ony Naty Soa aka Pies RE SCHE Er 12, 4 Chan a ae ee Ss@G_9 a Ae Br} ew ee? That web LER fee ED aes Er A I rer urn, te Sate < wur ae is „va er WIR . : nd Kal arg Kar] en oe DER L Fae . 3 gue Fase Sow i ’ ’ rs 4 A 30 LH. = 9 See doe SP IPT ee: NEE FE SPE Psat eh sia tess ee je : Fy £ wi oe eats EI vage > gun ww ‘s ne ee 77 * ag se ER RE weep BIER: r oe “Seg Fe 2 et é way Rn F HARVARD UNIVERSITY e Library of the Museum of Comparative Zoology a ‘9 , yy i ; 2 a » ne. a a hae a Lid.) 1) OQ . EP TE a ¢ » rıANVARD UNIVERSITY EXPERIMENTELLE ANALYSE DES VERHALTENS VON SCARABAEUS SACERL. BEIM NAHRUNGSERWERB von EHRFRIED MARSCH BONNER ZOOLOGISCHE MONOGRAPHIEN, Nr. 17 1982 Herausgeber: ZOOLOGISCHES FORSCHUNGSINSTITUT UND MUSEUM ALEXANDER KOENIG BONN BONNER ZOOLOGISCHE MONOGRAPHIEN Die Serie wird vom Zoologischen Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig herausgegeben und bringt Originalarbeiten, die für eine Unterbringung in den ,, Bonner Zoologischen Beiträgen’ zu lang sind und eine Veröffentlichung als Monographie rechtfertigen. Anfragen bezüglich der Vorlage von Manuskripten und Bestellungen sind an die Schriftleitung zu richten. This series of monographs, published by the Zoological Research Institute and Museum Alexander Koenig, has been established for original contributions too long for inclusion in ,,Bonner Zoologische Beitrage’’. Correspondence concerning manuscripts for publication and purchase orders should be addressed to the editor. L’ Institut de Recherches Zoologiques et Muséum Alexander Koenig a établi cette série de monographies pour pouvoir publier des travaux zoologiques trop longs pour étre inclus dans les ,,Bonner Zoologische Beitrage’’. Toute correspondance concernant des manuscrits pour cette série ou des commandes doivent &tre adressées a |’éditeur. BONNER ZOOLOGISCHE MONOGRAPHIEN, Nr. 17, 1982 Preis 15,— DM Schriftleitung/Editor: G. Rheinwald Zoologisches Forschungsinstitut und Museum Alexander Koenig Adenauerallee 150—164, 5300 Bonn, Germany Druck: Rheinischer Landwirtschafts-Verlag G.m.b.H., Bonn ISSN 0302 — 671 X EXPERIMENTELLE ANALYSE DES VERHALTENS VON SCARABAEUS SACER L. BEIM NAHRUNGSERWERB von EHRFRIED MARSCH BONNER ZOOLOGISCHE MONOGRAPHIEN, Nr. 17 1982 Herausgeber: ZOOLOGISCHES FORSCHUNGSINSTITUT UND MUSEUM ALEXANDER KOENIG BONN B ital MR i esl 2 P INHALTSVERZEICHNIS Seite TE Re ae RE REN NOE wate 5 Was Untersuchunessebiet bei Tarifa . .. . .......... “eur ss mare scene 7 Mezsuchstienesund Methoden... .......2......... we sete a ev a nee 9 STRESSES EN nn ge eg LEERE LEER 12 eee AMMAREMING an die Duftquelle. ...:.2........2-00-.unn sc ernennen 12 ke ET DELL IE ALSO a ee ons circ. = Bloca! So, o"eiie, dis, sarie Ss, 6. ol waits a andy le er ear etts we 18 emnIRCONLCTILCT EMO res eee ee Swat wre na ee 40 Be erprabender bille .....2. 2202..00 ae nee 46 Eaisschaliversucheur a Denen een en here ee 61 GERolBpischepsspekter ey nenne en ee Meee 64 Li LESSON Pe es a ena EAP So Pr) 67 ARIS AUINEIREENEAS SUREN OG es ot aa Peo Set a eet oi, ile Se (6, ssp ER 76 MPIEGE ALIGN CUZCICININIS HR Soiree ER EL Sete’ S Soe larhrbnas Ataitaleevda ow Shae 78 iF “* ne a WR ve I ot a / RER ee x rei thy, } EINLEITUNG Der Heilige Pillendreher Scarabaeus sacer ernährt sich in erster Linie von den Faeces großer Pflanzenfresser. In der Regel erfolgt die Nahrungsaufnahme nicht am Dung, sondern der Käfer formt eine Pille, rollt diese eine Mindestentfernung und gräbt sich mit ihr in den Untergrund ein. Die Pille wird dann unterirdisch in ein bis mehreren Tagen aufgefressen. Anschließend begibt sich das Tier erneut auf Nahrungssuche. Das auffällige Verhalten der Pillendreher hat schon früh die Aufmerksamkeit der For- scher erregt. So führte bereits J. H. Fabre (1891) systematische Beobachtungen zum Verhalten und zur Fortpflanzungsbiologie der Scarabaeen durch. Die Beschreibungen Fabre’s wurden durch Freilandstudien von Heymons (1927) ergänzt, der in Norditalien vor allem Scarabaeus semipunctatus beobachtete. Auf dieser Arbeit aufbauend wurden von Heymons & v. Lengerken (1929) Fortpflanzung und Entwicklung der Käfer einge- hender untersucht. In neuerer Zeit unternahm Puzanowa-Malyschewa (1956) grund- legende Versuche zur experimentellen Analyse des Verhaltens von Scarabaeus sacer. Eine gute Zusammenfassung aller bisherigen Ergebnisse findet sich bei Halffter & Matthews (1966). Trotz der zum Teil intensiven Bearbeitung durch die genannten Autoren waren unsere Kenntnisse vom Verhalten der Käfer beim Nahrungserwerb noch recht lückenhaft. Die Handlungskette von der Annäherung an die Duftquelle bis zum Vergraben der Pille war nur in einigen Bereichen genauer analysiert worden — nie in ihrem Gesamtzusam- menhang. Die dabei auftretenden Verhaltensweisen waren nur teilweise im Hinblick auf die Auslösebedingungen, die beteiligten Rezeptoren und auf die Starrheit ihrer Kopplung mit vorausgegangenen oder nachfolgenden Elementen des Gesamtverhaltens untersucht worden. Vor allem aber fehlte eine Erfassung quantitativer Daten zu den einzelnen Verhaltensweisen. Diese noch bestehenden Lücken so gut wie möglich zu schließen, war das Ziel der vor- liegenden Arbeit. Die Untersuchung sollte dabei nicht nur unmittelbar zur Klärung of- fener Fragen beitragen, sondern mittelbar auch eine Grundlage für weitere Arbeiten, vor allem in sinnesphysiologischer, orientierungs-physiologischer und 6ko-ethologi- scher Richtung schaffen. Daneben soll die Arbeit ein grundsätzlicher Beitrag zur Ethologie von Arthropoden sein, bei denen komplexe Verhaltenssequenzen bislang noch relativ selten experimentell aufgeklärt wurden. Während der Freilandarbeiten in Andalusien wurden zusätzlich Daten über die Ver- breitung der Art, ihre Aktivitätsrhythmik und das Vorkommen möglicher Nahrungs- konkurrenten gesammelt. Hiermit werden einige kleinere Beiträge zur Ökologie von Scarabaeus sacer geleistet, von der bisher nur wenig bekannt ist. 6 Ich danke Herrn Prof. Dr. Karl Eduard Linsenmair, unter dessen Anleitung diese Arbeit entstanden ist, für die Überlassung des Themas, zahlreiche anregende Diskus- sionen und das große Interesse, mit dem er den Fortgang der Arbeit verfolgt hat. Ich danke allen Mitarbeitern des Instituts für Diskussionen und Anregungen. Mein besonderer Dank gilt der Studienstiftung des Deutschen Volkes, die diese Arbeit durch ein Promotionsstipendium gefördert hat. DAS UNTERSUCHUNGSGEBIET BEI TARIFA Die Freilanduntersuchungen zum Verhalten der Heiligen Pillendreher wurden in den Monaten Mai und Juni 1975 in Andalusien durchgeführt. Entlang der Nationalstraße N 340 von Almeria im Osten bis Cadiz im Westen erwies sich der Raum zwischen Tarifa, der südlichsten Spitze Spaniens, und der Punta Paloma (beide Provinz Cadiz) aufgrund der hohen Populationsdichte von Scarabaeus sacer als besonders geeignet. Das Vorkommen der Tiere ist dort auf einen einige hundert Meter breiten Streifen mit Feinsand-Boden beschränkt (Abb. 1). Dieser zieht sich unmittelbar an der Küste hin und entstand dadurch, daß der Spülsand des Meeres bei starkem Wind landeinwärts geblasen wurde. (Entsprechendes teilt E. Carrion 1961 über die Provinz Almeria mit. Auch dort ist die Küste der Lebensraum von Scarabaeus sacer). Weiter landeinwärts, wo der Sandboden in einen festen, fruchtbaren Lehmboden übergeht, konnten trotz großer Viehherden und trotz — im Vergleich zum Küstenstreifen — grö- Beren Mistangebotes keine Scarabaeen mehr beobachtet oder in Fallen gefangen wer- den. Abb. 1: Untersuchungsgebiet bei Tarifa. Der Sandstreifen im Vordergrund ist der Lebensraum der Scarabaeen. N RR N N N S N No N ER N Abb. 2: Typische Vegetation des Sandstreifens an der Küste; Ononis natrix (kleine Büsche) und Lygos monosperma (größere Büsche). Große Teile der Bodenoberfläche sind vegetationslos. Zur typischen Vegetation des Sandstreifens an der Küste gehören Ononis natrix, Lygos monosperma und vereinzelt Oleander (Abb. 2). Große Teile der Bodenoberfläche sind vegetationslos. Die auf diesem kargen Boden weidenden Pferde, Esel, Maultiere und Rinder sind Nahrungslieferanten für die hier lebenden Scarabaeen. Während der ge- samten Dauer meines Aufenthaltes in dieser Gegend waren die Pillendreher in erster Linie nachtaktiv, sie suchten nachts nach Futter und fertigten nachts Pillen. (Eine ana- loge Beobachtung teilt Heymons 1927 aus Südrußland mit). Nur ein kleiner Teil der Tiere war tagaktiv, deren Zahl reichte aber für die Verhaltensuntersuchungen aus. Nachtbeobachtungen gestalteten sich sehr schwierig, weil die Tiere bereits durch An- leuchten mit einer schwachen Taschenlampe stark gestört wurden. Beobachtungen in hellen Vollmondnächten zeigten aber, daß zumindest zwischen diesen Nächten und den Tagen keine Verhaltensunterschiede bestehen. VERSUCHSTIERE UND METHODEN Für die Arbeiten im Labor standen mir insgesamt 298 Käfer der Art Scarabaeus sacer zur Verfügung. 32 Tiere stammten aus Tunesien, 266 wurden in Andalusien gesammelt, davon 245 nach Abschluß der Freilandstudien bei Tarifa. Zu Vergleichszwecken hielt ich außerdem 36 Scarabaeus semipunctatus, die in der Umgebung von Sete (Südfrank- reich) gefangen wurden. Die Tiere lebten in Aquarien und Plastikwannen (120 cm x 60 cm x 40 cm), die 20 cm hoch mit feinem Flußsand gefüllt waren. Dieser wurde regelmäßig befeuchtet. Die Raumtemperatur schwankte zwischen 20° C und 25°C tags, zwischen 15° C und 20° C nachts. Weil die Tiere bei den niedrigen, zunächst im Labor herrschenden Licht- intensitäten (Tagesmittel 560 Lux) ihre Aktivität stark reduzierten, wurden alle Behäl- ter zusätzlich mit zwei Tageslicht-Leuchtstoffröhren ausgerüstet (Tagesmittel 2400 Lux) und mit einer Schaltuhr über das ganze Jahr ein Licht-Dunkel-Wechsel von 14 : 10 Stunden eingestellt. Bis Juli 1975 fütterte ich ausschließlich Pferdemist, von da ab vor allem Kuhmist. Jeweils ein Tag nach der Fütterung wurde übriggebliebener alter Mist entfernt und dann am folgenden Tag erneut mit frischem Mist gefüttert. Unter diesen Bedingungen — weitgehend konstante Temperatur und Feuchte, ausreichende Beleuchtung, gleichbleibender Lichtrhythmus und regelmäßige Fütterung — ließen sich die Käfer gut halten. Beim Vergleich ihres Verhaltens im Labor mit dem im Freiland ge- zeigten konnten keine auffallenden Unterschiede festgestellt werden. In den Wintermo- naten legten die Tiere eine — bei den konstanten Haltungsbedingungen offenbar endo- gen bedingte — Winterruhe ein, wie sie dies — zumindest in einigen Verbreitungsgebie- ten — auch im Freiland tun (Puzanowa-Malyschewa 1956). Die Käfer blieben bis zu 3 Monate im Boden vergraben, ohne Nahrung zu sich zu nehmen. Einige Tiere lebten bis zu 2 Jahre im Labor. In den Monaten April und Mai fertigten die Scarabaeen aus Kuhmist Brutbirnen, aus denen in den beiden genau kontrollierten Fällen nach 95 bzw. 96 Tagen Jungkäfer hervorkamen. Die erfolgreiche Fortpflanzung der Käfer kann als weiterer Hinweis auf einen relativ geringen Störeinfluß der Labor- haltung gewertet werden. Zur Beobachtung der Pillenformung beließ ich die Käfer im Haltungsgefäß. Die Tiere zeigten in der bekannten Umgebung ungestörtes Verhalten, wogegen sie nach dem Her- ausnehmen und Einsetzen in andere Behälter meist nur ‚‚aufgeregt’’ umherliefen und den zur Formung angebotenen Mist nicht beachteten. Versuche zum Studium des Ver- haltens beim Pillenrollen und Vergraben führte ich in einer Sandarena (2 m x 2 m) durch, die 15 cm hoch mit feinem Flußsand gefüllt war und den Tieren den notwendi- gen Raum bot. Beim Umsetzen der Tiere aus den Haltungsgefäßen in die Arena ließen sich die Versuchstiere bei Anwendung folgender Methode am wenigsten stören: Kurz nach Rollbeginn ließ ich die Käfer ihre Pille in eine kleine Schachtel rollen und brachte dann mit dieser Schachtel Käfer und Pille in die Arena. Um die unterirdische Tätigkeit der Tiere verfolgen zu können, baute ich 2 Beobachtungsgefäße nach Teichert (1957) (Abb. 3). 10 | \ AK A WW “u 00 0 0 0 0 0 0 0 0 EL eee eee eee ee eee ee ee 8 8 8 Abb. 3: Beobachtungsgefäß nach Teichert (1957), geändert. H = Holzrahmen, G = parallele Glasscheiben, S = Sandfüllung. Maße: Höhe und Länge der Holzrahmens 52 cm, Breite des Holzrahmens 10 cm, Distanz der parallelen Glasscheiben 3,5 cm. Zur Aufzeichnung rascher Bewegungsabläufe, wie sie beim Start zum Flug, beim Gra- ben und bei der Aktion der Mundwerkzeuge auftreten, setzte ich eine Beaulieu R 16 ,,Automatic’’-Kamera mit einer Bildgeschwindigkeit von 24 B/sec oder 64 B/sec ein und wertete die Filme durch Einzelbildprojektion aus. Zur genauen Untersuchung der Pillenformung benützte ich einen IVC-Nivico-Video Tape Recorder. Mehrere Form- vorgänge wurden mit einer TV-Kamera (JVC-Nivico TV Camera TK 210) auf Band aufgezeichnet und dann beim wiederholten Abspielen ausgewertet. Gewichte von Käfern und Pillen bestimmte ich mit Federwaagen (Phywe), ihre Größen mit einer Schieblehre. Dabei wurde zur Festlegung der Scarabaeen-Größe der Thorax - an seiner breitesten Stelle gemessen. Diese Größe läßt sich auch im Gelände ohne Schwierigkeiten exakt bestimmen und ist nicht so variabel wie die Länge des Käfers, die sich je nach Verhalten des Tieres ändert. Zur Ermittlung der Pillengröße bestimmte ich durch mehrere Messungen die unterschiedlichen Durchmesser der nie ganz symmetri- schen Pillen und errechnete daraus das arithmetische Mittel. 11 Vor den Ausschaltversuchen wurden die Tiere möglichst kurz in COz narkotisiert und dann operiert. Die Operationsstellen wurden mit 96 % Athanol betupft. So wurde durch Koagulation das Austreten größerer Mengen Hämolymphe vermieden und zu- gleich die Stelle desinfiziert. Nach der Operation wurden die Tiere mit Preßluft ange- blasen, um das Abdiffundieren des COz zu fördern. Nach einigen Minuten waren die Tiere dann wieder aktiv und zeigten nach dem Umsetzen in die Sandarena, wo sie sich vom Operationsschock erholen konnten, keine größeren Beeinträchtigungen ihres Ver- haltens. Frühestens 2 Tage nach der Operation wurden wieder ausgewertete Versuche durchgeführt. Zur Untersuchung von Morphologie und Struktur der Mundwerkzeuge stand mir ein Rasterelektronenmikroskop') (S 4—10 Cambridge Stereoscan) zur Verfügung. Die Präparate wurden an Luft getrocknet. Wegen der starken Chitinisierung der Käfer trat dabei keine zu große Schrumpfung auf. Während der Freilandarbeiten wurden die klimatologischen Werte im Biotop mit 3 La- borthermometern, 2 Schleuderthermometern, 1 Bodenthermometer, einem Anemome- ter (Lambrecht) und Feuchte-Indikatorstreifen (Dippel & Götze) bestimmt. Zur statistischen Prüfung der Daten wurde der Vierfelder-%2-Test (2.2.) und der Wil- coxon-Vorzeichen-Rangsummen-Test (2.5.2.) angewandt. Dabei wurde p < 0,05 als schwach signifikant, p S 0,01 als signifikant gewertet. 1) Mit Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft Al 56/6 12 ERGEBNISSE 1. Annäherung an die Duftquelle Nach Halffter & Matthews (1966) suchen die Käfer der Unterfamilie Scarabaeinae in der Regel fliegend nach Nahrung. Bei Freilandbeobachtungen in Andalusien konnte diese Aussage für Scarabaeus sacer bestätigt werden. 1.1 Start und Flug Im Labor durchgeführte Beobachtungen zum Start und Flug von Scarabaeus sacer er- gaben folgendes: Der Käfer zeigt vor dem Start ähnliche Verhaltensweisen, wie sie von Prasse (1960) für Sisyphus schaefferi beschrieben wurden. Vor dem Abflug läuft das Tier mit erhobenem Kopf und gespreizten Antennen unruhig umher. Dabei versucht es, seine Vorderbeine auf kleine Erhebungen zu stützen. Wenn dies gelingt, kann der Käfer beim Start den Körper vorn steil aufrichten. Dies gestattet eine größere Schlagamplitude während der ersten Flügelschläge, weil die Schlagbahn der Alae von hinten oben nach vorn unten ge- richtet ist. Hat das Tier eine für den Start geeignete Stelle gefunden, so hält es im Lau- fen inne. Nun folgen schnelle, trippelnde Bewegungen aller Beinpaare auf der Stelle. Dann hebt der Käfer die Elytren an — sie werden dabei in der Suturalverfalzung etwas N RK 4 Wo RT IUER RS Abb. 4: Startender Scarabaeus; die Flügel befinden sich in Aufschlagposition. 13 gespreizt —, faltet die Alae aus und bringt sie nacheinander in Flugstellung. Noch wäh- rend des Entfaltens und Vorschwenkens der Alae werden die Mittelbeine an die Seiten des Prothorax hochgeschlagen. Die Reihenfolge der Einzelhandlungen bei den Start- vorbereitungen ist die gleiche wie von Prasse (1960) für Gymnopleurus, Onthophagus und Caccobius beschrieben. Nun folgen einige Flügelschläge und das Tier hebt vom Boden ab (Abb. 4). Die Startdauer vom Anheben der Elytren bis zum Abheben des Tie- res ist in den 3 untersuchten Fällen annähernd gleich lang und beträgt im Mittel 0,36 sew) 0 sec (Abb. 5). ) 0,1 0,2 03 I ’ E ec] Abb. 5: Zeitbedarf der Startvorbereitungen (insgesamt 0,36 sec). a = Flügel ausklappen, b = Mittelbeine in Position bringen, c = Schlagen der Alae. Nach den ersten Flügelschlägen, welche den Käfer steil nach vorn aufwärts heben, geht das Tier in einen mehr horizontalen Flug über. Dabei werden die beim Start nach vorn gehaltenen Vorderbeine unter den Thorax gezogen und die Hinterbeine parallel zur Körperlängsachse nach hinten weggestreckt (Abb. 6). Dadurch erzielt der Käfer eine Verringerung seines Formwiderstandes. Die Position der Mittelbeine bleibt unverän- Mb Abb. 6: Fixiert fliegender Scarabaeus in typischer Flughaltung. Die Vorderbeine (Vb) sind unter den Thorax gezogen, die Mittelbeine (Mb) am Thorax hochgeschlagen, die Hinterbeine (Hb) parallel zur Körperlängsachse nach hinten weggestreckt. 14 dert. Während des Fluges schwingen die Elytren synchron mit den Alae. Am oberen Umkehrpunkt der Alae sind die Elytren maximal vom Abdomen abgehoben und in der Sutura geschlossen, beim Abschlag werden die Elytren zunehmend gesenkt und dabei in der Suturalverfalzung etwas gespreizt. 1.2 Verschiedene Flugphasen An in freier Natur fliegenden Scarabaeen kann man im Zusammenhang mit der Nah- rungsappetenz verschiedene Flugphasen beobachten, die sich nach den Kriterien Flug- höhe und Richtung zum Wind unterscheiden lassen. Auch beim Heiligen Pillendreher können — wie von Steiner (1953) für Geotrupes stercorarius beschrieben — Suchflug, Anflug und Landung unterschieden werden. Bei entsprechender Tages- und Jahreszeit und trockenem Wetter lösen innere Faktoren wie ,,Hunger’’ das Appetenzverhalten, den Suchflug, aus. Während des Suchfluges fliegt der Käfer Schleifen und Achterfiguren von 20 m bis 50 m Breite quer zum Wind. Dabei wechseln bei den Gegenwendungen fast regelmäßig Rechtskurven mit Linkskur- ven ab. Die Flughöhe bleibt über weite Strecken konstant. Sie ist vegetationsabhängig und beträgt über einer Wiese etwa 1 Meter. In einem bestimmten Gebiet fliegt der Käfer mehrere Schleifen bzw. Achterfiguren. Danach beobachtet man, daß das Tier plötzlich sein Verhalten ändert und vom Schleifenflug zu mehr oder weniger geradlinigem Flug übergeht. Diese Verhaltensänderung wird vermutlich durch ,,mangelnden Erfolg’’ des Schleifenfluges quer zum Wind ausgelöst. Welches Kriterium der Käfer zur Feststellung des mangelnden Erfolges benutzt (Dauer, Wegstrecke o.ä.), kann ich nach meinen Be- obachtungen nicht angeben. Dieser mehr oder weniger geradlinige Flug, bei dem grö- Bere Strecken (bis zu 200 m) zurückgelegt werden und den ich deshalb Ortsverände- rungsflug nenne, ist durch größere mittlere Flughöhe, Flug mit dem Wind oder in ei- nem spitzen Winkel mit dem Wind charakterisiert und bringt den Käfer rasch an einen anderen Ort. Außerdem kann Ortsveränderungsflug nach — offensichtlich versehentli- chem — Überfliegen einer Duftquelle ausgelöst werden. Der Käfer fliegt ein größeres Stück mit dem Wind zurück und beginnt wieder mit Schleifenflügen quer zum Wind. In den meisten Fällen findet er dann die schon vorher wahrgenommene aber danach verfehlte Duftquelle. Man kann aber auch noch ein anderes Flugverhalten beobachten. Der Käfer fliegt da- bei in Schleifen mit deutlich kleiner werdender Amplitude und in kleiner werdenden Winkeln zum Wind gegen diesen an. Während dieses Zick-Zack-Fluges wird die Flug- höhe kontinuierlich gesenkt. Die Beobachtungen zeigten, daß es sich um den Anflug auf eine Duftquelle handelt. Dieser wird anscheinend dann ausgelöst, wenn der Käfer während des Suchfluges Mistgeruch wahrnimmt. Das Verhalten der Tiere deutet darauf hin, daß Scarabaeus sacer im Duftgradienten schräg gegen den Wind anfliegt und bei seitlichem Verlassen der Duftfahne osmoklinotaktische Wendungen ausführt. Die letz- te Phase des Anfluges (0,5—1 m) wird in einem niedrigen (0,1—0,2 m), geradlinigen, langsamen Flug gegen den Wind, direkt auf die Duftquelle zu, zurückgelegt. Die Beob- achtungen von Comignan (1928), Heymons & v. Lengerken (1929), Warnke (1931), 15 Halffter & Matthews (1966) und eigene Ausschaltversuche zeigten, daß die Antennen die wichtigsten Organe für die Geruchs-Fernorientierung sind (vgl. Ausschaltversuche). Auch optische Reize wurden von mir auf ihre Auslösewirkung hin im Freiland über- prüft. Als Attrappen verwendete ich größere, mit brauner Farbe besprühte Steine und Knäuel von dunklem Sackleinen, die im hellen Sand gut sichtbar waren. In keinem Fall konnte ich damit Anflug auslösen. Bot ich zusätzlich noch in etwa 1 m Entfernung ge- ruchliche Reize (Mist in vergrabenen Plastikbechern), so zeigte sich, daß auch bei der Orientierung in der Nähe der Futterquelle optische Reize unwirksam sind. Gegen eine auslösende Wirkung letzterer spricht auch das gelegentliche Überfliegen der Faeces durch Scarabaeus sacer beim Anflug. Tabelle 1: Verschiedene Flugphasen, die im Zusammenhang mit der Nahrungsappetenz beobachtet werden können. Art des Fluges Flughöhe Richtung Flugverhalten zum Wind Ortsver- vegetationsabhängig mit geradliniger Flug ände- &2m dem (bis 200 m weit) rungs- max. 5 m Wind flug min. 0,5 m vegetationsabhangig Flug in Schleifen- O©lm und Achterfiguren Schleifen- max. 2m mit Gegenwendun- flug min. 0,5 m gen, Flughöhe über weite Breite der Schleifen strecken konstant 20 m—50 m © 0,5 m beim Flug im Duft- max. Im gradienten vermutlich min. 0,1 m osmoklinotaktische Flughöhe und Flug- Wendungen an den geschwindigkeit Rändern der Duft- nehmen während fahne, übergehend des Anfluges ab in geraden Anflug Tabelle 1 zeigt, daß ein Zusammenhang zwischen Fluggeschwindigkeit und Flughöhe besteht. Naheliegend ist eine optische Steuerung, wie sie Steiner (1953) für Geotrupes stercorarius annimmt, und wie sie unter anderem für die Flugsteuerung der Biene — besonders deutlich bei der optisch geregelten Wind-Verdriftungs-Kompensation — beschrieben ist (v. Frisch & Lindauer 1955; Heran 1956). Die Winkelgeschwindigkeit, mit der unter dem Tier optische Muster vorbeiziehen, hängt bei konstanter Flughöhe von der Fluggeschwindigkeit gegenüber dem Untergrund ab. Diese aber wird ihrerseits von der Richtung zum Wind beeinflußt. Wenn das Tier nun die Winkelgeschwindigkeit konstant hält, muß es bei unveränderter Eigengeschwindigkeit seine Flughöhe vari- ieren. Vermutlich ist diese Art der Flugsteuerung auch bei Scarabaeus sacer verwirk- licht. Der Käfer fliegt mit zunehmender Annäherung niedriger und langsamer. Unge- 16 klärt bleibt dabei aber, wie der Käfer nachts bei Neumond und bedecktem Himmel in völliger Dunkelheit seinen Flug steuert. 1.3 Landung und Lauf zur Duftquelle Die Landung erfolgt im Mittel 0,86 + 1,42 m (n = 14) vor dem Mist (maximal 5 m, minimal 0 m). Der Käfer läßt sich dabei durch Zusammenklappen der Flügel fallen. Landen nach Überfliegen der Duftquelle (vgl. Steiner 1953) konnte ich nur einmal be- obachten. Nach der Landung richtet sich das Tier auf, zeigt die von Heymons & v. Len- gerken (1929) beschriebene ,, Witterstellung’’ und läuft dann aus bis zu 5 m Entfernung mit gehobenen Antennen und weit gespreizten Fühlerkeulen geradlinig auf die Duft- quelle zu. Ein Verfehlen derselben konnte ich im Freiland beim Anlauf nie beobachten. Diese sichere Orientierung zur Duftquelle hin wird bei den Scarabaeen durch positiv- anemotaktisches Verhalten gewährleistet, welches über die Geruchsrezeptoren der Antennen ausgelöst und vom Luftstrom gerichtet wird, vermutlich über die Johnston’schen Organe (Linsenmair 1973). Wenige Zentimeter vor der Duftquelle zeigen alle Tiere das von Heymons & v. Lenger- ken (1929) beobachtete Palpenfächeln, das Warnke (1931) auch bei Geotrupes silvati- cus fand. Dabei werden die beiden äußeren Segmente der viergliedrigen Maxillarpalpen 3 ae . Cis. ig Le Of "4. aN Abb. 7: Aufnahme eines Scarabaeen-Kopfes von der Unterseite (Montage aus 4 Stereoscan-Bil- dern). Der Ausschnitt zeigt die Region der Mundwerkzeuge (20fach). 197 \ SS S ‘ Wi ae Abb. 8: Palpus maxillaris, distales Glied. Die Oberfläche ist an der Unterseite löffelartig vertieft und bildet eine nach distal schmaler werdende Rinne, in der etwa 600 versenkte Haare liegen (110fach). Abb. 9: In Gruben versenkte Haare in der Rinne auf dem distalen Glied des Palpus maxillaris (800fach). N . 8 We S urn EN WMH S> RN RR ROAR SG ® QA \ \ N x N N N 18 (Abb. 7) rasch (etwa 50 mal/sec) in der Ebene des Kopfschildes horizontal hin- und her- gefächelt, ohne dabei das Substrat zu berühren. Dieses Verhalten dient nach Warnke (1931) der Geruchs-Nahrezeption. Er vermutet in den 60— 70 ‚‚niedergelegten und ver- senkten Haaren’’ auf den distalen Gliedern der Maxillarpalpen von Geotrupes silvati- cus Geruchsrezeptoren. Abweichend von Geofrupes ist beim Heiligen Pillendreher die Oberfläche des distalen Palpengliedes an der Unterseite löffelartig vertieft und bildet nach distal eine Rinne, deren Ränder in der Mitte stark überwölbt sind und nach distal und proximal flacher werden (Abb. 8). In dieser Rinne liegen etwa 600 Haare, die stets in Gruben versenkt sind (Abb. 9). Ihre Funktion besteht, wie eigene Ausschaltversuche sehr wahrschein- lich machten, in einer Geruchsperzeption. 2. Arbeit am Mist 2.1 Verhalten nach der Landung Wenn die Scarabaeen den Mist erreicht haben, erklettern sie diesen und laufen rasch auf seiner Oberfläche umher. Dabei werden die beiden distalen Segmente der Maxillar- palpen synchron vertikal auf und ab bewegt. Diese Aktion der Palpen verläuft langsam (etwa 2mal je sec) und unterscheidet sich deutlich vom Palpenfächeln. (Auch während Abb. 10: Rekonstruktion der Palpenbewegung bei Kontakt mit Mist nach Einzelbildauswertung eines 16 mm Films (Bildgeschwindigkeit 24 Bilder/sec). 19 Abb. 11: Spitze des distalen Palpengliedes des Palpus maxillaris. Auf der Spitze befinden sich etwa 50 kugelige Strukturen (2200fach). der gesamten Pillenformung bewegt der Heilige Pillendreher die Palpen in der eben beschriebenen Weise. Vgl. 2.5.2). Durch Einzelbildanalyse von Filmaufnahmen konnte ich ermitteln, daß dabei die Spit- ze des distalen Maxillarpalpengliedes mit dem Mist in Kontakt gebracht wird (Abb. 10). Eine Untersuchung der Maxillar- und Labialpalpenspitzen von Scarabaeus sacer unter dem Rasterelektronenmikroskop zeigte auf den Palpenspitzen Strukturen von kugeli- ger Gestalt, die morphologisch den in derselben Position bei Geotrupes beschriebenen Rezeptoren (Warnke 1931; Winking-Nikolay 1975) ähneln (Abb. 11). Wie aus der Arbeit von Warnke (1931) hervorgeht, dienen die Spitzen der Maxillar- und Labialpalpen bei Geotrupes der Kontaktchemorezeption. Dies gilt auch für andere Tabelle 2: Anzahl vergleichbarer Strukturen auf den Palpen von Geotrupes silvaticus (Warnke 1931) und Scarabaeus sacer ae NL" kugelige Strukturen auf der Palpenspitze Scarabaeus Maxillarpalpen versenkte Haare auf dem 60—7 600 distalen Glied : ; kugelige Strukturen - Labialpalpen auf der Palpenspitze 20 2) 20 Coleopteren. Bei Galerita janus (Fam. Carabidae), Epicauta pennsylvanica (Fam. Meloidae), Cauliognathus pennsylvanicus (Fam. Cantharidae) und Tetraopes tetra- ophthalmus (Fam. Cerambycidae) kommen Frings & Frings (1949) zu demselben Er- gebnis. Eigene Ausschaltversuche lassen ebenfalls die Aussage zu, daß bei Scarabaeus sacer unter anderem die Spitzen der distalen Glieder beider Palpenpaare Kontaktche- morezeptoren tragen. Durch das vorher geschilderte Verhalten wird vom Heiligen Pillendreher also zunächst die Mistoberflache ,,abgeschmeckt’’. Danach verhalten sich die Scarabaeen von Fall zu Fall unterschiedlich. Tabelle 2 zeigt, daß Scarabaeus sacer auf den Maxillarpalpen wesentlich mehr von den verglichenen Strukturen besitzt. 2.2 Auslösung der Pillenformung Im Freiland kann man beobachten, daß Scarabaeen von frischem Kuhmist stark ange- zogen werden. Sie laufen zunächst auf den Fladen umher, verlassen sie aber nach weni- gen Minuten wieder und beginnen erneut mit Suchflügen. Ist der Kuhmist dagegen etwas angetrocknet, so löst er Formung aus. Zu ausgetrockneter, fester Mist wirkt ver- mutlich nicht mehr anziehend (Heymons 1927). Ich nahm aufgrund dieser Beobachtun- gen an, daß eine bestimmte Konsistenz einen der auslösenden Reize für die Pillenfor- mung darstellt. Im Labor konnte ich durch Zumischen von Sägemehl zu frischem Kuh- mist Formung auslösen. Die Menge des Sägemehls variierte dabei je nach Flüssigkeits- gehalt des frischen Mists. Am besten ließ sich Pillenformung auslösen, wenn ich soviel zugab, daß das Gemisch gerade gut zusammenklebte. Vermutlich prüft Scarabaeus sacer die Konsistenz beim normalen Laufen über den Mist mit den Extremitäten. Spe- zielle, prüfende Bewegungen oder Formversuche konnte ich bei falscher Konsistenz des Mists nie beobachten. Aber auch, wenn die Konsistenz Pillenformung ermöglichen würde, formen nicht alle Scarabaeen. So traf ich von 107 im Freiland am Mist beobachteten Heiligen Pillendre- hern 70 formende Käfer an, während 37 Tiere an der Oberfläche oft stundenlang nur fraßen. Da vor allem die Pillenformung im Labor genauer analysiert werden sollte, un- tersuchte ich im Freiland alle meßbaren Faktoren, die als mögliche auslösende Reize für eine der beiden beobachteten Reaktionsweisen in Frage kamen. Während der Monate Mai und Juni 1975 konnte keine allmähliche Veränderung der Häufigkeit von Fressen am Mist und Formung beobachtet werden. Somit können für diese Monate jahresrhythmische Einflüsse ausgeschlossen werden. Ebenso zeigte ein Vergleich der Daten verschiedener Tageszeiten — man könnte an tagesrhythmische Ab- hängigkeit der Reaktionsweisen denken — keine Unterschiede. Dies gilt aber nur für Beobachtungen an tagsüber aktiven Scarabaeen; über das Verhältnis von formenden Tieren unter den in der Nacht aktiven Käfern kann ich keine ausreichend genauen Aus- sagen machen. Dagegen ergaben die Beobachtungen der Scarabaeen im Freiland, daß das Wetter das Verhalten der Tiere beeinflußt. So vergruben sich die Käfer bei regnerischem, feuchtem 2) Wetter oder blieben vergraben. Durch spezielle Untersuchungen sollten die klimati- schen Einzelfaktoren ermittelt werden, deren Veränderung eine der beiden Reaktions- weisen auslöst. Ein Vergleich der Lufttemperatur 1,5 m über dem Boden (Flughöhe), der Lufttempera- tur 1 cm über dem Boden (Laufhöhe) und der Misttemperatur (in 2 cm Tiefe) jeweils für formende und fressende Scarabaeen ergab keine Korrelation mit der Formaktivität. Wie Abbildung 12 zeigt, war die Temperatur der Umgebung oder des Mists für die be- vorzugte Auslösung einer der beiden Verhaltensweisen in den angegebenen Bereichen unerheblich. Auch ein Vergleich der während der Formung bzw. des Fressens gemesse- nen Werte von Luftdruck, Dampfdruck und relativer Luftfeuchte zeigt keine mit einer der Verhaltensweisen korrelierbaren Unterschiede. 15 " 10 Luft 5 10 Mist 5 15 20 25° ie K | Abb. 12: Anzahl formender (weiße Säulen) und fressender (graue Säulen) Scarabaeen bei unter- schiedlicher Luft- und Misttemperatur. 9 Wahrscheinlich spielt aber der Bewölkungsgrad eine Rolle (Tab. 3). Bei sonnigem Wet- ter war das Verhältnis zugunsten der formenden Käfer verschoben. Da bei direkter Sonnenbestrahlung eine höhere Austrocknungsgefahr für den Dung besteht, könnte das Verhalten der Käfer darauf in sinnvoller Weise eingestellt sein. In heißeren Gegen- den wie in Tunesien findet man nämlich von Frühsommer bis Spätherbst ausschließlich Pillen formende Scarabaeen (Linsenmair, mdl.). 22 Die Beobachtungen bei sonnigem und bewölktem Wetter schließen frischen und älteren Mist ein, die Beobachtungen an frischem und älterem Mist sowohl sonniges als auch bewölktes Wetter. Tabelle 3: Anzahl der Beobachtungen von Fressen und Formung bei (a) sonnigem und bewölktem Wetter, (b) frischem (bis 2 Stunden alt) und älterem Mist. Die Daten wurden bei einer mittleren Misttemperatur =, S21 ae ie Lufttemperatur = soba I LOBES relativen Luftfeuchte = 82 2+ 4,1 % gewonnen. p < 0,05 p < 0,001 Die Daten wurden nach dem Vierfelder-X?-Test auf signifikante Abweichung von einer Gleichverteilung geprüft. Im ersteren Fall kann die Unabhängigkeitshypothese mit p < 0,05 abgelehnt werden, im zweiten Fall mit p < 0,001. Aus Tabelle 3 ergibt sich, daß frischer Mist (bis zu 2 Stunden alt) Formung auslöst, älterer Mist hingegen vermehrt Fressen an der Oberfläche. Hierbei spielen anscheinend die Veränderungen an der Mistoberfläche eine wesentliche Rolle. So konnte ich in einem Fall durch Umwenden eines Kothaufens bei einem fressenden Scarabaeus Pillen- formung auslösen. Puzanowa-Malyschewa (1956) nimmt an, daß die Intensität des Mistgeruchs für die Auslösung der Formung wichtig ist. Sie Konnte zeigen, daß durch systematisches Ver- dünnen des angebotenen Mists mit grüner Mastix (es wird nicht klar, was damit ge- meint ist) Formung immer seltener ausgelöst wird und bei weniger als 50 % Mistanteil sogar ganz unterbleibt. Die Tatsache, daß ich beide Verhaltensweisen auch gleichzeitig an demselben Kothau- fen beobachten konnte, kann darauf zurückzuführen sein, daß endogene Komponen- ten (,,Stimmungen’’) beteiligt sind oder daß individuelle Unterschiede der Reaktions- norm existieren. Es wären dann Bedingungen gegeben, die bei einem Käfer gerade noch Formung auslösen, bei anderen Tieren dagegen nur noch Fressen am Mist. Ein im Freiland nicht faßbarer Faktor war das Alter der Tiere. Der Abnutzungsgrad der Zähne des Kopfschildes und der Vordertibien ist m.E. kein hinreichend exaktes Kri- terium zur Altersbestimmung, da er nicht nur altersabhängig, sondern auch substratab- hängig ist. Nach eigenen Laborbeobachtungen beeinflußt das Lebensalter das Verhal- ten der Tiere merklich. Käfer, die älter als 1 Jahr sind, fertigen kaum noch Pillen und fressen in erster Linie direkt am Mist. 23 2.3 Ablauf der Pillenformung Wenn die endogene Handlungsbereitschaft vorhanden ist und äußere Faktoren wie sonniges Wetter und frischer Mist von richtiger Konsistenz als Auslöser hinzukommen, beginnen die Heiligen Pillendreher eine Pille zu formen. Bereits J. H. Fabre (1891) gab davon eine gute Beschreibung, die durch Beobachtungen von Comignan (1928) und v. Lengerken (1951) ergänzt wurde. Von Lengerken (1951) schildert die Formung einer Pille durch Scarabaeus sacer: ,,Wir sehen, wie er den gezackten Rand seines Kopfschil- des immer von neuem in den weichen Stoff hineindrückt, den Kopf dann in die Hori- zontalebene hebt und durch diese Bewegung etwas Dung nach vorn aufwärts schiebt. Zur gleichen Zeit greifen die Vorderbeine jedesmal in den entstandenen Spalt ein und scharren schnell etwas Stoff unter die Bauchseite. Indem sich der Käfer auf seiner Ar- beitsstelle dauernd hin und her wendet und dabei das eben geschilderte Verfahren stän- dig wiederholt, entsteht zunächst eine Kugelkalotte aus Dung, die von einem ringförmi- gen Graben umgeben ist. Infolge des gleichmäßigen Abstechens von Mistbrocken wird der Ringgraben proportional zum Anwachsen des Ballens schnell tiefer. Der Ballen un- ter dem Käfer gestaltet sich langsam zur Kugel, zur ,,Pille’’, die ihm seinen deutschen Namen ,,Pillendreher’’ eingetragen hat. Um den dem Boden aufliegenden Teil der ent- stehenden Pille der Kugeloberfläche einzupassen, zwängt sich das Tier von allen Seiten her unter das Gebilde, wobei es die Kugel jeweilig etwas anhebt und fiir einen kurzen Augenblick aus ihrer zentralen Lage in der inzwischen entstandenen Mulde heraus- kippt, da sein Körper wie ein Keil wirkt. Niemals aber wird die Pille gedreht, gerollt oder irgendwie von der Stelle bewegt.” 2.4 Dauer der Pillenformung Die Heiligen Pillendreher benötigten in Andalusien zur Herstellung einer Pille im Mittel 32 + 25 Minuten (n = 23). Die längste von mir beobachtete Zeit, 85 Minuten, formte ein Scarabaeus am 22. Mai 1975. Der Käfer arbeitete bei kühlem Wetter und bedecktem Himmel (Lufttemperatur in 1 m Höhe 22° C) von 12.55 bis 14.20 Uhr an einer Pille aus Pferdemist. Die fertige Pille war sehr regelmäßig, wurde aber dennoch von dem Tier während des Rollens mehrmals verbessert (vgl. 3.2). Am selben Tag konnte ich auch die kürzeste Formzeit, 7 Minuten, messen. Von 23.43 bis 23.50 Uhr formte ein Scarabaeus bei sternklarer, mondheller Nacht (Lufttempera- tur in 1 m Höhe nur 13° C) ebenfalls eine Pferdemist-Pille. Diese hatte durchschnittli- che Größe und war etwas unregelmäßig, ihre Form wurde aber während des Rollens nicht weiter verbessert. Beide Tiere arbeiteten ungestört, die gemessenen Zeiten entfal- len deshalb ganz auf die Formung. Diese und andere Freiland- und Laborbeobachtungen zeigen, daß die Temperatur in weiten Grenzen keinen signifikanten Einfluß auf die Formdauer ausübt (Abb. 13). Da- gegen stellt die innerartliche Konkurrenz einen Faktor dar, der die Formdauer verkür- zen kann (vgl. 3.1). Formdauer Abb. 13: Dauer der Pillenformung bei verschiedenen Temperaturen. In weiten Grenzen übt die Temperatur keinen signifikanten Einfluß aus (Korrelationskoeffizient: 0,2783; p > 0,05). 2.5 Verhaltenselemente der Pillenformung Wie schafft es der Heilige Pillendreher nun, die typische symmetrische Kugelform zu erreichen? Ein Grund liegt nach v. Lengerken (1951) in der Anatomie des Käfers. Er schreibt dazu: , Die Fähigkeit, Körper von Kugelgestalt zu formen, ist in der Organisation des Käfers begründet. Die Hinterbeine sind sehr weit hinten am Körper eingelenkt und die Hüften der Vorderbeine erweisen sich als erheblich nach dem Kopf hin verlagert. Im Verhältnis zur relativen Kleinheit des Körpers wird der Aktionsradius der Beine auf diese Weise stark vergrößert. Von Bedeutung sind ferner die Länge der Hinterbeine sowie die Ge- samtgestaltung der einzelnen Extremität. Sowohl Ober- als auch Unterschenkel aller Beine sind bogig gekrümmt.’’ Obwohl der Heilige Pillendreher zur Pillenformung verschiedenes Material verwendet, erreicht er jedesmal eine nahezu symmetrische Kugelgestalt. Genügt hierzu ein völlig starres Instinktprogramm oder ist das Programm, das heißt die Kombination einzelner Bewegungskoordinationen mehr oder weniger flexibel? Um dieser Frage nachzugehen, wurde die Formung der Pillen eingehender analysiert. Wie genaue Videoaufzeichnun- gen zeigten, setzt sich jeder Formvorgang aus 7 verschiedenen, immer wiederkehrenden Verhaltenselementen zusammen (Abb. 14): 23 — Festdrücken — Der Käfer sitzt auf der Pille und drückt mit den Vorderti- bien alternierend Mist an die Pille. Die Extremitäten liegen dabei symmetrisch auf der Kalotte. Durch den Druck der Vorderbeine entsteht gleichzeitig — als Gegenkraft — Zug auf Mittel- und Hinterbeine, so daß sich der Mist unter dem Tier hochwölbt. Die Pille wächst so über die ursprüngliche Mistoberfläche hinaus. Festdrück-Bewegungen charakterisieren den Beginn jeder Formung. — Sammeln — Der Pillendreher streckt sich weit nach vorn, nur die Hinterti- bien umklammern noch die Pille. Mit den Vorderbeinen scharrt das Tier Mist unter sei- nen Körper. Größere Halme werden dabei durch ‚‚Zerpflücken’’ und ‚‚Wegschieben’’ (siehe unten) aussortiert. Dann zieht der Käfer den Mist durch Zurückverlagern des Körpers mit den Vordertibien an die Pille, hebt ihn manchmal noch ein Stück an der Kugeloberfläche hoch und drückt ihn fest. Auf ,,Sammeln’’ folgen immer Festdrück- Bewegungen. Dabei wird der Mist stets in dem Sektor festgedrückt, wo er gesammelt wurde. Eine Verlagerung an andere Stelle kommt nie vor. Diese ergibt sich aber passiv durch das ,,Festdriicken’’ mit den Vordertibien, wobei Material zu den Seiten hin aus- weicht. — Sich drehen — Alle Drehbewegungen erfolgen auf dem oberen Pol der Pil- le um die Hochachse des Tieres, entweder nach links oder nach rechts. Durch eine Schrittfolge ändert ein sich drehender Käfer bei ,,normaler’’ Pillenoberfläche (vgl. 2.5.2) seine Position um etwa 30°, bei großen Schritten etwa um 60°. Größere Winkel- beträge werden durch mehrere Schrittfolgen erreicht. — Zerpflücken — Befinden sich einzelne, längere Halme an der Oberfläche der entstehenden Pille, so werden diese entfernt. Hierzu steckt der Scarabaeus die ge- zähnten Vordertibien nebeneinander an der Stelle, wo sich ein Halm befindet, in den Mist. Dann zieht er sie seitlich so auseinander, daß dadurch der Halm herausgezogen wird. Oft folgt eine ,,Wegschiebe’’-Bewegung. — Wegschieben — Der Käfer schiebt mit dem Kopfschild oder den Vorder- tibien Mist, der nicht festgedrückt oder gesammelt wird, weg. Diese Bewegung dient besonders der Schaffung freien Raumes zwischen der entstehenden Pille und dem rest- lichen Mist. Der daraus resultierende Ringgraben ermöglicht dem Scarabaeus das „Unterkriechen’’. — Unterkriechen — Dieser Ausdruck beschreibt das kopfüber nach vorn- unten Kriechen des Tieres, das vom oberen Pol der Pille aus erfolgt und besonders am Ende der Formung von ‚‚Festdrücken’’ begleitet wird. Anschließend führt die umge- kehrte Bewegung zurück zum oberen Pol. — Pille kippen — Inder Endphase der Formung, wenn die Pille bereits weit- gehend Kugelgestalt hat, kriecht der Pillendreher unter die Pille, stemmt seinen Kopf- schild zwischen Pille und Boden und kippt die Pille mit den Hinterbeinen aus ihrer Lage. Er kann so auch die Schichten am unteren Pol der Pille festdrücken. Dieser Vor- gang wird mehrfach an verschiedenen Stellen wiederholt. Abb. 14: Verhaltenselemente der Pillenformung: 1 = Festdrücken, 2 = Sammeln, 3 = Sich dre- hen, 4 = Zerpflücken, 5 = Wegschieben, 6 = Unterkriechen, 7 = Pille kippen. Beschrei- bung im Text. Aus dieser Bewegung heraus erfolgt für den Beobachter übergangslos das Rollen der Pille. Der Käfer nimmt beim ,,Pille kippen’’ bereits die für das Rollen typische Position ein. 2.5.1 Häufigkeit von Verhaltenselement-Wechseln und Zeitbedarf der Verhaltensele- mente Nachdem die verschiedenen Verhaltenselemente definiert worden waren, konnte be- stimmt werden, wie oft der Käfer im Gesamtablauf einer Pillenformung von einem Ver- haltenselement zu einem anderen wechselt. (Ein Verhaltenselement wird also jeweils von zwei anderen Verhaltenselementen ,,eingerahmt’’. Die Dauer der einzelnen Verhal- tenselemente bleibt dabei unberücksichtigt.) Im folgenden wird die Häufigkeit der Ver- haltenselement-Wechsel kurz als ,,Haufigkeit der Verhaltenselemente’’ bezeichnet. Um auch über Änderungen der Häufigkeit der Verhaltenselemente während einer ein- zelnen Pillenformung eine Aussage machen zu können, faßte ich die Zahl der Wechsel für Abschnitte von jeweils 5 Minuten zusammen und verglich intervallweise die Häufig- keit der Verhaltenselemente vom Anfang bis zum Ende der Formung. Zur Bestimmung des Zeitbedarfs der einzelnen Verhaltenselemente wurde mit einer Stoppuhr die Dauer eines jeden Verhaltenselements — also jeweils die Zeit zwischen Zu zwei Wechseln — gemessen. Auch in diesem Fall wurde ein Formvorgang in 5-Minu- ten-Intervalle zerlegt und die für die einzelnen Verhaltenselemente gemessenen Zeiten 1ert. halb dieser Intervalle aufsumm Die Auswertung der gewonnenen Daten ergibt folgendes Inner Ein Vergleich von Häufigkeit je ıtten einer einze bzw. Zeitbedarf eines Verhaltenselements in den 5-Minuten-Abschni %$ RR OSS BANS 2S © OR Ox IR RR © x LS AR OY SRR as 7 Xx eo x RR SL <3 GV. ras 5 Q ÖL OR x 7 RR RR O GL 2 2° 2% <5 ras ‘ one ‘ “ TKR % OD SY RR Og ie) kei Haufi . . Abb. 15 360°). t der Verhaltenselement-Wechsel für 4 Formvorgänge verschiedener Käfer ig (Gesamtzahl der Wechsel = 100 % : 22,5 Minuten Formdauer Formdauer Formdauer Formdauer Bei Pferdemist kommen ,,Zerpfliicken’’ und ‚‚Wegschieben’’ wegen der Halmbestandteile häufi- ger vor als bei Kuhmist. 1 . ’ A = Formung einer Pille aus Kuhmist B = Formung einer Pille aus Kuhmist C = Formung einer Pille aus Pferdemist D = Formung einer Pille aus Pferdemist 20,0 Minuten ’ 22,0 Minuten ’ 85,0 Minuten . ’ 3 = Unterkriechen 6 = Zerpflücken 2 = Sich drehen 5 = Sammeln Festdrücken Pille kippen = Wegschieben a 7 28 nen Formung zeigt große Variabilität. Dagegen zeigt der Gesamtablauf verschiedener Formungen unterschiedlicher bzw. auch gleicher Tiere weitgehende Übereinstimmung. Für alle (n = 11) untersuchten Formvorgänge (Kuh-und Pferdemist) sind die relativen Anteile der einzelnen Verhaltenselemente annähernd gleich groß und unabhängig vom Zeitaufwand für die gesamte Formung (Abb. 15). Die Käfer wechselten bei der Formung ihrer Pillen am häufigsten zum Verhaltensele- ment ,,Festdriicken’’. ,,Sich drehen’’ und ,,Sammeln’’ folgten in ihren Häufigkeiten (Abb. 16.A). Auch bei der Analyse des Zeitbedarfs ergab sich, daß ein Scarabaeus wäh- rend der Pillenformung mehr als die Hälfte der Zeit für das ,,Festdriicken’’ des Mists aufwendet (Abb. 16.B), etwa Ys der Zeit nimmt das ,,Sammeln’’ in Anspruch. Alle übrigen Verhaltenselemente laufen relativ rasch ab, ihr Zeitbedarf ist vergleichsweise gering. Am deutlichsten wird der Unterschied zwischen Häufigkeit und Zeitbedarf bei den Drehungen des Heiligen Pillendrehers auf der Pille. Während ,,Sich drehen’’ das zweithäufigste Verhaltenselement ist, beansprucht es nur etwa Y2o der Zeit für eine voll- ständige Formung. Drehungen erfolgen also häufig und rasch (Abb. 16.A, B). fone) oo% LE S25 SRK RS RR ELEE 525 SOK I res ess oe S Yee 5 Nes ‘es ‘es x X > res <5 S25 & % Yen Yes ltr, Abb. 16: Vergleich von Wechselhäufigkeit ,,A’’ (Gesamtzahl der Wechsel = 100 % = 360°) und Zeitbedarf ,,B’’ (Gesamt-Zeitdauer = 100 % = 360°) der Verhaltenselemente fiir ein und densel- ben Formvorgang. ,,Sich drehen’’ ist das zweithäufigste Verhaltenselement, beansprucht aber nur etwa 20 der gesamten Formzeit. (Der Zeitbedarf von ,,Wegschieben”’ ist so gering, daß er in der Graphik nicht darstellbar ist.) Legende siehe Abbildung 15. Vergleicht man die Häufigkeit und den Zeitbedarf der Verhaltenselemente in den auf- einander folgenden 5-Minuten-Abschnitten einer Formung, so zeigt sich, daß in allen beobachteten Fällen ‚‚Sammeln’’ von Mist seltener wird, das ‚‚Unterkriechen’’ aber häufiger. ,,Pille kippen’’ ist typisch für die Endphase der Formung und kommt nur in dieser vor. Alle übrigen Verhaltenselemente treten unterschiedlich häufig auf und zeigen keine sy- stematische Häufigkeitsänderung im Verlauf der von mir untersuchten Formvorgänge (Abb. 17). 5 SL DELL O \Sececocenen OLDS KR SL RER RAR 2 Yes RS Yes ‘es SS SE EEEEEEERL es 550505 enarerere eee eee SOON ER % RER ves REEL EEEEL x 2 2 GL OS? % RL Abb. 17: Zeitbedarf der Verhaltenselemente in den einzelnen 5-Minuten-Abschnitten einer Pillen- formung, wie sie sich als typisch bei der Analyse von (n = 11) Formvorgängen erwiesen haben. (Teile von Abbildung 16 ,,B’’; Gesamtformdauer = 20 Min.). ,,Sammeln’’ nimmt ab; ,,Unter- kriechen’’ nimmt zu; ,,Pille kippen’’ ist typisch für die Endphase; ,,Sich drehen’’ ist annähernd gleich verteilt. Legende siehe Abbildung 15. Eine Zweiteilung in ,,cutting phase’’ und ,,shaping phase’’, wie sie von Matthews (1963) für Canthon pilularius beschrieben wird, läßt sich bei der Pillenformung durch Scarabaeus sacer nicht erkennen. 2.5.2 Die Drehbewegungen des Scarabaeus auf der Pille und deren Steuerung Eine der wichtigsten Fragen, die sich bei der Untersuchung der Formung stellt, ist die, wie die symmetrische Kugelgestalt der Pille entsteht. Da die Drehbewegungen des Kä- fers um die eigene Achse bereits zu einem Kreis führen, der ein wichtiges Element der Kugelform darstellt, wurde diese Verhaltensweise besonders genau untersucht. Um das Instinktprogramm dabei auf das Ausmaß der Starrheit bzw. Flexibilität zu prüfen, wurde folgenden Fragen nachgegangen: 30 — Ist die Auslösung einer Drehbewegung abhängig von der Dauer (Zeitprogramm) oder Zahl der unmittelbar vorangegangenen Bewegungen? — Erfolgen Drehungen zufällig, d. h. unabhängig von vorausgegangenen Drehungen oder sonstigen Verhaltenselementen, oder haben Drehungen in eine Richtung Gegen- wendungen (um mehr oder weniger genau denselben Winkelbetrag) in die andere Rich- tung zur Folge bzw. treten bevorzugt Drehungen in einer Richtung auf (d. h.: liegt ein ,,Drehprogramm”’ vor, das eine gleichmäßige Bearbeitung der gesamten Kugel garan- tiert)? Dazu wurden Formvorgänge von Tieren untersucht, von denen mehrere Formungspro- tokolle vorlagen. Es zeigte sich, daß die Auslösung einer Drehbewegung keine Bezie- hung zu Dauer und Zahl der vorhergegangenen Handlungen erkennen läßt. Die Dreh- bewegungen erfolgen statistisch verteilt nach links oder rechts, wie eine Prüfung mit dem Wilcoxon-Vorzeichen-Rangsummen-Test (Weber 1972) ergab (Abb. 18). Aufgrund dieser Beobachtungen vermutete ich, daß weder ein Zeitprogramm noch ein Drehprogramm die Drehbewegungen des formenden Scarabaeus steuert. Vielmehr legen die Ergebnisse nahe, daß der Käfer sich nach dem Zustand der Pillenoberfläche richtet. Das Tier würde sich demnach dann weiterdrehen, wenn diese einem endogenen Sollwert entspricht. Das Abstoppen der Drehbewegung aber würde umgekehrt durch Unebenheiten der Kugeloberfläche ausgelöst werden. Dazu wäre es notwendig, daß Scarabaeus sacer Vertiefungen und Erhebungen der Pillenoberfläche wahrnehmen kann. Um dies zu überprüfen, schloß ich eine Reihe von Versuchen an, bei der ich die Pillenoberfläche veränderte. Die Wirkung von Vertiefungen untersuchte ich, indem ich während der Formung mit einem Bleistift Löcher von 8 mm Durchmesser und 20 mm Tiefe in die Pillenoberfläche stach. Dies geschah stets zwischen den Hinterbeinen des formenden Käfers, da er bei Anwendung dieser Methode am wenigsten gestört wurde. Wenn der Scarabaeus mit den Hinterbeinen oder Mittelbeinen in die Löcher hineinfaßte, war keine Reaktion be- obachtbar. Die Löcher schlossen sich im Laufe der Festdrück- und Drehbewegungen entweder durch den Zug der Hinter- und Mittelbeine oder durch Druck mit den Vor- derbeinen. Spezielle Arbeiten an einem Loch erfolgten nicht. Die Formungsstrategie des Scarabaeus macht spezielle Arbeiten an Vertiefungen anscheinend überflüssig. - Zur Simulierung von Erhebungen wurden Möbelknöpfe und halbierte Zahnstocher ver- wendet. Diese steckte ich zwischen den Hinterbeinen des formenden Scarabaeus in die entstehende Pille. Auch hier war nach Berühren mit den Hinterbeinen oder Mittelbei- nen keine Reaktion des Tieres feststellbar. In allen Fällen formte der Käfer ungestört weiter. Erst wenn er nach Drehbewegungen zufällig mit den Vorderbeinen einen Mö- belknopf oder Zahnstocher berührte, wurde die Unebenheit wahrgenommen und durch Zerpflück- und Wegschiebebewegungen der Vorderbeine entfernt. Hinter- und Mittelbeine spielen demnach bei der Beurteilung der Pillenoberfläche eine untergeordnete Rolle. Vielmehr machen die Versuche die Annahme wahrscheinlich, daß Scarabaeus sacer bei der Formung allein mit den Vorderbeinen die Pillenoberfläche prüft. Abb. 18: Drehungen eines Scarabaeus um seine Hochachse auf der Kugel während einer Formung in den einzelnen 5-Minuten-Abschnitten. Die Drehbewegungen sind in ihrer zeitlichen Abfolge von innen nach außen aufgetragen. Sie erfolgen im allgemeinen um Winkelbeträge von etwa 30° oder 60°. (Da eine genauere Messung der Drehwinkel nicht möglich war, sind hier und im folgen- den Winkel von genau 30° bzw. 60° dargestellt.) Der Heilige Pillendreher müßte daher über Rezeptoren an den Vorderbeinen verfügen, die ihm den Zustand der Pillenoberfläche melden können. Drehbewegungen des Käfers können außer durch Unebenheiten auf der Pillenoberflä- che auch durch das Angebot von formbarem Mist unterbrochen werden, wie die Aus- wertung der Protokolle von Formvorgängen zeigte. 32 Abb. 19: Scarabaeus bei der Formung einer Pille aus einer vorgegebenen Mist-Wurst. Um diesem Problem näher zu kommen, wurde den Tieren eine wurstförmige Rolle Kuhmist von 10 cm Länge und 3 cm Durchmesser vorgelegt. Die Käfer formten meist an einem Ende der Mistwurst (Abb. 19), manchmal aber auch in einem mittleren Ab- schnitt. Die Versuche ergaben, daß alle für die Formung typischen Bewegungen wesent- lich öfter dort ausgeführt wurden, wo die entstehende Pille an die Mistwurst anschloß. Drehbewegungen endeten vermehrt an diesen Stellen und häuften sich in diesen Sekto- ren (Abb. 20). Zur weiteren Überprüfung des Ergebnisses, daß Drehbewegungen eines Scarabaeus durch das Mistangebot gesteuert werden können, wurde den Tieren Mist zur Formung angeboten, der aus direkt nebeneinander liegenden 10 cm langen Streifen aus abwech- selnd Pferde- und Kuhmist bestand. Die Käfer fertigten nur aus einer Mistart Pillen, in 11 Fällen aus Kuhmist, in einem Fall ausschließlich aus Pferdemist. Dabei verarbeiteten manche Tiere einen ganzen Streifen zu einer Pille, ohne den näherliegenden, aber an- dersartigen Mist zu verwenden. Die Auswahl trifft der Käfer anscheinend mit den Pal- pen, die den Mist ständig ,,abschmecken’’. Auch in diesem Experiment waren vermehrt Drehbewegungen bis zum Wiedererreichen des betreffenden Miststreifens zu beobach- ten. Drehbewegungen werden anscheinend durch Oberflächenstrukturen, die dem endoge- nen Sollwert nicht entsprechen, oder ein Mistangebot, das ,,Sammeln’’ oder ,,Fest- drücken’’ auslöst, unterbrochen. 33 Abb. 20: Drehbewegungen bei Mistangebot in Form einer Mistwurst (gestrichelte Linien), darge- stellt in Abschnitten von jeweils 5 Minuten. Der Käfer nützt die vorgegebene Form und ist bereits — in diesem Fall — nach 10 Minuten mit der Pillenformung fertig. Als deutlicher Hinweis darauf, daß eine dem endogenen Muster entsprechende Gestalt der Pillenoberfläche Drehbewegungen auslöst, kann die Tatsache gewertet werden, daß man am Ende der Formung, wenn die Pille ihre Sollform (und wohl auch Sollgröße) be- sitzt, in zunehmendem Maße volle Umdrehungen beobachtet (Abb. 21). Der Käfer dreht sich dann statistisch verteilt nach links oder rechts, kriecht zwischendurch kopf- 34 Abb. 21: Drehungen eines Scarabaeus während des ersten und letzten 5-Minuten-Abschnittes einer Formung (vgl. Abb. 18). Während der Käfer zunächst vermehrt in bestimmten Sektoren arbeitet (1.), verteilen sich die Drehbewegungen in der Endphase (4.) über alle Sektoren der Pille. über unter die Pille, drückt dabei ständig Mist fest und kontrolliert so vermutlich die Oberflächenstruktur. Durch zahlreiche solche von ,,Unterkriechen’’ und ‚,‚Fest- drücken’’ begleiteten Drehbewegungen gibt der Heilige Pillendreher in der Endphase der Formung der Pille ihre endgültige Form. 2.5.3 Entstehung der symmetrischen Kugelform Nun war die Frage zu prüfen, ob trotz der nur statistisch erfolgenden Drehbewegungen bei allseitigem Mistangebot annähernd gleiche Verteilung des Mists erfolgt und ob allein gleichmäßige Verteilung ausreicht, oder ob zusätzlich besondere Verhaltenswei- sen zur Kontrolle und Regulation der Form hinzukommen müssen. Dazu wurden die Verhaltenselemente, wie sie beobachtet wurden, von oben auf den Kugeläquator projiziert (Abb. 22). Der besseren Übersicht wegen berücksichtigte ich nur die wichtigsten Verhaltenselemente ,,Sammeln’’, ,,Festdriicken’’, ,,Sich drehen?’ und ,,Unterkriechen’’, wobei ich von der Beobachtung ausging, daß der Käfer allein durch Kombination der Verhaltenselemente ,,Sammeln’’, ,,Festdriicken’’ und ,,Sich drehen’’ eine Kalotte formen kann. Sofern der Pillendreher Stellung und Spreizung sei- ner Extremitäten beibehält, wenn er sich bogenförmig nach vorn unten bewegt (,,Unterkriechen’’), muß daraus, wenn er diese Bewegung an nahe genug benachbarten Stellen der Pillenoberfläche wiederholt, eine Kugelform resultieren. Abbildung 22 zeigt, daß auf diese Weise und mit nur statistisch erfolgenden Drehbewe- gungen bei allseitigem Mistangebot annähernd gleichmäßige Verteilung des Mists auf der Pille erfolgt. Beim ,,Festdriicken’’ weicht immer Material zur Seite hin aus, das bei späterer Bearbeitung noch weiter verteilt wird. Aus diesem Grund ist das ,,Sammeln’’ 35 von Mist ohne nachteiligen Einfluß auf die Formgebung räumlich auch auf einen engen Sektor einschränkbar. Diese Tatsache ermöglicht es dem Käfer auch bei Nicht-Gleichverteilung des Mists (vgl. Versuche mit vorgegebener Mistwurst) eine symmetrische Pille zu formen. A : B f r pr “oe & : < = u € % i : i Abb. 22: Projektion der Verhaltenselemente ,,Sammeln’’ ( @ 5 Ber fe (@) nicht gerollt 1,5 2,5 35 4,5 5,5 65 Pillengröße Abb. 24: Pillengrößen in Abhängigkeit von den Scarabaeen-Größen. Laborwerte ©, Freiland- werte ®, vom Experimentator vorgelegte Pillen @, (@) nicht gerollt = zu große, nicht mehr gerollte Pille. 38 diglich die Werte für die Pillendurchmesser und die zugehörigen Gewichte zeigten — wie zu erwarten — eine deutliche positive Korrelation (Abb. 25). Daraus ergibt sich, daß große Pillen dieselbe Dichte besitzen wie kleinere, also nicht lockerer geformt sind (es handelt sich durchweg um Esel- oder Pferdemist-Pillen). Pillengewicht 0 10 30 50 70 Volumen der Pille fom | Abb. 25: Abhängigkeit zwischen Volumen und Gewicht der Pillen (Korrelationskoeffizient: 0,9591; p < 0,001; gepunktet: berechnete Regressionsgerade). Bei anschließenden Laborversuchen zeigte sich, daß das Pillengewicht auch vom Hun- gerzustand der Tiere unabhängig ist (Abb. 26). Demnach scheint keine klare Korrelation zwischen Pillengröße und Scarabaeen-Größe zu bestehen. Aufgrund der anatomischen Gegebenheiten kann aber jeder Käfer bei der Pillenformung nur eine bestimmte maximale Pillengröße erreichen. Ich führte deshalb Versuche durch, bei denen Scarabaeen-Pillen während des Rollens gegen künstliche 39 70 P| 50 5 E: 22 30 — = a 3 | | | 0 25. 5, 15. 25. 5; Februar März April Abb. 26: Gewichte der Pillen eines Käfers nach unterschiedlichen Hungerzeiten; (Hungerzeiten = Horizontaler Abstand der Säulen voneinander). Pillen unterschiedlichen Durchmessers ausgetauscht wurden (vgl. 3.2). So konnte in ei- nem Fall die Größe der Pille ermittelt werden, die das betreffende Tier gerade noch er- klettern und rollen kann (Abb. 24). Solche maximalen Werte werden von den Käfern im Freiland äußerst selten erreicht. In fast allen Fällen formen die Scarabaeen auch bei ausreichendem Mistangebot und ohne störende Einflüsse kleinere Pillen. Die Frage, welche Gründe hierfür verantwortlich sind, läßt sich nach meinen Beobach- tungen nicht beantworten. Vielleicht ist eine mittlere Pillengröße deshalb günstiger, weil der Energieaufwand für große Pillen bei Formung, Rollen und Vergraben unver- hältnismäßig groß wird (vgl. 4.3, Schwierigkeiten beim Vergraben sehr großer Pillen). 2.7 Beziehungen zwischen Pillengröße und Pillengewicht Da die Scarabaeen unterschiedlich große und daher auch unterschiedlich schwere Pillen formen und rollen, prüfte ich noch, ob die Käfer ein Maß für das Verhältnis von Pillen- gewicht zu Pillengröße besitzen, wie dies von Puzanowa-Malyschewa (1956) vermutet wird. Hierzu wurden den Tieren künstliche Pillen aus unterschiedlichem Material vorgelegt. Leichte Styroporkugeln von 0,5 p Gewicht rollten die Tiere ebenso wie selbstgeformte Mistpillen entsprechender Größe, die im Mittel 31 p wogen, obwohl die Styroporku- geln wegen ihres geringen Gewichtes schneller rollten und schwerer zu dirigieren waren. Heymons (1927) hatte bereits Versuche in umgekehrter Richtung durchgeführt. Er bot Scarabaeus semipunctatus in Leinen eingenähte Bleikugeln (15 p) an, die diese eben- 40 falls wegrollten und sogar in einem Fall vergruben. Eine Wiederholung seiner Versuche mit einer Pille von 6 cm Durchmesser und 87 p Gewicht — eine normale Mistpille ent- sprechender Größe wiegt 58 p — führte bei Scarabaeus sacer zum selben Ergebnis. Aus diesen Versuchen ergibt sich, daß das Pillengewicht in sehr weiten Grenzen offen- sichtlich überhaupt keine Rolle spielt. 2.8 Mehrfaches Auslösen der Pillenformung Nach Puzanowa-Malyschewa (1956) ist die Pillenformung mehrfach auslösbar. (Sie konnte bei Scarabaeus sacer bis zu 11mal nacheinander die Formung einer Pille auslö- sen.) Diese Angabe konnte ich bestätigen. Ein Vergleich der aufeinander folgenden Formvorgänge zeigt, daß die Käfer nach Weg- nahme von zweiten und dritten Pillen die Formzeit nicht verkürzen und alle Verhaltens- elemente ungefähr in der für die erste Pille typischen Häufigkeit und Reihenfolge bei- behalten. Bei häufigerem Verlust der Pille reagierten die Tiere individuell sehr unterschiedlich. Die meisten Scarabaeen reduzierten Zahl und Dauer der Formbewegungen. Sie trenn- ten rasch einen Mistklumpen passender Größe ab und rollten ihn weg. Dabei traten ver- mehrt die Verhaltenselemente ‚‚Festdrücken’’, ‚‚Wegschieben’’ und ,,Unterkriechen’’ auf. Solche Pillen wurden manchmal während des Rollens noch verbessert. Einem Sca- rabaeus sacer nahm ich 5 Pillen weg. Dieser rollte daraufhin einen ungeformten Mist- klumpen weg, ohne noch irgendwelche Formbewegungen zu zeigen. Ein anderer Käfer aber formte auch nach Wegnahme von 5 Pillen eine weitere etwa ebenso lang und sorg- fältig wie seine erste. Deutlich konnte ich beobachten, daß mit der Zahl der weggenommenen Pillen die Ag- gressivität der Käfer gegenüber Artgenossen steigt. Die Scarabaeen fielen nach Verlust der Pille in zunehmendem Maße wahllos über den nächsten Artgenossen her. Dabei zeigten sie dasselbe Aggressionsverhalten, das man in der Natur beobachten kann, wenn ihnen von einem Artgenossen eine Pille ,,gestohlen’’ wird, was relativ häufig ge- schieht. 3. Rollen der Pille Der Heilige Pillendreher beendet die Pillenformung, indem er mehrmals von verschie- denen Seiten unter die Pille kriecht, sie mit den Hinterbeinen aus ihrer stabilen Lage stemmt und die Unebenheiten der Oberfläche am unteren Pol glättet. Aus dieser Bewe- gung heraus folgt — wie schon beschrieben — übergangslos das Rollen. Der Scarabae- us hat bereits die für das Rollen typische Haltung inne. Kopfüber auf die Vordertibien gestützt rollt er die Pille mit den Hinterbeinen nach rückwärts weg (Abb. 27). Dabei stößt sich der Käfer mit den Vorderbeinen abwech- selnd am Substrat ab, während die Hinterbeine alternierend die Pille nach rückwärts treiben. Die Mittelbeine berühren im Wechsel Pille und Substrat, wirken also bei den Bewegungen der beiden anderen Beinpaare mit. Aus der Antriebsbewegung resultiert, 41 daß sich die Pille beim Rollen nicht nur um ihre Horizontal-, sondern auch um ihre Vertikalachse dreht. 3.1 Auslösung des Rollens Ich vermutete in der während der Formung zunehmenden Instabilität der Pille einen möglichen auslösenden Reiz für den Beginn des Rollens. Zur Überprüfung steckte ich einige Pillen noch während der Formung mit 20 cm langen Holzspießen fest, um so die Auslösung des Rollens zu verhindern. In allen Versuchen begannen die Käfer, nachdem das Formverhalten zu einer regelmäßigen Kugelform geführt hatte, mit Rollbewegun- gen. Teilweise schoben sie mit solcher Kraft an den Pillen, daß diese nicht nur um den Holzspieß rotierten, sondern daß der Stab sogar durch die Pille gedrückt wurde. Diese Versuche machen sehr wahrscheinlich, daß hier das Erreichen einer bestimmten geome- trischen Form für die Auslösung einer Folgehandlung ausschlaggebend ist. Der Beginn des Rollens wird nicht durch zunehmende Instabilität der Pille, sondern anscheinend durch Erreichen einer kugelförmigen Gestalt ausgelöst. Schon Heymons (1927) beobachtete, daß sich mit allen kugelförmigen Körpern ent- sprechender Größe Rollen auslösen läßt, sofern diesen Mistgeschmack anhaftet. Im \ S N ‘ N N N “ \ ER N ? u ee sail RR \ FE N Ns \ we SS é NS N N Mc, N ¥ N \ N N . AQ Ss < : N N N WO ey NN N SS N N UL TR “t Abb. 27: Scarabaeus beim Rollen seiner Pille. Der Käfer stößt sich mit den Vorderbeinen vom Substrat ab, während die Hinterbeine alternierend die Pille nach rückwärts treiben. Die Mittel- beine berühren im Wechsel Pille und Substrat. 42 Freiland kann man sehen, daß Scarabaeen außer von Kothaufen auch durch den Ge- ruch fertiger Pillen, die Artgenossen rollen, angezogen werden. Solche Pillen werden, wenn der Neuankömmling den Kampf um die Pille gewinnt, dann von diesem weiterge- rollt. Auf diese Art wechseln manche Pillen mehrfach ihren Besitzer. Konkurrenten, die sich am gleichen Kothaufen einfinden und einen Käfer bei der For- mung stören, indem sie zum Beispiel zur Formung der eigenen Pille Mist von dessen Pille stehlen oder ihm seine Pille streitig machen, können dadurch ebenfalls Rollen aus- lösen. Die Pillenformung wird dann vorzeitig abgebrochen und eine unregelmäßig geformte Pille weggerollt, die in den meisten Fällen unterwegs noch verbessert wird vel3.3): 3.2 Pillentausch und Wiedererkennen der Pille Nach den vorher dargelegten Befunden ist es nicht überraschend, daß man während des Rollens unter den Tieren Pillen vertauschen kann, ohne daß sie dabei erkennbar gestört würden. In Versuchsreihen bot ich einem Scarabaeus wahlweise seine eigene Pille gegen eine aus demselben Mist vom Experimentator geformte an. Die Käfer wählten immer die Scarabaeen-Pille. Sie sind aber nicht in der Lage, ihre eigene Pille von einer anderen Scarabaeen-Pille zu unterscheiden, wie Auswahlexperimente zeigten. Woran die Käfer eine von Scarabaeen geformte Pille erkennen, konnte ich nicht ermitteln. Vermutlich wird bei der Formung Sekret zugesetzt, das Scarabaeus sacer mit Chemorezeptoren wahrnimmt. 3.3 Ausbessern der Pille während des Rollens Wenn der Widerstand während des Rollens der Pille zunimmt — zum Beispiel wenn sich die Pille in der Vegetation verhakt hat oder wenn sie eine unregelmäßige Form auf- weist — unterbricht der Käfer seine Tätigkeit, erklettert die Pille und führt die Bewe- gungen ,,Unterkriechen’’, ,,Festdriicken’’ und ,,Sich drehen’’ aus. Obwohl der Scara- baeus bereits mit dem Rollen der Pille begonnen hat, beobachtet man dann Verhaltens- elemente, die für die Endphase der Pillenformung charakteristisch sind und dazu die- nen, der Pille ihre endgültige symmetrische Kugelform zu geben. Experimentell läßt sich das Verbessern der Pille während des Rollens immer durch Flachdrücken der Pille zu einer Scheibe oder durch Hineinstecken eines Fremdkörpers z. B. eines Zahnsto- chers in die Pille auslösen. In beiden Fällen wird das Rollen erheblich behindert und durch den erhöhten Rollwiderstand das Ausbessern der Oberfläche ausgelöst. 3.4 Grabversuche während des Rollens im Freiland Ich beobachtete bei keinem Scarabaeus, daß dieser seine Pille unmittelbar am Mist ver- graben hätte. Die Käfer rollten die Pillen in jedem Fall vom Kothaufen weg. Nach eini- ger Zeit des Rollens hält der Scarabaeus unvermittelt inne, verläßt seine Pille und be- ginnt in wenigen Zentimetern Entfernung mit Grabbewegungen. Selten wird das Ver- graben der Pille durch bestimmte Eigenschaften des Untergrundes schon an dieser er- sten Grabstelle ausgelöst. Meistens kehrt der Käfer nach kurzer Überprüfung des Bo- dens zu seiner Pille zurück und setzt das Rollen fort. Solches gelegentliche Graben im 43 Substrat, dem kein endgültiges Vergraben der Pille folgt, wird von mir als ,,Grabver- such’’ bezeichnet. Mißt man die Entfernungen, die die Käfer zurücklegen, bis sie den ersten Grabversuch unternehmen, so zeigt sich, daß diese sehr unterschiedlich sind. Manche Tiere versu- chen nach 0,8 m die Pille zu vergraben, andere unternehmen erst nach 11 m den ersten Grabversuch (Mittelwert = 5,02 + 3,6 m,n = 11). Aus allen Beobachtungen ergibt sich, daß das Rollen einer bestimmten Mindestentfer- nung sicherlich endogen bedingt ist. Ob nach dem Abstoppen endgültiges Vergraben folgt, oder ob der Käfer nur einen Grabversuch unternimmt und dann wieder weiter- rollt, hängt anscheinend in erster Linie von Eigenschaften des Untergrundes ab. 3.5 Rollweite, Rolldauer und Rollgeschwindigkeit Die kürzeste von mir gemessene Rollweite (Entfernung des Ortes der Pillenformung vom Ort des endgültigen Vergrabens) waren 90 cm. Eine so kurze Rollweite war nur selten zu beobachten, einmal nachts und zweimal in solchen Fällen, in denen männliche Weidetiere außer Kot auch Harn abgesetzt hatten. An dadurch befeuchteten Stellen wurden Pillen vergraben, nachdem die Käfer ihre Pillen darauf gerollt hatten. Im Mit- tel betrug die Rollweite 8,4 + 6,3 m (n = 30). Ich konnte aber auch einen Scarabaeus beobachten, der eine Pille auf einer Viehweide 28,4 m weit rollte. In dem festgebacke- nen, von Trockenrissen durchzogenen Lehmboden fand er trotz zweier Grabversuche keine geeignete Stelle zum Eingraben der Pille. Dieser Käfer verzehrte seine Pille an- schließend an der Oberfläche im Schatten eines Grasbüschels. Die Rollweite war nach meinen Beobachtungen in allen Fällen von der Tageszeit (11.00— 24.00 Uhr) und Tem- peratur (17°—22° C) unabhängig. Hinweise auf eine Beeinflussung der Rollweite durch Konkurrenten am Mist bzw. während des Rollens erhielt ich nicht. Ähnlich unterschiedlich wie die Werte für die Rollweiten waren auch die Zeiten für die Rolldauer, wobei als Rolldauer der Zeitabschnitt vom Ende der Formung bis zum Be- ginn des endgültigen Vergrabens der Pille unter Einschluß von Zeiten für die Verbesse- rung der Pillen und Grabversuche gewertet wurde. Die Käfer rollten in Andalusien im Mittel 13 & 10 Minuten (n = 32). Ein Scarabaeus benötigte 50 Minuten für 14,4 m. Das war die längste von mir gemessene Zeit für das Rollen einer Pille. Dagegen be- nötigte der Käfer, der mit 28,4 m die größte Rollweite zurücklegte, für diese Distanz nur 19 Minuten. Die kürzeste Rollzeit betrug in Andalusien 5 Minuten. In dieser Zeit rollten Scarabaeen 0,9 m, 2,1 m, 2,3 m, 4,8 m und 5,1 m weit. Die Rolldauer schwankt für eine gegebene Entfernung stark, weil sie von verschiedenen Faktoren abhängt. Ta- geszeit (11.00— 24.00 Uhr) und Temperatur (17°—22° C) beeinflussen die Rolldauer nicht. Dagegen wird sie beeinflußt von der Zahl der unterwegs durchgeführten Grabversuche. In 30 von mir beobachteten Fällen unternahmen 21 Käfer im Mittel je 2 Grabversuche (maximal 4). Außerdem verbesserte fast die Hälfte der Käfer (n = 14) ihre Pillen wäh- rend des Rollens. Aber auch dichtere Vegetation und die Neigung des Geländes — von den 30 beobachteten Tieren mußten 14 ihre Pillen streckenweise hangauf rollen — ver- 44 längerten die Rolldauer. Aus der Beziehung zwischen Rolldauer und der in dieser Zeit zurückgelegten Rollweite ergeben sich die Werte für die durchschnittliche Rollge- schwindigkeit (67 & 34 cm/Minute, n = 30). Diese schwanken — wie selbstverständ- lich zu erwarten — aus denselben Gründen wie die Werte für die Rolldauer. Mit zuneh- mender Rollgeschwindigkeit nahm die Rollweite signifikant zu (Abb. 28). Da die Aus- wertung der Daten erst im Labor erfolgte, konnte ich nicht ermitteln, ob dies daraus re- sultiert, daß Tiere, die längere Zeit keine Gelegenheit zum Vergraben ihrer Pille finden, die Rollgeschwindigkeit dann steigern, oder ob die Geschwindigkeit von Anfang an konstant bleibt und der Käfer deshalb bei höherer Geschwindigkeit und gleicher Zeit weiter rollt. 100 Rollgeschwindigkeit 30 0 10 20 30 Rollweite Im Abb. 28: Zusammenhang zwischen Rollgeschwindigkeit und Rollweite. Mit größerer Weite nimmt die Rollgeschwindigkeit signifikant zu. (Korrelationskoeffizient: 0,544; p < 0,01; gepunk- tet: berechnete Regressionsgerade). 45 3.6 Orientierung beim Rollen Wenn man im Freiland Pillen rollende Scarabaeen beobachtet, sieht man, daß diese größere Strecken geradlinig zurücklegen, dann innehalten, ihre Pille verlassen und in einigen Zentimetern Entfernung durch einen Grabversuch den Untergrund prüfen. So- fern nicht weiteres Graben ausgelöst wird, kehren die Käfer zu ihrer Pille zurück. Sie erklettern diese, orientieren sich, indem sie sich einmal auf dem oberen Pol drehen, und setzen dann das Rollen in der vorher festgelegten Richtung fort. Ebenso verhalten sich die Scarabaeen, wenn sie ihre Pille zwischendurch verbessern. Auch nach erzwungenen Kursänderungen rollen die Tiere ihre Pillen, sobald sie sich wieder frei einstellen kön- nen, in der vorher eingeschlagenen Richtung fort. Öfter ändern die Scarabaeen unver- mittelt die Richtung während des Rollens um 90° mit nur geringen Abweichungen von diesem Wert. Einen exogenen Grund hierfür konnte ich in keinem Fall erkennen. Die auffallend geraden Rollwege der Käfer weisen darauf hin, daß die Richtung beim Rollen durch Orientierungsmechanismen kontrolliert wird. Die Einstellung auf einen richtenden Reiz verhindert Kreisläufe und gewährleistet eine geradlinige Entfernung von der Nahrungsquelle. Aus der Beobachtung der Heiligen Pillendreher ergaben sich einige Hinweise auf Reize, die die Fortbewegung des Tieres beim Rollen einer Pille rich- 45 2 Abb. 29: Rollrichtungen von 6 Scarabaeen bei normiertem Sonnenstand. (Die Käfer formten ihre Pillen nacheinander an einem Dunghaufen.) 46 ten können. So wirkt sehr wahrscheinlich die Position der Sonne richtend, ebenso nachts die des Mondes (in 2 Fällen beobachtet). Die Scarabaeen rollten entweder zur Sonne (n = 13), von dieser weg (n = 9) oder 90° Winkel zu dieser Richtung nach einer der beiden Seiten (n = 34) (vgl. Abb. 29). Für den Fall, daß das Gelände, in dem die Scarabaeen rollten, eine Neigung aufwies, zeigte sich eine eindeutig richtende Wirkung. Die Käfer rollten unabhängig von allen anderen möglichen richtenden Reizen stets mehr oder weniger genau negativ geotak- tisch hangauf. Dies ist biologisch sinnvoll, denn nur so können sie die Pille beim Rollen gut dirigieren und unter Kontrolle behalten. In einigen wenigen Fällen (n = 6) wirkte auch die Vegetation richtend. Vor allem bei Tieren, die nachts formten und rollten, konnte ich beobachten, daß sie in mondhellen Nächten beim Rollen ihrer Pillen zwischen sich und den einzelnen Ononis natrix- Büschen etwa gleiche Abstände hielten. Von laufenden Scarabaeen ist bekannt, daß sie sich anemomenotaktisch orientieren (Linsenmair 1969). Ob dieser Orientierungsmechanismus beim Rollen der Pille von Bedeutung ist, kann ich aufgrund meiner Freilanduntersuchungen nicht entscheiden. Die Wirkung anderer Reize (z. B. polarisiertes Licht, Birukow 1953) konnte ich nicht überprüfen. Auch die Frage nach der Hierarchie bzw. dem möglichen Zusammenwir- ken verschiedener richtender Reize muß vorläufig unbeantwortet bleiben. 4. Vergraben der Pille Erst wenn der Scarabaeus seine Pille eine bestimmte Mindestentfernung gerollt hat, be- ginnt er zu graben. Da dies ziemlich abrupt geschieht, vermuteten frühere Beobachter, daß der Käfer die Eigenschaften des Untergrundes vorher nicht prüft. Von Lengerken (1951) schreibt: ,,Eben noch rollt er so hastig die Kugel davon, als ob er einen weiten Weg schnellstens zurücklegen müsse. Plötzlich macht er Halt, läßt die Dungkugel los und beginnt sofort mit dem Eingraben der Pille. Auffällig ist, daß er niemals die Stelle, an der er seine Kostbarkeit einbuddeln will, daraufhin prüft, ob sie für sein Vorhaben geeignet sei. Er sucht auch nicht etwa umher, ob dieser oder jener Platz ihm mehr Vor- teile verspricht. Er geht vielmehr blindlings ans Werk.” Da ich im Labor beobachten konnte, daß die Pillendreher vermehrt an bestimmten Stellen ihre Pillen vergruben, versuchte ich im Freiland und Labor mögliche auslösende Reize für das Vergraben der Pille zu finden. 4.1 Auslösende Reize für das Vergraben der Pille Einen deutlichen Hinweis auf einen möglichen auslösenden Reiz ergab die Beobach- tung, daß Scarabaeen ihre Pillen nahezu ausschließlich in den Ecken oder an den Sei- tenkanten der Haltungsgefäße vergruben, fast nie in der Mitte des Beckens, es sei denn, der Boden wäre dort feucht gewesen. Auch in Andalusien fand ich steile Hindernisse als auslösenden Reiz für das Vergraben der Pille. Im Freiland vergruben von 30 beim Graben genauer beobachteten Tieren 7 ihre Pillen vor einem steilen Hang (45 °—90°), 8 am Fuß eines Pflanzenbüschels. 47 Durch diese Hindernisse wurde das Rollen entweder stark erschwert oder gar unmög- lich gemacht. Zur Überprüfung im Labor modellierte ich in die Ecken der Versuchsare- na 4 Hänge (Neigungswinkel 40°) und protokollierte in den folgenden Versuchen die Orte der Grabversuche und des Vergrabens der Pille. Die Käfer führten 29 Grabversu- che durch, von denen 28 vor mehr oder weniger vertikalen Hindernissen (Ecke 90°, Hang 40°, Seitenkante 90°) stattfanden. 18 Scarabaeen vergruben in diesen Versuchen 17 Pillen, davon 16 ebenfalls an diesen Stellen. Die übrigen 15 von den 30 in Andalusien beobachteten Käfern vergruben die Pillen in kleinen Mulden. Diese Mulden von etwa 10 cm Durchmesser drücken die weidenden Kühe und Pferde mit ihren Hufen in den lockeren Untergrund. Die Pillen lagen jeweils am tiefsten Punkt solch einer Mulde, während der Heilige Pillendreher unmittelbar da- neben grub. Eine Überprüfung im Labor, bei der solche Mulden imitiert wurden, bestä- tigte die Beobachtung. In allen Fällen (n = 32) gruben die Scarabaeen ihre Pillen in den Mulden ein. Daraus folgerte ich, daß eine stabile Lage der Pille ein wirksamer, aus- lösender Reiz für das Vergraben der Pille ist. In Laborversuchen (n = 14), bei denen an Pillen, die Käfer vergraben wollten, möglichst gleichmäßig gezogen oder geschoben wurde, konnte stets weiteres Rollen ausgelöst werden. (Es ist unwahrscheinlich, daß die Manipulation einen Konkurrenten vortäuschte, der sich an der Pille zu schaffen macht und deshalb weiteres Rollen auslöst.) Das beobachtete Verhalten ist sehr sinnvoll: Der Scarabaeus muß zum Graben die Pille loslassen. Bei instabiler Lage bestünde dann die Gefahr, daß er seine Pille verliert. Wie schon erwähnt, stellt auch die Bodenfeuchte einen wichtigen auslösenden Reiz dar. Die kürzesten Rollentfernungen fand ich im Freiland bei 2 Tieren, die sich an Stellen, die durch Urin befeuchtet waren, vergruben. Zur genaueren Überprüfung der Rolle der Bodenfeuchte für das Vergraben der Pille führte ich einige Versuchsserien im Labor durch. Bot ich Scarabaeen ein zur Hälfte befeuchtetes Versuchsgefäß an, so vergruben alle untersuchten ‚Tiere (n = 17) ihre Pillen in mehreren Versuchsreihen nur im feuch- ten Teil (38mal). Auch als die Grabhandlung fortführender Reiz ist die Bodenfeuchte von ausschlaggebender Bedeutung. In Becken zur Beobachtung der Grabtätigkeit, die von oben befeuchtet wurden, gruben sich 7 Versuchstiere mit ihren Pillen bis zur un- teren Grenzschicht des feuchten Sandes ein. Wenn der Boden von unten her austrock- nete, verlagerten die Scarabaeen ihre Pillen nach oben in den feuchten Teil. Um festzustellen, ob die Bodenfeuchte an der Oberfläche über Verdunstungskälte durch Temperaturrezeptoren gemessen wird, führte ich Versuche mit abgekühltem Sand durch. In der Versuchsarena wurden Streifen mit abgekühltem Sand so angelegt, daß die Scarabaeen (n = 18) ihre Pillen darüber rollten. Das negative Ergebnis dieser Versuche deutet darauf hin, daß die Heiligen Pillendreher die Bodenfeuchte entweder direkt durch Feuchterezeptoren oder die veränderte Bodenkonsistenz durch Mechano- rezeptoren wahrnehmen. Auch bei der sonstigen Grabtätigkeit der Scarabaeen ohne Pillen — manche Käfer ver- graben sich abends, viele bei feuchter Witterung — lösen offenbar dieselben Faktoren Grabhandlungen aus. Im Labor wurden in 3 Versuchsreihen 12 Käfer für jeweils 1 48 Stunde an 5 aufeinanderfolgenden Tagen in die Versuchsarena gesetzt und ihre Grabtä- tigkeit registriert. Zunächst blieb die Arena überall trocken (Versuch I), wurde dann teilweise befeuchtet (Versuch II) und schließlich ganz durchfeuchtet (Versuch III). Die Ergebnisse der Versuche sind in Tabelle 4 wiedergegeben. Tabelle 4: Grabtätigkeit der Scarabaeen ohne Pille (n = 12) Versuchsbedingungen: Versuch I : Versuchsarena überall trocken Versuch II : Versuchsarena teilweise befeuchtet Versuch III: Versuchsarena ganz durchfeuchtet Versuchsarena trocken feucht Versuch I Grabhandlungen (%) Mittlere Anzahl der Grabversuche pro grabendes Tier pro Tag Graben vor vertikalen Hindernissen Versuch II Grabhandlungen (%) Mittlere Anzahl der Grabversuche pro grabendes Tier pro Tag Graben vor vertikalen Hindernissen Versuch III Grabhandlungen (%) Mittlere Anzahl der Grabversuche pro grabendes Tier pro Tag Graben vor vertikalen Hindernissen 4.2 Grabmethoden An Käfern, bei denen das Vergraben der Pille ausgelöst wurde, kann man 2 Arten des Vergrabens der Pille beobachten. In einem Fall wird die Pille unterwühlt, im anderen Fall durch einen 2phasigen Grabvorgang in den Boden gebracht. 4.2.1 Unterwiihlen der Pille Nach meinen Freilandbeobachtungen wird die Pille in festem Boden (n = 1) oder in feuchtem Sandboden (n = 7), der durch die Feuchte verfestigt ist und deshalb nicht nachrieselt, unterwühlt. Der Käfer scharrt zunächst mit den Vorderbeinen Substrat un- ter der Pille weg und gräbt sich so kopfvoran unter der Pille ein. Mit dem Kopfschild drückt er dabei Bodenteilchen rings um die Pille hoch. Das weitere Verhalten des Scara- baeus schildert v. Lengerken (1951) so: ,,Pausenlos befördert der Käfer in der Höhlung mit Hilfe des Kopfschildes und der Vorderbeine lastenweise Sand weg. Er bewegt sich dabei im Kreise um die Basis der Kugel herum und drückt mit dem Kopf jeweilig einen ’Armvoll’ Erdreich von unten nach oben gegen den Rand der entstehenden Grube. 49 Nach ein paar Minuten sinkt die unterwühlte Pille infolge ihrer eigenen Schwere ruck- artig ein. Ist das Loch groß genug, so verschwindet sie mit einem Schlage völlig. Über ihr entsteht eine kleine Öffnung, die mit fortschreitendem Einsinken aber auch bald nicht mehr zu sehen ist. Manchmal, besonders wenn die Kugel auf nassem Sand liegt, versinkt diese Schritt für Schritt. Um sie herum bildet sich dabei ein ringförmiger Wall aufgeworfenen Materials.’ Die Grabgänge (Abb. 30) sind in diesen Fällen notwendigerweise vertikal und auffal- lend kurz (S—6,5 cm). Diese Tiefe erreicht der Scarabaeus nach 10—50 Minuten Grab- dauer. Die Dauer des Grabens ist stark vom Untergrund abhängig. Wenn die Pille un- ter die Oberfläche gebracht ist, liegt sie bereits in der feuchten Bodenschicht und ist so vor Austrocknung geschützt. In einem Fall schloß ein Käfer, der zunächst seine Pille unterwühlt hatte, nach stärkerer Austrocknung der Bodenoberfläche noch weiteres Vergraben nach Phase 2 der 2. Methode an und brachte so seine Pille in tiefere, feuchte Bodenschichten. Abb. 30: Grabgang nach Unterwühlen der Pille. Der Grabgang wurde nach Austrocknung der Bodenoberfläche nachträglich verlängert. \ i 4.2.2 Anlegen eines Grabganges In trockenem, lockerem Boden wenden die Pillendreher eine andere Grabmethode an. Diese gliedert sich in zwei Phasen: 1. Anlegen eines Ganges in einiger Entfernung (2—10 cm) von der Ablegestelle der Pille. Dieser führt schräg in den Boden. 2. Einrollen der Pille in diesen Gang und weiteres Vergraben der Pille unter der Erde. Das Vergraben der Pille nach dieser 2phasigen Methode war während meiner Freiland- untersuchungen wesentlich häufiger. Ich untersuchte es in Andalusien in 27 Fällen näher. Abb. 31: Grabgang, angelegt nach der 2. Methode. Der Gang führt mit nahezu konstantem Win- kel von 32° schräg in den Boden. In der 1. Phase verfährt Scarabaeus sacer wie folgt: An der von ihm erwählten Stelle scharrt er das Substrat mit beiden Vorderbeinen gleichzeitig los und löst grobe und feste Teile mit dem Kopfschild. (Diesen setzt er als Grabwerkzeug immer dann ein, wenn die grabenden Vorderbeine auf starken Widerstand stoßen.) Anschließend schiebt er das gelöste Material unter den Vorderkörper (mit beiden Vorderbeinen synchron). Dort übernehmen die Mittelbeine das Material und transportieren es weiter nach hinten bis etwa zur Mitte des Abdomens. Diese Verhaltensteile werden je nach Substrat ein- bis mehrmals wiederholt. Dann folgt der Weitertransport des gelösten Materials mit einem Ruck hinter den Körper. Dabei duckt sich der Scarabaeus mit sei- nem Körper nach vorn, winkelt die Vorderbeine an und zieht gleichzeitig die Mittel- und Hinterbeine an, die mit abgespreizten Tarsen in das gelöste Substrat greifen. Nun streckt der Käfer Vorder-, Mittel- und Hinterbeine. Das gelöste Material wird zwischen Abdomen (das sich durch Streckung der Vorderbeine nach hinten bewegt), Mittel- und Hinterbeinen hinter den Körper geschoben. Beine, Körperunterseite und Untergrund bilden beim Graben eine Art Röhre, durch die das gelöste Material nach hinten trans- portiert wird. Von Zeit zu Zeit wendet das Tier um 180°, duckt sich mit seinem Vorder- körper nach unten und schiebt das gelöste Material mit Kopfschild und Thorax aus dem Gang (Abb. 32), schleudert es durch ruckartiges Heben des Kopfes weg, wendet wieder um 180° und gräbt weiter. Den Gesamtablauf beschreibt v. Lengerken (1951): ,,Derselbe Vorgang wiederholt sich mehrmals hintereinander. Bisweilen entsteht auf diese Weise eine ziemlich weite Öff- nung im Sand. Unerwartet kommt der Käfer schließlich ohne Last mit dem Vorderkör- per zum Vorschein, packt die in Reichweite liegende Kugel mit den Vorderbeinen und zieht sie in den Gang hinein (Abb. 33). Befindet sich die Pille in etwas weiterer Entfer- 51 ww “= Fg IN N Xs WE Abb. 32: Grabender Scarabaeus (2. Grabmethode) beim Herausschieben des gelösten Materials mit dem Kopfschild. Die Hinterbeine des Käfers sind weit gespreizt (1. Grabphase). Abb. 33: Der Heilige Pillendreher hat die 1. Grabphase beendet und rollt seine Pille in den vorher angelegten Gang. Die Pille paBt genau in diesen Gang. N Ss Ss RQ K er WEN \ \ N N WE CG nn ie, GPG ' Pan 52 nung, so kommt der Scarabaeus heraus, läuft auf die Kugel zu, packt sie mit den Hin- terbeinen und dirigiert sie rückwärts laufend in das Loch hinein. Nicht selten stemmt er sich auch mit dem Kopf gegen die Pille und drückt sie vorwärts gehend in den Tunnel hinein. Dann kriecht er hinterdrein, wühlt sich unter dem Dungball hindurch und schachtet in der Tiefe weiter aus. Er schafft den losgearbeiteten Sand in den ‚‚Hals’’ des Ganges und verstopft so ziemlich schnell das ursprüngliche Eingangsloch. Gleich- zeitig drückt er das Ausschachtungsmaterial empor, wobei ihm der Kopfschild als Kelle dient. Es entsteht oberflächlich ein flacher, etwa 1—2 cm hoher Bodenaufwurf. Er markiert im Freien auf sandigem Gelände sehr deutlich die Stelle, an der sich ein Pillen- dreher mitsamt seinem Futtervorrat eingegraben hat’’ (Abb. 34). \ ~ N N \N : S IR LG i ce >} E = = 5 2 ne = || a} = OL zZ = © “s = co — a. 0,8 1 2 3 Pillendurchmesser Thoraxbreite Abb. 38: Abhängigkeit des Verhältnisses Gangdurchmesser : Pillendurchmesser von der ,,relati- ven Pillengröße’’. Die gestrichelte Linie gibt das Verhältnis Gangdurchmesser : Pillendurchmes- ser = 1: 1 wieder. r = 0,8038; p < 0,001; gepunktet: berechnete Regressionsgerade). tf PM EIS \ 8 Ws* rs = 3 . S ry = 3 ee >». ~ IR: Sa Abb. 39: Grabender Scarabaeus bei normalem Lauf zurück in den Grabgang (Hinterbeine normal gespreizt). — situationsspezifisch — unterschiedliche Spreizweiten der Hinterbeine beobachtet werden können: 1. Spreizung bei normalem Lauf (zum Beispiel zurück in den Grabgang; Abb. 39). 2. Spreizung während des Herausschiebens von gelöstem Material (wobei die Hinter- tibien dem Grabgang beiderseits an seiner breitesten Stelle mit dem Enddorn anliegen; Abb. 40). Durch Ausmessen der Fotos ermittelte ich die jeweiligen Werte für Pillengröße, Hinter- beinspreizung und Grabgangdurchmesser. Die dabei gefundenen Daten lassen sich wie folgt interpretieren: Ein laufender Scarabaeus sacer hat eine definierte Spreizung der Hinterbeine (Abb. 39). Wenn ein Tier eine Pille fertigt, deren Durchmesser kleiner ist als der Abstand der Hintertibien beim Laufen, kann es diese Pille zwar rollen, aber es resultiert ein zu großer Gangdurchmesser, weil der Scarabaeus seine Hinterbeine beim Graben nicht weniger spreizt als bei normalem Lauf. Für Pillen, deren Größe zwischen der Spreizweite bei normalem Lauf und der maximalen Streckungsweite der Hinterbei- ne liegt, legen die Heiligen Pillendreher Grabgänge mit entsprechendem Durchmesser ‚an. Ist die Pille aber größer als die maximale Streckungsweite der Hinterbeine, kann sie zwar noch gerollt werden, wie die Versuche mit künstlichen Pillen (vgl. 2.6) zeigten (die 58 Hinterbeine umfassen die Pille nicht an ihrer breitesten Stelle), aber der vom Pillendre- her gegrabene Gang ist zu eng. Besonders die fotografischen Aufnahmen von grabenden Scarabaeen weisen deutlich darauf hin, daß der Pillendreher mit den beim Graben gespreizten Beinen (Abb. 40) die Gangweite kontrolliert. Da der Käfer beim Rollen die Pille mit den Hinterbeinen um- faßt, liegt die Vermutung nahe, daß er so mit den Hinterbeinen die Pillengröße mißt. Weil sich die Position des Femurs bei verschieden großen Pillen kaum ändert, die Hin- tertibia aber bei größeren Pillen weiter abgespreizt wird, liegt es nahe, Rezeptoren im Femur-Tibia-Gelenk für die Größenmessung verantwortlich zu machen (Abb. 39, 40). Um diese Annahme zu überprüfen, klebte ich Scarabaeen konische Hölzchen außen an die Hintertibien. Die Versuche führten aber nicht zum gewünschten Erfolg, weil sich die Scarabaeen bald aktiv der Hölzer entledigten und sichtlich gestörtes Verhalten zeig- ten. 4.4 Bedeutung der Pille für den grabenden Scarabaeus Schließlich untersuchte ich noch die Bedeutung der Pille für den grabenden Pillendre- her. Vertauscht man eine Pille, die ein Scarabaeus gerade unterwühlt, gegen einen Abb. 40: Grabender Scarabaeus beim Herausschieben des gelösten Materials (Hinterbeine weit gespreizt, die Hintertibien liegen dem Grabgang beiderseits an seiner breitesten Stelle an). 59 gleich großen und etwa gleich schweren anderen Gegenstand (Holzkugel), so kommt der Käfer nach kürzester Zeit hervor und sucht nach seiner Pille. In der 1. Phase des Vergrabens nach der 2. Methode, wenn der Käfer neben seiner Pille einen Grabgang anlegt, scheint diese aber — wenigstens zunächst — ohne Bedeutung zu sein. Im Frei- land wird die Pille in dieser ,,Endphase’’ öfter gestohlen. Hier liegt ein schwacher Punkt in der sonst so hervorragend angepaßten Verhaltenskette. Welche Möglichkeiten hat der Käfer, sich von der Anwesenheit der Pille zu überzeu- gen? Er könnte sie jedesmal beim Vorbeilaufen kurz berühren. Die Beobachtung des grabenden Käfers zeigt, daß dies nicht der Fall ist. Es ist auch gleichgültig, ob man die Pille einmal links oder rechts vom Eingang des Grabloches plaziert, oder gar entfernt. Eine optische Kontrolle durch den Käfer entfällt also ebenfalls. Nimmt man die Pille ganz weg, so arbeitet der Käfer zunächst normal weiter, schafft Material aus dem Gang, wendet und verschwindet wieder im Grabgang. Dies wiederholt sich bis zu 8mal. Dann kommt der Heilige Pillendreher hervor und sucht seine Pille. Es gelang mir nicht, den auslösenden Reiz für die Beendigung der 1. Grabphase und den Beginn der 2. Phase zu ermitteln. Die Verhältnisse im Boden sind sehr unterschied- lich und führen zu stark differierenden Zeiten für die 1. Phase des Grabens. Im Labor stoppte ich einmal 8, dann 28 Minuten bei demselben Versuchstier und einheitlichem Substrat. In einigen Fällen kommen Scarabaeen auch hervor, erklettern ihre Pille, rol- 10 Tage I (Nee | 5. 15. 20: uf 2 Mai Juni Abb. 41: Verweildauer der Scarabaeen bei ihren Pillen im Boden während des angegebenen Zeit- raumes. 60 len sie etwas näher in Richtung Grabloch und setzen dann das Graben in der 1. Grab- phase fort (Abb. 32). Es ist deshalb für den Beobachter unmöglich, zu entscheiden, ob etwa fehlender Duft einer Pille den Scarabaeus aus dem Gang treibt oder ein anderer Reiz das Einrollen auslöst. Auch aus dem bei fehlender Pille gezeigten Suchverhalten lassen sich keine dahingehenden Schlüsse ableiten. Die Bedeutung der Pille für das Gra- ben nach der 2. Methode muß deshalb zunächst ungeklärt bleiben. 4.5 Verweildauer im Boden Die Scarabaeen fraßen in Andalusien Anfang Mai mehrere Tage unterirdisch an ihren Pillen, bis sie wieder an die Oberfläche kamen (Abb. 41). Mitte Juni dagegen — bei wesentlich höheren Temperaturen und trockenem Wetter — hielten sie sich weniger als 2 Tage bei ihren Pillen auf. Sie ließen dann größere Mengen nicht mehr verwerteten Pil- lenmaterials im Boden zurück. So fand ich in mehreren Kammern Pillenreste, die — ohne den Scarabaeenkot — bis zur Hälfte des Pillengewichtes wogen, das ich nach der Formung gemessen hatte. 61 AUSSCHALTVERSUCHE Das Studium des Normalverhaltens von Scarabaeus sacer zeigte, daß die Antennen und bestimmte Teile der Mundwerkzeuge beim Nahrungserwerb eine wesentliche Rolle spie- len. Aus den Beobachtungen ergaben sich zahlreiche Hinweise auf die vermutliche Funktion einzelner Teile. Um deren Bedeutung genauer festzustellen führte ich Aus- schaltversuche durch. Das Verhalten der Tiere bei der Fern- und Nahorientierung') (Warnke 1931), beim Fressen und bei der Pillenformung wurde beobachtet. Die Ergebnisse der Ausschaltversuche werden im folgenden kurz dargelegt (vgl. Tabelle 6): — Beidseitige Ausschaltung der Fühlerkeulen: Schon die Beobachtungen von Comig- nan (1928), Heymons & v. Lengerken (1929), Warnke (1931) und Halffter & Matthews (1966) zeigten, daß die Antennen die wichtigsten Organe für die geruchliche Orientie- rung auf größere Entfernungen (Fernorientierung) sind. Diese Aussage wurde durch ei- gene Versuche für Scarabaeus sacer bestätigt. Nach Ausschaltung der Fühlerkeulen — diese tragen nach Meinecke (1975) haarförmige Sensillen (Scarabaeus sacer fällt in Gruppe III seiner Sensillenform-Gruppen) — fehlte die Fernorientierung zum Mist in allen Fällen. Bei wenigen Zentimetern Entfernung aber zeigten alle Scarabaeen das be- reits beschriebene Palpenfächeln und liefen gezielt zur Duftquelle (Nahorientierung). Dort fraßen die Käfer, einige formten Pillen. — Beidseitige Ausschaltung der Endglieder der Maxillarpalpen: Nach Ausschaltung dieser Organe war keine Störung der beobachteten Verhaltensweisen feststellbar. Die Versuchstiere verhielten sich wie intakte Käfer. — Beidseitige Ausschaltung von Fühlerkeulen und Endgliedern der Maxillarpalpen: In diesen Versuchen fielen Fern- und Nahorientierung aus. Auf kürzeste Distanz (weniger als 1 cm) wendeten sich die Käfer aber dem Mist zu, fraßen am Mist und formten in einigen Fällen sogar Pillen. — Beidseitige Ausschaltung der Endglieder der Labialpalpen: Nach Ausschaltung die- ser Organe war keine Störung der beobachteten Verhaltensweisen feststellbar. Die Ver- suchstiere verhielten sich wie intakte Käfer. — Beidseitige Ausschaltung der Endglieder der Labialpalpen und der Spitzen der End- glieder der Maxillarpalpen: In diesen Versuchen waren sowohl Fern- als auch Nah- orientierung ungestört. Die Tiere fraßen am Mist und formten Pillen. — Beidseitige Ausschaltung von Fühlerkeulen und Endgliedern der Maxillar- und La- bialpalpen: Nach Ausschaltung dieser Organe fielen Fern- und Nahorientierung aus. Bei zufälligem Kontakt mit dem Mist fraßen die Käfer in einigen Fällen. Bei keinem der Tiere konnte ich Pillenformung beobachten. 1) Nach Warnke (1931) sollen die Ausdrücke ‚‚Fernorientierung’’ und ,,Nahorientierung’’ nur eine starke Herabsetzung der Riechschärfe nach Ausfall der Mehrzahl der Geruchsorgane auf den Antennen, nicht etwa eine Duplizität des Geruchssinnes zum Ausdruck bringen. 62 Tabelle 6: Ergebnisse der Ausschaltversuche bei Scarabaeus sacer: Beidseitig Fern- Nah- Bor Anzahl ausgeschaltetes orien- orien- Fressen mung : der Organ tierung | tierung Versuche + + Endglieder der Maxillarpalpen ( ( Fühlerkeulen und Endglieder der Maxillarpalpen >) =) =) Endglieder der Labialpalpen +) tae) + + + Endglieder der Labialpalpen und Spitze der Endglieder der Maxillarpalpen + + Fühlerkeulen, End- glieder der Maxillar- und Labialpalpen + 4) 5 1) Orientierung im Nahbereich möglich, Palpenfächeln 2) Nur bei kurzer Distanz (< 1 cm) Reaktion auf Mist 3) Tiere zeigen Palpenfächeln 4) Fressen bei zufälligem Kontakt mit Mist Die Ausschaltversuche zeigen, daß sich Scarabaeus sacer vor allem mit den Antennen zur Duftquelle und an der Duftquelle orientiert. Zusätzlich ermöglichen die Endglieder der Maxillarpalpen eine sichere Orientierung zur Duftquelle über kurze Distanz (Nah- orientierung). Bei gleichzeitigem Verlust von Antennen und Endgliedern der Maxillarpalpen war Zu- wendung zum Mist nur in unmittelbarer Nähe beobachtbar. Kontaktchemorezeptoren scheinen sich bei Scarabaeus sacer unter anderem auf den Spitzen der distalen Glieder beider Palpenpaare zu befinden. Ein Hinweis darauf ist folgende Beobachtung: Wie bei Geotrupes stercorarius (Winking-Nikolay 1975), so wird auch bei Scarabaeus sacer das Geschlecht durch Betasten mit den Palpenspitzen festgestellt. Ein formender oder seine Pille rollender Scarabaeus erkennt so das Ge- schlecht eines sich nähernden Artgenossen und zeigt Tieren des gleichen Geschlechts ge- genüber stets aggressives Verhalten. Ein Scarabaeus ©, dem die Palpenspitzen operativ entfernt worden waren, rollte aber eine Pille, an der sich 3 weitere Scarabaeen, davon 2 © ©, anklammerten, ohne das typische Abwehrverhalten zu zeigen. (Das Scarabaeus © verhielt sich so, als wären die Artgenossen nicht vorhanden.) Das ungestörte Freß- und Formverhalten der Scarabaeen nach Ausschaltung der Spitzen der distalen Glieder 63 beider Palpenpaare könnte darauf beruhen, daß in diesem speziellen Fall die Antennen- rezeptoren eventuell die Funktion von Palpenrezeptoren übernehmen können. Das gelegentliche Fressen der Käfer nach beidseitiger Ausschaltung von Fühlerkeulen und Endgliedern der Maxillar- und Labialpalpen ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß sich noch weitere Chemorezeptoren im Bereich der Mundwerkzeuge befinden. 64 ÖKOLOGISCHE ASPEKTE Das Vorhandensein von Weidetieren ist eine Grundvoraussetzung für das Vorkommen von Scarabaeen. Da Herden großer Pflanzenfresser vor allem in den Steppengürteln vorkommen, ist dieses auch das Hauptverbreitungsgebiet der Pillendreher. Wie bereits geschildert, fand ich den Heiligen Pillendreher in Spanien nur im südlichen Andalusien. Die Käfer waren dort rein psammophil (vgl. Balthasar 1963), außerhalb des Sandstreifens an der Küste fand ich keine Tiere. Dies hängt vermutlich mit der Grabtätigkeit der Tiere zusammen, die von lockerem Boden begünstigt wird. Wenn ein Scarabaeus seine Nahrungspille unterirdisch verzehrt hat und wieder an die Oberfläche kommt, muß er unter Umständen größere Distanzen zurücklegen, um wie- der an frischen Mist zu gelangen, weil die weidenden Huftiere oft ausgedehnte Wande- rungen durchführen. Der Käfer müßte also sehr mobil sein. Um etwas über die Mobilität der Tiere zu erfahren, markierte ich am 31. 5. 1975 121 in meinem Arbeitsgebiet in Fallen (Abb. 42) gefangene Scarabaeen mit Autolackstiften. In der Folgezeit führte ich weiterhin täglich Beobachtungen in diesem Gebiet durch so- wie in der Zeit vom 16. 6. bis 21. 6. 1975 Kontroll-Fallenfänge. Innerhalb meines Ar- Abb. 42: Bodenfalle; die Falle ist ebenerdig eingegraben, 15 cm tief, hat 8,5 cm Durchmesser und enthält mit Wasser versetzten, frischen Pferdemist als Köder. 65 beitsgebietes (500 m x 500 m) tauchten nur 6 markierte Pillendreher wieder auf. (Mit den Fallen fing ich vom 16. 6. bis 21. 6. insgesamt 245 Scarabaeen, wovon nur | Käfer markiert war.) Es ist sehr unwahrscheinlich, daß die übrigen markierten Tiere über den ganzen Fangzeitraum gerade alle vergraben waren. Ich folgere deshalb aus dem Fanger- gebnis, daß Scarabaeus sacer ein sehr mobiler Käfer ist und sich nicht in einem be- stimmten, eng begrenzten Gebiet aufhält, sondern bei der Nahrungssuche sehr weit fliegt. Neben Scarabaeus sacer konnte ich bei Tarifa auch Scarabaeus semipunctatus in größe- rer Zahl beobachten. Wenn zwei nah verwandte Arten so eng nebeneinander vorkom- men, ist nach dem Konkurrenzausschlußprinzip zu erwarten, daß sie sich in ihren An- sprüchen an den Lebensraum unterscheiden. Tatsächlich fand ich bei Tarifa folgende Verhältnisse: Die Arten unterscheiden sich er- stens in ihrer Aktivitätsrhythmik (Abb. 43). Während Scarabaeus sacer vorwiegend nachts aktiv war, war Sc. semipunctatus im Beobachtungszeitraum rein tagaktiv, wie zahlreiche Beobachtungen und alle Fallenfänge zeigten. Außerdem verwendete sacer Sc. sacer 20 10 ; Sc. semip. Abb. 43: Lokomotorische Aktivität bei der Nahrungssuche (Fallenfänge) von Scarabaeus sacer und Sc. semipunctatus in Abhangigkeit von der Tageszeit. 66 bei der Pillenformung vor allem Pferde- und Eselmist (Schaf- und Ziegenmist nur in je einem Fall), semipunctatus aber bevorzugte umgekehrt gerade Schaf- und Ziegenmist und verwendete nur selten Esel- oder Pferdemist (vgl. Abb. 43). Während sacer vor al- lem auf Pferde- und Eselweiden zu beobachten war, fand ich weitaus die meisten semi- punctatus bei Schaf- und Ziegenweiden, wo ich einmal in wenigen Minuten über 50 Tiere zählen konnte. Scarabaeus semipunctatus stellt also in dem von mir untersuchten Gebiet keinen Nah- rungskonkurrenten für sacer dar. Auch alle anderen sich am Dung einfindenden Tiere wie Onitis belial, Copris lunaris, verschiedene Arten Aphodius und diverse Fliegen wa- ren entweder zahlenmäßig zu gering (Onitis, Copris) oder fallen wegen ihrer geringen Größe als Konkurrenten nicht ins Gewicht, weil sie innerhalb der Zeit, in der Mist bei Scarabaeen Formung auslöst (etwa 2 Stunden), keine größeren Nahrungsmengen fres- sen. Daraus folgt, daß sich Scarabaeus sacer vor allem innerhalb der Art selbst Konkur- renz macht. Daß diese innerartliche Konkurrenz bei der relativ hohen Populationsdichte und bei ge- ringem Nahrungsangebot zu einem echten Problem wird, belegen die Fallenfänge (in 4 Fallen, die auf 100 m Länge mit ungefähr gleichen Abständen hintereinander aufge- stellt waren, wurden innerhalb von 24 Stunden 125 Käfer gefangen). Während der Hauptaktivitätszeit (zwischen 23.00 und 2.00 Uhr) fing ich innerhalb einer Stunde im Mittel 8 Käfer pro Falle, einmal zwischen 24.00 und 1.00 21 Scarabaeen in einer einzi- gen Falle, die 7 cm hoch mit Mist gefüllt war und 50,2 cm? Mistoberfläche bot. (Diese Oberfläche entspricht etwa Ys der Oberfläche eines Dunghaufens, die Misthöhe in der Falle etwa der Höhe des Mists in einem Kothaufen.) 67 DISKUSSION Einzelheiten des Verhaltens von Scarabaeus sacer beim Nahrungserwerb und die daraus resultierende funktionelle Bedeutung der Einzelelemente wurden in den vorangehenden Abschnitten ausführlich dargelegt. Hier soll der Gesamtkomplex des Verhaltens beim Nahrungserwerb diskutiert werden, und zwar unter den Gesichtspunkten Evolution des Verhaltens und Flexibilität bzw. Starrheit von Verhaltensabfolgen. Wie konnte ein so komplexes Verhalten im Laufe der Evolution entstehen und welches sind die selektierenden Faktoren? Mist stellt ein Biochorion dar, das durch die Tätig- keit der Bewohner und durch klimatische Faktoren in kurzer Zeit entscheidend verän- dert wird. Im Sommer herrscht in den Verbreitungsgebieten von Scarabaeus sacer hei- Bes, trockenes Wetter vor. Deshalb trocknet frischer Dung innerhalb weniger Stunden aus. Der Käfer muß deshalb rasch möglichst viel Dung in Sicherheit bringen. Wegen der Nahrungsarmut des Mists — die adulten Käfer fressen in erster Linie nur die kolloi- dalen Bestandteile des Dungs — benötigt der Käfer große Nahrungsmengen (eine Pille wiegt im Schnitt das 10fache des Tieres). Zum Verzehren so großer Nahrungsmengen braucht der Käfer einige Tage. Die sich daraus ergebenden Probleme (zu rasche Aus- trocknung der flüssigen Bestandteile des Mists beim Fressen an der Oberfläche) wurden unterschiedlich gelöst. Kleine Arten (z. B. Aphodiinae) graben sich in den Mist ein und fressen im Dung. Grö- Bere Arten dagegen schaffen Mist in den Boden. Dieses Vergraben des Dungs im Bo- den, das man auch bei nicht-pillenformenden Arten (Copris, Geotrupes) findet, dient wohl in erster Linie dem Schutz der Nahrung vor Austrocknung. (Fast alle Scarabae- inae und Geotrupinae vergraben ihre Nahrung.) Durch die günstigen Verhältnisse im Boden — weitgehend konstante Temperatur und Feuchtigkeit (meist 100 .%) — bleibt der eingebrachte Dung für die Tiere über längere Zeit verwertbar. Da sich das Vergraben der Nahrung — in verschiedener Form — bei nahezu allen Sca- rabaeinae findet, handelt es sich vermutlich um einen früh evoluierten Verhaltensteil. Das direkte Vergraben unter dem Mist kann man als besonders ursprünglich auffassen. Vom Eingraben in den Mist dürfte es kein sehr weiter Schritt dazu sein, sich noch etwas tiefer in die Erde einzugraben. Möglicherweise geschah dies zunächst nur vorüberge- hend, um hohen Temperaturen auszuweichen. Das Vergraben unmittelbar am Mist, wie man es zum Beispiel bei Geotrupes findet, ist bei kleineren Kotmengen problemlos. Diese sind bald vergraben und ziehen dann keine Konkurrenten mehr an. Größere Kotmengen dagegen, wie sie von den Nahrungsliefe- ranten der Scarabaeen produziert werden, bieten mehreren Artgenossen Nahrung. Dar- aus können Schwierigkeiten resultieren, weil sich die Grabgänge unter den Kothaufen möglicherweise überschneiden. Die Sicherstellung einer bestimmten Nahrungsmenge wäre dann für den einzelnen Käfer nicht mehr gewährleistet. Die ausgeprägte innerartliche Konkurrenz ist daher sehr wahrscheinlich einer der selek- tierenden Faktoren für die Entwicklung verschiedener Verhaltensweisen, durch die 68 Mist vom Kothaufen wegtransportiert wird. Zweifellos ist aber auch die Tatsache von Bedeutung, daß die Stelle, an der ein Dunghaufen liegt, in manchen Fällen zum Vergra- ben des Mists völlig ungeeignet ist. Käfer, die sich unmittelbar unter dem Mist oder am Mist eingraben, müssen nämlich nicht nur Mist entsprechender Frische finden, sondern zusätzlich auch noch solchen, der auf geeignetem Boden liegt. Bei den heute lebenden Scarabaeinae finden sich 3 grundverschiedene Möglichkeiten des Wegtransportes von Mist ohne Pillenformung, dazu der bei den Scarabaeen verwirklichte Fall der Pillenformung mit anschließendem Wegrollen. — Mist wird — rückwärts gehend — ,,armweise’’ vom Käfer in einen Grabgang ge- schafft, bei Copris hispanus bis zu 25 cm weit (Rommel 1961). — Ungeformte Mistbrocken werden von einem vorwärtsgehenden Käfer durch Stoßen mit Kopf und Vordertibien weggerollt. Phanaeus mexicanus rollt so Dungbrocken, die größer als entsprechende Pillen eines Pillendrehers sind, bis zu 18 m weit weg (Halffter & Matthews 1966). — Der Käfer faßt Mist zwischen Vorderbeine und Kopf, hebt den Vorderkörper und läuft mit den verbleibenden 4 Beinen rasch vorwärts. Dieses Verhalten wurde 1861 von Burmeister an Eucranium in Argentinien beobachtet (zitiert in Kolbe 1905). Nach Halffter & Matthews (1966) entstand das Form- und Rollverhalten der Scarabae- en vermutlich sehr früh unabhängig von diesen 3 Möglichkeiten des Misttransportes. Durch das Wegrollen einer bestimmten Dungportion entzieht sich Scarabaeus sacer vor allem der Konkurrenz anderer Artgenossen. Das Rollen der Pille ermöglicht es dem Käfer aber auch, eine geeignete Grabstelle aufzusuchen. Die experimentelle Analyse des Verhaltens von Scarabaeus sacer beim Nahrungserwerb ergab, daß hier eine Kette instinktiver Handlungen vorliegt, deren Glieder (Suchflug, Anflug und Anlauf, Formung, Rollen, Grabversuch und Graben) durch unterschiedli- che exogene Reize und endogene Bedingungen ausgelöst werden. Jedes dieser Glieder besteht aus verschiedenen Verhaltenselementen (7 im Falle der Pillenformung), die fle- xibel kombiniert werden können. Auch Puzanowa-Malyschewa (1956) beobachtete, daß die Kette der instinktiven Handlungen nicht starr ist, sondern daß ,,Scarabaeus sa- cer die Fähigkeit besitzt, die übliche Reihenfolge der Handlungen zu unterbrechen.”’ Nach meinen Untersuchungen ergibt sich eine Verhaltenskette, die mehrere Möglich- keiten eines Rückgriffes auf bereits abgeschlossene Verhaltensweisen bietet, daneben aber auch in einem Fall die Möglichkeit eines Vorgriffes. Im Folgenden werden diese Situationen kurz beschrieben. — Rückkehr zu einem bereits abgeschlossenen Glied innerhalb der Handlungskette: l. Falls der geruchlich angelockte Scarabaeus Mist falscher Konsistenz vorfindet, kommt es erneut zu Suchflug (Appetenzverhalten). 2. Findet der Käfer nach Rollbeginn geeigneten Dung vor, so kann dieser erneut Pil- lenformung auslösen. Der Käfer fügt dann zusätzlich Mist an die Pille an. 69 . Wenn beim Rollen der Pille der Rollwiderstand zu groß wird, überprüft der Heilige Pillendreher die Oberfläche seiner Pille und verbessert sie gegebenenfalls, wobei wieder Verhaltenselemente der Pillenformung auftreten. . Nach einem erfolglosen Grabversuch wird die Pille erneut gerollt. . Wird endgültiges Vergraben der Pille behindert (z. B. durch Steine im Boden), so wird dadurch weiteres Rollen ausgelöst. . In einem Fall konnte ich beobachten, daß ein Scarabaeus nach Anlegen eines Grab- ganges (Grabphase I der 2. Grabmethode abgeschlossen) seine sehr unregelmäßige Pille, die nicht in den Gang hineinpaßte, durch Verhaltenselemente der Pillenfor- mung verbesserte, bevor er sie in den Gang einrollte. Vorgriff auf in der Handlungskette später folgende Verhaltensweisen: Trifft der Käfer — vom Mistgeruch angelockt — auf eine bereits fertige Pille, so wird das Kettenglied ,, Formung’’ übersprungen. Der Käfer beginnt — sofern er den Kampf um die Pille gewinnt — mit dem Rollen. Das nachstehende Schema verdeutlicht noch einmal die genannten Möglichkeiten: Suchflug Anflug 2 Anlauf Mt Rollen a Bisher existieren nur wenige vergleichbare Untersuchungen ähnlich komplexer Hand- lungsketten von Arthropoden. 70 Als Beispiel für genetisch starr programmierte Verhaltensfolgen sei zunächst das Ver- halten der Spinne Cupiennius salei wiedergegeben (Melchers 1963). Beim Kokonbau spinnt die Spinne zuerst eine Basalplatte und danach einen erhöhten Rand, der die Öff- nung für die Eiablage abgibt. Hat das Weibchen die Eier abgelegt, spinnt es diese Öff- nung zu. Stört man die Spinne beim Kokonbau, nachdem sie die Basalplatte angefertigt hat, so spinnt sie beim eine halbe Stunde später begonnenen Ersatzbau keine Basalplat- te mehr, sondern nur einige Fäden und widmet sich ganz der Randzone, so daß der Ko- konboden in der Mitte offenbleibt. Die Spinne wird also nicht vom Erfolg her gesteu- ert. Zählt man zusammen, wie viele Spinnbewegungen sie für die alte Basalplatte und für den neuen Ersatzkokon ausführte, erhält man insgesamt etwa so viele, wie sie nor- malerweise für einen einzigen Kokon brauchen würde. Es steht der Spinne also eine relativ genau festgelegte Anzahl von Spinnbewegungen zur Verfügung. Baerends (1939) fand bei der Analyse des Beutefangverhaltens von Notonecta (Hemi- ptera) eine Verhaltenskette, bei der jedes Glied durch eine andere Reizqualität ausgelöst wird. Die hier beobachtete Instinktkette, die durch Vibrationsreiz (löst Anschwimmen aus), optischen Reiz (Zustoßen und Ergreifen), Tastreiz (Festhalten) und chemischen Reiz (Anstechen) nacheinander ausgelöst wird, ist aber auf ihre situationsspezifische Flexibilität hin nicht näher untersucht. Ebenso sind von der Yuccamotte Pronuba (= Tegeticula) yuccasella (Lepidoptera) zwar die einzelnen Glieder der Instinktkette bekannt (Powell & Mackie 1966): 1. Von offenen Staubbeuteln Pollen sammeln und diesen zu einer Kugel formen, 2. Mit Pollenball zu anderen Blüten der selben Art fliegen, 3. Ei in Fruchtknoten ablegen, 4 . Am Stengel hinauf zur Narbe des Griffels wandern, dort Kugel in trichterförmige Narbe auf dem Griffel der Blüte drücken, 5. Vorgang an mehreren Blüten wiederholen, aber eine experimentelle Analyse über die Beeinflußbarkeit dieser Verhaltenskette exi- stiert nicht. Eine genauer untersuchte Verhaltenskette stellt das Fortpflanzungsverhalten der Grab- wespe Ammophila campestris (Baerends 1941) dar. Dieses setzt sich aus folgenden Glie- dern zusammen: (Schema s. nächste Seite) Vom Nestbau bis zum zeitweisen Nestverschluß nach der Eiablage läuft das Verhalten im Hinblick auf die Abfolge der Kettenglieder starr ab. (Innerhalb der Kettenglieder be- obachtet man aber große Flexibilität im Verhalten der Grabwespe.) Bei den folgenden Nestinspektionen wird Beutefang, Verproviantierung und wieder zeitweiser Nestver- schluß ausgelöst. Bei der letzten Nestinspektion wird nach Beutefang und Verprovian- tierung der endgültige Nestverschluß ausgelöst. Nach dem endgültigen Nestverschluß gräbt die Wespe wieder ein neues Nest. Hier ist folgendes Prinzip wirksam: In einer kurzen sensiblen Phase (Nestinspektion) wird festgelegt, was zu geschehen hat. Eine danach veränderte Situation übt auf das Verhalten der Grabwespe keinen Einfluß mehr aus. Die verschiedenen beobachteten In- 71 Nestbau Beutefang Verproviantierung Eiablage zeitweiser Nestverschluß Nestinspektion endgültiger Nestverschluß stinkthandlungen resultieren hier aus einer hohen Spezifität auslösender Situationen. Nahezu identische Verhältnisse fand Evans (1957) beim Brutpflegeverhalten der Gat- tung Bembix. Eine weitere Instinktkette mit einer gewissen Flexibilität fand Buck (1952) bei der Un- tersuchung des Brutfürsorgeverhaltens des Trichterwicklers Deporaus betulae (Coleo- ptera, Curculionidae). Nachfolgend eine kurze Schilderung des Verhaltens des Trich- terwicklers: Die Brutfürsorgetätigkeit beginnt bei Deporaus betulae damit, daß das Weibchen vom Blattrand her zunächst eine S-förmige Kurve bis zur Mittelrippe in den oberen Teil des Blattes (Birke, Erle, Rotbuche) hineinschneidet. An der Mittelrippe macht das Tier halt, führt eine leichte, schräg aufwärts verlaufende Kerbung aus und schneidet unmit- telbar im Anschluß daran die andere Spreitenhälfte annähernd in Gestalt eines liegen- den ,,S’”’ ein. Dieser Schnitt führt von der Hauptrippe zum Blattrand. Zum Einrollen begibt sich das Weibchen auf die Unterseite des Blattes und rollt den abgetrennten Blatteil lose trichterartig ein. Im Innern dieses Trichters legt das Weibchen seine Eier ab. 72 Die hier von Buck (1952) beobachtete Instinktkette setzt sich aus folgenden Einzelglie- dern zusammen: 1. Einschnitt (ausgelöst durch Deformierbarkeit der Blattfläche, Nähe der Blattbasis und Blattrand), 2. erster Teilschnitt (ausgelöst durch endogene Quertendenz und zunehmende Leit- bündelstärke), 3. Bearbeitung des Mittelnerven (ausgelöst durch Leitbündelstärke und Größe des Auftreffwinkels), 4. zweiter Teilschnitt (ausgelöst durch endogene Quertendenz und abnehmende Leit- bündelstärke), 5. Endschnitt (ausgelöst durch Blattrand), 6. Schnittkontrolle (ausgelöst durch Beendigung des Schneidens), 7. Rollen (ausgelöst durch Schlaffheit der Blattlamelle). Bei experimenteller Unterbrechung der Kette setzt der Käfer die Bearbeitung an der ent- sprechenden Stelle fort, beginnt also nicht wieder von vorne. Auch bei diesem Käfer Einschnitt | 1. Teilschnitt | Bearbeitung des Mittelnervs > 2. Teilschnitt |! Endschnitt Schnittkontrolle Rollen 73 können bereits abgeschlossene Handlungen erneut ausgelöst werden. So läßt sich die Bearbeitung des Mittelnervs im Experiment ein zweites Mal auslösen, auch wenn der Käfer bereits einen Mittelnerv durchtrennt hat und bereits am 2. Teilschnitt arbeitet. (Dieses Verhalten ist biologisch sinnvoll, weil der Käfer manchmal einen dickeren Sei- tennerv in der Nähe des Hauptnervs ,,versehentlich’’ vorher durchtrennt. Der eigentli- che Hauptnerv bliebe dann unbearbeitet.) Wenn das Rollen der abgeschnittenen Blattspreite erschwert ist, führt der Käfer — nach Beginn des Rollens — erneut eine Schnittkontrolle durch und bearbeitet in man- chen Fällen noch einmal die Mittelrippe. Umgekehrt kann das Rollen des Blattes (auch ohne vorheriges Schneiden) durch veränderten Festigkeitszustand der Blattlamelle aus- gelöst werden. Der vorhergehende Teil der Verhaltenskette wird dann übersprungen. Da die Brutfürsorgetätigkeit von Deporaus betulae auf einem niedrigeren Niveau der Instinkthierarchie (Tinbergen 1964) liegt und nur einem Glied der Verhaltenskette von Scarabaeus sacer entspricht, soll sie hier mit dem Kettenglied ,,Formung”’ verglichen werden. Die 7 Verhaltenselemente der Pillenformung stehen in folgenden Beziehungen zueinander: sammeln —> festdrücken : zerpflücken | wegschieben er en sich drehen unterkriechen Pille kippen 74 Die 7 Verhaltenselemente können flexibel kombiniert werden. So kürzt ein Käfer, der eine noch nicht ganz fertige Pille übernimmt, die Formung meist ab. Das Verhaltensele- ment ,,Sammeln’’ fällt dann zum Beispiel aus. Auch bei mehrfachem Verlust der Pille können Verhaltenselemente der Pillenformung übersprungen werden (vgl. 2.8). Vergleicht man die Verhaltensketten von Cupiennius, Ammophila, Deporaus und Sca- rabaeus sacer, so fällt auf, daß die Instinktkette des Pillendrehers am wenigsten starr ist. Sie zeigt bei weitem die meisten Möglichkeiten von Rückgriffen auf bereits abgelau- fene Handlungskomplexe. Da zu den Verhaltensketten von Ammophila und Deporaus quantitative Angaben z. B. über die Häufigkeit der Rückkehr zu schon abgelaufenen Handlungen fehlen, ist ein Vergleich in dieser Hinsicht nicht möglich. Vermutlich wird auch unter diesem Aspekt die Flexibilität von Scarabaeus sacer nicht erreicht. Unter welchem Selektionsdruck könnte die hier dargelegte Flexibilität im Verhalten von Scarabaeus sacer entstanden sein? Um diese Frage beantworten zu können, müssen die biologischen Situationen verglichen werden, in denen die geschilderten Verhaltens- weisen der verschiedenen Arten ablaufen. Der Kokonbau der Spinne Cupiennius wird durch ungünstige Umweltbedingungen oder Konkurrenten so wenig beeinträchtigt, daß hier ein genetisch starr festgelegtes Programm völlig ausreicht. Beim Brutfürsorgeverhalten der Grabwespe Ammophila genügt es zur Erhaltung der Art anscheinend, wenn das Verhalten der Grabwespe nahezu ausschließlich über die bei der Nestinspektion wirksamen, auslösenden Reize gesteuert wird. Intraspezifische Kon- kurrenz spielt auch bei diesen Tieren keine Rollen. Der Trichterwickler Deporaus ist auf das Vorhandensein junger Blätter angewiesen. Die Möglichkeiten der Brutfürsorge sind offenbar erheblich erweitert, wenn aus den unterschiedlich geformten Blättern verschiedener Bäume Trichter angelegt werden kön- nen. Eine gewisse Flexibilität im Verhalten von Deporaus ermöglicht dies dem Tier. Auch beim Trichterwickler ist die Vermeidung intraspezifischer Konkurrenz — bei dem großen Angebot an Blättern — praktisch ohne Bedeutung. Nur in einem Fall konnte Buck (1952) beobachten, daß 2 Weibchen auf einem Blatt 2 Trichter anlegten. Ganz andere Verhältnisse finden wir bei Scarabaeus sacer. Der Heilige Pillendreher lebt in Gegenden mit starker Sonneneinstrahlung. Seine flüssige Nahrung wird daher durch Umwelteinflüsse schon nach kurzer Zeit unbrauchbar. Mist stellt ein schnell veränderli- ches Biochorion dar. Außerdem findet er sich nur vereinzelt. Daraus ergibt sich zwangsläufig, daß sich zahlreiche Konkurrenten an der Nahrungsquelle einfinden, und zwar sowohl artfremde (Copris, Geotrupes) als auch vor allem arteigene. Betrachtet man unter diesem Aspekt noch einmal das Schema der Verhaltenskette beim Nahrungserwerb, so wird deutlich, warum häufig der Verhaltensteil ,,Formung”’ er- neut ausgelöst wird, obwohl der Käfer bereits zu anderen Tätigkeiten übergegangen ist. Die Konkurrenz an der Nahrungsquelle zwingt den Käfer nämlich öfter, die Formung vorzeitig abzubrechen und mit dem Rollen der Pille zu beginnen (vgl. 3.1). Da eine möglichst exakte Kugelform dem Käfer das Rollen und Vergraben der Pille wesentlich ZB) erleichtert, ist es biologisch sinnvoll, daß das Tier zu Verhaltenselementen der Formung . zurückkehrt, wenn eine der beiden Tätigkeiten erheblich erschwert ist. Der Heilige Pillendreher muß sich also unter stark variierenden Ausgangsbedingungen zunächst einen gewissen Nahrungsanteil sichern und dann die Nahrung optimal nutzen. Dies geschieht zum Beispiel indem er sie — wenn möglich — an solchen Stellen ver- gräbt, wo sie vor Austrocknung geschützt ist. Die kurze Verwertbarkeit der Nahrung und die ausgeprägte intraspezifische Konkurrenz stellen somit den Selektionsdruck dar, der die hohe Flexibilität im Verhalten von Scarabaeus sacer bewirkt. 76 ZUSAMMENFASSUNG Das Verhalten von Scarabaeus sacer beim Nahrungserwerb wurde im Labor und im Freiland (Tarifa, Andalusien) untersucht. Ergebnisse: R Scarabaeus sacer geht fliegend auf Nahrungssuche. Dabei können die verschiedenen Flugpha- sen Suchflug, Anflug und Landung unterschieden werden. Die Landung erfolgt im Mittel 0,86 + 1,42 m (n = 14) vor dem Mist. Die Käfer laufen dann anemotaktisch orientiert zum Mist. In der Nähe der Nahrungsquelle (wenige Zentimeter davor) zeigen die Tiere das ,,Palpen- fächeln’’, das vermutlich der Geruchs-Nahrezeption dient. . Am Mist angekommen, erklettern die Käfer den Dunghaufen und laufen rasch auf seiner Oberfläche umher. Dabei bringen sie die Spitzen der Maxillarpalpen — die vermutlich Kon- taktchemorezeptoren tragen — mit dem Mist in Berührung. Für die Auslösung der Pillenfor- mung sind Konsistenz und Frische des Mistes, möglicherweise auch der Bewölkungsgrad von Bedeutung. Lufttemperatur, Bodentemperatur, Misttemperatur, Luftdruck, Dampfdruck und relative Luftfeuchte wurden ebenfalls auf ihre auslösende Wirkung hin untersucht, waren aber mit der Formaktivität nicht nachweisbar korreliert. . Die Pillenformung dauerte im Beobachtungsgebiet von Tarifa 32 + 25 Minuten (n = 23). Sie setzt sich aus den 7 Verhaltenselementen Sammeln, Festdrücken, Sich drehen, Zerpflücken, Wegschieben, Unterkriechen und Pille kippen zusammen, die genau beschrieben werden. Durch Auswertung von Video-Aufnahmen wurde die Häufigkeit der Verhaltenselements- Wechsel und der Zeitbedarf der Verhaltenselemente bestimmt. Der Gesamtablauf verschiede- ner Formungen zeigt weitgehende Übereinstimmung, dagegen beobachtet man innerhalb der einzelnen Formungen große Variabilität. Festdrücken, Sich drehen und Sammeln sind die häufigsten Verhaltenselemente. Während einer Pillenformung wendet Scarabaeus sacer mehr als die Hälfte der Zeit für das Festdrücken des Mists auf. . Die Drehbewegungen des Scarabaeus auf der Pille erfolgen statistisch verteilt nach links und rechts. Es finden sich keine Anhaltspunkte, daß ein Zeitprogramm oder ein Drehprogramm die Drehbewegungen steuert. Vielmehr legen die Ergebnisse nahe, daß der Käfer sich nach dem Zustand der Pillenoberfläche richtet. . Vermutlich prüft Scarabaeus sacer die Pillenoberfläche bei der Formung mit den Vorderbei- nen. . Durch die spezielle Formstrategie des Käfers — Mist weicht beim ‚‚Festdrücken’’ zur Seite hin aus und wird bei späterer Bearbeitung noch weiter verteilt — entsteht auch bei einseitigem Mistangebot eine symmetrische Kugelform. . Scarabaeus sacer mißt die Wölbung der Pillenoberfläche vermutlich mit allen Beinpaaren. . Scarabaeen formen unterschiedlich große Pillen. Zwischen Scarabaeen-Größe und Pillen- größe besteht ein Zusammenhang nur für den Wert der maximalen Pillengröße. Die Heiligen Pillendreher stellen keine Beziehung zwischen Pillengröße und Pillengewicht her. . Die Pillenformung ist mehrfach auslösbar. . Das Rollen der Pille wird durch kugelförmige Oberfläche und/oder zahlreiche Konkurrenten ausgelöst. Während des Rollens wird die Oberfläche der Pille verbessert, wenn der Rollwider- stand zunimmt. Die Rollweite betrug im Freiland 8,4 + 6,3 m (n = 30). Rolldauer und Roll- geschwindigkeit sind stark vom Untergrund abhängig. Nach dem Rollen einer Mindestentfer- nung unternimmt Scarabaeus sacer Grabversuche. . Als orientierende Reize wirken auf das rollende Tier die Hangneigung, die Vegetation und sehr wahrscheinlich auch der Sonnen- bzw. Mondstand. 12. 13. 14. 15; I Das Vergraben der Pille wird durch Eigenschaften des Untergrundes (vertikale Hindernisse, stabile Lage der Pille, Bodenfeuchte) ausgelöst. Je nach Substrat wird die Pille entweder un- terwühlt oder ein Grabgang angelegt. Scarabaeus sacer mißt die Pillengröße und legt für diese einen entsprechend dimensionierten Grabgang an. Die Messung erfolgt vermutlich mit Rezeptoren im Femur-Tibia-Gelenk der Hinterbeine. Durch Ausschaltversuche wird die Bedeutung der Antennen für die Fernorientierung, der Maxillar- und Labialpalpen für die Nahorientierung zur Nahrungsquelle und an der Nah- rungsquelle festgestellt. Die Art Scarabaeus sacer ist im Untersuchungsgebiet rein psammophil. Die Käfer sind ver- mutlich sehr mobil. Das Maximum der lokomotorischen Aktivität bei der Nahrungssuche liegt um Mitternacht, dagegen das der im selben Lebensraum vorkommenden Art Scarabaeus semi- punctatus um die Mittagszeit. 78 LITERATURVERZEICHNIS Baerends, G.P. (1939): Allgemeinverhalten von Notonecta glauca. — De levende Natur 44: 11—17, 45—57. — (1941): Fortpflanzungsverhalten und Orientierung der Grabwespe Ammophila campestris Jur. — Tijdschr. voor. 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