor der Verkieselung schon ausgefaulte Raum um sie her
grossentheils mit krystallinischem Quarz erfüllt, und der Umfang der schon mehr oder weniger durch
!) Auser den sinnstörenden Druckfehlern in diesem Abschnitt, welche am Schluss des Werkes bereits verbessert sind,
ist noch S. 42, Zeile 6 v. u. statt: Aeste zu lesen: Reste.
Be
Verwesung veränderten Stelle, welcher nieht gerade mit dem Umfang des Stammes zusammenfällt, moderig
braun gefärbt.
Die Hauptmasse dieses Gefässbündels wird von einem gleiehförmigen Gewebe, wohl von Tracheiden
gebildet, welche wie gewöhnlich von etwas verschiedener Grösse ohne erkennbare Ordnung eng aneinander
schliessen ohne dazwischen eingeschobene Parenehymbänder, nur im Umfange in einige Reihen besonders
kleiner Tracheiden übergehend.
In der Mitte ist fast immer ein schmaler dunklerer Streifen zu erkennen, welcher sich an den
Gabelungen der Gefässplatten ebensfalls gabelig theilt und in jede hineinzieht, aber im Innern der ab-
gerundeten Enden aufhört. Man würde geneigt sein, denselben nur einer Schicht kleinerer Tracheiden
oder selbst zufälligen Färbungen des Gesteins zuzuschreiben, wenn er nieht an die Parenchymplatten im
Stammgefässbündel von Anachoropteris und Zygopteris (Taf. VII, Fig. 56 m, 64 m) erinnerte, welche sehon
als ein schwach entwickeltes Mark betrachtet werden müssen.
Von den äussersten Kanten des Gefässbündels gehen zahlreiche Bündel ab, um sich durch die,
vom Umfang des Gefässbündels aus noch 1—1V/sem dicke, aus gleichförmigem, dünnwandigem Gewebe
ohne Sklerenehymplatten gebildete Rinde nach den Blättern zu begeben. Man kann sie auf dem Quer-
schnitt in allen Stufen der Ausbildung verfolgen. Beim Aufsteigen werden die anfangs fadenförmigen
Blattbündel langsam breiter, und das sie umgebende Gewebe nimmt schon in der Mitte der Rinde
eine etwas veränderte Beschaffenheit an, so dass es nach dem Umfang derselben hin sehon deutlich gegen
das Rindengewebe abgegrenzt ist, obwohl es noch stetig in dasselbe übergeht. Der auf diese Weise
sehon vollständig vorgebildete Blattstiel tritt endlich aus dem Stamme aus, dessen Aussenfläche durch die
Blattpolster bis auf schmale Streifen bedeckt ist.
Die Blattstiele stehen dieht gedrängt rings um den Stamm, in 28 ziemlich radialen, wenn
auch zuweilen, wie bei s® und b Fig.27, etwas gestörten Reihen, so dass je 2 von einer der Rippen im Um-
fange des Stammgefässbündels ausgehen würden. Jede Reihe besteht aus 4—6; ein Querschnitt hat also
mehr als 120 Blattstiele getroffen. Diese sind schon bei ihrem Ursprunge sem diek, rundlieh, durch
gegenseitigen Druck stumpfkantig und wenigstens so diek, wenn wir so die Ausdehnuug von innen nach
aussen bezeichnen , wie breit, mit einem ganz schmalen, bandförmigen, platten Gefässbündel (Fig. 30)
mit etwas verdiekten Rändern , innerhalb deren sich ein Fleckchen erkennen lässt, dessen Zellen nach
innen rasch kleiner, in der Mitte sehr klein werden und dadurch an die Blattbündel von Asterochlaena
kirgisica (Taf. IV, Fig. 44) u. a. erinnern. Bald verbreitern sich die Blattstiele etwas, die stärker gewölbte
Aussenfläche bildet mit der flacheren Innenfläche beiderseits eine abgerundete, seltener stumpfe oder
selbst scharfe Kante, das mittelständige oder etwas nach innen gerückte Gefässbündel wird breiter band-
förmig, schwach rinnenförmig, die hohle Seite, wie bei den lebenden Farnen, dem Stamme zugewendet
(Fig. 31, 32). Diese langsame Verdiekung des Blattstiels bis zur Breite von lem setzt sich bis zu dem
absterbenden Ende des stehenbleibenden Blattstielgrundes fort, auf einem Querschnitt bis zu den äussersten,
durch 4—5 Kreise jüngerer Blattstiele vom Stamme getrennten, halb vermoderten Resten.
Anch diese Blattstiele geben, wie die der A. dubia, seitlich einzelne dünne Zweige, wohl Fieder-
stiele ab, welche zwischen den eng an einander gedrängten Blattstielen in geringer Zahl nebst ähnlichen,
wohl Wurzeln darstellenden Bildungen angetroffen werden.
Stenzel, Die Gattung Tubicaulis Cotta.
=
3. Asterochlaena laxa n. sp. — Taf. IV, Fig. 33—37.
A. truneo erasso erecto herbaceo, fascieulo centrali tenui longitudinaliter profunde suleato, suleis
latis sinuosis, eostis ipsis profunde sulecatis, tascieulo transversim seisso stellato radiis ramosis, petiolis
paucioribus distantibus, ascendentibus sensim attenuatis, compressis, fascieulo vasculari
centrali faseiaeformi leviter canaliculato cavitate truneum speetante percursis.
Tubicaulis ramosus Cotta p. p. (Asterochlaena Cottai Corda) der Sammlungen in Berlin, Chemnitz,
Breslau; Göppert, Flora d. permischen Formation S. 41—43, Taf. VIII, Fig. 1; IX, Fig. 1,3, b.— Sterzel,
Erläuterg. z. Sect. Stollberg-Lugau S. 167.
Im mittleren Rothliegenden von Flöha und von Hilbersdorf bei Chemnitz in Sachsen; bei Neu-
Paka in Böhmen.
Die am vollständigsten erhaltenen Stücke sind die, Taf. IV, Fig. 35, 34 abgebildete Scheibe,
welche, von Cotta herstammend, jetzt aus der Schreekenbach’schen Sammlung in das städtische Museum
in Chemnitz übergegangen ist, und der Abschnitt in der Cotta’schen Sammlung im Museum der Berliner
Universität. Beide können recht wohl von demselben Stücke geschnitten sein. Verschieden von beiden
ist das Fig. 35, 36 dargestellte Stämmehen aus dem städtischen Museum in Chemnitz und das ihm in
der Erhaltung ähnliche, sonst aber abweichende Göppert'sche Stück, abgebildet in der Flora der permischen
Formation Taf. VIII, Fig. 1, IX, Fig. 1, jetzt im mineralogischen Museum der Breslauer Universität.
Schon durch die Versteinerungsmasse abweichend ist das Stück in der Sammlung des Fabrikbesitzers
Leuckart in Chemnitz und endlich das in der k. k. geologischen Reichsanstalt in Wien befindliche
neuerdings bei Neu-Paka in Böhmen aufgefundene, dessen Versteinerungsmasse der für viele Pflanzenreste
dieses Fundorts bezeiehnende röthlich-graue Kiesel ist.
Die Art stimmt mit der vorigen so sehr überein, dass die zu ihr gehörigen Stücke nach dem Vorgange
Cotta’s bisher zu dessen Tubicaulis ramosus (Asterochlaena Cottai Corda) gerechnet worden sind. Wir
werden uns daher auf die Darstellung des derselben eigenartigen beschränken können. So zeigt der
Stamm im Querschnitt (Fig. 33, 35) fast den gleichen Bau, nur dass die Rippen sich schon nahe ihrem
Ausgangspunkt und öfter einseitig theilen, so dass der Gefässstern weniger regelmässig ausgebildet ist.
Die Zahl der auslaufenden Kanten, von denen Blattbündel ausgehen, beträgt hier auch nur 10—11,
obwohl der Stamm ebenfalls 3—4em diek ist. Im Umfange lassen die Blattkissen bei ihrer weniger
gedrängten Stellung mehr und breitere Zwischenräume frei, namentlich für den Austritt starker Neben-
wurzeln (Fig. 33, w, w), deren Spur sich mehrfach ziemlich weit durch die Rinde nach dem Stamm-
gefässbündel hin verfolgen lässt, von dem sie unstreitig ihren Ursprung nahmen. Nachdem sie die Rinde
ziemlich wagerecht durchlaufen, mögen sie sich abwärts gewendet haben und manche der grösseren rund-
lichen Gebilde zwischen den Blattstielen (Fig. 33, w‘) sind gewiss quer durehschnittene Wurzeln.
Entsprechend der geringeren Zahl auslaufender Rippen des Stammgefässbündels und der weniger
gedrängten Stellung der Blattkissen stehen die Blattstiele nicht wie bei der vorigen Art in 28, sondern
nur in 21—22 radialen Reihen um den gleich dieken Stamm, und jede Reihe zählt nicht wie dort
4—5, sondern nur 2—3, selten mehr Blattstiele, so dass ein Querschnitt nieht wie dort 120, sondern
nur 40—50 derselben trifft. Dabei stehen diese nicht nur seitlich, sondern auch von aussen nach innen
so viel weiter von einander ab, dass ich von diesem in die Augen fallenden Merkmale den Artnamen
— ie
hergenommen habe. Aehnliche Verschiedenheiten finden sich wohl auch bei lebenden Farnen. Bei dem
Querschnitt eines besonders starken Stockes von Athyrium Filix-femina von Schreiberhau im Riesengebirge,
Tat. II, Fig. 14, stehen die Blattstiele ebenfalls gedrängter, als bei der gleichfalls kräftigen Pflanze Fig. 15,
und er trifft etwas mehr Blattstiele (etwa '/s mehr), als dieser. Aber der zweite Stock ist doch erheblich
schwächer als der erste und, was wichtiger ist, diese Verschiedenheit übt auf die Gestalt der Blattstiele
keinen Einfluss aus. Bei Asterochlaena lawa dagegen haben diese schon bei ihrem Ursprunge aus dem
Stamme oder ganz nahe über demselben ihre grösste Dieke und nehmen dann rasch an Durchmesser ab,
während bei A. ramosa die Dieke des Blattstiels von seinem Ursprunge bis zu der Gegend, wo der obere
Theil später abstirbt und vermodert, erheblich zunimmt, nieht selten bis zum Doppelten und darüber.
Dies Verhalten wiederholt sich bei allen Stücken der 4. laxa, welehe ich habe vergleichen können.
In ihrem inneren Bau haben die Blattstiele viel Aehnliehkeit mit denen von Tubicaulis Solenites.
Das platte, dann flach rinnenförmige Gefässbündel — etwas stärker gewölbt ist es bei dem Bruchstück
von Neu-Paka, Tat. IV, Fig. 37, als bei den sächsischen (Fig. 33) — war zunächst von einem zarten,
daher oft zerstörten Parenchym umgeben; auf dieses folgte das schon etwas derbwandigere Parenchym
der Innenrinde, welehes nach aussen in das kleinzelligere, festere der Aussenrinde überging, deren innere
Grenze in der Zeiehnung Fig. 537 bei mehreren Blattstielen angedeutet ist.
Mit der loekeren Stellung der Blattstiele steht es wohl im Zusammenhange, dass (die leeren Räume
zwischen ihnen von einer sehr viel grösseren Zahl von Wurzeln und Fiederstielen erfüllt sind, als bei
A. ramosa, und damit wieder die äusserst befremdende Erscheinung, dass von den nach den Blättern
hingehenden Gefässbündeln schon lange vor ihrem Austritt aus dem Stamme seitliche Bündel für Fieder-
stiele abgehen. Fast bei allen eben aus dem Stamme austretenden Blattstielen sieht man rechts und
links nach aussen von dem mittelständigen Gefässbande dünne, fadenförmige Bündel abgehen, in allen
Stufen von der eben erst beginnenden Ablösung von dem Hauptbündel bis zum Austritt aus dem Blatt-
stiel. Von den noch in der Stammrinde liegenden, für die Blätter bestimmten Bündeltheilen sıeht man
nun zwar bei den lebenden Farmen, namentlich bei den baumartigen, oft in grosser Zahl Wurzeln ent-
springen; aber die Bündel bei A. Zaxa sind von den starken Wurzelbündeln dieser Art ebenso verschieden,
wie sie mit den von den freien Theilen der Blattstiele entspringenden Fıiederbündeln nach Grösse und
Verlauf übereinstimmen, dass über ihre Natur kaum ein Zweifel bleiben kann. Dass nun solche Bündel,
selbst sehon von einem eigenen, gegen das der Blattstielanlage abgegrenzten Parenchym umgeben, von
Bündeln entspringen (Fig. 33 bg‘, bg“), welche zwar für Blätter bestimmt, aber noch mitten in der
Rinde des Stammes liegen, möchte ohne Beispiel nicht nur bei den Farnen, sondern überhaupt bei den
Pflanzen der Jetztwelt dastehen. Jedenfalls waren die Blätter eigentlich kaum gestielt, da sie schon
unmittelbar über ihrem Ursprunge aus dem Stamme Fiedern trugen, und es waren die uns erhaltenen
Reste derselben eigentlich nieht Blattstiele, sondern die Grundtheile von Blattspindeln.
Von dem äusseren Aussehen eines solchen, mit Blattstiel- (oder -spindel) resten bedeckten Stammes,
dessen Querschnitt Taf. IV, Fig. 33 darstellt, giebt uns nun die Seitenansicht desselben, Fig. 34, ein Bild,
obwohl nur eine 3 cm hohe Scheibe uns erhalten ist. Die an der Aussenfläche allein sichtbaren Blatt-
stiele laufen schräg nach oben und aussen, bald als zusammengedrückte glatte oder fein längsgestreifte
Platten (b, b‘, b‘“, bIV), bald, wo erst nach der Verkieselung der, im unteren Theil des Stücks mehrfach
noch erhaltene, Blattstiel (bY) herausgebrochen ist, ein Hohldruck der inneren Fläche desselben (b“, b“).
3*
Bee
Seltener als man erwarten sollte, sind seitlich abgehende Fiederstiele (Fig. 34 f) und selbst diese nicht
mit der wünschenswerthen Deutlichkeit zu erkennen.
An anderen Stämmen dagegen, wie an dem in Göppert's Flora der permischen Formation ab-
gebildeten und an dem über 6em hohen des Chemnitzer städtischen Museums, von welchem unsere Fig. 35
auf Taf. IV die obere Fläche, Fig. 36 eine Seitenansicht wiedergiebt, fehlen die Blattstiele ganz oder
fast ganz. Entweder sind sie, wie das ja auch bei einigen unserer krautigen Farne geschieht (vgl. oben
S. 3), am unteren Theile des Stammes doch zuletzt vermodert, während dieser noch gesund blieb —
dies ist wenig wahrscheinlich, weil er dann doch wohl durch die in Menge herabsteigenden starken Neben-
wurzeln eingehüllt sein würde — oder diese sind mit den Blattstielresten erst während der Versteinerung
verloren gegangen. Jedenfalls hat sich, wesentlich verschieden von den jetztweltlichen Baumfarnen nirgends
eine Blattnarbe gebildet; die dauerhafteren Gefässbündel der Blattstiele ragen aus dem tiefer verwitterten
Parenchym als fein längsgestreifte, oben quer abgebrochene Platten hervor (bg), während an Stelle der
Blattstielrinde eine unebene Vertiefung zurückgeblieben ist, und darüber oft noch der Hohldruck des
verschwundenen Blattstiels (b); nur an wenigen Stellen haben sich «ie dem Stamme anliegenden Grund-
theile der letzteren noch erhalten (Fig. 35 bei b‘, b“, b’“).
c) Clepsydropsis Unger.
Truneus herbaceo-arboreseens petiolorum basibus persistentibus obteetus, faseieulo vaseulari
centrali simpliee profunde longitudinaliter suleato, transversim seisso stellato, costis singulos faseieulos per
eorticem erassum in folia emittentibus. Petioli faseieulum vaseularem simpliceem faseiaeformem
planum includentes.
Clepsydropsis ist von Unger als eigene Gattung für Blattstiele aufgestellt worden, mit denen die
von A. kirgisica, wie unten bei A. antigua gezeigt werden wird, so sehr übereinstimmen, dass sie gewiss
derselben Gattung angehören. Von der letzten Art ist uns wenigstens ein Theil des Stammes bekannt,
der ihre Zugehörigkeit zu Asterochlaena wahrscheinlich macht; ich habe daher diese Arten in der Unter-
gattung Clepsydropsis vereinigt, und ihnen noch einige sehr nahe stehende Formen angeschlossen.
Das durch Längsfurchen gerippte Stammgefässbündel schliesst die Untergattung an die übrigen
Asterochlaenen an, durch das plattenförmige flache, weder nach aussen, noch nach innen gewölbte Gefäss-
bündel der Blattstiele ist sie von ihnen verschieden.
4. A. (Clepsydropsis) kirgisica n. sp. Tat. IV, Fig. 38—44.
A. truneo erasso, fasceieulo eentrali longitudinaliter sulcato, petiolis numerosis paulo
distantibus, basi tenuioribus, ascendentibus paulatim inerassatis teretiuseulis ab utroque latere paulum
compressis, e fascic ulo vaseulari ceentrali faseiaeformi plano marginibus paulum inerassatis rotundatis
et cortice fere aequabili eompositis.
Bei Semipolatinsk in der Kirgisensteppe.
Die sehöne, Taf. IV, Fig. 38 abgebildete Platte aus dem mineralogischen Museum in Dresden, in
harten Kiesel, die Blattstiele fast schwarz, ihre Zwischenräume, der Stamm und dessen nächste Umgebung
grau versteinert, stammt von dem einzigen bisher bekannt gewordenen Stücke dieser Art, jedenfalls einem
der beiden sibirischen Pllanzenreste, welehe vom Ingenieur Äberg bei Pawlodar nördlich von Semipolatinsk,
wahrscheinlich aus dem Rothliegenden herrührend, gefunden und durch Direktor Ludwig in Darmstadt
nach Deutschland gebracht worden sind).
Die sehr unebene Aussenfläche, wie auch die dureh den Stamm (Taf. IV, Fig. 38 von s bis s‘)
gehende Bruchfläche sind so geglättet, dass sie unstreitig Rollflächen sind; vom Stamme aber ist leider
nur ein kleiner Theil verkieselt. Namentlich ist von dem mittelständigen Gefässbündel nur ein ganz
.
schmaler Streifen (Fig. 38 sg) und wahrscheinlich der Vorsprung sg
erhalten, so dass wir über seine,
für die Gattungsbestimmung entscheidende Gestalt nur sehr unvollkommen unterrichtet sind, «das Wenige,
as wir von ihm wissen, widerspricht aber der Annahme nicht, dass er eine ähnliche Bildung gehabt
Jebereinstimmung der
habe, wie die übrigen Asterochlaenen. Unterstützt wird diese Annahme dureh die
1—1'/ecm dieken Rinde mit der von A. laxwa mit ihren schräg aufwärts nach den Blättern verlaufenden
fadenförmigen Gefässbündeln, welche sich schon innerhalb der Rinde mit einem eigenen Parenchym
umgeben, ihren dazwischen fast horizontal nach aussen gehenden Wurzelspuren (w, w’) und den aus dem
Umfang oft weit vortretenden Blattkissen.
Uscm dieken Blattstiele verdieken sich bem Aufsteigen
Die am Grunde rundliehen, etwa
allmählich bis auf lem Durchmesser, behalten aber abweichend von den übrigen Arten der Gattung ihren
fast drehrunden Umriss bei; nur wo Fiederstiele rechts oder links austreten, tritt seitlich eine stumpf
abgerundete Ecke etwas heraus.
Die Blattstiele bestehen aus einer, bei den stärkeren Ys—lmm dicken, kleinzelligen bei den
meisten wenig unterschiedenen Aussenrinde, welche ein grosszelliges Parenchym umschliesst, in dessen
Mitte ein Gefässbündel in Gestalt einer ebenen Platte liegt, ganz ähnlich dem bei A. ramosa und 4.
laxa in den Blattkissen und in den untersten Theilen der Blattstiele liegenden, noch nicht gewölbten
Gefässbande. In den untersten Theilen der Blattstiele undeutlich und schmal, ist es in den oberen,
diekeren Theilen derselben bis 4 mm breit, mit verdickten, abgerundeten Rändern, um welche herum die
auf dem Querschnitte dunklere Scheide sich fast ganz verliert, so dass die durch sie begrenzte (retäss-
bündelplatte von einem Rande zum andern fast gleich dick erscheint (Fig. 44). Das Gefässbündel selbst
besteht aus 6—8 Lagen vielkantiger, wohl Treppentracheen, welche nach der Mitte jeder der beiden
Randverdiekungen hin stetig in ein sehr kleinzelliges, zartes Gewebe übergehen, dem Bildungsherde der
von beiden Seiten ausgehenden Gefässbündel für die Fiedern. Diese findet man bald noch in der
Nähe des Blattbündels (Fig. 39), öfter noch weiter nach aussen gerückt, so dass sich der Rand des Blatt-
stiels über ihnen bereits herauswölbt und das umgebende Parenchym anfängt, sich nach innen abzugrenzen,
(Fig. 35 b, Fig. 40); dann in einem durch scharfe Furchen vom Blattstiel abgesetzten Vorsprunge (Fig,
41—45), endlich weit aus ihm heraustretend (Fig. 38 b‘, b’). Sehon auf den mittleren Stufen ist dies
kleine Gefässbündel etwas plattgedrückt, nach aussen gabelt es sieh öfter, wie bei Tubieaulis Solenites
und Zygopteris primaria in 2 dieht neben einander hinlaufende, noch von gemeinsamer Parenchymscheide
zusammen gehaltene Bündel, welche also wohl gemeinschaftlich in einen Fiederstiel austraten. Diese
!) Der andere Rest war Medullosa Ludwigii, s. Göppert u. Stenzel, die Medulloseae in Palaeontographica Bd. 28,
3. Lief. S. 16, wo sich noch einige nähere Angaben über den Fundort finden.
würden danach hier, wie bei den vorhergehenden Asterochlaenen an jeder Seite der Spindel nur in einer
Reihe gesessen haben.
Die in die Höhe strebenden Fiederstiele, vielleicht mit ihren Verzweigungen und starke auswärts
und abwärts wachsende Nebenwurzeln erfüllen überall ziemlich dieht den Raum zwischen den Blatt-
stielen in der Art, wie dies bei e Fig 38 ausgeführt ist. Wurzeln, wie sie bei w’ aus dem Stamme aus-
treten, gehören jedentalls die längs- (w‘) oder schief durehnittenen Theile an. Eine derselben (w‘) ist
gerade an einer Verästelung getroffen; es mögen daher auch manche der dünnern Fäden Wurzelästen
angehören. .
5. A. (Clepsydropsis) antiqua Ung. sp.
A. trunco ......, petiolis teretiusculis extrinseeus intrinsecusque paulum compressis e
fasciceulo centrali faseiaeformi plano, marginibus paulum inerassatis rotundatis et eortiee crasso,
interiore parenchymatoso molli, exteriore firmiore compositis.
Clepsydropsis antiqua Unger in Richter u. Unger, Beitrag zur Palaeontologie des Thüringer Waldes, in
Denksch. d. k. k. Akad. d. Wiss. (in Wien), Math.-natw. Kl. Bd. 11, Wien 1856, S. 165, Taf. VII, Fig. 1—13.
Im Cypridinenschiefer von Saalfeld in Thüringen.
Die von Richter entdeekten und von Unger als Clepsydropsis beschriebenen Blattstiele stimmen
in allen Stücken fast ganz mit denen der 4. körgisica überein. Mögen die dem oberen Devon oder
vielleicht richtiger dem unteren Kulm angehörigen Arten aus dem Cypridinenschiefer immerhin von der
wahrscheinlich aus dem Rothliegenden stammenden Art der Kirgisensteppe verschieden sein, so würde es
bei ihrer fast vollständigen Uebereinstimmung gewiss unnatürlich sein, sie in getrennte Gattungen zu
bringen, wie Asterochlaena und vielleicht Rhachiopteris. Bis durch Auffindung noch anderer Theile, am
ehesten wohl des Stammes, sıch vielleicht eine Verschiedenheit herausstellt, lassen wir sie in der schon
1545 von Corda aufgestellten Gattung Asterochlaena, wo sie mit A. kirgisica eine sehr natürliche Gruppe
bilden, welche am besten den von Unger 1856 für seine Gattung gewählten Namen Clepsydropsis erhält.
Stielrunde oder ein wenig von aussen nach innen breitgedrückte, im Querschnitt elliptische,
gewöhnlich 7—9mm dicke Blattstiele, welche das häufigste Fossil unter den Pflanzenresten des Saal-
felder Cypridinenschiefers sind. Die Rinde besteht aussen aus diekwandigen, wenig gestreekten, in
Längsreihen über einander stehenden Parenchymzellen, welche nach innen grösser werden und in ein
dünnwandiges, meist schlecht erhaltenes Parenehym übergehen, in dessen Mitte das Gefässbündel
liegt. Dieses ganz wie bei A. kirgisica gestaltet, von einer aus Langzellen bestehenden Scheide umgeben,
besteht ganz aus Treppentracheen, der Bildungsherd der Fiedergefässbündel in der Mitte der verdiekten
Ränder aus ganz kleinen, um welche die grösseren strahlenförmig gelagert sind.
Clepsydropsis robusta Ung. a. a. O, S. 166, Taf. VII, Fig. 14—-17 unterscheidet sich von der
vorigen Art durch die allerdings sehr viel grössere, bis 27mm und darüber hinausgehende Dieke der
Spindel und den vielleicht damit zusammenhängenden verwickelteren Bau der Gefässbündel - Scheide,
welche nach Unger's Darstellung wieder aus einer Aussen- und Innenrinde besteht, wie die ganze Spindel.
Unger selbst hält die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen , dass die Stücke Theile einer und
derselben Pflanze sind, wie die unter C/. antiqua vereinigten. Die von ihm Taf. VII, Fig. 17 abgebildete
u, OR
Spindel ist nieht dieker, als die von (I. antiqua Fig. >, und einzelne starke Stöcke lebender Farne haben
auch sehr viel diekere Blattstiele als gewöhnlieh, wofür der Taf. II, Fig. 18 in natürlicher Grösse ge
zeichnete Quersehnitt von Aspidium spinulosum ein Beispiel giebt; und von C7. robusta sind nur wenige
Stücke gefunden worden.
Von grossem Interesse sind dagegen die 2 kleinen, auf einer und derselben Seite dureh die Rinde
verlaufenden Gefässbündel (Fig. 14 a. a. O.), denn dies sind ganz gewiss Fiederbündel und wir hätten
hier 2 Reihen von Fiedern an jeder Seite der Spindel, wie bei Zygopteris scandens u. a., nicht eine Reihe,
wie bei A. kirgisica, und dies würde die sonst so nahe stehenden Arten bestimmt unterscheiden. Das
liesse sich vielleieht dureh Untersuchung der gewiss zahlreichen Stücke soleher Spindeln im Nachlass
Richter's entscheiden.
Cl. eomposita Ung. a. a. OÖ. S. 167, Taf. VII, Fig. 18, auf ein einziges Stück gegründet, ist wohl der
Querschnitt einer Spindel von C/. antiqua, welche sieh eben nach rechts und dieht darüber nach
links gabelt.
6. A. (Clepsydropsis?) noveboracensis (Daws. sp).
A. trunco gracili ereeto, fascieulo vaseulari centrali longitudinaliter profunde suleato, suleis
latis sinuosis, costis ipsis profunde sulcatis, faseieulo transversim seisso quadriradiato, radiis bi-trifureatis, costis
10—12 singulos fascieulos planos marginibus incrassatis rotundatis vertieillatim per eorticem ascendentes
emittentibus.
Asteropteris noveboracensis J. W. Dawson, Notes on New Erian (Devonian) Plants, in Quart, Journ. Geol.
Soe. Vol. 37, London 1881, p. 299, Tab. XII, Fig. 1—9.
In der Portage group des Oberdevon von Milo, New-York von Wright aufgefunden.
Das Stämmehen, auf welches neben einigen kleinen Bruchstücken J. W. Dawson die Art
gegründet hat, ist nach der von ihm gegebenen Beschreibung und den Abbildungen ein daumendickes,
5 cm hohes Bruchstück, nieht mehr von den Grundtheilen von Blattstielen bedeckt, am ähnlichsten dem
von Asterochlaena laxa, Taf. IV, Fig. 35. 36, aber an der Aussenfläiche nur mit kleinen Runzeln und
Grübehen, welche vielleicht von Luftwurzeln herrühren. Dass, wie es scheint, weder Blattnarben noch
Blattkissen vorhanden sind, könnte daher kommen, dass das Stück als Treibholz in die Meeresablagerung
gekommen ist, wo es mit einer Menge grosser Blattstiele von Farnen und mit Stämmen von Lepidodendron
zusammen lag; vielleicht auch ist es ein Stammstück zwischeu zweien der weit übereinander stehenden
Blattwirtel.
Ausgezeichnet ist der innere Bau des Stämmehens vor den übrigen Arten von Asterochlaena durch
den drehrunden, gegen die Rinde deutlich abgegrenzten 1'/scm dieken Holzkörper aus einem zarten
Parenchym, in dessen Mitte 4 kurze, dieke Platten von treppen- oder netzförmigen Tracheen ein Kreuz
bilden, dessen Arme sich bald in 2—3, nach dem Umfange auseinandergehende Platten theilen, welche,
zusammen 10—12, bis an den Umfang des Holzkörpers reichen. Hier geben sie je ein Blattbündel ab,
das dureh die etwa 6mm dicke, aus derbwandisem Prosenchym gebildete Rinde wie es scheint steil
ansteigend nach aussen läuft. Da der Querschnitt (a. a. O. Fig. 1) ganz abweichend von den anderen
Arten von Asterochlaena nur einen Kranz solcher Bündel zeigt, je eines vor einer der ausgehenden
Rippen des Stammgefässbündels und alle ziemlich gleich weit von diesem entfernt, so mögen die Blätter
Bu u
in zehn- bis zwölfzähligen Wirteln gestanden haben, welche durch lange Stengelglieder getrennt waren,
was freilich noch mehr wie die Kreuzform des Stammgefässbündels der Art ein sehr eigenartiges Gepräge
gegeben haben würde. Die Figuren la und 3 lassen jedoch eine so grosse Regelmässigkeit dieses Gefäss-
bündels nicht erkennen: die Hauptrippen desselben scheinen z. Th. einfach, ihre Zahl dafür grösser als
vier gewesen zu sein, so dass es vielleicht mit dem von A. ramosa und A. Zaxa noch mehr übereinstimmt,
als es schon nach der vorher gegebenen Darstellung der Fall ist.
Die fast quer durehschnittenen, nicht viel über Imm breiten Blattbün del bezeiehnet Dawson
ganz treffend als hantelförmig: ein kurzer, dieker Querbalken ist an beiden Enden abgerundet verdickt
(über Ygmm), in jeder Verdiekung ein durch eine Lücke angedeuteter Bildungsherd für die von ihm
ausgehenden Fiederbündel, ganz wie bei Clepsydropsis. Dawson vergleicht zwar diese Bündel mit
denen von Zygopteris; aber selbst die noch in der Rinde des Stammes eingeschlossenen Bündel für die
grossen Blätter zeigen bei dieser Gattung, so schwach die seitlichen Plattten auch noch entwickelt sind
(vgl. Taf. VII, Fig. 60 b, 61 b), nicht abgerundete, sondern verbreiterte und scharf abgeschnittene Ränder
ohne einen kleinzelligen Bildungsherd im Innern. Man kann daher mit Zuversieht annehmen, dass die
Blattbündel von Asteropteris sieh nach dem Austritt aus dem Stamme nicht zu Zygopteris-, sondern zu
Clepsydropsis-Bündeln entwickelt haben werden.
Die Stammaxe ist Dawson geneigt, an Unger's Cladoxylon anzuschliessen, was die Art den
Lepidodendren nähern würde und auch Solms-Laubach (Einleitung in die Paläeophytologie S. 177) hält
ihre Zugehörigkeit zu dieser Familie nicht für ausgeschlossen. Mir scheint nach dem Angeführten ihre
Uebereinstimmung mit Asterochlaena im Bau der Achse und noch mehr der Blattbündel so gross, dass ich
gewiss glaube, ihre Zugehörigkeit zu den Farnen wird durch weitere Funde bestätigt werden.
7. A. (Clepsydropsis) duplex (Williamson sp.)
A. trunco ......; petiolis transverse seissis ovalibus, fascieulo centrali fasciato e
trabecula media erassa brevi eonstante marginibus valde inerassatie rotundatis binos ab utroque latere
faseieulos minores per corticem erassum (in pinnas) emittentibus.
Rachiopteris duplex Williamson, On the organisation of the Fossil Plants of the coal measures. Part VI,
Ferns, in Philos. Trans. of the Royal Soc. of London. Vol. 164, 1874, p. 687—693; Pl. LV, fig. 28—35 C;
LVI, fig. 35 D — 41.
In Kalksteinknollen der Steinkohlenformation von Burntisland.
Rundliche, im Querschnitt ovale Blattstiele, bis Ilmm dıek, mit einem mittelständigen G e fäss-
bündel, dessen Querschnitt Williamson mit einer Sanduhr vergleicht. Ein kurzer, dieker mittlerer
Balken lag unstreitig gleichlaufend mit der Oberfläche des Stammes, beide Ränder stark verdickt, ab-
gerundet. Das Ganze ist aus gleiehförmigen, netzförmig verdiekten (Grefässen zusammengesetzt, nur in
jedem der beiden verdiekten Ränder liegt ein kleinzelliger Bildungsherd, aus welchem sich dünne band-_
förmige Bündel ablösen, welche anfangs steil, später mehr nach aussen gewendet durch die Rinden-
schicht aufsteigen und sich, wie es scheint, bald nach ihrer Ablösung von dem Hauptbündel in 2 kleinere
ebenfalls bandförmige Bündel mit eingerollten Rändern theilen, welche, das eine mehr nach aussen,
das andere mehr nach innen gewendet, offenbar in 2 Reihen Fiedern einzutreten bestimmt sind, welche
die Spindel jederseits getragen haben muss.
Die dieke Rinde besteht innen aus zarten, meist zerstörtem Parenchym, welches man vielleicht
dem Gefässbündel als Scheide zurechnen kann, dann aus einer dieken Schicht derberen Parenchyms,
an welches sich eine Aussenrinde von festem Prosenehym anschliesst.
Der ganze Blattstiel ist ähnlich denen von Olepsydropsis kirgisica, Cl. antiqua und Cl. robusta
aber ganz so, wie nach den noch in der Stammrinde eingeschlossenen Blattspuren zu urtheilen, Blattstiel
und Spindel von Asteropteris noveboracensis gewesen sein müssen, weshalb es in hohem Grade wahr-
scheinlich ist, dass auch die übrigen Vegetationsorgane, namentlich der Stamm , dem dieser Gattung
ähnlich gebaut gewesen sem werden.
III. Zygopteris Corda, Beitr. S. 81.
Truneus herbaceus (v. herbaceo -arboreseens), faseiculo vasculari medullam parcam ambiente
profunde quinque-sulcato, transversim seisso stellato, eostis margine truncatis dilatatis in quodvis folium
singulum faseieulum per eorticem erassum emittentibus. Petioli fascieulum vascularem unieum jugiformem
(H) ineludentes.
Endogenites Sprengel p. p., comentatio de Psarolithis p. 32.
Tubicaulis Cotta p. p. Dendrolithen S. 15/16.
Die eigenartige, im Querschnitt einem H ähnliche Gestalt des Gefässbündels im Blattstiel oder
der Blattspindel, auf welche Corda 1845 die Gattung Zygopteris gründete, weicht so sehr von der sonst
so mannigfaltigen Bildung desselben bei den lebenden und den meisten fossilen Farnen ab, dass Renault
(Etude sur quelques veg. silie. des env. d’ Autun in Annales des sciences naturelles 5. serie, Bot. XI,
1869, p. 161) die von ihm bei Autun gefundenen verkieselten Stimmehen mit ähnlich gebauten Blatt-
stielen zu derselben Gattung brachte, obwohl er schon darauf hinwies, dass bei diesen nur einzelne von
einander entfernt stehende Blätter zur vollen Ausbildung kommen, während der Stamm von Cotta’s
Zygopteris primaria mit solchen grossen Blattstielen dicht bedeckt war. Nun haben wir oben gesehen,
dass unter einander ganz ähnlich gebaute Blattstiele, wie die von Tubicaulis Solenites und Asterochlaena
dubia, welche dabei durch die Lage ihres Gefässbündels von allen übrigen Farnen abweichen, zu Stämmen
von sehr verschiedenem Bau, also wohl auch zu verschiedenen Gattungen gehören können, und da die
von Renault zu Zygopteris gezogenen Arten auch sonst noch gemeinsame Verschiedenheiten von Z. primaria
zeigen, so wäre es wohl berechtigt gewesen, für jede dieser beiden Hauptformen eine eigene Gattung zu
gründen. Leider ist uns aber der Stamm der letzteren Art noch unbekannt; ich beschränke mich daher
darauf, nur 2 Untergattungen aufzustellen. Bei Zygopteris verbleibt die von Corda hierher gerechnete
Z. primaria (Cotta sp.), während die anderen Arten wegen des mit einem Doppelanker vergleichbaren
Querschnitts des Blattgefässbündels als Ankyropteris bezeichnet werden mögen.
a) Zygopteris Corda.
Truncus (herbaceo-arborescens, erectus) petiolorum basibus satis confertis obteetus, petiolis
teretibus fascieulo vaseulari centrali jugiformi a quovis latere unam seriem faseieulorum filiformium
(in pinnas) emittente.
Stenzel, Die Gattung Tubicaulis Cotta. 4
— 26 —
1. Zygopteris primaria (Cotta sp.). Taf. V, Fig. 45--47; Taf. VI, Fig. 48. 49.
Truneus (herbaceo -arborescens) petiolorum basibus satis eonfertis obteetus, petiolis pollicem
erassis teretibus, aseendentibus paululum inerassatis, fascieulo vaseulari centrali jugiformi ab utroque
latere unam seriem faseieulorum filiformium peripheriam versus geminatorum emittente.
Endogenites Solenites Sprengel’p. p., comentatio de Psar. p. 32.
Tubicaulis primarius Cotta, Dendrol. S. 19. 20; Tab. I, Fig. 1, 2.
Zyzopteris primaeva Corda, Beitr. S. 81.
Von dieser Art ist bisher nur ein Stück im Jahre 1827 von dem älteren Cotta in dem zum
mittleren Rothliegenden gehörenden Thonstein von Flöha bei Chemnitz in Sachsen gefunden worden.
Die schönste, davon abgeschnittene Platte (Taf. V, Fig. 45. 46) befindet sich im Museum der Kgl. Berg-
akademie zu Freiberg mit der Angabe: Zeisigwald bei Chemnitz; ein kleinerer Abschnitt (Taf. VI, Fig.
48.49) im Kel. mineralogischen zu Dresden; ähnliche in anderen Sammlungen, wie im Kgl. mineralogischen
Museum in Berlin, mit der Bezeichnung: „Gückelsberg* und „Flöha bei Chemnitz“ nach Cotta, Dendrol.
Auch B. Renault (a. a. O. p. 1863) hat ein Stück vergleiehen können, welches Ad. Brongniart von
R. Brown erhalten hatte. Einen schönen Dünnschliff, weleher den Querschnitt von nicht weniger als 7
Blattstielen enthält, im Besitze von Solms-Laubach, bin ich durch die Güte desselben in den Stand gesetzt
worden, für meine Arbeit zu benutzen.
Für die Angabe von Göppert (Flora d. permischen ‚Form. S. 43), dass die Art von Professor
Kluge (1862) bei Chemnitz neu aufgefunden worden sei, habe ich eine anderweitige Bestätigung nicht
auffinden können.
Das in dunkelbraungrauen , stellenweise fast schwarzen, sehr porösen Kiesel versteinerte Stück
scheint keinen Theil des Stammes mehr enthalten zu haben. Der prachtvolle Freiberger Abschnitt, dessen
obere Fläche, Taf. V, Fig. 45, keinen Zweifel darüber lässt, dass sie die Mitte (e) des Ganzen enthält,
zeigt auch auf der unteren Fläche nur Blattstiele; es mag also, da auch hier schon ein Stück weggeschnitten
ist, vielleicht die Stammspitze mit den sie umgebenden und sie überragenden Blattstielen verkieselt sein.
Ob freilich das weggesehnittene Stück die Stammspitze enthalten hat und ob dasselbe noch einmal
irgendwo zum Vorschein kommen wird, muss leider dahin gestellt bleiben. Aus der gleichmässigen Ver-
theilung der Blattstiele um die Mitte und ihrem geraden Verlauf (Fig. 46) lässt sich aber doch schliessen,
dass der Stamm aufrecht gewesen ist; aus der Dieke der Blattstiele an ihrem Grunde und der grossen
Zahl, welche er auf einer kurzen Streeke getragen hat, dass er wie der von Asterochlaena ramosa und
A. laxa wenigstens dem diek gewesen sein mag, wahrscheinlieh aber noch dicker, so dass wir auch diese
Art zu den Mittelformen zwischen Kraut- und Baumfarnen zu zählen haben würden.
Die Blattstiele sind offenbar noch ganz im ihrer natürlichen Lage erhalten. Um «die Mitte
(e) liegen, ganz wie bei einem Querschnitt, weleher nieht weit über der Stammspitze eines unserer dicht
beblätterten Farnstöcke geführt worden ist, ganz junge Blattstiele (Fig. 45, b, b), dünn, weich, daher
bei oder schon vor der Verkieselung zusammengeschrumpft und zerdrückt, mit schwachen Andeutungen
des noch unentwickelten Gefässbündels; um diese herum schon etwas ältere, theils auch noch eckige,
gedrückte (b“, b‘), theils schon so fest gewordene, dass sie ihre drehrunde Gestalt beibehalten haben (b W).
Der etwas geringere Durchmesser der letzteren (11—13mm), verglichen mit dem der darauf folgenden
stärksten Blattstiele von 17—18 mm Durchmesser, lässt uns annehmen, dass diese bei ihrem Aufsteigen
21 —
etwa um die Hälfte dieker wurden, während sie dann weiter nach oben sich langsam wieder verjüngten.
Sie zeigen in diesem Verhalten so wie in der fast drehrunden Gestalt und dem gleichmässig geringen
Abstand von einander grosse Achnlichkeit mit den nur etwas dünneren Blattstielen von Asterochlaena
kirgisica, von denen sie anderseits durch das Gefässbündel sehr verschieden sind.
Dieses besteht aus einem starken, etwa 1 mm dieken Querbalken (Fig 47 bg) aus gleichförmig-
vielkantigen oder etwas breitgedrückten, also quer gegen die Richtung (des Balkens gestreckten Tracheen
in der Regel in S—10 Reihen, von verschiedener Grösse, von etwa 0,17—0,14 mm mittlerem Durch-
messer. An den beiden Enden gehen sie stetig in die etwas klemeren Tracheen über, welche sich in
die beiden Arme der dünneren, hier fast rechtwinklig an den Querbalken angesetzten Platten hinein-
ziehen, die von innen nach aussen gerichtet sind, so «lass die eine hohle Seite des H-förmigen Gefäss-
bündels nach dem Stamme, die andere nach aussen gewendet ist. An den freien Rändern dieser Platten
sind die Tracheen sehr klein und gleichförmig vieleckig.
Umzogen ist das Gefässbündel von einer sehr kleinzelligen Scheide, deren Mittelschicht aus
[zZ
dünnwandigen, stellenweise wohl erhaltenen Zellen besteht (v’, v“)
,‚ während ein äusserer, an das gross-
zellige Rindenparenehym grenzender Streifen (v’‘) und streckenweise ein weniger entwickelter unmittel-
bar um die Tracheen (v‘) dunkler und, wie die äusserste Schicht des ganzen Blattstiels (rY) aus un-
deutlichen, vielleicht etwas diekwandigen Zellen zusammengesetzt ist.
Die den grössten Theil des Blattstiels bildende Innenrinde (r
ist derbwandiges Parenchym,
aus ziemlich grossen, gewöhnlich etwa 0,07—0,10 mm im Durchmesser haltenden, vieleckigen Zellen, oft
mit bräunlich-gelbem, auch wohl ganz dunklem Inhalt (r‘). In ihr zerstreut liegen grosse, 0,25—0,30 mm
weite rundliche Gänge (1,1), mit eigener, oft scharf abgegrenzter Wand. An einer längs angeschliffenen
Stelle, wo sie mit weissem Chalzedon ausgefüllt waren, liess sich erkennen, dass sie aus ziemlich kurzen,
in senkrechten Reihen über emander stehenden Zellen bestehen. Es sind wohl Gummigänge. Sie liegen
bald einzeln im Parenehym, bald zu 2, seltener zu 3 so dieht an einander gelagert, dass sie sich gegen-
seitig abplatten; hier sparsamer, dort zahlreicher ; auf einem Blattstielquerschnitt zählte ich SO.
Nach aussen geht die Innenrinde ziemlich rasch in die kleinzellige Aussenrinde (r“—rY ) über,
doeh ist die Uebergangsschieht (r) fast stets zerstört und durch eine fortlaufende Lücke oder eine Reihe
kleiner Lücken ersetzt, zwischen denen die festonartig ausgebuchtete Aussenrinde nur einzelne Träger
nach innen vorschiebt. Die kleinen, nur 0,03 mm weiten Zellen der Hauptschicht sind gleichmässig
vieleckig oder tafelförmig von innen nach aussen zusammengedrückt, wie häufig schon die der Ueber-
gangsschicht; nach aussen gehen sie in etwas grössere Zellen (r!Y) über, auf welche eine ebenfalls ganz
dünne, undeutlich zellige Schieht (rY) folgt, welehe den Blattstiel nach aussen umschliesst.
Durchlaufen wird die Rinde von Gefässbündelzweigen, welehe merkwürdiger Weise nicht
von den 4 Rändern des H-förmigen Gefässbündels, sondern von der Mitte der breiten Platten entspringen,
welehe von innen nach aussen gerichtet sind (Fig. 47 bei n), also gewissermassen von (den Rändern des
Querbalkens, als ob die hier seitlich angesetzten Platten gar nicht da wären. Ein grösserer Querschnitt,
wie der Fig. 45, trifft sie auf allen Stufen ihres steil ansteigenden Verlaufs vom mittelständigen Gefäss-
bündel bis zur Aussenfläche des Blattstiels oder der Spindel. Einzelne kann man sogar eine Strecke
weit in ihrem Verlaufe verfolgen, wenn man Querschnitte desselben Stücks. in verschiedener Höhe ver-
gleicht. Zu diesem Zwecke stellt Taf. VI, Fig. 48 das Spiegelbild der unteren Fläche des 5—6 mm
4*
u
dieken Abschnitts im Dresdener Museum dar, so dass es mit dem Bilde der oberen Fläche (Fig. 49) be-
quem verglichen werden kann, indem zugleich dieselben Fiederbündel auf beiden Flächen gleich be-
zeichnet worden sind. Die Bündel Fig. 48 fg!T, fg!V, feYI, fgY!! sind 5—6 mm höher aus der Mitte
der Rinde in aussprngende Wölbungen der Aussenrinde gerückt und durch Gabelung doppelt, obwohl
beide nahe zusammenstehende Aeste noch von gemeinsamer Scheide umschlossen sind. Das noch im Um-
fange des Blattstiels eingeschlossene Zwillingsbündel fg'X, Fig. 48 ist Fig. 49 schon aus diesem heraus-
getreten und durch deutliche Furchen halb von ihm abgetrennt. Das randständige fgY, Fig. 48 endlich
ist Fig. 49 ausgetreten und hat einen Fiederstiel gebildet, vielleicht dureh Gabelung zwei.
Dass die Fiederstiele, ähnlich wie bei Asterochlaena laxa schon nahe über dem Grunde der
Blattstiele aus diesen austraten, zeigt das Vorhandensein mehrerer für solche bestimmter Bündel in so
jungen Blattstielen, wie Fig. 45 b!. Da sie aber von der Spindel nur in zwei seitlichen Reihen ent-
sprangen, so müssen sie sich schon gleich bei ihrem Austritt verästelt oder gabelig getheilt haben, wie
die grosse Zahl der zwischen den Blattstielen oder Spindeln durchschnittenen Fiederstiele beweist — in
den Figuren 45 und 49 sind sie nur an einzelnen Stellen ausgeführt. — Sind nämlich, wie wohl kaum
zu bezweifeln ist, alle bekannten Stücke unserer Art Bruchstücke eines Farnstocks oberhalb der Stamm-
spitze, so kann man die massenhaft zwischen den Blattstielen liegenden Theile nicht als Wurzeln an-
sehen, wie bei sonst ähnlichen Versteinerungen aus tiefer um den Stamm gelegenen Gegenden, sondern
nur als Blatttheile. Von manchen breitgezogenen, noch nahe an ihrer Austrittsstelle am Blattstiel an-
liegenden mit 2—3 neben einander verlaufenden Gefässsträngen ist dies ohnehin nicht zweifelhaft, wie
Fig. 45 am Blattstiel b'V unten, Fig. 48 fg’ unten und fg!X oben, Fig. 49 fg‘; aber auch die mehr
rundlichen mit nur einem Gefässstrang können an dieser Stelle kaum für etwas Anderes gehalten werden.
Zudem sieht man, namentlich im Dünnschliffe, bei vielen derselben an zwei gegenüber liegenden Seiten
den Rand in dünne Fortsätze ausgezogen, wie von einer durchschnittenen Blattspreite und die manchmal in
ganzen Reihen neben einander liegenden Gebilde, welche um so dünner werden, je weiter sie von der
Mitte abliegen, lassen entweder auf beiderseits reihenweise über einander entspringende Fiederstiele
2. Ordnung oder auf starke Rippen fächerförmiger Blätter schliessen.
Danach würde der ganze von Blattstielen und -spindeln eingehüllte Farnstock zwar im Allgemeinen
das Ansehen des Freiberger Stücks, Fig. 46, gehabt haben mit fast aufrechten, nach oben etwas aus-
einander gehenden dicken Blattstielen, von denen hier zuweilen nur noch die Hohldrücke erhalten sind
(bVY, bV!), ein Beweis, dass der ganze Stock noch umfangreicher war, als das vollständigste uns erhaltene
Bruchstück, aber um sie herum wie zwischen ihnen mögen dicht gedrängte Fiedern, von denen wir hier
nur bei f eine Spur sehen, dem Stoek auch unterhalb der ausgebreiteten, nach der Dicke der Blattstiele
zu schliessen, sehr stattlichen Blattkrone ein ganz eigenartiges Aussehen gegeben haben.
b) Ankyropteris.
Truneus tenuis herbaceus, faseiculo vasculari medullam parcam ambiente, profunde
quinquesulcato, transversim seisso angulato v. stellato, eostis truneatis margine dilatato, in quodvis folium
singulum faseiculum per eorticem erassum emittentibus; petiolis raris e basi vent 'ali segmentum
teres sursum emittentibus, petiolorum faseieulo vasceulari centrali jugiformi ab utroque latere binas
series fascieulorum filiformium in pinnas emittente.
Zygopteris sp. B. Renault, Etude des quelques vegetaux silicif. des environs d’Autun, in Ann. sc. nat. 5e
ser. Bot. XII, 1869. p. 162. — Rachiopteris sp. Williamson, Onthe organisation of the Foss. Plants
of the Coal measures, Part VI, Ferns, in Philos. trans. of the Royal soc. of London Vol. 164. 1374, p. 675.
Ich habe den Charakter der Untergattung nach der .am vollständigsten bekannten Art, der
Z. scandens, entworfen, da die von Renault beschriebenen Arten aus dem Rothliegenden von Autun mit
derselben in so wesentlichen Stücken übereinstimmen, dass ihre Zugehörigkeit zu derselben Gattung
unbedenklich so lange angenommen werden kann, bis die Stämme oder Blätter aufgefunden werden und
vielleicht Verschiedenheiten zeigen, welche eine Trennung rechtfertigen. Als einen Rücksehritt aber kann
ich es nur betrachten, wenn Williamson die Arten nicht nur von Selenochlaena Corda, sondern auch von
Anachoropteris und Zygopteris, deren Stämme schon damals bekannt waren, mit den bisher nur in ihren
Blattstielen bekannten Arten in eine Gattung, Bachiopteris, vereinigt. Es ist schon ein zweifelhafter
Gewinn, die letzten alle in eine Gattung zu bringen. Innerhalb derselben finden sich dann so grosse
Verschiedenheiten, dass man sie doch m Abtheilungen zerlegen muss, wenn man die verwandten Arten
zusammenbringen will. Stellen wir für mehrere Arten, welehe im Bau von Stamm und Blattstiel über-
einstimmen, eine Gattung auf, so ist doch die Wahrscheinlichkeit, dass vereinzelte Blattstiele von ähnlichem
Bau auch dazu gehören, mindestens eben so gross, als dass sie zu einer irgendwo untergebrachten Sammel-
gattung zu zählen seien. Gewiss handelt es sich nur um eine Wahrscheinliehkeit, aber immerhin um die
grössere von zweien und von wievielen Gattungen fossiler Pflanzen gilt das bei der Unvollständigkeit
ihrer Erhaltung und der Fremdartigkeit der Formen, namentlich in den älteren Sehiehten, nieht?
Im Bau des Stammes stimmt Zygopteris vollständig mit Anachoropteris überein, unterscheidet sich
aber durch das eigenartige (Gefässbündel des Blattstiels so sehr, «dass man beide Gattungen doch kaum
wird zusammenziehen wollen. Anderseits schliesst sie sich an Asterochlaena durch den sternförmigen
Querschnitt des Stammgefässbündels an. Während aber hier mittelständiges Mark durch einen feinen
Streifen wohl angedeutet, aber noch nieht sicher nachgewiesen ist, tritt es bei Zygopteris wie bei
Anachoropteris schwach entwickelt, aber deutlich auf; vor allem aber sind die vorspringenden Rippen hier
in der Zahl fünf regelmässig um die Mitte vertheilt, aussen abgestutzt oder selbst gabelig in 2 kurze
Aeste getheilt.
2. Zygopteris (Ankyropteris) Brongniarti B. Renault.
Z. trunco gracili, medulla parca faseieulo vasceulari eireumdata angulato-suleato vagina
cellularum tenerarum eineto; petiolis raris triquetris paleis setaceis obsitis, e fascieulo vasorum
centrali jugiformi ab utroque latere binas series faseieulorum filiformium (in pinnas) emittente et cortice
parenchymatoso cerasso aequabili eonstantibus.
Zygopteris BrongniartiB. Renault, l. ce. p. 164, pl. 3—6.
Kieselknollen der permischen Formation von Autun.
Das einzige etwas vollständigere der bisher gefundenen Stücke dieser Art zeigt ein etwa 2 cm
dickes, mit haarförmigen Spreuschuppen bekleidetes Stämmchen!) mit schwachem, mittelständigem Mark,
') Der a.a. O., pl. 3, fig. 1 in sechszehnfacher Vergrösserung abgebildete Querschnitt hat einen Halbmesser von 9 cm,
danach wäre der Stamm °/s cm. dick gewesen. In seinem Cours de botanique fossile, III, p. 101 giebt Renault dem Stamm 2—3 cm
Durchmesser.
EIN
welehes in jeden Vorsprung des vieleekigen Gefässbündels eine dünne Platte abgiebt, so dass sein
Querschnitt sternförmig ist. In der von Renault (a. a. O. pl. 3, fig. 1) gegebenen Abbildung sieht man
4 lange, am Ende meist gegabelte Strahlen und 2 kurze, so dass Renault danach auch das Gefässbündel
als ein sechskantiges annimmt. Wahrscheinlich sind aber die zwei kurzen Platten nur Gabeläste einer
sehr kurzen und ungewöhnlich tief gespaltenen Platte, was bei der verdrückten Gestalt des abgebildeten
Gefässbündels keineswegs unmöglich ist. Es würden dann Mark und Gefässbündel fünfstrahlig sein
und mit den ziemlich zahlreichen von mir verglichenen von Z. scandens wie mit denen von Anachoropteris-
auch in diesem Punkte übereinstimmen. Gegen die Spitze des Stämmchens verliert sich das schwache
Mark ganz.
Umzogen ist das Gefässbündel von einer dünnen, dunkel gefärbten Seheide aus ganz dünn-
wandigen, daher oft zerstörten Zellen, welche Renault freilich später (Cours de. bot. foss. III. p. 101)
als „selerifides“ bezeichnet. Aus dünnwandigem Parenchym besteht auch die sich aussen an die Scheide
schliessende dieke Rinde, dureh welche zahlreiche fadenförmige Gefässbündel nach oben und aussen
verlaufen. Von diesen treten die meisten in verkümmerte schuppenförmige Blätter ein; nur vereinzelte
in vollständig entwickelte Blätter. Renault nimmt an, dass der 4—5mm dicke Stiel dieser letzteren
am Grunde wohl einen rundlich- rechteckigen Umriss gehabt habe (a. a. O., pl. 6, fig, 9 g), weiterhin
aber dreikantig geworden sei (pl. 5, fig. 5). Mir scheint diese sehr unregelmässige Gestalt kaum die
ursprüngliche zu sein. Die tiefen Falten machen weit mehr den Eindruck eines durch Eintrocknen zu-
sammengefallenen Blattstiels, wie wir solehe bei Z. primaria (Taf. V, Fig. 45 b—b‘“) gefunden haben.
Vielleicht war er vorher in Wasser aufgeweicht, denn dass Rindenparenehym war sehr schlecht erhalten.
Derselbe mag daher mit seinem H-förmigen Gefässbündel ursprünglich denen der anderen Arten der
Gattung ähnlich gewesen sein. Unterscheidend von diesen möchte eher die Bekleidung mit lanzettlich-
linealen Spreuschuppen gewesen sein, wenn deren Fehlen bei den übrigen Arten sich nicht vielleicht
dadurch erklärt, dass diese hinfälligen Gebilde bei ihnen nieht oder doch nicht deutlich erhalten worden
sind. Für den sonst viel besser erhaltenen Blattstiel von Z. Zacattii ist diese Annahme freilich nieht sehr
wahrscheinlich.
Nur mit der folgenden Art gemem hat der Blattstiel von Z. Brongniarti den Bau der Rinde,
welche vom Gefässbündel bis an die Aussenfläche aus gleichförmigem Parenehym ohne Gummigänge besteht.
Je zwei fadentörmige Gefässbündel entspringen jederseits von den seitlichen Platten des Blatt-
stielbündels, unzweifelhaft, um in zwei Reihen Fiedern auf jeder Seite des Blattstiels einzutreten (pl. 6,
ig. 9 d, d).
Von besonderem Interesse ist der von Renault als eine starke Wurzel gedeutete Theil (pl. 6,
tig. 9 h), welcher unmittelbar über dem Blattstiel steht, von rundlichem Umriss, mit einer breiten Lücke.
vermuthlich an der Stelle eines mittelständigen Gefässbündels. Schon die bedeutende Dieke dieses (rebildes,
seine Stellung im Blattwinkel, seine offenbar dem Blattstiel gleichlaufende Richtung aufwärts sprechen
gegen seine Wurzelnatur; am meisten aber seine, der des Blattstiels gleiche, Bekleidung mit Spreuschuppen..
Ich bin nicht zweifelhaft, dass es derselbe, aus der Bauchseite des Blattstielgrundes entspringende Blatt-.
abschnitt ist, wie ich ihn bei Z. scandens von seinem Ursprung an habe verfolgen können.
2
3. Z. (Ankyropteris) seandens n. sp. (Taf. VI, Fig. 50—55; Taf. VII, Fig. 56—65).
Z. truneo graeili inter Psaroniorum radiees seandente, medulla parca transverse scis3a
uinqueradiata in costas quinque truncatas v. bierures faseieuli vaseularis profunde suleati procurrente,
vagina cellularum pachyticharum eineti; petiolis raris teretiuseulis glabris e faseiculo vasorum
centrali jugiformi ab utroque latere binas series faseieulorum filiformium (in pinnas) emittente et cortice
parenchymatoso crasso aequabili compositis, e basi ventrali segmentum teres sursum emittentibus.
Aus dem mittleren Rothliegenden von Neu-Paka in Böhmen; aus dem Rothliegenden in Sachsen.
Die Conglomerate des Rothliegenden von Neu-Paka haben früher Corda einen grossen Theil der
sehönen von ihm beschriebenen Psaronien geliefert; in neuerer Zeit sind seine Schätze verkieselter Pflanzen
dureh die Bemühungen von Stur wieder erschlossen worden. Die dort neu aufgefundenen, z. Th. pracht-
vollen Psaronien, welehe mir von demselben zur Untersuchung und Bestimmung übergeben worden sind,
gedenke ich in einer neuen Bearbeitung dieser Gattung zu behandeln. Bei mehreren fanden sich aber
zwischen den freien Wurzeln Stämmehen einer Zygopteris, welche offenbar zwischen ihnen in die Höhe
gewachsen waren, weshalb ich sie als Z. scandens bezeiehnet habe. Diese Stämmehen (Taf. VI, Fig.
50-52, 54—55. ss“) sind nieht nur rings von den Wurzeln des P’saronius asterolithus umgeben, sondern
auch in demselben röthlichgrauen Kiesel versteinert, mit im Querschnitt sternförmigen Gefässbündel in
zartem Parenehym, einer dünnen Selerenehymscheide und dieker parenchymatischer Aussenrinde, so dass ich
anfangs glaubte, in ihnen starke, etwas eigenartig gebaute Staarstenwurzeln zu sehen. Die immerhin
vorhandenen Versehiedenheiten, namentlich aber der Zusammenhang mit den hier und da erhaltenen Blatt-
stielen liessen später keinen Zweifel darüber, dass beide Gebilde Theile selbstständiger Pflanzen sınd, so
schwer es auch zu verstehen ist, wie diese in dieserdiehten Umhüllung fremder Wurzeln haben wachsen
und ihre Blätter entwiekeln können. Eine ähnliche Erscheinung bespricht wohl De Candolle im seiner
Organographie (deutsch v. Meisner, Bd. I, 5. 198; Bd. II, S. 256; Taf. XXIV, Fig. 1,2). Das Stämmehen
einer kletternden Aroidee war ganz eingeschlossen in dem diehten Wurzelgeflecht eines Baumfarn, welchen
Perrotet von Martinique gesendet hatte. „Diese Wurzeln“, sagt De Candolle, „haben beim Fortwachsen
kletternde Caladium-Stengel überzogen, welche, wenn man sie in ihrem erwachsenen Zustande betrachtet,
das Wurzelgeflecht durchbohrt zu haben scheinen“. Für ein vereinzeltes Vorkommen vielleicht die
natürliehste Erklärung; in Neu-Paka aber sind bis jetzt Reste der Art — und ich habe etwa 20 Stämmehen
von dort gesehen — nur zwischen Psaronius-Wurzeln gefunden worden. Das Zusammenliegen mit solchen
an einzelnen Stücken von Autun deutet darauf hin, dass auch die dort gefundenen Arten ähnlieh gelebt
haben und ihre jetzt einzeln gefundenen Stämmehen oder Blattstiele erst nach ihrem Tode oder bei der
Verkieselung herausgetallen sein mögen.
Auch im sächsischen Rothliegenden kommen Stämmehen von Zygopteris scandens zwischen Psarontus-
Wurzeln vor, wie ein wohl von Chemnitz stammendes Stück im Dresdener geologischen Museum beweist.
Wahrscheinlich aber gehört dieser Art auch das, seinem Stammbau nach freilich mit demselben Rechte
zu Anachoropteris zu ziehende Stämmehen an, welches Sterzel zwischen den Wurzeln des grössten bis
jetzt bekannten Psaronius, des Ps. Weberi Sterzel, von Hilbersdorf bei Chemnitz in einer Länge von
62em hat verfolgen können), obgleich er, da keine Blattstiele sichtbar sind, nieht mit Sicherheit bestimmt
!) Ueber den grossen Psaronius in der naturwissenschaftlichen Sammlung der Stadt Chemnitz von Dr. T. Sterzel.
(&- Bericht d. naturw. Ges. zu Chemnitz 1884—1886). Mit 2 Taf. Chemnitz, 1887. 5. 12,78.
ET
werden kann: ebenso mehrere, zwischen den freien Wurzeln eines fast ebenso grossen Stückes von
Chemnitz im geologischen Museum der Bergakademie zu Freiberg kletternde Stämmehen. Diese letzteren
bis Ysm von der Aussenfläche der Wurzelmasse, aber nur wenige Centimeter von der Aussenfläche der
Stammrinde liegenden Stämmchen haben z. Th. Blattstiele, aber mit noch unentwickeltem, mehrfach auch
wegen der dunklen Versteinerungsmasse schwer erkennbarem Gefässbündel. Das einer Anachoropteris schien
es mir aber nirgends zu sein; meist bestand es aus einigen, scheinbar unzusammenhängenden, mit den
Rändern nach innen und nach aussen gewendeten Plättehen, am ähnlichsten denen in jungen Blättern
von Zygopteris primaria Tat. V, Fig. 45, b“, deren scheinbar auch nieht zusammenhängende Plättchen
sich doch weiterhin zu dem ausgeprägten H-bündel der Gattung Zygopteris umbilden. Auch liegt mehrfach
zwischen Blattstiel und Stamm das räthselhafte stielförmige Gebilde, welches bisher nur bei Arten von
Zygopteris beobachtet worden ist, wie bei Z. scandens Taf. VI, Fig. 50, a; Fig. 51, a.
Lose Stämmehen derselben Art von Hilbersdorf mit spiralig angeordneten Blattnarben finden sich
mehrere in der naturwissenschaftliehen Sammlung der Stadt Chemnitz (Sterzel, a.a. O. S. 13), und erst
neuerdings erhielt ich von O. Weber in Hilbersdorf bei Chemnitz einen stattlichen Block (Tem hoch und
Sem im kleineren Querdurehmesser) eines Psaronius mit einer dieken Rinde voll Wurzelanfänge, zwischen
welehe sich aussen ein 2em langes, lem diekes Stämmehen hineindrängt, das vielleicht unserer Art angehört.
Die Häufigkeit, ja man kann wohl sagen Regelmässigkeit dieses Vorkommens macht es doch wahrscheinlich,
dass unsere Zygopteris-Stämmehen nieht zufällig von Psaronius-Wurzeln überwachsen, sondern zwischen
ihnen kletternd emporgewachsen sind. Vielleicht würde sich gerade aus dieser Lebensweise das Ver-
kümmern der meisten Blätter zu kleinen Schuppen erklären. Diese Erscheinung kommt uns sehr fremdartig
vor, doch lässt sie sich immerhin mit der unter ganz anderen Lebensverhältnissen vorkommenden Bildung
zahlreicher schuppiger Niederblätter zwischen entwickelten Laubblättern bei Platycerium alcicorne und
den verwandten Arten vergleichen.
Das drehrunde, nur über dem Ursprunge eines der grossen Blattstiele stark abgeflachte oder selbst
eingedrückte Stämmcehen (Taf. VI, Fig. 50 s, 51 s‘) ist in der Regel 10—11 mm, selten nur 7—10
oder bis über 13mm diek. Sehr schwache, nur 5—6mm dieke Stämmehen neben den vorigen machen
ganz den Eindruck von Aesten, um so mehr, da ihr Gefässbündel weniger scharf ausgeprägt, stumpfkantig,
auch wohl nur vierkantig ist, ja beim Ursprung in kleinen Zweigen vielleicht nur dreikantig, wenn man
die (Fig. 52 s“, 53 z, z‘) vom Stammgefässbündel nach aussen verlaufenden Bildungen als Zweige be-
trachten kann. Sie sind vom Stammquerschnitt selbst fast quer getroffen, also wohl, wie die Blattbündel,
steil ansteigend und deshalb kaum für Wurzeln zu halten. Daneben sieht man tiefe Furchen in der
Rinde, öfter bis auf das Holzbündel eindringende Spalten, welche wohl durch nachträgliche Zerstörung
des jungen Gewebes entstanden sind, das die durch Austreten von Aesten oder grossen Blattstielen
entstehende Lücke ausgefüllt hat und im Schutz der unmittelbar anliegenden Theile weich geblieben war.
Sonst ist die Aussenfläche des kahlen Stammes meist glatt, wo nicht, und dann meist in
grösserer Zahl über den Umfang zerstreut, kleine warzenartige Höcker, wohl von den Stielen der kleinen
Schuppenblätter, und dazwischen über der Austrittsstelle anderer liegende kleine Buchten den Umriss
unregelmässiger erscheinen lassen (Fig. 52 s, s“; 58—60 s).
In der Mitte enthält der Stamm ein rundliches, etwa 5mm diekes Holzbündel, wenn man das
kleinzellige, zarte, daher meist zerstörte Gewebe, welches das eigentliche Gefässbündel umgiebt und die
Buchten zwischen dessen vorspringenden Kanten ausfüllt, diesem zurechnet und das Ganze zur Unterscheidung
als Holzbündel bezeichnet.
Das Gefässbündel selbst ist nur selten, namentlich bei kleinen Stämmcehen oder Aesten,
stumpf fünfkantig mit abgerundeten Kanten, wie Fig. 52 s“; 53 sg, ähnlich dem von Z. Brongniarti.
Fast stets springen die fünf Kanten dureh tiefe Längsfurchen getrennt so weit vor, dass der Querschnitt
einen fünfstrahligen Stern zeigt, die Strahlen aussen abgerundet, wahrscheinlich da, wo gerade kein Gefäss-
bündel von ihnen entspringt, meist quer gestutzt mit scharfen oder selbst so stark vorspringenden Ecken,
dass die Rippe aussen fast zweischenkelig ‘erscheint (Fig. 51 s‘, u. a. — Fig. 64 sg). Die Mitte nimmt
ein kleinzelliges Mark ein (Fig. 64m), überall schwach entwickelt, so dass es auf den in natürlicher
Grösse gezeiehneten Quersehnitten, wie Fig. 50—52, 58—60, nicht wohl hat ausgedrückt werden können,
aber bei allen so gleichförmig, dass ein Schwinden desselben, wie es Renault im oberen Theile seines
Stämmehens von Z. Brongniarti beobachtet hat, nirgends zu finden war. Von dem immerhin diekeren
Mittelmark ziehen dünne, sich nach aussen verjüngende, plattenförmige Fortsätze in die 5 Vorsprünge des
Gefäissbündels und deren Schenkel hinein bis an den äusseren Umfang (Fig. 56m) und theilen so dasselbe
eigentlich in 5 rinnenförmige, im Querschnitt halbmondförmige Platten, deren paarweise nahe an einander
liegende Hörner mit der dünnen Markschicht zwischen ihnen die 5 ausspringenden Rippen des Gefäss-
bündels bilden.
Es nähert sich dadurch der Bau des Gefässbündels dem der meisten lebenden Farne; gleichwohl
seheint das Mark nicht dieselbe Bedeutung, wie bei diesen gehabt zu haben. Auch wo nur ein Gefäss-
bündel nach einem Blatte abgeht, wie bei Asplenium Ruta-muraria, A. Trichomanes, Athyrium Filie-femina
und vielen anderen, bleibt darüber eine Lücke im Gefässrohr, durch welche ein Streifen Markgewebe mit
dem Gefässbündel in den Blattstiel übergeht. Etwas Aehnliches habe ich bei Z. scandens nirgends auf-
finden können.
Dagegen sind, wie bei vielen lebenden, namentlich baumartigen Farnen, Gruppen von Markzellen
(Fig. 56m‘), vielfach zwischen die Tracheen eingelagert, welche als grössere Treppentracheen den
Haupttheil des Getässbündels bilden (t), während nach aussen kleinere folgen, in den Kanten der Rippen
endlich ganz kleine, welche die beiden dort auslaufenden Hörner der Gefässplatten verbinden.
Die das Holzbündel rings umziehende Scheide (Fig. 56 v; 57 v; 64 v) aus 4—5 Lagen
sklerenehymatischer Zellen mit winzigem Lumen kann man wohl als innerste Schicht der 4—5 mm dieken
Rinde (r) zurechnen, welche über drei Viertel der Masse des ganzen Stammes ausmacht. Sie besteht
aus dünnwandigen vieleckigen Zellen, etwa so gross wie die Sklerenehymzellen der Scheide, aber meist
etwas in die Länge gestreckt (Fig. 57 vr), in senkrechte Reihen geordnet mit ziemlich wagerechten Quer-
wänden.
Diese Stämmehen trugen nun, wie es scheint, ausser den vereinzelten Aesten dreierlei Gebilde:
zahlreiche kleine, kurz gestielte Schuppenblätter, wenige grosse, langgestielte Laubblätter und Luftwurzeln.
Ein längs durchsehnittener Stamm (Fig. 54 s), von welchem Fig 55, welche die untere Fläche
desselben Stückes darstellt, den halben Querschnitt (s) enthält, zeigt, wie von dem mittleren Gefässbündel
in ziemlich gleichmässigen Abständen rechts und links fadenförmige Gefässbündel schräg aufwärts durch
die Rinde nach aussen verlaufen, unstreitig, um in Blätter einzutreten, während unmittelbar unter ihnen
ähnliche Bündel rechtwinkelig von der Axe nach aussen gehen, wie die Wurzelbündel unserer Farne, ob
Stenzel, Die Gattung Tubicaulis Cotta. 5
ur
ich gleich Wurzeln ausserhalb der Stämmehen nicht mit Sicherheit habe unterscheiden können. Jeden-
falls, denke ich, gehören sie zu Wurzelanlagen.
Diese, wie die fadenförmigen Blattbündel scheimen danach in ziemlich weit von einander
abstehenden Wirteln vom Stammgefässbündel entsprungen zu sein. Bei der Steilheit des Aufsteigens der
letzteren durch die Rinde musste aber jeder Querschnitt 2 Kreise derselben treffen, und so vielfach gestört
ihre Ordnung auch ist, lässt sich doch oft wenigstens ein innerer und ein äusserer Bogen mit abwechselnd
gestellten Bündeln unterscheiden, und während bei vielen Querschnitten der Rand ganz glatt ist, wohl
da, wo der Stamm zwischen zwei Blattwirteln getroffen worden ist, treten bei anderen zahlreiche Höcker
aus ihm hervor, in denen die fadenförmigen Bündel noch gut zu erkennen sind. Diese Höcker sind
überall nach aussen rundlich abgegrenzt, wie die Durchschnitte dünner Blattstiele; die Schuppenblätter
scheinen daher nieht sitzend gewesen zu sein, wie dies Renault für Z. Brongniarti annimmt, sondern kurz
gestielt. Wenn die vom Querschnitt Fig. 64 b‘ und vom Längsschnitt Fig. 65 b‘, b“ nahe der Aussen-
fläche des Stammes getroffenen Gebilde, wie ich glaube, solehe Blätter sind, so haben sie sich von dem
kurzen abstehenden Stiel aufwärts gewendet, sich dabei bis auf einige Millimeter verbreitert und in der
Mitte auf Ys—*°/amm verdickt, um dann dünn auslaufend eine Länge von lem und etwas darüber
zu erreichen.
Sicherer liessen sich die Stiele der veremzelten grossen Blätter verfolgen. Viele Stamm-
querschnitte zeigten freilich solche überhaupt nicht; neben mehreren war ein, nur neben einem zwei
Blattstiele (Fig. 51 b, b‘) durehschnitten, ein Beweis, dass sie nur in grösseren Abständen von den
Stämmen entsprangen. Dafür geben die stärkeren unter ihnen bei einem Durchmesser von 6—-10 mm
den sie tragenden Stämmcehen an Dieke wenig nach, während andere, namentlich die höher über ihrem
Ursprung getroffenen sehr viel dünner sind (vgl. Fig. 60 b‘; 59 b‘ und 58 b). Davon ist freilich nur
selten etwas zu sehen. Querschnitte, wenig höher geführt, zeigen oft niehts mehr von den Blattstielen
der tieferen; offenbar sind nur die Grundtheile der Blattstiele stehen geblieben, alles Uebrige abgestorben
und vor der Verkieselung verwest. Nur einmal war ein längeres Stück eines Blattstiels oder eigentlich
einer Blattspindel erhalten (Fig. 52 b), welcher wohl von dem nahe unter seiner Spitze durchschnittenen
und daher auffallend dünnen Stämmcehen (s‘), entsprungen, umgeknickt wagerecht zwischen den Psaronius-
Wurzeln verlief, an dem, in der Zeiehnung nieht sichtbaren, abgebrochenen dünnen Ende aber noch
deutlich das der Gattung eigenthümliche Blattstielbündel zeigte. Von seinem Ursprung an scheint der
Blattstiel an Dicke wenig oder gar nicht zugenommen zu haben, etwa wie bei Cystopteris fragilis ; anfangs
gegen den Stamm, an den dicht anliegend er aufstieg, stark abgeplattet, wie dieser gegen ihn, bald aber
rundlich, doch mehr oder weniger queroval, wie bei Z. elliptica Ren.
Die Mitte des Blattstiels nimmt das für die Gattung bezeichnende Gefässbündel ein, welches
man besser mit einem liegenden I als mit einem H vergleieht; denn der Querbalken ist der Haupttheil,
die seitlichen Platten sind schwächer und offenbar von geringer Bedeutung. Seinen Ausgang nimmt das
Gefässbündel als flaches Band mit etwas diekeren Rändern von einer der 5 ausspringenden Rippen des
Stammgefässbündels (Fig. 60 b): bis zur Trennung des noch ganz breitgedrückten Blattstiels vom Stamme
treten die Ecken der Randverdiekung, nach aussen zusammenneigend, nach innen auseinanderlaufend, etwas
mehr hervor (Fig. 59 b; 61 b), um sich dann rasch zu den beiden dünnen seitlichen Platten auszubilden,
welche mit ihren Rändern einerseits nach dem Stamme hin, andererseits nach aussen sehen, hier kürzer
und etwas zusammenneigend, während sie nach innen länger sind und mehr auseinandertreten (Fig. 58 b;
60 b’; 63). Der der Stammoberfläche gleichlaufende Haupttheil, der Balken, besteht nur aus 2—3 Reihen
grösserer, ohne zwischengelagertes Parenehym aneinander schliessender Treppentracheen (Fig. 63 t)
von etwa 0,16mm mittlerem Durchmesser, vermischt mit kleineren, wie sie die seitlichen Platten in der
Mitte zusammensetzen, während gegen die Ränder noch kleinere Tracheen sich anschliessen. Rings umgeben
ist das Ganze von eimer dieken kleinzelligen Scheide, deren mittlere Lagen etwas grösser und zart-
wandiger sind, während die äusseren und noch mehr die inneren, an den Tracheen anliegenden Zellen
(v) besonders klein und mit scharf gezeichneten Wandungen erhalten sind.
Die sehr dieke Rinde, m welcher dass Gefässbündel mit semer Scheide eingebettet liegt, besteht
zu beiden Seiten des Querbalkens, namentlieh zwischen den nach innen gewendeten Schenkeln der seitlichen
Platten, aus dünnwandigen grossen Zellen (p), welche wenig hinter den grössten Traeheen zurückstehen;
geht dann allerseits in ein kleinzelliges Gewebe über (r) und nach aussen allmählich in noch kleinzelligeres,
ohne irgendwo eime Grenze zwischen einer inneren und einer äusseren Rindenschieht erkennen zu lassen.
Nur wenige Zellschiehten unmittelbar unter der Aussenfläche sind gegen das übrige Gewebe dentlich
abgesetzt.
Merkwürdig früh gehen, wie bei den Arten von Asterochlaena, von dem Blattbündel dünne, faden-
förmige Fiederbündel ab. Ehe noch der Blattstielgrund sich vom Stamme getrennt hat, wie Fig. 60
bei b, sieht man einzelne solehe Bündel schon nahe an ihrem Austritt und Fig. 62, wo der Blattstiel
wenigstens noch dureh den eigenthümlichen ventralen Spross mit der Stammoberfläche zusammenhängt,
sieht man solche Bündel theils eben vom Blattstielbündel entspringend, wie bei Z. primaria von den
beiden Enden des Querbalkens, nieht, wie man erwarten könnte, von den Rändern der seitlichen Platten,
theils schon mitten in der Rinde, andere endlieh nahe an der Aussenfläche des Blattstiels. Je besser
dieser erhalten ist, desto regelmässiger sieht man 2 Reihen dieser Fiederbündel nach jeder Seite ausgehen,
je eins von der Stelle, wo eine Ecke des starken Querbalkens mit einem Schenkel der seitlichen Platten
zusammentrifft. So müssen auch hier die zahlreichen Fiedern jederseits in 2 Reihen, an der ganzen
Spindel also in 4 Reihen, gestanden haben.
Das sonderbarste Gebilde dieser Zygopteris ist aber der stielrunde Spross, welcher sich fast
ausnahmslos zwischen dem Stamme und einem eben erst aus ihm entsprungenen Blattstiele findet (Fig. 50a,
5l a; 62 a), nicht weit darüber aber, wo der Blattstiel schon etwas vom Stämmehen entfernt ist, fehlt,
wahrscheinlich, weil er fast bis auf den Grund abstarb und verwitterte, während von den Blattstielen ein
etwas längerer Grundtheil lebendig und daher bis zur Verkieselung erhalten blieb. Die Verschiedenheit
dieses Gebildes von Stamm und Blättern, wie seine fadenförmige Gestalt liess darin anfangs eine Wurzel
vermuthen; dazu wollte aber die axilläre Stellung und das in die Höhe Wachsen zwischen Blattstiel und
Stamm wenig passen. Mehrere Dünnschliffe, zu deren Herstellung Herr Geheimrath Stur die besondere
Güte hatte ein geeignetes Stück zu bestimmen, liessen dann erkennen, dass das Gefässbündel dieses
Sprosses vom Blattbündel entspringt. Schon eine Reihe nahe übereinander genommener Querschnitte
liess erkennen, dass es beim Abgehen des Blattbündels (Fig. 60 b) vom Stammbündel noch nicht vorhanden
war; etwas darüber (Fig. 59 zwischen b und s; Fig 61 a) war es zwischen dem Stamm- und dem wenig
nach aussen gerückten Blattbündel b schon deutlich und zwischen dem weiterhin freien Blattstiel und dem
Stamme in scharfer Umgrenzung (Fig. 58 zwischen b und s) zu erkennen, während es Fig. 62 a noch
5+
einerseits mit dem Stamme, anderseits mit dem Blattstiel im organischen Zusammenhange steht. Der
Längsschnitt Fig. 65 dagegen zeigt — entsprechend den gerade darüber liegenden Theilen des Quer-
schnitts — dass vom Stammgefässbündel sg ein starkes Blattbündel bg entspringt, welches erst etwas
höher an seiner Innenseite das starke steil aufsteigende Gefässbündel des achselständigen Sprosses a’ ab-
giebt, während es sich selbst im Bogen nach aussen wendet. Gewiss ist die Höhe über dem Ursprung
des Blattbündels, in der es von diesem ausgeht, so gering, dass es auch als wirklich achselständig auf-
gefasst werden könnte; auch steht sein imnerer Bau dem des Stammes näher als dem des Blattstiels. Die
Mitte nimmt ein kleinzelliges Mark ein (Fig. 56 m‘), welches allerdings nicht sternförmig ist, sondern flach,
die eine breite Seite dem Stamme, die andere dem Blattstiele zugewendet. Dies ist umgeben von grösseren,
nach beiden Seiten von kleineren Tracheen, welche mit ihm ein mittelständiges länglichrundes Bündel
bilden. Das dies umgebende, dem Mark ähnliche Gewebe ist, wie im Stamme fast überall, zerstört, dagegen
wie dort von einer besser erhaltenen, hier nur 2—3 Zellreihen starken Scheide von Sklerenehym umzogen,
welche aussen noch von einer dünnen parenchymatischen Rinde umschlossen ist. Aber gerade bei den
Farnen entspringen weder Wurzeln, noch, mit Ausnahme einiger Hymenophyllaceen, Zweige in den Blatt-
winkeln und es ist daher gewiss natürlicher , diesen Stiel als den eines Blattsegmentes zu betrachten,
welcher, ähnlich wie bei den Ophioglossaceen, von der Bauchseite des Blattes sich trennt und, wie seine
geringe Dieke vermuthen lässt, nur die Sporangien trug, während der dieke äussere Theil sich zur Spindel
des grossen unfruchtbaren Blattabschnitts ausbildete. Das würde auch den schon oben berührten Umstand
erklären, dass dieser Stiel immer nur auf eine kurze Strecke erhalten ist, mdem er nach dem Ausstreuen
der Sporen bis gegen seinen Grund hin abstarb und verloren ging.
Ein ganz ähnlicher Stiel zwischen Blatt und Stamm kommt, wie wir oben gesehen haben (S. 30),
auch bei Z. Brongniarti vor, der einzigen unter den übrigen Arten der Gattung, von der wir den
Stamm kennen. Die anderen Arten der Untergattung Ankyropteris sind nur auf vereinzelte Blattstiel-
bruchstücke gegründet, und dass er an solchen nieht angetroffen wird, erscheint nach dem bei Z. scandens
Ausgeführten natürlich. Die grosse Uebereinstimmung derselben macht es sehr wahrscheinlich, dass auch
bei ihnen dieser blattwinkelständige Stiel verhanden war, über den wir recht wohl hoffen können durch
glückliche Funde vollständigere Aufklärung zu erlangen. Bei Z. primaria dagegen scheint derselbe
zu fehlen.
4. Z. (Ankyropteris) Lacattii B. Ren.
Z.trunco ........, petiolis teretibus, glabris, e faseiculo jugiformi, ab utroque latere
binos fascieulos filiformes (in pinnas) emittente et e eortice erasso interiore parenchymatoso leptoticho,
duetibus cellularum majorum elongatarum pereurso, exteriore prosenehymatoso e cellulis minoribus solidioribus
texto compositis.
Zygopteris Lacattii B. Renault |. c. p. 170; pl. 7, fig. 12; pl. 8, tig. 14—16; pl. 9, fig. 13.
Kieselknollen der permischen Formation von Autun.
es ist von der Art bisher nur ein kurzes Blattstiel-
Der drehrunde, etwa 11mm dicke Blattstiel
bruchstück gefunden worden — ist nicht wie der von Z. Brongniarti mit Spreuschuppen besetzt. Das
H-förmige Gefässbündel besteht aus einem starken Querbalken aus 3—4 Reihen grösserer Tracheen, welche
hier aber punktirte Wandungen haben, und 2 dünneren seitlichen Platten aus netzförmigen und Treppen-
tracheen, welche sich beiderseits bogenförmig gegen einander krümmen; das Ganze von einer dieken
kleinzelligen Scheide umgeben. Von den Enden des Querbalkens gehen neben einander 2 fadenförmige
Gefässbündel nach aussen ab, so dass auch hier die Fiedern in 4 Reihen an der Spindel gestanden
haben mögen.
Die Innenrinde, welche den grösseren Theil des Blattstiels bildet, besteht aus dünnwandigem,
vieleekigem Parenchym, in welches zahlreiche grosse Zellen, etwa 3—4 mal so lang als die umgebenden
Rindenzellen und in senkrechte Reihen geordnet, emgestreut sind; Renault betrachtet dieselben gewiss
mit Recht als Gummigänge. Die scharf abgesetzte Aussenrinde ist dagegen aus kleinen, derb-
wandigen Prosenchymzellen zusammengsetzt.
5. 2. (Ankyropteris) Tubicaulis Göpp.
Z. trunco ........; petiolis teretibus, glabris, e fasciculo vasculari centrali
jugiformi ab utroque latere binos faseieulos filiformes (in pinnas) emittente et e eortice crasso interiore
e cellulis elongatis teneris, exteriore e (prosenehymatosis) solidioribus texto compositis.
Zygopteris Tubicaulis Göppert in Fossile Flora d. Uebergangsgebirges, in Nova Acta Ac. Caes. Leop. Car.
Vol. XXII, Suppl. 1852, $. 137, Taf. XI, Fig. 1—3.
Im Bergkalk von Falkenberg in der Grafschaft Glatz.
In dem an wohl erhaltenen, in Kalk versteinerten Pflanzenresten reichen Kohlenkalk von Glätzisch-
Falkenberg fand Göppert in Gesellschaft von Neuropteris- und Cyelopteris-Arten, leider nicht in nach-
weisbarem Zusammenhange mit einer von ihnen, emzelne Stiele dieser Art, der stärkste etwa 1!/s cm
dick, stielrund, glatt, mit einem aus Treppentracheen bestehenden H-förmigen Gefässbündel, dessen
seitliche Platten grösser und dieker sind, als der sehr kurze Querbalken, wodurch sich der Querschnitt,
wie Göppert treffend bemerkt, mehr als bei Z. primaria — wir können heut hinzusetzen: auch mehr
als bei den anderen Arten der Gattung — der Bildung eines H nähert. Die noch theilweise erhaltene
lokere Innenrinde bestand aus einem gleichförmigen Gewebe enger langgestreckter Zellen ohne Gummi-
gänge; die dagegen scharf abgegrenzte Aussenrinde war in strukturlose schwarze Kohle verwandelt,
hatte also wohl aus diekwandigen prosenehymatischen Zellen bestanden. In ihr liegen an einer Seite
vor der einen seitlichen Platte, also ganz wie bei den anderen Arten nahe neben einander 2 helle zellige
Gebilde, unstreitig eben aus dem Blattstiel austretende Fiedergefässbündel.
Unter den Arten mit deutlich unterschiedener Aussenrinde steht Z. Tubicaulis der Z. Lacattii durch
die stielrunde Gestalt der Blattstiele nahe, hat aber keine Gummigänge im Rindenparenchym, wie diese.
Von Z. elliptica ist sie nicht nur durch die Gestalt des Blattstiels verschieden, sondern wie auch von den
übrigen Arten durch die grosse Länge und Dicke der Seitenplatten des Gefässbündels und die Kürze
des Querbalkens, endlich durch die Langzellen der Innenrinde. Selbst abgesehen von ihrem Vorkommen
in einer so alten Schieht, wie der Kohlenkalk, würden wir diese Reste daher zu einer eigenen Art
rechnen müssen.
6. Z. (Ankyropteris) elliptica B. Ren.
Z.truneo ........3 petiolis transverse seissis elliptieis glabris, e fasc iculo vaseulari
eentrali jugiformi ab utroque latere binos fascieulos (in pinnas) emittente, et e eortice ıInteriore
parenchymatoso e cellulis teneris aequalibus, exteriore e cellulis prosenehymatosis minoribus solidioribus
texto compositis.
Z. elliptieca B. Renault |. c. p. 169, pl. 7, fig. 10, 11. Rachiopteris Lacattii Williamson, On the organisation
of the Foss. Plants of Coal measures. Part VI, Ferns, in Philos. trans. of the Royal Soc. of London Vol. 164.
1874. p. 694—697; pl. 56, fig. 42; pl. 57, fig. 43—47; pl. 58, fig. 48. — Felix, Unters. westfäl. Carbonpfl.
in Abbandl. d. k. preuss. geol. Landesanst. VII. S. 162, Taf. I, Fig. 1.
Kieselknollen der permischen Formation von Autun (Renault).
Kalksteinknollen der Kohlenformation von Oldham in England (Williamson, Z. Lacattii); Dolomit-
knollen der oberen Kohlenformation von Langendreer in Westfalen (Felix, Z. Lacattii).
Ich habe die von Williamson und Felix zu Z. Lacattii B. Ren. gezogenen Blattstielreste zu Z.
elliptica B. Ren. gebracht, weil die einzigen etwas erheblicheren Merkmale der letzteren ihnen zukommen:
die breitgedrückte, im Querschnitt elliptische Gestalt des Blattstiels und die gleichförmige Innenrinde
ohne Gummigänge. Ob die auffallend grossen Zellen der westfälischen Bruchstücke in der Gefässbündel-
scheide, besonders in den inneren hohlen Winkeln derselben (Felix a. a. O. Taf. I, Fig. 1 p) Gummi-
gänge sind, ist wenigstens zweifelhaft und in der eigentlichen Rinde scheinen sie jedenfalls ganz zu
fehlen. Dass das Stück von Autun, während es mit den englischen ziemlich dieselbe Dieke hat, 6—9 mm
im längeren, 5 mm im kürzeren Durchmesser, hinter den westfälischen 12 mm und 7 mm dieken erheblich
zurückbleibt, scheint mir von geringerer Bedeutung zu sein; die dürftige Ausbildung des Gefäss-
bündels bei Z. elliptica ist wohl nur der Schwäche des vielleicht noch jungen Blattstieles zuzuschreiben.
Von seinem Querbalken gehen, wenn die von Williamson beschriebenen Stücke mit Recht hierher
gezogen werden, jederseits 2 Gefässbündel ab, welche aber hier anfangs noch durch einen Streifen eigenen
Parenchyms verbunden ein Band bilden (Williamson a. a. O. pl. 57, fig. 45), innerhalb dessen man aber
schon 2 Gruppen von Tracheen unterscheidet. Beim Eintritt in die Aussenrinde trennen sich diese und
gehen als zwei selbstständige fadenförmige Bündel nach aussen (das. fig. 47). Die Bildung des anfangs
beide Bündel enthaltenden Bandes erinnert immerhin schon an Z. bibractensis.
Die Innenrinde besteht aus dünnwandigen vieleckigen Parenchymzellen, so hoch oder etwas
höher als breit, in senkrechte Reihen geordnet, die Aussenrinde aus kleinen diekwandigen Prosen-
chymzellen.
7. Z. (Ankyropteris) bibraetensis B. Ren.
Z.truneo .2......., petiolis teretibus glabris, e fascieulo vasculari jugiformi, ab
utroque latere fasciam tenuem latiorem, fascieuli eentralis marginibus continuam (in pinnam) emittente,
et eortice erasso interiore paremehymatoso e cellulis teneris aequalibus, exteriore e eellulis minoribus
solidioribus texto eompositis.
Z. bibractensis B. Renault. c., p. 171, tab. 9, fig. 17, 18.
Rachiopteris bibractensis Williamson |. c., p. 697, tb. 58, fig. 49, 50.
Kieselknollen der permischen Formation von Autun (Renault); Kalksteinknollen der Steinkohlen-
formation von Oldham in England (Williamson).
Das für die Art, welche sonst mit Z. Lacattü übereinstimmt, bezeichnende Merkmal ist die Art,
“wie die Fiedergefässbündel nicht von den Enden des Querbalkens des Blattstielgefässbündels abgehen,
sondern von einem dünnen breiten Bande kleiner Tracheen, welches, von dem inneren Rande jeder der
beiden seitlichen Platten ausgehend, nahe der Aussenfläche derselben bis zu dem äusseren Rande sich
hinzieht.
Anachoropteris Corda.
Truneus tenuis herbaceus, faseieulo vascularimedullam parcam ambiente quinqueeostato,
transversim seisso angulato-stellato, costis truncatis margine dilatato v. bieruri, in quodvis folium singulum
fascieulum per eorticem erassum emittentibus, petiolis fascieulo vase ulari faseiaeformi canali-
eulato marginibus involutis pereursis.
Corda, Beitr. z. Flora d. Vorw. 8. 84. — B. Renault, Etude d. q. vegetaux silie. d’Autun, in Ann. sc. nat. de ser.
Bot. t. 12. 1869. p. 173.
Die Stämmehen von Anachoropteris stimmen in Grösse, Gestalt und allen Einzelnheiten ihres
merkwürdigen Baues so vollständig mit denen von Zygopteris überein, dass die Gattung nur des Baues
der Blattstiele wegen von B. Renault aufrecht erhalten worden ist. Wenn wir nun in der Gattung Astero-
chlaena Blattstiele mit nach aussen und Blattstiele mit nach innen hohlem Gefissbande vereinigt haben
— eine weniger in die Augen fallende, eigentlich aber bedeutendere Verschiedenheit, als zwischen
Zygopteris und Anachoropteris — so wird die Berechtigung jener Trennung freilich zweifelhaft. Dazu
kommen im sächsischen Rothliegenden ganz ähnliche Stämmehen vor, zu denen wahrscheinlich Blattstiele
mit einfachem quer-elliptischen Gefässbündel gehören. Trotzdem möchte es vorläufig am besten sein, die
Gattung im Sinne Corda’s beizubehalten.
Anachoropteris pulehra Corda.
NLTLUN CD A tenuibus pilosis, fasecieulo vasorum latissimo fasciato
canalieulato eavitate truncum speetante marginibus spiraliter involutis; cortiee parenchymatoso aequabili.
A. pulchra Corda, Beitr. S. 86, Taf. 56, Fig. 15.
Im Sphärosiderit der Steinkohlenformation von Radnitz in Böhmen.
Die 3-5 mm dieken Blattstiele scheinen sich öfter unter spitzem Winkel gabelig getheilt zu
haben, wie Corda’s Fig. 3 und seine Bemerkung „gewöhnlich finden sich 2 Fragmente neben einander“
vermuthen lässt. Sie waren behaart, rundlich, nur an einer Seite flach eingedrückt, wie es gewöhnlich an
der dem Stamme zugewendeten inneren Seite der Blattstiele und Spindeln der Fall ist, hier auffallender
Weise über der gewölbten Fläche des Gefässbündels, weshalb Corda annahm, dieses wende seine hohle
Seite nach aussen, wie wir dies bei Tubicaulis Solenites und Asterochlaena dubia ja auch wirklich finden.
Nachdem aber B. Renault an einem noch am Stamme anliegenden Blattstiele der A. Decaisnii gefunden
hat, dass das Gefässbündel nach innen eingerollt ist, ist dies auch für die anderen Arten wahrscheinlich ;
es ist dann Blattstiel und Spindel auf der Rückseite eingedrückt, auf der Innenseite gewölbt gewesen —
ein kaum weniger fremdartiges Verhalten. Das Gef:
‚sbündel ist ein sehr breites, dünnes Band aus 1—2
Lagen punktirter Tracheen; es bildete eine tiefe Rinne mit der hohlen Seite nach innen, die Ränder spiralig
eingerollt. Es liegt in einem gleichförmig dünnwandigen Parenchyen, dessen längliche Zellen in der
Mitte der mässig starken Rindenschicht am grössten sind, nach innen, wie nach dem Umfange zu
kleiner werden.
m
2. Anachoropteris rotundata Corda.
A. truneo ........3 petiolis tenuissimis glabris, fasciculo vasorum lato faseiato
canaliculato eavitate truneum speetante, marginibus simplieiter involutis, eortice parenehymatoso aequabili.
A. rotundata Corda, Beitr. S. 87, Taf. 54, Fig. 7—9.
Rhachiopteris rotundata Felix, westfäl. Carbonpfl. S. 15, Taf. 3, Fig. 2.
R. gleiche Williamson. a. a. O. Pars IX, p. 350, tab. 24. fig. 79.
Im Sphärosiderit der Steinkohlentormation von Radnitz in Böhmen (Corda); Dolomitknollen der
westfälischen Steink. (Felix); Kalkknollen von Oldham in England (Williamson).
Die nur 1Y/g bis gegen 4 mm dicken Spindelstücke sind etwas seitlich zusammengedrückt, rundlich
oder wie die der vorigen Art an der Aussenseite flach eingedrückt, kahl, sonst in Allem der vorigen
ähnlich, nur dass die Ränder des Gefässbündels nicht spiralig, sondern nur einfach nach innen eingerollt
oder, wenn man will, nur bogenförmig eingeschlagen sind. Es könnte das wohl mit der geringeren
Dieke der Stücke zusammenhängen, welche vielleicht aus dem oberen Theile der Spindel herrühren.
Dann würden sie von derselben Art herstammen wie die vorigen.
3. Anachoropteris Deeaisnii B. Ren.
A. truneo tenu herbaceo, faseieulo vasculari medullam parcam quinqueradiatam
ambiente profunde quinquesulcato, transversim scisso angulato-stellato, eostis truncatis margine dilatato v.
bieruri in quodvis folium singulum faseieulum per eorticem erassum emittentibus; petiolis tenuibus,
glabris dorso acutis angulis canalieulatis, faseiculo vasorum lato fasciato eanalieulato eavitate truneum
speetante marginibus incurvatis, cortice parenchymatoso cellulis majoribus (gummiferis?) numerosis.
A. Decaisnii B. Renault |. c., p. 173, pl. 10, fig. 1—4; pl. 11, fig. 5—8.
Kieselknollen der permischen Formation von Autun.
Das etwa 1'/; em dieke rundliche Stämmehen enthält ein bald mehr fünfkantiges Gefäss-
biündel mit wenig vorspringenden abgestutzten Rippen (Renault 1. e. fig. 1), bald ein so tief gefurchtes,
dass es im Querschnitt sternförmig ist mit abgestutzten oder am Ende zweischenkligen Strahlen (tig. 2);
auch sonst gleicht es so schr denen von Zygopteris Brongniarti und Z. scandens, dass die Zugehörigkeit
aller ohne Blattstiele gefundenen Stücke zu einer oder der anderen Gattung ganz zweifelhaft bleibt.
Nur wo die dieke Rinde noch erhalten ist, sind schon die durch sie aufsteigenden Blatt-
gefässbündel nicht wie bei Zygopteris bandförmig, sondern röhrenförmig und diese Röhre, im Quer-
schnitt ein dünner Ring von Treppentracheen, öffnet sich beim Austritt aus dem Stamme in den etwa
4 mm breiten Blattstiel auf der dem Stamme zugekehrten Seite, so, dass sie im Querschnitt einen von
aussen nach innen zusammengedrückten, an der Innenseite ein wenig geöffneten Ring darstellt. Um
diesen steht im Rindenparenehym ein unregelmässiger Kranz von besonders grossen Zellen, welche den
Gummigängen bei Z. primaria und Z. Lacatti ähnlich sehen. Merkwürdig bleibt es, dass auch hier wie
bei A. pulchra der Blattstiel nicht auf der inneren, sondern auf der Rückenfläche eingedrückt, ja durch
eine scharfkantige Rinne gefurcht ist. Von seinem weiteren Verlaufe wissen wir freilich noch nichts; die
am Grunde schwache Einrollung seines Gefässbündels könnte an seiner dieksten Stelle recht wohl wie
bei A. pulchra, in den höheren 'Theilen der Spindel wie bei A. rotundata sein; indess bleiben die kahle
Oberfläche der Blattstiele und die im Rindenparenchym eingestreuten grossen Zellen immer noch als Art-
merkmale übrig.
41
Blicken wir auf die bisher behandelten Reste krautartiger Farne zurück, so werden wir nicht
erwarten können, dass die auf Stamm und Blattstiele gegründeten Gattungen den in erster Linie nach
den Fortpllanzungsorganen abgegrenzten Gattungen lebender Farne entsprechen werden; aber das glaube
ich annehmen zu dürfen, dass in jeder Gattung, oder wo wir diese weiter gegliedert haben, in jeder
Untergattung nur Arten vereinigt sind, welche zusammengehören und welehe voraussiehtlich auch in den
der Eintheilung lebender Farne zu Grunde zelesten Merkmalen werden übereinzestimmt haben.
Nach ihren wichtigsten Merkmalen können wir sie in folgender Weise übersichtlich zusammenstellen:
I. Tubicaulis Cotta p. p. Stammgefässbündel mittelständig, drehrund.
1. T. Solenites Cotta. Ein Blatistielbündel, bandförmig, rinnig, die hohle Seite nach aussen
gewendet.
II. Asterochlaena. Stammgetässbündel mittelständig, tief gefureht, mit weit vorspringenden, am
Rande abgerundeten Rippen.
A. Menopteris. Stammgefässbündel dureh schmale Einsehnitte gefurcht; Rippen einfach; ein
Blattstielbündel, bandförmig, rinnig, die hohle Seite nach aussen gewendet.
1. A. dubia (Cotta). .
B. Asterochlaena Corda. Stammgefässbündel dureh breite Buchten gefurcht, Rippen verästelt ;
ein Blattstielbündel, bandförmig, Nachrinnig, die hohle Seite nach innen gewendet.
2. A. ramosa (Cotta). Blattstiele gedrängt, nach oben stark verdickt.
3. A. laxa. Blattstiele locker, über dem Grunde kaum verdickt, nach oben dünner.
C. Clepsydropsis Ung. Stammgefässbündel buchtig gefureht; ein Blattstielbündel, bandförmig,
eben, mit verdiekten Rändern.
a. Blattstielbündel breit, Ränder schwach verdickt.
4 A. kirgısiea. Blattstiel drehrund mit gleiechförmiger Rinde.
>. A. antiqua (Ung.). Blattstiel von aussen nach innen zusammengedrückt: Rinde innen
weich, aussen derb.
A. robusta (Une. ).
A. composita (Ung.).
b. Blattstielbündel schmal, Ränder stark vertlickt.
6. A. noveboracensis (Dawson).
7. A. (luplex (Williamson).
II. Zygopteris Corda. Mark im Querschnitt sternförmig: Stammgefässbündel tief buchtig
gefurcht, Rippen gestutzt oder zweischenkhig; Blattstielgefässbündel H-förmig.
A. Zygopteris. Blätter alle gross, mit langem Stiel (Spindel), gedrängt.
1. Z. primaria (Cotta).
B. Ankyropteris. Die meisten Blätter klein, schuppenförmig, einzelne gross mit langem
Stiel (Spindel).
a. Blattstielparenehym gleichförmig.
Stenzel, Die Gattung Tubicaulis Cotta. 6
Be or.
3. Z. Brongniarti B. Ren. Stamm und Blattstiele mit Spreuschuppen; Stammgefässbündel
mit dünnwandiger Scheide.
3. Z. seandens. Stamm und Blattstiele kahl; Stammgefässbündel mit sklerenehymatischer
Scheide.
b. Blattstielparenechym innen gross-, aussen klein- und langzellig.
* Fiederbündel schmal, von der Mitte der Seitenplatten des Blattstielbündels entspringend.
4. Z. Lacattii B. Ren. Blattstiel drehrund, in seinem Rindenparenchym Gummigänge.
5. Z. Tubieaulis Göpp. Blattstiel drehrund ohne Gummigänge.
6. Z. elliptica B. Ren. Blattstiel von aussen nach innen zusammengedrückt, ohne
Gummigänge.
Fiederbündel breit, von der ganzen Breite der Seitenplatten des Blattstielgefässbündels
ausgehend.
7. bibraetensis B. Ren.
-—]
IV. Anachoropteris Corda. Mark und Gefässbündel des Stammes wie bei Zygopteris; Blattstiel-
sefässbündel bandförmig, rinnig, die hohle Seite nach innen gewendet; Ränder eingeschlagen.
1. A. pulehra Corda. Blattstiel behaart, tänder seines Gefässbündels spiralig eingerollt.
> A. rotundata Corda. Blattstiel kahl, Ränder seines (Grefässbündels einfach eingerollt.
3. A. Deeaisnii B.Ren. Blattstiel kahl, Ränder seines Gefässbündels nur gegen einander
gekrümmt.
Reelınet man im Sinne Cotta’s zu Tubicaulis alle Stämme krautartiger Farne, welehe noch mit
Blattstielresten bedeekt sind, so schliessen sieh an die bisher behandelten Gattungen noch-die zum Theil
prachtvollen Reste an, welche Brongniart als Anomopteris Mougeotii aus dem bunten Sandstein der Vogesen,
aus derselben Formation später Schimper und Mougeot als (helepteris-Arten, Kutorga und Eiehwald aus
dem Kupfersandstein von Orenburg als Sphallopteris, Anomorrhoea und Bathypteris beschrieben haben, an
welehe sich noeh einzelne andere anreihen. Da wir aber die bisher aufgestellten Gattungen in erster
Linie auf den Bau des Stammes gegründet haben, so müssen wir auf eine Umgrenzung und Anordnung
dieser Gattungen so lange verziehten, bis uns der Bau ihrer Stämme genauer bekannt sein wird.
Nach einer Angabe von Eichwald (Ueber das Seifengebirge des Ural, in Baer und Helmersen,
Beitr. z. Kenntn. d. russ. Reiches, Bd. VIII, Petersb. 1843, S. 182) war das Mark bei Anomopteris
Schlechtendalii (= Sphallopteris S. Eichw., Lethaca ross. ; Thamnopteris S. Brongn.) von einem Ringe zahlreicher
getrennter Gefässbündel umgeben, welche sich in die Laubansätze fortsetzten. Darin würde diese Art
sich dem gewöhnlichen Bau der lebenden Farnstimme mehr annähern, als irgend eine der bisher be-
schriebenen Gattungen ; obwohl ich nieht gewiss bin, die Beschreibung richtig gedeutet zu haben. Dürfen
wir annehmen, dass auch bei Bathypteris rhomboidalis, C'helepteris gracilis, Anomorrhoea Fischeri die hohle
Röhre in der Mitte der Stücke durch Schwinden des Marks entstanden sei, so würden auch diese eine
ähnliche Anordnung der Gefässbündel um ein rundliches mittelständiges Mark gehabt haben.
Dagegen scheint die Rinde, dureh welche die zahlreichen Blattbündel aufstiegen, sich wieder mehr
den Tubicaulis der älteren Formationen anzuschliessen, indem sie, nach der von Eichwald gegebenen
Darstellung zu schliessen, ausserordentlich diek gewesen sein muss. Die von ihm in (ler Lethaea rossiea
Taf. XX, Fig. 3 abgebildete Blattspur muss ihrer Grösse nach weit von (der (efässaxe (les Stammes
entfernt gelegen haben und «doch ist sie mit den umgebenden Blattspuren durch ein parenchymatisches
Gewebe stetig verbunden, welehes man nur für ein Rindengewebe ansehen kann. Aehnlich dürfte es sich
bei den meisten übrigen von ihm beschriebenen Stücken verhalten haben. Ein sicheres Urtheil lässt sich
jedoch nach den vorliegenden Angaben noch nicht fällen.
Eher als vom Bau der Stämme können wir uns bei «diesen Arten von dem der Blattstiele eine
Vorstellung machen, indem bei allen, bei denen dies hat ermittelt werden können, namentlich das (refäss-
bündel von seinem Ursprung bis zu dem verwesten Ende des Blattstiels keine unerwartete (restaltver-
änderung erfahren hat. Ob aber «die Endfläche des stehen gebliebenen Blattstielgrundes Nach oder wie
bei Bathypteris wie ich glaube dureh Ausfaulen «ler Mitte vertieft war, das möchte kaum em Art-, sicher
kein Gattungsmerkmal abgeben.
Nur bei den von Pettko 1847 in dem tertiären Süsswasserquarz von Ilia bei Schemnitz in Ungarn
entdeckten und in den naturwissenschaftlichen Abhandlungen von Haidinger (III, S. 163—169 und IT,
Taf. 20) beschriebenen und abgebildeten verkieselten Farnstöcken, von welchen Unger in den Denk-
schriften der Wiener Akademie der Wissenschaften (math.- natw. Classe Bd. VI, 1853 m. 4 Taf.) eine
senauere Darstellung gegeben hat, sind uns wie bei den Tubieaulis Cotta’s Stamm und Blattstiele bekannt.
Thheils einfache, theils mond- oder hufeisenförmige, nach innen eingeschlagene Platten von Treppengefässen
bilden in grosser Zahl um das Mark eine durehbrochene Röhre, von der sieh einfache Bündel ablösen,
um dureh die Rinde nach je einem Blatte zu verlaufen. Hier bilden sie anfangs flache, bald rinnen-
förmige Gefässbänder, die hohle Seite dem Stamme zugewendet, welehe im den nach oben an Dicke stark
zunehmenden stärker gewölbt erscheinen. Die Aelmlichkeit mit Osmunda ist so gross, (lass auch Solms-
Laubach trotz einiger gewiss berechtigter Bedenken geneigt ist, «lie Zusammengehörigkeit der fossilen
Reste mit der lebenden Gattung zelten zu lassen. Wir schliessen daher Osmumdites Schemnitzensis Ung. und
O0. Dowkeri Carr. (Quart. J. geol. Soc. London, Vol. 26, 1870, p. 349) aus dem Eoeän von Herne-Bay
den Zubieaulis im Sinne Cotta’s an.
Diese lassen sich dann nach ihrem geologischen Vorkommen in folgende Uebersicht bringen:
nn |
R | |
Obere R Be
„pere | Rothlie- | Kupfer- | Bunt-
Devon. Steink.- | n Ei B
| kalk. x | gendes. |schiefer. sandstein
| Form,
Keuper. Tertiär.
Tobieaulis‘Solenites 2 . .:. te ll“ e Kahl 25 |
|
|
Asterochlaena dubıa
ramosa a . | . | . | ?
la en ea | . Mn
" kirgisica la A| |, +? |
. 1
. Anl DE | + | | | |
| | |
noveboracensis | + | | |
2 Aunplexz nee x t | | | |
= : . i | | |
Zygopteris primarla u 2 0 | . E A nz | | | |
Obere r
Bere Steink Roth- | Kupfer Bunt-
x "J1ıK.- . ee > .
kalk. 1 N liegendes schiefer. sandstein
'o A
Devon.
Keuper. | Tertiär.
Hm NN ——
Zygopteris Brongmiarti . . 2 2... Mer: : P —
scandens >. oc Mel A RE: 2 B 4
lacatnı m Re | 3 k ; u=
Tubicaulise. 0. «A: - |
m elliptiea BE REN BERE (2:° 10 | . F _ !
bibractensise. 2 rn we R | 8 = |
Anachoröpteris pulehra . . 2... - - b ZU
rotundata » 2: = 20. | 2 : —-
Deeaini » 22... | 48 ’ |
Cottaen danaeoides . » : nn. : : i A Ä x -r
Sphallopteris Mougeotü . . 2.2. & ß : ; ä et |
Schlechtendali . . . . E : ; 5
Anomorrhoea Fischeri . . » ... R |
Chelepteris gracllis . . » „2... B | Ä Ä A -
VORESIACH ua aa ae 4 I: . r 5 — |
MICLOpElUS: zgete en: R I 4: F : , Es |
macropeltis a EU ES | s h F : R zip |
Batlıypteris rhomboidea . . . 2. .- ; | ; i
lesanseanan. = „arage | Br: 2 : 3 —
# strongvlopeltis 9 ie i | i i e > { Sl
ÖOsmundites Schemnitzensiss . . . . . : F ; . s - a —
R Dosen R IM wre ; S F p b =
Die Stücke krautartiger Fame beginnen also im Devon mit den uns fremdartigsten Formen, ‚der
Gattung Asterochlaena, welehe dann bis ins Rothliegende geht, mit ihrem mittelständigen, tief und
unrezelmässig gefurchten Stammgefässbündel, für welches wir unter den lebenden Farnen nicht einmal
etwas Achnliches anzuführen wüssten. Veremzelt im Bergkalk, zahlreicher in der Steinkohle und
noch mehr im Rothliegenden treten dazu die Zygopteris mit ihrem auch, noch sehr eigenartigen
schwachen Stamm-Mark , das sich in dünnen Platten m die weit ausspringenden Rippen des im Quer-
schnitt sternförmigen Gefässbündels hineinzieht, ohne, wie es scheint, in regelmässiger Verbindung mit der
Rinde und den Blättern zu stehen. Das auch mit keinem andern recht vergleichbare H-Gefässbündel
der Blattstiele entfernt sie noch weiter von den lebenden Farnen, wie die im Stammbau ganz gleiche
Anachoropteris der Steinkohle und des Rothliegenden.
Der bis jetzt nur in der letzten Formation gefundene Tubicaulis Solenites nähert sich durch sem
drehrundes Stammgefässbündel schon mehr einigen freilich sehr viel kleineren jetztweltliehen Farnen,
— 4
tritt aber wie Asterochlaena dubia von allen weit dadureh zurück, dass sein rinnenförmiges Blattbündel
die hohle Seite nach aussen wendet.
Ob die Sphallopteris, Anomorrhoea, Chelepteris, Bathypteris aus dem Kupfersandstein und
der Trias dureh Ausbildung eines grösseren rundlichen Markes, umgeben von einem Gefässrohr oder
einer aus mehreren Gefässbündeln gebildeten Röhre den jetzigen Farnen noch näher stehen, ist noch
nicht sicher festgestellt; gewiss ist dies erst bei den dem Tertiär angehörenden Arten von Osmundites.
So mannigfach aber die Farnstöcke der älteren Formationen gebaut sind, in mehreren Stücken
zeigen viele eine auffallende Uebereinstimmung.
Auch wo der Stamm aufrecht war und seine Höhe wie die Dieke’der Blattstiele an baumartigen
Wuchs erinnert, fehlt es fast ganz, namentlich ım Stamme, an widerstandsfähigem sklerenehymatischen
Gewebe. Die Rinde, von einer Dieke, wie sie bei unseren Baumfarnen nie und selbst bei krautartigen,
einige Osmumdaceen vielleicht ausgenommen, kaum vorkommt, besteht durchweg aus ziemlich dünn-
wandigem Parenehym — die ganz dünne Sklerenchymscheite um «das Gefässbündel von Zygopteris
scandens kann kaum dagegen angeführt werden.
Bei Farnen mit z. Th. daumendicken Blattstielen ist es gewiss auffallend, dass überall nur ein
einziges Gefässbündel den Blattstiel und die Spindel durehzieht. Einen fremdartigen Eindruck macht
es auch, dass die Fiederbündel oft nieht von den Rändern «des Gefässbündels der Spindel entspringen,
sondern von der Fläche desselben, wie namentlich bei Tabieaulis Solenites und den Arten von Zygopterts:
noch mehr aber, dass die untersten Fiederbündel aus dem Blattstielgefässbündel unmittelbar bei seinem
Austritt aus dem Stamme, ja schon von der noch in der Stammrinde verlaufenden Blattspur entspringen,
was um so regelmässiger beobachtet wird, je besser erhalten die fossilen Reste sind. Ungestielte getiederte
Blätter möchten bei lebenden Farmen kaum vorkommen.
Die sehr auffallende Erscheinung, dass die Fiedern an jeder Seite der Spindel in zwei, im
Ganzen also in vier Reihen gestanden haben, kommt nur einem Theile der Arten zu, aber auch ohne diese
bleibt eine Reihe eigenartiger Merkmale allen oder den meisten gemein.
Erklärung der Abbildungen.
Ueberall bezeichnet a einen axillären Spross;
b Blattstiel; bg Blattstielgefässbündel ;
f Fiederstiel; fg Fiedergefässbündel;
h Holzbündel;
m Mark;
p Parenchym;
r Rinde: r‘ Innenrinde: r" Aussenrinde;
s Stamm; sg Stammgefässbündel:
t Tracheen ;
v Scheide;
w Wurzel.
Tafel 1.
Fig. 1—11: Tubicaulis Solenites Cotta. 3
Stamm aus drei Stücken bestehend, aus dem Museum der Bergakademie zu Freiberg in Sachsen,
v..d. Seite gesehen. Am oberen Ende eine trichterförmige Vertiefung o, von den schräg auf-
steigenden inneren Blattstielen umgeben. Ya der nat. Gr.
Querschnitt desselben. Obere Fläche der Scheibe im mineral. Museum zu Berlin (Coll. Cotta 2993).
s Stamm mit Blattbündeln 1—4 in der Rinde; 5—51 Blattstiele nach ihrer Folge im der Blatt-
spirale. Die Fiederstiele und Wurzeln zwischen ihnen sind weggelassen.
Mittlerer Theil der unteren Fläche derselben Scheibe, 1 em tiefer als Fig. 2. s Stamm; 4—8
Blattbündel in seiner Rinde; 9—21 dieselben Blattstiele, wie die mit den gleichen Zahlen be-
zeichneten in Fig. 2.
Blattgefässbündel mit eben angelegtem Fiederbündel fg, mit sich eben ablösendem fg’ (/ı).
. Blattstielquerschnitt. Ein Fiedergefässbündel eben angelegt (fg), zwei andere (tg‘) schon durch
die Innenrinde aufsteigend (1).
Blattstielquerschnitt. Fiederbündel in der Aussenrinde mit 2 Tracheensträngen (2/2):
Blattstielquerschnitt mit eben ausgetretenem schon gegabelten Fiederbündel (tg).
nn
Fig. 8. Blattstielquerschnitt mit Fiederbündeln auf verschiedenen Stufen: fe, fe’; fe" ein schief durch-
sehnittener Fiederstiel.
9. Wurzelquersehnitt (1).
„ 10. Das diareche Gefässbündel derselben mit wingebenden Parenchymzellen (19%, ).
. Zellen der Aussenrinde im Querschnitt (1% 1).
„ 11. Zell ler A le im Querschnitt (19%)
Tafel 11.
Fig. 12—13: Tubieaulis Solenites Cotta.
Fig. 12. Querschnitt eines Thieils des Stammes, nach einem Dünnsehliff im Besitz des Prof. Grafen von
Solms-Laubach. sg Stammgefässbündel z. Th. zerstört, z. Th. undeutlich, wie bei sg‘: v Scheide ;
r‘ undeutlich zellige Innenrinde:; r" Aussenrinde (*/ı).
„ 13. Querschnitt eines Theils emes Blattstiels, nach einem Dünnschliff im Besitz des Prof. Grafen von
Solms-Laubach. bg das mondförmige Blattgefässbündel; v Scheide um dasselbe: ı* Innenrinde,
r" Aussenrinde, mit grossen Lücken unter der Aussenfläche.
„ 14. Athyrium Filie-femina, Querschnitt eines starken Stockes von Schreiberhau im Riesengebirge ;
der dünne Stamm von Blattstielen dieht umgeben.
15. Del. Querschnitt eines schwächeren Stockes mit weniger gedrängten Blattstielen.
„ 16. Athyrium alpestre, Querschnitt eines starken Stockes, unter den Kuckueksteinen bei Schreiberhan.
„17. Blechnum Spicant, Querschnitt eines Stockes.
„ 18. Aspidium spinulosum 2 dilatatum, Querschnitt eines starken Stockes von Schreiberhau.
Tatel II.
Fig. 19—26: Asterochlaena (Menopteris) dubia.
Fig. 19. Querschnitt. Untere Fläche der von Cotta, Dendrol. Tab. I, Fig. 3 von oben abgebildeten
Scheibe im mineral. Museum zu Berlin (Coll. Cotta 484). s-s Stamm; sg Stammgefässbündel.
„ 20. Theil des vorigen, vergr. s-s Aussenfläche des Stammes; sg Stammgefässbündel; bg-bg" Blatt-
- bündel in der Rinde des Stammes: w, w Wurzelanlagen (?). Links freie Blattstiele (%ı
„ 21. Querschnitt emes Blattstiels beim Austritt aus dem Stamm (71).
»„ 22. Del. mit Hlachem, Fig. 23 mit rinnenförmigem Gefässbündel (1).
„ 24-26. Quersehnitte von. Blattstielen mit Fiederbündeln (fg) auf verschiedenen Stufen ihres Verlaufs
vom Blattbündel dureh die Rinde des Blattstiels ©).
Fig. 2731: Asterochlaena ramosa.
Fig.
N
1
Querschnitt. Sehliffdäche der von Cotta, Dendrol. Tab. III, Fig. 1 abgebildeten Scheibe im
Museum der Bergakademie zu Freiberg; untere Fläche. Der Umriss des Stammes s-s’ ist in
der Zeiehnung absiehtlieh scharf ausgeprägt; b Blattstiel. Die Fiederstiele und Wurzeln
zwischen den Blattstielen sind in der Zeiehnung fast alle weggelassen.
98. Stammgefässbündel der oberen Fläche derselben Scheibe, durch Vermoderung etwas angegriffen ;
zur leichteren Vergleichung mit Fig. 27 im Spiegelbild gezeichnet.
Mitte der Scheibe von demselben Stück im mineral. Museum zu Dresden; das Stammgefäss-
bündel noch stärker vermodert, hier auch schon die Rinde, daher der Stammumfang nicht
überall deutlich: die Gebilde zwischen «den Blattstielen nicht mit gezeichnet.
30—32. Gefässbündel von Blattstielen nahe dem Grunde und höher.
Tatel IV.
Fig. 33—37: Asterochlaena laxa.
33. Quersehliff einer Platte im städtischen Museum zu Chemnitz. Der Stamm s ist der Deutlichkeit
wegen etwas schärfer umrissen. bg‘, bg" Blattbündel; welehe schon in der Stammrinde Fieder-
bündel abgeben. w, w Wurzeln, welehe eben aus dem Stamme austreten, w‘ freie Wurzeln,
welehe mit Fiederstielen vermischt nur hier gezeichnet, zwischen den übrigen Blattstielen weg-
gelassen sınd.
34. Dieselbe Platte von der Seite; b, b‘, b‘““—bV Blattstiele (b“ derselbe wie b’“ Fig. 33);
b“ Hohldruck herausgefallener Blattstiele: f Fiederstiel.
35. Querschliff eines Stämmchens fast ohne Blattstielreste aus dem städtischen Museum zu Chemnitz.
b’—b“' weringe Blattstielreste.
36. Dasselbe von der Seite in derselben Lage, wie Fig. 35. bg Blattstielgefässbündel; b Hohl-
druck eines herausgefallenen Blattstiels; I, I Lücken im Gestein.
37. Quersehliff eines Stückes von Neu-Paka in Böhmen, im Museum der K.K. geolog. Reichsanstalt
zu Wien. s Theil der Stammrinde.
Fig. 35—44: Asterochlaena (Clepsydropsis) kirgisiea.
Querschliff einer Platte in mineral. Museum zu Dresden. s—s‘ Bruchtläche des Stammes;
>
an
‘ eben aus dem
se, sg' Theile vom Getässbündel desselben: w Wurzel in der Stammrinde: w
Stamme austretend; w” freie Wurzel längs durehsehnitten: w‘“ Wurzel sich verästelnd. b, b‘,
b" Blattstiele mit eben abgehenden Fiederstielen; f Fiederstiel. Bei e sind Fiederstiele und
Wurzeln zwischen den Blattstielen gezeichnet, zwischen den anderen sind sie weggelassen.
39—43. Blattstielquerschnitte mit Fiedergefässbündeln von der Ablösung vom Blattstielbündel bis
zum Austreten aus «dem Blattstiel.
44. Blattstielgetässbündel (?/ı).
Tafel V.
Fig. 45—47: Zygopteris primaria.
45. Querschliff des Stückes im Museum der Bergakademie zu Freiberg: Fiederstiele zwischen den
Blattstielen nur in der Mitte gezeichnet. ce Stelle über der Spitze des Stammes; b—h‘“ ganz
Fig.
Stenzel, Die Gattung Tubicaulis Cotta.
48
50.
junge Blattstiele; bIY ausgewachsener B. mit Fiederstielen; bY Lücke von einem ausgefallenen
Blattstiel.
Seitenansicht des vorigen, in derselben Lage wie Fig. 45: bY, bY! (=bV, bV! Fig. 45), Hohl-
druck ausgefallener Blattstiele; f Fiederstiel.
Querschnitt aus einem Blattstiel (2/1). Kleiner Theil eines Dünnsehliffs im Besitze des Prof. Grafen
‘ „n dd
v. Solms-Laubach. bg Querbalken des H-Gefässbündels; v’ imnerste, v" mittlere, v‘ äussere
Sehieht seiner Scheide; n die Stelle, von der die Fiedergefässbündel abgehen; r Innenrinde,
‘“ und Gummigängen I, 1; r" Grenzschicht der Aussen-
hier und da mit dunklem Zelleninhalt r
vinde: 1“ kleinzellige Aussenrinde, r!Y Lage etwas grösserer Zellen; rY undeutlich zellige
äusserste Schicht.
Tafel VI.
Fig. 48, 49: Zygopteris primaria.
untere, Fig. 49 obere Fläche eines '/s em dieken Abschnittes im mineral. Museum zu Dresden.
fo—foIN bezeichnen bei beiden dieselben Fiederbündel. Die Vergleichung zeigt ihren Verlauf
dureh die Rindenschicht des Blattstiels. Die Fiederstiele zwischen den Blattstielen sind in der
Zeichnung nur an einigen Stellen ausgeführt.
Fig. 50—55: Zygopteris (Ankyropteris) scandens.
Sämmtliche Zeichnungen von Z. scandens sind nach Stücken und Dünnschliffen im
Besitz der K. K. geologischen Reichsanstalt in Wien ausgeführt.
Theil eines verkieselten Blockes von Psaronius Asterolithus Cotta von Neu-Paka in Böhmen.
r—r Grenze der Rinde des Psaronius-Stammes mit Wurzelanfängen durchsetzt, welche z. Th.
selbst schon wieder von anderen Wurzelanfängen durchwachsen sind. Ausserhalb r—r freie
Psaronius-Wurzeln (ps), zwischen denen 3 Stämmehen von Z. scandens liegen, s—s‘‘; s mit
Blattstiel b und Axelspross a.
wie Fig. 50, ein Zygopteris-Stämmehen s mit 2 Blattstielen, b mit Axelspross a; und b‘; eins
[zZ
s‘ mit 1 Blattstiel und Axelspross a; eins s“ ohne beides.
wie Fig. 50, mit 4 Zygopteris-Stämmcehen: s, s“ ohne grossen Blattstiel mit vielen Ansätzen
von Schuppenblättehen; s‘ wahrscheinlich nahe unter der Spitze durchschnitten mit umgeknicktem
langem Blattstiel b; s““ mit Verzweigung vgl. Fig. 53.
Das Zygopteris-Stämmehen s“‘ Fig. 52 fünfmal vergr. sg das Gefässbündel mit sternförmigem
Mark: e Lücken in der Rinde; d, z, z’ vielleicht Zweige.
..-
F
«
. Längsschnitt dureh ein ähnliches Stück, dessen Querschnitt (untere Fläche) in Fig. 55 gerade
darunter gezeichnet ist, so dass die einander zugewendeten Kanten am Stücke zusammenfallen.
r—ı“ Rinde des Psaronius mit Wurzelanfäingen; ps freie Wurzeln des Psaronius; s Zggopteris-
Stämmehen.
Tafel VII.
Fig. 56—65: Zygopteris (Ankyropteris) scandens.
Fig. 56. Querschnitt durch den Axelspross a Fig. 50 und den angrenzenden Theil des Stammes (vgl.
n
a7.
Fig. 64).m Mark, m‘ vereinzelte Markstreifen zwischen den Tracheen t des Stammgefässbündels,
dessen umgebendes Parenchym fast völlig zerstört ist, v Sklerenehymscheide, r Rinde des Stammes ;
v‘ Sklerenehymscheide des Sprosses a, dessen Gefässbündel das Mark m‘ einschliesst (?°/ı).
Längsschnitt eines kleimen Theils der Sklerenehymscheide v des Stammgefässbündels und der
angrenzenden Rinde r (1).
58—60 und 61. Querschnitte durch dieselben Stämmehen von Z. scandens in verschiedener Höhe
62.
63.
69.
mit Blattstielen in verschiedenen Stufen der Ausbildung. Im untersten Schnitt Fig. 60 ist die
Blattspur b noch nahe dem Holzbündel des Stammes s in dessen Rinde; Fig. 59 zwischen ihnen
der Axelspross angelegt, vergrössert in Fig. 61, wo d wohl ein Schuppenblatt ist; Fig. 58 der
Blattstiel b und der Axelspross a frei.
Fig. 60 hängt der Blattstiel b’ mit dem Stamme s’ noch durch den Axelspross zusammen.
Etwas höher ist er frei, b‘, der Achselspross zweitelhaft, vielleicht zur Seite gedrängt in a;
Fig. 58 fehlt er; Blattstiel b‘, ist vom Stamme entfernter, schon viel dünner.
Ein Axelspross a zwischen Stammrinde r und Blattstiel b, mit beiden noch im Zusammenhange.
Das Blattstielbündel giebt schon mehrere Fiederbündel ab.
Querschnitt eines Theils eines Blattstiels; t Tracheen des Querbalkens des H-Gefässbündels;
p grosse Parenchymzellen zwischen ihm und den Seitenplatten auf der dem Stamme zugewendeten
Seite; v Gefässbündelscheide; r Rinde; r“ äusserste sehr kleinzellige Schieht der letzteren (#/ı).
Querschnitt des halben Stämmehens Fig. 50 s mit dem Achselspross a; m Mark, sg Gefässbündel
mit v Scheide und r Rinde des Stammes; b‘ quer durchsehnittene Schuppenblätter ; ps Psaronius-
wurzeln (?/ı).
Längsschnitt desselben, gerade unter den Querschnitt gezeichnet. Nur das Mark ist nieht ge-
troffen, sonst s Stamm, in der Mitte t Tracheen, beiderseits eine Lücke; dann v Sklerenchym-
scheide, r Rinde, links ganz schwach, weil der Axillarspross a (mit Tracheen t‘, Scheide v’) sie
zurückdrängt; b Blattstiel mit Tracheen t“. Unten hängt mit dem Stammgefässbündel sg noch
zusammen das Blattstielgefässbündel bg, von dem sich nach innen das des axillaren Sprosses a‘
abzweigt. Auf der anderen Seite des Stammes wohl mehrere Schuppenhlätter b‘, b“; dann
Psaronius-Wurzeln ps, von denen eine durehwachsene das sehr schief durchschittene, daher lang-
gezogene siebenstrahlige Gefässbündel zeigt.
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Bibliotheca botanica.
Original-Abhandlungen aus dem Gesammtgebiete der Botanik,
herausgegeben von
Dr. 0. Uhlworm und Dr, F. H. Haenlein in N.
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Inhalt der einzelnen Hefte:
I. Band.
I. Schenk, Dr. H., Vergleichende Anatomie der submersen Gewächse. Mit 10 Tafeln. Preis 32 Mk.
2, Zopf, Dr. W., Botanische Untersuchungen über die Gerbstoff- und Anthoeyan Behälter der Fumaria-
ceen. Mit 3 farbigen Doppeltafeln. Preis 30 Mk.
3. Schiffner, Dr. V., Ueber Verbaseum-Hybriden und einige neue Bastarde des Verbascum pyramidatum-
Mit 2 Tafeln. Preis 4 Mk.
4. Vöchting, Dr. H., Ueber die Bildung der Knollen. -— Mit 5 Tafeln und 5 Figuren im Text.
Preis 8 Mk.
d. Dietz, Dr. Sandor, Ueber die Entwickelung der Blütlie und Frucht von Sparganium Tourn. And
Typha Tourn. Mit 3 Tafeln. Preis 8 Mk.
II. Band.
6. Schenk, Dr. A., Fossile Pflanzen aus der Albourskette. Mit 9 Tafeln. Preis 8 Mk.
7. Rees, Dr. Max u. Fisch, Dr. C., Untersuchungen über Bau und Lebensgeschichte der Hirsch-
trüffel, Elaphomyces. — Mit 1 Tafel und 1 Holzschnitt.
8. Buchtien, Dr. 0., Entwickelungsgeschichte des Prothallium von Equisetum. Mit 6 Tafeln.
9. Huth, Dr. E., Die Klettpflanzen mit besonderer Berücksichtigung ihrer Verbreitung durch Thiere, —
Mit 79 Holzchnitten.
10. Schulz, Aug., Beiträge zur Kenntniss der Bestäubungseinrichtungen und der Geschlechtsvertheilung
bei. den Pflanzen. Mit 1 Tafel.
11. Wiegand, Dr. A., Nelumbium speeiosum. — Nach des Verfassers Tode herausgegeben von Dr.
E. Dennert. Mit 6 Tafeln.
12. Stenzel, Die Gattung Tubicaulis Cotta. Mit 4 Tafeln.
Ferner haben Beiträge in Aussicht gestellt die Herren:
Prof. Dr. A. B. Frank in Berlin, Prof. Dr. L. Kny in Berlin, Geh. Rath Prof. Dr. Jul. Kühn
in Halle a/S., Prof. Dr. F. Ludwig in Greiz, Prof. Dr. Russow in Dorpat u. A,
Die „Bibliotheca botanica“ erscheint in Quartformat in zwanglosen Heften mit zahlreichen, zum grossen Theil farbigen
Tafeln ausgestattet. — Jedes Heft wird einzeln abgegeben und einzeln berechnet,
In gleichem Verlag erschien:
Dodel-Port, Dr. Arnold
Biologische Fragmente.
Beiträge zur Entwickelungsgeschichte der Pflanzen.
Folio cart. Mark 36.—
Druck von Gebr. Gotthelft in Kassel,
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BIBLIOTHEGA BOTANIGA.
Abhandlungen
Als
dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
Dr. Oskar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein
in
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Cassel.
Mit diesem Heft scheidet Herr Dr. Oscar Uhlworm aus der Redaction aus und tritt
Herr Professor Dr. Luerssen, Director des Botanischen Gartens in Königsberg i./Pr. an seine Stelle,
Derselbe wird mit Herrn Dr. F. H. Haenlein in Münden (Hannover) die Redaetion weiterführen.
Beiträge zur „Bibliotheca Botanica* bittet man an einen dieser beiden Herren zu senden.
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Die Verlagsbuchhandlune.
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(Heft Nr. 13.)
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Adelbert Geheeb: Neue Beiträge zur Moostlora von Neu-Guinea.
Mit 8 Tafeln.
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Verlag von Theodor Fischer.
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BIBLIOTHEGA BOTANIGA.
Abhandlungen
dem Gesammtgebiete der Botanik.
Herausgegeben
Dr. Oskar Uhlworm und Dr. F. H. Haenlein
Cassel.
(Heft Nr. 13.
Adelbert Geheeb: Neue Beiträge zur Moosflora von Neu-Gninea. Mit Tafel I—- VII.
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
1ISS9.
Neue beiträge
zur
Moosflora von Neu-Guinea.
Von
Adelbert GTelheeb.
Mit S Tafeln.
CASSEL.
Verlag von Theodor Fischer.
1589.
Alle Rechte vorbehalten.
Neue Beiträge zur Moosflora von Neu-Guinea.
Von
Adelbert Geheeb.
Nıit Tafel I—VIIl.
Veranlassung zu dieser kleinen Arbeit gab eine Sammlung Moose, welche der unermüdlich
thätiee hochverdiente Herr Dr. F. Baron von Müller zu Melbourne mir zum Studium zu überlassen
die Freundlichkeit gehabt hat. Diese Moose wurden zum grössten Theile während Capntän Evvill’s
Expedition von W. Bäuerlen 1885 gesammelt und zwar im Süden von Neu-Guinea am Fly River
(Branch). Die erosse Hoffnung, welche Baron von Müller auf diese Expedition gesetzt, hat sich leider
nicht erfüllt. indem die wissenschaftlichen Sammler derselben nur selten Gelegenheit fanden, auf längere
Zeit an’'s Ufer zu kommen. Daher die geringe Anzahl von Arten. welehe meist nur in kleinen Pröbchen
vorliegen. — Einige wenige Moose stammen von den „Uloudy Mountains near South-Cape*, wo sie
von Rev. Mr. Chalmers und Capitin Bridge 1854 gesammelt worden sind. — Endlich finden sich
@.
Lawes und ein Räschen ohne nähere Standortsangabe, welches Capitän Armit lieferte. — Aus einem
noch einige Moosproben von Astrolabe Range (Nordseite von Neu-Guinea), gesammelt von Rev. W.
so äusserst mangelhaft durehforschten Gebiete, wie Neu-Guinea in bryologischer Beziehung zur Zeit noch
ist, wird der Moosfreund auch die kleinsten Beiträge nicht ohne Interesse aufnehmen, daher bot ich Alles
auf, was in meinen Kräften stand. um meme Aufgabe der Lösung möglichst nahe zu bringen. Ohne die
kräftige Unterstützung unseres hochverehrten Herrn Dr. Karl Müller von Halle wäre dies jedoch sehr
schwierig gewesen. welcher mit liebevoller Sorgfalt Alles, auch die kleinsten Bruchstücke, zu prüfen die
Güte gehabt hat, wofür ich diesem meimem hochverehrten Freunde auch an dieser Stelle herzlichsten
Dank ausspreche. Wo es, bei den neu aufgestellten Arten, nur einigermassen lohnend erschien, habe ich
die Beschreibung auch bildlich zu veranschanlichen versucht und zwar so, dass meine liebe Frau das
Habitusbild zeichnete, während die mikroskopischen Details von mir selbst durch das Prisma angefertigt
worden sind.
I. Moose vom Fly River (Branch).
l. Leucobryum auwriculatum ©. Müll. n. sp.
Laxe caespitosum, glaucescens, humile, ramosum : folia Hexuosa, e bası oblongä Iineari — lanceolata
tenuissime marginata, apice obtusiuseulo subtile dentieulata. basi late aurienlata, aurieulis unicellulosis laxe
retieulatis. ÜCaetera desunt.
Fly River (Branch). sub No. 149 sterile leg. W. Bäuerlen.
Ueber dieses Moos, das in einem höchst dürftigen Räschen vorliegt. bin ich nicht in’s Klare
sekommen. Es will mir nicht gelingen. es von Leucobryum sanctum Hpe. zu trennen: denn was Herr
Dr. K. Müller besonders hervorhebt, „folia basi late aurieulata“. finde ich auch mehr oder weniger deut-
lieh ausgebildet bei Z. sanetum. Vielleicht findet sich dieses Moos unter späteren Sendungen, welche
mir aus Melbourne zugehen sollen, in besseren Exemplaren wieder, damit es von Neuem untersucht
werden kann.
2. Leucophanes (Tropinotus) minutum C. Müll. n. sp.
Czespitulosum. tenerum. 5 millim. eireiter altum. glaucum, nitens: folia ereeto-patula. e basi
subvaginante anguste Iinearia. obtuse acuminata apice serrulata, nervo sat valido exeurrente, margimata;
cellulis reetangulis vel subquadratis, margimalibus angustissimis, linearibus. Caetera desunt.
Fly River (Branch), aliis museis pareissime intermixtum leg. W. Bäuerlen.
Allem Anschein nach noch jugendliche Pflänzchen, welche ich anfänglich als zu L. albo-nitens
von den Fidschi-Inseln gehörend bezeichnet hatte. von welchem sie jedoch, nach Dr. K. Müller's
freundlicher Mittheilung, schon durch Blattfoım und Zellmnetz abweichen. Uebrigens bin ich, nach noch-
maliger Untersuchung, zu der Ansicht gelangt. dass hier eine junge Pflanze von Leucophanes oectoblepha-
roides Brid. vorliegen dürfte. mit welchem das Moos vom Fly River bezüglich der Blatt- und Zellenbildung
wirklich sehr gut übereinstimmt.
3. Syrrhopodon (Busyrrhopodon) gracilis Geheeb n. sp.
Dioieus, laxe caespitulosus, suberectus, sordide virens: caulis elongatus, NHexuosus, remote ramosus,
ense foliosus: folla caulina e basi brevi vaginante pellueidä integrä lanceolata vel ovato-lanceolata
concava margine undulato-inflexo argute dentieulata, humida erecto-patentia, sicca ineumbentia paulisper
tortilia. nervo erasso infra apicem evanido : cellulae superiores rotundato-quadratae minutae chlorophyllosae.
marginales angustissime lineares versus apicem folii evanescentes, basilares rectangulares magnae hyalinae;
folia perichaetialia caulinis similia; theca deopereulata 1.5—2 millim. longa in pedicello tenuissimo rubello
I centim. alto erecta oblonga vel cylindrica, brevicollis, brunnescens, nitida., orificio paullo eontracta,
columella persistente: peristomii dentes 16 breviuseuli erecti lanceolati punetulati. — Flores masculi,
ealyptra opereulumque desunt.
Fly River (Branch), sub No. 94 leg. W. Bäuerlen.
Taf. I. Fig. 1. Pflanze in nat. Grösse. 2. Ein fruchttragender Ast, 10 mal vergr. 3—5. Stengel-
blätter. 6 und 7. Perichätialblätter, 25 mal vergr. 8. Hälfte der Basis eines Stengelblattes. 9. Spitze eines
Stengelblattes, 90 mal vergr. 10. Fruchtkapsel, 25 mal vergr. 11. Peristomzähne, 300 mal vergr.
Dieses Moos steht, nach meiner Ansicht. «dem Syrrhopodon Jungwilianus Mitt. sehr nahe. von
welchem es sich durch höhere Räschen (ohne Seta durchschnittlich 2 Centimeter hoch, während 8.
‚Junguilianus von Borneo, nach dem Bilde der Bryologia Javaniea, nur 5 Millimeter Höhe erreicht), ein
wenig breitere, schärfer gezähnelte Blätter und längere Fruchtkapsel unterscheidet; ob nur grössere Form
letzterer Art, vermag ich, aus Mangel an einem Originalexemplar. nicht zu entscheiden. Herr Dr. Ka rl
Müller schreibt mir: „Weicht von $. Jungwilianus schon durch lange Stengel und kräftige. langgestielte
Früchte ab. Neigt eher zu S. Oodonoblepharum ©. Müll. (Codomoblepharum undulatum Dry x Mikb.) hin,
von welchem das Moos jedoch sogleich durch die langen Fruchtstiele unterschieden wird.
I. Syrrhopodon (Calymperidium) subulatus Lac.
Fly River (Branch), ad truncos arborum sub No. 70 lee. W. Bäuerlen.
Anfänglich glaubte ich in diesem Moose, das bei flüchtiger Betrachtung an cewisse Gampylopus-
Arten erinnert, eine neue Art zu erkennen (8. Buewerlenii)., bis ich meine bereits davon entworfene
Zeichnung völlig übereinstimmend finde mit der Abbildung des Syrrhop. subulatus im Supplement zur
Bryolog. Javanica. Eine Vergleichung der Pllanze vom Fly River, welche mit einigen überreifen
Fruchtkapseln gesammelt wurde, mit Originalexemplaren des 5. subulatus (ex _herh. Sande-Lacoste)
ergab in der That ihre genaue Identität.
5. Suyrrhopodon ( Calymperidium) strietifolius C. Müll. n. sp.
Fasciculato-ramosus, rigidus, eireiter 15 centim. altus, e fuscescenti albo-viridis, fragilis; fola e
basi pellucidä vagmante paullo latiore lineari-setacea elongata, strietiuscula, margine incrassata, integerrin a
Hemlato-apieulata, nervo valido infra apicem dissoluto ; cellulae minutae inerassatae quadratae vel rotundato-
uadratae subopacae, inferne majores laxiores reetangulae vel quadratae, margine lineares. — (aetera
desunt.
Fly River (Braneh), sub No. 95 leg. W. Bäuerlen.
Ks ist mir ımverständlich, warum vorliegendes nur steril gesammeltes Moos von Syrrhopodon
(Calymperidium) Muelleri Dzy & Mlkb. getrennt werden soll, von welchem es, nach meinem Dafürhalten,
höchstens eine forma palleseens darstellen dürfte. Herr Dr. K. Müller betont, dass das von Sumatra
und Borneo ihm vorliegende Calymperidium Muelleri immer rostbraun sei und einen gelb-rothen Blatt-
saum habe: warum aber sollte nicht auch einmal eine blassere Färbung, durch locale Einflüsse erzeugt.
bei’ ein und derselben Art vorkommen können? Was mein hochgeschätzter Freund noch über die basi-
lären Zellen bemerkt. dass dieselben bei der Neu-Guinea-Pflanze zarter und lockerer sein sollen, kann
ich, nach wiederholter Untersuchung, nicht bestätigen. Das Moos vom Fly River ist gelblich-braun, in’s
Weisslich-grüne spielend, und zeigt daher einen nicht gelb-rothen, sondern nur gelblich -grünen Saum.
Das Zellnetz in der oberen Blatthälfte ist sehr ungleichartig, d. h. es finden sich neben der Mehrzahl
«adratischer Zellen auch viele rundlich - quadratische. rectanguläre und selbst dreieckige, — und genau
so ist die Pflanze von Sumatra (ex herb. Sande-Lacoste) beschaffen, es ist daher nicht ganz correct,
wenn es von letzterer Art in.der Bryol. Javanica heisst: „cellulae reetangulares.““ In der Beschaffenheit
(ler Basilarzellen aber vermag ich zwischen beiden Pflanzen einen Unterschied nicht herauszufinden. Ob
indessen die Fructification, wenn sie von der Neu-Gninea-Pflanze einst entdeckt werden wird, wesentliche
Abweichungen zeigt, müssen wir abwarten.
6. Rhizogonium Novae-Caledoniae Besch. (var.)
Fly River (Branch). sub No. 149 et 351 ce. for. femin. leg. W. Bäuerlen.
Durch etwas länger zugespitzte und blass areolirte Blätter (nach Dr. K. Müller's gütiger Mit-
theilung) von der Bescherelle’schen Pflanze abweichend und wohl eine Varietät derselben darstellend.
Blüthen constant zweihäusig (hier nur weibliche vorhanden) und schon dadurch von dem sonst sehr ähn-
lichen Rh. spiniforme unterschieden. welches überdies kürzere Blätter hat. Die beiden Proben vom Fly
River sind übrigens in der Färbung verschieden: No. 149 ist dunkelgrün, No. 351 bräunlich-gelberün,
die mikroskopische Beschaffenheit ist aber bei beiden die aleiche.
7. Endotrichum (Garovaglia) Baeuerlenii Geheeb n. sp.
Caulis secundarius simplex. 6—7 centim. altus. subeurvatus, densissime foliosus basi nudus: fola
luteo - viridia nitentia ereeto - patentia octofaria late ovato - oblonga, subito in euspidem subpiliformem
Hexuosam serratam contracta, margine dentieulata, profunde plicata, transversim undulato-rugosa, nervis
binis brevibus obsoletis. cellulis elongatis angustissime linearibus maxime incrassatis subflexuosis, bası
laxioribus subquadratis aurantiacis. Caetera desunt.
Fly River (Branch), sub No. 97 sterile leg. W. Bäuerlen.
Ob wirklich noch unbeschrieben? In wenigen Stengeln gesammelt, dazu steril, an E. plicatum
erinnernd, doch durch stark gewellte Blätter und fremdartiges Zellnetz (die Zellen sind viel enger, stärker
verdiekt und bedeutend kürzer) gewiss von dieser Art abweichend.
Ss. Neckera (Paraphysanthus) nano-disticha Geheeb n. sp.
Monoica: N. distichae simillima, sed inflorescentia monoica, statura humilior. tenera: folia,
perichaetium, pedunculus, theca, opereulum et peristomium N. distichae.
Fly River (Branch). ad arbores leg. W. Bäuerlen sub No. s4 et YS8c.
Taf. II., B. Fig. 1. Fruchtende Pfl. in nat. Grösse. 2. Frucht. Ast, 10 mal vergr. 3, 4. Stengel-
blätter. 5-7. Astblätter, 25 mal vergr. 8. Hälfte der Blattbasis. 9. Blattspitze, 150 mal vergr. 10. Männ-
liche Blüthe. 11. Weibliche Blüthe, 10 mal vergr. 12. Spitze eines inneren Perichätialblattes, 150 mal vergr.
13. Archegonien mit d. Paraphysen. 14. Antheridien mit d. Paraphysen, 50 mal vergr. 15. Entdeckelte Kapsel
im Perichätium, 25 mal vergr. 16. Deckel, 35 mal vergr. 17. Sporen, 200 mal vergr. 18. Peristom,
150 mal vergr. 5
In nur wenigen Stengelchen. doch mit guten Fruchtkapseln gesammelt, unterscheidet sich diese
zierliche Art von Nerkera pseudo-disticha ©. Müll. (herb.) von den Philippinen sogleich durch die Form
der Blattspitze. welche bei der letzteren Art nicht abgerundet, sondern zugespitzt erscheint, auch schmäler
und scharf gesägt ist,
%. Neckera (Nanocarpidium) Baeuerlenii Geheeb n. sp.
Hermaphrodita: caulis primarius repens, parce radieulosus: secundarius erectus eireiter 4 centim.
altus frondiformis inaequaliter pinnatus, pinnis patenti - divergentibus luteo - viridibus simplieibus rarius
divisis obtusis loriformi-planissimis: folia caulina disticha parum transverse rugulosa, e basi asymmetrica
oblongo-lhenlata margine basi uno latere inflexa versus apicem subtilissime dentieulata, apice rotundato-
obtusa vel brevissime apieulata. nervo concolore validiuseulo ante apicem evanıdo, rammlina similia panllo
minora, cellulis minutis rotundatis inerassabtis inferne elongatis: folia perichaetialia externa ovata. acıımi-
nata, interna majora, concava, late ovata longius acuminata, summo apice obsolete dentieulata: theen
deoperenlata in pedicello pallido labro 1.5 millim. longo erecta oblongo-ovalis fuscescens eellulis pro-
minentibus hie illie verruculosa: peristomii albidi dentes externi lanceolato-acummati artieulati aspernli
Iinea media notati, intern angustiores subaequilongi medio anguste perforati.
Fly River (Branch). ad truncos arborum, sub No. 71 et S2 lee. W. Bäuerlen.
Taf. II. Fig. 1. Fruchtende Pfl. in natürlich. Grösse. 2. Spitze eines Astes, 10 mal verger. 3 und 5.
Stengelblätter. 4. Ein solches, trocken. 6—8. Astblätter, 25 mal vergr. 9. Blattbasis. 10. Stück aus der
Mitte des Blattes. 11. Blattspitze, 90 mal vergr. 12. Perigamium, 10 mal vergr. 13. Spitze eines inneren
Perichätialblattes, 90 mal vergr. 14. Ein Antheridium und 2 Archegonien mit Paraphysen, 50 mal verer. 15,
16. Aeussere Perichätialblätter. 17, 18. Innere Perichätialblätter, 25 mal vergr. 19. Fruchtkapsel mit den
Perichätialblättern, 10 mal vergr. 20. Peristom, 150 mal vergr.
Diese zierliebe und, wie es scheint, noch nicht beschriebene Art besitzt ihre nächste Verwandte
in Neckera Graeffeana ©. Müll. von den Fidschi-Inseln. von welcher sie eigentlich nur durch die Form
der Kapsel und Gestalt der Blattspitze abweicht. N. Graeffeana hat eme schmal eylindrische Kapsel
und die abgestumpfte Blattspitze zeigt ein mehr oder weniger scharf aufgesetztes Spitzehen, während die
Blätter der N. Buewerlenii meist ganz stumpf abgerundet erscheimen und nur selten eine Andentung eines
Spitzcheus erkennen lassen. In seiner trefflichen Abhandlung „Musci polynesiaci praesertim Vitiani et
Samoanı*“ (Journal des Museums Godeftroy, Heft VI. 1574) hat Herr Dr. Karl Müller seine Neekeru
Graeffeana noch der Section KBhystophylham untergeordnet. ‚Jetzt schreibt mir mein verehrter Freund.
dass diese Art, ebenso N. Plumula, N. Baenerlenii u. a., in semem Herbar die Section „Nanocarpidium“
bilden.
10. Neckera (Nanocarpidium) prionaeis C. Müll. n. sp.
Dioica; caulis secundarius erectus 5—6 eentim. altus basi nudus fronditormis laxiuseule subpinnatus,
pinnis patenti-divergentibus planıs simplieibus vel subdivisis obtusiuseulis: folia caulina laete viridia disticha
transverse rugulosa oblongo - heulata basi uno latere aurienlari - inflexa versus apicem minute serrulata
apice acuto mucronato inaequaliter eroso-dentata, nervo sat valido pallido ante apieem dissoluto, ramulina
minora, cellulis bası elongatis apice rotundatis minntis inerassatis: flores feminei sat eopiosi. — Cnetera
jenota.
Fly River (Branch). sub No. 92 leg. W. Bäuerlen.
Taf. II, A. Fig. 1. Weibliche Pflanze in nat. Grösse. 2. Stück eines. Aestchens, 10 mal verer.
3. Stengelblatt. 4. Astblatt, 25 mal vergr. 5. Blattbasis. 6. Blattspitze, 90 mal vergr. 7. Weibliche Blüthe.
10 mal vergr. 8. Spitze eines äusseren Perichätialblattes, 90 mal vergr. ©. Archegonien, mit den Paraphysen,
50 mal vergr.
Ich hatte dieses nur mit weiblichen Blüthen gesammelte Moos anfänglich für Neckera loriformis
Bsch. x Lac. erklärt, da ich es übereinstimmend zu finden glaubte sowohl mit der Abbildung dieser Art
(in Bryol. Javanica). als auch mit einem sterilen Exemplare (ex hb. Sande-Lacoste) von Celebes.
Doch Herr Dr. KR. Müller schreibt mir: „N. prionaeis weicht durch grob gesägte und viel spitzere
Blattspitzen auffallend von den sehr abgerundeten ganzrandigen Blättern javanischer Exemplare ab. Die
Art von Celebes ist eine von der javanischen verschiedene dureh folia acuminata apice tenuiteı
dentieulata = N. (elebesica n. sp.“ — Demnach müsste zu letzterer Art auch die als N. loriformis
in Bryolog. ‚Javaniea abgebildete Pflanze gehören, die weder abgerundete, noch ganzrandige Blattspitze
zeiat ? —
11. Homalia bibrachiata ©. Müll. in Muse. Exped. Gazelle (Engler's Bot. Jahrb.).
Fly River (Branch), sub No. 99b specimina perpauca leg. W. Bäuerlen.
Die Beschreibung dieser Art habe ich noch nicht einsehen können und weiss daher nicht, wodurch
sich dieses nur in winzigen Stückchen mitgebrachte Moos vom Fly River von FH. exigua Bsch. & Lae.
unterscheiden soll.
12. Chaetomitrium eleygans eheeb n. sp.
Dioieum. e luteseente viride sericeo-nitens: caulis longe repens arcuatim procumbens, ramis ereetis
simplieibus obtusiuseulis complanatis dense toliosis: folia caulina ovato-lanceolata obtuse acuminata margine
plana dentieulata laevia, ramulina angustiora, nervis brevissimis obsoletis vel nullis: cellulis elongatis
angustis pallidis basi vix laxioribus: perichaetialia externa parva ovata dentieulata, interna magna oblongo-
acuminata e basi dentata apice irregulariter aeute serrata; capsula in pedicello erecto purpureo superne
verrucoso 12 millim. alto oblonga erecta vel subinclinata rubro-fusea scaberula; opereulum e basi convexo-
eoniea longe subulatum subreetum capsulae longitudinem adaequans: calyptra straminea conico-mitriformis
basi multilacera fimbriata, apice pilis ereetis subappressis obteeta: peristomii dentes extern 16 rubro-fusei
lanceolato-aeuminati linea media longitudinali notati dense trabeeulati sieeitate incurvi, interni e membrana
aurantiaca in processus dentibus aequilongos soluta.
Fly River (Branch,) sub No. 99 leg. W. Bäuerlen.
Taf. V. Fig. 1. Fruchtende Pflanze, in natürl. (Grösse. 2. Ein Aestchen, 10 mal vergr. 3, 4. Stengel-
blätter. 5—8. Astblätter, 25 mal vergr. 9. Hälfte der Blattbasis. 10. Blattspitze, 150 mal vergr. 11. Perichätium,
mit der Basis des Fruchtstiels, 10 mal vergr. 12, 13. Aeussere Perichätialblätter. 14, 15. Innere Perichätial-
blätter, 25 mal vergr. 16. Spitze eines inneren Perichätialblattes, 90 mal vergr. 17. Archegonien und Para-
physen, 50 mal vergr. 18. Ein Stück aus der oberen Hälfte des Fruchtstiels, 25 mal vergr. 19. Entdeckelte
Kapsel. 20. Bedeckelte Kapsel. 21. Mütze, 10 mal vergr. 22. Spitze der Mütze, 25 mal vergr. 23. Peristom,
150 mal vergr. 24. Sporen, 200 mal vergr.
Ein schönes Moos. im Habitus an gewisse Formen des Plagiothecium dentieulatuwm erinnernd , wie
es scheint. noch nicht beschrieben. wenigstens mit keiner der javanischen und polynesischen Arten von
Sande-Lacoste, ©. Müller und Bescherelle völlig übereinstimmend.
13. Chaetonitrium cygneum Ö. Müll. n. sp.
Dioieum, viridi-lutescens, subnitens; caulis longe repens, ramosus, ramis planis pinnatis: folia
caulina late oblongo-lanceolata, toto margine acute serrulata, dorso leniter papillosa, nervis brevissimis
obsoletis, ramulina angustiora, e cellulis teneris pallidis angustis papillosis areolata; folia perichaetialia
externa parva, ovata, acuminata, serrulata, interna late ovato-lanceolata subito euspidata, toto margine
dentieulata, apiee eiliato-dentata: theca in pedicello erecto apice eygneo purpureo setoso-hispido eireiter
s millim. longo breve truncato-ovalis subinelinata fuscescens: opereulun rectum subulatum capsulae
longitudinem superans: calyptra conieo-mitriformis bası multilacera fimbriata, apice pilis ereetis brevibus
obsita:; peristomium duplex: externi dentes 16 rufi lanceolato-aenminati Imea media longitudinali notatı.
interni processus dentibus aequilongi.
Fly-River (Branch). sub No. IS1 leg. W. Bäuerlen.
Tat. IV. Fig. 1. Pflanze in natürl. Grösse. 2. Aestchen mit Seta, 10 mal vergr. 3, 4. Stengelblätter.
5-9. Astblätter, 25 mal vergr. 10. Hälfte der Blattbasis. 11. Blattspitze, 150 mal vergr. 12. Weibliche
Blüthe, 10 mal vergr. 13, 14. Aeussere Perichätialblätter. 15, 16. Innere Perichätialblätter, 25 mal vergr.
17. Spitze eines inneren Perichätialblattes, 150 mal vergr. 18. Archegonien, 50 mal vergr. 19. Periechätium,
mit d. Basis des Fruchtstiels. 20. Junge Kapsel, 10 mal vergr. 21. Bin Stück aus der oberen Hälfte des Frucht-
stiels, 25 mal vergr.
Dieses hübsche Moos zeigt eine gewisse Aehnlichkeit, wenigstens habituell. mit Ch. papillfolium
Bsch. und Lac.. mit welchem ich es verwechselt hatte. unterscheidet sich aber von der javanischen Art,
nach Dr. K. Müller's belehrender Mittheilung. dureh kürzere, abgestutzt-eiförmige Kapsel. breitere
innere Perichätialblätter und weichstacheligen, schwanenhalsartig gebogenen Fruchtstiel. Die männliche
Pflanze fehlt.
14. Pelekium lonchopodum ©. Müll. n. sp.
„Ab ommibus congeneribus differt jam theca longe pedicellata majore, in specie ramifieatione
pauperrima irregulariter plumulosa.° €. Müll. (in litt. ad A. @.)
Fly River (Branch). ad arbores sat eopiose leg. W. Bäuerlen.
Dieses von 3 Loealitäten (No. 72, 81. 91) mitgebrachte und ziemlich reich mit reifen Früchten
ausgestattete Moos kann ich nur für Pelekium trachypodum Mitt. erklären, welches ich sowohl von den
Philippinen (ex herb. ©. Müller). als auch aus Indien (ex herb. Hampe) besitze. Dasselbe soll, nach
der Beschreibung der Bryologia Javanica, einen Fruchtstiel von eirca 15 Millim. Länge haben. Ich
habe von Pelekium lonchopodum eine ziemlich grosse Anzahl Seten gemessen und die meisten circa
12 Millim. lang gefunden, einige waren 15 und nur 2 eirea 16 Millim. lang. Worin ein speeifischer
Unterschied des P. lonchopodum von P. trachypodum bestehen soll, ist mir in der That unverständlich.
Die Kapsel ist gewiss nieht grösser, als bei P. trachypodum , die Verästelung finde ich übereinstimmend
sowohl mit Exemplaren meiner Sammlung, als auch mit dem Bilde in Bryolog. Javanıca.
15. Hypnum (Sigmatella) tabescens C. Müll. n. sp.
Monoicum, intrieato-depressum, e glaucescenti pallide viride, haud nitidum: caulis repens remote
pinnatus, ramis patentibus brevibus compressis subobtusis; fola eaulina e basi angustiore ovato-lanceolata.
ramulina ovata brevius acuminata concava. omnia margine dentieulata apice argute serrulata dorso papillis
scaberrima enervia. e cellulis pallidis linearibus densis papillis punetulatis, alaribus magnis mflatis
hyalinis vel flavescentibus areolata: perichaetialia externa ovato-acuminata. interna majora longe
enspidata serrulata: theca in pedicello rubello tenui apiee verruculose horizontalis ovalis parva fusces-
cens, opereulo eonico breviter apieulato: peristomii dentes externi lanceolato-aenminati dense trabeenlatı
medio linea notati Navidi, interni aequilongi pallidi, eiliis singulis brevibus.
Fly River (Branch), frustula parva leg. W. Bäuerlen, No. 58 a. et 98 a.
Auch bezüglich dieser Art kann ich mich der Ansicht unseres verehrten Altmeisters Dr. Karl
Müller nicht anschliessen, indem es mir nicht gelingen will. sie von Aypnum (Trichosteleum) instratum
Brid. zu unterscheiden, welches ich von Bormeo (ex herb. Sande-Lacoste) erhalten habe. Seltsamer Weise
schreibt mir Herr Dr. K. Müller, dass das Moos vom Fly River mit A. instratum gar nichts zu thun
habe und schon durch die gleichsam verkümmerte Blattspitze von ihm abweiche. Darauf hin habe ich
das Moos nochmals untersucht und muss an meiner früheren Ansicht festhalten. Möglich, dass die aller-
dings sehr kärglich gesammelten Pröbchen ein fremdartiges Aussehen zeigen, die bewusste „gleichsam
verkümmerte“ Blattspitze finde ich genau so an der Borneo-Pflanze, deren Astblätter grösstentheils plötzlich
kurz zugespitzt erscheinen, wie wenn ihre Spitze verkümmert wäre. Doch warten wir ab, bis bessere
nnd reichlichere Exemplare kommen werden.
l
16. Hypnum (Trichosteleum) Novo-Guinense keheeh n. sp.
Dioicum. ex ochraceo viridi-lutescens, subnitens: caulis procumbens pinnatus, ramulis brevibus
densis inaequalibus: folia e basi late lanceolatä remote dentieulatä anguste acuminata maxime falcata
margine plano integra, enervia, dorso dense papillosa: cellulis angustis elougatis incrassatis papillis opacis
basi brevioribus laxioribus flavidis, alaribus vix ullis pellueidis: perichaetialia valde serrata. Caetera desunt,
Fly River (Branch), sub No 352 leg. W. Bäuerlen.
Taf. VL. Fig. 1. Pflanze in natürl. Grösse. 2. Oberer Theil eines Astes, 10 mal vergr. 3—6. Stengel-
blätter. 7—11. Asthlätter, 25 mal vergr. 12. Hälfte der Blattbasis. 13. Blattspitze, 150 mal vergr. 14. Rücken
eines zusammengefalteten Stengelblattes, 300 mal vergr. 15. Weibliche Blüthe, 10 mal vergr. 16. Spitze eines
inneren Perichätialblattes, 150 mal vergr. 17. Archegonien, 50 mal vergr.
Schade, dass von diesem merkwürdigen Moose so unvollständige, nur weibliche Blüthen tragende
Exemplare vorliegen! Herr Dr. K. Müller schreibt über dieselben: „Eine sehr gute Art, fast ganz
allein stehend dureh eaulis modo Cupressinae pinnatus unter Zhelidium, von welchem ich es aber
nicht trennen mag, obgleich diese Arten einen caulis dichotome divisus besitzen.“ — Mit welcher
Art verwandt?
17. Hypnum (Vesicularia) angusto-textum Geheeb n. sp.
Prostratum, e viridi luteseens, nitens:; caulis longe repens dense pinnatus, ramulis brevibus sim-
plieibus aequalibus patentissimis subobtusis: folia e basi latä longe acuminata, acumine subfiliformi longe
tlexuoso vel subfalcato , toto wargine remote dentieulata, nervis binis obsoletis vel nullis, cellulis laxis
pallidis elongato-hexagono-oblongis valde pellueidis, basi paullo brevioribus, alarıbus pauecis quadratis. —
Uaetera ignota.
Fly River (Branch), aliis muscis (No. 58 et 95) intermixta frustula leg. W, Bäuerlen.
Durch das Zellnetz, bleich und locker, eine Vesicularia, nach Habitus eine Cupressina, ist dieses
Moos merkwürdig und wäre mit Frucht sehr erwünscht, ohne Zweifel der Gattung Eetropotheeium Mitt.
einzureihen. — „Ex habitu Aypni calodietyi ©. Müll. Samoani, sed areolatione multo angustiore foliisque
angustioribus longius euspidatis toto coelo diversum.* €. Müller in litt. ad A. @.
15. Hypnum (Taxicaulis) submammillosulum &. Müll. n. sp.
Monoieum, pallide lutescens sericeo-nitens, tenerrimum minutum ; caulis gracilis proeumbens dense
pinnatus radieulis rufis arborum eortiei arete adnatus, ramulis brevibus patentissimis aequalibus; folia
eaulina e basi late ovatä lanceolato-aeuminata seeundo-faleata margine plano mimute dentienlata, ramulına
angustiora, nervis binis brevissimis obsoletis, cellulis elongato - linearibus angustissimis pallidis bası
laxioribus, alaribus paueis hyalinis fugacibus: perichaetialia externa minora ovato-acuminata, interna majora
e basi vaginante ovato-lanceolatä longe acuminata subdentieulata ; pedicellus erectus tenujssimus sub-
Hexuosus tortilis rubellus laevis eireiter 10 millim. altus; theca minutissima obovata, sieca infra orifietum
eontracta suburceolata, nutans, fusca, papillis verrucosa; operenlum magnum CONIEO-CONVvexXUmMm verrucosum
apieulo brevi recto:; peristomii dentes externi lanceolato - acumnatı valde trabeeulati medio linea longi-
tudinali notati rufi, interni aequilongi pallide lutei, eiliis singulis brevioribus; sporae globosae laeves.
Fly River (Branch), eaespitibus Pelekii No. 91 pareissime intermixtum, arborum cortiei arete
adhaerens. (W. Bäuerlen.)
Taf. VIL. Fig. 1. Pflanze in natürl. Grösse. 2. Oberer Theil eines Astes, 10 mal vergr. 3-6. Stengel-
blätter. 7—11. Astblätter, 25 mal vergr. 12. Hälfte der Blattbasis. 13. Blattspitze, 150 mal vergr. 14. Männ-
liche Blüthe. 15. Weibliche Blüthe, 10 mal vergr. 16. Perichätium mit der Basis des Fruchtstiels, 10 mal vergr.
17. Aeusseres Perichätialblatt. 18. Inneres Perichätialblatt, 25 mal vergr. 19. Antheridien. 20. Archegonien,
50 mal vergr. 21. Bedeckelte Kapsel. 22. Entdeckelte Kapsel. 23. Dieselbe, trocken, 10 mal vergr. 24. Die-
selbe, 50 mal vergr. 25. Deckel, 50 mal vergr. 26. Peristom, 90 mal vergr. 27. Sporen, 300 mal vergr.
Eine äusserst zierliche Art, deren winzige Kapsel auf haarfeinem Stielchen leicht übersehen werden
kann , besonders wenn sie, wie hier, mit anderen Moosen innig verwachsen vorkommt. Sie ist sicher
verschieden von der folgenden, H. subverrucosum, durch dünnere Seta, viel kleinere Kapsel, dichter
gefiederten Stengel, länger und schmäler zugespitzte Blätter und hellere, mehr gelbliche Färbung der
Räschen; sie stimnit aber mit ihr überein in der mammillösen Bekleidung von Kapsel und Deckel. — Nach
Dr. Karl Müller mit seinem H. mammillosulum nahe verwandt, von welchen unser Moos durch robustere
Statur und verschiedene Blattform indessen abweicht.
19. Hypnum (Taxicaulis) subverrucosum Geheeb n. sp.
Hypno submammillosulo C. Müll. proximum et simillimum, sed caulis irregulariter pinnatus, folia
laete virentia subintegra brevius acuminata, seta erassior, capsula major.
Fly River (Branch), Pelekio lonchopodo No. 72 pareissime intermixtum leg. W. Bäuerlen.
Nur äusserst wenig gefunden, indessen so viel, um zu erkennen, dass dieses Moos durch obige
Merkmale von H. submammillosulum abweicht, mit welchem es nur die mammillöse Bekleidung von Kapsel
und Deckel gemein hat. Dieses niedliche Möschen steht, nach Dr. K. Müller's freundlicher Mittheilung,
seinem noch unbeschriebenen H. (Taxicaulis) mammillosulum von den Neuen Hebriden ausserordent-
lich nahe, von welchem es durch kleinere, kürzer zugespitzte Blätter und etwas grössere, einfach niekende
(nieht durch eine Schlinge des Fruchtstiels nach unten gewandte) Kapsel verschieden sein soll. — Mit
Hypn. verrucosum Hampe hat unser Moos eigentlich gar keine Verwandtschaft, nur theilt es mit
ihm die mammillöse Bekleidung des Deckels und der Kapsel, welch’ letztere jedoch von ganz anderer
Form ist.
H. subverrucosum und submammillosulum müssen, wenn sie nach Jäger-Sauerbeck's
Adumbratio elassifieirt werden sollen, der Gattung Ertropothecium untergeordnet werden.
— 1 —
20. Hypnodendron subarborescens GC. Müll. n. sp.
Dioieum: stipes erectus strietus eireiter 3—4 centini. altus atro-fuscus angulatus glaber, inferne
foliis squamaeformibus remotis patentissimis reflexis obteetus, superne dendroideus frondeni obovatum bi-
pinnatum referens, ramis approximatis compressis fusco-Havescentibus nitidis, ramulis attenuatis; folia cau-
lina e basi subamplexicauli ovata acute acuminata, ramulina angustiora, omnia margine simplieiter et
duplicato-serrata, nervo tenuieulo viridi dorso superne remote dentato summo apice dissoluto: cellulis
anguste linearibus laevibus subincrassatis basi reetangulis fuseidulis, alaribus paneis quadratis imerassatis;
flores femineı m axillis frondis, — Caetera desunt.
Fly River (Branch), sub No. 354 leg. W. Bäuerlen.
Dieses zierliche Moos hatte ich für H. arborescens Mitt. bestimmt, doch Herr Dr. K. Müller
zeigte mir, dass letztere Art viel kräftiger ist. mit grösseren, breiteren Blättern, welche auch weit kräf-
tiger und viel dichter gestellt sind und grössere Randzähne haben. Ob wirklich speeifisch verschieden
oder nur kleinere Form? Ohne Fructification wohl zweifelhaft.
Il. Moose von den „Cloudy Mountains near South-Cape.”
1. Spiridens Reinwardti Nees.
Cloudy Mountains near South-Cape, leg. Rev. Chalmers & Cpt. Bridge. 1584.
Mit veralteten Früchten und fast einfachem Stengel.
2. Thuidium plumulosum Dzy & Milk. (?)
Steril, mit voriger Art, mit Originalexemplaren der Insel Ceram ziemlich gut übereinstimmend,
Herr Dr. K. Müller bemerkt hierzu: .Halte ich eher für ein Pelekium aus der Verwandtschaft von
P. Meyenianum, doch ist steril nichts damit anzufangen.“
3. Hypnodendron fusco-acieulare C. Müll.'n. sp.
Dioieum: stipes ereetus strietus 5—7 centim. altus angulatus nigrieans parce tomentosus, inferne
foliis squamaeformibus albidis ereeto-appressis obteetus, apice dendroideus ramis parum divisis compres-
siusculis dense foliatis subacutis saturate viridibus subnitidis; folia caulina e basi rotundatä ovato-lanceo-
lata margine erecto grosse serrata, nervo dorso superne remote dentato excurrente fusco-mucronata, ra-
mulina patentia paullo minora; cellulis inerassatis laevibus anguste linearibus, superne brevioribus ellip-
tieis, basi subreetangulis, alaribus paueis minute quadratis fuscidulis: flores feminei in axillis inferioribus
Hlabelli sessiles: folia perichaetialia externa ovato-acuminata, interna e basi late ovatä subulato-acuminata
dentata. Üaetera ienota.
Cloudy Mountains near South-Cape, leg. Rev. Chalmers & Capt. Bridge, 1884.
Taf. VII. Fig. 1. Weibliche Pflanze, in natürl. Grösse. 2. Stück eines Astes, 15 mal vergr. 3, 4.
Stengelblätter. 5—8. Astblätter, 25 mal vergr. 9. Hälfte der Blattbasis. 10. Blattspitze, 150 mal vergr.
11. Weibliche Blüthe, 10 mal vergr. 12, 13. Aeussere Perichätialblätter. 14, 15. Innere Perichätialblätter, 25 mal
vergr. 16. Archegonien und Paraphysen, 50 mal vergr.
Pre =
Es will mir nicht gelingen. vorliegendes hübsches Moos, dessen Frucht leider fehlt. von dem
Philippinen-Moose, Hypnodendron fusco-mueronatum ©. Müll. (Botan. Zeitung, 1562) scharf zu unter-
scheiden, welches ich nur. in einem äusserst dürftigen Fragment vom Origimalstandorte besitze. Die neue
Art soll. nach Dr. K. Müller's freundlicher Mittheilung. allerdings dem H. Fusco-mueronatum am
nächsten verwandt sein, aber von ihm abweichen durch zartere Blattimbrieation und viel diehteres. d. h.
aus fast elliptischen Zellen gewebtes Blattnetz. In der That finde ich bei meiner Probe des Philippinen-
Mooses die Zellen der Blattspitze ein Wenig länger und schmäler, im Uebrigen ist doch die Aehnlichkeit
eine grosse.
III. Moose von Astrolabe Range, leg. Rev. W. G. Lawes.
l. Spiridens Reinwardti Nees. c. flor. femin.
Schöne Exemplare, die sich durch fast getiederten Stengel und etwas frischeres Grün von der
Pflanze der Cloudy Mountains unterscheiden.
2. Papillaria floribunda Dzy & Mlkb. (videtur!)
Fand sich in so ausserordentlich wenigen Stengelchen den Rasen der Neckera Lepineanu
beigemengt. dass es auch Hermm Dr. K. Müller nicht möglich war, zu entscheiden. ob hier die echte
Art vorliegt.
>
3. Aörobryum (Eriocladium) Bauerae 6. Müll, var. gracılıs.
Ein mir fremdes Moos, in emem grossen Rasen, mit zweihäusigen Blüthen und einer jungen
Fruchtkapsel, welche hypnum-artig übergeneigt und langgeschnäbelt ist: Seta in der oberen Hälfte rau.
wie bei Aörobryum longissimum, an dessen Blätter obiges Moos auch in der Form erinnert, nur dass sie
bei letzterem noch bedeutend breiter erscheinen. Herr Dr. K. Müller identifieirt dieses Moos mit einer
noch nicht beschriebenen Art aus dem Hb. Melbourne, von Miss Bauer am Bloomfield River im
Queensland gesammelt, welcher er obigen Namen gab und von welcher die Neu-Guinea-Pflanze, weil ihre
Aeste schmächtiger, die var. gracilis darstellt.
4. Neckera Lepineana Mont.
Eines der wenigen Moose, die in früheren Zeiten aus diesem Florengebiete bekannt geworden
sind: schon von Zippelius (nach Angabe der Bryol. ‚Javanica) auf Neu-Guinea gesammelt. Die schöne
Art scheint überhaupt eine grosse Verbreitung auf den Südsee-Insen zu haben, wie aus ©. Müller's
Schritten und der Bryol. Javanıca hervorgeht.
5. Hypnum (Trichosteleum) hamatum Dry X Mlkb. var. semimammillosum &. Müll.
Unterscheidet sich von der typischen Pflanze durch den Fruchtstiel, welcher nur in der oberen
Hälfte warzig, in der unteren aber olatt ist. Das Moos, welches nur m winzigen Pröbehen in den Rasen
von Eriocladium Bauerae versteckt war, scheint in dieser Form häufiger zu sein, als in der typischen,
deren Seta „ubique scaberrima“ sein soll, denn alle meine Exemplare (ex hb. Hampe & Sande-Lacoste)
gehören dieser Varietät an. Auch in Bryolog. Javaniea I1.. p. 177 heisst es bei dieser Art: „Variat
pedicellis inferne laevissimis vel sublaevibus.“
Nachtrag.
Lebermoose.
Wenngleich nur 3 Enveloppen Lebermoose enthielten, so fanden sich im Laute der Unter-
suchung doch noch einige, den Laubmoosen anhängende Vertreter dieser zierliehen Familie, welche sämmt-
lich von Herrn F. Stephani mit der erschöpfendsten Gründlichkeit untersucht und bestimmt worden
sind. Auch für diese liebenswürdige Unterstützung sei Herm Stephani herzlicher Dank gezellt!
A. Lebermoose vom Fly kiver (Branch), leg. W. Bäuerlen, 1855.
Chiloscyphus decurrens Nees.
/hiloscyphus urgutus Nees.
Mastigobryum Manillanum Gottsche.
(vide Stephani, Hepatie. spec. nov. in Hedwigia 1886, Heft V, Nr. 25, e. icone.)
Radula reflexa Nees & Mont.
Bryspteris vittata Mitt.
Lejeunia, Fragment, leider unbestimmbar.
Metzgeria, Fragment, unbestimmbar,
B. Von den Oloudy mountains near South-Cape, leg. Rev. Chalmers & Cpt. Bridge, 1554.
Re
Plagiochila propingua Sande-Lacoste.
Steril, daher nieht ganz sicher, aber doch höchst wahrscheinlich zu dieser Art ge-
hörend.
kadula Kurzei Stephanı.
Bryopteris vittata Mitt.
Lejeunia Molkenboeriana Sande-Lacoste,
ebenfalls steril und daher zweifelhaft. aber sehr wahrscheinlich riebtig bestimmt!
0. Von Astrolabe Range, leg. Rev. W. G. Lawes.
Lepidozia Lawesii Steph. n. sp.
„Proxima Lepidoziae biceruri Steph. Horae brasiliensis, differt foliis fere ad
basin usque tripartitis, laciniis e 7 cellulis aedifieatis, amph. profunde bipartitis
cellulis in utraque lacinia binis.“ (F. Stephani in litt. ad A. G. 3. December 1886.)
Bryopteris vittata Mitt.
Ueber diese Art sagt Herr Stephani: „Diese Art hat eine ungeheure Verbrei-
tung; ich habe sie von Norfolk-Island, Samoa, Neu-Guinea (jetzt vom Süden und
Norden); auch auf den Sunda-Inseln ist sie gefunden worden; vielleicht identisch
mit Thysananthus Manillanus Gottsche.“
G@eisa, den 16. Mai 1888.
Erklärung der Abbı
I: Syrrhopodon oracıis 4 eheeb,
II: Neekera Bäuerleni Geheeh.
III A.: Neekera prionacis €. Müll.
ldungen.
II B: Neckera nano-disticha geheeb.
IV: Chaetomitrium eygneum €. Müll.
V: Chaetomitrium elegans Geheeh.
VI: Hypnum (Triehosteleam) Novo-Wi
VII: Hypnum (Taxicaulis) submammill
VILL: Hypnodendron fusco-necieulare (
ınense Geheeh.
osulum ©. Mill.
. Müll.
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Artist. Anstv.Th. Fischer, Cassel.
‚Adelbert &Emmy Goheeb-Belart ad nat.del.
Taf. VIl,
Artist Anstv.Th Bscher,Cassel
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Adelbert & Emmy Greheeb-Balart adnat.del.
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Ds
Bibliotheca botanica.
Original-Abhandlungen aus dem Gesammtgebiete der Botanik,
herausgegeben von
Dr. 0. Uhlworm unı Dr. F. H, Haenlein in Cassel.
Intralt der einzelnen Hefte:
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