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DR ibrary of

Princeton University.

Presented ір Charles Millisten M’Alpin , Class of 88.

Biochemische Zeitschrift.

Beiträge zur chemischen Physiologie und Pathologie.

Herausgegeben von Е. Hofmeister-Straßburg i. Els., C. von Noorden-Frankfurt a. M. E. Salkowski-Berlin, A. von Wassermann-Berlin, N. Zuntz-Berlin unter Mitwirkung von И. Ascoli- Catania, L. \sher- Bern, ©, Bertrand - Paris, A, Віскеі - Berlin, Е. Biumenthal- Berlin, A. Bonanni-Rom, F. Bottazzi-Neapel, G. Bredig-Karlsruhei. B., A.Durig-Wien, F. Ehrlich- Breslau, Н, у. Euler-Stockholm, J. Feigl-Hamburg, 8. Fiexner-NewYork, J, Forssman-Lund, 8. Fränkel-Wien, Е. Freund-Wien, Н, Freundlich-Berlin-Dahlem, E. Friedberger-Greifswald, E. Friedmann- Berlin, ©. v. Fürth-Wien, G. Galeottl-Neapel, Е, Haber- Berlin-Dahlem, Н. J, Ham- burger - Groningen, Р. Hári- Budapest, A. Hefter - Berlin, V. Henri- Paris, V. Henriques- Kopenhagen, W. Heubner-Göttingen, R. Höber-Kiel, М. Jacoby-Berlin, A. Koeh-Göttingen, М. Kumagawa-Tokio, F. Landoit-Buenos Aires, L. Langstein-Berlin, Р. A. Levene-New York, L. v. Liebermann-Budapest, J. Loeb-New York, A. Loewy-Berlin, A. Magnus- Levy- Berlin, 3. A. Mandel- New York, L. Marchlewski-Krakau, Р. Mayer-Karlsbad, J. Meisenheimer-Greifswald, L. Michaelis- Berlin, Н. Molisch-Wien, J. Morgenroth - Berlin, E. Münzer- Prag, W. Nernst- Berlin, W. Ostwaid - Leipzig, W. Palladin - St. Petersburg, W. Pauli-Wien, В. Pfeifler- Breslau, Е. P. Pick Wien, J. Pohl- Breslau, Ch. Porcher- Lyon, Р. Rona- Berlin, 8. Sa'askin- St. Peters- burg, N. Sieb r - St. Petersburg, М. Siegfried - Leipzig, 8. Р. L. BSörensea- Kopenhagen, И. Spiro- Straßburg, E, H. Starilng-London, J. Stoklasa-Prag, W,8Straub-Freiburgi.B.. A. Stutzer-Königs- berg i. Pr., Н. v, Tappeiner-München, H. Thoms- Berlin, P. Trendeienburg-Rostock, А. J, 3. Van- deveide „Сеп, ©. Warburg-Berlin, W. Wiechowski- Prag, А. Wehl-Danzig, 2. Wohlgemuth-Berlin.

Redigiert von C. Neuberg-Berlin.

Fünfundneunzigster Band.

MORPHOLOGICAL LABORATOFY, GREEN SCHOOL OF SCIENCE,

Berlin. Verlag von Julius Springer. 1919.

Druck von Oscar Brandstetter in Leipzig.

Inhaltsverzeichnis.

Seite Nottbohm, Р. E. Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeimet? а... а.а... Bu a AA 1 Halberkann, J. Chinin und Hydrochinin im menschlichen бека» mus. Verhalten des Chinins gegen rote Blutkörperchen. . . . 24 Lange, €. Über Jod-Stärkereaktion und ihre Verwendung für eine

colorimetrische Eiweißbestimmung bei Immunitätsprozesen . . 46 Traube, J. und Hedwig Rosenstein. Über die Wirkung von oberflächen-

aktiven Stoffen auf Pflanzensamen ............. 85 Briokman, R. Einige Bemerkungen über die Bedeutung des Blut-

ЖАКЕ a Ehr nn ae Фао ЫМ Ла) Ia ée 101 Armbrecht, Walther. Beiträge zur Kenntnis der Chitose ..... 108

Jacoby, Martin. Über Bakterien-Katalase. III.. . . . . . . . . . 124 Dienes, L. · Studien zur quantitativen Bestimmung sehr geringer Ca-, Mg- und P-Mengen in tierischen Substanzen . . . . .. . 131 Trendelenburg, Paul. Quantitative Messungen über die Spaltung des Hexamethylentetramins . . . ......... e enee wd 146 Tunmann, ©. Über die Alkaloide bei Verwundungen der Pflanzen . 164 Boas, Friedrich und Hans Leberle. Untersuchungen über EE

bei Pilzen und Hefen. III... . . de fach 169 Richter- Quittner, M. Zur Methodik der hsmin KORE EA E: Kritik der Enteiweißungsmethoden. . . 2»: 2 22... 0... 179 Vécsei, Anna. Beitrag zur Kenntnis der Hämagglutinine und Hämo- Lentgen л ыы E are we ga Tee АЙС ЛЕК T EU Acél, D. Über Resistenz der roten Blutkörperchen bei Stiokstof- defizit und bei Inanition .................. 211

Schilling, Karl. Beitrag zur Lehre von der Biutgeriunung So a 090

Beumer, H. Zur pathogenetischen кү der Ölsäure bei An- EE ENEE a dx ew e 080

Flury, Ferdinand und Wollgang еба. Über Wirkung und Ent- giftung eingeatmeter Blausäure ........... .. e 249

IV

Seite

Нагі, Paul. Über die Lichtabsorption neutraler Lösungen von Oxy- hämoglobin ......... ө ar enge, ее 65 лара ДЭЙ

Hári, Paul. Ist das ‚Absorptionsverhältnis (Vierordt) ein von der Art

des verwendeten Apparats (Spektrophotometer) unabhängiger, charakteristischer Wert? .................. 266

Kornfeld, Klara und Heinrich Lar. Untersuchungen über die Wärme-

tönung von Enzymreaktionen. V. Über die ER der Organautolyse . . . . . . .. . Б өзө ЛӨ. ы ЛЕ Ss оа ОТО Nord, Е. Р. Biochemische Bildung von ‘Aminoäthylalkohol aus Serin 281

Gonnermann, M. Der Eisengehalt der Öle, Fette, Wachsarten, Harze,

Gummiharze, Gummiarten; sowie einige Analysen über den Ge-

halt an Kieselsäure und Tonerde .......... . 286 Einbeck, Hans. Über quantitative Versuche mit CC 66 von Battelli und Stern эй Меле Are E EAR, tr 2% . . 296

Kögel, P.R. Über die Photosynthese des Formaldehyds und des Zuckerss . ..... et ee Маас эв a e ar EEN Autorenverzeichnis . 2 2 2 s 20 2 2er Жо» улу а р» 817

Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung 8 geeignet?

Von

F. E. Nottbohm.

(Mitteilung aus dem Staatlichen Hygienischen Institut zu Hamburg.)

(Eingegangen am 11. März 1919.)

Mit 4 Figuren im Text.

Wiederholt ist der Einfluß des Lactationsstadiums auf Zusammensetzung und Eigenschaften der Milch auf experimen- teller Grundlage bearbeitet worden, so daß man im allgemeinen über die Veränderungen der Milch bei fortschreitender Lacta- tion unterrichtet ist. Soweit die umfangreiche Literatur über diesen Gegenstand eingesehen werden konnte, finden sich aber gerade in bezug auf das Ende der Lactation, d.h. diejenige Zeit, in welcher nur noch sehr wenig Milch produziert wird, keine zusammenhängenden Angaben über die in diesem Stadium auftretenden weitgehenden Veränderungen. Wenn auch hin und wieder Abweichungen einzelner Milchbestandteile von der normalen Beschaffenheit einer Milch verzeichnet sind und sich vereinzelt schon Andeutungen finden, daß die letzte Milch sich nicht zur Verwendung als Kindermilch eignet, so ist doch eine eingehende Prüfung der Frage, ob die Milch, die gegen Ende der Lactation gewonnen wird, so weitgehende Abweichungen von der Beschaffenheit einer normalen Milch zeigt, daß sie als Säuglings- oder Vorzugsmilch nicht in den Verkehr gebracht werden sollte, offenbar noch nicht vorgenommen worden.

Während in sehr vielen Milchverordnungen, unter anderen

auch in dem Hamburger Gesetz betreffend den Verkehr mit Biochemische Zeitschrift Band 95. 1

о Е. Ё. Nottbohm:

Kuhmilch vom Jahre 1894 sich in bezug auf die gewöhnliche Handelsmilch die Vorschrift findet, daß „nach dem Abkalben gewonnene Milch so lange nicht in den Verkehr gebracht werden darf, als sie beim Kochen gerinnt“, ist, soweit ermittelt werden konnte, keine Vorschrift über Vorzugsmilch bekannt, die das Produkt des letzten Stadiums der Lactation als Vorzugsmilch ausschaltet. Der Entwurf einer Hamburger Verordnung über den Verkehr mit Kuhmilch stellt zwar unter III. Beschaffen- heit der Milch, im $ 8 die Anforderung, daß „von der Ein- fuhr in die Stadt Hamburg und vom Verkehr daselbst auszu- schließen ist, Milch, die kurz vor oder in den ersten Tagen nach dem Abkalben gewonnen ist, solange sie beim Kochen gerinnt oder nach Aussehen, Geruch und Geschmack die Eigen- schaften gewöhnlicher Milch nicht besitzt“. Hier soll offenbar nur die unmittelbar vor dem Kalben erzielte Milch be- troffen werden, soweit sie nach leicht feststellbaren äußeren Eigenschaften keine verkehrsfähige Milch darstellt, also das Colostrum. Würde der Begriff „kurz vor dem Kalben“ so weit gefaßt werden, daß auch die Milch, die am Ende der Lactation erzielt wird, einbegriffen ist, so bliebe immer noch zu ihrer Ausschließung vom Verkehr die Forderung, daß sie in den angezogenen Eigenschaften von normaler Milch ab- weichen muß.

Soweit bis jetzt aber schon festgestellt werden konnte, besteht Grund für die Annahme, daß jede Milch gegen Ende der Lactation in ihrer chemischen Zusammensetzung weitgehende Abweichungen von gewöhnlicher Milch zeigt, ohne daß diese Eigenschaften äußerlich erkennbar sind.

Die für diese Ansicht bereits vorliegenden Unterlagen sollen nachstehend’ aufgeführt werden.

Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, daß die ein- zelnen Milchbestandteile nicht unbeträchtlichen Schwankungen unterworfen sind. Wenn daher in diesen Ausführungen von einer Durchschnittsmilch gesprochen wird, so ist dies mit ge- wissem Vorbehalt zu verstehen, da eine Reihe von Ursachen, wie Rasse, Fütterung, Brunst, Melkzeit und andere mehr oder weniger erhebliche Abweichungen von dieser Normalmilch be- dingen können.

Nachfolgend ist die Zusammensetzung einer Milch, die

Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeignet? 8

nach den Untersuchungen von Bremer und Sponnagel’) und solchen, die im hiesigen Institut ausgeführt wurden, für das in der Umgegend Hamburgs vorherrschende Niederungsvieh als Durchschnittsmilch anzusehen ist, wiedergegeben und den von König?) angeführten Zahlen für die mittlere Zusammensetzung einer Frauenmilch gegenüber gestellt:

Fettfreie |Stickstoff-] Milch- Spez. Gew.| Fett | Trocken- | substanz | zucker | Asche bei 15° Da | substenz lin 100 eem än 100 сот) 2,

°% g g Kuhmilch ... 1,0315 | 3,10 8,75 3,16 4,91 0,77 Frauenmilch . . | 1,0298 | 3,74 8,68 2,01 (9/,) | 6,87 (°/%)| 0,30

Ein Vergleich der vorstehenden Zahlen zeigt deutlich, wie verschieden die beiden Milcharten ihrer chemischen Zusammen- setzung nach sind. Die Kuhmilch übertrifft in erster Linie im Aschengehalt die Frauenmilch um das Doppelte; daneben ist sie auch erheblich reicher an Eiweißstoffen ganz abgesehen von deren Zusammensetzung —, während umgekehrt ihr Ge- halt an Milchzucker niedriger liegt als bei der Frauenmilch.

Um demnach in einfachster Weise die Kuhmilch in einigen wichtigen Punkten der natürlichen Nahrung des Säug- lings ähnlich zu machen, verdünnt man sie zur Herabsetzung des Protein- und Aschengehaltes mit Wasser unter gleich- zeitigem Zusatz von Milchzucker. Das dabei eintretende Herabdrücken des Fettgehaltes gleicht man im allgemeinen da- durch aus, daß man entsprechend mehr Milchzucker zusetzt, da 243 Teile Milchzucker 100 Teilen Fett isodynam sind.

Von einer alleinigen Verdünnung der Kuhmilch mit Wasser ist schon aus dem Grunde abzuraten, weil dadurch der osmo- tische Druck, der für Frauen- und Kuhmilch nahezu gleich ist, herabgesetzt würde. Eine Milchzuckerlösung von 11,5 °/, hat aber den gleichen osmotischen Druck wie Milch?).

Im allgemeinen kann somit unter der Annahme, daß die

1) Milchzeitung 38, 409, 1909. з) Die menschlichen Nahrungs- und Genußmittel, 4. Aufl., 2, 598, 1904. 3) Jahrbuch für Kinderheilkunde 47, 389, 1898. 1*

4 F. E. Nottbohm:

zur Verwendung gelangende Kuhmilch in ihrer Zusammen- setzung keine erhebliche Schwankung zeigt, durch Zusatz einer bestimmten Menge Milchzuckörlösung ein annähernd gleich- artiges Produkt erzielt werden.

Wie liegen aber die Verhältnisse, wenn als Ausgangs- material für die herzustellende Mischung eine Milch verwendet, wird, die erst gegen Ende der Lactation gewonnen ist?

Da nach dieser Richtung hin eine größere Anzahl von Untersuchungen bisher nicht ausgeführt werden konnte, so muß zunächst versucht werden, diese Frage unter Zuhilfenahme der bereits vorliegenden Literaturangaben an der Hand der Zu- sammensetzung von drei gelegentlich entnommenen Milchproben altmelker Kühe zu beantworten.

Die bei den eigenen Untersuchungen ermittelten Zahlen sind in der nachfolgenden Zusammenstellung aufgeführt:

& Sig |, S © а o |E Б = |86 FE Вони ы ы g 8 о ә |22155 оОјобі яа 5 © Ф 5 М) S KE . а |5 |=] бз | 25А! 152) ua (Se 59 |95 19—141 3 55 38 jas 33 CHE Ыя 5158" я а “| а | e’ HER ШЕЕ Gi Kyle” a :@ Ke о E lo Ф g D

9,34 | 5,17 | 3,41 | 0,92 2,18

9,78] | | 0,83 1,80 11,46 | 7,25 | 3,06 | 1,20 2,42

1 |6. v.ıol 1 [| 1,0343 [4,70 73 |19. 11.14) 1}, | 1,0310 | 5,70 165 |19. Ш. 14] 1 | 1,0350 | 8,00

In allen drei Fällen handelt es sich um Tiere, die nur noch sehr wenig Milch lieferten und die deshalb nur noch ein- mal täglich gemolken wurden. Während die Milch der Kuh Nr. 1 im Haushalte verwertet wurde, kam diejenige von Nr. 73 und 165 in den Verkehr und zwar, da die betreffende Wirt- schaft besondere Sauberkeit in der Aufstallung der Tiere und in der Behandlung der Milch vorsieht, als bevorzugte Milch.

Fett.

Sehen wir vom spezifischen Gewicht, das in zwei Fällen ungefähr mit demjenigen einer Zentrifugenmagermilch über- einstimmt, ab, so zeigt in erster Linie der Fettgehalt eine auf- fallende Höhe. Würde man die Milch der Kuh Мг. 165 nach

Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeignet? 5

dem Fettgehalt beurteilen, so müßte man sie als Rahm an- sprechen.

Es kann aber nicht gleichgültig sein, ob ein Säugling heute eine Milch mit einem Fettgehalt von 3,1°/, bekommt und morgen eine solche mit einem Fettgehalt, der annähernd dreimal so hoch liegt. Man wird vielleicht den Einwand er- heben wollen, daß derartige Fälle nur ganz vereinzelt vor- kommen und daß die Höhe des Fettgehaltes einzelner Gemelke durch andere Milch ausgeglichen wird. Ich will aber vorweg bemerken, daß auf dem Gut, von dem die Proben der Kühe Nr. 73 und 165 kommen, die Kühe nach dem Milchertrag gefüttert und zu dem Zwecke auch entsprechend aufgestallt werden. So kommt es, daß sämtliche Kühe, die am Ende der Lactation sind, zusammenstehen und daß infolgedessen unter Umständen die Mischmilch ganzer Kannen nur von Tieren stammt, die am Ende der Lactation sind und deren Milch, wie später noch gezeigt wird, eine durchaus anormale Zu- sammensetzung aufweist. Hinzu kommt, daß das Abkalben in hiesiger Gegend in der Hauptsache in einem ziemlich eng be- grenzten Zeitabschnitt erfolgt, so daß schon aus diesem Grunde allein die Möglichkeit besteht, daß zeitweilig die Milch ganzer Kannen nur von altmelken Kühen herrührt.

Ganz abgesehen von der außergewöhnlichen Höhe des Fettgehaltes, macht sich gegen Ende der Lactation aber auch eine tiefgehende Veränderung in der Beschaffenheit des Fettes bemerkbar.

Erst kürzlich hat von Fodor!) diese Veränderungen ein- gehend geprüft und sich hauptsächlich mit dem Säuregrad befaßt. Bekannt "war bereits, daß die Menge der in Wasser löslichen flüchtigen Fettsäuren (В. М. 7.) während der Lacta- tionsperiode allmählich sinkt, während die Jodzahl zunimmt.

Fodor fand zunächst, daß Butter in den Monaten, in denen das Abmelken vornehmlich stattfand, viel schneller ver- dirbt als zu anderen Zeiten des Jahres. Um die Ursache hierfür festzustellen, verbutterte er den Rahm der Milch von frisch- und altmelken Kühen. Die erhaltene Butter zeigte, -wenn sie noch am Tage des Melkens gewonnen war, für beide

1) Diese Zeitschr. 26, 235, 1913.

6 F. N. Nottbohm:

Arten ungefähr denselben Säuregrad.. War die Butterung jedoch am Tage nach dem Melken vorgenommen, so übertraf die Butter von altmelken Kühen die andere im Säuregrad ganz erheblich. Fodor zieht auf Grund seiner Versuchs- ergebnisse den Schluß, daß das Milchfett der altmelken Kühe leichter zersetzbar ist als das der frischmelken. Die schnelle Veränderlichkeit des Fettes muß naturgemäß den Geschmack der Milch selbst bei kurzer Aufbewahrung schon nachteilig beeinflussen. Fortgeschrittene Lactation soll nach L. A. Rogers!) oft die Ursache eines ausgesprochen bitteren Geschmackes der Milch sein. Aus eigener Anschauung kann hierzu gesagt werden, daß die Milch der Kühe 73 und 165 am Tage nach der Probeentnahme bereits einen widerlich säuerlichen Geruch aufwies, so daß sie in diesem Zustande für den unmittelbaren Genuß untauglich war. Es ist anzunehmen, daß solche Milch schon unmittelbar nach dem Melken sich geschmacklich scharf von anderer Milch trennen läßt, eine Eigenschaft, auf die der Säugling sofort reagieren wird.

Fettfreie Trockensubstanz.

Der Jahresdurchschnitt an fettfreier Trockensubstanz be- trug in den Jahren 1912 und 1913 für die Hamburger Markt- milch 8,83 bzw. 8,86°/,, bewegt sich also in relativ engen Grenzen. Recht erhebliche, a zeigen dagegen die

4 EE "ii

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Fig. 1.

875

470

465

460

1) U. S. Dep. of. Agriculture. Farmers Bull. 490.

Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeignet? 7

Durchschnittszahlen der einzelnen Monate, die der Übersicht halber in der beifolgenden graphischen Darstellung I zu- sammengestellt sind.

Um die Veränderungen in der Höhe der fettfreien Trocken- substanz noch anschaulicher zu machen, ist die Darstellung II so getroffen, daß hier nur diejenigen Milchproben, deren fett- freie Trockensubstanz über 9°/, und damit schon nicht uner- heblich über dem Jahresdurchschnitt liegt, zu den gesamten untersuchten Proben in Beziehung gebracht sind.

Im allgemeinen läßt sich aus den Kurven I und II fol- gendes ersehen: *

Vom Monat Juli an findet bis zum November ein gleich- mäßig schnelles Ansteigen der Trockensubstanz statt, während sie dann im Frühjahr, abgesehen von einem plötzlichen Ab- fallen im Monat April, allmählich bis zum Juli wieder sinkt. Unter dem jeweiligen Jahresdurchschnitt an fettfreier Trocken- substanz sind, abgesehen vom Mai, die Monate April bis Oktober zu verzeichnen, von denen wieder der Monat Juli die am wenigsten gehaltreiche Milch liefert.

Auf welche Ursachen ist nun der hohe Durchschnitt an fettfreier Trockensubstanz in den Wintermonaten zurückzu- führen?

ZERSBERBERE

8 F. E. Nottbohm:

Die drei untersuchten Milchproben von altmelken Kühen liegen mit 9,34, 9,78 und 11,46°/, fettfreier Trockensubstanz sehr weit über dem Durchschnitt. Wenn diese Werte sich auch lediglich auf Einzelgemelke beziehen, so zeigen die für einzelne Monate aufgeführten Höchstwerte (Darstellung II) doch, daß gleiche oder ähnliche außergewöhnliche Zustände auch bei der Hamburger Marktmilch anzutreffen sind. Es ist anzunehmen, daß, abgesehen von Einflüssen, die durch be- sondere Fütterungsverhältnisse Übergang zur Trocken- fütterung und andere Umstände bedingt sind, der hohe Durchschnitt an fettfreier Trockensubstanz in den Winter- monaten mit darauf zurückzuführen ist, daß um diese Jahres- zeit die Mehrzahl der Milchtiere kurz vor dem Kalben steht und in diesem Stadium Milch mit außergewöhnlich hoher fett- freier Trockensubstanz liefert.

Es muß aber für anormale Mengen an fettfreier Trocken- substanz in einer Kindermilch das gleiche gelten wie für außergewöhnlichen Fettgehalt, d.h. es kann nicht gleichgültig sein, ob ein Säugling einmal eine normal zusammengesetzte Milch mit einer fettfreien Trockensubstanz von ungefähr 8,75 °/, erhält und das andere Mal eine solche mit 9 bis 11 und mehr Prozenten.

Stickstoffsubstanz.

Die Kurven für den Gehalt der Milch an Trockensubstanz sind bis zu einem gewissen Grade abhängig von den Schwan- kungen der Milch im Eiweißgehalte. Es soll daher versucht werden, als Erklärung für das in allen drei Jahren sich be- merkbar machende Sinken der Trockensubstanz im Monat April siehe Knickung der Kurven І und II und für die auffallende Höhe an Trockensubstanz in den Wintermonaten gewisse im Verlaufe der Lactationsperiode regelmäßig auf- tretende Schwankungen im Eiweißgehalte heranzuziehen. Hierbei kann auf Versuche zurückgegriffen werden, die Eckleß und Shaw!) an einer Reihe von Milchtieren während des Verlaufs einer ganzen Lactationsperiode anstellten. Des besseren Ver- gleichs halber teilen sie die Lactationszeit nach Abzug der Colostralperiorde und der Zeit kurz vor dem Versiegen der

1) U. S. Dep. of. Agriculture. Bureau of Animal Industry Bull. 155.

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Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsrahrung geeignet? 9

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Milch in etwa vierwöchige Abschnitte ein und geben den wirk- lichen Durchschnittsgehalt an Stickstoffsubstanz für die Einzel- abschnitte an. >

In der Darstellung III sind die von den Verfassern in Zahlen angegebenen Werte aufgezeichnet. Die daraus sich er- gebenden Linien zeigen die bemerkenswerte Tatsache, daß der Eiweißgehalt der Milch jedes einzelnen Versuchstieres unmittel- bar nach der Colostralperiode nicht unbeträchtlich abnimmt,

10 F. E. Nottbohm:

um nach einigen Monaten, d. h. gegen Ende der Lactation weit über den anfänglichen Gehalt hinaus zu steigen.

Um das deutliche Sinken des Eiweißgehaltes am Anfang der Lactationsperiode noch anschaulicher zu machen, zeigt Darstellung IV den wöchentlichen Eiweißgehalt der Milch in den ersten sechs Wochen nach der Colostralperiode.

7 Woche 5:2 A 4, 5 zi zog —— М 300 He ж 301 -—-—-

Überträgt man die Befunde der amerikanischen Forscher auf die hiesigen Verhältnisse, so kann, da die Zeit des Ab- kalbens hier hauptsächlich in die Wintermonate und zwar vor- zugsweise in die Monate Februar und März fällt, dieser Um- stand möglicherweise als Erklärung für das auffällige Sinken des durchschnittlichen Gehaltes an fettfreier Trockensubstanz im April herangezogen werden. Daß die hohen Trockensub- stanzen der Wintermonate in erster Linie auf den zunehmen- den Eiweißgehalt der Milch gegen Ende der Lactation zurück- zuführen sind, läßt ein Blick auf die Darstellung III erkennen, wo von der 7. bis 8. Periode an sämtliche Kurven lebhaft ansteigen. Außerdem spricht für diese Anschauung neben eigenen Untersuchungen der hohe Prozentsatz von Milchproben

Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeignet? 11

mit über 9°/, fettfreier Trockensubstanz in den Winter- monaten.

Da bei den Versuchen von Eckleß und Shaw nach dem anfänglichen Sinken des Eiweißgehaltes dieser während der ganzen übrigen Lactationsperiode lediglich eine aufsteigende Tendenz zeigt und da die sonstigen für die Zusammensetzung der fettfreien Trockensubstanz in Frage kommenden Stoffe nur unerheblichen Schwankungen unterliegen, so bleibt dagegen der für Hamburg festgestellte Tiefstand der Trockensubstanz in den Sommermonaten zunächst unaufgeklärt. Möglich ist allerdings, daß der Übergang von der Stallfütterung zum Weide- gang, der in hiesiger Gegend ungefähr in die Mitte des Monats Mai fällt, und die dann einsetzende ausschließliche Grasnahrung eine Herabsetzung des Eiweißgehaltes der Milch bedingen. Im vorliegenden Falle können jedoch für den Tiefstand der Trocken- substanz in den Sommermonaten noch andere Momente in Frage kommen, da die Berechnungen den durchschnittlichen Gehalt der Hamburger Marktproben darstellen. Gegebenen- falls wäre über die Ursachen der besprochenen Erscheinung durch Untersuchung der Milch von Viehstapeln, die ausschließ- lich Stallfütterung und solchen, die Weidegang haben, Klarheit zu schaffen.

Ist der höhere Proteingehalt einer normalen Kuhmilch gegenüber Frauenmilch schon ein maßgebender Faktor für ihre Beurteilung als Ersatz für Muttermilch, so wird er zu einer äußerst wichtigen Frage, wenn man annehmen muß, daß bei der Nahrung eines Säuglings von heute auf morgen eine Er- höhung des normalen Eiweißgehaltes um das Doppelte und mehr eintreten kann. Die drei untersuchten Proben sprechen jedenfalls für eine solche Möglichkeit. Bei Kuh Nr. 165 ist der Eiweißgehalt etwa 3- bis 4mal so hoch wie der einer nor- malen Frauenmilch.

Abgesehen von der beträchtlichen Zunahme der Protein- stoffe gegen Ende der Lactation muß auch mit der Möglich-. keit gerechnet werden, daß die einzelnen Eiweißarten in ihrem Verhältnis zueinander gegenüber normaler Kuhmilch eine Ver- änderung erfahren haben. н

Da a priori angenommen werden kann, daß durch eine plötzliche Überfütterung eines Säuglings mit Eiweiß Ver-

12 F. E. Nottbohm:

dauungsstörungen auftreten, so kann man zu der Ansicht kommen, daß in den Monaten, in denen sich die meisten Milch- tiere am Ende der Lactation befinden, also im Spätherbst und im Winter, ein Ansteigen der Säuglingserkrankungen zu ver- zeichnen sein muß. Es erscheint deshalb nicht ausgeschlossen, daß Vergleiche auf Grund statistischer Unterlagen auch nach dieser Richtung hin Aufklärungen bringen können.

Milchzucker.

Der höhere Milchzuckergehalt der Frauenmilch gilt als wesentliches Unterscheidungsmerkmal gegenüber Kuhmilch. Nach den vorliegenden beiden Untersuchungen der Milch alt- melker Kühe besteht Grund zu der Annahme, daß der Milch- zuckergehalt im letzten Stadium der Laktation zurückgeht, so daß dadurch die Verwendung solcher Milch als Säuglings- nahrung noch mehr in Frage gestellt wird.

Daß man eine Milch, die in der letzten Zeit vor dem Versiegen gewonnen ist, infolge ihrer von normaler Milch ab- weichenden Zusammensetzung im allgemeinen schon durch die gewöhnliche Milchuntersuchung wird erkennen können, dürfte anzunehmen sein. Wie steht es aber, wenn eine Vermischung mit normaler Milch stattgefunden hat, oder wenn sich die Ver- änderungen noch nicht so stark bemerkbar machen, daß sie die nicht unbeträchtlichen üblichen Schwankungen in der Zu- sammensetzung gewöhnlicher Milch nicht übertreffen? In diesem Falle lassen sich mit Hilfe der allgemein üblichen Unter- suchungsweise keine Anhaltspunkte für die Gegenwart von anormaler Milch finden. Man darf aber voraussetzen, daß sich mit Rücksicht auf die Entstehungsweise der Milch in der Zu- sammensetzung der Milchasche die Einflüsse der Lactation bereits zu einem Zeitpunkte zeigen werden, wo sie anderweitig noch nicht zu erkennen sind. Es erscheint daher angebracht, den einzelnen Aschenbestandteilen der Milch verschiedener Lactationsstadien ganz besondere Beachtung zu schenken.

In der nachfolgenden Tabelle ist die Zusammensetzung einer Anzahl von Milchaschen wiedergegeben.

Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeignet? 13

Zusammensetzung der Aschen von anscheinend nor- maler Milch.

1:2,4

Schrodt & Hansen‘) погов 2448 | 1424 |1:2,3 König)...... 2465| 8,18 26.28 | 13,95 | 1: 3,0 Pr. I .| 2551| 5,58 28,83 | 11,34 11:46

Kuh 655%) Pr. D. .| 25.101 532 30,16 | 10,58 | 1 :4,7 Pr. Ш .| 19,53) 6,30 28,71 | 1287 [1:31

Рг.І,. .| 2571| 588 28.76 | 13,78 | 1:44

Kuh 674%) Pr. П, .| 2447| 6.05 27.26 | 17.05 11:40 Pr. II .| 2031| 10,34 25,58 | 20.23 | 1:20

Orla Jensen?) . . .| 25,27| 6,01 27,32 | 13,99 |1: 4,20 V. Storch ®) 2474| 9,71 28.05 | 13,36 | 1:255 ENEE eebe 2123| 7,19 27,96 | 1245 |1:3,0 Kuh2 e ou 2407| 5,75 27.00 | 14,79 11:42 Kıh38...... 17,92] 4.76 30,63 | 9,65 | 1:38

Schrodt & Hansen nahmen während der Monate Januar- September Aschenuntersuchungen in der Milch des Viehstapels der Versuchsstation Kiel vor. Hierbei war es ihnen in erster Linie darum zu tun, die Schwankungen festzustellen, die im Laufe der Lactationszeit auftraten. Die in der Tabelle wiedergegebenen Zahlen stellen die durchschnittliche Zusammen- setzung der Asche dar, und zwar a) diejenige der aus Stall- fütterung gewonnenen Milch, b) diejenige der aus Weidegang erzielten. Die von König angegebenen Zahlen sind Mittelwerte aus 16 Analysen.

Trunz untersuchte die Milchaschen von 2 Kühen während einer ganzen Lactationsperiode Um die einzelnen Abschnitte derselben miteinander vergleichen zu können, teilte er sie in Perioden ein, die nach Abzug der sogenannten Colostrumperiode als Perioden I bis III in der Tabelle wiedergegeben sind.

1) Nicht Äquivalent!

2) Mitteilung a. d. milchw. Versuchsstat. zu Kiel; durch landw. Ver- suchsstat. 31, 55, 1885.

з) König, Chemie d. menschl. Nahrungs- u. Genußmittel IV. Aufl., 2, 603, 1904.

4) Zeitschr. f. physiol. Chem. 40, 263, 1903/04.

5) Molkereizeitung f. Berlin 14, Nr. 44, 1904.

©) V. Storch, Analyse der Milch von tuberkulösen Kühen. Nach Maly, ЈаһгевЬег. über die Fortschr. der Tierchem. 14, 170, 1884.

14 F. E. Nottbohm:

q

Orla Jensen prüfte den Einfluß der Mineralbestandteile des Futters auf die Zusammensetzung der Milch. Die an- gegebenen Zahlen toigan. den Durchschnitt aus 15 Einzel- untersuchungen.

Storch wollte die Veränderungen der Milch bei Euter- tuberkulose zeigen und stellt die gefundenen Werte solchen von gesunden Kühen aus Dänemark gegenüber.

Die Werte für die Einzelgemelke der Kühe 1, 2 und 33 sind im hiesigen Institut ermittelt und aus einer Arbeit über die Alkalität von Milchaschen herausgegriffen.

Zum Vergleich mit den obigen Werten ist in der nach- folgenden Übersicht eine Zusammenstellung der Aschenbestand- teile von solcher Milch wiedergegeben, die ausschließlich von altmelken Kühen gewonnen wurde. Die Zahlen von Schrodt & Hansen stellen die mittlere Zusammensetzung von 3 Milch- aschen dar, die aus Mischmilch von 2, 4 und 3 altmelken Kühen erhalten wurde.

19,41 21,30] 1:0,8 29,34| 16,33] 1: 0,7

ema Date 31,60| 2,72 Trunz Kuh 674 . (letztesGemelk) . Schrodt & Hansen

21,23] 3,53 20,97| 2,75

22,23] 24,77| 1:0,8 22,18 17,63] 1:1,3

20,61| 16,15

Vergleich der Aschenbestandteile von normaler Milch und solcher, die von,altmelken Kühen stammt.

In der Höhe des Aschengehaltes übertrifft die Milch alt- melker Kühe in Einzelfällen die normale Milch mit einem Aschengehalte von etwa 0,77°/, ganz erheblich, was insbesondere bei Kuh 165 hervortritt.

Stellt man die Einzelbestandteile der Aschen einander gegenüber, so fällt sofort eine völlige Verschiebung des Ver- hältnisses von Natron und Kali auf. Bei den Analysen von König, von Orla Jensen und auch bei den eigenen Aschen- untersuchungen normaler Einzelmilchproben überwiegt in allen Fällen das Kali ganz beträchtlich, und zwar verhalten sich Na,0:

Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeignet? 15

K,0=1:3,0 4,2. In ähnlichen Grenzen bewegen sich, wenn man von einer Ausnahme absieht, die Zahlen von Trunz.

Bei den Proben von Schrodt & Hansen und von Storch ist dagegen das Verhältnis bereits etwas verschoben, obgleich auch hier immer noch das Kali beträchtlich vorherrscht. Von den Proben b ist bekannt, daß sie von Kühen gewonnen sind, die den Höhepunkt der Lactation überschritten haben. Von den Proben a ist allerdings gesagt, daß sie aus einer Versuchs- periode stammen, in der sämtliche Tiere frischmelkend waren. Es ist also immerhin möglich, daß ein Heruntergehen des Verhältnisses Na,0:K,O auf 1:2 noch zu den natürlichen Schwankungen einer normalen Milch gehört, oder man müßte annehmen, daß bei frischmilchenden Tieren der Kaligehalt der Milchasche niedriger liegt als gewöhnlich.

Kuh 674 Serie III, bei der sich Natron und Kali ebenfalls wie 1:2 verhält, kann hier aus einem später zu erwähnenden Grunde unberücksichtigt bleiben.

Verhältnis von Natron : Kali in der Milch altmelker Kühe,

Aus der Übersicht der Aschen altmelker Tiere ist zu ent- nehmen, daß in 3 Fällen, und zwar stets da, wo Einzelgemelke in Frage kommen, nicht mehr das Kali, sondern das Natron überwiegt.

Wenn bei den altmelken Kühen von Schrodt & Hansen (siehe Tabelle) noch ein geringer Überschuß von Kali vor- handen ist, so muß dabei berücksichtigt werden, daß die an- geführte Asche die mittlere Zusammensetzung von 9 Einzel- gemelken darstellt. Immerhin ist auch in diesem Falle das Verhältnis von Natron zu Kali gegenüber normaler Milch wesentlich verändert.

Untersuchungsbefunde, durch die eine Verschiebung der Alkalimengen in der Milchasche festgestellt wird, finden sich zwar in der Literatur, jedoch sind diese Beobachtungen nur auf vereinzelte Fälle beschränkt geblieben und haben offenbar keine Veranlassung gegeben, auf breiterer Grundlage Versuche anzustellen, um daraus allgemein gültige Schluß- folgerungen über die Beschaffenheit der Milch von altmelken Kühen zu ziehen.

Um den Kali-, Natron- und Chlorgehalt der Milch mit dem Gesamtorganismus der Säugetiere vergleichen zu können, unter-

16 F. E. Nottbohm:

suchte Bunget) unter anderem die Aschen der Milch von 9 Kühen, die in der Lactation ungefähr gleich waren, auf ihren Gehalt an Alkalien: Er erhielt hierbei in der Milch von:

Kuh 1) 0,1748 K,O 0,0678 Na,0, daraus berechnet sich Na,0 : K,O = 1 : 2,6

» 2)0,1716 sa 0,0527 n n H H n =1:3,3 » 3) 0,1769 » 0,0494 » H D ==1:8,6 » 4) 0,1884 sa 0,0506 n 3 = n ==1:8,6 » 5)0,1865 » —0,0501 e H n n =1:3,7 » 6)0,1904 » 0,0499 » H H H n ==1:8,8 n 7) 0,1879 E 0,0448 n n H n” =l 4,2 » 8)0,2125 0,0445 H H H n ==1:4,8 » 9)0,2187 » 0,0373 e n ==1:5,7

Bunge erwartete von vornherein einen um so größeren Kaliüberschuß, je reichlicher die Milchsekretion war, und fand dies auch insofern bestätigt, als die Kuh, deren Milchsekretion die spärlichste war, die natronreichste Milch lieferte und um- gekehrt. Die mittleren Zahlen fügen sich allerdings diesem Ge- setz nicht, weshalb Bunge meint, daß noch andere Faktoren gleichfalls von Einfluß auf den Alkaligehalt sind.

Die von Bunge angewendete Methode zur Bestimmung von Alkalien dürfte auch nach unseren heutigen Anschauungen als einwandfrei gelten, weshalb den von ihm ermittelten Zahlen Bedeutung beigelegt werden kann. Bemerkenswert ist, daß bei der Milch von Kuh 9 das Verhältnis von Natron : Kali sogar bis auf 1:5,7 steigt.

Bei einem anderen Versuche wollte Bunge den Einfluß der Kochsalzentziehung studieren. Er gab einem Tiere zunächst täglich 10 g Kochsalz, stellte dann die Darreichung von Salz vom 5. bis 10. Dez. ein und untersuchte die Milch am 19. Dez.

Er erhielt:

0,1713 g K,O und 0,1230 Na,O, d. h. N,0:K,0 =1: 1,4.

Da das betreffende Tier bereits im April gekalbt hatte und nur noch relativ wenig Milch gab, dürfte diese Mitteilung von Bunge als Stütze für die eigenen Befunde herangezogen werden können.

Schrodt & Hansens Untersuchungsergebnisss bewegen sich ziemlich eindeutig in der gleichen Richtung. Auch diese Autoren meinen, daß von den Veränderungen gegen Ende der

1) Zeitschr. f. Biol. 10, 295, 1874.

Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeignet? 17

Lacatation vorzugsweise die Alkalien betroffen werden, da ins- besondere das Mengenverhältnis des Natrons zum Kali ein ganz anderes wurde, als sie es sonst bei Aschen von normaler Milch beobachten konnten. Schrodt & Hansen glauben die Ursache für die Verminderung des Kaligehaltes in der nachlassenden Energie suchen zu müssen, mit welcher der Zerfall der Milch- drüsen erfolgt.

Trunz, der gleichfalls die prozentische Veränderung: der Milchaschenbestandteile im Laufe der Lactation verfolgte, fand, daß bei 2 Versuchstieren der Kaligehalt in der Zeit der größten Milchsekretion mit 26,87 und und 29,63°/, den höchsten Stand erreichte, um dann zunächst langsam und in den beiden letzten Monaten rasch und zwar schließlich auf 16,89 und 13,92%, zu fallen.

Der Natrongehalt der Asche von normaler Milch liegt, wie aus der Tabelle hervorgeht, zwischen 4,76 und 11,07°/,. Der hohe Natrongehalt der Serie III von Kuh 674 wird lediglich durch den 17,62°/, betragenden Natrongehalt des letzten Ge- melkes verursacht. Im übrigen findet Trunz während der ganzen Lactationszeit seiner beiden Versuchstiere nur einen Natrongehalt von 3,24 bis 8,56°/ Die von Orla Jensen untersuchten 15 Einzelaschen zeigen einen Natrongehalt von 5,39 bis 6,85°/, der Asche. Alle diese Befunde decken sich demnach mit den eigenen und lassen den Schluß zu, daß der Natrongehalt der Aschen von normaler Milch sich in ziemlich engen Grenzen bewegt.

Bei der Milch altmelker Kühe liegt nach den bisherigen Feststellungen der Natrongehalt der Asche zwischen 12,73 und 17,62°/,, also ganz erheblich höher als bei normaler Milch.

Hinsichtlich des prozentischen Gehaltes der Milchasche an Kalk bewegten sich die für normale Milch und für solche von altmelken Kühen erhaltenen Zahlen ungefähr innerhalb gleicher Grenzen. Bei normaler Milch lag der Kalkgehalt der Asche zwischen 20,56 und 29,42°/,. Wenn auch für den Kalk- gehalt der Milch altmelker Kühe bisher nur wenige Unter- suchungen herangezogen werden können, so zeigen die zwischen 20,97 und 31,60°/, liegenden Werte doch bereits, daß wesent- liche Veränderungen durch das Fortschreiten der Lactation

kaum zu erwarten sind. Erwähnt sei hier, daß bereits früher Biochemische Zeitschrift Band 95. 2

18 F. E. Nottbohm:

in den Aschen von 20 Stallproben Kalkbestimmungen aus- geführt wurden, wobei allerdings hinsichtlich der Lactationszeit der Milchtiere keine besonderen Feststellungen getroffen werden konnten. Der Kalkgehalt schwankte damals zwischen 19,68 und 28,189.

Trunz fand bei Kuh Nr. 655 in den beiden letzten Monaten der Lactation eine ganz erhebliche Zunahme des Kalkgehaltes, während derselbe sich bei Kuh Nr. 674 bis zum Schluß in ganz normalen Grenzen hielt. Der Kalkgehalt des letzten Gemelkes der ersten Kuh mit 32,95°/, geht allerdings noch über den diesseits ermittelten Höchstwert von 31,60°/, hinaus.

Trunz zieht aus seinen Versuchen den Schluß, daß zwar das Casein mit fortschreitender Lactation eine bedeutende Zunahme erfährt, die nicht an Casein gebundene Kalkmenge jedoch nahezu: die Gleiche bleibt, weshalb die Milch altmelker Kühe weniger intensiv auf Lab reagiert, als zur Zeit, wo der Caseingehalt niedriger ist.

Der Magnesiagehalt der Milchasche bewegt sich abgesehen von der Colostrumperiode für die übrige Lactationszeit in un- gefähr gleichen Grenzen. Für normale Milch ergeben sich Werte von 1,63 bis 3,35°/, und für Milch altmelker Kühe solche von 2,72 bis 3,53°/,.

Der Gehalt an Phosphorsäure in der Asche von normaler Milch schwankt zwischen 24,48 und 30,63°/,, während er bei Milch von altmelken Kühen zwischen 19,41 und 29,34°/, liegt- Sieht man von der Kuh Nr. 165 mit 29,34°/, P,O, ab, so er- reichen die übrigen 3 Proben noch nicht den niedrigsten Wert für normale Milch. Man kann demnach schließen, daß im all- gemeinen der Phosphorsäuregehalt der Asche am Ende der Lactation tiefliegt, daß aber vereinzelt Ausnahmen vorkommen. Durch diese Feststellung finden wahrscheinlich auch die in der Literatur vertretenen verschiedenartigen An- schauungen über den Phosphorsäuregehalt der Milch bei fort- schreitender Lactation eine Erklärung. d

Trunz glaubt sich in diesem Punkte im Gegensatz zu Schrodt & Hansen und zu Kort der von Andouard aus- gesprochenen Erkenntnis anschließen zu müssen, daß der pro- zentische Phosphorsäuregehalt der Asche mit fortschreitender

lst die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeignet? 19

Lactation sich bedeutend vermindere. Bei Kuh 674 findet er allerdings eine beträchtliche Verminderung des Phosphör- säuregehaltes. Dieser beträgt im letzten Gemelk nur 22,23 °/,; dagegen ist in der Milch von Kuh 655 ein in Betracht kommendes Heruntergehen des Phosphorsäuregehaltes nicht zu erkennen.

Auch hier werden sich entscheidende Feststellungen erst an der Hand eines größeren Materials treffen lassen.

Der Chlorgehalt der Asche normaler Milch liegt, wenn wir von Kuh 674, Serie III, absehen, zwischen 9,65 und 17,05°/,, derjenige der Milch altmelker Kühe zwischen 16,33 und 24,77°/,. Bereits Schulte-Bäuminghaus!) hat eine Steigerung im Chlorgehalt bei fortschreitender Lactation festgestellt. Trunz konnte allerdings nur in einem Fall, dann aber auch eine ganz beträchtliche Zunahme des Chlorgehaltes wahrnehmen, im an- deren Falle hielt sich der Chlorgehalt ziemlich gleichmäßig‘ während der ganzen Lactationsperiode.

Allem Anscheine nach ist gegen Ende der Lactations- zeit mit einer Erhöhung des Chlorgehaltes zu rechnen; die aber womöglich erst in den letzten Gemelken deutlich zu- tage tritt.

Eine Veränderung innerhalb der Salze, insbesondere eine Zunahme des Natrium- und ein Zurücktreten des Kalium- gehaltes in der Milch altmelker Kühe ist insofern von weittragender Bedeutung, als die Salze der Milch in er- nährungsphysiologischer Hinsicht eine große Rolle spielen. Sind sie es doch ausschließlich, aus denen der Säugling während eines beträchtlichen Zeitraumes das anorganische Material zur Blutbildung und zum Aufbau des Knochen- gerüstes entnimmt.

Nach Besprechung und Festlegung der Veränderungen, die in der prozentischen Zusammensetzung der Asche ein- treten, wenn sich die Milchsekretion dem Ende zuneigt, soll noch kurz ein Vergleich gezogen werden mit der Asche einer Milch, die von einer mit eitriger Streptokokkenmastitis be- hafteten Kuh stammt.

1) Mitteilung der landw. Institute der Univ. равоч 2, 1; durch Zeitschr. f. physiol. Chem. 40, 295, 1902/3.

dg

20 F. E. Nottbohm:

4 Aschen altmelker Kühe

14,18 | 15,68 | 24,28 | 2,97

Mittel aus den 23,29 | 20,01 | 1:0,9

Kuh mit eitriger Streptokokken- mastitis

13,75 | 20,80 | 17,75 | 2,16 | 21,89 | 22,20 | 1: 0,7

Aus der weitgehenden Übereinstimmung der beiden Aschen geht hervor, daß alle charakteristischen Merkmale der Milchaschen altmelker Kühe sich auch bei Sekreten finden, die aus erkrankten Drüsen stammen. Das Ver- hältnis von Natron zu Kali ist gegenüber normaler Milch ver- schoben, der Phosphorsäuregehalt liegt tief, und der Chlor- gehalt ist beträchtlich erhöht.

Es erscheint angebracht, an dieser Stelle auf die Unter- suchung einer Milch von einem mit Eutertuberkulose behafteten Tiere hinzuweisen, die von Storch!) ausgeführt wurde Er fand die Milch der kranken Drüse außerordentlich arm an Kalk und Phosphorsäure, während der Gehalt an Natrium stark vermehrt war. Aus seiner Analyse berechnet sich ein Ver- hältnis von Natron: Каі = 1:0,27. Beim Vergleich mit der Milch aus den gesunden Drüsen derselben Kuh stellt er fest, daß diese auffallend reich an Eiweiß ist. Die Zusammen- setzung war folgende:

Na,0:

Fett кеш, KA

6,50 | 5,89 н 1,01 GE 24,67| 3,43 25,42 | 0,19 | 1:0,6 25,42 | 0,19 | 1:0,6

Diese Milch paßt ihrer Zusammensetzung nach in allen Werten mit Ausnahme des Chlors zu den angeführten Milch- proben von altmelken Kühen und ist mit ziemlicher Sicherheit als solche anzusprechen. Für den auffallend niedrigen Chlor- gehalt fehlt allerdings jede Erklärung. Wenn Storch in der

Ми. СаО | MgO | Р,0,

Nase xati

1) L o.

Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeignet? 21

Milch gesunder Kühe einige Male dasselbe beobachtet haben will, so ist diese Erklärung mit Vorsicht aufzufassen, da eine derartige Beobachtung einzig dazustehen scheint.

Faßt man die Ergebnisse der vorliegenden Ausarbeitung zusammen, so ist als festgestellt anzusehen, daß die Milch alt- melker Kühe sich in ihrer Zusammensetzung von normaler Milch so weitgehend unterscheidet, daß sie eine Sonderstellung einnimmt.

Zu einer ähnlichen Anschauung sind Bienert!) und Auzinger?) gekommen, aber auf anderem Wege. Bienert äußert auf Grund des Ausfalles der Labgärprobe die Ansicht, daß Milch von altmelken Kühen sich nicht zur Kinder- ernährung eignet.

Auzinger stellt die Forderung auf, daß als Kindermilch in keinem Falle Milch Verwendung finden darf, die bei der einfachen Alkoholprobe mit 70 Volumproz. Alkohol gerinnt. Da er an anderer Stelle darauf hinweist, daß unabhängig vom Säuregrad frische Einzelmilch nicht selten gerinnt, wenn sie von altmelken Kühen gegen Ende der Lactation stammt, wo der Säuregrad häufig erniedrigt ist, so will auch dieser For- scher schon einen Teil der Milch altmelker Kühe als Kinder- milch ausschalten.

Die Anschauungen von Bienert und Auzinger finden durch die Feststellungen der vorliegenden Arbeit eine erheb- liche Stütze. Darüber hinaus muß aber gleichfalls in Er- wägung gezogen werden, ob Milch, die im letzten Stadium der Lactation gewonnen wird, nicht überhaupt vom Verkehr aus- zuschließen ist.

Vorerst dürfte es sich empfehlen, die aus dem bis heute zur Verfügung stehenden wenig umfangreichen Material unter Heranziehung der bereits vorliegenden Literaturangaben ge- folgerten besonderen Eigenschaften der Sekrete altmelker Kühe durch eine größere Anzahl ähnlicher Untersuchungen nachzu- prüfen. Zu dem Zwecke müßten, um möglichst alle durch Rasse, Fütterung usw. bedingten Schwankungen in der Zu- sammensetzung der Milch zu treffen, längere Zeit hindurch aus

1) Deutsche Milchwirtschaft in Wort und Bild 1914, 31. 2) Molkerei-Zeitung Hildesheim 28, 458, 1914.

22 F. E. Nottbohm:

einer Reihe von Viehhaltungen verschiedenster Art Milchproben zur Untersuchung entnommen werden.

Nur so wird es unter Umständen möglich sein, nach ge- wissen Richtlinien den Zeitpunkt festzulegen, von dem an eine solche Milch nicht mehr als Vorzugsmilch oder überhaupt nicht mehr in Verkehr gebracht werden darf.

Vielleicht kann hierfür die Verschiebung des Verhältnisses der Alkalien zueinander als maßgebend herangezogen werden. Es bliebe noch nachzuweisen, ob das Zurücktreten des Kaliums allmählich vor sich geht, oder ob ein schneller Übergang zum Vorherrschen des Natriums führt. Feststellungen in dieser Richtung können uns vielleicht auch in der Frage, in welcher Weise die Milch innerhalb des Tierkörpers entsteht, einen Schritt weiter bringen.

Daß die Natronsalze in der Milch altmelker Kühe vor den Kalisalzen überwiegen, läßt den Schluß zu, daß zu diesem Zeitpunkt das Blutserum bei der Bildung des Sekretes eine weit größere Rolle spielt, bzw. seine Ausscheidungsprodukte mehr in die Erscheinung treten als zur Zeit normaler Milch- sekretion.

Hinsichtlich des Verhältnisses von Natron: Kali zeigen die Milch altmelker Kühe, pathologische Milch bei Euterentzün- dungen (Mastitis und Tuberkulose) und Blutserum weitgehende Übereinstimmung. Nach Bunge!) und Abderhalden?) be- rechnet sich im Rinderblutserum Natron : Kali = 1 : 0,06.

Durch die Wirkung der in einer pathologischen Milch vor- handenen Blutflüssigkeit (Serum) wird die Gerinnung nach Lab- zusatz verhindert. Auf dieser Erscheinung fußt bekanntlich die sogenannte „Labhemmprobe“ zur Diagnose der patho- logischen Milch und der Euterentzündungen. Eine Milch, die von altmelken Kühen gewonnen ist, muß sich gegen Lab ganz ähnlich verhalten wie pathologische Milch. Für die Frage der Intensität der Labhemmprobe wäre es von Bedeutung zu wissen, ob die hemmende Wirkung erst eintritt, wenn die Natronsalze überwiegen oder schon beim Heruntersinken der Kaliumsalze.

1) Zeitschr. f. Biologie 12, 191, 1876. 2) Zeitschr. f. physiol. Chem. 23, 511, 1897.

Ist die Milch altmelker Kühe als Säuglingsnahrung geeignet? 23

Durch die Verschiebung der Mengenverhältnisse der beiden Alkalien kann möglicherweise auch die Löslichkeit des Caseins beeinflußt werden.

Eine Nachprüfung der schon jetzt vorliegenden Befunde an möglichst reichem Material empfiehlt sich schon aus dem Grunde, weil das Zurückweisen der Milch altmelker Kühe vom Verkehr in bisher scheinbar überall bestehende Gewohnheiten eingreift und somit in wirtschaftlicher Hinsicht fühlbare Folgen haben kann.

In ernährungsphysiologischer Hinsicht aus den vorliegen- den Befunden schon weitergehende Schlüsse zu ziehen, dürfte, so sehr die Ergebnisse dazu anregen können, verfrüht sein. Sowie aber die erforderlichen Nachprüfungen stattgefunden haben und die in der Arbeit festgelegten Befunde bestätigt sind, sollten klinische Versuche folgen.

Chinin und Hydrochinin im menschlichen Organismus. Verhalten des Chinins gegen rote Blutkörperchen.

Von J. Halberkann.

(Aus dem Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten zu Hamburg.)

(Eingegangen am 22. März 1919.)

Es ist eine schon längst bekannte Tatsache, daß das Chinin unter normalen physiologischen Bedingungen den mensch- lichen Organismus teilweise zu passieren vermag, der größere

ə Teil hingegen eine Zerstörung erleidet, deren Verlauf und Produkte allerdings unbekannt sind. Da es vielen, die sich mit der Aufklärung dieses Zerfalles beschäftigt haben, nicht gelang, neben unverändertem Alkaloid ein Abbauprodukt zu finden, ist die Meinung allgemein geworden, daß der ange- griffene Anteil restlos verbrannt wird, so daß die Endprodukte, Wasser, Kohlensäure und Ammoniak resp. einfache Bausteine aus diesen, als solche nicht in Erscheinung treten können. Eine so vollkommene, ohne Zwischenprodukte auslaufende Oxydation ist mit der sonst beobachteten Stabilität der beiden im Chinin- molekül enthaltenen heterozyklischen Ringe, des Piperidin- und besonders des Chinolinkomplexes, schlecht in Einklang zu bringen, die auch in vitro sich gegen Oxydationsmittel recht beständig erweisen. Deshalb scheint mir eine völlige oxyda- tive Aufspaltung doch nicht wahrscheinlich, obgleich auch ich mich bisher vergebens bemühte, Spaltstücke aufzufinden.

Das unverändert ausgeschiedene Alkaloid, dessen Menge normalerweise zwischen 15 bis35°/, schwankt, wird zur Haupt- sache durch die Nieren eliminiert, nur ein geringer Bruchteil wird mit den Faeces ausgeschieden. So ergaben Gewichtsbe-

J. Halberkann: Chinin und Hydrochinin im Organismus. 25

stimmungen in dem Stuhle eines Malarikers, der wunschgemäß täglich 2 g (4 mal 0,5 g) Chinin hydrochlor. per os erhalten hatte, an fünf aufeinander folgenden Tagen im Durchschnitt pro Tag 2,1°/, des vereinnahmten Chinins. Mariani fand 2,67 9/,!), andere Untersucher [Kerner?), Merkel’), Schmitz‘), Giemsa und Schaumann?)] nichts bis Spuren, Flamini), allerdings beim gerbsauren Chinin, in zwei Fällen 7,8%, und 14,8 9/,. An obigen fünf Kottagen enthielten die Harne 20,6, 16,7, 29,2, 31,6 und 30°/, des eingenommenen Chinins. Die Höhe der Ausscheidung durch den Harn ist nicht abhängig von der Dauer der Einnahme [Prophylaxe und Medikation "1207 und eventuell eingeschobener Arsenbehandlung 15), 16), 8s u. b), 18), die bei drei Prüfungen®b) gleichmäßig am ersten Tage eine Senkung zu verursachen schien, die am zweiten Arsentage aber wieder ausgeglichen war. Die Schwankungen zeigen sich aber nicht nur bei verschiedenen Menschen, sondern auch bei dem gleichen Individuum, ohne Regel, von Tag zu Tag'”), so daß eiņe Kon- stanz nicht eintritt. Wodurch dies bedingt wird, ist nicht klar- gestellt, jedoch spielen, abgesehen von Disposition, die Menge und Art der Nahrung, die Art der Chinineinverleibung und die Menge des Urins sicherlich dabei eine Rolle.

Daß das Harnchinin keine tiefgreifenden Veränderungen erfahren hat, ist schon längst wahrscheinlich gemacht worden, wenn sich auch neben diesem Chinin noch alkaloidartige Um- wandlungsprodukte finden sollen, so das Dihydroxylchinin von Kerner’), identisch mit Skraups Chitenin 18), ferner nach Merkel?) je eine Substanz basischen und sauren Charakters. Unter anderen schloß Personne?) aus den Formen der Salze und aus dem Drehungsvermögen des Sulfates, Schmitz‘) aus den Eigenschaften und dem Säuregehalte des schwefelsauren Salzes, aus dem Wassergehalte des Platinates und dem Schmelz- punkte der Base, daß es sich nur um unverändertes Chinin handele. Giemsa und Schaumann?) prüften diese Angaben nach und fanden sie durch den Wassergehalt und durch die Schwefelsäurebestimmung des basischen Sulfates und gemäß des Schmelzpunktes der Base bestätigt und legten durch die Elementaranalyse der Base selbst das Resultat endgültig fest. Späterhin haben noch М№івһі 15) aus der Zusammensetzung des citronensauren Salzes, das aber nach Katz nicht konstant

26 J. Halberkann:

zusammengesetzt sein soll, und aus dem Metallgehalte des Platinates und Katz?) aus dem Wasser- und dem Platingehalte des Doppelsalzes, ferner aus dem Jodgehalte des Herapathites geschlossen, daß es sich um unverändertes Chinin handele. Im Verlaufe einer vor einiger Zeit mit Giemsa gemein- sam veröffentlichten Arbeit?!) über China-Alkaloide wurde fest- gestellt, daß das basische Chininsulfat, das mit 8 Molekülen Wasser krystallisiert, die unter Verwitterung teilweise schon bei gewöhnlicher Temperatur an der Luft abgegeben werden, entgegen den Angaben in der Literatur über Schwefelsäure das Wasser nicht bis auf 2 Moleküle, sondern restlos abgibt, wenn auch die letzten Anteile nur langsam entweichen. Da infolge dieser Beobachtung eine gewisse Unsicherheit in die Ergebnisse von Giemsa und Schaumann’) getragen war, habe ich die Charakterisierung der Base nochmals durchgeführt. Zur Isolierung der notwendigen Alkaloidmengen aus dem Harne bediente ich mich nicht des umständlichen direkten Ätherverfahrens, sondern ich habe, wenn auch mit Verlust, eine vorherige Konzentration der Base mittels Quecksilberjodid vorgenommen. Katz?°) hält dessen Anwendung für untunlich, da er feine Suspensionen erhielt, die er weder durch Absetzen klären, noch filtrieren, noch auch durch längeres Zentrifugieren separieren konnte. In Wirklichkeit bereitet die Sammlung der Fällung keine Schwierigkeiten; man muß nur genügende Men- gen der essigsauren Lösung des Kaliumquecksilberjodides zu- geben, dessen Überschuß sich ja leicht aus den Filtraten zu- rückgewinnen läßt. Nach dem Absetzen im Eisschranke wurde die überstehende Flüssigkeit klar abgegossen und die aus un- gefähr 100 1 Harn gesammelten Niederschläge über Talkum filtriert und mit Essigsäure enthaltendem Wasser ausgewaschen. Zur Weiterverarbeitung hätte man nun in saurer Anschwem- mung das Quecksilber durch Schwefelwasserstoff entfernen und das Filtrat einengen oder nach Alkalisierung ausäthern können. Ersterer Weg ist nicht betretbar wegen der leichten Disso- ziation des Jodwasserstoffes und der unvermeidlichen Einwir- kung des Jodes auf die Basen; da deshalb doch geäthert werden muß, umgeht man die umständliche und unangenehme Ab- scheidung des Quecksilbers als Sulfid, nach einer Methode, die nachfolgend beschrieben ist und in manchen anderen Fällen,

Chinin und Hydrochinin im Organismus. 27

in denen es sich um durch Quecksilberjodid fällbare, in Na- tronlauge unlösliche Substanzen handelt, ebenfalls gute Dienste leisten dürfte. Übrigens hat Meyer ein ähnliches Verfahren vorgeschlagen, den entstandenen Quecksilberniederschlag mit alkalischem Zinnchlorür umzusetzen und die entstandene Flüssig- keit auszuäthern; jedoch bewährte sich Kerner?) diese Me- thode nicht.

Der vom Talkum zurückgehaltene Harnniederschlag wurde noch feucht mit Wasser angeschlemmt, in eine größere Stöpsel- flasche übergeführt, Natronlauge zugefügt und so lange mit Natri- umsulfidlösung versetzt, bis das gebildete Quecksilbersulfid beim Schütteln mit hellbrauner Farbe in Lösung ging. Dann wurde von Talkum und Filterresten abgesaugt, der Rückstand aus- gewaschen, getrocknet und mit Äther extrahiert. Dieser Äther- auszug wurde sofort zum Ausschütteln des mit Kochsalz ver- setzten Filtrates weiterverwand. Nach dem Waschen und Trocknen der vereinigten Ätherauszüge wurde das Lösungsmittel verjagt, der Rückstand in wenig Alkohol gelöst, mit Schwefel- säure schwach kongosauer gemacht, die gleiche Menge Wasser zugesetzt und längere Zeit mit Tierkohle in der Wärme dige- vert, Das fast alkoholfreie, schwachgelbe Filtrat wurde in der Siedehitze mit Soda gegen Lackmus neutralisiert und nach Zusatz von Talkum kochend heiß filtriert. Beim Erkalten schieden sich lange, wenig hellgrau gefärbte, teils in Büscheln angeordnete Nadeln ab, die genau wie basisches Chininsulfat aussehen. Nach nochmaligem Ausschütteln mit Äther und Wiederüberführung in das basische Sulfat waren die Krystalle völlig farblos, die zur Erzielung möglichst reiner Substanz durch Störuhg mikrokrystallinisch abgeschieden wurden.

Wie schon erwähnt, gibt das basische Chininsulfat über Schwefelsäure sein Krystallwasser völlig ab. Dieses entwässerte Sulfat nimmt jedoch an der Luft in kürzester Zeit genau 2 Moleküle Wasser wieder auf, ein Verhalten, das zur Kenn- zeichnung sehr geeignet ist?!). Das oben isolierte Sulfat zeigte scharf dieses Verhalten: über Schwefelsäure erfolgte völlige Entwässerung, und das so oder durch Erhitzen wasserfrei ge- wonnene Sulfat nahm 2 Moleküle Wasser wieder auf.

0,7238 g über Schwefelsäure entwässertes Sulfat zogen nach 25 0,0341 g, nach 24 0,0352 g Wasser an.

28 J. Halberkann:

0,8391 g bei 120° getrocknetes Sulfat zogen nach 2 0,0382 g, nach 24h 0,0403 g Wasser an. Für (C,,H,,0,N,),-SO,H,-2H,O (Mol.- Gew. 782,7) berechnet 4,60 %/,, gefunden nach 25 4,50°/,, nach 24b 4,64°/, H,O, e n 25 4,359, 24b 4,58%, H,O. Der Gehalt an Schwefelsäure wurde gleichfalls stimmend gefunden. 0,3912 g wasserfreies Sulfat gaben 0,1240 р SO, Ba, 0,4204 » 9 nm п 0,1310» SO,Ba. Für (С,,Н,,0,М,),:80,Н, (Mol.-Gew. 746,7) berechnet 13,14°],, gefunden 13,31°/, und 13,09°/, SO,H,.

Zur ferneren Charakterisierung wurde über das chlor- wasserstoffsaure Salz hinweg das Platindoppelsalz bereitet, dessen Wassergehalt und Elementaranalyse eindeutig für Chinin sprechen.

0,4673 g Platindoppelsalz verloren 0,0102 g an Gewicht. 0,1660 g lufttrockenes Platindoppelsalz gaben 0,1935 g CO,, 0,0594 g H,O, 0,0431 g Pt. 0,1757 g Doppelsalz lieferten 0,2006 g AgCl.

Für C,,H,,0,N, ·-РЬС1,Н, -H,O (Mol.-Gew. 752,3)

berechnet H,O 2,40 °/,, С 31,91°/,, Н 3,75 °/,, Pt 25,95°/,, Cl 28,28,

gefunden H,O 2,18°/,, С 31,80°/,, Н 4,00%, Pt 25,96°/,, Cl 28,24.

Die Base selbst zeigte in 1,5172 volumprozentiger, absolut alkoholischer Lösung im 200 mm-Rohr bei 20° eine Drehung von 5,06°, demnach ist q 20° —-166,7°. Diese Drehung stimmt mit der in der Literatur angegebenen spezifischen Drehung für Chinin überein, die nach Oudemans???) 164,7° bis 169,80 (bei 0,49 bis 17°), nach Hesse”) 169,259 bis 170,59 und nach Rabe?) 158,2° und 158,79 (bei 15° resp. 20°) beträgt.

Nach allen diesen Befunden, in Beihalt der qualitativen Prüfungen (leichte Oxydierbarkeit durch Kaliumpermanganat in

Chinin und Hydrochinin im Organismus. 29

schwefelsaurer Lösung, Fluorescenz, Thalleiochinprobe, Schmelz- punkt der Base) ist festgestellt, daß das nach obiger Methode aus dem Harn nach Chinineinnahme isolierte Alkaloid unver- ändertes Chinin ist.

Wenn es auch unwahrscheinlich, jedoch nicht gänzlich aus- geschlossen schien, daß das Chinin im Organismus teilweise reduziert würde, wobei Hydrochinin (das neben Chinin in der Chinarinde vorkommt) gebildet werden könnte, wurde die Mutterlauge des Chininsulfates daraufhin geprüft. Das darin enthaltene Alkaloid wurde jedoch bei in kurzer Zeit durch Kaliumpermanganat restlos zerstört, so daß das Vorhanden- sein des beständigeren Hydrochinins ausgeschlossen ist.

Die Isolierung des Chinins aus dem Harne wurde noch auf einem anderen Wege durchgeführt, der jedoch der Queck- silberisolierung gegenüber keine Vorteile aufwies, nämlich durch Adsorption an Kohle. Der Harn wurde durch 200 g Tierkohle filtriert, die gemäß der Prüfung des Ablaufes mit Неј, das Alkaloid vollkommen band. Bei 501 Harn mußte die Per- kolation wegen Verschleimung des Filters unterbrochen werden; es ist jedoch nicht zweifelhaft, daß bei Zusatz von Toluol noch vielmals mehr Harn die Kohle mit Erfolg hätte durchfließen können. Die mit Wasser gewaschene Kohle wurde mit schwefel- säurehaltigem Alkohol wiederholt ausgekocht, die Auszüge fast neutralisiert, der Alkohol verjagt, und dem Rückstande nach Zusatz von Natronlauge das Alkaloid durch Äther entzogen. Nach Reinigung des Ätherextraktes durch Kochen mit Kohle und Trocknen mit geglühtem Natriumsulfat hinterließ das Fil- trat einen bräunlichen Firnis, der bei 138° schmolz. Chinin besitzt den Schmelzpunkt 177°, jedoch genügen geringe Ver- unreinigungen, um denselben außerordentlich herabzudrücken. 1,298 g verbrauchten zur Neutralisation gegen Lackmus 3,9 cem n-Schwefelsäure; für Chinin berechnet sich 4,0 ccm. Das er- haltene gereinigte Sulfat gab die Chininreaktionen, krystalli- sierte wie dessen Sulfat und enthielt 13,08°/, SO,H,, berech- net 13,149.

Beim Ausschütteln des Chinins mit Äther verblieb noch Alkaloid in der laugischen Flüssigkeit, das nach dem Ansäuern und folgendem Alkalisieren mit Soda jetzt in Äther überging. Nach zweckentsprechender Reinigung schmolz die firnisartige

30 J. Halberkann:

Base bei 120° unter Aufschäumen, zeigte in salpetersaurer Lösung schwach blaue Fluorescenz (vielleicht von Chininspuren herrührend) und gab nur schwache Thalleiochinreaktion. 0,4721 g benötigten zur Neutralisation gegen Lackmus 12,0 ccm n/ o Schwefelsäure, wohingegen sich für Chinin 13,2 ccm berech- nen würden, und das gereinigte Sulfat krystallisierte in Drusen farbloser, derber Nädelchen, andersartig als wie Chininsulfat. Die geringe Menge der Base wurde nochmals in Natronlauge gelöst und nach Reinigung der Lösung mit Äther, Ansäuern und Alkalischmachen mit Soda in Äther aufgenommen. Der zurückbleibende, fast farblöse Firnis wurde zerrieben und über Schwefelsäure getrocknet.

0,0886 g Substanz gaben 0,2175 g CO, und

0,0543 g H,O, gefunden . . . . . . C 66,97 und H 6,86, während sich für Chinin berechnet (das aber nicht in Betracht kommt) . . . . . 74,03 » n 7,46,

und für Cuprein, das Phenol des Chinins » 73,48 n»n » 7,14.

Die geringe Menge der Substanz, die leider teilweise noch in Verlust geriet, ließ eine Aufklärung nicht zu. Zu irgend- einer Deutung berechtigen die geringen Resultate nicht, und sie muß deshalb späteren Untersuchungen vorbehalten bleiben. Ob es sich um eine Einführung des Glykokollrestes NHCH,COOH in das Chininmolekül handelt, möge nur als Hypothese aus- gesprochen werden. Eine solche Substanz, die 66,31 °/, Kohlen- stoff und 7,09 °/, Wasserstoff enthalten würde, sollte allerdings a priori in Soda löslich sein. Daß die Base nachträglich aus Chinin durch Bakterientätigkeit in der Kohle entstanden ist, ist nicht anzunehmen, da die Harnbakterien das Chinin nicht verändern, eher käme eine Oxydation durch die Kohle als Ka- talysator in Frage, obwohl dies in dem Medium unwahrschein- lich dünkt. Einige Versuche, in denen je 400 ccm Normal- harn 0,03 g Chininbase als salzsaures Salz zugefügt worden waren und die bis 6 Monate in offenen Kolben bei Zimmer- temperatur standen, ergaben, daß das Chinin bei der Fäulnis des Harnes nicht verändert wird. Die Proben zeigten bald starke, ammoniakalische Gärung, und es schied sich in den länger stehenden Proben Ammonium - Magnesiumphosphat in großen Krystallen ab.

Chinin und Hydrochinin im Organismus. 31

Nummer [ nach E

Kontrolle 0,7 1 8 Tagen 0,0308 102,7 2 3 Wochen | 0,0802 100,7 3 2 Monaten 0,0295 98,0 4 | _ 0,0303 101,0

Eine Zerstörung oder Veränderung des Chinins fand nicht statt; alle Rückstände waren farblose Firnisse, zeigten ange- nährte Schmelzpunkte und gaben die Identitätsreaktionen. Danach braucht man sich mit der Chininisolierung gar nicht zu beeilen, und nach Feststellung des Gewichtes bzw. des Vo- lumens des Harnes kann man sie auf eine arbeitsfreiere Zeit verschieben, oder, wenn eine Untersuchung an Ort und Stelle nicht möglich ist, kann man die Proben ohne Zusatz eines Er- haltungsmittels verschicken, ohne das Ergebnis zu gefährden.

Eine Entgiftung des Chinins im Organismus durch Über- führung in eine gepaarte Schwefelsäure oder in eine glykuron- saure Verbindung, was gleichzeitig, ohne Vorbehandlung, einen .Minderbefund an Alkaloid bei der Ausätherung des alkalisierten Harnes bedingen würde, konnte nicht festgestellt werden. Die chininhaltigen Harne (verschiedener Malariker), deren Glykuron- säuregehalt nicht übermäßig war, wurden nach Zusatz von 1,25°/, Salzsäuregas eine Stunde in kochendem Wasserbade erhitzt und dann in ihnen und in nicht behandelten Proben das Chinin bestimmt. Je 400 ccm wurden angewandt.

Konter | Nicht behandelt| + НСІ erhitzt

D g 1 0,0101 0,0098 2 0,0231 0,0228 3 0,0136 0,0130 be 4 0,0185 0,0185

Für eine Entgiftung in obigem Sinne hat sich demnach kein Anhalt ergeben, da vor und nach der Behandlung die gleiche Menge gefunden ward.

Ähnlich oder gleich dem Chinin verhält sich auch das Hydrochinin im menschlichen Organismus. Dieses Alkaloid ist ein steter Begleiter des Chinins in der Chinarinde, findet sich allerdings nur in untergeordnetem Maße. Die Isolierung aus

32 J. Halberkann:

den Mutterlaugen des Chinins ist begründet auf die größere Widerstandsfähigkeit gegenüber Kaliumpermanganat, weil die so leicht der Oxydation unterliegende Vinylgruppe in die Äthyl- gruppe umgewandelt ist. Dieses Hydrochinin kann nun nach der Paalschen Methode, durch Reduktion in alkoholischer Lösung bei Anwesenheit eines Edelmetall - Katalysators, oder nach Kelber®) durch Reduktion der Salze des Chinins in wäßriger Lösung bei Gegenwart von Nickel-Katalysator mittels Wasserstoff quantitativ dargestellt werden, was wichtig ist, weil es gegen die Malariaparasiten in geringeren Dosen die gleiche Wirkung wie sein Isologes entfaltet 201.

Anschließend an die Publikation von Giemsa und Werner°®) ergaben Selbstversuche, daß die Ausscheidung durch den Harn in die Chininintervalle fällt. Es wurden an einem Tage je 2 mal 0,5 g des salzsauren Salzes іп Oblaten genommen, der Harn von 2 Tagen gesammelt; dann blieb die Quecksilber- reaktion aus, so daß nur noch eine geringe Nachausscheidung anzunehmen ist, die allerdings mit der äußerst empfindlichen Fluorescenzprobe bis zum sechsten Tage sicher verfolgt wurde. Es möge erwähnt werden, weil auf Grund der Fällungs- und Trübungsintensitäten mit Bel, quantitative Ausmittelungen ausgeführt worden sind, die als völlig unhaltbar nachgewiesen wurden, daß die einzelnen Harnproben des einen mit Hg), keine Niederschläge, sondern nur mehr oder minder starke Trübungen gaben, dagegen in den anderen Harnen bei vielen Proben sofort Fällungen auftraten, was ganz unterschiedliche Mengen anzuzeigen schien, während tatsächlich die gewichts- analytische Bestimmung fast gleiche Gehalte ergab. Angewandt wurden је 400 ccm Harn: in dem einen 4380 ccm betragenden Harn fanden sich 0,1774 g, in dem andern 4250 ccm Harn 0,1721 g Base, das ergibt eine Ausscheidung von 21,69, und 21,0°/,-

Diese Befunde stehen nicht im Einklange mit der Angabe bei Giemsa und Werner, die in einem Falle fanden, daß im Harn nahezu 70°/, des Hydrochinirs eliminiert werden, und die darauf die energischere Wirkung gegenüber Chinin zurück- führten in der Annahme, daß nur das unveränderte Al- kaloid zur Entfaltung seiner Wirksamkeit gelangt —, da letz- teres wegen der Vinylgruppe eine geringere Widerstandskraft

Chinin und Hydrochinin im Organismus. 33

gegenüber der destruktiven Tendenz der Körperzellen habe. Wegen der wenigen Untersuchungen muß gelegentlich eine Nachprüfung erfolgen.

Giemsa und Werner”) machten schon wahrscheinlich, daß die isolierte Base, von der ihnen für eine Elementaranalyse nicht genügend Substanz zur Verfügung stand, unverändertes Hydrochinin sei, da der Schmelzpunkt, die Krystallform des basischen Sulfates, die Widerstandsfähigkeit gegen Kalium- permanganat und andere Eigenschaften dafür sprachen. Daß es sich in der Tat um Hydrochinin handelt, wird durch fol- gende Untersuchungen festgelegt.

Eine größere Menge Harn von Malarikern, die pro Tag 1 g salzsaures Hydrochinin erhielten, wurde wie bei Chininharn angegeben mit HgJ, versetzt, wobei sich in der Farbe der Niederschläge der Unterschied zeigte, daß, während sich bei Chinin ein rötlichweißer Niederschlag bildete, der bei Hydro- chinin grauweiße Farbe besaß. Die Weiterverarbeitung geschah, wie beschrieben, und aus der schließlich erhaltenen Rohbase, ein hellbrauner Firnis, wurde das völlig farblose, in langen, spießigen Nadeln krystallisierende, basische Sulfat bereitet. Dieses gibt, ebenso wie das Chininsulfat, über Schwefelsäure sämtliches Krystallwasser ab, nimmt aber an der Luft, im Gegensatze zu diesem, das nur 2 Moleküle Wasser anzieht, 4 Moleküle Wasser, in etwas längerer Zeit und nicht mit der gleichen Konstanz ап???) 7

0,4428 g entwässertes Sulfat nahmen nach 24h 0,0404 g Wasser auf. 0,6707 р Substanz nach 24h 0,0579 р, nach 48h 0,0626 g. 0,4433 р Substanz nach 24b 0,0435 g, nach 48h 0,0448 g.

Für (C,,H,,0,N,), -SO,H, -4H,O (Mol.-Gew. 822,7) berechnet: 8,76°/, H,O; gefunden: 8,36°/,, 7,95 resp. 8,54°/,, 8,94°/, resp. 9,18°/,.

0,3376 g wasserfreies Sulfat lieferten 0,1040 g SO, Ba,

Für (C,,H,,0,N,),-SO,H, (Mol.-Gew. 750,7) berechnet 13,07°/,; gefunden: 12,95°/, SO,H,.

Die Elementaranalyse des über das salzsaure Salz weg hergestellten Platindoppelsalzes?”) zeitigte folgendes Ergebnis.

0,1497 g Substanz verloren im Vakuum bei 95° 0,0066 g Biochemische Zeitschrift Band 95 3

34 J. Halberkann:

an Gewicht und gaben 0,1710g CO, 0,0507g H,O und 0,0376 g Pt. 0,1657 g Substanz geben 0,1839 g Ae),

Für С,,Н,,0,№, - PtC1,H, -2H,O (Mol.-Gew. 772,4) berechnet: H,O 467°], Н 38,65°/„ C 31,09%, Pt 25,27°/ Cl 27,55%,; gefunden: H,O 4,40°/,, Н 3,79°/,, С 31,16°/,, Pt 25,12°/,, O 27,469/,.

Die bei 125° getrocknete Base drehte in 1,7292 volum- prozentiger Lösung in 969/ 1рет Alkohol im 200 mm-Rohr bei 20° 4,92%, demnach beträgt 0209 = 142,39; nach Beil- stein, Handbuch der organischen Chemie 8, 859, ist die spe- zifische Drehung einer 2,4 volumprozentigen Lösung іп 95°/,igem Alkohol bei 209 142,2°?”).

Die Lösung von 0,05 g des Sulfats in 10 ccm Wasser und 5 Tropfen verdünnter Schwefelsäure reduzierte nach Zusatz eines Tropfens gesättigter Kaliumpermanganatlösung dieses nicht sofort, sondern erst nach einigem Stehen.

Diese Ergebnisse nebst den qualitativen Eigenschaften der Base beweisen, daß das Hydrochinin, soweit es durch den Harn ausgeschiegen wird, beim Durchgang durch den mensch- lichen Körper nicht verändert wird. Daß auch keine teilweise Veränderung stattgefunden hat, ergab die Prüfung des letzten, aus den Mutterlaugen isolierten Anteiles, der sich gegen Per- manganat ebenfalls beständig erwies.

Von einer größeren Anzahl von Forschern ist festgestellt worden, daß das Chinin, wie es auch dem Körper einverleibt werde, selbt nach intravenöser Injektion, nur eine kurze Zeit im zirkulierenden Blute nachzuweisen ist, und daß es nach einigen Stunden daraus völlig verschwinde, während es noch lange hernach mit dem Harn ausgeschieden wird. Daraus wurde gefolgert, daß es von gewissen Organen oder Zellkom- plexen abgefangen und deponiert werde, und von dort aus allmählich freigegeben werde oder der Vernichtung anheimfalle. So fanden Giemsa und Schaumann’), die sich als erste mit diesem Problem beschäftigten, nach Verfütterung an Hunde per оз nur sehr geringe Mengen Chinin im Blute, und zwar im Serum, nicht in den Blutkörperchen und folgern, sofern sie einen Schluß für zulässig halten, daß das Serum alles Chinin

Chinin und Hydrochinin im Organismus. 35

oder doch die Hauptmenge enthalte. Größere, wenn auch nicht wägbare Mengen stellten sie und nachher noch Сїешза?%) im Gehirn, Niere, Nebenniere, Milz und Leber fest, weshalb es wahrscheinlich sei, daß die Abtötung der Parasiten vorzugs- weise in diesen Orgahen stattfinde. A. Plehn?®) bestätigte die Blutbefunde beim Kaninchen und Hunde und macht es höchst- wahrscheinlich, nachdem er mit Großer?) das Verschwinden von 55 bis 75°/, Chinin in der künstlich durchbluteten Leber beobachtet hatte, daß das periphere Gefäßsystem resp. die Endo- thelauskleidung seines Capillargebietes an der fast sofortigen Arretierung des in die Blutbahn eingeführten Chinins beteiligt ist.

Bei dem Nachweise des Chinins im Blute ist es nicht richtig, das Fibrin abzuscheiden, das zwar an sich, wie ich mit Schweineblutfibrin prüfte, kein Chinin zu binden imstande ist, dieses jedoch mechanisch mitzureißen vermag, ein Fehler, der bei den geringen Alkaloidmengen wohl ins Gewicht fallen könnte. Großer vermeidet diesen Fehler, indem er das Fibrin nach langwieriger Vorbereitung mit Chloroform extrahiert, also zwei Extraktionen vornehmen muß, was zu umgehen ist. Das eben entnommene Blut verreibt man im Mörser sofort mit 15°/,iger Natronlauge (30 ccm auf 100 сот Blut), verdünnt die homogene Masse mit der gleichen Menge Wasser, gießt in einen Scheidetrichter, spült den Mörser portionsweise mit der- selben Menge Wasser, dann einigemale mit Äther und schüttelt nach völliger Auflösung des Blutes wiederholt mit Äther aus. Die getrockneten Ätherextrakte werden mit ®/,,- oder "/, -8а12- säure einigemale geschüttelt, der saure Auszug mit Äther ge- reinigt, dann das Alkaloid nach Zufügen von Ammoniak oder Natronläuge in Äther aufgenommen. Der Äther wird entwässert, und dessen Rückstand bei 120° im gewogenen Kolben ge- trocknet. Wägbare Mengen ` wird man zwar in praxi nicht finden, jedoch arbeitet die Methode quantitativ. So erhielt ich aus 50 cem Rinderblut (erste Ätherauszüge durch Lipochrom- gehalt stark gelb gefärbt), dem 0,041 g Chinin zugesetzt war, 0,0401 g = 98,29, zurück, eine Kontrolle mit gleich viel Blut gab einen Rückstand von !/,, mg. Eine andere Probe, mit Kaliumbioxalat ungerinnbar gemachten Schweineblutes (50 cem) wurde mit 0,082g Chinin—0,1 g salzsaures Salz versetzt, die berechnete Menge Chlorcaleium zugefügt, durch Rühren das

3%

36 J. Halberkann:

Fibrin abgeschieden und dieses mit 100 cem Wasser sorgfältig ausgewaschen. Die Blutflüssigkeit und das Fibrin wurden ge- trennt in Natronlauge gelöst und wie oben weiterbehandelt. Das defibrinierte Blut ergab 0,0758 g Chinin 92,8°/, und das Fibrin, trotz sorgfältigen Auswaschens noch 0,0048 g = 5,9°/,„; zurückgewonnen 98,7°/,.

Die Folgerung aus den Blutbefunden von Giemsa und Schaumann teilte Nocht?!) nicht, der durch seine Experimente zu der Ansicht gelangt war, daß das Chinin seine Wirkung innerhalb der roten Blutkörperchen entfalte. Die Ergebnisse seiner im Jahre 1900 angestellten Versuche, die er bei den Verhandlungen des deutschen Kolonialkongresses 1905 in seinem Vortrage: Über Schwarzwasserfieber bekanntgab, waren in fol- gender, kurz skizzierter Anordnung gewonnen. Wurde weniger als die hämolytische Chinindosis das sind 2 mg 5 ccm einer 10°/ igen Aufschwemmung defibrinierten Menschenblutes in physiologischer Kochsalzlösung zugesetzt, und nach einigem Stehen bei 37° das durch Zentrifugieren erhaltene Serum wieder mit so viel Chininlösung und Blutkörperchen versetzt, daß für obige Aufschwemmung die totalhämolysierende Chinindosis er- reicht oder gar etwas überschritten war, so erfolgte keine Hä- molyse. Aus diesem Verhalten blieb nur den Schluß zu ziehen übrig, daß im ersten Teile der Versuche die Blutkörperchen einen größeren Teil des Chinins gebunden hatten.

In einer vor einiger Zeit erfolgten Veröffentlichung stellt Morgenroth°®) fest, daß das Chinin, ebenso wie Optochin von den Erythrocyten nicht nur aufgenommen, sondern 'sogar in erheblichem Maße gespeichert werde; er zeigte dies vorher schon durch Anästhesierung der Kaninchencornea, die mit einem mit Optochin behandelten Blutkörperchenbrei (nach dem Zentrifugieren) alsbald eintrat, während der Abguß nur un- deutlich reagierte. Ebenso verhielt sich Chinin, und Morgen- roth bezeichnet dieses Beladen und Wiederabgeben an andere Zellen als Transgression. Diese Speicherung scheint nur ein physikalischer Vorgang zu sein, ist jedenfalls so labil, daß die beladenen Blutkörperchen mit Kochsalz- oder Rohrzuckerlösung geschüttelt einen Teil des Alkaloids an die Verdünnungs- flüssigkeit abgeben. Aus den Versuchen folgert Morgenroth, daß bei einer Verdünnung 1:100000 Vollblut Mengen, die sich

Chinin und Hydrochinin im Organismus. 37

um 50°/, herum bewegen, ob 75°/, oder 25°/, bleibt unent- schieden in Verlust gegangen sind.

Eindeutig scheinen die Folgerungen nicht zu sein, wie auch in einer Fußnote hervorgehoben wird, da bei der Ein- wirkung ‚auf Pneumokokken (Versuche Boeckers) ebenso in den Anästhesierungsversuchen eine Transgression, bei’ den eigenen Pneumokokkenversuchen aber nicht oder weniger in Erscheinung tritt.

Seine Beobachtungen führten Morgenroth zu der An- nahme, daß die geringe Chininkonzentration im ganzen Blute zur Abtötung der Plasmodien nicht genüge, und daß erst durch die Speicherung in den roten Blutkörperchen die Wirkung des Chinins verständlich werde. Die chininbeladenen Erythrocyten hindern die Merozoiten bzw. Sporozoiten einzudringen, die so dem Untergange geweiht sind: Repulsionshypothese. So in- · teressant auch diese Hypothese ist, darf man mit Fug und Recht außerdem annehmen, daß das Chinin auch schon eingedrungene Parasiten zu vernichten imstande ist.

Ehe Morgenroths Veröffentlichung erschien, hatte ich schon Versuche beendet, auf einfacherem Wege in vitro die Chininspeicherung der roten Blutkörperchen nachzuweisen bzw. nachzuprüfen; wegen anderweitiger Inanspruchnahme unterblieb bisher die Bekanntgabe.

1.

Defibriniertes Schweineblut wurde mit unterschiedlichen Mengen Chininsalz versetzt, die Differenzen durch physiologische Kochsalzlösung ausgeglichen. Alle Proben wurden doppelt an- gesetzt und 3 Stunden bei 37° gehalten. |

| 3 ` u.a | Chin. hydro- Konen, Nr. | Def. Blut | 10%, NaCl | 0,99%, NaCl | chlor. 3%), tration ccm ccm | ccm | ccm 0/6 Д ааннара Йан =

1 13 | 018 | er 2 0,4 2 13 | 009 | 1 1 0,2 3 13 | | 2 Kontrolle

Nach dieser Zeit sind in Gläschen 1 und 2 alle Blut- körperchen unter Erhaltung der Delle prall aufgetrieben, er- scheinen sonst intakt, und alle liegen einzeln. Seitlich betrachtet sind alle starr halbmondförmig. Nach dem Zentrifugieren

38 J. Halberkann:

haften die vielmals dunkler gefärbten Blutkörperchenkuchen fest am Boden, die Sera sind stark hämolytisch gefärbt, in Gläschen 1 ' stärker als in 2. In der Kontrolle 3 zeigen die Blutkörperchen gegenüber einer Probe keine Unterschiede, fast alle sind schwach zusammengedrückt, mit groben Stechapfelfortsätzen, viele liegen, wenn auch verzerrt, reihenweise beisammen. Das Serum ist nur wenig gerötet, und die zentrifugierten Blutkörperchen lockern sich beim Umschwenken mit physiologischer Kochsalz- lösung leicht vom Boden.

Nach Auffüllen mit Kochsalzlösung wird wiederum zentri- fugiert. Die überstehende Flüssigkeit ist bei Kontrolle 3 nicht, bei 1 und .2 sehr stark hämolysiert. Bei 1, soweit Blutkör- perchen noch vorhanden sind, sehen sie wie vorher prall auf- getrieben aus und haften tiefdunkelrot, verklebt am Boden. In 2 kleben sie etwas lockerer am Boden, aber nur wenige besitzen noch die aufgetriebene Form, die meisten haben aus- geprägte Stechapfelform angenommen. In der Kontrolle be- sitzen die Blutkörperchen feine Stechapfelfortsätze und lösen sich leicht vom Boden ab.

Das dritte Zentrifugat war bei 1 und 2 wieder sehr stark hämolytisch verfärbt, bei Kontrolle 3 keine Hämolyse. Bei 1 fanden sich kaum noch intakte, aber nun auch kollabierte Blutkörperchen.

Das Ergebnis dieses Versuches läßt sich dahin zusammen- fassen, daß die Blutkörperchen für Chinin permeabel sind, daß die Diffusion nicht bis zur gleichmäßigen Verteilung zwischen Blutkörperchen und Serum geht, daß vielmehr eine Speicherung in ersteren stattfindet, die den osmotischen Druck innerhalb der-Zelle verstärkt, was bis zum Zerreißen ihrer Membran, bis zur Hämolyse führen kann. Andere als physikalische Ursachen kann man nicht verantwortlich machen. Die nach dem zweiten Zentrifugieren noch vorhandene, ballonartige Auftreibung der Erythrocyten in Gläschen 1 die des Gläschens 2 kehren ziemlich zur Norm zurück muß so gedeutet werden, daß das Alkaloid der unterdessen der Zerstörung anheimgefallenen Blutkörpercheg nun wiederum die noch intakten angehen kann, wodurch diese kein Chinin an die umgebende Flüssigkeit ab- zugeben vermögen, während dies bei 2 infolge des vielmals ge- ringeren Zerfalles möglich war.

Chinin und Hydrochinin im Organismus. 39

Nebenbei wurde geprüft, ob die chininbeladenen Blut- körperchen und ebenso die hämoglobinhaltigen Zentrifugate die Blutreaktionen mit Phenolphthalein und mit Guajacharz gaben. Die Reaktionen fielen positiv aus.

2.

Ein weiterer Versuch wurde derart angestellt, daß Blut mit fallenden Chinindosen einige Zeit in den Brutschrank kam, hernach zentrifugiert und die Blutkörperchenbreie noch 5 mal mit Kochsalzlösung versetzt und wieder abgeschleudert wurden. Ein mehr oder weniger starkes Auswaschen des Alkaloids aus den Blutkörperchen ist dabei anzunehmen. Dann wurde Form- aldehyd zugefügt und noch einigemale durch Zentrifugieren und Wiederauffüllen gewaschen. In einer zweiten Versuchsreihe wurde Formaldehyd nach dem ersten Abschleudern zugegeben und dann sorgsam ausgewaschen. Die Weiterführung dieser Anordnung, die das einmal eingetretene Chinin fixiert, scheiterte jedoch an der Unlöslichkeit der gehärteten Blutzellen in Natron- lauge. Es wurde versucht, Natriumhypobromid zu verwenden, jedoch ergaben einige orientierende Vorversuche, daß hierbei Verluste eintreten können, da man die Menge des Lösungs- mittels nur gefühlsmäßig zusetzen kann. So ergab eine Kon- trolle in ganzem Blut 0,0300 g, in Serum 0,0295 g, Härtung und sehr vorsichtiges Auflösen mit Natriumhypobromid 0,0298 g, ebenso mit der doppelten Menge des Lösungsmittels 0,0279 g Chinin. Vielleicht ließe sich dieser Gedankengang doch noch zu einer anwendbaren Methode gestalten.

3.

Zu diesem Versuche wurde das gegen Chinin resistentere Hammelblut verwandt, in gleicher Anordnung wie bei 3, nur daß hier nach dem fünften Zentrifugieren mit Alaun gehärtet

At A Chin. hydro- | Konzen- Nr. | Def. Blut | 10°/, NaCl | Dän, NaCl chlor. 39, ста ccm cem сеш ccm DR 1 13 | 018 Б 2,0 0,4 2 13 0,13 0,5 1,5 0,3 3 13 0,09 1,0 1,0 0,2 4 13 0,05 1,5 0,5 0,1 5 18 0,02 1,75 0,25 0,05 6 13 2,0 | Kontrolle

40 J. Halberkann:

und dann noch 5mal gewaschen wurde. Die schließlich er- haltenen Blutkörperchen, die nach der Härtung immer stark am Boden kleben und schlecht zu suspendieren sind, sehen durchgängig intakt aus und sind meist hur etwas zusammen- gedrückt und vereinzelt mit Stacheln besetzt. Sie wurden in Natronlauge gelöst, ebenso die letzten Zentrifugate mit Natron- lauge versetzt, mit Äther sorgsam extrahiert und wie üblich weiterbehandelt. Wie zu erwarten war, ergaben sich in keinem Falle wägbare Rückstände, die mit einem Tropfen verdünnter Salpetersäure und 1 ccm Wasser gelöst und auf Fluorescenz ` untersucht wurden. Dann wurde je ein Tropfen Ammoniak- flüssigkeit und Essigsäure zugefügt und je die Hälfte der Thalleiochin- und der Quecksilberjodidprobe unterworfen. Das Ergebnis zeigt folgende Tabelle.

Blutkörperchen Fluorescenz EA ++++ +++ ++ | | зи Гб n Thalleiochin | + | + + | 0 0 0

n HgJ,-Nieder- | schlägel +++ | +++ | ++ + + 0 Zentrifugat . . | Fluorescenz | ++ | ++ + | Sp. Sp 0 » . . | Thalleiochin 0 0 | 0 t. 0 n . . | Hg,J-Trübungen schwach, von 1 schwach bis 5 abfallen 0

sehr schwach

4.

Der gleiche Versuch wurde wie bei 3 wiederholt, aber ohne Alaunhärtung, also die Blutkörperchen 10 mal mit Koch- salzlösung aufgeschwemmt und abgeschleudert. Das Resultat zeigt die Tabelle.

eg LEET KEE EECH In Reaktion 1 TE Do A Ah 4 | 5 |Коп- = Be u | í | trolle

Blutkörperchen Fluorescènz ++++ ++ +++

et: gek Jg Zentrifugat . . » +++ ++ | ++ | ++ P-| 0 Blutkörperchen Hei, [++++++++++ ENEE +++! 0 Zentrifugat . . л +++++++++ +++ O ++ + |0

Die Intensität der Reaktionen, die nur für jede einzelne Untersuchung vergleichbar ist, habe ich mit Kreuzchen be- zeichnet. Für Versuch 3 und 4 darf wohl als sicher ange- nommen werden, daß von dem ursprünglich im Serum ver-

Chinin und Hydrochinin im Organismus. 41

bliebenen Chinin durch das 10malige sorgfältige Auswaschen je '/, Stunde zentrifugiert bei 3150 Umdrehungen wohl nichts mehr nachweisbar in das zehnte Zentrifugat herüber- gekommen ist. Das im zehnten Ablauf gefundene Alkaloid muß auf Konto des in den Blutkörperchen gespeicherten Chinins, das in die umgebende Flüssigkeit diffundierte, gesetzt werden.

Aus den Versuchen 3 und 4 geht, besonders aus dem Ausfall der Quecksilberjodidprobe deutlich hervor, daß die Blutkörperchen eine verhältnismäßig große Chininmenge an- fänglich aufgenommen haben müssen, da trotz des häufigen Auswaschens sich noch Niederschläge bilden konnten. Wollte man auch annehmen, daß nicht alles nicht-gespeicherte Chinin fortgewaschen wäre, so ginge trotzdem aus dem Resultate hervor, daß die Erythrocyten am Ende des Versuches mehr Chinin enthalten als die Waschflüssigkeit.

Die Fluorescenz obiger Flüssigkeiten konnte mit bloßem Auge im zerstreuten Tageslichte nicht wahrgenommen werden, sie tritt dagegen hervor, wenn man ein durch eine Linse zu- sammengefaßtes Strahlenbündel der Bogenlampe oder Sonne hineinfallen läßt, wobei seitlich abzublenden ist.

Ə.

Dieser Versuch sollte zeigen, ob Chinin in kleinsten Mengen, die noch eben durch Fluorescenz nachweisbar sind, vollständig von den roten Blutkörperchen adsorbiert wird, oder ob auch dann noch ein Gleichgewichtszustand sich einstellt zwischen Serum und den roten Blutzellen, wie es bei höheren Konzen- trationen der Fall ist. Hierzu wurde 2°/‚iges Hammelblut mit Chinin von 1:10000 bis 1:10000000 versetzt und die Proben in den Brutschrank gestellt. Nach je 2, 4 und 8 Stunden wurden jedesmal 10 ccm mit 1 ccm 0,4°/,iger Riein-Kochsalz- lösung vermischt und über Nacht im Eisschrank aufbewahrt. Kontrollen ohne Chinin wurden ebenso behandelt. Dann wurde klar und farblos abgegossen, zu je 5 сеш 2 Tropfen verdünnte Salpetersäure und 12 Tropfen 20°/,iger Silbernitratlösung ge- geben, und alle Proben einer Reihe, mit der stärksten Ver- dünnung beginnend, durch das gleiche Filter gegossen, was zwar eine gewisse Verschiebung der Konzentration bedingt, die

42 J. Halberkann:

aber im Versuch und in der Kontrolle gleichartig erfolgte. Die Kontrollen zeigten keine Fluorescenz, auch nicht die Ver- dünnungen 1:10 und 1:5 Millionen, und man könnte dies auf Konto der Speicherung durch die Blutkörperchen oder der Adsorption durch das Chlorsilber und des Filters setzen. Da- gegen fluorescierte die Verdünnung 1:2 Millionen noch, wenn auch äußerst schwach, die zu 1:1,5 und 1:1 Millionen ent- sprechend stärker, aber immer schwächer als eine entsprechend starke Kontrolle Chininlösung. Daraus darf man schließen, daß eine Speicherung in den Blutkörperchen erfolgt, die aber immer nur, anscheinend auch in den stärksten Verdünnungen, zu einem gewissen Grade führt, nämlich bis der Gehalt in den roten Blutkörperchen im Gleichgewichte ist mit dem Chinin: gehalt der umgebenden Flüssigkeit.

6.

Die bisherigen Versuche haben nur qualitativ dargetan, daß Chinin von den roten Blutkörperchen aufgenommen wird. Die quantitative Bestimmung in den mit Formaldehyd gehärteten Blutzellen scheiterte an deren Unlöslichkeit in Natronlauge, die Härtung mit Alaun schien für diesen Zweck nicht ge- eignet. Ich habe deshalb versucht, die Menge des gespeicherten Chinins indirekt zu ermitteln, nämlich durch Wägung des im Serum verbliebenen Alkaloides.

Es wurde, wie in dem Schema zu dem Versuche 3, das doppelte Quantum Hammelblut mit 0,4, 0,2, 0,1 und 0,05°/, Chinin versetzt, 5 Stunden in den Brutschrank gestellt, scharf zentrifugiert und von den klaren, teils hämolytisch verfärbten Sera aliquote Teile zur Chininbestimmung entnommen. ` Ein- mal wurden Kontrollen ohne Chinin, jedesmal aber Kontrollen ohne Blut mit gleicher Menge Chinin angesetzt, um eventuelle Unstimmigkeiten der Pipetten zu umgehen. Alle Proben wie die Kontrollen wurden unter genau den gleichen Bedingungen geprüft. Је 10 eem wurden nach Zusatz von 3 cem Natron- lauge 3mal mit 20 cem Äther extrahiert, die Ätherauszüge mit 10 сет 2/, ,-, dann mit 10 ccm "/,,-Salzsäure, dann noch mit 5 союш Wasser ausgeschüttelt, die vereinigten sauren Extraktie mit Äther einmal gereinigt, dann 2 сеш Ammoniakflüssigkeit zugefügt und dreimal mit 25, 15 und 10 сет Äther ausgezogen.

Chinin und Hydrochinin im Organismus. 43

Die Ätherauszüge wurden mit wenig geglühtem Natriumsulfat getrocknet, filtriert, die Filter quantitativ ausgewaschen. Die Rückstände wurden bei 120° getrocknet und gewogen. Vier Kontrollen mit Blut ohne Chinin ergaben so Rückstände: je ein- mal von 0,1 mg und + 0,4 mg, zweimal von 4+ 0,1 mg.

Verschwundenes Nr. Kontrolle Ganzes Blut |Blutkörperchen Chinin 0/ 10 1 0,0327 0,0198 "39,5 2 0,0182 0,0101 44,5 3 0,0095 0,0049 48,4 4 0,0055 0,0025 54,5 5 0,0319 0,0194 39,2 6 0,0166 0,0102 j 38,5 7 0,0083 0,0052 37,3 8 0,0051 0,0033 35,3 0,0324 0,0195 0,0186 39,8 und 42,6 0,0162 0,0094 0,0089 420 » 45,1 ' 0,0089 0,0056 0,0056 87,1 » 871 0,0052 0,0031 | 0,0029 ! 404 » 44,8

Diese Ergebnisse zeigen überzeugend, daß das Chinin weit- gehend von den Erythrocyten gespeichert wird, und es hat sich dabei kein oder kaum ein Unterschied ergeben, ob ganzes Blut oder 3mal mit physiologischer Kochsalzlösung gewaschene Blut- körperchen verwandt wurden. Absolut genaue Werte bieten diese Zahlen nicht; das Volumen der roten Blutkörperchen spielt bei der Versuchsanordnung nur eine geringe Rolle, eher wäre die von Gläschen 1 bis 4 abfallende Hämolyse in Rechnung zu stellen. Jedenfalls aber dürfen obige Zahlen auf möglichst angenäherte Werte Anspruch erheben. Mit geringeren Chinin- mengen, wie sie für den menschlichen Organismus in Betracht kommen, zu arbeiten, war leider wegen der Grenzen der Wäg- barkeit und der dadurch bedingten Zunahme der Versuchs- fehler nicht angängig, eine Methode aber, die auf anderen Prinzipien beruht, zu benutzen, war ich nicht in der Lage. Mit der gewöhnlichen, oben angedeuteten Anordnung der Fluores- cenzprobe quantitative. Bestimmungen vorzunehmen, erachte ich für nicht möglich, eine Beschreibung der Gehaltsermittlung mittels des Fluorescenzmikroskopes, das Hartmann und Zila dazu benutzten, stand mir nicht zur Verfügung.

44 J. Halberkann:

Die von den roten Blutkörperchen aufgespeicherten Mengen Chinin bewegen sich in Grenzen zwischen 35 bis 48°/, (einmal 54,5°/,), und es macht sich kein Unterschied bemerkbar, ob dem Blute mehr oder weniger Chinin zugegeben war. Auch hieraus muß man schließen, daß das Chinin nicht selektiv von den Blutkörperchen angezogen wird, sondern daß ein Gleichge- wicht sich einstellt, Blutkörperchen : Serum == 35 48:65 52 oder im Mittel aller Versuche 41,6: 58,4, das ist annähernd 2:3. Natürlich ist es nicht erlaubt, diese in vitro mit so großen, biologisch nicht möglichen Chininmengen gewonnenen Einblicke ohne weiteres auf die im zirkulierenden Blute sich abspielenden Vorgänge zu übertragen; aber anschließend möchte ich noch- mals auf die von Morgenroth in ganz anderer Versuchs- anordnung ermittelte Feststellung hinweisen, nach der bei einer Lösung von 1:100000 (Vollblut) 50°/, der Alkaloidmenge ob in Wirklichkeit 25 oder 75°/, ließ die Versuchsanstellung un- entschieden in Verlust geraten sind.

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Über Jod-Stärkereaktion und ihre Verwendung für eine

Prozessen.

Von C. Lange.

colorimetrische Eiweißbestimmung bei Immunitäts-

(Aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut für experimentelle Therapie.)

(Eingegangen am 22. März 1919.) Inhaltsangabe.

Einleitung. Versuch einer Fermentbindung als Ersatz der

II.

II.

Komplementbindung, der Veranlassung gibt, die Diastase- bestimmung mittels Jodstärkereaktion genauer zu analysieren, und bei dem sich die Möglichkeit ergibt, die Jodstärke- reaktion für eine quantitative colorimetrische Eiweißbe- stimmung zu һБеппеп.................

. Die Diastasebestimmung mittels Jodstärkereak-

tion, ihre Beeinflussung durch Körper, die schon bei Zimmertemperatur in kurzer Zeit Jod chemisch binden, speziell durch Eiweißkörper. Kritik der quantitativen Dia- stasebestimmung und Möglichkeit einer Verfeinerung . . . Untersuchungen über die Jodstärke: Art der Bin- dung, Beeinflussung der blauen Farbe durch physikalische Baktenep, Za эз уж» a ae э

Das Zustandekommen der blauen Jodstärke wird erklärt durch eine gegenseitige Kolloidausfällung, resp. Löslichkeits- beeinflussung zwischen dem kolloidalen Jod und der kol- loidalen Stärke. Die Farbqualität (Jodstärke, Joddextrin) ist abhängig vom Dispersitätsgrade . . . . 2 22...

- Die unter Einwirkung verschiedener physikalischer Fak- .

toren verschiedene Intensität der Blaufärbung bei gleichen Mengen Jod und Stärke ist abhängig vom Quellungszustand des elektronegativen Kolloidkomplexes Jodstärke, bei stär- kerer Quellung neigt die Blaufärbung zum Verschwinden . Quantitative Eiweißbestimmung mittels der Jod- stärkereaktion. Jodierung mit und ohne Isolierung des

41—54

54—51

58—69

58—61

61—69

C. Lange: Jod-Stärkereakt.u.ihreVerwendg. f.e.colorimetr. Eiweißbest. 47

Eiweißes, bei originaler oder saurer Reaktion mit oder ohne Katalysatoren. Allgemeine Grundlagen der Methodik für die Bestimmung des Gesamteiweißes in Serum, bzw. Plasma und Lumbalflüssigkeit und zur Standardisierung von Vaccinen. Bedeutung dieser Bestimmung für die Analyse von Immu- nitätsprozessen ........... GE KEE ... 69-84

Den Ausgangspunkt für die im folgenden dargestellten Untersuchungen bildeten Versuche, eine Technik auszubilden, wobei analog der Komplementbindung die Adsorption von Fermenten als Indicator für die vollzogene Reaktion zwischen Antigen und Immunkörper. resp. bei der Wa.-R. zwischen Lues- serum und Extrakt verwendet: werden sollte.

Untersuchungen in dieser Richtung scheinen in verschie- dener Richtung von Interesse: erstens als dadurch die Frage eine Klärung erfahren könnte, ob spezifische, immunisatorisch erzeugbare Antifermente tatsächlich vorhanden sind oder nur durch eine „Bindung“ vorgetäuscht werden, analog den Ver- suchen über die Feststellung immunisatorisch erzeugbarer spe- zifischer Antikomplemente. Zweitens scheinen Veränderungen der Versuchsanordnung möglich, die bei der Komplementbindung durch das Arbeiten mit einem hämolytischen System, ins- besondere aber mit Blutkörperchen, die gegen verschiedene Änderungen des Mediums sehr empfindlich sind, unmöglich ge- macht werden.

Versuche in dieser Richtung, wenn auch mit negativem Erfolge, wurden bereits von Hailer unternommen. Er verglich’ die Bindung von Komplement und Ferment an spezifische und nichtspezifische Nieder- schläge und Suspensionen. Für das Labferment, das nur geprüft wurde, kam Hailer zu Feststellungen von Unterschieden іп der Adsorptions- fähigkeit zwischen Komplement und Ferment, die sich darauf bezogen, daß Lab z. B. durch Kaolin sehr stark gebunden wird, daß es dagegen von Aufschwemmungen von SiO, und spezifischen Präcipitaten, die Kom- plement stark binden, nicht adsorbiert wird. Wir hatten schon vor einer Reihe von Jahren Versuche des Ersatzes von Komplement gerade durch Lab gemacht, weil uns die ohne weiteres sichtbar zu machende Fermentwirkung besonders erwünscht schien und beim Lab wenigstens insofern eine Ähnlichkeit in der Adsorption an Oberflächen besteht, als es ebenso wie das Komplement durch Schütteln inaktiviert werden kann. Wir kamen damals zu keinen greifbaren Resultaten; die Untersuchungen von Hailer lassen den vermutlichen Grund dafür erkennen. Nun ist aber bekannt, daß die Adsorptionsfähigkeit verschiedener Fermente gegenüber verschiedenen Substanzen sehr erhebliche Differenzen zeigt.

48 C. Lange:

Die Untersuchungen von Hailer lassen es danach nicht ausgeschlossen erscheinen, daß trotzdem Fermente gefunden werden können, die in ihrer Adsorptionsfähigkeit an spezifische Präcipitate dem Komplement gleichstehen oder es sogar noch übertreffen. Neben dem Lab prüften wir damals Fibrinferment, aus dem gleichen Grunde, wie schon beim Lab angegeben, und Tyrosinase. Beim Fibrinferment zeigten sich Diffe- renzen, die sich aber als ungeeignet erwiesen, um darauf eine praktische Methode aufzubauen. Es erschienen dann die Arbeiten von Hirschberg und Klinger über eine Gerinnungsreaktion bei Lues, die uns veran- laßten, dieses spezielle Gebiet noch einmal zu untersuchen. Wir wollen hier nicht näher darauf eingehen, da wir an anderer Stelle über diese Untersuchungen berichten werden, wir wollen nur auf die Differenzen hinweisen; während wir ebenso wie Hailer eine Fermentbindung versuchten, ist die Gerinnungsreaktion etwas durchaus anderes, nämlich eine Kofermentbindung. Gebunden wird, resp. in Reaktion tritt das Koferment des Fibrinferments, das Cytozym, während die Ferment- wirkung nur den Indicator der stattgefundenen Kofermentinaktivierung dar- stellt. Derartige Kofermentbindungen kann man auch in anderer Form zur Demonstrierung von Immunitätsvorgängen heranziehen, z. B. bei luetischen Seren mit gallensauren Salzen, deren Kofermentinaktivierung durch Ausbleiben ihrer verstärkenden Wirkung auf Lipasen nachgewiesen werden kann. Eine direkte Fibrinfermentbindung, die Hirschberg und Klinger nicht gelang, konnten wir unter anderen Bedingungen ebenfalls nachweisen, doch erscheint die Fermentnatur des Gerinnungs- vorgangs uns so wenig gesichert, daß hieraus theoretische Schlüsse nicht gezogen werden hönnen.

Wir mußten diese erklärenden Ausführungen erst bringen, um ver- ständlich zu machen, wie wir zu den gleich darzustellenden Versuchs- ergebnissen und Versuchsanordnungen kamen.

Bei der Prüfung verschiedenster Fermente auf ihre Bin- dungsfähigkeit im Vergleich mit Komplement versuchten wir auch diastatische Fermente verschiedener Abstammung, weil wir hier in der Methode der quantitativen Bestimmung diasta- tischer Fermente nach Wohlgemuth eine Methode zu haben glaubten, die eine Demonstrierung von Fermentwirkungen fast ebenso bequem und außerdem quantitativ viel feiner abstufbar erwarten ließ, als bei Fermenten mit unmittelbar sichtbarer Fermentwirkung, wie z. B. Lab, Fibrinferment oder Tyrosinase.

Wir wollen die dabei gefundenen Untersuchungsergebnisse kurz anführen, weil sie uns bei der Bewertung der quanti- tativen Resultate, die man mit der Methode erzielen kann, von praktischer Bedeutung erscheinen, da ja auch diese Me- thode wegen ihrer großen Bequemlichkeit für klinische Zwecke

Jod-Stärkereakt. u.ihreVerwendung f.e.colorimetr. Eiweißbestimmung. 49

in ausgedehntem Maße herangezogen wurde. Man kann nun bei der Bestimmung diastatischer Fermente drei Methoden unterscheiden: erstens die Verfahren, wobei die quantitative Bestimmung des entstehenden Zuckers als Maß der Stärke des diastatischen Ferments genommen wird; zweitens die Methoden, die hierzu den Ausfall der Jodstärkereaktion in irgendeiner Weise benutzten, drittens die Methode von Walther, die analog der Pepsinbestimmung mit Mettschen Röhrchen die Länge eines verdauten Stärkecylinders als Maß der diastatischen Kraft wählt.

Die Wohlgemuthsche Methode benutzt die Jodstärke- reaktion. Wir werden nun ausführen, welche Verhältnisse hier- bei eine genaue quantitative Abschätzung der diastatischen Kraft einer Fermentlösung bis zu einem gewissen Grade illu- sorisch erscheinen lassen. Wir werden dabei genauer auf die Verhältnisse der Jodstärkereaktion überhaupt und ihre Beein- flussung durch jodbindende und andere Körper in der Reak- tionsflüssigkeit, sowie durch andere Faktoren eingehen müssen, um dann zu zeigen, welchen besonderen Einfluß hierbei Eiweiß- körper, resp. der aromatische Kern im Eiweißmolekül haben und wie man diese Verhältnisse für praktische Zwecke zu einer quantitativen Eiweißbestimmung nutzbar machen kann.

Nach Wohlgemuth wird die diastatische Kraft einer Fermentlösung auf die Weise bestimmt, daß man sich eine Reihe mit fallenden Mengen der zu untersuchenden Ferment- lösung herstellt und zu jeder Verdünnung 5 ccm einer 1°/ igen Stärkelösung zugibt. Nach Ablauf der gewünschten Versuchs- dauer werden sämtliche Reagensröhrchen etwa bis fingerbreit vom Rande mit Wasser aufgefüllt und je ein Tropfen einer ®/,0Jodlösung zugesetzt und umgeschüttelt. Hierbei treten nun je nach der erreichten Stufe des Stärkeabbaus verschiedene Färbungen auf; zur Bestimmung der Diastase wird nun der unterste Grenzwert (limes) benutzt, wo zum erstenmal die rein blaue Farbe unverkennbar auftritt, Das mit Wasser aufgefüllte Röhrchen zeigt demnach eine leicht violette Färbung. Dies wird als Ausdruck dafür angenommen, daß in dieser Verdün- nung ein Abbau von Stärke nicht mehr erfolgt ist. Auf die übrigen Kautelen bei der Versuchsanordnung brauchen wir in

diesem Zusammenhange nicht näher einzugehen, wo uns nur Biochemische Zeitschrift Band 95. 4

50 C. Lange:

die Beeinflussung der Jodstärkereaktion durch fremde Faktoren interessiert. Auf eine Fehlermöglichkeit, die vielleicht nicht ausgeschaltet werden kann, außer bei der Methode nach Walther, wollen wir nur kurz hindeuten, daß nämlich die Diastasewirkung bei Mischung z. B. von Serum mit einer Lösung von Stärke durch die hierbei auftretende gegenseitige Kolloidausflockung erheblich beeinflußt werden kann, was zu unkontrollierbaren Fehlermöglichkeiten führen kann, da ja diese Ausfällungen nicht gleichmäßig in der fallenden Reihe abfallen, da derartige gegenseitige Kolloidfällungen von dem Mischungsverhältnis ab- hängig sind.

Die Verhältnisse bei der Wohlgemuthschen Methode scheinen auf den ersten Blick sehr einfach und durchsichtig, und doch zeigt sich bei näherer Analyse, daß hierbei doch Fehlschlüsse möglich sind. Es liegt uns fern, die praktische Brauchbarkeit der Methode nach Wohlgemuth bezweifeln zu wollen,. aber wir werden nach näherer Analyse sehen, welch große Bedeutung den genauen Mischungsverhältnissen (5 ccm 1°/,ige Stärke, 1 Tropfen ®/,,.Jod) zukommt, und daß die Methode der Bestimmung der diastatischen Kraft sehr leicht zu direkten Fehlern führen kann, wenn man von diesen Mi- schungsverhältnissen und der vorgeschriebenen Ablesung der Resultate erheblich abweicht, was ja ohne weiteres möglich und wünschenswert erscheint, wenn man sehr kleine Fermentmengen oder sehr kleine Differenzen im Gehalt an Ferment verschie- dener Lösungen feststellen will. Ohne eine besondere Kontroll- technik, die wir weiter unten geben werden, kann man sich sogar verleiten lassen, eine diastatische Fermentwirkung an- zunehmen, wo eine solche gar nicht existiert.

Das Hauptmoment bei der Wohlgemuthschen Methode sehen wir in der Feststellung eines direkten Farbenum- schlages von blau zu roten oder bräunlichroten Nuancen; nur dadurch kann ein Abbau von Stärke nachgewiesen werden, nicht etwa auch durch Differenzen in der Intensität der Blaufärbung, und diesem Moment wird ja auch bei der Ver- suchsanordnung Rechnung getragen. Dagegen ist zu betonen, daß die Methode, wenn man sehr feine Differenzen feststellen will, als recht grob anzusehen ist, was durch die großen Mengen Stärke und Jod bedingt wird, wodurch die enorme Feinheit

Jod-Stärkereakt.u.ihreVerwendung f.e.colorimetr. Eiweißbestimmung. 51

der Jodstärkereaktion unter anderen Verhältnissen ausgeschaltet wird.

Arbeitet man mit kleineren Stärkemengen und kleinen Jodmengen, so könnte man hoffen, sehr geringen Stärkeabbau schon dadurch festzustellen, daß .man so geringe Jodmengen zugibt, daß Differenzen in der Sättigung der blauen Farbe als Ausdruck der diastatischen Wirkung genommen werden können, bevor ein direkter Umschlag in rotbraun erfolgt. Dies läßt sich auch in der Tat bei etwas komplizierter Versuchsanordnung ermöglichen. |

Um diese Verhältnisse leichter verständlich zu machen, wollen wir zurückgreifen auf die anfangs beschriebenen Ver- suche der Fermentbindung mit diastatischen Fermenten, die möglichen Fehlerquellen werden dabei ohne weiteres deutlich, nebenbei wollen wir nur darauf hinweisen, daß gerade derartige diastatische Fermente für die gewählte Versuchsanordnung ihrer Dialysierfähigkeit wegen weniger geeignet erscheinen als andere hochkomplexe Fermente, die leicht adsorbiert werden, wie z. B. Lipasen.

Wir vermischten präcipitierendes Serum mit dem dazu passenden Eiweiß in verschiedenen Mischungsverhältnissen und gaben dazu kleine Mengen Diastase, z. B. eine sehr verdünnte Lösung von Speichel. Nach verschiedenen Bindungszeiten bei verschiedenen Temperaturen gaben wir nun geringe Mengen Stärke dazu, ließen während einer durch einen Vorversuch passend ausgewählten Zeit im Wasserbad verdauen und gaben dann genau abgemessene Mengen einer so verdünnten Jod- lösung dazu, daß eine Blaufärbung entstand, die in der bereits vorhandenen Verdünnung feinere Nuancen erkennen lassen mußte; die ersten Farbumschläge nach rotviolett hin bei wirk- licher Verdauung sind übrigens kaum in Verdünnung zu unter- scheiden von verdünnten rein blauen Jodstärkelösungen.

Wir wollen hier nicht ausführlicher auf unsere Versuche eingehen und nur die Resultate bringen, soweit sie in diesem Zusammenhang interessieren. Es zeigte sich beim Vergleich von normalen und präcipitierenden Seren in Mischung mit dem dazu gehörigen Antigen, wenn man Diastase, dann Stärke und zum Schluß Jod zugab, stets ein Unterschied bei Vorhanden-

sein des Immunserums nach der entgegengesetzten Richtung 4%

52 С. Lange:

als erwartet wurde, daß nämlich regelmäßig Mischungen mit Immunserum gegenüber denen mit Normalserum eine deutlich schwächere blaue Färbung zeigten. Dies trat ganz ausnahmslos auf bei den verschiedensten Antiseren und Antigenen. Die Deutung war schwierig und widersprach zum mindesten der Annahme durchaus, daß es sich um eine Bindung der Diastase handeln könnte.

Bei näherer Analyse stellte sich dann heraus, daß hier besondere Verhältnisse vorliegen, die bisher anscheinend fast unbekannt geblieben sind und in engstem Zusammenhang mit der Beeinflussung der Jodstärkereaktion durch äußere Faktoren stehen, jedoch mit etwaigen Differenzen in der Fermentwirkung bei der gewählten Versuchsanordnung nichts zu tun haben.

Auffallend schien sehr bald, daß wir bei den verschieden- sten Konzentrationsverhältnissen des Fermentes und bei noch so verschieden gewählter Versuchsdauer immer nur denselben Farbenunterschied zwischen den Lösungen mit Immun- oder Normalserum auftreten sahen.

Eine bestimmte Richtung bekam dieser Zweifel sehr bald, als wir bei unseren Versuchen mit Immunseren, die größtenteils zwecks Konservierung mit Carbol versetzt waren, untersuchten, welchen Einfluß der Zusatz von Carbolsäure zum Serum auf den Ausfall der hier angeführten Versuche hätte.

Es zeigte sich nun, daß sehr geringe Unterschiede im Carbolgehalt von Serum genügten, um einen deutlichen Unter- schied im Ausfall der Jodstärkereaktion zu ergeben. Die Er- klärung liegt natürlich darin, daß das Jod mit dem Phenol direkt schon bei Zimmertemperatur eine feste chemische Ver- bindung eingeht, trotzdem es vorher in irgendeiner Verbindung mit der Stärke stand, auf die wir noch eingehen werden. Auf- fallend waren nur und für die Methode der Diastasebestimmung mittels der Jodstärkereaktion von besonderem Interesse die zeitlichen Verhältnisse hierbei. Es ergab sich, daß Jod in kleinen Mengen mit dem Phenol so schnell reagiert, daß eine Blaufärbung der Stärke überhaupt nicht einzutreten braucht oder fast momentan verschwindet, selbst wenn man zu der carbolhaltigen Lösung zuerst Stärke und dann Jod zugibt. Fügt man zu carbokäurehaltigen Lösungen zuerst Jod und dann sofort Stärke, dann tritt keine Blaufärbung ein, selbst

Jod-Stärkereakt.u.ihreVerwendung f.e.colorimetr. Eiweißbestimmung. 53

wenn man solche Jodmengen verwendet, daß sie schon eine recht starke Bläuung hervorrufen können. Maßgebend für diese Verhältnisse ist natürlich die Verteilung ganz allgemein ge- sagt des Jods zwischen Phenol und Stärke und die zeit- lichen Verhältnisse dieses Ablaufs. Doch bevor wir näher darauf eingehen können, müssen wir noch ausführen, daß dem Eiweiß bei derartigen Versuchen die gleiche Bedeutung zukommt, wie etwa dem Phenol.

Als wir nämlich den Kontrollversuch anstellten, wie unsere Serummischungen mit Antigen und Ptyalin gegenüber der Jodstärkereaktion sich verhielten, bevor ein Abbau von Stärke stattgefunden haben konnte, ergab sich, daß sich die- selbe Differenz in der Stärke der Blaufärbung ergab wie nach Verdauung; der weitere Versuch ergab, daß auch die Seren allein diese Differenz zeigten. Mischte man also das eine Mal Immunserum mit Stärke und gab dann Jod dazu, so war die Blaufärbung stets geringer als bei Verwendung von Normal- serum. Diese Differenz konnte noch ganz erheblich verstärkt werden, wenn man zum Serum zuerst eine bestimmte Menge Jod zugab und dann nach einiger Zeit Stärke; es ergab sich dabei etwa, daß, wenn man zu 1 сот 1:10 verdünnten Serums 0,5 ccm faso Jod zugab und nach einiger Zeit erst Stärke, das Normalserum eine starke Blaufärbung zeigte, während die Mi- schung mit Immunserum vollkommen farblos blieb. Die Unter- schiede bei den oben dargestellten Versuchen waren damit aufgeklärt und hatten danach gar keinen Zusammenhang mit der gewählten Versuchsanordnung, sondern waren bedingt durch die Differenzen zwischen Normal- und Immunserum.

Da eine derartige Feststellung einer chemischen Differenz zwischen Normal- und Immunseren uns von großem Interesse erschien und alle untersuchten Immunseren betraf, prüften wir dann weiter, welche Körper diesen Unterschied bedingten. Es zeigte sich bald, daß der Unterschied durch den verschiedenen Gehalt an Eiweißkörpern bedingt sei, und daß die angegebene Methode, die sich noch erheblich verfeinern ließ, sich unter bestimmten Bedingungen gut zur quantitativen Bestimmung von Eiweiß verwenden ließ.

Zu ähnlichen Befunden war, wie wir dann fanden, schon Clementi gekommen bei Untersuchungen, welchen Einfluß verschiedene Körper

м

54 C. Lange:

auf das Verschwinden der Jodstärkereaktion haben; wir bemerken hier gleich, daß er anscheinend nur Körper untersucht hat, die schon bei Zimmertemperatur eine starke chemische Affinität zum Jod, gelöst in Jodkali, haben, die also der Jodstärkeverbindung das Jod entziehen und nicht auch solche Körper, die infolge physikalischer Beeinflussung der Löslichkeit dieses Kolloidkomplexes die Farbreaktion in ihrer Inten- sität beeinflussen. Außerdem ist für praktische Zwecke der Unterschied nicht zu übersehen, daß bei diesen Untersuchungen es nur darauf ankam, festzustellen, welche Körper eine blaue Jodstärkereaktion zum Ver- schwinden bringen können, während aus unseren Befunden hervorging, daß die Körper dieser Klasse, wenn sie im Reaktionsgemisch vorhanden sind, ihre Affinität zum Jod bei Zimmertemperatur so momentan geltend machen, daß sie den Ausfall einer erst auftretenden Jodstärkebläuung abschwächen oder verhindern können.

Clementi fand das Furfurol wirksam, daneben hatten Eiweiß- körper denselben Einfluß; untersucht wurden Albumine, Globuline, Pflanzenproteine, Albuminoide und Phosphorproteide, die mit verschie- dener Schnelligkeit die Blaufärbung der Jodstärkereaktion aufhoben. Glykokoll, Alanin, Leucin, Asparagin waren ohne Einfluß, Tyrosin be- wirkte rasche Entfärbung.

Bei unseren Untersuchungen gaben auch andere Aldehyde als das Furfurol eine Hemmung; besonders stark von anderen Körpern wieder die Gerbsäure, die aber in der Weise wirkt, daß sie die Stärke ausfällt. Auf die Hemmung durch Körper, die das Jod nicht binden, gehen wir später noch ein.

Bevor wir jedoch auf diese Hemmungen und Verstärkungen infolge ihrer physikalischen Beeinflussung näher eingehen, wollen wir noch ausführen, welche Bedeutung die geschilderten Ver- hältnisse für die quantitative Bestimmung von Diastase mit Hilfe der Jodstärkereaktion haben. Es ist danach zweifellos. daß Farbnuancen in der helleren oder dunkleren Blaufärbung bei der Jodstärkereaktion nicht für einen diastatischen Abbau der Stärke zu sprechen brauchen; derartige Farbenintensitäts- differenzen werden ja nun bei der Wohlgemuthschen Methode auch nicht beachtet, sondern nur die Qualitätsdifferenzen zwischen den verschiedenen erzielten Farbtönen. Dies ist un- bedingt zu beachten, und Abweichungen nach der quantitativen Seite erlaubt die Methode in dieser Form kaum, wenigstens was die große Menge Jod betrifft. Die Stärkemenge scheint keinen so großen Einfluß zu haben, wovon man sich bei Ver- suchen mit Urin überzeugen kann, dessen Untersuchung auf Diastase nach der Methode Wohlgemuth klinisch viel ver-

Jod-Stärkereakt. u. ihre Verwendung f.e.colorimetr. Eiweißbestimmung. 55

wendet wird. Mischt man 1 ccm Urin mit 5 сот 1°/,iger Lösung von löslicher Starke und gibt dann 1 Tropfen "/,,-Јой dazu, so kann nach ganz schnell vorübergehender Blaufärbung, deren Intensität und Qualität man kaum beurteilen kann, die Färbung wieder vollkommen verschwinden. Dies kommt daher, daß der Harn vermutlich durch seinen Gehalt an Phenolen eine außerordentlich starke Fähigkeit hat, Jod zu binden, außer- dem ist aber zum mindesten noch eine physikalische Beein- flussung durch Harnstoff sicher.

Es erscheint nun auf den ersten Blick auffällig, daß diese Entfärbung so plötzlich auftreten kann, wo doch so außer- ordentlich geringe Mengen Jod genügen, um mit Stärke eine erhebliche Blaufärbung zu erzielen. Der Grund kann nur darin gesehen werden, daß das Jod einerseits mit der Stärke eine sehr leicht zu trennende Kolloidverbindung eingeht, dagegen von Phenol mit großer Kraft chemisth gebunden wird. Man kann z. B. die blaue Farbe einer Jodstärkereaktion durch relativ kleine Mengen Phenol sehr rasch zum Verschwinden bringen. Diese Erklärung scheint im gegebenen Fall am nächsten zu liegen, ebenso für den gleichen Einfluß, den Eiweißkörper her- vorbringen, doch sind noch andere Verhältnisse denkbar, auf die wir bei Besprechung der Einflüsse verschiedener Faktoren auf den Ausfall der Jodstärkereaktion zu sprechen kommen werden.

Um nun zurückzukommen auf die Bestimmung von Diastase mit der Jodstärkereaktion, so ist jedenfalls eins sicher, daß das Vorhandensein jodbindender Körper in der Reaktionsflüssigkeit einen erheblichen, und zwar momentan sich geltend machenden Einfluß besitzt, der durch die Menge zugegebener Stärke wenig beeinflußt wird; die größere Menge an Stärke ist nicht im- stande, etwa das Jod festzuhalten und die chemische Verbin- dung mit anderen Körpern zu verhindern. Man kann daher wohl ohne Bedenken bei Feststellung schwächerer Ferment- wirkungen oder feinerer Differenzen zwischen verschiedenen Lösungen mit der Stärkemenge heruntergehen. Es liegt auf der Hand, daß man allein hierdurch schon eine erhebliche Ver- feinerung erzielen kann, was sich sehr einfach demonstrieren läßt: erzielt man in 1 ccm Stärkelösung durch schwache Diastase- wirkung eine deutliche rote Farbe, so kann dieselbe ohne

56 C. Lange:

weiteres vollkommen verdeckt werden, wenn man noch 4 ccm unveränderte Stärkelösung und dann das Jod zugibt. Die blaue Farbe überdeckt dann die rote Färbung vollkommen; anderer- seits können die Verhältnisse noch komplizierter werden, wenn, wie im Urin, solche Mengen jodbindender Körper vorhanden sind, daß die Stärke der Färbung erheblich beeinflußt wird.

Um hier die möglichste Feinheit an Unterschieden zu er- zielen, muß man die Jodmenge so bemessen, daß keine zu starke Farbintensität erzielt wird; 1 Tropfen 2/,,-Јоа ist in dieser Hinsicht schon ein sehr erhebliches Quantum; die Farb- nuancen werden hierbei durch Zumischung einer gelben Farb- nuance auch noch beeinflußt, worauf wir weiter unten noch zurückkommen werden. Will man nun bei der Bestimmung der Diastasewirkung mittels der Jodstärkereaktion, wenn es sich um Feststellung sehr feiner Differenzen handeln soll, eine möglichste Verfeinerung erzielen, so kann man dies auf die Weise erreichen, daß man die Jodmengen, entsprechend dem jeweiligen Vorhandensein jodbindender Körper in der Verdün- nungsreihe, die durch einen Vorversuch festzustellen wären, verschieden wählt. Man erhält dann wenigstens auch bezüg- lich der Farbintensitäten vergleichbare Resultate, die nur durch den Grad der Stärkeverdauung bedingt wären. Die Menge der Jodlösung wäre nach der Menge zu bemessen, die nach ungefähr 10 Minuten bei Zimmertemperatur durch das Substrat restlos gebunden wird, also nach Zufügen von Stärkelösung keine Blau- färbung mehr erkennen läßt. Beim Fermentversuch würden dann die Farbnuancen maßgebend sein, die nach Abschluß der Verdauung und Zugabe der dosierten Jodmengen 10 Mi- nuten danach auftreten, nachdem inzwischen häufig gut durch- gemischt ist.

Wir konnten auf die angegebene Weise Herabsetzung der Stärkemenge und Dosierung der Jodmenge eine erhebliche Ver- feinerung gegenüber den Resultaten erzielen, die bei genauer Innehaltung der Wohlgemuthschen Vorschriften zu erzielen waren.

Um nun die Resultate zusammenzufassen, die sich bei Prüfung der Diastasebestimmung mittels der Jodstärkereaktion erzielen lassen, so ist es sicher, daß die Methode erheblich weniger fein ist, als man bei der enormen Empfindlichkeit der

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Jodstärkereaktion erwarten sollte, da sehr viele wenig beachtete Zwischenreaktionen auftreten, die dieselbe beeinträchtigen. Diese Empfindlichkeit bezieht sich ja auch nur auf den Nachweis geringster Jodspuren mittels Stärke, nicht auf die bei der Diastasebestimmung obwaltenden Verhältnisse, wo nur der qualitative Nachweis des Farbumschlags bei der Stärkever- dauung als Indicator benutzt werden kann, und auch dies ist noch in bestimmter Richtung einzuschränken, als violette Töne allein schon durch die Anwesenheit bestimmter Salze erzielt werden können, also nur rote oder rotbraune Färbungen ver- wendbar sind.

Die Menge der zugefügten Stärke scheint uns unter den geschilderten Verhältnissen wenig von Bedeutung zu sein, so daß man sie wohl herabsetzen kann. Auch die quantitativen Verhältnisse der Jodbindung durch andere Körper lassen sich bis zu einem gewissen Grade ausschalten, aber selbst bei diesen unzweifelhaften Verfeinerungen leistet die Methode in quanti- tativer Beziehung vielleicht weniger als der Nachweis des ab- gespaltenen Zuckers zur Bestimmung der Wirksamkeit von Diastasen; sie hat vor derselben nur die bequemere Ausführung voraus. -

Beeinträchtigen nun besondere Umstände die Feinheit der Jodstärkereaktion für den Nachweis der Diastasewirkung, so ist diese Feinheit vollkommen ausgenützt, wenn wir die Re- aktion dazu benutzen, quantitativ Körper zu bestimmen, - die eine ausgesprochene Affinität zum Jod besitzen. Für die Eiweiß- bestimmung in bestimmten Körperflüssigkeiten, wo uns diese Verhältnisse gerade vom Standpunkt der Immunitätslehre inter- essieren, liegen die Verhältnisse in dieser Richtung vielleicht noch günstiger als bei der Bestimmung der Phenole mit Jod im Harn, wo andere jodbindende Körper, zum Teil wohl Al- dehyde, erst durch ein umständliches Verfahren ausgeschaltet werden müssen, während die Feststellung des Eiweißgehaltes in Serum oder Liquor mittels Jodstärkereaktion sich ohne be- sondere Vorbehandlung durchführen läßt. Hier wären ja, be- sonders auch beim Serum, derartig einfache Verfahren sehr erwünscht, wo manchmal schon die Feststellung von kleinen Differenzen von erheblichem Interesse sein könnte, ohne daß der absolute Gehalt mit anderen Methoden bestimmt zu werden

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brauchte, was sich nur äußerst schwierig und ungenau durch- führen läßt. Diesem Umstand ist wohl auch die Tatsache zu- zuschreiben, daß die Verhältnisse des Eiweißgehalts im Serum bei Immunitätsvorgängen so wenig erforscht sind. Anders liegen die Verhältnisse beim Liquor, wo schon gute Verfahren bekannt sind, aber auch hier wäre jede Verfeinerung außer- ordentlich wertvoll aus dem Grunde, weil der Liquor normaler- weise einen so konstanten Eiweißgehalt besitzt, daß jede Er- höhung, sobald sie sich sicher nachweisen läßt, als pathologisch anzusehen ist; die bekannten Verfahren reichen dafür noch nicht so weit aus, daß nicht weitere Verfeinerungen erwünscht wären. Bei dem äußerst geringen Normalgehalt des Liquors an Eiweißkörpern läßt sich eine geringe absolute Vermehrung relativ leicht feststellen, da diese Vermehrung prozentual aus- gedrückt gleich sehr große Werte annimmt, umgekehrt macht eine ebenso starke Eiweißvermehrung im Serum prozentual nur geringe Differenzen aus bei dem hohen Normalgehalt an Eiweiß. Eine Eiweißvermehrung im Serum läßt sich bei der großen Ungenauigkeit der bisher bekannten Methoden demnach sehr schwer feststellen. Bedenkt man aber, welche hohe Bedeutung bei allen Immunitätsprozessen im Liquor dem Nachweis der geringsten Eiweißerhöhung zukommt, so läßt sich ermessen, daß derartige Untersuchungen auf das Serum ausgedehnt wohl zu manchen interessanten Resultaten bei der Analyse von Immunitätsvorgängen führen müssen, wenn man nur eine be- queme und hinlänglich exakte Untersuchungsmethode für diesen Zweck besitzt. Es scheint uns aber nach unseren bisherigen Untersuchungen zweifellos, daß, wenn es nur auf quantitative Verhältnisse der Eiweißbestimmung · ankommt, ohne Berück- sichtigung der Spezifitätsverhältnisse, die chemischen Reaktionen den serologischen Methoden des Eiweißnachweises wenigstens mittels der Technik der Präcipitation gleichkommen, zum Teil auch überlegen sind; von rein chemischen Methoden, die wir im Auge haben, verweisen wir hier nur auf die von uns angegebene Methode der Liquoruntersuchung mit kolloidalem Gold. Auch nach anderer Richtung liegen die Verhältnisse verschieden für Blut und Liquor, und zwar auch hier wieder günstiger für den Liquor, wenn es sich um Feststellung von Eiweißvermehrung im Verlauf immunisatorischer Prozesse

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ganz allgemein gesagt handelt. Der Unterschied liegt darin, daß die Eiweißbestimmung im Liquor an der Flüssigkeit vor- genommen werden kann, wie sie sich im Körper vorfindet, das Blut aber gerinnt. :Nun nehmen die bei Immunitätsvorgängen interessierenden Eiweißkörper sowohl Antigene als Antikörper, in einer Reihe der Eiweißkörper, geordnet nach ihrer steigen- den Kolloidalität, die höchste Stufe ein; sie werden am leich- testen bei allen Fällungen mitgerissen, finden sich daher auch bei allen Salzfällungen meist in der Fraktion, die bei niedrig- stem Salzgehalt ausfällt. Das gleiche trifft zu bei der Gerinnung des Blutes. Eine Menge dieser Stoffe werden in das Blut- koagulum mit hineingerissen. Es ergibt sich nun hieraus die Aufgabe, derartige Untersuchungen nicht nur am Serum, son- dern аһ am Gesamtblut oder wenigstens am Plasma aus- zuführen. Wir werden später zeigen, daß die ersten Eiweiß- vermehrungen im Blut sich am Plasma und später erst am Serum zeigen; wir glauben, daß diese Feststellung auch für rein serologische Methoden von Bedeutung sein kann. Für die Eiweißbestimmung im Urin ist das jodometrische Verfahren kaum brauchbar zu gestalten, das spielt aber insofern gar keine Rolle, als hier die Feststellung so feiner Unterschiede, wie sie uns im Serum und Liquor bei Immunitätsvorgängen von großer Bedeutung wären, klinisch kaum von Interesse ist. Für die hier vorliegenden Bedürfnisse genügen die bekannten Verfahren den heutigen Ansprüchen.

Um nun für eine derartige Methodik eine genügend sichere Unterlage zu schaffen, mußten * die Verhältnisse nach zwei Richtungen vollkommen geklärt werden: erstens, welche physikalischen Faktoren beeinflussen in nennens- werter Weise den Ausfall der Jodstärkereaktion, und zweitens, welche Körper mit starker chemischer Affinität zum Jod können in den auf Eiweiß zu untersuchenden Flüssigkeiten nebenher von Einfluß sein? Der letztere Punkt läßt sich auf die Weise entscheiden, daß man die eiweißfreie Flüssig- keit hergestellt entweder durch Kolloidfiltration oder durch neutrale Ausfällung mit kolloidalem Eisen oder der- gleichen auf jodbindende Körper prüft. Die Methode ist direkt brauchbar für alle Körperflüssigkeiten, wenn derartige Körper entweder nicht vorhanden sind oder sich unter den

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gegebenen Verhältnissen so konstant verhalten, daß sie ver- nachlässigt werden können.

Der Einfluß physikalischer Faktoren ist deshalb von besonderem Interesse, weil die Erforschung dieser Verhältnisse erstens für unsere Methodik von Bedeutung ist, und außer- dem auch einen theoretischen Einblick in die komplizierten Verhältnisse bei der Jodstärkereaktion gewährt, die noch immer nicht vollkommen geklärt erscheinen, ob nämlich die Jod- stärke eine chemische Verbindung nach festen Proportionen, oder eine feste Lösung nach dem Verteilungssatz ist; wir neigen demgegenüber zu der Auffassung, daß es eine Verbindung ist, deren wechselnder Gehalt an Jod und wechselnde Färbung unter dem Einfluß verschiedener Faktoren durch die verschie- dene Löslichkeitsbeeinflussung des Kolloidkomplexes Jodstärke bedingt ist. Wir wollen hier die Tatsachen anführen, die uns lediglich eine derartige Deutung als möglich erscheinen lassen.

Die Stärke gehört zu den durch Temperaturdifferenzen koagulierbaren hydrophilen Kolloiden, und zwar ist diese Ko- agulation reversibel. Sie unterscheidet sich in dieser Beziehung z. B. wesentlich von dem Eiweiß, das gleichfalls ein hydro- philes Kolloid darstellt und durch Temperaturdifferenzen aber irreversibel, koaguliert wird. Die Temperatureinwirkung ist bei Stärke ebenso wie bei Gelatine und Agar eine umge- kehrte als beim Eiweiß, insofern höhere Temperaturen ver- flüssigen, also die Löslichkeit erhöhen, niedere Temperaturen koagulieren. Die Stärke kann nun ebenso wie durch Tempera- tureinflüsse auch durch Krystalloide und Kolloide in ihren Lös- lichkeitsverhältnissen weitgehend beeinflußt werden; sie kann bei geeigneten Mischungsverhältnissen mit verschiedensten der- artigen Körpern entweder ausgeflockt werden oder löslicher werden, da letzteres sich durch eine Abnahme der Viscosität bemerkbar macht.

Für die Beeinflussung der Jodstärkereaktion durch physikalische Einflüsse interessierte man sich aus praktischen Gründen schon sehr frühzeitig; wir wollen hier nicht auf die Literatur näher eingehen, son- dern wollen nur das Wichtigste kurz anführen. Fresenius (1857) stellte fest, daß die Jodstärkereaktion bei Erhitzung verschwindet, bei Abkühlen wieder auftritt. Er fand auch gleich, daß sie im reinen

Wasser leichter verschwindet, als wenn Säuren oder Salze zugegen sind. Der starke Temperatureinfluß ist aus seinen Angaben ersichtlich, daß

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man zu der gleichen Menge Stärkelösung je nach der Temperatur ganz verschiedene Mengen derselben Jodlösung zugeben muß, um eine gleich starke blaue Färbung zu erzielen, und zwar betrugen die Jodmengen bei 0,4, bei 14° 0,7, bei 28° 1,4 cem. Hieraus kann man schon eins entnehmen, was für uns wichtig ist, daß man ohne besondere Vorsichts- maßregeln aus der Intensität der Blaufärbung in keiner Weise auf die Menge Jod schließen kann, die mit der Stärke unter Blaufärbung re- agiert hat. Die Jodstärkereaktion wird verstärkt, bzw. man braucht kleinere Mengen Jod bis zur Erzielung einer eben deutlichen Blau- färbung, wenn man Salze oder Säuren zugibt. So konnte Fresenius durch Zugabe von Chlornatrium und Salzsäure zur Stärkelösung den Jodnachweis, denn nur darauf kam es ihm an, so weit verfeinern, daß das Jod noch in einer Verdünnung von 1/2500000 durch Blaufärbung der Stärke nachgewiesen werden konnte.

Eine befriedigende Erklärung für diese auffallenden Tat- sachen konnte man bei dem damaligen Stand der Kenntnisse nicht geben, sie kann nur aus kolloidchemischen Gesetzen her- geleitet werden, und man kann leicht erkennen, daß es sich hier tatsächlich um reine Kolloidbeziehungen abhängig vom Lösungszustand oder Dispersitätsgrad der Stärke, resp. des Jodstärkekomplexes handelt, wenn man die von diesem For- schungsgebiet geläufigen Vorstellungen auf die Verhältnisse der Jodstärkereaktion überträgt, man kann dann auch ohne weiteres voraussagen, wie gewisse Stoffe, z. B. Salze, in bestimmter und zwar entgegengesetzter Weise den Ausfall der Jodstärkereaktion beeinflussen müssen.

Das Gesetz, nach dem die Jodstärkereaktion in ihrer Intensität durch äußere Faktoren beeinflußt wird, lautet ganz einfach so: der verschiedene Grad der Blaufärbung bei gleich- bleibenden Mengen Jod und Stärke ist lediglich abhängig vom Lösungszustand (aber im Hinblick auf die Quellung und nicht die Teilchengröße der dispersen Phase) des Kolloid- komplexes Jodstärke, und zwar in dem Sinne, daß eine größere Löslichkeit die Reaktion zum Verschwinden bringt und eine Annäherung an den Zustand der Ausfällung (Entquellung) sie verstärkt.

Dies Gesetz gilt ganz gleichmäßig, ob es sich nun bei diesen äußeren Faktoren um rein physikalische oder mehr chemische Einflüsse handelt. Bei der physikalischen Beein- flussung durch chemische Körper ist es wiederum ganz gleich- gültig, ob es sich um Elektrolyte, Nichtelektrolyte, Säuren oder

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Basen, um Krystalloide oder Kolloide handelt, sie alle beein- flussen die Jodstärkereaktion, abgesehen natürlich von den Körpern, die momentan eine feste chemische Bindung mit Jod eingehen in der gleichen Weise wie sie die Lösungsverhält- nisse des Kolloidkomplexes Jodstärke beeinflussen.

Als was hat man sich nun den Komplex Jodstärke vor- zustellen, wenn man eine chemische Bindung, die leicht disso- ziabel sein soll, oder eine Verbindung nach dem Verteilungs- satze ablehnt? Nach den Fällungsreaktionen gegenüber anderen Kolloiden mit ausgesprochener elektrischer Ladung ist die Jod- stärke als elektronegatives Kolloid anzusehen. Sein Zu- standekommen erklären wir uns so, daß das fast wasserunlös- liche Jod durch Jodkali, ebenso wie die Stärke kolloidal ge- löst ist, in kolloidaler Lösung wirkt und daß nun die Bildung des Komplexes kolloidales Jod —+- kolloidale Stärke sich nach den Gesetzen der gegenseitigen Kolloidausflockung vollzieht, wobei zwei Kolloide sich in bestimmten Mischungsverhältnissen gegenseitig ausfällen, bzw. in ihren Löslichkeitsverhältnissen be- einflussen; ganz bestimmt sind aber zum Zustandekommen der Jodstärkereaktion keine Jodionen nötig, wie man dies früher annahm. Die Lösungsverhältnisse des Jods in wäßriger Lösung sind noch recht unklar, wir nehmen aber eine kolloidale Lösung aus folgenden Gründen an: die Löslichkeitserhöhung des Jods durch Jodkali beruht nicht nur auf irgendeiner chemischen Bindung, sondern das Jodkali beeinflußt offenbar, ebenso wie andere Körper, die Löslichkeit des elementaren Jods in physikalischer Weise, (das Jodion nimmt unter den anorgani- ‚schen Anionen, die die Quellung von Gallerten und Löslichkeit hydrophiler Kolloide begünstigen, neben dem Rhodan und Brom mit die erste Stelle ein), denn erstens fällt das Jod aus kon- zentrierten Lösungen in Jodkali beim Verdünnen mit Wasser aus und zweitens entspricht die Erhöhung seiner Löslichkeit durch Salze der Löslichkeitsvermehrung anderer Kolloide durch Salze. Außerdem sprechen dafür Erfahrungen, die wir bei Prüfung der desinfektorischen Wirkung von Jod machten, über die wir an anderer Stelle berichten werden. Bei der Desinfektion mit Jod ist bekannt, daß wirkliche Lösungen in anderen Lösungsmitteln als Wasser, also z. B. Schwefelkohlen- stoff, die sich auch schon durch die Farbe erheblich unter-

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scheiden, kaum noch desinfizierende Wirkung besitzen; diese Wirkung aber in wäßriger Lösung kann durch Zugabe von Salzen, die zweifellos bei ihrer unverkennbaren Beziehung zu Hofmeisterschen (lyotropen) Reihen eine rein physikalische Einwirkung auf den Dispersitätsgrad des Jods in wäßriger Lösung haben, verstärkt oder abgeschwächt werden, ebenso wie dies bekannt ist von der Verstärkung der Phenolwirkung, das unserer Auffassung nach auch ganz zweifellos als Kolloid je nach den Mischungsverhältnissen als eiweißfällend- oder -lösend wirkt und in seiner desinfizierenden Wirkung durch Salze usw. ebenso im Sinne der 1Іуоётореп Reihen beeinflußt wird, wie diese Salzwirkungen einen unverkennbaren Zusammenhang mit der Ausfällung des Phenols aus wäßriger Lösung zeigen.

Zur weiteren Erklärung dieser Auffassung der wäßrigen Jdd- und Phenollösungen als kolloidaler Lösungen müssen wir noch einiges hinzufügen. An sich stößt diese Auffassung auf gewisse Schwierigkeiten, da z. B. in Wasser „gelöstes“ Phenol durch die gebräuchlichen Dialysiermembranen hindurch diffun- dert, Dies braucht nicht unbedingt gegen den kolloidalen Charakter der „Lösung“ zu sprechen, da wir ja wissen, daß hochkolloidale Körper wie kolloidales Eisen unter gewissen Be- dingungen auch durch bestimmte Membranen hindurchtreten können. Wenn wir aber die Löslichkeitsverhältnisse, speziell des Phenols näher ins Auge fassen, so haben wir auf ihre Be- ziehungen zu lyotropen Reihen schon hingewiesen. Wir können hier nicht ausführlich auf die Bedeutung der lyotropen Reihen für biologische Prozesse und speziell den Desinfektionsvorgang mit Phenol eingehen, wir werden dies in anderem Zusammen- hang ausführen. Wir müssen hier nur den Begriff dieser Reihen etwas weiter fassen, als dies gewöhnlich geschieht, und auch anders formulieren, weil es für das Verständnis der kolloid- chemischen Vorgänge bei der Jodstärkereaktion von Bedeutung ist. Meist werden nur Salze unter den Begriff der lyotropen Reihen gebracht, die dann hauptsächlich durch ihre Anionen, weniger durch ihre Kationen wirken. Hofmeister unter- scheidet nun bei der Beeinflussung der Gelatinequellung und -entquellung in Salzlösungen quellungsfördernde und quellungs- hindernde Körper. Diese Unterscheidung ist nicht rein durch- führbar, da diese Einflüsse von den Mischungsverhältnissen

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abhängen und derselbe Stoff sowohl Quellung, als auch in anderer Konzentration Entquellung hervorruft. Die Quellung und Entquellung von Gallerten entspricht, soweit es sich über- sehen läßt, vollkommen der Löslichkeitsvermehrung und -ver- minderung gelöster hydrophiler Kolloide. Diese gegensätzliche Wirkung gilt nun für alle Körper dieser Reihen, gilt auch für Nichtelektrolyte und КоПоійе. Man kannte nun früher schon besonders lösungsbefördernde Salze, z. B. Bromkali und Rhodan- ammonium, die Gelatine auflösen, dasselbe aber auch gegen- über gewissen Bakterien leisten, wie wir nachweisen konnten. Den gleichen Effekt in ebenso starkem Maße zeigt z. B. Harn- stoff unter den Nichtelektrolyten. Zu dieser Gruppe gehören auch die von Neuberg als neuer Begriff aufgestellten „hydro- tropisch“ wirksamen Substanzen, die ebenso wie Bromkali, Rhodansalze und Harnstoff Gallerten gegenüber exzessiv quel- lungsbefördernde Eigenschaften zeigen, die rein physikalisch auf Anionenwirkung zurückzuführen sind. Wo die Lösungs- verhältnisse einer Substanz nun durch derartige Stoffe im Sinne lyotroper Reihen beeinflußt werden, kann man wohl annehmen, daß es sich um kolloidale Lösungen handelt. Wir gewinnen auf diese Weise ein bisher kaum beachtetes Kriterium, das zur Entscheidung dienen kann, ob sich ein Stoff in kolloidaler Lösung befindet oder doch in einem Lösungszustand, der sich dem kolloidalen nähert. Besonders wichtig ist dies Kriterium für solche Körper, die wenig kolloidal sind, eventuell sogar zum Teil mit Wasser echte Lösungen bilden. Dies trifft nun für das Phenol zweifellos zu; durch bestimmte Salze wird das Phenol ausgefällt und seine desinfektorische Kraft dement- sprechend erhöht, durch andere Salze seine Löslichkeit erhöht. Diese Salzwirkungen lassen sich mit Іуоёгореп Reihen gut in Einklang bringen. Von Interesse ist für das Phenol die durch Hueppe festgestellte Löslichkeitsbeförderung durch Zusatz von gewissen Salzen: brauchbar war das Natriumsalicylat, dann auch die Salze aller Orthooxybenzoesäuren, sowie der Ortho- benzolsulfosäuren und der entsprechenden Naphthalinderivate. Im „Solveol“ ist das kreolinsaure Natrium als Lösungsmittel benutzt. Es sind dies alles Stoffe, von denen Neuberg ihre allgemein hydrotropische Wirkung nachwies, die sich außerdem allerdings auch auf die „Wasserlöslichkeit“ von fettartigen

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Körpern erstreckt. Für das Phenol ist noch ein Punkt von Bedeutung: seine Lösung mit Hilfe von Alkali. Das Phenol- natrium hat exquisit lyotrope Eigenschaften und dient nun dazu, das restierende Phenol in Lösung zu halten. Je mehr Alkali man verwendet, um so stärker ist infolge Bildung von Phenolnatrium die Dispersität des Phenols vermehrt, um so geringer auch dementsprechend seine Desinfektionskraft. Man kann demnach wohl annehmen, daß das Phenol sich in wäßriger Lösung kolloidal gelöst vorfindet; die gleichen Betrachtungen sind auch für die wäßrige Jodlösung übertragbar. In der Lugolschen Lösung wirkt das Jodkali als lyotrope, bzw. hydrotrope Substanz, also die Löslichkeit erhöhend durch physikalische Einflüsse, ebenso wie andere Körper die Löslich- keit des Jods in Wasser im gleichen Sinne erhöhen. Diese Beeinflussung kann nun durch Verdünnung oder durch Mischung mit anderen Kolloiden aufgehoben, eventuell auch verstärkt werden. Ob daneben auch ein Teil Jod und Phenol wirklich in Wasser gelöst ist, können wir nicht entscheiden, darüber müßten wahrscheinlich ultramikroskopische Untersuchungen Aufschluß geben können. Der Unterschied in der Wasserlös- lichkeit des Jods gegenüber dem Chlor und Brom liegt darin, daß Jod mit Wasser kein Hydrat bildet, die Löslichkeit ist dementsprechend auch außerordentlich gering; 100 Teile Wasser lösen bei 30° nur 0,045 g Jod. Es würde hier zu weit führen, auf den Zusammenhang zwischen Hydratbildung und lyotroper Wirkung näher einzugehen.

Hat nun das Jod in anderen Lösungsmitteln, die echte Lösungen darstellen, keinen desinfizierenden Wert mehr, so ver- hält sich dies ebenso bei der Erzielung einer Blaufärbung mit Stärke. Eine Lösung von Jod in Chloroform 2. В. bewirkt keine Blaufärbung. Wir nehmen daher an, daß das in Wasser kolloidal gelöste Jod mit der Stärke nach denselben Gesetzen sich verbindet, wie zwei Kollolde sich je nach den Mischungs- verhältnissen entweder ausfällen, oder wenn eins von beiden, hier wohl immer die Stärke, im Überschuß vorhanden ist, diese Ausfällung aufgehoben und eine Löslichkeitsvermehrung erzielt wird. Was nun die Färbung des Jods mit Stärke und ihren Abbauprodukten betrifft, so ist eine Analogie mit der Farbe · von Metallkolloiden auffällig. Die rote Farbe der Verbindung

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von Jod mit Dextrin findet sich bei den kleineren (abgebauten) Kolloidkomplexen, die blaue bei den großen. Dies stimmt ge- nau überein mit den Verhältnissen beim kolloidalen Gold, wo die Farbe um so mehr nach rot bis gelbrot tendiert, je mehr das Gold verteilt ist; nach blau, wenn das Gold ausgefällt ist oder doch bereits zu gröberen Komplexen zusammengetreten ist. Auch Lösungen von kolloidalem Silber zeigen einen röt- lichen Farbton, wenn die Verteilung eine sehr feine ist.

Die Analogie geht zufällig noch weiter: in je ver- dünnteren Lösungen man das kolloidale Gold durch Reduktion von Goldsalzen entstehen läßt, um so mehr nähert sich die Farbe des Goldsols der rein gelben Farbe der gelösten Gold- salze; ebenso zeigt das Jod durch Jodkali gelöst auch eine gelbe Farbe. Wir haben demnach ganz auffällige Analogien zwischen der Färbung der kolloidalen hydrophilen Jodstärke und des kolloidalen hydrophilen Goldes, die beide elektronega- tive Kolloide darstellen, parallel der anzunehmenden Teilchen- größe (Dispersitätsgrad) der Komplexe, der aber bei der Jod- stärke mit dem Quellungszustand dieser verschieden großen Komplexe nicht identisch ist, denn wir haben hier trotz der geschilderten Analogien zwei ganz verschiedene Arten von Kol- loiden vor uns. Das Goldsol ist ein hydrophobes Kolloid, d. h. die disperse Phase ist nicht quellbar. Die Stärke ist ein hydrophiles quellbares Kolloid, bei ihr kann man demnach die Größe der Kolloidkomplexe (Jodstärke, Joddextrin) und daneben den Quellungszustand unterscheiden, die Größe bedingt die Farb- qualität, der Quellungszustand die Farbintensität. Die blaue Farbe der Jodstärke ist wohl mit Sicherheit auf einen Lösungs- zustand des Jods zu beziehen, das diese Farbe sowohl in Gas- form als auch in anderen Lösungsmitteln zeigt und auch im- stande ist, mit anderen Kolloiden als Stärke blaugefärbte Kolloidverbindungen einzugehen, wie z. B. die blaugefärbte Jod- cholsäure. Die Farbe der Jod„lösungen“ ist zweifellos ab- hängig von einer Verbindung des Jods mit Molekülen des Lösungsmittels; nur bezeichnen wir bei der Jodstärke die Stärke nicht als eigentliches Lösungsmittel, da wir ja einen Kolloidkomplex annehmen. Den Unterschied kolloidaler .Lö- sungen gegenüber wirklichen Lösungen müßte man dann daran erblicken, daß wirkliche Lösungen einen annähernd gleich-

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bleibenden Zustand der Löslichkeit zeigen, während die „Lös- lichkeit“ kolloidaler (hydrophiler) Körper in weiten Grenzen schwankt, was besonders durch Zusatz „lyotroper“ Substanzen erzielt werden kann.

Daß nun die Farbe bei einem gewissen Grade des Stärke- abbaus nach Jodzugabe nicht rein rot ist, sondern mehr braun, erklärt sich wohl zum Teil daraus, daß sich hier die gelbe Farbe des Jods zusammen mit der blauen unabgebauter und der roten abgebauter Stärke zu einer schwärzlichen Nuance vereinigt; drängt man die gelbe Farbe durch Herabsetzen der Jodmenge zurück, so erscheint statt dessen ein mehr violetter Ton, also die Mischung von blau und rot. Wir kamen auf diese Verhältnisse der Farbnuancen hauptsächlich zu sprechen, um zu zeigen, daß die Mengen des Jods auch einen Einfluß auf die Farbenqualiät, nicht nur auf die Intensität der Färbung haben kann, was ebenfalls von Bedeutung ist, wenn man die Jodstärkereaktion zur quantitativen Bestimmung der Diastase- wirkung heranziehen will.

Interessante Aufschlüsse über den Farbenton von Jod- lösungen ergaben auch die Untersuchungen von v. Kaufmann und Levite bezüglich der Einflüsse ungleich stark durch Halogen substituierter Kohlenwasserstoffe und über die physi- kalisch -chemischen Einflüsse auf die Rückverwandlung von Formalin; Stärke in Stärke, auf die wir hier nicht näher ein- gehen können.

Uns erscheint nach dem Angeführten am einfachsten, die Jodstärkereaktion ihrem Wesen nach als Verbindung zweier Kolloide aufzufassen, danach erklärt sich auch der überraschend wechselnde Jodgehalt der Jodstärke viel besser als durch die Annahme einer chemischen Verbindung oder einer Lösung nach dem Verteilungssatz.

Interessiert uns nun auch die Art des Zustande- kommens des Jodstärkekomplexes weniger für die Methode der Eiweißbestimmung, so ist doch zweifellos, daß die Beein- flussung der Farbintensität durch verschiedene Faktoren rein kolloidchemischen Gesetzen folgt. Wir wollen hier nur noch ganz kurz ausführen, was als Beweis hierfür angesehen werden kann.

Wir haben bereits gesehen, daß die Blaufärbung durch

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Erwärmen zum Verschwinden gebracht, durch NaCl und Säure verstärkt werden kann, von den jodbindenden Körpern können wir hier absehen. Es lassen sich nun noch eine ganze Menge anderer Körper auffinden, die den Ausfall der Farbreaktion verstärken oder abschwächen gegenüber der Farbintensität, die in reinem Wasser erzielt wird. Um uns nicht in unnütze Ein- zelheiten zu verlieren, können wir das Ergebnis unserer Ver- suche dahin zusammenfassen, daß man z. B. bei der Einwir- kung von Salzen wieder die Hofmeistersche Reihe der An- ionen wirksam findet, wie sie dieser bei der Entquellung und Quellung von Gelatine in Wasser oder in Salzlösungen auf- deckte. Auch die Kationenwirkung entspricht einer ähnlichen Reihe.

Auch hier folgen die Erscheinungen nicht rein dem Gesetz lyotroper Reihen, wie sie Hofmeister aufstellt, d h. die ein- zelnen Körper beeinflussen den Kolloidkomplex nicht einseitig, ebenso wie wir darauf hinwiesen, daß bei der Quellung von Gelatine in Salzlösungen die Salze sich nicht in quellungs- fördernde und -hindernde trennen lassen, gegenüber der Quellung in reinem Wasser, sondern jeder Körper kann je nach Kon- zentration eine positive und negative Wirkung haben im Sinne der Löslichkeitsvermehrung, wobei nur wichtig ist, daß die Breite der positiven und negativen Zone sehr verschie- den entwickelt sein kann, so daß die eine Reihe von Körpern mehr als löslichkeitsfördernd erscheinen, die anderen umgekehrt. Auch die Ausdehnung der lyotropen Reihen auf Nichtelektro- lyte, z.B. Harnstoff, sowie auf die hydrotropischen Substanzen und kolloidale Körper zeigt bei der Beeinflussung der Jod- stärkereaktion durchweg die gleichen Resultate, wie wir das von der Einwirkung bei anderen kolloidchemischen Vorgängen kennen. Es würde uns zu weit führen, hier noch die Bedeutung und mögliche Erklärung der sogenannten „Übergangsreihen“ zu entwickeln; wir müssen uns dies für eine andere Gelegen- heit versparen.

Jedenfalls glauben wir genügend Material dafür beigetragen zu haben, um behaupten zu können:

1. Die Jodstärke verdankt ihre Entstehung nicht einer chemischen Verbindung oder einer festen Lösung von Jod in Stärke. Sie ist eine Adsorptionsverbindung, bei der ganz ver-

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schiedene Proportionen vorkommen können, entstanden aus der gegenseitigen Ausfällung (oder sonstiger Löslichkeitsbeeinflussung) der beiden kolloidalen Lösungen Jod und Stärke.

2. Die Intensität der Blaufärbung des elektronegativen K olloidkomplexes Jodstärke ist, wo es sich nicht um chemische Bindung des Jods durch andere Körper handelt, abhängig vom Quellungszustande, chemisch indifferente Körper wirken im Sinne Іуоёторег Reihen іп der erweiterten Fassung.

Aus dem Resultat dieser Untersuchungen kann man leicht entnehmen, welche Kontrolluntersuchungen man vorzunehmen hat, wenn man die Intensität der Jodstärkereaktion als Indi- cator für eine colorimetrische Eiweißbestimmung verwenden will. Wenn sich auch bei näherer Analyse die Verhältnisse als sehr kompliziert herausgestellt haben, so scheint trotzdem kein Hindernis zu bestehen, diese Methode auf die Unter- suchung von Serum und Liquor zu übertragen. Bei unseren bisherigen Untersuchungen, teils an normalen und pathologischen Liquoren, teils an Serum und Plasma immunisierter. Tiere, trat keins der erwähnten Verhältnisse hindernd in die Erscheinung. Nicht eiweißartige Körper, die die Jodbindung in unkontrollier- barer Weise beeinflussen könnten, sei es durch chemische Bin- dung, sei es durch physikalische Beeinflussung, scheinen in wechselnder Menge nicht vorhanden zu sein.

Wenn man bei Immunitätsprozessen, besonders natürlichen und künstlichen Infektionen an Versuchstieren, den Eiweiß- gehalt im Blut verfolgen will, so empfiehlt sich wohl im all- gemeinen, nicht das Serum, sondern das Plasma zur Unter- suchung heranzuziehen, worauf schon Langstein und Meyer hingewiesen haben. Wir konnten bei Versuchstieren im Laufe von Immunisierungen das Ansteigen des Eiweißgehalts im Plasma und Serum mit Hilfe der Jodstärkemethode eher fest- stellen als mit irgendeiner anderen Methode, die bisher zur Feststellung des Gesamteiweißes angewendet wurde. Auch im Liquor konnten wir Differenzen im Eiweißgehalt verschiedener Liquoren feststellen, wo die anderen Methoden versagten.

Es fragt sich nun, welche Methode der Eiweißjodierung für unsere Zwecke am meisten geeignet ist. Es lassen sich mit etwas komplizierterer Technik Methoden ausarbeiten, die ganz außerordentlich feine Differenzen erkennen lassen und

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auch in Doppelbestimmungen vollkommen übereinstimmende Resultate ergeben, wobei sich alle Fehlermöglichkeiten aus- schalten lassen, die etwa durch Beimengung anderer jodbin- dender oder die Intensität der Färbung beeinflussender Sub- stanzen hervorgerufen werden könnten. Es handelt sich bei Auswahl der möglichen Methoden um zwei Fragen, erstens ob man die Jodierung des Eiweiß einer Flüssigkeit nach Isolierung desselben vornehmen will, oder ob man das Jod zu Serum, Liquor oder dergleichen direkt zugibt, zweitens in welcher Weise die Bindung des Jods am besten vorgenommen wird.

Wir wollen gleich vorwegnehmen, daß es uns nach unse- ren bisherigen Untersuchungen für Serum resp. Plasma und Liquor am besten erscheint, die Jodlösung zu den Körper- flüssigkeiten, eventuell nach passender Verdünnung zuzugeben und dann 30 Minuten im Wasserbad von 40° einwirken zu lassen, worauf man Stärke zugibt und die entstandene Farb- intensität mit einer Testskala vergleicht, auf die wir gleich ' noch zu sprechen kommen werden.

Als Maß des Eiweißgehalts gilt die Menge Jod, die bei der gewählten Versuchsanordnung gebunden ist, was sich da- durch kenntlich macht, daß keine Bläuung mehr mit Stärke eintritt.

Im Eiweißmolekül ist es nach den bisherigen Unter- suchungen zweifellos der aromatische Kern, der das Jod schon bei gewöhnlicher Temperatur in kürzester Zeit bindet. Bei dem verschiedenen Gehalt verschiedener Eiweißarten an Amino- säuren mit aromatischem Kern müssen dem entsprechend auch verschiedene Eiweißkörper verschiedene Mengen Jod binden, also eine verschiedene „Jodzahl“ besitzen. Man könnte diese Jodzahl der Eiweißkörper zu ihrer Charakteristik zu verwenden versuchen und muß annehmen, daß Körperflüssigkeiten bei gleichem Eiweißgehalt, der etwa durch Ausfällen und Wägen festzustellen wäre, verschiedene Mengen Jod binden könnten, doch sind diese Unterschiede zu klein, um einerseits eine scharfe Differenzierung verschiedener Eiweißkörper zu ermög- lichen oder andererseits die Eiweißbestimmung mittels Jod in methodischer Hinsicht fehlerhaft zu gestalten, besonders da es uns ja bei der Untersuchung von Blut und Liquor im wesent- lichen auf die Feststellung möglichst feiner Differenzen, nicht

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auf den absoluten Eiweißgehalt ankommt. In geeigneten Fällen könnte für eiweißdiagnostische Untersuchungen aber auch dieser Jodzahl Bedeutung zukommen, man müßte dann etwa den N-Gehalt Jodzahl für rein dargestellte Eiweißkörper, sondern auch z. B. für ver- schiedene durch Ausfällung gewonnene Serumfraktionen durch- führen ließe.

Für unsere Untersuchungen über den Gesamteiweißgehalt von Blut und Liquor gläubten wir diesen Faktor vernachlässi- gen zu können; er spielt ja auch bei anderen Methoden der quantitativen Eiweißbestimmung in diesen Körperflüssigkeiten eine gewisse Rolle, z..B. bei der Methode von Roberts- Brandberg, wo als Maß des Eiweißgehalts die Endver- dünnung dient, die eben noch bei der Hellerschen Probe eine Ringbildung erkennen läßt. Auch hier ergeben verschie- dene Eiweißkörper eine verschiedene Endverdünnung, ohne daß hierdurch der Wert der Methode wesentlich herabgesetzt würde. Dieser Fehler haftet fast allen Methoden der quantitativen Ei- weißbestimmung an mit Ausnahme der Bestimmung durch Wägung, doch ist diese Methode. auf der anderen Seite mit so viel Unzuträglichkeiten (Verwendung größerer Mengen Unter- suchungsmaterial) und Ungenauigkeiten (Mitfällung anderer Körper, die durch Auswaschen mit heißem Wasser nicht fehler- frei entfernt werden können, da das koagulierte Eiweiß hierin nicht vollkommen unlöslich ist) belastet, daß beide Arten der Untersuchung vorläufig wohl nebeneinander ihre Berechtigung behalten werden. Auch der refraktometrischen und allen ande- ren Methoden der Eiweißbestimmung haften Fehler an, die sich vorläufig nicht ausschalten lassen. Es gibt eben keine absolut genaue Eiweißbestimmung in Blut oder Liquor, und außerdem soll hierbei noch der Forderung genügt werden, mit einer möglichst einfachen Apparatur und Versuchsanordnung bei genügender Ausschaltung subjektiver Momente auszukommen.

Es ergab sich nun bei unseren Untersuchungen, daß im Verhältnis zum Serum der Liquor mehr Jod bindet, als dem relativen Eiweißgehalt entspricht, wenn man die Jodlösung ein- fach zu der unvorbehandelten Körperflüssigkeit zugibt. Ergeben sich nun dadurch Schwierigkeiten, die Jodzahl in absolute

Quotienten bestimmen, was sich natürlich nicht nur

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Mengen Eiweiß umzurechnen, so halten wir dies Verfahren trotzdem für das beste, wenn man mit möglichst einfacher Versuchsanordnung auskommen will. Den Unterschied im Liquor führen wir auf den Einfluß der Carbonate zurück, die bei dem geringen Eiweißgehalt einen größeren Einfluß auf den Jodierungsprozeß ausüben. Der Liquor reagiert auch im Gegen- satz zum Serum gegen Lackmuspapier schwach alkalisch.

Man kann diese Differenzen ausschalten, wenn man den Liquor oder passend verdünntes Serum mit der 4- bis 10fachen Menge absoluten Alkohols oder Aceton in einem Zentrifugen- glas ausfällt, abzentrifugiert, die alkoholische Lösung abschüttet und nun das Eiweißsediment wieder auflöst. Da das koagu- lierte Eiweiß sich bei dieser Methode nicht leicht restlos in Wasser oder auch Kochsalzlösung auflöst, besonders wenn es sich um größere Mengen handelt, fügt man zur Lösung geringe abgemessene Mengen Säure oder Alkali zu und jodiert nun. Man kann Schwefelsäure nehmen und jodiert dann nach Hof- meister unter Zufügen von Kaliumjodat oder bei schwach essigsaurer Reaktion nach Hopkins und Pinkus. Alle diese Zusätze sind mehr darauf berechnet, eine möglichst totale Jodierung des Eiweißes bis zur vollkommenen Sättigung her- beizuführen, sie beeinflussen aber den Ausfall der Jodstärke- reaktion, und zwar in verschieden starker Weise, da bei ver- schiedenem Eiweißgehalt auch verschiedene Mengen des zuge- setzten Alkalis oder der Säure gebunden werden. Dies Moment kann bis zu einem gewissen Grade vernachlässigt werden, da unter gleichen Versuchsbedingungen schließlich doch die Menge gebundenen Jods in einem festen Verhältnis zur Menge des vorhandenen Eiweißes steht; nur sind diese Mengen in verschie- denen Konzentrationen nicht absolut proportional.

Für den Liquor und Blut ziehen wir deshalb vor, bei originaler Reaktion ohne jeden Zusatz zu jodieren. Anders liegen dagegen die Verhältnisse, wenn man die Eiweiß- bestimmung mittels Jod zur Feststellung des Eiweiß- oder Bak- teriengehaltes einer Vaccine verwenden will, worauf wir noch zu sprechen kommen.

Die Jodierung des Eiweißes, gleichgültig ob dasselbe vor- her isoliert wurde oder z. B. Serum direkt jodiert wird, nehmen wir so vor, daß wir 30 Minuten im Wasserbad von 40° eine

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Jodlösung einwirken lassen, die man sich durch passende Ver- dünnung aus einer "/,,-Jodlösung herstellt.

Bei diesen Versuchen ist darauf zu achten, daß das Jod sehr flüchtig ist; es muß demnach die Vorratsflasche mit der a/o Jodlösung stets gut verschlossen gehalten und vor jedes- maliger Entnahme durchgeschüttelt werden; die daraus her- gestellten Verdünnungen darf man nur kurze Zeit benutzen. Die Jodierung im Wasserbad nehmen wir stets in gleich großen Reagensröhrchen vor. Auf kleine Differenzen kommt es natürlich nicht an, nur kann es sehr wohl einen Unterschied ausmachen, ob man in einem Reagensglas mit hoher Schicht und kleiner Oberfläche oder in einem Becherglas mit geringer Schichthöhe und großer Oberfläche jodiert, wo dem Jod reich- licher Gelegenheit zum Verdunsten gegeben ist. Wir wählen deshalb auch die Versuchsdauer von 30 Minuten, damit nicht allzuviel Jod verdunstet, denn wir können ja nicht das ans Eiweiß gebundene Jod direkt bestimmen, wir bestimmen nur das in der Flüssigkeit restierende ungebundene Jod; nach 30 Minuten ist das Eiweiß keineswegs restlos jodiert, aber Diffe- renzen sind nach dieser Zeit kaum festzustellen.

Will man nun die jodbindende Fähigkeit des Serums be- stimmen, so kann man hier, wo meist größere Mengen zur Ver- fügung stehen, einen anderen Weg einschlagen als beim Liquor, wo man gezwungen ist, mit möglichst geringen Mengen für eine Untersuchung auszukommen.

Das Serum verwendeten wir meist in einer Verdünnung von t/o und gaben zu gleichen Mengen dieser Serumverdünnung fallende Mengen Jodlösung in möglichst enger Reihe. Es wurde dann die Mischung, die auf gleiches Volumen gebracht wurde, 30 Minuten bei 40° gehalten und dann 0,5 ccm einer 1°/,igen Lösung von löslicher Stärke Kahlbaum zugegeben, die vorher auf 40° angewärmt wurde und täglich neu hergestellt war. Wir bekamen dann eine abfallende Reihe von verschiedenen blauen Farbtönen, angefangen von einer undurchsichtigen blauen Farbe über hellblau, weißblau, bis endlich in der Reihe ein Röhrchen kommt, wo durch Stärkezugabe überhaupt keine Spur von Blaufärbung mehr erzielt wird. Dieser Grenzwert läßt sich sehr genau bestimmen. Als Maß der jodbindenden Fähigkeit einer Serumverdünnung, die dem Eiweißgehalt ent-

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spricht, dient dann einfach die Menge einer verdünnten Jod- lösung in Bruchteilen eines Kubikzentimeters, die vollkommen gebunden wurde (in 30 Minuten bei 40°); dies ist kenntlich an der negativen Reaktion mit Stärke.

Für das Serum resp. Plasma gestaltet sich demnach das Verfahren äußerst einfach. Wir wollen gleich hinzufügen, daß wir auf diese Weise so geringe Differenzen im Verdünnungs- grade eines Serums feststellen konnten, wie sie mit keiner an- deren Methode quantitativer Eiweißbestimmung mehr zu er- fassen waren. Eine Differenz von ca. 0,01°/,, Eiweiß läßt sich ohne Verwendung eines Colorimeters nachweisen.

Will man für Doppelbestimmungen genau überein- stimmende Resultate haben, so stellen sich gewisse Schwierig- keiten ein, die aber jeder Methode von so außerordentlicher Feinheit anhaften müssen, nämlich die Differenzen, die sich durch ungenaue Abmessung ergeben. Wollte man mit den gewöhnlichen käuflichen Pipetten von 1 ccm, die auf la ein- gestellt sind, etwa eine Verdünnung von Serum herstellen, so bekommt man bei Verwendung verschiedener Pipetten immer gewisse kleinere oder größere Differenzen, die sich entweder dadurch vermeiden lassen, daß man möglichst große Mengen durch Pipettieren abmißt, oder indem man die Verdünnung durch Wägung herstellt. Die Serummenge wiegen wir dabei in einem Glasröhrchen ab, das an jedem Ende zu einer Capillare ausgezogen ist. Dieses Röhrchen wird dann mit Hilfe einer Saugvorrichtung entleert, mehrmals durchgespült und der In- halt durch Wägung auf den gewünschten Verdünnungsgrad ge- bracht. Auf diese Weise lassen sich alle durch Abmessung be- dingten Fehlermöglichkeiten in genügender Weise ausschalten, doch halten wir für gewöhnlich das Verdünnen mittels ge- eichter Pipetten für ausreichend, wenn es sich nicht etwa in einem besonderen Fall um Feststellung ganz besonders feiner Differenzen handeln sollte.

Will man den Einfluß anderer Substanzen von variablem Gehalt als Eiweiß auf den Ausfall der Jodstärkereaktion aus- schalten, was uns bei unseren bisherigen Untersuchungen aber unnötig erschien, so kann man das Ultrafiltrat des Serums mit Jod binden lassen und die dadurch etwa entstehenden Diffe- renzen bei der Berechnung der Eiweißjodzahl in Rechnung

Jod-Stärkereakt. u. ihreVerwendung f.e.colorimetr. Eiweißbestimmung. 75

setzen. Man hat dann auf jeden Fall rein die Jodmenge, die nur mit dem Eiweiß, resp. mit den kolloidalen Körpern reagiert hat.

Abgesehen nun von den Verfeinerungsmöglichkeiten, die für gewisse Zwecke eventuell von Bedeutung sein könnten und eine etwas kompliziertere Versuchsanordnung nötig machen, gestaltet sich die Eiweißbestimmung im Serum äußerst einfach und ist in jedem Laboratorium von dem Ungeübtesten mit wenig Arbeitsaufwand auszuführen, die Ablesung ist kaum noch als subjektiv zu bezeichnen. Bei der großen Feinheit macht es auch kaum einen Unterschied, ob das eine oder andere Röhrchen noch als spurweise blau bezeichnet wird. Dieser End- wert ist außerordentlich viel leichter zu erkennen, als etwa die

` eben noch sichtbare Bildung eines Ringes bei Unterschichtung mit Salpetersäure.

Da verschiedene Stärkesorten einen etwas verschiedenen Ausfall der Reaktion bedingen können, der aber bei Ver- wendung des gleichen Präparats und sorgfältiger Herstellung vernachlässigt werden kann, kann man auch für das Serum das gleiche, oder ein ähnliches Verfahren anwenden, wie wir ep für die Eiweißbestimmung im Liquor als geeignet fanden.

Die Untersuchung macht deshalb eine andere Versuchs- anordnung nötig, weil wir hier auf äußerste Materialersparnis angewiesen sind. Da der Liquor gegenüber dem Serum einen äußerst geringen Eiweißgehalt besitzt (ca. 0,2°/,,), so fällt auch die Verdünnung weg. Um die bei der Serumuntersuchung an- gegebene Untersuchungsreihe zu umgehen, müssen wir also ver- suchen, mit einem Einzelversuch auszukommen; das läßt sich auch bis zu einem gewissen Grade durchführen.

Man versetzt 0,5 com Liquor mit einer passenden Menge са. ®/,00"Jodlösung, die man variieren kann, eventuell je nach dem Ausfall einer vorher angestellten anderen Eiweißreaktion (Nonne, Roberts, Brandberg, Goldreaktion.. Weiß man, daß der Eiweißgehalt erhöht ist, so nimmt man gleich eine entsprechend höhere Jodmenge.

Die Jodmenge ist bei normalem, oder annähernd nor- malem Liquor so zu bemessen, daß nach 30 Minuten Bindung im Wasserbad von 40° eine Blaufärbung erzielt wird, die der einzelne Untersucher sich am besten durch Vorversuche be-

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stimmt. Einerseits muß die Jodmenge möglichst groß sein, um bei einer genügend starken Eiweißvermehrung noch eine Blau- färbung zu erzielen, andererseits muß die Jodmenge so gering sein, daß die Farbnuance, die bei Verwendung eines ganz nor- malen Liquors erzielt wird, nicht so stark ist, daß feinere Differenzen nicht mehr erkennbar sind. Dies kann, wie gesagt, vorher bestimmt werden, wenn man daneben irgendeine an- dere Eiweißreaktion benutzt, was man ja bei Untersuchung des Liquors stets tun wird.

Wir müssen nun noch auf irgendeine Weise bestimmen, welche Menge Jod durch 0,5 сет Liquor gebunden worden ist. Wir haben uns lange bemüht, eine haltbare Farblösung zu finden, die als Standard für den Vergleich mit normalem Liquor zu gebrauchen wäre, keine der verwendeten bequem reproduzier- baren Standardflüssigkeiten entsprach in genügender Weise dem Farbton der Jodstärkereaktion.

Es ist aber auch auf diese Weise nicht der Faktor aus- zuschalten, den die jedesmal neu herzustellende Stärkelösung auf das Zustandekommen der Blaufärbung ausübt; dieser Faktor ist zwar gering, wird doch aber besser ausgeschaltet. Man kann dies auf sehr einfache und bequeme Weise erreichen, indem man sich aus der jeweils verwendeten Stärkelösung durch Zugabe genau abgestufter Jodmengen eine Skala ver- schiedener Blaufärbungen herstellt. Hält man diese Reihe unter den gleichen Bedingungen, in unserem Falle also, läßt man die Reaktion nach Erwärmen auf 40° eintreten, so erkennt man am Grade der Blaufärbung, wieviel Jod unter den gleichen Mischungsverhältnissen einer bestimmten Blaufärbung entspricht; man kann auf diese Weise nun auch feststellen, wieviel Jod von der ursprünglich zu einer Eiweißlösung zugegebenen ab- gemessenen Menge nach einer bestimmten Bindungszeit übrig geblieben ist. Stimmt also die mit einem Liquor nach Bindung erzielte Jodstärkereaktion mit einem Röhrchen der Testskala von bekanntem Jodgehalt überein, so ist die Differenz zwischen dieser Menge im Teströhrchen und der ursprünglich zugegebenen Jodmenge die Jodzahl des betreffenden Liquors.

Die Testskala verschieden starker Jodreaktionen stellt man sich am besten so her, daß man etwas größere Mengen Stärke-

Jod-Stärkereakt.u.ihreVerwendung f.e.colorimetr. Eiweißbestimmung. 77

und Jodlösung verwendet, um genügend feine Abstufungen zu erzielen.

Wir erreichen mit dieser Methode bei Verwendung einer einzigen Verdünnung der zu untersuchenden Körperflüssigkeit ungefähr das gleiche, was wir im Serum mit einer Verdünnung erzielen.

Ist der ungefähre Eiweißgehalt des Liquor durch einen Vorversuch mit anderer Methode bekannt, so gelingt es bei einiger Übung leicht, die Jodmenge in jedem Fall so zu be- messen, daß nach 30 Minuten Bindung bei 40° eine Blaufärbung bei der Jodstärkereaktion zustandekommt, die sich auf die oben geschilderte Weise in die Eiweiß,jodzahl“ des Liquors um- rechnen läßt.

Andererseits kann es beim Liquor aber auch besonders erwünscht erscheinen, nicht die absolute Eiweißmenge fest- zustellen, sondern nur eine Erhöhung über den normalen Eiweißgehalt, der als sehr konstant angesehen werden kann. Es kann nicht oft genug betont werden, eine wie außerordent- liche Bedeutung dieser Feststellung bei den verschiedensten Krankheiten, besonders aber bei Lues, zukommt. Kommt es nur auf diese Feststellung an, so kann man eine jedesmal gleichbleibende Menge Jod zu einer abgemessenen Liquormenge zugeben, so daß bei normalem Eiweißgehalt eine eben noch er- kennbare Blaufärbung eintritt. Man kann dann die Mischungs- verhältnisse so einstellen, daß sich die geringste krankhafte Eiweißvermehrung, wie sie sich durch keine andere Methode feststellen läßt, durch ein Ausbleiben der Jodstärkereaktion deutlich macht.

Wir haben schon darauf hingewiesen, daß die Jodzahl für Serum und Liquor nicht einem genau gleichen Eiweiß- gehalt entspricht, wenn man die Körperflüssigkeiten ohne be- sondere Zusätze jodiert, dies spielt aber praktisch unseres Er- achtens keine Rolle, da diese Jodzahlen trotzdem für den Eiweiß- gehalt beider Körperflüssigkeiten gute Vergleichswerte ergeben.

Wir wollen hier nicht auf Vergleichswerte eingehen und uns in diesem Zusammenhang darauf beschränken, die Methode der Eiweißbestimmung mit der Jodstärkereaktion zu begründen und auf ihre verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten hinzu- deuten.

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Wir haben nun diese Methode der Eiweißbestimmung auch übertragen auf die Standardisierung von Bakterien- vaccinen. Die einfacheren Methoden der Gehaltsbestimmung von Bakterienvaccinen leiden sämtlich an starker Ungenauig- keit. Die meistübliche Methode der Abmessung von Bakterien in Form eines feuchten Rasens durch geeichte Normalösen oder gar die Umrechnung von bewachsenen Schrägröhrchen oder Kolleschalen auf eine bestimmte Bakterienmasse kann in keiner Weise feineren Ansprüchen genügen. Bei der Methode der Bakterienzählung in Zählkammern oder gar bei der Zählung nach Wright ist die Fehlerquelle ebenfalls .веһг groß infolge der enorm starken Verdünnung und des sehr hohen Faktors, mit dem die erhaltenen Zahlenwerte multipliziert werden müssen; außerdem sind stets, je nach dem Alter der Kultur, schon verschiedene Mengen Bakterien aufgelöst, die durch Zählung nicht erfaßt werden können. Wir werden auf einen Vergleich der verschiedenen zu Gebote stehenden Methoden eventuell an anderer Stelle eingehen und wollen hier nur darauf hinweisen, daß absolute Werte nur zu erhalten sind durch Vergleichzahlen, die sich auf getrocknete Bakterien be- ziehen, außerdem muß der Eiweißanteil der bereits durch Au- tolyse gelösten Bakterien mit berücksichtigt werden. In aus- reichend exakter Weise kann dieser Forderung genügt werden, wenn man den Stickstoffgehalt einer genügend großen Menge Vaccine bestimmt und auf den etwas verschiedenen Stickstoff- gehalt der jeweils verwendeten Bakterien umrechnet. Man kann auf diese Weise feststellen, welchem Gehalt an Bakterientrocken- substanz eine Vaccine entspricht. Da der Stickstofigehalt von Vaccinen relativ gering ist, so ist diese Methode bequem nur anwendbar bei der Herstellung von Impfstoffen im großen, wo ein Verlust etwas größerer Mengen für diese Untersuchung nicht ins Gewicht fällt. In der gewöhnlichen Vaccinepraxis empfehlen sich außer den diaphanometrischen Verfahren, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen, vor allem die Me- thoden, die eine direkte Eiweißbestimmung der vorhandenen Bakterien bezwecken. Die Stickstoffbestimmung dient ja auch diesem Zwecke, wenn auch auf indirektem Wege. Wenn es auch colorimetrische Methoden gibt, die die Feststellung des Bakteriengehaltes einer Vaccine ohne vorherige Auflösung der Bak-

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terien gestatten, so sind doch alle diese Methoden recht ungenau; dasselbe trifft auch zu für die Eiweißbestimmung in ungelösten Vaccinen mit Jodstärkereaktion.

Hier muß nun auf einen prinzipiellen Unterschied der Eiweißbestimmung mit’ Jod gegenüber anderen Methoden hin- gewiesen werden, der eventuell auch für andere Anwendungs- möglichkeiten dieser Methode von Bedeutung sein kann. Während z. B. die Eiweißbestimmung mittels Formoltitration nach Sö- rensen vom Grade des Eiweißabbaues abhängt und des- wegen auch eine besonders geeignete Methode ist, um diesen Abbau quantitativ zu verfolgen, scheint das Jodbindungs- vermögen der Eiweißkörper in weitestem Grade davon unab- hängig zu sein. Das Eiweißmolekül wird einerseits bei der Einwirkung des Jod schon in Teile gespalten, andererseits wird das Jod im aromatischen Kern der das Eiweiß bildenden Aminosäuren gebunden, so daß die Aminosäuren praktisch un- gefähr das gleiche Jodbindungsvermögen haben werden wie genuines Eiweiß. Wir können deshalb die „Jodzahl“ von Eiweiß oder von eiweißhaltigen Zellen ebensogut am genuinen Eiweiß bestimmen, als etwa an den durch Säurehydrolyse oder der- gleichen Eingriffe gewonnenen Spaltprodukten.

Wir haben die Standardisierung von Bakterienvaccinen nur als ein Beispiel herausgegriffen, um zu zeigen, wie man die Jodstärkereaktion zur Eiweißbestimmung auch in Fällen benutzen kann, wo der Eiweißbestimmung eine eiweißauf- schließende Methode vorangehen muß. Zur Auflösung von Bakterien jeder Art stehen uns nun nach unseren eigenen Untersuchungen eine ganze Anzahl verschiedener Methoden zur Verfügung, die teils das Eiweiß vollkommen unverändert lassen, teils dasselbe mehr oder weniger tiefgehend verändern; wir wollen hier auf diese Methoden nicht näher eingehen. Für uns ist hier nur die Tatsache von Bedeutung, daß eine Spaltung des Eiweißes bei einem derartigen Aufschluß von Bakterien zwecks jodometrischer Eiweißbestimmung gleich- gültig ist, nur muß der Einfluß der zwecks Aufschließung zugegebenen Körper auf den Ausfall der Jodstärkereaktion berücksichtigt werden, was ja durch stets gleichbleibende Ver- suchsanordnung in genügendem Maße gewährleistet wird. Man kann dementsprechend etwa die Bakterien durch Erhitzen mit

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Säure auflösen und dann bei saurer Reaktion eventuell unter Zugabe von Katalysatoren (z. B. Eisenchlorid) jodieren und dann das gebundene Jod auf die schon geschilderte Weise bestimmen.

Die angeführten Beispiele mögen genügen, um die Ver- wendungsmöglichkeit und die Art der Durchführung einer quantitativen Eiweißbestimmung mittels Jodstärkereaktion zu demonstrieren. Wir beabsichtigen über die beim Liquor er- haltenen Resultate, sowie über den Vergleich mit anderen Methoden der quantitativen Eiweißbestimmung noch eingehend zu berichten, und wollen hier zum Schluß nur noch kurz auf die Verhältnisse im Blut eingehen, soweit sie für die Methode im allgemeinen von Interesse sind. Gerade hier glauben wir für das Studium der Immunitätsvorgänge von der quantitativen Untersuchung des Eiweißgehaltes manchen Aufschluß erwarten zu können.

Ein Beispiel möge dies illustrieren, nämlich die Unter- suchung der Verhältnisse bei der Wa.-R. Es ist bekannt, daß der Reaktionskörper, der den positiven Ausfall der Wa.-R. in Körperflüssigkeiten bedingt, an Leberzellen gebunden werden kann. Es ist.nun von Interesse, die Veränderungen zu ana- lysieren, die durch diese Art der Behandlung im luetischen Serum hervorgerufen werden. Späth kommt z. B. auf Grund seiner Untersuchungen mit der Goldreaktion am Liquor zu der Schlußfolgerung, daß die Goldreaktion und damit parallel der Ausfall der Wa.-R. nicht an Eiweißkörper gebunden sein kann, da die Paralysereaktion eines Liquors mit kolloidalem Gold nach Behandlung mit gekochter Leber verschwindet, ohne daß der Eiweißgehalt verändert ist. Diese letztere Behauptung wäre nun für die Deutung des Wesens der Wa.-R. von außer- ordentlicher Bedeutung, es läßt sich aber nachweisen, daß dies nicht der Fall ist. Wäscht man gekochte Leber so lange aus, daß das Waschwasser nicht mehr eiweißhaltig ist und bindet luetische Seren mit einer feinen Emulsion derartiger Leber, so kann man selbst im Serum nach Abzentrifugieren der Leber feststellen, daß das Jodbindungsvermögen herabgesetzt ist gegenüber einer Serumverdünnung, die in den gleichen Mischungs- verhältnissen mit physiologischer Kochsalzlösung hergestellt wurde. Die tatsächliche Herabsetzung des Jodbindungsver-

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mögens ist noch größer, als sie bei dieser Versuchsanordnung zutage tritt, da das mit dem gleichen Volumen Leberemulsion versetzte Serum ja tatsächlich infolge des Volums der Leber- partikelchen, die ungelöst bleiben, nicht so stark verdünnt wurde, wie der mit Kochsalzlösung verdünnte Kontrollversuch. Da die Serumlipoide bei der gewählten Versuchsanordnung kaum von Einfluß sein können, muß man dies Sinken der Jodzahl wohl unbedingt auf eine Bindung von Serumeiweiß an die Leberpartikelchen auffassen, der Eiweißgehalt ist also durch die Behandlung mit Leber herabgesetzt.

Zeigt dieses Untersuchungsresultat nun, wie möglichst fein ausgebaute Methoden quantitativer Eiweißbestimmung für die Analyse von Immunvorgängen herangezogen werden können, so kommt dieser Untersuchung bei Immunitätsvorgängen inso- fern eine ganz allgemeine Bedeutung zu, als sie anscheinend ausnahmslos zu Veränderungen des Eiweißgehaltes des Blutes führen, die recht beträchtliche Grade erreichen können. Für die Auffassung, die wir uns von den Immunkörpern bilden müssen, ist diese Tatsache jedenfalls von erheblicher Bedeutung, insofern ein starkes Ansteigen des Eiweißgehaltes im Blute wenig vereinbar ist mit der Annahme, daß den Immunitäts- körpern ein reiner Fermentcharakter zukomme. Wie weit bei Infektionskrankheiten und bei Immunisierungen auch Herab- setzungen des Eiweißgehaltes im: Blute vorkommen und ob dies einen in gewissen Stadien regelmäßig zukommenden Befund darstellt, können wir nach unseren bisherigen Untersuchungen noch nicht sicher entscheiden. Sicher ist dagegen, daß alle Immunseren mit hohem Titer, die durch künstliche Immuni- sierung erzielt sind, einen mehr oder minder erhöhten Eiweiß- gehalt im Serum zeigen. Dies trifft bei allen präcipitierenden Seren zu, wie wir schon eingangs erwähnten, auch für agglu- tinierende Seren und z. B. für Diphtherieheilserum.

Für eine feinere Analyse der hier in Frage kommenden Vorgänge genügt aber eine Untersuchung des Serums nicht, wie dies auch schon frühere Untersuchungen nachwiesen; einen genaueren Einblick in die Verhältnisse des Gesamteiweißes ge- währt nur die Untersuchung des Blutplasmas. In den letzten Jahren haben die Untersuchungen über die Verteilung von

Immunkörpern auf die verschiedenen Eiweißfraktionen des Biochemische Zeitschrift Band 95. 6

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Serums etwas genaueren Einblick in diese Verhältnisse ge- schaffen. Bei unseren früheren Untersuchungen über die Be- deutung der Salze für die spezifische Agglutination konnten wir auch nachweisen, daß das Agglutinin verschiedenen Eiweiß- fraktionen des Serums angehört, dasselbe ist ja auch vom Komplement bekannt. Daß nun diese Immunkörper nach- weisbar durch ihre spezifische Wirkung identisch seien mit den Eiweißkörpern des Normalserums, mit denen sie gleiche Ausfällung und Löslichkeit zeigen, ist damit nicht etwa be- wiesen; wir nehmen also keineswegs an, daß bei Immunisierung gegen körperfremdes Eiweiß die Globuline oder Albumine „ver- mehrt“ seien, sondern es treten Eiweißkörper im Serum auf, die mit diesen Serumfraktionen gleiche Reaktionen zeigen.

Als allgemeines Gesetz bei Immunisierungen kann die Tatsache angesehen werden, daß sich bei Abgabe von Immun- körpern aus den Körperzellen an das Serum zuerst hoch- komplexe Eiweißkörper im Serum finden, oder sagen wir lieber: Eiweißkörper, die den hochkolloidalen Eiweißkörpern des Blutes in ihren Reaktionen gleichen; dahin gehört die Thermo- labilität der Immunkörper im ersten Stadium der Bildung, ihre relative Unlöslichkeit in destilliertem Wasser und die leichte Ausfällbarkeit durch Neutralsalze und H*-Ionen. Unter- sucht man nur das Serum, so kommen nur Körper in Frage, die höchstens mit den Globulinen gleiche Reaktionen zeigen, bei höherem Titer des Immunkörpers finden sich auch Anteile, die den Albuminen gleichen. Bevor aber diese Stufe erreicht wird, scheint sich regelmäßig ein Stadium zu finden, wo diese Körper nur in einer dem Fibrinogen analogen Form vorhanden sind, im Serum also eventuell überhaupt nicht nachgewiesen werden können; es liegt aber unseres Erachtens kein Grund vor, diese Körper nun etwa mit dem Fibrinogen zu identifizieren; auch muß mit der Tatsache gerechnet werden, daß derartige leicht ausfällbare Eiweißkörper, ohne in ihren Fällungsreaktionen mit dem Fibrinogen identisch zu sein, bei der Koagulation zu Fibrin an das entstehende Gerinnsel adsorbiert werden.

Die mehr chemische Erklärung dieser Erscheinungen wäre darin gegeben, daß die hochkomplexen Eiweißkörper mit größerem Molekül (Albumin < Globulin < Fibrinogen) leichter aus- fällbar sind, es wäre aber auch eine rein physikalische, kolloid-

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chemische Auffassung denkbar, daß nämlich die Immunkörper einen Kolloidkomplex aus Antigen und Zelleiweiß darstellen, die sich in gewissen Mischungsverhältnissen gegenseitig aus- fällen (Agglutination, Präcipitation), in jedem anderen Mischungs- verhältnis aber sei es nun, daß die eine oder die andere Komponente im Überschuß vorhanden ist ihre Löslichkeit erhöhen. Wir wollen diese Theorie der Entstehung von spezi- fischen Immunkörpern hier nicht eingehend entwickeln, wir beabsichtigen dies später an anderer Stelle zu tun, für die ` hier interessierenden Fragen wäre diese Auffassung nur inso- fern von Bedeutung, als danach die verschiedene Fällbarkeit der verschiedenen Anteile eines Immunkörpers nicht auf ihrer eiweißchemischen Zugehörigkeit zu verschiedenen Eiweißfrak- tionen des Serums resp. Plasmas beruhen würde, sondern daß man darin einen Ausdruck ihrer verschiedenen Löslichkeit zu sehen hätte, bedingt durch ein wechselndes Mischungsver- hältnis. Es erscheint auch fraglich, ob diese Verteilung auf die verschiedenen Eiweißfraktionen überhaupt in dem Maße als präexistent angesehen werden kann.

Wie dem auch sei, jedenfalls bilden sich die ersten An- teile eines Immunkörpers im Blut mmer in einer Form, die mit Gerinnung des Fibrins ausfällt und im Serum nicht nach- weisbar zu sein braucht. Eine rein serologische Untersuchung "in dieser Richtung ist dadurch erschwert, weil man Plasma bequem nur in kalkfreiem Zustand verarbeiten kann, und dadurch die Löslichkeitsverhältnisse nicht nur des Fibrinogens, sondern eventuell auch der im Plasma enthaltenen Immunkörper er- heblich alteriert werden. Für eine Gesamteiweißbestimmung im Plasma spielt dies natürlich keine Rolle, und es empfiehlt sich aus den angegebenen Gründen, in jedem Fall, wenn man das Gesamteiweiß bei Immunitätsprozessen bestimmen will Plasma und nicht Serum zu verwenden.

Wir konnten mit der oben geschilderten Methode bei einer Reihe von Kaninchen, die wir mit intravenösen Injektionen verschiedener Bakterien behandelten, in jedem Fall ein An- steigen des Gesamteiweißes im Plasma nachweisen, das dem Ansteigen des Agglutinintiters annähernd parallel lief. Nach den oben gegebenen Ausführungen wird auch die Tatsache verständlich erscheinen, daß wir bei einem Kaninchen, das

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84 C.Lange: Jod-Stärkereakt. u. i. Verwendung f. e.colorimetr. Eiweißbest.

gegen Vibrionen immunisiert wurde, im Plasma eine einwand- freie Erhöhung des Eiweißes feststellen konnten, bevor über- baupt mm Serum eine nachweisbare Erhöhung des Agglutinin- titers festzustellen war. Die Wichtigkeit der mit der Methode zu erzielenden Resultate erhellt wohl ohne weiteres aus dieser Feststellung.

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Über die Wirkung уоп oberfläehenaktiven Stoffen auf Pflanzensamen.

Von J. Traube und Hedwig Rosenstein.

(Eingegangen am 24. März 1919.)

Diese Mitteilung ist eine Fortsetzung einer an anderer Stelle!) erschienenen Arbeit von Traube und Marusawa „Über Quellung und Keimung von Pflanzensamen“,

In jener Arbeit wurden abgesehen von Quellungsver- suchen Gerste und andere Samen eingelegt in Lösungen von Säuren, Basen, indifferenten Narkoticis, Salzen, Farbstoffen usw.

Von den zahlreichen Einzelergebnissen seien hier nur noch- mals die folgenden hervorgehoben:

Säuren wirken in verdünnten Konzentrationen vielfach, wie auch schon von anderen Seiten mitgeteilt wurde, reizend auf die Keimung, d. h. beschleunigend auf die Keimungsgeschwindig- keit, so beispielsweise Schwefelsäure, o-Phosphorsäure, besonders aber Citronensäure; oberhalb bestimmter Schwellenwerte der Konzentration erfolgt dann ziemlich plötzlich die schädigende Wirkung.

Während beispielsweise bei der von Traube und Marusawa ausgeführten Versuchsanordnung beim Einlegen von 50 Gersten- körnern in eine "/ „-Salzsäurelösung 30 Körner keimten, keimte in einer ®/,-Lösung nicht ein einziges, In einer sl, -o-Phosphor- säurelösung keimten 32 Körner, in einer "/,-Lösung nur ein einziges usf.

Bemerkenswert war die außerordentliche Giftigkeit ober- flächenaktiver Fettsäuren. Selbst in ?/,,„-Isovaleriansäurelösung

1) Traube und Marusawa, Intern. Zeitschr. f. phys.-chem. Biol. 2, 370, 1915.

86 J. Traube und H. Rosenstein:

keimten bei nur '/, stündigem Einlegen ein nur geringer Bruch- teil der Gerstenkörner, ein Ergebnis, das in geradem Gegen- satz steht zu etlichen vergleichbaren Tierversuchen; zeigt sich doch beispielsweise nach Loebs parthenogenetischen Versuchen am Seeigelei, daß gerade derartige Säuren befähigt sind, eine parthenogenetische Entwicklung anzuregen'), Bei den halo- genierten Essigsäuren nimmt auffallenderweise die Giftigkeit zu von Trichloressigsäure zu Dichloressigsäure und von dieser zu Monochloressigsäure. Borsäure schädigt weniger die Keimung als das Wachstum.

In bezug auf die Versuche mit Basen sei hier nur auf die große Wachstumsschädigung hingewiesen, welche Gerste durch !/, stündiges Einlegen in eine "/ „Lösung von alkylierten Aminen und Ammoniumbasen erfährt im Gegensatz zu gleich- konzentrierten Lösungen von Ammoniak, Kalihydrat, Nicotin usw. Die Keimfähigkeit wird indessen auch durch Ammoniak, Py- ridin usw. sehr geschädigt. Über die Wirkung von Alkaloiden, Farbstoffen und Salzen vergleiche die Abhandlung.

Am meisten interessieren uns hier jedoch die damals bereits angestellten Versuche mit oberflächenaktiven Nichtleitern, da diese Versuche in der vorliegenden Mitteilung eine Fortsetzung erfahren. Die Versuche, die mit gewöhnlichen Alkoholen, Äthyl- äther, Paraldehyd, Propionitril, Aceton, Urethan, Methylacetat und Chloralhydrat angestellt wurden, zeigten, daß bei !/, stün- digem Einlegen von Gerste in ®/,- und "/,-Lösungen zunächst der Isoamylalkohol im Gegensatz zum tertiären Amylalkohol ganz besonders giftig war. Als recht giftig erwies sich auch das Chloralhydrat. Beim Einlegen von 50 Gerstenkörnern in a/,-Chloralhydratlösungen keimten nach 2 Tagen О, nach 3 Tagen nur 12 Körner, beim Einlegen in "/,-Lösungen nach 2 Tagen 9, nach 3 Tagen 40 Körner. In den "/,-Lösungen kam es nach 7 Tagen überhaupt nicht zum Wachstum, die Narkose war irreversibel, in den ?/,-Lösungen war das Wachstum zwar weit erheblicher, aber doch verkümmert. Chloralhydrat erwies sich auch für Pflanzen als ein schädliches Narkoticum. Eine völlige Reversibilität ist nicht vorhanden. Bei den untersuchten milderen Narkoticis ließ sich für verdünntere Konzentrationen ein Erregungsstadium feststellen.

1) Vgl. indessen weiter unten über Capronsäure und Caprylsäure.

Wirkung von oberflächenaktiven Stoffen auf Pflanzensamen. 87

Diese Untersuchungen ließen nun den Wunsch aufkommen, weitere Narkotica bzw. allgemein oberflächenaktive Stoffe in ihrer Wirkung auf Pflanzensamen zu untersuchen.

Es leitete uns dabei u. a. der Gedanke, festzustellen, wie weit die Analogie für Tier und Pflanze vorhanden war, sowie ferner, wie weit die Oberflächenaktivität bzw. der Haftdruck') in Frage kam.

Die Pflanze ist ein vortreffliches Testobjekt, um zu prüfen, ob ein Narkoticum nur vorübergehende oder dauernde Schädi- gungen herbeizuführen imstande ist, und wenn man auch mit Rückschlüssen auf das Tier vorsichtig sein soll, so erschienen doch gewisse Analogieschlüsse in bezug auf die Art der Wirkung, deren Intensität und Reversibilität bezugsweise Irreversibilität sehr wohl möglich. Besonders aber erschien ein weiteres Studium der „Reizwirkungen“ oberflächenaktiver Stoffe auf Pflanzen- keimung und Wachstum von nicht geringem Interesse, denn es kann nicht genug hervorgehoben werden, daß, wenn auch bisher auf diesem Gebiete noch so gut wie nichts praktisch Verwertbares erreicht wurde, wahrscheinlich die Landwirtschaft und Gärtnerkunst gerade nach dieser Richtung hin zu be- deutungsvollen Ergebnissen gelangen wird. Es ist uns beispiels- weise kaum zweifelhaft, daß, wenn etwa Wert und Wirkung gewisser tierischer Dünger keineswegs ihrem Stickstoffgehalte parallel gehen, gewisse Reizstoffe eine Rolle spielen, die man bisher nicht beachtet hat. Dasselbe dürfte zutreffen in bezug auf die Wirkung der Böden, Humusarten usw. Was früher Liebig in bezug auf die Zuführung der Nährstoffe für die Pflanze geleistet hat, das wird dereinst ein zukünftiger Liebig leisten müssen, indem er für die Feststellung derjenigen Katalysatoren sorgt, die Pflanzenkeimung und Pflanzenwachstum beschleu- nigen und nach anderer Richtung begünstigen. Indessen es

1) Wenn hier von oberflächenaktiven Stoffen die Rede ist, so soll man eingedenk sein, daß Stoffe, wie beispielsweise Chloroform und zahl- reiche andere, wegen ihrer leichten Verdampfung aus der Oberfläche eigentlich nicht als oberflächenaktiv bezeichnet werden können (vgl. Traube, Arch. f. d. ges. Physiol. 153, 308, 1914). Es sind dies aber alles Stoffe von sehr geringem Haftdruck am Wasser, und wenn daher von oberflächenaktiven Stoffen gesprochen wird, so sullte man besser diese Stoffe allgemein als Stoffe von geringem Haftdruck bezeichnen.

88 J. Traube und H. Rosenstein:

werden sicherlich erst eine ganze Reihe von Vorarbeiten im Laboratorium und auf freiem Felde erfolgen müssen, ehe an endgültige Erfolge zu denken ist.

Die Versuche sind nahezu sämtlich von der einen von uns, Hedwig Rosenstein, ausgeführt worden, und zwar, soweit es sich um flüchtige Narkotica handelt, in folgender Weise:

Je 50 Körner einer guten Saatgerste vom Gute des Herrn Wal- ther Traube in Engelstedt bei Braunschweig wurden 1 Stunde lang in Wasser eingelegt, alsdann in größeren zylindrischen, mit Deckel verschließbaren Gläsern auf 6faches, mit der gleichen Menge Wasser befeuchtetes Filtrierpapier einzeln ausgebreitet, indem ein kleiner fingerhutgroßer zylindrischer Behälter mit dem betreffenden verdunstenden Stoffe während einer be- stimmten Zeit in den größeren Behälter eingesetzt und als- dann dieser gelüftet wurde. Die feuchte Gerste wurde somit lediglich den Dämpfen der betreffenden Stoffe ausgesetzt.

Versuch 1. Stoff Wirkungszeit Keimzahl nach der Dämpfe 1 Tag 2 Tagen Chloroform 0 Min. 28 48 34 49 2 ə 34 48 bs 28 49 10 23 45 20 » 26 45 Versuch 2; Stoff Wirkungszeit Keimzahl nach der Dämpfe 1 Tag 2 Tagen 5 Tagen Chloroform 0 Min. 18 48 48 2 » 15 50 50 30 > 0 39 46 Versuch 3. 0 Min. 16 42 60 » 0 38 Versuch 4. 0 Min. 29 49 24 Std. 0 0

Wirkung von oberflächensktiven Stoffen auf Pflanzensamen. 89

Die Versuche mit Chloroformdampf führen zu dem Ergebnis, daß je nach der Länge der. Einwirkung des Dampfes auf die Gerste eine reversible bzw. irreversible Narkose stattfindet, und es scheint, daß auch bei geringer Zeitdauer, bei der Ein- wirkung von nur 1 bis 2 Minuten ein Erregungsstadium wie bei den Tieren statthat.

Versuch 5. Stoff Wirkungszeit Keimzahl nach der Dämpfe 1 Tag 3 Tagen Äthyläther 0 Min. 18 48 12 50 10 7 48 20 4 48 30 e 5 45 45 » 7 47 Versuch 6. Athyläther 0 Min. 16 44 60 8 45 Versuch 7. 1 Tag 2 Tagen Äthyläther 0 Min. 29 49 24 Std. 0 0 Versuch 8. 1 Tag 2 Tagen 4 Tagen Paraldehyd 0 Min. 19 42 48 60 » 11 38 48

Ein Vergleich des Äthyläthers mit dem Chloroform zeigt, daß der Ätherdampf eine mildere Narkose hervorruft als der Chloroformdampf, auch hier beobachten wir je nach der Zeit- dauer der Wirkung eine reversible bzw. irreversible Narkose. Paraldehyddämpfe wirken gleichfalls weniger stark narkotisch als die Dämpfe des Chloroforms.

Bei den folgenden nicht flüchtigen Narkoticis wurde so verfahren, daß die Samen je 1 Stunde entweder in Wasser oder die betreffenden Lösungen eingelegt und alsdann nicht ab- gespült auf 6fachem feuchtem Filtrierpapier in geschlossenen zylindrischen Gefäßen wie oben ausgebreitet wurden.

90 J. Traube und H. Rosenstein:

Versuch 9. Wachstum nach Stoff рг Keimzahl nach „6 Tagen, 2 Tagen 3 Tagen Höhe der Stengel °% ош Urethan’) 0 39 50 1 bis 3 0 39 46 1 bis 3 1 39 48 1 bis 4 1, 38 48 1 bis 4 114 44 48 1 bis 4 НА 48 50 2 bis 3 ER 48 50 2 bis 4 Versuch 10. Wachstum nach Stoff ne Keimzahl nach 2 10 Tagen, 2 Tagen 3 Tagen Höhe der Stengel lo cm Sulfonal 0 34 44 4 bis 6 gesätt. Lös. 31 44 2 bis 5 о» 26 42 3 bis 6 7 A H 30 49 3 bis 7 AL F n 35 48 4 bis 6 Versuch 11. 2 Tagen 7 Tagen 7 Tagen Veronal 0 3 41 4 bis 5 gesätt. Lös. 17 26 1 bis 3 Ae N 30 44 3 bis 4 nn s 25 38 3 bis 4 Lk e sw 42 42 4 bis 6 Versuch 12. В °% 4 Tagen 6 Tagen Medinal 0 (15) (32) 2 8 35 1 18 40 als 17 44 1], 26 40

1) Auch eine weitere Versuchsreihe mit Urethan ergab namentlich eine Wachstumsbeschleunigung, so daß weitere Versuche mit diesem Narkoticum nach dieser Richtung sehr erwünscht wären. Sichere Schlüsse kann man erst ziehen, wenn eine größere Anzahl von Versuchsreiben vorliegen.

Wirkung von oberflächenaktiven Stoffen auf Pflanzenssmen. 91

Versuch 13. Stoff Konz. der Keimzahl nach Lösung 2 Tagen 3 Tagen lo Adalin 0 32 48 2 32 47 1 38 44 1), 88 46

Während Urethan sich auch bei der Pflanze als ein sehr mildes Narkoticum erweist mit anscheinend vorhandenem Er- regungsstadium, und beim Adalin in den untersuchten Kon- zentrationen überhaupt keine Wirkungen beobachtet werden konnten, bringen stärkere Sulfonal- wie Veronallösungen, wie namentlich die Wachstumsversuche zeigen, dauernde Schädi-

gungen hervor.

| Wenn wir die Versuche der älteren Arbeit von Traube und Marusawa über die Wirkung weiterer Narkotica, wie Chloralhydrat, Äthylalkohol usw. mit berücksichtigen, so zeigt sich in bezug auf die Wirkung von Narkoticis auf Tier und Pflanze eine solche Parallelität, daß in bezug auf die Beurteilung der schädigenden oder nicht schädigenden Wirkungen von Narkoticis Versuche mit einem so einfachen Testobjekt wie Gerste von Nutzen sein können. |

Die folgenden Versuche beziehen sich gleichfalls auf die Wirkung der Dämpfe auf feuchte Gerste und wurden in der- selben Weise wie die Versuche weiter oben mit Chloroform usw. ausgeführt.

Versuch 14.

Stoff Wirkungszeit Keimzahl nach

der Dämpfe 1 Tag 3 Tagen Wasser... . 16 44 Thymol. ... 1 Stunde 32 47 Toluol Sa l 12 46 Napthalin . . . L- 21 50 Chlorbenzol . . l 7 50 Anilin 1, 10 49 Pyridin . . 1, 22 49 Рірегійіп . . . l 7 49

92

J. Traube und H. Rosenstein:

Versuch 15. Stoff Wirkungszeit Keimzahl nach der Dämpfe 1 Tag 2 Tagen Wasser... . 29 49 Thymol. .. . 24 Stunden 13 42 Touwl .... 4 n 0 0 Naphthalin . .. 24 n 12 41 Chlorbenzol . . 24 n 0 0 Versuch 16. Wasser . . . . _ 11 19 Anilin .... 24 Stunden 0 31 Pyridin . 24 о» 0 0 Piperidin . 24 n 0 0 Versuch 17. Э Wachstum Stoff Keen Keimzahl nach nach 9 Tagen, Dämpfe 1Tag 2 Tg. 4Tg. Höhe ai Wasser . . . . _ 19 42 48 3 bis 8 Aceton .. .. ISundd 0 0, Isobutylacetat . 1 » 0 0 Isoamylalkohol. 1 » 0 0 Heptylalkohol . 1 » 25 48 49 4 bis 6 Benzaldehyd.. 1 » 24 42 46 4 bis 6 m-Kresol ... 1 » 18 48 50 5 bis 7 Versuch 18. 1,Tag 2 Tg. 3 Tg. Wasser 21 44 48 Isoamylalko- hol 5 Min. 10 37 48 10 » 12 38 46 20 » 6 33 49 80 » 0 17 34 Versuch 19. 2 Tg. 4 Tg. Wasser 44 49 Thymol 15 Min. 46 50 30 > 49 50

45°» 41 48

Wirkung von oberflächenaktiven Stoffen auf Pfilanzensamen. 93

v

Versuch 20. irkungs Wachstum Stoff der _ Keimzahl nach nach 9 Tagen, Dämpfe 1 Tag 2 Tg. Höhe Lenga We e 8 39 6 bis 8 m-Kresol 15 Min. 10 31 7 bis 9 30 e 17 43 6 bis 8 45 „Н 20 49 5 bis 7 Za 12 4 4 bis 6

In der folgenden Vetsuchsreihe wurde die Gerste 1 Stunde lang in die betreffenden Lösungen eingelegt und: sonst wie weiter oben verfahren.

Versuch 21. Konz. der : Wachstum nach 14 Tagen Stoff Lösung Dee SC, Zahl 4.5 Höhe d. A 0 Wasser = 48 49 41 3 bis 6 А = 45 48 4 5 bis 6,5 m-Kresol ss 3 37 35 2 bis 4 30 48 48 6 1, 41 49 44 6 bis 8 Yo 43 46 44 6 bis 8 1, 49 49 45 6 bis 9 44 48 47 5 bis 8

Aus den Versuchen folgt, daß oberflächenaktive Stoffe wie Toluol, Chlorbenzol, ferner Piperidin, Pyridin, Anilin, ebenso Aceton, Isobutylacetat, insbesondere auch Isoamylalkohol, sehr starke Gifte sind. Von den Basen ist am wenigsten giftig Anilin und am giftigsten Piperidin. Die Naphthalin- und Thymol- dämpfe wirken bei nicht zu langer Einwirkung erregend, d.h. auf die Keimungsgeschwindigkeit beschleunigend. Die Dämpfe des Heptylalkohols wirken gleichfalls im Gegensatz zum Isoamyl- alkohol erregend, ebenso die Benzaldehyddämpfe bei 1 stündiger Wirkung.

Es scheint, daß das Desinfiziens m-Kresol in gewissen Kon- zentrationen das Wachstum der Gerste günstig beeinflußt, in- dessen derartige Versuche müssen, ehe man sichere Schlüsse ziehen kann, noch häufiger wiederholt werden.

94

Stoff

Benzoesäure, 1 Std. eingelegt

Benzoesäure, 24 Std. eingelegt

Salicylsäure, 1 Std. eingelegt

Zimtsäure, 1 Std. eingelegt

J. Traube und H. Rosenstein:

Konz. der Lösung

0%

gesätt. Lös.

» 1/8 я

0%

gesätt. Lös.

Ya S |,

Ye n

Versuch 22. Keimzahl nach 2Tg. 4Tg. 6Tg. 47 50 50 2 9 35 38 50 50 в 49 4 45 50 50 Versuch 23. 14 34 0 0 0 0 0 0 0 0 Versuch 24. 48 49 1 6 16, 47 "42 49 45 48 Versuch 25. 26 48 27 50 24 49 (15) 47 40 49

Wachstum nach 6 Tagen

Zahl d.St.

20 2 12

29 33

Höhe d. St. cm

1 bis 2

bah ка Fei сс

EE: KL?

Die gesättigte Benzoesäurelösung ergab in einem Stalagmo- meter, in dem die Tropfenzahl für Wasser gleich 53,7 war, die Tropfenzahl 59,9, die gesättigte Salicylsäurelösung 55,5 und die gesättigte Zimtsäurelösung entsprechend ihrem minimalen Gehalte 54,9. Mit diesen Oberflächenspannungen stehen die Keimversuche im Einklang.

Bei den folgenden Versuchen wirkte nur der Dampf der betreffenden Fettsäuren, bei Versuch 26 und 28 je 1 Stunde lang, bei Versuch 27 24 Stunden lang auf die betreffende, mit

Wasser 1 Stunde lang befeuchtete Gerste (50 Körner).

Wirkung von oberflächenaktiven Stoffen auf Pflanzensamen. 95

Versuch 26. Keimzahl nach Stoff 1 Tag 2 Tagen Wasser ..... 16 44 Саргопвёоге . . 20 47 ` Versuch 27. 1 Tag 2 Tagen Wasser ..... 11 19 Capronsäure . . 20 48 Versuch 28. Wasser ..... 19 42 Buttersäure . . 3 20 Isovaleriansäure 8 38 Caprylsäure .. 28 82

Es ist sehr bemerkenswert, daß höhere Fettsäuren, wie Capron- und Caprylsäure so stark reizende Wirkungen auf die Keimungsgeschwindigkeit der Gerste ausüben. Man denkt hier- bei an die hohe parthenogenetische Wirkung auf das Seeigelei nach Loebs Versuchen. Auffallend ist es, daß die niederen Fettsäuren selbst in geringen Konzentrationen, namentlich die Isovaleriansäure (vgl. auch Traube und Marusawa, 1. с.), sehr giftig wirken.

Um zu prüfen, ob nicht bei sehr kurzer Wirkung der Dämpfe der Isovaleriansäure doch ähnliche Reizwirkungen wie bei Capron- und Caprylsäure hervorgebracht wurden, brachten wir 50 Gerstenkörner, die 1 Stunde im Wasser lagen, eine ver- schiedene Anzahl von Minuten in die Dämpfe der Isovalerian- säure.

Versuch 29. Stoff Wirkungszeit Keimzahl nach des Dampfes 1 Тар 2 Tagen 3 Tagen Isovaleriansäure 0 Min. 28 48 50 ln 25 48 49 2 n 22 48 49 5 » 22 49 49 10 » 28 45 28 20 e 33 49 50 Versuch 30. 1 Tag 3 Tagen 5 Tagen Isovaleriansäure 0 Min. 18 48 48 20 » 16 49 50 30 12 48 50

ZS 45 » 14 46 48

96

J. Traube und H. Rosenstein:

Eine erheblichere erregende Wirkung wurde somit nicht

festgestellt.

Von Desinfizienzien wurde noch f-Naphthol und namentlich Naphthalin untersucht. Die Körner, 50 Stück, wurden 1 Stunde lang und nur bei Versuch 34 24 Stunden lang in die betreffenden Lösungen eingelegt und dann unabgespült auf 6 faches, gleich- mäßig befeuchtetes Filtrierpapier im geschlossenen Gefäße aus- gebreitet. Die gesättigte f-Naphthollösung ergab im Stalagmo- meter (Tropfenzahl für Wasser 53,7) die Tropfenzahl 55,4, die gesättigte Naphthalinlösung in Anbetracht ihres geringen

Gehaltes =

Stoff #-Naphthol

Stoff

Naphthalin

Naphthalin

Naphthalin, die Körner 24 Stunden eingelegt

53,9.

Konz. der Lösung 0%

gesätt. Lös. 1/ D n

Ya

Konzen- tration der Lösung

0 0%

n

gesätt. Lös. n

Versuch 31. Keimzahl nach

2 Tagen 4 Tagen

43 49 17 47 32 48 48 48 Versuch 32. Keimzahl nach 2Tg. 3Tg. 4Tg. 25 31 40 33 40 49 38 48 48 36 46 49 39 44 46 - Versuch 33. 2Tg. 3Tg. 5Tg. 23 38 43 34 38 43 39 47 49 32 45 48 38 45 47 Versuch 34. 2Tg. 3Tg. 4Tg. 41 47 48 24 35 43 22 39 43 24 36 43 21 3l 41

11 Tg.

49 50 50 50 49

9 Tg.

46 45 49 48

Wachstum nach 11 Tagen, Höhe d. Stengel

cm

4 bis 10

4 bis 9

3 bis 8 4 bis 8 9

4 bis

Wachstum nach 9 Tagen

3 bis 6 4 bis 5 4 bis 5 3 bis 6 4 bis 6

Wachstum nach 11 Tagen

Wirkung von oberflächenaktiven Stoffen auf Pflanzensamen. 97

Versuch 35. Konzen- . Stoff tration дег о ee akoh Lösung Е. Е. 8 Naphthalin 0%, 81 44 48 gesätt. Lös. 30 46 48 А » 39 48 49 J WA n 29 45 47 105 n 39 49 49 tie A 39 50 50 Versuch 36, 2Tg. 4Tg. 6 Tg. Naphthalin 0%, 82 41 49 gesätt. Lös. 42 48 49 H EI 48 49 e n 36 48 48 Ak H 38 49 50

Die Versuche mit $-Naphthol und Naphthalin zeigen zu- nächst, daß die stärkeren $-Naphthollösungen entsprechend der geringeren Oberflächenspannung bei gleicher Dauer der Ein- wirkung schädlicher auf Gerste einwirken als Naphthalinlösungen. Веі 24stündiger Einwirkung wirken selbst '/, gesättigte Naph- thalinlösungen schädlich auf Keimung und Wachstum der Gerste, dahingegen bei 1stündiger Einwirkung wird die Keimungs- geschwindigkeit der Gerste durch Naphthalin erheblich be- günstigt; ob auch das Wachstum gefördert wird, läßt sich noch nicht mit Sicherheit sagen.

Folgende Basen wurden noch geprüft. Die Gerste wurde je 1 Stunde in die Lösungen eingelegt.

Versuch 37. 5 Stoff Konz. der Keimzahl nach Lösung 2 Tagen 4 Tagen Diphenylamin 0%, 43 50 gesätt. Lös. (unfiltriert) 28 46 kn 43 47 Ыс a 46 49 Versuch 38. 2 Tagen 4 Tagen Chinolin 0%, 43 49 0 0 Yan 0 0 ija» 12 46 NI 38 48 he т 37 49 Aer 7 45 49

Biochemische Zeitschrift Band 95. 7

98 J. Traube und H. Rosenstein:

Die Löslichkeit von Diphenylamin ist sehr gering (Tropfen zahl 54,1, Wasser 53,7), daher die geringe Wirkung.

Mit oberflächenaktiven Kolloidlösungen wurden die folgen- den Versuche ausgeführt. Die Gerste wurde in allen Fällen 1 Stunde lang in die Lösungen eingelegt.

Versuch 39. Konzen- Wachstum nach 7 Tagen, Stoff tration Keimzahl nach Zahl der Höhe der der 1 Tag 2 Tagen Stengel Stengel Lösung cm Pepton Witte 0%, 10 47 33 1 bis 3,5 On 48 39 1 bis 4 6 45 33 1 bis 2 Yon 11 49 36 1 bis 3 IL a 16 49 42 2 bis 4 SZ 14 49 43 2 bis 4 1016 » 12 48 44 2 bis 4,5 Versuch 40. Konzen- Wachstum nach 9 Tagen, Son em ug оте ато Zabi dee ° Hho e Lösung cm Med. Seife 09% 8 39 49 44 6 bis 8 9 30 48 39 6 bis 10 „л 14 37 47 37 5 bis 8 1, » 11 45 50 46 5 bis 8 Y 15. 48 49 42 5 bis 9 Yon 5 28 44 38 5 bis 10 Versuch 41. 2 Tagen 3 Tagen Saponin 0%, 37 49 44 41 Yan 44 48 Un 39 47 1/6 » 45 49 Yon 43 50 РЕ 44 50 Versuch 42. Natrium- 0%, 38 cholat 37 Yan 30 11, » 30

37

Wirkung von oberflächenaktiven Stoffen auf Pflanzensamen. 99

Die Tropfenzahl einer 1°/,‚igen Seifenlösung in einem Stalagmometer (Tropfenzahl für Wasser == 53,7) war 90,2, die- jenige einer 1°/,igen Saponinlösung == 61,0 und einer 1°/,igen Lösung von Natriumcholat = 73,3. Bei allen diesen Stoffen, auch beim Pepton, handelt es sich um stark oberflächenaktive Stoffe. Da indessen derartige kolloide Stoffe nur sehr schwer oder gar nicht in das Gerstenkorn eindringen, ist ihre Wir- kung sehr gering. Man hätte allerdings für Seife und Saponin eine stärkere Wirkung vermutet.

Es wurden nun noch eine größere Anzahl Versuchsreihen mit verschiedenen Samen ausgeführt, wie schlecht keimender Gerste, gut und schlecht keimendem Hafer und Roggen, gut und schlecht keimenden Erbsen, Zuckerrüben sowie Zwiebelsamen. Die Samen waren uns gütigst von der Firma Gebr. Dippe in Quedlinburg sowie Herrn Rittergutsbesitzer Steiger in Dresden zur Verfügung gestellt. Die Versuchsstoffe waren Naphthalin und Urethan.

Es leitete uns bei diesen Versuchen zunächst der Gedanke, ob nicht bei anderen Samen die Ergebnisse in bezug auf das Erregungsstadium, die beginnende Giftwirkung usw., andere waren wie bei Gerste. Ferner galt es vor allem, der Frage näher zu treten, ob bei schlecht keimenden Samen nicht durch derartige Reizstoffe eine wesentliche Keimungs- und Wachstums- beschleunigung statthaben könnte.

Da die Versuche indessen zu keinem ganz eindeutigen Ergebnis führten, so sehen wir von der Veröffentlichung der Zahlen einstweilen ab. У

Es zeigte sich jedoch bei diesen vorläufigen Versuchen, daß beispielsweise bei schlecht keimender Gerste, Roggen und Hafer Naphthalin keine Erhöhung der Keimungsgeschwindigkeit hervorbrachte. Auch auf gut keimenden Hafer wirkte Naph- thalin im Gegensatz zu gut keimender Gerste anscheinend nicht erregend ein. Dagegen scheint es, daß Urethan in !/,- und 21,67 /niger Lösung bei 1 stündigem Einlegen auf den betreffen- den schlecht keimenden Hafer sowohl in bezug auf Keimung wie Wachstum günstig einwirkte, nicht dagegen auf Zucker- rüben. Die Versuche bedürfen indessen einer weitgehenderen Prüfung.

Die Versuche mit Zwiebelsamen wurden namentlich in der

ә 7*

100 J. Traube u. H. Rosenstein: Wirkung у. oberflächenaktiven Stoffen usw.

Absicht unternommen, um zu prüfen, ob der Zwiebelgeruch vielleicht eine Reizwirkung auf die Entwicklung anderer Samen hervorrufen würde. Der Erfolg war einstweilen negativ.

Es scheint uns indessen kaum zweifelhaft, daß gerade die Pflanzenduftstoffe, insbesondere Blumengerüche, besondere Be- deutung haben, insofern sie als oberflächenaktive Reizstoffe erregend auf mancherlei Entwicklungsvorgänge der Pflanzen, beispielsweise die Entwicklung der Knospen usw., einwirken.

Schließlich sei bemerkt, daß wir auch mit denselben Reiz- stoffen, mit denen wir Versuche an Pflanzensamen vornahmen, eine größere Anzahl Versuche ausführten in bezug auf die Ent- wicklung von Froscheiern sowie in bezug auf die Giftwirkung auf Kaulquappen, um zu prüfen, wie weit von einer Parallelität der Wirkungen auf Tier und Pflanze gesprochen werden kann. Daß diese Parallelität im allgemeinen vorhanden ist, ergibt sich ja bereits aus älteren Versuchen an Kaulquappen und wurde auch im allgemeinen von uns bestätigt. Wir möchten auch hier, da unsere Versuche nicht erschöpfend waren, von der Veröffent- lichung der Zahlen einstweilen absehen.

Zusammenfassung.

Es wurde die Wirkung einer größeren Anzahl oberflächen- aktiver Stoffe auf die Keimung und das Wachstum von Gerste und anderen Pflanzensamen untersucht.

Für die eigentlichen Narkotica, wie Chloroform, Äthyläther, Urethan usw., die teils als Dämpfe, teils in gelöstem Zustande auf die Gerste wirkten, ergab sich annähernd dieselbe Reihen- folge der narkotischen Wirkungen wie bei der tierischen Nar- kose; es besteht auch bei den Pflanzen in bezug auf den Keimungs- und Wachstumsvorgang eine reversible und irrever- sible Narkose, sowie ein Erregungsstadium.

Ebensolche Ergebnisse wurden erzielt bei einer Reihe von Desinfizienzien, wie m-Kresol, Naphthalin usw. Die höheren Fett- säuren, wie Capronsäure, Caprylsäure, wirken in kleinen Mengen stark erregend auf die Keimungsgeschwindigkeit der Gerste ein.

Die Duftstoffe der Pflanzen, wie ätherische Öle usw., ge- hören zu den oberflächenaktiven Stoffen und dürften daher eine entsprechende Reizwirkung ausüben.

>

Einige Bemerkungen über die Bedeutung des Blutkalks.

Von R. Brinkman, Groningen.

(Aus dem Physiologischen Institut der Universität Groningen.) (Eingegangen am 5. April 1919.)

In einer vor kurzem in dieser Zeitschrift erschienenen Arbeit haben Heubner und Копа!) sich über die funktionelle Bedeutung des Blutkalks und über die Wirkung der Schwankungen der totalen Kalkmenge im Blute geäußert. Heubner und Rona haben hervorgehoben, daß sowohl Kalkmangel wie Kalküberschuß ab- norme Wirkungen haben, daß also normal eine gewisse Kalk- menge anwesend sein muß. Sie haben weiter die Aufmerksamkeit darauf gelenkt, daß die Kalkwirkungen in zwei Gruppen zer- fallen: solche, die von der Ionenkonzentration des Calciums im Blutplasma abhängen, und solche, die unabhängig davon sind.

Heubner und Rona scheint aber eine Arbeit entgangen zu sein, die Prof. Hamburger und ich?) im vorigen Jahre in dieser Zeitschrift veröffentlicht haben, woraus mit voller Klar- heit ein Prinzip hervorgeht, das wir bei unserh späteren Ver- suchen immer wieder bestätigt gefunden haben und das wir hier noch einmal betonen wollen.

Dieses Prinzip lautet:

Für die Erhaltung der normalen Funktionsfähig- keit der Membranen ist eine ganz bestimmte Calcium- ionenkonzentration, die nur um einige tausendstel Prozent Variation erleiden darf, unerläßlich. Diese Ionenkonzentration ist in Lösungen, die eine konstante

1) Heubner und Rona, diese Zeitschr. 98, 187 bis 226, 1919. ”) Hamburger und Brinkman, diese Zeitschr. 88, 97, 1918.

102 R. Brinkman:

[H] und eine konstante und genügend große [HCO,’] haben, automatisch eingestellt und fixiert, ganz wie die H-Ionenkonzentration. Auch für die Ca’-Ionen ist also im Blut ein Puffersystem vorhanden.

Bekanntlich kommt das Calcium im Plasma in drei ver- schiedenen Formen vor, als bivalentes Ca-Ion, als nicht disso- ziiertes Ca-Salz [Са(НСО,),] und als kolloidale nicht diffusible Ca-Eiweißverbindung. Prozentisch kommt auf kolloidales Ca- Eiweiß etwa 25°/,, auf nicht-dissoziiertes Ca-Salz und freie Ca- Ionen etwa 75°/, des totalen Calciums. Der Gehalt an freien Ca-Ionen wird nach Копа und Takahashi!) bedingt durch die [Ca J[EHCO,’] `

H] ба für das Blutserum bedeutet das eine [Са``] уор 30 mg pro Liter.

Es ist nun sicher, daß für die funktionelle Wirkung des Blutkalks die Ca-Ionen die erste Rolle spielen. Denkt man ja überhaupt beim Studium der Salzwirkungen in erster Linie an Ionenwirkungen. Bei vielen der sehr zahlreichen Unter- suchungen über die Calciumwirkungen ist das Ca ganz oder doch hauptsächlich in Ionenform anwesend gewesen. Weiter hat Sabattani?) für mehrere Prozesse nachgewiesen, daß die Wirkung verschiedener Ca-Salze ihrer Ca-Ionenkonzentration proportional ist.

Für die allgemeine Theorie der biologischen Ca-Wirkungen, wie sie z. B. von Höber aufgestellt wurde, sind auch nur Ca- Ionen in Betracht gekommen. Bekanntlich wird in dieser Theorie den Ca-Ionen, als Antagonisten der Na- und K-Ionen, ein verdichtender Einfluß auf biologische Membrankolloiden zugeschrieben; sie sollen eine Art Membranfestigung bewirken, durch die die normale Zellpermeabilität, der Zusammenhalt von Zellverbänden, die Synapse usw. beeinflußt werden.

Eine kräftige Bestätigung findet diese Theorie in zwei Tatsachen, die wir an ganz verschiedenen Objekten festgestellt haben, nämlich in den Einfluß der [Сә] auf die Permeabilität der Glomerulusmembran des Frosches für Glucose?) und auf die

Gleichung k; k ist bei 18° im Mittel = 350;

1) Rona und Takahashi, diese Zeitschr. 49, 370. 2) Sabattani, Arch. Ital. de Biologie 36, fasc. 3, 39, 333. з) Hamburger und Brinkman, diese Zeitschr. 88, 97, 131.

Bedeutung des Blutkalks. 103

Hämolyse der Menschenblutkörperchen durch Hypotonie (Ver- suche, die noch nicht veröffentlicht sind und auf die wir hier nur kurz eingehen wollen). Was unsere Versuche an der Glome- rulusmembran betrifft, sei erinnert an folgende Sätze, die sich mit Deutlichkeit ergeben haben.

1. Für die normale Impermeabilität der Glomerulusmembran für physiologische Glucosekonzentrationen ist bei der überlebenden Froschniere die Existenz von Ca’'-Ionen in der Durchströmungs- flüssigkeit absolut notwendig.

2. Diese Ca Jonen müssen in ganz bestimmter Kon- zentration anwesend sein, die nur um einige tausendstel Prozent an Variation erleiden darf. Überschreitung der maxi- malen und minimalen Ca-Ionenkonzentration bedingt unmittelbar eine völlige Permeabilität der Membran für Glucose.

3. In der Durchströmungsflüssigkeit: NaCl 0,5°/,, NaHCO, 0,285°/,; KO 0,01°/, und CaCl, mindestens 0,02°/,, ist die Ein- stellung der oben geförderten [Ca] gesichert; die Konzentration bleibt in solcher Lösung konstant und ist von der totalen Konzentration des Calciums relativ unabhängig.

Aus dieser Arbeit sieht man auch, daß nur die freien Ca-Ionen für die Membrankolloide von Bedeutung sind; die totale Ca-Menge darf innerhalb weit auseinander liegender Grenzen variieren, die Konzentration der freien Ca-Ionen muß konstant bleiben.

Zweitens wollen wir noch einmal betonen, daß diese [Са ] einen ganz bestimmten Wert haben soll zur Einhaltung der physiologischen Membranfunktion. Diese Tatsache scheint wohl ein allgemeines Prinzip für die Kalkwirkung zu sein, dem man überall in der Literatur begegnet: Kalkmangel und Kalküber- schuß haben beide quantitativ abnorme und vielfach entgegen- gesetzte Wirkungen; es muß also eine physiologische Mittel- konzentration geben.

Deutlich nun geht dieses Prinzip auch aus unsern Versuchen über die Hämolyse der Menschenblutkörper- chen durch Hypotonie hervor‘), Bekanntlich hemmt das Сә Jon diese Hämolyse. Soweit wir wissen, ist diese Er-

1) Noch nicht veröffentlicht.

104 R. Brinkman:

scheinung nur für große Ca-Konzentrationen, nicht für physio- logische untersucht worden. .

Behufs einer Arbeit über die Bestimmung der sogenannten Resistenz roter Blutkörperchen haben wir den Einfluß sehr geringer Ca’'-Ionenkonzentrationen auf die Hämolyse unter- sucht und sind auch hier zu dem Ergebnis gekommen, daß eine konstante [Са``] für die Einhaltung der normalen Disper- sität der Körperchenkolloide erforderlich ist.

Die Versuche gestalteten sich in folgender Weise:

0,080 ccm Blut aus der Fingerkuppe wurde suspendiert in 5ccm reiner 0,9°/,iger NaCl-Lösung; nach einigen Minuten wurde zentrifugiert, die Flüssigkeit abgehoben und noch einmal NaCl 0,9°/, zur genügenden Auswaschung der Serumbestand- teile aufgegossen. Dann wurde wieder zentrifugiert, abgesaugt und die Blutkörperchen in 5 ccm NaCl 0,6°/, aufgeschwemmt. In der hypotonischen Lösung wurden die Körperchen immer eine Viertelstunde sich selbst überlassen. Durch Aufschwemmung derselben Körperchen in einer immer mehr hypotonischen Lösung wurde nun bestimmt, in welcher Lösung dieBeginnhämolyse auftrat.

In genau derselben Weise wurde auch die Beginnhämolyse bestimmt in Lösungen, wo dem NaCl immer 0,005°/,, resp. 0,010, 0,015, 0,020, 0,030°/, usw. CaCl,-6 aq. beigefügt worden war.

Das Resultat war sehr deutlich: in NaCl-Lösungen, die 0,015 bis 0,025°/, CaCl,-6 aq. enthalten, liegt die Beginn- hämolyse bei merklich schwächeren (stärker hypotonischen) Lösungen als in reinen NaCl-Lösungen oder in NaCl-Lösungen, die mehr als 0,025°/, CaCl,-6 aq. enthalten.

Der osmotische Druck der Lösungen, die Beginnhämolyse herbeiführten, wurde ermittelt durch Gefrierpunkterniedrigung. Die folgende- Tabelle gibt ein Beispiel:

Versuch 1. Beginn- Suspension in hämolyse bei 4 тешек Mat, A 2 «чота SR я 0,53°/, А = 0,315 NaCl + 0,0059, CaCl -6 ад. . . . . . . 0,52 » A= 0,310 » + 0,010 » Se "A Де е а 0,52» A= 0,812 0,015 » па. erde 0,45 » A= 0,290 n 0,020 » Ж ee 0,40 » A= 0,250 0,022 » WO AENEA EN 0,44 n A= 0,275 n 0,025 » P een 0,46 n A= 0,285 n 0,030 » Sa Е en 0,53 » A= 0,817 n -} 0,040 n De Ga E 0,53 » A= 0,320

Bedeutung des Blutkalks. 105

Man sieht also, daß die meist fragilen Körperchen ihre größte Resistenz haben, wenn in der hypotonischen Lösung 0,015 bis 0,025°/, CaCl, -6 aq., das ist + 0,0010 bis 0,0015°/, freie Kationen vorkommen!).

Auch mittels Versuchen, wo die Stärke der Hämolyse in den verschiedenen Lösungen nach Arrhenius?) gemessen wird, kommt man zu demselben Ergebnis. Ein Beispiel gibt Ver- such 2.

Versuch 2. Aufschwemmung in Stärke der Hämolyse CEET уй 15%), H + CaCl, -6 aq. 0,005, ..... 10» $ Р и 0010. eräus Ce n D 005 m ..... On n + n 0,020 sg es a 0 DH -+ n DU ei On А G 0095» ..... 5, n n 0,080 n . 2... 15 » H H 0,040»... .. 20»

Diese Tabelle zeigt wieder, daß die größte Resistenz bei einer [Ca] von 0,0010 bis 0,0015°/, auftritt’).

Diese Konzentration ist vermutlich dieselbe, die normal im Säugetierblut vorkommt oder etwas kleiner. Wir müssen also zu dem Schluß kommen, daß die normale [Ca] des Blutes eine der am meisten günstige für die Resistenz der Körperchen gegen Hypotonie ist.

Wir haben weiter gefunden, daß, wie in der obengenannten

1) Die direkte Berechnung sowie die experimentelle Bestimmung der Ca-Ionenkonzentration in NaCl-Lösung 0,5°/, hat uns dieses gezeigt.

D Arrhenius und Madsen, Zeitschr. f. physikal. Chem. 1903.

3) Man kann für einen gegebenen Fall die am meisten resistent machenden [Са``] wohl noch genauer feststellen, indem man, nach der Behandlung, wie sie in Versuch 2 dargestellt wurde, noch stärker hypo- tonische Lösung aufgießt und dann wieder bestimmt, welche [Са``] die opti- male Resistenz gibt. Dann aber bekommt man einen Wert, der mit jedem Tag variiert; die äußersten Grenzen sind 0,015 und 0,025 9, CaCl,-6 aq. Die Ursache dieser Variation muß in dem Älterungsprozeß der Körperchen gesucht werden. Auf die Bedeutung dieser Tatsachen für die Aufstellung einer rationellen Methode für die Resistenzbestimmung werden wir in einer ausführlichen Arbeit zurückkommen.

106 R. Brinkman:

Durchströmungsflüssigkeit für die Froschniere, in der Lösung: NaCl 0,5°/,, NaHCO, 0,29°/,, KC10,02°/,, CaCl, - 6 aq. mindestens 0,020°/,, diese optimale [Са ]innerhalb gewisser Grenzen fixiert ist. Sowohl die experimentelle Bestimmung der Hämo- lyse durch Hypotonie, wie die direkte Bestimmung der [Са `] in dieser Lösung (mittels einer später zu veröffentlichenden Methode) hat uns dies gezeigt. Auch im Blute muß diese Ca -Ionen- [Ca ][HCO,/]

[H] und innerhalb gewisser Grenzen unabhängig von der Konzen-. tration des totalen Calciums. ' z

Es ist direkt einleuchtend, wie zutreffend es ist, daß die [Ca], die für die Einhaltung der normalen Dispersität der Biokolloide ebenso belangreich wie die [H] ist, im Blute auch in analoger Weise konstant ge- halten wird.

Es ist deshalb unsere Meinung, daß man sich bei Experi- menten über die Rolle des Blutkalks in erster Linie die Frage vorzulegen hat: Wie groß ist die Konzentration der freien Ca-Ionen und in welcher Weise ändert sich diese durch die experimentelle Behandlung? Bei den subcutanen oder intravenösen Injektionen von Ca-Salzen, sowie bei deren oraler oder rektaler Einverleibung oder auch bei Inhalation von Ca- Salzen, wie es іп den Experimenten von Heubner und Копа!) geschah, müssen wir unbedingt wissen, wie die Konzentration der freien Ca-Ionen hierdurch verändert worden ist; ohne diese Kenntnis ist es unseres Erachtens nicht mög- lich, die Wirkung des Blutkalks zu beurteilen.

Es ist z. B. unwahrscheinlich, daß eine langsame und nicht zu große Steigerung des Blutkalks überhaupt eine Vergrößerung des freien [Ca’'] bewirken wird. Man darf hier also auch keine [Ca ]-Wirkung erwarten. Bei schneller Steigerung des Blut- kalks kommt eine Ca-Ionenkonzentrationsvermehrung zustande, die einige Zeit anhält, aber dann wieder auf die Norm zurück- geht; die Ursache dieser Erscheinung ist, daß für die Ein-

stellung des Gleichgewichtes = k einige Zeit nötig

konzentration nach der Gleichung = k fixiert sein,

1) Heubner und Rona, Le

Bedeutung des Blutkalks. 107

ist. Wir haben dieses durch direkte experimentelle Bestimmung der freien [Ca] festgestellt; die gebrauchte Methode hoffen wir später zu publizieren.

Andererseits aber kann, durch Variation der HCO,’-Kon- zentration die freie [Са``] erheblich schwanken, ohne daß die totale Kalkmenge eine Änderung zeigt. Ein Konstantbleiben des Blutkalks kann daher noch nicht ein Konstantbleiben des funk- tionell bedeutenden Ca-Ionen einschließen. Erst die Bestim- mung des freien [Са `] des Serums wird uns über die Kalkwirkungen Aufschluß geben können, nicht aber die Messung der totalen Ca-Menge, wie sie von Heubner und Rona ausgeführt wurde.

Beiträge zur Kenntnis der Chitose.

Von Walther Armbrecht.

(Aus der chemischen Abteilung des physiologischen Institutes der Wiener Universität.)

(Eingegangen am 8. April 1919.)

Eines der dunkelsten Kapitel der Kohlenhydratchemie ist die Chemie der Chitose. Trotz zahlreicher Arbeiten auf diesem Gebiet ist es bisher nicht gelungen, den Zucker krystallisiert

zu erhalten.

Die Entstehung der Chitose wurde zuerst von M. Berthelot!) und G. Staedeler*) bei der Einwirkung von Mineralsäuren auf Chitin beobachtet. Nach Ledderhose?) entsteht bei der Einwirkung der Säure als primäres Produkt Glucosamin, das erst sekundär in Ammoniak und Chitose zerlegt wird. Beide Reaktionen können nach Sundwick‘) an- geblich auch nebeneinander verlaufen, indem Chitin gleichzeitig in Glucos- amin und Chitose zerfällt.

Nach Kruckenberg) wird Chitin auch durch Oxydationsmittel (Kaliumpermanganat, Natriumhypochlorit) zur Chitose abgebaut.

Die konstitutionelle Verknüpfung der Chitose mit Chitin und Gluücosamin ist bisher nicht vollständig aufgeklärt. Die Chitose kann zwar als unmittelbares Spaltungsprodukt der erwähnten Körper entstanden sein. Nach E. Fischer und H. Leuchs®) kann Chitose aus dem Glucosamin erst infolge einer tiefergehenden, bisher nicht endgültig klargestellten Umlagerung hervorgehen.

1) M. Berthelot, Compt. rend. 47, 227, 1858.

1) G. Staedeler, Annal. d. Chem. 111, 21, 1859.

з) G. Ledderhose, Zeitschr. f. physiol. Chem. 2, 213; 4, 139, 1878.

*) E. Sundwick, Zeitschr. f. physiol. Chem. 5, 384, 1881.

5) Fr. W.Kruckenberg, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 19, 880, 1886.

% Е. Fischer und Н. Leuchs, Ber. d Deutsch. chem. Ges. 35, 3790, 1902.

W. Armbrecht: Beiträge zur Kenntnis der Chitose. 109

Die Darstellung der Chitose geschah bisher auf folgende Weise:

Ledderhose!), F. Tiemann‘®), Kueny?°) und Irvinet) brachten Glucosamin mit Kalium-, Natrium-, Barium- oder Silbernitrit in der Wärme in Reaktion. Sie erhielten auf diese Weise einen farblosen, nicht gärungsfähigen, rechtsdrehenden Zuckersirup, der in absolutem Alkohol leicht löslich, durch Äther in amorphen weißen Flocken fällbar war. Freilich blieb es ganz unsicher, ob dieser Zucker ein chemisch einheitliches Produkt darstellt. E. Fischer und Leuchs?°) führten die Bildung des Zuckers erst auf eine sekundäre Reaktion zurück. Diesen Zuckersirup haben auch E. Fischer und E. Tiemann‘) durch Ein- wirkung von Silbernitrit auf Glucosamin erhalten.

Auch sie konnten reine Chitose nicht gewinnen, erhielten aber durch Kochen des Sirups mit Phenylhydrazin eine geringe Menge von Glucosazon”?). Nach diesem Befunde muß mit dem Reaktionsprodukte eine stereochemische Umlagerung vor sich gegangen sein. Auch Neu- berg?) gelang es nicht, ausgehend von Chitosehydrazonen zu krystalli- sierter Chitose zu gelangen.

Angesichts dieser spärlichen Literaturangaben kann es nicht wundernehmen, daß bisher nicht einmal die Formel der Chitose mit Sicherheit festgestellt ist. Denn eine solche konnte bis- her nicht durch Analyse der Chitose erhalten werden, da ana- lysenfähige Chitose nicht gewonnen werden konnte; sie mußte vielmehr aus der Zusammensetzung von Derivaten erschlossen werden. Neuberg?), der einen nahen Zusammenhang von Chitose mit d-Ribose vermutet, hält die Zusammensetzung C,H,,0, für richtig; dagegen schreiben Е. Fischer und Andreae!®) der Chitose eine um ein Molekül Wasser ärmere Formel zu, nämlich C,H,,O, und halten dieselben für ein Derivat eines hydrierten Furans:

CH,OH—CH—CH(OH)—CH(OH—CH—CHO | О 1 3

1) Ledderhose, a. a. О.

2) F. Tiemann, Ber. d Deutsch. chem. Ges. 17, 241, 1884.

3) Kueny, Zeitschr. f. physiol. Chem. 14, 330, 1889.

4) J. C. Irvine, Journ. chem. Soc. 95, 564, 1909.

5) E. Fischer und H. Leuchs, a. а. О.

б) E. Fischer und E. Tiemann, Ber. d Deutsch. chem. Ges. 27, 138, 1894.

7) F. Tiemann, Ber. d Deutsch. chem. Ges. 19, 50, 1886.

в) C. Neuberg, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 35, 4009, 1902.

°) C. Neuberg, a. а. О.

10) E. Fischer und E. Andrese, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 36, 2589, 1903.

110 W. Armbrecht:

Mit dieser Annahme steht eine Beobachtung aus dem Laboratorium C. Neubergs!) im Einklang, derzufolge (im Gegensatz zum Glucosamin) das desaminierte Produkt, die Chitose, durch Salzsäure leicht in Lävulinsäure übergeführt werden kann.

Bei der Unsicherheit, die demgemäß über das Wesen der Chitose in der Literatur herrscht, erscheint es als eine ver- lockende Aufgabe, die Versuche zum Studium dieser Substanz wieder aufzunehmen.

Es möge mir gestattet sein, über einige Versuche, die ich in den Jahren 1913 und 1914 auf Veranlassung von Prof. v. Fürth in dieser Richtung ausgeführt habe und deren Fort- setzung durch den Kriegsausbruch und meine Einrückung zur militärischen Dienstleistung bisher verhindert worden ist, als Beitrag zum Studium dieser merkwürdigen Substanz im folgen- den zu berichten. __

> I. Darstellung des Ausgangsmaterials.

Als Ausgangsmaterial dienten mir Crustaceenpanzer (von Nephrops norvegicus herrührend), die ich, dank dem liebenswürdigen Entgegenkommen des Herrn Prof. Dr. Carl Cori, Direktor der k. k. zoologischen Anstalt in Triest, in ge- nügender Menge erhalten konnte.

Die Verarbeitung der Panzer geschah in ähnlicher Weise wie bei Offer?) und Lenk’). Die Krebspanzer wurden mit roher Salzsäure behandelt, bis keine Entwicklung von Kohlensäure mehr bemerkbar und die Entkalkung der Schalen vor sich gegangen war. Die Anwendung von roher (gegenüber reiner verdünnter) Salzsäure erscheint insofern zweckmäßig, als auf diese Weise der Zusammenhang der Stücke ge- lockert wird. Dann wurden die Stücke іп fließendem Wasser mehrere Stunden gewaschen. Nun wurde zur Entfernung der Proteine mit Lauge ausgekocht und wieder gründlich gewaschen. Auf diese Weise konnte ohne Anwendung von Bleichmitteln vollständig farbloses Chitin erhalten werden, während nach dem bisherigen Vorgange erst Entfärbungsmittel (Permanganat, Bisulfit u. dgl.) angewendet werden mußten.

Das so erhaltene Chitin wurde dann nach den Angaben

1) H. Hamburger, diese Zeitschr. 36, 3, 1911. 2) Offer, diese Zeitschr. 7, 117, 1907. 3) E. Lenk, diese Zeitschr. 23. 50, 1909.

Beiträge zur Kenntnis der Chitose. 111

von у. Fürth und Russo!) in Chitosan übergeführt: Das grob zerkleinerte Chitin wurde mit der fünffachen Menge,Ätz- kalis und etwas Wasser in einer Silberschale im Ölbade auf 180° erhitzt und eine halbe Stunde unter öfterem Umrühren auf dieser Temperatur (Thermometer im Ölbade) erhalten. Die erkaltete Schmelze wurde dann mehrmals mit Wasser zur Entfernung des überschüssigen Ätzkalis gründlich gewaschen. Die Entfernung des Ätzkalis mit Wasser geht bedeutend schneller und erscheint zweckmäßiger als die Behandlung mit Alkohol am Rückflußkühler, wie sie früher üblich war. Das erhaltene freie Chitosan zeigt noch vollständig die Struktur des Ausgangsmaterials. Dieses wurde nun in verdünnter Essig- säure gelöst, evtl. ein ungelöster Rückstand durch Glaswolle ab- getrennt und das Filtrat durch Alkalizusatz als gallertartige Masse ausgefällt. Diese wurde auf einen gehärteten Filter ge- sammelt und bis zum Verschwinden der alkalischen Reaktion mit Wasser gewaschen.

Für die weiteren Untersuchungen war unter den krystalli- sierten Chitosanverbindungen das Chitosanchlorhydrat wegen seiner Löslichkeit in heißem Wasser am zweckdienlichsten. Zu diesem Zwecke wurde dieses nach den Angaben von v. Fürth und Russo hergestellt. Die gallertartige Chitosanmasse wurde in verdünnter Salzsäure in Lösung gebracht und dann so lange konzentrierte Salzsäure zugesetzt, bis keine Fällung mehr ein- trat. Es wurde nun bis zur vollständigen Lösung erwärmt und dann ganz langsam abkühlen gelassen, wobei sich das Chitosanchlorhydrat in wohlausgebildeten mikroskopischen Kry- stallen abschied.

Die krystallisierte Masse wurde dann filtriert, mehrmals aus heißem Wasser umkrystallisiert, erst mit Wasser bis zum Verschwinden der Chlorreaktion, dann mit Alkohol, schließlich mit Äther gewaschen und endlich über Schwefelsäure im Vakuum getrocknet. Auf diese Weise erhielt ich dieselben sehr charakteristischen Krystalle, wie sie v. Fürth und Russo seinerzeit erhalten hatten, und gelang es mir, ohne Anwendung von Entfärbungsmitteln immer rein weißes Chitosanchlorhydrat darzustellen.

А 1) O.v.Fürth und M. Russo, Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 1906, 163.

112 W. Armbrecht:

П. Einwirkung von salpetriger Säure auf Chitosan.

Bei diesen Versuchen wurde krystallisiertes Chitosanchlor- hydrat, welches in der oben angegebenen Weise dargestellt worden war, in Wasser in der Wärme gelöst, aus der Lösung das freie Chitosan mit Natronlauge gefällt, filtriert und mit Wasser bis zum Verschwinden der alkalischen Reaktion ge- waschen. Die gallertartige Masse wurde im Wasser suspendiert und auf diese Suspension salpetrige Säure einwirken gelassen. Aus praktischen Gründen, um nämlich nicht unnötigerweise anorganische Bestandteile beizumengen, wurde salpetrige Säure nicht in Form von festem Nitrit oder von Nitritlösung unter Zusatz von Säure angewendet, sondern im gasförmigen Zu- stande eingeleitet. Zu diesem Zweck wurde in einem kleinen Gasentwicklungsapparat aus arseniger Säure und konzentrierter Salpetersäure vom spezifischen Gewicht 1,3 durch schwaches Erwärmen salpetrige Säure dargestellt. Während des Ein- leitens ging die gallertartige Masse unter Stickstoffentwicklung vollständig in Lösung. Das Einleiten wurde so lange fort- gesetzt, bis keine Gasentwicklung mehr wahrnehmbar war. Ein etwaiger Überschuß an salpetriger Säure wurde durch einen kräftigen Luftstrom oder Erwärmen auf dem Wasserbade voll- ständig vertrieben, bis keine Reaktion mit «-Naphtylamin und Sulfanilsäure mehr eintrat.

Schon der Umstand, daß alles in Lösung gegangen war, läßt darauf schließen, daß kein unverändertes Chitosan mehr vorhanden ist. Die erhaltene wäßrige Lösung zeigt folgende Reaktionen:

1. Durch Natronlauge tritt keine Fällung mehr ein (es ist also kein unverändertes Chitosan mehr in der Lösung).

2. Mit Natronlauge erwärmt, färbt sich die Lösung gelb, schließlich braun (Verharzung).

3. Durch Alkohol tritt keine Fällung ein, wohl aber ist das Reaktionsprodukt aus der alkoholischen Lösung durch Äther fällbar. Da es aber sehr hygroskopisch ist, läßt es sich auf diese Weise nicht isolieren.

4. Die wäßrige Lösung reduziert stark Fehlingsche Kupfer- lösung.

5. Ammoniakalische Silberlösung wird unter Bildung eines Silberspiegels reduziert.

6. Jodlösung tropfenweise zugesetzt, wird entfärbt.

Beiträge zur Kenntnis der Chitose. 113

7. Beim Schütteln mit Benzoylchlorid in alkalischer Lösung erhält man ein Additionsprodukt.

8. Resorcin bei Gegenwart von konzentrierter Salzsäure ruft rotbraune Färbung hervor (Schaum purpurrot); beim Kochen tritt eine satte rote Färbung ein.

9. Gärungsversuche ergaben, daß der Zucker nicht gärungs- fähig ist.

10. Da die Lösung immer Salpetersäure enthält, ist es nicht ohne weiteres möglich, durch qualitative Prüfung auf Stickstoff die Voll- ständigkeit der Reaktion in bezug auf Elimination von Stickstoff zu kon- statieren. Es sei auf die in desem Laboratorium ausgeführten Unter- suchungen von H. Brach!) verwiesen, aus denen hervorgeht, daß der ganze Stickstoff des Chitins und Chitosans durch Einwirkung von salpetri- ger Säure abgespalten wird.

Diese Reaktionen weisen darauf hin, daß die wäßrigen Lösungen eine oder mehrere Zuckerarten enthielten. Es wurde nun versucht, den Zucker näher zu ckarakterisieren.

Da die Lösung beim Eindunsten einen nicht krystallisie- renden Sirup hinterließ, wurde die Gewinnung eines krystalli- sablen Derivates versucht.

III. Darstellung eines krystallisierten Osazons.

Zu diesem Zwecke wurde Phenylhydrazin [und zwar nach E. Fischer?) ein Gemenge von salzsaurem Phenylhydrazin und Natriumacetat] in neutraler Lösung einwirken gelassen. Als die Lösung auf dem Wasserbad anhaltend erwärmt wurde, schied sich beim Erkalten ein rotgelbes Produkt ab. Nach Abtrennung desselben wurde bei neuerlichem Erwärmen und darauffolgendem Erkalten immer wieder, eine derartige Ab- scheidung erhalten. Diese ließ sich aus 60°/, Alkohol unter Zuhilfenahme von Tierkohle umkrystallisieren. Durch sehr oftmaliges Umkrystallisieren und Auswaschen mit Äther, wo- durch eine rotgelbe Verunreinigung entfernt wurde, konnte das Reaktionsprodukt in schönen gelben Nadeln krystallisierend er- halten werden. Der Schmelzpunkt wurde durch schnelles Er- hitzen in einem Schmelzpunktapparat nach Thiele schließlich bei 202° (unter Gasentwicklung) konstant gefunden. Dieses Präparat, das bei 110° getrocknet worden war, wurde zur Ana- lyse verwendet.

1) H. Brach, diese Zeitschr. 38, 468, 1912.

2) E. Fischer, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 41, 77, 1908. Biochemische Zeitschrift Band 95. 8

114 W. Armbrecht:

Die Analyse des Osazons ergab folgende Werte: 0,1545 g 0,0880 g H,O 6,37%, H

0,3405 g CO, 60,11°/, C

0,1622 g 0,0900 g H,O 6,21°/, H

0,3582 g СО, 60,28°„С

0,1676 g 0,0933 g H,O 6,23%, Н

0,3723 g CO, 60,580/, С

Die Analysen von C und H ergaben im Mittel für: С 60,309], Н 6,270).

Die Bestimmung des Stickstoffs ergab, nach Dumas ausgeführt, folgende Werte: 0,1465 g Substanz bei 751 b 20° 20,5 cem 16,11%, 0,0491 g n » 750b 22° 70 » 16,17%, N

Die Bestimmung ergab im Mittelwert . . 16,17°%/, N. Berechnet für С,.Н,„0,М№,: Gef. С 60,809), С = 60,33°/, » Н 6,27%, == 6,15% » N 16,17% N = 15,649, О = 67,889/, 100,00 9/,.

Auf Grund der Analyse scheint ein Hexosazon vorzuliegen. Zur genaueren Identifizierung des Osazons wurde die optische Aktivität desselben geprüft. Eine Lösung von der Hellig- keit, wie sie notwendig ist, um 0,2g in 4ccm Pyridin und 6 ccm absolutem Alkohol bei Auerlicht nach den Angaben von Neuberg!) polarisieren zu können, war trotz wiederholtem Umkrystallisierens in unserem Fall nicht erhältlich. Wohl aber gelang es, bei elektrischem Bogenlicht die Drehung zu bestim- men. Es wurden 0,2 g in der Wärme gelöst. Es ergab sich so in mehreren Bestimmungen übereinstimmend 0,2 g in 4 cem Pyridin und 6 ccm absolutem Alkohol 12°.

Das Pyridin war vor dem Gebrauch nach den Angaben von Neuberg!) über Kali rektifiziert worden.

Zum Vergleich wurde das Osazon der Glucose dargestellt und in derselben Konzentration und bei derselben Beleuchtung auf sein Drehungs- vermögen untersucht. Dabei wurde für 0,2 g in 4 com Pyridin und

1) C. Neuberg, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 32, 3389, 1899.

Beiträge zur Kenntnis der Chitose. 115

6 ccm absolutem Alkohol eine Drehung der Polarisationsebene von 1,509 erhalten!).

Schon dieser Unterschied im Drehungsvermögen der beiden Osazone spricht dafür, daß sie miteinander nicht identisch sind. Außer dem ab- weichenden Wert für die Drehung spricht noch folgender Umstand da- für, daß das erhaltene Osazon nicht Glucosazon ist. Während sich näm- lich von Glucosazon 0,2 g oder evtl. noch mehr schon in der Kälte in 4 rem Pyridin und 6 eem absolutem Alkohol leicht lösen, ist die Lös- lichkeit des von mir erhaltenen Osazons in der Kälte in diesem Lösungsmittel sehr gering, und es ist Erwärmung notwendig, um die Substanz überhaupt in Lösung zu bringen. Ferner läßt sich Glucosazon auch in absolutem Alkohol [0,2 g in 10 eem? polarisieren, während das von mir hergestellte Osazon in diesem Lösungsmittel selbst in der Hitze unlöslich ist. Auch läßt sich Glucosazon, und zwar 0,1 g in 12 ccm Eis- essig®) gelöst, polarisieren, in welchem Lösungsmittel das von mir her- gestellte Osazon ebenfalls unlöslich ist.

Angesichts dieser Befunde mußte es als wünschenswert er- scheinen, die Angaben Tiemanns‘) über das aus Glucosamin-

chlorhydrat erhältliche Osazon zu überprüfen.

Darstellung eines Osazons, ausgehend vom Glucos- aminchlorhydrat.

Glucosaminchlorhydrat wurde aus Chitosan-Chlor- hydrat durch Erhitzen mit konz. Salzsäure unter Beigabe von Zinnchlorür zur Vermeidung der Huminbildung bis zur be- ginnenden Krystallisation eingedampft. Das Produkt wurde aus heißem Wasser mehrmals umkrystallisiertt. Die Ausbeute an ganz reinem Präparat betrug aus 50 g Chitosanchlorhydrat 12 g Glucosaminchlorhydrat. Nachdem zur Sicherheit noch quantitative Stickstoffbestimmungen (gef. 6,63°/,, 6,94°/,, ber. 6,5°/,) gemacht worden waren, wurde auf die wäßrige Lösung des Glucosaminchlorhydrats salpetrige Säure wie bei den früheren Versuchen einwirken gelassen. Die erhaltene Lösung gab dieselben Reaktionen wie die Lösung, die ausgehend von Chitosanchlorhydrat erhalten worden war.

Die Lösung, die nach dem Einleiten von salpetriger

1) C. Neuberg (a. а. O.) hat unter ähnlichen Bedingungen 1,809 beobachtet. 2) Н. Ost, Ber. d Deutsch. chem. Ges. 28, 1503, 1895. 3) E. Fischer, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 27, 2478, 1894. 4) Е. Tiemann, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 19, 118ff., 1886. 8*

116 W. Armbrecht:

Säure erhalten und von deren Überschuß befreit worden war, wurde genau neutralisiert und mit Phenylhydrazinchlorhydrat und Natriumacetat behandelt. Durch Erwärmen auf dem Wasser- bade wurde ebenfalls ein rotgelbes Produkt erhalten, das nach oftmaligem Umkrystallisieren aus 60°/, Alkohol, Pyridinalkohol und Waschen mit Äther in schönen, zu Büscheln vereinigten gelben Nadeln erhalten wurde. F.P. bei 202°.

Die Polarisation des erhaltenen Osazons wurde ebenfalls bei elektrischem Bogenlicht ausgeführt; dabei ergaben sich folgende Werte:

1,19° 1,20°.

Nach der Drehung der Polarisationsebene zu schließen, ist also das Hexosazon aus Chitosan vollständig identisch mit dem ausgehend von Glucosamin erhaltenen Osazon. Für diese Vermutung spricht auch die Löslichkeit der beiden (Oe zone, die vollständig gleich und von der des Osazons der Glucose verschieden ist. Denn die beiden Osazone sind in Pyridin- Alkohol nur schwer, in der Kälte überhaupt nicht, sondern erst beim Erwärmen löslich, wobei es aber nicht möglich ist, hell- gefärbte Lösungen zu erhalten. In absolutem Alkohol sind beide Osazone gar nicht löslich, während Glucosazon in beiden Lösungsmitteln sich leicht löst. Abweichend von F. Tiemann’) konnte ich also die Bildung уоп Glucosazon nicht feststellen; es dürfte vielmehr das bisher nicht bekannte Osazon der Chitose vorliegen. к

0,2g in 4ccm Pyridin und 6ccm abs. Alkohol d

Wenn man die beiden Osazone, das aus Chitosan und das aus Glucosamin erhaltene Osazon mischt, schmilzt die Mischung wieder bei 202°. Mischt man hingegen die erhaltenen Osazone mit Glucosazon, so zeigt sich eine Depression des Schmelz- punktes. Auch dieser Umstand spricht dafür, daß die aus Chitosan und Glucosamin erhaltenen Osazone miteinander iden- tisch sind und beide vom Glucosazon verschieden.

Die Resultate meiner Befunde über die aus Chitosan und Glucosamin erhältlichen Osazone lassen sich dahin zusammen- fassen, daß beide Wege zu ein und demselben vom Glucosazon

1) Е. Tiemann, а. а. О.

Beiträge zur Kenntnis der Chitose. 117

durch Löslichkeit, Drehung und Schmelzpunkt!) deutlich ver- schiedenen Osazon führen, welches wahrscheinlich das noch unbekannte Chitoseosazon darstellen dürfte.

Versuche mit Nitrophenylhydrazin, Methylphenylhydrazin, Bromphenylhydrazin und Thiosemicarbacid aus der Zucker- lösung krystallisierte Produkte zu erhalten, blieben resultatlos.

IV. Über die Zuckerausbeuten bei der Einwirkung von salpetriger Säure”auf Chitosan.

Was die Ausbeuten bei meiner Arbeit betreffen, habe ich aus 60 g Chitosanchlorhydrat 15 g Zucker (nach Bertrand ermittelt) ` erhalten. Diese 15 р Zucker lieferten 2?/, g reinen ÖOsazons. Angesichts der schlechten Ausbeuten erschien es aussichtslos, auf dem Wege über das Oson weiter zu krystallisierenden Ver- bindungen zu gelangen. Andererseits hielt ich es für geboten, über den nicht krystallisierenden Rest Aufschluß zu erlangen. Dies geschah in der Weise, daß quantitative Zuckerbestimmungen nach Bertrand und quantitative Bestimmungen der Trocken- substanz ausgeführt wurden.

Zu diesen Bestimmungen wurden jedesmal 5 g Ausgangs- material, und zwar einmal 5 р Chitosansulfat, die anderen Male 5g Chitosanchlorhydrat angewendet. Aus diesen Mengen wurde das freie Chitosan gefällt, alkalifrei gewaschen und in der oben geschilderten Weise mit salpetriger Säure behandelt. Die er- haltene Lösung wurde auf 100 ccm aufgefüllt und in aliquoten Mengen einerseits der Zuckergehalt, andererseits die Trocken- substanz ermittelt.

Trockensubstanz Zucker gef. ber. 5 č Chitosansulfat lieferten . . . . . 1,49 g 1,45 g 3,00 g 5g Chitosanchlorhydrat lieferten . . . 1,61 g 1,88 g 3,70g 5 g n n č.o 1 ‚48 g 1 ‚26 g

Es zeigt sich also, daß die Bestimmungen des Zuckers nach Bertrand annähernd dieselben Werte lieferten wie die Bestimmungen der Trockensubstanz, und daß nach beiden Arten von Bestimmungen sich eine konstante Differenz gegenüber

1) Der Schmelzpunkt des Glucosephenylosazons wird von C. Neu-: berg (Handbuch d. Biochem., herausg. von Oppenheimer 1, 169) mit 210° angegeben.

118 W. Armbrecht:

den auf Grund der theoretischen Berechnung nach der Chitosan- formel von Brach!) zu erwartenden Werten ergibt.

Auch bei Berücksichtigung der Abspaltung der im Chitosan- molekül enthaltenen Essigsäure müßte sonach eine erheblich größere Zuckermenge resultieren als sich auf Grund de? leidlich miteinander übereinstimmenden Zucker- und Trockensubstanz- bestimmungen tatsächlich ergibt. Es läßt dies wohl kaum eine andere Deutung zu, als daß bei der Einwirkung von salpetriger Säure auf Chitosan flüchtig® Produkte in nicht unbeträcht- licher Menge entstehen. r

Damit ist aber auch schon gesagt, daß es sich dabei nicht etwa um einen einfachen Austausch von Amino- gruppen gegen Hydroxyle handeln könne, daß viel- mehr kompliziertere Spaltungsvorgänge unbekannter Art dabei eine Rolle spielen. Man wird gut tun, sich dabei zu vergegenwärtigen, daß ein Teil der salpetrigen Säure in der Reaktionsflüssigkeit stets in Salpetersäure übergeht, die wohl ihrerseits einzugreifen vermag.

Schon dem Gesagten zufolge wird man schwerlich erwarten können, in dem Chitosesirup einen einzigen und chemisch ein- heitlichen Zucker vorzufinden. Ich habe es versucht, mir über diesen Punkt dadurch Klarheit zu verschaffen, daß ich feststellte, ob die Relation zwischen Reduktionsvermögen und optischem Drehungsvermögen bei Chitosesirupen verschiedener Provenienz eine konstante sei oder nicht. Und ich fand tatsächlich in einer Reihe von Versuchen, daß von einer Konstanz dieser Art keine Rede sei, vielmehr differieren die sich in verschiedenen Versuchen ergebenden Verhältniswerte innerhalb weiter Grenzen.

Wir haben daher allen Grund, die chemische Einheitlichkeit des sich bei Einwirkung von salpetriger Säure auf Chitosan bzw. auf Glucosamin ergebenden reduzierenden Reaktionsproduktes, des sog. „Chitosesirup“, zu bezweifeln. Damit finden wohl auch die schlechten Ausbeuten an Osazon eine Erklärung, und wir werden wohl gut tun, die Bezeichnung „Chitose“ für jenen Bestandteil dieses Gemenges zu reservieren, der befähigt ist, sich mit Phenylhydrazin zu einem wohlcharakterisierten Produkte zu vereinigen.

1) Brach, а.а. О.

Beiträge zur Kenntnis der Chitose. 119

V. Oxydation des Chitosesirups.

Um über die Natur des durch Einleiten von salpetriger Säure in eine Suspension von freiem Chitosan erhaltenen Zucker- gemenges nähere Aufklärung zu erhalten, wurden Oxydations-

versuche angestellt.

Oxydationsversuche mit der hypothetischen Chitose wurden schon von verschiedenen Forschern unternommen. E. Fischer und Tiemann!) oxydierten Chitoselösung mit Brom. Sie stellten ein Caleciumsalz der er- haltenen Säure dar, das sie mit der entsprechenden Menge Oxalsäure zerlegten. Durch Einengen der erhaltenen Lösung glaubten sie auf diese Weise zunächst ein Gemisch von freier Chitonsäure (einer anscheinend der Chitose entsprechenden Aldonsäure) und ihres Lactones erhalten zu haben; letzteres ließ sich aber durch Natriumamalgam nicht zu Chitose reduzieren und ergab bei der Oxydation mit Salpetersäure Oxalsäure und Isozuckersäure. Bomen? führte die Oxydation mit Jod in borax- haltiger Lösung aus und glaubt ebenfalls Chitonsäure erhalten zu haben. E. Fischer und Andreae?) setzten die Untersuchungen des Calcium- salzes fort und fanden, daß dieses nach 10 stündigem Stehen bei 140° über Phosphorsäureanhydrid bei 10 mm Druck noch Wasser verliert, wonach die Chitonsäure nicht die Formel GH... sondern C,H,,C, hätte. Da an der Anhydridbildung die Carboxylgruppe nicht beteiligt ist, wäre die Chitonsäure als ein Derivat eines Hydrofurans aufzufassen. Diese Vermutung konnten die beiden Forscher auch beweisen, indem sie das Kaliumsalz mit Essigsäureanhydrid und Natriumacetat kochten und so aus dem Reaktionsgemisch das Acetat der Oxymethylbrenzschleim-

CH—CH säure | l erhielten. HO.H,C.CH соон N

Bei der Oxydation der Chitose mit Salpetersäure erhielt Tiemann‘) Isozuckersäure. Zu diesen Versuchen verwendet Tiemann Glucosamin- chlorhydrat, das er aus Chitin dargestellt hatte, konnte aber bei der Oxydation kein einheitliches Calciumsalz erhalten, sondern ein Gemisch von isozuckersaurem und norisozuckersaurem Calciumsalz, welch letzteres um ein Molekül Wasser mehr enthält als ersteres. Anscheinend leiten sich die Salze mit Krystallwasser von der Norisozuckersäure, die Salze ohne Krystallwasser von der Isozuckersäure ab. E. Fischer und An-

1) E. Fischer und Tiemann, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 27, 138, 1894.

2) Кошуп, Zeitschr. f. anal. Chem. 36, 350.

3) E. Fischer und Andrese, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 86, 2587, 1903.

1) F. Tiemann, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 27, 118, 1894.

120 W. Armbrecht:

dreae!) teilen die Ansicht Tiemanns, derzufolge die Isozuckersäure ein Hydrofuranderivat sei, glauben jedoch nicht, daß eine Norisozucker- säure als wohldefinierte Verbindung existiere. Nach Tiemann bilden die Salze der Isozuckersäure krystallisierte Produkte, während die Salze der Norisozuckersäure zerfließliche Produkte liefern, die bei 100° in die um 1 Molekül Wasser ärmeren isozuckersauren Salze übergehen. Eine vollständige Klarheit in bezug auf diese Ergebnisse ist bisher noch nicht erlangt worden, was ja dem Obengesagten zufolge um so verständlicher erscheint, als die chemische Einheitlichkeit der Chitose nicht gewähr- leistet ist.

Freies Chitosan wurde in der eingangs geschilderten Weise mit salpetriger Säure behandelt. Die Zuckerbestimmung nach Bertrand ergab 20 g Zucker. Nach Zusatz von 62 ccm Sal- petersäure vom spez. Gewicht 1,2 wurde auf dem Wasserbade eingedampft, bis rotbraune Dämpfe entwichen. Jetzt wurden noch 30 ccm Salpetersäure zugesetzt; es wurde bis zum Sirup eingedampft, hierauf in Wasser aufgenommen und die saure Lösung mit Kalk auf dem Wasserbade neutralisiert. Der Über- schuß von Kalk wurde durch Kohlensäure unter fortwährendem Erwärmen auf dem Wasserbade entfernt, abgesaugt und das Filtrat eingedampft. Nun wurde im Wasser aufgenommen und mit Alkohol versetzt. Dabei fiel ein anfangs weiches, bei einigem Stehen körnig werdendes Calciumsalz aus. Das Fällen mit Alkohol wurde deshalb ausgeführt, weil das Calciumsalz sehr zu übersättigten Lösungen neigt und der anhaftende Firnis nur sehr schwer erstarrt. Außerdem findet gleichzeitig beim Wiederholen der Alkoholfällung eine Abtrennung etwa bei- gemengter Spuren von Calciumnitrat statt, das in Alkohol löslich ist, während das erhaltene Calciumsalz in Alkohol unlöslich ist. Auf diese Weise wurden 7 g eines Calciumsalzes erhalten. Da das Calciumsalz schwer krystallisierbar war, wurde daran ge- gangen, ein krystallisiertes Derivat desselben zu erhalten. Das Calciumsalz wurde in Wasser gelöst und "/,„-Schwefelsäure zugesetzt, bis die Lösung eben anfing, Kongopapier zu bläuen. Nachdem auf diese Weise die Säure in Freiheit gesetzt und andererseits das Calcium in Gips übergeführt worden war, wurde unter Erwärmen Cinchonin?) bis zur Sättigung zugesetzt.

1) E. Fischer und F. Andreae, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 86, 2587, 1903.

D Kürzlich sind Brucinsalze der Chitonsäure und der Chitarsäure von P. А. Levene und С. M. Meyer (Journ. of Biolog. Chem. 26, 355,

Beiträge zur Kenntnis der Chitose. 121

Nach dem Erkalten wurde filtriert und der Überschuß von Chinchonin durch langandauernde Extraktion im Soxhletapparate mit Äther entfernt. Die so erhaltene Lösung wurde dann auf dem Wasserbade eingedampft und vom abgeschiedenen Gips filtriert. Es wurde dann weiter eingeengt, bis an der Oberfläche Krystallisation zu bemerken war. Beim Erkalten krystallisierte ein schneeweißes Produkt in langen Prismen aus. Dieses wurde aus heißem Wasser umkrystallisiert und auf diese Weise rein erhalten. Schmelzpunkt 200°. Es wurde noch einige Male aus heißem Wasser umkrystallisiert; dabei blieb der Schmelzpunkt konstant bei 200°. Dasselbe Präparat, nochmals aus heißem Wasser und etwas Alkohol umkrystallisiert und im Vakuum über Schwefelsäure getrocknet, ‘hatte wieder den gleichen Schmelzpunkt.

In diesem Zustande wurde das Präparat zur Analyse verwendet.

Analyse des Cinchoninsalzes.

0,1612 e Substanz 0,8791 e СО, 64,149, C. 0,0925g H,O 6,499], H. 0,1620g » 0,3802 g CO, 64,02], C. 0,0978g H,O 6,75%, H.

Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl. 0,1155 g Substanz 4,8 cem Si, HS0, 5,80°/ N. 0,1088 g D 47 » Pho HSO, 6,059, N. 0,1268 g л 5,5 o aho HS0, 6,079, N.

Die Analyse des Cinchoninsalzes ergab:

Gef. im Mittel Ber. für GA), Dua) С 64,07%, С 63,56%, Н 6,59%, Н 6,78%, N 5,9709, N 5,939), О 23,73%), 100,00),

Das Ergebnis der Analyse hat eigentlich etwas Über- raschendes. Denn nach den Erfahrungen der Literatur mußte bei der Oxydation einer Hexoselösung mit Salpetersäure eine Di- carbonsäure erwartet werden. Die Analyse stimmt aber sonder- barerweise auf das Cinchoninsalz einer Monocarbonsäure. Wenn

1915; Chem. Centralbl. 1, 743, 1917) in bezug auf ihre Drehung unter- sucht worden.

122 W. Armbrecht:

man nun aber bedenkt, daß zur Analyse ein gut krystallisiertes Präparat benutzt worden war, dessen Krystalle unter dem Mikroskop alle den gleichen Habitus aufwiesen, daß ferner das Präparat seinen Schmelzpunkt beim Umkrystallisieren nicht mehr änderte und daß endlich die Analysen untereinander und mit der Formel С,Н, ,0,.С,,Н,,№0 leidlich übereinstimmen, so besteht wohl kein Grund, der Analyse Mißtrauen entgegen- - zubringen. Es muß vielmehr als Tatsache hingenommen werden, daß die Oxydation in diesem speziellen, von mir geschilderten Falle zu einer Monocarbonsäure geführt hat. Was nun die Struktur des erhaltenen Produktes betrifft, so kann man sowohl der erhaltenen Bruttoformel als auch den Ergebnissen der bis- herigen Forschungen in gleicher Weise gerecht werden, wenn man das Cinchoninsalz als ein Hydrofuranderivat!) auffaßt und ihm etwa folgende Konstitution zuschreibt (wobei über die sterische Konfiguration nichts ausgesagt werden soll):

COOH.C,,H,,N,0. Ich verweise darauf, daß nach С. Neuberg?) der Chitarsäure, nach E. Fischer und E. Andreae?) sowohl der Chitonsäure als der Chitarsäure die Formel C,H,,O, und die Struktur

OH.CH—CH.OH

Se: HO. HOCH CH.COOH SM

zukommen dürfte.

1) Ich möchte es nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß auch Y. Kotake und Y. Sera (Osaka), Zeitschr. f. phys. Chem. 88, 56, 1913, ihrem aus Pilzen dargestellten Lykoperdin, das dem Chitosan nahe verwandt zu sein scheint, die Konstitution eines Hydrofuranderivates zuschreiben. |

2) C. Neuberg, Н. Wolf und W. Neimann, Ber. d Deutsch. chem. Ges. 85, 4009, 1902.

3) E. Fischer und E. Andrese, Ber. d Deutsch. chem. Ges. 36, 2587, 1903.

Beiträge zur Kenntnis der Chitose. 123

Ich bemerke endlich, daß in meinem Reaktionsprodukte keine Oxalsäure enthalten war, also eine maximale Oxydation sicherlich nicht stattgefunden hatte. Auch steht das Auftreten einer Monocinchoninverbindung mit der Auffassung des Pro- duktes als einer Monocarbonsäure im Einklange. Es wäre ja nicht einzusehen, warum eine Dicarbonsäure nicht 2 Moleküle Cinchonin an sich zu ketten befähigt sein sollte.

Zusammenfassung.

Die Resultate meiner Arbeit lassen sich in folgender Weise zusammenfassen:

1. Bei der Einwirkung von salpetriger Säure auf Chitosan geht dieses vollständig in Lösung. Die resultierende Zucker- lösung enthält aber keine einheitliche Zuckerart, sondern wahr- scheinlich ein Gemenge reduzierender Aldosen, und zwar Hexosen. Aus der erhaltenen Lösung konnte ein Osazon erhalten werden, das mit Glucosazon nicht identisch war, wohl aber mit einem Osazon, das ausgehend von Glucosamin erhalten werden konnte. Wahrscheinlich handelt es sich hier um ein Chitoseosazon, das von dem Glucosazon durch seine Schwerlöslichkeit in Pyridin- alkohol, seine Unlöslichkeit in absol. Alkohol und Eisessig und sein Drehungsvermögen unterschieden ist.

2. Die Oxydation des Chitosesirups mit Salpetersäure führte zu einem in Form einer Cinchoninverbindung gut kry- stallisierenden einheitlichen Derivat einer Monocarbonsäure, in der ein Hydrofuranring vermutet werden kann.

3. Demgemäß stehen unsere Befunde sowohl mit der An- sicht C. Neubergs, derzufolge die hypothetische Chitose eine wahre Hexose von der Formel C,H,,O, ist, als auch mit der Meinung desselben Autors sowie E. Fischers und seiner Mit- arbeiter, derzufolge die Chitarsäure und die Chitonsäure als Hydrofuranderivate aufzufassen wären, im Einklange.

Angesichts der in dieser Arbeit ausgesprochenen Vermutung, daß der Chitosesirup kein einheitliches Produkt sei, würde sich bei der weiteren Bearbeitung des Gebietes vor allem die Not- wendigkeit ergeben, dieses anscheinend komplizierte Gemenge in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen.

Über Bakterien-Katalase. III. Mitteilung’).

Von

Martin Jacoby.

(Aus dem biochemischen Laboratorium des Krankenhauses Moabit in Berlin.)

(Eingegangen am 12. April 1919.)

Die Erforschung der Konstitution der Fermente gehört sicher- lich zu den schwierigsten Aufgaben der Biochemie. Wenn auch die Feststellung, welche chemische Gruppierung im Molekül der Fer- mente entscheidend für ihre spezifische Wirkung ist, am wich- tigsten wäre, so würde doch ein bedeutsamer Schritt getan sein, wenn das Gesamtmolekül eines Fermentes in seinem Bau erkannt wäre. Lediglich die Reindarstellung eines Fermentes würde schon einen Wendepunkt in der Lehre von den Fermenten bedeuten.

Alle diese Wünsche sind aber sehr schwer erfüllbar, einmal wegen der großen Labilität der Fermente, außerdem aber wegen der Schwierigkeit, diese kolloiden Stoffe von ihren ähnlich sich verhaltenden Beimengungen zu isolieren.

Als ich gesehen hatte, daß man auf Nährböden von che- misch genau bekannter Zusammensetzung gut wirksame Bak- terienfermente gewinnen konnte, war es klar, daß hier ein ge- eignetes Material für Isolierungsversuche gegeben ist. Bis zu einem gewissen Grade konnte man erwarten, weniger als unter den sonst gegebenen Bedingungen durch zufällige Beimengungen irregeführt zu werden. Ohne Zweifel werden aber auch bei diesem schönen Ausgangsmaterial erhebliche Schwierigkeiten noch zu überwinden sein. Seit meiner letzten Publikation habe ich die Untersuchung andauernd weitergeführt und bin bisher so weit gelangt, daß ich überzeugt bin, auf dem richtigen Wege zu sein.

Vor einigen Monaten haben Willstätter und Stoll?) in

1) I. Mitteilung diese Zeitschr. 89, 350. II. Mitteilung diese Zeit- schr. 92, 129. D Liebigs Annalen 146, Н. 1, 21.

M. Jacoby: Bakterien-Katalase. III. 125

einer wichtigen Arbeit Versuche beschrieben, welche die Auf- klärung der Konstitution einer Peroxydase zum Ziele haben. Bei der Schwierigkeit des Stoffes ist es nicht zu verwundern, daß das Ziel trotz feinster Methodik. noch nicht erreicht werden konnte. Obwohl das Ausgangsmaterial der Autoren keineswegs durch diejenigen Vorzüge ausgezeichnet ist, die mein Bak- terienmaterial besitzt, wurden doch Resultate von größtem In- teresse erzielt. Aus Meerrettich wurde eine sehr aktive Peroxy- dase, von der bereits 0,04 mg eine starke Wirkung entfaltete, in Form eines Glucosides isoliert, das anscheinend ein ver- hältnismäßig kleines Molekulargewicht (500) besitzt. Im Mo- lekül scheint neben einer Pentose eine Hexose und 3 Atome N sich zu finden. Außer anderen anorganischen Stoffen fand sich in dem Präparat Eisen, ohne daß schon entschieden werden konnte, ob das Eisen zum Glucosidmolekül gehört. Von dem Glucosid mit Peroxydasewirkung ließ sich durch Sublimat- fällung ein Glucosid ohne Peroxydasewirkung trennen. An- scheinend handelt es sich hier um eine Substanz von höherem Molekulargewicht. Auf wiederum 3 Atome N kommen neben einer Hexose hier 2 Pentosen.

In früheren Mitteilungen habe ich schon geschildert, wie ich mein Rohmaterial für die Katalasedarsellung aus Proteus- bakterien gewinne. Das Wesentlichste ist, daß ich von mög- lichst einfachen Nährböden von bekannter chemischer Zu- sammensetzung ausgehe. Das so gewonnene Ferment ließ sich aussalzen, ferner durch Quecksilbersublimat ausfällen. Aus dem Sublimatniederschlage/ konnte es durch Cyankalium wieder ex- trahiert werden. In der letzten Mitteilung hatte ich dann ge- zeigt, daß sich die so gewonnene Katalase ganz wie die in der Literatur beschriebenen Katalasen in bezug auf die Gesetze der Wirksamkeit verhält.

Um das Ferment weiter zu isolieren, ergab sich als Haupt- aufgabe die Berücksichtigung der Schwierigkeit, daß das Fer- ment große Neigung hat, in eine unlösliche Modifikation über- zugehen. Es mußte also ein Fällungsmittel aufgefunden werden, das eine erhebliche Abtrennung von Beimengungen gestattet, ohne daß das Ferment dabei unlöslich wird. Nach einigen Versuchen fand ich als vortreffliches Fällungsmittel für das Ferment den Methylalkohol. Mit Methylalkohol kann man aus den Kulturen bei geeigneter Konzentration das Ferment sehr gut niederschlagen, während erhebliche Anteile der Kulturen,

126 M. Jacoby:

die aber ohne Katalasewirkung sind, im Methylalkohol gelöst bleiben. Das Ferment ist im Niederschlag in wasserlöslicher Form enthalten und kann durch Filtrieren von in Wasser un- löslichen Beimengungen getrennt werden. Diese Prozedur kann ohne Schaden mehrfach wiederholt werden, und man erhält so hochwirksame in Wasser lösliche Katalasepräparate.

Selbstverständlich müssen die Präparate wiederum als Basis für weitere Isolierungsversuche dienen. Es ergibt sich die Aufgabe, die Zusammensetzung der Präparate zu ermitteln. Doch ist es schon wertvoll, nunmehr bereits eine gleichmäßige Reinigungsstufe zu haben und so Präparate von möglichst kon- stanter Zusammensetzung zu erhalten, die man immer wieder in beliebiger Quantität darstellen kann. _

Im folgenden schildere ich Beispiele von Darstellungen der Katalase.. Geht man so vor, so erhält man fast immer hoch- wirksame Präparate. Die angegebenen Verhältnisse der Fällungs- und Lösungsmittel, sind die Mengen, die sich allmählich als die zweckmäßigsten ergeben haben.

Als Nährlösung für die Proteusbakterien wurde eine Mischung benutzt, іп der auf 100 ccm Wasser kamen: Chlor- natrium 0,6 g, Magnesiumsulfat 0,04 g, Dikaliumphosphat 0,25 g, Chlorcaleium 0,005 g. Ferner kamen auf je 100 ccm 0,4 р as- paraginsaures Natrium und 0,3 g milchsaures Natron.

Gegenüber den früheren Versuchen haben wir nur insofern eine Änderung vorgenommen, als wir die Menge des Calcium- chlorids auf die Hälfte herabgesetzt haben.

Präparat I.

380 ccm dieser Nährlösung wurden in Einzelportionen von је 8 ccm verteilt und nach dem Sterilisieren mit Proteusbak- terien geimpft, die 4 Tage auf demselben Nährboden sich ent- wickelt hatten. Nach 6tägiger Bebrütung wurden die Kulturen, die sich gut entwickelt hatten, in einem Becherglase vereinigt und mit 760 ccm Methylalkohol ausgefällt. Es entstand sofort ein massiger, flockiger Niederschlag, der sich schnell absetzte. Sogleich wurde mit der Filtration begonnen, die in etwa 2 Stunden beendigt war. Nunmehr wurde der Niederschlag leicht abgepreßt und in 400 cem Wasser aufgenommen. Die Mischung blieb über Nacht im Eisschrank. Bis zum nächsten Tage hatte sich der Niederschlag zum Teil gelöst. Darauf wurde filtriert und 398 ccm eines opaken Filtrates erhalten. Das Filtrat wurde im Faust-Heimschen Apparate bei Zimmertemperatur

Bakterien-Katalase. TII. 127

durch Überleiten eines Luftstromes eingedunstet, in 18 Stunden war die Flüssigkeit verdampft. Der Bodensatz‘ wurde dann mit dem Spatel abgekratzt, es resultierte ein weißes Pulver, dessen Gewicht 0,3183 g betrug. Das Pulver wurde an der Luft bis zur Gewichtskonstanz getrocknet, sein Gewicht nahm dabei bis auf 0,3168 g ab.

Zur Prüfung der Wirksamkeit werden 10 mg in 20 ccm Wasser aufgenommen. Das Pulver löst sich nur schlecht. Nach 15 Minuten wird filtriert.

Von dem klaren Filtrat werden је 4 сот = 2 mg, 2 ccm = 1 mg, 1 cem = 0,5 mg, 0,5 ccm = 0,25 mg auf 10 ccm mit Wasser aufgefüllt. Zu jeder Portion kommen je 2 ccm H,O, (1,5°/)= 0,03 g H,0,.

Nach !/,stündigem Aufenthalt im Brutschrank werden die Gemische titriert.

Es werden gespalten durch

2,0 mg 99,59,

1,0 » 98,30], 0,5 » 87,80%), 0,25 » 59,0°/,. Präparat П.

In einem anderen Versuche werden 296 ccm einer ebenso bereiteten Nährlösung in Einzelportionen von je 8 ccm verteilt und nach dem Sterilisieren mit Proteusbakterien geimpft, die 2 Tage auf demselben Nährboden sich entwickelt hatten. Nach 15tägigem Wachstum werden die üppig entwickelten Kulturen in einem Becherglase vereinigt und mit 592 ccm Methylalkohol ausgefällt. Der Niederschlag wird schnell abfiltriert und in 300 сеш Wasser aufgenommen. Die Mischung bleibt über Nacht auf Eis. Nunmehr wird filtriert. Man erhält ein milchiges Filtrat, das innerhalb 19 Stunden durch Überleiten eines Luft- stromes im Faust-Heimschen Apparat getrocknet wird. Das erhaltene Pulver wiegt 0,1841 р. Nachdem es lufttrocken ist, wiegt es 0,1838 g.

Von diesem Pulver werden 10 mg abgewogen und in 200 ccm Wasser aufgenommen. Es löst sich schlecht. Nach 15 Minuten wird filtriert.

Von dem klaren Filtrat werden einzelne Portionen wie im vorigen Versuche geprüft.

Es werden gespalten durch

128 ом Jacoby:

2,0 mg

К 1,0 » losan, 0,5 » 0,25» 88,39.

Nach 3 Monaten:

2,0 mg 99,5°/, 1,0 » 91,19), 0,5 » 88,99, 0,25» 52,59,

Präparat III.

400 ccm Nährlösung werden wie in den eben geschil- derten Versuchen mit Proteusbakterien geimpft, die 2 Tage auf demselben Nährboden sich entwickelt hatten. Nach 5tä- gigem Wachstum werden die gut entwickelten Kulturen mit 800 com Methylalkohol gefällt. Der schnell abfiltrierte Nieder- schlag wird in 400 ccm Wasser aufgenommen und so über Nacht auf Eis aufbewahrt. Am nächsten Tage wird filtriert, das sehr opake Filtrat wird im Faust-Heimschen Apparat getrocknet, die Trocknung nimmt 24 Stunden in Anspruch. Das erhaltene Pulver wiegt 0,2753 р. Nachdem es lufttrocken ist, wiegt es 0,2723 g.

Die Prüfung auf Wirksamkeit wird wie in den anderen Versuchen vorgenommen.

Es werden gespalten durch

2,0 mg 99,5°/, 1,0 » 98,09%, 0,5 » 79,70), 0,25» 44,791.

Nach 2 Monaten:

2,0 mg 99,5°/,

1,0 » 67,19%, 0,5 » 35,1 0,25» 18,69/,.

Um die Einzelheiten dieser Schilderung richtig zu würdigen, sind noch einige Erläuterungen notwendig.

1. Die Impfung der Nährflüssigkeit erfolgt mit einigen Ösen einer Kultur, die bereits auf derselben Nährflüssigkeit gewachsen war. Dadurch wird vermieden, daß mit den Bak- ` terien fremde Substanzen, wie sie 2. В. in der gewöhnlichen Nährbouillon vorhanden sind, in die Kulturen gelangen.

Bakterien-Katalase. III. 129

2. Wir setzen die Versuche nicht in Massenkulturen an, sondern beschicken Einzelröhrchen mit nur je 1 ccm, weil in- folge der so erzielten bedeutenden Vergrößerung der Ober- fläche die Bakterienernte viel reichlicher ausfällt.

3. Um den Nährboden möglichst vollständig auszunutzen, darf die Brutzeit nicht zu kurz gewählt werden.

4. Zur Verbesserung der Ausbeute darf man bei der Über- tragung der Kulturen aus dem Röhrchen in das Sammelglas, in dem die Ausfällung vorgenommen wird, sich nicht damit begnügen, die Kulturen auszugießen, sondern man muß die Bakterien auch von den Wänden des Glases, an denen immer ein Teil haftet, sorgfältig abkratzen.

5. Die Konzentration 2 Teile Methylalkohol auf 1 Teil Kultur wurde als die optimale erkannt. Wenn man weniger Methylalkohol zufügt, bleibt ein Teil des Fermentes in Lösung. Die Tatsache, daß das Ferment in nicht zu konzentrierten Lö- sungen von Methylalkohol löslich ist, ist interessant, und man kann durch Weiterverarbeitung der Lösung eine wertvolle Fer- mentreinigung erzielen. Aber um eine möglichst befriedigende Ausbeute an Ferment zu erzielen, eignet sich die Lösung in Methylalkohol nicht. Denn hier ist der Fermentverlust zu groß.

Der große Vorzug des Methylalkohols als Fällungsmittel gegenüber dem Äthylalkohol besteht darin, daß hier das Fer- ment nicht seine Löslichkeit in Wasser verliert. Da anzunehmen ist, daß auch beim Methylalkohol eine möglichst kurze Be- rührung des Fermentes mit dem Alkohol für das Bestehen- bleiben der Wasserlöslichkeit nützlich ist, haben wir die Fällung und Filtration möglichst beschleunigt. Während aber beim Äthylalkohol selbst sehr beschleunigtes Arbeiten kaum etwas nützt, spielt die Zeit der Einwirkung beim Methylalkohol keine erhebliche Rolle.

6. Hat man den durch Methylalkoholfällung erhaltenen Niederschlag im Wasser verteilt, so ist es zweckmäßig, die Filtration erst nach einigem Abwarten vorzunehmen. An- scheinend geht das Ferment erst allmählich in Lösung. Eine irgendwie erhebliche Schädigung des Fermentes tritt durch das vorübergehende Verweilen in gelöster Form nicht ein, da die Veränderung bei Eisschranktemperatur nur sehr allmählich erfolgt.

7. Die Eindunstung im Faust-Heimschen Apparat muß unbedingt in 24 bis 30 Stunden beendet sein, was auch ohne

Schwierigkeiten möglich ist. Längeres Verweilen schwächt das Biochemische Zeitschrift Band 95. 9

130 M. Jacoby: Bakterien-Katalase. III.

Ferment ab. Immer wurde Zimmertemperatur benutzt. Da er- höhte Temperatur nicht nötig ist, wurde nicht geprüft, ob sie ohne Schaden angewandt werden kann.

Stickstoffgehalt der Präparate.

Präparat I.

0,0745 g enthalten 5,46 mg N = 7,39/, N.

0,1120 g nm 8,26 » N=749,N.

0,0828 g geben 0,0230 g Glührückstand = 27,89/,. Stickstoff, berechnet auf aschefreie Substanz = 10,1°/, N.

Präparat II.

0,0798 g enthalten 5,6 mg N = 7,0%, N. 0,0772 g geben 0,0253 g Glührückstand = 32,7°|,. Stickstoff, berechnet auf aschefreie Substanz = 10,1°/, N.

Präparat III.

0,1000 g enthalten 6,9 mg N = 6,9°/, N. 0,1036 g n 7,0 » N= 6,89, N.

Als Glührückstand wird der Mittelwert der beiden vorigen Präparate angenommen = 30,79/,.

Stickstoff, berechnet auf aschefreie Substanz == 9,9° j, N.

Die Übereinstimmung der erhaltenen Werte ist sehr be- friedigend.. Wenn man bedenkt, daß es sich um vollkommen getrennte Darstellung handelt, so ist es bemerkenswert, daß bei Präparat I und II genau der gleiche Stickstoffgehalt der aschefreien Präparate erhalten wurde. Bei Präparat III fehlt leider die Bestimmung des Glührückstandes. Wir haben daher aus den Werten bei I und II das Mittel genommen. Auch dieser Stickstoffwert stimmt befriedigend mit den beiden anderen überein.

Zunächst soll diese quantitative Untersuchung nur zu einer vorläufigen Orientierung dienen. Nach dem Ausfall der Analysen eröffnen sich aber neue Aussichten und Ausblicke. Es ist deutlich zu erkennen, daß unsere einfache Methodik doch zu erheblich einheitlicheren Präparaten führt, als man hoffen durfte. Es ist daher erwünscht, die Isolierung fort- zuführen, daneben aber auch die schon begonnene qualitative Untersuchung, soweit die Hilfsmittel und die Zeitumstände es gestatten, eifrig weiter zu betreiben.

Studien zur quantitativen Bestimmung sehr geringer Ca-, Mg- und P-Mengen in tierischen Substanzen.

Von L. Dienes.

(Aus dem hygienischen Institut der Universität Budapest.) (Eingegangen am 17. März 1919.)

Die im folgenden mitgeteilten Untersuchungen wurden vor dem Kriege angefangen und waren in den wesentlichen Er- gebnissen fertig. Sie wurden während einer ruhigeren Periode des Krieges in einem unter meiner Leitung stehenden Feld- laboratorium beendet. Der letzterwähnte Umstand soll ent- schuldigen, daß die Beziehungen auf die Literatur mangelhaft und vielleicht einige Teile der Untersuchung unvollständig ge- blieben sind. Ich habe nur volumetrische Verfahren aus- probiert und hatte keine Gelegenheit, diese mit gravimetrischen Mikromethoden zu vergleichen. Soweit ich aus der Lite- ratur beurteilen kann, könnte man genauere Werte, bei sehr kleinen Mengen, durch ein gravimetrisches Verfahren auch nicht erreichen. Wir werden uns erst mit der Bestimmung des Ca, Mg und P in reinen Lösungen und nachher mit der Trennung derselben von den anorganischen Bestandteilen der tierischen Substanzen beschäftigen.

Bekanntlich ist das volumetrische Verfahren auch zur Be- stimmung kleiner Substanzmengen geeignet. Wenn genügend auf die Reinheit der Büretten geachtet wird, sowie darauf, daß die Ausflußgeschwindigkeit klein und gleich sei, wie bei der Kalibrierung der Bürette, so kann man aus einer in eine dünne Capillare endenden Bürette Flüssigkeitsmengen mit 1bis2 Tausend- stel Kubikzentimeter Genauigkeit ausfließen Іаввеп!). Nach meiner

1) Emich, Lehrbuch der Mikrochemie 1911, 8. 8. Biochemische Zeitschrift Band 95. 10

132 L. Dienes:

Erfahrung soll man die Titrierung in möglichst kleinen Vo- lumen vornehmen und nicht sehr verdünnte Titrierflüssigkeit benützen, damit das Endvolumen der Lösung möglichst klein und der Übergang möglichst scharf bleibe Die Titrierung

habe ich in später zu beschreibenden Röhrchen mit + =

KMnO,-Lösung, bei der P-Bestimmung mit zg DO ge-

macht. Zur Illustration, wie weit die Genauigkeit der Titra- tion selbst geht, teile ich einige Daten mit, die ich bei Ein- stellung der KMnO,-Lösung mit Oxalsäure gewonnen habe.

Tabelle I. Abgewogen 0,404 р "/,-Oxalsäure erfordert 0,899 cem KMnO, (ber. auf 0,4 д Oxals. 0,881 ccm) л 0,399, » Blo: n n 0,878 » n (n n 0,4» » 0879 » ) n 0,412, n op 1,447 sw n ( n n 0,4» n 1,403 e) n 0,401, »®/„- D 1,404 n n (a n 0,4» 1,399 » ) n 0,402, n afos" n n 1,407 » n ( n n 0,4» 1,398 » ) n 0,996 » afas" n n 3,408 » n (n n 1,0» » 8,422 n»n) H 0,503, » alas- n n 1,722 n n (n n 1,6» z 3,425 r )

Zum Überführen von kleinen Flüssigkeitsmengen benütze ich Capillarröhrchen, zum Teil solche, die oberhalb der Capil- laren zu einer 1 bis 11/, ccm fassenden Kugel aufgeblasen sind. Zum Aufnehmen und Ablassen der Flüssigkeit in den Capil- laren bediene ich mich eines kleinen Gummiballons, der mit einem 10 bis 12 cm langen Gummischlauch versehen ist. Die Capillare wird mit dem Daumen und Zeigefinger gehalten, der Ballon kommt zwischen die Handfläche und die drei anderen Finger. Nach entsprechender Übung kann man auf diese Weise mit der größten Sicherheit die gewünschte Flüssigkeits- menge aufnehmen, nur darf die Capillare nicht zu eng sein. Um den Inhalt eines kleinen Tiegels zu überführen, wasche ich ihn 5 bis 6mal mit 2 bis 4 Tröpfchen Flüssigkeit aus einer Capillare (0,2 bis 0,3 ccm Flüssigkeit) aus, jedesmal acht- gebend, daß die Flüssigkeit die ganze Oberfläche des Tiegels benetzt.

Zur Bestimmung und Trennung von Mg benütze ich die Abscheidung des Ca als Oxalat und das Titrieren des Nieder- schlages mit KMnO,-Lösung. Es hängt von 3 Umständen ab, bis zu wie kleinen Ca-Mengen man heruntergehen kann, ohne

Quantitative Bestimmung sehr geringer Ca-, Mg- und P-Mengen. 133

die Genauigkeit wesentlich zu beeinflussen:” 1. Ob die Abschei- dung des Ca vollständig ist und wie groß die Mengen sind, die in Lösung bleiben. 2. Wieviel von Mg mitgerissen wird und ob die zweifache Fällung des Ca unterbleiben kann. 3. Ob man den Niederschlag unbedingt abwaschen muß, oder ob unter geeigneten Umständen, trotz der bisher geltenden Er- fahrung!), dieses Auswaschen unterbleiben kann.

Ich habe über die Löslichkeit des Calciumoxalats in Am- moniumoxalat, Ammoniumchlorfd und Ammoniak enthaltenden Lösungen keine Angaben gefunden. Ich habe selbst folgende Werte erhalten, die aber keinen Anspruch auf Genauigkeit er- heben und nur über die Größenordnung der Verluste bei der Analyse orientieren. Diese Werte sind auch deshalb ungenau, weil die Analysen in den später zu beschreibenden größeren Röhrchen durchgeführt sind, die für so kleine Mengen unge- eignet sind und immer höhere Werte geben. Obwohl ich Kor- rektionen angebracht habe, bleiben diese sicher gegenüber der erforderlichen Korrektion zurück. 13 ccm Flüssigkeit, die über dem Calciumoxalatniederschlag 2°/, Ammoniumchlorid und 2,4n 100 schwach alkalisch war, hat bei der Analyse 0,009 mg Ca er- geben, in 1 ccm = 0,0007, mg, die Flüssigkeit wurde nach 5stündigem Stehen filtriert. In 19,5 com Flüssigkeit mit 1,1°/, Ammoniumchlorid und ®/,„-Ammoniumoxalat habe ich 0,024 mg Са, d. h. іп 1 сеш = 0,001, mg gefunden. Die Flüssigkeit wurde nach 5stündigem Stehen auf einer kleinen Handzentrifuge zen- trifugiert und hat sich schwer geklärt. 12 ccm Flüssigkeit, die ich von 6 Ca-Bestimmungen abpipettiert habe, 1%, Ammonium- chlorid und ungefähr ®/,,-Ammoniumoxalat (nach 5stündigem Stehen abzentrifugiert) enthalten hat, ergab 0,014 mg Ca, auf 1 ccm = 0,0012 mg. Kleinere Werte bekommen wir für die Löslichkeit des Caleiumoxalats, wenn wir die Resultate der Ana- lysen, die in kleinerem und größerem Volumen ausgeführt sind, vergleichen. Nach den Analysen 1 bis 3 und 8 bis 10 der Ta- belle II haben die ersten 3 Analysen um 0,002, mg weniger als die erwarteten Werte ergeben in 2,32 ccm Flüssigkeits- volumen; derselbe Unterschied ist 0,0052 mg bei 7,31 eem

Ammoniumoxalatkonzentration enthalten hat und von H,N

1) Th. Döring nach Chem. C. 2, 913. 10*

134 L. Dienes:

Volumen, d.h. 0,0006 auf 1 ccm Flüssigkeit. Dieser Wert ist ungefähr die Hälfte des vorher erhaltenen und liegt sehr nahe jenem Wert, den wir nach Filtrieren der Flüssigkeit bekommen haben. Wie die Analysen 11 bis 12 zeigen, beeinflußt die Erhöhung der Ammoniumchloridkonzentration auf 3°/, die Löslich- keit des Calciumoxalats nicht merklich. Nach diesen Zahlen kann man auf eine Genauigkeit der Bestimmungen, die bis auf Bruchteile von "log mg geht, nur dann rechnen (bei der Konzentration des Ammoniumoxalats, welches wir benutzt haben), wenn das Volumen der Flüssigkeit bei der Fällung des Calciumoxalats unter 1 ccm bleibt.

Nach Richards und seinen Mitarbeitern) ist die Trennung des Ca von Mg durch einfache Fällung als Oxalat vollkommen, bei ungefähr äquimolekularen Lösungen, wenn die Flüssigkeit bei 1°/, Ammoniumchlorid in 1 com nicht mehr als 0,45 mg Ca enthält und die überstehende Flüssigkeit von dem Niederschlag nach 3 bis 4 Stunden getrennt wird, bei 2facher Konzentration des Ca und Mg geht der Fehler auch nicht über 0,3°/,. Unsere Analysen haben zu denselben Ergebnissen geführt. In der Tabelle II finden wir im Mittel bei Vorhandensein von Mg die Ca-Werte nicht ganz um 0,3°/, erhöht (0,35°/, des vor-

Tabelle II. Volumen Ce. des Abgemess. | Abgemess. der Co.desOxalats| „mon... Gefundenes Ve Mg | Flüssigkeit] „über den | iere | Са HE Niederschlag 0

шр mg ccm lo mg 329, Ss 0,85 1,2 329, 325, = 0,76 Je 1,2 324, 323, =: 0,74 Hee 1,4 322, ` 226, 1133 190. | ahs | 10 226, 223, | 1115 1,20 Ve 1,0 224, 222, | 161, 1,20 den 1,0 322, 306, 158, 1,20 den 1,0 306, 320, = 2,82 э] 1,1 318, 200. = 2,51 ei 1,2 318, 326, > 1,98 = 1,0 325, 324, = 2,10 а о 3,0 | 394, 322, = 3,72 eg 3,0 319,

1) Richards und Cattrey und Bisbee, Zeitschr. f. anal. Chem. 28, 1901.

Quantitative Bestimmung sehr geringer Ca-, Mg- und P-Mengen. 135

handenen Mg). Dieser Unterschied rührt von Zufälligkeiten der 3. und 5. Analyse her. Wenn die Konzentration des Ammoniumchlorids geringer ist, wird das Mg stärker absorbiert.

Für die Bestimmung sehr kleiner Mengen ist der wichtigste Umstand, ob man von dem Auswaschen des Niederschlages absehen kann. Die Zahlen der Tabelle II zeigen, daß unter den Umständen, unter denen diese Analysen ausgeführt wurden, dies der Fall war. Bei 6 Ca-Bestimmungen (1 bis 3, 8 bis 10) haben wir 0,0074 mg weniger bekommen (in 9,4 com Flüssig- keit) als abgemessen wurde, d. h. 0,0008 mg für 1 ccm der Flüssigkeit. Dieser Wert entspricht, wie wir schon besprochen haben, ungefähr der Löslichkeit des Ca-Oxalats. Wenn wir für die Löslichkeit die höchste erhaltene Zahl (0,001, in 1 ccm) die jedenfalls zu hoch ist annehmen, bekommen wir für die Adsorption der Oxalate durch das Calciumoxalat den Wert von 0,15°/,, Die Erklärung für diese Tatsache die den bisherigen Erfahrungen widerspricht dürfte in der geringen Konzentration der benützten Ammoniumoxalatlösung liegen (2/5), zum Teil darin, daß die Ammoniumoxalatlösung portionenweise der Ca-Lösung zugefügt und Zeit gelassen wurde, bis der Niederschlag nach Zugabe des Oxalats sich abgeschieden hat, so daß der größte Teil desselben bei einem Ca-Überschuß sich gebildet hat. Die Endkonzentration der Oxalate war über den gebildeten Niederschlag sehr gering ("/,oo Біз "/z00), Doch bei Benutzung von ®/,-Ammoniumoxalatlösung konnte ich keinen Einfluß auf die Analysenresultate beobachten, ob nun die Oxalatlösung schnell oder in größeren Mengen zugegeben war. Mit höherem Сс. des Ammoniumoxalats wurde die Löslichkeit des Caleciumoxalats herabgesetzt, doch mußte eine starke Erhöhung der Oxalatkonzentration vermieden werden, damit die Kor- rektion für die mittitrierte Oxalatlösung nicht zu hoch ausfällt.

Wir konnten zwei Umstände beobachten, die die Genauig- keit der Ergebnisse beeinflussen. Erstens muß die Ammonium- oxalatlösung frisch hergestellt sein; bei älteren Lösungen auch bei solchen, deren Titer kaum merklich verändert ist haben wir höhere und unregelmäßige Werte bekommen. Die Ammoniumoxalatlösung haben wir durch Absättigung reinster Oxalsäure mit Ammoniak hergestellt. Der zweite Umstand,

136 L. Dienes:

den man berücksichtigen muß, ist, daß man bei sehr geringen Mengen, bei Benutzung von größeren Röhrchen zur Analyse höhere Werte bekommt als bei Benutzung von kleinen. In einem 3,5 ccm fassenden, 6,5 cm langen Quarzröhrchen waren die Analysen bis zu 0,1 mg hinab genau ausgefallen, bei Be- stimmung von 0,03 bis 0,06 mg jedoch 0,002 bis 0,003 mg höher als Ca abgemessen wurde. Die Tabelle III zeigt die Analysen- resultate in den größeren und kleineren Röhrchen, wobei das Volumen der Flüssigkeit und die Menge der benutzten Reagenzien gleich genommen wurde. Der höhere Wert in den größeren Röhrchen bleibt auch erhalten, wenn der Niederschlag aus. gewaschen wird. Wir können keine Erklärung für diese Er- scheinung finden. Am Ende wollen wir noch erwähnen, daß für die Ausführung der Ca-Bestimmung unbedingt Quarz- röhrchen, Quarz- oder Platintiegel zu gebrauchen sind. Bei Be- nutzung von Glas- und Porzellangeräten bekommt man häufig um 0,002 bis 0,0005 mg zu hohe, manchmal noch höhere Werte.

Tabelle II.

Abgemessene | Abgemessen | Volumen der | Gefundene Ca Mg Flüssigkeit Ca

mg

Kleine Röhrchen De 063, 065, 065,

Große Röhrchen 06

62,

041, = 039, 0,32 0,041,

Auf Grund der bisherigen Ausführungen empfehlen wir zur Bestimmung des Ca folgendes Verfahren: Die Ca-Lösung, deren Ca-Gehalt ungefähr bekannt sein muß, überführen wir, wenn der Ca-Gehalt über 0,1 mg ist, in ein 6,5 cm langes, un- gefähr 0,8 bis 0,9 cm breites, 3,5 ccm fassendes Röhrchen von durchsichtigem Quarz; wenn der Ca-Gehalt unter 0,1 mg ist, in ein 2,5 cm langes, 0,4 bis 0,5 cm breites, 0,7 сот fassendes Röhrchen. Die Lösungen dürfen auf 1 ccm, wenn Mg vor- handen ist, nicht mehr als !/, mg Ca enthalten, doch unter

Quantitative Bestimmung sehr geringer Ca-, Mg- und P-Mengen. 137

dieser Konzentration sollen sie ein möglichst kleines Volumen haben. Wir machen den Inhalt der Röhrchen mit Ammoniak schwach alkalisch und fügen so viel von einer 20°/,igen Ammo- niumchloridlösung zu, daß die Flüssigkeit nach Zusatz von Ammo- niumoxalat 1°/, Ammoniumchlorid enthält. Dann erhitzen wir die Röhrchen auf dem siedenden Wasserbad und geben so viel 2/,,„.Ammoniumoxalatlösung zu, daß die Flüssigkeit in 1 ccm 0,15 bis 0,25 ccm Ammoniumoxalat im Überschuß enthält. Zu den größeren Röhrchen geben wir auf einmal 0,1 ccm, zu den kleinen 0,02 bis 0,03 cem Oxalatlösung und warten zwischen den einzelnen Portionen ab, bis der Niederschlag sich ab- scheidet. Die Menge des zugegebenen Ammoniumoxalats wird notiert. Nach wenigen Minuten kann man die Röhrchen aus dem Wasserbad nehmen. Nach 3!/, bis 5 Stunden wird das Röhrchen stark abzentrifugiert, nachdem man die Wand des- selben vorher mit dem Inhalt gut abgespült hat. Jetzt wird das Röhrchen auf der analytischen Wage abgewogen, die klare Flüssigkeit abpipettiert und das Röhrchen wieder gewogen. Bei der Abpipettierung muß man achtgeben, daß der auf der Oberfläche der Flüssigkeit schwimmende Niederschlag nicht mitgenommen wird. Wenn etwas davon auf der Capillare haften bleibt, kann man das mit einem kleinen Tröpfchen Flüssigkeit auf die Wand des Röhrchens übertragen. Nach dem Wägen wird H,SO, dem Inhalt der Röhrchen zugefügt, auf 60° gehalten und mit "/, „-KMnO,-Lösung titriert. Auch wenn man dem Ende der Titration nahekommt, kann man mit 1/;оо ccm fortschreiten und nach Beendigung der Titration den kleinen Überschuß des KMnO, colorimetrisch bestimmen. Den Oxalatgehalt der an dem Niederschlag haftenden Flüssigkeit muß man bei der Berechnung der Resultate nach folgender Formel in Abzug bringen. Die zur Oxydation des Calcium- oxalats nötige KMnO,-Lösung ist =. wo A die gesamten dem zur Analyse verwendeten Ammoniumoxalat ent- sprechenden Kubikzentimeter KMnO,-Lösung bedeutet, a die bei der Titration verbrauchten Kubikzentimeter KMnO,-Lösung, B das Gewicht der gesamten Flüssigkeit und b das Gewicht der mit dem Ca-Niederschlag zurückbleibenden Flüssigkeit. Beim Auswaschen des Ca-Oxalatniederschlages durch

138 L. Dienes:

Zentrifugieren und Abpipettieren der überstehenden Flüssig- keit (oder mit destilliertem Wasser oder auch mit Ammo- niaklösung) gehen bei 0,2 bis 0,5 mg Ca 0,002 bis 0,005 mg Ca mit dem Waschwasser (2 bis 3 ccm Waschwasser) ver- loren, bei Bestimmung von 0,05 bis 0,06 mg Ca 0,001 bis 0,002. Wenn wenig Mg vorhanden ist, kann man das ver- loren gegangene Ca in folgender Weise bestimmen: Nach Ein- dampfen der abgenommenen Flüssigkeit und des Waschwassers wird der Rückstand in -0,1 bis 0,2 ccm Wasser aufgenommen, in das Quarzröhrchen übertragen und nach Abzentrifugieren mit 0,2 ccm Wasser einmal ausgewaschen. Durch diese Prozedur entfernt man den größten Teil des Mg. 'Der sehr geringe Niederschlag wird in einem Tropfen verdünnter HCl gelöst, und der Tiegel, in dem die Flüssigkeit eingedampft war, mit einem Tropfen НСІ ausgewaschen, dann nach Zugabe von Ammoniumchlorid und Ammoniumoxalat in 0,15 bis 0,2 ccm Volumen durch Zugabe von Ammoniak das Ca abgeschieden und nach 10 bis 12 Stunden mittels Zentrifugieren mit möglichst kleinen Wassermengen ausgewaschen. Wenn das vorhandene Mg nicht über 0,2 mg beträgt, sind die Resultate genau. Die später mitgeteilten Blutanalysen wurden zum Teil auf diese Weise ausgeführt. Bei Vorhandensein von viel Mg sind die erhaltenen Werte hoch. Wenn man ammoniumoxalathaltiges Wasser zum Auswaschen des Niederschlages benutzt, sind die Verluste geringer (ungefähr 0,002 mg), doch fallen die Resultate ohne Auswaschen des Niederschlages so genau aus, daß das Suchen nach einem anderen Verfahren unnötig schien.

Für die Bestimmung des Mg habe ich mehrere Verfahren ausprobiert. Durch Ausfällen des Mg in neutralen und am- moniumsalzfreien Lösungen mit NaOH oder mit Ba(OH), und Titrierung des ausgefallenen Mg(OH), konnte ich keine gut übereinstimmenden Resultate bekommen. Manchmal waren‘ die Resultate entsprechend, dann, ohne daß ein Grund dafür gefunden werden konnte, sind Fehler von 10 bis 30°/, vor- gekommen. Durch Titrieren des Mg mit Seifenlösung habe ich bei sehr kleinen Mg-Mengen gute Resultate bekommen, bei 0,1 mg waren die Schwankungen schon größer. Doch als ein schnell durchführbares, einfaches Verfahren, das doch annähernde Resultate gibt, will ich kurz folgendes beschreiben. Zu der

Quantitative Bestimmung sehr geringer Ca-, Mg- und P-Mengen. 139

Titration wird eine Na-Oleinicumlösung (hergestellt aus reinster Oleinsäure) verwendet, von der 1 ccm ungefähr 0,1 bis 0,05 mg Mg entspricht. Der Seifenlösung und ebenso der Mg-Lösung wird eine kleine Quantität verdünnte Natronlauge zugesetzt?!), so daß sie von Phenolphthalein rosa gefärbt wird. Die Titration wird in dem für die Ca-Bestimmung benutzten größeren Röhrchen durchgeführt, das Ende dadurch erkannt, daß man nach Zugabe der Seifenlösung mit Gummiballon und Capillare in die Lösung hineinbläst. Wenn die Seife in Überschuß vorhanden ist, füllt sich das Röhrchen mit aus kleinen Blasen bestehendem Schaum; während sie sich bis dahin wie destilliertes Wasser verhält. Das Ende der Titration ist scharf; jedoch auch zum destillierten Wasser muß man, damit Schaumbildung eintrete, beträchtliche Mengen der Seifenlösung zufügen, und darum muß das Volumen der Lösung nach der Titration abgemessen und die entsprechende Menge der Seifenlösung in Abzug gebracht werden. Die Ver- änderung der Alkalinität in kleinerem Maße, ebenso das Vor- handensein von soviel NaCl, als man bei der Analyse von tieri- schen Substanzen erwarten kann, beeinflussen die Resultate nicht. Doch fallen sie, wenn man die Seifenlösung schneller oder langsamer zufügt, sehr verschieden aus, und aus diesem Grunde kann man schon bei 0,06 bis 0,08 mg Mg keine guten Resultate erzielen. Die Tabelle IV dient als Beispiel, wie weit die Resultate entsprechen. Das destillierte Wasser war Ca-frei. Wenn wir zu einer 0,04 mg Mg enthaltenden Lösung, statt langsam vorzugehen, auf einmal 0,60 ccm Seifenlösung zugegeben haben, ist die verbrauchte Seifenlösung von 0,70 auf 0,79 ge- stiegen.

Gute Resultate konnten wir für Mg durch Ausfällen als Mg(H,N)PO, und Bestimmung des in dem Niederschlag ent- haltenen P erreichen. Das Verfahren ist komplizierter als die Ca-Bestimmung, doch sind die einzelnen Operationen schnell ausführbar und die Analyse nimmt bedeutend weniger Zeit in Anspruch als das gravimetrische Verfahren im großen. Zunächst werden wir die Phosphorsäurebestimmung beschreiben.

Die Phosphorsäure wird nach zweimaliger Ausfällung mit Ammoniummolybdat nach Woy durch Titrieren mit з /, „-Natron-

1) Nach I. Bang.

140 L. Dienes:

Tabelle IV.

Abgemessen Mg Verbrauchte Seifenlösung 0,01 mg 0,191 ccm 0,01 » 0,195 » 0,02 » 0,367 » 0,02 » 0,364 » 0,04 » 0,707 » 0,04 » 0,695 » 0,06 » 0,964 » 0,06 » 1,08 »

Abgemessenes

destill. Wasser 0,75 ccm 0,035 » 1,60 » 0,070 » 2,3 » 0,100 »

lauge bestimmt. Ich bin der Vorschrift von Treadwell’) ge- folgt, habe aber statt 50 ccm 0,5 ccm Volumen genommen. Für die Durchführung der Fällung und Titration werden die bei der Ca-Bestimmung benutzten größeren Röhrchen verwendet. Die nötige Menge von Ammoniummolybdat wurde in einem gleichen Röhrchen abgemessen, im Wasserbade erhitzt und in der ebenso erhitzten Mischung durch eine Capillare mit enger Öffnung im Strahl eingespritzt. Die zweite Fällung wird mit der Salpetersäure ebenso vorgenommen. Die nötigen Mengen der einzelnen Reagenzien zeigt die folgende nach Treadwell zusammengestellte Tabelle.

Tabelle V. Man verwende Zur Fällung von Ännmoniuir: а ах Н mg P molybdat nitrat Salpetersäure ccm ccm ccm

1) Lehrbuch d. analyt. Chemie 2, 7. Auf. S. 371.

Quantitative Bestimmung sehr geringer Ca-, Mg- und P-Mengen. 141

Der Niederschlag wird durch die Zentrifuge 1 mal mit dem vorgeschriebenen Waschwasser, dann 3 mal mit 1°/ iger KNO,- Lösung gewaschen. Dann wird in überschüssiger »”/ Natron- lauge gelöst, mit Phenolphthalein versetzt und mit "/,,-Salz- säure aus einer in ?/,. сост eingeteilten Bürette zurücktitriert. Man muß den Niederschlag mit großer Tourenzahl abzentrifu- gieren, sonst bleibt ein Teil des Niederschlages auf der Ober- fläche schwebend.

EineNa,HPO,-Lösung, die nach gravimetrischer Bestimmung in einer 10 mal konzentrierteren Lösung in 1 ccm = 0.1012 mg P enthielt, hat nach obigem Verfahren folgende Werte gegeben:

Tabelle VI.

Verbrauchte NaOH-Lösung

Abgewogene

Phosphatlösung Umgerechnet auf

g 0,800

0,800 0,605 0,500 0,379 0,500 0,877 0,200 0,159 0,200 0,159 0,100 0,082

Der Titer der benutzten pl, Lauge war 1 cem = 0,998 "/,, berechnet aus den für 0,8 und 0,5 g bekommenen Werten und entspricht 1 eem Lauge = 0,133, mg Р!). Treadwell gibt 0,134, mg an?), doch bemerkt er, daß man die Natron- lauge z. B. bei Bestimmung des P im Stahl, mit dem gravi- metrisch bestimmten P einstellen muß.

Bei kleineren P-Mengen sinkt der 1-cem Lauge entspre- chende P bedeutend, welcher Umstand bei der Berechnung unbedingt berücksichtigt werden muß.

Zur Fällung des Mg bin ich der von Schmitz angegebenen Vorschrift gefolgt (nach Treadwell). Die Bestimmungen werden in den größeren und kleineren Quarzröhrchen ausgeführt. Zu der sauren Lösung habe ich ungefähr die doppelte Menge des

1) Es wurde der Unterschied in dem spezifischen Gewicht der P- Lösung und des destillierten Wassers vernachlässigt. 2) 1. е. 8. 506.

142 L. Dienes:

zum Ausfällen des Mg nötigen Na,HPO, zugefügt und nach Zugabe von etwas Phenolphthalein Wasserbade erhitzt und dann so viel 2,5°/ iges Ammoniak zugesetzt, bis die Flüssigkeit merklich rosafarbig wurde, dann eine !/, der Flüssigkeit ent- sprechende Menge 10°/,igen Ammoniaks. Die benutzte Na, HPO,- Lösung hat 1 mg P in Leem enthalten. Nach 4 bis 5 Stunden wurde bei größeren Mengen von Mg der Niederschlag 4 mal mit 0,3 bis 0,4 cem 2,5°/,igem Ammoniak mittels Zentrifuge gewaschen. Bei kleinen Mengen man kann aber ebenso auch bei größeren Mengen verfahren wurde die zugegebene Phosphatlösung genau abgemessen, das Gewicht der Röhrchen vor und nach dem Abpipettieren der klaren Flüssigkeit be- stimmt und der in der mitgewogenen Lösung zurückbleibende P sowie das Oxalat bei der Ca-Bestimmung durch Rechnung ermittelt. Der Niederschlag, im HNO, gelöst, wurde zur P- Bestimmung verwendet,

Ich habe den Mg(NH,)PO,-Niederschlag іп der Flüssigkeit, von der er sich abscheidet oder in 2,5°/, Ammoniak kaum merklich löslich gefunden. Doch wegen des an der Oberfläche der Flüssigkeit schwimmenden Niederschlages, von dem Teile bei der Berührung der Oberfläche in der Flüssigkeit nieder- sinken, waren Verluste beim Waschen mittels Zentrifuge nicht vermeidbar, und ich halte dafür, den Niederschlag nicht aus- zuwaschen. Wahrscheinlich wäre das Geeignetste, den Nieder- schlag auf entsprechenden Filtern zu waschen.

Tabelle VII.

Der Niederschlag wurde gewaschen.

Abgewogenes Mg Gefundenes Mg 0,099 mg 0,099, mg 0,099 » 0,099, » 0,019, » 0,018, » 0,019, » 0,018, »

Der Niederschlag wurde nicht gewaschen. 0,099, mg 0,099, mg 0,098, » 0,100, » 2) 0,019, » 0,019, » 0,032, » 0,031, »

1) Der Molybdänniederschlag hat sich nicht schön krystallinisch ausgeschieden.

Quantitative Bestimmung sehr geringer Ca-, Mg- und P-Mengen. 143

Die bei den mitgeteilten Analysen verwendete Ca-Lösung wurde durch Auflösen des reinsten CaCO, in НСІ und die Mg-Lösung durch Lösen von krystallinischem MgSO, hergestellt. Die mitgeteilten Analysen stellen komplette Analysenreihen dar.

Bei der Analyse der tierischen Organe und des Blutes muß man Ca und Mg neben den organischen Substanzen von Fe und Р trennen. Die neben den Alkalisalzen anwesenden anderen Substanzen (Si, Mn) sind zum Teil in sehr kleinen Mengen vorhanden, zum Teil werden sie während der Analyse abgeschieden. Wenn man kleine Mengen tierischer Substanzen aufarbeitet (0,5 bis 2 р feuchtes Gewicht), verursacht die Ver- aschung keine Schwierigkeit. Nur muß man darauf achten, daß die Veraschung bei möglichst niedriger Temperatur ge- schehe (die Asche darf nicht schmelzen), sonst hat man mit dem Auflösen der Asche Schwierigkeiten. Das Auflösen gelingt leicht mit 1 Tropfen konz. HCl und einigen Tropfen dest. Wasser auf dem Wasserbade. Wenn das Fe nicht in Lösung geht, muß man den Inhalt des Tiegels mehrmals mit 1 Tropfen konz. HCl und einigen Tropfen Wasser eindampfen. Nach ge- lungener Lösung wird die DO verdampft, der Rückstand mit 1 Tropfen verdünnter НСІ (®/,) und einigen Tropfen Wasser aufgenommen, in das Quarzröhrchen überführt und 5- bis 6 mal mit 4 bis 5 kleinen Tropfen Wasser nachgespült.

Das Volumen der Flüssigkeit in den Quarzröhrchen kann 1 bis 2 ccm sein. Dann fügen wir 0,2 bis 0,4 ccm konz. Am- moniumacetatlösung zu und tropfenweise so viel Fe,Cl,-Lösung, bis die Flüssigkeit sich stark färbt. Dann wird das Röhrchen im Wasserbade erhitzt, bis das Fe sich vollständig abscheidet (5 bis 10 Minuten), nachher kühlen wir die Röhrchen unter der Wasserleitung ab. Dann zentrifugieren wir sie und wägen sie auf der analytischen Wage, pipettieren die klare Flüssigkeit in einen Quarz- oder Platintiegel ab und wägen das Röhrchen wieder. Die Menge des Ca und Mg, die bei dem Eisennieder- schlag zurückbleibt, wird rechnerisch ermittelt.

Das Fe scheidet sich gewöhnlich nicht vollständig ab, es bleiben 10 Tausendstel bis 1 bis 2 Tausendstel mg in Lösung. Doch spielt das im folgenden keine Rolle. Das Eisen wird mit dem Ca-Oxalat abgeschieden, doch nicht als Oxalat, und vermehrt den KMnO,-Verbrauch nicht. Die abpipettierte Lösung

144 L. Dienes:

dampfen wir ein, verjagen vorsichtig die Essigsäure und die Ammonsalze und verbrennen die ausgeschiedene Kohle bei möglichst niederer Temperatur. Starkes Erhitzen ist unbedingt zu vermeiden, sonst kann man das Ca kaum in Lösung bringen. Den Rückstand lösen wir in 1 Tropfen verdünnter НСІ, und zum Ausfällen des Ca bringen wir sie mit möglichst wenig Wasser (0,2 bis 0,3 ccm) in das Quarzröhrchen. Die von dem Ca-Oxalat abgenommene Flüssigkeit wird abgedampft und die Ammonsalze verjagt. Wenn wir das Mg mit Seife bestimmen wollen, ist das Vertreiben der Ammonsalze unerläßlich, und der Rückstand wird, nach Eindampfen mit 1 Tropfen ver- dünnter HCl, in Wasser aufgenommen. Wenn das Mg als Phosphat bestimmt wird, kann das Verjagen der Ammonsalze unterbleiben. In dem den Ferriphosphat und basisches Ferri- acetat enthaltenden Niederschlag kann der P nach dem be- schriebenen Verfahren bestimmt werden.

Von meinen Analysen teile ich einige Ca-Bestimmungen in Blut und Blutplasma mit. Das Plasma wurde durch rasches Abkühlen und Zentrifugieren des Blutes hergestellt. Die Blut- aschelösung rührt von Blutproben her, von denen das Serum teilweise abpipettiert wurde.

Tabelle УШ.

Blut I. Abgemessen Gefunden Ca 1,566 g Blut in.1 ccm Blut 0,062, mg 0,979 » Plasma » 1 » Plasma 0,088, » 1,371 » Blutkörperchen » 1 » Blut 0,063, » (Rückstand nach Abnahme (berechnet aus Plasma des Plasma) und Blutkörperchen) Blut П. Abgemessen Gefunden Ca 2,657 g Blut in 1ccm Blut 0,052, mg 1,794» » » ln » 0,053, » 1,042 » Plasma » 1 » Plasma 0,095, »

1,253 » Blutkörperchen » 1 » Blut 0,053, » wie bei Blut I berechnet wie bei Blut I

Quantitative Bestimmung sehr geringer Ca-, Mg- und P-Mengen. 145

Blut II. Abgemessen Gefunden Ca 0,600 g Plasma in 1 ccm Plasma 0,094, mg 1223g » » 0,095, » Blutaschelösung.

А Abgemessen Gefunden Ca Gefunden Mg 0,396 ccm 0,038, mg 0,032, mg 0,396 » 0,039, » 0,032, » 0,792 » 0,071, » 0,062, » 0,792 » 0,071, » 0,064, » 1,477 » 0,133, »

(berechnet auf 0,792 g Ca 0,071 mg).

Die Bestimmungen wurden "bei allen in der Tabelle mit- geteilten Analysen in den größeren Röhrchen ausgeführt; davon rührt der erhöhte Wert bei 0,4 ccm Blutaschelösung her. In derselben Lösung wurden die mitgeteilten Mg-Bestimmungen durch Titrierung mit Seifenlösung ausgeführt.

Quantitative Messungen über die Spaltung des , Hexamethylentetramins.

Von Paul Trendelenburg.

(Aus dem pharmakologischen Institut der Universität Freiburg i. Br.) (Eingegangen am 13. April 1919.) Mi 2 Abbildungen im Text.

An der Tatsache, daß Hexamethylentetramin an sich keine keimtötenden Eigenschaften besitzt, sondern diese erst unter dem Einfluß einer bestimmten Eigenschaft des Lösungsmittels zur Entfaltung bringt, gehen Lehrbuch und Praxis fast ausnahms- los vorüber, ohne sie zu "beachten, obwohl sie sich schon aus den ersten Versuchen Nicolaiers!), der dieses Mittel bekannt- lich in die Therapie einführte, ergibt.

Wie schon Nicolaier betont, ist es die im Molekül ver- steckte Komponente Formaldehyd, die, freigemacht, keimtötend wirkt. Der Zerfall von Hexamethylentetramin in Formaldehyd und Ammoniak geht aber nur bei saurer Reaktion in nennens- wertem Ausmaß vor sich, während bei alkalischer Reaktion Formaldehyd mit Ammoniak synthetisch Hexamethylentetramin bildet (C,H, ,N,+6H,0°56CH,0+4NH,).

Daß Hexamethylentetramin selbst in mehrprozentiger Lösung tatsächlich nicht keimtötend wirkt, solange nur durch Alkalizusatz die Formaldehydabspaltung verhindert wird, und daß die Formaldehydabspaltung an die saure Reaktion des Lösungsmittels (des Urins) gebunden ist, zeigten neuerdings Hanzlic und Collins?) in ausführlichen Versuchsreihen aber

1) A. Nicolaier, Experimentelles und Klinisches über Urotropin. Zeitschr. f. klin. Med. 38, 350, 1899.

2?) P. J. Hanzlic und R. J. Collins, Hexamethylentetramin: Ab- spaltung von Formaldehyd und antiseptische Kraft unter verschiedenen

] P.Trendelenburg: Quantit.Mess.üb.d.Spalt.d.Hexamethylentetramins. 147

auch ihre Versuche beschränkten sich auf die qualitative Fest- stellung, so daß es mir wünschenswert schien, durch weitere Versuche die quantitative Abhängigkeit der Hexamethylen- tetraminzerlegung von der Reaktion des Lösungsmittels sicher- zustellen. Da wir durch Arbeiten des letzten Jahrzehnts über die Reaktion der wichtigsten Körperflüssigkeiten genau unter- richtet sind, war zu erwarten, daß solche quantitative Messungen vielleicht Hinweise für eine rationelle Anwendung des Hexa- methylentetramins ergeben würden!).

Methode.

Da Hexamethylentetramin eine Base ist und da bei seiner Zersetzung die Reaktion der Lösung infolge Bildung des viel stärker basischen Ammoniaks die Neigung hat, sich nach der alkalischen Seite hin zu verschieben, war es unstatthaft, für die quantitative Messung des Einflusses von Acidität und Basi- cität auf die Hexamethylentetraminzersetzung von Lösungen der Substanz in Säuren und Basen wechselnder Stärke oder wechselnder Normalität auszugehen; die Reaktion einer 1°/,igen Hexamethylentetraminlösung in 0,1 n-HCl nimmt z. B. sehr bald infolge steigender Ammoniakbildung an Acidität ab. Um die Reaktion der Lösungen während der ganzen Ver- suchsdauer möglichst konstant zu halten, wurden deshalb Sörensensche Puffergemische, Gemische aus freien Säuren und zugehörenden Alkalisalzen usw. verwendet. Die Zusammen- setzung derselben und die Konzentration des Hexamethylen- tetramins wurde so bemessen, daß die Verschiebung der Reaktion während der Versuchsdauer innerhalb ganz enger Grenzen blieb.

chemischen und biologischen Bedingungen. Investigations of the therap. research comittee of the council of pharmacy and chemistry of the american medical association 2, 11, 1913, und Archives of internal medi- cine 12, 578, 1912. Vgl. auch Fr. Hinman, Der Wert des Hexa- methylentetramins als inneres Antisepticum in anderen Körperflüssig- keiten als dem Urin. Archives of internal medicine 13, 841, 1914.

1) Aus einem Referat im Chemischen Zentralblatt 77, 1087, 1906 entnehme ich, daß R. Ischidzu und Т. Inouye (Journ. of Pharmac. Soc. of Japan) Versuche über die Hexamethylentetraminzersetzung durch verschieden starke Säuren ausführten. Die Originalarbeit war mir nicht zugänglich.

Biochemische Zeitschrift Band 9. 11

148 P. Trendelenburg:

Alle Versuche wurden bei 38° durchgeführt, die Dauer betrug maximal 6 Stunden.

Der aus dem Hexamethylentetramin abgespaltene Form- aldehyd gibt, wie erwähnt, den Lösungen die keimtötende Eigen- schaft. Es lag deshalb nahe, jeweils die Mengen freigeworde- nen Formaldehyds unmittelbar zu analysieren. Aber dahin gerichtete Versuche stießen auf große Schwierigkeiten. Die ge- nauen quantitativen Formaldehydbestimmungen, z. B. die Romijnsche Methode), oder die in das Deutsche Arzneibuch aufgenommene Lemmesche Methode geben zwar mit reinen wäßrigen Formaldehydlösungen sehr gute Ergebnisse sie versagen aber, wenn neben dem nachzuweisenden Formaldehyd Ammoniumsalze vorhanden sind. Diese Methoden arbeiten bei natronalkalischer Reaktion: daher verbindet sich ein Teil des freigewordenen Ammoniaks rückläufig mit Formaldehyd zu Hexamethylentetramin, und die erhaltenen Werte fallen, wie ich durch Kontrollversuche feststellte, viel zu gering aus. Eben- so unbefriedigend verliefen Versuche, die Additionsprodukte, die sich bei Zugabe von Anilinwasser oder Hydrazinsalzlösung bilden, abzuscheiden und zur Wägung zu bringen; schon bei rein wäßrigen, einigermaßen verdünnten Formaldehydlösungen haben diese Methoden sehr weite Fehlergrenzen, sie sind bei Gegenwart von Ammoniumsalzen ganz unquantitativ.

Deshalb wurde von einer unmittelbaren Formaldehyd- bestimmung in den Systemen Hexamethylentetramin -+ Form- aldehyd + Ammoniumsalz abgesehen und zunächst nur die Menge des zerlegten Hexamethylentetramins bestimmt. Zwei Wege standen offen: einmal die Messung des übrigbleibenden Hexa- methylentetramins und zweitens die Bestimmung der gebilde- ten Ammoniakmenge.

Hexamethylentetramin wird durch Sublimatlösung auch aus recht verdünnten Lösungen quantitativ gefällt. Der Ver- such, aus der nach Kjehldahl bestimmten N-Menge des ab- filtrierten Niederschlags Auskunft über die in der Lösung vor- handen gewesene Hexamethylentetraminmenge zu erhalten, schlug aber fehl, da Sublimat bei Gegenwart von Chloriden,

1) 9. Romijn, Über die Bestimmung des Formaldehyde, Zeitschr. f. anal. Chem. 86, 18, 1897.

Quantit. Messungen über die Spaltung des Hexamethylentetramins. 149

alsb auch von Ammoniumchlorid, das in den meisten Reaktions- gemischen zugegen war, nicht quantitativ fällt und daher ein sehr großer Prozentteil des Hexamethylentetramins sich der Analyse entzieht?).

Es gelang dagegen, auf folgende Weise den aus dem Hexamethylentetramin freigewordenen Ammoniak neben unzer- setzter Substanz und neben Formaldehyd quantitativ zu bestimmen. ` Das Reaktionsgemisch wurde in siedende starke Natronlauge gegeben; diese läßt Hexamethylentetramin, wie ich bei Kon- trollversuchen fand, völlig unverändert und spaltet aus ihm keinen Ammoniak ab?), dagegen wird Formaldehyd von ihr so rasch oxydiert, daß eg sich nicht mit gleichzeitig zugegebenem Ammoniak zu Hexamethylentetramin verbinden kann. Wie die auf S. 162 mitgeteilten Kontrollversuche, bei denen Form- aldehyd + Ammoniumsalzlösung in die siedende Natronlauge ge- tropft wurde, zeigen, geht die gesamte zugegebene Ammoniak- menge unvermindert in das Destillat über.

Die Apparatur bestand aus einem mit etwa 100 ccm ca. 5°/,iger Natronlauge beschickten Kjeldahlkolben, in dessen Hals ein Tropftrichter und ein mit Liebigschem Kühler und Vorlage verbundener Destillieraufsatz eingefügt war. Aus dem Tropftrichter wurde die auf NH, zu untersuchende Mischung in die lebhaft siedende Lauge eingetropft, nachdem die Vor- lage mit 0,1 n-HCl beschickt worden war; der Tropftrichter wurde mit destilliertem Wasser nachgespült.

Die auf diese Weise erhaltenen Hexamethylentetramin- zersetzungskurven bedurften noch einer Ergänzung. Neben der Gleichung 1 Hexamethylentetramin = 6 Formalde- hyd + 4 Ammoniak können unter gewissen Bedingungen andere -Spaltungen verlaufen, die zu Methylamin oder Kohlen- säure führen?). In diesem Falle würde also die freigemachte

1) Vgl. hierzu F. Schröter, Zur Methodik der quantitativen Be- stimmung des Hexamethylentetramins (Urotropins) im Harn, Arch. f. ex- perim. Pathol. u. Pharmakol. 64, 161, 1911.

2) Die Beständigkeit des Hexamethylentetramins gegen siedende starke Natronlauge wurde auch von A. Wöhlk (Zur Untersuchung des Urotropins [Hexamethylentetramins], Zeitschr. f. anal. Chem. 44, 765, 1905) nachgewiesen.

®) Vgl. die angeführte Arbeit von R. Ischidzu und T. Inouye.

11*

150 P. Trendelenburg:

Formaldehydmenge hinter der theoretisch möglichen Menge zurückbleiben. Um’ darüber Auskunft zu erhalten, ob solche Nebenreaktionen unter meinen Versuchsbedingungen in erheb- lichem Maße vorkommen, wurde in den Versuchen der 1. bis 7. Reihe wiederholt das Destillat auf Methylamin (Ge- ruchsprobe nach Zusatz von NaOH und Erwärmen) geprüft; es war in keinem Falle Methylamin nachzuweisen. Zweitens wurde nunmehr die freigemachte Menge Formaldehyd colori- metrisch bestimmt. Zu diesem Zweck wurde die zu prüfende, gegebenenfalls verdünnte Lösung mit gleichen Teilen einer Lösung von 1°/, Phloroglucin in 33°/, Natronlauge!) zugesetzt. Formaldehyd gibt mit dieser Jorissenschen Phloroglucinlösung eine schöne Rotfärbung, die eine quantitative Messung ermög- licht, da ihre Kraft und die Zeit bis zu ihrem Auftreten der Formaldehydkonzentration parallel geht. Da ich bei den Ver- suchen, den Formaldehyd in den Reaktionsgemischen chemisch zu bestimmen, gesehen hatte, daß diese Substanz in kalter, natronalkalischer Lösung nicht quantitativ nachzuweisen war, da ein Teil derselben sich mit dem aus dem Ammoniumsalz des Reaktionsgemisches freigewordenen Ammoniak rückläufig zu Hexamethylentetramin verband, vermutete ich, daß auch die Jorissensche Probe bei Anwesenheit von Ammoniak zu kleine Werte liefern würde. Dies ist tatsächlich der Fall?): Formaldehyd + Ammoniumsalz іп der aus der Gleichung folgen- den Menge gibt mit dem Reagens eine erheblich schwächere Färbung als Formaldehyd allein. Aus diesem Grund wurde die colorimetrische Formaldehydbestimmung folgendermaßen ausgeführt. Das Reaktionsgemisch wurde mit einer Lösung verglichen, die neben der vollen, aus der zuvor gewonnenen

1) 33°/,ige NaOH ist der bisher immer empfohlenen 10- bis 15°/,igen NaOH vorzuziehen. In "hr löst sich das Phlorogluein nicht wie in jener mit violetter Farbe auf, sondern die Lösung ist und bleibt farblos, wo- durch die Schärfe der Reaktion gewinnt. Über die Violettfärbung von Phloroglucin in 15°/,iger NaOH auszuführen, vgl. E. Salkowski, Zum Verhalten des Urotropins und Formaldehyds im Organismus, diese Zeitschr. 87, 143, 1918.

2) Hieraus folgt, daß die neuerdings wiederholt empfohlene Methode, Formaldehyd im Harn durch Colorimetrie mit Jorissenschem Reagens quantitativ zu messen, unzuverlässig ist.

Quantit. Messungen über die Spaltung des Hexamethylentetramins. 151

Hexamethylentetraminzersetzungskurve bestimmten, in der je- weils vorliegenden Probe des Reaktionsgemisches enthaltenen Ammoniumsalzmenge 100, 90, 80 und 70°% der nach der Gleichung maximal möglichen Formaldehydmenge enthielt. Alle Versuche fielen eindeutig aus: stets enthielt das Reaktions- gemisch sicher mehr als 70 oder 80°/, der theoretisch mög- lichen Formaldehydmenge, meist bestand Farbgleichheit mit der 100°/,igen Vergleichslösung, gelegentlich mit der 90°/,igen. Unter meinen Versuchsbedingungen wird also das Hexamethylen- tetramin sicher zum ganz überwiegenden Anteil nach der Gleichung С,Н,, №, + 6H,0=6CH,0-+-4NH, gespalten, Neben- reaktionen sind nicht nachweisbar.

Spaltung des Hexamethylentetramins in Lösungen abnehmender Acidität.

Die Ergebnisse der ersten 9 Versuchsreihen, deren ana- lytische Daten im experimentellen Teil der Arbeit mitgeteilt werden, sind in Kurve 1 und 2 graphisch dargestellt.

In Kurve 1 sind auf der Abszisse die Zeiten in Minuten (Ende der Versuche maximal nach 6 Stunden) und auf der Ordinate die Prozente zersetzten Hexamethylentetramins ein- gezeichnet, zu jeder Kurve ist weiter die zugehörende Acidität, ausgedrückt als Logarithmus der Wasserstoffionenkonzentration = рн, angegeben). Kurve 2 ist aus den gleichen Ordinatenwerten gewonnen, doch sind auf der Abszisse hier die Logarithmen der Wasserstoffionenkonzentration wiedergegeben; einige physio- logisch wichtige Wasserstoffionenwerte wurden eingetragen.

Aus beiden Kurven ist die starke Abhängigkeit der Hexa- methylentetraminzerlegung von der Wasserstoffionenkonzen- tration klar zu erkennen: ist z. B. die H-Ionenkonzentration 0,1 п (рн also=1,0), so werden in 6 Stunden etwa gerade 100°/, der Substanz zerlegt, in 0,001 n-H-Ionen (pu also 3,0) sinkt der zersetzte Anteil auf etwa 43°/,, in 0,00001 р (рн =

1) Die Bestimmung der H-Ionenkonzentration wurde durch Colori- imetrie nach Indicatorenzusatz (Sörensen) ausgeführt. Die Vergleichs- puffergemische konnte ich im technologischen Institut bei Herrn Prof. Біевепѓе1а auf ihren richtigen H-Ionenwert elektrometrisch prüfen; Herrn Prof. Riesenfeld danke ich auch hier für seine Unterstützung.

152 P. Trendelenburg:

5,0) auf etwa 10°/,, um bei neutraler Reaktion (pa = 6,75)

die Abszisse fast zu erreichen. FIRE. „Т

| TE ИИТ. ТИТР ШШЕ

|

Kurve 1. Zersetzung des Hexamethylentetramins in Lösungen fallender Azidität, bei 38°. Ordinate: °/, des Hexamethylentetramins zerlegt. Abszisse: Zeit in Minuten.

Kurve 1:рн zu Beginn = 0,5 ; am Ende 0,6

n 2:» n n = 0,7 » n 0,8 n Bin оял = 1,0 a 11 n 4:» т == 1,7 n n 1,7 n Šin n n = 2,6 » n 26 n 6:n n n = 3,9 » ns 4,0 n Tin n n = 5,2 n n 52 n Bin n n = 6,8 n n 6,8 n Lin n n = 6,75 n n 6,75.

Aber auch bei genau neutraler Reaktion (wie sie in der 9. Reihe des experimentellen Teiles vorlag) wird noch ein quantitativ meßbarer Anteil des Hexamethylentetramins ge- spalten: nach 60 Minuten sind 0,3 und nach 360 Minuten 0,9°/, gespalten. Da es wegen der schwach alkalischen Reaktion mancher Körperflüssigkeiten (s. unten) von Wichtigkeit war,

Quantit. Messungen über die Spaltung des Hexamethylentetramins. 153

das Verhalten der Substanz noch weiter im alkalischen Gebiet zu verfolgen, wurden geeignete, zunehmend alkalische Puffer- gemische mit Hexamethylentetramin versetzt und mit der sehr empfindlichen Phloroglucinprobe, die eine Formaldehydkonzen- tration 1:1000000 noch anzeigt, auf Formaldehydabspaltung geprüft. Betrug рн zwischen 6,75 (= neutral) und 8,75 (erheb-

Kurve 2. Abhängigkeit der Hexamethylentetraminzerlegung von der H-Ionenkonzentration. Ordinate: °/, des zugegebenen Hexamethylentetramins zerlegt A.: nach 1 Stunde bei 38°; B.: nach 6 Stunden bei 38°. ' Abszisse: Logarithmen der H-Ionenkonzentrationen.

liche Rosafärbung mit Phenolphthalein!), so fiel die Reaktion sowohl 6 Stunden wie 1 Stunde nach Beginn positiv aus. Bei рн 9,0 war der Ausfall der Probe nach 1 Stunde negativ, nach 6 Stunden positiv, und erst bei pa 9,1 konnte auch nach 6 Stunden langer Beobachtungszeit kein Formaldehyd mehr nachgewiesen werden (vgl. experimenteller Teil).

Hiernach wird Hexamethylentetramin,. entgegen der meist geäußerten Ansicht, auch noch bei neutraler und schwach alkalischer Reaktion der Lösung in ge- ringem Umfang gespalten. Dies Ergebnis deckt sich mit

154 P. Trendelenburg:

den Resultaten, die Hölst!) veröffentlichte: er konnte in Puffergemischen, die 0,2°/, Hexamethylentetramin enthielten, auch dann Formaldehyd qualitativ (nach Jorissen usw.) nach- weisen, wenn рн der Gemische im alkalischen Gebiet lag; auch in diesen Versuchen lag die Grenze etwa bei рн 9,0 (Temperatur 37°, mehrstündige Beobachtungsdauer).

Um einen näheren Einblick in die Abhängigkeit der Hexa- methylentetraminabspaltung von der H-Ionenkonzentration zu erhalten, wurden die Geschwindigkeitskonstanten der Hexamethylentetraminzerlegung für die verschiedenen Versuchsreihen berechnet. Ist es doch von zahlreichen Re- aktionen, deren Ablauf katalytisch durch Wasserstoffionen beeinflußt wird ich erinnere nur an die Förderung der Rohr- zuckerinversion durch H-Ionen —, bekannt, daß die Ge- schwindigkeitskonstante in direkter Proportion zur, H-Ionen- konzentration steht.

Da die Hexamethylentetraminzerlegung eine monomoleku- lare Reaktion ist, gilt für die Berechnung der Geschwindig-

a

а— r Ausgangskonzentration, x die zur Zeit t zerlegte Menge bedeutet. Wie aus den S. 162f. mitgeteilten Daten zu ersehen ist, waren die verschieden lange Zeit nach Versuchsbeginn innerhalb jeder Reihe erhaltenen Werte für k nicht ganz gleich groß; stets war ein Gang vorhanden derart, daß k mit zunehmender Zeit- dauer etwas kleiner wurde. Die Ursache hierfür liegt zum Teil zweifellos darin, daß trotz der vorhandenen Puffer die Reaktion des Gemisches sich langsam etwas nach der alkali- schen Seite hin verschob, die Konzentration des Katalysators also etwas schwächer wurde. Aber da der Gang der k-Werte besonders in den letzten Versuchsreihen bei geringer Acidität und geringer Hexamethylentetraminspaltung besonders ausge- Sprochen war, hier aber die Reaktionsverschiebung nur außer- ordentlich gering gewesen sein kann, müssen noch andere, nicht zu erklärende Ursachen (Nebenreaktionen?) im Spiel ge- wesen sein.

keitskonstante k die Formel / = 1/t log nat

, wobei a die

1) H. J. Hölst, Über Urotropin. als Desinfiziens der Harnwege, ‚Zeitschr. f. klin. Med. 81, 266, 1915.

Quantit. Messungen über die Spaltung des Hexamethylentetramins. 155

Immerhin liegen die für verschiedene Zeiten innerhalb jeder Reihe gewonnenen Werte nahe genug beieinander, um die mittleren Geschwindigkeitskonstanten zu den H-Ionenkonzen- trationen in Beziehung setzen zu können. Es ergab sich:

Versuchs- H-Ionen- Geschwindigkeits- Н геїһе konzentration konstante (t) K 1 0,25 n 0,035 (40) 7,1 2 0,16 п 0,020 (60) 8,0 3 0,08 n 0,012 (60’— 200’) 6,6 4 0,02 n 0,0054 (150) 3,7 5 0,0025 n 0,0025 (200) 1,0 6 "0,0001 п 0,00075 (250°) 0,13 7 0,0000064 n 0,00024 (360') 0,03 8 0,0000005 n 0,000082 (135’) 0,006

Entgegen der Erwartung besteht also keine unmittelbare Proportionalität zwischen Geschwindigkeitskonstante und H- Ionenkonzentration; die Geschwindigkeitskonstanten sind viel- mehr bei niederer H-Ionenkonzentration weit höher als nach den bei hohen H-Ionenkonzentrationen erhaltenen Werten zu erwarten war.

Folgerungen.

Während seines Durchgangs durch den Körper wirken vier verschieden hohe’ H-Ionenkonzentrationen auf das Hexa- methylentetramin ein; deren Einwirkung sei im folgenden be- trachtet.

Die H-Ionenkonzentration im Mageninhalt ist in der letzten Zeit häufig gemessen worden, sie liegt meist bei 0,1 bis 0,01 n-H-Ionen [рн also 1,0 bis 2,0%). In diesem Azidi-

1) Die H-Ionenkonzentration des menschlichen Magensaftes liegt nach F. Tangl bei 0,02 bis 0,03g H im Liter (Untersuchungen über die Hydrogenionenkonzentration im Inhalt des nüchternen menschlichen Magens, Arch. f. d. ges. Physiol. 115, 64, 1906). М. N. Menten fand bei einem Kind mit Magenfistel nach Ösophagusstenosierung 0,12 bis 0,01 (Acidität des unverdünnten normalen Magensaftes bei einem Fall mit Magenfistel, Journ. of Biolog. Chem. 12, 341, 1915). Werte gleicher Größenordnung beobachteten beim Hunde mit MagenblindsackP.Fraenkel (Die Wasserstoffionenkonzentration des reinen Magensaftes und ihre Be- ziehungen zur elektrischen Leitfähigkeit und zur titrimetrischen Acidität.

156 P. Trendelenburg:

tätsbereich wird Hexamethylentetramin in kurzer Zeit sehr stark gespalten: nach 1 Stunde sind etwa 53 bis 25°/,, nach 6 Stunden etwa 100 bis 70°/, des zugesetzten Hexamethylen- tetramins zerlegt (vgl. Kurve 2). Zweifellos wird also beim Durchgang durch den sauren Mageninhalt ein beträchtlicher Teil der Substanz in Formaldehyd und Ammoniumsalz über- geführt.

Die Reaktion des Darmsaftes liegt, wie Messungen von Auerbach und Pick!) ergaben, nicht weit jenseits des neutralen Punktes im alkalischen Gebiet, рн des Darmsaftes beträgt zwischen 7,5 und 8,0, der Wert liegt dicht bei dem normalen Blutwert. Bei solchen H-Ionenkonzentrationen durch Phenol- phthalein wird Darmsaft nicht oder kaum gerötet! ist die Hexamethylentetraminspaltung zwar noch vorhanden, aber, wie oben erwähnt wurde, so gering, daß sie nur qualitativ zu fassen ist mehr als 1°/, des zufließenden Hexamethylentetramins dürfte vor der Resorption im Dünndarm sicher nicht gespalten werden. /

Von besonderem Interesse ist die Frage, ob die Substanz im zirkulierenden Blute zerlegt wird, denn in diesem Falle könnte den klinischen Versuchen, mit Hexamethylentetramin Septicämien zu heilen, eine experimentelle Grundlage geschaffen werden. Die Reaktion des arteriellen Blutes ist aus zahl- reichen Einzelbestimmungen, die mit verschiedenen Methoden erhalten wurden, genau bekannt: das ärterielle Blut hat eine

Zeitschr. f. experim. Pathol. u.. Therap. 1, 431, 1905) und R. Rose- mann (Die Wasserstoffionenkonzentration des Magensaftes, Arch. f. d. ges. Physiol. 169, 188, 1917); nämlich 0,06 bis 0,07 bzw. 0,106 bis 0,16. Aus Angaben und Kurvenbeispielen, die L. Michaelis bringt (L. Michaelis und H. Davidsohn, Die Bedeutung und die Messung der Magensaftacidität, Zeitschr. f. experim. Pathol. u. Therap. 8, 398, 1911, und L. Michaelis, Die Methode der elektrometrischen Titration und ihre Anwendung auf den Magensaft, diese Zeitschr. 79, 1, 1917), ergibt sich für den Mageninhalt nach Probefrühstück eine Acidität von meist 0,028 bis 0,0015 n-H-Ionen. Nach Johanne Christiansen (Untersuchungen über die freie und gebundene Salzsäure im Magensaft, I, diese Zeitschr. 46, 24, 1912) liegt der Durchschnittswert zahlreicher Einzelmessungen bei 0,026 n, der Höchstwert bei 0,074 n-H-Ionen.

1) Fr. Auerbach und H. Pick, Die Alkalität von Pankreassaft und Darmsaft lebender Hunde. ‚Arbeiten aus dem Kaiserl. Gesundheits- amt 43, 155, 1913.

Quantit. Messungen über die Spaltung des Hexamethylentetramins. 157

рн von 7,35 !). Pufferlösungen mit dieser H-Ionenkonzentration zerlegen qualitativ nachweisbare Anteile von Hexamethylen- tetramin, und wenn Blutserum mit 0,5°/, Hexamethylentetramin versetzt wird, so ist nach ein- bis mehrstündigem Aufenthalt im körperwarmen Raum Formaldehyd mit der Phloroglucin- probe nachzuweisen. Dagegen ist es bisher noch nicht ge- lungen, im Blutserum von Tieren, die Hexamethylentetramin einnahmen, Formaldehyd nachzuweisen?) ob die Ursache hier- für in zu niedriger Hexamethylentetraminkonzentration im Blute liegt, oder ob der abgespaltene Formaldehyd im Organismus zu rasch oxydiert wird, ist noch unentschieden. Jedenfalls ist das Problem, die Blutflüssigkeit des lebenden Tieres durch Hexamethylentetraminzufuhr zu sterilisieren, durch weitere ex- perimentelle Arbeit zu verfolgen.

Da das Hexamethylentetramin in alle Körperflüssigkeiten, z. B. Galle, Schweiß, Speichel, Cerebrospinalflüssigkeit, Milch übergeht ja es soll durch Verfüttern von Hexamethylen- tetramin bei Hühnern eine dauernde Konservierung der geleg- ten Eier zu erzielen sein! und da diese Körperflüssigkeiten sicher nicht nennenswert alkalischer, z. T. sogar saurer als das Blut reagieren, besteht auch für diese die theoretische Mög- lichkeit einer Sterilisation; doch ist es bisher nicht gelungen, in den genannten Flüssigkeiten nach Einnahme von Hexa- methylentetramin Formaldehyd aufzufinden, während Liquor cerebrospinalis, Ascites, Zysteninhalt, denen !/,, bis !/,°/, Hexa- methylentetramin zugesetzt worden war, nach ein- bis fünf- stündigem Stehen bei 37,59 positive Formaldehydreaktion geben?).

1) Z. В. К. A. Hasselbalch, Die Berechnung der Wasserstoffzahl des Blutes aus der freien und gebundenen Kohlensäure derselben und die Sauerstoffbindung des Blutes als Funktion der Wasserstoffzahl, diese Zeitschr. 78, 112, 1916.

2) P, J. Hanzlic und R. J. Collins, a. a. О. In eigenen Versuchen konnte ich hingegen diese Formaldehydabspaltung in Blutserum nicht finden. Über diese Versuche werde ich in der Münch. med. Wochenschr . demnächst berichten.

з) P. J. Hanzlic und R. J. Collins, Frank Hinman, Der Wert des Hexamethylentetramins als internes Antisepticum, Arch. of internal Medicine 18, 841, 1914; Н. Vindevogel, nach Malys Jahresberichten 82, 124, 1902.

158 P. Trendelenburg:

Neben dem Magensaft ist der Harn die einzige Körper- flüssigkeit, die stärker saure Reaktion erreichen kann; nur in sel- tenen Fällen sinkt die Acidität bis zum neutralen Punkt, ooch seltener wurde eine schwach alkalische Reaktion gefunden, wenn frische Harne, die der ammoniakalischen Zersetzung nicht unter- legen waren, verwendet wurden. Die Minimalwerte der H-Ionen- konzentrationen liegen etwa beim Blutwert. In folgender Tabelle gebe ich eine aus älteren und neueren Untersuchungen gewonnene Übersicht.

Beobachter Maximalwert A ы: дг Minimalwert

у. Вһогег!). . . De 5,5 НёЬегў .... ру 5,0 5,3 6,3 Ringer?) .... Рн 4,96 5,56 6,99 Henderson‘) . . De 5,5 6,2 7,5 Hanzlie und Col-

Det Ze ен De 4,5 6,4 1,4 Henderson und

Palmer‘) `, . . Рн 4,8 6,0 7,5

Aus der Übersicht folgt, daß die H-Ionenkonzentration normaler Harne innerhalb sehr weiter Grenzen liegt: enthält doch ein dem maximalen Aciditätswert sich nähernder Harn über 100 mal so viel H-Ionen als ein neutraler oder schwach alkalischer Urin. Hieraus aber ergibt sich, daß die Geschwindig- keit, mit der Hexamethylentetramin im Harne zerlegt wird, außerordentlich verschieden sein muß. Nach Kurve 2 wird bei Pu 7,5 innerhalb 6 Stunden bei 38° höchstens 1°/,, bei pp 5,0 in der gleichen Zeit dagegen rund 10°/, des zugegebenen Hexa-

1) L. v. Rhorer, Die Bestimmung der Harnacidität auf elektro- metrischem Wege. Arch. f. d. ges. Physiol. 86, 586, 1901.

з) R. Höber, Die Acidität des Harnes vom Standpunkte der Ionen- lehre. Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 3, 525, 1903.

3 W. E. Ringer, Die Acidität des Harnes. Zeitschr. f. physiol. Chem. 60, 341, 1909.

4) Lawr. T. Henderson, Messungen der normalen Harnacidität, diese Zeitschr. 24, 40, 1910.

5) P. J. Hanzlic und R. J. Collins, а. а. О.

©) Lawr. J. Henderson und W. W. Palmer, Über die Höhe der Harnacidität unter normalen und pathologischen Bedingungen. Journ. of biolog. Chem. 13, 393, 1912.

Quantit. Messungen über die Spaltung des Hexamethylentetramins.. 159

methylentetramins gespalten. Die Aussichten, den Blaseninhalt antiseptisch zu beeinflussen, werden also sehr viel günstigere sein, wenn wir für eine ausreichende, möglichst für eine opti- male Acidität des Urins Sorge tragen.

Zusammenfassung.

Es wurde die Abhängigkeit der Hexamethylentetramin- spaltung in Formaldehyd und Ammoniak von der Acidität der Lösung quantitativ verfolgt. Hohe Wasserstoffionenkonzen- trationen begünstigen die Zerfallsgeschwindigkeit sehr stark, so daß in einer Lösung mit einer der "/,,-НСІ entsprechenden H-Ionenkonzentration bei 38° das gesamte Hexamethylentetra- min in etwa 6 Stunden völlig abgebaut ist. Die Geschwindig- keit der Reaktion sinkt mit fallender H-Ionenkonzentration, doch nicht proportional dieser, sondern langsamer. Auch in neutraler Lösung, also bei gleichem Gehalt der Lösung an H- und OH-Ionen wird noch ein meßbarer Anteil des Hexamethylen- tetramins zerlegt (innerhalb 6 Stunden bei 38° etwas unter 1°/,). Der qualitative Nachweis fällt erst bei erheblich alkalischer Reaktion der Lösung negativ aus (bei 6 Stunden langer Ein- wirkung und 36° liegt die Grenze etwa bei 1-10”? g H-Ionen/L, eine solche Lösung wird durch Phenolphthalein stark gerötet).

Hieraus folgt, daß die Substanz im Magen zu einem sehr beträchtlichen Teil zerlegt wird. Eine wenn auch nur geringe Spaltung muß auch im Darminhalt, dem Blute und in den anderen Körperflüssigkeiten, wie Liquor cerebrospinalis, Humor aquaeus, Milch, vor sich gehen, da diese Flüssigkeiten schwächer alkalisch reagieren als der genannte Grenzwert (sie werden durch Phenolphthalein nicht gerötet!). Es bleibt aber eine offene Frage, ob sich Hexamethylentetramin in diesen Körperflüssig- keiten bei lebendem Organismus so stark anreichern läßt, daß in ihnen die baktericide Formaldehydgrenzkonzentration erzielt werden kann. Die Aussichten, durch Hexamethylentetramin- therapie den Blaseninhalt zu sterilisieren, sind bei optimaler Harnacidität außerordentlich viel bessere als bei pessimaler Harn- acidität (= neutraler oder ganz schwach alkalischer Reaktion). Denn die den Hexamethylentetraminzerfall ausdrückende Ge- schwindigkeitskonstante hat bei optimaler Harnacidität einen über 10 mal so hohen Wert als bei neutraler Reaktion.

160

Experimenteller Teil.

P. Trendelenburg:

1. Zerlegung des Hexamethylentetramins in Puffer-

gemischen fallender Acidität.

1. Reihe. 0,29%, Hexamethylentetramin in Si, HO + ®/,-Glykokoll, 8++ 2

nach 10 ір 20,0 ccm = 6,8 mg NH,; 32,4°/, des Hexamethylentetramins zerlegt

» 50 » 70 90 » 120°

nach 15’ a 55 » 105 n 155

nach 25’ n 75 n 125 » 177° 295’ 360’

з

n 20,0 » 15,0 »

n » 20,0 » =179 » n

20,0 n

= 15,6 = 12,7

== 18,8

NH, ; 80,1%), МН,; 86,9%, NH,; 92,09, NH,; 96,8),

2. Reihe. 0,2%, Hexamethylentetramin in sl, DO -+"/,-Glykokoll, 7 -+3

n n n

n H n

іп 15,0 ccm = 4,5 mg NH,; 30,9°/, des Hexamethylentetramins zerlegt » 15,0 » = 9,7 » NH,; 66,79%, » = 12,4 n МН,; 86,29, » 15,0 a = 18,7 n NH,; 93,6%, »

n 15,0 »

3. Reihe. 0,29%, Hexamethylentetramin in ?/ HO + ?/,-Glykokoll, 6+4

n

n

in 20,0 ccm = 5,9 mg МН, ; 30,4°/, des Hexamethylentetramins zerlegt

» 15,0 » n 15,0 » » 15,0

» 15,0

n n 15,0 » = n

= 8,7

n

n n n n

МН,; 59,50), NH,; 76,69, NH,; 88,20], МН,; 96,5%, МН, ; 98,3%),

4. Reihe. 0,2%, Hexamethylentetramin in =/,-HC1 -+ ®/,-Glykokoll, 5 LS

3 3 a з

з з зз

a зз a

nach 20’ іп 20,0 ccm = 2,7mg NH,; 13,69, des Hexamethylentetramins zerlegt

n 65 120’ 190’ 250’ 305’ 360’

з з з з з

nach 30’ n 90 » 165 n 230’ n 360’

n 20,0 n 20,0 n » 15,0 » n 15,0 » » 15,0 » n 15,0 »

іп 25,0 com

n 25,0 » n 20,0 n n 25,0 n

== 6,6 = 9,6 = 92 = 10,4

33333

n 20,0 » =102 »

МН,;; 83,89, МН,; 49,19, МН,; 63,29, МН,; 71,49% МН,; 77,8), МН,; 84,2%,

5. Reihe.

0,2%, Hexamethylentetramin in °/,-НСІ + ?/,-Glykokoll, 3 +7 9,3°/, des Hexamethylentetramins zerlegt

= 2,2 mg NH;;

= 5,1 » МН,; 21,0%, = 68 » МН,; 35,19, =10,0 a NH,; 41,1%,

МН,; 52,69),

з 33333

n

n n n

n

з a a a a

n n n

ER ve d TR

kad n ”n

Quantit. Messungen über die Spaltung des Hexamethylentetramins. 161

6. Reihe. 1°/, Hexamethylentetramin in n-Essigsäure nach 15’ in 25,0 ccm = 7,8mg NH,; 3,1°/, des Hexamethylentetramins zerlegt

» 30 20,0 n = 45» NH; 47% » n n » 60 25,0 » = 8,5 » МН,; 70% » n S » 120 » 20,0 » =10,9 » NH,; 11,2%, » я » 185° » 20,0 » = 11,4 n МН,; 11,79%, » H 180° » 20,0 » =18,7 » NH,; 140%, » » H » 310° » 20,0 » =186 » NH,; 19,1%, » » л » 360° » 20,0 » =20,5 » NH,; 21,1%, » n n

7. Reihe.

19/, Hexamethylentetramin in */,,-Essigsäure + ”/,„-Natriumacetat, 1 + 1 nach 37’ in 25,0 com = 2,7 mg NH,; 2,2°/, des Hexamethylentetramins zerlegt

n 60 » 20,0 n = 2,9 n NH. 3,0%, n ы

n 95° n 25,0 n = 42» МН,; 34% *

» 140 20,0 n = 48» МН,; 45% » n #

» 800° » 20,0 » = 6,4» МН,; 6,7%, » 7 т

n 360° » 20,0 » = 7,8 » МН,; 8,19, » n 8. Reihe.

1°/, Hexamethylentetramin in ®/, prim. +”/, sek. Natriumphosphat, 8 + 2 nach 60’ in 20,0 ccm = 0,7mg МН,; 0,7°/, des Hexamethylentetramins zerlegt

» 135° » 20,0 » = 1,1» NH; 11% » n

320 » 20,0 » = 1,4» МН,; 1,59, » Р e

n 860 n 20,0» = 1,4» МН,; 1,5% » a e 9. Reihe.

1°/, Hexamethylentetramin in */, prim.+-®/, sek. Natriumphosphat, 1+1 nach 60’ іп 20,0 ccm = 0,3mg МН,; 0,3°/, des Hexamethylentetramins zerlegt

» 185° » 200» = 0,5 » NH; 05% » в e

» 190° » 20,0 » = 0,6 n NH,; 0,69%, » n

» 800 » 20,0 » = 09» NH,; 0,90, » e

360° »„ 20,0 » = 09» МН,; 0,99, » S s 10. Reihe.

1°/, Hexamethylentetramin gab mit 1°/, Phloroglucin, in 33°/, Natron- lauge gelöst, folgende Formaldehydreaktion (Rotfärbung):

Hexamethylentetramin gelöst in: nach 60’ nach 360’ a) 5,5 */,,-МН,ВО, + 4,5 */, HCl ++ +++ b) 5,75 ®/,0-NaH,BO, + 4,25 */„„-НС1 ++ +++ с) 7,0 °/,,-МаН,ВО, +3,0 *%/,,-НСІ + ++ d) 7,5 */,,-МаН,ВО, +2,5 "/„-НС1 + + е) 8,0 */,,-МаН,ВО, + 2,0 ®/, HCl 0 + f) 9,0 */,-МН,ВО, +1,0 */„-НС1 0 0

162

I 3 a a a a d ds a a a

N El e

P. Trendelenburg:

2. Colorimetrische Bestimmung der H-Ionen- exponenten nach Sörensen.

Im Beginn Nach 360’ Indicator 1 0,5 0,6 Methylviolett 2 0,7 0,8 n 3 1,0 1,1 n 4 1,7 1,7 т 5 26 2,6 6 8,9 4,0 Methylorange, Lackmus 7 5,2 5,2 Alizarinsulfosaures Natrium 8 6,3 6,3 Neutralrot, Rosolsäure 9 6,75 6,75 n 10а) 8,2 8,2 «&-Naphtholphthalein 10b) 8,4 8,4 Phenolphthalein 10 с) 8,75 8,75 D n 10d) 8,9 8,9 D n 10 e) 9,0 9,0 n D 10 f) 9,1 9,1 n n 3. Kontrollversuche. Gehalt dat in dis меры NDR enden im райы, N als NH,C1 Formaldehyd N mg g mg =), 6,6 0,066 6,65 100,9 6,6 0,156 6,65 100,9 6,6 0,660 6,59 99,8 13,5 0,030 13,7 101,5 13,5 0,060 13,7 101,5 13,5 0,100 13,3 98,5 13,5 0,300 13,4 99,3 4. Reaktionsgeschwindigkeitskonstanten (x ee ) | t c—ı t= Zeit nach Versuchsbeginn. œ= umgesetzte Menge. c= Anfangs- konzentration. 1. Reihe. _ 2. Reihe. с—хж==65 k = 0,043 t= W с—х—<—61,55 k= 0,024 c— r= 46 k— 0,039 t= 40 с—2= 41,5 Е 0,022 c— r= 84 k = 0,035 t= 607 с— == 80 k = 0,020 c— == 25 k = 0,085 t= 80 с— == 22 k = 0,019 c— z= 16,5 k=0,080 t=1lW с— == 16 k = 0,018 с— == 10 k = 0,029 t=120 с— == 11,5 k=0,017

Quantit. Messungen über die Spaltung des Hexamethylentetramins. 163

= 0 t= 40 t= 60 t= 80 t=1W’ #= 150 t = 200’ t= 20 t= 40 t= 60 ‚= 100 t—= 150” t = 200 t= 250 t = 300 t = 350 t= 40 t= 80 t=100 4=— 150 t = 200’

3. Reihe. c— z= 78 c— z= 57,5 c— х= 47 c х == 88,5 с— z= 81 с— х = 17,5 è— == 10

4. Reihe. с x = 86,5 c— х= 77 с z= 68,5 с— х= 56 с— 2 == 44,5 с z = 85,5 с х = 28,5 с r = 22 с— х = 18

5. Reihe.

с х = 88 с z= 19,5 с = = 16 c— == 67,5 с 2 = 61,5

k = 0,016 k = 0,014 k= 0,012 k= 0,012 k = 0,012 k = 0,012 k = 0,012

k = 0,0073 k = 0,0068 k = 0,0063 k = 0,0058 k = 0,0054 k = 0,0052 k = 0,0050 k = 0,0050 k = 0,0049

k = 0,0032 k = 0,0029 k = 0,0027 k = 0,0021 k = 0,0025

Biochemische Zeitschrift Band 95.

t= 250 t = 300 t = 350’ t= 50 t= 100 t= 150’ t= 200 t= 250’ t = 300 t = 350 t= 60 t= 140 = 360 t= 60 t= 135’ t = 360’ t= 60’ t= 190 t= 360

c— z= 56,5 k= 0,0023

с— z= 52 k = 0,0026

c z= 48,5 k= 0,0021 6. Reihe.

c— z= 98,5 k= 0,0013

c—x=90 k= 0,0011

c— x= 87,5 k= 0,00089

c—x=85 k= 0,00081

c—z=83 k= 0,00075

c—xz=8l k= 0,00070

c x= 79,5 k= 0,00066 7. Reihe.

c x = 97,8 k= 0,000387

с z= 95,5 k= 0,00016

c—z=91,9 k= 0,00024 8. Reihe.

c x= 99,8 Е 0,00012

c x= 98,9 k= 0,000082

c— z= 98,5 k= 0,000042 9. Reihe.

c z = 99,7 Е 0,000050

с z= 99,4 k= 0,000031

c z= 99,1 k= 0,000025

12

Über die Alkaloide bei Verwundungen der Pflanzen.

Von О. Tunmann.

(Eingegangen am 13. April 1919.)

Wir sind über die Frage, wie sich die Alkaloide bei Ver- wundungen von Pflanzen verhalten, nur recht mangelhaft unter- richtet. Es ist nicht sicher festgestellt, ob die Verwundung eine Vermehrung oder Verminderung der Alkaloidbildung zur Folge hat. Meines Wissens hat nur Troegele!) die Frage näher verfolgt und unter Hinweis auf die Cinchonen eine Ver- mehrung der Alkaloide bei Verwundungen angenommen. „Ein Beispiel dafür, daß im Anschluß von Verwundung eine reich- lichere Alkaloidbildung stattfindet, sind die Cinchonen, bei denen nach Entfernung der Rinde ein hoher Alkaloidgehalt in der sich neu bildenden Rinde beobachtet werden kann.“ Des weiteren hat Troegele eigene Versuche an Atropa Bella- Чоппа angestellt. Er schnitt aus dem Stengel 5 com lange, bis ins Mark gehende Stücke heraus und fand: „eine außer- ordentliche starke Anhäufung von Alkaloiden an der verletzten Stelle, und zwar in allen histologischen Elementen; aber auch die der Wundfläche naheliegenden Gewebepartien zeigen diese Überschwemmung mit Alkaloiden.“ Vermutlich seien die Al- kaloide nach der Wundfläche geleitet worden, da nach früheren Untersuchungen die Wanderung der Alkaloide in der Achse erwiesen sei. Wie man sieht, ist die ganze Frage so gut wie ungeklärt.

Zunächst möchte ich drei verschiedene Fälle auseinander-

1) F. Troegele, Über das Verhalten der Alkaloide in den Organen der Atropa Belladonna L., Würzburger Dissertation 1900, S. 82%.

O. Tunmann: Alkaloide bei Verwundungen der Pflanzen. 165

halten: I. der Wundreiz kann eine Änderung im histologischen Aufbau zur Folge haben, wodurch eine Änderung im Alkaloid- gehalt bedingt wird. II. Selbstverständlich werden bei Ver- wundungen die Alkaloide sich aus den angeschnittenen Zellen an der Wundfläche anhäufen. An dieser Anhäufung können sich die Alkaloide der benachbarten Gewebe beteiligen (Ände- rung der osmotischen Verhältnisse). III. Der Wundreiz könnte direkt eine Alkaloidvermehrung zur Folge haben, die gleich- zeitig mit dem Prozeß der Wundvernarbung stattfindet.

Naturgemäß sind hier die milchsaftführenden Alkaloid- pflanzen auszuscheiden. Ganz allgemein. ist es nicht angängig, die bei jenen Pflanzen gemachten Befunde auf die übrigen Alkaloidpflanzen zu übertragen, wie es in neuester Zeit giel fach geschieht.

Gehen wir nun auf die oben genannten drei Fälle näher еш. I. Die Annahme Troegeles, daß der Wundreiz bei den Cinchonen eine reichlichere Alkaloidbildung bedingt, trifft nicht zu. Der höhere Alkaloidgehalt der sogenanntsn renewed bark ist auf die reichliche Bildung parenchymatischer Elemente zu- rückzuführen [Tschirch')]. Nur die Parenchymzellen führen Alkaloide, wie zuerst einwandfrei makrochemisch von Carl Müller (Heidelberg 1869), mikrochemisch von Parfenow (Dor- pat 1885) gezeigt wurde. Die Bastfasern sind alkaloidfrei. Auch bei der Yohimbe-Rinde erhält man im Wundparenchym be- sonders scharfe Alkaloidreaktionen. „Ebenso wie bei den Cin- chonen fehlen bei Coryanthe im Wundparenchym die alkaloid- freien Bastfasern, die natürlich den Gesamtgehalt der Rinde herabsetzen“ [Tunmann?)]. Somit steht bei diesen Pflanzen die Alkaloidvermehrung nur indirekt mit dem Wundreiz in Verbindung. Durch die Verwundung erfolgt nur eine vermehrte Bildung von Parenchym.

П. Troegele schnitt aus der Achse von Atropa Bella- donna 6 cm lange, bis ins Mark reichende Stücke heraus. Da mir die Pflanzen bei diesen Verwundungen erkrankten, stach ich mit einem scharfen Korkbohrer 3 bis 4 mm breite Stücke

1) Tschirch in Tschirch-Oesterle, Anatomischer Atlas, S. 35. з) Tunmann, Über angewandte Pflanzen-Mikrochemie, Natur- forscher-Vers., Karlsruhe 1911. 12*

166 O. Tunmann:

heraus und stützte auf beiden Seiten die Pflanzen durch schmale Schienen. Nach etwa vier Wochen wurden die durch verkorktes Parenchym abgeschlossenen Wunden untersucht. Mikrochemisch konnte eine Alkaloidvermehrung nicht wahr- genommen werden, insbesondere war eine „Überschwemmung .der Wundstelle mit Alkaloiden“ bei den angestellten vier Ver- suchen ausgeschlossen. Troegele zieht zur Erklärung seines Befundes die Wanderung der Alkaloide in der Achse heran. Aber diese erfolgt, soweit wir es derzeit beurteilen können, ungemein langsam. Normalerweise alkaloidfreie Zellen waren nach der Vernarbung noch alkaloidfrei. Man kann bis jetzt nur sagen, daß bei Verwundungen sich lediglich jene Alkaloide anhäufen, die in den angeschnittenen Zellen und in den diesen benachbarten Zellen enthalten waren.

ПІ. Es ist von vornherein wenig wahrscheinlich, daß der Wundreiz eine Alkaloidvermehrung bedingt. Die Alkaloide kommen als Bausteine bei der Wundheilung nicht in Betracht. Hierzu dienen in erster Linie Polysaccharide und Fettsäuren (zur Membranbildung, zur Kutinisierung und Verkorkung). Bei Pflanzen mit Glucotannoiden erfolgt an der Wundstelle eine Spaltung dieser Körper, die gerbstoffartigen Spaltlinge gehen durch Oxydation in Phlobaphene über und durchtränken die Membranen. Die Alkaloide verkleben auch nicht die Wunde wie Harz oder Milchsaft.

Um künstliche Eingriffe auszuschalten, wurden die durch Erdflöhe und Schnecken heimgesuchten Blätter von Atropa Belladonna untersucht.

Die von den Larven der Erdflöhe angefressenen Blätter sind bekanntlich stark „durchlöchert“. Der die Löcher um- gebende Hof erscheint hellgelb und ist chlorophylifrei. Mikro- chemisch gibt dieser Hof keine Alkaloidreaktion. Es muß angenommen werden, daß die vorhandenen Alkaloide zersetzt sind und neue Alkaloide nicht mehr gebildet wurden. Es wurden einige quantitative Bestimmungen an gleich großen Blättern ausgeführt, und zwar wurden die ausgezogenen Al- kaloide mit Kieselwolframsäure gefällt (Näheres über das Ver- fahren ist in der Dissertation des Herrn Ed. Baur, Bern 1919, zu ersehen).

\

Alkaloide bei Verwundungen der Pflanzen. 167 Frühjahr Juni Ende Juli

lo % °% Angefressene Blätter. 0,044 0,039 0,023 Ganze Blätter . . . 0,041 0,043 0,030

Zu diesen Werten ist zu bemerken, daß im Belladonna- blatt die Hauptmenge der Alkaloide in den Nerven auftritt, und daß andererseits die Erdflöhe nur die Lamina anfressen.

Des weiteren wurde der Alkaloidgehalt von Gehäuse- Schnecken angefressener Blätter, sowie der Gehalt gleich großer und zu gleicher Zeit geernteter ganzer Blätter bestimmt.

Angefressene Blätter . 0,049°/, (auf Frischgewicht bezogen) Ganze Blätter . . . 0,0879/, ( » » » )

Der höhere Gehalt der angefressenen Blätter ist hier ebenfalls auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Schnecken vorzugs- weise die alkaloidarme Lamina fressen. Nun wurde der Ver- such wiederholt, aber nur die bis zur Mittelrippe abgetrennten Blatthälften in Untersuchung genommen.

I п

le >Si Angefressene Blatthälften 0,027 0,022 (auf Frischgewicht bezogen) Ganze Blatthälften . . . 0,026 0,022 ( » » » )

Bei den bisher angeführten Versuchen stammte das Matgrial von im Freien wachsenden Sträuchern her.

« Zu der folgenden Bestimmung (ausgeführt nach dem Deut- schen Arzneibuch) benutzte ich frische am Zweige befindliche Belladonnablätter. Die Gehäuseschnecken (Helix-Arten) nehmen auch nach längerer Hungerzeit die Blätter niemals an, selbst nicht die frisch gepflückten. Erst wenn die Blätter kräftig be- netzt sind, werden sie gierig verzehrt!). Die Schnecken wurden

1) Man nimmt allgemein an, daß die Schnecken unempfindlich für bestimmte Alkaloidpflanzen sind (Spezialisten im Sinne von E. Stahl). Nach meinen Erfahrungen fallen noch weitere Punkte wesent- lich in Betracht. Es ist mit Sicherheit festgestellt, daß der Alkaloid- gehalt in der Lamina der Blätter von Atropa nach längerer Regenzeit ein bedeutend geringerer ist als bei schönem Wetter. Nach Regen- wetter finden sich die Alkaloide vorzugsweise in den Hauptnerven. Die Schnecken fressen aber nur gut benetzte Blätter, also nur Blätter nach dem Regen, d.h. alkaloidarme. Die stärkeren Nerven werden weniger verzehrt und überdies in unverdautem Zustande ausgestoßen. Nur die

168 O. Tunmann:

nun nur auf den einen (angefeuchteten) Blatthälften zum Fraße zugelassen, und zwar so lange, bis annähernd ein Drittel der Blattfläche verzehrt war. Alsdann wurde der Zweig auf zwei Tage ins Wasser gestellt. Schließlich wurden die Blatthälften scharf am Hauptnerv abgetrennt und quantitativ untersucht.

°% Ganze Віа еп . . . (im Mittel) 0,032 (auf Frischgewicht) Angefressene Blatthälften ( » » ) 0,029 » )

Sämtliche Bestimmungen stimmen mit den mikrochemi- schen Befunden überein und zeigen, daß der Wundreiz auf die Alkaloidbildung keinen Einfluß ausübt und daß an den Wund- rändern keine Anhäufung der Alkaloide stattfindet.

Die an Atropa Belladonna erzielten Ergebnisse wurden an Pilocarpus pennatifolius Lem. ergänzt. Die Versuchspflanze war eine neunjährige kräftige Topfpflanze. In gleich langen Blättern wurden an den einen Blatthälften mit einem Kork- bohrer Blattstückchen herausgehoben. Die Blätter verblieben darauf noch zwei.Wochen an der Pflanze. Einige Blätter zeigten um die Wunde größere etiolierte Zonen. Die meisten Blätter blieben völlig grün, die Wunden waren vernarbt, überwiegend mit harzigem Sekret (aus den schizolysigenen Drüsen) ver- schmiert. In den Wundrändern waren Alkaloidreaktionen zweifelhaft. Nach zwei Wochen wurden die Blätter abgepom- men, die Blattbälften an der Mittelrippe abgeschnitten und sofort untersucht. Bestimmung nach Keller-Fromme:

Lamina fällt der Verdauung anheim.' In den ausgestoßenen Nerven- stückchen habe ich stets schärfere Alkaloidreaktionen erhalten als in den Exkrementen. Zuweilen gelang der Alkaloidngchweis in den Ex- krementen nicht. Hasen und Kaninchen sollen nach Angaben der Literatur bei ausschließlicher Fütterung mit Atropa Belladonna gut ge- deihen. Nur Peyer (Biolog. Studien über Schutzstoffe, Jenaer Dissert. 1911) fand, daß diese Tiere Atropablätter niemals annahmen. Bei unseren Versuchen fraßen stark hungernde Kaninchen zunächst die Blätter, nahmen sie aber bei der zweiten Fütterung nur wenig und mit sichtbarem Widerwillen an. In den Exkrementen gelang der Nachweis der Alkaloide nicht. Dieser Befund scheint mir die Angaben von J. Clark zu bestätigen (Brit. med. Journ. 26. X. 1912), nach denen die Kaninchen in der Leber Enzyme enthalten, die Atropin zersetzen.

Alkaloide bei Verwundungen der Pflanzen. 169

Trocken- Alkaloid Alkaloid substanz g °% | 10 Blatthälften, 11 ст lang. . 6,34 0,058 = 0,91 Die zugehörigen, ausgestochenen 10 Blatthälften . . .... 4,58 0,041 = 0,89

Die herausgestoßene Blattmasse war für eine quantitative Be- stimmung zu gering.

Somit stimmt Pilocarpus pennatifolius Lem. mit Atropa Belladonna L. überein. Eine Anhäufung der Alkaloide findet bei auf künstlichem oder natürlichem Wege entstandenen Blatt- wunden nicht statt. Bei den Achsen sammeln sich an den Rändern der Wunde nur die Alkaloide der angeschnittenen Zellen und der diesen benachbarten Zellen an. Der Wund- reiz übt auf die Alkaloidbildung keinen Einfluß aus.

Untersuchungen über Säurebildung bei Pilzen und Hefen III. Mitteilung.

Von Friedrich Boas und Hans Leberle.

(Aus dem botanischen und dem chemisch-technischen Laboratorium der

Akademie Weihenstephan.) |

(Eingegangen am 14. April 1919.) Mit 3 Kurventafeln im Text).

In der vorliegenden Arbeit kommen Versuche zur Dar- stellung, in denen unser Versuchspilz Aspergillus niger zur Deckung seines Stickstoffbedürfnisses bei seinem Eiweißaufbau stets 2 Stickstoffverbindungen zur Verfügung hatte. Die eine dieser Stickstoffverbindungen war bei allen Versuchen Ammonsulfat; die andere Asparagin oder Acetamid, oder eine Aminosäure, wie Glykokoll. Es hat der Pilz demnach die Wahl zwischen dem Verbrauch von Ammonsulfat, wobei sich stets freie Schwefelsäure bildet und alle Folgen der Wirkung starker Säuren sich bemerkbar machen, und dem Verbrauch der erwähnten organischen Stickstoffverbindungen, bei deren Verarbeitung keine starken Säuren oder sonstige schädliche Stoffwechselverbindungen auftreten. Es handelt sich also bei unserer Versuchsanordnung, wo infolge der Zusammensetzung der Nährlösung eine Neutralisation der gebildeten Säure un- möglich war, um die Wahl zwischen den schädlich werdenden anorganischen und den unschädlichen organischen Stickstoff- verbindungen. Die folgenden Untersuchungen bringen daher

1) Siehe diese Zeitschr. 90, 78ff., 1918 und 92, 171ff., 1918.

F. Boas u. H. Leberle: Säurebildung bei Pilzen und Heften ПІ. 171

einen Beitrag zur Lehre von dem elektiven Stickstoffwechsel, was insofern wichtig ist, als eingehende Versuche in dieser Richtung, abgesehen von den Arbeiten Zaleskis!), noch nicht vorliegen. Zwar ist allgemein bekannt, daß z. B. Ammonsalze durchwegs den Nitraten vorgezogen werden, doch fehlt es hier noch sehr an genaueren Arbeiten. Die vorliegenden Darstel- lungen sind auch insofern von Interesse, als sie quantitative Untersuchungen allerdings nur der Werte der aktuellen Säure bringen, woran es bis jetzt gefehlt hat; jedenfalls können unsere Messungen als quantitativ angesehen werden, wenn auch in einzelnen Fällen vielleicht eine eingehendere chemische Analyse noch erwünscht gewesen wäre. Ез sind in der vorliegenden Arbeit neben den Zahlen der [Wrsentöffionenkonsentraiion noch alle irgendwie nötigen Angaben, wie Erntegewicht, Auf- treten von Ammoniak in der Nährlösung, Ausbildung der Ko- nidien vorhanden, um in allen Fällen ein klares Bild zu er- langen, da z. В. die pp-Werte an sich gar nichts aussagen, wenn nicht auch die morphologischen Angaben als Vergleichswerte der Wachstumsintensität vorhanden sind. Ohne die gleichzeitige Verwertung aller Angaben müssen eben die Ergebnisse immer unbestimmt und ungenügend für weitere Schlüsse bleiben. Die Nährlösung war wie bei unseren früheren Versuchen °) zusammengesetzt, ebenso waren die Kulturbedingungen dieselben. In Versuch 41 wurde ausschließlich Acetamid, in Versuch 25 nur Ammonsulfat verwendet. In Versuch 42 wurde eine Mi- schung dieser beiden Stickstoffquellen angewandt. Die Kon- zentration der Kohlenstoffquelle betrug 5°/, Dextrose. In Ver- such 41 und 25 wurde je 0,5°/, Stickstoffquelle gegeben, in Versuch 42 je 0,25°/, Acetamid und Ammonsulfat verwendet. Acetamid ist als Säureamid eine ziemlich schlechte Stick- stoffquelle®), ist aber im Gegensatz zu Ammonsulfat ziemlich lipoidlöslich, es besteht also, falls die Lipoidlöslichkeit den Verbrauch reguliert, die Möglichkeit, daß Acetamid in Stickstoff-

1) W. Zaleski und W. Israilsky, Ber. d. Deutsch. botan. Ges. 32, 472 bis 479, 1914; ferner W.Zaleski und D. Pjukow, ebenda 479 bis 483, 1914.

2?) F. Boas und Hans Leberle, diese Zeitschr. 90, 78 ff. und 92, 170#:., 1918.

2) Vergl. hierzu die Arbeiten von Czapek, Lutz, Boas.

172 F. Boas und H. Leberle:

gemischen dem Ammonsulfat vorgezogen wird. Bei Verarbeitung des Ammonsulfates kommen bekanntlich alle Einflüsse der frei werdenden starken Schwefelsäure zur Geltung, nämlich Unter- drückung der im normalen Stoffwechsel auftretenden Oxalsäure, Bildung löslicher Stärke und Verzögerung der Konidienbildung. Es handelt sich also um tief in den Stoffwechsel einschneidende Störungen. Theoretisch bzw. teleologisch könnte also im vor- liegenden Fall sehr wohl das harmlose Acetamid dem schädlich wirkenden Ammonsulfat vorgezogen werden. In Wirklichkeit wird Ammonsulfat verarbeitet und Acetamid quantitativ un- berührt gelassen, wie die folgenden p„-Werte zeigen:

Versuch 41 42 48 25 Dextrose- Dextrose- Acetamid- Dextrose- Dextrose- Acetamid Ammonsulfat Ammonsulfatt Ammonsulfat END (је 0,25%/,) KIND 4 MN Kontrolle ру 4,86 4,38 4,68 4,12 2. Tag 3,76 e 2,47 1,89 1,84 3. n 3,49 1,91 1,70 1,68 ‚4. » 8,40 1,67 1,70 5. » 8,17 1,74 1,84 6. » 1,93 7.» 2,55

Wie die Säurewerte zeigen, stimmen die Maximalzahlen der in Betracht, kommenden Versuche so vollkommen überein (Pa 1,67 Versuch 42, рр 1,70 Versuch 48 und py 1,68 Ver- such 25), daß der Schluß als einwandfrei erscheint, daß Acet- amid neben Ammonsulfat vollkommen unberührt bleibt. Die Lipoidlöslichkeit des Acetamides ist demnach als be- deutungslos für die Möglichkeit seines Verbrauches zu betrachten.

ў Wir lassen auch noch die Erntegewichtszahlen, die ganz in dem vorgetragenen Sinne sprechen, hier folgen:

Versuch 41 42 48 Dextrose- Dextrose-Acetamid- Dextrose- Acetamid Ammonsulfat Ammonsulfat 2. Tag 0,008 g 0,287 g sofort viele weiße Decke

Konidien

Säurebildung bei Pilzen und Hefen. III. 173

Versuch 41 42 48 Dextrose- Dextrose Acetamid- Dextrose- Acetamid Ammonsulfat Ammonsulfat 3. Tag ‚0,0095 g 0,729 g 0,832 g weiße Decke 4. n 0,0145 » ` 1,115» 0,852 g 5. n 0,0240 » 1,089 » wenig Konidien T » ' 0,935 g

Das Vorhandensein von Oxalsäure in der Nährlösung zeigt folgende Übersicht:

Versuch 41 42 48 2. Tag Sech SE 3. a (+) Spur A. » + deutlich p =

Statt der Oxalsäure findet sich als Schwefelsäurewirkung in Versuch 42 (48 als Vergleich) lösliche Stärke in der Nähr- lösung, wie die folgende Übersicht zeigt. Lösliche Stärke in der Nährlösung am:

Versuch 41 42 48 Tag (keine lösliche Stärke, 5 u weil mit der entstehen- H = x = den Oxalsäure eine zu 7 geringe Menge [Н-] er- n PS zielt wird)

+ (+) Spur

++

Fig. 1. Kurve I. Mischung von Stickstoffquellen. 7 Organismus: Aspergillus niger, Versuch 41. Dextrose - Aoeta 2 mid. 25. Dextrose-Am- ; monsulfat. л 42, Dextrose-Aceta- „P mid- Ammon- Р sulfat.

Auch aus dieser vergleichenden Übersicht kann daher der berechtigte Schluß gezogen werden, daß bei gleichzeitigem Vor- handensein von Acetamid und Ammonsulfat nur letzteres ver- braucht wird, Acetamid aber nicht in den Stoffwechsel für den Eiweißaufbau gezogen wird.

174 F. Boas und H. Leberle:

Die Py -Werte dieser Versuchsreihen sind in Kurve I zu- sammengestellt. Diese Kurve macht im Verein mit den vor- stehenden Angaben eine weitere Erörterung unnötig.

II.

Wenn wir statt der Kombination Säureamid-Ammonsulfat die Kombination Amid-Aminosäure wählen, so erhalten wir insofern ganz genau die gleichen Verhältnisse, als nämlich die lipoidunlösliche Aminosäure dem lipoidlöslichen Amid fast quantitativ vorgezogen wird. Als Amid wurde wieder Acetamid und als Aminosäure Glykokoll gewählt. Säurewirkungen durch stoffwechselfremde Säuren bleiben hier aus, denn in beiden Fällen entsteht das normale Stoffwechselprodukt des Aspergillus niger, die Oxalsäure. Wie die Kurve II zeigt, beeinflußt Acet- amid den Verlauf der Säurebildung kaum. Charakteristisch ist für Glykokoll allein, wie für die Mischung Acetamid-Glykokoll der starke Abfall der Kurve; dieser Abfall fällt in der Haupt-

sache mit dem Auftreten von viel Ammoniak in der Nährlösung zusammen als Folge von Desamidierung von Glykokoll und der ` durch Selbstverdauung (Proteolyse des Pilzes) auftretenden großen Men- genvon Ammoniak undal- kalisch reagierenden Ver- bindungen. Dagegen tritt in der Acetamidlösung Ammoniak erst nach langer Versuchsdauer auf. Die Erntegewichte, eben- so das Auftreten von Fig. 2. Kurve П. Konidien, stimmen bei Glykokoll (45) und Gly- kokoll-Acetamid (43) so genau überein, daß der Schluß ge- rechtfertigt ist, daß Acetamid jedenfalls nur in Spuren verarbeitet werden kann. Die sämtlichen hierher gehören- den Angaben sind in der folgenden Übersicht vereinigt.

Säurebildung bei Pilzen und Hefen. III. 175

Legende zu Kurve II. Versuch 41, 45, 43.

Versuch 41 45 43 Dextrose- Dextrose- Dextrose- Acetamid Glykokoll Glykokoll-Acetamid (0,5%) (0,5%) бе 0,25%) 1. Erntegewichte. am 2. Tag 0,008 g 0,3585 g 0,321 g n 3. » 0,0095 » 0,6645 » 1,0085 » n 4. n»n 0,0145 » 0,9030 » 1,253 » n 5. » 0,0240 » 0,9240 » 1,070 » 0,714 » 2. Neßlerreaktion. am 2. Tag n 3. n + gelb » 4. » -— + stark + n 5. n»n ++ n + n 7. » ++ » ++ 3. Konidienbildung. am 2. Tag Viele Schneeweiße Weiße Decke Konidien Decke n 3. ». до. до. Wenig Konidien n 4. n Schwarze Wenig Konidien n D Pilzdecke n 5. » do. Viele я Viele 4. Werte der aktuellen Säure. рн Kontrolle 4,86 4,88 4,77 am 2. Tag 3,76 3,26 3,75 n 3. » 3,49 2,77 2,81 n 4. » 3,40 2,53 3,48 n 5 » 3,17 3,26 4,86 » 7.» 4,19 7,12 III.

Als dritten Versuch für die Auswahl der Stickstoffquelle durch den Pilz wählten wir ein hochmolekulares Eiweiß, Pepton in der Mischung mit Ammonsulfat.

Auch in dieser Mischung wird wie in den Versuchen 41 bis 42 (Acetamid-Ammonsulfat) quantitativ das Ammonsulfat verbraucht, obwohl Pepton eine sehr gute Stickstoffquelle ist.

In Versuch 46 wird als Stickstoffquelle Pepton verwendet, während der zum Vergleiche mit angeführte Versuch 25 Ammon- sulfat enthält. In Versuch 47 ist wieder durch Mischung gleicher

176 F. Boas und Н. Leberle:

Teile der beiden Stickstoffquellen von 46 und 25 die Konzen- tration der Stickstoffquelle је 0,259/,.

Die рһ-Ұегќе kommen in der Kurve III zur Darstellung, während die übrigen zum Verständnis nötigen Zahlen wie die Angaben: über Erntegewichte, Ammoniakreaktion und Konidien- bildung in der folgenden Tabelle niedergelegt sind.

Versuch 46 Versuch 47 Versuch 25

Dextrose-Pepton- Dextrose- Dextrose-Pepton Ammonkuftat Ammonsulfat (0,59/,) бе 0,259/,) (0,5°,) Ausgangs-py 5,65 5,53 4,12 nach 2 Tagen 3,09 2,36 1,84 » З n 2,62 1,87 1,68 n 4 n 2,29 1,91 1,91 n 5 n 2,11 1,94 n 6 n»n 1,93 n 2,45 1,94 Fig. 3. Kurve III. Legende zu Kurve III. Versuch 46 Versuch 47 Dextrose-Pepton ek er Erntegewichte: 2. Tag 0,1580 g 0,2450 g 3. » 0,2440 » 0,5385 » 4. » 0,3310 » 0,6890 »

5. » 0,7020 » 0,8000 »

Säurebildung bei Pilzen und Hefen. III. 177

Neßlerreaktion: 2. Tag ++ sehr stark 3. n + Abnahme deutlich! 4. » Nur noch Spuren (schwache Gelbfärbung der Nährlösung) 5. Nur noch Spuren Konidienbildung: 2. Tag Sehr wenig schneeweiß 5. » mäßig weniger als 46

Die p„-Werte der Versuche 47 und 25 liegen so nahe beieinander, nämlich py 1,68 in Versuch 25 und 1,87 in Ver- such 47, daß man von einem fast ausschließlichen Verbrauch von Ammonsulfat sprechen kann, daß also Pepton unberührt bleibt. Wenn die immerhin bemerkliche Differenz von 0,19 zwischen den beiden Versuchen besteht, so darf nicht übersehen werden, daß die Ausgangswerte mit рр 5,53 in Versuch 47 und 4,12 in 25 beträchtlich auseinanderliegen und daß ver- mutlich Pepton eine gewisse Menge von Wasserstoffionen weg- fangen wird. Aus diesen Gründen darf die erwähnte Differenz als unwesentlich betrachtet werden. Auch der Verlauf der beiden Kurven, die, von dem verschiedenen Ausgangspunkt abgesehen, völlig parallel sich verhalten, und der völlig iden- tisch absteigende Ast des zweiten Teils der Kurve sprechen dafür, daß іп Pepton-Ammonsulfatgemisch nur Ammonsulfat verarbeitet wird.

Die Erntegewichte lassen deutlich den Einfluß von Ammon- sulfat erkennen, das Wachstum erfolgt rascher, aber als Folge der stärkeren (Н) in der Nährlösung wird die Konidienbildung verlangsamt. Bemerkenswert ist ganz besonders das Ver- schwinden von Ammoniak in der Nährlösung in Ver- such 47; dies zeigt ja allein schon den raschen Verbrauch von Ammonsulfat an. In der Peptonkultur (Versuch 46) tritt in der Versuchszeit kein Ammoniak auf; daher ist auch aus diesen Angaben auf den alleinigen Verbrauch von Ammonsulfat in Versuch 47 zu schließen. Wenn außerdem Ammonsulfat allein verbraucht wird, dann muß es sehr rasch verschwinden, weil 0,25 bis 0,3°/, Ammonsulfat gerade die nötige Stickstoffmenge liefern, damit der Pilz 5°/, Dextrose verarbeiten kann. Auch

178 F. Boas u. H. Leberle: Säurebildung bei Pilzen u. Hefen. III.

diese Forderung ist erfüllt, indem, wie die Angaben zeigen, Ammonsulfat bereits am 4. Tag nur noch in Spuren vorhanden ist.

Als gemeinsames Merkmal ist den sämtlichen angeführten Versuchen eigen, daß, wenn Aspergillus niger die Wahl zwischen zwei Stickstoffquellen hat, von denen die eine еіп Ammonsalz der starken Mineralsäuren ist, er dann immer das Ammonsalz verbraucht und zwar so ziemlich allein. Daß dabei eine hohe Wasserstoffionenkonzentration entsteht und alle die schädlichen Folgen hoher (Йй), wie Auftreten löslicher Stärke in der Nähr- lösung sowie teilweise Hemmung der Konidienbildung eintreten, zeigt, daß einzig physikalisch-chemische Gesichtspunkte über den Verbrauch der Stickstoffverbindungen ent- scheiden.

Die Ammonsalze unterscheiden sich nun durch die Größe der Dissoziation beträchtlich von allen anderen verwendeten Stickstoffverbindungen, wie Glykokoll, Acetamid, Pepton. Die Größe der Lipoidlöslichkeit dagegen spielt offenbar keine Rolle, sonst müßte das lipoidlösliche Acetamid dem lipoidunlöslichen Ammonsulfat vorge- zogen werden. Als allgemeines Resultat ergibt sich, daß stark dissoziierte Stickstoffverbindungen schwach dissoziierten vorgezogen werden, selbst wenn dabei schäd- liche Nebenwirkungen, wie starke Säurewirkungen und deren Folgen, z. B. Unterdrückung der Konidienbildung, Bildung lös- licher Stärke in der Nährlösung, sich einstellen. Teleologisch gesprochen wird also das schädlich wirkende Ammonsalz den harmlosen organischen Stickstoffverbindungen vorgezogen, auch wenn dabei der Pilz sich stark schädigt oder durch Säure fast vergiftet.

Nachtrag zu unserer 1. Arbeit.

Auf Seite 80 dieser Zeitschrift Bd. 90 1918 haben wir unter den Autoren, die den Lüersschen Standpunkt des Säureoptimums der Hefe bei рн 2,73 übernommen haben, auch Н. v. Euler erwähnt. Euler legt nun brieflich Wert darauf, festgestellt zu sehen, daß er gegenteiliger Ansicht ist. Diese Richtigstellung des Eulerschen Standpunktes wollen wir hiermit erfolgen lassen. Möglich war unsere andere Auffassung, weil aus der angezogenen Stelle bei Euler und Lindner (Chemie der Hefe und der alkoholischen Gärung) der Eulersche Standpunkt nach unserer Meinung nicht völlig klar hervorgeht.

Zur Methodik der chemischen Blutanalyse.

I. Kritik der Enteiweißungsmethoden.

Von

M. Richter-Quittner.

(Aus dem chem. Laboratorium des Kaiserin-Elisabeth-Spitales in Wien; Vorsteher Prof. Dr. W. Falta.)

(Eingegangen am 15. April 1919.)

Theoretischer Teil.

Eine chemische Blutanalyse muß einer doppelten Aufgabe gerecht werden. Sie muß von chemischen und biologischen Gesichtspunkten aus richtig sein. Als erste Voraussetzung muß die Blutanalytik wohl den Ansprüchen des Chemikers genügen, und ich möchte hier zunächst die Forderung erheben, daß bei allen derartigen Analysen nicht mit dem Ausgangsmaterial ge- spart werden darf. Bei allen klinischen Untersuchungen ist es gewiß selbstverständliche Pflicht, dem Patienten möglichst wenig Blut zu entnehmen, und es werden daher Mikroverfahren den Vorzug verdienen. Es ist aber meiner Ansicht nach vom rein chemischen Standpunkt aus nicht gleichgültig, ob man z. B. für eine Blutzuckerbestimmung nach Bertrand 30 oder 5 ccm Blut verwendet. Das Blut wird im allgemeinen nach Rona und Michaelis enteiweißt, man arbeitet hier zweck- mäßig, um das Auswaschen zu vermeiden, mit aliquoten Teilen und bekommt bei einem Ausgangsmaterial von 30 ccm Blut höchstens 20 cem Blut zur weiteren Verarbeitung, die ca. 14 mg Zucker enthalten. Kleinere Mengen als 10 mg lassen sich aber mit der Kaliumpermanganatlösung nach Bertrand nicht mehr

titrieren, man müßte stark verdünnte Lösungen verwenden und Biochemische Zeitschrift Band 95. 13

130 M. Richter-Quittner:

verständlich für unerläßlich. Ich warne daher vor Ver- wendungen kleiner Blutmengen bei Makroanalysen. Bei Mikroanalysen halte ich 2 ccm Blut für das äußerste Minimum. Analysen, die in 2 bis 3 Tropfen Blut ausgeführt werden, können meiner Ansicht nach nicht richtig sein, da Blut keine ionisierte Lösung ist und 1 Tropfen Blut niemals mit einem zweiten Tropfen vollkommen identisch sein kann. Auf die For- derungen, die von biologischer Seite aus erhoben werden müssen, kann ich hier nicht eingehen. Die beste chemische Analyse ist wertlos, wenn die biologische Fragestellung falsch ist. Daß vom biologischen Standpunkt weder Vollblut, noch Serumanalysen allein richtig sind, sondern vor allem das Plasma, unter Umständen aber auch noch das Gesamtblut untersucht werden muß, ist von W. Falta?) ausführlich dargelegt worden, ebenso, daß bei der Plasmagewinnung die Blutkörperchen nicht geschädigt werden dürfen, da sonst die diffusiblen Substanzen des Plasmas in die Blutkörperchen hineindiffundieren und man im Plasma zu niedrige Werte erhält. Ich will hier nur auf die chemischen Voraussetzungen einer richtigen Blut- analyse eingehen und mich bemühen, zu zeigen, daß eine gute Enteiweißung der Grundstock ist, auf dem wir weiter aufbauen können.

Die Enteiweißung von Blut, Plasma oder Serum ist das wichtigste und zugleich schwierigste Kapitel der ganzen Blutanalytik. Ich konnte mich überzeugen, daß die Richtigkeit einer chemischen Blutanalyse in allererster Linie von der Art der Enteiweißung abhängt. Da die Gegenwart von Eiweißkörpern die Fällungsreaktionen vielfach stört, so müssen die Eiweißkörper vollständig entfernt werden, bevor die übrigen Blutbestandteile untersucht werden können. Es stehen uns hierfür drei prinzipiell verschiedene Wege offen.

1. Zerstörung der Eiweißkörper durch Veraschung auf nassem oder trockenem Wege.

2. Fällung der Eiweißkörper.

3. Dialyse.

ече unsichere Werte. Auch halte ich Kontrollanalysen selbst-

1) W. Falta, Über die Verteilung der diffusiblen Substanzen auf Körperchen und Plasma im strömenden Blut. Vortrag vom 7. April 1919. (Wiener klin. Wochenschr.)

Chemische Blutanalyse. I. 181

Die Veraschungsmethode eignet sich ausschließlich für Analysen von anorganischen Bestandteilen wie Chloride, Na, K, Ca usw. und hat daher ein sehr kleines Anwendungsgebiet. Vom biologischen Standpunkt aus sind die Veraschungs- und Fällungs- analysen nicht gleichwertig, da sich ein Teil der anorganischen Salze’ in organischer Bindung befindet, die bei der Zerstörung des Eiweißes gesprengt wird. Ich verweise hier auf die Ar- beiten von Rona über „Das gebundene Ca“ und auf unsere Mitteilung über das Vorkommen von gebundenem Chlor im Blutplasma.

Die gebräuchlichsten Veraschungsmethoden sind das Ver- fahren von Neumann mit Schwefelsäure und Salpetersäure, von Korany mit Kaliumpermanganat und Salpetersäure und die trockene Veraschung von Abderhalden. Ich will auf diese Methoden hier nicht weiter eingehen.

Das Dialysierverfahren hat bis nun keine Anwendung in der Blutanalytik gefunden, doch ist es mir gelungen, eine Dialysiermethode auszuarbeiten, die ich für Reststickstoff- bestimmungen empfehlen kann. Ich werde diese Methode an anderer Stelle ausführlicher beschreiben.

Die Fällung der Eiweißkörper findet bisher in der Blut- analytik die allgemeinste Anwendung, so daß man immer diese Methoden vor Augen hat, wenn man von Enteiweißungs- methoden spricht.

Eine gute Enteiweißungsmethode soll folgenden Anforde- rungen entsprechen:

1. muß alles Eiweiß quantitativ ausgefällt werden, was bei der kolloiden Natur der Eiweißkörper einiger Übung und Ge- schicklichkeit bedarf;

2. darf bei der ganzen Manipulation wie Erhitzen, Säure- zusatz usw. kein Eiweiß wieder in Lösung gehen;

3. dürfen mit dem Eiweiß keine anderen Substanzen wie Harnsäure, Harnstoff usw. mitgefällt werden, die dann der Be- stimmung entgehen würden;

4. dürfen keine Fällungsmittel verwendet werden, die an und für sich schon stark adsorbieren ;

5. ist bei einigen Untersuchungen, wie z. B. bei den Rest-

stickstoffbestimmungen, darauf zu achten, daß keine Peptone 13*

182 M. Richter-Quittner:

und Albumosen gebildet werden, die in das Filtrat übergehen und so einen zu hohen Reststickstoff vortäuschen würden.

Es ist ferner darauf zu achten, daß manche Enteiweißungs- methode für eine bestimmte Analyse, z. B. Zucker, sehr gut zu verwenden ist, während sie z. B. bei einer Chloridbestimmung vollständig versagen kann. Dieser Punkt muß mit größtem Nachdruck betont werden. Ich glaube nicht zu übertreiben, wenn ich behaupte, daß ein großer Teil der in der Literatur gemachten Angaben schon vom chemischen Standpunkt aus unrichtig ist, weil die Enteiweißungsmethoden unrichtig ange- wendet werden.

Die Enteiweißung von Rona und Michaelis bedeutet für Blutzuckerbestimmungen, für die sie ausgearbeitet wurde ein Präzisionsverfahren, während sie für Chloridbestimmungen gänzlich versagt. Die Methode von Schenk mit Sublimat und Salzsäure eignet sich für Zucker, nicht aber für Rest-N-Be- stimmungen. Ich gebe auf Grund meiner Erfahrungen folgende

Übersicht: 1. Enteiweißung mit Schwermetallsalzen. 1. Methode Schenk . . . . . . . . . , für Zuckerbestimmungen. 2. Methode Abeles . . . . . . . . . Or Zuckerbestimmungen.

2. Kolloidfällung.

Methode Rona und Michaelis . . . . . . . für Zuckerbestimmungen.

3. Hitzekoagulation.

Für alle Analysen mit Ausnahme von Chloriden und Zucker.

4. Enteiweißung mit verdünnten Säuren.

1. Phosphorwolframsäure nach Neuberg und Ishida . . für Harnsäure. 2. Phosphormolybdänsäure nach Bang. . für Rest-N, Zucker, Harnsäure. 3. Methaphosphorsäure nach ОррІег . . . . . ... .für Chloride. 4. Trichloressigsäure nach Greenwald . . . . . . . . . für RestN.

5. Enteiweißung mit Methylalkohol. Eigene Methode . . . . 2. 22.2.2... . . für Chloridbestimmung.

6. Dialysierverfahren. Eigene Methode ............... . . . . für Rest-N.

Chemische Blutanalyse. I. 183

1. Enteiweißung mit Schwermetallsalzen.

Sehr allgemeine Anwendung finden als Fällungsmittel für Eiweißkörper die Schwermetallsalze, wie Quecksilberchlorid, Eisenchlorid, Bleiacetat, Zinkacetat, Uranylacetat u.a.m. Queck- silberchlorid wurde zum erstenmal von Schenk als Ent- eiweißungsmittel für Blutzuckerbestimmungen vorgeschlagen und wird seither bei allen möglichen Blutanalysen, insbesondere sehr oft bei Reststickstoffbestimmungen verwendet. Dieses Verfahren leistet ebenso wie die Methode von Abeles mit Zinkacetat und Alkohol für die Blutzuckerbestimmungen ausgezeichnete Dienste, ist aber für die Reststickstoffbestim- mungen unbrauchbar. Dle Angaben Bangs, daß man bei der Enteiweißung mit Sublimat und Salzsäure nach Schenk viel zu hohe Rest-N-Werte erhält, kann ich zwar nicht be- stätigen. Die Vollständigkeit der Eiweißfällung ist von dem Volumen sehr abhängig; ich konnte mich überzeugen, daß bei 10- bis 15facher Verdünnung und unter Anwendung eines beträchtlichen Überschusses an Sublimat im eingeengten Filtrat mit Ferrocyankalium und Essigsäure absolut kein Eiweiß nach- zuweisen ist. Hingegen haben alle Schwermetallsalze die Eigen- schaft, Harnsäure, Kreatinin, Harnstoff usw. stark zu adsorbieren. Ich habe bei Enteiweißungsversuchen mit Schwermetallsalzen bei Rest-N-Bestimmungen ausnahmslos viel zu niedrige Werte erhalten. Die Größe der Adsorption hängt ab:

1. von der Dauer der Einwirkung des Fällungsmittels,

2. von der Menge des Fällungsmittels, ein großer Uber. schuß wirkt stark adsorbierend,

3. von der Natur des Fällungsmittels. Sublimat absorbiert stärker als Zinkacetat.

2. Kolloidfällung.

Die allbekannten Enteiweißungsmethoden von Rona und Michaelis beruhen auf der Eigenschaft der Eiweißkörper, als Kolloide von anderen Kolloiden gefällt zu werden. Das Eiweiß kann als amphoteres Kolloid sowohl von negativen wie von positiven Kolloiden ausgeflockt werden. Diese Methoden haben zwar den Vorteil, daß man bei gewöhnlicher Temperatur ar- beitet und so das Erhitzen vermeidet, doch ist hier die Ad-

184 M. Richter-Quittner:

sorption ganz besonders groß. Alle Kolloide sind ja bekanntlich ganz ausgezeichnete Adsorptionsmittel, so daB man selbst- verständlich bei allen derartigen Fällungsmitteln wie Mastix, Kaolin und dem sehr viel angewendeten Ferrum oxydatum dialysatum mit sehr großen Fehlbeträgen rechnen muß, die durch Adsorption hervorgerufen werden. Bei Anwendung von Mastix konnte ich im Filtrat bei 10 verschiedenen Versuchen überhaupt keinen Rest-N nachweisen. Es gilt hier dasselbe, was bei den Schwermetallsalzen gesagt wurde, nur möchte ich noch bemerken, daß die Adsorption bei Anwendung von Ferrum oxydatum "dialysatum Merck vor allem von dem Grade der Reinheit des kolloidalen Eisens abhängt (durch Dialyse sehr gut gereinigtes Eisen adsorbiert stärker als weniger gut ge- reinigtes) und ferner im gewissen Sinne von der Menge des vorhandenen Eiweißes. Wir haben in unserer Untersuchung über die Faserstoffgerinnung die freien Chloride nach Roge&e- Fritsch durch Enteiweißung mit Ferrum oxydatum dialysatum bestimmt, doch mußten wir uns nachträglich davon überzeugen, daß diese Methode bei Chloridbestimmungen aus folgenden Gründen Fehler geben kann:

1. ist das Ferrum oxydatum, wie schon erwähnt, unter Umständen besonders für die Chloride ein ausgezeichnetes Ad- sorptionsmittel;

2. zweitens enthält das Ferrum oxydatum selbst wechselnde Mengen Chlor, die in irgendeiner Form gebunden sind und beim Verdünnen mit Wasser verschieden stark dissoziieren. Wir werden auf diese Tatsachen noch an anderer Stelle ausführlich zu sprechen kommen.

3. Hitzekoagulation.

Die gebräuchlichste Methode der Enteiweißung ist die Koagulation in der Hitze bei schwachsaurer Reaktion. Alle Autoren, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben, be- richten über die großen technischen Schwierigkeiten dieses Ver- fahrens. Die quantitative Enteiweißung hängt davon ab, ob der richtige Säuregrad erreicht ist. Die Reaktion darf nur schwach sauer sein, da durch den geringsten Überschuß an Säure ein Teil des Eiweißes als Acidalbumin in Lösung geht. Während des Erhitzens wird aber ein Teil der Säure durch

Chemische Blutanalyse. I. 185 `

das Eiweiß gebunden, so daß man nachsäuern muß. Wichtig ist auch das Volumen und die Dauer des Erhitzens. Kocht man zu lange, so riskiert man eine tiefgreifende Veränderung der Eiweißkörper, Hydrolyse usw., kocht man zu kurz, so ist die Fällung unvollständig. Ich habe nach folgendem modi- fizierten Verfahren gute Resultate erhalten, muß aber gestehen, daß mir trotz großer Übung Analysen mißglücken und es vor- kommt, daß ich 6 Bestimmungen ausführen muß, bevor ich vollkommen eiweißfreie Filtrate und übereinstimmende Werte erhalte.

240 ccm destilliertes Wasser werden mit 10 ccm 1°/,iger Essigsäure und 10 eem BD, iger Monokaliumphosphatlösung zum Sieden erhitzt. Im Momente des Kochens werden 40 ccm Plasma, die mit 40 ccm halbgesättigter Kochsalzlösung versetzt sind, in dünnem Strahl unter beständigem Umrühren einge- tragen. Während des Kochens, das nicht länger als 3 Minuten dauern soll, erhält man durch tropfenweisen Zusatz von 1°/,iger Essigsäure die schwachsaure Reaktion aufrecht. Man prüft gegen empfindliches Lackmuspapier, das ich nach der Vor- schrift von Sörensen auf folgende Weise bereite. 0,5g fein- gepulvertes Azolithmin werden in einer Schale in 200 cem Wasser, dem 2,5 ccm ”/ o Natronlauge zugesetzt sind, gelöst, filtriert und zum Filtrat 50 ccm Alkohol zugegeben. Durch diese Lösung werden Streifen von aschearmem Filtrierpapier gezogen und’ auf Schnüren getrocknet. Sodann wird möglichst schnell noch heiß filtriert und mit kaltem Wasser ausgewaschen. Alle Filtrate werden in einem Meßkolben vereinigt. Man füllt bis zur Marke auf und bestimmt in einem Teil des Filtrates den Stickstoff, während man einen anderen Teil zur Prüfung auf Eiweiß verwendet.

Ich habe 9 verschiedene Verfahren der Hitzekoagulation der Reihe nach durchgeprüft, habe aber in allen Fällen un- richtige, meistens zu hohe Rest-N-Werte erhalten. Die oben beschriebene Methode, die ich im folgenden „Essigsäure-Methode“ nenne, empfehle ich nicht, da sie schwierig und zeitraubend ist und auch viel Blut erfordert. Eine Enteiweißung dauert 2 Stunden und verlangt 160 ccm Blut entsprechend 80 cem Plasma.

186 M. Richter-Quittner:

4. Enteiweißung mit verdünnten Säuren.

Ich habe Versuche mit Phosphormolybdänsäure, Meta- phosphorsäure und Trichloressigsäure angestellt, um die Be- funde von Ivar Bang, Syolema und Hetterschy zu über- prüfen. Syolema und Hetterschy finden bei der Entei- weißung mit Phosphormolybdänsäure viel niedrigere Rest-N- Werte als bei der Enteiweißung mit Metaphosphorsäure und erhalten mit Trichloressigsäure ausnahmslos noch höhere Werte. Sie ziehen den Schluß, daß diese 3 Methoden insofern un- gleichwertig sind, als Phosphormolybdänsäure uud Metaphos- phorsäure auch die Eiweißabbauprodukte fällen. Bang ent- eiweißt in seinem Mikroverfahren ausschließlich mit Phosphor- molybdänsäure und gibt an, daß seine Werte mit den durch Hitzekoagulationen gefundenen sehr gut übereinstimmen. Ich finde im venösen Blut ganz in Übereinstimmung mit Bang, Syolema und Hetterschy Differenzen zwischen diesen 3 Me- thoden, die im arteriellen Blut kleiner sind. Im Gegensatz zu Bang gebe ich aber der Trichloressigsäure-Methode den Vorzug, da die so für Rest-N erhaltenen Zahlen mit anderen Methoden, z. B. Hitzekoagulation und Dialyse, sehr gut über- einstimmen. Die großen Differenzen verschwinden im arteriellen Blut teilweise. Eine eindeutige Erklärung für diese Resultate kann man heute noch nicht geben. Ich glaube, daß die nie- drigen Zahlen bei der Phosphormolybdänsäure-Enteiweißung sich zum Teil auch durch Adsorption erklären lassen. Verwendet man sehr wenig Blut und braucht daher auch wenig Säure, so erhält man bessere Werte. Die Methode von Bang gibt sogar bei einiger Übung sehr gute Resultate, vorausgesetzt, daß man nicht mit 1 bis 2 Tropfen Blut, sondern mit ca. 3 ccm Plasma arbeitet. Die Enteiweißung mit Metaphosphorsäure nach der Vorschrift von Oppler eignet sich nach meinen Er- fahrungen sehr gut für die Bestimmung der freien Chloride. Die Enteiweißung mit Trichloressigsäure hat zwar vor der Essigsäuremethode den Vorzug, daß sie leichter zu handhaben ist, weicht aber prinzipiell von ihr nicht ab. Hingegen ist heute Trichloressigsäure nahezu unerhältlich und daher sehr teuer. Eine einzige Enteiweißung mit Trichloressigsäure kommt auf 3 bis 4 Kr.

Chemische Blutanalyese. I. 187

Meiner Ansicht nach ist die Enteiweißung mit Säuren, wenn es sich um Reststickstoffbestimmungen handelt, immer gewagt, da man sehr leicht durch Bildung von löslichem Acid- albumin zu hohe Werte erhält.

5. Enteiweißung mit Alkohol. i:

Ich habe in der Literatur 12 verschiedene Modifikationen der Alkoholenteiweißung gefunden, doch konnte ich mich über- zeugen, daß keine einzige für Rest-N-Bestimmungen verwendbar ist, da die Enteiweißung nie quantitativ ist und immer kleinere oder größere Mengen von Eiweiß im Filtrat bleiben. Die Me- thode von Folin mit Methylalkohol und Chlorzink wird leider für Rest-N-Bestimmungen sehr viel verwendet, obwohl der Autor selbst angibt: „Ich bin nicht sicher, ob nicht Spuren von Eiweiß der Fällung entgehen.“ Diese Spuren von Eiweiß können bei Folins Mikroverfahren 100 bis 200°/, ausmachen. Ich habe jedoch die Methode von Folin für Chloridbestim- mungen mit gutem Erfolg modifiziert. Die Methode gestaltet sich nun wie folgt:

100 ccm Plasma werden im 250-ccm-Meßkolben mit chem. reinem MgSO, versetzt, mit Methylalkohol bis zur Marke aufgefüllt, gut durchgeschüttelt und nach 2 bis 5 Minuten durch ein trockenes Faltenfilter filtriert. Das Filtrat ist immer klar und nahezu eiweißfrei. 100 ccm des Filtrates werden am Wasserbade zur Trockne eingedampft, mit Wasser aufge- nommen und mit ”/,„-AgNO,-Lösung titriert. Diese Methode läßt an Einfachheit nichts zu wünschen übrig. Sie hat vor der Methode von Oppler den großen Vorteil, daß man sotort filtrieren kann und nicht 6 Stunden absetzen lassen muß, und daher nicht riskiert, daß ein Teil der Chloride entbunden wird. Die Methode von Abeles mit Zinkacetat und Alkohol ist für Zuckerbestimmungen sehr zu empfehlen. Es scheint, daß der Alkohol wenigstens innerhalb gewisser Grenzen ein zu- verlässiges Mittel zur Fällung der Salze einiger Proteide mit Basen in unverändertem Zustand ist. Dies geht aus Unter- suchungen von L. L. Slyke und E. B. Hart hervor, die Alkohol zur Fällung von Calciumcaseinit benutzten und fanden, daß das Präcipitat aus gegen Lackmus neutralen Lösungen genau

188 M. Richter-Quittner:

so viel Calcium enthält wie der Quantitat des Calciumhydrates entspricht.

Experimenteller Teil.

Ich bin daher der Ansicht, daß es bei einer chemischen Blütanalyse in allererster Linie auf die Art der Enteiweißung ankommt, während die Hunderte von Variationen bei der Be- stimmung der einzelnen Blutbestandteile auf das Resultat ohne wesentlichen Einfluß sind. Ob man z. B. die Chloride nach Volhard oder Mohr titriert, den Zucker gravimetrisch nach Pflüger-Allihn oder maßanalytisch nach Bertrand bestimmt, ist meiner Ansicht nach lediglich Sache des individuellen Geschmackes.

1. Blutzuckerbestimmungen.

Die Bestimmung von Zucker im Blute stößt vom chemi- schen Standpunkt aus durchaus auf keine Schwierigkeiten. Die verschiedenen Enteiweißungsmittel, die bei anderen Blutanalysen versagen, leisten hier ausgezeichnete Dienste, wie die Ent- eiweißung von Schenk mit Sublimat und Salzsäure, von Rona und Michaelis mit Ferrum oxydatum dialysatum Merck, von Abeles mit Zinkacetat und Alkohol, von Oppler mit Meta- phosphorsäure usw., da Zucker praktisch nicht adsorbiert wird, wie aus folgenden Versuchen ersichtlich.

Tabelle I. Methode Methode Rona Bezeichnung Schenk u. Michaelis Methods Abeise Nieder- Nieder- Nieder- schlag schlag schlag Ascites 12,98) 0 1300| o 12,94] 0 12,99 13,02 12,97 Ödemflüssigkeit | 20,94|- 0 20,79 0 20,89 20,96 20,79 20,96 Pferdeplasma 110,38 0 110,29 0 110,37 0 110,39 110,34 110,29

Die Zuckerwerte sind maßanalytisch nach Bertrand er- mittelt. Alle drei Enteiweißungsmethoden sind gleichwertig. Die Methode von Копа und Michaelis ist am meisten zu empfehlen, da sie am einfachsten ist und die wenigsten Che- mikalien erfordert. Für Zuckerbestimmungen lassen sich alle

Chemische Blutanalyse. I. 189

bekannten Enteiweißungsmittel verwenden, bei denen man in der Kälte arbeitet. Beim Erhitzen werden die Saccharide oxydiert.

Die quantitativen Zuckerbestimmungen machen von den verschiedenen Eigenschaften des Zuckers Gebrauch.

1. Polarimetrische Bestimmungen.

2. Colorimetrische Bestimmungen: Methode von Reicher und Stein, L. Waker, Ph. A. Shaffer.

3. Reduktionsmethoden: Methode Pflüger-Allihn, Ber- trand, Lehmann-Maquenne.

Betreffs der polarimetrischen Methoden verfüge ich über keine eigenen Erfahrungen. Die colorimetrischen Methoden sind, wie allgemein bekannt, für Zuckerbestimmungen sehr un- genau und nicht einmal für den Arzt zu verwenden. Die Re- duktionsmethoden verwenden die Eigenschaft des Zuckers, als Aldehyde alkalische Kupferlösungen zu reduzieren. Die alt- bewährte gravimetrische Methode von Pflüger-Allihn, bei der das bei der Reduktion entstehende Kupferoxydul gewogen wird, ist immer noch das genaueste und sicherste Verfahren, erfordert aber mindestens 50 com Blut oder 50 ccm Plasma (entsprechend 100 cem Blut). Ebenso gute Werte erhält man auch bei sehr sorgfältigem Arbeiten mit der maßanalytischen Methode von Bertrand, die nur 30 ccm Blut oder Plasma verlangt. Hier müssen die von Bertrand gegebenen Vor- schriften peinlich genau eingehalten werden. Man darf nicht länger als 2 Minuten kochen, zu starkes Erhitzen ist zu ver- meiden. Die ganzen Manipulationen des Filtrierene, Auswaschens, Wiederlösens müssen möglichst schnell erfolgen, da das Kupfer- oxydul leicht zu Oxyd oxydiert wird.

Nach der Methode von Lehmann-Maquenne habe ich ausnahmslos etwas zu hohe Werte erhalten, die wohl darauf

Tabelle II. : Pflüger- Lehmann- Datum | Bezeichnung Allihn | Bertrana ee 18. II. 18 Ochsenplasma 120,39 120,06 121,04 120,74 120,00 121,09 5. П. 18 Ascites 52,79 52,74 53,09

52,70 52,79 53,21

190 M. Richter-Quittner:

zurückzuführen sind, daß das Blut Substanzen enthält, die mit dem Jodkalium reagieren. Ich führe hier nur zwei Versuche an, bei denen nach Rona und Michaelis enteiweißt wurde.

Die größte Anwendung finden nach der Literatur zweifellos die Mikromethoden von Bang. Ich werde diese Verfahren an anderer Stelle ausführlich diskutieren.

2. Harnsäurebestimmungen.

Es ist bekannt, daß die Harnsäure im Blut in Form des Mononatriumurates kreist. Dieses wird nicht nur von den Eiweißfällungsmitteln, sondern auch von dem auskoagulierenden Eiweiß selbst in sehr starkem Maße adsorbiert, so daß es technisch unmöglich ist, richtige Resultate zu erhalten. Alle gefundenen Werte sind etwas zu niedrig. Die gebräuchlichsten Methoden der Enteiweißung sind die Hitzekoagulationen mit sehr verdünnter Essigsäure, die Enteiweißung mit Sublimat nach Schenk und mit Ferrum oxydatum dialysatum Merck. Um mir eine Vorstellung über die Adsorptionsverhältnisse zu machen, habe ich mir eine Lösung von Mononatriumurat Kahl- baum hergestellt, deren Harnsäuregehalt ich titrimetrisch nach Hopkins ermittelt hatte, diese mit einer Ovalbuminlösung ver- dünnt, nach verschiedenen Methoden enteiweißt und im Nieder- schlag wie im Filtrat die Harnsäure nach Ludwig-Salkowski bestimmt. Die Resultate dieser Versuche sind in Tabelle III zusammengestellt.-

Tabelle III.

Hitze- Ferrum ; Phosphor- 2 koagulation oxydatum Sublimat wolframsäure Bezeichnung e 2 А 2 Filtrat Nieder- Nieder- Nieder- Nieder- schlag schlag schlag schlag Ovalbuminlös. |),4920 | Murexid- | 0,4021) 0,0824 | 0,4000! 0,0321 | 0,4925| Murexid- mit 0,50009/, [0,4972 Беи 0,4000) 0,0879 | 0,4072) 0,0900 | 0,4920 ae Harnsäure + Ovalbuminlös. [0,0188 | Murexid- | 0,0400 0,0400 mit 0,0500°/, [0,0480 go 0,0410 0,0392 Harnsäure + Ovalbuminlös, |0,00477| Murexid- | 0,0042] Murexid- | 0,0038 0,0045 mit 0,0050°/, [0,0046 ғу 0,0039] Probe | 0,0030 0,0040 Harnsäure

Chemische Blutanalyse. L 191

Zu den Bestimmungen wurden immer 200 ccm Lösung verwendet. Die Versuche zeigen folgendes.

1. Weder Ferrum oxydatum noch Sublimat sind brauchbar, da sie Harnsäure adsorbieren.

2. Die Enteiweißung mit verdünnter Essigsäure in der Hitze und die mit Phosphorwolframsäure geben ziemlich gute Resultate, der Eiweißniederschlag enthält nur minimale Mengen von Harnsäure.

3. Die Adsorption ist naturgemäß immer größer, je mehr Eiweiß vorhanden ist.

4. Die Harnsäurebestimmung nach Ludwig-Salkowski ist ungenau, wodurch die Differenzen in den Kontrollanalysen erklärt werden.

Ich habe nun dieselbe Lösung in derselben Weise ent- eiweißt, aber nur 10 ccm Lösung verwendet und die Harnsäure colorimetrisch nach Folin und W. Denis bestimmt. Es ergibt

sich folgendes: Tabelle IV.

Bezeichnung | Hitzekoagulation Ferrum oxydatum | Sublimat

Ovalbuminlösung 0,0048 0,0042 enthält

0,0050°/, Harnsäure 0,0047

0,0042

Die Enteiweißung mit Essigsäure gibt also bei darauf- folgender colorimetrischer Bestimmung befriedigende Werte.

Tabelle V.

colorim.

Ludwig- Folin u. Denis

Salkowski mg

Datum

18. XII. 18 4,29 4,59 6,92 21. XII. 18 5,72 7,95 5,00 ` 1,98

Die Enteiweißung erfolgte in allen Fällen nach meiner Essigsäuremethode. Die Methode nach Ludwig-Salkowski gibt, wie bekannt, zu niedrige Werte, da die Harnsäure nicht quantitativ auskrystallisiert. Es finden sich in der Literatur

192 M. Richter-Quittner:

eine große Zahl colorimetrischer Harnsäuremethoden. Ich habe 9 verschiedene Verfahren durchgeprüft und kann die Methode von О. Folin und W. Denis am meisten empfehlen. Die Re- sultate dieser Versuche werde ich an anderer Stelle im Zu- sammenhang mit anderen colorimetrischen Methoden mitteilen.

3. Bestimmung der Chloride.

Die Methoden von Rogee-Fritsch und уоп у. Hößlin zur Bestimmung von Chloriden werden von Ärzten und Physio- logen sehr viel angewendet. Beide Methoden, besonders aber die von Rog&e-Fritsch, sind unrichtig. Wir können mit diesem Verfahren nur einen Teil des im Gesamtblute oder im Plasma vorhandenen Chlors, die sogenannten „freien Chloride“, nachweisen, da ein kleiner Teil der Chloride an die Eiweiß- körper des Blutes (Fibrinogenfraktion) gebunden ist und erst bestimmt werden kann, nachdem die Eiweißkörper durch Ver- aschung zerstört sind. Aber auch die „freien Chloride“ lassen sich weder nach Bogée Fritsch, noch nach у. Hößlin quan- titativ bestimmen.

v. Hößlin enteiweißt in der Hitze unter Zusatz von ver- dünnter Salpetersäure. Es ist zweifellos, daß die Hitzekoagu- lation von allen Enteiweißungsmethoden technisch am schwie- rigsten ist, und es ist daher von vornherein ratsam, auf diese Methode zu verzichten, wenn uns einfachere zur Verfügung stehen.

Die Methode von v. Hößlin hat folgende Mängel:

1. Unterliegen die Chloride viel stärker als irgendein an- deres Salz der Adsorption, weswegen man nur in der Kälte arbeiten darf, da die Adsorption mit steigender Temperatur zunimmt;

2. Muß bei Chloridbestimmungen vollständig bis auf die letzten Spuren enteiweißt werden, da das Eiweiß mit dem 2/, ,- AgNO, reagiert und man zu hohe Werte erhalten würde. Bei der Hitzekoagulation läßt sich dies aber schwer erreichen.

Wir bekommen also theoretisch nach dieser Methode ent- weder zu hohe oder zu niedrige Werte, und nur wenn sich beide Fehler kompensieren, stimmen die gefundenen Zahlen mit den Werten nach Oppler, die ich für richtig halte, überein.

Die Enteiweißungsmethode von Rona und Michaelis mit

Chemische Blutanalyse. I. 193

Ferrum oxydatum dialysatum wurde von Rog&e-Fritsch für Chloridbestimmung vorgeschlagen. Wie schon eingangs erwähnt, ist diese Methode für Chloridbestimmung aus folgenden Gründen wenig geeignet:

1. Enthält das Ferrum oxydatum immer Cl, manchmal sogar ebensoviel oder mehr wie das Blut. Ich habe im Laufe der letzten 4 Jahre über 200 verschiedene Lösungen im Ge- brauch gehabt und teile folgende Werte mit, die auf 50 ccm Ferrum oxydatum berechnet wurden, da für eine Enteiweißung von 10 ccm Plasma, Blut usw. 50 ccm Ferrum oxydatum in Anwendung kommen.

Tabelle VI.

L | m | m. | iv. | v. | v. | vi | уш. \

Chloridgehalt | 0,016 |0,025 |0,029 | 0,057 |0,079 | 0,146 |0,147 | 0,200

der Ferrum- oxydatum- Lösung

Chloridgehalt | 0,0275 von 10 cem Plasma oder Serum

0,0420] 0,059 | 0,065 | 0,047 [0,0451 0,038 | 0,037

2. Dürfte ein Teil des Chlors in kolloidaler Form vorliegen, und es ist leicht verständlich, daß bei der Verdünnung mit Wasser unter verschiedenen Umständen verschiedene Cl-Mengen in den Ionenzustand übergehen. Dafür spricht folgender Ver- such:

Es wurde дег Cl-Gehalt von 10 ccm einer 10°/,igen Lösung von Ferrum oxydatum dialysatum Merck unter wechselndem Zusatz von H,O ermittelt. Es zeigte sich, daß der Chlorid- gehalt mit steigender Verdünnung steigt.

Tabelle УП.

Wasserzusatz | 50 cem | 100 ccm | 150 ccm | 200 ccm | 300 cem

Chloridgehalt 0,040 g von 10 ccm Ferrum oxydatum

0,046 g | 0,047 g | 0,049 g | 0,053 g

3. wirkt das Ferrum oxydatum als Kolloid auf Elektrolyte sehr stark adsorbierend.

194 M. Richter-Quittner:

Die Größe der Adsorption hängt ab: 1. Von der Dauer der Einwirkung der Fällungsmittel, wie die Versuche der Tabellen VIII und IX zeigen.

Tabelle VIII.

Bestimmung der Chloride nach Rog6&e-Fritsch im menschlichen Plasma mii verschiedenen Lösungen von Ferrum oxydatum dialysatum und ver- schieden langer Einwirkungsdauer.

Richtiger Wert nach Oppler = 0,5104°/, Chloride.

Dauer der Ein- wirkung

Lösung | Lösung у VI

Lösung п

Lösung

Die Lösungen sind nach dem Grade der Reinheit geordnet. Lösung I wurde 12 Tage gegen fließendes HO dialysiert.

Tabelle IX.

Enteiweißung mit Ferrum oxydatum dialysatum Merck.

Ferrum | Dauer A Chloride А oxydatum der Bezeichnung dialysatum | Einwirkung auf 100 com |auf 100 ccm

ccm

0,5773

0,5470 0,5930 Verdünnte NaCl- 0,5931 Lösung + Harn- 0,6208 stofflösung 0,6200

+ Ovalbumin- lösung, 10 com 0,6047 für eine Be- 0,6040 stimmung 0,6149 0,6140 0,6472 0,6470

2. Von der Menge des angewandten Fällungsmittels. Die Versuche der Tabelle IX zeigen, daß ein großer Überschuß stark adsorbierend wirkt.

Chemische Blutanalyse. I. 195

3. Von der qualitativen und quantitativen Zusammensetzung des Ferrum oxydatum, wie die Versuche der Tabelle VIII zeigen. Ein durch Dialyse möglichst von allen Elektrolyten befreites Ferrum oxydatum adsorbiert besonders stark.

4. Von dem Eiweißgehalt der Lösung. Je mehr Eiweiß, desto größer die Adsorption.

Tabelle X.

Rest-N-Bestimmung in einer Eiweißlösung bei verschiedenem Eiweiß- gehalt und gleichem Harnstoffgehalt.

Gesamt-N| 0,5472 1,0941 1,5674 2,0740 0,5470 1,0949 1,5670 2,0740 2,5906 3,6741

Rest-N | 0,13254 ! 0,13077 | 0,13054 | 0,12548 | 0,12074 | 0,11739 0,13250 | 0,13079 | 0,13050 0,12550 | 0,12070 | 0,11738

2,5906 3,6739

Tabelle XI.

Vergleich zwischen der Chloridbestimmung im Blut nach 5 Rogée-Fritsch und у. Hößlin.

ы Datum | Bezeichnung Ez v nend Bemerkungen

ı| w.ı7 | Eiweiß-Nacı- | 1,61 RK

IV. 17

3 4 5 6 7 Der v. Hößlin- Wert stimmt mit Oppler überein. 8 Mit einer guten aus- probierten Lösung von Ferrum oxyd. 9 |13. XII. 18| Eiweißkochsalz- do. lösung enthalt. 0,5003°/, NaCl 10 Aseites do. 11 Menschliches do.

Plasma Biochemische Zeitschrift Band 9. 14

196 M. Richter-Quittner:

Aus allen diesen Versuchen geht wohl mit Sicherheit her- vor, daß die Bestimmungsmethode von Rogée-Fritsch sehr große Fehlerquėllen birgt. Die im Handel befindlichen Lösungen des hy- drolytischen Eisens sind qualitativ und quantitativ ŝehr verschieden (derartige Versuche sind noch nicht abgeschlossen); es erscheint mir immerħin möglich, daß man zufällig eine ziemlich brauch- bare Lösung in die Hand bekommt. Ich halte es auch nicht für ausgeschlossen, daß man durch einige Kunstgriffe sich bessere Lösungen des kolloidalen Eisens herstellen kann, doch scheinen mir diese Bemühungen zwecklos, da wir ja über gute Verfahren der Chloridbestimmung verfügen. Vergleichswerte mit den beiden Methoden von Rogee-Fritsch und von v. Hößlin befinden sich in Tabelle XI. Die Rogee-Fritsch- Werte sind ausnahmslos niedriger.

Tabelle XII.

Bestimmung der freien Chloride nach verschiedenen Methoden.

PC Б Datum Bezeichnung ER 5 oz РА ё р ` 21. Х1. 18 Pferdeplasma 0,3274 | 0,3670 | 0,4091 0,3270 | 0,3670 | 0,4090 13. XII. 18 Ascites 0,4738 | 0,5192 | 0,5109 0,4730 | 0,5190 | 0,5100 13. XII. 18 Eiweißlösung, 0,4726 | 0,4907 | 0,4997 enthaltend 0,4720 | 0,4900 | 0,4998 0,5003°/, NaCl 16. XII. 18 Menschliches 0,4444 | 0,4972 | 0,5103 |. Plasma 0,4444 | 0,4970 | 0,5100 18. XU. 18 Ochsenplasma 0,4204 | 0,4400 | 0,4416 0,4400 0,4200 | 0,4400 | 0,4416 0,4400 20. XII. 18 Katzenplasma 0,3721 | 0,3800 | 0,8809 0,3721 | 0,3800 | 0,3809 21. II. 19 Pleuritisches 0,3876 | 0,4292 | 0,4200 Exsudat 0,3876 | 0,4291 | 0,4200 27.1. 19 ‚Ödemflüssigkeit 0,6019 | 0,5974 0,5839 0,6019 | 0,5970 0,5800 10. IH. 19 Menschliches 0,5102 | 0,5090 | 0,5092 Plasma 0,5109 | 0,5090 | 0,5091 4. III. 19 Ascites 0,4439 | 0,4624 | 0,4599 | 0,4598 0,4439 | 0,4621 | 0,4598 | 0,4597 24. III. 19 Ascites 0,4462 | 0,4800 | 0,4702 | 0,4709

0,4462 | 0,4800 | 0,4709 | 0,4702

Chemische Blutanalyse. І. 197

Sehr zu empfehlen ist die Methode von Oppler, bei der in der Kälte mit 4°/, Metaphosphorsäure enteiweißt wird. Die von mir modifizierte Methylalkoholenteiweißung gibt auch gute Resultate. Ich gebe in Tabelle XII eine Übersicht über die verschiedenen Methoden.

4. Bestimmung des Reststickstoffes.

Unter Reststickstoff des Blutes versteht man den nicht koagulablen Stickstoff, die Summe aller N-haltigen Bestandteile des Blutes mit Ausnahme der Eiweißkörper. Ob man die Al- bumosen und Peptone dem Rest-N zurechnen soll-oder nicht, ist noch nicht entschieden. Ich will auf die Frage hier nicht eingehen, da Albumosen und Peptone meist nur spurenweise im Blute vorhanden sind. Von allen Blutanalysen ist die Rest- stickstoffbestimmung sicher die schwierigste. Die wichtigsten Faktoren des Rest-N sind Harnstoff, Harnsäure, Aminosäuren, Kreatinin und Ammoniak. Dies sind der Hauptsache nach gut krystallisierende Verbindungen, die der Adsorption sehr stark unterliegen.‘ Wir dürfen daher weder mit Schwermetallsalzen, noch mit kolloidalen Metallen enteiweißen, da diese alle Elek- trolyte sehr stark adsorbieren. Bei allen anderen Enteiweißungs- mitteln ist es aber nur sehr schwer zu vermeiden, daß nicht Spuren von Eiweiß der Fällung entgehen. Ich halte von 136 Fällungsmitteln, die ich in der Literatur gefunden habe, nur zwei für brauchbar, und zwar die Enteiweißung mit Tri- chloressigsäure nach Greenwald und die Essigsäuremethode; alle anderen geben teils zu hohe, teils zu niedrige Werte. Auch diese beiden Methoden können den Anforderungen nicht ganz entsprechen, da das Eiweiß als Kolloid immer mehr oder weniger stark adsorbierend wirken muß und es anderseits un- endlich schwierig ist, ein Kolloid quantitativ bis auf die letzten Spuren auszuflocken. Deswegen würde ich mich auf eine Rest- stickstoffbestimmung, auch wenn die Kontrollanalysen noch so gut stimmen, nie verlassen. Will man sichere Werte erhalten, so muß man den Reststickstoff nach zwei zuverlässigen Me- thoden bestimmen. Die bequemste Methode der Reststickstoff- bestimmung ist meiner Ansicht nach die Dialyse, die sehr ein- fach ist und nur 2 bis 3 ccm Plasma erfordert.

Wenn man bedenkt, was für große diagnostische und pro-

$ 14*

198 M. Richter-Quittner:

gnostische Bedeutung den Reststickstoffbestimmungen in der Klinik und Therapie der Nephritiden zugeschrieben wird, so wird mir gewiß jedermann recht geben, wenn ich behaupte, daß man gerade hier angesichts der großen technischen Schwierig- keiten mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit arbeiten muß. Ich habe in Tabelle XIII Reststickstoffbestimmungen bei Gesunden nach den Literaturangaben zusammengestellt, um zu zeigen, daß die verschiedenen Autoren verschiedene Werte bei Normalen finden.

Tabelle XIII.

Reststickstoffbestimmungen bei Gesunden nach Literaturangaben.

Jahr Rest-N

Autor

1899 | Sohöndorff 50 mg

in 100 eem Blut

41 bis 60 mg in 100 com Serum

1911 | Hohlweg

Methodik

Enteiweißung mit Phosphorwol- framsäure, N nach Kjeldahl.

Hitzekoagulation unter Zusatz von CH,COOH, М№аН,ООН und NaCl, N nach Kjeldahl.

1913 Philipp 32 mg in Enteiweißung mit der 4fachen 100 ccm Serum | Menge Phosphorwolframsäure.

1905 | v. Rzent- 22,6 bis 66 mg | Hitzekoagulation mit CH,COOH

kowski |in 100ccm Blut) und NaCl.

1913 O. Folin |22,0 bis 26,0 mg | Enteiweißung mit Methylalkohol in 100 cem Blut| und Chlorzink.

1915 Wolf 25 bis 28 mg |keine Angabe in 100 ccm Blut

4916 | Ivar Bang | 15 bis 32 mg | Enteiweißung -mit Phosphormo-

in 100 ccm Blut oder Serum

20 bis 40 mg in

100 сот Serum

1916

Schenk

lybdänsäure mikro- und makro- analytisch.

Methode Folin mit Methylalko- hol und Chloride.

1917 Taylor 25 bis 28 mg |keine Angabe in 100 cem Blut 1917 Hulton 25 bis 28 mg dto. in 100 ccm Blut 1918 Feigl 20 bis 30 mg | Mikromethode von Bang. in 100 eem Blut 1918 Gettler 30 bis 45 mg | Enteiweißung nach Schenk. in 100 eem Blut oder Serum 1918 | Volhard 30 mg Methode Folin. in 100 com Blut 1919 Brun 24 bis 35 mg in | Methode Schenk.

100 сет Serum

13

14

Chemische Blutanalyse. 1.

199

CH,COOH

60,54 60,50

54,67 54,69

83,31 83,27

200,09 200,00

72,50 73,46

105,62 105,60

198,96 198,94

45,60 45,51

139,80 139,80

19,07 19,08

25,29 2,29 55,82 55,71

15,74 15,69

15,98

Tabelle XIV. Bestimmung des Reststickstoffes nach verschiedenen Enteiweißungs- methoden. ER? DH Р v Ha |1Sso о 55 | 3 52,383 ТЕ: 85 32223232 23 | 34 2 Se H A 25. X. Pferdeplasma 74,00 | 74,38 75,48 | 76,29 18 74,10 | 74,29 75,40 | 76,30 11. XI. Ochsenplasma 43,71 | 43,56 | 45,20 | 55,72 | 60,38 | 69,74 18 43,70 43,50 45,20 | 55,00 | 60,38 | 69,98 18. XI.|Plasma v.| Diabetes 48,37 | 50,22 | 54,92 18 IK. Winter) mellitus 48,37 | 50,29 | 54,99 18. XI. Pferdeplasma 69,84 | 70,00 | 70,54 | 79,43 88,27 | 89,94 18 69,80 | 70,00 | 70,56 | 79,40 | 83,19 | 89,90 22. Х1.| Johann |Nephritis |197,54 198,31 |199,04 |199,91 |200,07 |210,47 18 Popp |Hyperton.|197,50 1198,30 |199,04 |199,90 1200,08 1210,40 deme 22. ХІ. Pferdeplasma 65,47 | 65,51 | 69,84 | 72,43 | 73,50 | 76,54 18 65,40 | 65,59 | 69,80 | 72,40 | 73,46 | 76,59 27. XI. Pferdeplasma 73,99 | 70,29 | 94,38 |100,62 |103,29 18 73,90 | 70,20 | 94,29 |100,60 |103,20 11.XIL| Julie Grippe |185,74 189,72 (190,89 194,67 1240,38 18 Веһоё 185,70 189,70 |190,40 |194,60 1240,20 13.XIL. Ascites von 12,54 | 11,32 | 21,00 19,79 18 Franciska Sekyra | 12,50 | 11,30 | 21,14 19,82 18.ХП. Ochsenplasma 32,84 | 32,79 | 44,71 | 45,41 | 45,44 | 49,38 18 32,89 | 32,71 | 44,70 | 45,49 | 45,40 | 49,41 16.XIL.| Knessek | Erythrä- 16,39 | 20,20 | 19,74 | 20,74 18 mie 16,30 | 20,31 | 19,71 | 20,69 Eiweiß 132,47 1129,45 |137,48 138,00 139,84 [150,39 Harnstoff- 132,40 |129,40 [187,40 1128,10 |139,80 1150,38 lösung (140,00 mg) 21.XL. Katzenplasma 17,29 | 17,34 | 18,14 | 18,29 | 19,08 | 20,48 18 17,00 | 17,30 | 18,10 | 18,20 | 19,01 | 20,41 8.1.19 Hundeplasma 24,38 | 24,09 | 24,10 | 25,08 [25,56 | 26,09 24,39 | 24,14 | 24,00 | 25,09 | 25,59 | 26,08 8.1.19 Ochsenplasma 55,39 | 55,97 (arteriell) 55,28 | 55,98 18. II. Pleuritisches 15,72 19 Punktat 15,79 20. П. Ödemflüssigkeit 15,90 19 15,79

15,90

200 M. Richter-Quittner:

Tabelle XIV (Fortsetzung).

D U D Ф ka ka d я 8 59, „© 85 Ра 82585838 i Nr. Pech: Dialyse SE |0 2al 0:9 E Би 0 R- E S о Ag m ©

Pleuritisches Exsudat

Ochsenplasma arteriell

Tabelle XIV gibt eine Übersicht über die verschiedenen Me- thoden. Es zeigt sich, daß die Enteiweißung mit Sublimat nach Schenk, mit Ferrum oxydatum dialysatum, Phosphor- molybdän und Metaphosphorsäure zu niedrige Werte ergibt, während die Enteiweißung mit Trichloressigsäure, die Essig- säuremethode und das Dialysierverfahren sehr gut überein- stimmen. Dieselben Resultate zeigen Tabellen XV und XVL

\

Tabelle XV. Bestimmung des Rest-N in serösen Körperflüssigheiten.

Datum| Name

Ascites

18 Sek.

5.11. | Therese Ascites 93,54 45,79 45,68 45,72 19 Gabri 93,54 45,78 45,39 | 45,70 18.П. | Josefine | Pleuritis | Exsudat 15,74 15,82 15,72 19 Smol. 15,69 15,76 15,79 20. II. | Mathilde Ödem 91,06 15,98 15,82 15,90 19 Schmi. 91,06 15,90 15,83 15,79 21. П. |] Therese | Pleuritis | Exsudat 22,94 22,74 | 21,07 19 Eb. 22,85 22,68 21,08 5. III. 18,94 18,91 17,38 19 18,90 18,99 17,30

Chemische Blutanalyse. I. 201

Tabelle XVI.

Rest-N-Bestimmungen bei verschiedenen Erkrankungen.

"Alten Vollblut Plasma Serum CH,COOH] Dialyse |CH,COOH]/Dialyse|CH,COOH]| Dialyse

Datum Name | Diagnose 14. UI Josefa Grippe 240,00 |289,48 | 248,74 | 248,71 18 Door 240,09 |239,40 | 248,70 | 248,76 8.П. | Leopold | Abge- 23,74 36,92 | 36,52 19 Schim | klungene 23,70 36,85 | 36,50 Grippe 10.1. | Anna |Nephritis 117,29 | 117,20 | 135,98 | 135,00 19 Haud. acuta 117,20 | 117,20 | 135,92 | 135,00 12. IL. | Rosa Fr. | Nephritis 75,02 130,74 | 130,67 19 75,31 130,62 | 130,72 18. II. | Mathilde | Normal 15,09 | 15,82 | 27,95 | 27,94 19 Schm. 15,80 | 27,98 | 27,69 29. III.|Emilie Pf.| Nephritis 53,92 100,56 |100,59 | 100,00 | 100,54 19 53,91 100,52 [100,41 | 100,21 | 100,27

Die Stickstoffbestimmungen wurden entweder nach Kjel- dahl oder nach Pregl ausgeführt. Beide Methoden sind iden- tisch. Die Resultate dieser Versuche werde ich in der nächsten Mitteilung bringen. Kurz erwähnen möchte ich noch den merk- würdigen Befund vieler Autoren, daß der Rest-N-Gehalt des Serums und des Gesamtblutes nahezu gleich ist, woraus folgen würde, daß die Blutkörperchen ebensoviel Rest-N enthalten wie das Plasma. Wir können aber diese Angaben nicht bestätigen, wie aus Tabelle XVI hervorgeht. W. Falta hat an anderer Stelle ausführlich über die Verteilung von Chloriden, Zucker, Rest-N auf Blutkörperchen und Plasma berichtet.

5. Einfluß der gerinnungshemmenden Mittel.

Zum Schlusse seien mir noch einige Bemerkungen über den Einfluß der gerinnungshemmenden Mittel auf die einzelnen Blutbestandteile gestattet. Wir können das Blut durch folgende Mittel ungerinnbar machen:

1. Indem wir das Blut mit Hirudin auffangen.

2. Durch Zusatz einiger kalkfällender Salze, wie Natrium- fluorid, Natriumoxalat, Ammonoxalat, Natriumcitrat usw.

3. Durch Defibrinieren.

Vom biologischen Standpunkt aus ist es nicht gleichgültig, auf welche Weise man das Blut ungerinnbar macht, da sich

202 M. Richter-Quittner:

insbesondere das Natriumfluorid und Oxalat als starke Zellgifte erwiesen haben, die die Blutkörperchen schädigen. Alle Salze bringen die Blutkörperchen zum Schrumpfen, so daß man bei Hämatokritbestimmungen zu niedrige Werte erhält, wie folgende Versuche zeigen.

Tabelle XVII.

Blutkörperchenvolumen. Ohne Vorlage|3°/, Na-Oxalat|1°/, Na-Oxalat| Hirudin % 9 9 ` Normal Kriegsödem

Diabetes mellitus

Als ideales Mittel hat sich Hirudin!) erwiesen, das in der Mehrzahl der Fälle zur Anwendung kam (0,02 bis 0,5 g auf 100 ccm). Vom Defibrinieren des Blutes durch Schlagen haben wir abgesehen, da es von vornherein wahrscheinlich war, daß die Blutkörperchen durch das Schlagen geschädigt werden. Vom chemischen Standpunkt erscheinen die verschiedenen, die Ge- rinnung hemmenden Mittel ziemlich indifferent, wie Tabelle ХУШ zeigt.

Tabelle XVIIL

Einfluß der gerinnungshemmenden Mittel auf die Bestimmung von Chloriden und Rest-N-Bestimmungen im Ochsenplasma 21. XII. 18.

Chloride Best Ferrum oxydatum| Oppler I&oranyi 001,000 |н,соон 0,03 g Hirudin | 0,4723 45,98 auf 100 ccm Blut | 0,4728 45,90 3 р Natriumoxalat | 0,4691 45,79 auf 100 осш Blut | 0,4690 45,74

1 g Natriumoxalat | 0,4699 auf 100 eem Blut 0,4699

1 g NaF 0,4692 auf 100 ocm Blut | 0,4690

2,5 g Ammoncitrat | 0,4700 0,4706

Ze Natriumcitrat | 0,4704 0,4700

1) Das Hirudin wurde uns von der Firma E. Sachsse in Leipzig in liebenswürdiger Wesie zur Verfügung gestellt.

Chemische ‚Blutanalyse. І. 203

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Beitrag zur Kenntnis der Hämagglutinine und Hämolysine.

Von

Anna Vécsei. (Aus dem hygienischen Institut der Universität in Budapest.) (Eingegangen am 15. April 1919.)

Die Isolierung und Reinigung der Immunkörper wurde schon vor längerer Zeit versucht. Е. Pick!) teilte im Jahre 1902 seine Versuche mit, die sich auf die Isolierung der Typhus- und Cholera-Immunagglutinine bezogen. Er fand die Agglutinine größtenteils in dem im Serum hergestellten Pseudoglobulin- niederschlag, und er reinigte diesen Niederschlag durch wieder- holte Auflösung und Ausfällung mit Ammonsulfat und Alkohol. Durch dieses Verfahren erhielt er eine relativ eiweißarme Lösung, die ungefähr !/, der ursprünglichen Agglutininmenge des Serums enthielt. Diese Lösung enthielt aber. noch koagu- lables Eiweiß und gab Biuret- und Millonsche Reaktion. Ver- suchte er aber die Eiweißkörper ganz zu eliminieren, so schwand auch die agglutinierende Wirksamkeit der Lösung.

Hahn und Trommsdorf?) versuchten das Agglutinin aus aggluti- nierten Typhus- und Cholerabakterien durch Digestion mit Serum verschiedener Tierspezies, sowie durch verdünnte Säuren und Laugen zu extrahieren. Mit der letztgenannten Methode erhielten sie auch schwach agglutinierende Lösungen.

Die Hämagglutinine zu isolieren versuchten zuerst Landsteiner und Jagiö°). Sie isolierten die Agglutinine aus den agglutinierten Blut- körperchen durch Digestion mit physiologischer Kochsalzlösung bei einer Wärme von 45°C. Durch diese Methode gewonnene Lösung ent-

`1) Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 1, 1902. з) Münch. med. Wochenschr. 1900. 3) Münch. med. Wochenschr. 1913, Heft 18.

206 A. Vécsei:

hielt auch Eiweiß, das sie von den Agglutininen zu trennen nicht ver- mochten.

Liebermann und Fenyvessy!) extrahierten die Immunkörper aus den agglutinierten Blutkörperchen mit verdünnter Salzsäure und haben sie auch in trockenem Zustand gewonnen. Ihre Lösung hatte eine sehr gute agglutinierende und hämolytische Wirkung, und es konnte darin kein Eiweiß mehr nachgewiesen werden. Da also diese Methode offenbar zu den relativ reinsten Produkten führt, habe ich sie zu meinen Versuchen verwendet, deren Ziel es war, einerseits die Frage, ob die in Rede stehenden Immunkörper Eiweißkörper sind, definitiv zu ent- scheiden, andererseits über ihre Eigenschaften und chemische Zusammen- setzung neue Daten beizubringen, soweit dies bei der Schwierigkeit, genügendes Material zu beschaffen, möglich war.

Der Gang meiner Versuche war folgender:

Kaninchen wurden gegen Schweineblutkörperchen immuni- siert, und zwar wurden von 25°/, Schweineblutkörperchen- emulsion 4 ccm und nach 4 Tagen 5 cem in die Ohrvenen der Tiere injiziert. 6 Tage nach der zweiten Injektion als die Agglutinationswirkung der Sera der Tiere den Wert 1:800, die hämatolytische Wirkung den Wert 1:1250 erreichte wurde jeden zweiten Tag Blut aus den Ohrvenen der Tiere entnommen und die Sera gesammelt. So habe ich von 7 Ka- ninchen 350 ccm Immunserum gewonnen, die ich in mehreren Fraktionen verarbeitete.

Die Isolierung der Immunkörper habe ich, wie schon ge- sagt, nach dem Verfahren von Liebermann und Fenyvessy folgendermaßen vorgenommen: Das inaktivierte Serum wurde mit der doppelten Menge 5°/,ige Blutkörperchenemulsion ver- sehen und 1 Stunde lang im Brutschrank gehalten. Die ag- glutinierte Masse wurde zentrifugiert und mit physiologischer Kochsalzlösung 3mal gewaschen. Hierauf wurden die Agglu- tinine mit 2/, oo Salzsäure extrahiert?) und die Blutkörperchen aus der salzsäurigen Lösung abzentrifugiert. Die Lösung wurde mit ”/ oo- Natronlauge neutralisiert und der entständene Nieder- schlag abzentrifugiert, die Lösung mit Salzsäure angesäuert und mit Äther ausgeschüttelt, zentrifugiert, der Äther von der saueren Lösung abgegossen und die Lösung mit Lauge neutra-

1) Centralbl. f. Bakt. 47, Heft 2. D Damit die Auflösung der Blutkörper vermieden werde, wurden sämtliche Reagenzien mit physiologischer Kochsalzlösung bereitet.

Hämagglutinine und Hämolysine. 207

lisiert. War die Lösung in diesem Stadium nicht ganz farblos, so wurde die Ausschüttelung mit Äther wiederholt und der Äther nachher verdampft.

Sodann wurde die Lösung gegen destilliertes Wasser so lange dialysiert, bis darin mit Silbernitrat kein Chlor mehr nachgewiesen werden konnte. Nachher wurde die Lösung ein- getrocknet und die gewonnenen Trockensubstanzen gesammelt. Die bearbeiteten 350 cem Immunsera haben 0,1639 р Trocken- substanz ergeben.

Die chemische Untersuchung der Trockensubstanz hat folgendes ergeben: sie ist in destilliertem Wasser schwer lös- lich, (kaum !/, [23°/,] löst sich) hingegen ziemlich leicht in physiologischer Kochsalzlösung, die mehr als ®/, (88°/,) löst, sowie in konzentrierter Essigsäure und Salpetersäure und in heißer verdünnter Natronlauge. In Äther und Alkohol ist sie unlöslich. Die Reaktion der Trockensubstanz ist sauer, auf feuchte Lackmusstreifen gebracht, rötet sie diese. Die wäßrige und kochsalzhaltige Lösung verhält sich jedoch gegen die Lack- musstreifen neutral.

Der Aschengehalt ist groß. 15,6 mg verbrannt geben 4,6 mg Asche, was 29,48°/, entspricht. Die Reaktion der Asche ist bei der Untersuchung mit feuchten Lackmus- streifen entschieden alkalisch. Die Asche löst sich in Wasser nur teilweise, aber leicht in verdünnten Säuren.

Um etwa vorhandenen locker gebundenen Schwefel nachzuweisen, habe ich 4,8 mg Substanz mit Kalilauge gekocht und auf eine Silberplatte getröpfelt. Die Silberplatte ist nicht schwarz geworden. Auch beim Erhitzen mit einer Bleilösung war keine Schwärzung zu beobachten. Mit 3 mg Globulin habe ich Kontrollproben vorgenommen, die ein positives Resultat ergaben. Die Substanz enthält also keinen locker gebundenen bleischwärzenden Schwefel.

Zum Nachweis des in Form von Sulfaten gebundenen Schwefels habe ich das Material mit 1 Teil Salpeter und 2 Teilen Soda zusammengeschmolzen. In der Lösung der Schmelze war Schwefelsäure nachzuweisen, mehr als in einer Kontrollprobe mit der gleichen Menge Serumglobulin. Die Sulfate sind jedoch im Material nicht nur in organischer Bin- dung vorhanden, sondern sind auch ohne Aufschließen in den

208 A. Veosei:

(mit physiologischer NaCl-Lösung) bereiteten Lösungen mit Chlorbarium nachweisbar.

Zur Bestimmung der Phosphorsäure habe ich 10,6 mg Trockensubstanz eingeäschert. Die Asche wurde in Salpeter- säure aufgelöst und mit Ammoniummolybdatlösung vermengt. Es konnten so Spuren von Phosphorsäure nachgewiesen werden.

Zum Nachweis des Eisens habe ich 15,6 mg Trocken- substanz verbrannt, die Asche in Salzsäure gelöst und einige Tropfen Rhodankaliumlösung hinzugegeben, wodurcheineschwach rötliche Färbung entstand.

Die quantitative Bestimmung des Eisens habe ich colori- metrisch in der Weise ausgeführt, daß ich in eine Eprouvette, die dieselben Mengen Salzsäure und Rhodankalium enthielt, tropfenweise eine Eisenchloridlösung, die in jedem Kubikzenti- meter 0,1 mg Eisen enthielt, so lange tröpfelte, bis ich eine der mit der Asche gewonnenen Reaktion entsprechende Färbung bekam. Auf diese Weise könnte ich 0,015 mg Eisen nach- weisen. Dies entspricht auf das Gewicht der Asche gerechnet 0,32°/, und auf die ursprüngliche Trockensubstanz gerechnet 0,96 TL, | Außer Eisen konnte keine andere Base als Natrium

nachgewiesen werden. Die Untersuchung auf Calcium und Magnesium ergab ein negatives Resultat.

Zum Nachweis des Stickstoffs habe ich 4,8 mg Trocken- substanz mit Natronkalk verrieben und erhitzt. Ein feuchter roter Lackmusstreifen wurde stark blau. Die quantitative Be- stimmung geschah nach Kjeldahl. Vorher habe ich 2 Kon- trollproben mit je 10 mg Serumglobulin ausgeführt, und nur als es sicher war, daß das Resultat auch bei Anwendung so kleiner Mengen Materials genau wird, machte ich zwei Paral- lelbestimmungen mit је 10 mg der Trockensubstanz. Das Resultat ergab 1,058 mg Stickstoff in 10 mg Trockensubstanz. Dies entspricht auf aschenfreies Material berechnet 14,69°/, N.

Da trotz des gegenteiligen Befundes von Liebermann und Fenyvessy manche Autoren daran festzuhalten scheinen, daß die in Rede stehenden Immunkörper eiweißartiger Natur

„find, war ев von Wichtigkeit, zu entscheiden, ob die nach der Methode von Liebermann und Fenyvessy mit Salzsäure

Hämagglutinine und Hämolysine. 209

extrahierte und auf die oben geschilderte Weise gereinigte wirksame Trockensubstanz tatsächlich eiweißfrei ist oder nicht.

Zu diesem Zwecke habe ich die üblichen Eiweißreaktionen mit gewogenen Mengen Trockensubstanz ausgeführt und zur Kontrolle mit ebensoviel oder kleineren Mengen Serumglobu- lins, welche kleine Mengen Serumglobulin mit den angewendeten Reagenzien immer ein positives Resultat ergaben. Ich habe die folgenden Eiweißreaktionen vorgenommen:

Mit 9,2 mg Trockensubstanz die Biuretreaktion

» 54n » Millonsche Reaktion » 9,6» » Xanthoprotein-Reaktion » 48 » D » Adamkiewiczsche »

Sämtliche Reaktionen ergaben ein negatives Resultat. Außer diesen habe ich noch Eiweißreaktionen in der kochsalz- haltigen Lösung des Materials vorgenommen, welche Lösung in jedem Kubikzentimeter 3,4 mg Trockensubstanz enthielt. Die darin vorgenommene Sulfosalicylsäure- und Xanthoprotein-Re- aktionen ergaben wieder ein völlig negatives Resultat.

Alle diese Reaktionen, sowie die Abwesenheit von bleischwärzendem Schwefel beweisen, daß das auf diese Weise isolierte Material kein Eiweißkörper ist.

Zur Entscheidung dessen, ob das die oben geschilderten chemischen Eigenschaften besitzende Material die Immunkörper tatsächlich enthält, habe ich Agglutinations- und hämolytische Proben angestellt. Ich habe eine Lösung (in physiologischer NaCl-Lösung) hergestellt, die in jedem Kubikzentimeter 3,07 mg Trockensubstanz enthielt. 1 ccm dieser Lösung wurde mit 5 Tropfen 10°/,iger Schweineblutkörperchenemulsion vermengt. Agglutination konnte prompt beobachtet werden, und nach 2stündigem Aufenthalt im Brutschrank war die Agglu- tination stark. Dieses Verfahren hatte aber die Agglutinin- menge der Lösung noch nicht erschöpft, denn nach Zentrifu- gieren der agglutinierten Mengen gab ich zu der Lösung wieder 5 Tropfen Blutkörperchenemulsion und erhielt abermals und auch sofort bemerkliche und nach 2stündigem Aufenthalt im Brutschrank stark gewordene Agglutination. Dieser Agglutinationsversuch wurde 2mal mit aus verschiedenen Teilen der Trockensubstanz entnommenen Proben wiederholt, immer mit demselben Resultat.

210 A. Vécsei: Hämagglutinine und Hämolysine.

Bei der hämolytischen Probe wurde 1 ccm Lösung mit 5 Tropfen 10°], Schweineblutkörperchenemulsion und als Komple- ment mit 1 Tropfen 6fach verdünntem frischen Meerschwein- chenserum vermengt und 3 Stunden lang im Brutschrank ge- halten. Die Hämolyse war zwar bemerkbar, aber ge- ring. Das soll vielleicht bedeuten, daß die hämolytischen Immunkörper empfindlicher sind als die Agglutinine und unter dem langwierigen Reinigungsprozeß größtenteils zugrunde gehen.

Aus den hier mitgeteilten Versuchen geht hervor, daß es mir gelang, nach der Methode von Liebermann und Fenyvessy aus den Seris gegen Schweineblut- körperchen immunisierter Kaninchen die entsprechen- den Immunkörper zu isolieren, und die chemischen Untersuchungen zeigten, daß diese auch nach der Isolierung wirksame Immunkörper in Überein- stimmung mit den Angaben von Liebermann und Fenyvessy keine Eiweißkörper sind, da sie weder bleischwärzenden Schwefel enthalten, noch die be- kannten empfindlichen Eiweißreaktionen geben. Ihr Stickstoffgehalt steht aber demjenigen der Eiweiß- körper nahe.

Bezüglich des großen Aschengehalts des Materials und über seine Bedeutung wäre es verfrüht, sich zu äußern. Es ist möglich, daß es nur einfache Verunreinigung ist und daß man bei Verarbeitung größerer Mengen Materials und häufiger Reinigung zu ascheärmeren Produkten gelangen könnte. Ebenso kann vielleicht der Eisen- und Phosphorsäuregehalt aus den Blutkörperchen herrühren, von denen die Substanz abgespaltet wurde.

Über Resistenz der roten Blutkörperchen bei Stick- stoffdefizit und bei Inanition.

Von D. Acél.

(Aus dem hygienischen Institut der Universität in Budapest.) (Eingegangen am 15. April 1919.)

Physiologische Versuche an Menschen und Tieren haben es längst erwiesen, daß das Nahrungseiweiß nur bis zu einer bestimmten Grenze durch sonstige Nährstoffe ersetzt werden kann, d. h. daß zur Erhaltung des Lebens ein bestimmtes Mi- nimum an Eiweißnahrung unbedingt erforderlich ist. Wenn auch die Werte, die von den verschiedenen Autoren für den minimalen Eiweißbedarf des Menschen ermittelt worden sind, sehr weit voneinander abweichen, so wird doch allgemein an- genommen, daß eine weitere Verminderung der Eiweißzufuhr zu Schädigungen des Organismus führen muß. Es wäre daher für das Studium der Frage sehr wichtig, wenn wir über ein empfindliches und sicheres Zeichen verfügen würden, das die infolge von Eiweißmangel eintretenden Schädigungen des Organismus erkennen lassen würde.

Es ist bekannt, daß der Organismus auf verschieden- artige Schädigungen mit bestimmten Reaktionen antwortet. An diesen Reaktionen müssen sich natürlich gewisse zellige Ele- mente beteiligen. Es wäre somit naheliegend, anzunehmen, daß die roten Blutkörperchen ebenfalls gewisse Veränderungen er- fahren, wenn die notwendigen Bausteine des Körpers, also in erster Reihe die Eiweißkörper, in ungenügender Menge zuge- führt werden, um so mehr, da es ja durch verschiedene Versuche und klinische. Verfahren bekannt ist, daß die Erythrocyten

Biochemische Zeitschrift Band 95. 15

212 ` D Aol:

auf verschiedene Schädigungen des Organismus recht empfind- lich reagieren.

Es war daher von Interesse, nachzuforschen, ob zwischen Eiweißmangel einerseits und zwischen dem Verhalten der roten Blutkörperchen anderseits Beziehungen existieren, und wenn ja, ob diese geeignet sind, aus dem Verhalten der Erythrocyten auf die Bedeutung des Eiweißhungers für den Gesamtorga- nismus bestimmte Schlüsse zu ziehen.

Es hat schon Chittenden!) bei seinen Versuchen über das Eiweiß- minimum die Zahl der Erythrocyten und den Hämoglobingehalt des Blutes verfolgt, ohne jedoch zu bestimmten Schlüssen zu gelangen.

Albertoni und Rossi?) haben in Menschenversuchen eine Zu- nahme des Hämoglobingehaltes gefunden, wenn die Versuchspersonen nach einer minimalen Zufuhr von Pflanzeneiweiß einen Zusatz von Fleisch oder Eiern erhalten haben. Wir möchten aber schon hier be- merken, daß es kaum angeht, in diesen Fällen die Hämoglobinzunahme auf die Vermehrung der Eiweißnahrung zurückzuführen.

Aus diesen sowie aus den weiter unten zu besprechenden Versuchen geht nur so viel hervor, daß weder die Blutkörperchen- zahl, noch der Hämoglobingehalt des Blutes ein Indicator der durch Änderungen der Eiweißzufuhr im Organismus hervor- ~ gerufenen Schädigungen abgeben können.

- Es ist neuerdings wiederholt gezeigt worden, daß die Re- sistenz der Blutkörperchen gegen verschiedene Einwirkungen bei gewissen Erkrankungen Änderungen erfährt, die für die betreffende Krankheit charakteristisch sein kann. Es war daher mehr Erfolg zu erwarten, wenn der" Einfluß des Eiweißhungers an der Resistenz der Erythrocyten geprüft wird.

Wir haben in unseren Untersuchungen die Resistenz der roten Blutkörperchen mit dem von Liebermann?) angegebenen Verfahren bestimmt. Bezüglich der Einzelheiten dieser Me- thode sei auf die Originalmitteilung verwiesen und an dieser Stelle nur so viel erwähnt, als es zur Klarheit der nachstehenden Bemerkungen notwendig ist.

Mit der Liebermannschen Methode wird jener Anteil der roten Blutkörperchen angegeben, der bei einer bestimmten

2) Chittenden, zit. Oppenheimer, Handb. d. Biochemie 4, I. Teil, 790.

2?) Albertoni und Rossi, ebenda.

DL von Liebermann, Deutsche med. Wochenschr. 1912, 462.

П

Resistenz der roten Blutkörperchen bei N-Defizit und Inanition. 213

Konzentration und Menge einer Kochsalzlösung bei einer be- stimmten Versuchszeit in Lösung geht. Das Resultat wird durch einen Quotienten (RQ Resistenzquotient) ausgedrückt, der das Verhältnis der resistenten (nicht aufgelösten) Blut- körperchen zu den nicht resistenten (aufgelösten) für eine be- stimmte Kochsalzkonzentration angibt. Heißt es z. В. КОо 5 = 1, so bedeutet das, daß in einer 0,5°/,igen Kochsalzlösung die Zahl der resistenten und nicht resistenten Blutkörperchen die gleiche war, was einer Resistenz von 50°/, entspricht. RQo,s == оо bedeutet, daß in einer 0,5°/,igen Kochsalzlösung sämt- liche Erytrocythen ungelöst bleiben, während BO, =0 voll- ständige Hämolyse zum Ausdruck bringt (im ersteren Falle ist die Resistenz 100°/,, im letzteren 0°/,).

Die Versuche, über die hier zunächst berichtet werden soll, sind an Hunden, die späteren an Mäusen und Meer- schweinchen ausgeführt worden.

Versuch 1.

Hund von 6250 g Gewicht. Der Versuch dauerte 76 Tage; während dieser Zeit wurde sowohl Nahrungsstickstoff, als auch der mit Kot und Harn ausgeschiedene Stickstoff täglioh bestimmt. Der Versuch beginnt mit einer Periode von N. plus und geht allmählich in Perioden von Stickstoffverlust über. Das entzogene Eiweiß wurde mit Kohlenhydrat und Fett ersetzt, so daß die Energiezufuhr stets die gleiche war. Die Blutkörperchenresistenz wurde für 0,5 sowie für 0,45°/,ige Kochsalz- lösung bestimmt.

In diesem Versuche ließen sich bestimmte regelmäßige Beziehungen zwischen dem Verhalten des N-Stoffwechsels und der Resistenz der roten Blutkörperchen nicht nachweisen, weshalb wir sowohl hier als bei einem zweiten Versuch auf die Mitteilung der Versuchsdaten verzichten und nur so viel bemerken, daß es bei dem zweiten Versuch anfangs den Anschein hatte, als wenn bei N-Minus eine gewisse Besistenzerhöhung stattgefunden hätte, dieselbe verschwand aber in der nächsten Periode.

Versuch 3.

Ein dritter Hund wurde mit dem Zwecke eingestellt, den zweiten Versuch zu wiederholen. Ein Zufall verhinderte aber diesen Plan und leitete die Untersuchungen in andere Bahnen.

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214

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Resistenz der roten Blutkörperchen bei N-Defizit und Inanition. 215

Wie aus der Tabelle I ersichtlich, hat das Tier vom 25. 6. ab nur die Hälfte oder ein Drittel, bzw. einen noch geringeren Teil der gereichten Nahrung aufgenommen. Infolgedessen ge- riet es nicht nur in Stickstoff-, sondern auch in Caloriendefizit. Nun sehen wir in der Rubrik RQo4 (die Werte RQos sind durchweg unbrauchbar), daß die Resistenz der Blutkörperchen bei Stickstoff- und gleichzeitigem Energiedefizit eine deutliche Steigerung erfährt. Solange die Energiezufuhr eine genügende war, erwiesen sich in einer 0,45 °/,igen Kochsalzlösung 37,59/,, bzw. 41,179), der Erythrocyten als resistent, während bei un- genügender Energiezufuhr, die Resistenz von 2 Fällen ab- gesehen, zwischen 55,5 und 83,3°/, schwankt. Die folgende Periode mit positiver Bilanz konnte nicht weiter fortgesetzt werden infolge eines Darmkatarrhs des Tieres, der am 5. Tage zum Vorschein kam. Infolgedessen lassen sich diese Daten nicht verwerten.

In diesem Versuche ist auch der Hämoglobingehalt des Blutes bestimmt worden, und zwar mit dem Sahlischen На- mometer. Die Schwankungen, die hier beobachtet wurden, sind nicht sehr erheblich und lassen keine Beziehungen zu den Stoffwechseländerungen erkennen. Wir können somit die oben erwähnten Beobachtungen von Chittenden, daß Ver- minderung der Eiweißzufuhr keinen Einfluß auf den Hämo- globingehalt hat, bestätigen.

Der Einfluß einer calorisch ungenügenden Nah- rung auf die Resistenz der Erythrocyten, der sich in einer Erhöhung derselben kundgibt, war in dem obigen Versuch so auffallend, daß es uns notwendig schien, diese Verhältnisse durch weitere direkte Ver- suche aufzuklären. In diesen kam es uns also darauf an, den Einfluß der Nahrungsentziehung möglichst deut- lich zur Geltung kommen zu lassen. Daher haben wir die Tiere nach einer Periode von normaler Ernährung einige Zeit hungern lassen. Wir haben die Versuche zunächst an weißen Mäusen ausgeführt. In den Vorversuchen wurde zu- nächst die für die Resistenzbestimmung geeignete Kochsalz- konzentration ermittelt. Diese wurde 0,55°/, gefunden. Vor dem eigentlichen Versuche wurde bei demselben Tier die Re- sistenz wiederholt bestimmt. Die hierzu nötige geringe Blut-

216 D. Acél:

menge wurde aus dem Schwanz genommen. Es wurden zu- nächst zwei Mäuse herangezogen. Sie erhielten vom zweiten Tage an keine Nahrung, hingegen Wasser in beliebiger Menge. Die Resultate sind in der Tabelle II zusammengestellt.

Tabelle II.

| Weiße Maus Мг. 1 | Weiße Maus Nr. 2

Anmerkung

. 9. ж = 9 Hungert von nach- 2 mittag 6 Uhr an SR 1,38 57,98 17. 9. 20, en Nahe | Nahe 18. 9. e ee 19. 9. 100 [Exit nachm.|Exit vm. 5 у}

4 Uhr 10 Uhr

Die beiden Tiere sind nach 4 Tagen des Hungerns ein- gegangen. Während dieser Zeit verlor die Maus 1, 30°/,, die Maus 2, 33°/, ihres Gewichtes. In beiden Fällen ist die Zu- nahme der Erythrocytenresistenz sehr deutlich. Sie beginnt bereits 24 Stunden nach der Entziehung der Nahrung und steigt weiter an. So erwiesen sich bei der Maus 1 zur Zeit der normalen Ernährung 46, bzw. 37°/,, am 4. Hungertage aber 100%, der Erythrocyten als resistent. Ganz ähnlich verhielt sich die Maus 2, die 6 Stunden vor der 1. Maus ver- endete.

Es hat sich also die an dem letzten Hundeversuch ge- machte Beobachtung, d. h. die Erhöhung der Erythrocyten- resistenz bei Nahrungsentziehung durch diese beiden Mäuse- versuche bestätigen lassen. Es war nur noch ein Kontroll- versuch notwendig, um den evtl. Einfluß der wiederholten Blutentnahme auf die Resistenz der Blutkörperchen bewerten zu können. Es wurden zu diesem Zwecke 2 Mäuse ein- gestellt, die eine bei normaler Ernährung, die andere ohne Nahrung, und es wurden beiden von Zeit zu Zeit möglichst; gleiche Blutmengen entnommen. Das Resultat dieser Versuche ist aus Tabelle III ersichtlich,

Resistenz der roten Blutkörperchen bei N-Defizit und Inanition. 217

Tabelle IIL

| Hungernde Maus | Kontrollmaus

66,0 2,0 | 66,0 Hungert von mittag

12 Uhr an 64,28

22. 9. 71,42 60,78 22. 9. nachm. 80,0 57,08 155 Uhr 22. 9. abends 83,3 66,0 8 Uhr 23. 9 А d

> Nahe | Exit vormittags vorm. 62,96 10 Uhr 100 10, Uhr

In diesem Versuch weist das hungernde Tier dieselbe Resistenzerhöhung auf (von 66°/, auf nahezu 100°/,), die wir in Tabelle II gesehen haben, während das Kontrolltier ganz unbedeutende Schwankungen zeigt (von 57 bis 66°/,) Somit spielt die Blutentnahme bei der beobachteten erhöhten Blut- körperchenresistenz keine Rolle. Sie ist vielmehr lediglich auf die Karenz zurückzuführen. Zu bemerken ist übrigens, daß die eigentliche Versuchsmaus nur 2 Tage gehungert und etwa 22°/, ihres Gewichtes verloren hat.

Es wurde sodann ein Hungerversuch an einem Meer- schweinchen und ein entsprechender Kontrollversuch bei nor- maler Nahrung ausgeführt. Die Erythrocytenresistenz wurde für eine 0,4°/ ‚ige Kochsalzlösung bestimmt. Gleichzeitig wurde auch der Hämoglobingehalt nach der Sahlischen Methode festgestellt. |

Wir ersehen also aus der Tabelle IV, daß die Resistenz der Meerschweinchen-Erythrocyten bei dem eigentlichen Versuchs- tier zur Zeit der normalen Ernährung (in den ersten 5 Ver- suchstagen) nur unbedeutende Schwankungen zeigt (von 16,6 bis 22,1°/,). In den ersten beiden Tagen der Hungerperiode sinkt zunächst die Resistenz, um vom 3. Tage an stetig zuzunehmen bis zu 41,86°/,. Es ist somit die Zahl der re-

218 D. Acél:

Tabelle IV.

| Hungerndes Meerschweinchen | Kontrollmeerschweinchen

g Hb. Hb. 3 (nach Anmerkung (nach A Sahli) Sahli)

29.9 02 |16,6 | 128

30.9. | 460 | 0,285 | 2271 | 126 495 |033 | 2481 | 131 2.10.| 465 |02 |166 | 123 435 |038 | 27.53 | 129 4.10.| 470 |023 |187 | 122 448 |022 | 18.03 | 133 6.10.| 470 |02 |166 | 128 a i o SS 450 |0,18 | 15,25 | 130 7.10.| 435 [|016 |13,7 | 139 445 |018 |15,25| 130 8.10.| 400 |014 |12.28 | 133 450 |0,125 | 11,1 | 129 9.10.| 375 |0.32 |2424 | 138 450 |02 |166 | 127

Sehr hinfällig. 41,86 | 140 { Starker Haarausfall 41,17 | 160 desgl.

41,17 | 165 Exit vorm. 11 Uhr

470 | 0,18 | 15,25 | 130

460 | 0,3 23,07 | 125 460 | 0,14 | 12,2 124

sistenten Blutkörperchen auf das Doppelte gestiegen. Während dieser Zeit hat das Tier 32°/, seines Gewichtes verloren.

Beim Kontrolltier, das also normal ernährt wurde und dem von Zeit zu Zeit die gleichen Blutmengen entnommen wurden, schwankt die Resistenz ohne bestimmte Regelmäßig- 'keit zwischen 11,1°/, und 27,59/,.

Bei dem Kontrolltier ist der Hämoglobingehalt des Blutes annähernd konstant. Beim Hungertier sehen wir. eine fort- schreitende Zunahme des Hämoglobingehaltes bis zum Tode, doch möchten wir diesen Befund einfach auf die durch Wasser- verlust bedingte Konzentration des Blutes zurückführen.

Es ist uns somit auch an Meerschweinchen gelungen, die im letzten Hundeversuch sowie in den Mäuseversuchen beob- achtete Steigerung der Erythrocytenresistenz durch Nahrungs- entziehung zu konstatieren.

Zusammenfassung.

Überblicken wir die mitgeteilten Versuche, so sehen wir zunächst aus den beiden ersten Hundeversuchen, daß eine ungenügende Stickstoffzufuhr (negative Stickstoffbilanz) keinen merkbaren und gesetzmäßigen Einfluß auf die Resistenz der Erythrocyten ausübt. Aus den Versuchen Nr. 1, 2 und 3

Resistenz der roten Blutkörperchen bei N-Defizit und Inanition. 219

geht aber hervor, daß eine calorisch ungenügende Ernährung bzw. vollständige Nahrungsentziehung eine sehr deutliche Wir- kung auf die roten Blutkörperchen hat, die sich bei allen von uns untersuchten Tierarten (Hund, Maus, Meerschweinchen) in demselben Sinne äußert. Wir möchten daher die Resultate unserer Untersuchungen wie folgt zusammenfassen:

1. Eine ungenügende Stickstoffzufuhr allein bei ange- messener, calorisch genügender Nahrung hat auf die Resistenz der Erythrocyten keinen, wenigstens keinen durch die von uns angewendete Methode nachweisbaren Einfluß.

2..Bei calorisch ungenügender Ernährung bzw. bei fort- gesetztem Hungern nimmt die Resistenz der Blutkörperchen deutlich zu.

Beitrag zur Lehre von der Blutgerinnung.

Von

Karl Schilling. (Aus dem Laboratorium der medizinischen Klinik zu Freiburg i. Br.) (Eingegangen am 19. April 1919.)

Der Verlauf und Vorgang der Blutgerinnung hat von jeher das regste Interesse der Biologen auf sich gezogen. Viele ex- perimentelle Untersuchungen wurden zur Ergründung der Ur- sache und des Ablaufes derselben angestellt; darunter die aus- führlichen und grundlegenden Arbeiten von Loeb, Conradi, Morawitz u. a.

Hierdurch wurde unzweideutig festgelegt, daß durch den Gehalt, die Bildung und die Zusetzung bestimmter Substanzen die Gerinnungsfähigkeit des Blutes beschleunigt, herabgesetzt oder völlig aufgehoben werden kann. Als solche kommen in Frage: die Kalksalze, die Kinase, sowie eine größere Anzahl anorganischer und organischer Stoffe.

Weiterhin haben in eingehenden Mitteilungen Stuber und Heim gezeigt, daß die beschleunigende Wirkung der Organextrakte auf die Blutgerinnung als eine Folge ihres Lipase- und Fettgehaltes aufzufassen ist. Ihre mit Pferdeoxalatplasma und am lebenden Tiere durchgeführten Versuche fanden in einer weiteren Arbeit von Stuber und Partsch, die den Gerinnungsvorgang an mit Petroläther entfettetem Plasma prüften, eine weitere Stütze und bestätigten so die Angaben von. Bordet-Delange und Zak, nach denen entfettetes Plasma sein Gerinnungsvermögen ver- Неге und durch Zusatz lipoidartiger Substanzen dasselbe wiedergewinnt. Stuber sieht in dem Fettsäureradikal die eigentliche Ursache der Ge- rinnungsbeschleunigung.

Eine „Studien zur Chemie und Physiologie der Blutgerin- nung, III“ betitelte Abhandlung von Herzfeld und Klinger, nach der entgegen den Ausführungen von Stuber und Heim den höheren Fettsäuren ein spezifischer Einfluß auf die Blut-

K. Schilling: Blutgerinnung. 221

gerinnung abgesprochen wird, und die Lipoide als keineswegs unerläßlich für die Gerinnung bezeichnet werden, veranlaßte mich auf Anregung von Stuber ihre Arbeiten und die von Herzfeld und Klinger, soweit sie Organe und Organextrakte anlangten, nochmals einer eingehenden Prüfung zu unter- ziehen.

Ähnliohe Untersuchungen wurden von Yamada mit acetonextra- hiertem Knochenmark und den dabei erhaltenen Aocetonlipoiden ange- stellt. Doch kam genannter Autor zu negativen Ergebnissen. Nun muß aber gegen die Arbeit Yamadas ein Einwand erhoben werden. Die Wahl des Extraktionsmittels ist für eine quantitative Fettextraktion keineswegs gleichgültig. Es sei in dieser Hinsicht nur auf die Arbeiten von Erlandsen, Kumagawa-Suto und Ivar Bang verwiesen. Yamada selbst weist auch in seiner Arbeit darauf hin, daß er nur aus Mangel an Petroläther Aceton zur Extraktion verwandt habe. Aceton steht aber bezüglich seines Fettextraktionsvermögens gegen den Petrol- äther weit zurück, so daß auf diese Weise zubereitete Organe keineswegs als fettfrei angesehen werden können. Außerdem reicht auch die Prozedur des einfachen Schüttelns nicht aus, um eine ausgiebige Extraktion zu erzielen. Die in Yamadas Versuchen aufgetretene Gerinnungsbeschleu- nigung nach Zusatz der „entfetteten“ Organe dürfte dementsprechend duroh die ungenügende Extraktion zu erklären sein.

Im folgenden wird der 1. Teil der Versuche in extenso wiedergegeben.

Methodik.

1. Zubereitung der frischen Organextrakte.

Die frischen Organe Leber, Lunge, Herz, Niere, Neben- nieren, Hoden, Thymus und Milz wurden von Kaninchen, Hypo- physe vom Pferd, Pankreas vom Rind und Schilddrüse vom Hammel gewonnen. Kaninchen wurden nach Freilegung der Halsgefäße in Äthernarkose verbluten lassen. Durch die Vena jugularis wurde mit physiologischer Kochsalzlösung (ca. 1!/, 1) bis zum Herzstillstand nachgespült, um die Organe möglichst blutfrei zu erhalten. Die Organe wurden dann nach Befreiung vom Bindegewebe und anhaftenden Fett stark zerkleinert, eine entsprechende Menge Wasser zugesetzt und ca..1 Stunde auf der Schüttelmaschine geschüttelt. Nachdem sich die festen Bestandteile beim Stehen zu Boden gesetzt haben, wird der darüber stehende Extrakt abgegossen und zu den in folgendem wiedergegebenen Versuchen verwandt.

222 K. Schilling:

2. Zubereitung der getrockneten und extrahierten Organe.

Da uns nur in beschränktem Maße Petroläther und Alkohol zur Verfügung standen, wurden nur 4 Organe: Leber, Lunge, Herz und Niere zur Extraktion verwandt. Die Organe wurden vom Kaninchen in der oben genannten Weise entnommen; gut zerkleinert und durch ein feines Drahtsieb gequetscht. Dann nach Angabe von Wiechowski auf paraffinierten Glasplatten in dünner Schicht ausgestrichen und im Exsiccator unter Luft- durchleitung getrocknet. Es ist wichtig, daß das Trocknen in möglichst kurzer Zeit geschieht, da sich die Organe rasch ver- ändern und, wie eigene Versuche gezeigt haben, zu ganz falschen Resultaten führen. Die eingetrocknete Masse, die sich von den Platten glatt ablöst, wird in der Reibschale möglichst fein pulverisiert und ein Teil davon im Soxhlet-Apparat 6 Tage mit Petroläther und 3 Tage mit 92°/,igem Alkohol extrahiert. Der fettreiche Organrückstand wird bis zum Verschwinden der Alkoholdämpfe getrocknet und in destilliertem Wasser auf- genommen. Der zweite, nicht entfettete Teil wird direkt in destilliertes Wasser aufgeschwemmt. Alle die Aufschwemmungen (Emulsionen), die extrahierten und nicht extrahierten, werden in 1°/,iger Lösung hergestellt, einige Zeit kräftig geschüttelt und bis zum Absitzen der ungelösten Bestandteile stehen ge- lassen (ca. 2 Stunden. Zu den Versuchen wurden dann die beinahe klaren Emulsionen verwandt.

3. Zubereitung der Fettrückstände.

Die Fettrückstände in Petroläther und Alkohol wurden bis zu einem kleinen Restrückstand eingedampft; letz- terer in angewärmtem absoluten Alkohol aufgenommen und in 20 ccm mäßig stark erwärmtes destilliertes Wasser tropfenweise unter starkem Umschütteln eingegossen, damit möglichst homo- gene Emulsionen entstanden. Auf dem Wasserbade wurde dann dieses Gemisch so lange eingedampft, bis keine Spur des Petrol- äthers und Alkohols mehr nachzuweisen war. Das mitverdampfte Wasser wurde wieder auf 20 ccm ergänzt. Bei späteren Ver- suchen wurde außer absolutem Alkohol noch in gleichen Mengen Aceton zugegeben, um klarere Emulsionen zu erhalten. Die Resultate waren genau dieselben.

Blutgerinnung. 223

4. Plasma.

a) Zu allen Versuchen wurde 2°/,„iges Pferdeoxalatplasma verwandt, das aus der Arterie direkt in Natr. oxalat.-Lösung aufgefangen wurde und den Vorteil hat, daß sich schon nach kurzer Zeit die zelligen Elemente sedimentiert haben.

b) Ein Teil des Plasmas wurde 36 Stunden im Embden- Lindeschen Apparat mit Petroläther extrahiert. Der Petrol- äther wurde dann durch Luftdurchleiten entfernt und das Plasma möglichst bald zu den Gerinnungsversuchen verwandt.

5. Reagensgläschen.

Da die Gerinnungszeit von der Beschaffenheit des Glases und auch der Weite des Röhrchens beeinflußt wird, wurde mit möglichst gleichweiten, vollkommen entfetteten und getrockneten Reagensgläschen experimentiert.

6. Gerinnungszeit und Intensität.

In allen. Tabellen ist die Gerinnungszeit in Minuten, die Gerinnungsintensität für klumpig +, als unvollständig geronnen als ++ und vollständig geronnen als +++ angegeben. Bei voll- ständiger Gerinnung erstarrt die Masse, ist gelatinös und haftet beim Umdrehen des Glases fest an diesem an. Веі unvoll- ständig löst sich die gelatinöse Masse noch vom Glase ab, und bei klumpig geht die Masse vom flockigen in den gelatinösen Zustand über.

7. Versuchsanordnung.

Es wurde zu allen Versuchen 2 ccm Pferdeoxalatplasma verwandt und in entsprechenden Mengen frische Organextrakte, Organemulsionen und Fettrückstände zugesetzt und diese Ge- mische 1/, Stunde im Brutschrank bei 37° erwärmt. Dann wurden 3 Tropfen einer 5°/,igen Calciumchloridlösung zu- gesetzt, rasch umgeschüttelt und der Gerinnungsvorgang be-

. obachtet.

8. Von den zahlreichen Versuchen, die immer wieder das gleiche Resultat ergaben, wurde jedesmal nur einer als Beispiel angeführt.

224 К. Schilling:

Versuche,

1. Versuche mit nativem Pferdeoxalatplasma und frischen Organextrakten.

In einer Reihe von Reagensgläschen werden је 2 com Plasma und je 2, 3, 5, 10, 20 und 30 Tropfen der verschiedenen Organextrakte ein- gefüllt. Als Kontrollen werden entsprechende Mengen einer 1°/,igen Tierkohleaufschwemmung‘ und destilliertes Wasser beigefügt. Nach 1j stündiger Erwärmung der Gemische im Brutschrank bei 37° werden је 3 Tropfen der 5°/,igen Caloiumchloridlösung zugesetzt, und dann wird durch vorsichtiges Neigen der Reagensgläschen geprüft, in welchen es nur bis zum Klumpigwerden, in welchen es bis zur unvollständigen und vollständigen Gerinnung gekommen war; endlich in welchen das Plasma ganz flüssig geblieben ist. Die Versuche ergaben folgendes.

Tabelle L

1 Leber | |10

2 Lunge —| 2 3

3 Herz |9 |11

4 ‚_ Niere —| 4 6

5 Nebenniere 6 7 8

6 Thymus —| 3 4

7 Hoden —| 3 81],

8 Milz 21 | 24 | 27

9 Нурорһуве == Ya 10 Schilddrüse —|— 2 11 Pankreas | 1 12 Tierkohle 20 | 24 | 27 13 HO 21 | 24 | 27

Tabelle II.

Frische Organextrakte 3 Tropfen Lie + [++ ++

1| 2 Leber 8 |— | 104, 2| 2 Lunge 3 |— 21, 3 2 Herz 8 |7 8 4| 2 Niere 3 44 4 51/2 5 2 Nebenniere 8 | 5 8 6 2 8 —|— 91, 7 2 3 —|— CNA 8 2 8 14 |18 9 2 3 —|—

10 2 Schilddrüse 3 —|— 2

11 2 Pankreas 3 |— 1

12 2 Tierkuhle 3 |14 16

13 2 HO 8 |15 |20

Blutgerinnung. 225

Tabelle III.

Leber Lunge Herz Niere Nebenniere Thymus Hoden Milz Hypophyse Schilddrüse Pankreas Tierkohle DO Tabelle IV.

O на нч Ф бо сл ©

VER RN

Leber Lunge Herz Niere Nebenniere Thymus Hoden Milz Hypophyse Schilddrüse Pankreas Tierkohle

H,0 Tabelle V.

ke о SET]

Со Со Со Со co co oo co ca co oo СО ФО

111% 111111

з= E D

Steige CaCl,- Lösung + |+ +

Tropfen

PO М © ә = 4 = ww

Tierkohle HO

сз со со ко со в К В К 0 0 0 В Со оо Со фо ОФ Со СО СО co СЭ ОО СО СО

226 K. Schilling:

Tabelle VI. Fine, DO Nr. Deg Frische Organextrakte 30 Tropfen et + | ++ 144+

Tropfen

Leber Lunge Herz Niere Nebenniere Thymus Hoden Milz Hypophyse Schilddrüse Pankreas Tierkohle H,0

- =, >

FELL” ы 5 >

= re = w

м =, ә

пк ко ко по го ВО КО 0 О М Со 09 Со Фо ФО ОО ОО СО ФО ОЭ СЮ oo ОО

Resultat: Aus den Versuchen geht hervor, daß vor allen Dingen Lunge, Niere, Thymus, Hoden, Hypophyse, Schilddrüse und Pankreas eine stark beschleunigende Gerinnung hervor- riefen. Doch gleichen sich die Unterschiede der Beschleunigung mehr aus mit Ausnahme der Milz —, wenn die Extrakte in größeren Mengen beigegeben werden. Eines sei noch er- wähnt: Der Wasserzusatz zu den einzelnen Organen erfolgte, soweit ев möglich war, dem Organgewicht entsprechend, nur beim Pankreas wurde mehr Organmasse verwandt, was vielleicht eine gewisse Beschleunigung der Gerinnung zur Folge hatte.

2. Versuche mit extrahiertem Pferdeoxalatplasma und frischen Organextrakten.

In derselben Weise wie in den vorigen Tabellen wurden zum Plasma, daß 36 Stunden mit Petroläther extrahiert war, die Organ-

extrakte zugesetzt. Tabelle VII.

Plas- 59/,іве Nr. es Frische Organextrakte 2 Tropfen gg + | ++ +++

ccm Tropfen 1] 2 Leber were 2 2 Lunge 8. |10| | 3 2 Herz 3 | | 4 2 Niere 3 | | —- 5 2 Nebenniere 3 |-| 6 2 Thymus 3 107) | 7 2 Hoden 3 | | 8 2 Milz 3 —| —– | 9 2 Hypophyse 3 -|I|-|— 10 2 Schilddrüse 3 | | п 2 Pankreas 3 | -| 12 2 Tierkohle 3 | —– | —– 13 2 HO 3 —– | |

Blutgerinnung. 227 Tabelle VIII.

Plas-

5°/,ige Nr. on Frische Organextrakte 3 Tropfen Geh +++

ccm Tropfen 1 2 Leber 3 -| —– 2 2 Lunge 3 5| —| 3 2; Herz b | -| 4 2 Niere 3 | | 5 2 Nebenniere 3 | | 6 2 Thymus 3 5| =| 7 2 Hoden 3 | | 8 2 Milz 3 -| —-| 9 2 Hypophyse 3 | —-| 10 2 Schilddrüse 3 25 | 60 | 107 11 2 Pankreas 3 —| —– | 12 2 Tierkohle 3 | | 13 2 H,0 3 —|—|— Tabelle IX. Plas- 50h ige Nr.| monge] Frische Organextrakte 5 Tropfen | C20- +++ -| menge rische Örganextrakte ropfen Lösung ++

ccm Tropfen

ıl 2 Leber С 7 Вее So gek a Lunge 3 16 | 36 | \56 3| 2 Herz 3 58 | | 4 2 Niere 3 21 | 49| 5 2 Nebenniere 3 —|—|— 6 2 Thymus 3 16 | 34 | 56 7 2 Hoden 8 16 | 37 | 59 8 2 Milz 8 —|—|— 9 2 Нурорһузе 8 109 | | 10 2 Schilddrüse 3 7 9| 21 11 2 Pankreas 3 | -| 12 2 Tierkohle 3 ——|— 15| 2 H,O SS en р Tabelle X. Plas- 5 ige Nr. Erec Frische Organextrakte 10 Tropfen eo ++ +++

ccm Tropfen

Leber Lunge Herz Niere Nebenniere Thymus Hoden Milz Hypophyse Schilddrüse Pankreas Tierkohle H,O

Biochemische Zeitschrift Band 95.

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Фо фо фо co co ФО co oo ФО ФО ФО СО os

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228 К. Schilling: Tabelle XI.

d

Frische Organextrakte 20 Tropfen ee + + | ++

Leber Lunge Herz Niere Nebenniere Thymus Hoden Milz Hypophyse Schilddrüse Pankreas‘ Tierkohle

HO

Tabelle XII.

СО ao Фо Фо Фо Фо Со Оо CI Фо ОО co oo ЛЕЗ арте ж

5%; ige CaCl,- Lösung Tropfen

Frische Organextrakte 30 Tropfen + ++ +++

Leber Lunge Herz Niere Nebenniere Thymus Hoden Milz Hypophyse Schilddrüse Pankreas Tierkohle н,0 | Resultat: Das entfettete Plasma ergibt beim Zusatz von kleinen Mengen der Organextrakte keine Gerinnung. Erst bei Mengen von 5 Tropfen und mehr tritt eine Gerinnung ein, und da sind es vor allem wieder Lunge, Niere, Thymus, Hoden, Hypophyse und Schilddrüse. Die Kontrollen waren nach meb- reren Stunden noch vollkommen flüssig. Da erst größere Mengen einen Einfluß auf die Gerinnung ausüben, liegt die Vermutung nahe, daß eben die dem Plasma entzogenen ätherlöslichen Pro- dukte Fette und Lipoide wieder ausgeglichen werden müssen. Es muß darauf hingewiesen werden, daß bei der Entfettung des Plasmas äußerst sorgfältig zu verfahren ist. Vor allen Dingen sollte es

nicht wie es in den Arbeiten von Herzfeld und Klinger beschrieben wird ausgeschüttelt werden. Auch darf im Embden-Lindeschen Ex-

[| 12111111 ЕЯ

DDDDDDDDDDDDD фо фо Фо Фо о aa Со ФО CO фо СО СО СО

KLSFKREUEL рө!

Blutgerinnung. 229

traktionsapparat während des Extrahierens der Petroläther nicht direkt auf das Plasma gegossen, sondern muß stets in der Abflußflasche nach- gefüllt werden, denn bei jeder starken und vor allen Dingen plötzlich mechanischen Einwirkung, wie z. B. Schütteln oder Aufgießen des Petroläthers direkt auf das Plasma, fällt gewöhnlich eine gallertartige, mucinähnliche Masse in großen Mengen aus, und das so veränderte Plasma ergibt bei derselben Versuchsanordnung durchaus abweichende, unrichtige Resultate. Wir vermuten, daß auf die Nichtbeachtung dieser Fehlerquelle die vielfach abweichenden Versuchsergebnisse einzelner Autoren zurückzuführen sind.

Aus was diese gallertartigen mucinähnlichen Massen bestehen, konnten wir bisher nicht genauer feststellen. Zum Teil handelt es sich jedenfalls um wasserlösliche Salze; es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, daß auch Veränderungen der Eiweißstoffe dabei mitspielen.

3. Versuche mit nativem Pferdeoxalatplasma

und Organemulsionen.

Die folgenden Versuche wurden mit den getrockneten, zerriebenen und dann in H,O aufgenommenen Organen gemacht, und zwar sind zum besseren Vergleich die nicht extrahierten und die mit Petroläther und Alkohol extrahierten Organe (Emulsionen) nebeneinandergestellt.

Tabelle XIII.

Organemulsion 2 Tropfen

1 Leber 6 16 2 Lunge 3 5 8 Herz 8 23 4 Niere 3 5 5 Leber (extr. m. Petroläther u. Alkohol) 9 57 6 Lunge do. 12 63 7 Herz do. 6 3 8 Niere 8 47 9 81/3] 81 10 H,O 22 62 Tabelle XIV. Plas- Nr. Se Organemulsion 3 Tropfen

1 2 Leber 3 14 2 2 Lunge 3 2 3 2 Herz 3 17 4 2 Niere 8 3 5 2 | Leber(extr.m.Petroläther u. Alkohol) 3 30 6 2 |Lunge do. 3 40 7 2 Herz do. 3 29 8 2 [Niere do. 3 27 9 2 Tierkohle 3 EN 10 2 HO 3 41

1

о +

230 K. Schilling: Tabelle XV.

Nr. Organemulsion 5 Tropfen

1 Leber | | 88

2 Lunge | —-| 4

3 Herz | | 36 4 Niere | | Ph 5 Leber (extr.m. Petroläther u. Alkohol) | | 84

6 Lunge do. | | 62

7 Herz do. | | 40

8 Niere do. | | 84

9 Tierkohle | | 26 10 HO | | 40

Tabelle ХУІ.

Organemulsion 10 Tropfen

1 2 Leber 3 _ 25

2 2 Lunge 3 3

3 2 Herz 3 26

4 2 Niere 3 1%] 5 2 | Leber(extr.m.Petrolätheru. Alkohol 3 88

6 2 | Lunge do. 3 891), 7 2 (fen do. 3 25

8 2 [Niere do. 3 28

9 2 Tierkohle 3 21 10 2 H,O 8 _ 26

Resultat: Die nur getrockneten Organe ergaben eine deutliche Gerinnungsbeschleunigung gegenüber den extrahier- ten, die erst in derselben Zeit oder später als die beigefügten Kontrollen eine Gerinnung herbeiführten. Unter den Organen sind es auch hier wieder Lunge und Niere, die die Beschleu- nigung am deutlichsten zeigen.

Tabelle ХУП.

Plas- о d Nr. Ge? ep Organemulsion 2 Tropfen Lösung + |++ +++ ccm Tropfen 1 2 Leber 3 180 2| 2 Lunge 3 3] 2 Herz 3 41 2 » Niere 3 180 5| 2 |Leber(extr.m. Petrolätheru. Alkohol] 3 6j 2 3 7| 2 3 81 2 3 9] 2 3 ар 10| 2 3

Blutgerinnung. 231 Tabelle XVII.

Organemulsion 3 Tropfen 5 + |++ +++

1 Leber 2 Lunge 20 | 180 3 Herz 4 Niere 20 | 35 5 Leber (extr. m.Petrolätheru. Alkohol) | 6 Lunge do. 36 | 7 Herz do. 8 Niere do. 180 | 9 Tierkohle 29 | 10 HO | Ki Tabelle XIX.

Organemulsion 5 Tropfen $ + {++ +++

Leber

Lunge

Herz

Niere

Leber (extr.m.Petrolätheru.Alkohol) do.

do. Tierkohle HO

D o o a a o OO к нч ко ко ко ео КО во К К В В LIS ISSIT]

co фо ©2 Фо О CH

Tabelle ХХ.

Organemulsion 10 Tropfen ösung| + | ++ +++

Leber Lunge Herz

Niere Leber(extr.m. Petroläther u.Alkohol) do.

do. Tierkohle

BA

© ео со-з CC ь со во ч со ко ко сого о О о DD со Со СО Со СО ОЭ СО СО Оо Со III I I I8118

E

232 K. Schilling: Tabelle XXI.

Leber Lunge Herz

2 3 2 3 2 3 2 Niere 3 2 |Leber(extr.m.Petrolätheru. Alkohol) 3 2 |Lunge do. 3 2 - [Herz do. 3 2 [Niere do. 3 2 Tierkohle 3 2 HO 3

Ф Фоо N Фо сл о к н ЕЕРЕЕ:

Г

Tabelle XXIL

Organemulsion 30 Tropfen д + |++ [+++

Leber Lunge Herz Niere Leber (extr. m.Petrolätheru.Alkohol) Lunge do. Herz do. Niere do. Tierkohle HO

© ес со 1 о бл TL DIBEDDDDDDDD wm фо фо co оо со oo БЕ ЕЕЕ

In den Tabellen XVII bis XXII wurden dieselben Versuche mit dem gleichen Pferdeoxalatplasma, nachdem es 5 Tage im Eisschrank gestanden hat, wiederholt. Dabei ergaben sich erheblich längere Zeiten, bis die Gerinnung auftrat. Zu den Versuchen ist es deshalb dringend notwendig, daß zu Vergleichszwecken stets gleich altes, am besten aber ganz frisches Plasma zur Verwendung kommt, wie das ja auch schon von verschiedenen Autoren betont wurde.

4. Versuche mit extrahiertem Pferdeoxalatplasma und Organemulsionen:

In derselben Versuchsanordnung wie unter Ziffer 3 wurden die Emulsionen dem extrahierten Pferdeoxalatplasma zugesetzt. Da die kleineren Mengen von 2 bis 5 Tropfen ohne jeden Einfluß auf den Ge- rinnungsablauf waren, sind die Tabellen nicht mit angeführt worden.

| Blutgerinnung. 288

Tabelle XXIII.

та»

d enge Organemulsion 10 Tropfen

1 2 Leber Il | 2 2 Lunge ee 3 2 Herz E E 4 2 Niere 22 |57 | 5 2 [Leber (extr. ш. Petroläther u. Alkohol) | | 6 2 [опре do. Ss let ИРЕР 7 2 |Herz do. Ss se 28 8 2 [Niere do. I | 9 2 Tierkohle |- | 10 2 H,O 2 Tabelle XXIV. Plas- 50/,ige ma- o 5 Ch- Nr. menge rganemulsion 20 Tropfen Lösung + |+ +H ccm Tropfen 1 2 Leber 3 2 2 Lunge 3 3 2 Herz 3 4 2 Niere 3 15 5| 2 [Leber (extr.m.Petrolätheru. Alkohol)| 3 _ 6 2 [апре do. 3 _ 7 2 [Herz do. 3 8 2 [Niere do. 3 9 2 Tierkohle 3 _ 10 2 H,O 3 _ Tabelle XXV.

Organemulsion 30 Tropfen

Leber Lunge Herz Niere Leber (extr. m. EDER: Alkohol)

IIIIIloal®8o III I I 12188

III II II IS

Tierkohle HO

Ф Фор -1 о олњ ELE DDDDDDDDDD фо фо œo со co co Со oo oo oo

234 K. Schilling:

Resultat: Wirksam sind nur die Emulsionen der nicht extrahierten Organe: Lunge, Niere und Leber und diese nur in größeren Mengen von 10 bis 30 Tropfen. Die extrahierten Organe ergaben genau wie die Kontrollen von Tierkohle und Wasser überhaupt keine Gerinnung.

5. Versuche mit nativem Pferdeoxalatplasma!) und den Organ-Fettrückständen.

Um auch hier Vergleichswerte zu erhalten, wurden die in Petroläther und Alkohol enthaltenen Fettrückstände neben- einander gestellt. Vor den Versuchen wurde ihre Reaktion auf Lackmuspapier geprüft: Dabei ergab sich, daß die in Petroläther gelösten Rückstände nach der Aufnahme in Wasser durchweg neutrale, die in Alkohol wenig sauer reagierten. Es ist dies um so wichtiger, da bei längerem Stehen (1 bis 2 Tage) alle Rückstände stark saueren Charakter annehmen und da- durch gerinnungsverzögernd wirken. Schon von Stuber und Heim wurde ja auf diesen Punkt besonders hingewiesen.

Tabelle XXVI.

Plas- |: 59/1де Я СаС1,- Nr. Ge Fettextrakte 2 Tropfen ës + +++

ccm Tropfen 1 2 Leber (Petroläther-Extrakt) 3 41 | 47 | 152 2 2 Lunge do. 3 | 35 | '50 3 2 Herz do. 3 | | 27 4 2 Niere do. 3 | 27 35 5 2 Leber (Alkohol-Extrakt) 3 35 | 50 | 112 6 2 Lunge do. 3 41 | 84 | 112 7 2 Herz do. 3 35 | 41 50 8 2 Niere do. 3 | 40 | 50 9 2 Tierkohle 3 31 | 35 | 50 10 2 HO 3 41 |108 |

1) Dieselben Versuche am Petrolätherplasma konnten noch nicht abgeschlossen werden, da der Bezug von Petroläther zur Zeit aus nahe- liegenden Gründen große Verzögerung erleidet. Diese Versuche werden in einer späteren Publikation nachgeholt werden.

Blutgerinnung. 235 Tabelle XXVII.

1 2 Leber (Petroläther-Extrakt) 2 2 Lunge do. 8 2 Berz do. 4 2 Niere do. 5 2 Leber (Alkohol-Extrakt) 6 2 Lunge do. 7 2 Herz do. 8 2 Niere do. 9 2 Tierkohle 10 2 HO

Tabelle XXVIIL

Fettextrakte 5 Tropfen

1| 2 Leber (Petroläther-Extrakt) 3 26 2 2 Lunge do. 3 39 3 2 Herz 3 38 4 2 3 26 5 2 Leber (Alkohol- Extrakt) 3 30 6 2 Lunge 3 47 7 2 Herz 0. 3 26 8 2 Niere do. H 67 9 2 Tierkohle 3 58 10 2 H,O 3 Tabelle XXIX. Fettextrakte 10 Tropfen Саб. + |+ | +++

1 2 Leber (Petroläther-Extrakt) 3

2 2 Lunge do. 3

3 2 Herz do. 3 25 | 33

4 2 Niere do. 3 16 | 18

5 2 Leber (Alkohol- -Extrakt) 3 29 | 33

6 2 Lunge do. 3 24 | 27

7 2 Herz do. 3 14 | 15

8 2 Niere do. 3 22 | 25

9 2 Tierkohle 3 25 | 88 10 2 HO 3 38 |

236 К. Schilling: Tabelle XXX.

Fettextrakte 20 Tropfen D +++ | +++

1 2 Leber (Petroläther-Extrakt) 3 | 10 | 10 2 2 Lunge do. 8 —| —| 12 3 2 Herz do. 3 | | 10 4 2 Niere do. 8 | 12 | 15 5j 2 Leber (Alkohol-Extrakt) 3 18 | 20 | 21 6 2 Lunge do. 3 —| | 10 7 2 Herz do. 3 —|—|17 8 2 Niere do. 8 7 8 | 10 9 2 Tierkohle 3 12 | 14 | 15 10 2 H,O 3 21 | 23 | 24

Tabelle XXXI.

Un nn Se En ег ea rn na Zw E 5°/,ige Get, - Fettextrakte 30 Tropfen Lösung| + | ++ |++H+ f Tropfen 7| 9

1 2 Leber (Petroläther-Extrakt) 3 11 2 2 Lunge do. 3 20 3 2 Herz do. 8 16 4 2 Niere do. 3 10 5 2 Leber (Alkohol- -Extrakt) 3 13 6 2 Lunge do. 3 9 7 2 Herz do. 3 11 8 2 Niere do. 3 9 9 2 Tierkohle 3 19 10 2 H,O 3 32

Tabelle XXXII.

Fettextrakte 2 Tropfen

1 2 Leber (Petroläther-Extrakt) 3 |5 | 22 2 2 Lunge do. 3 | 5 16 H 2 Herz do. 3 |7 16 4| 2 Niere do. 3 |1 21 5| 2 Leber (Alkohol-Extrakt) з |—|9 |27 6| 2 Lunge do. 3 | 9 | 26 7 2 Herz do. 3 | 4| 19 8| 2 Niere do. 3 | Dill 21 al 2 Tierkohle 3 —| 9 | 29 10| 2 H,0 3 |18 | 817

Blutgerinnung. 237 Tabelle XXXIII.

Fettextrakte 3 Tropfen

1 Leber (ао Кашын)

2 Lunge o.

3 Herz ar | 11| 25

4 Niere do. | 11| 25

5 Leber (Alkohol- -Extrakt) |184, 29

6 Lunge do. |13, 30

7 Herz do. | 18 | 26

8 Niere do. | 10| 28

9 Tierkohle | 11| 28 10 H,O | 18 | 32

Tabelle XXXIV.

Fettextrakte 5 Tropfen

1 2 Leber (Petroläther-Extrakt) 3 |7 |19

2 2 Lunge do. 3 | 61/,| 19

3 2 Herz Cie 3 | Bis | 181/2 4| 2 Niere 3 | Bill 25

5 2 Leber (Alkohol Extrakt) 3 —| 7 14

6 2 Lunge do. 3 | 6 25

7 2 Herz do. 8 | 6 |181. 8 2 Niere do. 3 | 5 14

9 2 Tierkohle 3 | 6 24

10| 2 HO 3 |8 32

Tabelle XXXV. Plas- 5h ige Nr. sat Fettextrakte 10 Tropfen а, + | ++ | +++ ccm Tropfen

1 2 Leber (Petroläther-Extrakt) 3

2 2 Lunge do. 3

3 2 Herz do. 8

4 2 Niere do. 3

5| 2 Leber (Alkohol- -Extrakt) 3 _

6 2 Lunge do. 3

1 2 Herz do. 3

8 2 Niere do. 3

9 2 Tierkohle 3

10 2 H,O 3

238 K. Schilling: Blutgerinnung.

Resultat: Die Rückstände enthielten, da sie immer nur in kleinen Mengen frisch zubereitet zur Verwendung kamen, äußerst geringe Quantitäten von Fett und Lipoiden. Trotzdem ergaben sie beim Zusatz von 10 und mehr Tropfen eine deut- liche Gerinnungsbeschleunigung, und zwar ging diese parallel der Länge der Extraktion. In den Tabellen XXXII bis XXXV wurden die Organe vergleichshalber etwa doppelt solange mit Petroläther extrahiert.

Zusammenfassung.

Diese Versuche zeigten also in vollkommener Überein- stimmung mit den Arbeiten von Stuber und seinen Mit- arbeitern eine deutliche Gerinnungsbeschleunigung durch Organ- extrakte entsprechend deren Fettgehalt, wobei es einerlei ist, ob man die Organextrakte als solche oder deren extrahierte Fette allein zusetzt.

Extrakte von vollkommen entfettetem Organ haben gar keinen Einfluß mehr auf den Ablauf des Gerinnungsprozesses. Entfettetes und dadurch seines Gerinnungsvermögens beraubtes Plasma erhält durch Zusatz fettreicher Organextrakte diese Eigenschaft wieder vollkommen, während dieselben Organ- extrakte nach völliger Entfettung wirkungslos sind.

In welcher Weise sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht die in Frage stehenden Organfette be- züglich ihrer gerinnungsbeschleunigenden Wirkung einzuschätzen sind, und welche Rolle dem lipolytischen Ferment dabei zu- fällt, soll in einer späteren Mitteilung besprochen werden.

Literatur.

Morawitz, Deutsches Arch. f. klin. Med. 79, 1904; Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 5.

Loeb, dortselbst weitere Versuche über Blutgerinnung.

Stuber und Heim, diese Zeitschr. 77, I und II, 1916.

Stuber und Partsch, dortselbst III.

Zak, Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 70, 1912; 74, 1913,

Herzfeld und Klinger, diese Zeitschr. 82, 1917.

Yamada, diese Zeitschr. 87, 1918.

Wiechowski, diese Zeitschr. 81, 1917.

Zur pathogenetischen Bedeutung der Ölsäure bei Anämien.

Von H. Beumer.

(Aus der Akademischen Kinderklinik in Düsseldorf.) (Eingegangen am 26. April 1919.)

Die experimentellen Grundlagen der Theorie, daß die Öl- säure das die Bothriocephalusanämie erzeugende perniziöse Blutgift darstellt, finden sich in den Arbeiten von Faust und Tallquist!).

Die Ölsäuretheorie war gewissermaßen ein Endergebnis des Studiums der Bothriocephalusanämien. Erst in jüngster Zeit wurde diese Frage durch Seyderhelm?®) in neue Bahnen gelenkt, wobei allerdings nicht zu vergessen ist, daß schon 1898 Schaumann und Tallquist?) auf dem richtigen, aber nicht scharf als solchen erkannten Weg waren, in- dem sie durch Injektion wäßriger Extrakte von Bothriocephalus bei einem Hunde das typische Bild einer perniziösen Anämie erzeugen konnten. Die Aufmerksamkeit wurde jedoch durch Faust und Tall- quist nach einer anderen Richtung gelenkt, als sie 1907 aus getrock- neter Bothriocephalussubstanz ein als Cholesterinölsäureester erkanntes Lipoid isolierten und dieses zum schädigenden Prinzip des breiten Band- wurms proklamierten. Durch Erzeugung chronischer Ölsäurevergiftung bei Hunden und Kaninchen suchten sie ihre Hypothese zu erhärten. Eine durch 7 Monate fortgesetzte Verfütterung von Ölsäure an einem Terrier hatte nach starken als regenerative Anstrengungen der Erythro- роёве gedeuteten Schwankungen schließlich eine erhebliche Anämie des Tieres zur Folge. Bei Kaninchen verursachte die subcutane Injektion

1) Faust und Tallquist, Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 57. Faust, Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. 58.

з) Seyderhelm, Arch. f. klin. Med. 126.

3) Schaumann und Tallquist, Deutsche med. Wochenschr. 1898, 20.

240 Н. Beumer:

von ölsaurem Natrium rapiden Hämoglobinsturz mit raschem tödlichen Ausgang. Ein ähnliches, stark hämolytisch wirksames Lipoid konnten Berger und Tsuchiya!) aus der Darmschleimhaut eines an Biermer- scher Anämie Verstorbenen extrahieren. Somit schien die Möglichkeit gegeben, die in ihren Erscheinungsformen ähnlichen schweren Anämien verschiedenster Ätiologie-, Bothriocephalus-, Biermer-, Carcinomanämien [Grafe und Römer?)] auf eine einheitliche pathogenetische Grundlage mit der Ölsäure als gemeinsamer Noxe zu stellen. Das Bild der chroni- schen Ölsäurevergiftung am Hunde wurde von Flury und Schmincke’) weiterhin studiert und in bezug auf das dabei beobachtete Verhalten der Erythrocyten eingehend charakterisiert. Als Resultat einer 16 Monate lang fortgesetzten Verfütterung von täglich 10 g Ölsäure an einen 7,5 kg schweren Hund fanden diese Autoren einen kurzdauernden beträchtlichen Sturz der roten Blutkörperchen mit langsamer, aber vollständiger Repa- ration, die mit einer charakteristischen, im Sinne einer Schutzmaßregel gedeuteten Veränderung der Erythrocyten in biologischer und chemi- scher Beziehung in Zusammenhang gebracht wurde. Die Blutkörperchen zeigten nämlich eine spezifische Resistenzerhöhung "gegen Ölsäure, als deren chemisches Korrelat das Vorhandensein überwiegender Mengen von Cholesterinestern festgestellt wurde.

Der kritischen Besprechung dieser Ergebnisse Flurys und Schminckes und ihrer Deutung schicke ich die Befunde einer eigenen an zwei Hunden durchgeführten Ölsäurefütterung voraus‘). Ich ging dabei von dem Gedanken aus, daß, wenn der Ölsäure wirklich eine erhebliche schädigende Wirkung im Sinne eines Blutgiftes innewohnt, diese in ganz besonderer Weise bei jungen wachsenden Tieren in Erscheinung treten mußte; denn es ist bekannt, daß gerade das jugendliche Blut leichter auf alimentäre Einflüsse reagiert, ihnen weniger Wider- stand entgegensetzt und mehr zu einem .Rückschlag ins Em- bryonale als reaktiver Wirkung auf gesetzte Schädigungen neigt. Außerdem richtete ich meine Aufmerksamkeit auf et- waige störende Wirkungen der Ölsäure auf Wachstum und Knochenbildung, da in dieser Beziehung den Fettsäuren bei der Entwicklung der Säuglinge eine besondere, aber noch nicht sicher nachgewiesene Bedeutung beigemessen wird (Czerny).

1) Berger und Tsuchiya, Deutsch. Arch. f. klin. Med. 96.

2) Grafe und Römer, Deutsch. Arch. f. klin. Med. 96.

3) Flury und Schmincke, Arch. f. experim. Pathol. u. Phar- makol. 64.

4) Diese Versuche wurden Anfang 1914 in der Universitäts-Kinder - klinik in Halle gemacht.

/ Bedeutung der Ölsäure bei Anämien. 241

Zu meinen Versuchen dienten 3 junge Hunde im Alter von 3 Wochen vom gleichen Wurf. z

Der eine erhielt täglich, der andere mit Abständen 20 bis 30 g Ölsäure durch Magensonde. Der 3. Hund diente zur Kontrolle. Im Be- ginn zeigten die Hunde infolge starken Widerwillens und Ekels ver- minderte Freßlust, zeitweilig Durchfälle und etwas struppiges Fell. Später wurde die Sondenfütterung anstandslos vertragen. Nach 4 Monaten mußten die Versuche wegen Kriegsausbruches abgebrochen werden. In- folgedessen fehlen die Sektions- und Organbefunde; jedoch wird dadurch die Beurteilung der Ölsäurewirkung auf das Blut, wie später erörtert werden soll, nicht entwertet. Die folgende Tabelle zeigt zahlenmäßig das Verhalten des Blutes und Körpergewichtes des Kontrollhundes und des „Ölhundes“ I bei täglicher Ölsäurezufuhr.

Blut- rperchen

Gewicht Hämoglobin

Bemerkungen

25. III. 14| 3250

1. IV. Beginn von täglich. 20 g Ölsäure

10. IV. Blutbild о. B.

20. IV. Blutbild о. B. 7.V. 1. VI.

4. VII.

25. VII. 7200 [Ат 20. 7. Blutentnahme

von 50 ccm

Zu Beginn des Versuches war eine mäßige Abnahme des Körper- gewichts mit Verminderung des Hämoglobins und der Zahl der roten Blutkörperchen eingetreten. Nach dem Eindruck, den die Tiere sonst machten, waren aber diese Erscheinungen weniger auf eine spezifische Schädigung durch Ölsäure, als auf den widerlichen Geschmack des Prä- parates zurückzuführen, der zu geringerer Nahrungsaufnahme veranlaßte. Irgendwelche Zeichen von einer hämolytischen Wirkung der Ölsäure ließen sich weder im Serum noch im Blutbild nachweisen. Der Ölhund I erhielt im Vergleich zu dem doppelt so schweren Versuchshund Flurys und Schminckes und den Versuchshunden Fausts die vierfache Menge an Ölsäure. Trotzdem war das Tier nach eingetretener Gewöhnung stets munter. Sichtbare rachitische Veränderungen bildeten sich nicht aus, die Körpergewichtszunahme war befriedigend.

Es haben also beim Hunde selbst große, längere Zeit ge- gebene Ölsäuremengen nach einer kurzen durch Appetitmangel

242 H. Beumer:

und Durchfälle verursachten Entwicklungshemmung keinen wahr- nehmbaren Einfluß auf Knochenbau und allgemeines Wachstum gezeitigt. Die Übertragung dieses Versuchsergebnisses auf die menschliche, vor allem kindliche Pathologie kann natürlich nur mit größter Reserve versucht werden. Es wird aber dadurch doch immerhin die Möglichkeit einer Schädigung durch höhere Fettsäuren, die unter natürlichen Bedingungen nur in bedeutend geringeren Quantitäten bei Anomalien des Fettstoffwechsels im Organismus auftreten könnten, zum mindesten sehr in Frage gestellt.

An dem Blut meiner Hunde wurden zu verschiedenen Zeiten Re- sistenzbestimmungen gegen Ölsäure und Saponin angestellt. Die Saponin- resistenz der Ölhunde-Erythrocyten war niemals, verglichen mit Normal- erythrocyten, verändert. Zwei Resistenzbestimmungen, von denen eine an das Ende der viermonatigen Ölsäurefütterung fällt, sind in den beiden folgenden Tabellen dargestellt.

Resistenzbestimmung gegen Natrium oleinicum am 8. VI. 14.

0,25 ccm 5°/,ige Blutkörperchenaufschwemmung +3 com Natr. oleat. Kochsalzlösung. + = deutliche Hämolyse, Ö I= Ölhund I, Sp = Spur Ö II= Ölhund II, fk = fast komplette Hämolyse, K = Kontrollhund, k = komplette Hämolyse.

Hämo-| 1: 1000| 1:2000 | 1: 4000 | 1: 6000 | 1: 8000 |1: 10000] ı : 12000] 1 : 14000|1:20000

lyse I __ 5 = = МЕЧА 4 2010111010 61/6 ӧӧ оо о0о оо, І Кт пп АНЕ ДЕ KlılmKlı olx ЧЕ

K

+ k |k рр! +|Sp| 0 |Sp| 0 k

o Ku FS + PS +

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8

d

Bedeutung der Ölsäure bei Anämien. 243

Hämolyse mit Ölsäure-Emulsion am 20. VII. 14. 0,25 com 59], gewaschener Blutkörperchen. 2,0 ccm Ölsäure-Emulsion in NaCl-Verdünnungen 1:1000, 1:2000 usw. -

Aus diesen Tabellen ist ersichtlich, daß sich eine nennens- werte Resistenzerhöhung der Erythrocyten Am Laufe der Öl- säurefütterung nicht herausgebildet hat.

Einen weiteren Beweis gegen die hämolytische Wirksam- keit der Ölsäure im Blut ergab die folgende Versuchsanord- nung.

Von beiden Ölhunden wurde 8 Stunden nach einer reichlichen Öl- säuremahlzeit (40 р), also zu einem Zeitpunkt, da erwartungsgemäß größere Mengen Ölsäure im Blut zirkulieren mußten, Serum entnommen, mit gewaschenen normalen Hundeblutkörperchen vermischt und 12Stunden im Brutschrank digeriert. Das daraufhin abzentrifugierte Serum zeigte keine Spur Hämolyse. Um die Ölsäurewirkung aufzuheben, bedarf es also keiner erst zu erwerbenden Ölsäurefestigkeit der Erythrocyten.

Eine große Bedeutung bei den Versuchen Flurys und Schminckes ist der Feststellung von großen Mengen Cholesterin- ester in den Blutkörperchen beizulegen. Die Blutkörperchen meines Ölhundes I wurden daraufhin am 20. VII. 14 nach der Windausschen Methode untersucht.

7 g gewaschene und getrocknete Blutkörperchen wurden mit Al- kohol und Äther erschöpfend extrahiert, das Extrakt geteilt und in einer Hälfte a das freie, in der zweiten b nach Verseifung das Gesamt- cholesterin bestimmt.

Extrakthälfte a ergab 0,0570 Dig. Chol. == 0,396°/, freies Cholesterin,

n b 0,0558 » = 0,387°/, Gesamtoholesterin.

Somit war in den Blutkörperchen des Ölhundes I das Cholesterin nur in freier Form enthalten, und zwar entsprechen die gefundenen Werte denen normaler Hundeerythrocyten. Nach

Hoppe-Seylers alten Untersuchungen beträgt der Cholesterin- Biochemische Zeitschrift Band 95. 17

244 H. Beumer:

gehalt der Hundeblutkörperchen 0,36%, nach den jüngeren Feststellungen Thaysens 0,47°/,, Flury und Schmincke fanden bei ihrem Hunde 0,307 Cholesterin aus Estern.

Nach Mitteilung dieser Resultate gehe ich zur Erörterung der „Ölsäurevergiftung“ über, wie sie sich in ihrer Wirkung nach den vorliegenden Arbeiten darstellt. Beim Hunde Flurys und Schminckes trat schon in der Vorversuchsperiode vom 24. bis 30. XII. eine als Gefangenschaftsanämie erklärte Ver- minderung der Blutkörperchen um 1,2 Millionen ein. Am 1. XII. begann die Ölsäurefütterung und schon am 9, XII. erreichte die Blutkörperchenzahl ihren niedrigsten Stand mit einer Ab- nahme von 2,1 Millionen. Zwischen 1. und 9. XII. werden keine Zahlen angegeben. Es ist nicht ersichtlich, ob der durch Gefangenschaftsanämie erfolgte Blutkörperchensturz mit dem 1. XII. seinen Abschluß erreicht hatte und das weitere schnelle Absinken der Blutkörperchen allein der Ölsäurewirkung zu- geschrieben werden kann. Diese Frage spielt aber nicht eine so wesentliche Rolle wie vielmehr der Umstand, daß schon nach 9 Ölsäuretagen die Zahl der Blutkörperchen und des Hämoglobins Wieder beständig steigt und am 30. XII. den alten Stand erreicht, der durch weitere 15 Monate fortgesetzte Ölsäurezufuhr nicht mehr ungünstig beeinflußt wird. Der durch die Ölsäure gesetzte Schaden wäre also höchstens ein akuter. Eine chronische Ölsäurevergiftung ohne Erscheinungen ist nicht vorstellbar. Betrachtet man daher mit Flury und Schmincke die an den Erythrocyten gefundenen Verände- rungen von Resistenzerhöhung und chemischer Abartung als Abwehrmaßregeln des Organismus, so muß man annehmen, daß diese Waffen bereit waren zu dem Zeitpunkt, als der Körper begann, sich mit Erfolg der Ölsäurewirkung zu er- wehren. Das wäre also schon nach der ersten Woche der Öl- säureüberschwemmung. Dagegen zeigen meine Versuche, daß der Körper auch ohne Resistenzerhöhung seiner Blutkörper- chen mit noch größeren Mengen Ölsäure fertig wird. Die ver- mehrte Widerstandsfähigkeit der Erythrocyten, zu deren Aus- bildung zugegebenermaßen der Zeitfaktor eine Rolle spielen mag, kann daher nicht ein unentbehrliches Mittel im Kampf gegen die Ölsäure sein, wenn man nach den vorliegenden Er- gebnissen nicht überhaupt den Gedanken aufgeben will, die

Bedeutung der Ölsäure bei Anämien. 245

Ölsäure als ein für den Organismus besonders schädliches Nahrungs- und Blutgift zu betrachten.

Am weitaus interessantesten sind die chemischen Verände- rungen, die Flury und Schmincke an den Blutkörperchen ihres Hundes gefunden zu haben glauben, jedoch erscheinen gerade diese am wenigsten sicher fundiert. Die Autoren schreiben, daß sie erst nach mehrfacher energischer Verseifung größere Mengen Cholesterin aus dem Blutkörperchenextrakt gewinnen konnten und folgern daraus sowie aus der gefunde- nen Jodzahl das Vorkommen von Cholesterinestern der Palmitin- und Ölsäure. Es fragt sich, ob diese Kriterien genügen. Die Cholesterinester wurden nicht selbst dargestellt und als solche identifiziert. Wir haben inzwischen durch Windaus im Digi- tonin ein zuverlässiges Mittel gewonnen, die Anwesenheit selbst kleiner Mengen von Cholesterinestern einwandfrei nachzuweisen. Mit dieser Methode enthielten bei meinem Ölhund I die Blut- körperchen keine Spur von gebundenem Cholesterin. Auch in früheren Versuchen bei Übertragung der Ölsäuretheorie auf die menschliche Pathologie konnten Bürger und ich!) in den Blutkörperchen bei perniziöser Anämie keine Cholesterinester feststellen. Man muß sich fragen, ob eine überwiegende Menge von Cholesterinestern mit den Funktionen der Lipoidhülle der Blutkörperchen überhaupt in Einklang gebracht werden kann, vor allem aber, ob eine solche spezifische Resistenzerhöhung gegen Ölsäure infolge Anwesenheit von Cholesterin denkbar ist, ohne von einer starken Resistenzverminderung gegenüber Saponinen begleitet zu sein. Die einseitige Spezifität der Re- sistenz wird aber von Flury und Schmincke besonders be- tont. Wir wissen, daß der Resistenzgrad der Blutkörperchen gegen Saponine von ihrem Cholesteringehalt direkt abhängig ist. Bei Saponininjektionen geht die Zunahme der Saponin- resistenz mit einer Vermehrung des freien Cholesterins in den Blutkörperchen parallel [Wacker und Hueck?)]. Die hämo- lytische Wirkung der Saponine wird durch freies Cholesterin gehemmt, nicht aber durch Cholesterinester. Die Vorstellung einer aus Cholesterinestern bestehenden Lipoidmembran mit

1) Beumer und Bürger, Zeitschr. f. experim. Pathol. u. Therap. 18. 2) Wacker und Hueck, Arch. f. experim. Pathol. u. Therap. 74. 17*

246 H. Beumer:

unveränderter Resistenz gegen Saponine würde also erheblichen Schwierigkeiten begegnen. Ich glaube daher, daß angesichts der anfechtbaren Annahme von Cholesterinestern, für die von Flury und Schmincke gefundene Resistenzsteigerung gegen Ölsäure eine andere Deutung gesucht werden muß.

Die von Faust und Tallquist als eigentliches Bothrio- cephalusgift angenommenen Cholesterinölsäureester als solche besitzen keine hämolytischen Fähigkeiten. - Serumfreie, mit einer Cholesterinölsäureester-Emulsion geschüttelte Blutkörper- chen werden selbst nach 24stündigem Stehen im Brutschrank nicht hämolysiert, was zugleich gegen das Vorkommen einer Cholesterase in den Erythrocyten spricht, da eine Spaltung selbst geringer Mengen der Cholesterinester Hämolyse hervor- rufen müßte.

. Bei subeutaner Einverleibung von 16 g Cholesterinölsäure- ester in einer kürzeren Periode bei einem Kaninchen fand sich ein größerer Teil des Injizierten noch unresorbiert im Unter- hautzellgewebe, ein Teil in Form gelber Tröpfchen. noch un- gespalten im Mesenterialfett. Die Resistenzprüfung ergab gegen Saponin keine, gegen Ölsäure eine ganz geringe Verschiebung.

Hämolyse d e 1 1 1 . 1 1 nach "DT | 10000 | 30000 | 40000 | 60000 | 80000 1 Stunde | Cholesterin- k 0 24 Stunden | kaninchen k Sp 1 Stunde Normal- k fk fk 0 0 24 Stunden | kaninchen k k fk fk Sp Hämolyse | Ölsäure- 1 1 1 1 1 nach Emulsion | 2000 | 4000 | 5000 | 8000 | 10000 1 Stunde | Cholesterin- k k Sp 0 0 24 Stunden | kaninchen k k k fk + 1 Stunde Normal- k k k Sp Sp 24 Stunden | kaninchen k k k k k

Von klinischer Seite wurden sofort erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Ölsäuretheorie der perniziösen Anämie erhoben. Mit Recht wurde hervorgehoben, daß es Faust und seinen Schülern niemals gelungen ist, durch noch so lange fort-

Bedeutung der Ölsäure bei Anämien. 247

gesetzte Ölsäurefütterungen das wirkliche Bild einer perniziösen Anämie hervorzurufen. . Die erzeugten Anämien haben das Charakteristische geringgradiger sekundärer Blutveränderungen mit mäßig herabgesetzten Blutkörperchenzahlen und verminder- tem Hämoglobinindex. Wenn Faust daher angibt, einwand- frei festgestellt zu haben, daß die Ölsäure das hämolytisch wirksame Gift des breiten Bandwurms ist und per op ver- füttert im Organismus die gleiche hämolytische Wirkung ent- faltet wie im Reagensglase, so geben dieser Schlußfolgerung die vorliegenden Ergebnisse keine Beweiskraft. Vielmehr liegen die Verhältnisse im Serum ganz anders wie im Reagensglase. Die Schutzkraft des Serums ist eine ganz evidente, wie wir sie in ähnlicher Weise bei den schweren Formen von Reten- tionsikterus sehen, bei dem trotz Überschwemmung des Blutes mit (im Reagensglas) stark hämolytisch wirksamen Gallen- säuren fast nie eine Hämolyse beobachtet wird. Die Entgif - tung der verfütterten Ölsäure ist auf verschiedenen Wegen denkbar. Möglich ist ihre Bindung an Cholesterin zu Chole- sterinestern; jedoch stieg bei meinen Versuchen die Menge der Cholesteriüester im Blutserum selbst nach Verfütterung großer Ölsäuremengen (150 сот) nicht erheblich an. Auch führte eine 24-Bebrütung einer Mischung von Blut und Ölsäure im Brut- schrank nicht zur Bildung von Cholesterinestern. Die Entgif- tung erfolgt daher wahrscheinlich durch Bildung von Glycerin- estern. Nach Faust Копћбеп nach Ölsäurefütterung beträcht- liche Mengen Ölsäure aus dem Chylus mittels einer Ductus thoracicus-Fistel gewonnen werden. Nach den jüngsten Arbeiten von Bang!) aber wird die Hauptmenge der Fettsäure der Leber durch die Pfortader zugeführt. Auch normalerweise kommen in der Leber größere Mengen freier Fettsäuren vor. Die Annahme erscheint daher berechtigt, daß der Angriff der Ölsäure schon durch die synthetischen Kräfte des Darmepithels, im übrigen aber durch das Serum und die Leber abgeschlagen wird, bevor er die Blutkörperchen überhaupt erreicht. Auch von Faust wurden Zeichen einer am Serum sichtbaren hämo- lytischen Wirkung nicht beobachtet. Diese treten allerdings bei intravenöser Zufuhr von Ölsäure bzw. ölsaurem Natrium

1) Bang, diese Zeitschr. 91.

248 H. Beumer: Bedeutung der Ölsäure bei Anämien.

auf, deren Einverleibung in die Zirkulation mit dem Leben der Tiere unvereinbar ist (Munk, Jastrowitz!), eigene Ver- suche. Nach Munks Ansicht starben die Tiere dabei an plötzlichem Herztod.

Es bliebe noch die Möglichkeit eines pathologischen endo- genen Fettabbaues, bei dem freiwerdende Ölsäure hämolytische Wirkungen auslösen könnte. Eine solche Möglichkeit bei ätiologisch ungeklärten Anämien des Kindesalters deutet v. Pfaundler?) kurz an. Jedoch fehlen dafür vollends die Beweise, wie wohl auch diese hypothetische Erwägung nur unter dem Eindruck der Ölsäuretheorie Fausts entstanden ist. Das gleiche gilt für die von Kleinschmidt?) in das Bereich der Möglichkeit gezogene schädigende Wirkung der Ölsäure bei den alimentären Formen der Säuglingsanämien. Welche Mengen von Ölsäure der wachsende Organismus ohne erhebliche Schädi- gung seines Blutes und Wachstums vertragen kann, geht aus den beschriebenen Versuchen an jungen Hunden hervor.

Es muß daher abgelehnt werden, der Ölsäure eine patho- genetische Bedeutung für die perniziösen Anämien einzuräumen. Ebensowenig kann eine charakteristische, im Laufe der Öl- säurefütterung erworbene relative Ölsäurefestigkeit der Erythro- cyten mit partieller Abartung der Lipoide durch Substitution des freien Cholesterins durch Cholesterinester bestätigt und ihrer Deutung als Abwehrmaßnahme des Körpers gegen die hämolytische Wirkung der Ölsäure beigestimmt werden.

1) Jastrowitz, Zeitschr. f. klin. Med. 1914. *) у. Pfaundler, Feers Lehrb. d. Kinderheilkunde. 3) Kleinschmidt, Jahrb. f. Kinderheilk. 83.

Über Wirkung und Entgiftung eingeatmeter Blausäure.

Von Ferdinand Flury und Wolfgang Heubner.

(Aus der Pharmakologischen Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Chemie und Elektrochemie, Berlin-Dahlem.)

(Eingegangen am 30 April 1919.)

Vor kurzem haben Teichmann und Nagel!) über Versuche an Mäusen berichtet, durch die sie die seit 1895 bekannte Tat- sache bestätigen, daß Natriumthiosulfat prophylaktisch gegen Blausäurevergiftung wirksam ist. Sie haben weiter die Fest- stellung von Schankies?) bestätigt, daß im Durchschnitt die Erholungszeit vergifteter Tiere etwas kürzer ist, wenn ihnen nach Aufenthalt in einer Blausäureatmosphäre Thiosulfat in- jiziert wird, d. h. bei nicht tödlich vergifteten Tieren macht sich die bekannte entgiftende Wirkung des Thiosulfats auch bei nachträglicher Zufuhr ein wenig geltend. Teichmann und Nagel haben nicht erweisen können, daß tödlich vergiftete Tiere nach Einatmung von Blausäure durch nachträgliche Zu- fuhr von Thiosulfat gerettet werden können. Dies verdient wegen der praktischen Bedeutung der Frage mit aller Schärfe hervor- gehoben zu werden, um so mehr, als die Autoren in ihren Schluß- folgerungen zu dem Resultat kommen, daß durch „therapeu- tische Behandlung Vergifteter“ die Unglücksfälle bei Blausäure- vergasungen, wie sie jetzt zum Zwecke der Schädlingsbekämpfung in großem Umfang stattfinden, verringert werden könnten. Nach unserer Ansicht muß aber die Errettung vom Tode das

1) Diese Zeitschr. 98, 312, 1919. з) Beitäge zur experimentellen Therapie der Blausäurevergiftung. Inaug.-Diss. Königsberg 1918.

250 Е. Flury und W. Heubner:

erste Ziel einer gegen Unglücksfälle gerichteten Maßregel sein, während ein etwas schnellerer Verlauf einer im allgemeinen von selbst rasch fortschreitenden Erholung nur geringe Bedeutung haben kann.

Über die Rettung tödlich vergifteter Tiere nach Blau- säureeinatmung durch Thiosulfat haben wir bereits vor längerer Zeit Versuche an Katzen angestellt und zwar mit intravenöser Injektion; wir sind damals zu dem Resultat gekommen, daß eine sichere Wirkung nicht festzustellen ist und in praxi bei akuter Vergiftung keine Rolle spielen kann, denn bei den Grenz- dosen ist es nie mit Bestimmtheit vorauszusagen, ob das Tier ohne Thiosulfat sterben würde, und bei sicher tödlichen Dosen verläuft die Vergiftung so rasch, daß die Behandlung immer zu spät kommt selbst im Laboratorium, wo alles zur In- jektion bereit steht, geschweige denn im Ernstfalle. Das außer- ordentlich rasche Tempo der Vergiftung, worin die Einatmung des Giftes die anderen Applikationen noch wesentlich übertrifft, scheint uns also eine Thiosulfatbehandlung ganz aussichtslos zu machen. Soviel über die Heilversuche. Der prophylaktischen Methode Einspritzung von Thiosulfat bei den mit Blausäure- vergasungen beschäftigten Personen vor der Arbeit stehen wir ebenfalls aus praktischen Gründen sehr skeptisch gegen- über. Deswegen haben wir auch seinerzeit weitere Versuche abgebrochen.

Bei dieser Gelegenheit möchten wir aber noch auf eine bei unseren Arbeiten mit Blausäure gemachte Beobachtung hin- weisen. Systematische Versuche mit verschieden hohen Kon- zentrationen bei verschiedener Einatmungszeit haben uns gezeigt, daß nicht alle Vergiftungen in dem oben erwähnten raschen Tempo verlaufen. Es gibt eine Vergiftungsform durch Ein- atmung, die eine besondere Stellung einnimmt, die übrigens auch von Teichmann und Nagel nicht berücksichtigt worden ist. Sie kommt nur zustande, wenn ganz bestimmte Konzen- trationen des Blausäuredampfes längere Zeit eingeatmet werden. Für Katzen liegen diese Konzentrationen um 0,10 mg pro Liter Luft herum. Sie können mehrere Viertelstunden lang ohne töd- lichen Erfolg eingeatmet werden, bewirken dabei aber eine schwere Vergiftung, deren Höhepunkt nach 5 bis 15 Minuten erreicht wird, um dann, ähnlich wie etwa bei der Narkose,

Entgiftung eingestmeter НОМ. 251

stationär zu bleiben: Bewußtlosigkeit, langsame, krampfhaft ver- tiefte Atmung, ab und zu leichte Krämpfe. Bringt man solche Tiere nach längerer Zeit wieder in reine Luft, so bessert sich regelmäßig die Atmung. Trotzdem kann es geschehen, daß eine völlige Erholung ausbleibt und der Tod noch nachträg- lich, unter Umständen erst nach mehreren Stunden eintritt. Dabei ist uns der charakteristische Befund aufgefallen, daß in der Leiche hellrotes Blut angetroffen wird; die Lähmung der Oxydationsfermente kann also die Blausäureatmung erheb- lich überdauern, während die Störung der Atmung sich rasch erholt.

Diese Beobachtung scheint uns auch in theoretischer Beziehung von großem Interesse. Denn sie ist schwer vereinbar mit der Auffassung von Geppert!), nach der auch die zentralen Symptome der Blausäure- vergiftung hauptsächlich Folge der gestörten Oxydation sein sollen?).

Bei dem genannten Vergiftungstypus kommt es also trotz ständig erneuter Giftzufuhr nicht zur Lähmung des Atem- zentrums, weil sich hier offenbar ein Gleichgewichtszustand einstellt, bei dem fortwährend Blausäure durch Ausscheidung oder Zerstörung oder sonstwie unschädlich gemacht und eine bestimmte Konzentration des Giftes an den empfindlichen Elementen der nervösen Zentren nicht überschritten wird. In dieser Beziehung läßt also die Blausäure eine gewisse Analogie mit der Wirkungsweise der flüchtigen Inhalationsnarkotica der Fettreihe erkennen. Daß die Tiere in diesem Zustand ein Viel- faches der bei höherer Konzentration schnell tödlich wirkenden absoluten Dosis einatmen, verdient besondere Beachtung. Es ergibt sich daraus nämlich, daß eine strikte tödliche Dosis für eingeatmete Blausäure nicht aufgestellt werden kann; ihre Giftigkeit ist innerhalb weiter Grenzen abhängig von der eingeatmeten Konzentration.

Noch ein weiterer Punkt möge hier erwähnt werden. Die Vergiftung durch sehr schwache Konzentrationen hat aus- gesprochen reversiblen Charakter. Wenn man Tiere mit Konzentrationen, die etwa 0,2 bis 0,4 mg Blausäure im Liter

1) Über das Wesen der Blausäurevergiftung. Berlin 1889. 2) Vgl. W. Ewald, Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. 38, 335, 1907. v. Tappeiner, Lehrb. d. Arzneimittellehre. 11. Aufl. 1916, 251.

252 F. Flury und W. Heubner:

Luft enthalten, bis zum Eintritt von Atemstillstand und völliger Bewußtlosigkeit vergiftet und dann zur Vermeidung des Herz- stillstandes sofort wieder in frische Luft bringt,. kommt die Atmung bald wieder spontan oder nach einigen Thoraxkom- pressionen in Gang, und die Tiere erholen sich in der Regel wieder vollständig. Während dieser Erholungsperiode treten nun, wie wir besonders häufig bei Katzen gesehen haben, die anfänglichen Vergiftungssymptome, aber in umgekehrter Reihen- folge, wieder auf. Es kommt wieder zu Krämpfen, Atem- beschleunigung, Erregungszuständen, motorischen Störungen, Ataxie usw. Diese Form der Vergiftung dürfte sich gut zum Studium und zur anschaulichen Darstellung reversibler Ver- giftungsprozesse eignen.

Auf Versuche über die Behandlung der „stationären“ Blau- säurevergiftung mit Thiosulfat haben wir verzichtet. Denn für sie gilt erst recht, daß der spontane Verlauf niemals sicher vorauszusehen ist, sondern von Individuum zu Individuum schwankt. Von zwei gleichzeitig unter scheinbar absolut gleichen Bedingungen vergifteten Tieren kann das eine auch nach lang- dauernder Vergiftung noch eine ziemlich rasche Erholung zeigen, während das andere in der beschriebenen Weise nachträglich zugrunde geht. Ob es sich bei solchen bedrohten Fällen darum handelt, die Blausäure möglichst rasch chemisch zu entgiften, oder nicht vielmehr darum, die vielleicht auch im Herz- muskel? irreparabel geschädigte Fermenttätigkeit wieder in Gang zu bringen, möchten wir dahingestellt sein lassen. Immer- hin wollen wir nicht mit Bestimmtheit behaupten, daß bei so gearteten Fällen von Blausäurevergiftung am Menschen nicht auch einmal Thiosulfat nützlich sein könnte. Die besten Be- handlungsmethoden der Blausäurevergiftung nach Einatmung sind jedoch immer noch die Zufuhr von Sauerstoff und die künstliche Atmung, von der wir auch in Tierversuchen häufig überraschende Erfolge selbst bei schwersten Vergiftungen sahen.

Die sichere Dosierung gasförmiger Blausäure ist nicht leicht. Wir haben z. T. mit Strömungskammern unter gleich- zeitiger Analyse der Kammerluft, 2. Т. mit großen, gut ge- dichteten Kammern (von 1 bis 12 cbm) gearbeitet, in denen abgemessene Mengen reiner, wasserfreier Blausäure zerstäubt

Entgiftung eingestmeter HCN. 253

wurden. Hierbei wurden die verwendeten Konzentrationen so weit wie möglich fortlaufend durch chemische Analysen kon- trolliert. Leider sind die meisten in der Literatur enthaltenen Untersuchungen über die Wirkung von Gasen, auch die von Teichmann und Nagel, ohne chemische Kontrolle der bei den Versuchen wirklich vorhandenen Gaskonzentrationen durch- geführt worden. Dadurch wird die Unsicherheit der Dosierung, die bei toxikologischen Gasversuchen aus zahlreichen Gründen stets vorhanden, z. T. kaum vermeidbar ist, besonders groß und die Reproduktion solcher Versuche fast unmöglich.

Als Analysenmethode haben wir uns eines von Professor H. Wieland-München im hiesigen Institut ausgearbeiteten Verfahrens bedient, das auf der Absorption von Blausäure durch Jodlösung beruht und bequem, sicher und schnell zu arbeiten gestattet. Die blausäurehaltige Luft wird durch eine kleine Waschflasche mit Jodlösung, die mit etwas Stärke und Bicarbonatlösung versetzt ist, geleitet; das Ende der Reaktion wird durch die Entfärbung der Jodlösung erkannt. Die Wasch- flasche hat ein capillares Einleitungsrohr mit einem auf dieses aufgesetzten Dreiweghahn, dessen eine Öffnung mit: dem Zu- leitungsrohr aus dem Gasraum in Verbindung gebracht wird, während die andere Öffnung in ein kurzes offenes Glasrohr mündet, das zum Durchspülen des Apparates mit dem Blau- säureluftgemisch vor Beginn der Absorption verwendet: wird. Zuerst saugt man so lange Gas aus dem Versuchsraum, bis das Zuleitungsrohr völlig damit gefüllt ist, dann stellt man den Dreiweghahn um und saugt das zu analysierende Luftgemisch durch die Waschflasche mit Jodlösung. Man läßt zweckmäßig so lange Wasser aus einer mit der Waschflasche verbundenen graduierten Pipette ausfließen, bis die Jodlösung entfärbt ist. Als Maß der durchströmenden Blausäureluftmischung benutzt man die aus der Pipette ausfließende Wassermenge. Bei Blau- säurekonzentrationen von 0,1 bis 0,5°/, genügen 10 ccm R/, 000” Jodlösung, 1 com 1°/,ige Natriumbicarbonatlösung und 10 Trop- fen 0,5°/,iger Stärkelösung. Der Blausäuregehalt der Luft in mg pro Liter ist dann gleich dem Verhältnis 135: verbrauchtes Gasvolumen in ccm.

(HON + 23 = JON + нә; 1J EN 1з»).

254 F. Flury und W. Heubner:

Bei sehr geringen Konzentrationen legt man entsprechend weniger Jodlösung vor, natürlich müssen auch größere Mengen Luft durchgesaugt werden. Bei einem Gehalt von 0,01 mg Blau- säure im Liter Luft (etwa 0,001 Volumprozent) muß man bei- spielsweise bei Vorlegung von Leem ”/iooo Jodlösung für die Analyse 1 350 ccm der blausäurehaltigen Luft entnehmen.

Unsere Zahlenwerte stimmen mit denen von K. B. Leh- mann und seinen Schülern Wagschal!) und Ahlmann?) gut überein. Akut tödlich für Katzen sind Konzentrationen über 0,35 mg pro.Liter Luft; Atemstillstand binnen 2 Minuten, Herz- stillstand binnen 10 Minuten. Mit sinkender Konzentration treten die ersten Erscheinungen später ein, die Vergiftungszeit wächst; bei 0,12 mg erfolgt erst nach :/, Stunde Atemstillstand. Die Erholung nach untertödlicher Vergiftung ist deutlich lang- samer als bei gleichstarker aber rascherer Vergiftung (durch höhere Dosen). Offenbar wird die Schädigung der Ferment- tätigkeit mit zunehmender Wirkungsdauer schwerer reparabel. Dauernd ertragen werden Konzentrationen unterhalb 0,06 mg pro Liter; doch rufen sie bei vielen Individuen noch Vergiftungs- symptome hervor.

Hierfür können folgende Versuche als Beleg dienen. Eine Katze wurde in einem Gasraum von !/, cbm Fassungsvermögen, der mit einer konstanten, chemisch analysierten Blausäureatmosphäre von 0,062 mg im Liter Luft durchströmt wurde, eine Stunde lang gehalten. Nach 6 Minuten ganz geringe Atemvertiefung, die nach 15 Minuten deutlicher wurde. Nach 45 Minuten Andeutungen von Ataxie, geringfügiges Taumeln. Sonst blieb das Tier symptomlos, erkrankte auch nicht nach dem Versuch.

Eine zweite Katze blieb unter den gleichen Verhältnissen zunächst 30 Minuten lang symptomlos, nach 40 Minuten traten Erbrechen, leichte Krämpfe, vertiefte Atmung ein. Nach 43 Minuten Beginn schwerer Lähmungserscheinungen (Bewußtlosigkeit, Krämpfe, Seitenlage); das Tier blieb noch 37 Minuten bewußtlos, konstant schwer atmend, in der giftigen Atmosphäre. In frischer Luft rasche Erholung, nach 10 Minuten schon spontane Bewegungen.

Erst bei 0,04 mg sahen wir Vergiftungserscheinungen völlig

1) Quantitative Studien über die Giftigkeit der Blausäuredämpfe. Inaug.-Diss. Würzburg, 1903.

2?) Weitere Untersuchungen über die Giftigkeit der Blausäure. Inaug.- Diss. Würzburg, 1905.

Entgiftung eingeatmeter HCN. 255

ausbleiben. Lehmann, der seine Dosen in Vol.-Prozent Blau- säuredampf angibt, bezeichnet 0,03 bis 0,04°/,, als dauernd unwirksam, 0,05 bis 0,06°/,, als vergiftend, und bei mehrstün- diger Wirkungsdauer als meistens tödlich; dies entspricht etwa 0,04 bis 0,05 mg (unwirksam) und 0,06 bis 0,07 mg als töd- licher Grenze. Die Übereinstimmung dieser Zahlen mit den unseren kann nicht besser seint).

Die Giftigkeit der Blausäure für den Menschen bei Ein- atmung dürfen wir unbedenklich als die gleiche wie für den Hund und die Katze ansehen; zu dieser Auffassung berechtigen uns Erfahrungen mit Affen.

Bei einem von uns angestellten Versuch wurden unter den gleichen Versuchsbedingungen im gleichen Raum gleichzeitig ein mittelgroßer malaiischer Makak (Cynomolgus fascicularis), ein Hund (Fox) und eine Katze in einer Gaskammer von 12 cbm Rauminhalt einer Blausäure- atmosphäre von 0,14 mg pro Liter Luft ausgesetzt. Sobald der Affe und der Hund völlig gelähmt und bewußtlos waren, wurden sie in frische Luft zurückgebracht, die Katze verblieb noch 7 Minuten lang bewußtlos, aber gleichmäßig atmend in der Blausäureatmosphäre.

Das Ergebnis war wie folgt:

Erste Anzei- chen der Ver-

giftung

Erholung nach Versuchsbeginn

Tier-

ar allgemeiner

Lähmung

von Lähmungs- erscheinungen

nach 19 Minuten verbesserte At- mung, nach 21 Minuten wieder spontane Be- wegungen

nach 12 Minuten

Krämpfe, ver-

tiefte Atmung, Seitenlage

nach 4 Minuten Gähnen Anzei- chen von Nau- sea, nach 6 Mi- nuten Erbre- chen Husten

nach 8 Minuten sinkt das Tier taumelnd insich zusammen

nach 9 Minuten | nach 10 Minuten | Reflexe kehren

nach 3 Minuten

Nausea, Wür-| Ataxie und |Krämpfe,schwe-| nach 20 Minu- gen, nach 5 Mi- Taumeln re Atmung, Sei-| ten wieder nuten Er- ; tenlage brechen Katze |nach 3 Minuten | nach 6 Minuten | nach 6 bis 7 | nach 28 Minu- Würgen, nach | Dyspnoe und Minuten ten Beginn 5 Minuten Er-| Seitenlage spontaner Be- brechen wegungen

1) Vgl. dazu die Bemerkungen von Schankies auf 8.17 seiner Dissertation (Anmerkung), der die Angaben von Lehmann ‚mißver- standen hat.

256 F. Flury und.W. Heubner: Entgiftung eingeatmeter HCN.

Alle 3 Tiere erholten sich vollkommen. `

Auch ein weiterer analoger Versuch mit einer anderen Affenart (grüne Meerkatze, Cercopithecus sabaeus) zeigte ähnliche gute Überein- stimmung bezüglich des Eintritts und der Art дег Vergiftungssymptome bei Hund und Katze.

Danach steht der Affe, wie übrigens auch der Hund, in seiner Empfindlichkeit der Katze sehr nahe und entfernt sich von dem widerstandsfähigeren Kaninchen und erst recht von den kleineren Nagern.

Bemerkung.

Von

M. Biedermann-Jena.

Gegen die von J. Wohlgemuth im 3. und 4. Heft von Bd. 94 der „Biochem. Zeitschr.“ geübte Kritik an meinen Versuchen erhebe ich Widerspruch und verweise auf meine in kurzem in der „Fermentforschung“ erscheinende ausführliche Behandlung dieses Gegenstandes.

Druckfehlerberichtigung. Zu der Arbeit Salkowski: Bemerkungen zu der Arbeit von Hans Aron „Über den Nährwert“. In Band 94, Seite 209, Zeile 11 von unten lies statt: „vom 13. V bis 5. IX...“ „von 13 bzw. 5, 5, 9 Tagen... .“

Über die Lichtabsorption neutraler Lösungen von Oxy- hämoglobin.

Von Paul Häri.

(Aus dem physiologisch-chemischen Institut der Universität Budapest.)

(Eingegangen am 9. April 1919.)

Da spektroskopische und spektrophotometrische Unter- suchungen des Blutes nur an ganz klaren Lösungen vorgenommen werden können, ist es üblich geworden, die Verdünnung des Blutes mit einer 0,1°/ igen Lösung von kohlensaurem Natrium vorzunehmen. Da auch krystallisiertes Oxyhämoglobin sich bei Zusatz von kohlensaurem Natrium weit besser als im destillierten Wasser löst, wurde auch die große Mehrzahl der Beobachtungen an Oxyhämoglobin an soda-alkalischen Lösungen desselben ausgeführt.

Nun ist es von vornherein nicht auszuschließen, daß sich die Lichtabsorption des Oxyhämoglobins in soda-alkalischen Lösungen anders als in einer wirklich reinen Lösung in destil- liertem Wasser verhält; in der Tat hat Torup!) angegeben, daß der Zusatz von kohlensaurem Natrium zu einer Ver- schiebung der Stelle der stärksten Absorption führt.

Ich habe zur Klärung dieser Frage nachfolgende Unter- suchungen vorgenommen.

Aus einer ersten Reihe von Beobachtungen, deren Daten in den nachfolgenden Tabellen I und II zusammengestellt sind, ergab sich zunächst eine weitgehende Übereinstimmung

1) Zitiert bei Bohr, Über den spezifischen Sauerstoffgehalt des

Blutes. Skandinav. Arch. f. Physiol. 8, 107. Biochemische Zeitschrift Band 95. 18

258 - P. Häri:

zwischen neutralen und soda-alkalischen Lösungen. [Eine große Reihe von Beobachtungen an letzteren sind in meiner jüngst erschienenen Arbeit publiziert'!).] Diese Übereinstimmung be- stand im folgenden:

a) Der Quotient der Extinktionskoeffizienten gemessen annähernd genau an den zwei von Hüfner seinerzeit vorge- schlagenen Stellen des Spektrums, und zwar am zweiten Streifen von Grün bei 541,6 533,1 ци und im Zwischenraum zwischen beiden Streifen, bei 565,8 555,9 uu betrug an 5 neutralen Lösungen (Tabelle I) im Mittelwert annähernd dasselbe, näm- lich 1,62, wie seinerzeit von mir an soda-alkalischen Lösungen gefunden wurde, nämlich etwas über 1,60. In einer Reihe weiter unten mitzuteilender Versuche ist die Übereinstimmung eine noch bessere.

Tabelle 1.

Extinktionskoeffizient

Untersuchte (a)

in Grün im Zwischenraum ‚sung bei 541,6 533,1 un | bei 565,8 555,9 uu (b) @) | H Hundeblut 25 | Lösung l.... 0,920 | 0,560 1,64 Hundehämoglobin 28 0,923 0,583 1,58 Pferdehämoglobin 36 1,004 0,613 1,64 Pferdehämoglobin 37 Lösungl .... 0,740 0,459 1,61 Pferdehämoglobin 38 Lösung 6. ... 1,520 фм: 0,985 1,68 Mittelwert... . . 1,62

b) An soda-alkalischen Lösungen wurde seinerzeit gefunden, daß dieselben während des Stehens, sogar in der Kälte, an Stärke der Lichtabsorption einbüßen. Dasselbe ist, wie aus Tabelle II hervorgeht, auch an neutralen Lösungen der Fall.

c) In einer weiteren Reihe von Versuchen wurden die spezifischen, auf eine Konzentration von 0,1%, bezogenen Extinktionskoeffizienten an den beiden genannten Stellen des Spektrums bestimmt, und zwar sowohl in soda-alkalischer, wie auch in rein wäßriger neutraler Lösung des Blutes resp. des

1) Beiträge zur Lichtabsorption des Oxyhämoglobins. Diese Zeit- schr. 82, 229, 1917.

Liehtabsorption neutraler Lösungen von Oxyhämoglobin. 259

Tabelle П.

Spektralausschnitt | Extinktionskoeffizienten

a- in Grün nach Fertigstell.der Lösung Untersuchte Lösung |bei 511,6 533,1 zu z b-imZwischenraum] sofort | später

bei 565,8 555,9 ua | untersucht |

| untersucht

Hundeblut 28 Br. ars гй 0,730 0.715, Lösung 1 По Se | 0:935 29 z ër ICH, e А а 0,92: ‚9331. Mumdohāmogiotin в d 1 18 | DS Pferdehämoglobin 57 |а........ 0,740 | 0,7181, Lösung 1 АЖ ыла ал» rss .| 0,459 0,4637) Pferdehämoglobin 38 BR tan 1,521 1,241 Lu Lösung 6 \ {тө эк, бе йды ТА 0,935 0,7929 Pferdehämoglobin 39 |а«........ 0,816 0,742 \», Lösung 5 UV ECKER 0,500 0,4529

Blutfarbstoffes. Die weitaus größte Zahl dieser Untersuchungen wurde mit dem in meiner bereits zitierten ersten Mitteilung‘) verwendeten alten Königschen Spektrophotometer, eine geringe Anzahl mit dem nach Martens und Grünbaum modifizierten Apparat ausgeführt, den ich in meiner zweiten Mitteilung”) be- schrieben habe.

Die Ergebnisse dieser Versuche sind in nachfolgender Tabelle III zusammengestellt.

Von den in Tabelle III zusammengestellten Versuchen sind die letzten drei (Nr. 8 bis 10) von den vorangehenden, (Nr. 1 bis 7), die sich wesentlich anders verhalten, auch räum- lich abgetrennt. Zunächst sollen die Versuche 1 bis 7 be- sprochen werden.

An der überwiegenden Zahl dieser sieben Lösungen fielen Че an der neutralen Lösung abgelesenen Exstinktionskoeffizienten etwas geringer aus als an der soda-alkalischen Lösung, und zwar waren sie im Mittelwert aller Fälle am zweiten Absorptions- streifen von Grün um 1,8°/, geringer, im Zwischenraum zwischen beiden Streifen um 1,4°/, geringer.

1) und 2 Über Nacht im Eisschrank. 5) 24 Stunden im Eisschrank. +) 3 Wochen im Eisschrank. " 4 Tage im Eisschrank. бу б. 7) Diese Zeitschr., dieses Heft, 5/6. 18*

260 P. Häri: Tabelle III.

Extinktionskoeffizient

| | | | |

© SE 8 BZ im Zwischenraum (a) g со in Grün zwischen beiden = S 25 | bei 541,6— 533,1 uu . „Streifen (b) d CH: bei 565.8 555,9 uu Е, Ek З

2 | Untersuchte Lösung Ө g i egal ON НЕЗ З e 8 neutral neutral | ы ke = ^1 а т |5 | Ф х 9 = | г Ki ~ | © #

К + > S Gi kl ECH E а х3 | $ SCHEI E E 538| 3 | 2 835128 z E S |j Séi

ЕЁ $ |

Hundeblut 23 Lösung (alkal.) 2 (neutr.)

Hundeblut 28

0,17 0,085

Pferdehämoglobin 39 Lösung 2 (alkal.)

» 5 (neutr.)

Pferdehämoglobin 40 Lösung 3 (alkal.)

4 (neutr.) Hundehämoglobin 56 Lösung 2a (alkal.)

n 2 (neutr.) Pferdehämoglobin 58 Lösung 2a (alkal.)

20 (neutr.) Pferdehämoglobin 58 Lösung 3a (alkal.)

» ЗЫ (neutr.)

Mittelwerte . ^. . . 1,4 |1,60/1,60

Hundeblut 26 Lösung 1 (alkal.) » 2 (neutr.)

0,515| 1,0

0,188] 4,1 6°)

| . 0,735| + 5,4 0,422 0419 + 13,5]1,65/1,53

9 | Pferdeblut 29 Lösung 1 (alkal.) e КА, 0469| + вл 020270300 + 16,1J1,041,56 10°) | Pferdehämoglobin 38 | | Lösung 4 (alkal.) | 0,168 | E 2 (neutr) | 0.059 10,850 0,765|— 10,8 [0,534:0,473| 11, 1,5911,62

1) In den so bezeichneten Versuchen, in denen die alkalische und neutrale Lösung nicht von derselben Konzentration waren, wurden die Extinktionskoeffizienten auf dieselbe Konzentration bezogen.

2) Diese Versuche wurden mit dem nach Martens und Grün- baum modifizierten Königschen Apparat ausgeführt (alle übrigen mit dem alten Königschen), und zwar an den um ein Geringes abweichenden Spektralstellen 541,4 533,7 und 565,6 556,1 ди.

Lichtabsorption neutraler Lösungen von Oxyhämoglobin. 261

In den drei von den übrigen abgetrennten Versuchen 8 bis 10 der Tabelle III sind die Unterschiede zwischen den neutralen und alkalischen Lösungen weit größer, und zwar fiel in zwei Versuchen der Extinktionskoeffizient in der neu- tralen Lösung größer, in einem der Versuche kleiner aus. Es heißt sicher den Tatsachen keinen Zwang anzutun, wenn ich die Ergebnisse der Versuche 8 bis 10 außer Rechnung lasse, denn es hatte sich in diesen Versuchen um relativ sehr stark verdünnte Farbstoffllösungen gehandelt, an denen die mittels des alten Königschen Spektrophotometers erhaltenen Ergebnisse recht unsicher sind!) Diese Unsicherheit äußert sich in den Versuchen 8 bis 10 auch in der bedeutenden Divergenz der an den neutralen einerseits und soda-alkalischen Lösungen anderer- seits aus den Extinktionskoeffizienten berechneten Quotienten, die in den Versuchen 1 bis 7 weit besser übereinstimmen. (Siehe die beiden letzten Stäbe der Tabelle III.)

Ich stehe demnach nicht an, mich bloß an die Ergebnisse der Versuche 1 bis 7 zu halten, aus denen, wie erwähnt, her- vorgeht, daß die Extinktionskoeffizienten der neutralen Lösungen im Durchschnitt aller Versuche um 1,8 resp. 1,4°/, geringer ausfielen als an den soda-alkalischen Lösungen. Nun ergibt sich noch die Frage, ob wir angesichts dieses geringen Unter- schiedes von weniger als 2°/,, der den in derartigen Beobach- tungen zulässigen Versuchsfehler keinesfalls überschreitet, das Recht haben, zu folgern, daß die Lichtabsorption neutraler Lösungen von Hämoglobin schwächer sei als die der soda- alkalischen Lösung derselben Konzentration?

Ich glaube, daß diese Frage bejaht werden darf, und zwar aus folgenden Gründen: 1. Weil bloß in 3 von 14 Beobach- tungen ein umgekehrtes Verhalten nämlich stärkere Licht- absorption der neutralen Lösung zu beobachten war. 2. Weil dasselbe, was im vorangehenden für zwei Spektral- ausschnitte bewiesen wurde, auch für die benachbarten Spektral- bezirke gilt. In nachstehender Tabelle IV sind die an zwei

1) Die an noch stärker verdünnten Lösungen ausgeführten Versuche 5, 6 und 7 rangieren nicht hierher, da sie mittels des neuen, modifizierten Königschen Apparates untersucht wurden, an dem abgesehen von den prinzipiellen Vorteilen durch Verwendung einer diekeren Flüssig- keitsschicht (längere Röhren) diese Fehlerquelle wegfällt.

262 P. Hári:

neutralen Lösungen von Oxyhämoglobin abgelesenen spezifischen (auf 0,10, Hämoglobinkonzentration berechneten) Extinktions- koeffizienten eingetragen und mit dem Mittelwert der Extinktions- koefiizienten verglichen, die von mir an einer größeren Anzahl soda-alkalischer Lösungen an den betreffenden Spektralstellen ausgeführt und seinerzeit mitgeteilt wurden.

Tabelle IV.

Spezifische Ex- | Durchschnittliche tinktions- | von mir früher ge-

7 S 8 зек 1 ie S е ee Өй pektralpereioh koeffizienten | fundene Extink- SENDE der neutralen |tionskoeffizienten ин Lösung an alkal. Lösungen Pier ein 40 j) 583 8— 578,2 0,725 0.702 KEE \ 580,3—570,5 0,841 0,832 571,4 561,2 0,609 0,617 569.5 559,4 0,573 0,580 Р" А 567,6 557,6 0,527 0,554 SE RE ege, 0,520 0,536 ENDE 564,9 554,9 0,512 0,52% 563,9 554,0 0,511 0,515 | 569,1 552,0 0,518 0,522 EE 0,694 0,683 | | 546,4— 587,6 0,810 0,847 & абд 544,8 536,1 0,821 0,850 Aierdeh imoplobin 20 || - 548.2 584,6 0,821 0.845 Е 540.0 531,6 0,791 0,805 538,4 530,1 0,769 0.771 An 15 diesbezüglich untersuchten im weiteren Bereich des zweiten Streifens und des Zwischenraums zwischen beiden Streifen gelegenen Stellen des Spektrums sind es wieder

nur drei, an denen die Lichtabsorption der neutralen Lösung stärker ausfiel, an allen übrigen Stellen war sie geringer. Es kann sich nach alledem nur um eine Veränderung handeln. die von der Anwesenheit des kohlensauren Alkalis verursacht ist, eine Veränderung, die, wie ich im nachfolgenden ausführen will, dem Methämoglobingehalt der wenn auch frischen und sofort nach ihrer Bereitung untersuchten Oxyhämoglobinlösung zugeschrieben werden muß.

Es betragen nämlich die spezifischen (auf eine Konzen- tration von 0,1°/, berechneten) Extinktionskoeffizienten

Liehtabsorption neutraler Lösungen von Oxyhämoglobin. 263

bei bei 541,6 588,1 uu 565,8 555,9 un für Oxyhämoglobin (soda-alkalisch) . 0,841 0,523 Methämoglobin!) (soda-alkalisch) 0,576 0,470 Methämoglobin!) (neutral) . . 0,356 0,215

Da die Extinktionskoeffizienten des Methämoglobins ob in neutraler oder in soda-alkalischer Lösung befindlich wesent- lich geringer sind als die des Oxyhämoglobins, müssen die Extinktionskoeffizienten einer Lösung von Oxyhämoglobin, die Methämoglobin enthält wie längst bekannt an beiden Spektralstellen heruntergedrückt werden.. Da ferner die Ex- tinktionskoeffizienten der neutralen Methämoglobinlösung an den genannten Spektralstellen noch um ein Bedeutendes ge- ringer sind als die einer soda-alkalischen Methämoglobinlösung. werden die Extinktionskoeffizienten einer durch Methämoglobin verunreinigten Lösung von Oxyhämoglobin nicht gleich stark herabgedrückt werden, ob die Lösung eine soda-alkalische oder eine rein wäßrige ist; vielmehr wird der Abfall in der neutralen Lösung bedeutender sein.

Es läßt sich sehr leicht berechnen, daß es der Beimischung einer nur geringen Menge von Methämoglobin bedarf, die sich auf nicht mehr als einige Prozente des anwesenden Oxyhämo- globins belaufen muß, um die von mir gefundene schwächere Lichtabsorption der neutralen Lösung zu verursachen. (Aller- dings ergibt diese Berechnung auch, daß die Verringerung im Zwischenraume stärker als am zweiten Streifen sein müßte, was in meinen Versuchen nicht der Fall war.)

Ein weiterer Beweis für die Anwesenheit geringer Mengen von Methämoglobin in den von mir seinerzeit und jetzt unter- suchten Lösungen des vermeintlich reinen Oxyhämoglobins er- gibt sich aus folgender Betrachtung.

Durch eine neutrale Lösung von Methämoglobin wird, wie bekannt, und wie in\der bereits angekündigten späteren Ab- handlung noch ausführlich gezeigt werden soll, das Licht vom roten Spektralende angefangen bis etwa zur Wellenlänge 617 pu weit stärker absorbiert als durch eine soda-alkalische Lösung von Methämoglobin. Es verhalten sich daher die neutralen und

1) Siehe eine demnächst mitzuteilende Arbeit in dieser Zeitschrift.

264 P Нап:

soda-alkalischen Lösungen von Methämoglobin in diesen Spektral- gebieten entgegengesetzt, als in dem oben behandelten Gebiet (dem des zweiten Streifens und des Zwischenraums). Ist dem aber so, so muß die Lichtabsorption derselben neutralen Lösungen vom Oxyhämoglobin, die im Gebiete der Streifen schwächer als der soda-alkalischen ausfiel, am roten Ende eben infolge ihres Methämoglobingehaltes stärker als die der soda-alka- lischen sein.

Daß dies in der Tat der Fall ist, geht aus den Daten der nachfolgenden Tabelle V hervor.

Aus den Werten der soda-alkalischen Oxyhämoglobin- lösungen, die großenteils bereits in meiner zitierten ersten Arbeit mitgeteilt waren, konnte bei ihrer leidlichen Überein- stimmung ein Mittelwert gezogen werden; nicht so an den ver- schiedenen neutralen Lösungen, deren entsprechende Werte stark divergieren. Immerhin geht aus dem Vergleich der mit- geteilten Daten hervor, daß die Lichtabsorption neutraler

1) Diese Zahlen bedeuten die Wellenlängen der Strahlen, die die Mitte des Spektralausschnittes eingenommen haben.

Tabelle V. Spezifische Extinktionskoeffizienten >< 10*

Soda-alkalische Lösungen neutrale Lösungen c=0,088 Y,le=1,47%/,\€ BER ojoje = 1,10% lc = DEN c= 2,95%,le =1,90°/, с = 8,83 7 с =0,03°%/, Кй | Baa 486 SA SE 25. KP SS | „Ж. Sa 52м 52м 55 ш озм) 52м |Кш®| 85% EE ЗЕМ | 55 ою кою | ою BE | 50 9.01 дос бою А 2:5 ао = ЕН | Bd | Sri ЕН | 5m Sm ая Er ЕН Ek EH i @ EI © E) == CT E? 8 кё а | EI | ZS ` а Si E 2 0 Ж ЖЕЕ а | & 52,8 | 520| 545 | вва 212 LS | авгур 3,9 1 = _ 64,5 | 592| 323 | | 191 er 54,6 67,8 | 743 76,8 75,3 | 70,0] 366 482 216 | 71,9 | | 8,7 97,7 | 83,4 | 242 92,7 | | 847 88,7 тә аа 316 119,0 112,0 | 115,0 | 108,0 | 117,0 |116,0] 401° 540 | 257 = (EE e ege E 150,0 1150,0] = 284 SE 191,0 151,0 | 166,0 | 155,0 |166,0] 401 534 268,0 | | = | 211,0 | 212,0 |2450] | 82 | =

296,0 | 242,0 | 252,0 | 236,0 | 256,0 442 588 | | | = | | 510 429,0 | 357,0 | 331,0 | 334,0 | 314,0 1353,0] 519 | 649 Ze Sab

Lichtabsorption neutraler Lösungen уоп Oxyhämoglobin. 265

Lösungen von vermeintlich reinem Oxyhämoglobin am roten Ende des Spektrums eben infolge ihres Methämoglobin- gehalts größer ist als die der soda-alkalischen Lösung. (Warum in meinen Versuchen die Lichtabsorption noch über die Stelle von 617 ци violettwärts stärker war als die der soda-alkalischen, kann ich mir vorläufig nicht erklären.)

Die Ergebnisse obiger Versuche kann ich wie folgt zu- sammenfassen:

1. Die Lichtabsorption neutraler Lösungen von Blut oder von Oxyhämoglobin unterscheidet sich nur sehr wenig von der der soda-alkalischen Lösungen.

2. Der Unterschied ist der Beimischung geringer Mengen von Methämoglobin zuzuschreiben.

Ist das Absorptionsverhältnis (Vierordt) ein von der Art des verwendeten Apparats (Spektrophotometer) unab- hängiger, charakteristischer Wert?

Von Paul Hári. (Aus dem Physiologisch-chemischen Institut der Universität Budapest.)

(Eingegangen am 9. April 1919.)

In einer vorangehenden Arbeit!) über die Lichtabsorption des Oxyhämoglobins habe ich bezüglich der an einer und der- selben Farbstoffllösung mittels verschiedener Apparate zu er- wartenden Werte folgendes ausgeführt?):

„Es ist von verschiedenen Autoren mehr oder minder stark betont worden, daß die für das Absorptionsverhältnis erhaltenen Werte auch von der Art des verwendeten Spektrophotometers abhängen. So behauptet Gallerani?) direkt, daß das Ab- sorptionsverhältnis für jeden Apparat eigens bestimmt werden muß; sogar Butterfield sagt‘), daß... ,A nicht notwendig den gleichen Wert bei jedem Apparat zu haben braucht‘. Würde sich das bewahrheiten, so würde die Spektrophotometrie prinzipiell und auch methodisch recht wenig Vertrauen verdienen.“

1) Beiträge zur Lichtabsorption des Oxyhämoglobins. Diese Zeitschr. 82, 229, 1917.

”) S. 261.

з) G. Gallerani, Sur la nature et les variantes du rapport d'ab- orption spectrophotometrique de l’oxyh&moglobine ete. Arch. ital. de biologie 37, 20, 1902.

4) Е. E. Butterfield, Über die Lichtextinktion, das Gasbindungs- vermögen und den Eisengehalt des menschlichen Blutfarbstofis in nor- malen und krankhaften Zuständen. Zeitschr. f. physiol. Chem. 62, 192.

. P. Нагі: Isi das Absorptionsverhältn. ein vom Apparat unabh. Wert? 207

Daß diese Befürchtung unbegründet ist, soll im nach- stehenden gezeigt werden.

Noch während der Kriegsdauer bin ich in den Besitz eines nach Martens und Grünbaum!) verbesserten König schen Spektrophotometers gelangt und habe an mehreren blut- und Hämoglobinlösungen vergleichende Untersuchungen mittels des alten (in der ersten Mitteilung benutzten) und des neuen Königschen Apparates (große Beleuchtungsvorrichtung) aus- geführt. А

Diesem Versuchen ging selbstverständlich eine genaue Justierung und eine möglichst genaue Eichung des neuen Apparates voran; letztere wurde, da der Apparat auch zu Untersuchungen in verschiedenen Spektralreihen benutzt werden sollte, an möglichst vielen Stellen mittels Funken- resp. Flammen- spektren vorgenommen.

Tabelle 1.

Skala Skala

` Orien- | Orien- Orien- yui | tierungs- uu | tierungs- un | tierungs- | | Skala

РЬ 438,7 2735 | Cd 5086 | 3811 | Pb 560,8 49295 Са 4413 | 2793 | Cu 510,6 | 3831 | Sn 579,9. 4432 He 472 | 2904 | Cu 5153 | 3888 | He 587,6 ` 4482 Mg 448,1 2923 | Mg 517,5 | 3908 | Na 589,3 | 4493 Sr 460,8 3150 | Ag 520,9 | 3941 | TI 5949 4530 Са 467,8 3267 | Cu 521,8 | 3950 | Sr 6055 4593 He 471,3 3320 | Cd 533,8 | 4067 | Zn 6103 4620 Zu 4722 | 3335 | TI 535,1 | 4079 | Sb 613,0 | 4635 Cd 480,0 | 3450 | TI 5373 | 4098 | Zn 636,4 | 4755 Zn, 481,1 3464 | Са 5379 um | Са 643,8 | 4791

|

486,6 3534 | Hg 546,1 | 4176 | Sn 6453 4797 Не 492,1 | 3613 | Ag 5466 | 4179 | Н 6563, 4846 Zn 4925 | 3617 | Sb 556,9 | 4263 | He 667,8 | 4894 Не 5016 | 3728 | Sn 5576 | 4269 |

Die Wellenlängen wurden auf die Ordinaten, die Werte der Örientierungsskala auf die Abszissenachse aufgetragen und die resultierenden meist dicht benachbarten Punkte zu einer Kurve vereinigt.

1) F. F. Martens, Über eine Neukonstruktion des Königschen Spektrophotometers. Verhdl. d. Deutsch. physikal. Ges. 1, 1899. F. F. Martens und F. Grünbaum, Über eine Neukonstruktion des Königschen Spektrophotometers. Annal. d. Physik, 4. Folge, 12, 1905.

268 P. Häri:

Zum Überfluß habe ich noch einige von Martens und Grünbaum angegebene Probebestimmungen an Lösungen von doppelt-chromsaurem Kalium bekannter Konzentration bei Thal- liumfunken als Lichtquelle (4 = 535,1 ии) vorgenommen.

Da es mir mangels einer entsprechenden Einrichtung nicht glückte, das Licht für die Dauer eines Versuches in ganz gleich- mäßiger Intensität zu erhalten, mußte ich die teilweile sehr bedeutenden Unterschiede zwischen den Einzelbestimmungen wohl oder übel hinnehmen. Die sehr annehmbare Übereinstim- mung der Mittelwerte, die nur um —1, resp. + 2°/, vom Martens und Grünbaumschen abweichen, liefern jedoch eine Gewähr für die Exaktheit der Justierung und Kalibrierung.

Tabelle П.

E E Extinktions-K.oeffizient

Nr. | der Lösung

nach Martens |

üf und Grünbaum | von mir gefunden

1. 0,01396 0,199 | og

2. 0.01396 0.129 0.136 | Mittelwert 0,128 3. 0.01396 0,199 0.127

4. 0,01698 0,157 | 0165

5, 0.01698 0,157 0,159 | ү.

6. 0.01698 0,157 | 0155 | Mittelwert 0,160 d 0.01698 0157 | 018

Den Okularspalt habe ich so eingestellt, daß seine Breite möglichst genau der in der ersten Mitteilung am alten Apparat verwendeten Okularspaltbreite entspreche. Angesichts des Um- standes, daß, wie an dem alten, so auch am neuen, von Schmidt und Haensch gelieferten Apparat, an dem Okularspalt Keine Meßtrommel angebracht ist, bereitete dies gewisse Schwierig- keiten und hatte die allerdings sehr geringe Abweichung zur Folge, daß die Spaltbreite

am alten Apparat 541,6 bis 533,1 resp. 565,8 bis 555,9 ии

» neuen » 541,4 » 533,7 » 565,6 » 556,1 » betragen hatte. ў

Der Eintrittspalt wurde genau wie am alten Apparat auf 0,1 mm eingestellt.

Als Lichtquelle wurde Gasglühlicht verwendet.

Beschreibung der Versuche. In einer ersten Reihe

Ist das Absorptionsverh. ein vom Apparat unabh. Wert? 269

von Versuchen wurde der Extinktionskoeffizient an soda-alka- lischen Blut- resp. Hämoglobinlösungen an den beiden genannten Stellen, an denen ich auch mit dem alten Apparat gearbeitet hatte, bestimmt. In nachfolgender Tabelle III sind die betrefien- den Daten zusammengestellt.

Tabelle II.

Nr.

- be

6020100. ER "Wée

Extinktionskoeffizienten

+ = . |inZwischenräumen in Grün bei | zwischen beiden N

б ` Streifen bei Untersuchte Lösung 541,4-533,7 ци аи «Ж > (4) (B) sofort!) später?) sofort später | sofort | später

Pferdeblutkörperchen Nr 46 0,498 | | 0,3141] |1584 EEE Nr. 47 0,685 0,487 |1,569

Nr. 48 | 0,341 [1609| Hundehämoglobin Nr. 49;

Lösung. us a. ae а | 0,292 1,590 | Pferdehämoglobin Nr. 50; |

Lösung? ..... е 0,248 1,596 Hundehämoglobin Nr. 51; |

Lösung 1 .. А | 0,324 | 1,607 | Pferdeblut Nr. 52;

Lösung 2a 0,640 0,403 1,588 Pferdeblut Nr. 53; "Lösung 3 0,251 | | 0,160 11,572 Pferdeblut Nr. 54. 0,447 | 0,289 115% Hundeblut Nr. 55; Lösung 2 0,869 | 0,550 1,574 Hundehämoglobin Nr. 55;

Lösung‘ la, a. э e 0,424 1,599 Dasselbe; Lösung . . . 0,250 1,588 _ Pferdehämoglobin Nr. 58;

Lösung: ew e е era | 0,232 | 1,595 | Dasselbe; Lösung 2b . . . 0,240 1,612 Dasselbe; Lösung ЗЬ . .. 0,238 1,561

Mittelwerte: | 1,595 | 1,572

In meiner ersten Mitteilung habe ich an einer größeren Reihe von Versuchen den Erweis erbracht, daß der Quotient der Absorptionsverhältnisse (A im Zwischenraum : A am zweiten Streifen) resp. der diesem Quotienten gleiche Ausdruck Extink- tionskoeffizient am zweiten Streifen : Extinktionskoeffizient im Zwischenraum den konstanten Wert von etwas über 1,60 be-

1) „Sofort“ soll heißen: sofort nach Bereitung der Lösung untersucht. з) „Später“ soll heißen: mehrere bis 24 Stunden nach Bereitung der Lösung untersucht.

270 P. Häri:

sitzt, sofern wirklich an frischen, sofort nach ihrer Bereitung untersuchten Lösungen gearbeitet wird; hingegen erhält man die von Hüfner gefundene etwas niedrigere Zahl von etwa 1,58, wenn man die soda-alkalische Lösung nicht „sofort“, sondern „später“ innerhalb der ersten 24 Stunden nach ihrer Bereitung untersucht.

Dasselbe war in den hier untersuchten, in Tabelle III zu- sammengestellten Versuchen der Fall: an den sofort unter- suchten Lösungen betrug der Wert des Quotienten (Extinktions- koeffizient in Grün : Extinktionskoeffizient im Zwischenraum)

1,595, an den später untersuchten 1,572, also annähernd genau dasselbe, was am alten Apparate erhalten wurde.

In einer anderen Reihe von Versuchen wurde festzustellen gesucht, ob die Extinktionskoeffizienten an einer und derselben Farbstofflösung einmal mit dem neuen, einmal mit dem alten Apparat bestimmt, den gleichen oder aber einen verschiedenen Wert aufweisen. Die vergleichenden Ablesungen wurden teils an soda-alkalischen Blutlösungen, teils an Lösungen von Oxy- hämoglobin resp. einmal am Methämoglobin angestellt; wobei es hier natürlich nicht darauf ankam, ob die Lösung frisch war oder bereits einige Tage gestanden hatte.

Die Ergebnisse dieser Ablesungen sind in Tabelle IV zu- sammengestellt.

Tabelle IV.

Extinktionskoeffizienten

¡im Zwischenraum zwischen Nr. Untersuchte Lösung am 2. Streifen (in Grün) | beiden Streifen i

Per alter Apparat'neuer Apparat bei 5418—5584 | bei 541,1—533,7 hei 805.8--535.9 | bei 5656—5561

1: Pferdeblutkörperchen- | |

lösung Nr. 46... 0,482 0,498 | 0,804 0,314 2. | Pferdehämoglobin Nr. 47 0,703 0,685 | 0,460 | 0,437 3. | Pferdemethämoglobin |

Nr. 50; Lösung 5 4 0,555 0,561 0,460 | 0,454 4. | Hundehämoglobin Nr. 51 i |

Lösung 1; ш... e 0,581 0,521 | 0,326 0,324 5. | Pferdeblutlösung Nr. 54 0,450 0,447 | 0,296 0,289

Die Ablesungen mit dem neuen Apparat fielen größer (-|-) resp. kleiner (—) aus:

Ist das Absorptionsverh. ein vom Apparat unåbh. Wert? 271

in Versuch in Grün im Zwischenraum 1 +3,39, +3,29, 2 2,6 » 5,0 » 3 4-1,0 ә 1,8 » 4 —21n - 0,6 ~ 5 0.7 » + 2,4 » Mittelwerte: —1,0°/, 1,39,

Diese beinahe vollständige Übereinstimmung zwischen den beiden abweichend konstruierten Apparaten läßt folgern, daß die für das Absorptionsverhältnis erhaltenen Zahlen als für den betreffenden Spektralausschnitt eindeutig charak- teristische, absolute Werte anzusehen sind, die von der Art des benutzten Apparats unabhängig sind, so- fern nur diese Apparate richtig konstruiert und genau justiert resp. kalibriert sind und bei derselben Okular- und Eintritts- breite abgelesen wird.

Untersuchungen über die Wärmetönung von Enzym- reaktionen.

V. Mitteilung. Über die Wärmetönung der Organautolyse.

D Von

Klara Kornfeld und Heinrich Lax. (Aus dem physiologisch-chemischen Institut der Universität Budapest.)

(Eingegangen am 9. April 1919.)

In einer Reihe vorangehender Mitteilungen!) wurde er- mittelt, daß die Trypsinverdauung des Eiweißes ohne nach- weisbare Wärmetönung, hingegen die Salzsäurepepsinverdauung des Eiweißes exothermal verläuft. Es war daher von Interesse, zu erfahren, wie sich diesbezüglich die Autolyse, die nament- lich an der Leber den Gegenstand vielfacher Untersuchungen abgab, verhält.

In diesen Versuchen haben wir dieselbe Methodik ver- wendet, die in den erwähnten Mitteilungen ausführlich be- schrieben wurde; sie sei weiter unten kurz geschildert. Das Prinzip dieser Methodik besteht darin, daß der Energiegehalt des fraglichen Gemisches (hier des Leberbreies) in einer Portion ohne vorangehende Autolyse bestimmt und mit dem Energie-

1) Franz Tangl, Untersuchungerfüber die Wärmetönung von Enzym- reaktionen. Arch. f. d. ges. Physiol. 115, 1. Roland v. Lengyel, Einige Versuche über Wärmetönung der Pepsinverdauung des Eiweißes. Arch. f. d. ges. Physiol. 115, 7. Paul Häri, Über die Wärme- tönung der Trypsinverdauung des Eiweißes. Arch. f. d. ges. Physiol. 115, 11. Derselbe, Über die Wärmetönung der Pepsinverdauung des Ei- weißes. Arch. f.d. ges. Physiol. 121, 459, 1908.

K. Kornfeld und H. Lax: Wärmetönung der Organautolyse. 273

gehalt einer zweiten Portion verglichen wird, die vorher der Autolyse überlassen war.

Wenn es sich dann erweist, daß der Energiegehalt in dem ohne und nach erfolgter Autolyse untersuchten Brei gleich groß ist, dann ist die Wärmetönung der Autolyse gleich Null; ist der Energiegehalt des autolysierten Breies kleiner, resp. größer als der des nicht autolysierten, so ist eben der auto- lytische Zerfall ein exo- resp. endothermaler Vorgang.

Durch vergleichende Bestimmung des N- resp. auch des Trockensubstanzgehaltes war auch Aufschluß einerseits über einen etwaigen N-Verlust, andererseits über den Umfang der die Autolyse eventuell begleitenden Hydrolyse zu erwarten.

Versuchsmethodik.

„Ganz frisch dem Tiere entnommene Leber wurde zunächst von den zuführenden Gefäßen aus mit 1'/, bis 21 destillierten Wassers blutleer gespült, sodann in der Fleischmühle zerkleinert. durch ein engmaschiges Sieb gedrückt; der "einkörnige Brei wurde zu den weiteren Versuchen verwendet. Ein Teil dieses Breies wurde sofort eingedampft und im lufttrockenen Rück- stand die entsprechenden Bestimmungen vorgenommen. Ein anderer Teil des Breies wurde nach Salkowskis') Vorschrift mit dem 10fachen Volumen Chloroformwassers versetzt, in größere, mit eingeschliffenen Glasstöpseln versehene Erlenmeyersche Kol- ben gefüllt und im Thermostaten der Autolyse bei 37 bis 40° überlassen. Bei der nachgewiesenen Verzögerung der Autolyse durch mitanwesendes Chloroform wäre es erwünscht gewesen. bloß aseptisch, ohne jedweden Zusatz eines Antisepticums vor- zugehen; doch zwangen uns die dabei sich ergebenden tech- nischen Schwierigkeiten hiervon abzuschen.

Über den Fortgang der Autolyse haben wir uns in einigen eigens zu diesem Zwecke aufgestellten Kontrollversuchen über- zeugt, und zwar so, daß wir einzelne Portionen des mit Chloro- formwasser beschickten Breies warmstellten (in einem Thermo- staten), einige andere Portionen kaltstellten (im Eisschrank) und nach einiger Zeit je eine warm- resp. kaltgehaltene Portion vergleichsweise auf koaguliertes Eiweiß untersuchten. Die Ab-

1) Salkowski, Bemerkungen über Autolyse und Konservierung.

Zeitschr. f. physiol. Chem. 63, 136, 1909. Biochemische Zeitschrift Band 95, 14

274 K. Kornfeld und H. Lax:

=

nahme desselben konnte als Maß der fortschreitenden auto- lytischen Zersetzung gelten. So betrug 2. В. in einer Versuchs- reihe nach 18tägiger Versuchsdauer $

| | der коер йыш nicht koagulable N °% їп EES раат Lebeibrei 0, 52 0, uo іп dem warmgehaltenen » 0, 14 0, 41

Auch haben wir uns von Zeit zu Zeit durch Impfen auf Араг davon überzeugt, daß ein Zersetzen durch Bakterien in der Autolysenflüssigkeit nicht stattfand.

Sowohl in dem frischen Leberbrei als auch in dem ohne vorangehende Autolyse oder nach erfolgter Autolyse am Wasserbad eingedampften Leberbrei wurde der Gehalt an Trockensubstanz, an Stickstoff und an chemischer Energie be- stimmt.

Die Trockensubstanzbestimmung erfolgte in kleinen Wäge- gläschen mit eingeschliffenen Glasstöpseln; die N-Bestimmung nach Kjeldahl mit metallischem Hg als Katalysator; die Be- stimmung der chemischen Energie in einer modifizierten Berthe- lot-Mahlerschen Bombe. Zu jeder Bestimmung dienten 2 bis 3 Parallelanalysen, im Falle schlechter Übereinstimmung deren auch mehr. Die Bestimmungen am eingedampften Leberbrei wurden folgendermaßen vorgenommen: der zu untersuchende Brei wurde in große, vorher auf 0,01 g genau gewogene Porzellan- schalen gegossen und am Wasserbad eingedampft, wieder genau abgewogen, jedoch erst nachdem die Schale offen bloß vor Staub geschützt 24 Stunden lang im Zimmer gestanden hatte. Auf diese Weise erhielten wir eine lufttrockene Substanz von bekanntem Gewicht, von der nicht zu befürchten war, daß sie während der nachfolgenden Manipulationen (wie Auskratzen aus der Schale, Zerreiben zu einem feinen und gleichmäßigen Pulver, Abwägen in kleine Portionen zu den Analysen) Wasser anziehe oder verlöre.

Soferne von der oben beschriebenen Methodik Abweichungen stattfanden, soll dies an den betrefienden Stellen vermerkt werden.

Beschreibung der Versuche.

Versuchsreihe I. Die frischen, zwei eben getöteten Hunden entnommenen Lebern wurden nach der beschriebenen Methodik behaneldt,

Wärmetönung der Organautolyse. 275

jedoch mit dem Unterschied, daß hier die Bestimmungen am frischen Leberbrei wegfielen und nur an dem ohne und nach erfolgter Autolyse eingedampften Leberbrei vorgenommen wurden. In Versuch 1 und 2 betrug die Autolysendauer 2 Wochen, in Versuch 3 und 4 4 Wochen.

Die Analysenbelege und Ergebnisse dieser Versuchsreihe sind aus nachfolgenden Tabellen zu ersehen:

Tabelle L Analyse des zu den Autolyseversuchen verwendeten Leberbreies _ feucht | nach dem Eindampfen RAR N-Gehalt | Energiegehalt Trockengehalt der Trockensubstanz | pro 1 g Trockensubstanz E ee EE ee с. we | 14,43 | 6594 Tabelle II. Zur Autolyse aufgestellter Leberbrei | г der Autol See sl. ее ane Tab T) nach erfolgter Autolyse (bestimmt) = y Е EIN | Lal ZE n [|!Ш as |N in der | Energiegehalt 5|е|8& 925258 883 25 | Trocken- | der Trocken- = еј БЕ [2% 532 862 52 substanz 5 |,2| 7&|Н® ина Suz E EE = [> EK pro 1g |1. ganzen kg-Cal g-Cal | kg-Cal

7| ? ? | 6611 | 34,21 8 [10230,52 | 6408 | 33,20 8 |15,3710,60 | 6671 | 25,90 0, ? ? | 6676 | 38,07

g 38,58 | 6,02 | 85,96 [5,1 | 36,03 | 5,95 | 87,07 15,1 | 3 38,93 14,13 0,59 3,8 2,7

27,26 | 4,62 | 84,03 4 156,86 |6.04| 0.87

39,82 | 6,85 | 83,24 |5,

Tabelle III.

Unterschied zwischen dem ohne Autolyse und nach ı erfolgter Autolyse _eingedampften Leberbrei (berechnet aus Tabelle П)

2,13 Im Тгоокеп- А S E Е u| substanzgehalt Im N-Gehalt Im Energiegehalt GEI Б Е- —— H- las = je) e 1%): I 6% [em] a 1 | 0,68 | 11,6 ? ? 4,37 | 11-18 I 2 | 0,28 | 52 | 0,27 | 34,2 2,83 7,8 s | —025 | 61 | +001 | +°17 | —1386 | 49 4 | —0.34 i 56 ? ? =i | = 44

Das wesentlichste Ergebnis dieser Versuche ist ein relativ bedeuten- der, 4,4 bis 11,39%, betragender Energieverlust des autolysierten Leber- breies in allen 4 Versuchen, welcher Verlust weit größer ist, als es den zulässigen und unvermeidlichen Versuchsfehlern entspricht. Aus diesem

19*

Е

276 K. Kornfeld und H. Lax:

Verlust auf eine positive Wärmetönung des Autolysenvorganges zu schließen, haben wir jedoch um so weniger das Recht, da ja demselben ein beinahe gleicher, 5,6 bis 11,6 °/, betragender Verlust an 'Trockensubstanz offen- bar an flüchtigen Bestandteilen gegenübersteht. Durch diesen Sub- stanzverlust ist der Verlust an chemischer Energie genügend begründet, wenn man annimmt was hier zunächst gestattet sein soll —, daß die in 1 g enthaltene Energiemenge der verlorenen (verflüchtigten) Bestand- teile dem der übrigen Trockensubstanz gleich sei. Welcher Natur die durch Verfüchtigung verlorenen Bestandteile resp. Zersetzungsprodukte sind, geht bereits aus den Untersuchungen von Magnus-Levy?) hervor, der gefunden hat, daß sich während der Autolyse nebst nichtflüchtigen Stoffen auch flüchtige Säuren,:wie Kohlensäure, Essig-, Milch-, Bernstein- säure usw. bilden. Es ist also als sehr plausibel anzunehmen, daß die genannten, chemische Energie enthaltenden Zersetzungsprodukte sich teilweise bereits während der Autolyse, besonders leicht und ausgiebig jedoch während der der Energiebestimmung vorausgehenden Eindampfung ich verflüchtigen und so den besprochenen Ausfall an Energiegehalt bewirken. Über den N-Verlust des Leberbreies resp. über den N-Gehalt der verflüchtigten Substanzen sollten uns eigentlich die ebenfalls in Tabelle ПІ zusammengestellten Daten Aufschluß geben. Leider sind aber dieselben durch eine Häufung von Fehlanalysen und Unstimmig- keiten zu diesem Aufschluß nicht geeignet.

Versuchsreihe II und III. Das Entweichen flüchtiger Bestand- teile resp. dadurch bedingter Verlust an Trockensubstanz in Versuchs- reihe I, der eine etwaige davon unabhängige Veränderung im Energie- gehalt des eingedampften Leberbreies verdecken konnte, war durch die ange Dauer (24 Stunden) des Eindampfungsprozesses sehr gefördert Aus diesem Grunde haben wir in den nun zu besprechenden Versuchs- reihen II und III das Eindampfen durch Steigerung der Eindampfungs- temperatur auf 90 bis 95° (in Versuchsreihe I betrug sie 80 bis 90°) wesentlich, auf etwa 12 Stunden, abgekürzt.

Ein weiterer Mangå der Versuchsreihe I bestand darin, daß aus den dort beschriebenen Versuchen nicht zu ersehen war, ob die Ver- dampfung allein, also unabhängig von dem Autolysenvorgang, zu einer Veränderung im Trockensubstanz- und N-Gehalt führte. Auch diesem Mangel wurde in den Versuchsreihen II und III abzuhelfen gesucht, und zwar dadurch, daß einerseits die N-Bestimmungen auch am frischen Leberbrei ausgeführt wurden, wo also jedweder Verlust ausgeschlossen war, andererseits der Trockensubstanzgehalt des frischen Leberbreies an ganz geringen Mengen desselben bestimmt wurde, die sehr rasch ein- trockneten, wodurch ein etwaiger Verlust auf ein Minimum reduziert wurde.

1) Magnus-Levy, Über die Säurebildung bei der Autolyse der Leber. Beiträge z. chem. Physiol. u. Pathol. 2, 261, 1903.

Wärmetönung der ÖOrganautolyse.

277

Die Ergebnisse dieser beiden Versuchsreihen sind aus nach-

folgenden Tabellen IV

bis VI zu ersehen. Tabelle IV.

feucht (A)

nach dem Eindampfen (B)

2 e EEE жаН ест Ё Trocken- : Trocken- N in der Energiegehalt = gehalt Nitrogen gehalt Trocken- {pro 1g Trocken- 3 substanz substanz . u Ф “к^ а р Е Ў = ER KS g = е а | | е u i g | 2-Са. ul 5 [265,104 8165, 77| 2,79 7,39 ||70,26[92,55|65,03|10,97| 7,14 | 5748 6 | 266,11 |24.81,66.0212,73 7,42 170,75[91,93165,04[10,78 7,01 | 5748 II 9] 40,28 |25,992110,16] 2,25 0,91 10,7395 ,11)10, 20] 9,12 0,93 | 54601 Mittelwert 10 | 34,29]25,22! 8,65] 2,25 | 0,77 || 9,23]95,48| 8,81 8,93) 0,79 | 54357 5447 Tabelle У. Zur Analyse aufgestellter Leberbrei Е vor г der Autalyse [C] nach erfolgter Autolyse eingedampft [р] £ | n | (berechnet aus Tabelle IV) (bestimmt) = ls Л man Ф ' | e дак jäsa], uul] lufttrocken | & 8 | Еп halt 4. а 5125 533 28758 - | E 5 | 2) in der | | Trockensubstanz s|2|1 82, 2% a8 52€? \Trok-;ı 5% | #rocken- ____ = 2 Ё о 2 52 "3218385 ken- 22 substanz pro im с |y |н» дат Sr Е 8 a > |> ч gehalt == a ganzen g g | g | kg-! al g WÉI D un | g wi | kg-Cal ml 7421,66 30,18 | 3,39 173,50 || 33,88 | 85,89 129,10 11,82 3,29 | 5958 | 173,38 - | 8] 99,98 | 24,80 | 2,78 142,55 || 25,68 : 89,13 EE 87 11,79 1 2,69 , 5943 | 136,03 ПЦ 11 | 38,29. 9,66. 0,86 52,62 |] 10,39, 93,53 | 9,720) 8,39 | 0,82 | | 5326 | 51,70 12| 5067 1278 1.14 69,61 || 13,66 | 92,85 112.68 850 | 1.08 ' 5340 | 67.73 Tabelle VI. Unterschied zwischen Е І 2 Jf | ohn ‚se frischem und ohne Amo frischem und nach erfolgter GE Ge eingedampftem Lebe si Autolyse eingedampftem lyse eingedampf- E 5 rei; im letzteren me Ar , Leberbrei; im letzteren mehr = = erg 8 | oder we a ( 2 (+) ode r ZE (—) h| mehr (+) oder 5 ( с weniger (— Ki 5 N S жар) © en ` = |— il Fe SC Z FT 9% S ‚2 | im Trocken- im 2 im | im $| im Energie- > gehalt N-Gehalt Trockengehalt N-Gehalt gehalt 18 1% D GC 0-96 g | % kg-Cal | o п] 5]-0,9- 1,1j— 0,25! 3,4l] 7[- 1,08 3,6 101012,9} 7| 0,12 1-01 6|— 0.98 1,5 o41|— 590 80,98 |—3,7 |— 0,09 E 6,52 |— 46 ПЦ 9 0,04 35 0,4! 0,0% 2+ 2.111114 0,06(2))+ 0,5(2)'— 0,04/— 4,51] 11 0,92 |— 1,7 10 0. 16.4 1,8-0, 02. 2,5112 |— 0,10 -0,8 0,06! 5,312 1,88 |— 2,7

278 K. Kornfeld und H. Lax:

Ehe wir darangehen, aus den Ergebnissen der Tabelle VI Schlüsse auf die Reaktionswärme des Autolysenvorganges zu ziehen, sollen zunächst die Veränderungen besprochen werden, die im Leberbrei durch das Eindampfen allein (ohne vor- angehende Autolyse) verursacht wurden (Versuche 5, 6, 9 und 10 in Tabelle VI).

Der Trockensubstanzgehalt zeigt in beiden Versuchen (5 und 6) der Versuchsreihe II eine deutliche Abnahme, die jeden- falls größer ist als dem zulässigen Versuchsfehler entspricht; dies spricht dafür, daß der Verlust an flüchtigen Bestandteilen größer ist als der etwaige aus der Hydrolyse entstehende Zu- wachs. Der gleichzeitige nicht unbedeutende N-Verlust zeugi dafür, daß sich auch unter den verflüchtigten Produkten N- haltige in relativ bedeutender Menge befunden hatten.

Anders gestalteten sich diese Verhältnisse in Versuchs- reihe III, in deren beiden Versuchen (9 und 10) eine geringe Zunahme der Trockensubstanz statthatte, aus der geschlossen werden könnte, daß hier der Verlust an verflüchtigten Sub- stanzen durch die Hydrolyse maskiert bzw. überkompensiert wurde. (Eine der Hydrolyse entsprechende intramolekulare Wasseraufnahme könnte ja mit der während des Eindampfens des Leberbreies erfolgenden Koagulation der Eiweißkörper ein- hergehen.) Diese Annahme verliert jedoch jede Berechtigung, wenn man die im N-Gehalt eingetretene Veränderung in Be- tracht zieht. Dieser zeigt nämlich ebenfalls eine geringe Zu- nahme, woraus nun gefolgert werden kann, daß hier ein ge- meinsamer Analysenfehler (beim Abwägen des feuchten oder eingedampften Leberbreies) vorliegt, der einerseits die noch immerhin mögliche Zunahme der Trockensubstanz, andrerseits jedoch die ganz unmögliche Zunahme des N-Gehaltes ergab.

Bei diesem Stand der Dinge können wir uns bezüglich dieser Frage bloß an die mehr einwandfreien Versuche 5 und 6 der Versuchsreihe II halten, aus denen hervorgeht, daß das Eindampfen des Leberbreies allein schon ein Ent- weichen N-haltiger Substanzen und einen dadurch be- dingten Verlust an Trockensubstanz verursacht.

In dem nach erfolgter Autolyse eingedampften Leberbrei weist die Trockensubstanz der beiden Versuche (7 und 8) der Versuchsreihe II eine ziemlich einheitliche Abnahme auf, die

Wärmetönung der Organautolyse. 279

den durch einfaches Eindampfen (ohne vorangehende Auto- lyse) bedingten Verlust übertrifft.

Es geht hieraus die oben gestreifte, bereits bekannte Tat- sache hervor, daß sich während der Autolyse flüchtige Sub- stanzen bilden, die während des nachfolgenden Eindampfens verloren gehen. Der Umstand, daß der N-Verlust hierbei nicht größer ist als beim einfachen Eindampfen, dürfte viel- leicht so gedeutet werden, daß die während der Autolyse ent- stehenden flüchtigen Verbindungen stickstofffrei sind.

Der vorangehend für die Versuche 9 und 10 der Versuchs- reihe III vermutete Analysenfehler macht seine störende Wirkung auch in den Versuchen 11 und 12 geltend, denn die geringe Zunahme der Trockensubstanz im Versuch 11, sowie die im Vergleich mit Versuch 10 (ohne vorangehende Auto- lyse) geringere Abnahme der Trockensubstanz in Versuch 12 sind folgerichtiger dem erwähnten Analysenfehler als einer intramolekularen Wasseraufnahme zuzuschreiben. Es ergibt sich demnach, daß während der Autolyse eine weitere Menge flüchtiger, diesmal wahrscheinlich N-freier Verbin- dungen entsteht, die während des Eindampfens des auto- lysierten Organbreies ebenfalls verloren gehen.

Nun können wir darangehen, die Ergebnisse der Energie- bestimmungen zu besprechen. Es liegt in der Art dieser Bestim- mungen sie wurden jedesmal bloß an dem eingetrockneten Brei vorgenommen —, daß ein Vergleich zwischen dem Energie- gehalt des frischen und autolysierten Breies nicht möglich war, bloß ein solcher zwischen den ohne vorangehende Autolyse und nach erfolgter Autolyse erhaltenen Eindampfungsrückstän- den. Dadurch kam es, daß ein Energieverlust, der etwa von dem einfachen von der Autolyse unabhängigen Eindampfen herrührt, nicht ermittelt werden konnte.

Der Verlust, den der autolysierte Leberbrei während der Autolyse und der nachfolgenden Eindampfung erlitten hat, beträgt nach Abzug des auf das Eindampfen allein entfallen- den Anteils, also für die Autolyse allein, im Durchschnitt aus allen vier Versuchen der Versuchsreihen II und III gegen END

Es ist dies ein ähnlicher Verlust, wie ihn, wenigstens in den besser gelungenen Versuchen 5 und 6 der Versuchsreihe II,

280 К. Kornfeld und H Lax: Wärmetönung der Organautolyse.

die Trockensubstanz und der N-Gehalt erlitten haben, nämlich 3,6 bzw. 3,1°/,. |

Die Schlüsse, die aus den oben beschriebenen drei Ver- suchsreihen gezogen werden können. lauten wie folgt:

1. Während der Autolyse findet unter den ge- nannten Versuchsbedingungen eine geringe, jedoch sicher nachweisbare Verringerung des Energiegehalts des autolysierten Leberbreies statt.

«2. Da eine ähnlich große Verringerung auch im Tröckensubstanzgehalt nachzuweisen ist, durch die der Energieverlust hinreichend erklärt werden kann, darf mit großer Wahrscheinlichkeit gefolgert werden, daß die Wärmetönung des Autolysenvorganges gleich Null ist.

3. Eine mit der Autolyse einhergehende Hydro- lyse war unter den genannten Versuchsbedingungen nicht nachzuweisen.

Diese Arbeit wurde auf Anregung und unter Leitung des Prof. P. F ári ausgeführt.

Biochemische Bildung von Aminoäthylalkohol aus Serin.

Von F. F. Nord.

(Aus der chemischen Abteilung des Kaiser Wilhelm-Instituts für experimentelle Therapie, Berlin-Dahlem.)

(Eingegangen am 13. April 1912.)

Den Aminoäthylalkohol, der zuerst durch die synthetischen Darstellungen von 8. Gabriel!) und L. Knorr’) bekannt ge- worden und jüngst durch S. Fränkel und M. Cornelius?) einer genauen Untersuchung unterzogen ist, hat man später auch in der Natur aufgefunden, und zwar als Bestandteil bestimmter Phos- phatide vom Charakter des Lecithins. С. Thudichum‘) hat als erster darauf hingewiesen, daß bei der Hydrolyse des Gehirn- phosphatides Kephalin das Oxyäthylamin auftritt. Seine große Verbreitung zeigte jedoch erst G. Trier’); er stellte die Substanz

" aus pflanzlichen und tierischen Phosphatiden dar, in denen sie ganz oder teilweise das schon seit langem als Bestandteil des Leci- thins bekannte Cholin ersetzt. Durch die Befunde von W. Koch‘) und Н. Cousin‘), S. Fränkel und Е. Neubauer°) sowie S. Fränkel und L. Dimitz?) scheinen zwar die Angaben über das ausschließliche Auftreten des Aminoäthylalkohols als basisches

1) S. Gabriel, Ber. 21, 566, 2664, 1883.

2) L. Knorr, Ber. 30, 910, 1897.

3) S. Fränkel und M. Cornelius, Ber. 51, 1654, 1918.

4) G. Thudichum, „Die chemische Konstitution des Gehirns des Menschen und der Tiere“, Tübingen 1901.

5) G. Trier, Zeitschr. f. physiol. Chem. 73, 385, 1911; 76, 497, 1911/12.

DW Koch, Zeitschr. f. physiol. Chem. 36, 134, 1902.

7) Н. Cousin, Journ. Pharm. et Chim. 23, 225, 1906; 24, 101, 1906; 25, 177, 1907,

%) 8. Fränkel und E. Neubauer, diese Zeitschr. 21, 321, 1909.

9%) 8. Fränkel und L. Dimitz, diese Zeitschr. 21, 343, 1909.

282 F. F. Nord:

Spaltungsprodukt der Phosphatide eingeschränkt, doch haben andere Autoren wie A. Baumann!) und H. Thierfelder”) das natürliche Vorkommen des Oxyäthylamins, das auch neuer- dings mit dem Trivialnamen Colamin bezeichnet wird, er- wiesen.

Über die Bildungsweise des Cholins in der Natur haben E. Winterstein und G. Trier?) Hypothesen aufgestellt. Sie gingen von der Annahme aus, daß durch Kondensation von Formaldehyd zunächst Glykolaldehyd entstehe, der darauf durch Aminierung Aminoacetaldehyd liefere und von dem alsdann zwei Moleküle nach der Canizzarroschen Reaktion in Glyko- koll und Aminoäthylalkohol übergehen können. Die Autoren zogen auch die Möglichkeit in Betracht, daß bereits der Glykol- aldehyd die Canizzarrosche Reaktion erleide und dabei Äthylenglykol und Glykolsäure ergebe, während nachträgliche Aminierung ebenfalls zum Oxyäthylamin führt. Solange aller- dings die Canizzarrosche Reaktion bei Körpern von der Empfindlichkeit des Glykolaldehyds oder des Aminoacetaldehyds nicht tatsächlich verwirklicht ist, wird man jedoch auch andere Bildungsweisen des Aminoäthylalkohols ins Auge fassen dürfen. Denn die Reagenzien, welche die Canizzarrosche Reaktion ein- leiten. in erster Linie die Alkalien, bringen ganz andere Ver- änderungen an den beiden in Betracht kommenden labilen Aldehyden hervor. Der Glykolaldehyd wird durch starkes Alkali zerstört, durch verdünntes in Tetrose *), Pentose®) und Hexose®) umgewandelt; der Aminoacetaldehyd wird durch konzentrierte Lauge unter Ammoniakentwicklung zersetzt, durch verdünnte zu einem Polymeren des Aminoacetaldehyds konden- siert”). Dagegen hat sich gezeigt, daß der Aminoacetaldehyd mit besonderer Leichtigkeit aus dem Glykokoll®) entstehen kann,

1) A. Baumann, diese Zeitschr. 54, 30, 1913.

2?) H. Thierfelder, Zeitschr. f. physiol. Chem. 96, 296, 1915/16. 3) E. Winterstein und G. Trier, „Die Alkaloide“, S. 311.

+) E. Fischer und Landsteiner, Ber. 25, 2549, 1892.

5) С. Neuberg, diese Zeitschr. 12, 337, 1908.

6) Fenton und Jackson, Chem. News 80, 177, 1899.

7) C. Neuberg und E. Kansky, diese Zeitschr. 20, 455, 1909.

в) C. Neuberg, Ber. 41, 956, 1908. E. Fischer, Ber. 41. 1019,

Biochemische Bildung von Aminoäthylalkohol aus Serin. 283

und die weitere Reduktion des Aminoacetaldehyds zum Amino- äthylalkohol ist ein Vorgang, dessen Verwirklichung nach den zahlreichen Erfahrungen in der Zuckergruppe durchaus im Be- reiche der Möglichkeit liegt. Aber auch die direkte Herleitung des Oxyäthylamins aus einem Eiweißspaltungsprodukte, dem Serin, scheint denkbar. Das Serin kommt in der Natur nicht nur in Molekülverbänden der Proteine vor, sondern ist als ein Stoffwechselprodukt auch in freiem Zustande, z. В. im Schweiß ?). beobachtet worden.

Das Oxyäthylamin ist nun das zum Serin gehörige Amin. Auf rein chemischem wie auf biologischem Wege sind schon mehrfach Eiweißspaltungsprodukte in die entsprechenden und daher als proteinogene Amine bezeichneten Basen übergeführt worden. Während dieser Vorgang bei den aromatischen und heterozyklischen Aminosäuren sowie bei den Diaminosäuren verhältnismäßig leicht vonstatten geht, scheint seine Verwirk- lichung bei den einfachen aliphatischen Aminosäuren mit grö- Beren Schwierigkeiten verknüpft zu sein. Hier ist die Reaktion bisher nur bei einer einzigen Aminosäure geglückt, und zwar bei der «-Aminoisovaleriansäure;gsie geht nach den Feststel- lungen von Neuberg und Karczag?) in Isobutylamin über. Bei allen übrigen aliphatischen «-Aminosäuren ist die bioche- mische Decarboxylierung bisher noch nicht ausgeführt, doch kann es angesichts des oft beobachteten Auftretens der ent- sprechenden einfachen Amine unter den Produkten der Fäulnis keinem Zweifel unterliegen, daß sie auch hier möglich sein muß.

Der Versuch mit Serin hatte unter Einhaltung bestimmter Bedingungen einen vollen Erfolg. Die Umwandlung der Amino- säuren bei der Fäulnis erfolgt im wesentlichen nach zwei Rich- tungen. Einmal entstehen durch Desaminierung Säuren, anderer- seits durch Decarboxylierung Amine. Den Abbau zu Säuren hat W. Brasch?) bei der gewöhnlichen Fäulnis des Serins fest- gestellt; er fand Ameisensäure und Propionsäure. Anders aber verläuft die Reaktion, wenn man unter anaeroben Bedingungen arbeitet: man gelangt dann zu dem entsprechenden basischen Spaltungsprodukt. Die Bedeutung des Luftabschlusses für die

1) G. Embden und Tachau, diese Zeitschr. 28, 230, 1910.

2) C. Neuberg und L. Karczag, diese Zeitschr. 18, 435, 1909, 3) W. Brasch, diese Zeitschr. 22, 403, 1909.

26+ Е. F. Nord:

Entstehung der Fäulnisbasen hat früher A. Ellingert) erkannt und betont. Unter den Verhältnissen, die nachstehend im ein- zelnen angeführt sind, gelingt die Überführung des Serins in Oxyäthylamin. Die Isolierung geschah mittels der für diesen Zweck von L. Knorr (1. с.) empfohlenen Pikrolonsäure in der von H. Thierfelder und О. Schulze?) angegebenen Weise. Da jedoch das Pikrolonat des Oxyäthylamins und freie Pikro- lonsäure zufällig eine prozentisch wenig abweichende Zusammen- setzung”) aufweisen, so wurde die leicht ausführbare Umwandlung des Pikrolonats in die Chlorgold-Doppelverbindung vorgenommen.

Experimenteller Teil.

Zur Herstellung der Fäulnisflüssigkeit nach E. Salkowski wurden 5 р feingehacktes, schieres Rindfleisch mit 50 cem lau- warmem Leitungswasser und 1 ccm einer halbgesättigten Soda- lösung versetzt und 1 Tag im Brutschrank bei 37° stehen gelassen. 10 ccm dieser Faulflüssigkeit wurden nunmehr zu einer Lösung von 10 g Serin in 1000 cem Leitungswasser hin- zugefügt, welches an Nährsalzen 0,1 g Magnesiumsulfat, 0,5 g Am- monsulfat, 0,1 g Dikaliumphosphat sowie etwas Soda enthielt. und mit flüssigem Paraffinöl dick überschichtet. ` Das Gemisch blieb sich 10 Tage im Brutschrank überlassen; es reagierte dann neutral. Behufs Gewinnung des basischen Reaktionsproduktes wurde die Paraffinschicht im Scheidetrichter abgetrennt, einmal mit wenig Wasser gewaschen und die ab- gelassene Flüssigkeit mit verdünnter Salzsäure schwach kongo- sauer gemacht, aufgekocht und nach dem Filtrieren bei 35° eingeengt.

Der halbfeste Rückstand wurde mit 10 g frisch gelöschtem Ätzkalk zu einem dicken, trockenen Brei verrührt. Da deut- lich dabei Ammoniak frei wurde die Desaminierung konnte nicht vollständig unterdrückt werden —, so wurde das Gemisch 24 Stunden über Schwefelsäure in einem nicht evakuierten Exsiccator aufbewahrt. Zwecks Isolierung der Base wurde dann das Kalkpulver quantitativ in eine Soxhlethülse gebracht

1) A. Ellinger, Ber. 31, 3183, 1898.

2) H. Thierfelder und О. Schulze, Zeitschr. f. physiol. Chem. 96. 296,71915/16.

5) Oxäthylamin-Pikrolonat: С 44,28°%/,, Н 4,65%/,, N 21,54%.

' Pikrolonsäure: С 45,45°/, Н 3,08%,, N 21,219/,.

Biochemische Bildung von Aminoäthylalkohol aus Serin. 285

und mit 280 cem Äther ausgezogen, wobei die extrahierte Base durch die unter Beigabe von etwas Alkohol gelösten 2 g Pi- krolonsäure sofort gebunden wurde. Die Extraktion war nach 30 Stunden beendet.

Der im Kolben allmählich entstandene Niederschlag, das Pikrolonat des Oxyäthylamins, wurde abgesaugt, zunächt mit alkoholhaltigem, dann mit reinem Äther gewaschen und in vacuo getrocknet. Die Rohausbeute betrug 2,8 g Substanz, die nach zweimaligem Umkrystallisieren aus absolutem Alkohol 2,4 g reines Salz vom Schmelzpunkt 210° lieferten.

0,1603 g Substanz gaben 0,2570 g CO, 0,0661 g H,O.

C,0H;N,0,.C,H,.NO. Berechnet: С 44,28°/,, Н 4,65°/,;

gefunden: С 43,7290, Н 4,579/,.

Zwecks Überführung in die Chlorgoldverbindung wurden 1,63 g Pikrolonat (= 0,3 g Base) in möglichst wenig heißem Wasser geJöst und die noch leicht getrübe Lösung in der Hitze mit 2,2 сет Salzsäure (D = 1,19) versetzt und über Nacht im Eis- schrank stehen gelassen. Nach Abfiltrieren der gut ausgefallenen Pikrolonsäure wurde die Lösung des Chlorhydrates einmal mit Essigester ausgeschüttelt und auf dem Wasserbade eingeengt.

Die Flüssigkeit gab in Gegenwart von Calciumcarbonat eine typische Violettfärbung mit Triketonhydrindenhydrat!). Die eingeengte Flüssigkeit wurde mit überschüssiger Goldchlorid- lösung (2р AuCl, in 25 cem Wasser) versetzt, abermals ein- geengt und die erstarrende Lösung über frisch geglühtem Cal- ciumoxyd eingetrocknet. Das Rohsalz wurde mit absolutem Alkolıol angefeuchtet, zweimal mit Alkoholäther (3:1 bzw. 1:6) gewaschen, abgesaugt, im Vakuumexsiccator getrocknet und schließlich aus wenig Wasser umkrystallisiert. Das Salz schmolz nach dem Trocknen bei 105° bei 185 bis 186°. Ausbeute 1,5 g. C,H.NO.HAuC],. Berechnet: Au 49,10°/,; gefunden: Au 48,96°/,.

Durch die Überführung in die beiden von Knorr als charakteristische Derivate des Aminoäthylalkohols beschriebenen Salze ist die biochemische Entstehung des Oxyäthylamins aus Serin sichergestellt. Die Decarboxylierung mit Hilfe von Bak- terien ist somit auch bei einer Oxyaminosäure bewerkstelligt.

1) C. Neuberg, diese Zeitschr. 56, 500, 1913.

Der Eisengehalt der Öle, Fette, Wachsarten, Harze, Gummiharze, Gummiarten; sowie einige Analysen über den Gehalt an Kieselsäure und Tonerde.

Von M. Gonnermann.

(Aus dem Institut für Pharmakologie der Universität Rostock.) (Eingegangen am 21. April 1919.) ei

In den Berichten der Deutsch. Chem. Ges. 41, 910 bis 915 21./3. veröffentlicht W. Glikin über den Eisengehalt der Fette, Lipoide und Wachsarten. Ein Referat über diese Arbeit be- findet sich im Chem. Centralbl. 79, 1908, I, 1564, dem ich die Angaben entnehme:

„In dem Fett des Knochenmarkes verschiedener Menschen und Tiere ist Eisen in nachweisbaren Mengen enthalten; die Art der Eisen- verbindung unterscheidet sich wesentlich von den Nucleoalbuminen und Eisenalbuminaten, da sie in Alkohol, Chloroform, Äther löslich sind. In einer Tabelle sind die Resultate zusammengestellt, und daraus ergibt sich, daß das Knochenmark junger Tiere einen höheren Gehalt zeigt als das älterer, so 2. B. beim neugeborenen Ferkel 1,159%,, 6 Wochen alten 0.202, . bei 8 Wochen alten 0,15°/,, bei älteren Schweinen im Durchschnitt 0,03°,. Beim Hund fällt in gleicher Weise der Eisen- gehalt des Knochenmarkes mit dem Wachstum der Tiere in folgender Abstufung ab: 4,859/, (?), 0,44°/,, 0,32°/, und 0,05°,. Hieraus ergibt sich, daß der Eisengehalt des Knochenmarks mit dem Wachstum der Tiere und Menschen rapid abnimmt und zwar in gleichem Verhältnis wie der Lecithingehalt und analog dem Eisengehalt der Leber, der bei neugeborenen Tieren etwa 10 mal größer ist als bei ausgewachsenen. Auch in pflanzlichen Fetten: Kakaobutter, in verschiedenen Ölen und Wachsarten findet sich Eisen. Durch Ausschütteln mit salzsaurem kalten Wasser läßt sich das Eisen nicht entfernen, so daß man zu der An- nahme geführt wird, daß ein festgebundenes Fettmolekül vorliegt. Le- cithin und Cholesterin, die ständigen Begleiter der Fette, enthalten Eisen.

M.Gonnermann: Fe-Gehaltd.Öle,Fette,Wachse,Harzeu.Gummiarten. 287

Verfasser reinigte Lecithin Merck in methylalkoholischer Lösung mit Tierkohle, engte die Lösung ein und fällte durch Aceton, wobei eine fast farblose Masse erhalten wurde, die 0,173°/,, 0,3889%, und 0,181°/, Eisen enthielt. Er nimmt als stöchiometrisches Verhältnis zwischen Lecithin und Eisen an, daß eine Kuppelung zwischen 1 Atom Fisen und 3 oder mehr Molekülen Lecithin stattfindet.“

Bei meinen neuen Versuchen, die auf Anregung Koberts erfolgten, um die Eisenfrage der Fette nochmals zu be- arbeiten, wurde auf die Aschenprozente des Eisens in dem verschiedenartigen Material besonders Rücksicht genommen, und zwar kam natürlich nur dasjenige in Betracht, was unter gegenwärtigen Verhältnissen zu erlangen war. Die anschließenden Drogen stammen aus der Sammlung des Institutes.

Die Vorproben mit gelbem und rotem Pferdemark wurden mit Äthylalkohol verrieben, öfter durch heißes Wasser erwärmt, die Nacht über stehen gelassen, dann filtriert und der Alkohol verdampft. Den Rückstand verrieb ich mit wenig Aceton; hierbei ballte sich in beiden Proben, im roten Mark mehr, eine dunkle Masse zusammen; der Aceton wurde klar abgegossen und verdampft, der Rückstand unter Zugabe von etwas Ammoniumsulfid versetzt; keine Schwarzfärbung, also frei von Eisen. Die ausgeschiedenen Massen wurden mit salzsaurem Wasser verrieben, gelinde erwärmt, die Säure klar abgegossen, mit Ammoniak neutralisiert, Schwefelammonium zugefügt: gleichfalls ohne Schwarzfärbung also Eisen nicht in Lösung gegangen. Nunmehr wurden die Massen mit Salpetersäure erwärmt, oxydiert, mit Ammoniak die Flüssig- keit abgestumpft, Schwefelammonium zugefügt: ebenfalls keine Eisenreaktion. b

In dieser minimalen Menge vom angewandten Material war also eine Abspaltung des Eisens nicht zu erreichen, so daß, wenn das Eisen an Lecithin gebunden, dasselbe sehr fest verankert ist.

Die Versuche wurden auf folgende Weise mit Pferde- mark ausgeführt. Das rote Mark ließ sich im Mörser zu einer ganz glatten, salbenartigen Masse verreiben, während das gelbe Mark konstanter war und mit der Schere zu kleinen Stücken zerschnitten werden mußte. Um das anhängende Blut zu entfernen, weil bereits selbst eisenhaltig, wurde das zer- kleinerte Mark mit destilliertem Wasser, das die Blutkörperchen

288 M. Gonnermann:

leicht löst, mehrmals ausgespült, die Nacht noch unter Wasser stehen gelassen, dann durch ein Sieb gegossen, nach Möglich- keit vom Wasser abgeschleudert und auf dem Dampfapparat nachgetrocknet. Beide Markproben wurden in Porzellantiegeln in kleinen Partien bei ganz kleiner Flamme auf Drahtnetz mit Asbestbelag zunächst erwärmt, bis sich ein deutliches Spratzen und Verbrennungsdämpfe entwickelten. Hierauf kamen die Tiegel auf offene kleine Flamme, bis sich die entwickelten Dämpfe entzünden ließen. Dieser letzte Verbrennungsakt voll- zog sich ziemlich schnell und hinterließ zunächst eine leicht zerreibliche kohlige Asche.

I. Aus dem roten Mark, das 15,0 g betrug, wurden 0,162 g —1,08°/, dieser Asche erhalten; der geringen Menge wegen wurde sie sofort in demselben Tiegel, nachdem die am Rande befindliche Kohle vollständig durch Glühen verflüchtigt war. nochmals unter Zugabe von etwas Salpetersäure erhitzt, ge- glüht, nach dem Erkalten durch Salzsäure und wenig Salpeter- säure in der Wärme behandelt, um das Eisen in Lösung zu erhalten; diese mit heißem Wasser verdünnt und einige Tropfen davon mit Blutlaugensalz geprüft: es entstand eine tiefblaue Färbung, die die Gegenwart von Eisen im roten Mark be- wies. Es ist jedoch nicht zu vergessen, daß in dem roten Mark viel Blutfarbstoff enthalten und dieser selbst eisenhaltig ist, und zwar enthält die Blutasche 5,6°/, Eisen, die von dem gefundenen Eisen der Markasche abgezogen werden muß. so daß für den Eisengehalt des im Mark enthaltenen Lecithins sich ein gewisses Mehr ergeben wird.

Die verdünnte saipetersaure Lösung wurde nun erwärmt mit Ammoniak gefällt, das ausgeschiedene Eisenhydroxyd auf gewogenem Filter ausgewaschen und bei 110° völlig ausge- trocknet. Es resultierten 0,035 g Fe,O,. die 0,0267 g Eisen entsprechen, und ergaben hiervon

0,178°/, für Mark,

16,358°/, für Asche im roten Mark nach Abzug von 31 mg Prozent für den Ge- halt an Eisen des Lecithins.

II. Das gelbe Mark wog 85,0 g, lieferte 0,486 g kohle- freie Asche = 0,578 9/,; diese wurde durch Säuren in der Wärme gelöst und das Eisen durch Ammoniak heiß ausgefällt.

Fe-Gehalt der Öle, Fette, Wachse, Harze und Gummiarten. 289

Hierbei entstand jedoch ein sich schnell ausscheidender weißer Niederschlag, der nach der Prüfung sich als phosphorsäure- haltig ergab. Er wurde daher wieder in Salpetersäure gelöst und die Phosphorsäure durch Ammonmolybdat vollständig aus- gefällt, im Filtrat wieder das Eisen durch Ammoniak gefällt. Bei der Berechnung ergaben sich

0,142°/, für Mark,

2,882°/, für Asche.

Wenn nun in den verschiedenen Fettarten sich festge- bundenes Eisen findet, so wäre es doch wohl möglich, das Eisen chemisch künstlich einzuverleiben, und habe auch ich demgemäß Versuche angestellt. Das Resultat war ein günstiges; ich erhielt eine beim weiteren Verdünnen, z. B. mit dem farblosen Paraffinöl, völlig klare Lösung von einem Eisenoleat in Lecithin; verseifte ich dasselbe durch Ammoniak, verdünnte mit Wasser, erwärmte etwas und setzte Schwefel- ammonium hinzu, entstand eine tiefschwarze Mischung, Schwefeleisen enthaltend. Es ist also auch chemisch nach- gewiesen, daß das Eisen in dem Lecithin als gelöstes Oleat enthalten war.

Das gelbe Mark enthielt durch das gründliche Auswaschen kein Blut mehr und sind die gefundenen Werte für Eisen einwandfrei.

III. Gesamtlipoide aus Pferdehirn (Dr. Witte). Es wurden 13,330 g verascht und nach Beseitigung der Phosphor- säure weiter verfahren, wie bei dem gelben Mark ausführlich angegeben ist. An Reinasche wurden 1,006 g erhalten, die für Lipoide 7,472°/, betrug. Eisen war nicht vorhanden, es erschien daher sehr wichtig, auch das Pferdegehirn auf Eisen zu untersuchen.

IV. Lecithin aus Pferdegehirn (Dr. Witte). Die Me- thode war dieselbe; es fand sich in 1,60°/, Asche

Eisen 0,121°/, für Lecithin, 7,706°/, für Asche.

Es wurden noch untersucht

V. Pferdehirn,

VI. Rogenlecithin (Dr. Witte), deren Resultate sich in der Tabelle befinden. Es folgten nunmehr die Untersuchungen

von Wachs- und Fettarten, Ölen, denen sich die von Harzen, Biochemische Zeitschrift Band 9. 20

290 M. Gonnermann:

Gummiharzen und Gummi anschließen, wie aus der Tabelle ersichtlich ist.

ы А Untersuchungs- 3 Material d

1

Nebennieren 140,0 g Desgl. H 170,0 g

Leichenblut

Kriebelmücke H

Simulium reptans

Canthariden

Lytta vericatoria

Pemphigus H vulgaris

Menschlich

э

Auswärts Apotheke Hautklinik

Seegras

Zostera marina Ostsee

} Stechapfel- blätter Drogen- Datura Strem- | handlung monium 9 Bilsenkraut H Hyoscyamus niger 10 | Tollkirsche- | blätter Atropa Belladonna 11 | Gerstesamen Instituts- Hordeum vulgare sammlung 12 geschält D 13 Blattspinat Rubner 14 | Spinat (überhaupt) » 15 Grünkohl 16 Kohlrüben 17 Wirsing Ы 18 | Pfifferlinge | Cantharellus Käuflich cibarius 19 Steinpilz \ = >= Boletus edulis Ј 20 |Maulbeerblätter 3,00 | 17,06 e Morus nigra 21 | a Morus alba 3,945 | 25,62 22 | Renntierflechte \ | Pharmakolg. 917 Säi Cladonia rangiferin: Sammlung ? 23 Carragheen \ 9,60 Fucus crispus 7 d ? 24 | Isländisch Moos

8,07 | Cetraria islandica i

Fe-Gehalt der Öle, Fette, Wachse, Harze und Gummiarten. 291

Nachweis des Eisens.

I. Fette. a ER SS Eisen °/, in А | Untersuchungs- | Entstammt | $ S = S 2 lo 3 Material von 33 E а $ Trock.- Acte A а 8 476 | Subst.

Knochenmark, ү | Pferd, Ober-

| 1,08 0,178 | 16,358

rot schenkelkn. | 150 ©

2 Desgl., gelb D 85,0 [:5 | 0,572 | 0,140 2,882 3 Gehirn Pferd 30,0 1,315 | 0,360 8,355 4 | Lipoide (Witte) |Pferdegehirn| 13,331 | 7,472 frei 5 | Lecithin (Witte) » 12,250 | 1,600 | 0,121 | 1,100 6 Desgl. Rogen 13,560 | 4,846 | 0,256 4,051 7 Desgl.,

älteres Präparat } H 12,830 | 4,131 | 0,113 4,181 8 | Wachs, gelbes Instituts-

Apis mellifica } Sammlung 250 0048: 1010 0,292

9 ier lc Rhus succedanea

10 Carnauba- |

25,0 0,096 | 0,0086 | 0,010

Wachs Capernicia cerifera 11 КаКаоб1 Theobroma Cacao 12 Walrsat } Cetaceum 13 Kokosöl Cocos nucifera 14 Pferdefett Equus caballus

25,0 0,153 | 0,0748 | 3,252

e , |In Reaktion vorh., 25,0 0,096 nicht wägbar

25,0 0,032 25,0 0,028 D

H Fleischerei | 45,0 0,111 | 0,020 | 0,180

15 |. Palmöl Henkel, 30.0 0.034 Nur durch Reak- Elaeis gujanensis Düsseldorf ? Р tion nachweisbar 16 раа кета. } ы 30,0 0,040 A aeis gujanensis 17 Mowrahöl » 30,0 | 0,100 D 18 |Wollfett, rohes | Adom аде H » 30,0 1,470 | 0,0472 | 3,187 х Nur durch Reak- 19 | Desgl., reines D 30,0 0,014 tion nachweisbar 20 | Wollfett für veterinären А 80,0 0,802 | 0,0233 | 2,834 Gebrauch 21 Wollfett Vorhanden, neutrales } Henkel 80,0 0,109 nicht wägbar

Homo sapiens 23 Oeseppus |

(frisch) 70,0 0,128 0,120

n

(Dr. Ihle)

30,0 0,106 | 0,030 | 0,300 Wollfettpräparat

20*

292 M. Gonnermann:

Ehe ich die Tabelle über den Eisengehalt der oben an- geführten Wachsarten usw. folgen lasse, sollen noch einige Untersuchungen Platz finden, die während des Druckes meiner Veröffentlichung über „Die quantitative Ausscheidung der Kieselsäure im menschlichen Harn“!) ausgeführt worden sind, die zum Teil den Gehalt an Kieselsäure, zum Teil an Tonerde betreffen.

Die Harze sind weiche oder feste Ausscheidungsprodukte der Pflanzen, die als solche zum Teil bereits in denselben ent- stehen, zumeist jedoch erst beim Austreten an der Luft aus den Balsamen sich abscheiden. Diese Balsame sind Lösungen der Harze in ätherischen Ölen, und beim Verdunsten derselben bleiben die Harze zurück.

Bereits sind die Harze zum Teil aus Verbindungen des im Steinkohlenteer befindlichen Kumaron und Inden künst- lich dargestellt worden, indem diese Stoffe eine große Neigung haben, sich zu Kumaron- und Indenharz zu polymerisieren; sie finden viel Anwendung in der Lackindustrie?). Nach eng- lischem Patent werden organische Oxysäuren, 2. В. Weinsäure. mit Formaldehydlösungen unter Zusatz von Phenol in mit Blei ausgefütterten Gefäßen erwärmt und dann gekocht. Es er- scheinen auf der Oberfläche harzartige Massen, die durch heißes Wasser gewaschen werden.

Dr. Goldschmidt stellt blauen Siegellack von einem Harz her, das aus Formaldehyd, Methyldiphenylamin und Salzsäure erhalten wird. Kopalersatz erhält man, wenn Monoäthyl- anilin, überschüssiges Formaldehyd und Salzsäure in der Kälte aufeinander wirken und längere Zeit stehen läßt; es wird dann das gebildete Harz durch Natronlauge gefällt.

Fossile Harze sind Bernstein, Asphalt und Ozokerit.

Bei der Untersuchung auf Eisen wird die kohlefreie Asche mit Salzsäure unter Zugabe von Salpetersäure ausgekocht, das Filtrat durch Ammoniak gefällt, das ausgewaschene Eisen- hydroxyd bei 110° getrocknet und aus dem Gewicht nach der Gleichung 160:120—?:x das x als Eisen berechnet. Ebenso verlaufen die Untersuchungen der Gummiharze und Gummi- arten.

1) Diese Zeitschr. 1919. 2) Vgl. Chem.-Zeitg. 23/24, 93, 1918; 28, 109.

Fe-Gehalt der Öle, Fette, Wachse, Harze und Gummiarten. 293

П. Harze. н 4 N pe А o : А | Untersuchungs- | Entstammt | 2 S AR: E аы 3 Material von SS © a% | Trock.- Ае vd et: А76 | Subst. 1 Вер20ё, А z Sumatra Resina (| ez | 30,0 | 1% | олз | 1143 Вептоё Е 2 | Benzo&, Siam D 30,0 0,70 0,057 0,820 3 | Benzoö Colo- phon А Colophonium | 35,0 3,904 | 0,857 2,921 Benzoes 4 Dammar rn | Vorh., nur durch Resina Dammara ý 30,0 | 0,070 [Reakt nachweisb. 5 | Drachenblut Sanguis Draconis D 30,0 1,455 | 0,193 1,315 canariensis 6 Elemi ` > Vorh., nur durch Resina Elemi } x 35,0 | 8,148 [Reakt nachweisb. 7 | Kopal, ostind., | Reine Copal H » 35,0 | 0,018 | 0,0086 | 0,172 8 | Fichtenharz Vorhanden, doch eg ef ` ИШЕ 85,0 | 0,040 | nicht wägbar 9 | Guajacharz | ` | Resina Guajavi } n 35,0 | 0,291 | 0,071 | 0,230 10 Mastix d | Resina Mastiche J n 35,0 0,194 | 0,023 0,118 1 Sandarac, marokkan. » 35,0 | 0,109 | 0,044 | 0,408 Resina Sandaraca 12 Bernstein kene dee } | з 35,0 | 0,057 | 0,090 | 0,450

III. Gummiharze.

Die Gummiharze sind bekanntlich innigste Gemische von Harz und Gummi, die beim Verreiben mit Wasser eine Harzemulsion geben ähnlich den Öl- und Samenemulsionen. Hierbei wird der Gummi entweder gänzlich gelöst Arabin wie das arabische Gummi, oder, wie bei dem Traganth, nur in eine schleimige Substanz Bassorin übergeführt, wodurch das feinverteilte Harz in der Mischung schwebend erhalten bleibt. Die Gummiharze oder Schleimharze sind Be- standteile der Milchsäfte, die, aus den verwundeten Pflanzen fließend, erhärten sie werden zu Balsamen; zum Teil ent- halten sie ätherische wie auch fette Öle.

294 М. Gonnermanh:

ПІ, Gummiharze.,

Ag Eisen ° Untersuchungs- Entstammt | $ S „| = 5 д al Material von 8 2 5 s #4 | Trock.- ГРА ZS [93 | Subst. m Ammoniak 2 Gi. res. Ammonia- en 0,591 | 13,600 cum in massis Ы «Asa foedita Gi. res. Asae D 0,554 7,854 foeditae in massis Euphorbium Gi. res. Euphorb. n 1,650 1.480 Marokko Galbanum = Gi. res. Galbanum g 1,860 | 29,07 Gutti Vorhanden,doch Gi. гез. Gott Siam > nicht wägbar Gi Мун Б н Vorhanden,doch " Arabi ST nicht wägbar Weihrauch Gi. res. Olibanum n 0,023 | 0,118 Ostafrika Gi. res. Scammo- D 2,00 | 13,133

Scammonium |

nium Aleppo

!

IV. Gummiarten.

Die Gummiarten finden sich in den Säften der betreffenden Pflanzen gelöst, sind in Gruppen dünnwandiger Zellen ein- geschlossen, die sich häufig zu Gummikanälen erweitern. Wäh- rend der heißesten Jahreszeit der Tropen quillt durch Bersten der Rinde der Inhalt hervor, verliert an der Luft seinen Wasser- gehalt und erhärtet zu festen Massen. Auch sammeln die Ein- geborenen durch gemachte lange Einschnitte zu bestimmten Zeiten an Ästen und Zweigen, besonders der Akazien, den reichlich austretenden Gummi.

Vertreter sind nur

Gummi arabicum = Gi. Mimosae.: Gummi Senegal. Gummi Traganth.

Die beiden ersten enthalten das im Wasser lösliche Arabin, im Traganth befindet sich das im Wasser nur quellende Bas- sorin zu einem gallertartigen, halbdurchsichtigen Schleim.

Fe-Gehalt der Öle, Fette, Wachse, Harze und Gummiarten. 295 \

IV. Gummiarten.

2 SR |°# | Eisen op i Z | Untersuchungs- | Entstammt | @ A „Le 3 3 n °/, in g Material von 5.2 E g$ | Trock.-| де = CS 2 El Subst.

Instituts- 35,0 9,131 Vorhanden, je-

bicum Gemisch Sammlung doch nicht wägbar

1 | Gummi arabi- Arabien

Frei von Eisen, selbst

2 Senegal 35.0 6.315 [nach längerem Stehen i ы , 7 bewirkte Blutlaugen- Gummi ) salz keine Bläuung 3 та } e 35,0 | 1,680 | 0,026 | 1,882

Aus den vielen Untersuchungen der verschiedenartigsten Materialien ergibt sich, daß mit Ausnahme von 2 die Lipoide aus Pferdegehirn, sowie der Senegal-Gummi —, die sich als frei von Eisen erwiesen, der Gehalt dieses Elementes in der Asche, den ich als wertvolles Resultat betrachte, von nicht wägbaren Mengen bis 29,7°/, aufstieg. Es gehört also das Eisen in den Ausscheidungen der Pflanzenzellsäfte zu den konstanten Bestandteilen, wie in den Säften und Or- ganen des menschlichen und tierischen Körpers.

Über quantitative Versuche mit dem Suceinicoxydon von Battelli und Stern‘).

Von

Hans Einbeck.

(Aus der chemischen Abteilung des pathologischen Instituts der Uni- versität Berlin nnd dem physiologischen Institut der Universität Genf.)

(Eingegangen am 21. April 1919.)

Die im Anschlusse an die Auffindung von Fumarsäure im Extrakte von frischem Fleische?) durchgeführte qualitative Aufarbeitung eines Oxydationsversuches von Bernsteinsäure mittels Muskelbreis nach Battelli und Stern hatte ein Ge- misch von Fumarsäure und Bernsteinsäure geliefert. Dieser Befund, der allerdings mit den nach den Angaben von Bat- telli und Stern verbrauchten Sauerstoffmengen®) im Wider- spruche stand, hatte mich zu der Annahme veranlaßt, daß die Fumarsäure das einzige Reaktionsprodukt der Einwirkung des Succinicoxydons auf Bernsteinsäure sei. Ich hatte seinerzeit quantitative Versuche mit dem Suceinicoxydon in Aussicht ge- nommen, um den Übergang von Bernsteinsäure zu Fumar- säure zu studieren. Die liebenswürdige Bereitwilligkeit, mit der Herr Professor Dr. F. Battelli und Fräulein Prof. Dr. L Stern mir die Erfahrungen und die Apparatur des Genfer physiologischen Instituts zur Verfügung stellten, wofür ich ihnen auch hier meinen verbindlichsten Dank aussprechen möchte, versetzte mich in die angenehme Lage, diese Versuche im Frühjahr 1914 in Genf durchführen zu können. Es zeigte sich hierbei, um das gleich

1) Diese Zeitschr. 52, 226, 1913. D Zeitschr. f. physiol. Chem. 90, 301, 1914. ®) Diese Zeitschr. 30, 176, 1910.

H. Einbeck: Quantitative Versuche mit dem Suceinicoxydon. 297

vorwegzunehmen, daß der vorstehend erwähnte Befund von Bernsteinsäure neben Fumarsäure zweifellos durch die un- genügende Durchführung des damaligen Oxydationsprozesses!) verursacht war und infolgedessen zur Beurteilung des Reaktions- verlaufes nicht mehr herangezogen werden kann.

Um die chemischen Vorgänge bei der Einwirkung von ausgewaschenem Muskelbrei auf Bernsteinsäure bei Gegenwart von Sauerstoff aufzuklären, erschien es mir hauptsächlich er- forderlich, festzustellen, wie sich das Verhältnis zwischen der angewendeten Bernsteinsäuremenge und dem verbrauchten Sauerstoff gestaltet, wenn bei den Versuchen, die bis zur Er- schöpfung durchgeführt werden müssen, bei gleichbleibender Muskelbreimenge der Gehalt an zugefügter Bernsteinsäure va- riiert wird. Es wurden deshalb 4 Versuche gleichzeitig mit steigenden Bernsteinsäuremengen (0,0, 1,1, 2,2, 3,3 g) als Na- triumsalz angesetzt und der absorbierte Sauerstoff gemessen. Beschaffenheit und Menge des Muskelbreis sowie Konzentrations- verhältnisse waren hierbei die bisher in Genf üblichen‘).

Die ersten 4 Versuche lieferten eindeutige Resultate. Ich hielt es jedoch für wünschenswert, durch eine zweite Versuchs- reihe die ersten Befunde zu kontrollieren. Ich benutzte die Gelegenheit, um die Versuchsbedingungen sowohl hinsichtlich der Beschaffenheit und Menge des angewendeten Muskelbreis, als auch der Konzentrationsverhältnisse abzuändern.

Nachstehende Tabelle zeigt die in beiden Versuchsreihen verbrauchten Sauerstoffimengen:

Angewendete Bernsteinsäure ng. 00 1,1 2,2 3,3 Absorbierter Sauerstoff in ccm (bei 40° und 730mm) . . .IO 140 264 395 по 139 260 389

Es zeigt sich also, daß der Sauerstoffverbrauch in beiden Reihen proportional der zugesetzten Bernsteinsäuremenge an- steigt.

Reduziert man die gefundenen Sauerstoffzahlen auf 09 und 760 mm, so erhält man im Durchschnitt aus beiden Reihen

die Werte 107 сот 201 ccm 300 Gem

1) Zeitschr. f. physiol. Chem. 90, 304, 1914. D Diese Zeitschr. 30, 177, 1910.

298 H. Einbeck:

Berechnet man andererseits die Mengen Sauerstoff, die, auf 1 Mol C,H,O, 1 Atom 0 gerechnet, 1,1, 2,2 und 3,3 р Bern- steinsäure entsprechen, so erhält man die Zahlen

104 ccm 208 ccm 313 ccm

Aus dem Vergleich der wirklich verbrauchten und der berechneten Sauerstoffmengen ergibt sich, daß in allen Fällen innerhalb gewisser Fehlergrenzen auf 1 Mol Bernsteinsäure 1 Atom Sauerstoff aufgenommen worden ist. Dieser Befund entspricht den Angaben von Battelli und Stern!').

Wie bereits oben erwähnt, unterschieden sich die Reihen I und II hinsichtlich der Qualität und Quantität des ange- wandten Muskelbreis und ebenso hinsichtlich der Konzen- trationsverhältnisse.

In Reihe I kamen je 90 g, in Reihe П je 50р Muskel- brei zur Verwendung. Muskelbrei I wurde 5 Stunden nach der Schlachtung und nach 5maligem Auswaschen mit Wasser ver- braucht, Muskelbrei II dagegen wurde gleich nach der Schlach- tung 10mal mit Wasser gewaschen, 24 Stunden bei auf- bewahrt und dann zum Versuch verwendet. Außerdem waren die Flüssigkeitsmengen, in denen gearbeitet wurde, in der Reihe I größer als in Reihe II, mithin die Konzentration des bernsteinsauren Natriums in I kleiner als in II.

Durch diese Verschiedenheiten in den Versuchsbedingungen wurden, wie nachstehende Tabelle zeigt, erheblich nur die zur Vollendung der Oxydation benötigten Zeiten beeinflußt.

Versuch 2 3 4 Reihe I . . . . Minuten 60 90 120 Reihe Il. . . . » 60 120 180

Diese Differenzen erscheinen mir aber für die Aufklärung der rein chemischen Verhältnisse unwesentlich.

Zur Aufarbeitung des Oxydationsgemisches wurde das- selbe nach vorsichtiger Ansäuerung mit Essigsäure 15 Minuten in das siedende Wasserbad eingesetzt, wodurch ausreichende Koagulation erzielt werden konnte. Nach kurzer Abkühlung wurde durch Watte filtriert, mit siedendem Wasser nach- gewaschen und das Filtrat nebst Waschwässern auf dem Wasserbade eingedampft. Der ziemlich erhebliche Rückstand

1) Diese Zeitschr. 30, 178, 1910.

Quantitative Versuche mit dem Succinicoxydon. 299

wurde mit Wasser ausgekocht. Nach dem Filtrieren durch ein dichtes Filter wurde wiederum eingedampft und so ein teig- artiger Rückstand erhalten, der allerdings immer noch einen erheblichen wasserunlöslichen Anteil enthielt.

Zur Aufarbeitung im Extraktionsapparate wurde entweder der gesamte Rückstand in 10°/,iger Schwefelsäure suspendiert oder aber ` das wäßrige Filtrat desselben mit so viel Schwefel- säure versetzt, daß eine 10°/ ‚ige Lösung entstand. Ein wesent- licher Unterschied in der Ausbeute konnte bei den ver- schiedenen Methoden nicht beobachtet werden. Bei der Ex- traktion mit alkoholfreiem Äther zeigte es sich, daß ein Teil der freigewordenen Säuren schon innerhalb der ersten Stunden in den Äther überging (Extraktion I), ein anderer Teil dagegen wurde deutlich schwerer vom Äther aufgenommen, so daß die Extraktion bis zu 24 Stunden ausgedehnt wurde (Extraktion П). Die Ätherextrakte wurden nach Zugabe von etwas Wasser vor- sichtig abgedampft und nach Entfernung von etwas ausge- schiedenem Fett.zur Trockne gebracht. Nach längerem Stehen im Vakuumexsiccator über Schwefelsäure, wobei die Rückstände teilweise krystallinisch erstarrten, wurde gewogen. Die so er- haltenen Rohsäuren löste ich in ca. 20 Teilen Wasser und ver- setzte mit einem Überschuß von festem Silbernitrat. Aus der sauren Lösung fiel sofort bei allen aus ersten Extrak- tionen stammenden Rückständen fumarsaures Silber!) aus, das nach 24 Stunden abfiltriert, säurefrei gewaschen und, mit Schwefelwasserstoff zersetzt, aufgearbeitet wurde. Die aus den zweiten Extraktionen stammenden Rückstände enthielten nur spurenweise Fumarsäure.

Die gefundenen Fumarsäuremengen (s. Tabelle) schwanken, auf die angewendeten Bernsteinsäuremengen berechnet, zwischen 22,5 und 30,0°/,. Die Identifizierung der gewonnenen Fumar- säure erfolgte durch den sehr charakteristischen Schmelzpunkt, Fumarsäure 280 bis 285°, (Bernsteinsäure 185°), Mischschmelz- punkt und Analysen.

Die Filtrate des fumarsauren Silbers lieferten beim Neu- tralisieren mit Ammoniak erhebliche Niederschläge. Dieselben wurden abfiltriert, säurefrei gewaschen und mit Schwefelwasser-

1) Zeitschr. f. physiol. Chem. 90, 305, 1914.

300 H. Einbeck:

stoff zersetzt. Nach dem Eindampfen hinterblieb ein gelber sirupöser Rückstand, der im Vakuumexsiccator allmählich er- starrte. Infolge der verhältnismäßig geringen zur Verfügung stehenden Mengen und der beobachteten leichten Zerfließlichkeit der Rohsäuren gelang es nicht, die vorliegende Säure krystal- linisch zu gewinnen. Die Rückstände wurden deshalb in Wasser aufgenommen, mit Chlorcaleiumlösung versetzt und die Lösung mit Ammoniak neutralisiert. Eine direkte Fällung erfolgte nicht, auch beim Kochen entstanden nur geringfügige Niederschläge. Auf Zusatz von 1!/, Teilen Alkohols zur siedenden Lösung da- gegen fielen sofort dichte Niederschläge, die nach 24stündigem Stehen im Eisschrank abgesaugt wurden. Die so erhaltenen Caleiumsalze zeigten sich schwer löslich in kaltem wie siedendem Wasser. Die zahlreichen Analysenzahlen der nicht umkrystalli- sierten Calciumsalze stimmen gut überein und zeigen, daß ein Calciumsalz der Äpfelsäure mit 1 Mol Krystallwasser vorliegt.

Zur Orientierung über die Mengen der isolierten Äpfel- säure habe ich in der Haupttabelle unter Äpfelsäure zunächst die Mengen der Rohsäuren und bei Versuch 2 Nr.4 die aus den gewonnenen Calciumsalzen berechnete Äpfelsäuremenge == 54,2%, aufgeführt.

Die von mir früher ausgesprochene Ansicht, daß die Fumar- säure das Hauptreaktionsprodukt’ der Einwirkung von Suceinic- oxydon auf Bernsteinsäure sei!), schien damit widerlegt zu sein, zumal nach der Angabe von Battelli und Stern die Fumar- säure durch das Succinicoxydon nicht oxydiert werden soll?). Ich hielt es aber doch für wesentlich, diese Angabe, die sich nur auf die Beobachtung stützt, daB ein Gemisch von ausgewaschenem Muskelbrei und fumarsaurem Natrium in wäßriger Lösung aus einer Sauerstoffatmosphäre keinen Sauer- stoff absorbiert, daraufhin zu prüfen, ob die Fumarsäure aus dem Reaktionsgemisch unverändert zurückgewonnen werden kann.

Zu diesem Zwecke wurden 2,5 р fumarsaures Natrium = 1,5 g Fumarsäure, gelöst in 300 ccm Wasser mit 75 g gut ausgewaschenem Muskelbrei unter Durchleitung von Sauerstoff und Turbinieren 2 Stunden auf 40° erwärmt (Versuch 4). Die

1) Zeitschr. f. physiol. Chem. 90, 308, 1914. D Diese Zeitschr. 31, 489, 503/4, 1911.

Quantitative Versuche mit dem Suceinicoxydon. 301

Aufarbeitung des Versuches lieferte nur 25,69%, Fumarsäure unverändert zurück. Aus dem Filtrat des fumarsauren Silbers wurde ebenso wie bei den Bernsteinsäureversuchen ein Calcium- malat 4 1 Mol Krystallwasser erhalten.

Auf diesen Befund hin war Fräulein Prof. Stern in Genf so liebenswürdig, dort einen Versuch mit Fumarsäure genau entsprechend den von mir mit Bernsteinsäure angestellten durchzuführen. Nach ihrem Bericht (vom 3. Juli 1914) wurden 2 mal 60 р Muskelbrei + 3 g fumarsaurem Natrium in wäßriger Lösung in einer Sauerstoffatmosphäre 2 Stunden bei 40° ge- schüttelt. Sauerstoffabsorption konnte nicht wahrgenommen werden (Versuch 5). Die Aufarbeitung lieferte 37°/, Fumar- säure unverändert zurück, die Filtrate vom fumarsauren Silber ergeben gleichfalls Caleiummalat 4 1 Mol Krystallwasser. Die Ausbeute an Äpfelsäure, berechnet aus dem erhaltenen Calcium- salz, betrug 45,9°/,.

Aus den Ergebnissen der Versuche 4 und 5 ersieht man, daß unter der Einwirkung des Muskelbreis eine Wasseranlagerung an die Doppelbindung der Fumarsäure stattfindet. Diese Reaktion, die zur Bildung von optisch-inaktiver Äpfelsäure führt, ist bereits lange bekannt. Wie Skraup') gezeigt hat, genügt das Erhitzen mit Wasser auf 180°, um Fumarsäure teilweise in racemische Äpfelsäure überzuführen. Es ist also anzunehmen, daß der aus- gewaschene Muskelbrei neben dem Succinicoxydon eine Substanz enthält, die die Wasseranlagerung an die Kohlenstofidoppel- bindung der Fumarsäure typisch-katalytisch beschleunigt.

Was die Oxydationswirkung des Muskelbreis der Bernstein- säure gegenüber betrifft, so scheint diese Reaktion einstweilen einzigartig dazustehen. Zunächst glaubte ich allerdings, eine gewisse Übereinstimmung zwischen der Einwirkung des Suceinic- oxydons auf Bernsteinsäure, die zu Fumarsäure und Äpfelsäure führt, und den Oxydationsvorgängen im Organismus, die Butter- säure in ß-Oxybuttersäure®) und Phenylpropionsäure in ein Gemisch von ß-Oxyphenylpropionsäure und Phenylacrylsäure®) überführen, annehmen zu dürfen. Es schien mir durchaus

1) Monatsh. f. Chem. 12, 113, 1891. 3) L. Blum, Münch. med. Wochenschr. 57, 683, 1909. з) H. D. Dakin, Journ. of Biolog. Chem. 4, 419; 6, 203, 1909.

302 H. Einbeck:

nicht unwahrscheinlich zu sein, daß Muskelbrei bei Gegenwart von Sauerstoff auch die Oxydation von Buttersäure und Phenyl- propionsäure herbeiführen könnte. » Fräulein Professor L. Stern war во liebenswürdig, derartige Versuche anzustellen, wofür ich auch hier verbindlichst danken möchte. Die Resultate waren ` aber nach Privatmitteilungen von Fräulein Professor Stern sämtlich negativ. Die Gegenwart von Muskelbrei brachte nur Bernsteinsäure mit Sauerstoff in Reaktion. Der Beweis dafür, daß das Ausbleiben einer Oxydationserscheinung nicht durch eine schädigende Wirkung von Buttersäure und Phenylpropion- säure auf das Succinicoxydon bedingt ist, wurde dadurch er- bracht, daß Bernsteinsäure bei Gegenwart beider Säuren lebhaft Sauerstoff absorbiert. Dieser Befund zeigt, daß die Wirkungs- weise des Muskelbrei& nicht durch eine einfache Aktivierung des Sauerstofis erklärt werden kann.

Ich möchte allerdings nicht unterlassen, hier auf die Be- obachtungen verschiedener Forscher hinzuweisen, die zeigen, daß die Wasserstoffe der beiden Methylengruppen der Bern- steinsäure durch eine gewisse Beweglichkeit ausgezeichnet sind. Neben der Bildung des Suceinilobernsteinsäureesters!) und der verschiedenen Kondensationsprodukte des Bernsteinsäureesters mit Ketonen?) möchte ich besonders die Darstellung der Di- benzalbernsteinsäure durch die Kondensation von Benzaldehyd mit Bernsteinstäurediäthylester bei Gegenwart von Natrium- äthylat®) hervorheben.

Merkwürdigerweise zeigt im Gegensatze zu diesen Beob- achtungen die Bernsteinsäure im allgemeinen eine ungewöhn- liche Widerstandsfähigkeit gegen direkte Oxydationsmittel. So kann nach den verschiedensten Angaben Bernsteinsäure aus konzentrierter Salpetersäure umkrystallisiert werden‘). Kalium- permanganat greift sie in saurer Lösung nicht anë). Auch gegen Wasserstoffsuperoxyd in neutraler Lösung ist Bernstein- säure beständig im Gegensatz zu Äpfelsäure, die in Oxalessig-

1) Herrmann, Lieb. Ann. 211, 306, 1882.

2) Н. Stobbe, Lieb. Ann. 308, 67, 1899; 321, 83, 1902. з) Н. Stobbe und Ph. Naoüm, Ber. 87, 2240, 1904.

*) С. Neuberg, diese Zeitschr. 67, 71, 1914.

5) J. Seemann, Zeitschr. f. physiol. Chem. 44, 229, 1905.

Quantitative Versuche mit dem Suceinicoxydon. 303

.säure übergeführt wird!), und Buttersäure?) und Phenylpropion-

säure®), die beide leicht als Ammoniumsalze oxydativ abgebaut werden. Als besonders charakteristisch möchte ich hier anführen, daß Dakin nach der Einwirkung von Wasserstofisuperoxyd auf glutaminsaures Ammoniak 47°/, Bernsteinsäure aus dem Reaktionsgemisch isolieren konnte‘). Allerdings hat Neuberg kürzlich gezeigt, daß beim Kochen der freien Bernsteinsäure mit 2°/,iger Wasserstofisuperoxydlösung bei Gegenwart von Ferrosulfat eine andere Reaktion eintritt). Es entsteht dabei unter Spaltung des Moleküls Acetaldehyd.

Vergleicht man mit diesen Beweisen für die außerordent- liche Beständigkeit der Bernsteinsäure gegen Oxydationsmittel die Leichtigkeit, mit der ausgewaschener Muskelbrei die Ein- wirkung von Sauerstoff auf Bernsteinsäure herbeiführt, so wird man im Gegensatz zu der Ansicht von E. Herzfeld und R. Klinger‘), die im Absatz 3 der Zusammenfassung ihrer

2 |, в Rohsäuren | Fumarsäure | Äpfelsäure 5| оз |2 N a | 8 KS ge "Lé NEN 5-1 879 Ek sl £ | © кав! o KP н Ё 51 2|=| 5259 5Е| 3 E К osal 5 |528| %8 3| 8/2 55 lss 8 | 8 е 591 3 |828 ©: g| |3| 2% | 55| 5 j g Зай 2 соз 2% | s| £ 58 |5 Б я IR 529 5 1% S аа Ar: SI S ei soal E а 528 & © = = E 20 u EK 2 3 g g |cem/Min| g | g g ч яд g g ak (ried o о 601- 1-1-1 - [|= |= 112 |90) 11 |140! 60] 9 | | 1 | 3 | 90; 2,2 | 264 | 90 | 2,379 | 0,417 | 0,652 | 30,0 11,800 | | 1.4 | 90) 3,3 | 395 | 120 | 2,873 7) 0,805 | 24,8 | 2,081] | 211150 0, ү 0 60 | 0,004 | | u 2/2150 11 |139| 60 [0:761 | 0,418 | 0,264 | 24,4 = j 2 | 3 |50] 2,2 |260 | 120 | 2,420 | 0,373 | 0,487 | 22,5 | 2,156| | 214 | 50) 3,3 | 389 | 180 | 3,406 | 0,836 | 0,830 | 25,6 | 2,025 | 54,2 4 1— |75] 15 | | 120 | 0,870 | 0,670 | 0,384 | 25,6 == Fumar | | säure | | | 5 |—[120| 3,9 | |120 | 3,510 | мем | 1,052 | 270 | |9,066| 45,9 | guung | |gewogen |

säure | | |

1) H. J. H. Fenton und H. O. Jones, Proc. Chem. Soc. 15, 224. 1901. 2) H. D. Dakin, Journ. of Biolog. Chem. 4, 776, 1908.

з) H. D. Dakin, Journ. of Biolog. Chem. 4, 419, 1908.

4) H. D. Dakin, Journ. of Biolog. Chem. 5, 409, 1909.

5) C. Neuberg, diese Zeitschr. 67, 71, 1914.

6) Diese Zeitschr. 93, 352, 1919.

7) Verloren gegangen.

304

H. Einbeck:

Arbeit: „Zur Biochemie der Oxydationen“ schreiben: „Die in den lebenden Organismen ablaufenden Oxydationen werden auf die Gegenwart aktiven O, und leicht oxydabler, niederer Stoff- wechselprodukte zurückgeführt; die Annahme besonderer Oxy- dationsfermente ist entbehrlich“, zu der Überzeugung gebracht,

daß

in diesem Falle zunächst das Vorhandensein eines streng

spezifischen Oxydationsfermentes bewiesen zu sein scheint.

Analysen’). Fumarsäure.

I. Substanz aus Versuch 1 Nr. 3.

4,163 mg Substanz gaben 6,44 mg СО, und 1,25 mg H,O, 3,930 » n л 6,05 » СО, » 1,28 » H,O. I. Substanz aus Versuch 2 Nr. 2, 3 und 4 vereinigt. 0,1805 g Substanz gaben 0,2736 g CO, und 0,0567 g H,O.

Berechnet für С,Н,О, = 116. С = 41,37°],, Н = 3,499. 42,19°/,, 41,999. H = 41,349,

Gefunden: = = 3,35%, 3,64 H ss 3,51%,

С н Äpfelsaures Calcium.

A. Substanz aus Versuch 2 Nr. 2. 4,570 mg Substanz gaben 4,32 mg CO, und 1,46 mg H,O, 0,2345 g » » 0,071 6 СаО. В. Substanz aus Versuch 2 Nr. 3. 0,1895 g Substanz gaben 0,1763 g CO, und 0,0522 g H,O. “С. Substanz aus Versuch 2 Nr. 4. 5,838 mg Substanz gaben 5,48 mg CO, und 1,77 mg H,O. D. Substanz aus Versuch 4. 5,580 mg Substanz gaben 5,155 mg CO, und 1,77 mg H,O, 0,1870g ž » » 0,056 g СаО. E. Substanz aus Versuch 5 Extraktion I. 4,970 mg Substanz gaben 4,67 mg СО, und 1,53 mg H,O, 0,2415 g D » 0,0727 g CaO. F. Substanz aus Versuch 5 Extraktion II. 0,2486 g Substanz gaben 0,0738 g CaO.

Graz.

1) Die Mikroanalysen verdanke ich wieder Herrn Dr. Hans Lieb,

Quantitative Versuche mit dem Succinicoxydon. 305 Berechnet für С,Н,О,Са - Н,О = 190. C= 25,23°/,,

H= 8,169, Са = 21,159/,.

Gefunden: С А==25,78°/„ B= 25,37%), C= 25,60%, D= 25,20°/,, E = 25,6290, H A= 3,57°/„ B= 308%, C= 8,89%, D= 3,54%, E= 344°/, Са А = 21,64°|,, ` D=21,41°/,

E = 21,529, F= 21,22°],.

Zusammenfassung.

Die vorstehend beschriebenen Versuche wurden in der Hauptsache im Sommer 1914 ausgeführt; die Veröffentlichung derselben verzögerte sich bis jetzt infolge des Ausbruches des . Krieges.

Ich glaube durch meine Versuche mit Bernsteinsäure und Fumarsäure nachgewiesen zu haben, daß bei der Einwirkung von Muskelbrei bei Gegenwart von Sauerstoff auf Bernstein- säure zwei ganz getrennte Vorgänge zu unterscheiden sind:

Zunächst die Eliminierung von zwei Wasserstoffatomen unter Bildung von Fumarsäure. Diese Reaktion erfolgt quan- titativ. Die Menge des verbrauchten Sauerstoffs ist proportional dem Gehalt des Reaktionsgemisches an Bernsteinsäure. Die zur vollständigen Oxydation benötigten Zeiten .scheinen der gleichen Abhängigkeit zu unterliegen.

Sodann die Wasseranlagerung an die Doppelbindung der Fumarsäure, wobei optisch-inaktive Äpfelsäure entsteht. Diese Reaktion verläuft nicht quantitativ, sondern führt scheinbar zu einem Gleichgewichtszustande, denn bei den bisher ange- stellten Versuchen blieben stets ca. 25°/, der Fumarsäure un- verändert.

Die Versuche, die Wirkungsweise des Suceinicoxydons auf- zuklären, sollen fortgesetzt werden.

Biochemische Zeitschrift Band 95 21

Über die Wasserlöslichkeit des Camphers.

Von

H. Leo und E. Rimbach.

(Aus dem pharmakologischen und dem chemischen Institut der Universität Bonn.)

(Eingegangen am 2. Mai 1919.)

Im Zusammenhange mit den Studien!) des einen von uns über die therapeutische Verwendung wäßriger Campher- lösungen erschien es angezeigt, den Gehalt der gesättigten wäßrigen Lösung von Campher von neuem zu ermitteln. Die Angaben der Literatur hierüber sind schwankend. Für die Konzentration C (g Campher in 100 ccm) finden sich die Werte 0,077 [Flückiger?)], 0,0833 [Hager°) und Е. Schmidt*)] und 0,100 [Husemann?°)] ohne Bekanntgabe der Art ihrer Fest- stellung. Die von uns hierfür s. Z. vorläufig erhaltene®) Zahl C= 0,204 liegt wesentlich höher. Wir haben die Frage aber noch etwas weiter verfolgt und bringen nachstehend eine kurze Übersicht unserer endgültigen Ergebnisse.

Die Bestimmung der gelösten Camphermenge erfolgte polarimetrisch und zwar nach zwei Verfahren; weiter dann auch noch auf chemischem Wege.

1) Leo, Deutsche med. Wochenschr. 13, 1913, Münchener med. Wochenschr. 43, 1913 und Deutsche med. Wochenschr. 11, 1918.

2) Flückiger, Pharmazeutische Chemie 1879, 356.

3) Hager, Handb. d. pharm. Praxis (B. Fischer u. С. Hart- wich) 1, 579.

1) E. Schmidt, Lehrb. d. pharm. Chem. 2, 1389, 1911.

5 Husemann, Handb. d. gesamten Arzneimittellehre 1883, 942.

©) Deutsche med. Wochenschr. 18, 1913.

Н. Leo und Е. Rimbach: Wasserlöslichkeit des Camphers.. 307

A. Polarimetrisches Verfahren.

1. Differenzmethode.

Als Lösungsmittel diente mit Rücksicht auf den besonderen Zweck nicht reines Wasser, sondern Ringerlösung. Eine im Wägegläschen genau abgewogene Menge feingepulverten Cam- phers wurde in ein Liter der Flüssigkeit gebracht und bei mitt- lerer Temperatur im Schüttelapparat 24 Stunden lang ge- schüttelt, also bis zum als sicher anzunehmenden Eintritt des Sättigungsgleichgewichts. Es wurde dann rasch abfiltriert, zur Entfernung des Salzes mit etwa 5 ccm Wasser kurz gewaschen und das Wasser mittels der Saugpumpe tunlichst entfernt. Den Gesamtfilterrückstand löste man mit 95°/, Alkohol quan- titativ zum Volum 50 ccm. Die Drehung der alkoholischen Lösung ergab die ungelöste Camphermenge, ihr Abzug von der in den Schüttelapparat eingebrachten lieferte die Menge des in die wäßrige Lösung Übergegangenen. ~

O 1 7

5, а= © = Gehalt d.wäß- © Ж З rigen Lösung 2 атт g Campher aj SP in Jin 100

nee T k 1 Literjcem=C 1 |Ringerlösung mittel} 6,530 2 |Ringerlösung n | 6,390 8,69414,347| 2,043 3 |Ringerlsg.m.2°/,Alk.| » |7,870| 9,108 |10,973/5,486 2,384 | 0,238 4 |Ringerlsg.m.5°/,Alk.| » | 9,286 0,270

Aus Lösung 1 und 2 ergibt sich übereinstimmend C— 0,204 als Sättigungskonzentration des Camphers in Ringerlösung; Alkoholzusatz bringt eine zu erwartende Steigerung, einiger- maßen proportional der Alkoholmenge.

Zu den polarimetrischen Messungen diente ein großer Lippich- scher Halbschattenapparat, dessen Nonien 0,019 lieferten. Jedes х ist das Mittel einer Serie und bleibt mit seinem wahrscheinlichen Fehler unter + 0,01%. Die Temperatur der Lösungen wurde durch Wasserbad- röhre auf 20°-+0,1 konstant gehalten. Zur Ermittelung der Konzen- tration der alkoholischen Lösung aus ihrer Drehung sei folgendes be- merkt. Die spezifische Drehung [х] des Camphers wird zunächst von der Stärke des Alkohols beeinflußt. Eine Lösung von 6,166 g des be- nutzten Camphers in 95°/, Alkohol lieferte 02° im 4-dm-Rohr = 10,092

21*

308 H. Leo und E. Rimbach:

und daraus Joel" = 40,92. Für die gleiche Konzentration fand Landolt!) in absolutem Alkohol [&] 42,71, Hesse?) in 80°/, Alkohol, tm; 39,25. Unser Wert paßt sich also gut ein. Weiter aber hängt die spezifische Drehung des Camphers von der relativen Menge des Lösungsmittels ab. Für diese Abhängigkeit gibt Landolt’) auf Grund seiner Versuche mit absolutem Alkohol die Interpolationsformel:

(off = 41,982 + 0,11824 С (1) Diese Formel mußte für 95°/, Alkohol umgeändert werden. Dies ge- schah auf Grund unserer angeführten Bestimmung der spezifischen Dre- hung in 95°/, Alkohol, unter gleichzeitiger Annahme, daß wohl die Dre- hung selbst mit der Alkoholstärke sich ändert, nicht aber, innerhalb der in Betracht kommenden Grenzen, der Wert d [œ] /d С, der in obiger Formel in der zweiten Konstanten sich darstellt. So erhielt man die für 959%, Alkohol geltende Formel:

[010 = 40,20 + 0,11824 C, (2) aus der dann die in Spalte 5 der Tafel angeführten С mittels Näherungs- rechnung sich ableiten.

Trotz der, wohl mehr zufälligen, völligen Übereinstimmung der beiden Bestimmungen 1 und 2 ist ihr Ergebnis als zu hoch anzusehen, als eine obere Grenze für den tatsächlichen Wert. Beim Abfiltrieren und Absaugen des ungelösten Camphers tritt infolge seines nicht unerheblichen Dampfdruckes Verlust ein; die Werte für C in Spalte 5 werden dadurch zu niedrig und die Differenz in Spalte 7 zu hoch. Wir griffen deshalb noch zur unmittelbaren Bestimmung.

2. Direktes Verfahren.

Von vier gesonderten, in oben beschriebener Weise mit Ringerlösung hergestellten gesättigten Campherlösungen wurden je 300,ccm mit kleinen Mengen Benzol sukzessive ausge- schüttelt und die einzelnen Ausschüttelungen vereinigt bis zum Volum 60 ccm. Diese benzolischen Campherlösungen er- gaben folgende Drehungswinkel. '

_ Campher-

|; & „Б ap Konzentration g Campher |2289] р С

В ZS Sc, 5 für Rohrlängele in 100 em Ben- осе Bén-

Z t = 2 dm ber. nach (8) Wasser

1 | mittlere 0,604 0,7453 0,4472

2 | mittlere 0,667° 0,8213 0,4928

3 37,50 0,561 0,6922 0,4153

4 37,50 0,5769 0,7094 0,4256

Сау Landolt, Liebigs Ann. 189, 333. 2) Hesse, Liebigs Ann. 176, 119. з) Landolt, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 21, 204, 1888.

Wasserlöslichkeit des Camphers. 309

Für die Anordnung der Drehungsmessungen und ihre Fehlergrenzen gilt das unter 1 Gesagte. Die spezifische Drehung des Camphers in Ben- zol ist von mehreren Seiten!) untersuch und durch Interpolations- formeln festgelegt, die untereinander übereinstimmende Werte liefern. Wir benutzten zur obigen Rechnung die Formel von Förster:

20° (79,4688 ` 0,01747 EE (8) weil sie in bequemer Weise die Konzentration als unmittelbare Funktion des Drehungswinkels darstellt.

Auch diesen Mittelwerten haftet ein, wenn auch kleiner, doch konstanter Fehler an. Trotz der großen Löslichkeit in Benzol gegenüber Wasser wird beim Ausschütteln ein aller- dings sehr geringfügiger Rest des Camphers in der wäßrigen Flüssigkeit verbleiben und sich der Bestimmung entziehen. Der Mittelwert aus den Bestimmungen 1 und 2 stellt also eine untere Grenze für den gesuchten wirklichen Wert dar.

Eine einfache Mittelbildung aus den Resultaten der beiden Verfahren würde dem Umstand nicht genügend Rechnung tragen, daß der Fehler der ersten Methode unbestreitbar größer ist als der der zweiten. Wir legen deshalb dem Ergebnis der ersten Methode nur das halbe Gewicht bei, gegenüber dem der zweiten und erhalten so aus den Drehungsmessungen

den Endwert:

2 2. 7 ORT 0,173

£ 3 als den wahrscheinlichsten Wert der Sättigungskonzentration des Camphers in Ringerlösung bei mittlerer Temperatur.

Aus den Bestimmungen 3 und 4 ergibt sich, daß mit steigender Temperatur die Löslichkeit des Camphers sinkt, ein Verhalten, wie es auf Grund qualitativer Beobachtungen

der eine von uns (L.) bereits früher?) festgestellt hat.

B. Chemisches Verfahren.

Anschließend an die beschriebenen Versuche arbeitete Herr Dr. Tischner, Chemiker im wissenschaftlichen Labora- torium der Firma E. Merck in Darmstadt, ein Verfahren aus,

1) Landolt, Liebigs Ann. 189, 334, 1877; Förster, Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 23, 2984, 1890; Rimbach, Zeitschr. f. physikal. Chem. 9. 698, 1892.

2) H. Leo, Deutsche med. Wochenschr. 13, 1913.

310 H. Leo und E. Rimbach:

das die Bestimmung der Sättigungskonzentration des Camphers in wäßriger Lösung auf chemischem Wege gestattet. Herr Dr. Tischner ist leider auf dem Felde der Ehre gefallen. Seinen uns zugegangenen Mitteilungen entnehmen wir das Nachstehende über die Methode und ihre Leistungen.

Untersuchungsverfahren.

„Zunächst zeigte sich, daß bei dem geringen Gehalt der wäßrigen Campherlösung die üblichen Reagenzien auf Campher sämtlich versagen bis auf Permanganat. Nun ist zwar bekannt. daß überschüssiges alkalisches Permanganat auf Campher nicht einheitlich wirkt: die zunächst entstehende Camphersäure wird zum Teil weiter oxydiert, auch bleibt ein wenig Campher un- angegriffen. Aber es fand sich, daß unter gleichen Ver- suchsbedingungen (Konzentration, Temperatur, Zeit) die Oxydation stets gleichweit vorschreitet, so daß man also mit Hilfe einer Vergleichslösung von bekanntem Gehalt den Gehalt einer unbekannten Campherlösung durch Titration mit Permanganat ermitteln kann.

1,500 g reinster, resublimierter Campher wurde durch etwa fünf- stündiges Schütteln bei Zimmertemperatur in etwa 990 com Wasser ge- löst und die Lösung auf 1000 ccm aufgefüllt. Die ganz schwach opake Flüssigkeit klärt sich beim Filtrieren durch eine „Kerze“ vollständig. Von dieser Lösung werden genau 10 сот abpipettiert, 10 ccm 6 bis 7°/,ige Natronlauge und genau 25 ccm 0,1 n-KMnO, zugefügt. Ganz ebenso wird mit der zu untersuchenden Campherlösung verfahren; beide Flüssigkeiten erhitzt man dann auf demselben Dampfbad unter Rückflußkühlung. Nach genau einer Stunde wird der Dampf abgestellt und die Kühler werden ausgespült. Die auf Handwärme abgekühlte Flüssigkeit versetzt man mit 30 cem 10°/,iger Schwefelsäure und genau 25 ccm 0.1 n-Ferro- ammonsulfat. Nachdem unter Schütteln der Manganniederschlag klar gelöst ist, wird mit Permanganat auf schwach rosa Färbung zurück- titriert. Die Versuche werden mehrfach ausgeführt und die Mittelwerte

gezogen.

Bei strengem Innehalten der ausgemittelten Versuchs- bedingungen verbrauchte eine Standardlösung von 0,150 g Campher in 100ccm im Mittel 7,9 ccm 0,1 р-КМпО,. Die größte beobachtete Abweichung betrug 0,4 com = 0,0008 g Campher. Verbraucht die Standardlösung X, die zu untersuchende Y eem KMnO,, so hat die letztere also einen Gehalt von Ү!Х. 0,150 g Campher in 100 ccm.

Wasserlöslichkeit des Camphers. 811

Voraussetzung bei der Titration ist, daß die Konzentration der zu untersuchenden Flüssigkeit nicht allzuweit von 0,150 abweicht. Beträgt sie weniger als 0,100, so erhält man nur dann scharfe Werte, wenn man den Überschuß von KMnO, usw. entsprechend verringert. Bei einem Gehalt von 0,05 р auf 100 сот z. В. wurden mit 10 ccm Permanganat und 4 ccm Lauge richtige Zahlen erzielt.

Löslichkeitsbestimmungen. Die untersuchten Lö- sungen stellte man (mit Ausnahme des Standards) aus dem Camphor. гай. des Arzneibuchs dar. Weil dieser sich nicht so gut pulvern läßt als das frisch sublimierte Präparat, mußte er mit ganz wenig Wasser in einer Reibschale verrieben und durch etwa 20maliges Nachspülen quantitativ in das Schüttel- gefäß übergeführt werden. Die Temperatur war 14 bis 17°.

Hierbei gingen 0,5 g; 1,0g; 1,5g pro Liter schon innerhalb einiger Stunden völlig in Lösung, und die Titration der erhaltenen Lösungen ergab die richtigen Werte. 1,6 g brauchten etwa 30 Stunden und 2,0 g wurden auch nach 96stündigem Schütteln nicht restlos gelöst. Bereits hieraus kann man schließen, daß die Sättigungskonzentration zwischen 0,16 und 0,20 liegen muß, wahrscheinlich näher dem ersteren Wert.

Eine Anzahl bei mittlerer Temperatur gesättigter Lösungen, erhalten durch 4tägiges Schütteln, ergab bei der Titration als Sättigungskonzentration:

C==0,167 g in 100 ccm.

Aus der klaren, bei gewöhnlicher Temperatur gesättigten wäßrigen Lösung waren nach 2stündigem Schütteln bei 39° Campherkriställchen abgeschieden; Schütteln über Nacht bei 15° brachte sie wieder in Lösung. Bei neuerlichem Erwärmen fielen sie wieder aus usf. Dies bestätigt die oben erwähnte Feststellung, daB die Löslichkeit mit steigender Temperatur sinkt. In einem Einzelversuch fand sich die Konzentration der Lösung bei 39° zu 0,160, also etwas über 4°/, des Wertes geringer als bei Zimmertemperatur.“

Zusammenfassung.

1. Die Löslichkeit des Camphers bei gewöhnlicher Теш- peratur in Ringerlösung wurde auf polarimetrischem Wege, nach verschiedenen Verfahren, im Mittel gefunden zu 0,173g in 100ccm Lösung=1:577. In reinem Wasser ergab sie sich, auf chemischem Wege, bei mittlerer Temperatur zu 0,167 g іп 100 ccm Lösung=1:598.

312 H. Leo und E. Rimbach: Wasserlöslichkeit des Camphers.

Der Unterschied beider Werte fällt z. T. in die Fehler- grenzen; der Salzgehalt der Ringerlösung ist also von nur ge- ringfügigem Einfluß.

2. Der Löslichkeitswert des Camphers in Wasser liegt wesentlich höher, fast doppelt so hoch, wie bis dahin allgemein angenommen wurde.

3. Mit steigender Temperatur sinkt die Löslichkeit. Die Auflösung des Camphers in Wasser ist also, nach den Sätzen der Thermodynamik, ein exothermer, unter Wärmeentwick- lung sich vollziehender Vorgang.

Über die Photosynthese des Formaldehyds und des Zuckers.

Von Р. R. Kögel. S

(Eingegangen am 2. Mai 1919.)

Die Kohlensäureassimilation in der Pflanze wird bekannt- lich durch folgende Formelgleichungen dargestellt: 6C0,-—+6H,0—=C,H „0, + 60,. Nimmt man Formaldehyd als Übergangsstoff an, so gilt für die Zwischengleichung 6 CO, -+ 6 H,O = 6 НСОН —+60,. Formaldehyd Die Bildung der in der Pflanze nachgewiesenen Stärke aus Formaldehyd oder Zucker bringt man summarisch in folgender Weise zum Ausdruck: 6 HCOH H,0 = С,Н, 0, Formaldehyd Stärke

С,Н,.0, ka H,O == C,H, ,0, $

ucker Stärke

Die Hypothese der Bildung des Formaldehyds als erstes, zunächst nicht faßbares Produkt der Kohlensäureassimilation in der Pflanze wurde einst durch v. Bayer aufgestellt‘. Wenn nun im Laufe der Zeit während annähernd 50 Jahren manche Beobachtungen bekannt wurden, die diese Annahme stützen, so war es bisher doch nicht möglich, Formaldehyd als photochemisches Assimilationsprodukt in der Pflanze sicher nachzuweisen. Diese Tatsache spricht jedoch keineswegs gegen die v. Bayersche Annahme, da der Aldehyd bereits in seiner

1) Die gegenwärtigen Verhältnisse ermöglichen es mir nicht, die Orginalabhandlung von у. Bayer u. а. nachzusehen.

314 P. R. Kögel:

Entstehungsform oder noch unmittelbar vorher zur Zucker- synthese verwendet werden kann, wofür wir theoretische Gründe alsbald kennen lernen werden.

Die Herstellung des Formaldehyds bzw. Zuckers aus СО n und HO, ist chemisch ohne Lichtwirkung auf verschiedene Weise verwirklicht worden. Die photochemische Synthese des Formaldehyds wurde von D Berthelot und Gaudechon') durch Bestrahlung von Kohlendioxyd in Gegenwart von Wasser- stoff durchgeführt. Offenbar kann man diese Synthese nicht ohne weiteres der biologischen gleichstellen, da die Bedingungen sehr verschieden sind. Damit überhaupt irgendeine Photo- synthese des Formaldehyds bzw. des Zuckers in die biologische Versuchsordnung eingereiht werden kann, muß die Bildung der Zwischenprodukte bestimmt, d. h. photochemisch begründet werden. Dies soll im folgenden geschehen.

Eine systematische Prüfung bisher bekannter photoche- mischer Reaktionen über Enol-Ketoumlagerungen ließ mich diese Umwandlung als eine sehr häufig stattfindende erkennen. Für unsere Zwecke wähle ich ein Beispiel, das den Vorgang klar zum Ausdruck bringt.

Benzil С,Н, .СО.СО.О,Н, liefert am Licht unter Wasser- stoffaufnahme Benzil-Benzoin, wie einst Klinger?) festgestellt und Ciamician und Silber?) bestätigt haben.

3C,H, а С.Н, + H, = SOA, -CO - CO- C,H, -С,Н, CO - CH(OH)CH,

Benzil- nzoin

Das Licht vollführt eine doppelte Aufgabe, die Bildung des Benzoins und seine Anlagerung an Benzil. Der erste Vorgang, der für uns von Bedeutung ist, soll auf folgende Weise dargestellt werden: C,H, -C= 0 C,H, C OH C,H, C= О

+H, | zap C,H, C=0 C,H,-C—OH ` GH, OHIO) Benzil Stilbendiol nzoin

Der Übergang des Stilbendiols in Benzoin entspricht der Enol-Ketoumlagerung. Die Bildung des Zwischenproduktes,

1) Compt. rend. 150, 1690, 1910. 2) Ber. d Deutsch. chem. Ges. 19, 1864, 1886. з) Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 35, III, 3594.

Photosynthese des Formaldehyds und Zuokers. 315

des Stilbendiols, wurde von Thiele durch die Fassung ent- sprechender Acetatderivate bestimmt.

Dieser bei aromatischen Verbindungen festgestellte Vor- gang würde auf aliphatischem Gebiete in folgender Weise zur Photosynthese des Formaldehyds führen. Zwei Moleküle Kohlen- säure (CO,) bilden ein einfaches Polymeres. Die freien Valenzen befähigen es dazu. Die Photopolymerisation ist ein weitver-“ breiteter bekannter Vorgang. An die Sauerstoflatome lagert

sich wie beim Benzil Wasserstoff an, was die freien Valenzen naturgemäß vermitteln'). 0=Ct=0 HO C OH Lëtz | PO 0= C0 HO C OH со, Tetraoxyäthylen

Bei dem Übergang der Enol- in die symmetrische Keto- verbindung müßten sich die Valenzen kreuzen, wodurch eine Teilung des Moleküls unter Abspaltung von Sauerstoff eintritt. Dadurch entsteht Formaldehyd HCOH. Zugleich ist das Kern- gerüst für Zucker gegeben.

H H OH C OH OH —C— 0 H.COH OH C— OH . О Сон H-COH H Enolform Ketoform Formaldehyd d OH H H.C-OH 90—С—0 - OH-C-H HO—C-H н.б.он H—C— H.Ċ.OH H—C—OH CH,OH Traubenzucker Traubenzucker (Gewöhnliche Formel) (Äthylenoxyd-Formel)

1) Die gleiche Anlagerung des Wasserstoffes durch Licht findet man auch bei der Bildung des Hydrochinons und ChinhydronsC,H,0,-C,H,(OH), aus Chinon und bei anderen photochemischen Reaktionen. Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 35, ПІ, 3594 ff.

e

316 P. R. Kögel: Photosynthese des Formaldehyds und Zuckers.

Die Verbindung zweier Moleküle Formaldehyd und zwar auch hier im Sinne der photochemischen Benzoinbildung, führt am Licht zu den Endgruppen'!) СОН.СН,ОН:

H

2 3 HCOH CH,-OH a | >

sf < OHCH CHO H

1) Ber. d. Deutsch. chem. Ges. 44, 1035, 1911.

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